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Hiestand Kardinalslisten PDF
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G,qi
von
RUDOLF HIESTAND
' Zu den leicriichen Privilegien im ailgemeinen vgi, H. BRESSLAU, Hdb. der Urkundcrdehrc
firDeutsch1and und Italien ('1913-1960)15. 76ff.;L,SCHMITL_KALLFNBIïRG,Papsturk.(21913;
Meisters Grundriil der Gcschichrswissenschaft 1,2); B. KATrERBACL-1 - W. PrtTz, Die Unter-
schriftcn der Papste und Kardinale in den bullae majores vom 11. bis 14. Jh., Miscellanea Fran-
cesco Ehrk (Roma 1924; StudL e Testi 140) S. 177-274; P. HERDI, Bcitr. zum papstlichen Kanz-
lei- und Urkundenwcsen irn 13. Jh. ( 2 1967; M6nchncr Hist. Stud., Abc. Gesehichtl. Hilfawis-
senschaften I) S. 57ff.
2 H.-W. KLEwITZ, Die Entstehung des Kardinaikollegiums (in: ZRG Kan. Abt. 25, 1936)
S. 115-221 (= ND in: ders., Reformpapsttum und Kardinalkolleg, 1957, S. 9-134). Zum friihen
Kardinalkolleg vgi. jetzt auch C.G. FÙRs1, Cardinalis. Prolegoniena zu einer KG des Rmischen
Kardinalkoilegium (1967); R. Htiis, Kardinale, Kierus und Kirchen Roms 1049-1130 (1977;
Bibi. des Dt. Hist. Instituts in Rom 48) und W. MALECZEK, Papst und Kardinalskoiieg von
191 bis 1216 (1984; Publikationen des Hist. Instituts beim Oestcrreichischen Kulturinstitut
in Rom, I. Abt. Abh. 6) S. 207-213.
' Const. I S. 541 Nr. 383.
JL 5540.
Ti. Pont. I S. 61 Nr, 2.
Document
schrcibt6, nachdcm der Kanzler Urbans II. Johanncs von Gacta seit 1089 die
Bezeichnung diaconiis cardînalis in der Datumszeile hinzugcfiigt hatte7. 1m
12. Jahihundert bildet sich dann die bildhaft eindr(ickliche Form der feicr-
lichen Privilegien mit Rota, Benevalete und grofer Datierung aus und mit
Unterschriftcn, die, in drei Kolonnen gcgliedcrt, die drei ordines des Kardi-
naikollegiums widerspiegelnx.
Wie sich in der Friihzeit in den Unterschriften die Kollegialitiit der im
Konsistorium gefaften Beschliissc ausdriickt, so stellen sic zugleicli eine der
wichtigsten Quellen fur die Geschichte des Kollegiums sclbst dar. Prinzi-
piell haben nach ûblicher Auffassung seit deni zweiteri Laterankonzil jeweils
aile zum Zeitpunkt der Datierung eiries feicriichen Privilegs an der Kuric
anwcsenden Kardiniile unterschrieben, wobei cine zeitiiche Distanz zwi-
schen der Niederschrift des Textes und der Unterschriftenlcistung sich darin
niederschlug, da g som Ingrossator bereitgcstellte Zeilen nachher nicht
gebraucht wurdcn und ais Lecrzeilen offenblieben. Die iltcre Forschung hat
sich in der Regel damit bcgnùgt, einfach die vorhandenen Namen ohne
Bert.icksichtigung der Leerzeilen wïederzugeben, vas in allen einschlàgigen
Fiillen zu einer Überprüfung an den Originalen zwingt, soweit sic erhaltcn
sind'°. Soiche Leerzeilen kônnen, scit sich cine feste Rcihenfolge der Kardi-
nale nach deni Prinzip der Ancicnnitàt und cine scharfe Trennung der drei
ordines herausgebi!det hat", nachtraglich Hinweise auf Abwesenheiten,
JI. 5467 von 1092 Sept. 14 ist cin Spurium und bleihi daher aufkr Betrachi. MALECZEK S.
213 verwirft die von Kl.1wtTz S. 89 genannte Urk. von 1099 Okt. 18, wdl es dort noch heift
Pet rus diaconus Rornanac ecclesiae tira!! sancti Adrianj (also ohnc cardinahs) und Paganus dia-
rouas saur-se Romanae ecclesiae ex dracorna saur-taC Marz4e in Vos lata (d.h. ex dosconia statt
diaconus); dafl hier jcdoch Diakone mit Titelkirche genannt werden, ist nicht su bestreiten, auch
wenn es sich in der formalen Gestaltung uni eine Zwischenstufe handein mag. MALF.CZEK Mi
JL 5837 von 1100 Aug. 30, h. Pont. 8 S. 324 Nr. 19, vgl. HULS S. 55 Nr. 72, Jas ilteste Beispiel
sein.
h. Pont. 8 S. 318 Nr. 7; ihnlich schon unter Leo IX. der Kanzler l'etrus (gI. li. Pont. 2
S. 21 Nr. 13, JL 4219) und 1057 Mai 13 (JL 4367) der Kanzkr Friedrich von Lothringen.
Vgl. die in Anm. I zitierie Lit. Ahb. z.B. bci A. BRACKMANN, Papsturk. (1914).
In allen modernen Arbeiten über das Kardinaikollegium seit J.M. BRixius, Die Mirgiieder
des Kardinaikollegiunis von 1130-1181 (I)iss. Strallburg 1912) bilden die Unterschriften in den
feierlichen Privilegien eincn wichtigen Beleg hie die Anitszeiten und dieTtigkeit der Kardinàle
Dabei handeit es sich freilich gcnau genommen nur um die Wiederaufnahrne der schon ins 16.
Jh. von Onufrio PANVINLO und Arigelo MASSARFL1.O angewandren Methode, vgl. P. KEHR,
Diplomatische Mis,ellen (in: Nachr. Gôtt. 1898, jetzt auch ND in: ders., Papsturk. in Italien
1 [1977; Acta Ronianorum pontifictini I] S. 505ff. zu Massarello und ders., in: Nachr. Gôtt.
1901 = NI) Bd. 3 S. 1ff. zu Panvinio.
In den Archivberichten des Gôttinger Papsturkundenwerkes sind die Freizeikn fasi. von
Anfang an in ihrer l3cdcutung erkanrst worden. Das erste Beispiel einer entsprechenden I)ruck-
weise isi Hadrian IV. von 1156 Jan. 25 fOr S. Matteo in Pisa, cd. P. Ku-iR, Papsturk. in Pisa,
Lucca und Ravenna (in: Nachr. GOu. 1897 = ND Bd. I) S. 202 Nr. 7.
" VgI. Hùi.s S. 77ff.
Feterliche l'rivilegien mit divergierenden Kardinalslisten? 241
12 Vgl. Z.B. V. PFAFF, Die Urk. Papst Coelestins 111. mit Kardinalsunterschriften 1191-1198
sorum martirum Albini et Rufini, cd. R.N. TI-IOMSON, Tractatus Garsiac or The Translation
of the Relics of SS. Gnld and Silver (Lciden 1973; Textus Minores 46), allgemein jetzt M ALECZEK
S. 253-263.
J5 P.M. BAUMGARTEN, Miscellanea diplomatica (in: Rômische Quartalschrift fUr chrisci.
Alreriumskunde 27, 1913) S. 85-128, S. 96ff.; R. VON HECKEL, Unters. 7.0 den Rcgistcrn Inno-
zenz' III (in: HJb 40, 1920) S. 19 Anm. 2.
