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60 Orthomyxo-Viren: Influenza
D. Falke
Antigenwandel und Varianten (s. u.), z. T. ohne selbst zu erkranken. Als erwiesen gilt, dass In-
Der Typ A des Influenza-Virus führt zu einem periodischen, alle fluenza-Virus vom Schwein auf den Menschen und Vogelspezies
10–30 Jahre zu beobachtenden Auftauchen von neuen Subtypen. (auch innerhalb dieser) und umgekehrt übertragen werden kann.
Dabei treten Viren mit völlig neuen H- oder N-Proteinen auf, Dies wird erleichtert durch das enge Zusammenleben von
gegen die in der Bevölkerung keine Immunität auf Grund der Mensch, Schwein und Geflügel in Südchina.
früheren Exposition gegenüber Influenza-Viren vorliegt. Dies Für den Subtypenwandel spielt das Schwein eine wichtige Rol-
erlaubt es dem Virus, sich weltweit auszubreiten, was sich im Auf- le: Als Träger von Doppelinfektionen dient es quasi als »Misch-
treten einer neuen Pandemie zeigt. Der dabei auftretende plötz- gefäß« für die rekombinierenden RNA-Segmente von aviären
liche Wechsel der H- oder N-Antigene wird als antigenic shift und/oder humanen Influenza-Viren.
bezeichnet. Die Antigenformeln der Pandemie-Stämme sind in . Tab. 60.1
Unabhängig von diesem in langen Zeitabständen erfolgenden aufgeführt. Die hochvirulenten H5N1-, H7N7- und H9N2-Viren
»großen« Antigenwandel kommen zwischenzeitlich kleinere des Geflügels infizieren zwar den Menschen, werden aber nur
Antigenveränderungen der H- und N-Proteine auf Grund von sehr ineffizient und selten von Mensch zu Mensch übertragen,
Mutationen einzelner Aminosäuren in antigenen Determinanten da die Rezeptorbindungstasche im HA1 nicht optimal auf die
vor; sie führen nicht zu neuen Subtypen, sondern nur zu Ab- Struktur des bei Säugetieren vorwiegend vorkommenden Neura-
wandlungen des alten Subtyps (Subtypenvarianten). Dieses Phä- minsäure-Isomers adaptiert ist.
nomen wird antigenic drift genannt. Der Influenza Typ B zeigt Epidemiologisch unterscheiden sich die Influenza-Typen A,
nur wenig Antigendrift. B und C in zweierlei Hinsicht:
Da das Influenza-Genom aus 8 RNA Segmenten besteht, 4 Typ A breitet sich typischerweise pandemisch und epide-
kann es, bei gleichzeitiger Infektion einer Zelle mit 2 verschie- misch aus
denen Influenza-Virus-Subtypen, zum »Austausch« einzelner 4 Typen B und C treten vornehmlich epidemisch oder spora-
Genomsegmente kommen (reassortment): dieser ist für den disch auf
Antigenshift verantwortlich. So ist 1968 das Reassortment zwi-
schen einem Virus der Antigenformel H2N2 und einem Enten- Aus . Tab. 60.1 und . Abb. 60.1 lässt sich entnehmen, dass in län-
Virus der Formel H3Nx erfolgt. Das Ergebnis dieser Rekom- geren Zeiträumen Influenza-Viren oder einige ihrer Komponen-
bination war das Hongkong-Virus (H3N2), das dann eine ten wiederkehren.
Pandemie auslöste, da keine neutralisierenden (schützenden) Hat ein gegebener Subtyp in einem bestimmten Jahr eine
Antikörper gegen H3 in der Bevölkerung vorlagen. Wegen des Pandemie verursacht, so folgen periodisch, im Abstand von
neuen H3 besaß das Hongkong-Virus einen starken Selektions- 1–3 Jahren, Epidemien mit wesentlich geringerer Erkrankungs-
vorteil gegenüber dem zuvor zirkulierenden H2N2-Virus. Viren zahl (»Nachwellen«). Hierbei erkranken solche Personen, die
mit der Antigenformel H3Nx hatte man bereits Jahre vorher z. B. während der Pandemie nicht oder nur schwach immunisiert
bei Puten und Enten isoliert. Wahrscheinlich erfolgte diese worden sind. Die Nachwellen erfassen sukzessive immer weniger
Rekombination im Schwein, da sich in dieser Spezies sowohl Personen. Ein Subtyp erfasst im Lauf seiner 15–40 Jahre wäh-
tierische als auch menschliche Influenza-Viren replizieren renden »Amtszeit« bis zu 70% der Weltbevölkerung; bei dieser
können. Durchseuchungsquote ist die Immunität so weit verbreitet, dass
der Subtyp mit seinen Varianten praktisch verschwindet: Die
Seuche ist damit als Pandemie erloschen.
60.2 Rolle als Krankheitserreger Die von kleineren Epidemien ausgefüllte Zeitspanne währt
so lange, bis ein neuer Subtyp entsteht (Antigenshift, s. o.). Dieser
»debütiert« dann mit einer Pandemie, da er in der Lage ist, die
Epidemiologie, Übertragung und Reservoir
Virologie