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Ute G. Bergauer

Praxis
der Stimmtherapie
Logopädische Behandlungsvorschläge
und Übungsmaterialien

2. Auflage

Mit einem Geleitwort von G. Wirth

Mit zahlreichen Übungsvorlagen

13
Ute G. Bergauer
Rosenweg 8
69198 Schriesheim

Illustrationen:
Seite 9: © Cartoon Concept, Hannover
Seite 165: © Catprint Marketing GmbH, Langenhagen

ISBN 3-540-22475-0
Springer Medizin Verlag Heidelberg
ISBN 3-540-62977-7 1. Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York

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SPIN 10754902
Satz: Stürtz AG, Würzburg

Gedruckt auf säurefreiem Papier 22/3160 Re – 5 4 3 2 1 0


V

Vorwort zur 2. Auflage

Dieses Buch entstammt meiner langjährigen praktischen Arbeit mit stimmgestörten


Menschen. Es soll Therapeuten, Patienten und Interessierten Anregungen und Hilfe-
stellungen in der eigenen therapeutischen Arbeit bzw. im Umgang mit Stimmstörungen
geben.
Das Buch ist in fünf große Kapitel gegliedert, deren Inhalte sich in der Stimmtherapie
als sinnvoll und angebracht erwiesen haben.
Ein Ziel bestand darin, dass Sie die benötigten Inhalte möglichst einfach und schnell
finden können, was durch die übersichtliche Darstellung erreicht wird. Die große Aus-
wahl an Wort-, Satz- und Textbeispielen ermöglicht Ihnen im „therapeutischen Wech-
selspiel“ eine abwechslungsreiche Gestaltung der Therapiestunden.
Der Stundeninhalt sollte dem Störungsbild entsprechende Übungen aus allen fünf
Bereichen enthalten. Dabei kann der störungsspezifische Inhalt unterschiedlich ge-
wählt werden, allerdings sollte immer ein ganzheitliches Stunden- und Gesamtkonzept
angestrebt werden.
Der Leitsatz für die vorgeschlagene Reihenfolge der Übungsinhalte lautet: „Vom Leich-
ten zum Schweren“, was für Patienten gut nachzuvollziehen ist.
Vielfältige Vorschläge mit Materialien bereiten Freude und unterstützen Atmung,
Bewegung, Haltung und Stimme! Auch die zahlreichen Beispiele zur Prosodie tragen
hoffentlich dazu bei, neues Interesse an diesem Genre zu wecken.
Weiterhin erfolgreiches Arbeiten.

Im August 2004 Ute G. Bergauer


VII

Geleitwort zur 1. Auflage

Auch Bücher haben ihre Vorgeschichte. Der vorliegende Band verdankt seine Entstehung
der über 30jährigen Praxis- und Lehrtätigkeit der Autorin als Logopädin und Leitende
Lehrlogopädin an der Abteilung für Stimm- und Sprachstörungen sowie Pädaudiologie
der HNO-Klinik Heidelberg bzw. an der angeschlossenen Schule für Logopädie.

Frau Bergauer hat in diesem ganz auf die Praxis bezogenen Buch das große Repertoire
der die Stimme betreffenden logopädischen Behandlungsmethoden zusammengestellt,
die sich über viele Jahre hinweg in ihrer therapeutischen Arbeit bewährt haben und die
sie ihren Logopädieschülern im Unterricht vermittelt.

Bücher, die detailliert logopädische Behandlungsmethoden für die einzelnen Störungs-


bilder der Stimme beschreiben, stellen eine Rarität dar. Somit gewinnt der vorliegende
Band eine besondere praktische Bedeutung für alle diejenigen, die in der Therapie von
funktionell und auch organisch verursachten Stimmstörungen tätig sind.

Heidelberg, Dezember 1997

Prof. Dr. Günter Wirth

Ärztl. Direktor der Abt. f. Stimm- und Sprachstörungen sowie Pädaudiologie der
Univ. HNO-Klinik Heidelberg
IX

Vorwort zur 1. Auflage

Dieses Buch entstand


aus der Praxis für die Praxis!

Es ist in erster Linie eine Sammlung von Vorschlägen und Übungsmaterial zur Stimm-
therapie. In meiner langjährigen Arbeit mit stimmgestörten Patienten haben sich viele
Aufzeichnungen angesammelt, die sich in der Praxis bewährt haben und die ich hier
weitergeben möchte.
Das Buch wendet sich hauptsächlich an Logopäden, Sprecherzieher, Atem-, Sprech- und
Stimmlehrer, aber auch an den interessierten Laien. (Wenn übrigens hier und im fol-
genden von „dem Therapeuten“ oder „dem Patienten“ die Rede ist, so ist damit immer
die männliche und die weibliche Form gemeint.)
In meinem ganzheitlichen Konzept, das einen störungsspezifischen Aufbau der Thera-
pie beinhaltet, bilden überwiegend die Methoden Coblenzer-Muhar und Fernau-Horn
die Grundlage: In der Therapie wird von dem Grundsatz ausgegangen: ,,Atmung, Hal-
tung/Bewegung/Tonus, Stimme, Artikulation und Prosodie bilden eine Einheit“. Diese
Bereiche sind der besseren Übersicht halber in abgeschlossene Kapitel gegliedert; sie
sollten jedoch in einer bzw. mehreren Therapiestunden miteinander kombiniert und
als Ganzheit gesehen werden.
Theoretische Erläuterungen und Abhandlungen werden meist kurz gehalten, da es zu
den jeweiligen Themen genügend Lehr- und Fachbuchliteratur gibt. Anweisungen und
Hinweise sind ebenfalls möglichst kurz und einfach formuliert. Das gilt auch für anato-
mische und physiologische Beschreibungen.
Viele Übungen (besonders solche mit Material) sind oft nur stichwortartig benannt, da
sie in Therapeutenkreisen meist ohnehin bekannt sind.
Die fünf Kapitel beginnen jeweils mit der Theorie zu dem entsprechenden Thema. Dem
praktischen Teil sind dann Begriffe, Redewendungen und Sprichwörter vorangestellt,
die manchem Patienten den Einstieg in und das Verständnis für die Anwendung er-
leichtern. Einige dieser Texte lassen sich auch als Übungsvorlagen einsetzen. Sie sollten
aber immer personenbezogen ausgewählt werden, da sie nicht jeden Patienten anspre-
chen.
Die vorgegebene Reihenfolge der Übungen entspricht überwiegend dem Prinzip „vom
Leichten zum Schweren“. Auch sie sollte natürlich individuell abgeändert werden.
Die begleitende Hörerziehung, die Akupädie, wird als wichtige Ergänzung zur Stimm-
therapie im einführenden Kapitel angesprochen.
Die Thematik funktioneller Stimmstörungen bildet den Schwerpunkt des Buchs.
Ein kürzerer Teil in Kap. 3, „Stimme“ enthält Vorschläge zur Therapie von funktio-
nellen Mutationsstörungen und (organischen) Stimmlippenlähmungen. Die Vorschlä-
ge dieser Therapiepläne können als Basis verwendet und jeweils individuell verändert
werden.
X

Die Wort- und Satzbeispiele und eine Reihe von Versen eignen sich für die Sprach-
therapie bei Kindern.
Bewußt wurde im Gesamtkonzept der Bereich Persönlichkeit und Psyche kaum berück-
sichtigt. Was jedoch bedeutet, daß er in der Therapie nicht unberücksichtigt bleiben
darf, sondern therapeutisch angegangen werden sollte.
Dieses Buch ist also vor allem als Angebot und Arbeitsgrundlage zum schnellen Auf-
finden passender Übungen und damit zum Planen und Durchführen erfolgreicher
Therapiestunden gedacht. Möge es ein echter Freund und Helfer an Ihrem Arbeitsplatz
werden!

Heidelberg, im Dezember 1997 Ute G. Bergauer

Danksagung

Am Gelingen des Buches war maßgeblich mein Mann beteiligt, dem ich an dieser
Stelle für die Schreibarbeiten danken möchte; ebenso der Lektorin Frau M. Botsch im
Springer-Verlag für ihre Anregungen und Korrekturvorschläge bei der Überarbeitung
des Manuskripts.
XI

Inhaltsverzeichnis
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Die Rolle des Therapeuten. . . . . . . . . . . . . . . 2 Sprechen aus der Atemmittellage. . . . 14
Was heißt eigentlich Therapie? . . . . . . . . . . 2 Reflektorische Atemergänzung . . . . . . 15
Therapieverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Abspannen und Federung . . . . . . . . . . . . . . 15
Einstieg in die Therapie. . . . . . . . . . . . . . 2 Federung und Atemwurf . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Üben – aber wie?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Federung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Therapieplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Atemwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Akupädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.7 Übungen: Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Wege und Ziele in der Hörerziehung . 5 Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . . 16
Elemente der Akupädie . . . . . . . . . . . . . 6 Vitallaute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Allgemeine Hinweise zur Stimmtherapie. 6 Atemwahrnehmung durch
Merkblatt für Patienten mit Intention. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Stimmproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Atemvertiefung, Atemimpuls,
Patientenbogen zur Beurteilung der Atemanregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
eigenen Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Atemeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Atemführung und Atemverlängerung
1 Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Ausatmen im Takt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.2 Begriffe und Redewendungen: Atem . . . . 11 Atemwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.3 Sprichwörter und Lyrik: Atem. . . . . . . . . . . . 11 Entspannung und Atmung,
1.4 Befundung der Atemfunktion . . . . . . . . . . . 12 Gefühl der Leichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . 21
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Atmung und Vorstellung . . . . . . . . . . . . 21
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.5 Befundung des Lungenvolumens 2 Haltung – Tonus – Bewegung . . . . . . . . 23
(Vitalkapazität). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Begriffe und Redewendungen:
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Haltung – Tonus – Bewegung. . . . . . . . . . . . 24
Ausatemdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Sprichwörter und Lyrik:
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Haltung – Tonus – Bewegung. . . . . . . . . . . . 25
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.4 Befundung der Haltung, der Bewegung
Atemfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 und des Tonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.6 Atemtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.5 Therapie: Haltung – Tonus –
Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Physiologische Zwerchfell-Flanken- Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Haltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Stützfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Atemrhythmisch angepaßte Tonusregulation durch gute Laune
Phonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 und Lachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
XII

2.6 Übungen: Haltung – Tonus – Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45


Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Mittlere Sprechstimmlage . . . . . . . . . . . . . . 45
Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . . 28 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Merkblatt zur Erhaltung einer Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
gesunden Wirbelsäule. . . . . . . . . . . . . . . 29 Stimmeinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Isometrische Übungen zur Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Tonusregulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Isotonische Übungen zur Stimmabsatz (Tonabsatz). . . . . . . . . . . . . . . 46
Tonusregulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Ganzheitliche Bewegungsübungen Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
durch Intention – Korrektur der 3.5 Funktionelle Dysphonie . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Körperhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Hyperfunktionelle Dysphonie
Haltung üben im Gehen . . . . . . . . . . . . . 31 und Stimmlippenknötchen. . . . . . . . . . . . . 47
Elektrovibrationsmassage mit Maspo, Befundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
oder Unilife Bio Impulsmodell . . . . . . . 31 Mißempfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Elektrovibrationsmassage mit Verhaltensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
einem Großflächenmassagegerät . . . . 32 Hypofunktionelle Dysphonie, Internus-
Übungen mit Material . . . . . . . . . . . . . . . 33 und Transversusschwäche, Phonasthenie 48
Kontaktübungen mit Material . . . . . . . 34 Befundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Schwingeübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Mißempfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Schwingegurtübungen. . . . . . . . . . . . . . 35 Auftreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Dehnungsübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.6 Therapie: Funktionelle Dysphonie . . . . . . 48
Tiefmuskelentspannungstraining Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
und autogenes Training . . . . . . . . . . . . . 35 3.7 Übungen: Funktionelle Dysphonie. . . . . . 48
Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . 49
3 Stimme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Lautgruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Wortebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.2 Begriffe und Redewendungen: Stimme . . 41 Wortgruppen, Minisätze,
3.3 Sprichwörter: Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Redewendungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.4 Befundung der Stimmleistung . . . . . . . . . . 42 Satzebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Stimmqualitäten und Stimmklang . . . . . . . 42 Verse und Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Hyperfunktionelle Dysphonie . . . . . . . . . . 51
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Hauchlaut h und Strömungslaute
Schwelltonvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 f, sch, ch1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Klinger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Summübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Tonhaltedauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Lautebene: Klinger, Halbklinger. . . . . 69
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Halbklinger r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Hypofunktionelle Dysphonie . . . . . . . . . . . 102
Stimmumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Explosivlaute (Verschlußlaute) . . . . . . 102
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Vokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Stimmabsatz, „Abknarren“ . . . . . . . . . . 142
Registerübergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.8 Mutationsstörungen
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (Stimmwechselstörungen) . . . . . . . . . . . . . 150
XIII

3.9 Therapie: Mutationsstörungen . . . . . . . . . 150 Übungen zur Weitung: Gähnen . . . . . 169


Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Übungen zur Lockerung:
Gespräch – Beratung – Aufklärung . . . . . 151 Lippen – Zunge – Kiefer . . . . . . . . . . . . 170
3.10 Übungen: Mutationsstörungen. . . . . . . . . 152 Übungen für die Mundmotorik:
Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . 152 Vokale/Strömer/Klinger/Plosive. . . . . 171
Vorübungen zur Therapie Übungen mit unterschiedlichen
von Mutationsstörungen . . . . . . . . . . . 152 Zielsetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Kaumethode nach Fröschels . . . . . . . 153
Akzentmethode nach Smith 5 Prosodie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .179
und Thyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Nasalierungsmethode nach Pahn . . . 155 5.2 Sprichwörter: Prosodie . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
3.11 Stimmlippenlähmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.3 Befundung der Prosodie . . . . . . . . . . . . . . . 180
Befundung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Melodischer Akzent (Melodie) . . . . . . . . . . 180
3.12 Therapie: Stimmlippenlähmung . . . . . . . . 163 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
3.13 Übungen: Stimmlippenlähmung . . . . . . . 163 Dynamischer Akzent (Dynamik) . . . . . . . . 181
Apparative Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4 Artikulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .165 Temporaler Akzent (Tempo) . . . . . . . . . . . . 181
4.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.2 Begriffe und Redewendungen: Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Artikulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.4 Übungen: Prosodie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
4.3 Sprichwörter: Artikulation . . . . . . . . . . . . . . 167 Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . 182
4.4 Befundung der Artikulation . . . . . . . . . . . . 167 Hinweise zu den Übungen . . . . . . . . . . . . . 182
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Einstiegsübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Satzebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
4.5 Therapie: Artikulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Lyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Dialoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
4.6 Übungen: Artikulation . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Feierabend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . 168
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Einführung
Die Rolle des Therapeuten –2
Was heißt eigentlich Therapie? –2
Therapieverlauf –2
Einstieg in die Therapie – 2
Üben – aber wie? – 3
Therapieplan – 3

Akupädie – 5
Allgemeine Hinweise zur Stimmtherapie – 6
Merkblatt für Patienten mit Stimmproblemen –7
Patientenbogen zur Beurteilung der eigenen Stimme –8
2 Einführung

Die Rolle des Therapeuten Therapieverlauf

Nach van Riper stellt die Rolle des Therapeuten Einstieg in die Therapie
die eines Begleiters auf Vereinbarung und nicht
die eines Lehrers oder „Predigers“ dar. In der Regel wird die Stimmstörung vom HNO-
Arzt oder Phoniater festgestellt. Für die weitere
Die Verantwortung für eine gewissenhafte Übungsbehand- Therapieplanung sind folgende Bedingungen
lung und für die Übernahme der neuen Sprechweise bzw. wichtig:
Stimme in die Alltagssituation trägt der Patient – dies zu
▬ ärztliche Diagnose,
vermitteln und den Patienten dann gehen lassen ist Aufgabe
des Logopäden (Darley in Gundermann 1981). ▬ eventuell apparative Messungen wie Stimm-
Das wirksamste Medikament ist der Therapeut (Gun- feldmessung und Hörprüfung.
dermann 1991).
Nicht das Was der Methode, sondern das Wie des The- Danach beginnt die Aufgabe des Logopäden, die
rapeuten entscheidet über den Erfolg (Gundermann 1991).
sich wie folgt gliedert:
Was aber auch der raffiniertesten Technik erst Glanz
verleiht, das ist ein „Schuß“ Phantasie und Inspiration
▬ Logopädische Diagnostik
(Gundermann 1981). – Erstellung der Anamnese.
– Erstellung des Stimmstatus.
Die Intuition und Kreativität des Therapeuten ▬ Gespräch – Beratung – Aufklärung
sind für eine erfolgreiche Behandlung wichtig. – Befundung: derzeitige Beschwerden,
– Erklärungen zum Störungsbild: Kehlkopf-
Was heißt eigentlich Therapie? modell oder Abbildung des Kehlkopfes.
– Gemeinsame Zielsetzung des Patienten und
Therapie bedeutet dienen, pflegen, behandeln, des Therapeuten.
heilen, fördern, achten, freundlich sich sorgen, – Organisation der Therapie: Anzahl und Häu-
Verordnung, Heilung, Aufmerksamkeit schen- figkeit der Therapiestunden.
ken. – Beratung über Sprech- und Stimmverhalten
Im Fall der Stimmtherapie bedeutet dies ( s. „Merkblatt für Patienten mit Stimmpro-
besonders, Funktionsfehler zu beseitigen, d. h. blemen“, S. 7).
Defizite, Mängel, Unebenheiten und Ange- – Hinweis auf ärztliche Kontrolluntersuchun-
wohnheiten anzugehen, wobei der Therapeut gen.
Angaben zur Abhilfe macht und entsprechende – Planung einer Kassetten- oder Videoaufnah-
Übungen anbietet. me.
– Durchführung erster Übungen „zur Einfüh-
> Unser grundsätzliches Ziel ist der Abbau der
rung“.
Fehlfunktionen und der Aufbau der Voll-
– Anlegen eines Arbeitshefts (Hausheft). Hier
funktion der Stimme.
können die laufenden Übungen vom Patien-
ten oder Therapeuten eingetragen und kon-
> Die Stimmtherapie ist ein „Arbeitsvertrag“,
trolliert werden. Das Arbeitsheft hat sich als
d. h., die Verantwortung für die gemein-
gute Übungshilfe sowohl für den Patienten
same Arbeit und den Erfolg wird zwischen
als auch für den Therapeuten herausgestellt.
Therapeut und Patient geteilt.
– Besprechung häuslicher Übungen ( s. fol-
genden Abschn. „Üben – aber wie?“).
3
Therapieverlauf

Üben – aber wie? entlasten und geben Hinweise für die Thera-
pie. Patient und Therapeut sollten gemeinsam
über mögliche störende Einflüsse reden, die
> „Übe mäßig, aber regelmäßig.“
Ursachen zu ergründen versuchen und sich
Folgende Regeln sollten beachtet werden: Lösungsmöglichkeiten überlegen ( s. „Patien-
▬ Es ist besser, regelmäßig kurz zu üben als selten tenbogen zur Beurteilung der eigenen Stimme“,
und lang. S. 8).
▬ Empfehlung: 3mal täglich 5–10 min über den
! Vorsicht
Tag verteilt.
Bei den geringsten Anzeichen von Stimmermü-
▬ Für die Übungen einen genauen Zeitplan festle-
dung oder rauhem Hals müssen die Übungen
gen: z. B. morgens im Bad, in der Mittagspause,
beendet werden.
vor dem Zubettgehen.
▬ In gut gelüfteten Räumen oder im Freien Im Rahmen der Therapie sollten auch einige
üben. allgemeingültige Regeln beachtet werden:
▬ Ohne Störungen, z. B. durch Telefon, und nicht ▬ Was für die körperliche und seelische Gesund-
mit vollem Magen üben. Situationen, in denen heit gut ist, tut auch Ihrer Stimme gut!
eine störungsfreie Zeit zur Verfügung steht, ▬ Sorgen Sie für frische Luft, eine gesunde Er-
ausnutzen. nährung, ausreichend Bewegung, genügend
▬ Man muß an einem Tag nicht alle Übungen Schlaf.
durchführen. Eine oder ein paar wenige genü- ▬ Vermeiden Sie Rauch(en), Alkohol und mög-
gen, der Patient kann auch die gleiche Übung lichst auch scharfe Speisen.
hintereinander – mit Pausen – durchführen. ▬ Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit 2–2,5 l
▬ In verschiedenen Positionen üben und verglei- Mineralwasser keine säurehaltigen Säfte. Redu-
chen: im Stehen, Sitzen, Liegen, Gehen. zieren Sie Kaffee, Tee und Colagetränke.
▬ Vor und zwischen den Übungen: dehnen – stre-
cken – gähnen – sich recken! Bei der Stimmtherapie bilden Atmung, Be-
▬ Bei der Durchführung können Familienmit- wegung und Tonus, Stimme, Artikulation und
glieder hilfreich sein, indem sie den Patienten Prosodie eine Einheit. Es sollen weder Über-
zum Üben motivieren oder bei Übungen kor- noch Untersteuerung der gestörten Funktio-
rigieren; wenn dies eher stört, sollte man lieber nen erarbeitet und erlernt werden, sondern
darauf verzichten. der ökonomische Einsatz der notwendigen,
▬ Morgens im Bad üben, dabei in den Spiegel bli- ganzheitlich zu sehenden Maßnahmen, welche
cken, um die Übungen kontrollieren zu kön- für die Qualität und Belastbarkeit der Stimme
nen. Die Konzentration des Patienten läßt sich erforderlich sind. Therapieweg und Erfolg der
steigern durch den Blick aus dem Fenster und Behandlung sollten unter diesem Gesichtspunkt
das Anpeilen eines Zielpunkts, z. B. Baum, Berg, beurteilt werden.
Wiese, oder durch das Betrachten eines anspre-
chenden Bildes an der Wand. Therapieplan
▬ Im Alltag üben: Manche Übungen können
durchaus auch in den Alltag integriert werden, Im folgenden sollen der Verlauf einer Stimm-
z. B. wenn der Patient an der Straßenbahnhal- therapie sowie ihre anzustrebenden Wege (Ver-
testelle oder an der roten Ampel wartet. besserungen) und Ziele am Beispiel einer funk-
▬ Das Wahrnehmen und Mitteilen des eigenen tionellen Dysphonie aufgezeichnet werden:
Befindens ist wichtig. Solche Mitteilungen
4 Einführung

1. Atmung Stimmumfang: Verbesserung der Modulati-


– Verbesserung von: on, physiologische Stimmlippenspannung,
Atemwahrnehmung, Atemanregung, Atem- Umfang individuell, aber typgerecht und al-
impuls, tersentsprechend;
Atemführung, Atemeinteilung, Atemrhyth- Tonhaltedauer/Vokalverlängerung: Atemein-
mus. teilung, Lockerung und Regenerierung der
– Ziele: Stimmlippen, Stimmlippentraining, Anpas-
kostoabdominale Atmung, d. h. Tiefatmung sung an Vitalkapazität;
oder Vollatmung, Stimmabsatz: weich/fest ( s. „Stimmeinsatz“,
Erlernen der Zwerchfellstütze bzw. Atemstüt- S. 46);
ze. Wahrnehmung: „Akupädie“ d. h. Verbesse-
2. Haltung – Bewegung – Tonus rung der Eigen- und Fremdwahrnehmung,
– Verbesserung von: Kontrollverbesserung.
Körperwahrnehmung, Körperspannung, Lo- 4. Artikulation
ckerungs- und Lösungsfähigkeit, – Verbesserung von:
Haltungsaufbau, Tonusregulation, Span- Weitung des Mund- und Rachenraumes,
nungsausgleich. Stimmansatz, Tonansatz,
– Ziele: Kiefer- und Mundmotorik.
Harmonie und Wohlbefinden, Durchlässig- – Ziele:
keit (Eutonus), deutlich vorn liegende, „plastische“ Artikula-
„hygienische Spannung“ (eutone Span- tion, Weitung;
nung). „den Weg frei machen – aufmachen und tö-
3. Stimme nen“.
– Verbesserung von:
Stimmeinsatz, Resonanz, Stimmklang und Die grundlegenden Voraussetzungen richti-
Prosodie, ger Stimmbildung lassen sich in knapper Form
Stimmlage, Stimmumfang, Stimmführung, in den folgenden Merksätzen zusammenfassen:
Tonhaltedauer und Stimmabsatz.
> Tief ist tief. Tiefatmung muß vor allem auch
– Ziele:
die Tiefe, die Leibesmitte, das Zwerchfell be-
Stimmeinsatz: weich/fest, physiologische
wegen.
Stimmlippenbewegungen, Spannungsregu-
lation; Gerade ist gerade. Die gerade aufrechte
Resonanz: Klangverbesserung, Klangverstär- Haltung verlangt ein gerades, nicht ein ge-
kung, optimale Nutzung der Resonanzräume krümmtes Kreuz.
(wohlklingende Stimme);
Weit ist weit. Die Kehlweite füllt und „adelt“
Stimmklang: Qualitätsverbesserung, Wohl-
den Ton.
klang, „Stimmästhetik“ (Euphonie);
Prosodie: Sprechmelodie, Sprechtempo und Vorn ist vorn. Der richtige Stimmsitz, das
Lautheit ergeben bessere Verständlichkeit „Vorne-Sitzen“ der Stimme, wird von den
und Modulation, dem Inhalt und der Situa- mitklingenden Obertönen bestimmt und
tion entsprechend; durch die Umlaute ö, ü, ä in Verbindung mit
Indifferenzlage/mittlere Sprechstimmlage: den Klingern m, n, l, ng eingestellt (vgl. Zim-
Abbau von stimmlichen Fehlspannungen, mermann 1979).
Stimmermüdung vorbeugend, zuhörer-
freundlich, der Norm entsprechend;
5
Akupädie

Die wichtigsten Regeln der Stimmtherapie für > Bei jedem echten Gespräch investieren die
den Patienten sind im „Merkblatt für Patienten“ Beteiligten mindestens die Hälfte der Zeit
zusammengefaßt. und Intensität in den Hörvorgang. Wenn zu
Eine gute Stimme zeichnet sich durch be- viele Personen gleichzeitig sprechen, mün-
stimmte Merkmale aus: det das Gespräch in ein beziehungsloses,
leeres Geschwätz.
> Eine Stimme läßt sich als „gut“ bezeichnen,
Man kann die „Gestalt“ einer Stimme über-
wenn sie ausschließlich unter Inanspruch-
haupt erst beurteilen, wenn man lange ge-
nahme der für die jeweilige Leistung nöti-
nug in sie hineingehört hat.
gen Muskulatur in harmonischem Ausgleich
der Atmungs-, Kehlkopf- und Ansatzrohr- Wege und Ziele in der Hörerziehung
funktion gebildet wird. Die „gute Stimme“
Hörerziehung ist Fitneßtraining für das Gehör.
hört sich frei von Nebengeräuschen, Druck,
Sie sollte zum festen Bestandteil der Therapie
Dauer- und Fehlüberspannungen an, klingt
werden ( s. „Patientenbogen“, S. 8).
in jeder Höhe beliebig kräftig oder leise,
Das generelle Ziel der Hörerziehung ist die
weittragend; sie fließt resonanzreich, weich
Verbesserung der Eigen- und Fremdwahrneh-
und anstrengungslos (nach Habermann
mung, d. h. die Verbesserung der Kontrolle über
1980).
die eigene Stimme. Konkret bedeutet dies:
Zur Eigenbeurteilung kann der Patienten- ▬ Stimmgestörte sollen den Klang der eigenen
bogen ( s. S. 8) verwendet werden. Dieser Bo- Stimme und fremder Stimmen einschätzen
gen wird dem Patienten über einen bestimmten lernen. Daher gilt es, das Gehör bezüglich fol-
Zeitraum als Kontrolliste mitgegeben, und an- gender Merkmale zu sensibilisieren:
schließend werden die Ergebnisse in einer The- – Ist die Stimmlage zu hoch oder zu tief (Be-
rapiestunde besprochen. Die ersten vier Beur- zugspunkt: mittlere Sprechstimmlage)?
teilungsparameter gehören in den Bereich der – Hält sich die Lautstärke im vorgegebenen
Akupädie. Die anderen Beobachtungen ergeben räumlichen Rahmen? Die Stimmstärke muß
ein gutes Gesamtbild der Eigenwahrnehmung der Raumgröße angepaßt sein. Dies ist eine
und zeigen Übereinstimmungen bzw. Unter- stimmhygienische Regel, an die sich gerade
schiede zum Eindruck des Therapeuten auf. Lehrer oft nicht halten und mit Stentorstim-
me (laut, dröhnend) versuchen, das Klassen-
Akupädie zimmer zu beherrschen.
– Ist die Sprechmelodie farbig und abwechs-
Begleitend zur Stimmerziehung erfolgt auch lungsreich? Monotonie tötet das Leben jeder
die Hörerziehung. Sie ist bei Patienten, deren Stimme. Man kann sich die gewebszerstören-
Musikalität nicht sehr ausgeprägt ist, beson- den Folgen leicht vorstellen, wenn eintönig
ders wichtig. Um stimmliche Gegebenheiten zu immer auf die gleiche Kerbe eingehämmert
erkennen, bedarf es einer gezielten Eigen- und wird.
Fremdwahrnehmung. Die Korrektur einer ge- – Ist der Stimmeinsatz „physiologisch fest“,
störten Stimme beginnt mit dem Hörenlernen wie man es in der deutschen Sprache erwar-
(Gundermann 1991). tet? Oder ist er pathologisch hart, gepreßt
und den Vokalen die Klangluft abschnürend
ⓘ Definition
(Gundermann 1991)?
Unter Akupädie versteht man Hörarbeit, Hörer-
▬ Umweltgeräusche (Laute, Klänge usw.) sollen
ziehung, Hörschulung bzw. Hörtraining.
differenziert wahrgenommen werden.
6 Einführung

▬ Die Patienten sollen in die Lage versetzt wer- Allgemeine Hinweise zur
den, die Töne und Laute verschiedener Instru- Stimmtherapie
mente bzw. Gegenstände nachzusingen und zu
„benoten“. Bevor wir in den folgenden Kapiteln in die ei-
gentliche Therapie einsteigen, noch ein paar Be-
Elemente der Akupädie merkungen zur Patientenklientel.
Der akustischen Wahrnehmungsschulung Von Stimmstörungen betroffen sind heutzu-
(Gundermann 1982) liegt folgendes Schema zu- tage viele Menschen, vorwiegend die sog. „Viel-
grunde: sprecher“: Lehrer, Dozenten, Erzieher, Pfarrer,
▬ Universelle Schallereignisse: Politiker, Manager, Berater, Vertreter, Verkäufer
– Zum Beispiel mit geschlossenen Augen Um- und Kursleiter in Fitnessstudios.
weltgeräusche wie Handwerkerlärm, Moto- Meist lautet die Diagnose „hyperfunktionel-
rengeräusche, Windgeräusche, Bäumerau- le Dysphonie“, seltener „hypofunktionelle Dys-
schen oder Tierstimmen wahrnehmen und phonie“. Häufig tritt auch eine Mischform auf.
beschreiben, d. h. zuordnen. Daraus folgernd beginnt der therapeutische
– Einen Ton nachsingen und am Klavier oder Übungsteil von Kap.3, „Stimme“, mit Inhalten,
einem anderen Instrument „benoten“. die für die hyperfunktionelle Dysphonie geeig-
▬ Gestörte Stimmen – Fremdstimmen: net sind.
– Gestörte Stimmen von einer Tonkassette Die Übungsbeispiele aus der Gruppe „hypo-
abhören, diese beschreiben (Stimmqualität, funktionelle Dysphonie“ (Plosive und Vokale)
Lautstärke, Sprechmelodie, Tonlage, Pausen- sind zwar zunächst zweitrangig, aus dem Ge-
einteilung) und mit passenden Adjektiven samtkonzept aber nicht wegzudenken – sie ge-
belegen. hören unbedingt dazu ( s. S. 104 ff.).
▬ Gesunde Stimmen – Fremdstimmen: Patienten mit Mutationsstörungen
– Bei den gesunden Stimmen erweist es sich ( s. S. 150) und Stimmlippenlähmungen
als schwieriger, Beschreibungen vorzuneh- ( s. S. 163) sind in der täglichen niedergelas-
men ( s. „Stimmqualitäten und Stimmklang“, senen Praxis seltener zu finden. Ihre Behand-
S. 42/43). lung kann bei konzentriertem Einsatz meist von
▬ Hören von Gesang, Chor- und Instrumental- gutem oder befriedigendem Erfolg begleitet
musik: sein. Der Therapieplan ist jeweils im Vorspann
– Die Beurteilung von Gesang, Chor- und In- zu den entsprechenden Übungen in Kap. 3,
strumentalmusik ist sehr unterschiedlich, je „Stimme“, zu finden.
nach Kenntnissen und musikalischem Ein- Bei Mutationsstörungen kann auch eine psy-
fühlungsvermögen. chologische Begleitung von Nutzen sein, wenn
sie als notwendig erachtet wird. Stimmlippen-
Die Akupädie begleitet alle Therapiestunden lähmungen (organische Stimmstörung) sollten
und beinhaltet vor allem bei den Stimmübungen – wie natürlich alle anderen Stimmstörungen
das Heraushören der eigenen stimmlichen Ver- auch – nur im engen Kontakt mit einem erfah-
änderung und Fortschritte. Ohne diese gleich- renen Facharzt behandelt werden, der die lau-
zeitige Hörerziehung wird die Verbesserung der fenden Kontrollen übernimmt, besonders wenn
Stimmqualität sehr schwierig. es sich um postoperative Fälle handelt.
7
Merkblatt für Patienten mit Stimmproblemen

Merkblatt für Patienten mit Stimmproblemen


Atmung, Bewegung, Stimme, Artikulation sowie körperliche und seelische Haltung bilden eine
Einheit!
▬ Atmung:
– Bauchatmung ist die Voraussetzung für eine belastbare Stimme!
– Lange Sprechphasen sind anstrengend; teilen Sie Ihren Atem ein, und machen Sie öfter
Sprechpausen.
– Schnappen Sie nicht nach Luft.
– Hals- und Körpermitte sollten nicht eingeschnürt sein; tragen Sie deshalb bequeme und
lockere Kleidung.
– Es gilt nicht mehr: „Brust raus, Bauch rein!“
▬ Haltung und Tonus:
– Eine lockere, durchlässige Körperhaltung unterstützt die Stimme!
– Achten Sie auf Lockerheit des ganzen Körpers, lockere Gesichts-, Hals-, Rumpf- und Becken-
muskulatur sowie Arm- und Beinmuskulatur.
– Über- oder Unterspannungen wahrnehmen und eine mittlere Spannung (Eutonus) anstre-
ben.
▬ Stimme:
– Stimme übermittelt Stimmung – Stimmung beeinflußt die Stimme!
– Für eine klare, belastungsfähige Stimme ist folgendes wichtig:
Nicht flüstern, nicht schreien!
Nicht zu hoch, nicht zu tief sprechen und singen; sprechen Sie in passender Lautstärke d. h.
raum-, situations- und partnerbezogen.
– Klang und Resonanz geben der Stimme Fülle und Tragfähigkeit.
– Ein gesunder Stimmeinsatz ist weich/fest, nicht gehaucht oder gepreßt.
– Vermeiden Sie Räuspern und Husten, besser ist Summen und dabei Abklopfen des Brust-
beins, etwas trinken; „sanfte“ Bonbons oder Isla-Moos sowie Emser-Salz-Pastillen helfen
ebenfalls.
▬ Artikulation:
– Eine deutliche Artikulation fördert die Verständlichkeit und erleichtert die Stimmgebung!
– Diese ist erreichbar durch lockeres Zusammenspiel von Lippen, Unterkiefer und Zunge.
– Gähnen schafft Weitung und Entspannung.
– Auch hier gilt nicht mehr: „Zähne zusammen und durchhalten“.
8 Einführung

Patientenbogen zur Beurteilung der eigenen Stimme


Beurteilen Sie Ihre eigene Stimme, Atmung und Haltung beim Sprechen.

Beobachten Sie sie einige Tage lang in bestimmten Situationen.

Lassen Sie sich Zeit! Benutzen Sie Begriffe, die Ihnen spontan einfallen.

Name:

Parameter Wie würden Sie dies bei sich bezeichnen?

Stimmklang

Stimmeinsatz

Lautstärke

Resonanz

Sprechtempo

Sprechpausen

Sprechmelodie

Artikulation

Sprechatmung

Ruheatmung

Haltung

Verspannungen

Wo?

Was ist Ihnen noch aufgefallen?


1

Atmung

1.1 Grundlagen – 10
1.2 Begriffe und Redewendungen: Atem – 11
1.3 Sprichwörter und Lyrik: Atem – 11
1.4 Befundung der Atemfunktion – 12
1.5 Befundung des Lungenvolumens (Vitalkapazität) – 13
Ausatemdauer – 13
Atemfrequenz – 13

1.6 Atemtherapie – 13
Ziele und Regeln – 13
Abspannen und Federung – 15
Federung und Atemwurf – 15

1.7 Übungen: Atmung – 16


Aufbau und Zusammenstellung – 16
10 Kapitel 1 · Atmung

1.1 Grundlagen Stimmatmung. Die Stimmatmung, d. h. die


Sprech- und Singatmung, ist die zu korrigieren-
In vielen Sprachen ist das Wort „Atem“ gleich- de Atemart und ist bei vielen Stimmstörungen
1 bedeutend mit „Leben“. Der Mensch muß at- auffällig. Die Auffälligkeiten sind unterschied-
men, um zu leben! Der Atem stimuliert lebens- lich. Aktives Luftholen ist unnatürlich und führt
wichtige Prozesse im Körper und unterstützt leicht zu Verspannungen und zur Fehlatmung.
Funktionen wie Stoffwechsel, Kreislauf, Durch- Es läßt sich häufig – auch bei professionellen
blutung, Nervensystem und aktiviert unsere Sprechern in Rundfunk und Fernsehen – als
Selbstheilungskräfte. „Schnappen“ oder „Ziehen“ beobachten.
Die Atmung erfüllt im Körper zwei Funkti-
onen. Sie bietet die Versorgung des Blutes mit Leistungsatmung. Die Leistungsatmung setzt
Sauerstoff und dient als Energiequelle für das bei körperlicher Belastung ein. Hierbei wird die
Sprechen durch die Ausatmung. Einatmungsmuskulatur stärker beansprucht,
Ein- und Ausatmung laufen ohne unser Zu- und die Dehnung der Lunge nimmt zu. Für die
tun ab. Je ausgeglichener wir körperlich und see- Stimmtherapie ist diese Atemart nicht von Be-
lisch sind, desto leichter erfolgt dieser Vorgang. deutung.
Alle Empfindungen zeigen sich in der At-
mung: Freude, Ärger, Aufregung, Spannung, Er- Die körperliche Gesamthaltung ist die Basis,
regung, Streß, Liebe. auf der sich Atem, Stimme, Haltung, Artikulati-
Anspannungen und Belastungen blockieren on, sprachlicher Rhythmus und Ausdruck ent-
den natürlichen Atemfluß; körperliche und geis- falten können. Diese Funktionen beeinflussen
tige Beweglichkeit hingegen wirken atemanre- sich wechselseitig und können nicht isoliert
gend. gesehen und erarbeitet werden. Bei einer gesun-
Ohne Atmung ist weder Sprechen noch Sin- den Stimme arbeiten alle beteiligten Muskeln
gen möglich, beides wird immer durch die Aus- ökonomisch zusammen, während bei einer ge-
atmung ermöglicht. störten Stimme dieses Gleichgewicht nicht be-
Es lassen sich drei Arten der Atmung unter- steht – es muß wiederhergestellt werden. Dies
scheiden: geschieht z. T. durch Abspannen und Federung.
▬ Ruheatmung,
> Atmung, Federung und Stimme werden im
▬ Stimmatmung, d. h. Sprech- und Singatmung,
Zusammenhang erarbeitet, d. h., die Kehl-
▬ Leistungsatmung (bei körperlicher Belas-
kopf- und Zwerchfelltätigkeit werden zu-
tung).
sammengeschaltet.

Ruheatmung. Bei der Ruheatmung erfolgt die


gesamte Ausatmung rein passiv infolge der elas-
tischen Rückstellkräfte der Lunge und der Brust-
wand. Physiologisch erfolgt eine nach allen Sei-
ten gleichmäßig gerichtete Vergrößerung und
Verkleinerung des Brustkorbs und des Bauch-
raums, d. h. eine kostoabdominale Atmung. Die-
se Atemart wird besonders bei den verschiede-
nen Entspannungsmethoden erreicht. Bei der
Ruheatmung hat die Nasenatmung Vorrang.
1.3 · Sprichwörter und Lyrik: Atem
11 1
1.2 Begriffe und Redewendungen:
Atem nach Atem ringen

atemlose Stille
Es folgen Begriffe, die den Wortteil „Atem“ ent-
halten. außer Atem geraten

einen langen Atem haben


Atemluft Atembewegung

Atemstrom Atemansatz 1.3 Sprichwörter und Lyrik: Atem


Atemzug Atembalance
„Das erste ist der Atem“ (Buddha).
Atemvorgang Atemwurf
„So du zerstreut bist, lerne auf den Atem ach-
Atemvermögen Atemrhythmus
ten“ (Buddha).
Atemvolumen Atemnot
„Gemeinsamkeit aller Lebewesen ist der Atem“
Atemfrequenz Atemstillstand
(chinesisches Sprichwort).
Atemwege Atemspende
„Der Weise atmet mit den Fersen, der Unwissen-
Atemzentrum aufatmen
de mit dem Hals“ (chinesisches Sprichwort).
Atemmuskeln ausatmen
„Sprich, damit ich dich sehe, atme damit ich
Atemtyp einatmen
dich erkenne“ (Sokrates).
Atemholen atemberaubend
„Gut atmen heißt, den Grund der Kehle öffnen“
Atempause atemnehmend
(italienisches Sprichwort).
Atemhalten atemlos
„Die Gesangsschulung und Stimmbildung ist
Atemspannung atembelebend
die beste Atemschule, die es gibt, wer viel singt,
wird immer eine bessere Atmung haben als ein
In den folgenden Beispielen wird der Begriff Nichtsänger“ (Surén in Zimmermann 1979).
„Atem“ in Redewendungen verwendet.
„Von Herzen gähnen und lachen erfüllt die Be-
dingungen einer guten Atem- und Stimmbil-
in Atem halten
dung“ (Coblenzer 1987).
den Atem anhalten
Atmung ist Lebensäußerung. So verändert jede
Mir stockt der Atem
Empfindung, jedes Gefühl und jeder Gedanke
in einem Atemzug sofort unseren Atem.

Jetzt kann ich frei atmen


„Solange der Mensch redet,
Das hält mich in Atem solange kann er nicht einatmen,
dann opfert er den Atem in die Rede;

und solange ein Mensch einatmet,
12 Kapitel 1 · Atmung

solange kann er nicht reden, – Abdominalatmung (Bauchatmung):


da opfert er die Rede in den Atem“ Tiefatmung.
(italienisches Sprichwort). ▬ Unphysiologische Atmung
1 – Thorakal- oder Kostalatmung (Brust-,
Im Grunde glaubt zwar jedermann Rippenatmung):
dies, daß er richtig atmen kann. Hochatmung.
Jedoch, das geht nicht so bequem: – Klavikularatmung (Schulter- oder Schlüs-
Gleich bringt der Mensch uns ein System! selbeinatmung):
Erklärt, daß unserer Atemseele Hochatmung.
Der gottgewollte Rhythmus fehle,
Auch hätten wir, so sagt er kühl, Prüfung
Noch keinen Dunst von Raumgefühl ▬ Visuell und auditiv: Beobachtung der Atmung
Und wüßten unsre Atemstützen während des Sprechens sowie in Ruhesituati-
In keinster Weise auszunützen. on. Ergänzt wird die Prüfung durch Befragung
Er lockert uns und festigt uns, des Betroffenen bezüglich Atemschwierig-
Kurzum, der Mensch belästigt uns, keiten.
Mit dem System, dem überschlauen,
Bis wir uns nicht mehr schnaufen trauen. Beurteilung
(E. Roth 1990) ▬ Sprechatmung
– Physiologisch:
Schlafender Mensch gleichmäßig, mühelos, fließend, regelmäßig,
atmen atmen atmen atmen atmen atmen atmen ausgeglichen (Tiefatmung oder Vollatmung)
atmen atmen – Unphysiologisch:
schnarchen blasen schnarchen blasen schnappen, ziehen, schnell, hastig, flach,
schnarchen schwach, oberflächlich, langsam, unregelmä-
atmen atmen schnarchen blasen atmen blasen ßig, geräuschvoll;
schnarchen atmen flacher, kurzer Atem, Atemschlürfen, Stridor,
atmen atmen atmen atmen atmen atmen Stauen des Atems, Luftverschwenden, zuviel
atmen atmen Atemschöpfen, inspiratorisches Sprechen,
schnarchen schnaufen schnarchen stöhnen Schulternheben beim Einatmen.
schnarchen schnaufen ▬ Ruheatmung
atmen atmen atmen – Physiologisch:
schnarchen blasen schnaufen stöhnen wälzen ruhig, gleichmäßig, ausgeglichen.
atmen blasen schnarchen – Unphysiologisch:
atmen. flach, zögernd, angestrengt, gestaut.
(W. Keller 1973)
Die jeweils angeführten Attribute gelten
1.4 Befundung der Atemfunktion sowohl für die Sprech- als auch für die Ruheat-
mung.
ⓘ Definition
▬ Physiologische Atmung
– Kostoabdominalatmung (Bauch-Zwerch-
fell-Flankenatmung):
Tiefatmung;

1.6 · Atemtherapie
13 1
1.5 Befundung des Lungenvolumens tief ein; danach versucht er, möglichst lange auf
(Vitalkapazität) s oder f auszuatmen.

Beurteilung
ⓘ Definition
▬ Norm
Die Vitalkapazität ist die gesamte Luftmenge,
15–30 s
die nach tiefster Einatmung durch tiefste Aus-
atmung abgegeben wird (Atemgröße, Lungen-
Atemfrequenz
volumen). Sie ist abhängig von Größe, Alter, Ge-
schlecht und körperlicher Verfassung.
Prüfung
Bei der Bestimmung der Atemfrequenz zählen
Prüfung Patient oder Therapeut die Atemzüge pro Minu-
Die Überprüfung der Vitalkapazität erfolgt mit te.
dem Spirometer. Der Patient sollte kräftig und
soviel wie möglich hineinblasen. Die Messung Beurteilung
wird wegen mangelnder Geübtheit des Betrof- ▬ Norm
fenen mehrfach durchgeführt, z. B. 3mal. Der 8–16 Atemzüge/min.
höchste gemessene Wert wird dann für die Be- ▬ Pathologisch
fundung ausgewählt (eine Tabelle mit Richtwer- über 20 Atemzüge/min oder unter 6 Atem-
ten liegt dem Spirometer bei). züge/min.

Beurteilung 1.6 Atemtherapie


▬ Norm
– Frauen: 2000–4000 ml, Die Korrektur der Atmung (Atemtherapie) bil-
– Männer: 3000–5000 ml, det die Grundlage für eine erfolgreiche Thera-
– Kinder pie der Stimme. Sie ist die Basis, auf der sich eine
4jährige: Mädchen 600 ml, physiologische Stimmgebung aufbaut.
Jungen 700 ml.
8jährige: Mädchen 1350 ml, Ziele und Regeln
Jungen 1500 ml.
10jährige: Mädchen 1740 ml, Im Verlauf der Therapie wird der Abbau einer
Jungen 1950 ml. meist pathologischen Hochatmung angestrebt.
▬ Pathologisch Das wichtigste Ziel lautet daher:
– Frauen/Männer: unter 1000 ml. ▬ Umstellen der pathologischen Hochatmung
auf eine Tiefatmung bzw. Atmung der „Mitte“,
Bei einem pathologischen Befund ist die d. h. auf die Zwerchfell-Flanken-Atmung oder
weitere medizinische Abklärung zu empfehlen. Bauch-Zwerchfell-Flanken-Atmung (physiolo-
gische Phonationsatmung).
Ausatemdauer
Im Sinne einer physiologischen Stimmge-
Prüfung bung ergeben sich aus dem Beherrschen der
Die Überprüfung der Ausatemdauer erfolgt mit richtigen Atmung weitere Ziele; so sollte der Pa-
Hilfe einer Stoppuhr. Der Patient atmet zuerst tient außerdem folgende Techniken erlernen:
14 Kapitel 1 · Atmung

▬ die Stützfunktion für ein sauberes, belastbares Die Zwerchfell-Flanken-Atmung „ist offen-
Sprechen und Singen; bar die an Atemleistung wirkungsvollste, weil
▬ die atemrhythmisch angepaßte Phonation; sie die größtmögliche und uneingeschränkte
1 ▬ das Sprechen aus der Atemmittellage; Erweiterung des unteren Brustkorbes mit der
▬ die reflektorische Atemergänzung (Coblenzer größtmöglichen Abplattung des Zwerchfells ver-
1976); einigt.“ Sie liefert bei geringster Muskelarbeit
▬ als wichtige Grundregel: das Einhalten des 3tei- den größtmöglichen Erfolg, weil „das ganze
ligen Atemrhythmus (Ein – Aus – Pause). Organ von der breiten Basis bis zu den feineren
Verästelungen an den äußeren Wänden zur Ar-
Atembelebend wirken Bewegung, Gähnen, beit herangezogen wird“ (Habermann 1986).
Lachen, Riech- und Schnüffelübungen. Der re-
flektorische Einatmungsreiz wird durch Locker- Stützfunktion
heit, Bewegung und Zuwendung auf ein Objekt, Stütze ist „Sparen“ des Atems. Die folgende mo-
eine Handlung oder Person, d. h. durch Intenti- derne Definition der Stütze sagt uns, wie dieses
on ( s. S. 18) verstärkt. „Sparen“ vor sich gehen soll.
Wird die Atemmuskulatur auf diese Wei-
ⓘ Definition
se trainiert, kommt es zu einem Ausgleich der
Stütze ist der Halt, den die Einatmungsmusku-
Spannungsverhältnisse an Stimmlippen und
latur dem Zusammensinken des Atembehälters
Kehlkopfmuskulatur. Zwerchfell und Kehlkopf
entgegensetzt, d. h., während der tönenden
senken sich gleichzeitig bei der Einatmung, und
Ausatmung beim Sprechen und Singen bleibt
das Ansatzrohr weitet sich.
in Rücken und Flanken eine Einatmungsten-
denz erhalten. Diese Stütze dient dazu, den zum
Physiologische Zwerchfell-Flanken-
Stimmklang nötigen Atemdruck auf den kriti-
Atmung
schen Druck zu reduzieren (optimaler Betriebs-
Das Zwerchfell (Diaphragma) ist der Hauptein-
druck). Fehlt dieses Gleichgewicht zwischen
atmungsmuskel, der nur aktiviert, aber nicht be-
Atemdruck und Stimmbandschluß, verarmt
wußt trainiert werden kann. Das Zwerchfell läßt
das Obertonspektrum der Stimme (aus Bergen,
sich nur bei der Tiefatmung aktivieren.
o.J.).
Die Ergebnisse einer physiologischen At-
mung sind Anregung, Belebung, Aufladung,
Durchblutung und innere Ruhe des Körpers. Atemrhythmisch angepaßte Phonation
Des weiteren werden durch die verstärkten Bei der atemrhythmisch angepaßten Phonation
Atembewegungen Lebendigkeit, Wachheit und geht es um die rhythmische Gliederung der ein-
Wohlbefinden des Patienten verstärkt. zelnen Phonationsabschnitte, damit der Bereich
Die allgemeine Verbesserung des gesund- der Atemmittellage erhalten bleibt.
heitlichen Befindens – bessere Durchblutung,
Zunahme der Konzentration oder besser funkti- Sprechen aus der Atemmittellage
onierende Verdauung (durch Zwerchfellmassa- Die Ökonomie der Atmung beim Stimmge-
ge) – stellt eine wichtige Motivationshilfe für die brauch wird durch Sprechen und Singen im
Übungsprogramme dar. Zu Anfang der Zwerch- Bereich der Atemmittellage und rhythmischer
fell-Flanken-Atmung haben die Patienten zwar Gliederung der Phonation erreicht. Die Atem-
oft Muskelkater um die Bauchregion; dies ist mittellage ist die Balance zwischen den Kräften,
jedoch als gutes Zeichen zu werten und verliert die jeweils für die Ein- und Ausatmung verant-
sich im Laufe der Zeit wieder. wortlich sind.
1.6 · Atemtherapie
15 1
Reflektorische Atemergänzung Gleichzeitig spürt man im Gürtelbereich
Die reflektorische Atemergänzung ergibt sich eine Bewegung mit rückfedernder Weitung; der
automatisch (reflektorisch) aus den angepaß- Atem schießt wieder ein. Dies wird „reflektori-
ten Phonationsabschnitten, der Atemfrequenz sche Atemergänzung“ (RAE) genannt (Coblen-
angemessen. Das heißt: rhythmisch abspannen zer 1976).
und warten, bis die Luft, dem negativen Druck Das ungeübte Zwerchfell braucht mehr Zeit,
im Brustkorb folgend, von selbst in die Lungen um in die Ausgangsstellung zurückzukehren.
einströmt. Deshalb sollte der Patient abwarten, bis die Wei-
tungsbewegung zu Ende ist. Das Abspannen
> Fehlt das Gleichgewicht zwischen Atem-
gelingt mit zunehmender Übung schneller und
druck und Stimmlippenschluß, wird die
elastischer.
Stimmbildung beeinträchtigt.
Bei einer gesunden Stimme setzt bei lautem
Um von einer unphysiologischen Atmung Rufen unwillkürlich die Federung ein, d. h., die
(Dyspnoe) zu einer physiologischen Atmung Bauchdecke federt blitzschnell einwärts, be-
(Eupnoe) zu gelangen, muß der Patient folgen- stimmte Kehlkopfmuskeln werden entlastet.
de Übungen aus dem Bereich der Atemtherapie
> Die Federung kann als „Heilgymnastik“ wir-
erarbeiten:
ken und helfen, das gestörte Zusammen-
spiel stimmbildender Kräfte auszugleichen.
Atemwahrnehmung Atemeinteilung

Atembelebung Atemführung Federung und Atemwurf


Atemvertiefung Atempflege
Federung und Atemwurf sind als zusammen-
Atemverlängerung Atemergänzung hängender Vorgang zu sehen. Der Atemwurf
bewirkt die Federung von Zwerchfell und Kehl-
Atemregulation Atemtiefsetzung
kopf, d. h. dessen Auf- und Abwärtsbewegung.

