Sie sind auf Seite 1von 47

Fahrerassistenzsysteme und

Automatisiertes Fahren
1. Einführung

Prof. Dr.-Ing. Klaus Dietmayer


Seite 2 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

1. Einführung

1.1 Begriffe und Recht

1.2 Motivation für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes


Fahren

1.3 Übersicht über Fahrerassistenzsysteme Level 1 + 2


Seite 3 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrerassistenzsysteme: eine Modeerscheinung?

• Tachometer erlaubt eine


objektive Geschwindigkeits-
anzeige
• Elektrischer Starter vermeidet
Handkurbelstartvorgang
• Synchronisiertes Hand-
schaltgetriebe macht
Zwischengas entbehrlich
• Automatische Blinkerrückstellung

VW T3 (VW Bus) 1983 (nach Winner 2003)


Seite 4 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrerassistenzsysteme: eine Modeerscheinung?

• Servounterstützung Bremsen und


Lenken reduziert Kraftaufwand für
Brems- und Lenkbetätigung
• (Fernbedienbare) Zentralschließ-
anlage ermöglicht Auf- und
Abschließen ohne Schlüssel- und
Knöpfchenbetätigung
• Automatikgetriebe entbindet von
manuellen Schaltvorgängen
• Ölstandsanzeige,-warner entlastet
von Peilstab-Ablesen Volkswagen Multivan 1994 (nach Winner 2003)
• RDS (Radio Data System)
reduziert die Sendersuche
• ABS ermöglicht Normalfahrern
Stabilität in Bremssituationen
Seite 5 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrerassistenzsysteme: eine Modeerscheinung?

• Einparkhilfe ermöglicht ein


„umsichtiges“ Einparken
• Elektronisches Stabilitätsprogramm
optimiert die Fahrstabilität innerhalb
der physikalischen Grenzen
• Bremsassistent verschenkt keinen
Bremsweg bei Panikbremsungen
• Navigationssystem verbannt die Karte
vom Lenkrad
• Klimaregelung regelt Klimaanlage zum Audi A8, 2003 (nach Winner 2003)
Einhalten der gewünschten
Temperatur
• Adaptive Cruise Control beschleunigt
und bremst im dichten, aber
fließenden Verkehr
Seite 6 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrerassistenz, ist das also …..

Außentemperaturanzeige Elektronische Ölstandanzeige

Elektronische Reifendruckanzeige Reichweitenberechnung


Seite 7 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Der Sommer 1997 in Schweden…….


Seite 8 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

… verhilft Fahrdynamikregelungen zum Durchbruch


Seite 9 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Der sogenannte „Elchtest“

Simulation eines plötzlichen Ausweichmanövers vor einem Hindernis und


anschließendem Einscheren in die eigene Spur

Überprüfung der Fahrzeugdynamik und des Handlings (Fahrwerk, etc.).

Fahrdynamikregelungen können hier signifikant unterstützen


Seite 10 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Prinzipielle Wirkungsweise von Fahrdynamikregelungen wie


ESP (Details später)

Bildquelle: Bosch Bildquelle: Bosch

Fehlerfall Übersteuern Fehlerfall Untersteuern


• Das Heck bricht aus • Fahrzeug schiebt (rutscht) über
• Das kurvenäußere Vorderrad Vorderräder
wird abgebremst • Das kurveninnere Hinterrad
• Hierdurch entsteht ein Gegen- wird gezielt einzeln abgebremst
drehmoment und stabilisiert • Es entsteht ein Gegendrehmoment
das Fahrzeug am Schwerpunkt und stabilisiert
das Fahrzeug
Seite 11 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Begriffsbestimmung: Fahrerassistenzsysteme

Fahrerassistenzsysteme (FAS – englisch: Advanced Driver Assistance


Systems (ADAS)) sind (elektronische) Zusatzeinrichtungen in Kraftfahrzeugen
zur Unterstützung des Fahrers mit dem Ziel
• Sicherheitserhöhung
• Steigerung des Fahrkomforts
• Ökonomische Aspekte

Fahrerassistenzsysteme greifen teilautonom oder autonom in Antrieb,


Steuerung (z. B. Gas, Bremse, Lenkung) oder Signalisierungseinrichtungen
des Fahrzeuges ein oder warnen durch geeignete Mensch-Maschine-
Schnittstellen den Fahrer kurz vor oder während kritischer Situationen.
Seite 12 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Begriffsbestimmung: Automatisiertes Fahren

Beim automatisierten Fahren werden Fahraufgaben unter bestimmten


Gegebenheiten oder in bestimmten Domänen (Umgebungen,
Anforderungen) vollständig vom technischen System übernommen.