16 Zwei friilsc Beispide sind die heiden Or. von ,,MilitesTempli Hierosolytnitani' von (1154)
Jan. 25, cd. R. 1111-STAND, Papsrurk. fUr Templer und Johanniter (1972; Vorarbeiten zum Or] cils
poritificius 1, Abh. Gott. Phil.-hist. KI. Dritte Folge Nr. 77) S. 224 Nr. 20 und Quam arnabilis
Deo" fUr die Johanniter von (1156) Apr. 27, cd. J . DELAVILLE L1 7 ROULX, Cartulaire général de
l'ordre des Hospitaliers de St-Jean dcJérusalem I (Paris 1894) S. 183 Nr. 243 mit zwci erhaltenen
Or. in Marseille, Archives départementales, und eincm verlorenen Or., das sich einst im Archiv
von La Valletta hefand. Voraus geht zeitiicli der von RAMACKFRS, Papsturk. in Frankreich 6
(1958, Ahh. Gôtt. Phi].-hist. Ki. Dritte Folgc Nr. 41) S. 38 und Anm. 5 aufgc7cigte Fait der
Urk.J1. 5470 von 1092 Nov. 24 f iir Vendôme, wo zuni Or. einc von gleicher Hand geschricbene
Kopie s. XI vorhanders ist, und vor allem ]IL 5134 fUr St-Victor in Marseille mit cinem Or. in
242 Rudolf Hiestand
I.
Fur dis feierliche Privileg Paschalis' II, ,,Piae postulatio voluntatis" von
1113 Februar 15, die erste bekannte Papsturkunde fur dis Hospital in Jeru-
salem ii berhaupt, kônnen insgesamt fiinfzehn Ùberlieferungen nachgewiesen
Minuskel und einem zweiten in Kursive, vgl. W. Witouu-tot.v, Papsiurk. in Frankreich 4 (in:
Nachr. Gott. 1907 Beiheft 2 = ND in: ders., Papsturk. in Frankreich [Città del Vaticano 1985;
Acta Romanorum pontificum 6]) S. 47 und Anm. 9, und P. RAIIIKAUSKAS, Die romischc Kuriale
in der pipstlichen Kanzlei (Roma 1958; Miscdllanea Historiac Pontificiae 20) S. 126 und Anm.
124. Die Frage, weshalb hier zwei Or. und in unterschiedlicher Schrift ersiellt wurden, bleibt
bei beiden Autciren unerôrtert. Prinzipidll ist selbstverstiindlich die Frage der Doppelausf. von
Parallelausf. des gleichen Textes fûr vcrschiedene Empfnger zu trennen.
Vgl. z.B. Omnc datum optimum" von 1163Juni 18 (JL 10897) fur die Templer mit einem
Or. in Barcelona, Archiva de la Corona de Aragôn, S. Juan de Jerusalem, und rinem zweiten
in Paris, Archives Nationales, L 230 Ne. 13, vgL R. HIESTAND, Papsturk. fur Templcr und Jo-
hanniter. NF (1984; Vorarbeiten fûr den Oriens pontificius 2, Abh. Cati. Phil.-hist. 1(1. [)riue
Folge Nr. 135) S. 72 und passim. Bci der Urk. Clemens M. von 1190 Juni 21,JL 16512, It.
Pont. 6,1 S. 375 Nr. 46 handelt es sich um die Besttigung ciner zwischeri zwci Kirchen von
Bergamo vereinbarten Verbrùderung, von der jede Partet cin Exemplar erhielt. Zwei Or. sind
auch von JL 9817 hergestellt worden, von denen eines wohl fur Glarifeuil, das andere fûr Mon-
tecassino bestimmt war, heute aber beide in Montecassino liegen (h. Pont. 8 S. 181 Nr. 264
von 1154 Jan. 13).
111 Vgl. etwa Vorarbeiten 1 (wir Anm. 16) S. 418 Nr. 243.
Feicrliche Privilcgicn mit divcrgierenderi Kardinalslisten? 243
werden, von denen aber fur die Priifung der Unterschriften nur acht beriick-
sichtigt werden mùssen. Vier gehen unmittelhar auf eine erhaitcne Obertie-
fening zurtick oder sind Druckwerken entnomrnen, die ihrerseits auf
bekannten Kopien beruhen, zwei sind vcrloren, eine siebente stammt zwar
schon aus dem 14. Jahrhundert, weist aber keine Unterschriften auf und
scheidet daher fùr diese Fragestellung ebenfalis aus' t . Trotz des relativ hohen
Alters der Abschrift ist dieser Verlust aber leichter zu verschmerzen, weil
ein Vergleich des Textes eine enge Verwandtschaft mit einer anderen Kopic
zeigt, die ihrerseits mit Unterschriften versehen ist.
An erster Stelie in der Oberlieferung steht das heute in den Schaukàsten
der Malta National Library in La Valletta ais besondere Kostbarkeit den
Besuchern gczeigte Original. Sowcit die Ùberlieferungsgeschichte geklirt ist,
gehôrt es zu den aus dem ehemaligen Zentralarchiv im HI. Land stammenden
Stucken, die, vom Ende der Kreuzfahrerstaaten bis in die Mitte des 17. Jahr-
hundcrts an abgdegenem Orte aufbewahrt, bis dahin fir die Ordenshisto-
riographie nicht benuczt werden konnten 20 . Daher mufl die àlteste erhaltene
kopiale Ùbcrlieferung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts im Cartulario
magno [D], das auf Befehi des spanischen Ordensmeisters und spateren
Grofrneisters Juan Fernandez de Heredia mit Hilfe der aragoncsischen
Archive angelcgt wurde 2 ', entweder direkt oder indirekt auf cine xioch in der
syrischen Zeit des Ordens erstellte und ins Abendiand verbrachte Kopie
zuriickgehen, wofiir wir sonst jedoch keine Beispiele haben, oder auf cm
zweites, damais im Westen liegendes Original. Mit dieser Kopie des 14. Jahr-
hunderts geht die bereits erwahnte Abschrift des 14, Jahrhunderts ohne
Unterschriften, die in einerToulouser Handschrift jiberliefert ist [E], tcxtlich
in so vicicn Eirizelheiten parallel, da g sic aus cincr gerneinsamen Voriage
abzuleiten sein diirfte 2 . Die jûngste tJberlieferung dieser G ruppe schIiefiich,
freilich bereits eine Mischform, steht im sog. Builarium primurn des 16. Jahr-
hundcrts in La Vailecta [H], das zwei andere, heute verlorene BuUarien ais
Nicht 7.0 berùcksichtigen sind fur dicte Unters. die Abschrifsen itt Sebastiano PAOLI, Bul-
larium Melitense vol. I P. 6 Lucca, Biblioteca Statale (friiher Biblioteca governativa), mss. 988
sus dcm Or. in 1.a Valletta; Jean RA y Es p uu, Histoire du Grand-Prieuré de Saint-Gilles vol. II.
p. 13 Aix-en-Provence, Bibliothèque Méjanes, mss. 339 (859) aus dem Druck bei Giacomo
Bosio, Dell'lstoria della sacra religione ed illustre mihzia di S. Giovanni Gierosolimitano I
(Vcnczia 31694) S. 147; und (Anon.) Raccolta di boue, diplomi e documenti van dell'Ordinc
Gerosolimitano e del Gran Priorato di esso in Messins Palermo, Biblioteca comunale, mss. Qq.
H. 203 f. 149 aus dem Druck bei MAN5I 21.
20 JL 6341, vgl. jetzt die neuc Edition in Vorarbeiten 2 S. 194 Nr. 1.
21 Cartulanio inagno vol. 2 S. 78 Madrid, Archivo Hist6rico Nacional, Secciôn Codices 649
Quellen angibt, einen liber perganzeneks non autenticus - vermutlich des 15.
Jahrhunderts - und einen liber deauratus - wohl des 16. Jahrhunderts2.
Das Original und das Bullariurn primum weisen mit chier noch zu erwh-
nenden Einschriinkung iibereinstimmend folgende Unterschriftenliste auf:
Ego Paschalis catholice ccclesie episcopus ss.
Ego Richardus Albanensis episcopus ss.
Ego Landulfus Beneuentanus archiepiscopus legi et ss.
Bullarium primum s. XV! La Valleua, Malta National l.ibrarv, Archives of the Order of
St. John of Jcrusalcm, Vol. 1126. vgl. P. KENR, Papsturk. in Malta (in: Nachr. Gôtt. 1899 =
ND Bd. 2) S. 378 und J. Mizzi -A. ZAMMI1'-GABARETrA —V. BoftG, A Catalogue of tue Records
of the Order of St. John of Jerusalem in the Royal Malta Library 7 (La Valletta 1964) S. 5ff.