Ich erarbeite zuerst die impulsgesteuerte Zwerchfellatmung


in der Ruhe. Dann folgt als wichtigste erste Vorübung für
Abspannen und Federung
die späteren Stimmübungen die Erlernung des sogenannten
Atemwurfes, einer federnden Kontraktion der Bauchdecke:
„Abspannen schenkt Atem, Federung gibt Sitz Nach weichem Anhub der vorderen Bauchwand bei der Ein-
und Fülle für die Stimme.“ atmung wird die Bauchwand blitzschnell federnd eingezo-
Durch diesen Vorgang kann sich das optima- gen, als wenn man in einen Gummiball eine Delle drückt,
le Zusammenspiel von Atemdruck und Stimm- und mit der Ausatmung geht die Bauchwand in die Ruhelage
zurück (Fernau-Horn 1954).
lippenspannung wieder einbalancieren.
Wenn am Ende einer Sprechphase der letzte
Laut exakt abgesetzt wird, so federt das Zwerch- Federung
fell normalerweise nach kurzer Entspannung
> Der Grad der Federungskraft der Bauch-
blitzschnell wieder reflektorisch in die Aus-
decke entspricht dem Grad der Stimmkraft.
gangsstellung, d. h. wie zu Beginn der Einat-
mung, zurück. Bei den meisten Patienten steht der Kehl-
Der „abgespannte“ Laut (zu Beginn meist Plo- kopf zu hoch und ist starr fixiert. Er muß wieder
sivendlaut) setzt mit leicht dumpfem Beiklang lernen zu federn.
von der spontan sich entladenden Restluft ab.
16 Kapitel 1 · Atmung

Ebenso hatte das Zwerchfell oft jahrelang kei- wählte Methode keine Korrektur der Atmung zu
ne Chance zur Beweglichkeit, da es eingezwängt erreichen ist.
war nach dem Motto: „Bauch rein – Brust raus!“ Alle sog. „bewußten“ Atemübungen können
1 Heute ist diese Einstellung vor allem aufgrund generell auch durch Bewegung, Gestik oder pas-
der immer größeren Bewegungsfreude und zu- send ausgewähltes Gymnastikmaterial unter-
nehmender sportlicher Aktivitäten nur noch stützt werden, gleichgültig, ob es sich dabei um
vereinzelt anzutreffen. Atemwahrnehmung, Atemführung oder Ate-
meinteilung handelt. Diese Hilfsmittel wirken
Atemwurf sowohl führend als auch ablenkend und werden
Der Atemwurf löst die Federung und damit den in Kap. 2, „Haltung – Tonus – Bewegung“, dar-
Kehlkopftiefstand aus. Dies schafft wiederum gestellt.
günstige Bedingungen für die Stimme (Fernau- Jede Therapiestunde sollte mit Atemübun-
Horn 1956). gen beginnen, um die Lunge „auszulüften“ und
Dieser Prozeß, d. h. die Veränderung des die geistige sowie die körperliche Bereitschaft
Atemgeschehens, ist ein langer Weg und zieht zu erlangen. Hierfür sind in den meisten Fällen
sich meist durch die gesamte Therapiezeit. In 3–5 min ausreichend, wenn die Übungen wäh-
meinen Therapiestunden plane ich Übungen rend der Therapiestunde mehrfach durchge-
zur Atmung eher kürzer, dafür jedoch mehrfach führt werden. Die Wiederholungen gewährleis-
ein. ten, daß sich beim Patienten der neue Atemab-
lauf langsam „einschleicht“.
1.7 Übungen: Atmung
> Selbst die stärksten Stimmbänder verkraf-
ten nicht auf Dauer falsche Atemtechnik
Viele Entspannungsmethoden und Körperthe-
(Coblenzer 1987).
rapien, so z. B. Qigong, Yoga oder Feldenkrais,
basieren auf einer physiologischen Atmung.
Vorkenntnisse in diesen Methoden erleichtern Aufbau und Zusammenstellung
dem Patienten die Übungen zur Stimmatmung.
Bei den folgenden Übungen zu „der Atem – das
> Atemarbeit ist immer Arbeit mit unserem
Atmen – die Atmung“ geht es um den bewuß-
Körper: spürbar, fühlbar, erlebbar.
ten Umgang mit dem Atem, dem Atmen und der
Es gibt zwei Wege der Atemkorrektur: Atmung. Die einzelnen Übungen werden mehr
▬ Der „bewußte Weg“ ist das Hinlenken und oder weniger als Spots in allen Therapiestunden
Zuwenden auf das Atemgeschehen, die Atem- ausgeführt, um immer wieder das Einschleifen
bewegung, die Atempause und den Atemrhyth- der physiologischen Atmung zu kontrollieren.
mus. Das Ziel der einzelnen Übungsgruppen ist
▬ Der „indirekte Weg“ führt über Intention und in den meisten Fällen mit der jeweiligen Über-
Bewegung. schrift identisch.
Ausgehend von dem Grundsatz „vom Leich-
Die Frage, wie der Zugang leichter und un- ten zum Schweren“ bietet sich in der Atemthe-
komplizierter erfolgt, läßt sich nicht eindeutig rapie folgende Reihenfolge an:
beantworten. In jedem einzelnen Fall sollte man ▬ Vitallaute,
diesen Weg individuell auswählen. Eine Ände- ▬ Atemwahrnehmung mit Intention,
rung ist auch während der Therapie möglich, ▬ Atemvertiefung, Atemimpulse,
wenn man feststellt, daß durch die jeweils ge- ▬ Atemeinteilung,
1.7 · Übungen: Atmung
17 1
▬ Atemführung und Atemverlängerung, ▬ Stöhnen: entspannt, befreit körperlich und see-
▬ Ausatmen im Takt, lisch, löst Blockaden, fördert die Durchblutung
▬ Atemwellen, und die Verlängerung der Ausatmung.
▬ Atem und Stimme im Wechsel, ▬ Niesen: reflektorischer Vorgang zur Reinigung
▬ Entspannung und Atmung, der oberen Atemwege, befreit von körperli-
▬ Atmung und Vorstellung. chem Druck; erfrischt durch tiefe Einatmung,
Verschluß und explosionsartige Ausatmung.
Vitallaute ▬ Schnuppern und Riechen: Beim Schnuppern
Viele der im folgenden genannten natürlichen werden mehrere kurze Einatmungsimpulse
Atemimpulse sind im allgemeinen nicht als eingesetzt, um einen Geruch zu identifizieren.
Ausdruck des Atemgeschehens bekannt (Lodes Das Riechen stellt eher einen langen, tiefen Ein-
1987): atemzug dar, um einen bestimmten Geruch voll
▬ Gähnen, Stöhnen, aufzunehmen.
▬ Niesen, Schnuppern, Riechen, Husten, Schnuppern und Riechen können mit Hilfe
▬ Lachen, Weinen, Schreien, der heutzutage sehr beliebten in Duftlampen
▬ Blasen, Pfeifen. verwendeten ätherischen Öle therapeutisch
eingesetzt werden (Werner 1993).
Ziel Folgende Duftstoffe unterstützen die At-
Die Übung mit Vitallauten fördert die Wahrneh- mung:
mung der unbewußt ablaufenden Atmung und – Latschenkiefer kräftigt die Atmung.
wirkt sich auf den Körper des Patienten folgen- – Eukalyptus stärkt die Atmungsorgane.
dermaßen aus: – Minze ist für ein befreiendes Atmen geeig-
▬ Atembelebung, -regulation, -verlängerung und net.
-vertiefung; – Grapefruit- und Orangenöl wirken atemver-
▬ Erreichen der physiologischen Atmung; tiefend.
▬ Zwerchfellanregung und Zwerchfellschulung; – Zimtöl (chinesisches) wirkt atemanregend.
▬ Training und Elastizität der Lunge und der – Lavendel- und Geraniumöl wirken beruhi-
Atemmuskeln; gend und entspannend auf Atmung und To-
▬ Verbesserung der Durchblutung sowie der nus ( s. Kap. 2).
Kreislaufanregung; – Rosmarin- und Zitronenöl wirken anregend
▬ Erhöhung der Konzentration (einer Ermüdung und aktivierend.
wird so vorgebeugt); ▬ Husten: Reinigung der unteren Atemorgane
▬ Abbau von Druck, Spannungen und Problemen durch tiefe Einatmung; dies geschieht durch
im körperlichen und seelischen Bereich; Glottisschluß, Anspannen der Ausatmungs-
▬ Förderung der Durchlässigkeit (dies führt zum muskulatur mit Druckerhöhung und die Ex-
Eutonus); plosion als Hustenstoß.
▬ Möglichkeit einer uneingeschränkten Stimm- ▬ Lachen: kurze Ausatmung mit Stimmbetei-
lippenaktivität. ligung. Vertiefung der Ein- und Ausatmung,
Training der Zwerchfellelastizität. Wirkt anste-
Im einzelnen betrachtet, bringen die Atemim- ckend, entspannend und kommunikationsför-
pulse folgende positive Wirkungen mit sich: dernd ( s. S. 39, 27/28).
▬ Gähnen:  s. Kap. 4, „Artikulation“. ▬ Weinen:
▬ Seufzen: gründliches, druckloses Ausatmen, – nach außen: befreit, lockert und entspannt;
atem- und kreislaufanregend. – nach innen: ist eher schädigend.
18 Kapitel 1 · Atmung

▬ Schreien: geschieht meist spontan aus einer > Alle Übungen mit Intention regen den Atem
emotional bedingten Situation heraus (z. B. an!
Fußball, Karneval); es wird die äußerste Kraft Intention bewirkt Inspiration.
1 der Stimme eingesetzt. Schreien wirkt oft schä- Zuwendung bringt Atem!
digend auf die Stimmlippen. Das Geheimnis ist nicht die Lunge, son-
▬ Blasen und Pfeifen: Training der Lunge und der dern das bewegliche Zwerchfell (Coblenzer
Atemmuskulatur, körperlich-seelischer Aus- 1987).
gleich und Lockerung. Tiefatmung stellt sich
ein, es kommt zu einer Atemverlängerung. Durchführung
▬ Einfaches Singen: löst Verkrampfungen, macht Der Patient konzentriert sich auf eine bestimm-
Spaß und trainiert die Atmung. te Absicht bzw. Handlung (z. B. eingehendes
Betrachten einiger Einzelheiten eines Bildes,
> Alle natürlichen stimmlichen Äußerungen
Lauschen auf bestimmte Geräusche oder Tasten
gehen vom Zwerchfell aus. Wie bereits er-
nach verschiedenen Gegenständen). Besonders
wähnt, sind Lachen, Niesen und Husten sog.
hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang
Vitallaute. Hierbei geschieht das Lachen
das Riechen, z. B. an einer Rose, und der aktive
meist in der Artikulationsstellung wie beim
Atemeinsatz beim Blasen, z. B. beim Ausblasen
a, das Niesen wie beim i und das Husten wie
einer Kerze.
beim u.
Die gedankliche Vorbereitung auf solche
Lachen Sie liegend mit Büchern auf dem
Handlungen, d. h. die Intention, löst den Eina-
Bauch und erleben Sie, wie diese hüpfen
temreflex aus.
(Jahncke 1988). Anschließend können Atem-
Als Anregung folgen nun einige Übungsbei-
übungen in dieser Lage durchgeführt wer-
spiele.
den.

Atemwahrnehmung durch Intention Waldluft atmen


Ein nächster Schritt in der Atemtherapie ist die an einer Blume riechen
sich unbewußt einstellende Einatmung durch
frisches Heu riechen
Intention.
Essig schnüffeln
ⓘ Definition
Intention ist eine Leistung des Zentralnerven- frischen Kaffeeduft riechen
systems, die in der Aufnahme und Verarbeitung
frisch gebackenes Brot riechen
von Sinneseindrücken und in der Reaktion da-
rauf besteht. Staub wegblasen
Nach Coblenzer (1976) ist Intention somit Hühner scheuchen
die gedankliche Einstellung und Vorbereitung
kalte Hände warm hauchen
auf eine Handlung und/oder Bewegung.
Durch Intention wird die Aufmerksamkeit Hundehecheln
gesteigert; dies führt zu einer erhöhten Muskel-
Küken locken
spannung und somit zu einer erhöhten Einat-
mungstendenz. Frösche quaken
1.7 · Übungen: Atmung
19 1
Ziel
Der Patient soll die Erfahrung machen, daß sich Wortebene (als Erweiterung, wenn es sinn-
bei diesen Übungen die Einatmung reflekto- voll erscheint)
risch ergibt. F – F – Fett Sch – Sch – Schutt
F – F – Fund Sch – Sch – Schock
Atemvertiefung, Atemimpuls, F – F – Faust Sch – Sch – Scheck
Atemanregung F – F – Fleck sch – sch – schipp
Diese Übungen zur Vertiefung und Anregung
der Atmung stellen für viele Patienten eine
wichtige Erfahrung dar. Es erfolgt eine sehr ak-
tive Zwerchfellatmung, ohne daß ein Hinweis RAE (reflektorische Atemergänzung,
darauf gegeben werden muß. Coblenzer 1987)
R – P – T – K (stimmlos)
Durchführung

ph / pf / ps / psch / kss / ksst / psst „Taubenübung“


ph – ph – ph -t / pht ru – ke – ti – ku (stimmhaft)
pf – pf – pf – t / pft
psch – psch – psch – t / pscht
phu – phu – phu -t Atemführung und Atemverlängerung
Bei dieser Übung geht es um die gleichmäßi-
ge, langsame Ausatmung ohne Abbrechen oder
Atemeinteilung Versiegen des Atemstroms am Ende.
Im folgenden werden verschiedene gezielte
Atemübungen vorgestellt und jeweils kurz er- Durchführung
läutert, die das bewußte Arbeiten mit der At-
mung ermöglichen.
s t
Durchführung sch t
f t
ch1 t
Blasebalgübung (Bronchialmassage, auf h ausseufzen
Fernau-Horn 1953)

Ohne Hinweis auf die Einatmung sollte Der Atemstrom soll nicht lang, sondern langsam
bei dieser Übung die Luft in bewußter Ein- sein (Martienssen in Reusch 1971).
teilung abgegeben werden. Die Vorstel-
lung der Handhabung eines „Blasebalgs“ Ausatmen im Takt
wirkt dabei unterstützend. Der Umgang mit dem Atem im 3/4- und 4/4-
f–f–f–f–t Takt ist eine etwas schwierige Übung. Sie stellt
s–s–s–s–t jedoch einen bewußten Umgang mit dem Atem
sch – sch – sch – sch – t dar und setzt durch die Luftstöße starke Impulse
ch1 – ch1 – ch1 – ch1 – t (ch1 vorderes ch) mit Nachdruck auf den ersten Taktteil (Wängler
s – sch – f – ch1 – t 1976).
20 Kapitel 1 · Atmung

Durchführung aber die Artikulationsstelle der Strömungslaute


beibehalten wird; es entsteht eine fließende Ver-
bindung von Atemfluß und Stimmführung.
3/4-Takt: „Walzer“
1 sss sss sss / fff / schschsch
Die Übungsgruppe Strömer und Vokale
ist für den Patienten schwieriger, da die Voka-
le bewußt eingesetzt werden müssen und die
Strömer nur einen gewissen „Schutzmantel“
4/4-Takt: „Marsch“ darstellen.
ssss ssss ssss / ch1chchch
Durchführung

Atemwellen Strömer und Klinger


Crescendo und decrescendo sind dynamische Legato üben (stimmlos/stimmhaft im
Atembewegungen. Es soll je nach Symbol der Wechsel)
Beginn, die Mitte und das Ende der Ausatmung f h w h f
eingehalten werden (stimmlos). Dabei ist auf w f w
eine gute Stütze zu achten. s s s
s s s
Durchführung ch1 j ch1
j ch1 j
sch sch sch
f langsam anschwellen und langsam
sch sch sch
wieder abschwellen lassen
s kräftig einsetzen, langsam wieder
abschwellen lassen
sch langsam einsetzen und anschwellen Strömer und Vokale
lassen
Stakkato üben (stimmlos/stimmhaft im
ch1ch1
kräftig einsetzen, ab- und wieder
Wechsel)
anschwellen lassen, so daß sich am
f–o–f–o–f–o–f–o
Anfang und Ende gleich hohe Gipfel
s–u–s–u–s–u–s–u
bilden (nach Gundermann 1977)
sch – i – sch – i – sch – i – sch – i
ch1 – a – ch1 – a – ch1 – a – ch1 – a
f–o–f–a–f–u
Atem und Stimme im Wechsel s–e–s–i–s–a
In der Stimmtherapie sind für das Zusammen-
spiel von Atem und Stimme Übungen mit fol-
genden Lautgruppen geeignet: Den Zusammenhang von Atem und Stimme
▬ Strömer und Klinger, kann der Patient in folgenden Übungen erspü-
▬ Strömer und Vokal. ren:
▬ Übung nach Nakamura,
Zuerst erfolgt die reine Atemarbeit auf Strömer, ▬ Partnerübung,
danach werden die Klinger in die Therapie inte- ▬ Einzel- oder Partnerübung.
griert. Das heißt, es kommt Stimme dazu, wobei
1.7 · Übungen: Atmung
21 1
Bei diesen Übungen steht die Atemwahr-
nehmung im Vordergrund, und zwar nicht nur Kopf heben und dabei einatmen.
durch Beobachten und Hören, sondern auch Kopf senken und dabei ausatmen.
durch Spüren des Atems. Die Übung nach Na- Rechten Arm heben und dabei einatmen.
kamura fördert die Koordination von Atmung, Rechten Arm senken und dabei ausatmen.
Hand- und Bauchbewegung. Die Einzel- bzw. Linken Arm heben und dabei einatmen.
Partnerübungen ermöglichen ein Erspüren der Linken Arm senken und dabei ausatmen.
Atembewegung. Alle bisher genannten Übungs- Rechtes Bein heben und dabei einatmen.
vorschläge können hier zur Anwendung kom- Rechtes Bein senken und dabei ausatmen.
men. Linkes Bein heben und dabei einatmen.
▬ Übung nach Nakamura (1984) Linkes Bein senken und dabei ausatmen.
Diese Übung wird hier „Übung mit dem Na- Beide Beine heben und dabei einatmen.
kamura-Schal“ genannt. Man nimmt ein etwa Beide Beine senken und dabei ausatmen.
30×180 cm langes Tuch (Schals können anein- Arme und Beine
ander geknotet werden) und windet es sich um heben und dabei einatmen.
den Bauch. Es wird vorn überkreuzt, und man Arme und Beine
hält es an beiden Enden fest. Das Tuch sollte bei senken und dabei ausatmen.
jeder Einatmung gelockert und bei jeder Ausat-
mung zusammengezogen werden.
▬ Partnerübung Nach Abschluß der Übungen erfolgt die Rück-
Beim „Kreuzgriff“ werden die Hände gegen- nahme des entspannten Zustands wie beim au-
seitig überkreuz gegeben und jeweils der Hand- togenen Training: tief durchatmen, Fäuste an-
rücken des Partners auf der eigenen Körper- spannen, Augen auf.
mitte leicht angedrückt.
▬ Einzel- oder Partnerübung Ziel
Beim „Sandwichgriff“ werden jeweils eine Der Patient erreicht ein Gefühl der Leichtigkeit
Handfläche und ein Handrücken auf dem des Körpers und des allgemeinen Spannungszu-
Bauch oder auf dem Rücken plaziert. stands. Der Atemrhythmus pendelt sich in der
Ruheatmung ein (Cavin 1980).
Entspannung und Atmung, Gefühl der
Leichtigkeit Atmung und Vorstellung
Diese Übungseinheit ist eher für Patienten mit Wie bei den Übungen zu Entspannung und
hyperfunktioneller Dysphonie geeignet. Die Atmung reichen auch diese Übungen in den
Übungen reichen schon stark in den Bereich der Bereich der Tonusregulation bzw. des Abbaus
Tonusregulation bzw. des Abbaus psychischer psychischer Blockierungen und Belastungen
Blockierungen und Belastungen ( s. Abschn. ( s. Abschn. S. 36/37 ff.).
S. 36 ff.).
Durchführung
Durchführung Während der Übungen liegt der Patient auf dem
Die Übungen werden liegend auf dem Rücken, Rücken. In Gedanken versetzt er sich in unter-
in Gedanken – und nicht aktiv – durchgeführt. schiedliche Situationen.
Hinweis: Sprechen Sie lautlos mit. Hinweis: Sprechen Sie lautlos mit.
22 Kapitel 1 · Atmung

Ziel
Positives Einatmen Negatives Ausatmen
Mit diesen Übungen läßt sich ein ausgegliche-
Stille –––––––––– Lärm ner Atemrhythmus erreichen, da liegend fast
1 Harmonie –––––– Unruhe nie eine Hochatmung auftreten kann. Die Atem-
Lösung –––––– Verspannung und Entspannungsübungen bilden eine Einheit
Ruhe –––––– Hast und einen guten Einstieg für anschließende ak-
Entspannung ––– Spannung tive Atem- oder Stimmübungen.
Gelassenheit –––– Streß
Freude ––––––––– Ärger
Friede ––––––––– Unfriede
Frische ––––––––– Müdigkeit
Lust ––––––––––– Unlust
Antrieb –––––––– Trägheit
Humor –––––––– Ernst
Wärme –––––––– Kälte
Weite –––––––––– Enge
Liebe –––––––––– Haß
Gesundheit ––––– Krankheit
Freundschaft –––– Feindschaft
Anteilnahme –––– Gleichgültigkeit
Geborgenheit ––– Verlassenheit
2

Haltung – Tonus – Bewegung

2.1 Grundlagen – 24
2.2 Begriffe und Redewendungen: Haltung – Tonus – Bewegung – 24
2.3 Sprichwörter und Lyrik: Haltung – Tonus – Bewegung – 25
2.4 Befundung der Haltung, der Bewegung und des Tonus – 26
2.5 Therapie: Haltung – Tonus – Bewegung – 26
Ziele und Regeln – 26

2.6 Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung – 28


Aufbau und Zusammenstellung – 28

Merkblatt zur Erhaltung einer gesunden Wirbelsäule – 29


24 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

2.1 Grundlagen Körpergefühl entwickeln und eine Besserung


erreichen. Eine Korrektur der Fehlhaltung soll-
te dann als Fernziel angestrebt werden. Dies ist
ⓘ Definition
meist ein langwieriger Prozeß und erfordert viel
„Tonus“ bedeutet Körperspannung, d. h. Span-
Eigen- und Fremdkontrolle.
nung des Körpers in seiner umfassenden Ganz-
2 heit. Der Eutonus (Wohlspannung bzw. öko- > Die Befindlichkeit eines Menschen drückt
nomische Gesamtspannung) zeigt sich in der sich also aus in Haltung, Bewegung und
Haltung und umfaßt immer eine ganzheitliche Stimme (aus Coblenzer 1987).
Funktion, die in ihren Einzelkomponenten über-
einstimmen muß. Darum bedeutet Haltung im-
2.2 Begriffe und Redewendungen:
mer eine der Situation entsprechende Haltung.
Haltung – Tonus – Bewegung
Wie in allen Kapiteln immer wieder erwähnt
wird, gehört die Tonusregulation als fester Be- Im folgenden werden Begriffe aufgelistet, die
standteil zu einem ganzheitlichen Therapiekon- Haltung, Bewegung und Tonus des Menschen
zept. beschreiben.
Es gibt keine isolierten Fehlspannungen;
immer wird sich Fehlspannung als funktionale
Haltung und Verhalten
Kette auswirken. Es kann keine deutliche Arti-
kulation entstehen, wenn die Gesichtsmuskula- Haltungs- und Verhaltenskorrektur
tur angespannt ist; es entsteht kein resonanzrei-
Haltung bewahren
cher Ton, wenn die Schultern hochgezogen und
verspannt sind; es bildet sich keine Durchlässig- keinen Halt haben, d. h. haltlos sein
keit, wenn die Füße dicht nebeneinander oder
Haltung – Zurückhaltung – Fehlhaltung
im Kreuzbeinstand stehen und die Knie durch-
gedrückt sind. Verspannung – Spannung – Entspannung
Im Sitzen zeigen sich oft ein vorgeschobenes
verspannt – gespannt – angespannt
Kinn, ein vorgeneigter Hals, ein eingefallener
– entspannt
Brustkorb, übereinandergeschlagene Beine, ein
Rundrücken oder ein Hohlkreuz, die den Atem- Anspannung zu Wohlspannung
raum und die Tonqualität einschränken.
Verkrampfung zu Entspannung
Allgemeine Beschwerden wie Kopf-, Nacken-
und Rückenschmerzen haben ihre Ursachen Spannungsabbau – Spannungsaufbau
meist in Haltungsproblemen und Verspannun-
Spannungsregulation – Spannungs-
gen. Viele unserer Patienten bräuchten außer ei-
ausgleich
ner logopädischen Therapie auch eine kranken-
gymnastische Behandlung oder die Teilnahme den Kopf hängen lassen
an einer Rückenschule bzw. Wirbelsäulengym-
vom Leid gebeugt
nastik.
Dies sind nur einige Beispiele für gestörte To- sein Kreuz tragen
nusverhältnisse, die jegliche Arbeit an Atmung,
Artikulation und Stimme beeinträchtigen.
Eine jahrelange Fehlhaltung wird man nicht
vollständig beseitigen können. Jedoch läßt sich
2.3 · Sprichwörter und Lyrik: Haltung – Tonus – Bewegung
25 2
Beispiele für Redewendungen, die die Begriffe Sie ist die bare Münze des Glücks“
Haltung und Tonus beinhalten, sind im folgen- (A. Schopenhauer,
den aufgelistet: Das kleine Buch vom Glück, Ars Edition 1986)

Von der Ruhe


Haltung bringt Atem – schlechte Haltung
Du bist so fahrig und wärst gerne
stiehlt Atem!
ganz ruhig, guter Freund? Dann lerne:
Ton braucht Tonus! Den Bereich der Dunkelheiten
immer heiter zu durchschreiten,
Aus dem Ton den Tonus heraushören –
Das Erinnern, das Vergessen
aus dem Tonus den Ton ablesen, d. h. den
stets zufrieden zu durchmessen,
Tonus ausbalancieren.
Dich, sowie das Ich des Andern
Angst verändert Tonus, und Schmerz muntern Sinnes zu durchwandern:
verändert Tonus. Und du strahlst ’ne Ruhe aus,
das zieht dir die Schuhe aus.
(R. Gernhardt 1981)
2.3 Sprichwörter und Lyrik:
Haltung – Tonus – Bewegung Zeiten der Stille
Gehe gelassen inmitten von Lärm und Hast und
„Wenn die Muskeln fröhlich werden, kann das denke daran,
Herz nicht traurig bleiben.“ wie ruhig es sein kann in der Stille.
So weit als möglich – ohne Dich aufzugeben –
„Eine unbewegte Glocke tönt niemals“ (chinesi- sei auf gutem Fuß mit jedermann.
sches Sprichwort). Das, was Du zu sagen hast, sprich ruhig und klar
aus
„Was Bewegung unterstützt, unterstützt auch und höre andere an, auch wenn sie langweilig
Emotion. Beide sind Ausdruck des Körpers. oder töricht sind,
Meist sind sie eng miteinander verwandt“ (un- denn auch sie haben an ihrem Schicksal zu
bekannt). tragen.
Meide die Lauten und Streitsüchtigen,
„Man kann die Menschen in drei Klassen ein- sie verwirren den Geist.
teilen: die Beweglichen, die Unbeweglichen Vergleichst Du Dich mit anderen,
und die, die sich bewegen“ (arabisches Sprich- kannst Du hochmütig oder verbittert werden,
wort). denn immer wird es Menschen geben,
die bedeutender und besser sind als Du.
„Wo Leben ist, ist Bewegung ... wo Bewegung ist, Erfreue Dich am Erreichten und an Deinen
ist Leben ... Plänen.
Die Weise, wie ich mich bewege, entspricht mei- Bemühe Dich um Deinen eigenen Beruf,
ner Weise zu leben“ (Feldenkrais 1978). wie bescheiden er auch sein mag;
„Der Heiterkeit sollen wir, er ist ein fester Besitz im Wechsel der Zeit.
wenn sie sich einstellt, Sei vorsichtig bei Deinen Geschäften, denn die
Tür und Tor öffnen, Welt ist voller Betrüger.
denn sie kommt nie zu unrechter Zeit. Aber laß deswegen das Gute nicht aus den
Heiterkeit ist unmittelbarer Gewinn. Augen,
26 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

denn Tugend ist auch vorhanden. Unterschenkel), im Stehen (durchgedrückte


Viele streben nach Idealen, und überall im Knie) und beim Gehen (Unbeweglichkeit im
Leben gibt es Helden. Hüftbereich). Ebenso beurteilt werden Kopfhal-
Sei Du selbst. tung (überstreckte oder abgeknickte Kopf- und
(Gekürzt, nach dem englischen Original, 1692, ge- Halsstellung), Halsbereich, Schultergürtel (an-
2 funden in der St.-Pauls-Kirche von Baltimore). gespannte, hochgezogene Schultern), Thoraxbe-
reich (eingefallener Brustkorb), Beckenstellung
Auf einem alten schottischen Ofen zu lesen: (unbeweglich und fixiert) und Beinstellung (un-
„Von all den Sorgen, durchlässig und ohne Basis).
die ich mir machte,
sind die meisten nicht eingetroffen. Beurteilung
Aber jedes Lachen, ▬ Haltung
das meine Freunde mir brachten, – euton: normal, gelöst, gerade, aufrecht, ent-
hat mein Leben um eine Woche spannt, gelassen, leger, lässig, lebhaft, leben-
jünger und gesünder gemacht.“ dig, mobil, agil;
– hyperton: starr, steif, straff, angespannt, ver-
Ein kleines Lächeln tut so gut ... spannt, überspannt, unruhig, Hohlrücken;
Ein kleines Lächeln tut so gut, – hypoton: schlaff, verhalten, verschlossen,
Versuch’ es dreimal täglich, bewegungslos, krumm, eingesunken, vorge-
dazu ein wenig frischen Mut, beugt, Rundrücken.
schon wird die Welt erträglich. ▬ Gestik
lebhaft, aufdringlich, maniriert,
Ein Lächeln ist nie für die Katz, starr, zurückhaltend.
doch soll es etwas taugen, ▬ Mimik
gib ihm den allerbesten Platz angemessen, lebhaft, übertrieben,
und lächle mit den Augen! unbeweglich, starr, krampfhaft.
▬ Hals-/Kieferbereich
Ein Lächeln ist der schönste Lohn, locker, weich,
der Freude Wegbereiter, überstreckt, verspannt, Kinnvorschub, gerin-
und hast du mal genug davon, ge Kehlkopfbewegungen.
dann schenk’ es einfach weiter!
2.5 Therapie:
Doch ärgert man dich fürchterlich Haltung – Tonus – Bewegung
und hast du nichts zu lachen,
dann lächle einfach über dich, ... Ziele und Regeln
das läßt sich sicher machen!
(Scherf-Clavel 1988) Euphonie wird durch Eutonus und Eukinese
erreicht (Gundermann 1977), d. h. durch den
2.4 Befundung der Haltung, physiologischen Tonus und durch natürliche
der Bewegung und des Tonus Bewegungen. Eutonus und Eukinese beeinflus-
sen sich gegenseitig und sollten auch dement-
Prüfung sprechend erlebt werden.
Beobachtet werden zunächst die Haltung bzw.
die Haltungsfehler im Sitzen (eingeklemmte
2.5 · Therapie: Haltung – Tonus – Bewegung
27 2
Die angestrebten Ziele sind: ▬ Die gesunde aufrechte Haltung im Stehen läßt
▬ Eutonisierung der Tonusverhältnisse. Hierun- sich folgendermaßen erreichen:
ter versteht man die Normalisierung der über- – Die Schwerpunkte ruhen auf dem elastischen
oder untersteuerten Spannungsverhältnisse, Fußgewölbe, mit durchlässigen Kniegelen-
die sich in hyperfunktionellen und hypofunk- ken und beweglichem Becken.
tionellen Stimmstörungen ausdrücken. – Die Wirbelsäule dient als Federungssystem,
▬ Koordinierung von Atmung und Körperbewe- darüber fungiert der Schultergürtel als ver-
gung. Atmung und Körperbewegungen sollten bindendes Glied zur aufrechten Kopfhal-
einander entsprechen und in ihrem Ablauf har- tung.
monieren.
▬ Aktivierung aller Körperfunktionen, insbe- Eine gute, aufrechte Haltung trägt dazu bei,
sondere der Atem- und Stimmfunktion. daß sich die Stimme ungehindert entfalten
▬ Haltungs- und Tonusregulierung durch Bewe- kann. Gerade bei Sprechberufen ist die Haltung
gung erfahren und erleben lernen. Die Regulie- deshalb besonders wichtig ( s. auch Merkblatt:
rung der Tonusverhältnisse soll weniger durch „Einen Vortrag halten“, S. 182/183).
Korrektur entstehen, sondern vielmehr aus der Die Grundregeln zur Erhaltung einer ge-
Bewegung selbst erlebt werden. sunden Wirbelsäule sind in einem Merkblatt
( s. S. 29) zusammengefaßt.
Haltung
> Alles ins Lot bringen:
Der Mensch muß lernen, seine Haltung nicht
Man spricht von Kopf bis Fuß
durch Befehl zu kontrollieren, sondern durch
oder auch von Fuß bis Kopf.
den bewußten Einsatz des Körpers und durch
Körpergefühl, d. h. durch die Wahrnehmung
muskulärer Spannungszustände. Bewegung
Im Vordergrund steht hier die Körperwahr- Bewegung bringt positive Wirkungen für Men-
nehmung, die sich durch tonusregulierende, schen jeden Alters mit sich und hilft beim Span-
körperorientierte Übungen langsam entwi- nungsabbau im körperlichen und psychischen
ckelt. Zwar trainieren viele Menschen beispiels- Bereich. Bewegung heilt Geist und Seele, und
weise im Freizeitsport ihre Beweglichkeit; auf Ganzkörperbewegungen sind „Quellen des Auf-
Haltung, z. B. aufrechtes Gehen, Stehen oder ge- tankens“.
rades Sitzen, wird dort jedoch meist wenig ge- Bewegungsübungen sind zugleich auch
achtet. Atemübungen. Der Atem läßt sich aus der Bewe-
Im Hinblick auf eine gute Haltung sollten gung, die Bewegung aus dem Atem spüren. Der
folgende Regeln beachtet werden: Atem trägt die Bewegung.
▬ Eine gesunde aufrechte Sitzhaltung beinhal-
tet: Tonusregulation durch gute Laune
– „Stirnbieten – nicht Kinnbieten“, d. h. den und Lachen
Kopf aufrecht, das Kinn zurückgenommen, Eine positive Grundeinstellung zum Leben und
– Schultern locker nach hinten, gute Laune im Alltag unterstützen den ange-
– das Brustbein gehoben, Becken nach vorn strebten eutonen Spannungszustand.
gekippt, Gute Laune läßt sich ganz einfach herstel-
– die Oberschenkel leicht gespreizt, len:
– die Füße leicht nach außen gestellt. ▬ Körperliche Anstrengung läßt Endorphine,
sog. Fröhlichmacher, im Blut ansteigen. Des-
28 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

halb täglich mindestens 20min Sport an der > Lachen ist für das Zwerchfell eine wahre
frischen Luft. Erholung!
▬ Bei der Ernährung gilt: viel Eiweiß, Kohlenhy-
drate, wenig Fett. 2.6 Übungen:
▬ Auch Schokolade wirkt sich positiv auf die Haltung – Tonus – Bewegung
2 gute Laune aus, besonders in Verbindung mit
Koffein, das die Hirntätigkeit stimuliert (z. B. Aufbau und Zusammenstellung
Cappucino).
▬ Ausreichend Schlaf ist eine wichtige Vorausset- Zunächst bereiten wir über themenbezogene
zung. Begriffe, Redewendungen und Lyrik die eutone
▬ Musik wirkt antriebsfördernd. Auch sie kann Haltung mental vor. Auch der Einfluß von La-
Endorphine freisetzen und die Produktion von chen und guter Laune spielt hier eine Rolle.
Magensäure reduzieren. Als Übungen schließen sich an:
▬ isometrische Übungen (isos gleich, metron
> Entspannung ist wichtig, um gute Laune
Maß),
herzustellen!
▬ isotonische Übungen,
Lachen ist eine ähnlich gute therapeutische ▬ ganzheitliche Übungen mit Intention,
Übung wie Laufen auf der Stelle. Es kräftigt die ▬ Übungen zur richtigen Haltung im Gehen.
Muskeln, der Herzrhythmus erhöht sich, Blut-
druck und Pulswerte steigen, die Bronchien Wir Therapeuten kennen viele dieser Übun-
öffnen sich, die Lungenventilation kommt auf gen und praktizieren sie in angespannten Situ-
Touren. ationen selbst.
▬ Lachen stimuliert das zentrale Nervensystem, Es folgen Übungen mit Geräteeinsatz. Voran
Herz und Muskeln, es stärkt sogar die Abwehr- stehen
kräfte. ▬ Behandlung mit Massagegeräten und
▬ Lachen knetet die Eingeweide, die Muskeln des ▬ Behandlung mit Vibrationsgeräten.
Unterleibs und des Brustkorbs durch. Die ver- Beim Einsatz von Gymnastikmaterial möch-
mehrte Sauerstoffzufuhr reinigt das Blut. Sor- te ich nur folgende Hilfsmittel hervorheben:
gen und Langeweile verfliegen. Lachen wirkt ▬ Gymnastikball, Gymnastikband oder Thera-
aufbauend und belebend und erleichtert den band,
Umgang mit anderen Menschen. ▬ Impander und Trampolin,
▬ Lachen hat sich auch beim Abbau von Aggres- ▬ Tennisball, Holzkugel (Kontaktübungen nach
sionen bewährt. Es steigert die Leistungsfähig- Kjellrup).
keit und baut Streß und Nervosität ab.
Schwingeübungen nach Schlaffhorst-Ander-
> Jeden Tag sollte man mindestens einmal so
sen (1928) und Seyd (1993) sowie Schwingegur-
richtig von Herzen lachen!
tübungen nach Coblenzer (1987) und Cornelius
▬ Lachen ist Joggen für das Zwerchfell, Fröhlich- (1987) gehören ebenfalls zu diesem Übungsteil,
keit wirkt als Therapie. Lachen hat die gleiche werden hier jedoch nur kurz erläutert.Das glei-
günstige Wirkung auf den Organismus wie che gilt für Dehnungsübungen nach Schaar-
Joggen und Gymnastik. Durch die federnden schuch (1979).
Ausatembewegungen beim Lachen wird das Als Methoden werden kurz dargestellt:
Zwerchfell locker „geschüttelt“, Verkrampfun- ▬ progressive Muskelentspannung (PME) und
gen werden gelöst und beseitigt. ▬ autogenes Training (AT).
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
29 2

Merkblatt zur Erhaltung einer gesunden Wirbelsäule


1. Halte Dich im Lot!
Der aufrecht gehende Mensch bewältigt die Anziehungskraft der Erde am besten, wenn er sich
im Lot befindet. Katzenbuckel, Hängeschultern und andere „Sünden“ belasten die Muskulatur zu
stark.

2. Korrigiere Deine Haltung!


Nicht immer gelingt der aufrechte Gang. Aber: Wer den Rücken ständig krumm hält und damit
vom Körperlot abweicht, belastet die tragenden und haltenden Teile des Körpers zu stark. Fehl-
haltung und Fehlbelastung führt schließlich zum Dauerschaden.

3. Bewege Dich!
Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bänder, Bandscheiben und etwa 100 gelenkige Verbindungen der
Wirbelsäule wollen etwas zu tun haben. Nur durch Bewegung bleiben sie gesund.

4. Halte Deinen Rücken stabil!


Durch die Kraft und Anspannung der Muskeln wird die Wirbelsäule in Form gehalten. Beim
Heben etwa übernehmen Arme und Beine die Hebelfunktionen.

5. Entlaste Deinen Rücken!


Nur beim richtigen Liegen kommt es zur absoluten Entspannung.

6. Sitze wenig!
Beim Sitzen wird die Wirbelsäule grundsätzlich stärker belastet als beim Stehen.

7. Lege Bewegungspausen ein!


Der Sitzkrankheit kann man durch Anspannung, Entspannung und Dehnung der Muskeln
vorbeugen.

8. Trainiere Deinen Rücken!


Ein Organ, das Leistung bringen soll, braucht regelmäßiges Training.

Isometrische Übungen zur Durchführung


Tonusregulation ▬ Stirn gegen die Hände drücken.
▬ Nacken gegen die Hände drücken.
Prinzip ▬ Kopfseite gegen rechte/linke Hand drücken.
Spannen und Lösen! ▬ Handflächen zusammendrücken.
Bei einer isometrischen Muskelanspannung ▬ Hände einhakeln – auseinanderziehen.
wird keine Bewegung ausgeführt. Der Muskel ▬ Fäuste ballen.
spannt sich an, leistet aber keine physikalische ▬ Finger spreizen.
Arbeit. Verkürzte, schmerzende Muskeln wer- ▬ Schultern einzeln hochziehen, beide Schultern
den gedehnt (Kirsch 1980). hochziehen.
▬ Schulterblätter nach hinten zusammendrü-
cken.
30 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

▬ Arme seitwärts strecken: „Türrahmen wegdrü- ▬ Kopf diagonal bewegen.


cken“. ▬ Kopf aus dem Nacken dehnen.
▬ Arme nach oben strecken: „den Himmel tra- ▬ Kopf nach vorn „ausnicken“.
gen“. ▬ Kopf achtern: „Die Nase malt eine 8“.
▬ Beine sitzend anheben, gebeugt oder ge- ▬ Hände reiben, in die Hände klatschen.
2 streckt. ▬ Schultern heben und fallenlassen.
▬ Dauer der Einzelübungen: 3s; Gesamtdauer: ▬ Schultern vor- und rückwärts kreisen: „Wind-
10 min. mühle“.
▬ Hilfen: Handtuch, Stuhl. ▬ Die Ellbogen malen kleine und große Kreise in
die Luft.
! Wichtig !
▬ Die Arme schwingend um den Körper schleu-
Während der Übung darf keine Preßatmung
dern.
erfolgen, es sollte regelmäßig weitergeatmet
▬ Kopf, Arme, Oberkörper rechts und links dre-
werden. Zwischendurch den Körper immer wie-
hen.
der ausschütteln. Der Übungsablauf und die
▬ Mit dem Oberkörper kreisen.
Übungsdauer sollte dem Alter und dem Ge-
▬ Den Oberkörper seitwärts dehnen.
sundheitszustand des Patienten angepaßt sein.
▬ Mit den Beinen und Füßen kreisen, mit den Fü-
ßen wippen.
Isotonische Übungen zur
Tonusregulation Ganzheitliche Bewegungsübungen
durch Intention –
Einsatz und Ziele Korrektur der Körperhaltung
Diese Übungen zielen auf gleichmäßige, fließen-
de Bewegungsabfolgen und einen mittleren To- Einsatz und Ziele
nus ab und sind daher besonders für Patienten Diese Übungen sind gleichermaßen für Patien-
mit hyperfunktioneller Dysphonie geeignet. ten mit hypo- und hyperfunktioneller Dyspho-
nie geeignet.
Prinzip
Durch Bewegung wird eine Kontraktion des je- Prinzip
weiligen Muskels bzw. der Muskelgruppe mit Be- Mit der gedanklichen Vorstellung zu den ein-
wegungsausschlag, gleichbleibender Spannung zelnen Übungen verbindet der Patient eine be-
und veränderter Muskellänge herbeigeführt. stimmte Intention. Diese wiederum bewirkt na-
Die maximale Dehnung, Spreizung und Beu- türliche Bewegungsabfolgen, welche zur jewei-
gung der betreffenden Muskulatur, Sehnen und ligen realen Situation in Bezug stehen. In den
Gelenke führt zur Koordinationsverbesserung. meisten Fällen laufen die Übungsteile dadurch
Vitale Energie wird frei! natürlicher und freier ab, ohne daß zusätzlich
Jede Übung sollte mehrmals im Zeitlupen- noch besondere Hinweise gegeben werden müs-
tempo ausgeführt werden. sen.

