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Ute G. Bergauer
Praxis
der Stimmtherapie
Logopädische Behandlungsvorschläge
und Übungsmaterialien
2. Auflage
13
Ute G. Bergauer
Rosenweg 8
69198 Schriesheim
Illustrationen:
Seite 9: © Cartoon Concept, Hannover
Seite 165: © Catprint Marketing GmbH, Langenhagen
ISBN 3-540-22475-0
Springer Medizin Verlag Heidelberg
ISBN 3-540-62977-7 1. Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York
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Literaturstellen auf ihre Richtigkeit geprüft werden.
SPIN 10754902
Satz: Stürtz AG, Würzburg
Auch Bücher haben ihre Vorgeschichte. Der vorliegende Band verdankt seine Entstehung
der über 30jährigen Praxis- und Lehrtätigkeit der Autorin als Logopädin und Leitende
Lehrlogopädin an der Abteilung für Stimm- und Sprachstörungen sowie Pädaudiologie
der HNO-Klinik Heidelberg bzw. an der angeschlossenen Schule für Logopädie.
Frau Bergauer hat in diesem ganz auf die Praxis bezogenen Buch das große Repertoire
der die Stimme betreffenden logopädischen Behandlungsmethoden zusammengestellt,
die sich über viele Jahre hinweg in ihrer therapeutischen Arbeit bewährt haben und die
sie ihren Logopädieschülern im Unterricht vermittelt.
Ärztl. Direktor der Abt. f. Stimm- und Sprachstörungen sowie Pädaudiologie der
Univ. HNO-Klinik Heidelberg
IX
Es ist in erster Linie eine Sammlung von Vorschlägen und Übungsmaterial zur Stimm-
therapie. In meiner langjährigen Arbeit mit stimmgestörten Patienten haben sich viele
Aufzeichnungen angesammelt, die sich in der Praxis bewährt haben und die ich hier
weitergeben möchte.
Das Buch wendet sich hauptsächlich an Logopäden, Sprecherzieher, Atem-, Sprech- und
Stimmlehrer, aber auch an den interessierten Laien. (Wenn übrigens hier und im fol-
genden von „dem Therapeuten“ oder „dem Patienten“ die Rede ist, so ist damit immer
die männliche und die weibliche Form gemeint.)
In meinem ganzheitlichen Konzept, das einen störungsspezifischen Aufbau der Thera-
pie beinhaltet, bilden überwiegend die Methoden Coblenzer-Muhar und Fernau-Horn
die Grundlage: In der Therapie wird von dem Grundsatz ausgegangen: ,,Atmung, Hal-
tung/Bewegung/Tonus, Stimme, Artikulation und Prosodie bilden eine Einheit“. Diese
Bereiche sind der besseren Übersicht halber in abgeschlossene Kapitel gegliedert; sie
sollten jedoch in einer bzw. mehreren Therapiestunden miteinander kombiniert und
als Ganzheit gesehen werden.
Theoretische Erläuterungen und Abhandlungen werden meist kurz gehalten, da es zu
den jeweiligen Themen genügend Lehr- und Fachbuchliteratur gibt. Anweisungen und
Hinweise sind ebenfalls möglichst kurz und einfach formuliert. Das gilt auch für anato-
mische und physiologische Beschreibungen.
Viele Übungen (besonders solche mit Material) sind oft nur stichwortartig benannt, da
sie in Therapeutenkreisen meist ohnehin bekannt sind.
Die fünf Kapitel beginnen jeweils mit der Theorie zu dem entsprechenden Thema. Dem
praktischen Teil sind dann Begriffe, Redewendungen und Sprichwörter vorangestellt,
die manchem Patienten den Einstieg in und das Verständnis für die Anwendung er-
leichtern. Einige dieser Texte lassen sich auch als Übungsvorlagen einsetzen. Sie sollten
aber immer personenbezogen ausgewählt werden, da sie nicht jeden Patienten anspre-
chen.
Die vorgegebene Reihenfolge der Übungen entspricht überwiegend dem Prinzip „vom
Leichten zum Schweren“. Auch sie sollte natürlich individuell abgeändert werden.
Die begleitende Hörerziehung, die Akupädie, wird als wichtige Ergänzung zur Stimm-
therapie im einführenden Kapitel angesprochen.
Die Thematik funktioneller Stimmstörungen bildet den Schwerpunkt des Buchs.
Ein kürzerer Teil in Kap. 3, „Stimme“ enthält Vorschläge zur Therapie von funktio-
nellen Mutationsstörungen und (organischen) Stimmlippenlähmungen. Die Vorschlä-
ge dieser Therapiepläne können als Basis verwendet und jeweils individuell verändert
werden.
X
Die Wort- und Satzbeispiele und eine Reihe von Versen eignen sich für die Sprach-
therapie bei Kindern.
Bewußt wurde im Gesamtkonzept der Bereich Persönlichkeit und Psyche kaum berück-
sichtigt. Was jedoch bedeutet, daß er in der Therapie nicht unberücksichtigt bleiben
darf, sondern therapeutisch angegangen werden sollte.
Dieses Buch ist also vor allem als Angebot und Arbeitsgrundlage zum schnellen Auf-
finden passender Übungen und damit zum Planen und Durchführen erfolgreicher
Therapiestunden gedacht. Möge es ein echter Freund und Helfer an Ihrem Arbeitsplatz
werden!
Danksagung
Am Gelingen des Buches war maßgeblich mein Mann beteiligt, dem ich an dieser
Stelle für die Schreibarbeiten danken möchte; ebenso der Lektorin Frau M. Botsch im
Springer-Verlag für ihre Anregungen und Korrekturvorschläge bei der Überarbeitung
des Manuskripts.
XI
Inhaltsverzeichnis
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Die Rolle des Therapeuten. . . . . . . . . . . . . . . 2 Sprechen aus der Atemmittellage. . . . 14
Was heißt eigentlich Therapie? . . . . . . . . . . 2 Reflektorische Atemergänzung . . . . . . 15
Therapieverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Abspannen und Federung . . . . . . . . . . . . . . 15
Einstieg in die Therapie. . . . . . . . . . . . . . 2 Federung und Atemwurf . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Üben – aber wie?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Federung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Therapieplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Atemwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Akupädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.7 Übungen: Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Wege und Ziele in der Hörerziehung . 5 Aufbau und Zusammenstellung . . . . . . . . . 16
Elemente der Akupädie . . . . . . . . . . . . . 6 Vitallaute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Allgemeine Hinweise zur Stimmtherapie. 6 Atemwahrnehmung durch
Merkblatt für Patienten mit Intention. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Stimmproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Atemvertiefung, Atemimpuls,
Patientenbogen zur Beurteilung der Atemanregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
eigenen Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Atemeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Atemführung und Atemverlängerung
1 Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Ausatmen im Takt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.2 Begriffe und Redewendungen: Atem . . . . 11 Atemwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.3 Sprichwörter und Lyrik: Atem. . . . . . . . . . . . 11 Entspannung und Atmung,
1.4 Befundung der Atemfunktion . . . . . . . . . . . 12 Gefühl der Leichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . 21
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Atmung und Vorstellung . . . . . . . . . . . . 21
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.5 Befundung des Lungenvolumens 2 Haltung – Tonus – Bewegung . . . . . . . . 23
(Vitalkapazität). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Begriffe und Redewendungen:
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Haltung – Tonus – Bewegung. . . . . . . . . . . . 24
Ausatemdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Sprichwörter und Lyrik:
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Haltung – Tonus – Bewegung. . . . . . . . . . . . 25
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.4 Befundung der Haltung, der Bewegung
Atemfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 und des Tonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.6 Atemtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.5 Therapie: Haltung – Tonus –
Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Physiologische Zwerchfell-Flanken- Ziele und Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Atmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Haltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Stützfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Atemrhythmisch angepaßte Tonusregulation durch gute Laune
Phonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 und Lachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
XII
Akupädie – 5
Allgemeine Hinweise zur Stimmtherapie – 6
Merkblatt für Patienten mit Stimmproblemen –7
Patientenbogen zur Beurteilung der eigenen Stimme –8
2 Einführung
Nach van Riper stellt die Rolle des Therapeuten Einstieg in die Therapie
die eines Begleiters auf Vereinbarung und nicht
die eines Lehrers oder „Predigers“ dar. In der Regel wird die Stimmstörung vom HNO-
Arzt oder Phoniater festgestellt. Für die weitere
Die Verantwortung für eine gewissenhafte Übungsbehand- Therapieplanung sind folgende Bedingungen
lung und für die Übernahme der neuen Sprechweise bzw. wichtig:
Stimme in die Alltagssituation trägt der Patient – dies zu
▬ ärztliche Diagnose,
vermitteln und den Patienten dann gehen lassen ist Aufgabe
des Logopäden (Darley in Gundermann 1981). ▬ eventuell apparative Messungen wie Stimm-
Das wirksamste Medikament ist der Therapeut (Gun- feldmessung und Hörprüfung.
dermann 1991).
Nicht das Was der Methode, sondern das Wie des The- Danach beginnt die Aufgabe des Logopäden, die
rapeuten entscheidet über den Erfolg (Gundermann 1991).
sich wie folgt gliedert:
Was aber auch der raffiniertesten Technik erst Glanz
verleiht, das ist ein „Schuß“ Phantasie und Inspiration
▬ Logopädische Diagnostik
(Gundermann 1981). – Erstellung der Anamnese.
– Erstellung des Stimmstatus.
Die Intuition und Kreativität des Therapeuten ▬ Gespräch – Beratung – Aufklärung
sind für eine erfolgreiche Behandlung wichtig. – Befundung: derzeitige Beschwerden,
– Erklärungen zum Störungsbild: Kehlkopf-
Was heißt eigentlich Therapie? modell oder Abbildung des Kehlkopfes.
– Gemeinsame Zielsetzung des Patienten und
Therapie bedeutet dienen, pflegen, behandeln, des Therapeuten.
heilen, fördern, achten, freundlich sich sorgen, – Organisation der Therapie: Anzahl und Häu-
Verordnung, Heilung, Aufmerksamkeit schen- figkeit der Therapiestunden.
ken. – Beratung über Sprech- und Stimmverhalten
Im Fall der Stimmtherapie bedeutet dies ( s. „Merkblatt für Patienten mit Stimmpro-
besonders, Funktionsfehler zu beseitigen, d. h. blemen“, S. 7).
Defizite, Mängel, Unebenheiten und Ange- – Hinweis auf ärztliche Kontrolluntersuchun-
wohnheiten anzugehen, wobei der Therapeut gen.
Angaben zur Abhilfe macht und entsprechende – Planung einer Kassetten- oder Videoaufnah-
Übungen anbietet. me.
– Durchführung erster Übungen „zur Einfüh-
> Unser grundsätzliches Ziel ist der Abbau der
rung“.
Fehlfunktionen und der Aufbau der Voll-
– Anlegen eines Arbeitshefts (Hausheft). Hier
funktion der Stimme.
können die laufenden Übungen vom Patien-
ten oder Therapeuten eingetragen und kon-
> Die Stimmtherapie ist ein „Arbeitsvertrag“,
trolliert werden. Das Arbeitsheft hat sich als
d. h., die Verantwortung für die gemein-
gute Übungshilfe sowohl für den Patienten
same Arbeit und den Erfolg wird zwischen
als auch für den Therapeuten herausgestellt.
Therapeut und Patient geteilt.
– Besprechung häuslicher Übungen ( s. fol-
genden Abschn. „Üben – aber wie?“).
3
Therapieverlauf
Üben – aber wie? entlasten und geben Hinweise für die Thera-
pie. Patient und Therapeut sollten gemeinsam
über mögliche störende Einflüsse reden, die
> „Übe mäßig, aber regelmäßig.“
Ursachen zu ergründen versuchen und sich
Folgende Regeln sollten beachtet werden: Lösungsmöglichkeiten überlegen ( s. „Patien-
▬ Es ist besser, regelmäßig kurz zu üben als selten tenbogen zur Beurteilung der eigenen Stimme“,
und lang. S. 8).
▬ Empfehlung: 3mal täglich 5–10 min über den
! Vorsicht
Tag verteilt.
Bei den geringsten Anzeichen von Stimmermü-
▬ Für die Übungen einen genauen Zeitplan festle-
dung oder rauhem Hals müssen die Übungen
gen: z. B. morgens im Bad, in der Mittagspause,
beendet werden.
vor dem Zubettgehen.
▬ In gut gelüfteten Räumen oder im Freien Im Rahmen der Therapie sollten auch einige
üben. allgemeingültige Regeln beachtet werden:
▬ Ohne Störungen, z. B. durch Telefon, und nicht ▬ Was für die körperliche und seelische Gesund-
mit vollem Magen üben. Situationen, in denen heit gut ist, tut auch Ihrer Stimme gut!
eine störungsfreie Zeit zur Verfügung steht, ▬ Sorgen Sie für frische Luft, eine gesunde Er-
ausnutzen. nährung, ausreichend Bewegung, genügend
▬ Man muß an einem Tag nicht alle Übungen Schlaf.
durchführen. Eine oder ein paar wenige genü- ▬ Vermeiden Sie Rauch(en), Alkohol und mög-
gen, der Patient kann auch die gleiche Übung lichst auch scharfe Speisen.
hintereinander – mit Pausen – durchführen. ▬ Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit 2–2,5 l
▬ In verschiedenen Positionen üben und verglei- Mineralwasser keine säurehaltigen Säfte. Redu-
chen: im Stehen, Sitzen, Liegen, Gehen. zieren Sie Kaffee, Tee und Colagetränke.
▬ Vor und zwischen den Übungen: dehnen – stre-
cken – gähnen – sich recken! Bei der Stimmtherapie bilden Atmung, Be-
▬ Bei der Durchführung können Familienmit- wegung und Tonus, Stimme, Artikulation und
glieder hilfreich sein, indem sie den Patienten Prosodie eine Einheit. Es sollen weder Über-
zum Üben motivieren oder bei Übungen kor- noch Untersteuerung der gestörten Funktio-
rigieren; wenn dies eher stört, sollte man lieber nen erarbeitet und erlernt werden, sondern
darauf verzichten. der ökonomische Einsatz der notwendigen,
▬ Morgens im Bad üben, dabei in den Spiegel bli- ganzheitlich zu sehenden Maßnahmen, welche
cken, um die Übungen kontrollieren zu kön- für die Qualität und Belastbarkeit der Stimme
nen. Die Konzentration des Patienten läßt sich erforderlich sind. Therapieweg und Erfolg der
steigern durch den Blick aus dem Fenster und Behandlung sollten unter diesem Gesichtspunkt
das Anpeilen eines Zielpunkts, z. B. Baum, Berg, beurteilt werden.
Wiese, oder durch das Betrachten eines anspre-
chenden Bildes an der Wand. Therapieplan
▬ Im Alltag üben: Manche Übungen können
durchaus auch in den Alltag integriert werden, Im folgenden sollen der Verlauf einer Stimm-
z. B. wenn der Patient an der Straßenbahnhal- therapie sowie ihre anzustrebenden Wege (Ver-
testelle oder an der roten Ampel wartet. besserungen) und Ziele am Beispiel einer funk-
▬ Das Wahrnehmen und Mitteilen des eigenen tionellen Dysphonie aufgezeichnet werden:
Befindens ist wichtig. Solche Mitteilungen
4 Einführung
Die wichtigsten Regeln der Stimmtherapie für > Bei jedem echten Gespräch investieren die
den Patienten sind im „Merkblatt für Patienten“ Beteiligten mindestens die Hälfte der Zeit
zusammengefaßt. und Intensität in den Hörvorgang. Wenn zu
Eine gute Stimme zeichnet sich durch be- viele Personen gleichzeitig sprechen, mün-
stimmte Merkmale aus: det das Gespräch in ein beziehungsloses,
leeres Geschwätz.
> Eine Stimme läßt sich als „gut“ bezeichnen,
Man kann die „Gestalt“ einer Stimme über-
wenn sie ausschließlich unter Inanspruch-
haupt erst beurteilen, wenn man lange ge-
nahme der für die jeweilige Leistung nöti-
nug in sie hineingehört hat.
gen Muskulatur in harmonischem Ausgleich
der Atmungs-, Kehlkopf- und Ansatzrohr- Wege und Ziele in der Hörerziehung
funktion gebildet wird. Die „gute Stimme“
Hörerziehung ist Fitneßtraining für das Gehör.
hört sich frei von Nebengeräuschen, Druck,
Sie sollte zum festen Bestandteil der Therapie
Dauer- und Fehlüberspannungen an, klingt
werden ( s. „Patientenbogen“, S. 8).
in jeder Höhe beliebig kräftig oder leise,
Das generelle Ziel der Hörerziehung ist die
weittragend; sie fließt resonanzreich, weich
Verbesserung der Eigen- und Fremdwahrneh-
und anstrengungslos (nach Habermann
mung, d. h. die Verbesserung der Kontrolle über
1980).
die eigene Stimme. Konkret bedeutet dies:
Zur Eigenbeurteilung kann der Patienten- ▬ Stimmgestörte sollen den Klang der eigenen
bogen ( s. S. 8) verwendet werden. Dieser Bo- Stimme und fremder Stimmen einschätzen
gen wird dem Patienten über einen bestimmten lernen. Daher gilt es, das Gehör bezüglich fol-
Zeitraum als Kontrolliste mitgegeben, und an- gender Merkmale zu sensibilisieren:
schließend werden die Ergebnisse in einer The- – Ist die Stimmlage zu hoch oder zu tief (Be-
rapiestunde besprochen. Die ersten vier Beur- zugspunkt: mittlere Sprechstimmlage)?
teilungsparameter gehören in den Bereich der – Hält sich die Lautstärke im vorgegebenen
Akupädie. Die anderen Beobachtungen ergeben räumlichen Rahmen? Die Stimmstärke muß
ein gutes Gesamtbild der Eigenwahrnehmung der Raumgröße angepaßt sein. Dies ist eine
und zeigen Übereinstimmungen bzw. Unter- stimmhygienische Regel, an die sich gerade
schiede zum Eindruck des Therapeuten auf. Lehrer oft nicht halten und mit Stentorstim-
me (laut, dröhnend) versuchen, das Klassen-
Akupädie zimmer zu beherrschen.
