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ZUR PHANOMENOLOGIE
DER
ANSCHAULICHEN VERGEGENWARTIGUNGEN
TEXTE AUS DEM NACHLASS
( 1898--1925)
HERAUSGEGEBEN
VON
EDUARD MARBACH
• 1980
ISBN 90-247-2119-9
! ~II
INHALT XI
BEILAGE VI. Warum die Natur, eine Landschaft als "Bild" wirkt
- Ästhetik; Interesse an der Erscheinung. Dingerscheinungen
drücken immer von innen her etwas aus für die Betrachtung
der Kunst (wohl 1906). . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
BEILAGE VIII. Frage nach den Arten des Widerstreits bei den Fik-
ta der Phantasie und der Erinnerung - Widerstandsleistung
der Erfahrung (wohl 1906) . . . . • . . . . . . . . . . . 148
BEILAGE LVII. Phantasie. Sich auf den Boden der Erfahrung bzw.
der Phantasie stellen; die Welt der Erfahrung- die Welten der
Phantasie (wohl 1917) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
BEILAGE LVIII. Zur Lehre von der Abbildung: Fikta als ideale
Gegenstände. Weiterhin auch zur Lehre von den Gegenständen
ästhetischer Wertung. Erscheinungen als Gegenstände (wohl
1917) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
BEILAGE LIX. Zur Kunsttheorie. Gegebene Welt und Zeit als voll
bestimmte - "es war einmal", irgendwo, irgendwann: alle
Kunst sich zwischen diesen beiden Extremen bewegend - Re-
alistische - idealistische Kunst (wohl 1916 oder 1918) . . . . 540
TEXTKRITISCHER ANHANG
1 A.a.O., S. 298.
2 Brief vom 3.1.1905; Kopie im Husserl-Archiv in Leuven.
3 H ussel'hana X, hrsg. von R. Boehm, S. 394.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XXIX
Textgeschichtliches
Allgemein ist zu erinnern, dass Husserl immer wieder mehr oder
weniger ausgereifte systematische Pläne hegte,! auf die hin er
entweder Manuskripte verfasste oder ältere Manuskripte aufs
neue durchsah und evtl. "zur Ausarbeitung" bestimmte. Oft wur-
den solche Manuskriptzusammenstellungen wieder aufgelöst
bzw. in neue Zusammenhänge eingegliedert und dann auch wie-
der aufgelöst, so dass vielfach einst vorhandene Einheiten nicht
mehr rekonstruierbar sind. Zweideutigkeit, ja Vieldeutigkeit be-
züglich genauer Zuordnungen vieler Manuskripte dürfte ihren
Grund allerdings' nicht nur in unserer teils spärlichen Informa-
tion über deren Entstehungsgeschichte haben, sondern Ausdruck
einer Husserl selbst begleitenden Unentschiedenheit bezüglich der
systematischen Verwertung seiner vielen Einzeluntersuchungen
sein. Kennzeichnend für diese Situation ist folgende Ausserung
Husserls an P. Natorp aus dem Jahre 1922:"kh bin in weit
schlimmerer Lage als Sie, da der gtösst e Teil meiner Arbei t
i n me i n e n Man u s k r i p t e n steckt. Fast verwünsche ich meine
Un fähigkeit, mich zu verendlichen, und dass mir erst so
spät, z.T. erst jetzt, die universalen systematischen
G e dan k e n zuteil werden, die, durch alle meine bisherigen
1 VgL v.a. Husserls Brief an Alexius Meinong vom 5. April 1902 in Philosophen-
bnefe, aus der wissenschaftlichen KOfrespondeng von Alexius Meinong, hrsg. von
R Kindinger, Graz 1965, S. 105.
2 Vgl. Husserliana X, Ein!. d. Hrsg., Rudolf Boehm, S. XV, Hervorhebung vom
XXXIV EINLEITUNG DES HERAUSG~ERS
von diesem Plan ab. Der Grund, den er dafür anführt, ist unmittel-
bar von Bedeutung hinsichtlich grösserer systematischer bzw.