Durchführung Durchführung
Die Durchführung der Übungen erfolgt nach ▬ „Wachsen und schrumpfen“ (bzw. umge-
dem Motto: „Gesicht und Körper wecken!“ kehrt).
▬ Kopf rechts und links drehen. ▬ „Katzenbuckel“ (ausrecken wie eine Katze).
▬ Kopf im Halbkreis nach rechts bzw. links bewe- ▬ „Obstpflücken“.
gen. ▬ „Gliederkasper“.
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
31 2
▬ „Bauchtanz“ (Beckenkippen, Beckenkreisen). ▬ Treppen auf- und absteigen;
▬ „Indianertanz“ (stampfen). ▬ dabei einen Text lesen, frei sprechen oder
▬ „Pantomimegang“ (Ballenwippen). z. B. folgenden Vers aufsagen:
▬ „Wäschewaschen“ (Oberkörper vornüber hän- Tüchtige Türkin
genlassen, Arme wechselnd verlängern; wirbel- trägt den tönernen Topf
weise von unten aufrichten). mit dem Trunk
▬ „Farnblatt“ (Oberkörper fallenlassen – wirbel- für die Tiere
weise aufrichten). tagtäglich
▬ „Luft unter die Flügel fächeln“ (unter den Ach- durch die trockene Türkei.
seln mit den Händen wedeln). (nach Dreher 1983)
▬ Körperabstreifen, -ausschütteln, -abklopfen.
> Dreimal gut gedehnt ist so gut wie eine
▬ Abklopfen des Rückens bzw. des ganzen Kör-
Stunde Schlaf.
pers.
▬ „Knieschaukel“: sitzend, Hände um ein Knie,
vor und zurück. Elektrovibrationsmassage mit Maspo,
▬ „Schaukelsitz“: sitzend, Partner halten sich, he- oder Unilife Bio Impulsmodell
ben vom Sitz ab. Die Elektrovibrationsmassage (mechanische
Lockerung nach Fernau-Horn 1956) kann wahl-
Haltung üben im Gehen weise mit dem Maspo, mit Igelansatz oder aber
mit dem Unilife Bio Impulsmodell durchge-
Einsatz und Ziele führt werden. Diese Geräte sind im medizini-
Die folgenden Übungen werden vor allem bei schen Fachhandel erhältlich.
Patienten eingesetzt, bei denen Verspannungen Die Vibrationsmassage mit einem Großflä-
bzw. Verkrampfungen im Schulter-Kopf-Bereich chenmassagegerät wird im Anschluß ebenfalls
zu beobachten sind – wenn es beispielsweise so vorgestellt ( s. S. 32–33).
scheint, als sei der Kopf zwischen den Schultern
eingeklemmt oder als würden die Schultern von Einsatz und Ziele
den Ohren angezogen. Die Elektrovibrationsmassage findet Anwen-
dung bei allen Stimmstörungen. Überwiegend
Prinzip zu Therapiebeginn eingesetzt, erwirkt sie eine
Bei dieser Übung stellt sich eine lockere, durch- gute Einstimmung auf die Übungsphase und
lässige Haltung und Bewegung automatisch ein. wirkt lockernd, lösend und entspannend.
Die Kopfhaltung ist aufrecht und der Kopf nicht Die Vibrationsmassage sollte ohne Stimm-
abgeknickt. Der Schultergürtel ist entspannt, übungen durchgeführt werden, da der Stimm-
und das Gehen erfolgt gleichmäßig und flie- ton sofort heiser und knarrend würde (Fernau-
ßend aus dem Becken. Nur gleichmäßig flüssi- Horn 1956).
ge Bewegungen verhindern ein Abgleiten eines Längerfristig führt diese Art von Massage
auf den Kopf gelegten Gegenstandes (z. B. Buch) zur Kräftigung und Durchblutung der Fixati-
(Coblenzer 1976). onsmuskulatur des Kehlkopfes. Verspannungen
im Halsbereich können mit ihrer Hilfe abgebaut,
Durchführung „Kehlsteifigkeit“ kann behoben werden. All dies
▬ Buch (Reissäckchen) auf dem Kopf tragen, (evtl. trägt bei zur Verbesserung des allgemeinen
ein Tuch zwischen Kopf und Buch legen, um ein Wohlbefindens.
Abgleiten zu vermeiden);
32 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

⊡ Abb. 2.1 a, b. Maspo-Massage von


oben nach unten
a Halsseiten von vorn,
b Halsseiten von hinten

a b

Prinzip Einsatz und Ziele


Durch die Vibrationsmassage mit den oben Der Einsatz von Vibrationsmassage mit Groß-
genannten Geräten werden die Zellen der mas- flächenmassagegeräten ist bei allen Stimmstö-
sierten Körperteile zum Mitschwingen gebracht, rungen sinnvoll. Er kann mit und ohne Stimm-
und dieses Mitschwingen der Zellen beeinflußt übungen erfolgen.
den Stoffwechsel, die Blutzirkulation und die ge- Folgende positive Effekte können auf diese
samte Nerventätigkeit günstig. Art erzielt werden:
▬ Gewebelockerung, Muskelentspannung, -kräf-
Durchführung tigung;
▬ Stufe 1, Dauer 5–10 min. ▬ Anregung des Kreislaufs, Durchblutungsförde-
▬ Massage der Halsseiten rechts und links rung;
(⊡ Abb. 2.1). ▬ Behebung von Lymphstauungen, Aktivierung
▬ Von oben nach unten, vom Kiefer-Hals-Winkel des Nervensystems und Förderung des Stoff-
nach vorn neben den Kehlkopf. wechsels; Ermüdungsstoffe werden abgebaut;
▬ Vom Nacken neben den Halswirbeln nach vorn ▬ das Skelettsystem bleibt beweglicher und ge-
unten (Kehlkopf und Halswirbel immer auslas- schmeidiger;
sen!). ▬ Ausstrahlung der Vibrationen auf Stimmlippen
▬ Langsam, weich ausstreichen, kreisen mit mitt- und Zwerchfell;
lerem Druck. ▬ verkrampftes Festhalten der Töne wird verhin-
dert;
Für die Schulterpartie über der Kleidung ▬ erleichtert das Abhusten und wirkt sekretlö-
sollte die besser gleitende Hartschaumplatte send.
verwendet werden.
Prinzip
> Der Therapeut selbst sollte bei der Behand-
Durch die Vibration werden Kristalle in den
lung locker und entspannt bleiben.
Knochen angeregt, dadurch wird man frischer
und aktiver.
Elektrovibrationsmassage mit einem Die elektrische Vibrationsmassage auf dem
Großflächenmassagegerät Brustbein kann zu einer Lockerung der äußeren
Als Großflächenmassagegeräte sind der Vibra- und inneren Kehlkopfmuskulatur und damit zu
mat oder der Vibrax mit Moosgummischuh als einer Spannungsminderung der Stimmlippen
Aufsatz zu empfehlen. führen.
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
33 2
⊡ Abb. 2.2 a, b Elektrovibrations-
massage.
a Ansatzstelle ist das Brustbein,
b Ansatzstelle ist zwischen den
Schulterblättern bzw. der gesamte
Rücken

a b

Während der elektrischen Vibrationsmas- > Elektromechanische Tonbehandlung


sage muß der Stimmgestörte Übungen wie (Böhme 1980)
Summen oder Brummen durchführen. Ohne Stehen die Vibrationsstöße zu der Zahl der
Phonationsübungen ist die Vibrationsmassage Stimmlippenschwingungen in einem ganzzahli-
wertlos. gen Verhältnis, spricht man von einer harmoni-
Unbestritten ist auch die Suggestivwirkung schen Vibration.
technischer Geräte (Böhme1980), da manche Die elektromechanische Tonbehandlung kann
Patienten meinen, daß durch deren Einsatz grö- die Behandlung im Sinne einer Kombinations-
ßere und schnellere Erfolge zu erzielen sind. therapie unterstützen. Man läßt den Kranken
Die Übungsmöglichkeiten für die Stimm- einen bestimmten Ton singen und verabreicht
therapie sind jedoch noch vielfältiger als von mechanische Stöße auf das Brustbein in einer
Böhme beschrieben ( s. folgender Abschnitt). Zahl, die im geraden Verhältnis zur Schwin-
gungszahl des gesungenen Tons steht (1:1, 1:4,
Durchführung 1:8, 1:16 usw.).
▬ Der Patient hält den Apparat beidhändig senk-
recht.
▬ Stufe 1, Dauer: 2–5 min (kürzer als Maspo- Übungen mit Material
massage); lange Massage ist zwecklos, starker Die Übungen mit Material werden hier zusam-
Druck bringt keinen Vorteil. menfassend dargestellt. Wenn wir von einem
▬ Ansatzstelle ist das Brustbein, evtl. mit Schaum- „Bewegungsintermezzo“ in der Therapiestunde
stoff- oder Handtuchunterlage (⊡ Abb. 2.2a). sprechen, gehören folgende Materialien (Helfer)
▬ Ansatz auch auf dem Rücken (ohne Unterlage): zum Programm: Gymnastikball, Gymnastik-
Therapeut führt das Gerät auf-, ab- und seit- band oder Theraband, Impander und Trampo-
wärts (⊡ Abb. 2.2b). lin.
▬ Die Tonvibrationsstelle langsam und weich ab- ▬ Auf dem Gymnastikball kann man hüpfen,
fahren; spüren, wo der Ton die meiste Resonanz kreisen, achtern, sich vor- und zurück bewegen,
hat (meist zwischen den Schulterblättern), und sich seitwärts bewegen und federn. Wohltuend
an dieser Stelle etwas länger verweilen. Dabei ist es, wenn man von einem stehenden Partner
werden Stimmübungen durchgeführt: Klinger, (Therapeut) von den Schultern aus auf- und
Vokale, Zungenspitzen-r auf Silben-, Wort-, abbewegt wird oder wenn man das Auf- und
Satz- und Textebene. Abfedern mit Stabunterstützung durchführt
(Kucera 1986).
34 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

▬ Das Gymnastikband (geschlossenes Band) gen erwähnt werden. Hierbei werden besonders
oder Theraband (offenes Elastikband unter- Atem- und Stimmführung sowie die sich auto-
schiedlicher Stärke) bietet den Einstieg über matisch einstellende Tiefatmung unterstützt
die entsprechende Coblenzer-Übung des Deh- (Coblenzer 1987, Herrigel 1989).
nens und Abspannens (Coblenzer 1987). Es gibt
2 viele Übungen zur Atemverlängerung und Vo- Kontaktübungen mit Material
kalverlängerung, z. B. auf Wortebene, die beim
Abspannen helfen. Einsatz und Ziele
▬ Für die Arbeit mit dem Impander gilt das glei- Die Kontaktübungen mit Material nach Kjellrup
che: Dieser wirkt ebenfalls unterstützend auf (1993) können zur Linderung von Schmerz- und
Atemvertiefung, Atemeinteilung und Tonfüh- Spannungszuständen eingesetzt werden.
rung, besonders auch auf Wortebene mit lan-
gen Inlautvokalen (z. B. Hut, Not, Tat). Prinzip
Der Impander („Bali“) wird in verschiedenen Kontaktübungen mit einem Gegenstand oder
Stärken angeboten und ist für Frauen, Männer dem Boden sind Sammlungs- und Bewußtwer-
und Kinder geeignet. Die Gebrauchsanweisung dungsübungen. Sie haben ableitenden Charak-
beinhaltet außerdem die „Glockenübung“ und ter. Energieströme werden freigesetzt, die Blut-
die „Holzhackerübung“, die bei hypofunkti- zirkulation wird neu reguliert.
onellen Störungen und Mutationsstörungen Kontakt ist Berührung, die sich zu Kommu-
vorteilhaft sind. nikation oder Austausch erweitert: „Erst neh-
▬ Für sportliche und jüngere Patienten ist der men Sie wahr, dann spüren Sie tiefer hinein,
Einsatz des Trampolins (Trimilin, fun hop) womit Sie in Berührung sind. Es entsteht eine
geeignet. Hiermit können flüssige Laufübun- Beziehung zwischen Ihnen und dem, was Sie be-
gen mit weichem Stimmeinsatz oder kräftige rühren.“ (Mit Tennisball oder Holzkugel üben.)
Hüpfbewegungen mit festem Einsatz erarbeitet
werden. Durchführung
Um eine möglichst positive Wirkung zu erzie-
Allen Materialien liegen entsprechende Be- len, kann der Therapeut dem Patienten folgende
schreibungen bei, welche die Handhabung er- Anweisungen geben:
leichtern. Diese Übungen werden dann lediglich ▬ Setzen Sie sich bequem hin, nehmen Sie den
mit den angemessenen Atem- und Stimmübun- Ball, umschließen Sie ihn leicht mit beiden
gen koordiniert. Händen und schließen die Augen.
▬ Erspüren Sie die Form des Balls und dessen
> Die Übungen mit Material bringen Freude
Material, indem Sie ihn gleichzeitig in beiden
bei der Arbeit mit der Atmung, Unterstüt-
Händen halten.
zung für die Stimme und Entlastung für den
▬ Wenn Sie eine Beziehung zu dem Ball und durch
Bewegungsapparat.
den Ball hindurch von Hand zu Hand bekom-
Hinweisen möchte ich noch auf die vielen men haben, bleiben Sie in dieser Beziehung.
„kleinen Helfer“, welche auch in der Kinderthe- ▬ Rollen Sie den Ball langsam zwischen Ihren
rapie verwendet werden: Reifen, Keulen, Kugeln, Händen, um auch dabei Hände und Ball zu
Seile, Igelbälle, Fahnen, Tücher, Tennisbälle, Stä- entdecken – ruhig und langsam. Der Ball darf
be und Hanteln. auch zwischen den Fingern, den Handrücken
Als „großer Helfer“ für Erwachsene und und Handflächen rollen.
Fortgeschrittene sollte außerdem der Sportbo-
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
35 2
▬ Vergessen Sie dabei nicht, daß die Verbindung geführt. Man kann ganzkörperlich oder mit
von Hand zu Hand durch den Ball den Kern der einzelnen Körperteilen schwingen. Das Spiel
Übung darstellt. mit dem Gleichgewicht hat eine eutonisierende
▬ Legen Sie den Ball nun zurück. Wirkung.
▬ Lassen Sie Ihre Hände ruhen.
▬ Spüren Sie nach, wie Sie Ihre Hände erleben. Schwingegurtübungen

Diese Übung stellt nur einen kleinen Abriß Durchführung


dar; darüber hinaus bieten sich Fußübungen, Die Übungen mit dem Schwingegurt (Coblen-
Rückenübungen und Seitenübungen mit Stä- zer 1987) sind als Einzel- oder Partnerübungen
ben, Keulen und Kastanien sowie Bällen an. geeignet. Schwingegurte gibt es in unterschied-
Diese Hilfsmittel sind für Ganzkörperü- lichen Stärken, je nach Körpergewicht. Die Gur-
bungen geeignet, die meist liegend oder auch te können eingehängt werden (an Türklinke,
sitzend ausgeführt werden. Die angespannte Fenstergriffen oder Sprossenwand), wobei der
Muskulatur wird dabei zunächst recht schmerz- Patient unter Anleitung leicht schwingende
haft reagieren, sich jedoch nach einer gewissen Bewegungen über der Körpermitte vor- und
Zeit lösen und lockern, bis ein schmerzfreier rückwärts sowie seitwärts ausführt, ähnlich
Zustand erreicht ist. Allgemein läßt sich sagen, den Schwingeübungen. Der Gurt kann auch
daß die Übungen dazu dienen, die verspannte vom Therapeuten gehalten werden. Atem- und
Muskulatur durch Konzentration zu lösen. Es Stimmführung laufen synchron zur Bewegung
tritt eine verstärkte Durchblutung ein, und die ab (Cornelius 1987).
Muskulatur schmiegt sich weich an den harten
Gegenstand an. Dehnungsübungen

Schwingeübungen Durchführung
Schwingen und Schwingeübungen nach Schlaff- Diese Übungen (Schaarschuch 1979) werden
horst-Andersen (1928) werden von Seyd (1993) überwiegend im Liegen durchgeführt. Auf äu-
in ihrem Buch ausführlich dargestellt. Die Übun- ßerst angenehme und entspannende Art kön-
gen können zu zweit, zu dritt oder in der Gruppe nen so Arme, Beine und Kopf in ihrer Locker-
ausgeführt werden. Zu zweit gibt es einen Anlei- heit bzw. Schwere gespürt und die Dehnbarkeit
tenden und einen Schwingenden, in der Grup- aus den Gelenken heraus erlebt werden. Diese
pe schwingen alle gemeinsam (vgl. hierzu auch Übungen sind jedoch nicht für jeden Patienten
Seyd 1993). geeignet, da hierbei ein enger Körperkontakt
notwendig ist. Außerdem sollten vor der Durch-
Prinzip führung etwaige Bewegungseinschränkungen
Schwingen, Kreisen, Rhythmus und Tönen kön- abgeklärt werden.
nen auf unterschiedliche Art und Weise den
Atem anregen. Atmung und Stimme werden mit Tiefmuskelentspannungstraining und
der Bewegung koordiniert (Regeneration natür- autogenes Training
licher Organfunktionen). Das Tiefmuskelentspannungstraining und das
autogene Training werden in ⊡ Tabelle 2.1 ver-
Durchführung gleichend dargestellt.
Es werden schwingende und kreisende Bewe-
gungen sowie Beuge-Streck-Bewegungen aus-
36 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

⊡ Tabelle 2.1. Tiefmuskelentspannungstraining und autogenes Training im Vergleich

Tiefmuskelentspannung Autogenes Training

Methode Aktive körperliche Übungen gedanklich-konzentrierte Selbst-


beeinflussung mit Wortformeln
2 An der Muskulatur ansetzend Am vegetativen Nervensystem ansetzend

Voraussetzungen Positive oder neutrale Einstellung zum Positive Einstellung zum Verfahren
Verfahren
Bereitschaft zum erhöhten Trainingseinsatz

Ausdauer

Anleitung In Selbsthilfe mit Begleitlektüre und/oder Nicht ohne fachliche Anleitung erlernbar
mit Trainingskassette erlernbar

Anwendungs- Bei Muskelverspannungen, Kopf- Bei Verspannungen, Schwindel, Hitze-


möglichkeiten schmerzen, Durchblutungsstörungen, wallungen, Schweißausbrüchen,
Nervosität, Schlafstörungen und anderen Herz-Kreislauf-Beschwerden, Atem-
psychovegetativen Beschwerden beschwerden, Schlafstörungen, Nervosität,
psychovegetativen Beschwerden

Zeitpunkt der Vor, während und nach belastenden Vor, während und nach belastenden
Anwendung Situationen Situationen

Tiefmuskelentspannungstraining Schritt für Schritt 16 Muskelgruppen nachein-


(progressive Muskelentspannung, PME) ander einzeln zunächst fest angespannt und da-
Die progressive Muskelentspannung wurde in nach völlig entspannt werden (von Olschewski
den 30er Jahren von dem amerikanischen Psy- werden 17 Muskelgruppen benannt).
chologen Jacobson entwickelt und in den 40er Die Spannung sollte in jeder einzelnen Mus-
Jahren von Wolpe, ebenfalls einem Psychologen, kelgruppe jeweils 5s gehalten werden. Danach
weiterentwickelt. sollte man sich etwa 30s auf die tiefe Entspan-
Alternativ: bei der progressiven Muskelent- nung konzentrieren, die ganz von selbst auf die
spannung nach Olschewski (1992) handelt es Anspannungsphase folgt.
sich um ein Entspannungstraining, mit dessen Der gesamte Körper wird in folgender Rei-
Hilfe man lernt, die unterschiedlichen Emp- henfolge angesprochen:
findungen zwischen körperlicher An- und ▬ Rechte Hand, rechter Unterarm.
Entspannung besser wahrzunehmen und sich ▬ Rechter Oberarm.
schließlich völlig zu entspannen. ▬ Linke Hand, linker Unterarm.
Mit Hilfe dieser Methode läßt sich die Sen- ▬ Linker Oberarm.
sibilität für die vielen kleinen Verspannungen ▬ Stirn.
verstärken, die der alltägliche Streß mit sich ▬ Obere Wangenpartie, Nase.
bringt. So kann jeder lernen, sich selbst eine ▬ Untere Wangenpartie, Kiefer.
„kleine Pause“ in tiefer Ruhe und Entspannung ▬ Nacken und Hals.
zu gönnen. ▬ Brust, Schulter, Rücken.
Das Jacobson-Entspannungstraining (Ja- ▬ Bauchmuskulatur.
cobson 1996) heißt „progressiv“, weil hier
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
37 2
▬ Gesäß und Becken (werden beim klassischen Begleitend und unterstützend wirkt klassische
Verfahren nach Jacobson mit 16 Muskelgrup- Musik zur Entspannung. Hier nur einige Vor-
pen ausgelassen). schläge:
▬ Rechter Oberschenkel. ▬ Händel: Concerto grosso op.6, Nr. 3, e-Moll;
▬ Rechter Unterschenkel. ▬ Mozart: Eine kleine Nachtmusik, G-Dur, KV
▬ Rechter Fuß. 525;
▬ Linker Oberschenkel. ▬ Bach: Ouvertüre D-Dur, Suite Nr. 3, „Air“;
▬ Linker Unterschenkel. ▬ Gluck: Orpheus und Eurydike, „Reigen seliger
▬ Linker Fuß. Geister“;
▬ Massenet: Meditation „Thais“;
Grundsätzlich geht es bei diesem Entspan- ▬ Meditationsmusik: New-Age-Musik, z.T. klassi-
nungstraining vor allem um das Erleben der sche Motive meditativ interpretiert;
extremen Muskelanspannung und Muskelent- ▬ „Entspannen mit Musik“ (DAK, Tonkassette/
spannung. Um schneller und einfacher zu einer CD).
tiefen Entspannung zu gelangen, kann bei regel-
mäßigem Üben das Training abgekürzt werden, Beim autogenen Training nach Müller
indem mehrere Muskelgruppen zusammenge- (1996) sind die Einstiegs- und Abschlußformeln
faßt werden. Zunächst werden die Muskeln in identisch mit der Form des klassischen auto-
16 Muskelgruppen aufgeteilt, die über mehrere genen Trainings. Auf diese Methode wird eben-
Sitzungen bis auf 4 Muskelgruppen reduziert falls nicht weiter eingegangen, beispielhaft soll
werden. Am Ende des Gesamtprogramms wird jedoch eine von Müllers entspannenden Ge-
die Entspannung nur noch durch stilles Zählen schichten vorgestellt werden:
von 1 bis 10 erreicht.
Wiese
Autogenes Training (AT) Du bist auf einer großen, weiten Wiese –
Auf die Darstellung der klassischen Form des du läufst durch diese Wiese –
autogenen Trainings soll hier verzichtet und nur du spürst unter deinen Füßen das Gras –
die Erweiterung nach Pahn (1968) erwähnt wer- es ist biegsam, weich, sommerwarm –
den, die sich auf den Kopf-Hals-Bereich bezieht. du hast Lust, dich ins Gras zu legen –
Die Übung wird nach folgenden Vorgaben du spürst das Gras unter dir, wie eine weiche
ausgeführt: Decke –
▬ Die Wangen sind schwer. du siehst die Gräser, viele Arten –
▬ Die Lippen sind schwer. siehst Blumen dort –
▬ Die Zunge liegt schwer im Mund. kleine Käfer krabbeln gemächlich –
▬ Der Mund öffnet sich von selbst. du riechst das Gras, die Erde –
▬ Die Stirn ist angenehm kühl. ein Schmetterling schaukelt an dir vorbei –
▬ Der Mund ist beim Einatmen kühl durch- du siehst, wie schön seine Färbung ist –
strömt. die Zeichnung seiner Flügel –
▬ Nase ist kühl durchströmt. ganz aus Samt scheinen sie zu sein –
▬ Der Hals ist kühl durchströmt. du hörst die Bienen summen und schwirren –
▬ Die Atemluft strömt durch ein weites Rohr. du schaust zum Himmel –
▬ Die Stimme strömt durch ein weites Rohr. du siehst dort oben viel –
du bist ganz ruhig, gelöst, entspannt –
Ruhe durchströmt dich –
38 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung

du bist ganz ruhig und entspannt – Atemübungen ( s. Kap. 1, „Atmung“) sind


tief durchatmen – Fäuste ballen – Arme recken eher in Ruhepausen außerhalb des Saunaraums
und strecken angezeigt.
räkeln – gähnen – und die Augen auf!
Abschließend ist die Entspannung in Sauna oder Globusgefühl (Kloßgefühl)
2 Dampfbad zu empfehlen, denn einige Stunden Das Globusgefühl ist eine sehr lästige und be-
in der Sauna entspannen die Seele und stabili- lastende Erscheinung, die jedoch meist ohne
sieren das psychische Gleichgewicht. organische Ursache auftritt. Oft psychische
Während des Saunabesuchs bieten sich Probleme. Viele Übungen aus dem vorigen Ka-
lockere, langsame Bewegungsübungen der pitel sind hier angezeigt, einige spezielle seien
Sprechwerkzeuge an sowie zusätzlich stimmlose jedoch hervorgerufen:
und stimmhafte Lautübungen: ▬ Halsmassage, Halsausstreichen, Halstapping;
▬ Lippenzupfen, Schmollmundkreisen, Halsaus- ▬ Gähnen, Kauübungen;
streichen; ▬ Dehnungen der Halswirbelsäule: rechts-links,
▬ Gähnen; Kopfkreisen, Kopfausnicken, lockeres, sanftes
▬ weiche Summ-, Brumm- und Kautonübungen; Verschieben des Kehlkopfes: rechts-links;
▬ Ventiltönchen; ▬ Autogenes Training nach Pahn (s. S. 37/38).
▬ Vokallängen, leichte, flüssige Singübungen.
Die Stimmlage rutscht automatisch tiefer.
3

Stimme

3.1 Grundlagen – 41
3.2 Begriffe und Redewendungen: Stimme – 41
3.3 Sprichwörter: Stimme – 42
3.4 Befundung der Stimmleistung – 42
Stimmqualitäten und Stimmklang – 42
Schwelltonvermögen – 43
Tonhaltedauer – 43
Stimmumfang – 44
Registerübergänge – 44
Mittlere Sprechstimmlage – 45
Stimmeinsatz – 46
Stimmabsatz (Tonabsatz) – 46

3.5 Funktionelle Dysphonie – 47


Hyperfunktionelle Dysphonie und Stimmlippenknötchen – 47
Hypofunktionelle Dysphonie, Internus-
und Transversusschwäche, Phonasthenie – 48

3.6 Therapie: Funktionelle Dysphonie – 48


Ziele und Regeln – 48
3.7 Übungen: Funktionelle Dysphonie – 48
Aufbau und Zusammenstellung – 49
Hyperfunktionelle Dysphonie – 51
Summübungen – 69
Hypofunktionelle Dysphonie – 102

3.8 Mutationsstörungen (Stimmwechselstörungen) – 150

3 3.9 Therapie: Mutationsstörungen – 150


Ziele und Regeln – 151
Gespräch – Beratung – Aufklärung – 151

3.10 Übungen: Mutationsstörungen – 152


Aufbau und Zusammenstellung – 152

3.11 Stimmlippenlähmung – 162


3.12 Therapie: Stimmlippenlähmung – 163
Ziele und Regeln – 163

3.13 Übungen: Stimmlippenlähmung – 163


3.2 · Begriffe und Redewendungen: Stimme
41 3
3.1 Grundlagen einträchtigung der Stimme kann eine berufliche,
psychische und soziale Belastung darstellen.
ⓘ Definition
3.2 Begriffe und Redewendungen:
Stimme ist das Hervorbringen von Lauten be-
Stimme
stimmter Höhe und Klangfarbe.
Die Höhe des Tones hängt von der Spannung,
Es folgen Begriffe, die den Wortteil „Stimme“
Länge und Dicke der Stimmlippen ab, die
enthalten.
Lautstärke von der Stärke des Luftstromes und
die Klangfarbe von den sog. Resonanzräumen
(Mundhöhle, Rachenhöhle, Nasenhöhle). Stimmstörung Stimmtechnik
Tönen und Sprechen sind keine isolierten Stimmverbesserung Stimmkräftigung
Vorgänge im Kehlkopf (Larynx) und Mundraum.
Stimmtraining Stimmlippen
(Der Vogel singt allerdings mit dem Syrinx). Es
handelt sich hierbei vielmehr um ein Gesche- Stimmentfaltung Stimmritze
hen, an dem der ganze Mensch mit dem gesam-
Stimmlage Stimmorgan
ten Körper beteiligt ist. Zwischen Respiration,
Phonation, Artikulation und Bewegung besteht Stimmausdruck Stimmerzeugung
ein enger psychosomatischer Zusammenhang.
Die Stimme hat außerdem mit Ausstrahlung
und Persönlichkeit zu tun, sie ist Ausdruck der Auch in den folgenden Redewendungen geht es
inneren Verfassung und des inneren Zustan- um „Stimme“:
des. Die emotionalen Zustände eines Sprechers
können sich in seiner Stimme und Sprechweise
Da stimmt etwas nicht.
ausdrücken. So können z. B. Lebenskrisen – be-
ruflich oder privat –, Probleme am Arbeitsplatz, Die Stimmung war super
drohende Arbeitslosigkeit, Frühberentung und
die Stimme der Wahrheit
Zukunftsängste negative Auswirkungen auf die
Stimmung und damit auf die Stimme haben. Es verschlägt mir die Stimme
Stimme ist also auch immer stimmungsgela-
Jede Stimme zählt.
den.
Wir stimmen zu.
Nun ist der Kehlkopf kein isoliertes Instrument wie ein Kla-
vier; er ist beweglich und hängt unmittelbar mit der ganzen die Stimme des Volkes
übrigen Muskulatur des Körpers zusammen. Er leidet, wenn
jene leiden. Körperliches und seelisches Unbehagen, Krank- einstimmig angenommen
heit und Schmerzen offenbaren sich sofort in mangelhafter
Tongebung (Merkel in Gundermann 1994).
Zum erweiterten Begriffsfeld „Stimme“ gehö-
> Stimme übermittelt Stimmung; Stimme,
ren auch „Ton“, „Klang“ und „klingen“. Diese
Stimmung und Stimmigkeit hängen direkt
Begriffe wiederum eröffnen ein breites Spek-
voneinander ab.
trum an verwandten Wörtern. Je länger man
Kommunikation steht heute in den meisten dieses Spiel betreibt, desto konkreter werden die
Lebenssituationen im Vordergrund, und dabei Begriffe, desto genauer bezeichnen sie das Ge-
sollte die Stimme kein Hindernis sein. Die Be- meinte.
42 Kapitel 3 · Stimme

▬ „Ton“, „Klang“: „Das Verständlichste an der Sprache ist nicht


Laut, Schall, Hall, Klang, Klangfülle, Klang- das Wort selber, sondern Ton, Stärke, Modula-
farbe, Wohlklang, Klangkörper, Modulation, tion, Tempo, mit denen eine Reihe von Worten
Tonfall, Umgangston. gesprochen wird – kurz, die Musik hinter den
▬ „Tönend“: Worten, die Leidenschaft hinter dieser Mu-
melodisch, melodiös, musikalisch, klangrein, sik, die Person hinter dieser Leidenschaft: alles
liedhaft, gesanglich, lyrisch. das also, was nicht geschrieben werden kann“
3 ▬ „Klingen“: (Nietzsche in Zehetmeier 1986).
klingen, schwingen, lauten, schallen, läuten,
schellen, bimmeln, ertönen, anschlagen; „Die Gewohnheit an bestimmte Klänge greift tief
scheppern, klirren, schrillen, klappern, sur- an den Charakter: Man hat bald die Worte und
ren, schwirren, schnarren, piepsen, quiet- Wendungen und schließlich auch die Gedanken,
schen; welche zu diesem Klange passen“ (Nietzsche in
grillen, ticken, tacken, klatschen, knistern, Zehetmeier 1986).
rascheln, prasseln, zischen, brutzeln;
mähen, muhen, wiehern, blöken, quaken, 3.4 Befundung der Stimmleistung
quieken, röhren, schnurren, krähen, gurren,
gackern, schnalzen, fauchen; Stimmqualitäten und Stimmklang
rauschen, rascheln, tosen, gischten, branden,
sieden, gurgeln, brodeln, gluckern, glucksen;
ⓘ Definition
blubbern, schwappen, strudeln, quirlen.
„Stimmqualität“ und „Stimmklang“ bezeich-
nen die Klangfarbe, das Timbre und die Klang-
3.3 Sprichwörter: Stimme
merkmale, die die individuelle Stimme charak-
terisieren. Sie bestimmen somit die akustische
„Die lebendige Stimme lehrt“ (lateinisches
Qualität eines Tones bzw. eines Stimmcharak-
Sprichwort).
ters.
Der Stimmklang ist u.a. von folgenden Faktoren
„Die Stimme ist die beste Musik“ (englisches
abhängig:
Sprichwort).
▬ Situation,
▬ Gesprächspartner,
„Stimme, die der Spiegel der Seele ist“ (Eras-
▬ emotionale Verfassung.
mus).
„Stimme ist in umfassendem Sinne das Ja zum
Leben, die Antwort auf die Herausforderung Prüfung
Leben“ (Husler). Die Überprüfung der Stimmqualität erfolgt
durch freies Sprechen und Lesen.
„Mit einer lauten Stimme im Halse ist man oft
außerstande, feine Sachen zu denken“ (Nietz- Beurteilung
sche). Die Beurteilung erfolgt auditiv; das Ohr wird als
„Prüfinstrument“ eingesetzt.
„Wahrheit, Wahrheit bilde unseren Ausdruck Der Stimmklang kann dann, wie im fol-
auch im Ton der Stimme“ (Herder). genden dargestellt, durch Adjektive charakte-
risiert werden. Hier sind allerdings lediglich
die auffälligsten Bezeichnungen erwähnt; die
3.4 · Befundung der Stimmleistung
43 3
Listen lassen sich durchaus noch erweitern. Es toren. Man kann ihn als Gradmesser stimmtech-
können gleichzeitig mehrere Bezeichnungen nischer Fertigkeiten betrachten.
zutreffen.
▬ Euphonie (ungestörte Sprech-, Ruf-, Singstim- Prüfung
me) Der Patient soll nach leisem Stimmeinsatz einen
klar, sauber, rein, Ton gleichmäßig zum Forte anschwellen und
klangvoll, wohlklingend, weich, zum Piano abklingen lassen (d. h. crescendo –
laut, fest, kräftig, decrescendo), ihn aber auf gleicher Tonlage hal-
voll, groß, mühelos, tragfähig, ten, ohne ihn zu verändern (in Mittellage). Diese
hell/hoch, dunkel/tief, sonor, Übung heißt auch „Schwellton mit Umkehr“; als
aufbaufähig. Hilfe kann dabei Gestik eingesetzt werden. Nicht
▬ Dysphonie (gestörte Sprech-, Ruf-, Singstimme unbedingt zu Beginn der Stimmprüfung testen.
(Dysodie)
– Vorwiegend bei hyperfunktioneller Dyspho- Beurteilung
nie: Neben Dauer, Gleichmäßigkeit und Lautstär-
rauh, brüchig, keunterschieden werden auch Tonhöhenstei-
knarrend, kratzend, gerung, Tonabbruch, Unregelmäßigkeiten und
gedrückt, gepreßt, hart, Diplophonie beurteilt.
kehlig, kloßig, dumpf, ▬ Physiologisch: glatt, ausgewogen, steigerungs-
geräuschvoll, blechern, bellend. fähig.
– Vorwiegend bei hypofunktioneller Dyspho- ▬ Unphysiologisch: wenig/kaum steigerungs-
nie: fähig.
klein, leise, dünn, matt,
schwach, verhaucht, Tonhaltedauer
belegt, verhalten,
bedeckt, verschleiert,
ⓘ Definition
klangarm, resonanzarm,
Die Tonhaltedauer ist ein Maß für die Leistungs-
zittrig, weinerlich,
fähigkeit der Stimme. Sie ist ein meßbarer Wert,
nasal, sandig.
d. h. nicht nur subjektiv zu beurteilen, und ist
– Bei hyper- und hypofunktioneller Dyspho-
abhängig von Intensität, Tonhöhe, Gesangs-
nie:
technik und dem jeweiligen Vokal, von Alter und
kippend, diplophon,
Geschlecht sowie besonders vom Stimmlippen-
heiser, aphon.
schluß.

Schwelltonvermögen Eine verkürzte Tonhaltedauer tritt sowohl


bei hyper- als auch hypofunktionellen Stimm-
störungen auf, besonders bei Stimmlippenläh-
ⓘ Definition
mungen. Der Grund für eine verkürzte Tonhal-
Der Schwellton hat Bedeutung für die Sprech-
tedauer ist fast immer ein unphysiologischer
und Singstimme. Er zeigt die allgemeine stimm-
Stimmlippenschluß. Dies ist für die anschlie-
liche Leistungsfähigkeit.
ßende Therapie von Bedeutung.
Ein normaler Schwellton erfordert eine ex-
akte Koordinierung der für die Phonation aus-
schlaggebenden nervalen und muskulären Fak-
44 Kapitel 3 · Stimme

Prüfung Die Durchschnittsstimme und die Gesangs-


Die Überprüfung der Tonhaltedauer erfolgt mit stimme erreichen folgende Umfänge:
Hilfe einer Stoppuhr oder einer Uhr mit Sekun-
denzeiger. Der Patient wird gebeten, einen Ton
Durchschnittsstimme Gesangsstimme
solange wie möglich zu halten, und zwar in mitt-
lerer Lautstärke und mittlerer Sprechstimmlage Sopran: a–h2 Sopran: a–c3
auf die Vokale o bzw. a und den Klinger m. Diese
Mezzosopran: g–g2 Mezzosopran: g–c3
3 Bestimmung wird bis zu 3mal durchgeführt, die
längste Tonhaltedauer wird in das Protokoll auf- Alt: e–e2 Alt: f–c3
genommen.
Tenor: H–g1 Tenor: H–c2
Beurteilung Bariton: A–f1 Bariton: G–f1
▬ Norm
Baß: E–c1 Baß: D–g1
– Frauen: 17–22s,
– Männer: 25–30s. 7- bis 14jährige: g–g2
▬ Unphysiologisch
Für Frauen und Männer unter der Norm. (Wirth 1995)
▬ Pathologisch
Für Frauen und Männer unter 10s (verkürzte Prüfung
Tonhaltedauer). Die Überprüfung des Stimmumfangs erfolgt
mit Hilfe eines Klaviers, eines Keyboards, einer
Durch Verbesserung der Vitalkapazität Stimmgabel etc.:
( s. Abschn. 1.5) und durch Training läßt sich die ▬ Frauen: auf den Vokal o von c1 ausgehend die
Tonhaltedauer in den meisten Fällen verbessern. Tonleiter aufwärts beginnend singen, dann
abwärts.
Stimmumfang ▬ Männer: auf den Vokal o von c ausgehend die
Tonleiter abwärts beginnend singen, dann auf-
wärts.
ⓘ Definition
Es kann auch von der mittleren Sprech-
Unter Stimmumfang versteht man das Maß der
stimmlage ausgegangen werden.
Fähigkeit, verschiedene Tonhöhen hervorzu-
bringen.
Beurteilung
Beim Stimmumfang lassen sich folgende Wenn der absolute Stimmumfang weniger als 1,5
Kriterien unterscheiden: Oktaven beträgt, gilt er als eingeschränkt und
▬ Physiologischer/absoluter Stimmumfang könnte für eine Stimmstörung mitverantwort-
Umfang aller physiologisch produzierbaren lich sein (oder umgekehrt).
Töne vom tiefsten Brummton bis zum noch
erreichbaren Fistelton. Registerübergänge
Durchschnitt: 2–3 Oktaven, Sänger bis 3–4
Oktaven.
ⓘ Definition
▬ Musikalischer Stimmumfang
Unter „Registerübergängen“ versteht man die
Umfang aller produzierbaren Töne mit
Grenzen zwischen Brustregister und Mittelregis-
ästhetischer Qualität.
ter bzw. Mittelregister und Kopfregister, die sich
Durchschnitt: ca. 2 Oktaven, abhängig von

Alter, Geschlecht und Geübtheit.
3.4 · Befundung der Stimmleistung
45 3
jeweils als Klangfarbenänderungen der Stimme nur für kurze Zeit nach oben und nach unten
äußern. Unterschieden werden sie je nach Sitz abweicht. Die mittlere Sprechstimmlage findet
des hauptsächlichen Resonanzraums (Falsett sich im unteren Drittel des individuellen Stimm-
bzw. Strohbaß). umfangs.
Die Indifferenzlage ist ein statistisch definierter
Die Registerübergänge bei Männern lassen Soll-Zustand (physiologischer Hauptsprechton-
sich normalerweise wie folgt lokalisieren, bereich).
wobei der Übergang von Brust- zu Mittel-
register jeweils um den ersten, der Über-
gang von Mittel- zu Kopfregister jeweils um Prüfung
den zweiten angegebenen Ton zu finden Die Bestimmung der mittleren Sprechstimm-
ist: lage erfolgt mit Hilfe eines Klaviers oder Key-
▬ Tenor: f, f1; boards beim Zählen, Kauen, freien Sprechen
▬ Bariton: e, e1; und Lesen:
▬ Baß: d, d1; ▬ Kauen: Die Sprechstimmlage liegt meist 1–2
Töne (eine Terz) tiefer als die mittlere Sprech-
Bei Frauen verschieben sich die Übergänge
stimmlage, d. h. im unteren Bereich der norma-
jeweils um eine Oktave nach oben.
len Sprechstimmlage.
▬ Lesen: Die Sprechstimmlage liegt meist höher
als beim Zählen und beim freien Sprechen.
Prüfung
Das Überprüfen der Registerübergänge erfolgt Beurteilung
gleichzeitig mit der Prüfung des Stimmum- ▬ Norm
fangs. – Frauen: g–c1 (gis: Alt, Mezzo; h–c1: Sopran),
– Männer: G–c (G–A: Baß; B–c: Bariton; c: Te-
Beurteilung nor),
▬ Physiologisch: ausgeglichen, ausgewogen. – Mädchen: d1,
▬ Unphysiologisch: hörbar, auffällig, störend. – Knaben: c1.

Wenn keine unbedingte Notwendigkeit Dauernde Abweichungen, besonders nach


vorliegt, kann die Registerüberprüfung auch oben, führen häufig zu einer Stimmstörung,
übergangen werden. Berichtet ein Patient je- da die Produktion hoher Töne eine vermehrte
doch über Stimmprobleme bei der Gesangsaus- muskuläre Anspannung der Sprechorgane er-
bildung oder beim Singen im Chor, sollten fordert. Eine zu hohe mittlere Sprechstimmlage
die Registerübergänge gezielt überprüft wer- ist daher unphysiologisch und führt zur Stim-
den. mermüdung.
Darüber hinaus ist das Abknarren ( s. S. 142)
Mittlere Sprechstimmlage mit einem unphysiologischen Absinken der
Stimmlage verbunden, das sich ebenfalls stimm-
schädigend auswirken kann.
ⓘ Definition
Die mittlere Sprechstimmlage ist der individu-
elle Ist-Zustand beim Sprechen, von dem die
Stimme bedingt durch die Satzmelodie immer
46 Kapitel 3 · Stimme

Stimmeinsatz Stimmabsatz (Tonabsatz)

ⓘ Definition ⓘ Definition
Der Stimmeinsatz ist der akustische Effekt, der Der Begriff „Stimmabsatz“ bezeichnet den Mo-
sich aus der Stimmlippeneinstellung zu Beginn ment, in dem die Stimmlippen am Phonations-
der Phonation ergibt. ende in einen schwingungslosen Zustand über-
gehen.
3 Es gibt drei Arten des Stimmeinsatzes, die audi-
Der Stimmabsatz ist nur bei Vokalen und stimm-
tiv kontrollierbar sind:
haften Konsonanten (Klingern) hörbar und da-
▬ Physiologisch: weich – fest
her auch nur bei diesen Lauten zu beurteilen.
Die Stimmlippen bewegen sich in Schließ-
stellung; es bleibt ein schmaler elliptischer Es gibt vier Arten des Stimmabsatzes ( vgl.
Spalt. Ein sich allmählich verstärkender „Stimmeinsatz“):
subglottischer Anblasedruck bewirkt einen ▬ Physiologisch: weich/fest
physiologischen Stimmeinsatz. Der Ton klingt ohne Geräusch aus. Dieser
▬ Pathologisch: hart/knarrend Absatz ist in der deutschen Sprache üblich.
Die fest geschlossene Stimmritze wird beim ▬ Pathologisch: hart
Einsetzen des Klangs plötzlich gesprengt. Zu Phonationsende wird die Glottis fest ge-
Dies bedeutet eine starke Belastung, eine schlossen, der Ton wird abgedrückt. Stimm-
maximale Muskelanspannung und larynge- schädigende Spannungen, Verkrampfungen
ale Ermüdung und kann zu einer Stimmstö- von Stimmlippen, Kehlkopf und Halsmus-
rung und organischen Veränderung führen. kulatur sind möglich.
Tritt besonders bei hyperfunktionellen Dys- ▬ Pathologisch: verhaucht
phonien auf. Ein Atemgeräusch ist hörbar. Dies ist unüb-
▬ Pathologisch: verhaucht lich bzw. kommt normalerweise lediglich bei
Hier ist beim Stimmeinsatz oft ein h zu hö- Seufzern vor.
ren, d. h., Luft entweicht bereits, bevor der ▬ Pathologisch: „Abknarren“
Stimmklang einsetzt. Hier findet eine übermäßige Stimmlippen-
Tritt besonders bei hypofunktionellen kompression statt. Eine Mischung von un-
Dysphonien und Stimmlippenlähmungen hygienischen Knacklauten und gepreßtem
auf. Knarren ist zu hören.
Das Abknarren wirkt stimmschädigend; es
Prüfung kommt häufig vor.
Der Stimmeinsatz wird mittels Lesen von aus-
gewählten Wortgruppen, Redewendungen mit Prüfung
Vokaleinsätzen und eines vokaleinsatzreichen Die Prüfung des Stimmabsatzes erfolgt auditiv
Lesetexts sowie in der Spontansprache geprüft. beim Lesen von Wörtern, Wortgruppen, Rede-
wendungen mit Vokal- und/oder Klingerende.
Beurteilung
Die auditive Beurteilung des Stimmeinsatzes ist Beurteilung
meist etwas schwierig und kann meiner Erfah- ▬ Physiologisch: normal, unauffällig, weich,
rung nach zu unterschiedlichen Hörergebnissen klangvoll.
führen. Das Ergebnis einer Stimmeinsatzprü- ▬ Pathologisch: abbrechend, versiegend, abknar-
fung ist daher als subjektiv zu werten. rend.
3.11 · Stimmlippenlähmung
47 3
3.5 Funktionelle Dysphonie liche klare und tragfähige Stimme zu bilden,
d. h. diese hervorzurufen und/oder klar und
kräftig zu äußern.
ⓘ Definition
Man spricht grundsätzlich von zwei For-
Der Begriff „Dysphonie“ bezeichnet die Störung
menkreisen der Dysphonie und unterscheidet
der Sprechstimme, die sich auch auf die Sing-
sie durch ihre hyperfunktionelle oder hypo-
stimme auswirken kann (und umgekehrt). Die
funktionelle Ausgangslage.
Skala dieser Klangstörung kann von Tonlosigkeit
und Verhauchtsein über eine belegte, rauhe,
Hyperfunktionelle Dysphonie
gepreßte Stimme bis zur Taschenfaltenstimme
und Stimmlippenknötchen
reichen.
Hauptmerkmal einer Dysphonie ist somit eine
Übungen zur hyperfunktionellen Dysphonie
nicht mehr leistungsfähige Stimme, auffallend
und zu Stimmlippenknötchen bzw. Phona-
durch unterschiedliche Grade von Heiserkeit,
tionsverdickungen sind auf S. 51 ff. nachzule-
Ermüdbarkeit, Räusperzwang, Hüsteln, Miß-
sen.
empfindungen am Hals und Kehlkopf und/oder
Fremdkörpergefühl.
Befundung
An den Stimmlippen läßt sich die Dysphonie
▬ Atmung:
entweder durch einen zu starken oder zu schwa-
häufig Thorakal- oder Klavikularatmung,
chen Muskeltonus erkennen.
d. h. Hochatmung.
In Anlehnung an Schwarz (1985) lassen sich ▬ Artikulation:
je nach Beeinträchtigungsgrad der Sprechstim- überwiegend eng, geringe Lippen- und Kie-
me zwei Störungsbilder unterscheiden, die Dys- ferbewegungen, mangelnde Artikulations-
phonie und die Aphonie: ausformung.
▬ Dysphonie (partielle Störung der Stimmbil- ▬ Stimme:
dung minimalen bis schwersten Grades): Stimmeinsatz hart, mittlere Sprechstimm-
– Stimme klingt nicht klar. lage erhöht, Stimmansatz hinten, unphysio-
– Stimme klingt nicht kräftig. logische Stimmabsätze, Tonhaltedauer evtl.
– Stimme ist nicht belastbar. verkürzt und Schwellton eingeschränkt,
– Sprechstimmlage entspricht nicht der erwar- Tonhöhenschwankungen; verspannte, hart
teten Norm. eingesetzte Stimme mit gequetscht heiserem
– Stimmbildung kann nicht jederzeit willent- Beiklang.
lich veranlaßt oder vermieden werden. ▬ Haltung und Tonus:
▬ Aphonie (totale Störung der Stimmbildung): Verspannungen der Gesichts-, Hals- und
– Sprecher flüstert, anstatt zu phonieren (Flüs- Schultermuskulatur, Hervortreten der Hals-
terstimme). venen, erhöhter Muskeltonus, eingeschränk-
– Keinerlei Stimme wird gebildet. te Körperbeweglichkeit.

Die Störung der Stimmbildung (im Sinne Mißempfindungen


von Störung der Stimmleistung) definiert man ▬ Räuspern, Druck, Trockenheit, Kitzeln, Hus-
logopädisch als die beeinträchtigte Fähigkeit ten, Schmerzen, Schluckzwang, Globus- und
bzw. die Unfähigkeit eines Menschen, die für Fremdkörpergefühl, starker Würgreflex.
die Lautbildung, den Wortgebrauch, den Satzge- ▬ Zu starke Funktion, zuviel Energie und Span-
brauch und die Sprachakzentuierung erforder- nung erzeugen die Preßstimme.
48 Kapitel 3 · Stimme

Verhaltensregeln Auftreten
▬ Evtl. Stimmruhe bzw. Krankschreibung bei ▬ Primär nach stimmlicher Überlastung, schwe-
Sprechberuf. ren Erkrankungen oder depressiven Verstim-
▬ Einschränkung des Stimmgebrauchs. mungen.
▬ Stimmtherapie! ▬ Sekundär als Folge eines ständig überbean-
(vgl. auch Wirth 1995, Franke 1991) spruchten Stimmorgans, d. h. Übergang von
Preßstimme (bzw. Hyperfunktion) zu Hauch-
3 Hypofunktionelle Dysphonie, stimme (bzw. Hypofunktion). Frauen sind hier-
Internus- und Transversusschwäche, von häufiger betroffen als Männer.
Phonasthenie (vgl. auch Wirth 1995, Franke 1991)

Übungen zur hypofunktionellen Dysphonie, 3.6 Therapie: Funktionelle Dysphonie


zur Internus- und Transversusschwäche sowie
zur Phonasthenie sind auf S. 102 ff. nachzule- Ziele und Regeln
sen.
Die Hauptziele aller Stimmübungen sind ein-
Befundung heitlich:
▬ Atmung: ▬ Über den ganzen Körper mit Atem und Stimme
flach, oberflächlich, ungenügende Atemstüt- in Resonanz kommen.
ze, hoher Luftverbrauch, verkürzte Ausatem- ▬ Überzeugen mit Sprache, Stimme und Körper,
dauer. d. h., Atem-Stimm-Koordination.
▬ Artikulation: Je nach Einzelfall lauten die Ansatzpunkte
verwaschen, eingeschränkt, eher vermin- konkret:
dert; undeutliche Aussprache, geringe Kie- ▬ Erhöhung der Belastbarkeit, Lebendigkeit der
feröffnung. Stimme, Klarheit der Stimme, sog. „Kalligra-
▬ Stimme: phie“ der Stimme;
Steigerungsfähigkeit fehlt; schwächliche, ▬ Aberziehung bestimmter Fehlleistungen so-
behauchte, belegte Stimme; schnelle Stim- wie Anerziehung der natürlichen Sprech- und
mermüdung, angestrengtes Sprechen; Stimmfunktion; dadurch Verbesserung des
Stimmeinsätze hauchig/weich; mittlere Kehlkopfbefundes (physiologische Stimm-
Sprechstimmlage kann erhöht sein, Piano- lippenbewegungen und vollständiger Stimm-
singen erschwert. Häufig Abknarren beim lippenschluß) sowie Abbau der Mißempfin-
Stimmabsatz. dungen.
▬ Haltung und Tonus:
Verspannungen der Artikulations- und Hals- 3.7 Übungen: Funktionelle
muskulatur sowie der Mimik; allgemeine Dysphonie
Schwäche, schlaffe Körperhaltung, oftmals
anlagebedingte Schwäche der Kehlkopfmus- Folgende Aspekte sollten bei allen Übungen be-
kulatur. achtet werden:
▬ Bei den praktischen Übungen ist auch die men-
Mißempfindungen tale Einstellung sowie die bewußte Zielsetzung
▬ Ermüdung, Mundtrockenheit. Schmerzen, wichtig.
Rachenenge, Fremdkörpergefühl, offenes Nä- Um eine Klangverbesserung zu erreichen,
seln. eine Klangentwicklung und Klangbildung
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
49 3
zu erleben, ist eine positive Einstellung zum hältnis in der Qualität des Stimmklangs. Dies
Erlernen einer neuen Atem- und Stimm- ist jedoch eher als günstiges Zeichen zu werten
technik unbedingt erforderlich. und gehört zum Prozeß der Besserung.
Mit der sog. Stimmgymnastik (den Stimm- Eine wechselnde Stimmqualität ist beson-
übungen) erreichen wir die Reinigung der ders bei Stimmlippenlähmungen festzustel-
Stimmbänder (Stimmreinigung). len, oft von Woche zu Woche, was jedoch die
▬ Alle Übungen, beginnend auf der Wortebene, Einstellung zum Gesundungsprozeß nicht
werden mit „innerer Beteiligung“ und körper- beeinträchtigen sollte ( s. Abschn. S. 197,
lichem Engagement ausgeführt. Um dem jewei- „Stimmlippenlähmung“).
ligen Wort- oder Satzinhalt Ausdruck zu verlei-
hen, sucht der Patient also nach verschiedenen Aufbau und Zusammenstellung
Ausdrucks- und Betonungsmöglichkeiten und
probiert diese aus. Lautgruppen
Die Intention läßt sich dabei durch Vorstel- Alle Übungen zur Dysphonie sind nach Laut-
lungshilfen unterstützen, aber auch durch gruppen geordnet. Grundsätzlich wird in der
Bewegung und Gesten. Lautlehre unterschieden zwischen Konsonan-
▬ Bei den Übungen sollte der Patient an den Ge- ten und Vokalen.
sprächspartner denken, also partnergerichtet Konsonanten lassen sich auf unterschied-
sprechen. Das Ziel ist Stimmigkeit zwischen liche Weise kategorisieren. Aus praktischen
Sprecher, Situation und Aussage. Gründen erfolgt die Einteilung hier gemäß dem
Intentionales Sprechen ist Sprechen mit un- folgenden Schema:
mittelbarer Ausdrucksabsicht, wodurch eine ▬ Hauchlaut: h;
Entlastung der Stimme entsteht. Es unter- ▬ Strömungslaute (Strömer): f, sch, ch, s (stimm-
scheidet sich also vom reinen Ablesen oder los);
Nachsprechen. ▬ Klinger:
▬ Die Stimmübungsanteile im Gesamtkonzept – Vollklinger m, n, ng, l;
der Therapiestunde sollten zeitlich gut geplant – Halbklinger w, s, (stimmhaft), j (stimmhafter
und eher kurz als zu lang sein. Es kann leicht zur Reibelaute);
Überlastung kommen, welche sich durch Räus- ▬ Explosivlaute (Plosive): b, d, g, p, t, k,
pern, Kratzen und Stimmverschlechterung aus- Vokale werden in drei Gruppen unterteilt:
drückt. Die noch unfertige Funktionsänderung ▬ Selbstlaute: o, u, a, e, i;
kann hier noch nicht stützend und schützend ▬ Umlaute: ö, ü, ä;
eingreifen. Für Patient und Therapeut stellen ▬ Diphtonge: ei, au, eu.
solche Überlastungssymptome dann oftmals
eine Enttäuschung dar. Die einzelnen Lautgruppen sind im folgen-
Bei der Stundenplanung sollte man Stimmü- den entsprechend ihrer therapeutischen Funk-
bungen mehr in die Stundenmitte oder nach tionalität jeweils den Übungseinheiten
verlängerter Aufwärmphase gar an das Stun- ▬ hyperfunktionelle Dysphonie bzw.
denende stellen. ▬ hypofunktionelle Dysphonie

> Die Grundregel für die Planung lautet:


zugeordnet. Zu Beginn dieser Einheiten erfolgt
Wechsel zwischen Übung und Erholung.
dann nochmals eine ausführliche Erläuterung
▬ Oft hört man in der Übungssituation im Ver- der relevanten Laute. An den Übungsabschnitt
gleich zum Spontansprechen noch ein Mißver- zur hypofunktionellen Dysphonie ist außerdem
50 Kapitel 3 · Stimme

eine separate Einheit zum Thema Stimmabsatz, ▬ Einsilber: kurzer Vokal im Inlaut, Klingerab-
„Abknarren“; ( s. S. 142) angegliedert. Dort fin- satz;
den sich auch Übungen zum gemeinsamen Trai- ▬ Zweisilber: langer, kurzer Vokal, Klingerhäu-
ning von Stimmeinsatz und Stimmabsatz. fung;
Hier noch einige generelle Informationen ▬ Zweisilber: Vokalabsatz;
zum Einsatz der jeweiligen Lautgruppen in den ▬ Mehrsilber: unterschiedlicher Stimmabsatz.
einzelnen Übungseinheiten:
3 Die Übungen zur hyperfunktionellen Dys- Natürlich kann dieses Prinzip nicht generell
phonie beginnen mit dem dem Pressen kei- bei allen Übungen beibehalten werden. Auch
ne Möglichkeit bietenden und störungsfreien vermischen sich teilweise die Stimmeinsätze bei
Hauchlaut h bzw. den Strömungslauten f und Minisätzen und Redewendungen.
sch. Diese Laute bieten bei allen Störungsbil- Die wenigen Laut- und Silbenübungen die-
dern den leichtesten Einstieg in die Stimmthe- nen nur dem Einstieg, zur Funktionsänderung
rapie. Erst danach folgen die anderen speziellen bzw. zum Erlernen der Technik, da sie ansons-
Lautgruppen. ten „sinnlos“ sind und daher keine Intention
Als Wortinlaute werden zunächst kurze Vo- ermöglichen.
kale eingesetzt, um so die „Federung“, d. h. das
Federn von Zwerchfell und Kehlkopf, zu erarbei- Wortgruppen, Minisätze,
ten ( s. auch Abschn. S. 15, „Atmung“). Rufübun- Redewendungen
gen im Imperativ lösen ebenfalls die Federung Bei den sich anschließenden Wortgruppen, Mi-
aus (Fernau-Horn 1955). Die Wortgruppen mit nisätzen und Redewendungen werden bereits
den dunklen Inlauten o, u, ö und ü bringen in Vokaleinsätze „eingebettet“. Da diese am häu-
besonderem Maße die Artikulation nach vorn. figsten rauh, verkratzt, gepreßt oder verhaucht
Sie sind auch vom Klang her weniger störungs- klingen, bedürfen sie auch einer längeren Kor-
anfällig und senken die Stimmlage. rekturphase. Man beginnt also schon hier, sie zu
Generell gilt für alle Übungen zum Stimmein- verbessern.
satz, daß zu Therapiebeginn Wortübungen mit Beim Klingereinsatz kann das Preßphäno-
Plosivendlaut stehen sollten. Dadurch ist das men nicht so stark auftreten. Die Stimme ist
Abspannen leichter zu erlernen. jetzt beteiligt, und ein Empfinden für Klang und
Zum Aufbau der einzelnen Übungseinhei- Resonanz wird geweckt. Dieser weiche Klang
ten in diesem Kapitel: Die Abfolge der Übungen wird auf die nachfolgenden Vokale übertra-
gehorcht auch hier wieder dem Prinzip „vom gen.
Leichten zum Schweren“. Die Einzelübungen Dies betrifft auch die Ableitungen Klinger
sind daher folgenden Kategorien zugeteilt: – Vokal, wobei der Klinger die „Vorbereitung“
▬ Wortebene, übernimmt.
▬ Wortgruppen, Minisätze,
▬ Redewendungen und Sprichwörter, Satzebene
▬ Satzebene, Die Satzebene ergibt sich aus der freien Zusam-
▬ Verse und Textebene. menstellung der Wortgruppen oder z. B. aus den
Zungenbrechern ( s. Kap. 4, „Artikulation“), bei
Wortebene denen es zu einer Häufung bestimmter Initial-
Der Stimmeinsatz mit jeweils gleichem Anlaut laute kommt.
wird in 5 Gruppen geübt:
▬ Einsilber: kurzer Vokal im Inlaut, Plosivabsatz;
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
51 3
Verse und Texte Hauchlaut h und Strömungslaute
Bei Versen und Texten ist die Zuteilung zu be- f, sch, ch1
stimmten Lautgruppen nicht unbedingt einheit- Die Benennung dieser Laute ist identisch mit
lich, jedoch ist eine Annäherung immer erkenn- „Hauch“ und „Strömer“ (Reibe-, Fließ-, Zisch-,
bar. Bis zu diesen Inhalten ist der Patient bereits Blase- und Geräuschlaute)
mit der speziellen Technik vertraut und hat ein
Gefühl für den Stimmklang entwickelt. Einsatz
Es sei erwähnt, daß das Sprechen von Texten Der Hauchlaut h und die Strömungslaute f, sch,
und Lyrik Emotionen wecken kann. Befreiende, ch1 werden in Übungen zur Therapie hyper-
freudeschaffende Wirkungen hinterlassen letzt- funktioneller Störungen eingesetzt.
endlich auch ein positives Gefühl.
Bewußt habe ich die Texte der klassischen Bildung der einzelnen Laute (Reusch
Sprechschule, z. B. aus „Der kleine Hey“ (Reusch 1971, Saatweber in Grohnfeldt 1994)
1971), vermieden und mehr moderne Lyrik ver- Der Hauchlaut h wird mit weit geöffnetem Mund
wendet. gebildet. Die Luft entströmt fast geräuschlos, da
kein Widerstand an den Stimmlippen oder Ar-
Hyperfunktionelle Dysphonie tikulationsorganen entgegengesetzt wird. Dies
geschieht ohne Beteiligung des Stimmorgans.
Die Therapie der hyperfunktionellen Dyspho- Der Rachenraum ist dabei geweitet.
nie sollte nach dem Prinzip der „weichen Wel- Das h gibt dem folgenden Vokal die artiku-
le“ angelegt sein. Der Therapeut sollte daher bei latorische Einstellung, um dessen Einsatz weich
Auswahl und Durchführung der Übungen auf und offen zu ermöglichen.
ein sanftes Vorgehen achten und Überbelastun- Die Strömungslaute f, sch, ch1 (ch2) werden
gen vermeiden. ebenfalls ohne Stimmbeteiligung gebildet. Im
Konkret läßt sich die „weiche Welle“ mit Ansatzrohr wird jedoch an unterschiedlichen
Hilfe der „Schonstimme“ realisieren, die Tro- Artikulationsstellen Widerstand entgegenge-
jan (in Gundermann 1991) folgendermaßen setzt und ein Geräusch gebildet, welches lautty-
beschreibt: pisch ist.
Das h bildet einen Übergang vom Vokal-
Die Schonstimme ist gekennzeichnet durch weiche Einsätze,
zum Konsonantengebiet. Es entsteht entweder
leichte Schwellklänge, geringen muskulären Tonus, gleich-
mäßig-ruhige, wenig frequente Atmung, Dominanz des vo-
durch ruhige oder stoßweise Ausatmung mit
kalischen Elementes, behaglichen Ruhegenusses und fried- weit geöffnetem Rachenraum, wobei das geho-
licher Weltverbundenheit. bene Gaumensegel den Weg in die Nasenreso-

⊡ Tabelle 3.1. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei hyperfunktioneller
Dysphonie

Technik Ableitung Silben Wort Minisätze

Federung und Haucheinsatz hopp Halt! Hört her!