– Ist die Sprechmelodie farbig und abwechs-
Begleitend zur Stimmerziehung erfolgt auch lungsreich? Monotonie tötet das Leben jeder
die Hörerziehung. Sie ist bei Patienten, deren Stimme. Man kann sich die gewebszerstören-
Musikalität nicht sehr ausgeprägt ist, beson- den Folgen leicht vorstellen, wenn eintönig
ders wichtig. Um stimmliche Gegebenheiten zu immer auf die gleiche Kerbe eingehämmert
erkennen, bedarf es einer gezielten Eigen- und wird.
Fremdwahrnehmung. Die Korrektur einer ge- – Ist der Stimmeinsatz „physiologisch fest“,
störten Stimme beginnt mit dem Hörenlernen wie man es in der deutschen Sprache erwar-
(Gundermann 1991). tet? Oder ist er pathologisch hart, gepreßt
und den Vokalen die Klangluft abschnürend
ⓘ Definition
(Gundermann 1991)?
Unter Akupädie versteht man Hörarbeit, Hörer-
▬ Umweltgeräusche (Laute, Klänge usw.) sollen
ziehung, Hörschulung bzw. Hörtraining.
differenziert wahrgenommen werden.
6 Einführung
▬ Die Patienten sollen in die Lage versetzt wer- Allgemeine Hinweise zur
den, die Töne und Laute verschiedener Instru- Stimmtherapie
mente bzw. Gegenstände nachzusingen und zu
„benoten“. Bevor wir in den folgenden Kapiteln in die ei-
gentliche Therapie einsteigen, noch ein paar Be-
Elemente der Akupädie merkungen zur Patientenklientel.
Der akustischen Wahrnehmungsschulung Von Stimmstörungen betroffen sind heutzu-
(Gundermann 1982) liegt folgendes Schema zu- tage viele Menschen, vorwiegend die sog. „Viel-
grunde: sprecher“: Lehrer, Dozenten, Erzieher, Pfarrer,
▬ Universelle Schallereignisse: Politiker, Manager, Berater, Vertreter, Verkäufer
– Zum Beispiel mit geschlossenen Augen Um- und Kursleiter in Fitnessstudios.
weltgeräusche wie Handwerkerlärm, Moto- Meist lautet die Diagnose „hyperfunktionel-
rengeräusche, Windgeräusche, Bäumerau- le Dysphonie“, seltener „hypofunktionelle Dys-
schen oder Tierstimmen wahrnehmen und phonie“. Häufig tritt auch eine Mischform auf.
beschreiben, d. h. zuordnen. Daraus folgernd beginnt der therapeutische
– Einen Ton nachsingen und am Klavier oder Übungsteil von Kap.3, „Stimme“, mit Inhalten,
einem anderen Instrument „benoten“. die für die hyperfunktionelle Dysphonie geeig-
▬ Gestörte Stimmen – Fremdstimmen: net sind.
– Gestörte Stimmen von einer Tonkassette Die Übungsbeispiele aus der Gruppe „hypo-
abhören, diese beschreiben (Stimmqualität, funktionelle Dysphonie“ (Plosive und Vokale)
Lautstärke, Sprechmelodie, Tonlage, Pausen- sind zwar zunächst zweitrangig, aus dem Ge-
einteilung) und mit passenden Adjektiven samtkonzept aber nicht wegzudenken – sie ge-
belegen. hören unbedingt dazu ( s. S. 104 ff.).
▬ Gesunde Stimmen – Fremdstimmen: Patienten mit Mutationsstörungen
– Bei den gesunden Stimmen erweist es sich ( s. S. 150) und Stimmlippenlähmungen
als schwieriger, Beschreibungen vorzuneh- ( s. S. 163) sind in der täglichen niedergelas-
men ( s. „Stimmqualitäten und Stimmklang“, senen Praxis seltener zu finden. Ihre Behand-
S. 42/43). lung kann bei konzentriertem Einsatz meist von
▬ Hören von Gesang, Chor- und Instrumental- gutem oder befriedigendem Erfolg begleitet
musik: sein. Der Therapieplan ist jeweils im Vorspann
– Die Beurteilung von Gesang, Chor- und In- zu den entsprechenden Übungen in Kap. 3,
strumentalmusik ist sehr unterschiedlich, je „Stimme“, zu finden.
nach Kenntnissen und musikalischem Ein- Bei Mutationsstörungen kann auch eine psy-
fühlungsvermögen. chologische Begleitung von Nutzen sein, wenn
sie als notwendig erachtet wird. Stimmlippen-
Die Akupädie begleitet alle Therapiestunden lähmungen (organische Stimmstörung) sollten
und beinhaltet vor allem bei den Stimmübungen – wie natürlich alle anderen Stimmstörungen
das Heraushören der eigenen stimmlichen Ver- auch – nur im engen Kontakt mit einem erfah-
änderung und Fortschritte. Ohne diese gleich- renen Facharzt behandelt werden, der die lau-
zeitige Hörerziehung wird die Verbesserung der fenden Kontrollen übernimmt, besonders wenn
Stimmqualität sehr schwierig. es sich um postoperative Fälle handelt.
7
Merkblatt für Patienten mit Stimmproblemen
Lassen Sie sich Zeit! Benutzen Sie Begriffe, die Ihnen spontan einfallen.
Name:
Stimmklang
Stimmeinsatz
Lautstärke
Resonanz
Sprechtempo
Sprechpausen
Sprechmelodie
Artikulation
Sprechatmung
Ruheatmung
Haltung
Verspannungen
Wo?
Atmung
1.1 Grundlagen – 10
1.2 Begriffe und Redewendungen: Atem – 11
1.3 Sprichwörter und Lyrik: Atem – 11
1.4 Befundung der Atemfunktion – 12
1.5 Befundung des Lungenvolumens (Vitalkapazität) – 13
Ausatemdauer – 13
Atemfrequenz – 13
1.6 Atemtherapie – 13
Ziele und Regeln – 13
Abspannen und Federung – 15
Federung und Atemwurf – 15
atemlose Stille
Es folgen Begriffe, die den Wortteil „Atem“ ent-
halten. außer Atem geraten
Beurteilung
ⓘ Definition
▬ Norm
Die Vitalkapazität ist die gesamte Luftmenge,
15–30 s
die nach tiefster Einatmung durch tiefste Aus-
atmung abgegeben wird (Atemgröße, Lungen-
Atemfrequenz
volumen). Sie ist abhängig von Größe, Alter, Ge-
schlecht und körperlicher Verfassung.
Prüfung
Bei der Bestimmung der Atemfrequenz zählen
Prüfung Patient oder Therapeut die Atemzüge pro Minu-
Die Überprüfung der Vitalkapazität erfolgt mit te.
dem Spirometer. Der Patient sollte kräftig und
soviel wie möglich hineinblasen. Die Messung Beurteilung
wird wegen mangelnder Geübtheit des Betrof- ▬ Norm
fenen mehrfach durchgeführt, z. B. 3mal. Der 8–16 Atemzüge/min.
höchste gemessene Wert wird dann für die Be- ▬ Pathologisch
fundung ausgewählt (eine Tabelle mit Richtwer- über 20 Atemzüge/min oder unter 6 Atem-
ten liegt dem Spirometer bei). züge/min.
▬ die Stützfunktion für ein sauberes, belastbares Die Zwerchfell-Flanken-Atmung „ist offen-
Sprechen und Singen; bar die an Atemleistung wirkungsvollste, weil
▬ die atemrhythmisch angepaßte Phonation; sie die größtmögliche und uneingeschränkte
1 ▬ das Sprechen aus der Atemmittellage; Erweiterung des unteren Brustkorbes mit der
▬ die reflektorische Atemergänzung (Coblenzer größtmöglichen Abplattung des Zwerchfells ver-
1976); einigt.“ Sie liefert bei geringster Muskelarbeit
▬ als wichtige Grundregel: das Einhalten des 3tei- den größtmöglichen Erfolg, weil „das ganze
ligen Atemrhythmus (Ein – Aus – Pause). Organ von der breiten Basis bis zu den feineren
Verästelungen an den äußeren Wänden zur Ar-
Atembelebend wirken Bewegung, Gähnen, beit herangezogen wird“ (Habermann 1986).
Lachen, Riech- und Schnüffelübungen. Der re-
flektorische Einatmungsreiz wird durch Locker- Stützfunktion
heit, Bewegung und Zuwendung auf ein Objekt, Stütze ist „Sparen“ des Atems. Die folgende mo-
eine Handlung oder Person, d. h. durch Intenti- derne Definition der Stütze sagt uns, wie dieses
on ( s. S. 18) verstärkt. „Sparen“ vor sich gehen soll.
Wird die Atemmuskulatur auf diese Wei-
ⓘ Definition
se trainiert, kommt es zu einem Ausgleich der
Stütze ist der Halt, den die Einatmungsmusku-
Spannungsverhältnisse an Stimmlippen und
latur dem Zusammensinken des Atembehälters
Kehlkopfmuskulatur. Zwerchfell und Kehlkopf
entgegensetzt, d. h., während der tönenden
senken sich gleichzeitig bei der Einatmung, und
Ausatmung beim Sprechen und Singen bleibt
das Ansatzrohr weitet sich.
in Rücken und Flanken eine Einatmungsten-
denz erhalten. Diese Stütze dient dazu, den zum
Physiologische Zwerchfell-Flanken-
Stimmklang nötigen Atemdruck auf den kriti-
Atmung
schen Druck zu reduzieren (optimaler Betriebs-
Das Zwerchfell (Diaphragma) ist der Hauptein-
druck). Fehlt dieses Gleichgewicht zwischen
atmungsmuskel, der nur aktiviert, aber nicht be-
Atemdruck und Stimmbandschluß, verarmt
wußt trainiert werden kann. Das Zwerchfell läßt
das Obertonspektrum der Stimme (aus Bergen,
sich nur bei der Tiefatmung aktivieren.
o.J.).
Die Ergebnisse einer physiologischen At-
mung sind Anregung, Belebung, Aufladung,
Durchblutung und innere Ruhe des Körpers. Atemrhythmisch angepaßte Phonation
Des weiteren werden durch die verstärkten Bei der atemrhythmisch angepaßten Phonation
Atembewegungen Lebendigkeit, Wachheit und geht es um die rhythmische Gliederung der ein-
Wohlbefinden des Patienten verstärkt. zelnen Phonationsabschnitte, damit der Bereich
Die allgemeine Verbesserung des gesund- der Atemmittellage erhalten bleibt.
heitlichen Befindens – bessere Durchblutung,
Zunahme der Konzentration oder besser funkti- Sprechen aus der Atemmittellage
onierende Verdauung (durch Zwerchfellmassa- Die Ökonomie der Atmung beim Stimmge-
ge) – stellt eine wichtige Motivationshilfe für die brauch wird durch Sprechen und Singen im
Übungsprogramme dar. Zu Anfang der Zwerch- Bereich der Atemmittellage und rhythmischer
fell-Flanken-Atmung haben die Patienten zwar Gliederung der Phonation erreicht. Die Atem-
oft Muskelkater um die Bauchregion; dies ist mittellage ist die Balance zwischen den Kräften,
jedoch als gutes Zeichen zu werten und verliert die jeweils für die Ein- und Ausatmung verant-
sich im Laufe der Zeit wieder. wortlich sind.
1.6 · Atemtherapie
15 1
Reflektorische Atemergänzung Gleichzeitig spürt man im Gürtelbereich
Die reflektorische Atemergänzung ergibt sich eine Bewegung mit rückfedernder Weitung; der
automatisch (reflektorisch) aus den angepaß- Atem schießt wieder ein. Dies wird „reflektori-
ten Phonationsabschnitten, der Atemfrequenz sche Atemergänzung“ (RAE) genannt (Coblen-
angemessen. Das heißt: rhythmisch abspannen zer 1976).
und warten, bis die Luft, dem negativen Druck Das ungeübte Zwerchfell braucht mehr Zeit,
im Brustkorb folgend, von selbst in die Lungen um in die Ausgangsstellung zurückzukehren.
einströmt. Deshalb sollte der Patient abwarten, bis die Wei-
tungsbewegung zu Ende ist. Das Abspannen
> Fehlt das Gleichgewicht zwischen Atem-
gelingt mit zunehmender Übung schneller und
druck und Stimmlippenschluß, wird die
elastischer.
Stimmbildung beeinträchtigt.
Bei einer gesunden Stimme setzt bei lautem
Um von einer unphysiologischen Atmung Rufen unwillkürlich die Federung ein, d. h., die
(Dyspnoe) zu einer physiologischen Atmung Bauchdecke federt blitzschnell einwärts, be-
(Eupnoe) zu gelangen, muß der Patient folgen- stimmte Kehlkopfmuskeln werden entlastet.
de Übungen aus dem Bereich der Atemtherapie
> Die Federung kann als „Heilgymnastik“ wir-
erarbeiten:
ken und helfen, das gestörte Zusammen-
spiel stimmbildender Kräfte auszugleichen.
Atemwahrnehmung Atemeinteilung
Ebenso hatte das Zwerchfell oft jahrelang kei- wählte Methode keine Korrektur der Atmung zu
ne Chance zur Beweglichkeit, da es eingezwängt erreichen ist.
war nach dem Motto: „Bauch rein – Brust raus!“ Alle sog. „bewußten“ Atemübungen können
1 Heute ist diese Einstellung vor allem aufgrund generell auch durch Bewegung, Gestik oder pas-
der immer größeren Bewegungsfreude und zu- send ausgewähltes Gymnastikmaterial unter-
nehmender sportlicher Aktivitäten nur noch stützt werden, gleichgültig, ob es sich dabei um
vereinzelt anzutreffen. Atemwahrnehmung, Atemführung oder Ate-
meinteilung handelt. Diese Hilfsmittel wirken
Atemwurf sowohl führend als auch ablenkend und werden
Der Atemwurf löst die Federung und damit den in Kap. 2, „Haltung – Tonus – Bewegung“, dar-
Kehlkopftiefstand aus. Dies schafft wiederum gestellt.
günstige Bedingungen für die Stimme (Fernau- Jede Therapiestunde sollte mit Atemübun-
Horn 1956). gen beginnen, um die Lunge „auszulüften“ und
Dieser Prozeß, d. h. die Veränderung des die geistige sowie die körperliche Bereitschaft
Atemgeschehens, ist ein langer Weg und zieht zu erlangen. Hierfür sind in den meisten Fällen
sich meist durch die gesamte Therapiezeit. In 3–5 min ausreichend, wenn die Übungen wäh-
meinen Therapiestunden plane ich Übungen rend der Therapiestunde mehrfach durchge-
zur Atmung eher kürzer, dafür jedoch mehrfach führt werden. Die Wiederholungen gewährleis-
ein. ten, daß sich beim Patienten der neue Atemab-
lauf langsam „einschleicht“.
1.7 Übungen: Atmung
> Selbst die stärksten Stimmbänder verkraf-
ten nicht auf Dauer falsche Atemtechnik
Viele Entspannungsmethoden und Körperthe-
(Coblenzer 1987).
rapien, so z. B. Qigong, Yoga oder Feldenkrais,
basieren auf einer physiologischen Atmung.
Vorkenntnisse in diesen Methoden erleichtern Aufbau und Zusammenstellung
dem Patienten die Übungen zur Stimmatmung.
Bei den folgenden Übungen zu „der Atem – das
> Atemarbeit ist immer Arbeit mit unserem
Atmen – die Atmung“ geht es um den bewuß-
Körper: spürbar, fühlbar, erlebbar.
ten Umgang mit dem Atem, dem Atmen und der
Es gibt zwei Wege der Atemkorrektur: Atmung. Die einzelnen Übungen werden mehr
▬ Der „bewußte Weg“ ist das Hinlenken und oder weniger als Spots in allen Therapiestunden
Zuwenden auf das Atemgeschehen, die Atem- ausgeführt, um immer wieder das Einschleifen
bewegung, die Atempause und den Atemrhyth- der physiologischen Atmung zu kontrollieren.
mus. Das Ziel der einzelnen Übungsgruppen ist
▬ Der „indirekte Weg“ führt über Intention und in den meisten Fällen mit der jeweiligen Über-
Bewegung. schrift identisch.
Ausgehend von dem Grundsatz „vom Leich-
Die Frage, wie der Zugang leichter und un- ten zum Schweren“ bietet sich in der Atemthe-
komplizierter erfolgt, läßt sich nicht eindeutig rapie folgende Reihenfolge an:
beantworten. In jedem einzelnen Fall sollte man ▬ Vitallaute,
diesen Weg individuell auswählen. Eine Ände- ▬ Atemwahrnehmung mit Intention,
rung ist auch während der Therapie möglich, ▬ Atemvertiefung, Atemimpulse,
wenn man feststellt, daß durch die jeweils ge- ▬ Atemeinteilung,
1.7 · Übungen: Atmung
17 1
▬ Atemführung und Atemverlängerung, ▬ Stöhnen: entspannt, befreit körperlich und see-
▬ Ausatmen im Takt, lisch, löst Blockaden, fördert die Durchblutung
▬ Atemwellen, und die Verlängerung der Ausatmung.
▬ Atem und Stimme im Wechsel, ▬ Niesen: reflektorischer Vorgang zur Reinigung
▬ Entspannung und Atmung, der oberen Atemwege, befreit von körperli-
▬ Atmung und Vorstellung. chem Druck; erfrischt durch tiefe Einatmung,
Verschluß und explosionsartige Ausatmung.
Vitallaute ▬ Schnuppern und Riechen: Beim Schnuppern
Viele der im folgenden genannten natürlichen werden mehrere kurze Einatmungsimpulse
Atemimpulse sind im allgemeinen nicht als eingesetzt, um einen Geruch zu identifizieren.