Zu dcii beiden verlorcnen Bullarien vgl. vorcrst Vorarbeiten 2 S. 16.
24
Vgl. die Zusanimcnstcllung bei Hurs S. 45-77.
Feicritche Privilegien mit divergierenden Kardinajslisten? 245
nale in Palermo [L], wo sich das Priviieg Paschalis' II. gleich zweimal, freilich
ohnc den sonst iiblichen ausdriicklichen Herkunftsverweis findet 28, ferner
zwei Abschriftcn von Anne de Naberat in Lyon und in Paris [1] 29 und zwci
Einzelkopien des 17. Jahrhunderts in Madrid [K]30.
Die Unterschriftenliste umfatt in diesen Abschriften, in denen einc Glie-
derung in Kolumnen oder auch riur die Andeutung einer soicheri in der jewei-
ligen Vorlage fehit, - unter Auflerachtlassung von kleineren Abweichungen
in der Reihenfolge und von orthographischen Varianten 3' - die foigenden
Namen:
Stan acht Namen - aufler dem Papste - sind es hier zwôlf, wobei aile drei
Gruppen aus dem Kardinaikollegium, nicht aber die der Diôzesanbisch&e
an Zahi groLer geworden sind. Neu treten hinzu Bischof Petrus von Porto,
Kardinaipriester Petrus von S. Maria in Trastevere, Kardinaldiakon Gregor
von S. Angelo und der Kardinaldiakon Ionathas, fur den keine Titeikirche
genarint wird.
Dabei gibt es freilich selbst zwischen den beiden Listen Amicos einige
Varianten. Wahrend in der ersten Abschrift Amicos (f. 39) die Unterschriften
von Petrus von Porto und Petrus von S. Maria in Trastevere erkennbar nach-
getragen worden sind, ist die zweite (f. 314) aus einem Gu g geschrieben. Hier
folgt aber Petrus von Porto erst nach dem Kardinaipriester Gregor von
S. Grisogono, und der Kardinalpriester Petrus von S. Maria in Trastevere
wird zwischen die beiden letzten Kardinaldiakone eingeschoben.
Elne synoptischc Gegeniibcrstellung crgibt folgcndes Bild:
Untcrschriften Ong. D H I K L 1 L2
Paschalis II. 1 1 1 1 1 1 1
Calixt 11. 2 2 2
Vict(or IV.) 3
Richard y . Albano 2 2 3 3 4 3 3
Landulfv.Bcnevent 3 3 4 4 5 2 2
Cono y. Praeneste 4 4 5 5 6 4 4
Petrus v. Porto 10 11 5 9
Anastasius S. Clemente 5 6 6 8 9 8 7
Gregorv.Tcrracina 6 5 7 6 7 6 5
lohannesv.Milcto 7 8 8 7 8 7 6
Gregor S. Grisogono 8 7 9 9 10 9 8
Petrus S. Maria Trastevere 13 14 10 12
GregorS.Angeio 11 12 11 10
Ionathas 12 13 12 11
Romuald 9 9 10 14 15 13 13
I)af das Fehien von vier Narnen in der ersten Gruppe auf Schrcibfehler
gegenuber eincr gemeinsamen Vorlage zuriickgehe, kann ausgesch!ossen
werden, weil sie auf dem Original in La Valletta nicht erscheinen. Sic kônnen
also nur einen Zusatz zuni bckannten Original darstellcn, doch ist die Fragc
zu stellen, woher dieser stamrnt. Chronologisch bietet unter den neucn
Namen keine Schwierigkeit die Nennung von Bischof Petrus von Porto, der
von 1102 bis in die Zeit des anaklctianischen Schismas lange Zeit ein fiihrcn-
des Mitglied der Kurie war, ais Legat in Bcnevent, in Venedig und vielkicht
im Hl. Land und lngere Zeit ais Vikar in Rom wirkte32. Gregor von S.
Angelo, der ki.inftige Papst Innozenz II., ist bisher erst seit dem 24. Mai 1116
bezeugt33. Da sein Vorgiinger Berardus jedoch, der am 1. Scptember 1107
32
VgI. KIEWITZ, F.ntstehung (wie Anm. 2) S. 119f. (NE)); L. PLLEGR1NI, Cardinali c curia
sono Callisto Il (1119-1124) (in: Contribuli delI'Istituto di storia rnedicvale 2, Milano 1972)
507-556 S. 516f.; 1-ItJLS (wic Anm. 2) S. 122-124; ZENKEP. (wic Arsm. 81) S. 25 Nr. 7. Durçh
die Arbeit von HOLS ist E. OhERMAY.R-MARNACH, [)as Kardinalkollegiurn in der Zeit von
1070-1130. hn Beitr. zur Gcschichte des Kardinalats (Diss. Wicn Mschr. 1948) überholt.
KLEWIIZ, Entstehung S. 133; PEILEGRe'H S. 524f.; I-IIJLS S. 223f.; T1IJMANN, Ricerche (wie
Anm. 37) S. 330-334.
248 Rudolf Hiestand
zurn letztcn Mal unurschrieb und wohl nach 1109 Sept. 7 zum Kardinaiprie-
ster von S. Grisogono erhoben wurde, bereits 1 110 zum Bischof von Marsico
promoviert worden war 34 , steht der Annahme nichts im \Vege, da g Gregor
schon vor 1116 erhoben wurde, und sie liefle sich noch dadurch stiitzen, da1
in den Akten der Lateransynode von 1112 neben dem mit Gregor von
S. Eustachio identifizierten Abt von S. Andrea noch ein weiterer Gregor
unter den diaconi genannt wird 3 , bel dem es sich entweder um den nur im
J ahre 1113 einmal sichcr bezcugtcn Gregor von S. Lucia in Septisolio oder
eben um Gregor von S. Angelo handein kônnte36.
Anders verhi1t es sich mit Petrus Leonis von S. Maria in Trastevere und
dem Kardinaldiakon Jonathas. Petrus Leonis, der spatere Anakiet Il., wohl
1120 Juni 12 erhoben, ist von 1120 Juni 16 bis 1129 Apri! 10 bezeugt 37 , vih-
rend am 10. Mai 1114 noch ein Henricus ais Kardinaipriester von S. Maria in
Trastevere auftritt 3 . Man mù(te aiso nach dem zwischen ca. 1107 und 1109
nachgewiesenen, vielleicht zu S. Maria in Trastevere zu stellenden Odeiri-
cus 39 , fur ganz kurze Zeit einen Petrus ais Inhaber der Presbyterie annehmen,
dem nach einem Heinrich cin zweiter Petrus folgte. Da der Naine Petrus
nicht selten ist, laft sich eine soiche Erklarung nicht vèilig ausschliclien, den-
noch bleiben erhebliche Zweifel; denn an der Lateransynode wird Petrus (1.)
nicht erwhnt, freilich auch Heinrich nicht. Ganz âhnllch liegen die Daten
fûr jonathas. Von 1121 Januar 340 bis 1129 Mrz 24 4 ' crscheint in den feier-
lichen Privilegien hiufig ein viei!eicht 1120 Dez. 18 kreierter Kardinaldiakon
Jonathas von SS. Cosma e Darniano, dem aber ais Inhaber diesel- Titeikirche
Petrus Leonis vorausgeht, der von 1113 Oktober 16 bis 1120 Mai 21 nach-
zuweisen ist und, wie crwhnt, 1120 Juni 12 zum Kardinaipriester promo-
viert wurde 2 . Auch hier miilte ganz kurz vor und kurz nach der Aussteilung
des feierlichen Privilegs fur das Hospital in Jerusalem ein Wechsel stattge-
VgI. KI.rWITL, Ernstehung S. 133; JL 6165, h. Pont. 7, 1 S. 333 Nr. 17; Huis S. 222.
' Const. 1 S. 570 Nr. 399 (S. 572).
k, Die Stelle in den Akten der 1.ateransynodc lautet: Diaconi veTo lohannes abbas Sublacensis,
Johannes Gaietanus, abbas sancti Andree, Leo, Gregoru4s, ,4Ido... Zu Gregor von S. Lucia in
Septisolïo vgl. I-lOis S. 229f.