Der Mensch muss nicht mehr ständig überwachen sondern das System
überwacht die Gesamtfunktion.

Die „Verantwortung“ liegt dann auch nicht mehr komplett beim Fahrzeugführer
sondern alleinig beim technischen System.
Seite 13 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Ebenen der Fahrzeugführung


Leitwarte

Kommunikation

Automatisiertes Fahrzeug
Kraftfahrzeug Navigation Mensch

Wissensbasiertes
Entscheidung über Verhalten
Planungs-/Entscheidungsebene Verhalten im Verkehr
Auto-
matisierte
Zukünftige Fahr- Trajektorien- Regelbasiertes
Verkehrssituation funktion planung Verhalten
Manöverebene

Kollisions-
Verkehrs- Sicherheits-
milderungs-
situation Strategie Fertigkeitsbasiertes
systeme
Bahnführungsebene Verhalten

Fahrstabilitäts-
Fahrzustand Koordination
Regelsysteme

S1 S2 S.. SX Lenkung Antrieb Bremsen


Sensoren Aktuatoren
Seite 14 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Level der Automatisierung

vollautomatisiert /autonom

nicht automatisiert
Seite 15 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Automatisierungsgrade gemäß SAE / VDA, BaSt

Level 2 Level 3 Level 4 Level 5


Level 1 Partial Full
Conditional High
Driver Automation Automation
Automation Automation
Assistance
(teilautomatisiert) (hoch- (voll- (autonom)
(assistiert)
automatisiert) automatisiert)
Mehr als eine Das Fahrzeug kann Das Fahrzeug kann
Einzelne Funktionen Das Fahrzeug kann
Funktion ist in bestimmten in bestimmten
wie Abstands- in allen Domänen
automatisiert Situationen wie Stau, Domänen die
regelung oder die Fahraufgabe
Fahrer muss alle Autobahnfolgefahrt Fahraufgabe komplett
Spurhaltung sind komplett
verbleibenden die Fahraufgabe übernehmen. System
automatisiert übernehmen.
Aufgaben der übernehmen. System überwacht.
Fahrer, überwacht überwacht! Ein Fahrer ist nicht
Fahraufgabe Übernahme vom
ständig und ist mehr notwendig
übernehmen, Der Fahrer muss bei Fahrer nicht mehr
komplett
überwacht und bleibt Systemanforderung erwartet, fahrerloser Utopisch!?
verantwortlich
verantwortlich wieder übernehmen Betrieb möglich

Fahrerassistenzsysteme Automatisiertes Fahren


Seite 16 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

(Backup) Konkretisierung der Automatisierungsebenen

Quelle: VDI-Fachbeirat Automatisierung, Vernetzung, Elektrik/Elektronik


Seite 17 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Rechtlicher Rahmen für Fahrerassistenzsysteme

Gesetze müssen mit dem technischen Fortschritt angepasst werden

Quelle: Nantucket Historical Association Library (ca. 1918)


Seite 18 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Die erste Automatisierung war mühsam: Locomotive Act 1865

• Gültig in England und Irland von 1865 -1896


• Geschwindigkeitsbeschränkung für alle selbst angetriebenen Fahrzeuge
von ca. 6 km/h (4 mph) und in Städten ca. 3 km/h (2 mph)
• Erforderte 3 Personen: Fahrer, Heizer und eine Person 50 m vorweg mit
einer roten Flagge
Seite 19 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Rechtlicher Rahmen für Fahrerassistenzsysteme

Verhaltensrecht

• Verhaltensrecht regelt, wie sich Verkehrsteilnehmer auf der Straße


zu verhalten haben. Abgebildet in Form von Straßenverkehrs-
gesetzen und Straßenverkehrsordnungen, i.d.R. auf der Basis
umfassender völkerrechtlicher Konventionen.