Ausdruck des Atemgeschehens bekannt (Lodes Das Riechen stellt eher einen langen, tiefen Ein-
1987): atemzug dar, um einen bestimmten Geruch voll
▬ Gähnen, Stöhnen, aufzunehmen.
▬ Niesen, Schnuppern, Riechen, Husten, Schnuppern und Riechen können mit Hilfe
▬ Lachen, Weinen, Schreien, der heutzutage sehr beliebten in Duftlampen
▬ Blasen, Pfeifen. verwendeten ätherischen Öle therapeutisch
eingesetzt werden (Werner 1993).
Ziel Folgende Duftstoffe unterstützen die At-
Die Übung mit Vitallauten fördert die Wahrneh- mung:
mung der unbewußt ablaufenden Atmung und – Latschenkiefer kräftigt die Atmung.
wirkt sich auf den Körper des Patienten folgen- – Eukalyptus stärkt die Atmungsorgane.
dermaßen aus: – Minze ist für ein befreiendes Atmen geeig-
▬ Atembelebung, -regulation, -verlängerung und net.
-vertiefung; – Grapefruit- und Orangenöl wirken atemver-
▬ Erreichen der physiologischen Atmung; tiefend.
▬ Zwerchfellanregung und Zwerchfellschulung; – Zimtöl (chinesisches) wirkt atemanregend.
▬ Training und Elastizität der Lunge und der – Lavendel- und Geraniumöl wirken beruhi-
Atemmuskeln; gend und entspannend auf Atmung und To-
▬ Verbesserung der Durchblutung sowie der nus ( s. Kap. 2).
Kreislaufanregung; – Rosmarin- und Zitronenöl wirken anregend
▬ Erhöhung der Konzentration (einer Ermüdung und aktivierend.
wird so vorgebeugt); ▬ Husten: Reinigung der unteren Atemorgane
▬ Abbau von Druck, Spannungen und Problemen durch tiefe Einatmung; dies geschieht durch
im körperlichen und seelischen Bereich; Glottisschluß, Anspannen der Ausatmungs-
▬ Förderung der Durchlässigkeit (dies führt zum muskulatur mit Druckerhöhung und die Ex-
Eutonus); plosion als Hustenstoß.
▬ Möglichkeit einer uneingeschränkten Stimm- ▬ Lachen: kurze Ausatmung mit Stimmbetei-
lippenaktivität. ligung. Vertiefung der Ein- und Ausatmung,
Training der Zwerchfellelastizität. Wirkt anste-
Im einzelnen betrachtet, bringen die Atemim- ckend, entspannend und kommunikationsför-
pulse folgende positive Wirkungen mit sich: dernd ( s. S. 39, 27/28).
▬ Gähnen: s. Kap. 4, „Artikulation“. ▬ Weinen:
▬ Seufzen: gründliches, druckloses Ausatmen, – nach außen: befreit, lockert und entspannt;
atem- und kreislaufanregend. – nach innen: ist eher schädigend.
18 Kapitel 1 · Atmung
▬ Schreien: geschieht meist spontan aus einer > Alle Übungen mit Intention regen den Atem
emotional bedingten Situation heraus (z. B. an!
Fußball, Karneval); es wird die äußerste Kraft Intention bewirkt Inspiration.
1 der Stimme eingesetzt. Schreien wirkt oft schä- Zuwendung bringt Atem!
digend auf die Stimmlippen. Das Geheimnis ist nicht die Lunge, son-
▬ Blasen und Pfeifen: Training der Lunge und der dern das bewegliche Zwerchfell (Coblenzer
Atemmuskulatur, körperlich-seelischer Aus- 1987).
gleich und Lockerung. Tiefatmung stellt sich
ein, es kommt zu einer Atemverlängerung. Durchführung
▬ Einfaches Singen: löst Verkrampfungen, macht Der Patient konzentriert sich auf eine bestimm-
Spaß und trainiert die Atmung. te Absicht bzw. Handlung (z. B. eingehendes
Betrachten einiger Einzelheiten eines Bildes,
> Alle natürlichen stimmlichen Äußerungen
Lauschen auf bestimmte Geräusche oder Tasten
gehen vom Zwerchfell aus. Wie bereits er-
nach verschiedenen Gegenständen). Besonders
wähnt, sind Lachen, Niesen und Husten sog.
hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang
Vitallaute. Hierbei geschieht das Lachen
das Riechen, z. B. an einer Rose, und der aktive
meist in der Artikulationsstellung wie beim
Atemeinsatz beim Blasen, z. B. beim Ausblasen
a, das Niesen wie beim i und das Husten wie
einer Kerze.
beim u.
Die gedankliche Vorbereitung auf solche
Lachen Sie liegend mit Büchern auf dem
Handlungen, d. h. die Intention, löst den Eina-
Bauch und erleben Sie, wie diese hüpfen
temreflex aus.
(Jahncke 1988). Anschließend können Atem-
Als Anregung folgen nun einige Übungsbei-
übungen in dieser Lage durchgeführt wer-
spiele.
den.
Ohne Hinweis auf die Einatmung sollte Der Atemstrom soll nicht lang, sondern langsam
bei dieser Übung die Luft in bewußter Ein- sein (Martienssen in Reusch 1971).
teilung abgegeben werden. Die Vorstel-
lung der Handhabung eines „Blasebalgs“ Ausatmen im Takt
wirkt dabei unterstützend. Der Umgang mit dem Atem im 3/4- und 4/4-
f–f–f–f–t Takt ist eine etwas schwierige Übung. Sie stellt
s–s–s–s–t jedoch einen bewußten Umgang mit dem Atem
sch – sch – sch – sch – t dar und setzt durch die Luftstöße starke Impulse
ch1 – ch1 – ch1 – ch1 – t (ch1 vorderes ch) mit Nachdruck auf den ersten Taktteil (Wängler
s – sch – f – ch1 – t 1976).
20 Kapitel 1 · Atmung
Ziel
Positives Einatmen Negatives Ausatmen
Mit diesen Übungen läßt sich ein ausgegliche-
Stille –––––––––– Lärm ner Atemrhythmus erreichen, da liegend fast
1 Harmonie –––––– Unruhe nie eine Hochatmung auftreten kann. Die Atem-
Lösung –––––– Verspannung und Entspannungsübungen bilden eine Einheit
Ruhe –––––– Hast und einen guten Einstieg für anschließende ak-
Entspannung ––– Spannung tive Atem- oder Stimmübungen.
Gelassenheit –––– Streß
Freude ––––––––– Ärger
Friede ––––––––– Unfriede
Frische ––––––––– Müdigkeit
Lust ––––––––––– Unlust
Antrieb –––––––– Trägheit
Humor –––––––– Ernst
Wärme –––––––– Kälte
Weite –––––––––– Enge
Liebe –––––––––– Haß
Gesundheit ––––– Krankheit
Freundschaft –––– Feindschaft
Anteilnahme –––– Gleichgültigkeit
Geborgenheit ––– Verlassenheit
2
2.1 Grundlagen – 24
2.2 Begriffe und Redewendungen: Haltung – Tonus – Bewegung – 24
2.3 Sprichwörter und Lyrik: Haltung – Tonus – Bewegung – 25
2.4 Befundung der Haltung, der Bewegung und des Tonus – 26
2.5 Therapie: Haltung – Tonus – Bewegung – 26
Ziele und Regeln – 26
halb täglich mindestens 20min Sport an der > Lachen ist für das Zwerchfell eine wahre
frischen Luft. Erholung!
▬ Bei der Ernährung gilt: viel Eiweiß, Kohlenhy-
drate, wenig Fett. 2.6 Übungen:
▬ Auch Schokolade wirkt sich positiv auf die Haltung – Tonus – Bewegung
2 gute Laune aus, besonders in Verbindung mit
Koffein, das die Hirntätigkeit stimuliert (z. B. Aufbau und Zusammenstellung
Cappucino).
▬ Ausreichend Schlaf ist eine wichtige Vorausset- Zunächst bereiten wir über themenbezogene
zung. Begriffe, Redewendungen und Lyrik die eutone
▬ Musik wirkt antriebsfördernd. Auch sie kann Haltung mental vor. Auch der Einfluß von La-
Endorphine freisetzen und die Produktion von chen und guter Laune spielt hier eine Rolle.
Magensäure reduzieren. Als Übungen schließen sich an:
▬ isometrische Übungen (isos gleich, metron
> Entspannung ist wichtig, um gute Laune
Maß),
herzustellen!
▬ isotonische Übungen,
Lachen ist eine ähnlich gute therapeutische ▬ ganzheitliche Übungen mit Intention,
Übung wie Laufen auf der Stelle. Es kräftigt die ▬ Übungen zur richtigen Haltung im Gehen.
Muskeln, der Herzrhythmus erhöht sich, Blut-
druck und Pulswerte steigen, die Bronchien Wir Therapeuten kennen viele dieser Übun-
öffnen sich, die Lungenventilation kommt auf gen und praktizieren sie in angespannten Situ-
Touren. ationen selbst.
▬ Lachen stimuliert das zentrale Nervensystem, Es folgen Übungen mit Geräteeinsatz. Voran
Herz und Muskeln, es stärkt sogar die Abwehr- stehen
kräfte. ▬ Behandlung mit Massagegeräten und
▬ Lachen knetet die Eingeweide, die Muskeln des ▬ Behandlung mit Vibrationsgeräten.
Unterleibs und des Brustkorbs durch. Die ver- Beim Einsatz von Gymnastikmaterial möch-
mehrte Sauerstoffzufuhr reinigt das Blut. Sor- te ich nur folgende Hilfsmittel hervorheben:
gen und Langeweile verfliegen. Lachen wirkt ▬ Gymnastikball, Gymnastikband oder Thera-
aufbauend und belebend und erleichtert den band,
Umgang mit anderen Menschen. ▬ Impander und Trampolin,
▬ Lachen hat sich auch beim Abbau von Aggres- ▬ Tennisball, Holzkugel (Kontaktübungen nach
sionen bewährt. Es steigert die Leistungsfähig- Kjellrup).
keit und baut Streß und Nervosität ab.
Schwingeübungen nach Schlaffhorst-Ander-
> Jeden Tag sollte man mindestens einmal so
sen (1928) und Seyd (1993) sowie Schwingegur-
richtig von Herzen lachen!
tübungen nach Coblenzer (1987) und Cornelius
▬ Lachen ist Joggen für das Zwerchfell, Fröhlich- (1987) gehören ebenfalls zu diesem Übungsteil,
keit wirkt als Therapie. Lachen hat die gleiche werden hier jedoch nur kurz erläutert.Das glei-
günstige Wirkung auf den Organismus wie che gilt für Dehnungsübungen nach Schaar-
Joggen und Gymnastik. Durch die federnden schuch (1979).
Ausatembewegungen beim Lachen wird das Als Methoden werden kurz dargestellt:
Zwerchfell locker „geschüttelt“, Verkrampfun- ▬ progressive Muskelentspannung (PME) und
gen werden gelöst und beseitigt. ▬ autogenes Training (AT).
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
29 2
3. Bewege Dich!
Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bänder, Bandscheiben und etwa 100 gelenkige Verbindungen der
Wirbelsäule wollen etwas zu tun haben. Nur durch Bewegung bleiben sie gesund.
6. Sitze wenig!
Beim Sitzen wird die Wirbelsäule grundsätzlich stärker belastet als beim Stehen.
Durchführung Durchführung
Die Durchführung der Übungen erfolgt nach ▬ „Wachsen und schrumpfen“ (bzw. umge-
dem Motto: „Gesicht und Körper wecken!“ kehrt).
▬ Kopf rechts und links drehen. ▬ „Katzenbuckel“ (ausrecken wie eine Katze).
▬ Kopf im Halbkreis nach rechts bzw. links bewe- ▬ „Obstpflücken“.
gen. ▬ „Gliederkasper“.
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
31 2
▬ „Bauchtanz“ (Beckenkippen, Beckenkreisen). ▬ Treppen auf- und absteigen;
▬ „Indianertanz“ (stampfen). ▬ dabei einen Text lesen, frei sprechen oder
▬ „Pantomimegang“ (Ballenwippen). z. B. folgenden Vers aufsagen:
▬ „Wäschewaschen“ (Oberkörper vornüber hän- Tüchtige Türkin
genlassen, Arme wechselnd verlängern; wirbel- trägt den tönernen Topf
weise von unten aufrichten). mit dem Trunk
▬ „Farnblatt“ (Oberkörper fallenlassen – wirbel- für die Tiere
weise aufrichten). tagtäglich
▬ „Luft unter die Flügel fächeln“ (unter den Ach- durch die trockene Türkei.
seln mit den Händen wedeln). (nach Dreher 1983)
▬ Körperabstreifen, -ausschütteln, -abklopfen.
> Dreimal gut gedehnt ist so gut wie eine
▬ Abklopfen des Rückens bzw. des ganzen Kör-
Stunde Schlaf.
pers.
▬ „Knieschaukel“: sitzend, Hände um ein Knie,
vor und zurück. Elektrovibrationsmassage mit Maspo,
▬ „Schaukelsitz“: sitzend, Partner halten sich, he- oder Unilife Bio Impulsmodell
ben vom Sitz ab. Die Elektrovibrationsmassage (mechanische
Lockerung nach Fernau-Horn 1956) kann wahl-
Haltung üben im Gehen weise mit dem Maspo, mit Igelansatz oder aber
mit dem Unilife Bio Impulsmodell durchge-
Einsatz und Ziele führt werden. Diese Geräte sind im medizini-
Die folgenden Übungen werden vor allem bei schen Fachhandel erhältlich.
Patienten eingesetzt, bei denen Verspannungen Die Vibrationsmassage mit einem Großflä-
bzw. Verkrampfungen im Schulter-Kopf-Bereich chenmassagegerät wird im Anschluß ebenfalls
zu beobachten sind – wenn es beispielsweise so vorgestellt ( s. S. 32–33).
scheint, als sei der Kopf zwischen den Schultern
eingeklemmt oder als würden die Schultern von Einsatz und Ziele
den Ohren angezogen. Die Elektrovibrationsmassage findet Anwen-
dung bei allen Stimmstörungen. Überwiegend
Prinzip zu Therapiebeginn eingesetzt, erwirkt sie eine
Bei dieser Übung stellt sich eine lockere, durch- gute Einstimmung auf die Übungsphase und
lässige Haltung und Bewegung automatisch ein. wirkt lockernd, lösend und entspannend.
Die Kopfhaltung ist aufrecht und der Kopf nicht Die Vibrationsmassage sollte ohne Stimm-
abgeknickt. Der Schultergürtel ist entspannt, übungen durchgeführt werden, da der Stimm-
und das Gehen erfolgt gleichmäßig und flie- ton sofort heiser und knarrend würde (Fernau-
ßend aus dem Becken. Nur gleichmäßig flüssi- Horn 1956).
ge Bewegungen verhindern ein Abgleiten eines Längerfristig führt diese Art von Massage
auf den Kopf gelegten Gegenstandes (z. B. Buch) zur Kräftigung und Durchblutung der Fixati-
(Coblenzer 1976). onsmuskulatur des Kehlkopfes. Verspannungen
im Halsbereich können mit ihrer Hilfe abgebaut,
Durchführung „Kehlsteifigkeit“ kann behoben werden. All dies
▬ Buch (Reissäckchen) auf dem Kopf tragen, (evtl. trägt bei zur Verbesserung des allgemeinen
ein Tuch zwischen Kopf und Buch legen, um ein Wohlbefindens.
Abgleiten zu vermeiden);
32 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung
a b
a b
▬ Das Gymnastikband (geschlossenes Band) gen erwähnt werden. Hierbei werden besonders
oder Theraband (offenes Elastikband unter- Atem- und Stimmführung sowie die sich auto-
schiedlicher Stärke) bietet den Einstieg über matisch einstellende Tiefatmung unterstützt
die entsprechende Coblenzer-Übung des Deh- (Coblenzer 1987, Herrigel 1989).
nens und Abspannens (Coblenzer 1987). Es gibt
2 viele Übungen zur Atemverlängerung und Vo- Kontaktübungen mit Material
kalverlängerung, z. B. auf Wortebene, die beim
Abspannen helfen. Einsatz und Ziele
▬ Für die Arbeit mit dem Impander gilt das glei- Die Kontaktübungen mit Material nach Kjellrup
che: Dieser wirkt ebenfalls unterstützend auf (1993) können zur Linderung von Schmerz- und
Atemvertiefung, Atemeinteilung und Tonfüh- Spannungszuständen eingesetzt werden.
rung, besonders auch auf Wortebene mit lan-
gen Inlautvokalen (z. B. Hut, Not, Tat). Prinzip
Der Impander („Bali“) wird in verschiedenen Kontaktübungen mit einem Gegenstand oder
Stärken angeboten und ist für Frauen, Männer dem Boden sind Sammlungs- und Bewußtwer-
und Kinder geeignet. Die Gebrauchsanweisung dungsübungen. Sie haben ableitenden Charak-
beinhaltet außerdem die „Glockenübung“ und ter. Energieströme werden freigesetzt, die Blut-
die „Holzhackerübung“, die bei hypofunkti- zirkulation wird neu reguliert.
onellen Störungen und Mutationsstörungen Kontakt ist Berührung, die sich zu Kommu-
vorteilhaft sind. nikation oder Austausch erweitert: „Erst neh-
▬ Für sportliche und jüngere Patienten ist der men Sie wahr, dann spüren Sie tiefer hinein,
Einsatz des Trampolins (Trimilin, fun hop) womit Sie in Berührung sind. Es entsteht eine
geeignet. Hiermit können flüssige Laufübun- Beziehung zwischen Ihnen und dem, was Sie be-
gen mit weichem Stimmeinsatz oder kräftige rühren.“ (Mit Tennisball oder Holzkugel üben.)