textgeschichtlicher Zusammenhänge nicht nur dieser ersten Text-
gruppe des vorliegenden Bandes, sondern auch mehrerer der spä-
teren Texte (s.u.). Husserl führt in jener Vorlesungseinleitung
aus :"Bei der vorbereitenden Durcharbeitung der einschlägigen
Materien sah ich aber bald ein, dass nicht, bloss pädagogische,
sondern vor allem s ach I ich e G r ü n d e eine ausführliche Be-
handlung der schlichten, zuunterst liegenden intellektiven Akte
erfordern. Ich meine hier natürlich jene Phänomene, die unter
den etwas vagen Titeln Wahrnehmung, Empfindung,
Phantasievorstellung, Bildvorstellung, Erinne-
run g, <gestr. :" Erwartung" > allbekannt und doch wissenschaft-
lich noch viel zu wenig durchforscht sind.... Und dabei handelt
es sich um eine Arbeit, die im ernstesten Sinn fundamental ge-
nannt werden muss, für die Erkenntniskritik auf der einen und
für die Psychologie auf der anderen Seite."l
Anstatt der Urteilstheorie widmete Husserl also seine Aufmerk-
samkeit den in seinen Augen für eine Urteils theorie fun d a m e n-
talen sinnlichen, anschaulichen Akten des Bewusstseins - eine
"Urteilstheorie" trug er dann im darauffolgenden Sommerse-
mester vor - , und er wies auf den zweiten Band der Logischen
Untersuchungen zurück, wo er "einige, noch recht unvollständige
Versuche zur Behandlung der hierher gehörigen Probleme
. .. mitgeteilt"2 habe. Wie wir wissen, konnte Husserl aber
in den Vorlesungen über jene Versuche der Logischen Untersu-
chungen hinaus vor allem auf seine "vermeintlich druckfertigen,
jedenfalls rein ausgearbeiteten Abhandlungen aus dem Jahre
1898" zurückgreifen, die er dadurch in einen hier nicht näher er-
läuterten Fundierungszusammenhang mit der in Aussicht ge-
nommenen Urteilstheorie rückte.
Von' Interesse ist, dass Husserl bereits im Frühjahr 1904 aus
der Reihe dieser Abhandlungen insbesondere die Manuskripte,
die hier als Beilage I, "Phantasie und bildliche Vorstellung", ab-
gedruckt sind, als Unterlage öffentlicher Darlegungen benutzte,
Unterzeichneten; Husserls Charakteristik der Absicht seiner Vorlesungen wird
dort S. XV-XVII ausführlich wiedergegeben. - Ferner HusserUana III, Ideen I,
Einl. des Hrsg., K. Schuhmann, bes. S. XVI - XVIII und S. XXVIII - XXX.
1 HusserUana X, S. XV
a A.a.O. S. XV.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS xxxv
1 Vgl. die gen auen historischen Nachweise zu Husserls Besuch in München während
der Pfingstwoche 1904 in K. Schuhmann, Hussel'l über Pfander, Den Haag 1973,
S.19-23.
2 Vgl. Brief Husserls an Johannes Daubert vom 17.XI.1904 - Originalim Husserl-
Archiv in Leuven. Hervorhebung vom Unterzeichneten.
3 A.a.O., § 124, S. 258 und S. 258 Anm., ]ahrbuch-Paginierungi Hervorhebung vom
Unterzeichneten.
XXXVI EINLEITUNG DES HERAUSGJmERS
1 Diesem Umkreis dürfen auch die im Haupttext Nr. 17 veröffentlichten Texte von
1912 zugerechnet werden.
2 Vgl. die einleitenden Textkritischen Anmerkungen zu Nr. 15, unten S. 675ff.,
bes. S. 677f.
3 Husserl-Ch,cmik, S. 250.
4 Vgl. zu diesem Plan I. Kerns Einleitung zu H usse,liana XIV, S. XVIItt.
5 Husserl Edmund, B,ie!ean Roman Ingarden, Den Haag 1968, S. 22.
6 Vgl. Manuskript-Hinweise in Husserl-Chronik, bes. S. 22Off.; Husserliana XIV,
EInleitung des Hrsg., I. Kern, S. XVIII. - Im Wintersemester 1917/18 führte
XL EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
----
) Vgl. H usserliana X, wo die Stelle in der Einleitung R. Boehms zitiert wird, S. XVf.
I Siehe unten Nr. 1, S. 6f.
! Brentanos Vorlesungen wurden aufgrund zweier Fassungen in gekiIrzter und
redigierter Form von F. Mayer-Hillebrand aus dem Nachlass herausgegeben in
Franz Brentano, Grundzüge der Ästhetik, Bern 1959, S. 3-87; vgl. auch die An-
lIlerkungen der Herausgeberin S. 225-236 und ihr Vorwort, S. XIVf.