Genfer Konvention 1949


Wiener Konvention 1968 (in Deutschland maßgeblich)

• Diese legen typischerweise fest, dass der Fahrer sein Fahrzeug


dauerhaft kontrollieren muss und jederzeit eingreifen kann. Dabei
gibt es hinsichtlich der Begriffe „dauerhaft“, „Kontrolle“ und „jederzeit“
sowie hinsichtlich der Erfordernis der physischen Präsenz des
Fahrers im Fahrzeug erheblichen Auslegungsspielraum.
Seite 20 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Wiener Abkommen für den Straßenverkehr (1968),


Article 8: Drivers

1. Every moving vehicle or combination of vehicles shall have a driver.

2. It is recommended that domestic legislation should provide that pack,


draught or saddle animals, and, except in such special areas as may be
marked at the entry, cattle, singly or in herds, or flocks, shall have a
driver.

3. Every driver shall possess the necessary physical and mental ability and
be in a fit physical and mental condition to drive.

4. Every driver of a power-driven vehicle shall possess the knowledge and


skill necessary for driving the vehicle; however, this requirement shall not
be a bar to driving practice by learner-drivers in conformity with domestic
legislation.

5. Every driver shall at all times be able to control his vehicle or to


guide his animals.
Seite 21 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Einige Kommentare zur erfolgten Änderung des Straßenverkehrs-


gesetzes (StVG) in Deutschland im Frühjahr 2017
• Neues StVG ist keine Novellierung der Wiener Konvention, sondern
Erweiterung der nationalen Auslegung für Level 3 der aktuellen Fassung

• Das StVG in der neuen Form entlässt den Fahrer aus der Verantwortung,
das automatische Fahren permanent zu überwachen, aber nicht aus
seiner Übernahmebereitschaft nach Aufforderung durch das System oder
bei Erkennen offensichtlicher Fehlfunktionen (schwammig).

• Nachweis der Erfüllung der Fahrerpflicht durch vorgeschriebene


Datenaufzeichnung im Fahrzeug.

• Fehler der Automatisierung werden zunächst wie andere technische Fehler


(Reifenplatzer etc.) behandelt. Fehlerhäufungen werden aber möglicherweise
zu Regressansprüchen von Versicherungen an Hersteller führen,
Überwachung zudem durch Kraftfahrtbundesamt bis hin zur Stilllegung.

• Level 4+ erfordert spätestens eine Novellierung der Wiener Konvention.


Stand der Diskussion heute: Diese Novellierung wird erlauben ohne
fahrtüchtige Person im Fahrzeug zu fahren, allerdings mit der Auflage einer
Leitwartenverantwortung.
Seite 22 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Verordnung zur Regelung des Betriebs von Kraftfahrzeugen


mit automatisierter und autonomer Fahrfunktion und zur
Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, Juni 2022

• Verordnung erlassen durch das Verkehrsministerium,


Verabschiedung / Veröffentlichung und in Kraft treten Juni 2022

• Regelt erstmalig die notwendigen Prozesse und Schritte um


automatisierte Fahrzeuge erproben, zulassen und betreiben zu
dürfen

• Zentral ist hier eine Technische Aufsicht, die den Betrieb der
Fahrzeuge überwacht

• Viele Dinge sind allerdings noch nicht eindeutig und konsistent


geregelt, es ist bereits im kommenden Jahr eine Überarbeitung
vorgesehen.
Seite 23 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

1. Einführung

1.1 Begriffe und Recht

1.2 Motivation für Fahrerassistenzsysteme

1.3 Übersicht über heute verfügbare Fahrerassistenzsysteme


Seite 24 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Getötete Personen bei Verkehrsunfällen


Bundesrepublik Deutschland (1950 – 2021)

Einführung Sicherheitsgurt
Anschnallpflicht seit 1976

ABS-Systeme ab ca. 1980

ASR-Systeme ab ca. 1987

ESP-Systeme ab ca. 1997


Weitere
Assistenzfunktionen
Abstandsregelung,
Notbremsung,
Spurverlassen, etc.
Seite 25 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Was bewirken aktive Fahrerassistenzsysteme? Einige Fakten..