Abspannen Strömereinsatz fopp Schallt! Fahr fort!
(s. Atmung) Klingereinsatz mop Macht! Mach mit!
Vokaleinsatz op Acht! Ach ihr!
52 Kapitel 3 · Stimme

nanz absperrt. Die Zungenlage ist die gleiche Bei der Bildung des Lautes f sollte man vor
wie beim a, so tiefliegend wie möglich. Im übri- allem im Sprachfluß auf eine nicht zu rasche
gen sollte der Hauch sozusagen auf dem „Null- bzw. übertriebene Entleerung der Lungen ach-
punkt aller Artikulation und Phonation“ frei ten. Daher ist die f-Bildung zunächst durch rich-
strömen. tige Lungen- und Zwerchfelltätigkeit zu regeln,
Der Stärkegrad des h ist im Anlaut unter- wobei es vor allem auf einen einwandfreien
schiedlich, je nach der Kürze oder Dehnung der Stimmlippenschluß ankommt.
3 Worte (z. B. Hast, Hehl). Beim Laut sch ist nur darauf zu achten, daß
der Raum im Rachen und ebenso zwischen Zun-
> Das Hinüberziehen des Hauchlautes über
ge und hartem Gaumen möglichst weit ist, da-
den nachfolgenden Vokal sollte vermieden
mit sich der anschließende Vokal oder Klinger
werden.
klangvoll entfalten kann. Das sch verbindet sich
Bei den Strömungslauten f, sch, ch1 wird ein leicht mit allen anderen Lauten, besonders mit
intensiver Einsatz der Atem- und Zwerchfell- den Klingern. Für sich allein betrachtet, drückt
muskulatur notwendig. Die beteiligten Artiku- das sch als Anlaut etwas anderes, kräftiges aus
lationsstellen sollten sich in einem eutonen als in Verbindung mit den Klingern.
Muskeltonus befinden. Übungen mit diesem Beim Laut ch wird ein vorderes (ch1) und ein
Einsatz bieten einen guten Einstieg in die Stim- hinten gelegenes ch (ch2) unterschieden. Das
marbeit, ohne eine Überspannung zuzulassen. vordere schließt an die hellen Vokale bzw. an das
Sie unterstützen auch die noch ungenügende j der Klingergruppe an, das hinten gelegene an
Atemtechnik und verbessern indirekt die Arti- die dunklen Vokale bzw. an die Gaumenlaute.
kulation. In den folgenden Übungsgruppen sind h, f,
sch, ch1 nur als Anlaute von Bedeutung. Als In-
laute oder Auslaute sind sie zunächst nicht re-
levant.
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
53 3
Ziele und Wirkung Einstiegsübungen zum schwierigen
▬ Vermehrte, dosierte Luftabgabe. Vokaleinsatz
▬ Aktivierung der Atemmuskulatur. Mit Hilfe dieser Übungen lassen sich alle Vo-
▬ Verlängerung der Ausatmung. kale vorbereiten. Um das Gefühl eines weichen
▬ Vertiefte Einatmung infolge verlängerter Aus- Stimmeinsatzes zu erlangen, sollte der Patient
atmung. in der folgenden Übung das „(h)“ nur angedeu-
▬ Vorbereitung der Resonanzräume durch Weit- tet und überlüftet sprechen und keine Federung
stellung im Ansatzrohr. einsetzen:
▬ Schaffung von Klangraum für nachfolgende
Vokale.
hum – (h)um – um
▬ Weicher Stimmeinsatz bzw. Vorbereitung dar-
auf. hom – (h)om – om
▬ Verbesserte Atem-, Artikulations- und Stimm-
spannung.
▬ Spannungsabbau. Bei folgender Einstiegsübung wird die Silbe lei-
▬ Anregung des Kreislaufs (Saatweber, in Grohn- se gesprochen und der Vokal in normaler Laut-
feldt 1994). stärke:

Da unsere Sprache nicht nur auf Hauch und


he – e hi – i
Strömungslauten basiert, werden bei der hy-
perfunktionellen Dysphonie ebenfalls Klinger-,
Plosiv- und besonders Vokaleinsätze erarbeitet, Alle folgenden Übungen sollten in senkrechter
auch wenn diese dem Störungsbild Hypofunk- Reihenfolge erarbeitet werden, wenn es nicht
tion zugeordnet sind ( s. S. 125). durch den waagerechten Pfeil gekennzeichnet
ist (Wortgruppen).
54 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Hauchlaut h

Halt Holm holen Holland

Hort Horn heulen Hoheit

Hund Helm heilen Hofhund

3 Hast Halm * Hochmut

Hand Hohn Hallen Humbug

hot Huhn Hüllen Hornhaut

Heck Hahn Hellen Haushalt

Heft hohl Hummel Herrschaft

Hecht Heim Hummer Halbzeit

hofft Hall Hammel Hühnerhund

helft hell Himmel Hirtenhund

Hirt hin Hammer Hofhaltung

hüpft * hämmern Hinterhalt

* Huf Husum Hausherr

Hut Hof Hunger Hühnerhof

Hieb Heer Hasel Haselhuhn

Held Haar Hafen Heuhaufen

heilt hier Handel Heißhunger

heult hilf Haufen Herrenhaus

heißt Haß helfen Handelshof

Haut Haus Hopfen himmelhoch


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
55 3
Wortebene: Strömer f/v

Fett voll Fohlen Fuhre Fagott

fit Fall fehlen Folge Flußbett

Fund Fell fahren Fähre Falsett

Feld fang Faden Fahne Faulheit

Fakt Film Farben Fuge Fahrrad

fest faul fasten Feige Fehlzeit

Faust Föhn Faser Fango Flohmarkt

Feind Faun Fehler Fondue Frühstück

feucht Farn Feuer Farbe Frühsport

Fleck fein Fenster Foto Fahrzeit

Flak fair Finger Fete Freiheit

Flirt Faß Feier Fährte Freiland

flink Fluß Führer Feinde Flachland

Flucht fix Feder Füße Frankfurt

Front frech Fasan Ferse Farbband

Frust fahr fauchen Freude Fettsucht

Frack Fuß fliegen Fülle Falschheit

Fracht Flur Frieden Fälle Frischluft

Fjord Floß fahnden Finne Fischzucht

Flug fiel finden Falle Farnkraut

Volk feil Veilchen Fehde Vogelnest


56 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Strömer sch/s/sp/ch1

Schock Schall Schule Schottland Sportplatz

Schutt schnell Schale Schloßhund Speckbrot

Schuft schrill Schiene Schonzeit Spucknapf

3 Schuld schon Scheune Schafbock Sperrholz

Schild schön Schere Schauplatz Spielzeug

Schund Schal Schelle Schlußlicht Sparbuch

Scheck Schaum Schande Schießstand Spankorb

Schalk Scham schämen Schönheit Spülstein

schickt scheel schauen * Sprühkopf

schallt Schein scheinen Stockstadt Spreewald

Schrott Schwein schielen Sturmwind Sprichwort

Schreck Schuß Schulung Stadttor Sprungbrett

Schrift Schluß Schonung Standpunkt Sprachschatz

Schrank Schloß Scheidung Stirnband Springflut

Schlick schroff Schenkung Steinschlag *

Schnitt schließ Schemel Stützpunkt China

Stock Schlaf Schimmel Stahlnetz Chemie

Stadt Schnur Schinken Stinktier Chinese

Speck Schmach Schenkel Sturmtief Chinin

Sport schmal Scherben Steckbrief Chirurgie

Specht Charme schellen Stierkampf Chilene


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
57 3
Minisätze: Hauch h – Strömer f

hü hott Flickflack

hol her fahr fort

heb hoch fang Vieh

hör hier her Feste feiern

Hans hört hin frische Farben

Hans holt Hut feine Früchte

halt Hut hoch vom Feinsten

hier heult Hund fast Faust

Hund heult hoch frei Haus

hier hockt Has’ flieg hoch

Has’ holt Heu Frühstück fertig

Has’ hüpft hoch falsche Freunde

hopp hopp hopp fliehe, mein Freund

Hunde heulen vieles, nicht vielerlei

Horden hausen *

heilen helfen Fritz fängt Fisch

heilende Hände Frau fand Fisch

hohe Hecken Fisch frißt Floh

höllischer Haß Fritz feixt frech

himmlische Heerscharen flink fängt Fritz

Hamburg Hauptbahnhof Fisch voll Floh


58 Kapitel 3 · Stimme

Aufbau von Wort- zu Satzebene: Hauch h – Strömer f/sch

hört

hört her

hört hier her

3 hört halt hier her

hier hört Hasso hin

Hallo hier hören Hörer hin

faß

faß Fips

Fips faßt flink

faß flinker Fips

faß fest flinker Fips

Fips fängt flink Försters Feind

schieß

schieß schon

schieß schon schnell

Schalke schießt schnell

schnell schießen Schüsse

Schuster schießt schnellen Schuß

Schnellinger schoß schon schnellere Schüsse


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
59 3
Wortebene: Hauch – Strömer mit Vokalinlaut
Bei dieser Übung ist zu beachten: Beginnend auf der Wortebene (zusammengesetzte Wörter=
Komposita) mit Hauch- oder Strömereinsatz, stellt der Vokal im Inlaut das eigentliche Ziel dar.

Hochamt Fundort Schulanfang

Hochaltar Funkuhr Schutzengel

Hutablage Fernost Schuhanzieher

Hofeinfahrt Fußangel Schachteinfahrt

Hühnerei Flugente *

Handarbeit Fallobst Standort

Haaransatz Flußufer Stemmeisen

Hausanteil Feinarbeit Staranwalt

Hauptaufgabe Fischotter Stadtarchiv

Herbstanfang Fettanteil Stahlarbeiter

Hosenanzug Feierabend Stauballergie

Handauflegen Fachausschuß *

Handelsembargo Ferienanfang Sportanlage

Herrenausstatter Feueranzünder Spargelanbau

Heilungsenergie Fuhrunternehmen Spätentwickler

Hilfsarbeiter Vollendung *

hocherfreulich Volksauflauf Streuobst

Happy End Viereck Streicheleinheit


60 Kapitel 3 · Stimme

Redewendungen: Hauch – Vokal – Hauch


Bei den folgenden Redewendungen ist der Vokaleinsatz u bzw. i, eingebettet zwischen Hauch und
Strömer, das Ziel.

Haus und Hof hell und heller

hin und her hoch und höher


3 Haut und Haar Heil und Hilfe

Hahn und Huhn hübsch und häßlich

Hand und Herz hart und herzlich

hoch und heilig Harry und Hella

halb und halb Höhen und Hügel

Haus und Hund Himmel und Hölle

hick und hack helfen und heilen

hü und hott hüpfen und humpeln

Hirt und Herde hauchzart und haushoch

Hemd und Hose Helden und Halunken

Hirn und Hand Homer und Hesiod

Heu und Hafer Harmonie in Holz

Hund und Hirte Husten im Herbst

Hund und Hütte Hand und Fuß

Hand aufs Herz Hieb und Stich

Heinz und Hilde Hülle und Fülle

hier und heute Herz und Schmerz

hin ist hin Hand im Spiel


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
61 3
Redewendungen: Strömer – Vokal – Strömer
Auch beim Einsatz f und sch gilt der Vokal als Ziel.

Feld und Flur flink und schnell

Fisch und Fleisch Frost und Schnee

Filz und Fett früh und spät

Film und Funk *

faul und fleißig Sport und Spiel

Fun und Fitness Spiel und Spaß

Form und Funktion Sprechen und Schreiben

Feuer und Flamme *

führen und folgen Schuh und Strumpf

Freund und Feind Schiff und Strom

fit und frisch schroff und stumpf

frisch und fruchtig *

Film und Fernsehen Staunen und Stimmung

Funk und Fernsehen Stock und Stein

vier und fünf Stahl und Strahl

Fritz und Franz stur und starr

finden aufs verlieren stark und schwach

fangen und fressen *

Form und Farbe schauen und staunen

verlieben und freuen Schippe und Spaten

verlieren ist Verlust schieben und stoßen

fällt und hält Schnaken und Schnurren


62 Kapitel 3 · Stimme

Redewendungen: Hauch – Vokal – Klinger, Strömer – Vokal – Klinger

Hopfen und Malz schnell und langsam

heute und morgen Stadt oder Land

hoch und nieder Stille und Lärm

3 hart und weich schwarz auf weiß

Herz und Lunge Schal und Jacke

Herbst und Winter Schaufel und Lappen

Handel und Wandel Schutt und Müll

hungrig und satt schreiben und malen

Hose und Jacke *

Haus und Wohnung Vater und Sohn

Hut und Mantel von und mit

hoch und lang viel und wenig

hier und jetzt für und wider

heiß und warm Feuer und Wasser

hell und sauber Frauen und Männer

Herz und Seele fett und mager

hübsch und jung Ferien auf See

heulen und lachen fegen und moppen

hassen und lieben forsch und sanft

hoffen und warten froh und munter

husten und niesen flink und lustig

honey and milk steil und mächtig


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
63 3
Wortgruppen: Hauch – Klinger – Vokal (Ableitung)
Diese Übung beginnt ebenfalls mit Haucheinsatz, der nachfolgende Klingereinsatz bildet dann die
„stimmliche Brücke“ zum Vokaleinsatz.

h h

hopp Mopp ob Horden Norden Orden

Hund Mund und Hammer Jammer Ammer

Hort Mord Ort Hallen wallen allen

Halt Wald alt Hellen Wellen Ellen

hißt mißt ißt hinnen Linnen innen

Hamm Lamm am halten walten Alten

hin Sinn in Hände Wende Ende

Haß laß Ass Hechte Nächte echte

Haus Laus aus Horen Mohren Ohren

Heer Meer er hoben loben oben

Hauf lauf auf heilen Meilen eilen

heiß Mais Eis haben laben Abend

hier mir ihr Heine meine eine

Hai Mai Ei Heere Meere Ehre

Hast Last Ast Herde werde Erde

Hain mein ein heute Leute Euter

hat matt ad heben leben eben

hebt webt ebbt Henne Männe Änne

Hacker Macker Acker heiter weiter Eiter


64 Kapitel 3 · Stimme

Wortgruppen: Strömer – Klinger – Vokal (Ableitung)


Auch hier bildet der Klinger die „Brücke“ zum Vokaleinsatz.

h h

fort Wort Ort Schund wund und

Fund wund und Schoß Moos Oos


3 Fall Wall All Schal Mahl Aal

Faß was Ass schier wir ihr

fahr war Ar Schnur nur Uhr

fein Wein ein Schnoor Moor Ohr

Vim Wim im Schacht Nacht acht

fing sing Inge Schale Wale Aale

fallen wallen allen Schere Leere Ehre

Felle Welle Elle Schelle Welle Elle

Feste Weste Äste Schimmer nimmer immer

fanden wanden Anden Scheibe Leibe Eibe

Finder minder Inder Schienen Minen ihnen

Fahnen mahnen Ahnen Schären nähren Ähren

flehen Lehen Ehen schaffen Laffen Affen

faden Waden Aden Schleiche weiche Eiche

Fährte Werte Erde schweigen neigen eigen

Feind meint eint schwirren Wirren irren

Feder weder Eder stumm Mumm um

fast Mast Ast Stahl Wal Aal

volle Wolle Olle Spann Mann an


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
65 3
Lyrik: Hauch – Strömer

Das hallende H

Hör, wie zwischen Bergeshöhen

hallend Ruf und Echo schallt!

Hör die heitren Winde wehen,

hör den Hauch des Winds im Wald.

Hör, wie’s schallt! Hör, wie’s hallt!

Hör, wie’s schallt! Hör, wie’s hallt!

Hör den Hauch des Winds im Wald.

Hör den Hahn im Hofe krähen,

hör des Habichts heisren Ruf,

hör die Sichel Hafer mähen,

hör des Rosses hohlen Huf.

Hahnenkrähn! Habichtsruf!

Hähnenkrähn! Habichtsruf!

Hör des Rosses hohlen Huf!

Hör und horch dem Schall und Hall

hier und da in Hain und Feld.

Hauch und Atem ist in allem.

Hell und heiter ist die Welt.

Hauch und Hall! Hain und Feld!

Hauch und Hall! Hain und Feld!

Hell und heiter ist die Welt.

(J. Krüss 1989)


66 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Hauch

Die Luftleiter

Hell und luftig, leicht und heiter

An den Horizont gestellt,

3 Hält das H uns eine Leiter

Zwischen Himmelszelt und Welt.

Hoch zieht hier der Habicht Kreise,

Unter ihm ein Häher schreit.

Hundert Hummeln summen leise.

Sommerzeit ist Honigzeit.

Hier auf Erden, zwischen Höhen,

Zwischen Hügel, Hang und Hain

Haben Menschen Häuser stehen

Schmal und breit, hoch und klein.

Haus und Heim und Herd und Halle,

Hütte, Hof und Hecke sind

Heimat für uns Menschen alle,

Halt und Hort im harten Wind.

Hell und luftig, leicht und heiter

an den Horizont gestellt,

hält das H uns eine Leiter

Zwischen Himmelszelt und Welt.

(unbekannt)
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
67 3
Lyrik: Strömer – Vokal

etüde in f

eile mit feile eile mit feile

eile mit feile auf den fellen

eile mit feile feiter meere

durch den fald feiter meere

durch die füste falfischbauch

durch die füste falfischbauch

durch die füste fen ferd ich fiedersehn

bläst der find falfischbauch

falfischbauch falfischbauch

falfischbauch fen ferd ich fiedersehn

eile mit feile fen ferd ich fiedersehn

eile mit feile falfischbauch

auf den fellen fen ferd ich fiedersehn

feiter meere falfischbauch

auf den fellen falfischbauch

feiter meere ach die heimat

eile mit feile ach die heimat

auf den fellen fen ferd ich fiedersehn

falfischbauch ist so feit

falfischbauch
(E. Jandl 1979)
68 Kapitel 3 · Stimme

Klinger Bildung der einzelnen Laute (Reusch


Klinger werden unterteilt in Vollklinger und 1971, Saatweber in Grohnfeldt 1994)
Halbklinger: Die Klinger m, n und ng gelten als „leichte“ Lau-
▬ Vollklinger sind l und die Nasallaute m, n, und te.
ng; Am leichtesten von allen Klingern ist wohl
▬ Halbklinger sind die stimmhaften Reibelaute das m zu sprechen, wie wir schon aus der ersten
w, s (stimmhaft) und j. (Nach Steiner [in Dre- Lautbildung des Kindes wissen. Die Artikulati-
3 her 1983] handelt es sich beim l um einen Wel- onsorgane sind fast untätig: die Zunge in Ruhe-
lenlaut und beim s um einen Säusellaut). lage, die Lippen geschlossen.
Der Klinger n hat im Vergleich zum l ein ge-
Der Halbklinger r wird hier ausgelassen und ringeres Klangvolumen, ist jedoch für die Aus-
gesondert behandelt (s. S. 92, „Halbklinger“). bildung der Resonanz, besonders der Nasenre-
sonanz, wichtig. Die Stellung von Lippen und
ⓘ Definition
Kiefer ist beliebig.
Bei der Lautgruppe der Klinger wird die der
Das l hat von allen Klingern das stärks-
Lunge entströmende Luft an den Stimmlippen
te Klangvolumen. Es steht daher an der Spitze
in Schwingung versetzt. Es entsteht ein Ton. Je
dieser wichtigen Lautgruppe. Die Bildung bietet
nach Lippen-, Kiefer- und Zungenstellung wird
keine Schwierigkeiten, die gehobene Zungen-
der gebildete Ton zu einem Klinger.
spitze drückt sich nur energisch gegen die obere
Eine gute Resonanz entwickelt sich, wenn Zahnreihe.
das Ansatzrohr geweitet ist. Je weiter und durch- Nach Steiner bringt der „Wellenlaut“ l die
lässiger die Resonanzräume sind, desto schwin- Sprache in Fluß; er wirkt „sprachlösend“, be-
gungsfähiger werden sie, und die Schwingungen sonders am Wortende, sowie lockernd bei Ver-
verbreiten sich im ganzen Körper. Die Luft sollte spannungen; er hänge stark mit allem Flüssigen
dann gleichmäßig abgegeben werden, d. h., der zusammen (in Dreher 1983).
Atemstrom, der die Stimme trägt, muß fließend, Der Laut ng wird in Übungen nicht einge-
ohne Unterbrechungen den Stimmklang tragen. setzt, da er als Anfangslaut kaum auftritt, son-
Klinger und Halbklinger verursachen Kopf- dern zumeist als In- oder Auslaut. Er wirkt je-
vibrationen, das Gehirn wird besser durchblutet doch resonanzverstärkend.
und von Ermüdungsstoffen befreit, der Druck Der Halbklinger w schließt sich an das dunk-
im Kopf entweicht. Man spürt die Vibrationen le Vokalgebiet an. Er entsteht durch Unterlip-
an der Schädeldecke, an den Wangenknochen penschluß mit der oberen Zahnreihe und durch
und im Kieferbereich, im Nacken und am Hals, tönende Erregung der Stimmbänder. Dabei bil-
an Brustbein und Rücken. Es entsteht ein spon- den Ober- und Unterlippe einen Breitenschluß,
tanes Bedürfnis nach geistiger Leistung. so daß der dunkle Stimmklang gleichsam an
den Rändern der tiefliegenden Zunge vorbeist-
Einsatz reicht und die Unter- und Oberlippe zugleich in
Übungen mit Vollklingern und Halbklingern Vibration versetzt.
werden ebenfalls bei hyperfunktionellen Stö- Unsere Sprache kennt das weiche (stimm-
rungen eingesetzt. hafte) und das scharfe (stimmlose), verdoppelte
s. Der Unterschied dieser beiden Laute besteht
darin, daß beim scharfen s die Ausatmung und
die Hebung des Unterkiefers verstärkt wird. Als
Urlaut wirkt das s klangsymbolisch entweder
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
69 3
beruhigend oder, bei stärkerer Phonation, auf- Summübungen
scheuchend.
Während das w an den dunklen Vokal u an-
schließt, entspricht die Artikulation des j pho- Lautebene: Klinger, Halbklinger
netisch dem hellen i. Der vokale Anschluß soll
rasch und ungezwungen sein, jedes tönende
m h l h
Verweilen auf dem j klingt unnatürlich. Stets
n h w h
muß der Nachdruck auf dem folgenden Vokal
ng h j h
liegen (nicht hinüberziehen!).
s h (stimmhaft)
Ziele und Wirkung

Silbenebene: Klingerketten
▬ Dosierte Luftabgabe.
▬ Lockerheit in Atem- und Artikulationsmusku- momomomomom
latur. monomo – sunuwu
▬ Steigerung der Atemkraft (Zwerchfellstütze). nunonanenin
▬ Resonanzerschließung von Kopf, Brust und neuneuneuneuneun
Leib. naneningnanening
▬ „Durchlässigkeit“ im Organismus, Gefäße wer- mingmongmangmeng
den erweitert. nangnengningnongnung
▬ Die Durchblutung wird angeregt. mamomengmamomin
▬ Schwingungsfähige Stimme. nanening – nangnengning
▬ Verlängerung der Phonation. monongmunung
▬ Weicher Stimmeinsatz.
▬ Klangverbesserung.
▬ Verbesserter Stimmlippenschluß. Silbenebene: Klingerwechsel
▬ Spannungen werden gelöst: Beruhigung – Ent-
m – n – ng h
spannung – Eutonus.
ng – n – m h
▬ Mikromassage der Thoraxmuskulatur, Ver-
wo – lo – no? wo – lo – noh.
schleimungen lösend.
mo – lo – so? wo – lo – ngoh.
▬ Resonanzraum schaffen, Seiten in sich zum
mo – om – om – om – om – om
Schwingen bringen.
ma – am – me – em – mi – im
▬ Resonanzwahrnehmung an Kopf, Gesicht,
Brust, Nacken, Rücken.
(Saatweber in Grohnfeldt 1994)
Kauübungen
Einstiegsübungen zur Resonanzverbes- mnjang – mnjeng – mnjing – mnjong
serung – mnjung
Als Einstiegsübungen sind Summ- und Kau- ning – neng – nang / nein – nein – nein
übungen zu empfehlen.
70 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Klinger m

Mopp Moll Mühlen Momo Monat

Most Mull Meilen Mumie Musik

Mund Müll malen Mole Moment

3 Mast Mumm maulen Muli Muskat

Mist Mann Mienen Maja Mammut

matt Mais Mähnen Mainau Mondlicht

mild Muff Murmel Meile Mahlzeit

Markt mich Möhren Mensa Mehrheit

merkt Maus Mangel Molle Münzwert

Macht Milch München Mama Machtwort

mischt Mohn Mannheim Minne Monolog

Matsch Maul Mahnmal Messe Musikus

Mut Mehl Möbel Mühe Monument

Mond mal Moslem Muräne Mohammed

Magd mein Mammon Melanie Magistrat

Mops Moos Monsun Monarchie Murmeltier

Minisätze: Klinger m

Monat Mai mit Marmelade

Media Mix mein Milchmann

Moment mal mehr Männermode

Mister Mint muntere Melodien


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
71 3
Wortebene: Klinger n

Nick Not Nomen Nora Notzeit

Nepp Nut Namen Nero Neumond

nett Naht nehmen Nina Nachricht

nennt näht Nasen Norma Netzhaut

nimmt Niet Nelson nanu Neuland

nicht Neid nochmal Note Neuzeit

Nacht nehmt nobel Nonne Narrheit

neckt nach Nabel Nanni Nautik

nackt Napf Nebel Nymphe Nutzbarkeit

Null Netz Nummern Nähte Nachschub

nimm Nuß Neigung Nichte Notenblatt

Norm naß Nutzen Neige Narrenzeit

nein noch Nullen Nelke Niederschlag

Minisätze: Klinger n

nicht neu nach Noten

nimm nur nichts Neues

noch nicht neues Niveau

nenne neun Namen natürliche Nahrung

nur nicht nachgeben nette Nachbarn


72 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Klinger l

Lump Lohn lohnen Luna Logik

Lust Lahn Lungen Luke Laptop

Luft Lehm Lumpen Lisa Luftdruck

3 Last Leim loben Löwe Lautschrift

List lahm London lose Laubwald

Land Lärm Lösung Locke Löschblatt

Licht Lamm Leinen Latte Lichtpunkt

leicht lang lernen Liste Landschaft

lacht lauf lieben Lampe Lappland

laßt leis laufen Lunte Lehrzeit

lind laut Laster Linde Liedtext

Lob laß locker Lena Lehnwort

Leib Lech Lüster Leine Liebeslied

Lied Laus Luder Lira Leidenschaft

lieb Lars leider Laie Leichtathlet

lebt lies lodern Lanze Lebenszeit

labt links Leder Lage Liegenschaft

Minisätze: Klinger l

leuchtende Lohe langes Leben

liederlicher Lump lauter Liebeslieder

Lebenslust lernen liebliche Landschaft


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
73 3
Wortebene: Klinger w

Wort Wum wollen Woge Wehmut

Wirt wenn wallen Wolga Wismut

Wicht Wall Wellen Wodka Weisheit

Wucht will Willen Wende Wahrheit

Wacht Wohl Wonnen Winde Weihnacht

Wind Wahl Wannen Weide Wehrmacht

Wink Wein Wangen Waage Wohnzelt

Welt was weinen Wege wohnhaft

Wald weiß Wunden Wiege Wohlstand

West wirf wimmern Wüste Weingut

Weck weich wundern Westen Waldstück

Wut wach wandern Wabe Wiegenlied

World wisch weigern Weiche Wanderzeit

Wand Wunsch wühlen Wache Wunderland

wund Wams wohnen Wette Weizenfeld

Minisätze: Klinger w

wahnsinnig witzig wogende Wiese

wie weiße Weihnacht wohlig warm

wer war Wotan weiche Welle

wie, was, wann, wo wilder Westen


74 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Klinger s

satt summ summen Sohle Soldat

Sack soll sonnen Silo Sonntag

Samt Sinn sinnen Susi Solist

3 Sand sann Semmel Sahne Salat

Saft sing Sesam Saale Senat

Sucht Sohn Sisal Seele Sulfat

soft Suhl Sensen Sauna Selekt

sacht Saal sausen Simba Sirup

Sound Saum säuseln Samba Seenot

Sicht Sumpf Saison sorry Sintflut

Sekt Salz Salon Sinai Sandbucht

säuft süß Serail Safari Sehnsucht

Minisätze: Klinger s

Seite sieben setzen sie sich

sind sie sicher sechsteilige Serie

sänftige seinen Sinn sie suchen Sicherheit

Sonne seines Sieges sicher sonnen – Sonnenschein

seine sieben Sachen suchen sie singt softy Songs


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
75 3
Wortebene: Klinger j

Jet Jollen Juno Jugend

jetzt Jungen Juli Joghurt

just Jüngling Jura Jurist

Jux Jemen Jury Jawort

Joch jaulen Judo jemand

Yacht jeden Joga Jahrmarkt

Yak jodeln Jumbo Jetset

jung Johann Jolle Jackett

Jod Jammer Joppe Jagdhund

Jagd Jambus Jena jenseits

Jein Jesus Java Jugendzeit

ja Joster Jauche Jahreszeit

jäh Januar Jalta Jahrhundert

Minisätze: Klinger j

je länger, je lieber Jörg jagt Yaks

Jericho und Jerusalem jener, jene, jenes

jaja, jetzt jodelt Johann jäh jubeln jene

jeder Jodler jauchzt Jammer jubelt nicht

junge Jäger jagen Jaguare Jagdhunde jaulen jämmerlich


76 Kapitel 3 · Stimme

Aufbau von Wort- zu Satzebene: Klinger m/n/l/j/s/w

* *

macht nein

macht mit nein nie

3 macht mal mit nein nie nein

macht mit mir mit nein nicht nur nie

macht mit mir mal mit nein nicht nach neun

macht mal mit mir mehr mit nein nicht nur nach neun

* *

los ja

los lauf ja ja

los lauf los ja jetzt ja

Lutz lauf mal los ja jeder jetzt

lauf nun langsam los ja ja Junge jetzt

laß Lisa lieber los ja ja jetzt jeder Junge

* *

sie was

sie sieht was war

sie sieht sie was war wann

sie sieht sie so was war wann wo

sie sieht sie selten wer war’s wohl wann

sie sagt sie sieht sie so wer weiß was Wahres

sie sagt sie sieht sie so selten was war wohl wieder wichtig
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
77 3
Minisätze/Satzebene: Klingerhäufung l

lieber Leser Land der Lämmer

laue Lüfte Lust mit Last

lieber Leser lies Leben, das wir meinen

lies lange leise Leser werben Leser

los, wir laufen Liebe zum Lesen

lauf Jäger, lauf Liebe Leser, liebe Leserin

läuft länger leicht Lehren des Lernens

länger zu Leistung Leute von heute

Lob des Lebens lassen Sie mich mal

lach’ mal wieder Leben nach Lust und Laune

Lenker des Lichtes Liedermacher leben länger

liebe Leute lachen leise

Lisa lallt leise, lustig lachend

lässige Langläufer leben lustig

lassen sie los

es liegt in der Luft

Landleben lieben

Es läuft eine kleine Welle Liebliches Geläute lädt ein.


im Bach.
Der Lenz lockt die Liebe.
Da flügelt die blaue Libelle
Lieber lustig länger leben.
ihr nach.
Manche lieben laue Nächte,

Lieben, Leben, Luft und Laune.


(J. Krüss in Zehetmeier 1986)
78 Kapitel 3 · Stimme

Satzebene: Klingerhäufung m

Mach mir Mut.

meiner Meinung nach

Menschen, Mythen, Mächte

3 Mädchen, Mode, Muse

müde, mürrisch, mies, malade

Manche Menschen mögen mich.

Mitmachen macht Mut.

Modische Männer machen Mode.

Manche mögen Modemacher.

Modemacher mögen Mode.

Modemacher mögen Models.

Maler malen meist Modelle.

Musiker müssen mehr musizieren.

Makler möchten Moneten machen.

Maler machen Meisterprüfung.

Metzger müssen Mettwurst machen.

Manche mögen Männer mit Moral.

Manche mögen Männer mit Moneten.

Mehr mögen Männer mit Manieren.

Milch macht müde Männer munter.

Musik macht manche Menschen munter.


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
79 3
Minisätze: Klingerhäufung w

W wie Willi wie nach Wunsch

Wärme wirkt Wunder wilder Wein

Wohnen mit Musik wir werden weitermachen

Walter der Welt wer wagt, gewinnt

Wonne der Wehmut Wanderers Nachtlied

veni, vidi, vici. in vino veritas

Satzebene: Klingerhäufung w

Wenn Sie mich so fragen. Wald, Wiesen, wandern, Wein

Wissen, woher der Wind weht. Wir wollen lange wandern.

Willens Wucht wirkt Wunder. *

Wollen, ohne wollen zu Wir wandern mit den Wolken,


wollen.
bei Wind und Wetter,
Was für Zeiten, was für Sitten.
über Wege und Wiesen,
Was Sie wissen wollen.
durch Felder und Wälder.
*
*
Wie wir leben -
Wer will wahrem Wollen
wie wir leben wollen. wehren.

Wir wissen es nicht, *

wir werden es nicht wissen. Wir wünschen weiße


Weihnacht.
*
*
Wenn wir wären,
Welche Worte
wo wir wollten,
werden wir
wer weiß wohl,
wieder wechseln?
wie weit weg wir wären.
80 Kapitel 3 · Stimme

Rufsätze/Satzebene: Klingerhäufung, wechselnd

Laß mich in Ruh’! Sie lassen nicht mehr los.

Rühr’ mich nicht an! Sie helfen mir nicht mehr.

Welch eine Frage! Wie viele liegen lose rum.

3 Wir wollen helfen! Jeder nach seiner Fasson.

Mach das Fenster zu! Warnungen helfen wenig.

Niemand wird Sie sehen! Seine Lieder waren neu.

So was macht mir Mut! Viele neue nette Leute.

Wieder war’s so schön. So wenig wie möglich.

Neulich war nichts los. *

Netter wär’s mit ihr. Sag, was sie weiß!

Lassen Sie mich mal! Frag, wie sie heißt!

Rufen Sie mich an! Lauf so schnell Du willst!

Nun ist es soweit. Schreib’, sie weiß von nichts.

Junge Menschen warten. Mach, scher’ Dich weg!

Seine Zukunft ist jetzt. Weg, ich will nicht mehr!

Sie war ’ne feine Dirn. Frag’ nicht viel, faß mit an!

Wer weiß, wohin sie will. Sieh’ mal zu, wie das geht!

Jetzt läuft sie nochmals weg. Merk’ Dir das, sie hat recht!

Was machen wir denn nun? Weine nicht, mach’ noch mal!
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
81 3
Wortebene: Anlaut Klinger – Inlaut Vokal

Mundart Nordost Leitartikel

Meineid Neu-Ulm Lohnausfall

Milcheis Notopfer Lichtanschluß

Mastochse Notausgang Landarbeiter

Meldeamt Nachurlaub Lehramt

Modeidee Nachtarbeit Lebensart

Meckerecke Neuordnung Lichteinfall

Maueröffnung Neueröffnung Lebensalter

Mittelalter Nachtexpress Lungenarzt

Michelangelo Neueinstellung Luftakrobat

* * *

Wohnort Softeis Jugendamt

Weltall Soleier Jugendarbeit

Weekend Seeadler Judoanzug

Wesensart Seeigel Jagdunfall

Wildente Sanduhr Jagdaufseher

Wachteleier Südosten Jahresanfang

Wohnungsamt Sonnenuhr Jagdessen

Wachablösung Samtanzug Jägeranzug

Wochenende Seifenoper Jungunternehmer

Wutausbruch Seiteneingang Jahresumsatz

Wintereinbruch Salatöl Jungunternehmer


82 Kapitel 3 · Stimme

Redewendungen: Klinger m – Vokal – Klinger m

h h

mir und mich Messen und Märkte

Mann und Mut Markt und Mythos

Mann und Maus Mensch ohne Maske


3
Mietz und Mautz Mücken im Mai

Mist und Milch Motten im Müsli

Mann oh Mann Macken an mir

müde und munter Menschen um mich

mehr oder minder Moskito und Malaria

Max und Moritz Material als Medium

Muse und Märchen Mammon und Mafia

Mozart und Mao Mord im Milieu

Macht und Motive Markt und Marx

Mantel und Mütze Meise und Möwe

Mango und Möhren *

Männer und Mächte Muskeln und Nerven

Mensch und Maschine Mann und Weib

Mikro und Makro Mund und Nase

Mut und Meinung Mittel und Wege

Märchen und Mythen Messer und Löffel

Milz und Magen Musik ist Leben

Mund und Maul Mütter und Söhne

Micki und Maus mehr als Worte


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
83 3
Redewendungen: Klinger l/n – Vokal – Klinger l/n

h h

Land und Leute lernen in Weimar

Lust und Last lachen und weinen

Lust und Laune Leben am See

Licht und Luft Laut und Schrift

Leib und Leben leicht und schwer

Licht und Liebe links und rechts

Licht und Leute *

Leid und Liebe nach und nach

Lisa und Leo noch ist Nacht

Lena und Lotte Nacht und Nebel

Leib und Lunge Namen und Notizen

Luv und Lee Neffen und Nichten

Lust am Leben naß und nasser

Lust am Laster nichts ist nötig

Luft ist Leben nie und nimmer

Liebe ist Lust niet- und nagelfest

lehren und lernen nur am nörgeln

lernen und lügen nackt im Nest

leben ist lieben *

leben und lachen nach acht Jahren

Lob über Lob Nord und Süd

Laute und Leier neu im Land


84 Kapitel 3 · Stimme

Redewendungen: Klinger w/s/j – Vokal – Klinger w/s/j

h h

wo und wann so und so

wie und was Samt und Seide

Wald und Wiese Seite an Seite


3
Wind und Wellen Säure und Süße

Wasser und Wogen Sekt und Selters

West ist West süß und sauer

Woche um Woche sicher ist sicher

Worte über Worte solche und solche

wanken und weichen singen und sagen

Wellen und Wasser *

Wipfel im Walde Sonne und Mond

Waren im Wert Sonne und Meer

Werbung ist wichtig Sonne und Sand

Wirtschaft und Werbung Söhne und Nöte

werben und wünschen Sein oder Nichtsein

was ich will Sieg und Niederlage

was ist wichtig Sonn- und Werktag

* *

Jux und Jammer jüngst im Juli

Jakob und Jonathan Jagd auf Jaguare

Jesus in Jericho jung auf Yachten

Johann am Jordan you are young


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
85 3
Minisätze und Satzebene: Klinger – Vokale

neu in Europa

Mangos aus Afrika

Mensch und Unmensch

mit und ohne Auto

nichts ist alltäglich

wenig Arbeit machen

sei offen und ehrlich

mal oben, mal unten

mal im Ausland arbeiten

Lust auf Mode und mehr

Noch ist niemand im Nachteil.

Wer oft singt, ist ein Sänger.

So also singt er laut und leise.

Man ist mit ihr nicht einer Meinung.

Wer antwortet ihm in Italien.

Noch eine ausgefallene Idee.

nach Amerika auswandern

Im Wein ist Wahrheit.

Aus alt mach neu.

Mein Onkel macht Öl für Aral.

Seine Eltern lebten immer in Jena.


86 Kapitel 3 · Stimme

Sätze: Klinger – Vokal, wechselnd

Wir wollen und sollen. Diese Sätze ergänzen:

Wir malen und zahlen. Wir lachen und ...

Wir naschen und waschen. Wir sagen und ...

3 Wir laufen und schnaufen. Wir seufzen und ...

Wir fliegen und siegen. Wir johlen und ...

Wir rasten und fasten. Wir jauchzen und ...

Wir suchen und fluchen. Wir weinen und ...

Wir recken und strecken. Wir niesen und ...

Wir sorgen und borgen. Wir husten und ...

Wir lenken und denken. Wir reden und ...

Wir stopfen und klopfen. Wir schreien und ...

Wir jagen und klagen. Wir stöhnen und ...

Wir wohnen und thronen. Wir blasen und ...

Wir hüpfen und knüpfen. Wir gähnen und ...

Wir treten und beten. Wir nennen und ...

Wir tragen und fragen. Wir plappern und ...

Wir loben und toben. Wir trällern und ...

Wir meckern und kleckern. Wir singen und ...

Wir naschen aus Taschen. Wir jodeln und ...

Wir tanzen und schnalzen. Wir murren und ...

Wir singen und springen. Wir meckern und ...


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
87 3
Wortgruppen: Klinger – Vokal (Ableitung)
Die Einschwingphase mit weichem Stimmeinsatz, d. h. das „Vorschalten„ eines Klingers, wird hier
für das „Einfädeln„ des Vokals verwendet.

h h

Most Ost Moor Ohr Uhr Ar

Mann an Moos Oos Aas es

Motto Otto Mumm um im am

Momo Omo mir ihr Ohr er

Minne inne mich ich euch ach

munter unter Mist ist Ost Ast

mahnen Ahnen mausen außen Eisen Ösen

Nöte öde malen aalen ölen eilen

Namen Amen Minen ihnen ahnen ohne

Lampe Ampel Soden Odem Adam Ida

Segel Egel Moder oder Ader Eder

weisen Eisen Laura Aura Ära Ira

Minisätze: Klinger – Vokal (Ableitung)

sieh an mach auf mehr Achtung sei edel

na und nur ich null Ahnung na also

noch oft wie alt mehr Energie ja aber

jetzt auch sie auch nicht übel wie üblich

wie immer mehr als wie oben Jubel überall


88 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Klingerhäufung

Logolyrik
Sie sitzen auf Hockern.
Sie lassen es lockern.
Sie dehnen den Nacken
und lassen es knacken.
3 Sie weiten und gähnen
und lassen es dehnen.
Sie atmen und singen.
Sie tönen und klingen.
Sie keuchen und husten,
schnappen und prusten.
Sie weinen und klagen
und können’s ertragen.
Sie tanzen und springen,
lachen und singen.
Sie hören den Ton,
erkennen ihn schon.
Sie singen ein Lied
und werden nicht müd.

Was machen denn die??


Stimmtherapie!!
(U. Bergauer)
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
89 3
Lyrik: Klingerhäufung w

wo: wenn es wo war wissen Sie schon wo

wer: wenn es wer war wissen Sie schon wer

wann: wenn es wann war wissen Sie schon wann

was: wenn es was war wissen Sie warum

wie: wenn es wie war wissen Sie weshalb

war wo es wenn wie Sie wissen nicht wo

war wie es wenn was Sie wissen nicht wer

war was es wenn wann Sie wissen nicht wann

war wann es wenn wer Sie wissen nicht warum

war wer es wenn wo Sie wissen nicht weshalb

es war wo wenns wer war wo wissen Sie nicht

es war wer wenns wann war wer wissen Sie nicht

es war wann wenns was war wann wissen Sie nicht

es war was wenns wie war weshalb wissen Sie nicht

es war wie wenns wo war wieso wissen Sie nicht.

Sie wissen alles!

(F. Mon in Weithase 1975)

Wenn die wüsten Winterwinde wehen,

weißt du, was zur Wehre wählt ein Weiser?

Warme Wohnung, weiche Watt’ und woll-


nes Wams,

weiter: würz’gen Wein und willige Weiber.

(F. Rückert in Seydel 1985)


90 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Klingerhäufung

Gedicht für jedes Jahr

Jeder wünscht sich jeden Morgen

Irgend etwas je nachdem.

3 Jeder hat seit jeher Sorgen,

worte sind schatten Jeder jeweils sein Problem.

schatten werden worte Jeder jagt nicht jede Beute,

worte sind spiele Jeder tut nicht jede Pflicht.

spiele werden worte Jemand freut sich jetzt und heute,

sind schatten worte Jemand anders freut sich nicht.

werden worte spiele Jemand lebt von seiner Feder,

sind spiele worte Jemand anders lebt als Dieb.

werden worte schatten Jedenfalls hat aber jeder

sind worte schatten jeweils irgend jemand lieb.

werden spiele worte Jeder Garten ist nicht Eden,

sind worte spiele Jedes Glas ist nicht voll Wein,

werden schatten worte Jeder aber kann für jeden

(E. Gomringer 1972) Jederzeit ein Engel sein.

Ja, je lieber und je länger

jeder jedem jederzeit

Jedes Glück wünscht, um so enger

Leben wir in Einigkeit.

(J. Krüss 1976)


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
91 3
Lyrik: Klingerhäufung

Fünfzigerjahre Lied

Va bene, va bene
so sagt man in Sorrent

va bene, va bene
wenn’s irgendwo mal brennt

va bene, va bene
und fällt mal einer hin
va bene, va bene
so sagt man in Turin.

Der Spanier sagt „Wie bitte„


„Nasdrawje“ sagt der Däne
„je t’aime“ sagt der Brite,
doch wo sagt man „Va bene“?