I Aufbewahrt im Husserl-Archiv Leuven unter der Signatur Q 1 I/I und 11. -
~ach Studien bei F. Brentano in Wien von 1884-86 kam Husserl im Herbst 1886,
\'On Brentano empfohlen, zur Habilitation nach Halle und hörte Vorlesungen bei
Co Stumpf (vgl. H usserl-Chronik, S. 17ff.).
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XLV
sungen von Brentano selbst, wie sie in Grundzüge der Ästhetik zu-
gänglich sind, zeigen, dass Brentano bei der "analytischen Klä-
rung der Phantasievorstellungen im Vergleich mit den Wahrneh-
mungsvorsteIlungen" (s.o.) im Wesentlichen auf seine Unter-
scheidung zwischen ei gen t li c h e nun dun ei gen t 1i c h e n
Vorstellungen zurückgriff, die er auch in seinen "Vorlesun-
gen über elementare Logik" im Wintersemester zuvor zur Geltung
gebracht hatte. 1 Er führte die Analyse der Phantasie im Zusam-
menhang der Ästhetik ein, wies aber sogleich auf weitere zur
Behandlung der Phantasie gehörige Zusammenhänge hin:"Von
grösster Bedeutung für die Ästhetik ist die der Psychologie ange-
hörende Lehre von der Phantasie. Es wird aber unmöglich sein,
sie zu behandeln, ohne auch auf anderes, wie auf den U n t e r-
schied der begrifflichen und anschaulichen Vor-
stellungen und insbesondere auf die Empfindungen, ein-
zugehen, von welchen die Phantasie wesentlich bedingt ist. Es ist
dies alles nicht nur von grösster Wichtigkeit für die Ästhetik, son-
dern hat eine weiter reichende praktische Bedeutung für das Le-
ben des Künstlers wie auch des Forschers (selbst des Mathema-
tikers), ja für das Leben eines jeden. Und dementsprechend ge-
hört die U n t er s u c h u n g des Vor s tell u n g sIe ben s zu den
wichtigsten Aufgaben der Psychologie".2
In seinen "Erinnerungen an Franz Brentano"3 preist Husserl
jene Vorlesungen Brentanos als "ganz besonders anregend, weil
sie die Probleme im Fluss der Untersuchung zeigten".4 Im Kon-
trast zu Husserls ahistorischem, reflexiv-eidetischem Stil philo-
sophischer Begriffsbildung ist bei Brentanos Untersuchung auf-
fällig, wie er sich in beständiger Auseinandersetzung mit der phi-
losophischen Tradition sozusagen ,in Begriffen bewegt'. Brentano
führte in jenen Vorlesungen aus:"Die Aufgabe, die uns nunmehr
zu beschäftigen hat, ist eine Un tersuch ung über die Phan-
ta sie. ... Vor allem wird es notwendig sein, den Beg r i f f der
Phantasie zu bestimmen. Die Methode der Begriffsbestimmung
ist eine wesentlich andere, wenn es sich um Neueinführung eines
1 A.a.O., S. 4Of.
a A.a.O., S. 41.
8 A,a.O., S. 42.
XLVIII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
:' B. Rang zu Husserliana XXII, Aufsätze und Rezensionen, bes. S. XXXVff. und
S. XXXV, Anm. 2.
1 Husserliana X, Zitat in R. Boehms Einleitung, S. XVI, Hervorhebung vom Un-
terzeichneten.
2 A.a.O.,S. XVI.
3 A.a.O., S. XVI.
4 S. u. Nr. 1, § 44, bes. S. 92, und in Husserliana X, "Die Vorlesungen über das
innere Zeitbewusstsein aus dem Jahre 1905", S. 3ff.
L EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 A.a.O., S. 130.
2 A.a.O., S. 126.
\
LU EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
*
Das Problem der, Une i gen t li c h k e i t von Vorstellungen
wurde Husserl zweifellos, wie oben angezeigt, durch Brentanos
Vorlesungen zum Bewusstsein gebracht. Dessen nähere Bestim-
mung der Uneigentlichkeit der Phantasievorstellungen, die sich
an der psychologischen Tatsache der Mischung von Anschauung
und Begriff orientiert, hat Husserl sich jedoch nicht zu eigen
gemacht.