• Spurhalteassistent: 49% weniger Lkw-Unfälle durch Spurverlassen auf


Autobahnen (Allianz Zentrum für Technik, AZT Wirkungspotentiale von
ACC und Lane Guard System bei Nutzfahrzeugen, 2006)
• Spurwechselassistent: 26% weniger Unfälle beim Spurwechsel
(Insurance Institute for Highway Safety, Crash Avoidance Potential of
Five Vehicle Technologies, IIHS 2008)
• Einparkassistent: 30% der Versicherungsschäden entstehen bei
Parkmanövern (Allianz Zentrum für Technik, AZT 2008)
• Lichtsysteme: 18% weniger Verkehrstote durch mehr Sicht auf
Autobahnen und Landstraßen (TÜV Rheinland Einfluss der Beleuchtung
an Fahrzeugen auf das nächtliche Unfallgeschehen in Deutschland,
2007)
• Nachtsichtassistent: 6% weniger Verkehrstote bei Nacht (eIMPACT
Consortium, Impact Assessment of Intelligent Vehicle Safety Systems,
2008)
Seite 26 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrzeugausrüstungsvorschriften für Fahrerassistenzsysteme


(Auswahl) I
• Antiblockiersystem (ABS): Freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller
seit 2004.
• Bremsassistent (BAS): Pkw- und leichte Nutzfahrzeuge der Klassen M1
und N1 bis 3,5 t müssen seit dem 24.02.2011 mit dem BAS ausgerüstet
sein. Für Kleintransporter bis 3,5 t (Klasse N1) gilt dies mit Erstzulassung
nach dem 24.08.2015 (neue Typzulassungen nach dem 24.02.2015).
• Fahrdynamikregelung (ESP): Seit dem 01.11.2011 erfordert die
Typzulassung für neue Pkw und Nutzfahrzeuge bis 3,5 t (Klasse M1, N1)
ein elektronisches Fahrdynamik-Regelsystem. Ab dem 01.11.2014
müssen dann alle Neufahrzeuge auch älterer Baureihen damit
ausgestattet werden.
• Notbremsassistent: Vorbehaltlich der Befreiungen gemäß Artikel 14
Absatz 3 Buchstabe a müssen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3
(Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen), N2 (Lkw 3,5-12 t) und N3 (Lkw über
12 t) mit einem Notbrems-Assistenzsystem ausgerüstet sein. Neue
Fahrzeugtypen ab 1.11.2013 und alle Neufahrzeuge ab 1.11.2015.
Seite 27 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Fahrzeugausrüstungsvorschriften für Fahrerassistenzsysteme


(Auswahl) II

• Spurhalteassistent: Vorbehaltlich der Befreiungen gemäß Artikel 14


Absatz 3 Buchstabe a müssen Fahrzeuge der Klassen M2 und M3
(Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen), N2 (Lkw 3,5-12 t) und N3 (Lkw über
12 t) mit einem Spurhaltewarnsystem ausgerüstet sein. Neue
Fahrzeugtypen ab 1.11.2013 und alle Neufahrzeuge ab 1.11.2015.
Seite 28 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

1. Einführung

1.1 Begriffe und Recht

1.2 Motivation für Fahrerassistenzsysteme

1.3 Übersicht über Fahrerassistenzsysteme Level 1 + 2


Seite 29 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung ACC, ACC Stopp&Go


(Adaptive Cruise Control, Abstandsregeltempomat)

Erweiterung des Tempomaten um eine Abstandsregelung auf


vorausfahrende Fahrzeuge durch Eingriff in Gas oder Bremse falls die
Wunschgeschwindigkeit von Ist-Geschwindigkeit abweicht oder ein
langsamer fahrendes Vorderfahrzeug detektiert wird. Bei ACC Stopp&Go
Funktion bis zum Stillstand (0 km/h – ca. 200 km/h, herstellerabhängig)

Fahrzeug folgt Entfernungsmessung


Vordermann bis ca. 200m
Seite 30 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung Automatische Notbremse (ANB)


(Emergency Break Assist, Collision Mitigation)

Das Fahrzeug löst automatisch eine Vollbremsung aus, sobald durch kein
physikalisch mögliches Fahrmanöver (Bremsen und gleichzeitig Lenken)
der Unfall mehr verhindert werden kann.
Das System reduziert daher signifikant die Aufprallenergie und damit die
Unfallschwere, kann den Unfall aber nicht verhindern

Exakte Vermessung der Objektkontur


(Hinderniskontur) erforderlich
Seite 31 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung Bremsassistenten (BAS)


(diverse Herstellerbezeichnungen und individuelle Auslegung)
Meist existieren mehrere Phasen und Eingriffsstufen (Zahl und Auslegung
herstellerabhängig). Generisches Beispiel:
Phase 1: Auffahrwarnung mit Bremsdruckaufbau / Anlegen Bremsbelege
Phase 2: Bei Fahrerbremsung Bremskraftregelung zur Unfallvermeidung
Phase 3: Bei fehlender Fahrerbremsung ANB-Auslösung