Wo, Woo, Wooo


Va, Vaa, Vaaa

Va bene, va bene
so sagt man in Triest

va bene, va bene
hält wen ein Räuber fest

va bene, va bene
und wackelt mal der Dom

va bene, va bene
singt auch der Papst in Rom

(R. Gernhardt 1989)


92 Kapitel 3 · Stimme

Halbklinger r Ziele und Wirkung


Außer im Bayrischen oder Fränkischen, wo
ⓘ Definition
das Zungenspitzen-r sowieso benutzt wird, ist
Beim Halbklinger r unterscheidet man zwei Vari-
es wenig sinnvoll, diesen speziellen Laut in der
anten: ein koronales (linguales, d. h. Zungenspit-
Umgangssprache anzuwenden; es würde un-
zen-) r und ein uvulares (Zäpfchen-, Gaumen-)
natürlich und gekünstelt klingen. Es ist daher
bzw. Rachen-r (v. Essen 1981).
nur für Übungszwecke gedacht. Sänger oder
3 Für die Stimmtherapie ist allerdings haupt- Schauspieler können das Zungenspitzen-r
sächlich das Zungenspitzen-r relevant, das auch selbstverständlich in ihren Arbeitsalltag aufneh-
als Zitterlaut, Flatterlaut, Schwinglaut oder Vib- men, soweit es die Bühnensprache erforderlich
rant bezeichnet wird. macht.

Einsatz > Das Zungenspitzen-r erzeugt die größte Be-


weglichkeit von Zunge und Lippen, erhält
Die Übungen mit dem Halbklinger r (bzw. spe-
die Weitstellung des Ansatzrohres (im Ge-
ziell mit dem Zungenspitzen-r) werden sowohl
gensatz zum Rachen-r) und wirkt anregend
bei hyperfunktionellen als auch bei hypofunk-
auf die Stimmlippen und das Zwerchfell. Es
tionellen Dysphonien eingesetzt.
wirkt sich außerdem positiv auf die innere
Bildung des Lautes r Brustkorbmuskulatur aus.

Zum Hervorbringen des Zungenspitzen-r be-


darf es einer gewissen Elastizität der vorderen Einstiegsübungen
Zungenpartie, um ein tremulierendes Anschla- Um die mitunter etwas schwierige Bildung des
gen gegen den oberen Zahndamm zu ermög- Zungenspitzen-r zu erleichtern, benutzt man
lichen. Das Velum legt sich der Rachenwand an. anfangs Lautverbindungen, die das Flattern der
Die Zungenspitze wird dünn hinter die Schnei- Zungenspitze begünstigen, z. B. schnelles Spre-
dezähne geführt, wo sie aber nicht verharrt, son- chen von
dern mittels des durchziehenden Luftstroms in
Vibration versetzt wird.
dlodlodlodlodlodlo. . . . . . . . . . etc.
Die Zungenspitze vollführt ein bis drei, selten
dotodotodotodoto. . . . . . . . . . etc.
vier Anschläge zur Bildung des r. Das Flatterge-
räusch der schwingenden Zungenspitze und der
Stimmklang ergeben den sog. Flatterlaut r. Solche Übungen sind Modifizierungen der fol-
Das Rachen-r ist für die Stimmtherapie genden von Talma (franz. Schauspieler 1763–
weniger geeignet. Zu dessen Bildung muß im 1826) entwickelten Ableitungsmethode (Wäng-
Ansatzrohr ein Engpaß hergestellt werden, der ler, Bauman-Wängler 1985):
aber zu Artikulationsverlagerungen führt. Das Durch schnelles Hintereinandersprechen
Rachen-r ist deshalb aus stimmhygienischen von
Gründen abzulehnen, da eine gepreßt-kratzige
Stimmgebung entstehen kann. Während das
teteda – tedela – teteda – tedela
Zungenspitzen-r den Vokalklang nach vorn
entsteht tedetrr.
bringt, zieht ihn das Rachen-r nach hinten.
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
93 3
Durch Einschieben von e und Ersetzen von r Hinweis zu den Übungen
durch d läßt sich die r-Bildung ebenfalls errei- In den Wortbeispielen wird das r anfangs in
chen (auch hier gilt: schnell sprechen!): Verbindung mit t, d, b, p geübt, um die Bildung
zu erleichtern. Bei diesen Übungen nimmt die
Zungenspitze von vornherein die richtige Po-
Tedeppe – Treppe
sition ein. Entscheidend für die Vibration der
Pedobe – Probe
Zungenspitze ist die Führung des Luftstroms.
Man bildet das r mit der Vorstellung, es ganz
Der Weg zum Zungenspitzen-r kann außerdem in die Nähe des vorausgehenden Konsonanten
über das „Kutscher-bbbr“ führen, das früher zu bringen. Wichtig ist der Zungenkontakt mit
von den Kutschern gebraucht wurde, um die dem oberen Zahndamm (Alveolarrand) und die
Pferde anzuhalten. Hierbei wird die Atemluft Stimmhaftigkeit.
kräftig zwischen den Lippen herausgeblasen, Später übt man den Laut in Verbindung mit
die dadurch zum Flattern gebracht werden. anderen Konsonanten; zuletzt übt man das an-
Die Flatterbewegung der Lippen wird dann re- lautende r.
duziert, bis nur noch die Zungenspitze flattert Eine zusätzliche Wirkung ist zu erreichen,
(Wängler 1976). wenn die r-Übungen zeitweise während der
Meist ist die inkorrekte Bildung des r in einer Vibrationsbehandlung von Brustbein oder Rü-
trägen, unbeholfenen Artikulation begründet, cken durchgeführt werden ( s. „Elektrovibrations-
die jedoch durch Auflockerung der schwerfäl- massage“, S. 32–33).
ligen Zungenwurzel, d. h. durch artikulatorisch
erzeugte Vibrationen, zu beheben ist.
94 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Doppelkonsonanten dr/tr (Ableitung)

drück droht Brot rot

Trip Draht brat Rat

3 Drehstrom dreht brät rät

Drohbrief dreist preist reist

Dreirad Trank Schrank rank

Trostpreis Trieb schrieb rieb

Triebwerk Trab Grab Rab

Trinkspruch trag Prag rag

Trittbrett Treck Dreck Reck

Trampeltier trief Brief rief

Traumreise Tran dran ran

Trauring treib schreib reib

Traumrolle trist Christ Rist

Traumfabrik trink Drink Ring

Traubenkraft drei Brei frei

Satzebene: Doppelkonsonanten dr/tr

Trink, Bruder, trink! Trink, trink, Brüderlein trink!


Trude trinkt Traubensaft als Traubendrink.
Drei tropfnasse traurige Trogträger trugen ...
... triefende Tröge treppauf und treppab.
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
95 3
Wortebene: Doppelkonsonanten br/pr

Brut Pril Proseminare

breit Prunk Prügelstrafe

brat Pracht Proletariat

brüllt prahlt preisgekrönt

Brief Prärie prämieren

Bremse prego Pressekonferenz

Bravo Probe Preisausschreiben

Brava Prater Riesenpreisrätsel

Brotpreis Pralinen breite Prägung

Bratwurst Provence Prodrom

Brautpreis Präparat Privatperson

Brombeeren Prominenz Prüfungsfrage

Bratenbrot Promenade Primavera

Briefträger Primadonna Privatsekretär

Brandenburg Preisträger Sprungbrett

Brückenträger Preisbrecher Sprachpraktika

Minisätze: Doppelkonsonanten br/pr

breite Bretter brechen preisende Priester predigen

brülle, du Prahler prächtige Rosen prangen


96 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Doppelkonsonanten gr/kr (Ableitung)

h
grub Kran

grün Kreuz Grimm Krim

Grat Kraft grob Kropf

Gracht kracht
3 gräbt krumm

grillt krank Gras kraß

Gruft krönt graut Kraut

grüßt kriecht Gram Kram

graust Kraftwerk Grieg Krieg

graugrün Kraftprotz Graben Krabben

Großraum kreisrund grämen Krämer

Graubrot Kraftbrühe Graus kraus

Graubremse Krügerrand Greis Kreis

Großsprecher Kreidestrich Grieß Ries

Gratisprobe Kraftprobe groß kroß

große Kraft Kriechtiere

Satzebene (Zungenbrecher): Doppelkonsonant gr

Graben Grabgräber Gräben?

Grabengräber graben Gräben.

Grubengräber graben Gruben.

Grabgräber graben Gräber.

Wer karrt den klappernden Ratterkarren

durch das knarrende Karrengatter?

(Aus Sprachbastelbuch 1983)


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
97 3
Wortebene/Wortgruppen: Anlaut und Inlaut r

Rekrut Radrennen Rederegel

Refrain Ritterrunde Reifen-Ring

Rücktritt Reiseroute Ring frei!

Reisbrei Ringelreihn rollende Räder

Riedgras Rätselraten rote Rüben

Rundbrief Rehrücken reife Radieschen

Regierung Rhetorik Report regional

Rückfrage Rinderrasse Ratgeber Praxis

Römerkreis Reserverad radikale Reform

Rektorin Rhinozeros Rio de Janeiro

Rollbraten Regenerator raffinierte Rezepte

Rettungsring Riesengebirge rasende Rennwagen

Regenrinne Reiterferien Runden rollen

Rechtsstreit Rechtschreibreform Rennstrecken

Wortebene: verschiedene Doppelkonsonanten (Ableitung)

h h

Schreiner Rainer einer treffen räffen äffen

Schrecken recken Ecken treiben reiben Eiben

Schramme Ramme Amme preisen reisen Eisen

Striegel Riegel Igel Kräuter Reuter Euter

Schreiben reiben Eiben kramen Rahmen Amen


98 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene/Wortgruppen: Doppelkonsonant fr

Fred Freiraum frohe Ferien

Frack Frankreich freier Raum

Frank Fridolin frischer Rosmarin

3 Freund Frisuren freche Streifen

Franz Ferrari Fraktur reden

Fritz Frascati Frühstücksfreuden

friert fritieren freundliche Grüße

frech Frettchen Franklin Roosevelt

Freak Früchtekorb freitags druckfrisch

Wortebene: Doppelkonsonant fr (Ableitung)

h h

Fried briet riet freut dreut reut

fragt tragt ragt Frau Drau rauh

Minisätze: verschiedene Doppelkonsonanten

früh in Form Schritt und Tritt

fromm und frei Schritt um Schritt

frisch und frei Schreck und Schraube

frank und frei Schrei und Schrecken

froh und freudig Strick Strick, hurra!

frech und fröhlich Sturm und Drang

Furcht und Schrecken Sturm und Regen


3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
99 3
Redewendungen: r – Vokal – r

h h

Rast und Ruh Kraut und Rüben

roh und rauh Trauben und trinken

rein und raus Trend und Problem

ruhen und regen trauern und trösten

reiten und rauben Braut und Bräute

rauschen und rieseln Kürze und Prägnanz

rauf und runter kurz und präzise

rippeln und rappeln Schritt und Tritt

rostig und rüstig rot und grün

Ross und Reiter Rost ist braun

Rail und Road Rast und Ruh

Rosen und Rasen Reha und Rente

Ritter und Rüstung Räuber und Raub

Romulus und Remus Rock und Roll

Rast auf Reisen rede und regiere

Recherche und Report Irrung und Wirrung

Minisatz: Anlaut und Inlaut r

Nicht alles Rare ist wahr,


doch alles Wahre ist rar.

(Überzwerch in Weithase 1975)


100 Kapitel 3 · Stimme

Satzebene: r-Häufung

Rudi Rammler schreibt Rüttelreime.


Reizend ranken ringsum rote Rosen.
Ringelnattern rascheln durchs grüne Gras.
Rieseln und Rascheln erschreckt die Gören.
Romantische Straße direkt nach Nördlingen im Ries.
3 Riesig ist’s im Ries, sagen die Riesbewohner.
Da rücken die Riesen die grauen Granite
und rollen sie krachend vom Grate herab.
Franz traf Grete im „Krug zum grünen Kranze“.
Die gold’nen Kronen drücken schwer,
’s isch net, als wenn’s en Strohhut wär.
Die Ratzeburger Ruderer errangen den Preis.
Die Dortmunder Radfahrer auf der schweren Strecke.
Sprachlos starrte er grinsend den treulosen Freund an.
Nero war einer der grausamsten römischen Kaiser.
Gerade und aufrecht schritt er durch die Reihen.
Gekrümmt und krank, der arme Greis.
Große runde Kreise krönen Christus.
Was rauschet, was rieselt, was rinnet so schnell?
Was blitzt in der Sonne? Was schimmert so hell?
Und als ich so fragte, da murmelt der Bach:
„Der Frühling, der Frühling, der Frühling ist wach!“
(H.Seidel in Zacharias 1967)
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
101 3
Lyrik: Überwiegend Anlaut r

Reif Reisezeit
Der Vogel Greif
Reisefieber, Reisezeit,
griff einen Reif
Reisekoffer, Reisekleid,
und trug ihn flugs in seinem Griff
Reiselust und Reiseplan ...,
zu einem Riff.
alles dreht sich nun ums Reisen
Den Reif zum Riff,
und es ist der Stein der Weisen,
zum Riff den Reif;
denn es fing der Urlaub an.
Der Vogel Greif!
Doch in der Nacht noch fiel ein Reif. Reiseroute, Reisepaß,
Fiel auf den Greif, Reiseärger, Reisespaß.
fiel auf sein Riff, Reisespesen, Reisegeld ...,
fiel auf den Reif, den er ergriff. Polizeibericht und Straßen,
Reif auf Riff. zahmes Zuckeln, wildes Rasen,
Greif auf Riff. jeder ist nun Herr der Welt.
Reif auf Reif.
Reisepleite, Reiseziel,
Reif auf Greif.
ach, man reist so gern und viel
Reif auf Reif auf Riff.
und es reisen Legionen
Reif auf Greif auf Riff.
zeltbewehrt in ferne Lande
Kurz, ihr begreift:
und kampieren kühn im Sande,
alles bereift.
die sonst brav in Häusern wohnen.
(R.Neumann in H.A. Halbey 1989)
Reisevisum, Reisewut,
Reisekoller, Reisemut ...

reist denn hin mit Reiseglück,


all ihr ausgeriss’nen Leute,
und ist aus die Urlaubsfreude,
bitte, kehrt gesund zurück!

(A. Scherf-Clavel 1988)


102 Kapitel 3 · Stimme

Hypofunktionelle Dysphonie Die Bildung erfolgt in drei Phasen:


▬ Verschluß (Implosion),
Explosivlaute (Verschlußlaute) ▬ Luftstau (Okklusion),
Der Begriff „Explosivlaut“ entspricht dem Be- ▬ Lösen (Explosion).
griff „Plosiv“.
Bei den Explosivlauten lassen sich folgende In Phase 1 müssen die Stimmlippen geöffnet
Gruppen unterscheiden: sein, in Phase 2 folgt das Anhalten der Luft, bis
3 ▬ weiche Plosive: b, d, g; es dann in Phase 3 zur Lösung kommt. Obwohl
▬ harte Plosive: p, t, k. nicht alle Luft entweicht, löst sich in dieser letz-
ten Phase auch die Spannung des Thorax, und es
ⓘ Definition
erfolgt eine exspiratorische Dehnung mit Fede-
Plosive sind Geräuschlaute, die dadurch ent-
rung des Zwerchfells.
stehen, daß zunächst mit den Organen des
Bei den weichen Plosiven b, d und g wird der
Mund- und Rachenraums Hindernisse für den
Verschluß mit geringerer Artikulationsspan-
Luftstrom gebildet werden. Diese Hindernisse
nung gebildet, bei den harten Plosiven p, t und k
werden dann sozusagen explosionsartig über-
tritt eine stärkere Muskelspannung auf.
wunden, indem die von hinten durchgepreßte
Im einzelnen werden die Laute wie folgt ge-
Luft den jeweiligen Verschluß in Mundhöhle
bildet (vgl. Reusch 1971, Wirth 1994):
oder Rachenraum sprengt.
Der Plosiv b setzt einen lockeren, der Plosiv
p einen festen Lippenschluß voraus. Der Kiefer
Einsatz ist dabei leicht geöffnet. Die Zunge liegt flach im
Die Übungen mit Plosivlauten werden beson- Mund. Mit dem Öffnen der Lippen strömt die
ders bei folgenden Störungen eingesetzt: gestaute Atemluft aus. Es läßt sich gut zwischen
▬ hypofunktionelle Dysphonie, dem sanft artikulierten, mit weichem Nachhauch
▬ Stimmlippenlähmung. verbundenen b und dem fest geschlossenen, en-
ergisch explodierenden p unterscheiden.
Der Einsatz von Plosivlauten bei hyperfunkti- Bei den Plosiven d und t ergeben sich beim
onellen Dysphonien wird erst in einem fortge- Anlauten kaum Schwierigkeiten. Die Lippen
schrittenen Stadium erarbeitet. sind beliebig weit geöffnet. Die Zungenspitze
schiebt sich gegen die Vorderzähne und den
Bildung der einzelnen Laute Gaumen so weit vor, daß ein deutlich spürba-
(Reusch 1971, Wirth 1994) rer Verschluß entsteht. Die Artikulation erfolgt
Die Plosivlaute werden ohne Stimmeinsatz ge- dann durch ein plötzliches Fallenlassen des Un-
bildet. terkiefers und der Zunge. Besonders wichtig ist

⊡ Tabelle 3.2. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei hypofunktioneller
Dysphonie (auch bei Stimmlippenlähmung einsetzbar, vgl. S. 163 ff.)

Technik Ableitung Silben Wort Minisätze

Federung und Plosiveinsatz patt kalt! geht bald!


Abspannen Klingereinsatz matt nett! macht nichts!
(s. Atmung) Vokaleinsatz att echt! auf, auf!
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
103 3
die deutliche Aussprache des auslautenden t, die Bei den Stimmübungen bewirken die Plo-
den Worten Kraft und Plastik verleiht. ( s. „Ab- sive, daß das federnde Zwerchfell den Kehlkopf
spannen und Federung“, S. 15). mit nach unten zieht, so daß dieser eine opti-
Bei der Bildung der Plosivlaute g und k sind male Stellung für den nachfolgenden Stimm-
die Lippen und der Kiefer den Nachbarlau- einsatz bildet. Die schnelle Lösung der Arti-
ten entsprechend geöffnet. Der Zungenrücken kulationsorgane sowie die damit verbundene
berührt den harten Gaumen bzw. die Grenze Weite und exspiratorische Dehnung schaffen
zwischen hartem und weichem Gaumen. Die einen guten Klangraum für die nachfolgenden
Ausatemluft wird an einer bestimmten Stelle Vokale. Es erfolgt sozusagen ein „Locken der
des Ansatzrohrs bis zum völligen Verschluß zu- Vokale“.
rückgestaut, bis es dann, durch plötzliche Über-
> Konsonanten geben der Sprache Begriffsin-
windung dieses Hindernisses, zur deutlich hör-
halt, sie sind Sinnträger. Der Konsonant, in
baren „Explosion“ kommt. Die Laute entstehen
diesem speziellen Falle der Plosiv, soll den
nun dadurch, daß die gehaltene Luft plötzlich
Vokal vorbereiten. Er ist der Schlüssel, der
losgelassen wird und bei geöffneten Stimmlip-
den Klang- und Schallraum aufschließt. Er
pen und gesenkter Zunge mit einem deutlichen
ist die „Wiege“ des Vokals (nach Coblenzer
„Knall“ in den Mundraum eindringen. Beim
1987).
Lenisplosiv g ist der Zungendruck weicher und
lockerer, der Nachhauch milder als beim k. Beim Mit Plosivlauten kann die „plastische Arti-
anlautenden k sollte sich kein unschön übertrie- kulation“ besonders gut demonstriert und er-
benes Geräusch einschalten. arbeitet werden, vor allem wenn der Plosivlaut
gleichzeitig Initiallaut ist. Die sog. plastische Ar-
Ziele und Wirkung tikulation ergibt sich nach Coblenzer (1987) aus
▬ Elastizität der Atemmuskulatur. dem Einsatz von Intention unter Zuhilfenahme
▬ Eutonisierung der Atem- und Artikulations- der Körpermuskulatur.
spannung.
▬ Reflektorische Atemergänzung.
▬ Rhythmisierung der Zwerchfellbewegung.
▬ Ansatzrohrerweiterung.
▬ Exspiratorische Dehnung, Thoraxmobilisa-
tion.
▬ Verbesserung der Stimmspannung.
▬ Kräftigung der Stimme.
▬ Kräftigung der Zwischenrippenmuskulatur.
(Saatweber in Grohnfeldt 1994).
104 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Plosiv b

Bord Bug Bonn Bolle Bandit

Bund baut Bann Bitte Betrug

Bank Biest Ball Bote Bezirk

3 Bast Brot Bill Borke Botanik

bald Brut Beil Bude Bielefeld

Berg breit bin Body Butterberg

Beet Braut beim Binde Badenwerk

Brett Blut Bus Beule Blasebalg

Brust blöd Busch Börse Bienenkorb

Blick Blei Bach Boden Biedermann

blond blau Bruch baden Bücherwurm

Block brav Buch biegen Basilikum

Blatt Brei Bier beugen Bierdeckel

Minisätze: Plosiv b

bis bald bald blank

back Brot Bert brüllt

beim Boß bei Bonn

bleib bloß! Bad Boll

bitte besser bis Bremen


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
105 3
Wortebene: Plosiv d

dort Don doof Donau Depot

Dutt Dung Dorf Diebe Diktat

Deut Dorn Dolch danke Disput

Dock Dill Deich Derby Damast

Deck Ding dumpf Diele Diskant

Depp Damm Dach Dornen Demut

Duft dumm dich Dünen Dummheit

dicht dünn darf Dänen Dutzend

dich dann dürr Damen Dunkelheit

Dank denn dies Daumen Diebesgut

Dip Darm Dampf Dämon Düsentrieb

Dunst Dong Dachs Dübel Daunenbett

Durst Drang Dorsch Degen Dirigent

Druck Dom deutsch dösen Detektiv

Drift dein Dreß Dollar Distelfink

Minisätze: Plosiv d

denk dran der denkt dran

dein Drink Ding Dong

dumm dreist dreh dran

du Dackel du drum drück drauf


106 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Plosiv g

Gold Gong Gas Gosse Gebot

Geld Gang Geiß Galle Gebet

Gott ging Gans Gasse Gebäck

3 Gast gell Golf Gabe Gesicht

Geist Groll groß Gatte Geburt

Gunst Grill Graf Gala Geduld

guck grell Glanz Gage Gestrüpp

gack Gaul Glas Gurke Galopp

Geck Garn Guß Gabel Geldstück

gib Gnom Gier Günsel Großstadt

gelb Gram Gneis Gockel Glückstadt

gilt gleich Grieß Gaben Gummiboot

Minisätze: Plosiv g

ganz glücklich gut gemeint

ganz gut gut gesagt

ganz groß gutes Gold

gib Geld! große Gedanken

geh’ gerade! Gott gibt Glaube

gern gegeben gutes Gelingen

graue Gänse grüne Gurken


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
107 3
Wortebene: Plosiv p

pick peng Pool Pope Pilot

pack plum Pol Polka Paket

Pit prall Paul Puszta Palast

Pep Pech Pan Pute Panik

Post piff Plön Picke Planet

Pest paff Plan Piste Picknick

paßt puff Priel Paste Pigment

Pomp Pass Prien Puppe Projekt

Pump plus Pfuhl Pappe Potsdam

Punkt Plüsch Pfahl Pille Politik

Pacht pitsch Pfeil Page Pasternak

Park patsch pur Plage Posaunist

plump Putsch per Papaya Papierkorb

platt Preis Paar Peterle Patenkind

Papst Platz Pier Patina Petersburg

Minisätze: Plosiv p

Peter Pan paßt prima!

peng peng! potz Blitz!

Papageien plappern Papageno plaudert

Pole Poppenspäler Palmen Paradies


108 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Plosiv t

Top Tim tausend Turbo Telefon

Tip Till Technik Tosca Tübingen

tapp Troll Tierpark Tempo Teigwaren

3 Tick Turm Ticket Theke Tennisball

tack Ton Torheit Tante Teddybär

Test tun Tatzeit Taste Tauchsieder

Toast Thron Tiefpunkt Taiga Tanztheater

Takt Traum Tatort Tube Traktortür

Tank Tisch ticktack Taube Titelkampf

Tand Treff Tageszeit Traube Tageszeitung

Talg Trumpf Tigerjagd Täter Taschentuch

Tag Tanz Tankwart Tiger Tierschützer

tut Topf Trittbrett Tadel Tiefseetaucher

tüt Tropf Testament Tölpel Tagesschau

taut tief Tollität Trottel Turmfalke

Minisätze: Plosiv t

Top ten! tauch tief!

Top twenty! 1000 Taler!

trimm tüchtig! trink Tee!


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
109 3
Wortebene: Plosiv k

kommt komm Kohl Kohle Kuckuck

kund Kamm kühl Kunde kokett

Kind Kim kahl Kino Kontakt

Kost Korn Kahn Kilo Konzert

Korb kein Knut Kehle Konfekt

Kunst Karl Krug Kasse Korsett

Kitt Knall kühlt Kälte kaputt

Kult Klang kehrt Karte Klinik

kalt Kuß Kur Kiste Komik

Kilt keß Kür Krimi Kundschaft

Kap Kopf Kies Kummer Kosmetik

kipp Kaff Kran Kegel Kurklinik

kaut Koch * Kittel Kautabak

Knick Kampf Chor Klunker Katarakt

knack Kitsch Qual Karton Katholik

knapp kross Quirl Kakadu Kamerad

Knast Krach quer Känguruh Kohlepott

Knecht Krampf quietsch Kolibri Klinikpost

klick Kreuz Quark Kaugummi Kontrapunkt

klack kriech quak Konfetti Kräuterbad


110 Kapitel 3 · Stimme

Aufbau von Wort- zu Satzebene: Plosive b/d/g

bleib

bleib bei

3 bitte bleib bei

bitte bleib bei beiden

bitte bleib bei beiden bis

bitte bleib bei beiden bis Bebra

bitte bleib bis Bebra bei beiden Buben

Du

Du da

Du, der da

Du, der da denkt

Du, der da denkt dumm

Du, die denken da doch dumm

Du, die da denken doch dummdreist

gib

gib Geld

gib Gerd Geld

gib Gerd gutes Geld

glatt gibt Gerd gutes Geld

gut getan, Gerd gab gutes Geld

gab Gerd Gero gern gutes Glücksgeld?


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
111 3
Aufbau von Wort- zu Satzebene: Plosive p/t/k

Pit

Pit packt

Pauls Picknick

Pit packt Picknick

Pit packt Picknick praktisch

Pit packt praktisch Pauls Picknick

prall packt Pit Pauls praktisches Picknick

Tor!

Tims Tor

Tim, dein Tor

tritt dein Tor, Tim

top, das Tor traf Theo

Theos tolles Tempo traf teuflisch

trotz toller Technik tadelt Tim Theo’s Tor

komm!

komm, Kurt

Kurt kommt cool

Kurt kennt Kalle Kirsch

cool kaut Kurt Kalles Kekse

Kurts Kalle kann keinen Keks kauen

kann cooler Kurt kleinem Kalle Kaba kaufen?


112 Kapitel 3 · Stimme

Minisätze: Plosivhäufung, wechselnd

du bist da die große Kunst

die da geht der kühle Kopf

das geht gut der dreiste Kerl

3 die kommt gern der dünne Dieb

komm doch bald der graue Tag

paßt doch gut die krumme Tour

kauf doch Käs’ das blöde Geld

Kind kauft Käs’ der große Knall

bei dir gern das trifft tief

pack die Post *

drück’ den Knopf bitte denk daran

die große Stadt das kannst du bald

der dicke Turm der kennt dich doch

das breite Tor das träumt der doch

das grüne Tal bei dir paßt das

der karge Berg die blickt da durch

der kahle Busch das geht doch gut

die kleine Bucht du bist doch blöd

das kühle Bad der denkt daran

die kurze Tour die trinkt gern

der tolle Tag der spielt Geige


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
113 3
Satzebene: Plosivhäufung

Berliner backen blitzschnell braune Berliner.

Dieser Bäcker kann prima Brezeln backen.

Bodo baggert bald bei Berliner Baustellen.

Biobauern beliefern Bioläden bei Biberach.

Bibliotheken geben preiswert brauchbare Buchtips.

Brillant geschriebene Geschichten begeistern Kunden.

Gestern goß Gustav Gerdas großen Gemüsegarten.

Gesunde Gärten gönnen Gemüsegärtnern gute Gaben.

Polens Präsident prüft pausenlos passende Politiker.

Treffpunkt der Tänzer im Tanzpalast Trier.

Tina Turner trägt teure Trikots.

Die tatkräftige Tanja trinkt täglich Tee aus Tibet.

Karin kocht gern Kohl und Kartoffelklöße.

Kreativkurse können Kunden Kraft geben.

Kann deine Karriere denn gut gehen?

Kunst und Kitsch kommt garantiert gut an.

Konzerte kosten Kunstträger großes Geld.

Gute Kritik der gestandenen Kritiker.

Kampf der Giganten und Gestirne.

Kostbare Kronen gekonnt kopiert.

Tolle Perspektiven praktisch darstellen.


114 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Plosive mit Vokalinlaut

Backofen Diät Gutedel

Ballübung Denkart Gußeisen

Bachufer Dunstabzug Glatteis

3 Blutegel Drehorgel Glück auf

Beamter Drahtesel Glasauge

Badeanzug Dachantenne Geldanlage

Bettüberzug Dampfaustritt Gastarbeiter

bösartig Donaueschingen Gipsabdruck

* * *

Postamt Tatort Kurort

Posteingang Tonart Kunsteis

Parkausgang Tierarzt Kraftakt

Pilzauflauf Toneier Kinderarzt

Pultordner Theater Kreuzotter

Patentamt Türöffner Kurzurlaub

Pausenanfang Taleingang Krautauflauf

Pleuelübung Tanzabend Kunstobjekt

Papstaudienz Tierasyl Kälteeinbruch

poetisch Teamarbeit Klimaanlage

Pop Art Transeuropa Kunstausstellung

Pro Arte Toreinfahrt Keramikausstellung


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
115 3
Redewendungen: Plosiv b/d/g – Vokal – Plosiv b/d/g

h h

Busch und Baum da und dort

Bad und Bett dumm und dreist

Bausch und Bogen dick und dünn

Bier und Brezel dies und das

Bau und BGB Dichter und Denker

Beate und Betty doof und dämlich

Beruf und Berufung dichten und denken

Bildung und Beruf Dampf und Druck

Brot und Butter David und Goliath

Bits und Bytes *

biegen und brechen Gift und Galle

beginnen und beenden gelb und grün

basteln und backen Geld und Geduld

Bibel und Botschaft groß und günstig

beten und büßen Glamour und Glitzer

Baby und Buggy gut und böse

Buch und binden Geld und Kasse

bitten und betteln grad und krumm

bed and breakfast gucken und kaufen

billig und gut gesund oder krank

blau und grün golfen im Club


116 Kapitel 3 · Stimme

Redewendungen: Plosiv p/t/k – Vokal – Plosiv p/t/k

Pasta und Pizza Kopf an Kopf

Paul und Paula Kimme und Korn

Pop und Pep Kopf und Kragen

3 Post und Porto Kohl und Kraut

Papst und Palast Kunst und Kitsch

Pathos und Passion Kunst und Knete

Paphos und Patmos Kunst und Kultur

Piroschka und Paprika Kind und Kegel

Plan und Power Knautsch und Knete

Pleiten und Pannen kalt und kälter

* Kampf und Krieg

Tips und Tricks Kultur und Quatsch

Tag und Traum Kaffee und Kuchen

Tops und Trends Küche und Keller

Tod und Teufel Kirchen und Kapellen

Tiger im Tank Kommerz und Kasse

tanken und Total Konflikt und Klarheit

Totem und Tabu klipp und klar

Theater und Tand kreuz und quer

Taktik und Takt kräftig und knackig

Tisch und Tafel Kräuter im Käse


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
117 3
Wortgruppen: Plosiv – Vokal (Ableitung)

h h

Bann an Pass Bass Ass

bald alt Pop Bob ob

beben eben Pein Bein ein

Dinge Inge Paare Bahre Aare

Damen Amen Poren bohren Ohren

deinen einen Paten baden Aden

Gast Ast pellen bellen Ellen

Gier ihr

Geigen eigen Torf Dorf Orff

Gänge Enge Tann dann an

Paula Aula Teer der er

peng eng Tier dir ihr

Pinsel Insel Teck Deck Eck

Tiegel Igel Teiche Deiche Eiche

Tenne Änne

tauf auf Kern gern Ern

tapp ab keck Geck Eck

Kamm am Kabel Gabel Abel

Kinn in Keule Gäule Eule

kalt alt kalt galt alt

Kap ab Kasse Gasse Asse


118 Kapitel 3 · Stimme

Wortgruppen/Minisätze: Plosiv – Vokal


Hier soll der Plosiveinsatz des ersten Wortes beim schwierigen Vokaleinsatz des zweiten bzw. drit-
ten Wortes helfen.

Wortgruppen: Minisätze:

Bad Orb böse Ahnung bau es auf


3 bis Ulm billige Arbeit bei euch auch

bei euch dunkle Ecken bis auf eins

blick auf dünne Ausrede blaß ist in

das Obst dickes Ende Ball im aus

der Ort gute Antwort da ist er

die Alm großer Ärger der ist es

das All pure Offenheit denk ans Amt

der Abt Probleme ändern Dorn im Aug’

das Eck Politiker ärgern gib es auf

guck an preiswertes Angebot Gold im Erz

gib acht tolle Erkenntnis pack es an

pack es typische Anweisung paßt es ihr

trink aus täglicher Einkauf Punkt acht Uhr

kauf ein törichter Einfall Platz ist auch

kipp um traumhafter Anblick Pelz ist out

kalt ist’s kurze Aussage Tips an uns


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
119 3
Rufsätze/Ausrufe: Plosivhäufung
Lautstärke bzw. Stimmkapazität einsetzen mit lautunterstützenden Gesten!
Weder unter- noch übertreiben bei emotionaler Stimmfärbung!

der letzte Schrei! tolle Tage!

dicke Knüller! Städtetips!

täglich frisch! Sportreport!

der Sperrmüll! Platz da!

billig kaufen! bleib’ gesund!

dringend gesucht! tolles Programm!

das starke Stück! das neue Blatt!

Geld zurück! Tip des Tages!

kurze Bekanntgabe! Streß tut gut!

brandneu! für dich entdeckt!

dein Pech! die Tickets, bitte!

gesagt, getan! dreitausend Taler!

Sprichwörter und Weisheiten: Plosivhäufung

Am kostbarsten sind immer die Dinge, die keinen Preis haben.

(L. Rinser)

Ein Geschenk, das kein Opfer ist, ist kein Geschenk.

(J. Steinbeck)

Der Kluge ärgert sich über die Dummheiten, die er machte,


der Weise belächelt sie.

(C. Goetz)

(alle aus M. Barthel 1997)


120 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Plosivhäufung d/b

da busch

buschda

da busch

3 buschdada busch

buschdadada

buschdabusch buschda

buschdada

buschdabusch buschdada buschdadada

buschdadadada busch

da buschdadadada

da

daa

daaa

daaaa

daaaaa

daaaaaa

daaaaaaa

buschdabusch buschbuschbusch

buschdada

buschdabusch buschdada

buschdada bsch

(E. Jandl 1979)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
121 3
Lyrik: Plosivhäufung g/k

Gabelbissen Kugel

Was ist denn das Ein Kugelbaum

ein Gabelbissen ein Kugelbauch

möchte eine ein Kugelblitz

Gabel wissen die kugeln sich

bei einem Witz.

Nun mach mal

einer Gabel klar Kugel

was Gabelbissen und ein Kügelchen

ist und war die wollten auf

ein Hügelchen

Gabelbissen?

Gabelbissen? Es wollten auf ein Hügelchen

Hat da die Kugel

Gabel zugebissen? und ein Kügelchen

Gabelbissen? Ein Kugelbaum

Gabelbissen? ein Kugelbauch

Möcht ich ein Kugelblitz

selber gerne wissen. die kugeln sich

(J. Spohn 1987) bei einem Witz.

(J. Spohn 1987)


122 Kapitel 3 · Stimme

Text: Plosivhäufung k

Aufruf in der Zeitung

Jener Krokodilhalter, dessen Krokodil meinen Grog soff,

volltrunken Krocket spielte, Krocketschläger, Krocketkugeln,

3 Krokant und Kroketten fraß, sich gröblich im Krokus wälzte,

jener Krokodilhalter, dessen Krokodil ich keine Krokodilsträne nachweinte, wäre es bereits
krokolederne Krokotasche,

jener Krokodilhalter, dessen Krokodil ich wie ein Krokodilwächter bewache und wegen dessen
Krokodil ich bereits völlig groggy bin,

wird dringend ersucht, sein Krokodil Grockstraße 49 abzuholen und Schadenersatz zu leisten.

(Aus Sprachbastelbuch 1983)

Der Käfer

Über Käthes nacktes Knie

kriecht ein Käfer kühn und keck.

„I, das kitzelt“ kräht die Käthe,

„Kurt, komm, knips den Käfer weg!“

„Quatsch“, knurrt Kurt, „er kann nicht kneifen.

Kannst ihn künftig selber greifen.“

(A. Schulze 1965)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
123 3
Lyrik: Plosivhäufung p/t

Olla Podrida

Potztausend heißt es nun, Potztausend, das ist recht,

potztausend wieder was, potztausend muß es sein,

potztausend noch einmal, potztausend hat den Platz,

potztausend, was ist das, potztausend, das ist fein,

potztausend heut und morgen, potztausend allen Sachen

potztausend immerdar, dahinten und davorn,

potztausend ohne Sorgen, potztausend macht mich _lachen,

potztausend gutes Jahr. potztausend tut mir Zorn.

Potztausend guten Tag, Potztausend seht mich an,

potztausend großen Dank, potztausend lachet nicht,

potztausend nicht zu kurz, potztausend stutzt es nicht,

potztausend nicht zu lang, wenn man potztausend

potztausend in der Menge, spricht,

potztausend nicht zu breit, potztausend Sack von Enden,

potztausend nicht zu enge, potztausend mal gelacht.

potztausend nicht zu weit. Potztausend Komplimente.

Potztausend ist geflucht, Potztausend gute Nacht!

potztausend ist gebett, (Ch. Weise in Nimms leicht 1994)

potztausend geht noch hin,

potztausend klingt noch nett,

potztausend hin und wieder,

potztausend da und dort,

potztausend auf und nieder,

potztausend immer fort.


124 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Plosivhäufung t

Das T Die Zeit ist laut. Das ist ein Jammer.

Mit Trommelton und festem Tritte, Doch für das T ist das sehr fein:

so kommt im Trab das T daher. Bei Trambahn, Auto, Preßlufthammer,

3 Es trippelt leicht im Taubenschritte, da tritt das T geräuschvoll ein.

es trottet elefantenschwer.

Es trommelt, tutet, rattert, knattert. Wen wundert’s, daß das T auf Erden

Es trödelt, trällert, tänzelt, trabt. Lokomotiven gerne hat,

Es tobt und tost und tollt und tattert. da muß es ernst genommen werden

Es tippt und tupft. Es tropft. Es tappt. mit: tschuff und tüt und ratt und tatt.

Das T will heut den Thron erklettern,


Das T ist zeitgemäß, ihr Lieben,
es ruft sein Tut ins Telefon.
ist manchmal leis, doch meistens laut.

Und hart wird’s an den Schluß geschrieben:


Das T will wettern und will schmettern:
Fest, tot, gemacht. Vollbracht. Gebaut.
Trompetenklang und Trommelton!

(J. Krüss 1989)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
125 3
Vokale heller Stimmlage beginnt man die Übungen mit
dem geschlossenen o.
ⓘ Definition
Bei der Bildung des u sind die Lippen vorge-
Vokale sind Klangträger (Töne) und damit
schoben und nur in der Mitte geöffnet. Der vor-
stimmhafte Öffnungslaute, d. h. Laute, bei de-
dere Zungensaum stößt an die unteren Schnei-
nen der Atemstrom ungehindert aus dem Mund
dezähne. Die Zunge senkt sich hinter der Spitze
entweicht.
etwas, steigt zum harten Gaumen an und fällt
Zur Klangfarbengestaltung dieser Laute ist die
nach hinten ab. Man unterscheidet ein kurzes,
Resonanz der Ansatzräume (Mund- und Ra-
offenes u (z. B. krumm, Ruck) und ein langes,
chenraum) wesentlich; die Zunge kommt nicht
geschlossenes u (z. B. du, gut).
mit der Mittellinie des Gaumens in Berührung (v.
Der Vokal u, der ebenso wie das o zur dunk-
Essen 1981).
len Klangreihe gehört, ist im Verhältnis zu ande-
Vokale werden in drei Gruppen unterteilt: in ren Vokalen am schwierigsten zu bilden. Durch
Selbstlaute (o, u, a, e, i), Umlaute (ö, ü, ä) und die relativ hohe Stellung des Unterkiefers und
Diphtonge (ei, au, eu) ( s. hierzu auch Abschn. den stark verengten Lippenschluß wird die Ton-
„Lautgruppen“, S. 49). führung und -entfaltung im Inneren des Ansatz-
rohrs beeinträchtigt. Dadurch wirkt dieser Laut
Einsatz oft klanglos und dumpf. In den Übungen wird
Die Übungen mit verschiedenen Vokalen kön- dieser Vokal dennoch eingesetzt, und zwar zur
nen bei allen Stimmstörungen eingesetzt wer- Normalisierung der Stimmlage und zum „Nach-
den. Besonders geeignet sind sie jedoch bei fol- vorn-bringen“ des Stimmansatzes.
genden Störungen: Das a wird mit locker geöffneten Lippen ge-
▬ hypofunktionelle Störung, bildet. Die Zunge liegt flach im Mund und ist et-
▬ „kleine“ Stimme (dünn, leise, wenig tragfä- was nach unten gespannt. Der vordere Zungen-
hig), rand berührt leicht die unteren Schneidezähne.
▬ Stimmlippenlähmung. Man unterscheidet ein vorderes, helles, kurzes
a (z. B. acht, Dach) und ein hinteres, dunkles a
Bildung der einzelnen Laute (Abend, damals). Der Vokal a kann am leichtes-
(Reusch 1971, Wirth 1994) ten und natürlichsten gebildet werden. Die ers-
Bei der Bildung der Vokale sind Zungen- (Zun- ten Sprachäußerungen des Kindes beginnen mit
genrücken) und Lippenbewegung entscheidend. diesem Laut („Urlaut“).
Diese beiden Komponenten bestimmen die je- Die Artikulation des a setzt eine völlige Ent-
weils spezifische Klangfarbe. spanntheit aller Muskelpartien voraus. Wird bei
Zu den dunklen Vokalen gehören o und u; a der Lautbildung von einer stummen h-Einstel-
gilt als neutral. Als helle Vokale werden e und i lung, d. h. von einer Weitung des Mund- und Ra-
bezeichnet. chenraums ausgegangen, erhält das a einen un-
Bei der Bildung des o sind die Lippen leicht gezwungenen und natürlichen Klang. Wichtig
vorgewölbt. Der vordere Zungensaum berührt ist es, den Stimmansatz nach vorn in die Nähe
die unteren Schneidezähne. Der Zungenrücken der oberen Zahnreihe zu bringen.
senkt sich etwas oder ist flach und steigt dann Dennoch wird das a häufig falsch gebildet;
nach dem weichen Gaumen zu. Man unterschei- in solchen Fällen klingt es kehlig, fast herab-
det ein kurzes, offenes o (z. B. offen, Topf) und gepreßt und ohne entsprechende Weitung. Der
ein langes, geschlossenes o (z. B. Lob, oben). Das Tonansatz findet dann nicht weit genug vorn im
offene o klingt heller als das geschlossene. Bei Ansatzrohr statt.
126 Kapitel 3 · Stimme

Bei der Bildung des e sind die Lippen weni- Der Vokal ü bildet den Übergang vom
ger weit geöffnet und der Kieferwinkel ist klei- Stammlaut u zum hellsten Vokal i. Die Lippen
ner als beim a. Der vordere Zungensaum liegt sind wie beim u gespannt und kräftig rund vor-
an den unteren Schneidezähnen. Der Zungenrü- gestülpt. Die Mittelzunge ist gehoben. Phone-
cken wölbt sich zum harten Gaumen, die Zun- tisch besteht aufgrund der gleichen Zungenlage
genränder stoßen an die oberen Backenzähne. und Lippenform eher eine Verwandtschaft zum
Man unterscheidet ein kurzes, offenes e (z. B. ö, wobei jedoch beim ü der Klangraum stärker
3 bellen, Neckar) und ein langes, geschlossenes e verengt wird.
(z. B. leer, mehren). Der Vokal ä wird ähnlich gebildet wie das
Der Vokal e ist mit all seinen Schattie- a: Die Mundstellung ist fast dieselbe, nur das
rungen einer der wichtigsten Laute unserer Klangvolumen ist durch die leicht gehobene
Sprache. Die unterschiedlichen Klangschat- Zungenspitze etwas verringert. Der Rachen-
tierungen entstehen durch die Zusammen- raum ist weiter als beim a, der Tonansatz liegt
ziehung verschiedener Grundvokale (a–i–e/ am vorderen harten Gaumen. Der Vokal ä ge-
o–ö–e). hört zu den hellen Vokalen und gilt als Misch-
Bei der Bildung des i sind die Mundwinkel laut zwischen a und i. Seine Bildung ist etwas
etwas zur Seite gezogen, der Kieferwinkel ist schwieriger als die der anderen Vokale.
relativ eng. Der vordere Zungensaum liegt an Die Bildung der Doppellaute (Diphtonge) ei
den unteren Schneidezähnen. Die Vorderzunge und ai beruht auf einer Lautverschmelzung, die
wölbt sich an den harten Gaumen. Man unter- mit a beginnt und mit i endet. Der Doppellaut
scheidet ein kurzes, offenes i (z. B. ich, Licht) besteht also aus zwei Vokalen, die zwar durch
und ein langes, geschlossenes i (z. B. Isar, Die- möglichst rasche Aufeinanderfolge zu einer
ner). Klangeinheit verschmolzen werden, ihre spezi-
Der Vokal i ist der hellste Selbstlaut. Die fischen Klänge aber noch erkennbar bleiben. Es
leicht angehobene Zungenspitze ist das wich- handelt sich hier quasi um eine schnelle Gleitbe-
tigste Organ für die Bildung dieses Vokals. Das wegung im Artikulationsverlauf zweier Vokale.
i wird daher auch Zungen- oder Engelaut ge- Die Bildung des Doppel- oder Zwielautes au
nannt, im Gegensatz zu Lippen- oder Raumlau- erfolgt ohne Schwierigkeit vom a zum o oder
ten wie o und u. u. Das au zählt zu den dunklen Vokalen. Der
Probleme können entstehen, wenn der Laut volltönende, abgerundete Klang aller im au zu-
i gedehnt ist durch ein sog. Dehnungs-e, dem sammengefaßten dunklen Vokalstimmungen
dann ein r folgt (z. B. Bier, hier). Hier ergibt sich verleiht diesem Laut eine besondere Ausdrucks-
oft eine unschöne Vokalsenkung (Verdunke- kraft. Auch hier findet eine Gleitbewegung im
lung), die mit dem Abknarren ( s. S. 142) ver- Artikulationsverlauf statt.
gleichbar ist. Die Bildung des Doppellautes eu erfolgt über
Der Vokal ö ist ein Mischlaut zwischen o und den Anlautvokal o hin zum Laut i. Der Doppel-
e. Die Lippenstellung ist ähnlich dem o gespannt, laut eu steht zwar dem neutralen a am nächsten,
kräftig nach vorn gewölbt und eng gerundet. weist aber doch auf die dunkle Vokalreihe (o
Der Zahnreihenabstand ist gering. Der vordere und u) hin.
Zungenrand hat Kontakt mit den unteren Front-
zähnen. Die Bildung erfolgt am einfachsten vom Ziele und Wirkung
hellen e zum ö. Man unterscheidet ein kurzes, Übungen mit Vokalen am Wortanfang dienen
weites ö (z. B. können, Löffel) und ein langes, en- der Prüfung, Beurteilung und Schulung des
ges ö (z. B. Föhn, Söhne). Stimmeinsatzes. Da der Vokaleinsatz in der
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
127 3
deutschen Sprache recht häufig vorkommt, soll- hygienischen Glottisschlag, der geflüstert ist. Die
te man ihn besonders gründlich erarbeiten. Atemluft staut sich unterhalb der Stimmlippen.
Im einzelnen werden bei den Übungen mit Im Moment der Freigabe der Luft kommt es je-
Vokaleinsatz folgende Ziele angestrebt: doch nicht zu Stimmlippenschwingungen, son-
▬ dosierte Luftabgabe, dern zu einem weichen Glottisschlag (Knall),
▬ Rückhaltekraft in der Atemmuskulatur, der dem festen Stimmeinsatz entspricht.
▬ Erschließung von Resonanzräumen,
▬ klangvolle, schwingungsfähige Stimme, Die Übung des Ventiltönchens nimmt unmittelbar auf den
▬ Lautheit, Tragfähigkeit der Stimme. Stimmritzenmechanismus, auf Schwingungsform, Öff-
nungsweite und Schlußdichte der Stimmlippen Einfluß. Es
(Saatweber in Grohnfeldt 1994)
ist zur Eigenwahrnehmung sehr gut geeignet, zur Kräftigung
der Stimmlippen und Bewußtmachung der Glottisfunktion
Beim Stimmeinsatz mit Vokal handelt es sich (Gundermann 1991).
um den schwierigsten Lauteinsatz. Beginnt ein
Wort mit einem Vokal, so muß das Zusammen- Das Ventiltönchen sollte klingen wie ein fal-
spiel der beiden stimmbildenden Kräfte – Atem lender Tropfen auf ein Blech (Tropfenfall, „jum-
und Stimmlippen – ganz besonders fein abge- ping beans“, Knallerbsen, Platzen von Seifenbla-
stimmt sein. sen).
Vokaleinsätze werden am besten in Gähn- Bei korrekter Bildung des Ventiltönchens
stellung geübt. Die Gähnstellung bildet die op- kann weder ein Pressen noch ein Verhauchen des
timale Voraussetzung für eine ungehinderte Lautes entstehen. Dies gelingt vielen Patienten
Tonbildung und erhöht die Leistungsfähigkeit durch Nachahmung des Therapeuten. Zur Un-
der Stimme. terstützung dieser Übung können Vorstellungs-
Bei Erkältung oder Überlastung sollten hilfen wie das Spannen eines Gummibands, das
Übungen mit Vokaleinsätzen vermieden wer- Antippen eines Luftballons oder das Anklicken
den. einer Computertastatur gegeben werden.
Bei einer guten Schallraumweite, zu errei-
Einstiegsübungen chen durch die Gähnstellung, läßt man den
Bevor der Patient mit den Übungen im Vokal- Vokal tonlos – fast ohne Luft – im Sekunden-
bereich beginnt, kann als Vorübung die Ab- abstand mehrmals hintereinander mit leichtem
knallübung nach Fernau-Horn (1954) durchge- sauberen Knall „tropfen“. Die Zunge ist bei die-
führt werden. ser Übung locker, es erfolgt keine Federung von
Kehlkopf und Zwerchfell.
Vorübung für den weichen Vokaleinsatz ist der stimmlose Der Therapeut sollte bei diesen Vorübun-
Glottisschlag, den ich wegen seines charakteristischen Ge-
gen darauf achten, daß hierbei nicht „gemogelt“
räusches als Abknall bezeichne (Schillings „Ventiltönchen“).
Schon bei dieser Vorübung müssen mit Sorgfalt die zwei
wird, d. h., daß man nicht mit dem Zungenrü-
Phasen unterschieden werden: cken an das Gaumensegel drückt. Dabei entsteht
1. Phase: Einstellen der Vokalform, Gähnfassung und ein Laut ähnlich dem g oder k. Hauchtönchen
Glottisschluß mit angehaltenem Atem. und doppelte Tönchen sollten ebenfalls vermie-
2. Phase: Sprengung des Glottisschlusses durch den unter- den werden.
halb stehenden Überdruck, jedoch ohne Ausatembewe-
Für den zunächst stimmlosen Vokaleinsatz
gung und ohne Phonation (Fernau-Horn 1954).
sind die nun folgenden Übungen hilfreich, bei
denen die „Wortreste“ zunächst nur artikuliert,
Anders ausgedrückt, handelt es sich beim d. h. lautlos gesprochen werden sollten (Pseu-
sog. Ventiltönchen (Abknall) um einen weichen, doflüstern). Nach der Übung mit Ventiltönchen
128 Kapitel 3 · Stimme

werden dann alle Laut-, Wort- und Satzbeispiele


mit Normalstimme gesprochen, d. h. mit physi- Wechselnder Vokal
ologisch weichem Stimmeinsatz.
Satzebene: Ada achtet auf ihr Auto.
Udo übt oben auf einer Orgel.
Gleicher Vokal
Sprichwort: Nicht alles Originelle ist gut,
Lautebene: a-a-a-a-a / o-o-o-o-o / ä-ä-ä-ä-ä aber alles Gute ist originell.
3 Wortebene: Abt – Akt – Ast / Ost – oft
– Obst
Die folgenden Übungsvorschläge mit Vo-
Minisätze: und um Ulm / Ernst erbt es kaleinsatz bieten sich auch zur Arbeit mit dem
Ventiltönchen an.