Hüpfbewegungen mit festem Einsatz erarbeitet
werden. Durchführung
Um eine möglichst positive Wirkung zu erzie-
Allen Materialien liegen entsprechende Be- len, kann der Therapeut dem Patienten folgende
schreibungen bei, welche die Handhabung er- Anweisungen geben:
leichtern. Diese Übungen werden dann lediglich ▬ Setzen Sie sich bequem hin, nehmen Sie den
mit den angemessenen Atem- und Stimmübun- Ball, umschließen Sie ihn leicht mit beiden
gen koordiniert. Händen und schließen die Augen.
▬ Erspüren Sie die Form des Balls und dessen
> Die Übungen mit Material bringen Freude
Material, indem Sie ihn gleichzeitig in beiden
bei der Arbeit mit der Atmung, Unterstüt-
Händen halten.
zung für die Stimme und Entlastung für den
▬ Wenn Sie eine Beziehung zu dem Ball und durch
Bewegungsapparat.
den Ball hindurch von Hand zu Hand bekom-
Hinweisen möchte ich noch auf die vielen men haben, bleiben Sie in dieser Beziehung.
„kleinen Helfer“, welche auch in der Kinderthe- ▬ Rollen Sie den Ball langsam zwischen Ihren
rapie verwendet werden: Reifen, Keulen, Kugeln, Händen, um auch dabei Hände und Ball zu
Seile, Igelbälle, Fahnen, Tücher, Tennisbälle, Stä- entdecken – ruhig und langsam. Der Ball darf
be und Hanteln. auch zwischen den Fingern, den Handrücken
Als „großer Helfer“ für Erwachsene und und Handflächen rollen.
Fortgeschrittene sollte außerdem der Sportbo-
2.6 · Übungen: Haltung – Tonus – Bewegung
35 2
▬ Vergessen Sie dabei nicht, daß die Verbindung geführt. Man kann ganzkörperlich oder mit
von Hand zu Hand durch den Ball den Kern der einzelnen Körperteilen schwingen. Das Spiel
Übung darstellt. mit dem Gleichgewicht hat eine eutonisierende
▬ Legen Sie den Ball nun zurück. Wirkung.
▬ Lassen Sie Ihre Hände ruhen.
▬ Spüren Sie nach, wie Sie Ihre Hände erleben. Schwingegurtübungen
Schwingeübungen Durchführung
Schwingen und Schwingeübungen nach Schlaff- Diese Übungen (Schaarschuch 1979) werden
horst-Andersen (1928) werden von Seyd (1993) überwiegend im Liegen durchgeführt. Auf äu-
in ihrem Buch ausführlich dargestellt. Die Übun- ßerst angenehme und entspannende Art kön-
gen können zu zweit, zu dritt oder in der Gruppe nen so Arme, Beine und Kopf in ihrer Locker-
ausgeführt werden. Zu zweit gibt es einen Anlei- heit bzw. Schwere gespürt und die Dehnbarkeit
tenden und einen Schwingenden, in der Grup- aus den Gelenken heraus erlebt werden. Diese
pe schwingen alle gemeinsam (vgl. hierzu auch Übungen sind jedoch nicht für jeden Patienten
Seyd 1993). geeignet, da hierbei ein enger Körperkontakt
notwendig ist. Außerdem sollten vor der Durch-
Prinzip führung etwaige Bewegungseinschränkungen
Schwingen, Kreisen, Rhythmus und Tönen kön- abgeklärt werden.
nen auf unterschiedliche Art und Weise den
Atem anregen. Atmung und Stimme werden mit Tiefmuskelentspannungstraining und
der Bewegung koordiniert (Regeneration natür- autogenes Training
licher Organfunktionen). Das Tiefmuskelentspannungstraining und das
autogene Training werden in ⊡ Tabelle 2.1 ver-
Durchführung gleichend dargestellt.
Es werden schwingende und kreisende Bewe-
gungen sowie Beuge-Streck-Bewegungen aus-
36 Kapitel 2 · Haltung – Tonus – Bewegung
Voraussetzungen Positive oder neutrale Einstellung zum Positive Einstellung zum Verfahren
Verfahren
Bereitschaft zum erhöhten Trainingseinsatz
Ausdauer
Anleitung In Selbsthilfe mit Begleitlektüre und/oder Nicht ohne fachliche Anleitung erlernbar
mit Trainingskassette erlernbar
Zeitpunkt der Vor, während und nach belastenden Vor, während und nach belastenden
Anwendung Situationen Situationen
Stimme
3.1 Grundlagen – 41
3.2 Begriffe und Redewendungen: Stimme – 41
3.3 Sprichwörter: Stimme – 42
3.4 Befundung der Stimmleistung – 42
Stimmqualitäten und Stimmklang – 42
Schwelltonvermögen – 43
Tonhaltedauer – 43
Stimmumfang – 44
Registerübergänge – 44
Mittlere Sprechstimmlage – 45
Stimmeinsatz – 46
Stimmabsatz (Tonabsatz) – 46
ⓘ Definition ⓘ Definition
Der Stimmeinsatz ist der akustische Effekt, der Der Begriff „Stimmabsatz“ bezeichnet den Mo-
sich aus der Stimmlippeneinstellung zu Beginn ment, in dem die Stimmlippen am Phonations-
der Phonation ergibt. ende in einen schwingungslosen Zustand über-
gehen.
3 Es gibt drei Arten des Stimmeinsatzes, die audi-
Der Stimmabsatz ist nur bei Vokalen und stimm-
tiv kontrollierbar sind:
haften Konsonanten (Klingern) hörbar und da-
▬ Physiologisch: weich – fest
her auch nur bei diesen Lauten zu beurteilen.
Die Stimmlippen bewegen sich in Schließ-
stellung; es bleibt ein schmaler elliptischer Es gibt vier Arten des Stimmabsatzes ( vgl.
Spalt. Ein sich allmählich verstärkender „Stimmeinsatz“):
subglottischer Anblasedruck bewirkt einen ▬ Physiologisch: weich/fest
physiologischen Stimmeinsatz. Der Ton klingt ohne Geräusch aus. Dieser
▬ Pathologisch: hart/knarrend Absatz ist in der deutschen Sprache üblich.
Die fest geschlossene Stimmritze wird beim ▬ Pathologisch: hart
Einsetzen des Klangs plötzlich gesprengt. Zu Phonationsende wird die Glottis fest ge-
Dies bedeutet eine starke Belastung, eine schlossen, der Ton wird abgedrückt. Stimm-
maximale Muskelanspannung und larynge- schädigende Spannungen, Verkrampfungen
ale Ermüdung und kann zu einer Stimmstö- von Stimmlippen, Kehlkopf und Halsmus-
rung und organischen Veränderung führen. kulatur sind möglich.
Tritt besonders bei hyperfunktionellen Dys- ▬ Pathologisch: verhaucht
phonien auf. Ein Atemgeräusch ist hörbar. Dies ist unüb-
▬ Pathologisch: verhaucht lich bzw. kommt normalerweise lediglich bei
Hier ist beim Stimmeinsatz oft ein h zu hö- Seufzern vor.
ren, d. h., Luft entweicht bereits, bevor der ▬ Pathologisch: „Abknarren“
Stimmklang einsetzt. Hier findet eine übermäßige Stimmlippen-
Tritt besonders bei hypofunktionellen kompression statt. Eine Mischung von un-
Dysphonien und Stimmlippenlähmungen hygienischen Knacklauten und gepreßtem
auf. Knarren ist zu hören.
Das Abknarren wirkt stimmschädigend; es
Prüfung kommt häufig vor.
Der Stimmeinsatz wird mittels Lesen von aus-
gewählten Wortgruppen, Redewendungen mit Prüfung
Vokaleinsätzen und eines vokaleinsatzreichen Die Prüfung des Stimmabsatzes erfolgt auditiv
Lesetexts sowie in der Spontansprache geprüft. beim Lesen von Wörtern, Wortgruppen, Rede-
wendungen mit Vokal- und/oder Klingerende.
Beurteilung
Die auditive Beurteilung des Stimmeinsatzes ist Beurteilung
meist etwas schwierig und kann meiner Erfah- ▬ Physiologisch: normal, unauffällig, weich,
rung nach zu unterschiedlichen Hörergebnissen klangvoll.
führen. Das Ergebnis einer Stimmeinsatzprü- ▬ Pathologisch: abbrechend, versiegend, abknar-
fung ist daher als subjektiv zu werten. rend.
3.11 · Stimmlippenlähmung
47 3
3.5 Funktionelle Dysphonie liche klare und tragfähige Stimme zu bilden,
d. h. diese hervorzurufen und/oder klar und
kräftig zu äußern.
ⓘ Definition
Man spricht grundsätzlich von zwei For-
Der Begriff „Dysphonie“ bezeichnet die Störung
menkreisen der Dysphonie und unterscheidet
der Sprechstimme, die sich auch auf die Sing-
sie durch ihre hyperfunktionelle oder hypo-
stimme auswirken kann (und umgekehrt). Die
funktionelle Ausgangslage.
Skala dieser Klangstörung kann von Tonlosigkeit
und Verhauchtsein über eine belegte, rauhe,
Hyperfunktionelle Dysphonie
gepreßte Stimme bis zur Taschenfaltenstimme
und Stimmlippenknötchen
reichen.
Hauptmerkmal einer Dysphonie ist somit eine
Übungen zur hyperfunktionellen Dysphonie
nicht mehr leistungsfähige Stimme, auffallend
und zu Stimmlippenknötchen bzw. Phona-
durch unterschiedliche Grade von Heiserkeit,
tionsverdickungen sind auf S. 51 ff. nachzule-
Ermüdbarkeit, Räusperzwang, Hüsteln, Miß-
sen.
empfindungen am Hals und Kehlkopf und/oder
Fremdkörpergefühl.
Befundung
An den Stimmlippen läßt sich die Dysphonie
▬ Atmung:
entweder durch einen zu starken oder zu schwa-
häufig Thorakal- oder Klavikularatmung,
chen Muskeltonus erkennen.
d. h. Hochatmung.
In Anlehnung an Schwarz (1985) lassen sich ▬ Artikulation:
je nach Beeinträchtigungsgrad der Sprechstim- überwiegend eng, geringe Lippen- und Kie-
me zwei Störungsbilder unterscheiden, die Dys- ferbewegungen, mangelnde Artikulations-
phonie und die Aphonie: ausformung.
▬ Dysphonie (partielle Störung der Stimmbil- ▬ Stimme:
dung minimalen bis schwersten Grades): Stimmeinsatz hart, mittlere Sprechstimm-
– Stimme klingt nicht klar. lage erhöht, Stimmansatz hinten, unphysio-
– Stimme klingt nicht kräftig. logische Stimmabsätze, Tonhaltedauer evtl.
– Stimme ist nicht belastbar. verkürzt und Schwellton eingeschränkt,
– Sprechstimmlage entspricht nicht der erwar- Tonhöhenschwankungen; verspannte, hart
teten Norm. eingesetzte Stimme mit gequetscht heiserem
– Stimmbildung kann nicht jederzeit willent- Beiklang.
lich veranlaßt oder vermieden werden. ▬ Haltung und Tonus:
▬ Aphonie (totale Störung der Stimmbildung): Verspannungen der Gesichts-, Hals- und
– Sprecher flüstert, anstatt zu phonieren (Flüs- Schultermuskulatur, Hervortreten der Hals-
terstimme). venen, erhöhter Muskeltonus, eingeschränk-
– Keinerlei Stimme wird gebildet. te Körperbeweglichkeit.
Verhaltensregeln Auftreten
▬ Evtl. Stimmruhe bzw. Krankschreibung bei ▬ Primär nach stimmlicher Überlastung, schwe-
Sprechberuf. ren Erkrankungen oder depressiven Verstim-
▬ Einschränkung des Stimmgebrauchs. mungen.
▬ Stimmtherapie! ▬ Sekundär als Folge eines ständig überbean-
(vgl. auch Wirth 1995, Franke 1991) spruchten Stimmorgans, d. h. Übergang von
Preßstimme (bzw. Hyperfunktion) zu Hauch-
3 Hypofunktionelle Dysphonie, stimme (bzw. Hypofunktion). Frauen sind hier-
Internus- und Transversusschwäche, von häufiger betroffen als Männer.
Phonasthenie (vgl. auch Wirth 1995, Franke 1991)
eine separate Einheit zum Thema Stimmabsatz, ▬ Einsilber: kurzer Vokal im Inlaut, Klingerab-
„Abknarren“; ( s. S. 142) angegliedert. Dort fin- satz;
den sich auch Übungen zum gemeinsamen Trai- ▬ Zweisilber: langer, kurzer Vokal, Klingerhäu-
ning von Stimmeinsatz und Stimmabsatz. fung;
Hier noch einige generelle Informationen ▬ Zweisilber: Vokalabsatz;
zum Einsatz der jeweiligen Lautgruppen in den ▬ Mehrsilber: unterschiedlicher Stimmabsatz.
einzelnen Übungseinheiten:
3 Die Übungen zur hyperfunktionellen Dys- Natürlich kann dieses Prinzip nicht generell
phonie beginnen mit dem dem Pressen kei- bei allen Übungen beibehalten werden. Auch
ne Möglichkeit bietenden und störungsfreien vermischen sich teilweise die Stimmeinsätze bei
Hauchlaut h bzw. den Strömungslauten f und Minisätzen und Redewendungen.
sch. Diese Laute bieten bei allen Störungsbil- Die wenigen Laut- und Silbenübungen die-
dern den leichtesten Einstieg in die Stimmthe- nen nur dem Einstieg, zur Funktionsänderung
rapie. Erst danach folgen die anderen speziellen bzw. zum Erlernen der Technik, da sie ansons-
Lautgruppen. ten „sinnlos“ sind und daher keine Intention
Als Wortinlaute werden zunächst kurze Vo- ermöglichen.
kale eingesetzt, um so die „Federung“, d. h. das
Federn von Zwerchfell und Kehlkopf, zu erarbei- Wortgruppen, Minisätze,
ten ( s. auch Abschn. S. 15, „Atmung“). Rufübun- Redewendungen
gen im Imperativ lösen ebenfalls die Federung Bei den sich anschließenden Wortgruppen, Mi-
aus (Fernau-Horn 1955). Die Wortgruppen mit nisätzen und Redewendungen werden bereits
den dunklen Inlauten o, u, ö und ü bringen in Vokaleinsätze „eingebettet“. Da diese am häu-
besonderem Maße die Artikulation nach vorn. figsten rauh, verkratzt, gepreßt oder verhaucht
Sie sind auch vom Klang her weniger störungs- klingen, bedürfen sie auch einer längeren Kor-
anfällig und senken die Stimmlage. rekturphase. Man beginnt also schon hier, sie zu
Generell gilt für alle Übungen zum Stimmein- verbessern.
satz, daß zu Therapiebeginn Wortübungen mit Beim Klingereinsatz kann das Preßphäno-
Plosivendlaut stehen sollten. Dadurch ist das men nicht so stark auftreten. Die Stimme ist
Abspannen leichter zu erlernen. jetzt beteiligt, und ein Empfinden für Klang und
Zum Aufbau der einzelnen Übungseinhei- Resonanz wird geweckt. Dieser weiche Klang
ten in diesem Kapitel: Die Abfolge der Übungen wird auf die nachfolgenden Vokale übertra-
gehorcht auch hier wieder dem Prinzip „vom gen.
Leichten zum Schweren“. Die Einzelübungen Dies betrifft auch die Ableitungen Klinger
sind daher folgenden Kategorien zugeteilt: – Vokal, wobei der Klinger die „Vorbereitung“
▬ Wortebene, übernimmt.
▬ Wortgruppen, Minisätze,
▬ Redewendungen und Sprichwörter, Satzebene
▬ Satzebene, Die Satzebene ergibt sich aus der freien Zusam-
▬ Verse und Textebene. menstellung der Wortgruppen oder z. B. aus den
Zungenbrechern ( s. Kap. 4, „Artikulation“), bei
Wortebene denen es zu einer Häufung bestimmter Initial-
Der Stimmeinsatz mit jeweils gleichem Anlaut laute kommt.
wird in 5 Gruppen geübt:
▬ Einsilber: kurzer Vokal im Inlaut, Plosivabsatz;
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
51 3
Verse und Texte Hauchlaut h und Strömungslaute
Bei Versen und Texten ist die Zuteilung zu be- f, sch, ch1
stimmten Lautgruppen nicht unbedingt einheit- Die Benennung dieser Laute ist identisch mit
lich, jedoch ist eine Annäherung immer erkenn- „Hauch“ und „Strömer“ (Reibe-, Fließ-, Zisch-,
bar. Bis zu diesen Inhalten ist der Patient bereits Blase- und Geräuschlaute)
mit der speziellen Technik vertraut und hat ein
Gefühl für den Stimmklang entwickelt. Einsatz
Es sei erwähnt, daß das Sprechen von Texten Der Hauchlaut h und die Strömungslaute f, sch,
und Lyrik Emotionen wecken kann. Befreiende, ch1 werden in Übungen zur Therapie hyper-
freudeschaffende Wirkungen hinterlassen letzt- funktioneller Störungen eingesetzt.
endlich auch ein positives Gefühl.
Bewußt habe ich die Texte der klassischen Bildung der einzelnen Laute (Reusch
Sprechschule, z. B. aus „Der kleine Hey“ (Reusch 1971, Saatweber in Grohnfeldt 1994)
1971), vermieden und mehr moderne Lyrik ver- Der Hauchlaut h wird mit weit geöffnetem Mund
wendet. gebildet. Die Luft entströmt fast geräuschlos, da
kein Widerstand an den Stimmlippen oder Ar-
Hyperfunktionelle Dysphonie tikulationsorganen entgegengesetzt wird. Dies
geschieht ohne Beteiligung des Stimmorgans.
