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Mehr als »Drill and kill«. Wie lässt sich dieVorbereitung auf standardisierte
Prüfungsaufgaben für einen kommunikativen, emanzipatorisch angelegten
DaF/DaZ-Unterricht fruchtbar mac...
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Waltraud Zirngast
University of Vienna
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Man muss zunächst davon ausgehen, dass Testen und Lernen funktional un-
terschiedliche Bereiche darstellen. Während es das Ziel von Testaufgaben ist, das
Sprachniveau von Lernenden möglichst exakt zu erheben, sollen Lernaufgaben
effiziente Lernprozesse initiieren und vorantreiben (Krenn, 2013). Ein fundiertes
Verständnis von Themen, situationalen Kontexten und Anforderungen, auf die
sich ein Test bezieht, einmal vorausgesetzt, ist es aber durchaus möglich Test-
aufgaben und anspruchsvolle Lernaufgaben miteinander zu verbinden. Um
wichtige Grundregeln hiezu soll es im Folgenden gehen.
Themenfelder integrieren
Prüfungsbezogene Unterrichtsaktivitäten sollten gezielt in ganzheitliche Designs
und Themenfelder des Unterrichts eingepasst werden, um einem isolierten und
ineffektiven Training von Einzelfertigkeiten vorzubeugen. Eine Segmentierung
von Anforderungsfeldern, wie sie für Sprachprüfungen konstitutiv ist, entspricht
dem sprachlichen Handeln im Alltag nicht. Dort muss der integrative Gebrauch
unterschiedlicher Fertigkeiten bewiesen werden und das lernt man in Kursen nur,
wenn man es auch beim Lernen praktiziert (Krumm 2001). Was nun im Unterricht
For personal use only.
Für viele Lernende ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass bei der Be-
wertung ihrer Sprachproduktion die formale Richtigkeit nur eines von mehreren
Kriterien darstellt. Wenn man diese gut erklärt, zeigen PrüfungskandidatInnen
bei der Sprachproduktion und in Testsituationen erfahrungsgemäß nicht nur
weniger Angst vor Fehlern, sie weisen häufig ein selbstsicheres und erfolgrei-
cheres Kommunikationsverhalten auf. Eine bevorstehende Prüfung kann so
einen eigenen Motivationsfaktor bilden und eingehender darüber nachdenken
lassen, in welchen sprachlichen Bereichen ein Text mehr oder weniger gelungen
ist, um ihn gegebenenfalls auch stringenter zu überarbeiten. Bauen Lernende ein
For personal use only.
aktives Verhältnis zur Frage von Kontrolle und Bewertung auf, erlangen sie ein
Stück an Autonomie im Lernprozess, die Teil ihrer selbstreflexiven Kompetenz
wird.
Vorbereitungen auf Tests sind nicht nur als Feedback an die Lernenden, sondern
auch für die weitere Unterrichtsplanung relevant. In jenen sprachlichen Berei-
chen, wo Übungen charakteristische Probleme der KursteilnehmerInnen zum
Vorschein bringen, wird man üblicherweise zusätzliche und wiederholende
For personal use only.
Lernangebote bereitstellen und dabei Texte auch recyceln, sie also mit unter-
schiedlichen Aufgabenstellungen versehen und unterschiedlich fokussiert an-
bieten. Ein besonderes Augenmerk sollte man immer auf die Wortschatzebene
richten und Lese- und Hörverstehenstests gezielt dazu nutzen, die linguistischen
Kompetenzen der Lernenden zu erweitern. Gerade in Bezug auf lexikalische
Einheiten macht es im Übrigen Sinn, im Anschluss an komplexere prüfungsbe-
zogene Hörverstehensübungen gelegentlich auch mit deren Transkripten zu ar-
beiten, um auf Wortschatzprobleme systematischer eingehen zu können. Um eine
nachhaltige Speicherung eines neuen oder noch nicht gefestigten Wortschatzes zu
sichern oder bei der Nachbearbeitung jener Prüfungsaufgaben, die eine Kombi-
nation von Grammatik und Wortschatz abfragen, haben sich in der Unterrichts-
praxis Lauf- und Partnerdiktate und verschiedene Formen des Chorsprechens
bewährt. Ziel solcher Übungen ist es, die Aufmerksamkeit der Lernenden auf
bestimmte, aus den Prüfungstexten entnommenen Sätze bzw. Textteile zu lenken,
die noch gefestigt werden sollen.
Als allgemeines Fazit kann demnach folgendes festgehalten werden. Unter
Nutzung moderner sprachdidaktischer Prinzipien lässt sich die praktische Arbeit
mit Prüfungsformaten sinnvoll in einen anspruchsvollen DaF-/DaZ-Unterricht
integrieren. Prüfungsvorbereitender Sprachunterricht kann aber nicht nur, er
sollte sogar mehr sein als ein intensiviertes Training isolierter Fertigkeiten im
Sinne von »Drill and kill«.
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Waltraud Zirngast