'' Kuswrrz, Entstehung S. 131; H. TILLMANN, Ricerche su!l'origine dei membri dei collegio
cardinalizio ne[ XII secolo 2 (in: Rivista di Storia della Chiesa in Italia 26, 1972) S. 323 Nr.
5; It. Pont. 3 S. 322 Nr. 14.
It. Pont. I S. 128 Nr. 3; vgl. KI.rwITz, F.ntstchung S. 122; HULS S. 189.
JI Kiiwirz, Eatstchursg S. 121f.: I-1ULS S. 215 Nr. 15 Iehnt die 7.uwcisung zu S. Maria in
Trastevere ab.
JL 6886, Huis S. 68 Nr. 162.
' JL 7364. Huis S. 76 Nr. 209.
42 KLEWIlz, Entstehung S. 131 Nr. 5; TLLI.MANN, Ricerche (wic Anm. 37)S. 323 Nr. 5; Huis
S. 225. Die erste Unterschrift in Ii. Pont. 9 S. 205 Nt. 11, NULS S. 61 Nr. 113; die Ietzte in
JL 6849, HULs S. 67 Nr. 155.
Icierliche Privilegien mit divergierenden Kardinalslisten? 249
gefunden haben, wobei der friihere Inhaber (Jonathas [I.]) nur ein einziges
Ma!, eben am 15. Februar 1113, auftreten wurde, dann aber 1121 ein Naniens-
vetter Joriathas (II.) folgtc, wàhrend noch 1112 Juni 19 mm feierlichen Privileg
hir S. Maria Latina in Jerusalem cin Kardinaldiakon Hugo von SS. Cosma
e Damiano aufgefiihrt wird43.
Wcnn die Nennung des Bischofs Petrus von Porto fur Februar Il 13 keine
Problerne aufwirft, derjenigen von Gregor von S. Angelo keine grôferen
Bedenken entgegenstehen, so passen die beiden anderen Namen eigentlich
erst in den Pontifikat Calixts II. Ein soicher Zeitansatz wurde urngekehrt,
wie wir gcsehcn haben, auch fùr die beiden erstcn zusàtz!ichen Unterschrif-
ten keine Schwierigkeiten berciten, weil Bischof Petrus und Gregor von der
Zeit Paschalis' II. über den Tod Calixts II. hinaus bekannt sind. DaiiJonathas
von SS. Cosma e Damiano und Petrus von S. Maria in Trascevere anderweitig
erst seit detnJahr 1120 bzw. 1121 auftreten, legt sogar nahe, cher an die zweite
H1fte des Pontifikats Calixts II. zu denken ais an den Beginn. Andererseits
ist es aber auch nicht môglich, die ganze Liste von zwôlf Namen in die Zeit
Calixts II. zu verlegen, denn Richard von Albano (t vor 1115 November 23)
und Gregor von S. Grisogono (t 1113 Novernber 30) sind noch umcr Pascha-
lis II. gestorben44.
Esmacht daher den Anschein, dafs die vier zusàtzlichcn Namen der zwci-
ten Ùberlieferungsgruppc in Wirklichkeit iiberhaupt nicht zuni feierlichen
Privileg Paschaiis' II. gehôren, sondern erst rund cin Jahrzehnt spter hin-
zugefiigt wurden. Wie ist es aber zu erkliircn, dat sie in einer Reihe von
Kopien mitten unter den anderen Unterschriftcn stehen? Zwei Môglichkei-
ten ergeben sich: Entwedcr bat ein spiter Abschreiber sic eincr anderen
Papsturkunde entnommen, und seine Textgestaltung bat dann immerhin so
gro1e Verbreitung gefunden, daf heute sekundiire Kopien in Sizilien, Frank-
reich und Spanien nachzuweisen sind, in deren Uberlieferungszusammen-
hang freilich sonst keine irgendwie gearteten gegenseitigen Abhmingigkciten
festzustcllen sind. Oder sie sind auf cinern zweitcn bzw. dritten nicht mehr
erhaltenen Original Paschalis' II., das dann die Vorlage fi.ir die zweite Gruppe
gab, Oder auf einer zeitgenussischen Nachzcichnung eingefiigt worden. 1m
zweiten Fail wren die Unterschriften nachtràglich eigcnhiindig auf der Vor-
lage geleistet worden, 1m ersten mùtte eine heute verlorene, vermutlich
R. F{IFSTAND, Papsturk. fur Kirchen im I-11, lande (1985; Vorarbeiten zum Oriens pon-
tificius 3, Abh. Gôu, PhiI.-Hist, K!. Dritte Folge Nr. 136) S. 112 Nr. 12. HULS S. 60 vermulet,
dalleine Kontamination vorliegt, weil er fur Petrus Lconis cine F.rhehung hereits 1112 annimmt
und zwar cher im Friihjahr, doch iiberzeugt dies nicht. Ein Beweis fehit. 7.0 Jonathas vgl. HuLs
S. 225f. undTliLMANN, Ricerche 3 (in; Rivistadi Storia della Chiesa in ltaIia29, 1975) S. 393f.
Zu Richard von Albano vgl. NULS S. 91ff. Er wird 1115 Nov. 23 aIs bene mentor,e bezeieh-
net. Zu Grcgor von S. Grisogono vgl. ebd. S. 175.
250 Rudolf Hiestand
gleichiaucende Urkunde Caiixts II. angenommen werden, aus der die vier
Unterschriften stammen, wahrend die anderen acht in der Urkunde Calixts
enthaltenen Unterschriften sich schon auf dem Privileg Paschalis' il. befan-
den.
Obwohl man vorerst geneigt ware, eher die zweitc Lôsung in Betracht zu
ziehen, die den seltsamen Befund auf das Wirken cines um Kanzieiregeln
unbekiimmertcn Kopisten zuriickfiihren lieBe, mahnen neuere Arbciten zur
Vorsicht. Je weiter namlich die Untersuchung der Papsturkundcn fortschrei-
tet, desto deutiicher wird, dafl gegeniiber den scheinbar so unverruckbar
festen Regein immer wieder gewichtige Ausnahmen vorkommcn. Dazu
gehôren in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts gerade nachtrgliche
Unterschriften. DaË gelcgentlich Unterscliriften kurz zuvor verstorbener
Kardinàie anzutreffen sind, hat bereits Brixius nachgewicsen und mit Recht
auf den zeitiichen Abstand zwischcn Actum und Datierung verwicsen4,
Doch auch der umgekehrte Fali ist vercinzclt zu einem scbwierigen Problem
fur das discrimen veri ac falsi geworden. Ein in semer Echtheit umstrittenes
feierliches Privilcg fur das Kioster auf dem Berge Thabor ist an anderer Stelle
behandeit worden45 ; f r den Pontifikat Calixts II. bat RAMACKF:RS zwar die
zum Tell aus der Chronologie herausfallenden Namen auf einem feierlichen
Privilcg fflr die Abtei Marchiennes, das im Original erbalten ist, ais sptere,
recht gut gelungene Nachzeichnungen echter Unterschriftcn erweisen k6n-
nen46 . Doch kiirzlich hat Mary C. CHENEY auf ein weiteres Stikk, ein fei-
erliches Privileg Calixts II. fur York von 1120 Màrz J147, hingewiesen, auf
dem die grofe Gestalt des Kardinaikoliegiums in diesen Jahren, der Kardi-
nalbischof Cono von Praencste 48, mit Unterschrift erscheint, obwohl er zum
Ausstellungszeitpunkt in keinem Fali an der Kurie anwesend war 49 . Hugo
44' BRIXIUS (wie Anm. 9) S. 15 und BRESSLAU (wie Anm. 1) 2 S. 463 Anm. t, 474f. Vgl. auch
W. HOLTZMANN, Papsturk. fir England 2 (1935; Abh. Gott. PhiI.-Hist. KI. Dritte Folge Nr.
14) S. 151 Nt. 14.
' Ed. Vorarbeiten 3 S. 92 Nt. 5.