Die Therapie der hyperfunktionellen Dyspho- Der Rachenraum ist dabei geweitet.
nie sollte nach dem Prinzip der „weichen Wel- Das h gibt dem folgenden Vokal die artiku-
le“ angelegt sein. Der Therapeut sollte daher bei latorische Einstellung, um dessen Einsatz weich
Auswahl und Durchführung der Übungen auf und offen zu ermöglichen.
ein sanftes Vorgehen achten und Überbelastun- Die Strömungslaute f, sch, ch1 (ch2) werden
gen vermeiden. ebenfalls ohne Stimmbeteiligung gebildet. Im
Konkret läßt sich die „weiche Welle“ mit Ansatzrohr wird jedoch an unterschiedlichen
Hilfe der „Schonstimme“ realisieren, die Tro- Artikulationsstellen Widerstand entgegenge-
jan (in Gundermann 1991) folgendermaßen setzt und ein Geräusch gebildet, welches lautty-
beschreibt: pisch ist.
Das h bildet einen Übergang vom Vokal-
Die Schonstimme ist gekennzeichnet durch weiche Einsätze,
zum Konsonantengebiet. Es entsteht entweder
leichte Schwellklänge, geringen muskulären Tonus, gleich-
mäßig-ruhige, wenig frequente Atmung, Dominanz des vo-
durch ruhige oder stoßweise Ausatmung mit
kalischen Elementes, behaglichen Ruhegenusses und fried- weit geöffnetem Rachenraum, wobei das geho-
licher Weltverbundenheit. bene Gaumensegel den Weg in die Nasenreso-
⊡ Tabelle 3.1. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei hyperfunktioneller
Dysphonie
nanz absperrt. Die Zungenlage ist die gleiche Bei der Bildung des Lautes f sollte man vor
wie beim a, so tiefliegend wie möglich. Im übri- allem im Sprachfluß auf eine nicht zu rasche
gen sollte der Hauch sozusagen auf dem „Null- bzw. übertriebene Entleerung der Lungen ach-
punkt aller Artikulation und Phonation“ frei ten. Daher ist die f-Bildung zunächst durch rich-
strömen. tige Lungen- und Zwerchfelltätigkeit zu regeln,
Der Stärkegrad des h ist im Anlaut unter- wobei es vor allem auf einen einwandfreien
schiedlich, je nach der Kürze oder Dehnung der Stimmlippenschluß ankommt.
3 Worte (z. B. Hast, Hehl). Beim Laut sch ist nur darauf zu achten, daß
der Raum im Rachen und ebenso zwischen Zun-
> Das Hinüberziehen des Hauchlautes über
ge und hartem Gaumen möglichst weit ist, da-
den nachfolgenden Vokal sollte vermieden
mit sich der anschließende Vokal oder Klinger
werden.
klangvoll entfalten kann. Das sch verbindet sich
Bei den Strömungslauten f, sch, ch1 wird ein leicht mit allen anderen Lauten, besonders mit
intensiver Einsatz der Atem- und Zwerchfell- den Klingern. Für sich allein betrachtet, drückt
muskulatur notwendig. Die beteiligten Artiku- das sch als Anlaut etwas anderes, kräftiges aus
lationsstellen sollten sich in einem eutonen als in Verbindung mit den Klingern.
Muskeltonus befinden. Übungen mit diesem Beim Laut ch wird ein vorderes (ch1) und ein
Einsatz bieten einen guten Einstieg in die Stim- hinten gelegenes ch (ch2) unterschieden. Das
marbeit, ohne eine Überspannung zuzulassen. vordere schließt an die hellen Vokale bzw. an das
Sie unterstützen auch die noch ungenügende j der Klingergruppe an, das hinten gelegene an
Atemtechnik und verbessern indirekt die Arti- die dunklen Vokale bzw. an die Gaumenlaute.
kulation. In den folgenden Übungsgruppen sind h, f,
sch, ch1 nur als Anlaute von Bedeutung. Als In-
laute oder Auslaute sind sie zunächst nicht re-
levant.
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
53 3
Ziele und Wirkung Einstiegsübungen zum schwierigen
▬ Vermehrte, dosierte Luftabgabe. Vokaleinsatz
▬ Aktivierung der Atemmuskulatur. Mit Hilfe dieser Übungen lassen sich alle Vo-
▬ Verlängerung der Ausatmung. kale vorbereiten. Um das Gefühl eines weichen
▬ Vertiefte Einatmung infolge verlängerter Aus- Stimmeinsatzes zu erlangen, sollte der Patient
atmung. in der folgenden Übung das „(h)“ nur angedeu-
▬ Vorbereitung der Resonanzräume durch Weit- tet und überlüftet sprechen und keine Federung
stellung im Ansatzrohr. einsetzen:
▬ Schaffung von Klangraum für nachfolgende
Vokale.
hum – (h)um – um
▬ Weicher Stimmeinsatz bzw. Vorbereitung dar-
auf. hom – (h)om – om
▬ Verbesserte Atem-, Artikulations- und Stimm-
spannung.
▬ Spannungsabbau. Bei folgender Einstiegsübung wird die Silbe lei-
▬ Anregung des Kreislaufs (Saatweber, in Grohn- se gesprochen und der Vokal in normaler Laut-
feldt 1994). stärke:
Wortebene: Hauchlaut h
hü hott Flickflack
Horden hausen *
hört
hört her
faß
faß Fips
schieß
schieß schon
Hühnerei Flugente *
Handauflegen Fachausschuß *
Hilfsarbeiter Vollendung *
h h
h h
Das hallende H
Hahnenkrähn! Habichtsruf!
Hähnenkrähn! Habichtsruf!
Lyrik: Hauch
Die Luftleiter
(unbekannt)
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
67 3
Lyrik: Strömer – Vokal
etüde in f
falfischbauch falfischbauch
falfischbauch
(E. Jandl 1979)
68 Kapitel 3 · Stimme
Silbenebene: Klingerketten
▬ Dosierte Luftabgabe.
▬ Lockerheit in Atem- und Artikulationsmusku- momomomomom
latur. monomo – sunuwu
▬ Steigerung der Atemkraft (Zwerchfellstütze). nunonanenin
▬ Resonanzerschließung von Kopf, Brust und neuneuneuneuneun
Leib. naneningnanening
▬ „Durchlässigkeit“ im Organismus, Gefäße wer- mingmongmangmeng
den erweitert. nangnengningnongnung
▬ Die Durchblutung wird angeregt. mamomengmamomin
▬ Schwingungsfähige Stimme. nanening – nangnengning
▬ Verlängerung der Phonation. monongmunung
▬ Weicher Stimmeinsatz.
▬ Klangverbesserung.
▬ Verbesserter Stimmlippenschluß. Silbenebene: Klingerwechsel
▬ Spannungen werden gelöst: Beruhigung – Ent-
m – n – ng h
spannung – Eutonus.
ng – n – m h
▬ Mikromassage der Thoraxmuskulatur, Ver-
wo – lo – no? wo – lo – noh.
schleimungen lösend.
mo – lo – so? wo – lo – ngoh.
▬ Resonanzraum schaffen, Seiten in sich zum
mo – om – om – om – om – om
Schwingen bringen.
ma – am – me – em – mi – im
▬ Resonanzwahrnehmung an Kopf, Gesicht,
Brust, Nacken, Rücken.
(Saatweber in Grohnfeldt 1994)
Kauübungen
Einstiegsübungen zur Resonanzverbes- mnjang – mnjeng – mnjing – mnjong
serung – mnjung
Als Einstiegsübungen sind Summ- und Kau- ning – neng – nang / nein – nein – nein
übungen zu empfehlen.
70 Kapitel 3 · Stimme
Wortebene: Klinger m
Minisätze: Klinger m
Minisätze: Klinger n
Wortebene: Klinger l
Minisätze: Klinger l
Minisätze: Klinger w
Wortebene: Klinger s
Minisätze: Klinger s
Minisätze: Klinger j
* *
macht nein
macht mal mit mir mehr mit nein nicht nur nach neun
* *
los ja
los lauf ja ja
* *
sie was
sie sagt sie sieht sie so selten was war wohl wieder wichtig
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
77 3
Minisätze/Satzebene: Klingerhäufung l
Landleben lieben
Satzebene: Klingerhäufung m
Satzebene: Klingerhäufung w
Sie war ’ne feine Dirn. Frag’ nicht viel, faß mit an!
Wer weiß, wohin sie will. Sieh’ mal zu, wie das geht!
Jetzt läuft sie nochmals weg. Merk’ Dir das, sie hat recht!
Was machen wir denn nun? Weine nicht, mach’ noch mal!
3.7 · Übungen: Hyperfunktionelle Dysphonie
81 3
Wortebene: Anlaut Klinger – Inlaut Vokal
* * *
h h
h h
h h
* *
neu in Europa
h h
Lyrik: Klingerhäufung
Logolyrik
Sie sitzen auf Hockern.
Sie lassen es lockern.
Sie dehnen den Nacken
und lassen es knacken.
3 Sie weiten und gähnen
und lassen es dehnen.
Sie atmen und singen.
Sie tönen und klingen.
Sie keuchen und husten,
schnappen und prusten.
Sie weinen und klagen
und können’s ertragen.
Sie tanzen und springen,
lachen und singen.
Sie hören den Ton,
erkennen ihn schon.
Sie singen ein Lied
und werden nicht müd.
Lyrik: Klingerhäufung
Fünfzigerjahre Lied
Va bene, va bene
so sagt man in Sorrent
va bene, va bene
wenn’s irgendwo mal brennt
va bene, va bene
und fällt mal einer hin
va bene, va bene
so sagt man in Turin.
Va bene, va bene
so sagt man in Triest
va bene, va bene
hält wen ein Räuber fest
va bene, va bene
und wackelt mal der Dom
va bene, va bene
singt auch der Papst in Rom
h
grub Kran
Gracht kracht
3 gräbt krumm
h h
Wortebene/Wortgruppen: Doppelkonsonant fr
h h
h h
Satzebene: r-Häufung
Reif Reisezeit
Der Vogel Greif
Reisefieber, Reisezeit,
griff einen Reif
Reisekoffer, Reisekleid,
und trug ihn flugs in seinem Griff
Reiselust und Reiseplan ...,
zu einem Riff.
alles dreht sich nun ums Reisen
Den Reif zum Riff,
und es ist der Stein der Weisen,
zum Riff den Reif;
denn es fing der Urlaub an.
Der Vogel Greif!
Doch in der Nacht noch fiel ein Reif. Reiseroute, Reisepaß,
Fiel auf den Greif, Reiseärger, Reisespaß.
fiel auf sein Riff, Reisespesen, Reisegeld ...,
fiel auf den Reif, den er ergriff. Polizeibericht und Straßen,
Reif auf Riff. zahmes Zuckeln, wildes Rasen,
Greif auf Riff. jeder ist nun Herr der Welt.
Reif auf Reif.
Reisepleite, Reiseziel,
Reif auf Greif.
ach, man reist so gern und viel
Reif auf Reif auf Riff.
und es reisen Legionen
Reif auf Greif auf Riff.
zeltbewehrt in ferne Lande
Kurz, ihr begreift:
und kampieren kühn im Sande,
alles bereift.
die sonst brav in Häusern wohnen.
(R.Neumann in H.A. Halbey 1989)
Reisevisum, Reisewut,
Reisekoller, Reisemut ...
⊡ Tabelle 3.2. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei hypofunktioneller
Dysphonie (auch bei Stimmlippenlähmung einsetzbar, vgl. S. 163 ff.)
Wortebene: Plosiv b
Minisätze: Plosiv b
Minisätze: Plosiv d
Wortebene: Plosiv g
Minisätze: Plosiv g
Minisätze: Plosiv p
Wortebene: Plosiv t
Minisätze: Plosiv t
bleib
bleib bei
Du
Du da
Du, der da
gib
gib Geld
Pit
Pit packt
Pauls Picknick
Tor!
Tims Tor
komm!
komm, Kurt
* * *
h h
h h
Gier ihr
Tenne Änne
Wortgruppen: Minisätze:
(L. Rinser)
(J. Steinbeck)
(C. Goetz)
da busch
buschda
da busch
3 buschdada busch
buschdadada
buschdabusch buschda
buschdada
buschdadadada busch
da buschdadadada
da
daa
daaa
daaaa
daaaaa
daaaaaa
daaaaaaa
buschdabusch buschbuschbusch
buschdada
buschdabusch buschdada
buschdada bsch
Gabelbissen Kugel
ein Hügelchen
Gabelbissen?
Text: Plosivhäufung k
jener Krokodilhalter, dessen Krokodil ich keine Krokodilsträne nachweinte, wäre es bereits
krokolederne Krokotasche,
jener Krokodilhalter, dessen Krokodil ich wie ein Krokodilwächter bewache und wegen dessen
Krokodil ich bereits völlig groggy bin,
wird dringend ersucht, sein Krokodil Grockstraße 49 abzuholen und Schadenersatz zu leisten.
Der Käfer
Olla Podrida
Lyrik: Plosivhäufung t
Mit Trommelton und festem Tritte, Doch für das T ist das sehr fein:
es trottet elefantenschwer.
Es trommelt, tutet, rattert, knattert. Wen wundert’s, daß das T auf Erden
Es tobt und tost und tollt und tattert. da muß es ernst genommen werden
Es tippt und tupft. Es tropft. Es tappt. mit: tschuff und tüt und ratt und tatt.
Bei der Bildung des e sind die Lippen weni- Der Vokal ü bildet den Übergang vom
ger weit geöffnet und der Kieferwinkel ist klei- Stammlaut u zum hellsten Vokal i. Die Lippen
ner als beim a. Der vordere Zungensaum liegt sind wie beim u gespannt und kräftig rund vor-
an den unteren Schneidezähnen. Der Zungenrü- gestülpt. Die Mittelzunge ist gehoben. Phone-
cken wölbt sich zum harten Gaumen, die Zun- tisch besteht aufgrund der gleichen Zungenlage
genränder stoßen an die oberen Backenzähne. und Lippenform eher eine Verwandtschaft zum
Man unterscheidet ein kurzes, offenes e (z. B. ö, wobei jedoch beim ü der Klangraum stärker
3 bellen, Neckar) und ein langes, geschlossenes e verengt wird.
(z. B. leer, mehren). Der Vokal ä wird ähnlich gebildet wie das
Der Vokal e ist mit all seinen Schattie- a: Die Mundstellung ist fast dieselbe, nur das
rungen einer der wichtigsten Laute unserer Klangvolumen ist durch die leicht gehobene
Sprache. Die unterschiedlichen Klangschat- Zungenspitze etwas verringert. Der Rachen-
tierungen entstehen durch die Zusammen- raum ist weiter als beim a, der Tonansatz liegt
ziehung verschiedener Grundvokale (a–i–e/ am vorderen harten Gaumen. Der Vokal ä ge-
o–ö–e). hört zu den hellen Vokalen und gilt als Misch-
Bei der Bildung des i sind die Mundwinkel laut zwischen a und i. Seine Bildung ist etwas
etwas zur Seite gezogen, der Kieferwinkel ist schwieriger als die der anderen Vokale.
relativ eng. Der vordere Zungensaum liegt an Die Bildung der Doppellaute (Diphtonge) ei
den unteren Schneidezähnen. Die Vorderzunge und ai beruht auf einer Lautverschmelzung, die
wölbt sich an den harten Gaumen. Man unter- mit a beginnt und mit i endet. Der Doppellaut
scheidet ein kurzes, offenes i (z. B. ich, Licht) besteht also aus zwei Vokalen, die zwar durch
und ein langes, geschlossenes i (z. B. Isar, Die- möglichst rasche Aufeinanderfolge zu einer
ner). Klangeinheit verschmolzen werden, ihre spezi-
Der Vokal i ist der hellste Selbstlaut. Die fischen Klänge aber noch erkennbar bleiben. Es
leicht angehobene Zungenspitze ist das wich- handelt sich hier quasi um eine schnelle Gleitbe-
tigste Organ für die Bildung dieses Vokals. Das wegung im Artikulationsverlauf zweier Vokale.
i wird daher auch Zungen- oder Engelaut ge- Die Bildung des Doppel- oder Zwielautes au
nannt, im Gegensatz zu Lippen- oder Raumlau- erfolgt ohne Schwierigkeit vom a zum o oder
ten wie o und u. u. Das au zählt zu den dunklen Vokalen. Der
Probleme können entstehen, wenn der Laut volltönende, abgerundete Klang aller im au zu-
i gedehnt ist durch ein sog. Dehnungs-e, dem sammengefaßten dunklen Vokalstimmungen
dann ein r folgt (z. B. Bier, hier). Hier ergibt sich verleiht diesem Laut eine besondere Ausdrucks-
oft eine unschöne Vokalsenkung (Verdunke- kraft. Auch hier findet eine Gleitbewegung im
lung), die mit dem Abknarren ( s. S. 142) ver- Artikulationsverlauf statt.
gleichbar ist. Die Bildung des Doppellautes eu erfolgt über
Der Vokal ö ist ein Mischlaut zwischen o und den Anlautvokal o hin zum Laut i. Der Doppel-
e. Die Lippenstellung ist ähnlich dem o gespannt, laut eu steht zwar dem neutralen a am nächsten,
kräftig nach vorn gewölbt und eng gerundet. weist aber doch auf die dunkle Vokalreihe (o
Der Zahnreihenabstand ist gering. Der vordere und u) hin.
Zungenrand hat Kontakt mit den unteren Front-
zähnen. Die Bildung erfolgt am einfachsten vom Ziele und Wirkung
hellen e zum ö. Man unterscheidet ein kurzes, Übungen mit Vokalen am Wortanfang dienen
weites ö (z. B. können, Löffel) und ein langes, en- der Prüfung, Beurteilung und Schulung des
ges ö (z. B. Föhn, Söhne). Stimmeinsatzes. Da der Vokaleinsatz in der
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
127 3
deutschen Sprache recht häufig vorkommt, soll- hygienischen Glottisschlag, der geflüstert ist. Die
te man ihn besonders gründlich erarbeiten. Atemluft staut sich unterhalb der Stimmlippen.
Im einzelnen werden bei den Übungen mit Im Moment der Freigabe der Luft kommt es je-
Vokaleinsatz folgende Ziele angestrebt: doch nicht zu Stimmlippenschwingungen, son-
▬ dosierte Luftabgabe, dern zu einem weichen Glottisschlag (Knall),
▬ Rückhaltekraft in der Atemmuskulatur, der dem festen Stimmeinsatz entspricht.