Normale Phase 1: Unfall kann Phase 2: Unfall kann Phase 3: Unfall kann verhindert
Fahrt, ggf. verhindert werden. verhindert werden. werden (neueste Systeme bei
Unterstützt Fahrerwarnung, Brems- Auffahrwarnung, Wenn niedrigen Geschwindigkeiten) oder
z.B. ACC- druckaufbau und Fahrer Bremsung auslöst. nicht mehr (Unfallfolgenminderung).
Modus Anlegen Bremsbeläge Bremskraftregelung zur Automatische Notbremsung erfolgt
(Wasserfilm eliminieren) Unfallvermeidung mit max. Bremsleistung
Seite 32 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung Überhol und Totwinkelassistent


(diverse Herstellerbezeichnungen und individuelle Auslegung)

Sensoren nehmen Fahrzeuge im toten Winkel wahr. Der Fahrer wird beim
Spurwechsel vor Fahrzeugen, mit denen Kollisionsgefahr besteht,
gewarnt.
Seite 33 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung: Spurhalteassistent (Lane Departure


Warning (LDW), Heading Control (HC))
(diverse Herstellerbezeichnungen und individuelle Auslegung)
Eine Kamera erkennt die Fahrstreifenmarkierungen. Nähert sich das
Fahrzeug „langsam“ ohne offensichtliche Fahrstreifenwechselabsicht
(Blinken) einer Fahrstriefenbegrenzung, wird der Fahrer akustisch
und/oder optisch und/oder haptisch gewarnt. Aktive Systeme erzeugen
zudem automatisch ein Lenkmoment oder Radbremsmoment, um das
Fahrzeug automatisch im Fahrstreifen zu halten.
Seite 34 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Beispiel Drive Pilot Assistenzfunktionen von Mercedes Benz


(2016)
Seite 35 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Drive Pilot 2022: Erstes Serienfahrzeug für Automatisiertes


Fahren Level 3
Seite 36 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Parkassistenzsysteme

Ausgangsituation
• Sicht beim Rangieren von Fahrzeugen oft
eingeschränkt.
• S-Kurve beim Einparken ein oft
unbeliebtes und unbeherrschtes
Fahrmanöver
Quelle Bosch

Systemausprägungen
• Einparkhilfe mit Abstandswarnern vorn
und hinten
• Rückfahrkamera
• Ausparkhilfe mit Seitenkameras vorn
• Topview-Bild
• (Semi-) Automatisches Einparken mit
Parklückenvermessung
Seite 37 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Einparkhilfe mit Rückfahrkamera und Surround-View


Systembeschreibung
Aus mehreren rund um das Fahrzeug verbauten Kameras wird ein
synthetisches Bildes aus der Vogelperspektive des eigenen Fahrzeugs
berechnet und angezeigt, zusätzlich Anzeige Bild Rückfahrkamera möglich
Zusätzlich Anzeige von Fahrempfehlungen zum Einparken und Markierung
von Fußgängern (herstellerabhängig)

Darstellung Top-View-Ansicht, Quelle BMW Darstellung Top-View-Ansicht & Rückfahrkamera, Quelle Mercedes
Seite 38 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung (Semi-) Automatisches Einparken


• Fahrzeug vermisst bei der Vorbeifahrt auf der Seite, wo der Blinker gesetzt
ist, mit Ultraschall Parklücken (in neuesten Systemen nur noch etwas mehr
als 1 m länger als Fahrzeug erforderlich).
• Lenkmanöver werden mit Hilfe von Klothoidenbahnen mit stetigem
Winkelverlauf errechnet.
• Aus der Startposition heraus lenkt das System selbsttätig, Fahrer muss nur
Gas geben und Bremsen. Ist der hintere Mindestabstand erreicht, muss der
Wagen nur noch nach vorn gesetzt werden.

