Planung & Ausführung 17
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Markus Rikal/Mabes
Feuchte Gründerzeithäuser in Wien
Zinshäuser prägen das Stadtbild schon seit mehr als 150 Jahren. Hundert­tausenden Wienern
gelten sie als behagliches Heim. Unglücklicherweise leidet ein Großteil der geschichts­
trächtigen Gebäude an einem elementaren Problem: aufsteigende Feuchtigkeit.
Text: Markus Rikal*
I
n Wien gibt es zirka 35.000 Gebäude, die vor 1919 errichtet wur-
den, und 20.000 davon gelten als die klassischen Gründerzeit-
zinshäuser. Aufgrund der Bauweise, Materialien und damali-
gen Möglichkeiten ergibt sich die Problematik, dass die teilweise
tief fundamentierten Ziegelwände (30 bis 100 cm Stärke) eine stark
aufsteigende Feuchtigkeit (Kapillarsog) aufweisen. Nur eine kleine
Anzahl dieser Häuser weist eine alte Sperrschicht auf. Das kön-
nen zum Beispiel Glas-, Stein- oder Lehmplatten sein, die teilweise
ebenfalls mit der Zeit undicht wurden. Oft ist der Putz der Übeltä-
ter, der den Schaden beschleunigt oder verursacht.
Diese Nässe bringt eine Vielzahl von Problemen mit sich. Unter
anderem schlechtes Wohnraumklima, Gefahr von Schimmel­bildung,
schlechte Wärmedämmung, Abfallen von Putzen und Farbe sowie
dauerhafte Schädigung des Mauerwerks (Mauerwerksfraß), da beim
Kapillarsog Nitrate, Chloride und Sulfate aus dem Erdreich mit-
transportiert werden. Diesen Prozess gilt es zu unterbinden. In der
ÖNorm B 2202 sowie in den ÖNormen B 3355 1-3 wird dieses Problem
explizit in Form einer Horizontalsperre behandelt. Die Norm sieht
auch eine zehnjährige Gewährleistung ab Trocknungsnachweis vor.
Unterschiedliche Vorgehensweisen
In der ÖNorm werden folgende Maßnahmen differenziert:
• Mechanisches Verfahren: Einbringen von Metallplatten bzw.
Durchschneiden mittels Diamantseil. Vorsicht: Hier wird viel
mechanische Gewalt in den geschwächten Baukörper eingebracht.
Setzungsrisse sind für gewöhnlich Folgeerscheinungen, die mitsa-
niert werden müssen. Man beachte, dass das Mauerwerk vom Fun-
dament getrennt wird und dies eine Herabsetzung der Standsicher-
heit bewirkt, wenn nicht wieder kraftschlüssig verbunden wird.
• Injektionsverfahren oder chemische Methode: Die Injektio-
nen teilen sich in zwei Kategorien auf: drucklose Injektionen und
Aufsteigende
Feuchtigkeit bei
Gründerzeithäusern
kann durch
­unterschiedliche
Vorgehensweisen
unterbunden
werden.
Injektionen mit Druck. Wichtig bei der Injektion ist auch die rich-
tige Anordnung, Tiefe und der Winkel der Bohrkanäle sowie die
Reinigung derselben vor der Injektion. Die richtige Wahl des Mate-
rials ist unerlässlich und entscheidend! Mehrkomponentige Sys-
teme wie z. B. Methacrylate bringen einen nachhaltigen Erfolg, da
diese kapillarverschließend und nicht nur verengend und hydro-
phob sind. Vorsicht, nicht jeder Injektionsbetrieb ist dieser Heraus-
forderung gewachsen.
• Elektrophysikalisches Verfahren oder Elektroosmose: Beim
elektrophysikalischen Verfahren werden im Mauerwerk Elekt-
roden eingebracht, die unter Gleichstrom (max. 15 Volt) in den
Wassermolekülen eine Potenzialumkehr des Plus- und Minuspols
bewirken und das Wasser wieder in Richtung Boden drücken. Zu
beachten ist, dass laufende Stromkosten entstehen und sich die
Elektroden abnutzen. Aber Vorsicht! Diese Methode hat nichts
mit den „Wunderkästen“ auf dem Dachboden oder Ähnlichem zu
tun. Diese sind nicht normkonform!
Nach Einbringen der Horizontalsperre sollten flankierende Maß-
nahmen, wie laut ÖNorm B 3355-3 empfohlen, eingehalten und
durchgeführt werden. Das heißt, Abtragen des schadhaften und
gegebenenfalls versalzenen Putzes und wenn nötig Aufbringen
einer Salzsperre. Danach kann das Ziegelmauerwerk nach mecha-
nischer (Heizstäbe) bzw. natürlicher Trocknung wieder mit einem
passenden Putzsystem wie Sanier- oder Feuchteregulierungsputz
revitalisiert werden – vorzugsweise nach WTA-Richtlinien.
Nachsatz: Vorsatzschalen sind keine technische Lösung, sondern
nur eine kosmetische Verkleidung, um das offensichtliche Problem
zu kaschieren und gegebenenfalls Zeit zu gewinnen. 
*Zum Autor: Markus Rikal ist Key Account bei mabes Trocknung und Sanierung GmbH
www.mabes.at