▬ Erschließung von Resonanzräumen,
▬ klangvolle, schwingungsfähige Stimme, Die Übung des Ventiltönchens nimmt unmittelbar auf den
▬ Lautheit, Tragfähigkeit der Stimme. Stimmritzenmechanismus, auf Schwingungsform, Öff-
nungsweite und Schlußdichte der Stimmlippen Einfluß. Es
(Saatweber in Grohnfeldt 1994)
ist zur Eigenwahrnehmung sehr gut geeignet, zur Kräftigung
der Stimmlippen und Bewußtmachung der Glottisfunktion
Beim Stimmeinsatz mit Vokal handelt es sich (Gundermann 1991).
um den schwierigsten Lauteinsatz. Beginnt ein
Wort mit einem Vokal, so muß das Zusammen- Das Ventiltönchen sollte klingen wie ein fal-
spiel der beiden stimmbildenden Kräfte – Atem lender Tropfen auf ein Blech (Tropfenfall, „jum-
und Stimmlippen – ganz besonders fein abge- ping beans“, Knallerbsen, Platzen von Seifenbla-
stimmt sein. sen).
Vokaleinsätze werden am besten in Gähn- Bei korrekter Bildung des Ventiltönchens
stellung geübt. Die Gähnstellung bildet die op- kann weder ein Pressen noch ein Verhauchen des
timale Voraussetzung für eine ungehinderte Lautes entstehen. Dies gelingt vielen Patienten
Tonbildung und erhöht die Leistungsfähigkeit durch Nachahmung des Therapeuten. Zur Un-
der Stimme. terstützung dieser Übung können Vorstellungs-
Bei Erkältung oder Überlastung sollten hilfen wie das Spannen eines Gummibands, das
Übungen mit Vokaleinsätzen vermieden wer- Antippen eines Luftballons oder das Anklicken
den. einer Computertastatur gegeben werden.
Bei einer guten Schallraumweite, zu errei-
Einstiegsübungen chen durch die Gähnstellung, läßt man den
Bevor der Patient mit den Übungen im Vokal- Vokal tonlos – fast ohne Luft – im Sekunden-
bereich beginnt, kann als Vorübung die Ab- abstand mehrmals hintereinander mit leichtem
knallübung nach Fernau-Horn (1954) durchge- sauberen Knall „tropfen“. Die Zunge ist bei die-
führt werden. ser Übung locker, es erfolgt keine Federung von
Kehlkopf und Zwerchfell.
Vorübung für den weichen Vokaleinsatz ist der stimmlose Der Therapeut sollte bei diesen Vorübun-
Glottisschlag, den ich wegen seines charakteristischen Ge-
gen darauf achten, daß hierbei nicht „gemogelt“
räusches als Abknall bezeichne (Schillings „Ventiltönchen“).
Schon bei dieser Vorübung müssen mit Sorgfalt die zwei
wird, d. h., daß man nicht mit dem Zungenrü-
Phasen unterschieden werden: cken an das Gaumensegel drückt. Dabei entsteht
1. Phase: Einstellen der Vokalform, Gähnfassung und ein Laut ähnlich dem g oder k. Hauchtönchen
Glottisschluß mit angehaltenem Atem. und doppelte Tönchen sollten ebenfalls vermie-
2. Phase: Sprengung des Glottisschlusses durch den unter- den werden.
halb stehenden Überdruck, jedoch ohne Ausatembewe-
Für den zunächst stimmlosen Vokaleinsatz
gung und ohne Phonation (Fernau-Horn 1954).
sind die nun folgenden Übungen hilfreich, bei
denen die „Wortreste“ zunächst nur artikuliert,
Anders ausgedrückt, handelt es sich beim d. h. lautlos gesprochen werden sollten (Pseu-
sog. Ventiltönchen (Abknall) um einen weichen, doflüstern). Nach der Übung mit Ventiltönchen
128 Kapitel 3 · Stimme
Wechselnder Vokal
Lautebene:
a-o-e-u-i / ö-ä-ü-ei-au-eu
a-u-a h ab und an
ob in
ob oft in Isny
uns öfter
als übe
er auf
er erbt eben etliche echte Engel auf Ausfahrten Augen auf Autos
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
131 3
Minisätze: Vokale, wechselnd
er übt in Ungarn *
Erweiterungen:
h
* * *
* außerirdisch *
Sprichwörter/Weisheiten: Vokalhäufung
Lyrik: Vokalhäufung
Ein Mensch, dem Unrecht offenbar Der ganze Unterschied liegt nur
Was hätt in dem Fall ich getan? Doch Unrecht-Tun fast garnicht spürt.
Es starb einmal ein alter Barsch. Was wär ein Apfel ohne -sine,
Der ward mit einem Trauermarsch was wären Häute ohne Schleim,
Begraben auf dem Grund vom Bach. was wär die Vita ohne -mine,
Ach. was wär’n Gedichte ohne Reim?
Was wär das E ohne die -lipse,
Der alte Barsch war, wenn auch alt,
was wär veränder ohne -lich,
Sehr rank und schlank noch von Gestalt.
was wären Kragen ohne Schlipse,
Drum weinten ihm die Barsche nach.
und was wär ich bloß ohne dich?
Ach.
( H. Erhardt 1984)
Die alte Barschin, seine Frau,
Die weinte sich die Augen blau.
Da schwoll das Wasser an im Bach.
Ach.
Heutige Weltkunst
Laut weinten alle an dem Grab:
Anders sein und anders scheinen,
Barschdame, -mädchen, -mann und -knab.
Anders reden, anders meinen,
Und übers Ufer trat der Bach.
Alles loben, alles tragen,
Ach.
Allen heucheln, stets behagen,
Doch nach zwei Tagen ging zum Glück Allem Winde Segel geben,
Die Bach- und Tränenflut zurück. Bös- und Gutem dienstbar leben;
Manierlich floß im Bett der Bach. Alles Tun und alles Dichten
Ach. Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen,
(J. Krüss in Zehetmeier 1986)
Kann politisch heuer heißen.
Lesetext: Vokalhäufung
Unser Garten
Engadiner Alpenanemonen
(unbekannt)
140 Kapitel 3 · Stimme
Lesetext: Vokalhäufung
Die Fahrt auf der Autobahn dauerte mit unserem alten Auto acht Stunden mit einem angemes-
senen Aufenthalt.
Elf freie Tage lagen vor uns – Urlaub, Ausschlafen.
Einfach freie Zeit haben, ausgedehnte Spaziergänge und Ausflüge mit einem Boot zur nicht
weit entfernten Insel unternehmen – das alles bedeutete für uns Erholung. Welch eine Aussicht !
3 Als wir ankamen, war es fast schon dunkel. Augenblicklich holten wir unsere Koffer aus dem
Auto, um sie ins Innere der Hütte zu bringen.
Obwohl es bereits dunkel war, konnte uns nichts davon abhalten, schon am ersten Abend einen
Strandspaziergang zu machen.
Alle liefen, als ob uns jemand jagte, voller Erwartung in die Richtung, aus der uns das Rauschen
des Meeres entgegenschallte.
Endlich lag es vor uns, gewaltig, mächtig und dunkel, aufgewühlt vom Sturm. Je näher wir
herankamen, desto lauter wurde das Rauschen, so daß wir bald stumm, ohne Worte, die uns in
diesem Moment eh’ überflüssig erschienen wären, nebeneinander barfuß über den kalten Sand
liefen.
Wie unbeschreiblich gut es tat, den Wind auf der Haut zu spüren, tief einzuatmen und ohne den
Zwang, reden zu müssen, die Natur so ganz und gar erleben und genießen zu können!
(unbekannt)
3.7 · Übungen: Hypofunktionelle Dysphonie
141 3
Lesetext: Klingereinsatz und Vokaleinsatz
Zum Atmen
Wortebene: Wortgruppen:
h h
Satzebene:
h
Du! Ja?
Hallo! Hallo?
* *
Sofort! Warum?
* *
Lyrik: Frage-Antwort-Intonation
Erlkönig
Wieso Warum?
Lyrik: Frageintonation
Beispiel:
jaaaa so wo See
Maaaa Maaajaaaa
sah Sarah lauh Laura Fa Farah
Vokaleinsatz –
Klingerabsatz
Beispiel:
Ohm ihn Ahn
Ooohm
ein Öl ihm
decrescendo
150 Kapitel 3 · Stimme
▬ Erkennen und Abbau von Ängsten in bezug auf Hierfür stehen folgende Möglichkeiten zur Ver-
die Stimme des Patienten (bei Bedarf Eltern- fügung:
bzw. Lehrergespräch). ▬ Tiefseufzen – Tiefbrummen – Tiefhusten –
▬ Gemeinsame Beurteilung der Stimme anhand Tiefräuspern (hier erlaubt), jeweils mit Inten-
einer Kassettenaufnahme. tion.
▬ Hinweis geben: Während des Stimmwechsels ▬ Stöhnen mit „Tonfallenlassen“, „abstöhnen“,
nicht singen! jeweils mit Intention.
3 ▬ Kieferschütteln (Kopf hängen lassen), verbun-
3.10 Übungen: Mutationsstörungen den mit tiefem Ton.
▬ Nachahmen eines tiefen „Mönchsbrummens“
Aufbau und Zusammenstellung oder eines „tibetanischen Gongs“.
▬ „Lachstakkato“ auf tiefe Vokale.
Zu Anfang der Therapie einer Mutationsstörung ▬ Vorstellung des Tiefprechens: den Ton begleitet
sind häufig Korrekturübungen zu Atmung und von einer Armbewegung abwärts „nach unten
Haltung bzw. Tonus ( s. Kap. 1 u.2) angezeigt, bringen“. Tiefe Lokalisation im Körper bedeu-
vor allem dann, wenn beim Patienten zunächst tet tiefer Ton (tief ist tief).
Ängste abgebaut werden müssen. ▬ Gutzmann-Handgriff oder Bresgen-Handgriff
Zu diesen Korrekturübungen sollten dann (vgl. Wirth 1995).
entsprechende Vorübungen durchgeführt wer- Der Therapeut umfaßt den Schildknorpel
den, die aus der folgenden ausführlichen Liste (Adamsapfel) etwa mit drei Fingern und
ausgewählt werden können. drückt ihn leicht gleichzeitig nach unten
Im weiteren werden dann einzelne Metho- und hinten. Währenddessen soll der Patient
den zur gezielten Therapie von Mutationsstö- langsam zählen. Durch die Entlastung des
rungen vorgestellt ( s. S. 153 ff.), und zwar: M.cricothyreoideus und das Tiefertreten
▬ Kaumethode nach Fröschels ( s. S. 153–154). des Kehlkopfes stellt sich oft schon die tiefe
▬ Akzentmethode nach Smith und Thyme. Stimme ein.
▬ Nasalierungsmethode nach Pahn.
Bei diesen Übungen sollte der Therapeut
Die Kaumethode wird ausführlich erläutert; den tiefen Ton sogleich bestimmen und eine
die Akzentmethode und die Nasalierungsme- Kassettenaufnahme anfertigen, die dann auch
thode hingegen werden nur kurz dargestellt, sofort angehört und als Verstärker benutzt wer-
da zu diesen Ansätzen bereits die entsprechen- den kann. So wird der Patient mit seiner eigenen
de Fachliteratur existiert (vgl. Smith u. Thyme Stimme konfrontiert. Die Qualität des Tieftons
1980, Pahn 1968). ist hierbei zunächst unwichtig.
Sämtliche dieser Methoden sind auch bei Neben der Tieftonfindung sind folgende
hyper- und hypofunktionellen Störungen ein- Übungsinhalte sinnvoll:
setzbar. ▬ Lockerungs-, Haltungs- und Bewegungsübun-
gen.
Vorübungen zur Therapie von ▬ Spannungs- und Entspannungsübungen, z. B.
Mutationsstörungen PME ( s. S. 36/37).
Wie bereits erwähnt, bildet die Tieftonfindung ▬ Atem- und Weitungsübungen.
den Einstieg in die Therapie von Mutations- ▬ Kau- und Resonanzübungen auf die Klinger m,
störungen. Sie kann bereits in der ersten The- n, ng, l und j sowie auf die dunklen Vokale o, u,
rapiestunde als Verstärker eingesetzt werden. ö und ü. ( s. S. 189 ff.).
3.10 · Übungen: Mutationsstörungen
153 3
Der Ton muß subjektiv empfunden werden werden, von denen die meisten etwas mehr
und den ganzen Brustraum füllen. Beson- Kraftaufwand und körperlichen Einsatz erfor-
ders die dunklen Vokale durchdringen den dern als die zum Einsatz bei anderen Störungs-
Brustraum. bildern vorgeschlagenen Materialien.
▬ Stimmumfangübungen abwärts. ▬ Massagegeräte. ( s. Kap. 2);
▬ Verlängerung der Tonhaltedauer. ▬ Kassettenrekorder, Video, Klavier o. ä.;
▬ Stimmeinsatz- und Intonationsübungen. ▬ Ball, Impander, Gymnastikband, Trampolin;
▬ Tonsprung- und Glissandoübungen abwärts, ▬ Tennisschläger, Hanteln, Boxhandschuhe,
Schwelltonübung. Sportbogen.
▬ Rufübungen: provozierende tiefe Ausrufe wie
„Dummkopf!“, „Du Lump!“, „Blöde Kuh!“. Zu Therapiebeginn und -ende ist außerdem
▬ Wort- und Ratespiele (z. B. TABU-Spiel). eine Stimmfeldmessung empfehlenswert, die ei-
▬ Transferübungen: nen Vergleich zwischen „davor“ und „danach“
Man spricht über ermöglicht.
– ein Buch, das man gerade gelesen hat; Grundsätzlich geht es bei all den hier ange-
– einen Film, den man gesehen hat oder sehen führten Übungen zunächst darum, Ängste ab-
möchte; zubauen und zu klären, was dem Patienten in
– einen modernen Tanz; welcher Situation beim Tiefsprechen leicht- und
– den Versuch, Begeisterung für ein Hobby zu was ihm besonders schwerfällt.
erreichen; Zusätzlich zu diesen Übungen können nach
– eine Urlaubsreise, die geplant ist oder schon Bedarf Übungen aus dem Bereich der funktio-
durchgeführt wurde; nellen Dysphonien eingesetzt werden.
– eine Sensationsmeldung in der Boulevard- Im folgenden werden nun drei Methoden
presse; zur gezielten Behandlung von Mutationsstörun-
– ein beeindruckendes Erlebnis. gen vorgestellt.
Weitere Möglichkeiten:
– Beschreibung eines Bildes bzw. Erzählen von Kaumethode nach Fröschels
Bildgeschichten; Die Kaumethode nach Fröschels („chewing
– Erzählen eines Witzes; approach“) beruht auf der Annahme, daß Sau-
– Führen einer Diskussion. gen, Kauen und Schlucken die Grundlagen bzw.
Die einzelnen Transferübungen werden auch Vorformen der Stimm- und Sprechbewegungen
auf ausgewählte, reale Situationen übertra- sind.
gen, die nachgespielt oder lokal erlebt wer- Durch ein Zurückgreifen auf diese Primär-
den: leistungen des Saugens, Kauens und Schluckens
– Einkaufsgespräche, soll dann ein entspanntes Sprechen neu aufge-
– Einholen von Auskünften, baut werden. So kann beispielsweise die ange-
– Aufgeben einer Bestellung im Restaurant, borene natürliche Funktion des Kauens, d. h.
– Führen von Telefonaten. das dabei ablaufende ungestörte muskuläre Zu-
Bei diesen Übungen kann evtl. Protokoll dar- sammenspiel, auf die Bewegung des stimmhaf-
über geführt werden, in welchen Momenten ten Sprechens übertragen werden.
tief gesprochen wurde.
> Der Kauvorgang ist als primär, die Stimmge-
bung als sekundär zu betrachten.
Unterstützend und ergänzend können fol-
gende Hilfsmittel und Materialien eingesetzt
154 Kapitel 3 · Stimme
h h
Lyrik: Vokalhäufung u
Das U
Lyrik: Vokalhäufung o
Dort oben
Ich bin
wanderung
vom vom zum zum
vom zum zum vom
von vom zu vom
vom vom zum zum
von zum zu zum
vom zum zum vom
vom vom zum
und zurück
⊡ Tabelle 3.3. Aufbau der Übungen zur Erarbeitung des physiologischen Stimmeinsatzes bei Stimmlippenläh-
mung (auch bei hypofunktioneller Dysphonie einsetzbar, vgl. S. 102)
Artikulation
(Tonansatz, Stimmansatz, Stimmschlag)
Konkret sind für das Erreichen einer präzi- Die Zusammenstellung der Übungen zur Ver-
sen Artikulation folgende Einzelziele von Be- besserung der Artikulation folgt dem Grundsatz
deutung: „vom Leichten zum Schweren“. Daraus ergibt
▬ Steigerung des kinästhetischen Bewußtseins sich folgende Reihenfolge:
bezüglich der Lage und Spannung der Artiku- ▬ offenes und geschlossenes Gähnen zur Weitung
lationsorgane und -muskulatur. des Rachenraums,
▬ Geschmeidigkeit der Mundwinkel und Verla- ▬ artikulomotorische Übungen zur Lockerung
gerung der kehligen Vokalphonation nach vorn von Lippen, Zunge und Kiefer,
(zu erreichen durch verstärkten Einsatz von ▬ Mundmotorikübungen (langsam und schnell)
Lautübungen mit o, u, ö, ü) mit dem Ziel einer mit Vokalwechsel, Silbenwechsel und kompli-
stark vorgewölbten Rundung der Lippen und zierten Silbenverbindungen zum Training der
einer erhöhten Artikulationsspannung, die sich Geläufigkeit aller beteiligten Artikulationsor-
ihrerseits auf den Anblasedruck und damit auf gane,
die Stimmlippenspannung auswirkt. ▬ Artikulationsübungen mit Zungenbrechern zur
▬ Lockerung der Sprechmuskulatur. Fehlspan- Auflockerung, zur Beeinflussung des Sprech-
nungen des Körpers drücken sich oft auch im tempos und zur Verbesserung von Lippen- und
Kieferbereich und in der Sprechmuskulatur Zungenbeweglichkeit,
aus („Zähne zusammenbeißen“). Eine gelo- ▬ Übungen mit lyrischen Texten mit unterschied-
ckerte Sprechmuskulatur kann die Stimme auf lichen Zielsetzungen wie Atemeinteilung,
eine angenehme Lage senken und erleichtert Pausengestaltung, Deutlichkeit und Sprech-
das „Vornesprechen“. Durch dieses „Vornes- tempo.