' J RAMACKERS, Ist das Privileg Catrxts 11. aus dem J 1123 fur Marchiennes original? (in:
. .
Revue belge d'histoire et de philologie 16, 1937) S. 183-189.
' JL 6831, cd. U. ROBERr, Bullaire du Pape Calixte 11 (Paris-Besançon 1891) 1 S. 227 Nr.
154. Ebd. 1 S. 125 Nr. 86, von ROBFRT fàlschLich mit dem bei JL ,,crfundenen" Stuck JL 6767
gleichgesetzt, isi nur cin Auszug aus JL 6831, vgl. jetzs M.C. CwNrY (wie Anm. 49).
Zu Cono von Praeneste vgl. Th. SCHIF.ITER, Die pàpstlichen Legaten in Frankrcich 870-
1130 (1935; Hist. Stud. 263) S. 198-222; HOi s S. 113-116 und R. S0MFRvII.LE, The Councils
of Pope Calixtus 11: Reims 1119 (in: Proceedings of the Fifth International Congress of Medieval
Canon Law 1976, Ciuà del Vaticano 1980) S. 46-49.
M.C. CIIENEY, Some Observations on a Papal Privilege of 1120 for the Archhishcsp of
York (in: Journal of Eccicsiasrical History 31, 1980)S.429-439,S.433. Vgl. auch C.R. CHENs'Y,
Medieval Tests and Studies (1973) S. 57, 1-IÛLS S. 114 nahm zwar offensichtlich an, Cono habe
sich nach der Trennung von der Kurie in Sens wegen einer neuen Legation Anfang Dcx. 1119
Feicriiche Privilegien mit divergierenden Kardina1sIistn? 251
Cantor hat eine 1ebendge Schilderung der Szene hinterlassen, wie der rang-
ilteste anwesende Kardinalbischof Lambert von Ostia eine Zeile fur die
Unterschrift Conos offen1ie1, dem der Erzbiscliof Thurstan dann nach
Nordfrankreich nacheilte und dabei woFil sich die jetzt enthaltene Unter-
schrift nachtragcn 1ief. Auch oberitalienische, un Original uberlieferte
Bischofsurkunden der gleichen Zeit zeigen das gleiche Vorgehen 51 , und aus
dem Kônigreich Jerusalem liegen aus der Zeit Balduins 1. (1100-1118) und
Balduins U. (1118-1131) in dieser Hinsicht auffillige Befunde vor52.
Gegen eine erst durch spàte Abschreiber vorgenornnicne Kontamination
von zwei getrennten Urkunden sprechen weitere Bcobachtungen. Nicht nur
die Unterschriftenliste weicht von der Gruppe I ab, sondern auch die Datie-
rung. Dabci verschiebt sich freilich die bisher geltende Eintcilung der Uber-
lieferung, denn das Bullarium primum gehôrt hier zur zweiten Gruppe, wh-
rend umgekehrt die Abschriften von Amico mit der crsteri Gruppe zusam-
mengehen. Unter der Unterschrift Paschalis' II. und damit noch vor den Kar-
dinilen und Diâzesanen liest man in der Abschrift der Sammiung Naberat:
Ego Czlixt,is catholice ecclesie episcopus confirmavi (ss.), und rechts von der
Unterschrift der beiden Ppste, wo kanzleigemâR das Benevalete-Mono-
gramm sein mùfte, steht symmetrisch zur Rota Paschalis' II. die Rota Calixts
II. mit der Inschrift ,,Verbo domini ccli firmati surit", d,h. mit der Devise
Paschalis' II. statt ,,Firmamentum est dominus tirncntibus eum", wie es rich-
tigerweise fur Calixt H. lauten rniifhe 33 . Wàhrend dieser Fehier gewi g einem
Kopisten zuzuschrciben ist, stammt die Formulicrung confirmavi in der
Unterschrift Calixcs II. kaum von einem soichen, demi es bestand kein
Grund, selbstàndig die Vorlage abzuàndern. Vorsichtigcr wàrc es, wolltc
man an cine Fàlschung oder VerHlschung denken, in jedem Fail gewesen,
auf einen solchen Zusatz zu verzichten.
dennoch mi N1ar. 1120 in Gap in Sûdfrankreich aufgehalteri, ani 18. Apr. 1120 freilich bereits
wicder in Senlis. Doch Ia1t sich dies nicht halten. VgI. Anm. 50.
'° 11ugh the Chantor, The His tory of the Church of York 1066-1127, cd. Ch. Jol tNSON (Lon-
don 1961), S. 90; Scriptum przv:/egiun domino pape allatum est. Quo perlecto epse manu sua
sc-rzps:t. Dcmde Ostiensis episco pus suhscribcns sic ait: 'Spacium proxime dommum papam ad
sribendu,n domino Prenestino reservo, quia pi-for meus est.'
'' Vgl. die Urk. von Bischof Richard von Novara von 1118 über die Schlichtung eines Streits
zwischen dem dortigcn Kathedraikapitel und der Kollegiatskirche S. Gaudcnzio in Novara, auf
der auf die Unterschrift von Richard dtejcnigc seines Nachfolgcrs Btschof 1.ittifredus (vor 1125-
1129 Apr. 30) folgt und spter (ca. 1135-43) auch noch der Kardinaldiakon Hubald (von S. Maria
in Via lata) seine Untcrschrift hinzufûgte. cd. F. GAB0T1'o u.a., Le carte dclI'archivio capitolare
di S. Maria di Novara 2 (1915; Biblioteca della Socictà storica subalpiria 79), S. 194 Nr. 703
und It. Pont. 6/2 S. 61 Nr. 1, 62 Nr. 5.
12
R. RÔHRICt-JT, Rcgesta regni Hierosolymitani 1100-1291 (= RRI-1) (1893; Additamentum
1904) Nr. 90a; cd. DELAVILLF., Cartulaire S. 45 Nr. 53; vgl. unten.
13 VgI. JL 1 S. 702 und 780.
252 RudoiE Iliestand
' JL 7005.
" Mit der Variante /.rnwsmodi privilegium statt hoc privilegium im Buliarium primum.
Feterliche Privilegkn mit divergierenden Kardinalslisten? 253
Siehe oben S. 243f. Die beiden Hs. stammen, wie sich aus den Verweisen im Bullarium
primum crschlie gcn 1a9t, aus dciii 15. hzw. 16. Jh., sind alto nur unwescntlich iLcer alt Bullarium
primum selhst.
Il J.B. n Rossi, Inscriptiones christianae urbis Romac 2/1 (Roma 1888) S. 434 Nr. 98, vgi.
HULS S. 123f.
254 Rudolf Hiestand
war jedoch bereits 1122 Mai 16 zuriick und weilte auch 1123 April 6 an der
Kuric 58 . Gregor von S. Angclo gehôrte 1122 zusarnmen mit Bischof Lambert
von Ostia und Kardinaipriester Saxo zut Legation, die dits Wormser Kon-
kordat abschlof, doch im Gegensatz zu seinen beiden Gefahrten kehrte er
sofort nach Rom zurtick, wo er um den 13. Dezember 1122 anwcscnd war59.
Erst nach 1123 April 6 trat dagegen Jonathas seine Legatenreise nacli Siena
an 60 . Gegen eine Anwesenheit an der Kurie am 8. Januar 1123 erbeben sich
so fûr keinen der vier Kardinale, deren Unterschriften sich zusammen mit
einer Datierung von diesem Tage auf den Abschriften der Gruppe 11 finden,
auch nur leichteste Vorbehalte.