Wechselnder Vokal

Lautebene:

a-o-e-u-i / ö-ä-ü-ei-au-eu

wechselnder Vokal in Redewendungen:

a-u-a h ab und an

e-o-i h er oder ich

u-a-u h um acht Uhr

ei-u-au h ein und aus


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
129 3
Von Laut- zu Wortebene: alle Vokale

o ob Ostblock Ortsdurchfahrt Oktoberfest

u und Umschau Unterkunft Unterhaltung

a ab Abstand Atlantik Akrobatik

e echt Eckbrett Entdeckung Erntedankfest

i ist Iltis Isidor Intercity

ö ölt Öltank Ödipus Ökumene

ü übt Übung Überblick Übermüdung

ä äst ähnlich Ägäis Äthiopien

ei eilt Eilpost Eiseinbruch Eitelkeiten

au auf Ausbau Ausländer Auswanderer

eu euch Euter Europa Europarat

Satzebene: alle Vokale

o Oft opfert Otto offiziell Obst oder Oliven.

u Um uns ufert Unflat und Unkraut.

a Am Abend arbeitet Adam anders als andere.

e Er eckt eher mit Egon an als mit Ehefrau Edda.

i In Israel ist Ibrahim immer integriert.

ö Öl öffnet Ölfirmen öffentlich Ölquellen.

ä Älterwerden ändert Ähnlichkeiten.

ü Übrige Übungen überlegt üben.

ei Ein Einhorn eilt eigentlich einsam einher.

au Außerhalb Autobahnen auf Auffahrten aufpassen.

eu Heuer ist Heu über Heu ein Heuberg.


130 Kapitel 3 · Stimme

Aufbau von Wort- zu Satzebene: Vokale o/u/a/e/i/ö/ü/au

ob in

ob oft in Isny

ob oft oben in Isny ist’s

3 ob Olga oben ordnet in Isny ist’s interessant

ob Olga oben oft ordnet in Isny ist’s irre interessant

uns öfter

unter uns öfter öffnen

unter uns Urlaubern öfter öffnen Ökologen

Unruhe unter uns Urlaubern öfter öffnen Ökos öffentlich

unter Umständen unser Urlaub öfter öffnen Ökos öffentlich Ödes

als übe

als Anna übe Übungen

alle achteten Anna übe übliche Übungen

an Anna achteten alle Alles übe übrigens Übungen

aber Anna achtet alles an Anderen übe übrigens Übungen überall

er auf

er erbt Augen auf

er erbt eben Augen auf Autos

er erbt eben etwas Augen auf auf Autobahn

er erbt eben etwas Echtes auf Ausfahrten Augen auf

er erbt eben etliche echte Engel auf Ausfahrten Augen auf Autos
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
131 3
Minisätze: Vokale, wechselnd

oft Obst im Osten auf einmal

einst oft im Unmut auf Ehre

um uns im Urlaub auf Abruf

und ihr im Irrtum auf Erden

am Eck im Innern auf Abstand

an euch im Internet auf Anraten

an ihn im Angebot auf Empfehlung

er übt in Ungarn *

er ahnt in Aussicht ein Opfer

er ißt in Asien ein Oskar

er irrt * ein Ausweg

erst acht aus Unfug eine Absprache

im Aus aus Übermut *

im Amt aus Anstand ohn’ Unterlaß

ihr auch aus Ärger oben ohne

ein Akt aus Ehrgeiz ohne Obdach

auf Eid aus Instinkt ohne Eile

auf Alt aus Erfahrung *

aus Angst als Ersatz unser Echo

aus Eis als Info unsere Idee

auf’s Aug ans Ende umsichtige Eltern


132 Kapitel 3 · Stimme

Minisätze: Vokale, wechselnd

Erweiterungen:
h

im Ort im unteren Ort oh, ihr Alleswisser

3 in Ordnung in aller Ordnung aus ernstem Anlaß

am Ufer am anderen Ufer ein alleiniges Erbe

ein Urteil ein ordentliches Urteil Ecu in Europa

am Abend am ersten Abend aus Erfahrung anders

in Allem alles in Allem Antwort auf Anfrage

eine Antwort eine ehrliche Antwort endlich eine Existenz

ohne Absicht ohne alle Absicht alles eine Utopie

am Ende am oberen Ende etwas über andere

eine Ecke in einer Ecke allererster Anfang

im Innern allein im Innern öffentlicher Ärger

in Indien im alten Indien übliche Unterhaltung

eine Insel eine einsame Insel ärgerliche Antwort

ihr Interesse ihr echtes Interesse übe echte Anteilnahme

aus Österreich Ötzi aus Österreich Echtes aus Asien

am Ölberg am Oliven-Ölberg an einem andern Ort

ein Übel ein Übel ändern Arbeiten unter Aufsicht

in Ägypten im antiken Ägypten Info über Aktuelles

im Eifer im Alltagseifer Öko am Arbeitsplatz

in Eile in aller Eile Austern am Atlantik

im Auto in eurem Auto Alarm im All

ans Ende ans untere Ende


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
133 3
Redewendungen: Vokale, wechselnd

A und O Übel aller Übel

um und um alles über uns

ab und an Orient und Okzident

an und aus Europa und Asien

aus und ein Angst und Aufregung

auf und ab Arktis und Antarktis

Auge um Auge Einsicht und Absicht

Ochs und Esel Aktion und Avantgarde

über und über Eitelkeit und Ehrgeiz

einer und alle Odysee und Ilias

Arm in Arm umdenken und erneuern

Ost ist Ost entspannen und aufatmen

es ist aus einatmen und ausatmen

auf eine Art aufgehen und untergehen

in unsre Arme umwerfen und aufbauen

immer und ewig erhitzen und abkühlen

innen und außen einfrieren und auftauen

oben und unten arbeiten und ausruhen

Abend um Abend ungern in Ungarn

einzig und allein ausgewogen und ansprechend

immer und überall originell und übermütig

alt und arm Ökologie und Ökonomie


134 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Vokale im Anlaut und Inlaut

Oase Aida inaktiv

Open Air Aorta ideell

Opernarie Abart ineinander

3 Op-Art Achteck inoffiziell

Osterei Alteisen inoperabel

Obsternte abarbeiten interaktiv

Ostende abisolieren Innenohr

Ostafrika Allererster Innenausbau

Ordnungsamt Ackerarbeit Innenarchitekt

Osterinsel Apfelernte Inselerlebnis

Ostanatolien Abendanzug Inhaltsangabe

Olivenöl Aktionsart indoeuropäisch

* * *

uralt Erbonkel einatmen

Urahn Erzengel einüben

Unart Eselsohr einigeln

Urenkel Eröffnung einordnen

Unordnung Entartung Einakter

Umarmung Enteignung einäugig

Unterarm Erinnerung einarmig

umarbeiten Eroberung Eigenart

unabänderlich erahnen Eiderente


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
135 3
Wortebene: Vokale im Anlaut und Inlaut

Übereifer ausufern Eulenart

überanstrengt ausüben Euroamt

überirdisch ausarten euroähnlich

überarbeitet aufarbeiten eure Arbeit!

* außerirdisch *

Ölofen Augapfel Ährenernte

Ölalarm Auerochse Ästeabfuhr

Ötzalpen Außenanstrich Ärzteausschuß

Öffentlichkeitsarbeit Augen auf! Ärgerausbruch

Sprichwörter/Weisheiten: Vokalhäufung

Es ist unglaublich, was Ungläubige


alles glauben müssen.
(Kardinal Faulhaber)

Ich halte die Vergangenheit in Ehren,


aber ich denke unablässig an die Zukunft.
(G. Bernanos)

Ungeduld ist die einzige Eigenschaft der


Jugend,
deren Verlust man im Alter nicht beklagt.
(F. Thiess)

(alle aus M. Barthel 1977)


136 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Vokalhäufung

Alltag Ich setze mich in ein Lokal.

Ich erhebe mich. Ich sättige mich.

Ich kratze mich. Ich beeile mich.

3 Ich wasche mich. Ich betrinke mich.

Ich ziehe mich an. Ich amüsiere mich etwas.

Ich stärke mich. Ich mache mich auf den


Heimweg.
Ich begebe mich zur Arbeit.
Ich wasche mich.
Ich informiere mich.
Ich ziehe mich aus.
Ich wundere mich.
Ich fühle mich sehr müde.
Ich ärgere mich.
Ich lege mich schnell hin.
Ich beschwere mich.
Was soll aus mir mal werden,
Ich rechtfertige mich.
wenn ich mal nicht mehr bin?
Ich reiße mich am Riemen.
(R. Gernhardt 1989)
Ich entschuldige mich.

Ich verabschiede mich.

Kleiner Unterschied Genau dasselbe, höchstwahrscheinlich.

Ein Mensch, dem Unrecht offenbar Der ganze Unterschied liegt nur

Geschehn von einem andern war, In unsrer menschlichen Natur,

Prüft, ohne eitlen Eigenwahn: Die sich beim Unrecht-Leiden rührt,

Was hätt in dem Fall ich getan? Doch Unrecht-Tun fast garnicht spürt.

Wobei er festgestellt, wenns auch peinlich: (E. Roth 1990)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
137 3
Lyrik: Vokalhäufung Vokale ä/a

Das Barsch-Begräbnis Was wär ...

Es starb einmal ein alter Barsch. Was wär ein Apfel ohne -sine,
Der ward mit einem Trauermarsch was wären Häute ohne Schleim,
Begraben auf dem Grund vom Bach. was wär die Vita ohne -mine,
Ach. was wär’n Gedichte ohne Reim?
Was wär das E ohne die -lipse,
Der alte Barsch war, wenn auch alt,
was wär veränder ohne -lich,
Sehr rank und schlank noch von Gestalt.
was wären Kragen ohne Schlipse,
Drum weinten ihm die Barsche nach.
und was wär ich bloß ohne dich?
Ach.
( H. Erhardt 1984)
Die alte Barschin, seine Frau,
Die weinte sich die Augen blau.
Da schwoll das Wasser an im Bach.
Ach.
Heutige Weltkunst
Laut weinten alle an dem Grab:
Anders sein und anders scheinen,
Barschdame, -mädchen, -mann und -knab.
Anders reden, anders meinen,
Und übers Ufer trat der Bach.
Alles loben, alles tragen,
Ach.
Allen heucheln, stets behagen,
Doch nach zwei Tagen ging zum Glück Allem Winde Segel geben,
Die Bach- und Tränenflut zurück. Bös- und Gutem dienstbar leben;
Manierlich floß im Bett der Bach. Alles Tun und alles Dichten
Ach. Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen,
(J. Krüss in Zehetmeier 1986)
Kann politisch heuer heißen.

(F. v. Logau in Reiners 1995)


138 Kapitel 3 · Stimme

Lesetext: Vokalhäufung

Unser Garten

Gleich am Wald liegt einsam unser kleiner Garten.


Von Ährenfeldern und Ahornwäldern umgrenzt,
ist er unsere ganze Freude.
3 Goldene Astern blühen am Weg.
Die unendliche Ebene schimmert saftig grün.
Unzählige kleine weiße Sterne leuchten aus dem Rasen.
Wie mich das eintönige Summen der Insekten ermüdet,
das leise Zwitschern der Amseln.
Wenn die Dämmerung allmählich das leuchtende Blau
des wolkenlosen Abendhimmels überzieht, verstummen die Vögel.
Aber um so intensiver wird der Duft der Akazien und Rosen.
Vom Wald her atmet Kühle. Doch die Hauswand strahlt noch
aufgespeicherte Sommerwärme aus.
Wenn wir uns gegen die warme Wand lehnen, können wir
noch lange so ausruhen, in das Aufblitzen der Sterne emporblicken
und unseren Gedanken nachhängen.
Welch schöne Harmonie, wenn es ein arbeitsreicher Tag war,
den man überdenkt, wenn das frohe Gefühl ehrlicher Arbeit
und Zufriedenheit mit sich selbst uns diese angenehme Entspannung schafft.

(C. Zacharias 1967)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
139 3
Lesetext: Vokaleinsätze

Engadiner Alpenanemonen

Die einsame Insel innerhalb der Einöde unseres


Engadiner Landes ist unseres Erachtens einzig und allein
in unerhört eiserner Anstrengung zu erobern.

Zu allererst beobachtete und beäugte der inzwischen


uralte Erwin Ulmer in einzigartiger akribischer Arbeit alle
acht übergeordneten Arten und alle elf untergeordneten
Unterarten unserer einheimischen Oberengadiner und
Unterengadiner Alpenanemonen und erachtete es am Ende als
eine äußerst ideale Aufgabe, alle acht übergeordneten Arten
und alle elf untergeordneten Unterarten in eine einzige
einheitliche Ordnung aller Alpenanemonen einzuordnen.

Er erhielt in Anbetracht seiner außerordentlichen Ergebnisse


eine angemessene Auszeichnung in der Form einer vergoldeten
Anemone.
Alle Achtung, Herr Erwin Ulmer.

(unbekannt)
140 Kapitel 3 · Stimme

Lesetext: Vokalhäufung

Die Fahrt auf der Autobahn dauerte mit unserem alten Auto acht Stunden mit einem angemes-
senen Aufenthalt.
Elf freie Tage lagen vor uns – Urlaub, Ausschlafen.
Einfach freie Zeit haben, ausgedehnte Spaziergänge und Ausflüge mit einem Boot zur nicht
weit entfernten Insel unternehmen – das alles bedeutete für uns Erholung. Welch eine Aussicht !
3 Als wir ankamen, war es fast schon dunkel. Augenblicklich holten wir unsere Koffer aus dem
Auto, um sie ins Innere der Hütte zu bringen.
Obwohl es bereits dunkel war, konnte uns nichts davon abhalten, schon am ersten Abend einen
Strandspaziergang zu machen.
Alle liefen, als ob uns jemand jagte, voller Erwartung in die Richtung, aus der uns das Rauschen
des Meeres entgegenschallte.
Endlich lag es vor uns, gewaltig, mächtig und dunkel, aufgewühlt vom Sturm. Je näher wir
herankamen, desto lauter wurde das Rauschen, so daß wir bald stumm, ohne Worte, die uns in
diesem Moment eh’ überflüssig erschienen wären, nebeneinander barfuß über den kalten Sand
liefen.
Wie unbeschreiblich gut es tat, den Wind auf der Haut zu spüren, tief einzuatmen und ohne den
Zwang, reden zu müssen, die Natur so ganz und gar erleben und genießen zu können!

(unbekannt)
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
141 3
Lesetext: Klingereinsatz und Vokaleinsatz

Zum Atmen

Beim Atmen muß man so vorgehen:


Man behält den Atem, und er sammelt sich.
Wenn er sich gesammelt hat, dehnt er sich aus.
Wenn er sich ausdehnt, geht er nach unten.
Wenn er nach unten geht, wird er ruhig.
Wenn er ruhig geworden ist, wird er fest.
Wenn er fest geworden ist, beginnt er zu keimen.
Wenn er ausgekeimt ist, wächst er.
Wenn er gewachsen ist, muß man ihn zurückdrücken.
Wenn er zurückgedrückt ist, erreicht er den Scheitel.
Oben drückt er dann gegen den Scheitel,
unten drückt er abwärts.

Wer dieses befolgt, lebt;


wer das Gegenteil davon tut, stirbt.

(Nach einer Inschrift auf 12 Jadesteinen aus dem


6. Jahrhundert v.Chr., zitiert nach Lodes 1987)
142 Kapitel 3 · Stimme

Stimmabsatz, „Abknarren“ Hinweise zu den Übungen


In Fachbüchern wird das Thema „Stimmab- Als besonders günstig für die Therapie hat sich
satz“ oft nur kurz erwähnt. Meiner Meinung die Frage- und Antwortintonation erwiesen. An-
nach ist die Therapie des Stimmabsatzes jedoch fangs sollten Fragewörter eingesetzt werden, die
besonders dann angezeigt, wenn ein Abknarren mit dem dunklen Klinger w anlauten und mit
hörbar ist und die Stimme dadurch unsauber den hellen Vokalen i und e enden (wie, wer, wen
klingt. etc.). Diese Übung ist gleichzeitig auch Training
3 Das Abknarren entsteht dadurch, daß die für den weichen Stimmeinsatz. Mit fortschrei-
Stimmlage am Wort- bzw. am Satzende um ein tenden Übungsstunden werden auch andere Vo-
bis zwei Töne nach unten gedrückt (gepreßt) kal- und Klingerendungen erarbeitet, mit und
wird. Besonders anfällig für das Abknarren ist ohne Frageintonation.
der Laut a (z. B. ja, Mofa, Lama etc.). Weitere Übungsinhalte bieten Fragesätze
sowie Frage- und Antwortdialoge, die zunächst
Einsatz mit dem Therapeuten wechselseitig geübt wer-
Die Übungen zum Stimmabsatz werden zur den. Der Patient sollte anfangs mit der Frage be-
Therapie eines störenden Abknarrens einge- ginnen, und der Therapeut antwortet. Hier er-
setzt. Nicht alle funktionellen Dysphonien sind weist sich als günstig, daß sich in der Satzfrage
notwendigerweise mit dieser Störung verbun- die Frageintonation über die gesamte Äußerung
den. erstreckt. So beginnt beispielsweise der Frage-
satz „Wie war das Wetter?“ der Tonfall im tie-
Ziele und Wirkung feren Bereich der Sprechstimmlage und gleitet
▬ Bewußtmachen und Beseitigung des Abknar- dann nach oben, bis er am Ende den höchsten
rens. Punkt der Fragemelodie erreicht. Beim Aussa-
▬ Beeinflussung des Abdrückens der Stimmlage gesatz „Sehr gut, wunderschön!“ hingegen glei-
(d. h. Anheben der ein bis zwei nach unten ab- tet der Ton ausgehend von der angehobenen
gedrückten Töne, die unterhalb der mittleren Sprechstimmlage nach unten. Der Abfall des
Sprechstimmlage liegen). Tons markiert gleichzeitig das Satzende.
Die in diesem Übungsteil enthaltenen Ge-
Meiner Erfahrung nach ist das „Abknarren“ dichte mit Häufung der Frageintonation und
relativ leicht in den Griff zu bekommen und ab- Ausrufen dienen der Festigung des Stimmabsat-
zustellen. Bei manchen Patienten genügt schon zes und somit der Normalisierung der Sprech-
das Bewußtmachen des „Abknarrens“, bei an- stimmlage. Anschließend an die Gedichte folgen
deren können einige der angeführten Übungen Übungen, die gleichzeitig dem Training von
in wenige Therapiestunden eingebaut werden. Stimmeinsatz und Stimmabsatz dienen.
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
143 3
Dialogform (Frage – Antwort): Klinger w

Wortebene: Wortgruppen:
h h

wer? sie! wer will? sie nicht!

wen? mich! wie weit? sehr weit!

wem? ihm! wer weiß? niemand!

was? nichts! wie lang? sehr!

wo? hier! wie war’s nett!

wann? nie! wer hilft? sie!

welche? seine! für wen? für Max!

wessen? meine! mit wem? mit Leo!

wieviel? viel! was soll’s? nicht viel!

wofür? für ihn! was sonst? nichts!

womit? hiermit! was macht’s? wenig!

weshalb? deshalb! was jetzt? weiß nicht!

wohin? dahin! wer nun? nicht jeder!

warum? darum! mit mir? nein!

Satzebene:
h

Wie war das Wetter? Sehr gut, wunderschön!

Wie war die Fahrt? Lang und langweilig!

Wie geht es Ihnen heute? Fabelhaft! Herrlich!

Wie geht’s der Stimme? Naja, wird besser!

Wollen wir arbeiten? Ja sofort, mal hören!

Macht es Ihnen Spaß? Ja, sehr viel!


144 Kapitel 3 · Stimme

Dialogform (Frage – Antwort): Stimmeinsatz, wechselnd

Du! Ja?

Hallo! Hallo?

Da läuft er! Wo?


3
Da! Wo denn?

Na, da hinten! Ich seh’ nichts!

Na, da läuft er doch! Der da?

Nein, der andere! Ach der?

* *

Gib her! Jetzt gleich?

Sofort! Warum?

Gib jetzt her! Was denn?

Du weißt schon! Nein!

Gib sofort her! Immer ich!

Aber sicher! Meinetwegen!

* *

Ist was? Nö!

Du hast doch was! Nein!

Sag’s doch! Ich?

Ja, du! Nein, nein!

Hast du wirklich nichts? Ach was!

Ich seh’s dir doch an! Mir?

Ja, wem denn sonst? Das glaub’ ich nicht!

Lügst du etwa? Ein bißchen!


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
145 3
Minisätze mit Frageintonation: Klinger w

was wäre wenn? wollen sie noch mehr?

wer weiß wann? wie wird’s wohl sein?

wer wählt wen? was sagt sie nun?

was soll sein? wer nimmt mich mit?

wer sagt was? was will sie jetzt?

wer schreibt mir? wieso werden sie weich?

wer läuft los? weshalb wollen sie’s wissen?

wo laufen sie? wie war Wien?

wo wohnen sie? wer sind sie?

wer weiß warum? was war los?

was war vorher? wer macht was?

was wissen sie? was wird werden?

machen sie mit? weißt du was?

wer will nochmal? woher wissen sie?

worüber lachen sie? wundert sie das?

warum weinen sie? weinen sie leicht?

wann fahren sie? wußten sie schon?

wen lehrt sie? wählen sie nicht?

wie lernt sie? wirken sie Wunder?


146 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Frage-Antwort-Intonation

Was verkürzt mir die Zeit?


Tätigkeit!
Was macht sie unerträglich lang?
Müßiggang!
Was bringt in Schulden?
3 Harren und dulden!
Was macht gewinnen?
Nicht lange besinnen!
Was bringt zu Ehren?
Sich wehren!

(J. W. v. Goethe in Reiners 1995)

Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?


Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
„Mein Sohn, was birgst du so bang dein
Gesicht?“
„Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif?“
„Mein Sohn, es ist nur ein Nebelstreif!“

(J. W. v. Goethe, gekürzt, in Reiners 1995)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
147 3
Lyrik: Frageintonation

Wieso Warum?

Warum sind tausend Kilo eine Tonne?


Warum ist drei mal drei nicht sieben?
Warum dreht sich die Erde um die Sonne?
Warum heißt Erna Erna statt Yvonne?
Und warum hat das Luder nicht geschrieben?

Warum ist Professoren alles klar?


Warum ist schwarzer Schlips zum Frack verboten?
Warum erfährt man nie, wie alles war?
Warum bleibt Gott grundsätzlich unsichtbar?
Und warum reißen alte Herren Zoten?

Warum darf man sein Geld nicht selber machen?


Warum bringt man sich nicht zuweilen um?
Warum trägt man im Winter Wintersachen?
Warum darf man, wenn jemand stirbt, nicht lachen?
Und warum fragt der Mensch bei jedem Quark: Warum?

(E. Kästner 1959)


148 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Frageintonation

Hast du auch ein Kind?

Können Blumen schlafen?


Ist der Mond ein Mann?
Bindet man im Hafen
3 auch das Wasser an?

Fallen Sterne runter?


Wem gehört der Wind?
Gehen Wellen unter?
Hast du auch ein Kind?

Kann man Liebe malen?


Gibt es bunten Schnee?
Wie erzählt man Zahlen?
Tun Schmerzen weh?

Krieg’ ich auch mal Sorgen?


Guckt der liebe Gott?
Ist es weit bis morgen?
Gibst du mir Kompott?

Weißt du kein Gedicht mehr?


Werde ich bald groß?
Brauch ich dich dann nicht mehr?
Warum weinst du bloß?

(M. Frances 1994)


3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
149 3
Stimmeinsatz – Stimmabsatz

Klinger – lange Vokale

Beispiel:

jaaaa so wo See

crescendo nie je muh

sie mäh mau

Klinger – lange Vokale

Beispiel: Ma Maja Muh Muli ha Hajo

Maaaa Maaajaaaa
sah Sarah lauh Laura Fa Farah

sie Silo wie wieso Schuh Schu-


crescendo crescendo –
le
decrescendo so Soja ja Jago Vieh
viele

Plosive – lange Vokale

Beispiel: die Diva Tee Tele tu Thuja

diiie Diivaaa da dato Kuh Kuli ta Tara

crescendo geh Gero Ka Kaba Tau Taube


decrescendo
– crescendo

Vokaleinsatz –
Klingerabsatz

Beispiel:
Ohm ihn Ahn
Ooohm
ein Öl ihm
decrescendo
150 Kapitel 3 · Stimme

3.8 Mutationsstörungen 3.9 Therapie: Mutationsstörungen


(Stimmwechselstörungen)
In folgenden Fällen ist bei Jugendlichen eine
Therapie empfehlenswert:
ⓘ Definition
▬ wenn sich der Stimmwechsel über das Alter
Als Stimmutation (Stimmwechsel) bezeichnet
und den oben genannten Zeitraum hinaus er-
man das Absinken der mittleren Sprechstimmla-
streckt;
ge in der Pubertät, also beim Übergang vom Kin-
3 ▬ wenn die erhöhte Sprechstimmlage beibehal-
desalter zur Geschlechtsreife (vgl. Wirth 1995).
ten wird und das Kippen der Stimme (oft über
Der normale Stimmwechsel beginnt in der 1 Oktave) bestehen bleibt;
Regel zwischen dem 11. und 12. Lebensjahr und ▬ wenn ein reduzierter Stimmumfang, Heiserkeit
dauert ca. 2–3 Monate. Mutationsstörungen und Tonreihenunsicherheit bestehen bleiben,
können bis zum 15. Lebensjahr auftreten und wobei eine Tonreihenunsicherheit jedoch auch
1,5–4 Jahre dauern. Nur bei Jungen lassen sich in einer gewissen Unmusikalität begründet
drei Stadien unterscheiden: sein kann.
▬ Prämutation,
▬ Mutation, Wenn darüber hinaus die Persönlichkeits-
▬ Postmutation. veränderung infolge der Pubertät Probleme be-
reitet, ist evtl. eine psychologische Behandlung
Bei Mädchen senkt sich die Stimme während angezeigt.
der Mutation um etwa eine Terz. Dieser Wech- Bei Erwachsenen ist eine Therapie bei fol-
sel äußert sich lediglich in Form eines rauhen genden Auffälligkeiten zu empfehlen:
oder überhauchten Stimmklangs und ist in den ▬ wenn im Alter von 20 Jahren die Mutation nicht
meisten Fällen unauffällig. Sie dauert nur 1,5–3 vollständig abgeschlossen und die Sprech-
Monate. stimmlage weiterhin erhöht ist;
Bei Knaben hingegen treten im Zusammen- ▬ bei Berufsdysphonien mit erhöhter Sprech-
hang mit der Mutation häufig Stimmprobleme stimmlage.
auf, die eine logopädische Behandlung notwen-
dig machen. Deshalb konzentrieren sich die fol- Im letzteren Fall handelt es sich um Stimm-
genden Ausführungen auf den Stimmwechsel störungen, die oft mit Stimmlagen um c und e
beim Knaben. einhergehen, welche erst bei genauer Prüfung
Im Zuge der hormonellen und körperlichen als erhöht, d. h. als unphysiologisch, auffal-
Veränderungen vollziehen sich beim Knaben len. Meiner Erfahrung nach stellt eine solche
während der Pubertät folgende die Stimme be- (akustisch unauffällige) Mutation in vielen
treffenden Entwicklungen: Fällen die eigentliche Ursache für die Stimm-
▬ Stimmlippenverlängerung bis zu 1cm. störung dar.
▬ Breitenwachstum der Stimmlippen.
▬ Kehlkopfwachstum und -senkung (hauptsäch- Nicht wenige Stimmstörungen, die uns als Berufsstimmstö-
lich in anterior-posterior Richtung). rungen vorgestellt werden, haben ihren Ursprung in einer
nicht ausgereiften oder verspätet eingetretenen Mutation
▬ Wachstum von Brustkorb und Hals.
(Gundermann 1981).
▬ Vergrößerung der Atemkapazität.
▬ Absinken der Sprechstimmlage auf G–c; ent-
sprechende Verlagerung des Stimmumfangs
nach unten.
3.9 · Therapie: Mutationsstörungen
151 3
Die im folgenden genannten funktionellen Mu- wirken können. So lassen sich folgende Ziele
tationsstörungen treten überwiegend auf und formulieren:
stehen in der Therapie im Vordergrund: ▬ Senkung der mittleren Sprechstimmlage ent-
▬ Unvollständige (larvierte) Mutation: sprechend der Norm für männliche Patien-
Die Stimme sinkt bei der Mutation statt ei- ten.
ner Oktave nur um 4–6 Halbtöne ab; der ▬ Erweiterung des Stimmumfangs im unteren
Stimmwechsel trat gewöhnlich unauffällig Bereich und Schließung bisheriger „Tonlücken“
auf. Der Patient spricht weiterhin mit erhöh- im Umfang.
ter Stimmlage. ▬ Verlängerung der Tonhaltedauer entsprechend
▬ Stark verlängerte Mutation: der Vitalkapazität.
Die Symptome des Stimmwechsels bleiben
über mehrere Jahre bestehen. Darüber hinaus sollte auf folgendes hingear-
▬ Mutationsfistelstimme: beitet werden:
Die Stimmlage ist höher als die der Kinder- ▬ Sauberkeit der Stimme und Abstellen des
stimme (a–c1) und äußert sich in einer Art Kippens.
Falsett (Kopfregister). Vereinzelt treten auch ▬ Stabilisierung des Stimmeinsatzes und des
Brummtöne auf. Stimmgebrauchs. Bestätigung und Motiva-
tionssteigerung erreicht man hierbei durch
Außerdem kennt man folgende selten auf- Einsatz der tiefsten produzierbaren Töne, die
tretenden funktionellen Mutationsstörungen: noch keine gute Qualität haben müssen. Bereits
▬ Stürmische Mutation (besonders heftig verlau- das Erlebnis und das Wissen um die Fähig-
fender Stimmbruch). keit, einen tiefen, dunklen Ton produzieren zu
▬ Verzögerter Eintritt der Mutation (v.a. bei Kna- können, kann motivieren.
ben, die besonders lange in der Kinderlage
eines Chores singen). Gespräch – Beratung – Aufklärung
▬ Mutationsbaß bei Knaben (Stimmlage zu-
nächst tiefer als die der Norm, dann längeres Zunächst sollten in einem Patientengespräch
Beibehalten dieser Stimmlage). folgende Fragen geklärt werden:
▬ Perverse Mutation bei Mädchen (Stimme ▬ Wie empfindet der Patient die eigene Stimme?
erreicht Lage einer Tenor- oder Baritonstim- ▬ Wie empfindet er die Stimmen der Freunde, der
me). Familie, des Chefs?
▬ Wie reagieren diese und Fremde auf die Patien-
Organische Mutationsstörungen sind: tenstimme?
▬ Endokrin bedingte Störungen (z. B. aufgrund ▬ Wie sieht das Stimmideal aus?
von Hormonstörungen, bei Kastraten). ▬ Welche Stimmen werden mit verschiedenen
▬ Asymmetrien des Kehlkopfes (z. B. aufgrund Personen (Kassettenbeispiele) identifiziert?
von Wachstumsstörungen während des Stimm- ▬ Wie stellt sich der Patient die Therapie vor?
wechsels).
Folgende Aspekte gehören außerdem zu ei-
Ziele und Regeln ner guten Beratung:
▬ Erklärungen zur Stimmphysiologie beim
Die wichtigsten Zielvorgaben entsprechen meß- Stimmwechsel (anhand des Kehlkopfmodells
baren Parametern, die gleichzeitig motivierend oder anhand von Abbildungen).
152 Kapitel 3 · Stimme

▬ Erkennen und Abbau von Ängsten in bezug auf Hierfür stehen folgende Möglichkeiten zur Ver-
die Stimme des Patienten (bei Bedarf Eltern- fügung:
bzw. Lehrergespräch). ▬ Tiefseufzen – Tiefbrummen – Tiefhusten –
▬ Gemeinsame Beurteilung der Stimme anhand Tiefräuspern (hier erlaubt), jeweils mit Inten-
einer Kassettenaufnahme. tion.
▬ Hinweis geben: Während des Stimmwechsels ▬ Stöhnen mit „Tonfallenlassen“, „abstöhnen“,
nicht singen! jeweils mit Intention.
3 ▬ Kieferschütteln (Kopf hängen lassen), verbun-
3.10 Übungen: Mutationsstörungen den mit tiefem Ton.
▬ Nachahmen eines tiefen „Mönchsbrummens“
Aufbau und Zusammenstellung oder eines „tibetanischen Gongs“.
▬ „Lachstakkato“ auf tiefe Vokale.
Zu Anfang der Therapie einer Mutationsstörung ▬ Vorstellung des Tiefprechens: den Ton begleitet
sind häufig Korrekturübungen zu Atmung und von einer Armbewegung abwärts „nach unten
Haltung bzw. Tonus ( s. Kap. 1 u.2) angezeigt, bringen“. Tiefe Lokalisation im Körper bedeu-
vor allem dann, wenn beim Patienten zunächst tet tiefer Ton (tief ist tief).
Ängste abgebaut werden müssen. ▬ Gutzmann-Handgriff oder Bresgen-Handgriff
Zu diesen Korrekturübungen sollten dann (vgl. Wirth 1995).
entsprechende Vorübungen durchgeführt wer- Der Therapeut umfaßt den Schildknorpel
den, die aus der folgenden ausführlichen Liste (Adamsapfel) etwa mit drei Fingern und
ausgewählt werden können. drückt ihn leicht gleichzeitig nach unten
Im weiteren werden dann einzelne Metho- und hinten. Währenddessen soll der Patient
den zur gezielten Therapie von Mutationsstö- langsam zählen. Durch die Entlastung des
rungen vorgestellt ( s. S. 153 ff.), und zwar: M.cricothyreoideus und das Tiefertreten
▬ Kaumethode nach Fröschels ( s. S. 153–154). des Kehlkopfes stellt sich oft schon die tiefe
▬ Akzentmethode nach Smith und Thyme. Stimme ein.
▬ Nasalierungsmethode nach Pahn.
Bei diesen Übungen sollte der Therapeut
Die Kaumethode wird ausführlich erläutert; den tiefen Ton sogleich bestimmen und eine
die Akzentmethode und die Nasalierungsme- Kassettenaufnahme anfertigen, die dann auch
thode hingegen werden nur kurz dargestellt, sofort angehört und als Verstärker benutzt wer-
da zu diesen Ansätzen bereits die entsprechen- den kann. So wird der Patient mit seiner eigenen
de Fachliteratur existiert (vgl. Smith u. Thyme Stimme konfrontiert. Die Qualität des Tieftons
1980, Pahn 1968). ist hierbei zunächst unwichtig.
Sämtliche dieser Methoden sind auch bei Neben der Tieftonfindung sind folgende
hyper- und hypofunktionellen Störungen ein- Übungsinhalte sinnvoll:
setzbar. ▬ Lockerungs-, Haltungs- und Bewegungsübun-
gen.
Vorübungen zur Therapie von ▬ Spannungs- und Entspannungsübungen, z. B.
Mutationsstörungen PME ( s. S. 36/37).
Wie bereits erwähnt, bildet die Tieftonfindung ▬ Atem- und Weitungsübungen.
den Einstieg in die Therapie von Mutations- ▬ Kau- und Resonanzübungen auf die Klinger m,
störungen. Sie kann bereits in der ersten The- n, ng, l und j sowie auf die dunklen Vokale o, u,
rapiestunde als Verstärker eingesetzt werden. ö und ü. ( s. S. 189 ff.).
3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
153 3
Der Ton muß subjektiv empfunden werden werden, von denen die meisten etwas mehr
und den ganzen Brustraum füllen. Beson- Kraftaufwand und körperlichen Einsatz erfor-
ders die dunklen Vokale durchdringen den dern als die zum Einsatz bei anderen Störungs-
Brustraum. bildern vorgeschlagenen Materialien.
▬ Stimmumfangübungen abwärts. ▬ Massagegeräte. ( s. Kap. 2);
▬ Verlängerung der Tonhaltedauer. ▬ Kassettenrekorder, Video, Klavier o. ä.;
▬ Stimmeinsatz- und Intonationsübungen. ▬ Ball, Impander, Gymnastikband, Trampolin;
▬ Tonsprung- und Glissandoübungen abwärts, ▬ Tennisschläger, Hanteln, Boxhandschuhe,
Schwelltonübung. Sportbogen.
▬ Rufübungen: provozierende tiefe Ausrufe wie
„Dummkopf!“, „Du Lump!“, „Blöde Kuh!“. Zu Therapiebeginn und -ende ist außerdem
▬ Wort- und Ratespiele (z. B. TABU-Spiel). eine Stimmfeldmessung empfehlenswert, die ei-
▬ Transferübungen: nen Vergleich zwischen „davor“ und „danach“
Man spricht über ermöglicht.
– ein Buch, das man gerade gelesen hat; Grundsätzlich geht es bei all den hier ange-
– einen Film, den man gesehen hat oder sehen führten Übungen zunächst darum, Ängste ab-
möchte; zubauen und zu klären, was dem Patienten in
– einen modernen Tanz; welcher Situation beim Tiefsprechen leicht- und
– den Versuch, Begeisterung für ein Hobby zu was ihm besonders schwerfällt.
erreichen; Zusätzlich zu diesen Übungen können nach
– eine Urlaubsreise, die geplant ist oder schon Bedarf Übungen aus dem Bereich der funktio-
durchgeführt wurde; nellen Dysphonien eingesetzt werden.
– eine Sensationsmeldung in der Boulevard- Im folgenden werden nun drei Methoden
presse; zur gezielten Behandlung von Mutationsstörun-
– ein beeindruckendes Erlebnis. gen vorgestellt.
Weitere Möglichkeiten:
– Beschreibung eines Bildes bzw. Erzählen von Kaumethode nach Fröschels
Bildgeschichten; Die Kaumethode nach Fröschels („chewing
– Erzählen eines Witzes; approach“) beruht auf der Annahme, daß Sau-
– Führen einer Diskussion. gen, Kauen und Schlucken die Grundlagen bzw.
Die einzelnen Transferübungen werden auch Vorformen der Stimm- und Sprechbewegungen
auf ausgewählte, reale Situationen übertra- sind.
gen, die nachgespielt oder lokal erlebt wer- Durch ein Zurückgreifen auf diese Primär-
den: leistungen des Saugens, Kauens und Schluckens
– Einkaufsgespräche, soll dann ein entspanntes Sprechen neu aufge-
– Einholen von Auskünften, baut werden. So kann beispielsweise die ange-
– Aufgeben einer Bestellung im Restaurant, borene natürliche Funktion des Kauens, d. h.
– Führen von Telefonaten. das dabei ablaufende ungestörte muskuläre Zu-
Bei diesen Übungen kann evtl. Protokoll dar- sammenspiel, auf die Bewegung des stimmhaf-
über geführt werden, in welchen Momenten ten Sprechens übertragen werden.
tief gesprochen wurde.
> Der Kauvorgang ist als primär, die Stimmge-
bung als sekundär zu betrachten.
Unterstützend und ergänzend können fol-
gende Hilfsmittel und Materialien eingesetzt
154 Kapitel 3 · Stimme

Einsatz ▬ In welche Grundstimmung ist der Kauvorgang


Die Kaumethode nach Fröschels wird bei Mu- eingebettet?
tationsstörungen sowie auch bei hyperfunktio- ▬ Kauen erfolgt meist mit Lust, Freude, Genuß,
nellen Dysphonien eingesetzt. Hingabe, d. h. Entspannung und Weitung sind
gewährleistet.
Ziele und Wirkung
▬ Senkung der mittleren Sprechstimmlage zu Die eigentlichen Kauübungen werden dann
3 einer natürlichen Stimmlage. in Form lockerer, elastischer Kau- und Lippen-
▬ Entspannung der Stimm- und Sprechorgane. bewegungen in folgenden Behandlungsstufen
▬ Vertiefte Nasenatmung (Kopfresonanz, Nasa- durchgeführt:
lität). ▬ Stummkauen mit Kaugut: Apfel, Kaugummi,
▬ Weiche und lockere „Schonstimme“. Gummibärchen.
▬ Entspannter Einfluß auf Artikulations- ▬ Stimmkauen mit Kaugut auf einen Brummton
bewegungen, Nach-vorn-bringen des Tonan- zwischen o und u.
satzes. ▬ Vokalkauen mit/ohne Kaugut auf die Kausilben
mnjum – mnjom – mnjim.
Durchführung ▬ Kaudialoge mit/ohne Kaugut, z. B. wo? da!
Als Einstiegsübung bietet sich das „Brummen“ – wann? Jetzt!
mit geschlossenem und offenem Mund an. ▬ Worteinschübe: 3 Kausilben – Wort mit Klin-
Als Entspannungsübungen können Atem- ger-/Vokaleinsatz (z. B. loben, unten) – 3 Kau-
essen, Kieferschütteln und Zungenschnellen silben.
jeweils mit und ohne Phonation eingesetzt wer- ▬ Satzeinschübe: 3 Kausilben – Satz „Rudi übt
den. oben“ – 3 Kausilben.
Für die Kauübungen können als Kaugut ▬ Lesen von Versen und Texten mit Kauphonati-
z. B. Äpfel oder Kaugummis benutzt werden. on.
Zunächst sollten sich Therapeut und Patient ▬ Freisprechen mit Kauphonation.
während des Kauens beobachten und dabei be- ▬ Lesen mit Kauerinnerungssilben (Vorstellung
stimmte Fragen klären, um beim Patienten ein des Kauens).
Grundverständnis der Kaumethode zu schaf- ▬ Freisprechen mit Kauerinnerungssilben
fen: (stimmlos).
▬ Wo und wie bewegt sich beim Kauen die Zun-
genspitze? Bei konsequenter Durchführung ergibt sich
Die Zungenspitze befindet sich an den Zäh- somit ein 10-Stufen-Programm.
nen, so daß Zungenwurzel und Kehldeckel
nicht zurückfallen können. Akzentmethode nach Smith und Thyme
▬ Wie bewegen sich beim lebhaften Kauen die Die Akzentmethode zielt darauf ab, Atmung,
Lippen? Stimmgebung und Sprechablauf nicht isoliert,
Eine starke (lebhafte) Lippenbewegung ist sondern im Zusammenhang mit Körperbewe-
Grundvoraussetzung für eine gute Sprech- gungen zu trainieren. Dazu werden emotional
artikulation. betonte, rhythmisierte Bewegungen des gan-
▬ Welchen Weg nimmt die Atemluft während des zen Körpers mit stimmlichen Äußerungen (ge-
Kauens? haucht oder überlüftet) verbunden.
Die Atmung erfolgt durch die Nase wie beim Die Übungen sollten in verschiedenen Tem-
Essen; so entsteht eine gute Nasalität. pi (Largo, Andante, Allegro) durchgeführt wer-
3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
155 3
den. Zur rhythmischen Unterstützung kann tische Übungen und Atemübungen sind feste
eine Trommel eingesetzt werden (vgl. Smith und Bestandteile dieser Methode.
Thyme 1980). Den Ausgangspunkt der Nasalierungsübun-
gen bildet folgendes Schema: Mit leicht geöffne-
Nasalierungsmethode nach Pahn tem Mund ohne artikulatorische Einstellung mit
Die Nasalierungsmethode beruht auf der Fest- Phonation wird ein beliebiger Vokal gebildet, der
stellung, daß bei Nasalierung eine Ruhigstellung über den gesamten Melodiebogen zunächst ab-
des Mund- und Rachenraums erfolgt. Mit dieser wärts und dann auf- und abwärts geführt wird.
Methode können fehlerhafte Muskelspannun- Später können Wortreihen, Sätze, Texte etc.
gen, die die Beweglichkeit des Gaumensegels mit Nasalierung gesprochen werden (vgl. Pahn
und die Stimmlippenschwingungen behindern, 1968).
beseitigt werden. Autogenes Training, gymnas-
156 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene: Klinger – dunkle Vokale o/u/ö/ü


Die für die folgenden Übungen zu Stimmeinsatz und Intonation geeignete Sprechtonlage trifft
man, indem man sich eine Situation vorstellt, die zum Einsatz einer tieferen, beruhigenden Tonhö-
he veranlaßt (z. B. Trösten eines weinenden Kindes).

Moor Muse Möhre Nudel Orden

3 Motte Mulde Mörder nutzen Onkel

Motto Mutter Mörser Nuß Oman

Motor Muster Möbel nun offen

Moder Muschel Möller Null Oboe

Morgen munter Mörtel Nummer *

Modus mußte Mönch Nute örtlich

Mosel munkeln möchte nuscheln öffentlich

mollig * mögen nüchtern *

mogeln Mühle möglich nützlich Ulme

Modem Müller * * Urteil

Motette Münze Norden Oma Unfall

Monarch Mücke Noten Oder Unzahl

Modell Mütze Noppe Ober Unrecht

Mormone Mütter Nolde Opus Unrat

Monopol Mündung nobel Oslo Umbau

Monsun mündlich * Oper *

Mogul mühsam nördlich Odem über

Montur mürrisch nötig Omo üblich


3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
157 3
Wortebene und Wortgruppen: Hauch/Klinger – dunkle Vokale o/u/ö/ü (Ableitung)

Holdrio soso Mop Bob Top ob

Horoskop Moloch Mund bunt kund und

Holunder Mongolen Most Post Kost Ost

Holzklotz Moosrosen Moll toll Groll oll

Honolulu Jojoba Mumm dumm krumm um

Hollywood Lukullus loben toben oben –

Fortuna Sommersonne Mohren Toren Ohren –

Schloßhund Wohlwollen Nomen Gnomen Omen –

Wortebene und Wortgruppen: Plosiveinsatz (Ableitung)

Busstop Toronto Bord dort Ort

Butterbrot Torpedo Bohne Krone ohne

Dolomit Tortenguß böse döse Öse

Dolores Toto-Lotto pur Kur Uhr

Gütersloh Combo Posten Kosten Osten

Gutdünken Computer Pute gute Ute

Postbote Kunststück Tor Chor Ohr

Pumuckl Kohlenpott Colt Gold old


158 Kapitel 3 · Stimme

Wortebene und Wortgruppen: r-Vibration – dunkle Vokale o/u (Ableitung)

Rondo Rock’n Roll Fron Thron

rororo Rockröhre Groll Troll

rosenrot Rolls Royce Prost Trost


3
rubinrot Robinson Crusoe trug Krug

rigoros Rohrpost Tropf Kropf

Rostschutz Brotkorb Brocken trocken

Rosamunde Pronto Krone Drohne

Rhododendron Turboprop trösten rösten

Wortgruppen: Dunkle Vokale o/u (Ableitung)

h h

Frost Rost Ost drum Rum um

Brom Rom Ohm Drohne Rhone ohne

Grog Rock Oak droben Roben oben

Minisätze: Dunkle Vokale o/u

Schrot und Korn müde und munter frohe Ostern

Lug und Trug Blüten und Dornen rote Rosen

klug und dumm Romeo und Julia doppelte Moral

Tür und Tor O sole mio Mut tut gut!


3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
159 3
Satzebene: Dunkle Vokale o/u

Sonnenblumen blühen überall.

Blühende Büsche und Bäume.

O Sonne hoch oben, dich wollen wir loben.

Lyrik: Vokalhäufung u

Das U

Das U ist dumpf, weil es im Grunde,


im Brunnen unsrer Sprache ruht.
Es gibt vom Ursprung dunkle Kunde,
doch gibt das U auch guten Mut.
Es macht uns gruseln, spendet Jubel,
es knurrt und murrt und murmelt dumpf.
Es liebt den Uhu und die Unken
und Schlucht und Gurgel, Grund und
Schlund,
doch kann das U auch listig funkeln
voll Ulk und Lust, sternschnuppenbunt.
Das U kann sanft in Schlummer lullen,
wenn an der Wiege Mutter summt.
In Kuh steckt U, doch auch im Bullen.
Der U-Laut dudelt und er brummt.
Das U soll putzig sein und lachen
wie Rumpelstilz’ auf einem Bein,
soll euch ein bißchen gruseln machen,
soll lustig und soll dunkel sein.

(J. Krüss 1989)


160 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Vokalhäufung o

Dort oben

Ich bin

Das O „guten Tag“

3 ist rund der Kragenknopf

und deshalb und wohne

rollt es dort oben

aus dem Mund unter dem Kopf.

Ach wo Die Aussicht da

Doch doch ist kolossal.

und innendrin Besuch mich mal.

da ist Sieh mal Perlmutt

ein Loch geht nicht kaputt

So so außer mit Hammer

Ist außen glatt das wäre ein Jammer.

So wie meine Löcher

Ein Po die sind schön rund.

das O. Achso ja und

(J. Spohn 1987) an trüben Tagen

schließ ich den Kragen.

(J. Spohn 1987)


3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
161 3
Lyrik: Vokalhäufung o/u

ottos mops zulus kuh

ottos mops trotzt zulus kuh muht

otto: fort mops fort zulu: furt kuh furt

ottos mops hopst fort zulus kuh lugt stur

otto: soso zulu: uffuff

otto holt koks zulu schluckt rum

otto holt obst zulu schluckt luft

otto horcht zulu ruft

otto: mops mops zulu: kuh kuh

otto hofft zulu guckt

ottos mops klopft zulus kuh ruht

otto: komm mops komm zulu: kumm kuh kumm

ottos mops kommt zulus kuh kummt

ottos mops kotzt zulus kuh spuckt

otto: ogottogott zulu: dudududu

(E. Jandl 1979) (W. Keller 1973)

wanderung
vom vom zum zum
vom zum zum vom
von vom zu vom
vom vom zum zum
von zum zu zum
vom zum zum vom
vom vom zum
und zurück

(E. Jandl 1979)


162 Kapitel 3 · Stimme

Lyrik: Vokalhäufung o/u 3.11 Stimmlippenlähmung

Hier spricht der Dichter ⓘ Definition


Unter Stimmlippenlähmung versteht man die
Der ewige Molch
Lähmung der stimmlippenbewegenden und -
Ich will Doch nein! spannenden Kehlkopfmuskulatur infolge einer
Schädigung der motorischen Nerven des Kehl-
3 nicht Ich werf
kopfes.
länger den Dolch hin!
Eine Stimmlippenlähmung kann unter-
Molch sein! O daß ich schiedliche Ursachen haben, von denen in der
logopädischen Praxis vor allem folgende vor-
Drum stoß doch kein
kommen:
ich mir Molch wär! ▬ postoperativ (häufig infolge einer Nervenzer-
rung oder Nervendurchtrennung nach Schild-
den Doch dafür
drüsenoperation oder Herz- und Lungenope-
Dolch rein! muß der ration sowie nach radikaler Halsausräumung
wegen Halslymphknotenmetastasen);
O Gott, das hält Dolch her!
▬ Halstrauma (nach Schlag oder Unfall);
kein Ich will nicht ▬ idiopathisch (ohne erkennbare organische
Ursache).
Molch aus! länger

Drum ziehe ich Molch sein! Eine Kehlkopf- bzw. Stimmlippenlähmung


stellt häufig kein eigenes Krankheitsbild dar,
den Drum stoß
sondern ist oft nur Symptom einer anderen Er-
Dolch raus! ich mir . . . . . . . krankung. Die genaue Diagnose sollte jeweils
von einem Facharzt (Phoniater, Internist, Neu-
Verflucht, daß etc. etc. etc.
rologe) gestellt werden (vgl. Wirth 1995).
ich ein Zu unterscheiden sind einseitige und dop-
pelseitige Stimmlippenlähmungen. Der folgen-
Molch bin! (R. Gernhardt 1985)
de Therapieplan bezieht sich hauptsächlich auf
die einseitigen Lähmungen, da die doppelseiti-
gen eher einer Atemtherapie oder gar einer Tra-
cheotomie bedürfen.