4.6 · Übungen: Artikulation
169 4
In meiner Praxis als Ausbildende erlebe ich Übungen zur Weitung: Gähnen
immer wieder, wie dürftig heutzutage das Re- Gähnen ist eine der wichtigsten Übungen. Es
pertoire an Abzählversen, Reimen, Gedichten kann sowohl in der Artikulations- als auch in
oder gar an Balladen alter Klassiker ist. Dennoch der Atemtherapie eingesetzt werden. Beim Gäh-
sollten solche Texte auch heute noch bei den nen werden Rachen und Kehlresonanzraum ge-
Therapien einen gewissen Raum einnehmen, weitet, der Kehlkopf rutscht in seine Tiefstellung
denn sie können Freude bereiten und den Sinn – all dies sind Grundvoraussetzungen für eine
für Sprache und Sprechen/Artikulation wecken günstige, ungehinderte Stimmbildung.
bzw. weiterentwickeln. Gähnen ist die Naturform der Tiefatmung
Werden zusätzlich Intention und prosodi- und hat gleichzeitig Entspannungswirkung.
sche Elemente in die Übungen eingebracht, ent- Der ganze Körper befreit sich dabei von Fehl-
stehen oft erfreuliche stimmliche Produktionen, spannungen. Beim Gähnen werden außer dem
die allen Zielsetzungen entsprechen. Der Einsatz Rachenraum auch Kiefer, Wangen, Arme und
von Gestik kann zusätzlich unterstützend wirken Beine gedehnt. Es erfolgt eine Weitung bis zum
und zu einer lebendigen Gestaltung beitragen. Beckenboden, der „Atembasis“.
Zusätzlich noch folgender Tip: Eine deutli- Vielen Menschen fällt es jedoch schwer, ein
che Aussprache kann u. a. auch dadurch geför- natürliches Gähnen zu produzieren. Ursachen
dert werden, daß die Wortübungen oder Texte für den Gähnverlust sind u. a. Verspannungen
(auch Zeitungstexte o.ä.) im Flüsterton vorge- und Verkrampfungen der Muskulatur, die das
tragen werden. Gemeint ist hier jedoch nicht volle Durchdehnen und Gähnen verhindern.
das Tonflüstern, sondern das Pseudoflüstern, Als Vorübungen für den Gähnreiz können
auch Konsonantensprache genannt, bei dem mit folgende Übungen dienen:
angehaltenem Atem lediglich Plosive und Rei- ▬ „Ha“-Hecheln.
belaute gesprochen werden. ▬ Dehnen und Rekeln („Dehnen bringt Gäh-
Abschließend folgt nun ein Gedicht, das sich nen“!).
mit dem Thema „Artikulation“ im weiten Sinne
befaßt. Das offene Gähnen ist gesellschaftlich ver-
pönt; in der Therapie kann es jedoch zu Übungs-
zwecken eingesetzt werden, da es leichter gelingt
Reden
als das geschlossene Gähnen. Als Übung ist hier
Das Reden tut dem Menschen gut, das
Wenn man es nämlich selber tut; ▬ „Wasserschlürfen“ aus den Händen zu emp-
Von Angstprodukten abgesehn; fehlen. Diese Trinkübung entspricht etwa dem
Denn so etwas bekommt nicht schön. offenen Gähnen und behebt verengende Span-
nungen.
Die Segelflotte der Gedanken,
Wie fröhlich fährt sie durch die Schranken
Ist die Hemmschwelle des Patienten zu groß,
Der aufgesperrten Mundesschleuse
sollte man auf das geschlossene Gähnen oder
Bei gutem Winde auf die Reise
„Höflichkeitsgähnen“ ausweichen. Mit der Zeit
Und steuert auf des Schalles Wellen
sollten jedoch beide Formen des Gähnens mög-
Nach den bekannten offnen Stellen lich sein. Um langsam ins Gähnen zu kommen,
Am Kopfe, in des Ohres Hafen sollte der Patient folgende Übung ausführen:
Der Menschen, die mitunter schlafen. ▬ Fingerspitzen an die Halswinkel legen,
Lippen leicht schließen,
(W. Busch 1982)
170 Kapitel 4 · Artikulation
Vokale
Betonungswechsel („Jodeldiplom“)
Hinweis: zunächst nur artikulieren, dann
mit Stimme de–du–di–de–du–di / di–da–di–da–di–da
u–i–u–i–u–i / o–e–o–e–o–e da–du–da–du–da–di / ta–tü–ta–tü–ta–ta
u–a–u–a–u–a / eu–au–eu–au–eu–au du–di–del–dö / du–di–del–do
ba–du–ba–du–ba–bu / bo–de–be–de–
bo–de
Strömer/Klinger
bau–bei–bau–bei–bau–bein / bele–bole–
Hinweis: zunächst flüsternd, dann mit bale–bule
Stimme
go–di–go–di–go–da / go–di–do–di–go–
fa–fa–fa–fa–fa / scha–scha–scha–scha di–do–di
Klingerketten
mamu–mamu–mamu / lali–lali–lali
maja–maja–maja / jala–jala–jala
wiwo–wiwo–wiwo / nina–nina–nina–nina
172 Kapitel 4 · Artikulation
Satzebene/Zungenbrecher: Hauch/Strömer/Klinger
▼
4.6 · Übungen: Artikulation
173 4
Satzebene/Zungenbrecher: Klinger/Plosive
Wortebene: Wortungetüme
Kulinarisches Kabinettstück
Austernschneckenlachsmuränen-Essighonigrahmgekröse-
Butterdrosselnhasenbraten-Hahnenkammfasanenkälber-
Hirnfeldtaubensiruphering-Lerchentrüffelngefüllte Schüssel.
Guten Appetit!
Sonnenschein Kadrala
Ach
Schauer von Regen wird bald sich Du tauschst die Bachstuben günz nach
ergießen. Vergnagen
Bangendes Dunkel und heitere Helle. und schröbst so scheinen Unsinn auf’s
Papier!
Ach, wie wendet sich alles so schnelle.
Du tappst die falschen Tisten, luber Bieb!
(unbekannt)
O sige mar, was kann da ich dafür?
Lyrik: Sprechspiel
Pfirsichkauf
Nein!
Braungestoßne, Filzige,
Quaddersoßenpilzige,
Moderruchbehaftete,
Gärig Angesaftete
Schimmelige, quatschige,
Braungestoßen, filzige,
Quaddersoßenpilzige,
Moderruchbehaftete,
Gärig angesaftete
Harter Kampf
Eine Mannschaft,
eine Klassenmannschaft,
eine Schulklassenmannschaft,
eine Volksschulklassenmannschaft,
eine Knabenvolksschulklassenmannschaft
kämpfte
in einem Bad,
in einem Schwimmbad,
in einem Hallenschwimmbad,
in einem Wasserhallenschwimmbad,
in einem Warmwasserhallenschwimmbad
und gewann
den Pokal,
den Meisterschaftspokal,
den Staffellandesmeisterschaftspokal,
den Jugendstaffellandesmeisterschaftspokal,
den Schuljugendstaffellandesmeisterschaftspokal,
den Volksschuljugendstaffellandesmeisterschaftspokal.
Und ich stellte das Glas wieder auf meinen einer dem anderen zu.
Schreibtisch.
Beinahe,
Dort steht es nun,
es fehlte wirklich nicht viel,
funkelnd, farbigst, märchenschön,
hätten wir uns ...um ihn gekabbelt!
und in alles, was ich schreibe, sinne und
Endlich
träume,
losten wir ihn aus.
heimlich,
Du ...gewannst ihn.
fällt sein lieber Schein!
Ich ...mußte ihn aufessen!
(A. Holz, gekürzt, in Wolf u. Aderhold 1983)
(A. Holz, gekürzt, in Wolf u. Aderhold 1983)
5
Prosodie
Für den Redner ist es hilfreich, folgende „Ihr seid jetzt einmal sehr leise!“
Regeln zu beachten (vgl. Zehetmeier 1986): „Nun hört mir einmal ganz genau zu!“
▬ Man spricht leichter im Stehen als im
Sitzen. ▬ Normale Spannung, mittlere Lautstärke, deut-
▬ Der Kopf sollte nicht gesenkt sein, liche Artikulation.
dadurch drückt man nur den Kehlkopf Vorstellungshilfe: mittellautes Sprechen vor
zusammen und macht den Hals eng. der Schulklasse, ohne großen Lärmpegel.
▬ Die Textvorlage sollte lieber in die Hand
genommen und so hoch gehalten wer-
„Ich möchte niemanden mehr schwatzen
den wie nötig.
hören!“
▬ Das Kinn sollte immer leicht angehoben
„Schlagt die Lesebücher Seite 99 auf!“
sein, d. h. der Kopf sollte sich in seiner
natürlichen Haltung befinden.
▬ Man sollte mit beiden Beinen gleichmä- ▬ Starke Spannung, Rufton, große Lautstärke
ßig fest auf dem Boden stehen, um Basis (Beachtung der mittleren Sprechtonlage), über-
und Halt zu haben. deutliche Artikulation.
▬ Es gibt sehr viele Dozenten, die inhalt- Vorstellungshilfe: lautes Sprechen in einer
lich wichtige und informative Darstel- Aula oder Turnhalle, mit vielen Zuhörern
lungen vermitteln könnten, aber an und Nebengeräuschen.
der sprachlichen, rhetorischen Gestal-
tung ihres Vortrags scheitern.
„Türen schließen, habe ich gesagt!“
Deshalb: Blickkontakt zur Hörerschaft
„Bitte klassenweise antreten!“
halten und auf die Prosodie, d. h. auf
Tempo, Pausen, Melodie und Lautstärke,
achten. Bei diesen Übungen kann auch jedesmal der
gleiche Text verwendet werden, so daß ein Ver-
gleich zwischen Stimmqualität, Sprechstimmla-
> „Die Aufmerksamkeit des Zuhörers steht in
ge und Lautstärke möglich ist.
direktem Zusammenhang mit der Sprech-
weise des Vortragenden“ (Coblenzer 1987).
Satzebene
Bei der folgenden Übung mit einzelnen Sätzen
Einstiegsübungen aus der Alltagssprache sollte der Patient jeweils
Folgende Übungen zur Lautstärkedifferenzie- unterschiedliche Betonungen ausprobieren und
rung und zu verschiedenen Spannungsstufen emotionale Äußerungen erkennen und ausdrü-
(Beispiele aus der Schule) sollten im Vorfeld cken. Dabei ist von den drei genannten Akzen-
durchgeführt werden (Zacharias 1967): tuierungsarten (melodisch, dynamisch, rhyth-
▬ Geringe Spannung, gedämpfte Lautstärke, misch) besonders auf Lautstärke und Betonung
deutliche Artikulation, zu achten.
Vorstellungshilfe: Lesen oder Sprechen mit
Intention zu einer Schulklasse (oder auch zu
einer Einzelperson), leise und verhalten.
184 Kapitel 5 · Prosodie
Themenkreis Zeit/Jahreszeiten
Du bist ein feiner Kerl.
Wir hatten einen wunderschönen Urlaub.
Die Zeit, die alte Urschel,
Du siehst ja richtig erholt aus.
Es war wieder mal ein köstliches Essen. hinterrücks immer geschäftig, huscht sie
Du kannst mit deiner Leistung zufrieden
geräuschlos vorüber in ihren Filzschuhen,
sein.
Das ist ja eine schöne Geschichte. den Haarbesen in der Hand.
Hätten Sie das gedacht?
Ich dreh mich um – sieh da!
Das war ja ein schöner Reinfall.
Interessiert Dich das nicht? Ein ganzer Winter voller Schnee,
Das ist ja ganz unmöglich.
5 Das kann doch gar nicht wahr sein.
ein Frühling samt Veilchen und Nachtigallen,
Haben Sie das schon mal gehört? ein Sommer mit seinen Gemüsekörben
Wer kennt sich da schon aus.
und Rosensträußen –
Du kommst uns ja gerade recht.
So haben wir uns das nicht vorgestellt. es ist alles fein sauber beiseite gekehrt
Wenn man das nur wüßte.
an den Ort wo geschrieben steht:
Das ist ja eine Unverschämtheit.
Das wollen wir gar nicht erst einführen. „Vergangenheit!
Das wird genau und ausführlich bespro-
Hier wird Schutt abgeladen.“
chen.
(W. Busch 1982)
Lyrik
Die Auswahl und Zusammenstellung der Ge-
dichte folgt den thematischen Schwerpunkten „Sie faule verbummelte Schlampe!“
Zeit/Jahreszeiten, Gesundheit, Konzertbesuch Sagte der Spiegel zur Lampe.
und Verschiedenes. Vielleicht regt diese Auswahl
dazu an, im eigenen Bücherschrank (oder auch „Sie altes, schmieriges Scherbenstück!“
im Literaturverzeichnis dieses Buches) nachzu- Gab die Lampe dem Spiegel zurück.
schauen und selbst neue Übungsbeispiele aus-
zuwählen. Der Spiegel in seiner Erbitterung
Und immer hatte von beiden Und wenn Du sie nützt, kannst Du etwas
draus machen.
Der eine ein unrasiertes Kinn.
Ich wünsche Dir Zeit für Dein Tun und
Trotz dieser trennenden Kleinigkeit
Dein Denken,
Lernten sie doch dann sich leiden
nicht nur für Dich selbst, sondern auch
Und gingen klug und bescheiden zum Verschenken.
Abwechselnd durch die Zeit, Ich wünsche Dir Zeit, nicht zum Hasten
und Rennen,
Und gaben einander Kraft und Mut,
sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.
Und schließlich waren die beiden
Ich wünsche Dir Zeit, nicht nur so zum
Nicht mehr zu unterscheiden.
Vertreiben.
Und so ist es gut.
Ich wünsche, sie möge Dir übrigbleiben
(J. Ringelnatz o.J.)
als Zeit für das Staunen und Zeit für
Vertrau’n,
Frühling läßt sein blaues Band Wenn der holde Frühling lenzt,
wieder flattern durch die Lüfte; Und man sich mit Blumen kränzt,
Dich hab ich vernommen! Und das meine fragt sich still:
(E. Mörike in Echtermeier v. Wiese 1986) „Ob mich dies Jahr einer will ...?“
Urlaubsabend Mittags
Ein Stern, der gibt dem So! sagt der Himmel zu der Wiese.
Himmel einen Punkt. Jetzt legen wir uns auf den Bauch.
und bei der Sonne hat es Dann aber haben wir genug getan. –
sie geht so unter wie auf und sagt: Unendlich lieb ich dich
Der Sand, der hält die Der Himmel aber wirft sich weit
Die Katze macht noch Jagd Was wäre all mein blaues Mühn,
Hotel verläßt,
sehen lassen.
seine Pflicht
Herbst Erntedank
Rings ein Verstummen, ein Entfärben: Es purzeln Äpfel reif und süß
Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, nun prall vom Baum und überdies
Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln; ist eingeholt des Sommers Beute.
Ich liebe dieses milde Sterben. Nun ist es Herbst, und regnet heute
Von hinnen geht die stille Reise, und sind wir morgen sehr erschreckt,
Die Zeit der Liebe ist verklungen, weil erster Reif den Rasen deckt,
5 die Vögel haben ausgesungen, ist es doch Zeit, ganz ohne Klagen
Und dürre Blätter sinken leise. für alles Gute Dank zu sagen,
Die Vögel zogen nach dem Süden, was uns beschert und nun geborgen
Aus dem Verfall des Laubes tauchen uns schützt vor einer Not von morgen!
Die Nester, die nicht Schutz mehr brau- Drum Dank für Obst und für Getreide,
chen,
für Rüben, für die saft’ge Weide,
Die Blätter fallen stets, die müden.
für Rettich, Kraut und grüne Bohnen,
In dieses Waldes leisem Rauschen
für süße Trauben und Melonen,
Ist mir, als hör ich Kunde wehen,
für Paprika und Artischocken
Daß alles Sterben und Vergehen
und vieles mehr, um unerschrocken
Nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
und fröhlich auch den nächsten harten
(N. Lenau 1966)
und kalten Winter zu erwarten.
hebt es empor,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen. als jeder Zweig voll Knospen hing,
Golden tropft Blatt um Blatt Und als das Korn in Fülle stand,
Lange noch bei den Rosen Der Herbstwind blies die Bäume an
Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh. und ließ auch nicht ein Blatt daran.
Themenkreis Gesundheit
Doch als ihm niemand zu Hilfe kam ist sie nur des Kniees Knecht.
und niemand sein Geschrei vernahm, Wie gerne möchte sie artikulieren,
auf daß er sich ein Opfer fasse Ein Mensch, der lange krank gewesen,
und stürzt alsbald mit großem Grimm Ist nun seit Jahr und Tag genesen,
auf einen Menschen namens Schrimm. Bewegt sich fröhlich in der Stadt,
und hat ihn drauf bis Montag früh. Ist höchst erstaunt, ja, er erschrickt:
Themenkreis Konzertbesuch
festlich und gestimmt sind sie. Wieder drückt man. Zweite Glocke.
Nun wird’s stille; denn es zeigt sich Einer stolpert und verletzt sich.
dreht sich um und schlägt den Takt. Dritte Glocke. Schrill und herrisch.