Trotz aller Bedenken bleibt heim heutigen Stand unserer Kcnntnisse nur
die Annahme, da g die Johanniter unter Calixt II. - vielleicht irri Zusamnien-
hang mit einer Entsendung von Almosenkollektoren in den Westen 6 " - an
der Kurie fur ihr friiheres Privileg vier zustzliche Unterschriften von Kar-
dinàlen erhielten und da g danri eine Untcrschrift des neuen Papstes und eine
entsprechende Datierungsangabc hinzugefùgt wu rde 62 . Auf ein soiches ,,Ori -
gifla1", auf dem die vier zustziichen Unterschriften auch schon âuflerlich
abgehoben sein mu{ten, wiirden sich die oben erwàhnten verschiedenen
Erweiterungsformen der spàteren Abschriften aufdem Wege über Zwischen-
glieder zuriickfiihren lassen, in denen die acht urspriinglichen und die vier
neuen Untcrschriften zusammengefaft wurden. Da g mit einer soichen
Hypothese freilich eher mehr Fragen aufgeworfen ais beantwortet sind, sel
nicht vcrschwicgen. Es ist z.B. nicht zu erkennen, weshalb im Januar 1123
gerade die vier genannten Mitglieder des Kardinaikoliegiums nachtrg1ich
oder zusatz!ich unterschrieben. Wenn sie in den feier!ichen Privilegien nach
den jungsten Untersuchungen von PELLEGRINI und HULS keincswegs zum
engsten Kreise des Papstes zu zàhien scheinen 63 , so fl1t doch auf, in welchcm
Ma g e sie in diesen Jahren an wichtigsten Legationen betciligt waren und
daher auf ,,internationaler Ebene" Erfahrungen besaflen 64 . Dcnnoch gab es
eine Reihe weiterer Kardinale, die sowohi im Mai 1122 wie auch im April
1123 ais den beiden zeitlich nkhstgelegenen Ausstellungszcitpunkten von
JL 6974 und 7056, tgI. H. TULMANN, Die pipstIichcn Igien in Engiand bis zur Been-
digung der Legation Gualas (1218) (Dits. Bonn 1926) S. 26d.
' JL 6995; vgl. O. SCHUMANN, Die papsilichen Legaten zut Zeit 1-leinrichs 1V. und Hcinrichs
V. (Diss. Marburg 1912) S. 118.
150 Letzter Beleg vor semer Abreise: JL 7056; 1-JULS S. 226 und It. Pont. 3 S. 153 Nr. 33.
JL 7089, cd. DELAVIIEC, Cartulaire I S. 39 Nr. 47.
1,2 In der Tatsache, dail hier Untcrschriften in einem anderen Pontifikat ais dem des urspriing -
lichen Ausstellers hinzugefiigt wurdcn, liegi der grundsaizliche Unterschied au den Stucken
fur den Thabor und ftir Marchiennes (vgi. oben Anm. 45 und 46).
PELLLGRII'JI (wic Anm. 32) passim; Huis (wie Anm. 2) passim.
14 Vgl. oben S. 253f.
Feierliclie PrviIegicn mit divergierenden Kardin,tlslisten? 255
115 Zu Bisehof Vitalis von Albano vgl. Hui sS. 95L, '.0 Kardinaipriester Gregor von S. Lorenzo
in Lucina ebd. S. 182.
RRH (wie Anm. 52) Nr. 90a; cd. DELAVILLE, Cartulaire I S. 45 Nr. 53. In ihnlicher Weise
ist vielleicht auch die bisher ais verdcrbt verworfcnc Fassung der Urk. Tankreds von Antiochia
fur die Konsuin von Genua zu werten, auf der nnc Bestiitigungsunterschrift von Fürst Roger
von Antiochia erscheint, RIU-1 Nr. 35,ed. F. UGHELLI, Italia sacra (Venetiis 1717-1722),4 S. 848,
256 Rudolf Hiestand
Quelle verwendet wurde 67 . Auf Siiditalien kônnten freilich auch die beiden
Kopien in Madrid zurûckgeherF, da uniihcrsehbare Zusarn!nenl1inge zwi-
schen den Bestiinden des Gropriorats Navarra, in denen sic sich heute befin-
den, und dem Grofpriorat Messina bestehen 6R . Dennoch bleibt diesel- Zusatz
vorlaufig unerkhirbar. Soute Viktor IV. — etwa gleichzcitig mit dem kleinen
Privileg ,,Quam amabilis" vom 29. Novernhcr 1159 1;1 — die Johanniter semer
Gunst durch die Bestàtigung der Verfiigung Paschalis' II. bzw. Calixts II.
versichert haben? Aber weshalb wiihlte man dazu das vom Unifang der zuge-
standenen Rechte weitiiherholte Stiick von 1113 und nicht dasjenige von 1 154
Oktober 210?
Die Untersuchung der tiJherlieferung hat also ergeben, daf erstens vom
feierlichen Privileg Paschalis' Il. eine zweitc Ausfertigung des Originals oder
cine sehr friihc Kopie in den sùdfranz6sisch-aragonesischen Ordensarchiven
vorhanden war, aus der sich die Kopien im Cartulario magno und in der
Handschrift von Toulouse ableiten. Andererseits schcint Calixt IL das Pri-
vileg Paschalis' II. in eincr gan7. ungew6hnlichen Form bestiitigt zu haben,
die nur wenige und auch nur teilweise, in der pàpstlicheii Kanzlei nach unse-
rem bisherigen Kenntnisstand überhaupt kcinc Parallelen hat. Schon ihre
iuerc Anordnung, die von den spteren Kopisten nicht mehr in ihrer Ent-
stehung verstanden wurdc, fiihrte zu einer Reihe von untercinander stark
abweichendcn Abschriften. Diese heute vcrlorcne Vorlage, ciii drittes Ori-
ginal oder einc fruhe, in den Westen geschickte Nachzeichnung, kann jedoch
nicht im Ordenszentralarchiv im Fil. Land gelegen hahen, da die Abschriften
einsctzen, hevor jeries in der Mitte des 17. Jalirhunderts wieder zuging1ich
wurde 7 '. Angcsichts der riumtich weitgestreuten Uberlieferung, die aller-
dings nicht über das 15. Jalirhundert zuruckreicht, mu g mit der M6glichkcit
gerechnet werden, daR entwedcr auch von dieser Urkunde mehrere Ausfer-
tigurigen erstcllt wurdcn oder sehr friihe Kopien fur vcrschiedene abendlàn-
dische Ordcnsarchive hergestelit wurden. Vollends ungelôst muil bleihen,
ob wirklich Viktor 1V. dieses Vorgehen Calixts II. nochmals aufgegriffen hat.
67 JL -; cd. DELv1L1.1, Cartulaire I S 209 Nr. 281. Vgl .auch Vorarbeitcn I S. 17f.
68 Vorarbeiten 1 S. 150ff. zu rinem kicinen Bullariuin in Pamplona.
'' VgI. oben Anm. 67.
70 VgI. unten.
Vgl. Vorarbeiten I S. 21ff. und kùnftig die Edition des inventaire von Manosque vom J.
1531.
Feicriiche Privilegieri mu divergierendcn Kardinalslisten? 257
Il.
ZENKER S. 48ff. hat zum ersten Mal zur Diskussioii gestellt, ob sich imJ. 1154 zwei Bischfe
dieses Namens in Sabina folgten, wcil sic in JL 9868 beide zu unterschreiben scheinen.
Vgl. ZENKER passim.
Vgl. G. DUNKF.N, Die politische Wirksamkeit der papstlichen Legaten in der Zeit des
Kampfes zwischen Kaisertum und Papsttum in Oberitalien unter Friedrich 1. (1931; Hist. Stud.
209) S. 19ff. (zu Flubald) und W.JANSSIN, Die pipstlichcn Legaten in Frankreich vom Schisma
Anakiets bis zum Tode Coekstins 111. (1130-1197) (1961) S. 57f. (zu Oi.lo).
ZINKER S. 29.
Ebd. S. 48.