⊡ Tabelle 3.3. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei Stimmlippenläh-
mung (auch bei hypofunktioneller Dysphonie einsetzbar, vgl. S. 102)

Technik Ableitung Silben Wort Minisätze

Federung und harter tik paßt Pit prahlt


Abspannen Plosiveinsatz
(s. Atmung) weicher dik Bast Bob brüllt
Plosiveinsatz
Vokaleinsatz ik Ast ihr eßt
3.13 · Übungen: Stimmlippenlähmung
163 3
Befundung täglich, mindestens jedoch 3mal wöchentlich
Die gelähmte Stimmlippe wird durch den intak- stattfinden, wobei bei operativ bedingten Läh-
ten äußeren Kehlkopfmuskel (M. cricothyreo- mungen mit der Therapie erst 3Wochen nach
ideus) durch seine Spannfunktion zur Mittelli- dem Eingriff begonnen werden sollte.
nie gezogen und steht somit in der Mittelstellung Die Therapie sollte insgesamt mindestens
(Schließungsstellung, d. h. Medianstellung) oder 3Monate andauern, längstens jedoch 6Monate,
Paramedianstellung. Bei Lähmung auch des äu- bei Grippelähmung bis zu 12Monate. In 3–4wö-
ßeren Kehlkopfmuskels Intermediärstellung. Sie chigen Abständen sollten fachärztliche Kontrol-
kann also in Median-, Paramedian- oder Inter- len durchgeführt werden.
mediärstellung stehen. In manchen Fällen las- Die Regenerationszeit der Nerven ist von der
sen sich die Stellungen nicht genau voneinander Ursache der Stimmlippenlähmung abhängig:
abgrenzen. ▬ normal: 3–6Monate;
Entsprechend der jeweiligen Stimmlippen- ▬ postoperativ, idiopathisch: 6–12 Monate;
stellung wird bei den Lähmungserscheinungen ▬ bei Grippelähmung: bis zu 2 Jahre.
unterschieden zwischen schlaffen Lähmungen
(meist bei Intermediärstellung) und straffen Die Erfolgsaussichten für das Wiederein-
Lähmungen (meist bei Median- oder Paramedi- setzen der Stimmlippenbeweglichkeit stehen
anstellung). ebenfalls in engem Zusammenhang mit der
Je nach Fixation der gelähmten Stimmlippe Krankheitsursache und sind nicht genau an-
besteht bei Medianstellung geringe Heiserkeit, zugeben.
bei Paramedianstellung stärkere Heiserkeit, bei
Intermediärstellung starke Heiserkeit. Ziele und Regeln
Eine Stimmlippenlähmung äußert sich in
folgenden stimmlichen Auffälligkeiten: Bei der Therapie einer Stimmlippenlähmung
▬ Verhauchter Stimmklang. stehen folgende Ziele im Vordergrund:
▬ Stark verhauchter Stimmeinsatz. ▬ Verhindern einer Inaktivitätsatrophie der Kehl-
▬ Sehr kurze Tonhaltedauer, d. h. starke Differenz kopfmuskulatur.
zur Vitalkapazität ( s. S. 13). ▬ Verhindern einer Ankylosierung des Krikoary-
▬ Einschränkung des Stimmumfangs (1 Oktave). tänoidgelenks.
▬ Erhöhte mittlere Sprechstimmlage (straffe Läh- ▬ Unterstützung der Innervationsbahnung der
mung). gelähmten Stimmlippe durch aktive Muskelü-
▬ Große Schwierigkeiten beim Singen v.a. höhe- bungen (d. h. Phonation!).
rer Tonlagen (oftmals ist Singen auch gar nicht ▬ Erreichen des kompensatorischen Stimmlip-
möglich). penschlusses (die gesunde Stimmlippe über-
▬ Diplophonie. schreitet die Mittellinie und legt sich an die
▬ Hörbare Einatmung. gelähmte Stimmlippe an).
▬ Phonatorische Dyspnoe (Kurzatmigkeit).
▬ Starker Räusper-/Hustenzwang. Dabei gilt als Grundregel: keine Stimmruhe
oder Stimmschonung!
3.12 Therapie: Stimmlippenlähmung
3.13 Übungen: Stimmlippenlähmung
Eine Stimmlippenlähmung erfordert eine in-
tensive Therapie. Zu Beginn sollten die Thera- Bei Stimmlippenlähmungen sind sämtliche
piesitzungen für ein bis zwei Wochen möglichst Übungen einsetzbar, die auch in der Therapie
164 Kapitel 3 · Stimme

hypofunktioneller Dysphonien angewendet Falls vorhanden, kann eine Kassettenauf-


werden ( s. S. 163 ff.). nahme der früheren, gesunden Stimme zur De-
Darüber hinaus sollten bei Stimmlippenläh- monstration der „Zielstimme“ sinnvoll sein.
mungen folgende Schwerpunkte gesetzt wer-
den: Apparative Hilfen
▬ Training des Stimmeinsatzes ( s.Übungen Neben Maspo, Vibramat, Impander, Gymnas-
S. 104 ff.). tikband und Ball, deren Einsatz bereits in ei-
3 ▬ Verlängerung der Tonhaltedauer ( Norm nem anderen Zusammenhang erläutert wurde
s. S. 43/44). ( s. S. 33–34), bietet sich bei Stimmlippenläh-
▬ Erweiterung des Stimmumfangs nach oben mungen die Elektrotherapie (Reizstromthera-
und nach unten ( s. S. 43/44). pie) mit dem Laryngoton an.
▬ Stoßübungen nach Fröschels: Das Laryngoton ist eine apparative Neu-
Die Kraft großer Muskelgruppen wird hier entwicklung zur Unterstützung der logopädi-
auf kleine übertragen: Die geballten Fäuste schen Stimmtherapie (Kruse 1989). Der Einsatz
werden gleichzeitig oder nacheinander nach dieses speziellen Gerätes ist überwiegend bei
unten, nach vorn oder nach oben gestoßen Stimmlippenlähmungen (besonders bei Exka-
(Einsatz von Boxhandschuhen möglich!). vation!) angezeigt, und zwar bis zur ersten er-
Mit der Bewegung werden Stimmübungen kennbaren Innervation bzw. bis zum Beginn der
durchgeführt, vorzugsweise mit Plosivein- Wiederbeweglichkeit der Stimmlippe. Während
satz und -absatz auf Einsilber (Wirth 1995). des Einsatzes werden Stimmübungen durchge-
▬ Subtonaler Brummton nach Gutzmann: führt.
Man erzeugt ein Räuspergeräusch auf a in Die Behandlung mit dem Laryngoton ist
extrem tiefer Tonlage; es folgen Übungen einfacher durchzuführen als mit dem bisher üb-
auf Laut-, Wort- und Satzebene ohne Räus- lichen Neuroton. Das Laryngoton ist handlicher,
pergeräusch in extrem tiefer Tonlage; zu- und dem Patienten bleibt aufgrund ausreichend
letzt wird dann die Tonlage an die mittlere langem Kabel (ca. 5 m) mehr Bewegungsfreiheit.
Sprechstimmlage angepaßt. Ein weiterer wichtiger Vorteil des Laryngotons
▬ Übungen mit Intention: besteht darin, daß die Stromimpulse nur bei
„Tarzanruf“, „Indianerruf“, „Muezzinruf“, Phonation erfolgen.
„Nachtigallenruf“, „Wackelton“ (Vibrato); „Die hier vorgestellte apparative Neuent-
Lachen, Husten. wicklung erlaubt erstmals eine adjuvante Elek-
▬ Singen von Liedern mit starkem Rhythmus na- trisierung bei gleichzeitiger gesamtkörperlicher
hezu im Stakkato (z. B. „Es tönen die Lieder, der Kräftigungs- und Bewegungstherapie mit ei-
Frühling kehrt wieder“, „Der Kuckuck und der nem insgesamt sehr flüssigen, vielfältigen und
Esel“). Wanderlieder. variablen Behandlungsverlauf“ (Kruse 1989).
! Vorsicht
Generell gilt: Hyperventilation während des
Übens vermeiden!
4

Artikulation
(Tonansatz, Stimmansatz, Stimmschlag)

4.1 Grundlagen – 166


4.2 Begriffe und Redewendungen: Artikulation – 167
4.3 Sprichwörter: Artikulation – 167
4.4 Befundung der Artikulation – 167
4.5 Therapie: Artikulation – 168
Ziele und Regeln – 168

4.6 Übungen: Artikulation – 168


Aufbau und Zusammenstellung – 168
166 Kapitel 4 · Artikulation

4.1 Grundlagen öffnet“, sind Lautheit und Verständlichkeit ein-


geschränkt.
ⓘ Definition > Die beste Zwerchfellatemstütze scheitert an
Als Artikulation bezeichnet man alle im Ansatz- einem schlechten Stimmansatz durch un-
rohr ablaufenden Bewegungsvorgänge, die bewegliche Lippenstellung und unkorrekte
zum Hervorbringen oder Ausformen von Lauten Öffnung der Zahnreihen.
führen.
Auch eine richtige Atmung ist für die Artiku-
Für eine deutliche Artikulation ist also das lation von Bedeutung, denn eine Über- oder Un-
Ansatzrohr verantwortlich, das den gesamten terspannung im Artikulationsbereich geht stets
4 Hohlraumkomplex oberhalb der Stimmlippen einher mit einer Über- oder Unterspannung des
bis zu den Lippen und zur Nasenöffnung um- Zwerchfells und folglich mit einer Über- oder
faßt und als Resonator fungiert. Das Ansatzrohr Unterspannung des Stimmapparats.
ist eingeteilt in die drei Bereiche Hier kann die Stellung des Kehldeckels (Epi-
▬ Kehlrachen, glottis) (festzustellen z. B. durch eine Kehlkopf-
▬ Mundrachen, spiegelung) wichtige Hinweise geben: Wird der
▬ Nasenrachen. Kehldeckel über die Stimmritze gepreßt (Dorsal-
flexion) und versperrt den Einblick, deutet dies
Artikulation bedeutet Bewegung. Die flexib- auf eine zu hohe Spannung im Ansatzrohr hin,
le Beweglichkeit und das fein aufeinander abge- die durch Gähnübungen reduziert werden kann.
stimmte Zusammenspiel der beweglichen Teile Die anzustrebende Weitung im Rachen-
des Ansatzrohrs sind notwendig, um Sprache zu raum nimmt längere Zeit in Anspruch. Der erste
formen. Hinweis für die Therapie lautet daher: gähnen
Die richtige Einstellung und Bewegung von – gähnen – gähnen! Ist das hier beschriebene
Lippen, Kiefer, Zunge und Gaumensegel, ihr Preßphänomen bei der nächsten Kehlkopfspie-
ständiges Wechselspiel und Ineinandergreifen gelung nicht mehr festzustellen, kann dies be-
von Spannung, Abspannung und Lösung sind reits als Therapieerfolg gewertet werden.
die Grundlagen für die Lautbildung. All diese Voraussetzungen bilden die Grund-
Ist das Ansatzrohr durch eine nach hin- lage für eine tragfähige, gut verständliche und
ten oben verlagerte Zunge ungünstig einge- zuhörerfreundliche Sprechweise. Eine saubere
engt, klingt die Stimme kloßig und dumpf, Artikulation ist heutzutage auch deshalb wich-
undeutlich und verwaschen. Eine Entfaltung tig, weil stimmliche Merkmale wie akustischer
des Stimmklangs ist unter diesen Voraus- Eindruck, Deutlichkeit und Verständlichkeit der
setzungen nicht möglich. Findet der Stimm- Sprachlaute in unterschiedlichen Kontexten zu-
ansatz jedoch im vorderen Mundraum statt, nehmend an Bedeutung gewinnen.
besteht für den Stimmklang die Möglichkeit, Die dialektbedingte (enge) Artikulation
sich im Ansatzrohr zu entfalten. Je genauer die stellt in diesem Zusammenhang ein heikles
physiologische Einstellung der Vokale durch Thema dar. Für viele Menschen ist ihr Dialekt
die Artikulationsorgane im Ansatzrohr, desto Äußerung eines regionalen Zugehörigkeitsge-
deutlicher werden die Vokale, und desto güns- fühls, welches man sich nicht gerne nehmen
tiger sind die resonatorischen Voraussetzun- lassen möchte. Da bei Dialektsprechern jedoch
gen. häufig eine unsaubere Artikulation festzustellen
Versperren Lippen und Zahnreihen dem Ton ist – Endsilben werden verschluckt, harte Plosi-
oder Klang den Weg, d. h., ist „das Tor nicht ge- ve werden als weiche Plosive gesprochen (z. B.
4.4 · Befundung der Artikulation
167 4
Pappe – „Babbe“) – sollte dieses Thema durch- 4.3 Sprichwörter: Artikulation
aus angesprochen werden; meist läßt sich ein
Mittelweg finden. „Wer so spricht, daß er verstanden wird, spricht
immer gut“ (Molière in Ullrich 1960).
4.2 Begriffe und Redewendungen:
Artikulation „Für die Kehle natürliche, schöne Töne – den
Sprechwerkzeugen hemmungslose, lockere Frei-
Es folgen zunächst Wörter aus dem Begriffsfeld heit“ (Greiner in Balser-Eberle 1982).
„Artikulation“, wobei „Artikulation“ sowohl
den Vorgang der Lautbildung mit allen beteilig- „Öffnet das Gehege Eurer Zähne!“ (Homer).
ten Elementen als auch die Qualität des lautli-
chen Ergebnisses meint. „Freies Reden tut den Menschen gut
besonders wenn man’s selber tut“
(W. Busch 1982).
Artikulierung Aussprache

Artikulationsorgan Ausdrucksweise „Nachlässiges Artikulieren strapaziert den gut-


willigsten Hörer“ (Coblenzer 1987).
Artikulationsmuskel Lautbildung

Artikulationsgebiet Lautkraft 4.4 Befundung der Artikulation


Artikulationsstelle Lautrhythmus
> Die Mundhöhle ist das wichtigste Artikulati-
Artikulationsbasis Lautcharakter
onsorgan!
Artikulationsweite Sprechbewegung
Die Position der Sprechwerkzeuge im
Artikulationsmodus Zungenfertigkeit Mundraum und die Lage der Zunge im Verhält-
nis zum Tongenerator (Kehlkopf) bilden die Ar-
Artikulationsstörung Mundfaulheit
tikulationsbasis.
Ausgehend von diesen Artikulationseinstel-
lungen des gesamten Ansatzrohrs erfolgt dann
Redewendungen aus dem Bereich der Artikula- der Tonansatz. Dieser beruht auf dem Bestreben,
tion sind im folgenden aufgeführt: dem tönenden Luftstrom die für die Tonbildung
beste Führung (d. h. Öffnung und Weite) für den
Stimmklang zu geben.
deutlich werden zum Ausdruck bringen

deutlich aus- das Kind beim Namen Prüfung


sprechen nennen Bei der Überprüfung der Artikulationsorgane
werden diese bezüglich folgender Kriterien von
deutsch reden kein Blatt vor den
vorn und von der Seite beobachtet:
Mund nehmen
▬ Bewegungen von Lippen, Zunge, Unterkiefer
korrekt die Angst schnürt mir und Kehlkopf.
wiedergeben die Kehle zu ▬ Abstand zwischen oberer und unterer Zahn-
reihe. Der optimale Abstand liegt beim Vokal a
den Mund vor Angst keinen Ton
bei 25mm, beim Vokal i bei 10mm (Faustregel:
aufmachen herausbringen
„Daumendicke“).
168 Kapitel 4 · Artikulation

Beurteilung prechen“ läßt sich eine offene und plastische


▬ Physiologisch: weit, deutlich, vorn, genau, prä- Artikulation (Coblenzer 1987,  s. auch S. 4)
zise, verständlich, klar, normal. erreichen.
▬ Unphysiologisch: eng, undeutlich, verwaschen, ▬ Präzise Bildung der Plosivlaute. Die Differen-
Verschleifen und Zusammenziehen von Wör- zierung von weichen und harten Plosivlau-
tern, schlecht verständlich; ten stellt ein häufiges Problem vieler Dialekt-
übertrieben, maniriert (gekünstelt, ge- sprecher dar. Diesbezüglich sollten bei der
spreizt). Korrektur wenig Zugeständnisse gemacht wer-
den.
4.5 Therapie: Artikulation
4 Folgende Grundregeln sind für eine erfolg-
Ziele und Regeln reiche Therapie wichtig:
▬ Das Lauttraining muß Spaß machen!
Das Hauptziel der Artikulationstherapie lautet: ▬ Bewegungsübungen für die Sprechwerkzeuge
▬ Aberziehung bestimmter Fehlleistungen mit sind wie Fingerübungen eines Klavierspielers.
gleichzeitiger Anerziehung der natürlichen Sie erfüllen den Zweck von Aufwärmübungen
Sprechfunktionen (optimal: Vornesprechen („warming ups“) und stehen daher oft am An-
– weit vorn!). fang der Therapiestunde.

> Präzise Artikulation bedeutet:


4.6 Übungen: Artikulation
bewegliche Lippen, lockerer Unterkiefer,
elastische Zunge und entspannte Halsmus-
Aufbau und Zusammenstellung
kulatur.

Konkret sind für das Erreichen einer präzi- Die Zusammenstellung der Übungen zur Ver-
sen Artikulation folgende Einzelziele von Be- besserung der Artikulation folgt dem Grundsatz
deutung: „vom Leichten zum Schweren“. Daraus ergibt
▬ Steigerung des kinästhetischen Bewußtseins sich folgende Reihenfolge:
bezüglich der Lage und Spannung der Artiku- ▬ offenes und geschlossenes Gähnen zur Weitung
lationsorgane und -muskulatur. des Rachenraums,
▬ Geschmeidigkeit der Mundwinkel und Verla- ▬ artikulomotorische Übungen zur Lockerung
gerung der kehligen Vokalphonation nach vorn von Lippen, Zunge und Kiefer,
(zu erreichen durch verstärkten Einsatz von ▬ Mundmotorikübungen (langsam und schnell)
Lautübungen mit o, u, ö, ü) mit dem Ziel einer mit Vokalwechsel, Silbenwechsel und kompli-
stark vorgewölbten Rundung der Lippen und zierten Silbenverbindungen zum Training der
einer erhöhten Artikulationsspannung, die sich Geläufigkeit aller beteiligten Artikulationsor-
ihrerseits auf den Anblasedruck und damit auf gane,
die Stimmlippenspannung auswirkt. ▬ Artikulationsübungen mit Zungenbrechern zur
▬ Lockerung der Sprechmuskulatur. Fehlspan- Auflockerung, zur Beeinflussung des Sprech-
nungen des Körpers drücken sich oft auch im tempos und zur Verbesserung von Lippen- und
Kieferbereich und in der Sprechmuskulatur Zungenbeweglichkeit,
aus („Zähne zusammenbeißen“). Eine gelo- ▬ Übungen mit lyrischen Texten mit unterschied-
ckerte Sprechmuskulatur kann die Stimme auf lichen Zielsetzungen wie Atemeinteilung,
eine angenehme Lage senken und erleichtert Pausengestaltung, Deutlichkeit und Sprech-
das „Vornesprechen“. Durch dieses „Vornes- tempo.
4.6 · Übungen: Artikulation
169 4
In meiner Praxis als Ausbildende erlebe ich Übungen zur Weitung: Gähnen
immer wieder, wie dürftig heutzutage das Re- Gähnen ist eine der wichtigsten Übungen. Es
pertoire an Abzählversen, Reimen, Gedichten kann sowohl in der Artikulations- als auch in
oder gar an Balladen alter Klassiker ist. Dennoch der Atemtherapie eingesetzt werden. Beim Gäh-
sollten solche Texte auch heute noch bei den nen werden Rachen und Kehlresonanzraum ge-
Therapien einen gewissen Raum einnehmen, weitet, der Kehlkopf rutscht in seine Tiefstellung
denn sie können Freude bereiten und den Sinn – all dies sind Grundvoraussetzungen für eine
für Sprache und Sprechen/Artikulation wecken günstige, ungehinderte Stimmbildung.
bzw. weiterentwickeln. Gähnen ist die Naturform der Tiefatmung
Werden zusätzlich Intention und prosodi- und hat gleichzeitig Entspannungswirkung.
sche Elemente in die Übungen eingebracht, ent- Der ganze Körper befreit sich dabei von Fehl-
stehen oft erfreuliche stimmliche Produktionen, spannungen. Beim Gähnen werden außer dem
die allen Zielsetzungen entsprechen. Der Einsatz Rachenraum auch Kiefer, Wangen, Arme und
von Gestik kann zusätzlich unterstützend wirken Beine gedehnt. Es erfolgt eine Weitung bis zum
und zu einer lebendigen Gestaltung beitragen. Beckenboden, der „Atembasis“.
Zusätzlich noch folgender Tip: Eine deutli- Vielen Menschen fällt es jedoch schwer, ein
che Aussprache kann u. a. auch dadurch geför- natürliches Gähnen zu produzieren. Ursachen
dert werden, daß die Wortübungen oder Texte für den Gähnverlust sind u. a. Verspannungen
(auch Zeitungstexte o.ä.) im Flüsterton vorge- und Verkrampfungen der Muskulatur, die das
tragen werden. Gemeint ist hier jedoch nicht volle Durchdehnen und Gähnen verhindern.
das Tonflüstern, sondern das Pseudoflüstern, Als Vorübungen für den Gähnreiz können
auch Konsonantensprache genannt, bei dem mit folgende Übungen dienen:
angehaltenem Atem lediglich Plosive und Rei- ▬ „Ha“-Hecheln.
belaute gesprochen werden. ▬ Dehnen und Rekeln („Dehnen bringt Gäh-
Abschließend folgt nun ein Gedicht, das sich nen“!).
mit dem Thema „Artikulation“ im weiten Sinne
befaßt. Das offene Gähnen ist gesellschaftlich ver-
pönt; in der Therapie kann es jedoch zu Übungs-
zwecken eingesetzt werden, da es leichter gelingt
Reden
als das geschlossene Gähnen. Als Übung ist hier
Das Reden tut dem Menschen gut, das
Wenn man es nämlich selber tut; ▬ „Wasserschlürfen“ aus den Händen zu emp-
Von Angstprodukten abgesehn; fehlen. Diese Trinkübung entspricht etwa dem
Denn so etwas bekommt nicht schön. offenen Gähnen und behebt verengende Span-
nungen.
Die Segelflotte der Gedanken,
Wie fröhlich fährt sie durch die Schranken
Ist die Hemmschwelle des Patienten zu groß,
Der aufgesperrten Mundesschleuse
sollte man auf das geschlossene Gähnen oder
Bei gutem Winde auf die Reise
„Höflichkeitsgähnen“ ausweichen. Mit der Zeit
Und steuert auf des Schalles Wellen
sollten jedoch beide Formen des Gähnens mög-
Nach den bekannten offnen Stellen lich sein. Um langsam ins Gähnen zu kommen,
Am Kopfe, in des Ohres Hafen sollte der Patient folgende Übung ausführen:
Der Menschen, die mitunter schlafen. ▬ Fingerspitzen an die Halswinkel legen,
Lippen leicht schließen,
(W. Busch 1982)
170 Kapitel 4 · Artikulation

Kinn möglichst ruhig halten (nicht heben), – Mundraumtasten: „Gaumenstempeln“ mit


Atem durch die Nase einströmen lassen. Zungenspitze am Gaumen.
– Zungenschlundstecker: „Gaumenkitzeln“.
Dabei läßt sich ertasten, daß sich der Mund- – Wangenreiben mit der Zunge und Wangen-
boden nach unten absenkt und sich die Zunge einsaugen.
in ihn einbettet. Das Gaumensegel hebt sich, das – Zungenohrstecker: Zungenspitze Richtung
Zungenbein senkt sich nach schräg unten, und Ohr, rechts und links.
der Kehlkopf tritt tiefer. – Zungenschnalzen.
Zeichen echten Gähnens sind tränende Au- – Zungenkreisen im Mundhof.
gen, eine laufende Nase und ein Wärmegefühl. – Zungenschleuder: Zunge langsam und
4 schnell rechts und links in die Mundwinkel.
Übungen zur Lockerung: – Zungenflattern an den Lippen mit Ton.
Lippen – Zunge – Kiefer ▬ Kieferübungen:
Hier geht es um die Lockerung der Artikula- – Kiefer- und Kopfschütteln: „wabbeln“
tionsorgane, besonders der Lippen, und um die (schlaffe Wangen, hängende Lippen, locke-
Behebung einer verkrampften Artikulation bzw. re Unterkieferbewegungen) ohne und mit
einer gepreßten Stimmgebung. Ton.
▬ Lippenübungen: Ziel: Beseitigung der Kieferstarre, Vermei-
– Lippenflattern ohne/mit Stimme. dung zu enger Zahnreihenabstände. Loslas-
– Pferdeschnauben oder „Kutscher-bbbb“. sen des Tons, Beweglichkeit des gesamten
– Tonsprudeln fontänenartig auf- und ab- Artikulationsapparates.
wärts. – Zähneklappern: locker und leicht.
– Fischmaulübung: „Wassertropfen fallenlas- – Krokodilübung: Unterkiefer auf- und abklap-
sen“. pen, dabei „mimimi“ oder „auauau“, Kopf
– Lippenplatzen „mit Tönchen“. nach rechts und links wenden.
– Lippenblähübung: „mbumbumbum“ (Ak- – Wangenknochenausreiben nach oben.
tivierung der Lippentätigkeit zu plastischer – Gesichtausstreichen abwärts und seitwärts.
Formgebung). – „Nüsternreiben“: Nasenflügel seitlich rei-
– Pfropfenknallübung: Lippen einziehen und ben.
sprengen. – Aufgeblasene Wangen anschnipsen, dabei
– Schmeckübung (Vorschläge machen). Vokal o formen.
▬ Zungenübungen: – Gesichtstapping: mit lockeren Fingern über
– Zungenrolle oder Pleuelübung ohne/mit das Gesicht klopfen.
Stimme (Fernau-Horn 1956). – Gesicht sanft mit Stift o.ä. nachzeichnen.
Ziel: Elastische Spannung des Zungenkör- – Wangenausstreichen, dabei den Kiefer öff-
pers, Festigung der unteren Zungenkontakt- nen und Wortübungen mit a ausführen: Wal,
stellung, Verlagerung der Zungenmasse nach mal, Saal, Bar.
vorne oben, Weitung des Rachens, federnde – Halsausstreichen von oben nach unten.
vertikale Kehlkopfbewegungen. – Korkensprechen: Korken zwischen die Zähne
– Glöckchenübung: „blumblum“ (Zunge dabei nehmen.
herausstrecken). – Zungenbrecher ( s. S. 170 ff.).
– Zungenmundwäsche: Zungenspitze wäscht
den ganzen Mund.
4.6 · Übungen: Artikulation
171 4
Übungen für die Mundmotorik:
Vokale/Strömer/Klinger/Plosive Plosivketten
Diese Übungen sollen als Vorübungen zur Lo-
Hinweis: zunächst langsam, dann schnell
ckerung, Weitung, Geläufigkeit und Geschmei-
digkeit der Artikulationsmuskulatur sowie zum bla–ble–bli–blo–blu / blo–blu–blo–blu–
Abbau von Fehlspannungen eingesetzt werden. blo–blu

Vokale
Betonungswechsel („Jodeldiplom“)
Hinweis: zunächst nur artikulieren, dann
mit Stimme de–du–di–de–du–di / di–da–di–da–di–da
u–i–u–i–u–i / o–e–o–e–o–e da–du–da–du–da–di / ta–tü–ta–tü–ta–ta
u–a–u–a–u–a / eu–au–eu–au–eu–au du–di–del–dö / du–di–del–do

ba–du–ba–du–ba–bu / bo–de–be–de–
bo–de
Strömer/Klinger
bau–bei–bau–bei–bau–bein / bele–bole–
Hinweis: zunächst flüsternd, dann mit bale–bule
Stimme
go–di–go–di–go–da / go–di–do–di–go–
fa–fa–fa–fa–fa / scha–scha–scha–scha di–do–di

ja–fa–ja–fa–ja–fa / ma–fa–ma–fa–ma–fa pla–la–la–la–lack / ka–ku–ki–ko–kak

Klingerketten

Hinweis: zunächst nur artikulieren, dann


mit Stimme

mamu–mamu–mamu / lali–lali–lali

maja–maja–maja / jala–jala–jala

wiwo–wiwo–wiwo / nina–nina–nina–nina
172 Kapitel 4 · Artikulation

Übungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen

Satzebene/Zungenbrecher: Hauch/Strömer/Klinger

Hans hört hinterm Holzhaus Hubert Max macht Wachsmaskenwachs,


Hansen heiser husten. Wachsmaskenwachs macht Max.
Wenn du Wachsmasken magst,
Fips mixt Fixmixdrinks,
Max macht Wachsmasken,
fix mixt Fips Fixmixdrinks.
Max macht Wachsmaskenwachs.
4 Der Flugplatzspatz nahm auf dem Flug-
(Aus Sprachbastelbuch 1983)
blatt Platz,
auf dem Flugblatt Platz nahm der Flug-
blattspatz.

Fischer, die als Floßfahrer


auf Flußflößen auf Floßflüssen fahren,
sind fischende Floßflußflußfloßfahrer.
Wenn die fischenden Floßflußfluß-
floßfahrer
aus den Floßflüssen Fische fischen,
sind’s nicht Floßfische –
auch nicht bloß Fische –
es sind Floßflußfische,
es sind Flossenfische:
Es sind Floßflußflossenfische.

Siebzehn Schnitzer, die auf siebzehn


Schnitzsitzen sitzen
und mit spitzen Schnitzern Ritzen in ihr
Schnitzholz schlitzen,
wobei sie schwitzen,
sind siebzehn schwitzende, schnitzende,
auf dem Schnitzsitz sitzende,
spitze Schnitzer benützende
Schnitzholzritzenschlitzer.

Mischwasserfischer heißen Mischwasser-


fischer,
weil sie im Mischwasser Mischwasserfische
fischen.


4.6 · Übungen: Artikulation
173 4
Satzebene/Zungenbrecher: Klinger/Plosive

Nicht alle Leute können ertragen,

wenn Lautenspieler laut die Lauten schlagen,

drum spielten heute lauter Lautenspieler leise Laute,

weil manchen Leuten vor den lauten Lautenlauten graute.

Bierbrauer Bauer braut braunes Bier,

braunes Bier braut Bierbrauer Bauer.

Bernd Bolls, bürgerlicher Brauhausbesitzer bei Braunau,

berühmte bayrische Bierhymne beginnt:

„Biedere, brave Bierbrauerburschen bereiten beständig

bitteres, braunes, bayrisches Bier“.

Eine Diplombibliothekarin ist eine Bibliothekarin mit Diplom,

eine Bibliothekarin mit Diplom ist eine Diplombibliothekarin.

Wenn Klappergras blüht, bleibt Klappergras immer noch Gras.

Der Krabbenfischer knabbert Knabberkrabben,

Knabberkrabben knabbert der Krabbenfischer.

Testtexte texten Testtexter,

Testtexter texten Testtexte.

(Aus Sprachbastelbuch 1983)

Wortebene: Wortungetüme

Kulinarisches Kabinettstück

Austernschneckenlachsmuränen-Essighonigrahmgekröse-

Butterdrosselnhasenbraten-Hahnenkammfasanenkälber-

Hirnfeldtaubensiruphering-Lerchentrüffelngefüllte Schüssel.

Guten Appetit!

(Aus H. J. Störig 1987)


174 Kapitel 4 · Artikulation

Atemeinteilung und Geläufigkeit: Lyrik (Wortebene):


Lautwechsel Plosiveinsatz – Vokalabsatz

Sonnenschein Kadrala

Sonnenschein glänzt Kadrala Kadrala

Sonnenschein glänzt über Wald, Kadrala Kadralö

Sonnenschein glänzt über Wald, Kadrale Kadrala


Feld und Wiesen.
4 Kadrala Kadralü
Schauer
Kadrali Kadrala
Schauer von Regen
Kadrala Kadralau
Schauer von Regen wird bald
Kadralo Kadrala
Schauer von Regen wird bald sich
Kadrala Kadralei
ergießen.
Kadralu Kadrala
Bangendes
Kadrala Kadraleu
Bangendes Dunkel
Kadralä
Bangendes Dunkel und heitere
(R. Jahnke 1988)
Bangendes Dunkel und heitere Helle.

Ach

Ach, wie wendet sich Lyrik: Lautmalerei

Ach, wie wendet sich alles


O unberachenbere Schreibmischane
Ach, wie wendet sich alles so schnelle.
O unberachenbere Schreibmischane,
Sonnenschein glänzt über Wald,
Feld und Wiesen. was bist du für ein winderluches Tier?

Schauer von Regen wird bald sich Du tauschst die Bachstuben günz nach
ergießen. Vergnagen

Bangendes Dunkel und heitere Helle. und schröbst so scheinen Unsinn auf’s
Papier!
Ach, wie wendet sich alles so schnelle.
Du tappst die falschen Tisten, luber Bieb!
(unbekannt)
O sige mar, was kann da ich dafür?

(J. Guggenmos 1975)


4.6 · Übungen: Artikulation
175 4
Lyrik: Vokaleinsatz „Zungetüden“

Scheinsubjekt in memoriam fischers fritz

es regnet es trompetet hätten hottentotten tüten

Gott segnet es posaunt täten sie mit tuten töten.

es nieselt es count downt würden löwen tragen brillen

es krieselt es amerikanelt würden sie mit würde brüllen.

es schießelt es spanelt strickend stieren sture stiere

es stammelt es arabelt störend an vier wirbeltiere.

es telegrammelt es kambotschabelt schaffen am schafott die schlächter

es brenzelt es mao tse tungelt schlafen schlaffe schafe schlechter.

es grenzelt es vietnameselt rangen fangen schlanke schlangen

es konferenzelt es rhodeselt bang mit langen stangenzangen.

es paradet es pragelt schnaufend speicheln scheue schnecken

es attentatet es tschechoslowakelt schräg umschmeichelnd schlanke stecken.

es kracht es berlinert grantig tanzen elefanten

es mobilmacht es tempelhoft mit verbannten anverwandten.

es landsert es tegelt angebrannte elefanten

es panzert es zugangswedelt tanzen mit verkannten tanten.

es stoßkeilt keine Angst es regelt kühne kühe küssen kühler

es schlagzeilt sich alles bühnenkünstler fühlen schwüler.

es raketet es wird alles geregelt schweinen, scheinbar weinend, reinlich

(R. O. Wiemer 1966) scheinen kleine beine peinlich.

(W. Keller 1973, gekürzt)


176 Kapitel 4 · Artikulation

Lyrik: Sprechspiel

Pfirsichkauf

Was? Das soll ein Pfirsich sein?

Nein!

Wie können Sie es wagen,

Dieses faulige Matschige,


4 Schimmelige, Quatschige,

Braungestoßne, Filzige,

Quaddersoßenpilzige,

Moderruchbehaftete,

Gärig Angesaftete

Meinem Magen anzutragen!

Nun, er ist auch nicht zu essen.

Doch man sollte nicht vergessen,

Wie es um die Qualität

Seines Eigentlichen steht:

Dieser zwar so matschige,

Schimmelige, quatschige,

Braungestoßen, filzige,

Quaddersoßenpilzige,

Moderruchbehaftete,

Gärig angesaftete

Pfirsisch hat (ich möchte schwören,

Daß Sie es mit Freude hören)

Wirklich einen guten Kern!

Na, dann nehme ich ihn gern!

(Priewe, gekürzt, in Wolf u. Aderhold 1983)


4.6 · Übungen: Artikulation
177 4
Atemeinteilung und Geläufigkeit: Wortungetüme

Harter Kampf

Eine Mannschaft,

eine Klassenmannschaft,

eine Schulklassenmannschaft,

eine Volksschulklassenmannschaft,

eine Knabenvolksschulklassenmannschaft

kämpfte

bei der Meisterschaft,

bei der Landesmeisterschaft,

bei der Jugendlandesmeisterschaft,

bei der Jugendstaffellandesmeisterschaft,

bei der Volksschuljugendstaffellandesmeisterschaft

in einem Bad,

in einem Schwimmbad,

in einem Hallenschwimmbad,

in einem Wasserhallenschwimmbad,

in einem Warmwasserhallenschwimmbad

und gewann

den Pokal,

den Meisterschaftspokal,

den Staffellandesmeisterschaftspokal,

den Jugendstaffellandesmeisterschaftspokal,

den Schuljugendstaffellandesmeisterschaftspokal,

den Volksschuljugendstaffellandesmeisterschaftspokal.

War das nicht kolossal?

(O. Döring, Quelle unbekannt)


178 Kapitel 4 · Artikulation

Lyrik: Liebesgedichte zum Vorlesen Zum Vorlesen

Ich trat in mein Zimmer Noch nie,

Die Fenster standen weit auf, seit die Welt besteht,

draußen schien die Sonne. hatte einem vom Weibe Geborenen

Wie wunderbar! Irdisches

Aus tiefstem, köstlichstem, so


4 noch taublättrigem Dunkelgrün,
seelenvoll geschmeckt!
schimmernd,
An einem krisselig ovalen,
mitten im schattenkühlen Raum, schillerig opalen,

Rosen! wunderschön orangegelb gefüllten

Ein ganzer Strauß! Zuckergußkringel von unserem


Weihnachtsbaum,
Weiße, gelbe, lichtbraune, rote,
dem schlecker-lecker allerletzten,
zarte, blasse, rührend rosaknospende,
mit seinem hellichten, rührenden,
fast schwarzblau samtschwer schillernde
drollig verschiebbaren Luftbläschen,
und traumhaft feurig lodernde
aus wildem, prächtigstem Orange! pietätvoll,

Langsam, wollte sich keiner mehr

zauberisch, wie gebannt, vergreifen.

zog es mich näher. Edelmütig und wohlwollend satt

Ach, wie das duftete! Wie das wohltat! schob ihn

Und ich stellte das Glas wieder auf meinen einer dem anderen zu.
Schreibtisch.
Beinahe,
Dort steht es nun,
es fehlte wirklich nicht viel,
funkelnd, farbigst, märchenschön,
hätten wir uns ...um ihn gekabbelt!
und in alles, was ich schreibe, sinne und
Endlich
träume,
losten wir ihn aus.
heimlich,
Du ...gewannst ihn.
fällt sein lieber Schein!
Ich ...mußte ihn aufessen!
(A. Holz, gekürzt, in Wolf u. Aderhold 1983)
(A. Holz, gekürzt, in Wolf u. Aderhold 1983)
5

Prosodie

5.1 Grundlagen – 180


5.2 Sprichwörter: Prosodie – 180
5.3 Befundung der Prosodie – 180
Melodischer Akzent (Melodie) – 180
Dynamischer Akzent (Dynamik) – 181
Temporaler Akzent (Tempo) – 181

5.4 Übungen: Prosodie – 182


Aufbau und Zusammenstellung – 182
Hinweise zu den Übungen – 182
180 Kapitel 5 · Prosodie

5.1 Grundlagen später auf das freie Sprechen im Alltag übertra-


gen werden können.
Die Prosodie war bereits bei allen bisherigen
Satz-, Vers- und Textbeispielen von Bedeutung. 5.2 Sprichwörter: Prosodie
In diesem Kapitel soll jedoch ausführlich darauf
eingegangen werden. „In jeder schönen Rede liegt verborgen eine
Melodie“ (Cicero in Gundermann 1994).
ⓘ Definition
„Sprache ist lautliche Ausdrucksbewegung
Unter Prosodie versteht man die verschiede-
für unser Fühlen, Wollen und Denken“ (Nado-
nen musikalischen Akzente, die beim Sprechen
leczny 1926).
gesetzt werden. Dazu gehören klangfarbli-
„Jede Regung des Gemüts hat von Natur ih-
che Merkmale, Sprechtempo, Lautstärke, Be-
ren charakteristischen Ausdruck in Miene, Ton-
5 tonungsschwerpunkte sowie der Einsatz von
fall und Gebärde. Sie bieten sich dem Redner,
Sprechpausen. Diese Akzente sind neben der
wie dem Maler seine Farben, zur Abwechslung
Artikulation für das Verständnis einer Aussage
an“ (Cicero in Gundermann 1994).
von wesentlicher Bedeutung.
„Der Ton macht die Musik“ (deutsches
Die Prosodie ist somit zum einen als Element Sprichwort).
der Rhetorik zu verstehen. Rhetorik ist die Lehre
der Redekunst, die Lehre von der wirkungsvol- 5.3 Befundung der Prosodie
len, kunstvollen Rede. Neben Mimik und Gestik
drückt der Sprecher bzw. Vorleser nämlich auch Jede Sprechstimme weist bestimmte prosodi-
durch den bewußten Einsatz musikalischer sche Merkmale auf. Dabei lassen sich drei Arten
Akzente eine innere Dynamik, eine bestimmte der Akzentuierung differenzieren (vgl. Wirth
Stimmung aus und gestaltet den vorgetragenen 1994):
Text somit für den Zuhörer. Für diese Gestaltung ▬ melodischer Akzent,
ist sowohl die Absicht des Sprechers als auch ▬ dynamischer Akzent,
die Situation ausschlaggebend ( s. hierzu auch ▬ temporaler Akzent.
S. 183, „Einen Vortrag halten“).
Zum anderen weist jede Stimme selbstver- Melodischer Akzent (Melodie)
ständlich auch im Alltagsgespräch, bei der all-
täglichen verbalen Kommunikation ganz cha- Der melodische Akzent bezeichnet die Verän-
rakteristische prosodische Merkmale auf, und derungen der Stimmlage innerhalb einzelner
Melodiebewegung, Klangfarbe, Lautstärke und Wörter, Silben oder Sätze. Physikalisch betrach-
Pausengestaltung wirken sich gleichzeitig auf tet handelt es sich hierbei um den Verlauf der
Atmung und Artikulation aus. Im Alltag werden Grundfrequenz sprachlicher Klänge.
musikalische Akzente meist unbewußt einge- Normalerweise ist beim Sprechen ein glei-
setzt; sie geben u. a. Aufschluß über die momen- tendes Schwanken der Stimmlage zu beobach-
tane psychische und emotionale Verfassung des ten. Dieses Schwanken äußert sich als Satz-
Sprechers. melodie, Klangfarbe, tonale Gestaltung bzw.
Dieser letztere Aspekt, sozusagen die „All- Tonbewegung und verleiht der Aussage den ge-
tagsprosodie“, ist für die logopädische Praxis wünschten Nachdruck.
der entscheidende, und die Übungen in diesem Der melodische Akzent beeinflußt den
Kapitel zielen letztendlich darauf ab, daß die mit emotionalen Ausdruck der Sprache und um-
Hilfe vorgegebener Texte erarbeiteten Elemente gekehrt. So ist die Stimmelodie bei Freude oft
5.3 · Befundung der Prosodie
181 5
lebhaft; bei Trauer sind häufig eine tiefe Ton- Prüfung
lage und eine schwache Stimmelodie vorherr- s. „Melodischer Akzent (Melodie)“.
schend. Monotonie ist die am häufigsten zu
beobachtende negative Veränderung der Stim- Beurteilung
melodie. Beim dynamischen Akzent lassen sich folgende
Ausprägungen unterscheiden:
Prüfung ▬ normal, angemessen;
Die Prüfung der prosodischen Merkmale einer ▬ übertrieben, lautstark;
Sprechstimme erfolgt im freien Gespräch mit ▬ leise, verhalten, eingeschränkt.
dem Patienten bzw. durch Vorlesen eines Texts
oder Vortragen eines Gedichts. Dies gilt für alle Temporaler Akzent (Tempo)
drei Arten der Akzentuierung.
Unter temporalem Akzent versteht man den
Beurteilung Sprechrhythmus und die Sprechgeschwindig-
Beim melodischen Akzent lassen sich folgende keit, die durch die jeweilige Tonlänge, d. h. durch
Erscheinungsformen unterscheiden: den Wechsel zwischen langen und kurzen Silben
▬ melodiös, lebhaft, unauffällig; bzw. Wörtern, und durch die Länge der Pausen
▬ übersteigert, unruhig; bestimmt werden.
▬ unmelodiös, ausdruckslos (monoton). Bei der Erzeugung lautsprachlicher Zeichen
liegt die Norm bei 4–5 Silben/s. Dieser Wert ist
Dynamischer Akzent (Dynamik) abhängig von Sprecher, Situation und emotio-
naler Grundhaltung. Meist wird zu schnell, mit
Unter dynamischem Akzent versteht man die zu wenig Pausen gesprochen.
Veränderungen der Lautstärke beim Sprechen.
Physikalisch betrachtet handelt es sich hier- Prüfung
bei um den Verlauf des Schalldrucks bzw. der s. „Melodischer Akzent (Melodie)“.
Schallintensität sprachlicher Klänge. Dyna-
mik bezeichnet also Lautstärke und Lautstärke- Beurteilung
wechsel sowie Betonung und Betonungswech- Die Beurteilung des temporalen Akzentes um-
sel. faßt drei Kategorien:
Generell nimmt die Lautstärke bei hervor- ▬ Tempo:
zuhebenden Silben zu. In der deutschen Spra- – normal, angemessen,
che ist die Hauptsilbe des Wortes durch den – langsam, bedächtig;
stärksten dynamischen Akzent gekennzeich- – hastig, schnell, unruhig.
net. ▬ Pausen:
Mit Hilfe dynamischer Akzente werden – normal;
beim Sprechen also bestimmte Wort- und Satz- – zu kurz, zu lang;
teile bzw. auch ganze Phrasen hervorgehoben. – zu häufig, zu selten.
Betonte Elemente werden sowohl höher als auch ▬ Rhythmus:
lauter. – natürlich, fließend;
– unflüssig, stockend, gehemmt.
182 Kapitel 5 · Prosodie

5.4 Übungen: Prosodie jeweiligen Rollen eine starke emotionale Betei-


ligung voraussetzen.
Aufbau und Zusammenstellung ▬ Eine Fabel ist eine Erzählung in Vers oder Pro-
sa, in der menschliche Verhältnisse, Fähigkei-
Ausgehend vom Prinzip „vom Leichten zum ten und Eigenschaften auf die Natur (Pflanzen,
Schweren“ sind auch hier die Übungsbeispiele Steine, bes. Tiere) mit erzieherischer Absicht
zusammengestellt. übertragen werden.
Die Gedichte erleichtern durch Versmaß und ▬ Anekdoten sind knappe, oft in einer Pointe gip-
inhaltliche Besonderheiten den Einstieg in die felnde Erzählungen über seltsame oder heitere
kreative Sprachgestaltung. Die Dialoge ermög- Erlebnisse oder Aussprüche historischer Per-
lichen durch die Rollenverteilung eine diffe- sönlichkeiten.
renzierte Sprachgestaltung. Die Fabeln können ▬ Aphorismen sind geistreich oder anregend
5 nach dem Vorlesen auch zum Nacherzählen ver- formulierte Aussagen über Mensch und Gesell-
wendet werden. Die Anekdoten und Prosatex- schaft in Form kurzer Prosasätze.
te, die das Kapitel beenden, vereinen alle diese
Aspekte. Beim Rezitieren der Texte des folgenden
Übungsteils sollte folgendes beachtet werden:
Hinweise zu den Übungen Rezitieren meint sowohl Vortragen als auch
Interpretation und Gestaltung eines literari-
Die verschiedenen literarischen Gattungen bzw. schen Textes. Daher sollte der Text zur Vorbe-
Textformen der sich im Übungsteil anschlie- reitung zunächst einige Male durchgelesen und
ßenden Texte sollen im folgenden vorab kurz dabei auf Form und Inhalt geachtet werden. An-
definiert und erläutert werden, und zwar in der schließend sollte man den Text dann mehrmals
Reihenfolge, in der sie in den Übungen vorkom- laut lesen und sich mit den Worten vertraut ma-
men: chen, hineinhören und den Inhalt entsprechend
▬ Lyrik ist ein subjektiver Ausdruck der Emp- stimmlich und sprachlich gestalten.
findung und des Gedankens, gekennzeichnet Beim Vortragen ist es wichtig, den Text mit
durch Rhythmus, Sprachkunst, Bildkraft und Gefühl und innerer Anteilnahme mitzuerleben.
(häufig) durch Reim. Vers bezeichnet die ein- Dieses Erleben und Einfühlen erfordert Phan-
zelne Zeile eines Gedichts, die aus einer Rei- tasie, die dann wiederum in sprachlichen Aus-
he von betonten (Hebungen) und unbetonten druck umgesetzt werden muß. Bei den Übungen
(Senkungen) Takten oder Versfüßen (Silben) sind daher nicht nur Betonungen, sondern auch
besteht und im Schriftbild durch den Zeilen- Steigerungen und Übertreibungen erlaubt (d. h.,
schluß begrenzt ist. mit Intention üben!).
▬ Prosa ist das Ausdrucksmittel bestimmter, oft
betont realistischer Dichtungsformen. Im Ge-
gensatz zur Lyrik ist Prosa nicht durch Reim Einen Vortrag halten
oder Metrik gebundene Rede. Die Einbeziehung Beim Vortragen einer Rede oder eines
der Prosadichtungen in die Übungen dient als Referats sollte auf eine gute Körperhaltung
Vorbereitung für die „freie Rede“. geachtet werden. Die eutone Haltung
▬ Ein Dialog ist ein Zwiegespräch (Wechselrede). bewirkt eine gleichmäßige tiefe Atmung,
Dialoge, die von einer einzelnen Person vorge- die nicht beengt und eingeschnürt ist. Dies
tragen werden, sind schwierig zu gestalten, da unterstützt eine freie, tragfähige Stimme.
sie beim Hin- und Herwechseln zwischen den

5.4 · Übungen: Prosodie
183 5

Für den Redner ist es hilfreich, folgende „Ihr seid jetzt einmal sehr leise!“
Regeln zu beachten (vgl. Zehetmeier 1986): „Nun hört mir einmal ganz genau zu!“
▬ Man spricht leichter im Stehen als im
Sitzen. ▬ Normale Spannung, mittlere Lautstärke, deut-
▬ Der Kopf sollte nicht gesenkt sein, liche Artikulation.
dadurch drückt man nur den Kehlkopf Vorstellungshilfe: mittellautes Sprechen vor
zusammen und macht den Hals eng. der Schulklasse, ohne großen Lärmpegel.
▬ Die Textvorlage sollte lieber in die Hand
genommen und so hoch gehalten wer-
„Ich möchte niemanden mehr schwatzen
den wie nötig.
hören!“
▬ Das Kinn sollte immer leicht angehoben
„Schlagt die Lesebücher Seite 99 auf!“
sein, d. h. der Kopf sollte sich in seiner
natürlichen Haltung befinden.
▬ Man sollte mit beiden Beinen gleichmä- ▬ Starke Spannung, Rufton, große Lautstärke
ßig fest auf dem Boden stehen, um Basis (Beachtung der mittleren Sprechtonlage), über-
und Halt zu haben. deutliche Artikulation.
▬ Es gibt sehr viele Dozenten, die inhalt- Vorstellungshilfe: lautes Sprechen in einer
lich wichtige und informative Darstel- Aula oder Turnhalle, mit vielen Zuhörern
lungen vermitteln könnten, aber an und Nebengeräuschen.
der sprachlichen, rhetorischen Gestal-
tung ihres Vortrags scheitern.
„Türen schließen, habe ich gesagt!“
Deshalb: Blickkontakt zur Hörerschaft
„Bitte klassenweise antreten!“
halten und auf die Prosodie, d. h. auf
Tempo, Pausen, Melodie und Lautstärke,
achten. Bei diesen Übungen kann auch jedesmal der
gleiche Text verwendet werden, so daß ein Ver-
gleich zwischen Stimmqualität, Sprechstimmla-
> „Die Aufmerksamkeit des Zuhörers steht in
ge und Lautstärke möglich ist.
direktem Zusammenhang mit der Sprech-
weise des Vortragenden“ (Coblenzer 1987).
Satzebene
Bei der folgenden Übung mit einzelnen Sätzen
Einstiegsübungen aus der Alltagssprache sollte der Patient jeweils
Folgende Übungen zur Lautstärkedifferenzie- unterschiedliche Betonungen ausprobieren und
rung und zu verschiedenen Spannungsstufen emotionale Äußerungen erkennen und ausdrü-
(Beispiele aus der Schule) sollten im Vorfeld cken. Dabei ist von den drei genannten Akzen-
durchgeführt werden (Zacharias 1967): tuierungsarten (melodisch, dynamisch, rhyth-
▬ Geringe Spannung, gedämpfte Lautstärke, misch) besonders auf Lautstärke und Betonung
deutliche Artikulation, zu achten.
Vorstellungshilfe: Lesen oder Sprechen mit
Intention zu einer Schulklasse (oder auch zu
einer Einzelperson), leise und verhalten.
184 Kapitel 5 · Prosodie

Themenkreis Zeit/Jahreszeiten
Du bist ein feiner Kerl.
Wir hatten einen wunderschönen Urlaub.
Die Zeit, die alte Urschel,
Du siehst ja richtig erholt aus.
Es war wieder mal ein köstliches Essen. hinterrücks immer geschäftig, huscht sie
Du kannst mit deiner Leistung zufrieden
geräuschlos vorüber in ihren Filzschuhen,
sein.
Das ist ja eine schöne Geschichte. den Haarbesen in der Hand.
Hätten Sie das gedacht?
Ich dreh mich um – sieh da!
Das war ja ein schöner Reinfall.
Interessiert Dich das nicht? Ein ganzer Winter voller Schnee,
Das ist ja ganz unmöglich.
5 Das kann doch gar nicht wahr sein.
ein Frühling samt Veilchen und Nachtigallen,
Haben Sie das schon mal gehört? ein Sommer mit seinen Gemüsekörben
Wer kennt sich da schon aus.
und Rosensträußen –
Du kommst uns ja gerade recht.
So haben wir uns das nicht vorgestellt. es ist alles fein sauber beiseite gekehrt
Wenn man das nur wüßte.
an den Ort wo geschrieben steht:
Das ist ja eine Unverschämtheit.
Das wollen wir gar nicht erst einführen. „Vergangenheit!
Das wird genau und ausführlich bespro-
Hier wird Schutt abgeladen.“
chen.
(W. Busch 1982)

Lyrik
Die Auswahl und Zusammenstellung der Ge-
dichte folgt den thematischen Schwerpunkten „Sie faule verbummelte Schlampe!“
Zeit/Jahreszeiten, Gesundheit, Konzertbesuch Sagte der Spiegel zur Lampe.
und Verschiedenes. Vielleicht regt diese Auswahl
dazu an, im eigenen Bücherschrank (oder auch „Sie altes, schmieriges Scherbenstück!“
im Literaturverzeichnis dieses Buches) nachzu- Gab die Lampe dem Spiegel zurück.
schauen und selbst neue Übungsbeispiele aus-
zuwählen. Der Spiegel in seiner Erbitterung

Bekam einen ganz gewaltigen Sprung.