Geiger geigen, Bläser blasen, Sie erscheint. Man klatscht wie närrisch.
werden schonungslos entlarvt ... Und sie zuckt leis mit den Lippen.
Droben schwitzet die Kapelle, Beugt sich vor, als wollt sie kippen.
auch der Dirigent hat’s satt!– Nickt. Der Pianist macht Töne.
Junger Mann reich und schön der hat das Leben satt ...
Schließlich nach Hin und Her Junger Mann lebt nicht mehr ...
fabelhaft intressant!
Pinienhain. Säulenrest.
Strandhotel: Wanzennest!
Ehemann hinterher.
▼
194 Kapitel 5 · Prosodie
Dialoge
Nein V Zwillinge?
V Überhaupt nicht?
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
B Nein!
▼
5.4 · Übungen: Prosodie
195 5
Sie Ist das nicht sehr eintönig? Er Ja, aber ein Trompeter bläst nun mal
nur theoretisch in eine Geige!?
Er Musiker sind mit ihren Instrumenten
verheiratet ... Sie Warum gibst du nicht einfach zu,
daß ein Trompeter niemals in eine
Sie Aber sie könnten doch auch mal mit
Geige bläst?
den Instrumenten
ihrer Kollegen spielen ... Er Mein Gott, weil ein Trompeter theore-
tisch in eine Geige blasen könnte,
Er Theoretisch schon ...
auch wenn er praktisch dazu keine
Sie Praktisch auch ... Gelegenheit hät...tee!
Er Meinetwegen kann ein Trompeter Sie Also, ich gehe in kein Konzert mehr,
auch mal praktisch in eine Geige bla- wenn ich darauf gefaßt sein muß,
sen ... daß plötzlich ein Trompeter –
theoretisch oder praktisch –
Sie Ich möchte, daß du meine Frage ernst
in eine Geige bliese.
nimmst!
Er Liebchen, kein Trompeter wird je in
Er Ja ...
eine Geige blasen ...
Sie Warum sagst du dann, es wäre prak-
Sie Ach, auf einmal ...!
tisch, in eine Geige zu
blasen?! (Loriot 1986)
▼
196 Kapitel 5 · Prosodie
Sie wie soll ich damit aufhören wenn ich es gar nicht tue
Er wie soll ich damit aufhören wenn ich es gar nicht tue
Er woraus denn?
Er was denn?
Er womit?
Sie damit
Er womit?
Er leider nein
Fabeln
Der Dornstrauch
„Aber sage mir doch“, fragte die Weide den Dornstrauch, „warum Du nach den Kleidern des
vorbeigehenden Menschen so begierig bist. Was willst Du damit? Was können sie Dir helfen?“
„Nichts“, sagte der Dornstrauch. „Ich will sie ihm auch nicht nehmen, ich will sie ihm nur
zerreißen!“
Ein Schuh mit einer Schnalle redete einen Pantoffel, der neben ihm stand, also an: „Lieber
Freund, warum schaffst Du Dir nicht auch eine Schnalle an? Es ist eine vortreffliche Sache!“
Darauf versetzte der Pantoffel: „Ich weiß in Wahrheit nicht einmal, wozu die Schnallen eigentlich
nützen!“
„Die Schnallen“, rief der Schuh hitzig aus, „wozu die Schnallen nützen? Das weißt Du nicht?
Ei, mein Himmel, wir würden ja gleich im ersten Morast steckenbleiben.“
„Ja, liebster Freund“, antwortete der Pantoffel, „ich gehe nicht in den Morast.“
„Ihr armseligen Ameisen“, sagte ein Hamster. „Verlohnt es sich der Mühe, daß ihr den ganzen
Sommer arbeitet, um so weniges einzusammeln? Wenn ihr meinen Vorrat sehen solltet!“ –
„Höre“, antwortete eine Ameise, „wenn er größer ist, als du ihn brauchst, so ist es schon ganz
recht, daß die Menschen dir nachgraben, deine Scheuern ausleeren und dich deinen räube-
rischen Geiz mit dem Leben büßen lassen.“
Ein Storch sagte zu einer Amsel: „Das ist ja ganz nett, was du da singst, aber ein bißchen
langweilig. Kein Wunder, du erlebst ja auch nichts. Man merkt es deinen Liedern eben an,
daß du die weite Welt nicht kennst.
Tag für Tag hockst du in deinem Gestrüpp, auf deinem Kirschbaum oder deiner Wiese.
Und dann singst du das Lied vom hohen Baum, das vom fetten Regenwurm oder das von
den Kindern im Nest. Was dir fehlt, sind neue Eindrücke. Wie würdest du erst singen,
wenn du weite Reisen machtest wie ich!
„Ja“, stimmte die Amsel zu, „es ist schön, etwas von der Welt zu sehen. Du bist doch ein großer
Weltreisender, kannst du mir nicht einmal etwas vorsingen von deinen Erlebnissen?“
„Gewiß! Gib acht, jetzt singe ich das Lied von der Meerenge zu Gibraltar!“
Und der Storch legte den Kopf in den Nacken und sang:
„Ich weiß noch viele! Hier ist zum Beispiel das Lied von den Volkstänzen, die ich in Andalusien
gesehen habe:
„Und jetzt“, schloß er, „habe ich Geschäfte am Froschteich. Folge meinem Rat, Kleine!“
Als der Storch weg war, flötete die Amsel ein fröhliches Lied. Die Menschen blieben stehen und
hörten zu, so schön und voller Einfälle war es.
Anekdoten
Die Schnecke
Eine Schnecke, die an einem Bahndamm Der Dackel des Komponisten Max Reger
wohnte, ärgerte sich alle Tage über einen riß, als der Komponist zwischen 1911 und
Schnellzug, der vorbeisauste und sie durch 1914 als Hofkapellmeister in Meiningen
sein wüstes Benehmen in ihrem Geschäft wirkte, des öfteren von zu Hause aus, lief
störte. ins Theater, wo sein Herrchen war, und
blieb dort ruhig unter dem Flügel liegen.
„Das will ich ihm austreiben!“ sagte
die Schnecke zu sich selbst, stellte sich Als Reger mit dem Hofmarschall Mei-
zwischen den Geleisen auf und streckte nungsverschiedenheiten bekam, erinnerte
drohend ihre Fühler aus, als sie den Zug in sich letzterer, daß Tieren der Zutritt zum
5 der Ferne auftauchen sah. Theater untersagt war. Er wies – aus lauter
Schikane– den Komponisten schriftlich auf
„Niederstoßen werde ich ihn“, sagte sie voll
dieses Verbot hin.
grimmen Mutes.
Reger antwortete ihm ebenfalls per Brief,
Der Zug kam heran und brauste über die
er habe seinem Dackel das Schreiben
Feindin hinweg. Die Schnecke drehte sich
vorgelesen. Das Tier habe auch verständ-
um und sah dem Davoneilenden nach.
nisvoll geknurrt. Ob es sich aber an die
„Er hält nicht stand“, sagte sie verächtlich, Anweisung halten werde, könne er nicht
„er reißt aus, er ist ein Feigling.“ versprechen.
(P. Keller in Thiel 1970)
Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann,
hinüberzugehen und ihn auszuborgen.
Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will?
Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile
nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? ich habe ihm nichts angetan; der
bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm
sofort. Und warum er nicht?
Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser
Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen.
Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reichts mir wirklich.
Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er „Guten Tag“ sagen kann,
schreit ihn unser Mann an:
Die Umgangssprache
Die Umgangssprache ist, wie ihr Name sagt, diejenige Sprachform, die im alltäglichen Umgang
der Menschen untereinander angewendet wird.
Sie ist gewissermaßen ein Gerät, eines unter vielen, das dazu hilft, den Ablauf des täglichen
Lebens zu erleichtern oder zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang erfüllt sie nun zwei
Aufgaben.
5 Der Mensch hat gerade im täglichen Leben ein starkes Bedürfnis, sein Gemüt zu erleichtern,
seinem Ärger, seiner Freude Luft zu machen oder sich einfach auszusprechen.
Dabei kommt es also auf den sachlichen Inhalt seiner Äußerungen gar nicht an, Hauptsache
ist, daß sie geeignet sind, seine Erregung abzuleiten. Daher ist diese Sprache gekennzeichnet
durch Kraftausdrücke, die sich manchmal immer mehr steigern, durch Übertreibungen und
durch Wiederholungen, die natürlich sachlich überflüssig sind, aber der Entladung der Gefühle
trefflich dienen.
Genauigkeit der Wortwahl und der Satzfügung ist in keiner Weise erforderlich. Dagegen
braucht man gern malerisch anschauliche Wendungen ...
Die beiden Aufgaben, denen die Umgangssprache dient, führen mehrfach zu denselben
Formen: einfachste Satzbildung, die nur das Wesentliche ausspricht, und nachlässige Wortwahl,
da es auf Genauigkeit entweder nicht ankommt oder die Lage die notwendigen Ergänzungen
liefert. Diese Übereinstimmungen erlauben es, von einer einheitlichen Sprachform, eben der
Umgangssprache, zu reden.
Also ... das wissen wir ja: Alles ist ungesund, einfach alles.
Atmen ist ungesund – nur bleibt uns ja nun wohl nichts anderes übrig: geatmet werden muß.
Aber in der Sonne sein ist ungesund. Und Eier sind ungesund. Eier sind sogar schädlich, weil
die Hühner nicht gesund sind. Gut, wir haben da den Inhaber eines Gärtnereibetriebes aufge-
tan, der hat freilaufende Hühner (wir kennen jedes persönlich mit Namen), die legen demnach
gesunde und glückliche Eier. Wir fahren ab und zu hin und decken uns salmonellenfrei ein.
Auf Steinwolle gezüchtete, künstlich besonnte, bestrahlte Tomaten schmecken scheußlich und
sind ...? Richtig! ...ungesund. Wir kennen einen türkischen Laden, da gibt es wunderbar aromati-
sche Baumtomaten. Die kaufen wir.
Als wir noch Fleisch aßen, fuhren wir in die Eifel zum Ökobauern – aber auch glückliche Lämmer
und Kälber gewinnt man lieb und mag sie irgendwann nicht mehr essen. Von den anderen, im
Dunkeln mit Hormonen großgezogenen, auf Wagen quer durch die Lande verfrachteten und
am Ende massenweise geschlachteten Viechern gar nicht zu reden – Schluß mit Fleisch, wir
essen Käse.
Der Käse ist gemeinhin zu fett. Da gibt es aber einen bestimmten Laden in einem bestimmten
Stadtteil mit einem bestimmten Käse – lecker, fettarm und gesund.
Das Einkaufen wird schwieriger. Unsere Kartoffeln kaufen wir nicht mehr im Supermarkt,
sondern beim Erzeuger. Für den Biowein fahren wir bis in die Pfalz. Wir fahren viel, um gesund
einzukaufen! Wir fahren natürlich bleifrei, aber ganz rein ist unser Gewissen dabei auch nicht,
selbst bleifrei ist noch ungesund ...
Niemals würden wir Brot in einer dieser Massenbäckereien kaufen! Wenn wir nicht gleich selber
backen (Körner aus einem ganz bestimmten, vertrauenswürdigen Reformhaus!), dann gibt es
am anderen Ende der Stadt einen kleinen Laden, der wunderbares Brot hat. Man muß halt nur
erst hinfahren – das dauert. Unsere Haustiere mögen nicht vegetarisch leben, aber dafür gibt’s
den Pferdemetzger – eine Reise an wieder ein anderes Ende der Stadt.
Und so sind wir tüchtig unterwegs für all das Gesunde und Gute.
Beim ersten Herannahen der Grippe, erkennbar an leichtem Kribbeln in der Nase, Ziehen in den
Füßen, Hüsteln, Geldmangel und der Abneigung, morgens ins Geschäft zu gehen, gurgele man
mit etwas gestoßenem Koks sowie einem halben Tropfen Jod.
Die Grippe – auch „spanische Grippe“, Influenza, Erkältung (lat: Schnuppen) genannt – wird
durch nervöse Bakterien verbreitet, die ihrerseits erkältet sind: die sogenannten Infusionstier-
chen.
Die Grippe ist manchmal von Fieber begleitet, das mit 128 Grad Fahrenheit einsetzt; an festen
5 Börsentagen ist es etwas schwächer, an schwachen fester – also meist fester.
Man steckt sich am vorteilhaftesten an, indem man als männlicher Grippekranker eine Frau, als
weibliche Grippekranke einen Mann küßt – über das Geschlecht befrage man seinen Hausarzt.
Die Ansteckung kann auch erfolgen, indem man sich in ein Hustenhaus (sog. Theater) begibt;
man vermeide es aber, sich beim Husten die Hand vor den Mund zu halten, weil dies nicht ge-
sund für die Bazillen ist. Die Grippe steckt nicht an, sondern ist eine Infektionskrankheit.
Sehr gut haben meinem Mann ja immer die kalten Packungen getan: Wir machen das so, daß
wir einen heißen Grießbrei kochen, diesen in ein Leintuch packen, ihn aufessen und dem Kran-
ken dann etwas Kognak geben – innerhalb zwei Stunden ist der Kranke hellblau, nach einer
weiteren Stunde dunkelblau. Statt Kognak kann auch Möbelspiritus verabreicht werden.
Fleisch, Gemüse, Suppe, Butter, Brot, Obst, Kompott und Nachspeise sind während der Grippe
tunlichst zu vermeiden – Homöopathen lecken am besten täglich je dreimal eine Fünf-Pfennig-
Marke, bei hohem Fieber eine Zehn-Pfennig-Marke. Bei Grippe muß unter allen Umständen das
Bett gehütet werden – es braucht nicht das eigene sein.
Du siehst sie an, und sie verwandeln sich in klingende Worte, die erzählen, schildern, be-
lehren. In die Tiefe der Wissenschaft führen sie dich ein, enthüllen dir die Geheimnisse der
Menschenseele, erwecken dein Mitgefühl, deine Entrüstung, deinen Haß, deine Begeisterung.
Sie vermögen dich in Märchenländer zu zaubern, Landschaften von wunderbarer Schönheit
vor dir entstehen zu lassen, dich in die sengende Wüstenluft zu versetzen, in den starren Frost
der Eisregionen. Das Werden und Vergehen der Welten vermögen sie dich kennen, die Un-
ermeßlichkeit des Alls dich ahnen zu lassen. Sie können dir Glauben und Mut und Hoffnung
rauben, verstehen deine gemeinsten Leidenschaften zu wecken, deine niedrigsten Triebe als
die vor allen berechtigten zu feiern. Sie können auch die gegenteiligen, die höchsten und
edelsten Gedanken und Gefühle in dir zur Entfaltung bringen, dich zu großen Taten begeis-
tern, die feinsten, dir selbst kaum bewußten Regungen deiner Seele in kraftvolles Schwingen
versetzen.
Was können sie nicht, die kleinen schwarzen Zeichen, derer nur eine so geringe Anzahl ist,
daß jeder einzelne von ihnen alle Augenblicke wieder erscheinen muß, wenn ein Ganzes
gebildet werden soll, die sich selbst nie, sondern nur ihre Stellung zu der ihrer Kameraden
verändern!
Und hinter die Rätsel dieser Eigenschaft, die ihnen anhaftet, zu kommen, uns den Weg zu
ihren Geheimnissen zu eröffnen wird einem Kinde zugemutet, und ein Kind vermag’s –
wenn das nicht ein Wunder ist ...
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A–H
Sachverzeichnis
– Funktionen 12 – hyperfunktionelle 47
A – Befundung 12 – hypofunktionelle 48, 102
– Beurteilung 12 – Befundung 48
Abknarren 142 – Grundlagen 10 – Bildung einzelner Laute
Akupädie 4, 5 – Leichtigkeit 21 102
– Elemente 6 – physiologische Zwerchfell-
Akzent Flanken-Atmung 14
– dynamischer (Dynamik) 191 – reflektorische Atemergänzung E
– melodischer (Melodie) 180 15
– temporaler (Tempo) 181 – Ruheatmung 10 Einatmen, positives 22
Akzentmethode nach Smith – Sprichwörter und Lyrik 11 Elektrovibrationsmassage 31
und Thyme 164 – Stimmatmung 10 – mit Großflächenmassagegerät
Artikulation (Tonansatz, – Stützfunktion 14 32
Stimmansatz, Stimmschlag) 4, – Übungen 16 Explosivlaute 102
166–177 – Aufbau und
– Befundung 137 Zusammenstellung 16
– Begriffe und Redewendungen – Vorstellung 21 F
167 – Wahrnehmung durch
– Definition 166 Intention 18 Frage-Antwort-Intonation 146
– Sprichwörter 137 – Durchführung 18 Frageintonation 147, 148
– Therapie 168 Ausatmen, negatives 22
– Übungen 168–177 Autogenes Training (AT) 37
Atemanregung 19 G
Atemeinteilung 19
Atemimpuls 19 B Gähnen 169
Atemmittellage 14
Atemtherapie 12 Bewegung 4
Atemvertiefung 19 H
Atemwellen 20
Atmung/Atmen 4 D Halbklinger 92
– Abspannen 15 – Einstiegsübungen 92
– Atem und Stimme im Wechsel Dehnungsübungen 35 – Hinweise zu den Übungen
20 Doppelkonsonanten 94–96, 98 93
– Atemführung 19 – Satzebene (Zungenbrecher) Haltung, Tonus und Bewegung
– Atemverlängerung 19 96 4
– Atemwurf 15, 16 – Wortebene 94–96, 98 – Befundung 26
– Begriffe und Redewendungen Dysphonie – Begriffe und Redewendungen
11 – funktionelle 48 24
– Entspannung und Atmung 21 – Therapie 48 – Beurteilung 26
– Federung 15 – Übungen 49–149 – Sprichwörter und Lyrik 25
212 Sachverzeichnis
(ALTUNGÈnÈ4ONUSÈnÈ"EWEGUNG
3TIMME
0ROSODIE
,ITERATURVERZEICHNIS
3ACHVERZEICHNIS