Feierliche Privilegien mn divcrgierendcn Kardn1sILstcn? 261
Die beiden Kardinaislisten kônnen daher nicht vom gleichen Tage stani-
men, sondern II mue vor dem 18. April 1154 entstanden sein, ais Bischof
Ccncius zum ersten Mal in semer neuen Wtirde auftrittS8. Die Entstchungs-
zeit von II lft sich aber noch genauer eingrenzen. Der Kardinaldiakon Gre-
gor von S. Angelo hatte im Jahre 1153 eine Legation in Deutschland ausge-
fijhrt89 und unterschrieb am 1. Januar 1154, sicher nicht lange nach semer
Riickkehr an die Kurie, zum ersten Mai unter Anastasius IV.. Über den
1. Januar 1154 zuriickzugehen, wiirde daher wegen der Legation Gregors
in den Pontifikat Eugens III. fihren, was aus anderen Griinden nicht môglich
ist, obwohl siimtiiche in II unterschreibenden Kardinàle schon unter dem
Vorgânger Anastasius' IV. zum Kolicgium gehôrtcn. Denn mit dem Papsc-
wechsel im Herbst 1153 voliziehen sich bel zwci Titeikirchen Ieichte Vern-
derungen in ihrer Umschreibung. WieJohannes von SS. Silvestro e Martino
tinter Eugen III. mimer nur ais prcsb. card. tit. Eqitii, vom ersten feicriichen
Privileg Anastasius' IV.' an dagegen ais presb. card. ss. Sz.lvestri et Martini
tit. Eqkitii auftritt, so erweitert sich bel Jordanus der Titel von presb. card.
s. Sisannae zu presb. card. ss. 5'tisannae et Felicitatis. Die i.iigeren Formen
in Il lassen nur die ersten Monate 1154 ais Entstchungszeit zu. Obwohi die
Liste in II aiso zweifeilos aus dcm Pontifikat Anastasius' IV. stanimt, gehôrt
sie doch, wic sich ergeben hat, auf keincn Fail zu der ihr folgenden Datierung.
Wie iat sich dieser Befund erk1ren? Ais Vorlage fùr seine Abschrift gibt
Amico an: ,,ex autographo diplomate pontificio conservato in tabulario sacre
dornus hospitaiis sancti Iohannis Hierusalemitani Messane urhis" 92. Eine sol-
che Angabe findet sich wrtlich gleich auch bel vielen anderen Stucken und
verwcist auf das ehemalige Archiv des Grofpriorats in Messina, das seine
Hauptquelie darstelit. Da et ausdruckiich schreibt ,,ex autographo", kann es
sich, wenn nicht uni Original, hichstens uni eine Nachzeichnung gehan-
deit haben; ein Kopialbuch ist auszuschlieen ebenso wie eine spiitere Kopie.
Une ° berprufung der Angaben Amicos am Original ist nicht mehr môglich.
Das Prioratsarchiv von Messina ist in der Zwischenzeit verloren gegangen,
ohne daS mari Sicherheit weif, ob Amicos Absicht, die Originale oder
wcnigstens einen Teil davon nach Malta zu schicken, auch ausgefùhrt wurde.
So beruhen aile unsere Kenntnisse auf den Abschriften Aniicos, denjenigen
eines Kopisten des 18. Jahrhunderts in der Handschrift Qq. H. 203 gieichfalls
der Biblioteca comunale von Palermo, der aber kaum selbstàndig gearbeitet
hait, und einem Chartular des 16. Jahrhunderts, das nach Pampiona verschla-
gen wurdc, aber kein feierliches Privileg Anastasius' 1V. enthàlt93.
Wenn durch die Namen der unterschreibendcn Kardinàle und die Bezeich-
nungen der Titeikirchen die ersten Monate des Jahres 1154 aIs Entstehungs-
zeit von II festiiegen, sa !iift die Tatsache, da g Kardinalsiisten fast unaufhôr-
Iich leichten Veranderungen unterliegen, weil sie das Kommen und Gehen
an der Kurie oder auch das Interesse an bestimmten Geschiften widerspie-
gein, den Versuch eincr noch genaueren zeitiichen Bestimmung nicht aus-
sichtslos erscheinen. Ein Vergleich mit anderen feierlichen Privilegien des
Pontifikats von Anastasius IV. zeigt rasch cine v3llige iJbereinstimmung
unserer Liste mit eiriem feierlicheri Privileg vom II. Marz 1154. Mit hoher
Wahrscheinlichkeit ist die Liste von Il daher am gleichen Tage oder minde-
stens kurz vor- und nachher entstanden.
Dennoch befriedigt dieses Ergebnis nicht, da II ja nur in der Unterschrif-
tenliste von I abweicht, wiihrend schon das Datum wieder mit I iiberein-
stimmt; die Diskrepanz von Datum und Subskriptionen wird nicht aufgelôst.
{st die Erklarung viel!eicht nicht bel der Vorlage, sondern bel Amico zu
suchen? Man mii1te annehmen, dafi er im Archiv von Messina cine zweite,
mit dem Text von 1154 Oktober 21 bis in die kicinsten Details glcichlautendc
Ausfertigung von ,,Christianac fidei rcligio" von Marz 1154 - was gerade
bei einem so langen Text freilich allen anderen Formularvergleichen wider-
sprechen wiirde 95 - vorgefunden hàtte, diese einsch1ie(i1ich der Urkundcn
abschrieb und im Augenblick, ais das Datum eingefiigt werden mulite, die
zweite Ausfertigung von 1154 Oktober 21 in die Hand bekam und deren
Datierung iihernahm. Obwohl dies nicht mit lctzter Gevi(hcit auszuschlie-
lien ist, bleibt doch zu bedenken, da g Amico in anderen FMlen gleichiautende
Sti.icke mit verschiedenem Datum ohne weiteres einzeln verzeichnete 96 und
auch das Chartular von PampIona 7 nicht den gcringstcn Hinweis auf cine
Ausfertigung VOfl Christianae fidei rcligio" irn Marz 1154 gibt, abgesehcn
auch von der bereits erwàhnten Frage der Formularidentitàt.
Das bereits erwahnte andere Privileg vom il. Màrz 1154, das die gleiche
Unterschriftenliste aufweist, stammt freilich aus einem Archiv, das gleichfalls
Il Palermo, Biblioteca coniunale, ms. Qq. H. 203, vgl. KEHi, Papsturk. in Sizilien (in: Nachr.
Gott. 1899 = ND Bd. 2) S. 296f, und zurn Chartular in Pamplona Vorarbeiten I S. 150-153.
JL 9847.
VgI. dazu jetzl Vorarbeicn 2 S. 65-162.
Z.B. ,,Cliristianae fidci religio' von 1167 Mai 24, cd. K±HR, Papsturk. in Sizilien (in: Nachr.
Gou. 1899 = ND Bd. 2) S. 315 Nr. 7 und 1167 Juni 23, ebd.
' Vgl. Vorarbeisen 1 S. 150ff.
Feierlichc Privilegien mit divergierenden Kardinalslisrcn? 263
in Sizilien liegt und Amico hestens bckannt war 98 . Es war fur die Abtei im
Tale Josaphat bel Jerusalem bestimmt, deren Abt sich mit den Brudern nach
dem FaIl von Akkon 1291 nach Sizilien zuriickgezogen hattc. Dabci war es
gelungen, auch das Archiv zu retten. Aus ibm hat Arnico ebenfalis eine grofe
Zahi von Ahschriften fur cine kunftige Edition genommen, die heute in der
Handschrift Qq. 11. 11 in der Biblioteca comunale in Palermo aufbewahrt
werden 99 . Sic sind ais Vorarbciten fûr ein grofes Werk über die drei geist-
lichen Institutionen aus dem lateinischen Osten: Johanniter, Templer und
S. Maria im Tale Josaphat anzusehen, das freil ich wegen persônlicher Schwic-
rigkeiten Amicos mit semer geistiichen Umwelt Stiickwerk blieb'°°.
Wir wissen kaum, wie Amico im einzelnen gearbeitet hat, denn die in der
Biblioteca comunaic aufbcwahrten Binde stellen hercits Reinschriften fur die
Druckiegung dar. Aus Amicos Vorbemerkungen steht jedoch fest, da( er
seine Stellung ais Hofhistoriograph'°' ausnutzte, um ganze Archive fur
Monate nach Hause zu nchmcn, wic er sich auch auf Pergarnenthandschriften
in seinem persônlichen Besitz beruft 102 . Zwei Erkliirungen bleiben damit fur
das Problem der Unterschriftenliste in Il. Da sie nicht vom 21. Oktober 1154
stammen kann, handeit es sich in jedem Fali um eine Kontamination von zwei
Vorlagen. Entweder bat Amico whrend der Abschrift des Eschatokolls ciner
heute verlorenen und sonst nirgcnds bezeugten Ausfertigung von ,,Christia-
nac fidei religio", die von ca. Mitte Mirz 1154 sein muifte, nach der Abschrift
der Unterschriftenliste das bckannte Stiick vom 21. Oktober 1154 in die
Hand genommen und verschentlich dessen Datum angefi;gt, oder - wahr-
scheinlicher - es ist ibm aus Griinden, die wir nicht crkennen kènnen, in
den Tcxt von ,,Christianae fidei religio" von 1154 Oktober 21 statt der zuge-
hèrigen Unterschriftenliste jene des feierlichen Privilegs fèr S. Maria im Tale
Josaphat von 1154 Màrz 11 geraten.