Quelle VW
Seite 39 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung Ausparkhilfe

Kameras in den vorderen Ecken der


Stoßfänger ermöglichen eine erweiterte
Sicht bei Ausfahren aus engen Einfahrten
ohne Sicht auf querenden Verkehr oder
Fußgänger
Aktiviert bei niedriger Geschwindigkeit und
Stop

Quelle Honda
Seite 40 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Remote Parkpilot (E-Klasse 2016)


Seite 41 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Anforderungen an Lichtassistenzsysteme

Kurvenlicht Abbiegelicht

Autobahnlicht Landstraßenlicht

Quelle Herrtwich 2012


Seite 42 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Möglichkeiten der Lichtsteuerung und Lichtassistenz


• Automatisches Ein- und Ausschalten: Steuerbar über Lichtsensor
• Leuchtweitenregelung: Automatisches Ausgleichen der Neigung des
Fahrzeugs (etwa bei schwerer Beladung) und Vermeiden des Blendens
des Gegenverkehrs.
• Kurvenlicht: Beim Kurvenfahren ist es sinnvoll, wenn die Scheinwerfer in
die Kurve leuchten. Mechanische Kopplung mit der Lenkung schon in
frühen Fahrzeugen wie dem Citroën DS, heute über Lenkwinkelsensor
und unter Berücksichtigung der Fahrzeuggeschwindigkeit gesteuert.
Hinzunahme einer digitalen Karte erlaubt das Einlenken des Lichts schon
vor der Lenkbewegung Leuchtbereichsregelung. Anpassung an die
Straßensituation (etwa Ausleuchten einer Kreuzung beim Abbiegen)
• Fernlichtassistent:
• Automatisches Wechseln zwischen Abblend- und Fernlicht
• Automatisches Aussparen etwaig geblendeter Verkehrsteilnehmer
• Explizites Anstrahlen gefährlicher oder gefährdeter Objekte
Seite 43 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Systembeschreibung: Fernlichtassistent
Eine Kamera erfasst die Verkehrssituation im Vorderbereich und passt die
Leuchtweite der Autoscheinwerfer stufenlos an die Verkehrslage an und
sorgt somit für einen erheblich größeren ausgeleuchteten Bereich vor dem
Fahrzeug, ohne dass Gegenverkehr oder vorausfahrende
Verkehrsteilnehmer geblendet werden.

Mit neuartigen Scheinwerfer-konstruktionen (z.B. LED-Matrixscheinwerfer)


können einzelne Bereiche von der Ausleuchtung gezielt ausgenommen
werden.
Seite 44 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Funktion Matrixscheinwerfer
Seite 45 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Literaturhinweise (I)
Winner, Hakuli, Lotz, Singer (Hrsg.)

Handbuch Fahrerassistenzsysteme
Grundlagen, Komponenten und Systeme
für aktive Sicherheit und Komfort (z.Z. 3. Auflage)

Inhalt
– Teil 1: Grundlagen der FAS-Entwicklung
– Teil 2: Sensorik für FAS
– Teil 3: Aktorik für FAS
– Teil 4: Mensch-Maschine-Schnittstellen für FAS
– Teil 5: Fahrerassistenz auf Stabilisierungsebene
– Teil 6: Fahrerassistenz auf Bahnführungs- und
Navigationsebene
– Teil 7: Zukunft der Fahrerassistenzsysteme
Seite 46 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Lernziele Kapitel 1

Mit dem gelernten Wissen sind Sie in der Lage


• Fahrerassistenzsysteme nach verschiedenen Kriterien zu
Kategorisieren und zum automatisierten Fahren abzugrenzen
• Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Fahrerassistenzsysteme zu
nennen und aktuelle Widersprüche zu diskutieren
• Die grundsätzliche Funktionalität heutiger auf dem Markt befindlicher
Assistenzsysteme zu beschreiben
Seite 47 FAS, Kap 1 | K. Dietmayer | 2022

Wie geht es weiter…….


1. Einführung,
Übersicht über Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren
2. Fahrdynamikregelungen / ESP
3. Sensoren zur maschinellen Wahrnehmung, Videosensoren
4. Bildverarbeitung zur maschinellen Wahrnehmung
5. Radare, Radarsignalverarbeitung
6. Lidarsensoren, Lidarsignalverarbeitung
7. Umgebungsrepräsentation mit gridbasierten Verfahren
8. Informationsfusion, Umgebungsrepräsentation mit objektbasierten
Verfahren
9. Objektbasierte Verfahren, Tracking
10. Landmarken basierte Lokalisationsverfahren
11. Bildbasierte Objektklassifikation / Deep Learning
12. Entscheidungsfindung und Handlungsplanung
13. Trajektorienplanung
14. Fahrzeugregelung

Das könnte Ihnen auch gefallen