Der zornigen Lampe verging die Puste.

Sie fauchte, rauchte, schwelte und rußte.

Das Stubenmädchen ließ beide in Ruhe.

Und doch: Ihr schob man die Schuld in die


Schuhe.

(J. Ringelnatz, o.J.)


5.4 · Übungen: Prosodie
185 5

Die Brüder Ich wünsche Dir Zeit.

Der Weekend traf Ich wünsche Dir nicht alle möglichen


Gaben.
den Weekbeginn:
Ich wünsche Dir nur, was die meisten
„Guten Morgen!“
nicht haben:
„Guten Abend!“
Ich wünsche Dir Zeit, Dich zu freu’n
Sie mochten sich anfangs nicht leiden, und zu lachen.

Und immer hatte von beiden Und wenn Du sie nützt, kannst Du etwas
draus machen.
Der eine ein unrasiertes Kinn.
Ich wünsche Dir Zeit für Dein Tun und
Trotz dieser trennenden Kleinigkeit
Dein Denken,
Lernten sie doch dann sich leiden
nicht nur für Dich selbst, sondern auch
Und gingen klug und bescheiden zum Verschenken.

Abwechselnd durch die Zeit, Ich wünsche Dir Zeit, nicht zum Hasten
und Rennen,
Und gaben einander Kraft und Mut,
sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.
Und schließlich waren die beiden
Ich wünsche Dir Zeit, nicht nur so zum
Nicht mehr zu unterscheiden.
Vertreiben.
Und so ist es gut.
Ich wünsche, sie möge Dir übrigbleiben
(J. Ringelnatz o.J.)
als Zeit für das Staunen und Zeit für
Vertrau’n,

anstatt nach der Zeit, der Uhr nur zu


schau’n.

Ich wünsche Dir Zeit, nach den Sternen


zu greifen,

und Zeit, um zu wachsen, das heißt,


um zu reifen.

Ich wünsche Dir Zeit, zu Dir selber zu finden,

jeden Tag, jede Stunde als Glück zu


empfinden.

Ich wünsche Dir Zeit, auch um Schuld


zu vergeben.

Ich wünsche Dir: Zeit zu haben zum Leben.

(E. Michler 1997)


186 Kapitel 5 · Prosodie

Er ist’s Also doch ...

Frühling läßt sein blaues Band Wenn der holde Frühling lenzt,

wieder flattern durch die Lüfte; Und man sich mit Blumen kränzt,

süße, wohlbekannte Düfte Wenn man sich mit festem Muth

streifen ahnungsvoll das Land. Schnittlauch in das Rührei tut,

Veilchen träumen schon, Kreisen durch des Menschen Säfte

wollen balde kommen. Neue, ungeahnte Kräfte.

5 – Horch, von fern ein leiser Harfenton! Jegliche Verstopfung weicht,

Frühling, ja du bist’s! Alle Herzen werden leicht,

Dich hab ich vernommen! Und das meine fragt sich still:

(E. Mörike in Echtermeier v. Wiese 1986) „Ob mich dies Jahr einer will ...?“

(F. Kempner in K. Waller 1990)

Frühling wird es wieder

Von dem Schnee noch halb verdeckt


Mai
leise sich ein Blümlein reckt,
Die Nachtigall, sie war entfernt,
Sonne scheint hernieder.
Der Frühling lockt sie wieder;
Wie es tropft, wie es taut!
Was Neues hat sie nicht gelernt.
Blumen blühn, wohin man schaut:
Singt alte, liebe Lieder.
Frühling wird es wieder!
(J. W. v. Goethe in Kluge 1910)
(E. Friemers in Preu u. Stötzer 1985)
5.4 · Übungen: Prosodie
187 5

Urlaubsabend Mittags

Ein Stern, der gibt dem So! sagt der Himmel zu der Wiese.

Himmel einen Punkt. Jetzt legen wir uns auf den Bauch.

Ein Liegestuhl am Strand Du schreibst noch ein paar Grüße

Kann’s kaum erwarten, und ich – ich unterzeichne auch.

und bei der Sonne hat es Dann aber haben wir genug getan. –

längst gefunkt, Die Wiese schaut den Himmel an

sie geht so unter wie auf und sagt: Unendlich lieb ich dich

Ansichtskarten. und ohne dich – was wäre ich.

Der Sand, der hält die Der Himmel aber wirft sich weit

Wärme lange fest. über das weiche Wiesenkleid:

Die Katze macht noch Jagd Was wäre all mein blaues Mühn,

auf große Beute. blieb’s ungestillt von deinem Grün.

Dem Liebespaar, das das (Maurer in Wolf u. Aderhold 1983)

Hotel verläßt,

dem sieht man an, es kennt

sich erst seit heute.

Die Fenster gehen schlafen

Licht für Licht,

nur der Hibiskus mag sich

sehen lassen.

Der Kellner im Hotel tut

seine Pflicht

und deckt den Tisch

bereits mit Kaffeetassen.

(M. Frances 1994)


188 Kapitel 5 · Prosodie

Herbst Erntedank

Rings ein Verstummen, ein Entfärben: Es purzeln Äpfel reif und süß

Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, nun prall vom Baum und überdies

Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln; ist eingeholt des Sommers Beute.

Ich liebe dieses milde Sterben. Nun ist es Herbst, und regnet heute

Von hinnen geht die stille Reise, und sind wir morgen sehr erschreckt,

Die Zeit der Liebe ist verklungen, weil erster Reif den Rasen deckt,

5 die Vögel haben ausgesungen, ist es doch Zeit, ganz ohne Klagen

Und dürre Blätter sinken leise. für alles Gute Dank zu sagen,

Die Vögel zogen nach dem Süden, was uns beschert und nun geborgen

Aus dem Verfall des Laubes tauchen uns schützt vor einer Not von morgen!

Die Nester, die nicht Schutz mehr brau- Drum Dank für Obst und für Getreide,
chen,
für Rüben, für die saft’ge Weide,
Die Blätter fallen stets, die müden.
für Rettich, Kraut und grüne Bohnen,
In dieses Waldes leisem Rauschen
für süße Trauben und Melonen,
Ist mir, als hör ich Kunde wehen,
für Paprika und Artischocken
Daß alles Sterben und Vergehen
und vieles mehr, um unerschrocken
Nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
und fröhlich auch den nächsten harten
(N. Lenau 1966)
und kalten Winter zu erwarten.

Ist es auch heut schon klar zu sehn,


Ein kleines Blatt
daß wir ihn glänzend überstehn,
Ein kleines Blatt liegt da
läßt ein Gedanke mir nicht Ruh:
und hat nichts vor,
ein bißchen Dank gehört dazu!
als einfach dazuliegen.
(A. Scherf-Clavel 1988)
Da kommt der Wind,

hebt es empor,

das kleine Blatt kann fliegen.

(E. F. Regius, Quelle unbekannt)


5.4 · Übungen: Prosodie
189 5

September Die Sorglichen

Der Garten trauert, Im Frühling, als der Märzwind ging,

Kühl sinkt in die Blumen der Regen. als jeder Zweig voll Knospen hing,

Der Sommer schauert da fragten sie mit Zagen:

Still seinem Ende entgegen. Was wird der Sommer sagen?

Golden tropft Blatt um Blatt Und als das Korn in Fülle stand,

Nieder vom hohen Akazienbaum. in lauter Sonne briet das Land,

Sommer lächelt erstaunt und matt, da seufzten sie und schwiegen:

In den sterbenden Gartentraum. Bald wird der Herbstwind fliegen.

Lange noch bei den Rosen Der Herbstwind blies die Bäume an

Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh. und ließ auch nicht ein Blatt daran.

Langsam tut er die großen, Sie sahn ihn an: Dahinter

Müdgewordenen Augen zu. kommt nun der böse Winter.

(H. Hesse 1996)

Das war nicht eben falsch gedacht,

der Winter kam auch über Nacht.


Neujahrsnacht
Die armen, armen Leute,
Diese Nacht ist ein Fluß.
was sorgen sie nur heute?
Mein Bett ist ein Kahn.

Vom alten Jahr stoße ich ab.


Sie sitzen hinterm Ofen still
Am neuen lege ich an.
und warten, ob’s nicht tauen will,
Morgen spring ich an Land.
und bangen sich und sorgen
Dies Land, was ist’s für ein Ort?
um morgen.
Es ist keiner, der’s weiß.
(G. Falke in Reiners 1995)
Keiner war vor mir dort.

(J. Guggenmos 1975)


190 Kapitel 5 · Prosodie

Themenkreis Gesundheit

Der Kehlkopf Die Kniekehle

Ein Kehlkopf litt an Migräne Die Kniekehle fühlt sich zurückgesetzt,

und schrie wie eine Hyäne, denn während das Menschengeschlecht

er schrie sich wund. aus voller Kehle stöhnt und schwätzt,

Doch als ihm niemand zu Hilfe kam ist sie nur des Kniees Knecht.

und niemand sein Geschrei vernahm, Wie gerne möchte sie artikulieren,

5 war er auf einmal ...gesund. sie hat dazu triftigen Grund.

Das empfindliche Knie, mit dem wir


(J. Ringelnatz 1996) spazieren,

ist oftmals nicht gesund.

Als ob nicht auch ihre Sehnen sich


sehnten,

von ihren Qualen zu klagen,

die sie mit diesem am meisten verwöhnten

aller Gelenke ertragen.

Doch hat die Natur es nicht gewollt,

daß auch noch die Kniekehle sprechen


sollt,

und sie tröstet sich in ihrer Stummheit

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!

Und das meiste Gerede ist Dummheit.

(R. Reiners o. J.)


5.4 · Übungen: Prosodie
191 5

Ein Schnupfen saß auf der Terrasse, Vorschnelle Gesundung

auf daß er sich ein Opfer fasse Ein Mensch, der lange krank gewesen,

und stürzt alsbald mit großem Grimm Ist nun seit Jahr und Tag genesen,

auf einen Menschen namens Schrimm. Bewegt sich fröhlich in der Stadt,

Paul Schrimm erwidert prompt: Darin er viel Bekannte hat.

„Pitschü!“ Doch jedermann, der ihn erblickt,

und hat ihn drauf bis Montag früh. Ist höchst erstaunt, ja, er erschrickt:

(Chr. Morgenstern 1986) „Was?“ ruft er und sucht froh zu scheinen,

„Sie sind schon wieder auf den Beinen?

Ich dachte doch ...ich hörte neulich ...


Versagen der Heilkunst
Na, jeden Falles – sehr erfreulich!“
Ein Mensch, der von der Welt Gestank
Er zeigt zu Diensten sich erbötig,
Seit längrer Zeit schwer nasenkrank,
Die Gottseidank jetzt nicht mehr nötig,
Der weiterhin auf beiden Ohren
Und ärgert sich im tiefsten Grund
Das innere Gehör verloren,
Darüber, daß der Mensch gesund,
Und dem zum Kotzen ebenfalls
Statt auszuharren still im Bette,
Der Schwindel raushängt schon zum Hals,
Bis er – vielleicht – besucht ihn hätte.
Begibt sich höflich und bescheiden
(E. Roth 1990)
Zum Facharzt für dergleichen Leiden.

Doch meldet dieser als Befund,

Der Patient sei kerngesund,

Die Störung sei nach seiner Meinung

Nur subjektive Zwangserscheinung.

Der Mensch verlor auf dieses hin

Den Glauben an die Medizin.

(E. Roth 1990)


192 Kapitel 5 · Prosodie

Themenkreis Konzertbesuch

Moderne Sinfonie Leute strömen. Manche kenn ich.

Droben sitzet die Kapelle, Garderobe fünfzig Pfennig.

festlich und gestimmt sind sie. Wieder drückt man. Zweite Glocke.

Schon ertönt die dritte Schelle- Der Begleiter glättet Socke.

gleich beginnt die Sinfonie. Kritiker erscheint und setzt sich.

Nun wird’s stille; denn es zeigt sich Einer stolpert und verletzt sich.

5 der Maestro, wohlbefrackt, Sängerin macht mi-mi-mi.

steigt aufs Podium, verneigt sich, Impresario tröstet sie.

dreht sich um und schlägt den Takt. Dritte Glocke. Schrill und herrisch.

Geiger geigen, Bläser blasen, Sie erscheint. Man klatscht wie närrisch.

Pauker pauken, Harfe harft– Jemand reicht ihr zwei Buketts.

alle Noten dieses Werkes Dankbarkeit für Freibilletts.

werden schonungslos entlarvt ... Und sie zuckt leis mit den Lippen.

Droben schwitzet die Kapelle, Beugt sich vor, als wollt sie kippen.

auch der Dirigent hat’s satt!– Nickt. Der Pianist macht Töne.

Morgen können wir dann lesen, Sängerin zeigt weiße Zähne.

ob es uns gefallen hat ...! Öffnet zögernd dann den Mund.

(H. Erhardt 1984) Erst oval. Allmählich rund.

Und – mit Hilfe ihrer Lungen

hat sie hoch und laut gesungen.


Die Sängerin
Sie sang Schumann, Lincke, Brahms.
Reihen, Stühle, braune, harte.
Der Beginn war acht Uhr ahms.
Eintritt gegen Eintrittskarte.
Und um elf geht man dann bebend,
Damen viel. Vom Puder blasse.
aber froh, daß man noch lebend,
Und Programme an der Kasse.
heimwärts. Legt sich müde nieder.–
Einer drückt. Die erste Glocke.
Morgen singt die Dame wieder.
Sängerin rückt an der Locke.
(H. Erhardt 1984)

5.4 · Übungen: Prosodie
193 5

Marionettenballade Findet das unerhört ...


h Wer das ge- sehen hat,

Junger Mann reich und schön der hat das Leben satt ...

wollte die Welt besehn ... Nahm er sein Schieß gewehr –

Schließlich nach Hin und Her Junger Mann lebt nicht mehr ...

stieß er ans Mittelmeer. (E. Kästner 1959)

Spanien und Griechenland –

fabelhaft intressant!

Luft und Meer blau durchstrahlt,

wie das so Böcklin malt.

Pinienhain. Säulenrest.

Strandhotel: Wanzennest!

Sonnenglut. Dunkler Wein.

Gräßlich: Al- lein zusein!

Mutig! Denkt junger Mann.

Spricht darauf Dame an.

Er wird rot. Dame lacht:

Bitte schön! Abgemacht!

Glücklich küßt er die Hand:

Zimmer? Nein! Meeresstrand!

Beide sind sehr verliebt.

Nur die Frau denkt betrübt:

Wenn das mein Mann erfährt –

Kommt auch schon! Hoch zu Pferd!

Junge Frau hüpft ins Meer.

Ehemann hinterher.

Junger Mann ist verstört:


194 Kapitel 5 · Prosodie

Dialoge

Nein V Zwillinge?

V Kennen Sie meinen Schwager? B Nein, nein!

B Nein! V Haben Sie Kinder?

V Den kennen Sie nicht? B Nein!

B Nein! V Wie viele?

V So. Ich habe geglaubt, Sie kennen ihn? B Nein!

5 B Nein! (K. Valentin 1983)

V Überhaupt nicht?

B Nein!

V Gesehen haben Sie ihn auch nicht?

B Nein!

V Aber Sie wissen doch, daß ich einen


Schwager hab?

B Nein!

V Ja, was is des?

B Nein!

V Was, nein – möchten Sie meinen


Schwager kennenlernen?

B Nein!

V Meine Schwägerin auch nicht?

B Nein!

V Haben Sie auch einen Schwager?

B Nein!

V Schwägerin auch nicht?

B Nein!

V Geschwister auch nicht?

B Nein!


5.4 · Übungen: Prosodie
195 5

Geigen und Trompeten Sie ... aber praktisch eben nicht!

Sie Karl-Heinz ... Er Wenn ein Trompeter in eine Geige


bläse, dann bliese er praktisch ...
Er Ja ...
wenn er theoretisch bliese ...dann bläse
Sie Können Geiger eigentlich nur geigen er nicht!
und Trompeter nur blasen?
Sie Er bläst also nur, wenn er praktisch
Er Mja ... bliese ...

Sie Ist das nicht sehr eintönig? Er Ja, aber ein Trompeter bläst nun mal
nur theoretisch in eine Geige!?
Er Musiker sind mit ihren Instrumenten
verheiratet ... Sie Warum gibst du nicht einfach zu,
daß ein Trompeter niemals in eine
Sie Aber sie könnten doch auch mal mit
Geige bläst?
den Instrumenten
ihrer Kollegen spielen ... Er Mein Gott, weil ein Trompeter theore-
tisch in eine Geige blasen könnte,
Er Theoretisch schon ...
auch wenn er praktisch dazu keine
Sie Praktisch auch ... Gelegenheit hät...tee!

Er Meinetwegen kann ein Trompeter Sie Also, ich gehe in kein Konzert mehr,
auch mal praktisch in eine Geige bla- wenn ich darauf gefaßt sein muß,
sen ... daß plötzlich ein Trompeter –
theoretisch oder praktisch –
Sie Ich möchte, daß du meine Frage ernst
in eine Geige bliese.
nimmst!
Er Liebchen, kein Trompeter wird je in
Er Ja ...
eine Geige blasen ...
Sie Warum sagst du dann, es wäre prak-
Sie Ach, auf einmal ...!
tisch, in eine Geige zu
blasen?! (Loriot 1986)

Er Ich habe gesagt, es wäre möglich ...

Sie Es wäre nämlich einfach unpraktisch ...

Er Es wäre unpraktisch, aber nicht un-


möglich ...

Sie Kein Geiger würde einen Trompeter in


seine Geige blasen lassen ...

Er Neinnein ...aber theoretisch wäre es


natürlich möglich ...


196 Kapitel 5 · Prosodie

Feierabend Sie Ich meine nur, es könnte dir nicht


Sie Hermann ... schaden, wenn du mal spazierengehen
würdest ...
Er Ja ...
Er Nein schaden könnte es nicht ...
Sie Was machst du da?
Sie Also was willst du denn nun?
Er Nichts ...
Er Ich möchte hier sitzen ...
Sie Nichts? Wieso nichts?
Sie Du kannst einen ja wahnsinnig machen!
Er Ich mache nichts ...
Er Ach ...
Sie Gar nichts?
5 Sie Erst willst du spazierengehen ...dann
Er Nein ... (Pause)
wieder nicht ...dann soll ich deinen
Sie Überhaupt nichts? Mantel holen ...dann wieder nicht ...was
denn nun?
Er Nein ... Ich sitze hier.
Er Ich möchte hier sitzen ...
Sie Du sitzt da?
Sie Und jetzt möchtest du plötzlich da
Er Ja ...
sitzen ...
Sie Aber irgendwas machst du doch?
Er Gar nicht plötzlich ... ich wollte immer
Er Nein ... (Pause) nur hier sitzen ... und mich entspannen ...

Sie Denkst du irgendwas? Sie Wenn du dich wirklich entspannen


wolltest, würdest du nicht dauernd
Er Nichts Besonderes ...
auf mich einreden ...
Sie Es könnte ja nicht schaden, wenn du
Er Ich sag ja gar nichts mehr ... (Pause)
mal etwas spazierengingest ...
Sie Jetzt hättest du doch mal Zeit, irgend-
Er Nein nein ...
was zu tun, was dir Spaß macht ...
Sie Ich bringe dir deinen Mantel ...
Er Ja ...
Er Nein danke ...
Sie Liest du was?
Sie Aber es ist zu kalt ohne Mantel ...
Er Im Moment nicht ...
Er Ich gehe ja nicht spazieren ...
Sie Dann lies doch mal was ...
Sie Aber eben wolltest du doch noch ...
Er Nachher, nachher vielleicht ...
Er Nein, du wolltest, daß ich spazieren
Sie Hol dir doch die Illustrierten ...
gehe ...
Er Ich möchte erst noch etwas hier sitzen ...
Sie Ich? Mir ist es doch völlig egal, ob du
spazierengehst ... Sie Soll ich sie dir holen?

Er Gut ... Er Nein-nein, vielen Dank ...

▼ (Loriot 1986, gekürzt)


5.4 · Übungen: Prosodie
197 5

Hör auf damit

Sie hör auf damit

Er hör doch du auf damit

Sie wie soll ich damit aufhören wenn ich es gar nicht tue

Er du hast damit angefangen

Sie und du sollst damit aufhören

Er wie soll ich damit aufhören wenn ich es gar nicht tue

Sie glaub ja nicht daß ich dir das durchgehen lasse

Er was durchgehen lasse?

Sie diesmal kommst du mir da nicht so leicht raus

Er woraus denn?

Sie stell dich bloß nicht so dumm

Er nichts liegt mir ferner

Sie Schluß damit

Er ich tu ja gar nichts

Sie laß das

Er was denn?

Sie hör endlich auf damit

Er womit?

Sie damit

Er womit?

Sie das weißt du ganz genau

Er leider nein

Sie leider nein

Er ich werd jetzt schlafen

Sie du bist nie wach gewesen.

(R. D. Laing 1994)


198 Kapitel 5 · Prosodie

Fabeln

Der Dornstrauch

„Aber sage mir doch“, fragte die Weide den Dornstrauch, „warum Du nach den Kleidern des
vorbeigehenden Menschen so begierig bist. Was willst Du damit? Was können sie Dir helfen?“

„Nichts“, sagte der Dornstrauch. „Ich will sie ihm auch nicht nehmen, ich will sie ihm nur
zerreißen!“

(G. E. Lessing in Neckermann 1986)

5 Der Schuh und der Pantoffel

Ein Schuh mit einer Schnalle redete einen Pantoffel, der neben ihm stand, also an: „Lieber
Freund, warum schaffst Du Dir nicht auch eine Schnalle an? Es ist eine vortreffliche Sache!“

Darauf versetzte der Pantoffel: „Ich weiß in Wahrheit nicht einmal, wozu die Schnallen eigentlich
nützen!“

„Die Schnallen“, rief der Schuh hitzig aus, „wozu die Schnallen nützen? Das weißt Du nicht?
Ei, mein Himmel, wir würden ja gleich im ersten Morast steckenbleiben.“

„Ja, liebster Freund“, antwortete der Pantoffel, „ich gehe nicht in den Morast.“

(G. C. Lichtenberg in Neckermann 1986)

Der Hamster und die Ameise

„Ihr armseligen Ameisen“, sagte ein Hamster. „Verlohnt es sich der Mühe, daß ihr den ganzen
Sommer arbeitet, um so weniges einzusammeln? Wenn ihr meinen Vorrat sehen solltet!“ –

„Höre“, antwortete eine Ameise, „wenn er größer ist, als du ihn brauchst, so ist es schon ganz
recht, daß die Menschen dir nachgraben, deine Scheuern ausleeren und dich deinen räube-
rischen Geiz mit dem Leben büßen lassen.“

(G. E. Lessing in Fabeln über Tiere, o. J.)


5.4 · Übungen: Prosodie
199 5

Der Storch und die Amsel

Ein Storch sagte zu einer Amsel: „Das ist ja ganz nett, was du da singst, aber ein bißchen
langweilig. Kein Wunder, du erlebst ja auch nichts. Man merkt es deinen Liedern eben an,
daß du die weite Welt nicht kennst.

Tag für Tag hockst du in deinem Gestrüpp, auf deinem Kirschbaum oder deiner Wiese.
Und dann singst du das Lied vom hohen Baum, das vom fetten Regenwurm oder das von
den Kindern im Nest. Was dir fehlt, sind neue Eindrücke. Wie würdest du erst singen,
wenn du weite Reisen machtest wie ich!

Frankreich und die hohen Pyrenäenberge, Orangenwälder am Tajofluß in Spanien,


das blaue Mittelmeer, das Atlasgebirge, Wüsten und Seen, Urwälder und riesige Tiere in Afrika!
Das müßtest du alles sehen, was meinst du, wie das deiner Kunst zugute käme!“

„Ja“, stimmte die Amsel zu, „es ist schön, etwas von der Welt zu sehen. Du bist doch ein großer
Weltreisender, kannst du mir nicht einmal etwas vorsingen von deinen Erlebnissen?“

„Gewiß! Gib acht, jetzt singe ich das Lied von der Meerenge zu Gibraltar!“

Und der Storch legte den Kopf in den Nacken und sang:

klapp klapp klapp klapp.

„Weißt du noch ein anderes?“ fragte die Amsel.

„Ich weiß noch viele! Hier ist zum Beispiel das Lied von den Volkstänzen, die ich in Andalusien
gesehen habe:

klapp klapp klapp klapp!

„Und jetzt“, schloß er, „habe ich Geschäfte am Froschteich. Folge meinem Rat, Kleine!“

Als der Storch weg war, flötete die Amsel ein fröhliches Lied. Die Menschen blieben stehen und
hörten zu, so schön und voller Einfälle war es.

Wer singen kann, dem wird alles zum Lied.

Wer es aber nicht kann, der sagt:

klapp klapp klapp,

und hätte er die ganze Welt bereist.

(H. Holthaus, Quelle unbekannt)


200 Kapitel 5 · Prosodie

Anekdoten
Die Schnecke

Eine Schnecke, die an einem Bahndamm Der Dackel des Komponisten Max Reger
wohnte, ärgerte sich alle Tage über einen riß, als der Komponist zwischen 1911 und
Schnellzug, der vorbeisauste und sie durch 1914 als Hofkapellmeister in Meiningen
sein wüstes Benehmen in ihrem Geschäft wirkte, des öfteren von zu Hause aus, lief
störte. ins Theater, wo sein Herrchen war, und
blieb dort ruhig unter dem Flügel liegen.
„Das will ich ihm austreiben!“ sagte
die Schnecke zu sich selbst, stellte sich Als Reger mit dem Hofmarschall Mei-
zwischen den Geleisen auf und streckte nungsverschiedenheiten bekam, erinnerte
drohend ihre Fühler aus, als sie den Zug in sich letzterer, daß Tieren der Zutritt zum
5 der Ferne auftauchen sah. Theater untersagt war. Er wies – aus lauter
Schikane– den Komponisten schriftlich auf
„Niederstoßen werde ich ihn“, sagte sie voll
dieses Verbot hin.
grimmen Mutes.
Reger antwortete ihm ebenfalls per Brief,
Der Zug kam heran und brauste über die
er habe seinem Dackel das Schreiben
Feindin hinweg. Die Schnecke drehte sich
vorgelesen. Das Tier habe auch verständ-
um und sah dem Davoneilenden nach.
nisvoll geknurrt. Ob es sich aber an die
„Er hält nicht stand“, sagte sie verächtlich, Anweisung halten werde, könne er nicht
„er reißt aus, er ist ein Feigling.“ versprechen.
(P. Keller in Thiel 1970)

Als Examinator galt Sauerbruch als uner-


bittlich. Ein Student, der bei ihm wegen
allzu großer Wissenslücken zum zwei-
ten Mal durchgefallen war, verkündete
voller Wut im Kreis einiger Kommilitonen
lauthals: „Ich werde dieses Ekel von einem
Professor durch einen Stich mitten ins Herz
umbringen.“

Natürlich erfuhr bald auch Sauerbruch von


dieser Drohung. Gelassen winkte er ab:

„Keine Angst, der weiß bei seinen man-


gelhaften Kenntnissen des menschlichen
Organismus überhaupt nicht, wo das Herz
sitzt.“

(beide in G. v. Turnitz, Die Welt in der Anek-


tode, 1997)
5.4 · Übungen: Prosodie
201 5
Prosatexte

Die Geschichte mit dem Hammer

Ein Mann will sein Bild aufhängen.

Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann,
hinüberzugehen und ihn auszuborgen.

Doch da kommt ihm ein Zweifel:

Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will?

Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile
nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? ich habe ihm nichts angetan; der
bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm
sofort. Und warum er nicht?

Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser
Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen.
Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reichts mir wirklich.

Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er „Guten Tag“ sagen kann,
schreit ihn unser Mann an:

„Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!“

(P. Watzlawick 1984)


202 Kapitel 5 · Prosodie

Die Umgangssprache

Die Umgangssprache ist, wie ihr Name sagt, diejenige Sprachform, die im alltäglichen Umgang
der Menschen untereinander angewendet wird.

Sie ist gewissermaßen ein Gerät, eines unter vielen, das dazu hilft, den Ablauf des täglichen
Lebens zu erleichtern oder zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang erfüllt sie nun zwei
Aufgaben.

Erstens dient sie der unmittelbaren Verständigung in praktischen Lebenslagen ...

Zweitens erfüllt sie noch einen ganz anderen Zweck.

5 Der Mensch hat gerade im täglichen Leben ein starkes Bedürfnis, sein Gemüt zu erleichtern,
seinem Ärger, seiner Freude Luft zu machen oder sich einfach auszusprechen.

Dabei kommt es also auf den sachlichen Inhalt seiner Äußerungen gar nicht an, Hauptsache
ist, daß sie geeignet sind, seine Erregung abzuleiten. Daher ist diese Sprache gekennzeichnet
durch Kraftausdrücke, die sich manchmal immer mehr steigern, durch Übertreibungen und
durch Wiederholungen, die natürlich sachlich überflüssig sind, aber der Entladung der Gefühle
trefflich dienen.

Genauigkeit der Wortwahl und der Satzfügung ist in keiner Weise erforderlich. Dagegen
braucht man gern malerisch anschauliche Wendungen ...

Die beiden Aufgaben, denen die Umgangssprache dient, führen mehrfach zu denselben
Formen: einfachste Satzbildung, die nur das Wesentliche ausspricht, und nachlässige Wortwahl,
da es auf Genauigkeit entweder nicht ankommt oder die Lage die notwendigen Ergänzungen
liefert. Diese Übereinstimmungen erlauben es, von einer einheitlichen Sprachform, eben der
Umgangssprache, zu reden.

(W. Porzig in Hopff u. a. 1973)


5.4 · Übungen: Prosodie
203 5

Also ... das wissen wir ja: Alles ist ungesund, einfach alles.

Atmen ist ungesund – nur bleibt uns ja nun wohl nichts anderes übrig: geatmet werden muß.

Aber in der Sonne sein ist ungesund. Und Eier sind ungesund. Eier sind sogar schädlich, weil
die Hühner nicht gesund sind. Gut, wir haben da den Inhaber eines Gärtnereibetriebes aufge-
tan, der hat freilaufende Hühner (wir kennen jedes persönlich mit Namen), die legen demnach
gesunde und glückliche Eier. Wir fahren ab und zu hin und decken uns salmonellenfrei ein.

Auf Steinwolle gezüchtete, künstlich besonnte, bestrahlte Tomaten schmecken scheußlich und
sind ...? Richtig! ...ungesund. Wir kennen einen türkischen Laden, da gibt es wunderbar aromati-
sche Baumtomaten. Die kaufen wir.

Als wir noch Fleisch aßen, fuhren wir in die Eifel zum Ökobauern – aber auch glückliche Lämmer
und Kälber gewinnt man lieb und mag sie irgendwann nicht mehr essen. Von den anderen, im
Dunkeln mit Hormonen großgezogenen, auf Wagen quer durch die Lande verfrachteten und
am Ende massenweise geschlachteten Viechern gar nicht zu reden – Schluß mit Fleisch, wir
essen Käse.

Der Käse ist gemeinhin zu fett. Da gibt es aber einen bestimmten Laden in einem bestimmten
Stadtteil mit einem bestimmten Käse – lecker, fettarm und gesund.

Das Einkaufen wird schwieriger. Unsere Kartoffeln kaufen wir nicht mehr im Supermarkt,
sondern beim Erzeuger. Für den Biowein fahren wir bis in die Pfalz. Wir fahren viel, um gesund
einzukaufen! Wir fahren natürlich bleifrei, aber ganz rein ist unser Gewissen dabei auch nicht,
selbst bleifrei ist noch ungesund ...

Niemals würden wir Brot in einer dieser Massenbäckereien kaufen! Wenn wir nicht gleich selber
backen (Körner aus einem ganz bestimmten, vertrauenswürdigen Reformhaus!), dann gibt es
am anderen Ende der Stadt einen kleinen Laden, der wunderbares Brot hat. Man muß halt nur
erst hinfahren – das dauert. Unsere Haustiere mögen nicht vegetarisch leben, aber dafür gibt’s
den Pferdemetzger – eine Reise an wieder ein anderes Ende der Stadt.

Und so sind wir tüchtig unterwegs für all das Gesunde und Gute.

Das Leben ist so kompliziert geworden!

(E. Heidenreich 1996, gekürzt)


204 Kapitel 5 · Prosodie

Rezepte gegen Grippe

Beim ersten Herannahen der Grippe, erkennbar an leichtem Kribbeln in der Nase, Ziehen in den
Füßen, Hüsteln, Geldmangel und der Abneigung, morgens ins Geschäft zu gehen, gurgele man
mit etwas gestoßenem Koks sowie einem halben Tropfen Jod.

Darauf pflegt dann die Grippe einzusetzen.

Die Grippe – auch „spanische Grippe“, Influenza, Erkältung (lat: Schnuppen) genannt – wird
durch nervöse Bakterien verbreitet, die ihrerseits erkältet sind: die sogenannten Infusionstier-
chen.

Die Grippe ist manchmal von Fieber begleitet, das mit 128 Grad Fahrenheit einsetzt; an festen
5 Börsentagen ist es etwas schwächer, an schwachen fester – also meist fester.

Man steckt sich am vorteilhaftesten an, indem man als männlicher Grippekranker eine Frau, als
weibliche Grippekranke einen Mann küßt – über das Geschlecht befrage man seinen Hausarzt.

Die Ansteckung kann auch erfolgen, indem man sich in ein Hustenhaus (sog. Theater) begibt;
man vermeide es aber, sich beim Husten die Hand vor den Mund zu halten, weil dies nicht ge-
sund für die Bazillen ist. Die Grippe steckt nicht an, sondern ist eine Infektionskrankheit.

Sehr gut haben meinem Mann ja immer die kalten Packungen getan: Wir machen das so, daß
wir einen heißen Grießbrei kochen, diesen in ein Leintuch packen, ihn aufessen und dem Kran-
ken dann etwas Kognak geben – innerhalb zwei Stunden ist der Kranke hellblau, nach einer
weiteren Stunde dunkelblau. Statt Kognak kann auch Möbelspiritus verabreicht werden.

Fleisch, Gemüse, Suppe, Butter, Brot, Obst, Kompott und Nachspeise sind während der Grippe
tunlichst zu vermeiden – Homöopathen lecken am besten täglich je dreimal eine Fünf-Pfennig-
Marke, bei hohem Fieber eine Zehn-Pfennig-Marke. Bei Grippe muß unter allen Umständen das
Bett gehütet werden – es braucht nicht das eigene sein.

Die Grippe ist keine Krankheit – sie ist ein Zustand.

(K. Tucholsky 1995, gekürzt)


5.4 · Übungen: Prosodie
205 5

Lesen ist ein großes Wunder

Was hast du vor dir, wenn du ein Buch aufschlägst?

Kleine, schwarze Zeichen auf hellem Grunde.

Du siehst sie an, und sie verwandeln sich in klingende Worte, die erzählen, schildern, be-
lehren. In die Tiefe der Wissenschaft führen sie dich ein, enthüllen dir die Geheimnisse der
Menschenseele, erwecken dein Mitgefühl, deine Entrüstung, deinen Haß, deine Begeisterung.
Sie vermögen dich in Märchenländer zu zaubern, Landschaften von wunderbarer Schönheit
vor dir entstehen zu lassen, dich in die sengende Wüstenluft zu versetzen, in den starren Frost
der Eisregionen. Das Werden und Vergehen der Welten vermögen sie dich kennen, die Un-
ermeßlichkeit des Alls dich ahnen zu lassen. Sie können dir Glauben und Mut und Hoffnung
rauben, verstehen deine gemeinsten Leidenschaften zu wecken, deine niedrigsten Triebe als
die vor allen berechtigten zu feiern. Sie können auch die gegenteiligen, die höchsten und
edelsten Gedanken und Gefühle in dir zur Entfaltung bringen, dich zu großen Taten begeis-
tern, die feinsten, dir selbst kaum bewußten Regungen deiner Seele in kraftvolles Schwingen
versetzen.

Was können sie nicht, die kleinen schwarzen Zeichen, derer nur eine so geringe Anzahl ist,
daß jeder einzelne von ihnen alle Augenblicke wieder erscheinen muß, wenn ein Ganzes
gebildet werden soll, die sich selbst nie, sondern nur ihre Stellung zu der ihrer Kameraden
verändern!

Und hinter die Rätsel dieser Eigenschaft, die ihnen anhaftet, zu kommen, uns den Weg zu
ihren Geheimnissen zu eröffnen wird einem Kinde zugemutet, und ein Kind vermag’s –
wenn das nicht ein Wunder ist ...

(M. v. Ebner-Eschenbach in Küster, o. J.)


Literaturverzeichnis
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Spohn J (1987) Das Schnepfenköfferchen. Goldmann, chen
München Wiemer RO (1996) Liebes altes Lesebuch. Wiemer, Ham-
Das Sprachbastelbuch (1983) Jugend und Volk, Wien burg
Stengel I, Strauch T (1996) Stimme und Person. Klett-Cotta, Wirth G (1994) Sprachstörungen, Sprechstörungen, Kind-
Stuttgart liche Hörstörungen. Deutscher Ärzte Verlag, Köln
Störig HJ (1987) Abenteuer Sprache. Langenscheidt, Wirth G (1995) Stimmstörungen. Deutscher Ärzte Verlag,
Berlin Köln
Thiel H (Hrsg) (1970) Kurze Geschichten zum Nacherzählen. Wolf E, Aderhold E (1983) Sprecherzieherisches Übungs-
Moritz Diesterweg, Frankfurt/Main buch. Heinrichshofen¢s, Wilhelmshaven Locarno Ams-
Tucholsky K (1995) Gesammelte Werke, Bd9 (10 Bd, Hrsg terdam
Gerold-Tucholsky M, Raddatz FJ). Rowohlt, Hamburg Zacharias C (1967) Sprecherziehung. Volk und Wissen,
Turnitz G von (Hrsg) (1997) Die Welt in der Anekdote. Kaiser, Berlin
Klagenfurt Zehetmeier W (1986) Richtig sprechen. Schulz, Percha
Ullrich KH (Hrsg) (1960) Das goldene Buch der Zitate. Süd- Zimmermann W (1979) Kräfte des Atems. Drei Eichen,
West, München Engelberg/Schweiz München
Valentin K (1960) Gesammelte Werke. Piper, München
A–H

Sachverzeichnis
– Funktionen 12 – hyperfunktionelle 47
A – Befundung 12 – hypofunktionelle 48, 102
– Beurteilung 12 – Befundung 48
Abknarren 142 – Grundlagen 10 – Bildung einzelner Laute
Akupädie 4, 5 – Leichtigkeit 21 102
– Elemente 6 – physiologische Zwerchfell-
Akzent Flanken-Atmung 14
– dynamischer (Dynamik) 191 – reflektorische Atemergänzung E
– melodischer (Melodie) 180 15
– temporaler (Tempo) 181 – Ruheatmung 10 Einatmen, positives 22
Akzentmethode nach Smith – Sprichwörter und Lyrik 11 Elektrovibrationsmassage 31
und Thyme 164 – Stimmatmung 10 – mit Großflächenmassagegerät
Artikulation (Tonansatz, – Stützfunktion 14 32
Stimmansatz, Stimmschlag) 4, – Übungen 16 Explosivlaute 102
166–177 – Aufbau und
– Befundung 137 Zusammenstellung 16
– Begriffe und Redewendungen – Vorstellung 21 F
167 – Wahrnehmung durch
– Definition 166 Intention 18 Frage-Antwort-Intonation 146
– Sprichwörter 137 – Durchführung 18 Frageintonation 147, 148
– Therapie 168 Ausatmen, negatives 22
– Übungen 168–177 Autogenes Training (AT) 37
Atemanregung 19 G
Atemeinteilung 19
Atemimpuls 19 B Gähnen 169
Atemmittellage 14
Atemtherapie 12 Bewegung 4
Atemvertiefung 19 H
Atemwellen 20
Atmung/Atmen 4 D Halbklinger 92
– Abspannen 15 – Einstiegsübungen 92
– Atem und Stimme im Wechsel Dehnungsübungen 35 – Hinweise zu den Übungen
20 Doppelkonsonanten 94–96, 98 93
– Atemführung 19 – Satzebene (Zungenbrecher) Haltung, Tonus und Bewegung
– Atemverlängerung 19 96 4
– Atemwurf 15, 16 – Wortebene 94–96, 98 – Befundung 26
– Begriffe und Redewendungen Dysphonie – Begriffe und Redewendungen
11 – funktionelle 48 24
– Entspannung und Atmung 21 – Therapie 48 – Beurteilung 26
– Federung 15 – Übungen 49–149 – Sprichwörter und Lyrik 25
212 Sachverzeichnis

– Therapie 26–28 Lungenvolumen – Vorübungen zur Therapie


– Übungen (s. auch dort) (s. auch Vitalkapazität) 12 152
28–38 – Befundung 12 – Ziele und Regeln 151
Hauchlaut 54 – Beurteilung 12
Hörerziehung 5 Lyrik
– Wege und Ziele 5 – Frage-Antwort-Intonation 146 N
– Frageintonation 147, 148
– Hauch 66 Nasalierungsmethode
I – Hauch – Strömer 65 nach Pahn 155
– Klingerhäufung 88–91
Internus- und Transversus- – Plosivhäufung 120, 121, 123,
schwäche 48 124 P
– Strömer – Vokal 67
– überwiegend Anlaut 101 Phonasthenie 48
K – Vokale 137 Plosiv 104
– Vokalhäufung 136, 159–162 – Aufbau von Wort- zu
Kaumethode nach Fröschels Satzebene 110, 111
153, 154 – Minisätze 104–108
Klinger M – mit Vokalinlaut 114
– Aufbau von Wort- zu – Wortebene 114
Satzebene 76 Merkblatt – Redewendungen 115, 116
– Definition 68 – für Patienten mit – Wortebene 104–109
– Dialogform 143 Stimmproblemen 7 – Wortgruppen 117, 118
– Halbklinger 69 – zur Erhaltung einer gesunden Plosiveinsatz 157
– Häufung 78–80 Wirbelsäule 29 Plosivhäufung 112, 113
– Lautbildung 68 Mundmotorikübungen 171 – Ausrufe 119
– Lautebene 69 – Klinger 171 – Lyrik 120, 121, 123, 124
– Lesetext 141 – Plosive 171 – Rufsätze 119
– Minisätze 70, 71–75, 77 – Strömer 171 – Sprichwörter und Weisheiten
– mit Frageintonation 145 – Vokale 171 119
– Rufsätze 80 Mutationsstörungen – Text 122
– Satzebene 77 – Gespräch – Beratung Prosodie 180–205
– Übungen – Aufklärung 151 – Befundung 180
– Ziele und Wirkung 69 – Therapie 150 – dynamischer Akzent
– Vokale 85, 86 – Übungen 152–161 (Dynamik) 191
– Wortebene 70, 71–75, 81, – Akzentmethode nach Smith – Grundlagen 180
156 und Thyme 164 – melodischer Akzent (Melodie)
– Aufbau und 180
Zusammenstellung 152 – temporaler Akzent (Tempo) 181
L – Durchführung 154 – Übungen 182–205
– Kaumethode nach Fröschels – Einstiegsübungen 183
Lautbildung 68, 92 153, 154 – Hinweise zu den Übungen
Lautgruppen 49 – Nasalierungsmethode nach 182
Lockerungsübungen 170 Pahn 155 – Regeln 183
Sachverzeichnis
213 H–U
– Tonhaltedauer 43 – isometrische Übungen 29
R Stimmeinsatz 149 – isotonische Übungen 30
– Dialogform 144
Redewendungen Stimmlage
– Hauch – Vokal – Hauch 60 – Beurteilung 45 U
– Hauch – Vokal – Klinger 62 – mittlere Sprechstimmlage 45
– Klinger – Vokal – Klinger – Prüfung 45 Übungen
82–84 Stimmleistung, Befundung 42 – Artikulation 168–177
– Plosive 115, 116 Stimmlippenknötchen 47 – Atemeinteilung und
– Strömer – Vokal – Strömer 61 – Befundung 47 Geläufigkeit 174, 177
– Vokale 99, 133 Stimmlippenlähmung 162–164 – Klinger/Plosive 173
Registerübergänge 44 – Befundung 163 – Lautwechsel 174
Resonanzverbesserung, – Therapie – Lockerungsübungen 170
Einstiegsübungen 69 – apparative Hilfen 164 – Lyrik 174, 175, 178
Rufsätze 80 – Ziele und Regeln 163 – Mundmotorikübungen 171
– Plosive 119 Stimmwechselstörungen 150 – Plosiveinsatz 174
Ruheatmung 10 – Satzebene 172, 173
– Sprechspiel 176
T – Vokalabsatz 174
S – Vokaleinsatz 175
Therapeutenrolle 2 – Weitungsübungen 169
Schwelltonvermögen 43 Therapie – Zungenbrecher 172, 173
Schwingegurtübungen 35 – Akupädie 4 – Atmung 16
Schwingeübung 35 – allgemeine Hinweise 6 – Vitallaute 17
Sprechspiel 176 – Bewegung 26 – funktionelle Dysphonie
Stimmabsatz (s. auch Tonabsatz) – Definition 2 49–149
46, 142, 149 – Einstieg 2 – Anlaut und Inlaut 97
– Übungen 142–149 – funktionelle Dysphonie 48 – Aufbau und
– Hinweise zu den Übungen – Haltung 26 Zusammenstellung 49
142 – Plan 3 – Aufbau von Wort- zu
– Ziele und Wirkung 142 – Regeln 7 Satzebene 58
Stimmatmung 10 – Stimmbeurteilung 8 – Bildung der einzelnen Laute
Stimmbeurteilung 8 – Stimmtherapie 4 51
Stimme 41–164 – Üben 3 – Dialogform 143, 144
– Begriffe und Redewendungen Tiefmuskelentspannungs- – Doppelkonsonanten 94–96,
41 training 36 98
– Definition 41 Tonbehandlung, – Einstiegsübungen zur
– Dysphonie 47, 48 elektromechanische 33 Resonanzverbesserung 69
– Klang 42 Tonhaltedauer 43 – Explosivlaute 102
– Qualität 42 Tonus (s. auch Haltung, Tonus – hypofunktionelle Dysphonie
– Registerübergänge 44 und Bewegung) 4, 24 102
– Schwelltonvermögen 43 – Regulation – Klinger 69
– Sprichwörter 42 – durch gute Laune und – Lautgruppen 49
– Stimmumfang 44 Lachen 27 – Lyrik 65–67
214 Sachverzeichnis

– Minisätze 50, 57, 70–75, 79, – Schwingeübung 35 – Wortebene und Wortgruppen


85 – Tiefmuskelentspannungs- 158
– Plosive 104–124 training 36 Vitallaute
– Redewendungen 50, 60–62, – Unilife Bio Impulsmodell 31 – Übungen 17
82–85 – hyperfunktionelle Dysphonie – Ziele 17
– Sätze 86 51 Vokale 125–141
– Satzebene 50, 77–80, 85, – Erarbeitung des – Aufbau von Wort- zu
100 physiologischen Satzebene 130
– Stimmabsatz 142–149 Stimmeinsatzes 51 – Bildung der einzelnen Laute
– Verschlusslaute 102 – Mutationsstörungen 125
– Vokale 99, 125–141 – Akzentmethode nach Smith – im Anlaut und Inlaut 134
– Wortebene 50, 54, 56, 59, und Thyme 164 – Wortebene 134, 135
70–75 – Aufbau und – Lautebene 129
– Wortgruppen 50, 63–65 Zusammenstellung 152 – Minisätze 131, 132
– Ziele und Wirkung 53 – Durchführung 154 – Redewendungen 99, 133
– Zungenbrecher 97 – Kaumethode nach Fröschels – Satzebene 129
– Haltung, Tonus und Bewegung 153, 154 – Übungen 125–141
28–38 – Nasalierungsmethode – Einstiegsübungen 127
– Autogenes Training (AT) 37 nach Pahn 155 – Ziele und Wirkungen 126
– Dehnungsübungen 35 – Plosiveinsatz 157 – Ventiltönchen 127
– Einsatz und Ziele 32 – Vibration, dunkle Vokale – Wortebene 129
– elektromechanische 158 Vokaleinsatz 53, 139
Tonbehandlung 33 – Vorübungen zur Therapie – Lesetext 139, 141
– Elektrovibrationsmassage 152 Vokalhäufung
31, 32 – Wortebene 156 – Lesetext 138, 140
– ganzheitliche – Wortgruppen 157 – Lyrik 136, 159–162
Bewegungsübungen – Prosodie 182–205 – Sprichwörter und Weisheiten
durch Intention 30 – Anekdoten 200 135
– Gymnastikmaterial 33 – Dialoge 194
– im Gehen 31 – Fabeln 198
– isometrische Übungen – Lyrik 184 W
zur Tonusregulation 29 – Prosatext 200
– isotonische Übungen Weitungsübungen 169
zur Tonusregulation 29
– Kontaktübungen mit V
Material 34
– Korrektur der Körperhaltung Ventiltönchen 127
30 Verschlusslaute 102
– Schwingegurtübungen 35 Vibration 158
 !TMUNGÈ

 (ALTUNGÈnÈ4ONUSÈnÈ"EWEGUNG

 3TIMME

 !RTIKULATIONÈ4ONSATZ È3TIMMANSATZ È3TIMMSCHLAG

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3ACHVERZEICHNIS

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