Noch sei auf zwei Stellen in der Uberlieferung von »Christianae fidei reli-
gio" 1154 Oktober 21 besonders hingewiesen. Die Abschriftcn im Bullarium
JL 9847, cd. H.-F. DELAORDE, Chartes de Terre Sainte provenant de l'abbaye de Notre-
Dame de Josaphat (Paris 1880; Bibliothèque des Écoles françaises d'Athènes et de Rome 19)
S. 23 Nr. 68 und Vorarbeiten 3 S. 205 Nr. 70.
Palermo, Biblioteca comunale, ms. Qq. H. 11, vgl. KEIIR, Papsturk. in Si.ilien (in: Nachr.
Gôti 1899 = ND Bd. 2) S. 294 und Ch. KOHLLR, Chartes de l'abbaye de Notre-Dame de Josa-
phat en Terre Sainte 1108-1291 (in: Revue de ]'Orient latin 7, 1900) S. 108-222.
le Der Entwurf Amicos ut gedruckt bei R. STARRABBA (l-{g.), Notizie e Scritti inediti o tari
di Antonino Amico (1888; Documenti per servire alla storia di Sicilia 1/1 und 4/1) S. 101ff.
und G. Pecoiuit A (wie Anm. 79).
Vgl. Vorarbeiten I S. 23 und R. ZAPrnsI, in: Dizionario degli Iraliani 2 (1960) 784ff.
12 Vgl. Notizie e Scritti (wic Anm. 00) S. 153 über die Bestande des Joharsniterarchivs von
Messins: ..Omnia privilegia.... . quae per plures menses apud me manserc; S. 164 über eine
eigene Ha.
264 Rudolf Hiestand
Guido Guido
lulius Manfredus
Octavianus lulius
Iohannes Hubaldus
Iohannes Octavianus
Manfredus Astaldus
Hubaldus Iohannes
Astaldus Enricus
Enricus lob annes
Oktober 1154, wer auf Anastasius IV. folgen wiirde. Die Formel mu g in
Wirklichkcit aus cinem feicriichen Privi!eg Alexanders III. stammen. Welche
der zahireichen Ausfertigurigen von Christianae fidei religio" aus diesem
Pontifikat'°7 die Vorlage abgegeben hat, ift sich nicht mehr feststel!en.
Deutlich aber zcigt sich, dag in der Uherlieferung der wichtigen Urkundcn
Anastasius' 1V. schr friih Kontaminationen eingetreten sind, die spàtestens
ins 15. Jahrhundert zu datieren sind.
Wahrend das Privileg Paschalis' II. in die eingangs erwahnten Problenie
der ppstIichen Kanzlei und ihrer Arbeitsweise anhand eines ungewôhnli-
chen Sachverhalts gefûhrt hat, der sich nicht mit Ietztcr Sicherheit lôsen 1ief,
handeit es sich bel den scheinbarcn Unstirnmigkeiten mi feicriichen Privilcg
Anastasius' IV. um cm - bcwuftes oder unbewufhes - Versehen eines fruh-
neuzeitiichen Gelehrten, das wegen dessen mm Ganzen unbestrittener Zuver-
làssigkcit leicht in die Irre fiihren kônnte. In heiden Fâllen hat sich die Not-
wendigkeit einer genauen Koilation der sich scheiribar stets wiederholenden
Formeln und protokoliarischen Telle auch spàter Abschriften und ihrcs Ver-
gleichs mit den erbaltenen Originalen und Vorurkunden gezcigt. Elne cm-
scheidende Hilfe fôr die Lôsung oder wenigstens eine Annherung an eine
soiche war dabei die genaue Kenntnis des Kardinaikollegiums. Zugleich wird
am Beispiel des fcierlichcn Priviiegs ,,Piae postulatio voluntatis" Paschalis'
H. fur die Johanniter deutlich, wieviel vicigestaltiger das piipstiiche Urkun-
denwescn des beginncnden 12. Jahrhunderts in Wirkiichkeit offenbar doch
war, ais es nach den ailzuleicht in frûhere Zeitcn reprojizierten Kanzleiord-
nungcn des 13. Jahrhundcrts der Fail sein diirftc.
In jedem Fali steht aus der Untersuchung von ,,Piae postulatio voiuntatis"
von 1113 Februar 15 und von ,,Christianae fidci reiigio" von 1154 Oktober
21 fest, dages bisher keinen Beleg fur eine Mehrfachausfcrtigung feieriicher
Privilegien fi.ir denselben Empfànger mit verschiedenen Kardinalsunter-
schriftcn gibt.
Anhang
'U" VgL die Edition von Christianac fidei religio" in Vorarbeitcn 2 S. 131ff. mir dem Ver-
zeichnis der Varianten in den ciuzeinen Ausf. des 12. Jh.
266 Rudolf Hiestand
Die fir den Druck in Vorarbeiten zum Oriens pontificius 11194 Nr. 1
verwendcten Siglen wcrden beibehalten. Vcrzeichnct werden nur die fur die
folgende Edition herangezogenen IJberliefcrungen (vgl. auch oben S. 243ff.).
L!
Dat. Bencuenti per manum Iohannis sancte Romane ccclesie diaconi° car-
dinalis ac bibliothecariip XVq kal. mardi, indictione sextar, incarnationis
dominice anno millesimo G 0 XIII°', pontificatus autem domni' Paschalis
secundiM pape anno XIIIIt. Bene" ua1etee.
II.
n nachgezeichnet in 1-11K. h Pascalis K,. e as. om. IL. d nachgezeichnetsn K, 0m. HZL.
e nachgezeichnet in HJK mit der Devise Pasehalis' 11. f-f 0m. L, dafùr enthalten in H, wo
aber nui, acht Unrerschrsften foigen, 0g1. oben zu I. In L erbaiten aile folgenden Unterschrzften
ein +. g 0m. 1K. h—h nur in K. j Riccardus 1, K,, Richardus L. k Alban. 1,K, Albani
1,. i-mm. 1K. m om,!. n Landolfus !.. v-o archiepiscopus Beneucntanus L. p-p Icgi
a K, , legia K,, legi I. q — q om. 1. r Penestrin. K. Prenestersi J,. s-s legia K, legi 1. t nur
in K. u diese Unterschriften sind in L, nachtriglsch ezngefiigt worden. y Pômcss. K, Prae-
nestinus J . W-W Qin. K!,, legi 1. X 0m. 1K. y bannes IL. z Melitenus 1,. aa-aa
prcsb. card. L. ab titulo !. ne b. L, s. HIK. ad ss. ais Kurzel I,, 0m. I,. ae om. L, titulo
I,. af Chrisogoni L,, Crisogoni 1,. ag esfoigt et 1K. ah-ah de sancta Maria 1K. ai trans
Tyberim I,. ak Ioriataclis K. al Romualdus L,. am—am card. diac. L,. an-an om.L.
an sa. as. K2, 0m. 1.
268 Rudof Hiestand
Dat. Beneuenti per manum Iohannis ap sancte4q Romane ecclesie diaconi car-
dinalis ac bib!iothecarii" XV" kal. martii, indictionc' VI", incarnationis
dominice anno M 000 XIII OaV , pontificatus autem domini Paschalis sccundiw
pape-- anno XIIII ax . Sexto"y idus ianuarii, kicarnationis dorninice anno"
M o C0XII1I oh , pontificatus autem domini Calixti secundi pape, LateranJ"
confirmantisbc hoc/d privilegium annobe 4ay.be•