In seinen Vorlesungen vom Wintersemester 1904/05 hält
Husserl Brentano ganz allgemein vor, dass es nach ihm "im Akt-
charakter des Vorstellens selbst gar keine Differenzierungen"
gebe, dass Vorstellen sich "nur nach den Inhalten" differenziere.
"Was ist es dann aber", fragt er Brentano, "mit den Unterschie-
den zwischen Wahrnehmungsvorstellung, Phantasievorstellung,
symbolischer Vorstellung, zwischen anschaulicher und unan-
schaulicher, kategorialer und sinnlicher usw.? Wie soll sich das
auf Unterschiede:des blassen Inhalts reduzieren?"2 Husserl ist
hier der Meinung, die Lösung des traditionellen Problems der Un-
terscheidung zwischen Wahrnehmungsvorstellung und Phanta-
sievorstellung sei bis anhin deshalb nicht gelungen, weil es "am
Begriff der Q.bjektivierenden Auffassung und an den
zugehörigen Unterscheidungen zwischen Auffassungsinhalten, .
Auffassungssinn, Auffassungsform fehlte" (S. 7, vgl. S. 10). An
späterer Stelle qer Vorlesungen schildert er Brentanos Bestim-
mung des Verhältnisses von Wahrnehmung und Phantasie sowie
1 Brief an F. Brentano vom 11. und 15. Oktober 1904, Kopie im Husserl-Archiv in
Leuven.
2 S.u. Nr. I, § 4, S. 9. - Um eine Anhäufung von Anmerkungen im Folgenden zu
vermeiden, wird bei Stellennachweisen mit Bezug auf vorliegenden Band einfach
die Seitenzahl zwischen Klammern oben im Text angegeben. Hervorhebungen
vom Unterzeichneten werden dabei nicht eigens als solche vermerkt.
LIV EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 Vgl. auch die zeitlich entsprechenden Texte in H usserliana X. Ferner z.B. Ideen I.
§ 112. - Husserls Arbeitsphase während seines Aufenthaltes im Engadin (Schweiz)
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS LXIII
1 Vgl. z.B. s. 253, S. 263, Schluss von Beilage XXIX; S. 225, Anm. I; vgl. S. 396f.
: Vgl. Nr. 11, Nr. 12, Beilage XXIX.
Vgl. S. 298 und S. 298, Anm. I; S. 299; S. 248, Anm. 2
LXVI EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 In einer "planartigen" Notiz von Februar 1912 kommen einige Hauptlinien dieser
Untersuchungen zur Geltung; Husserl reflektiert auf "Themata für höchst wich-
tige Studien": "Sie gruppieren sich um die Unterscheidung von Impression und
Reproduktion und Aktualität und Inaktualitätsmodifikation überhaupt ... An-
knupfung an Humes Unterscheidung zwischen Impression und Idee. Also I) die
Unterscheidungen Impression und Reproduktion, Aktualität und Inaktualität,
Aber brauche ich nicht, um die durchzufuhren, ein Stück Wahmehmungsanalyse
und darin die Erkenntnis des Wesens kontinuierlichen Einheitsbewusstseins ?
< Vgl. diesbezüglich die "Ausarbeitungen zur Schrift, über Wahrnehmung'" wohl
von 1911/12, s.u. S. 610f. bzw. den in Vorbereitung befindlichen Band über
"Wahrnehmung".> 2) Unterscheidungen von Aufmerksamkeit, Gerichtetsein
auf, Meinen in einem spezifischen Sinn und Stellungnahmen und die Modifikati-
onen der Stellungnahmen. 3) Der Unterschied zwischen schlicht kontinuierli-
chem Einheitsbewusstsein und synthetischen Diskretionen, Explikation, Prädi-
kation. 4) Der Unterschied zwischen Stellungnahmen des Gemüts und Stellung-
nahmen des Verstandes, ferner zwischen Gemütsmomenten überhaupt, auch
Gemutssinnlichkeit und Verstandessinnlichkeit, Gemütsauffassung und Ver-
standesauffassung" (Ms. A VI 8 Ir, S. 112a; das Blatt ist eine Drucksache vom
7. Februar 1912). ,
2 Vgl. oben "Textgeschichtliches",S. XXXVIIIff. Zur Sache vgl. auch Nr. 1,§§47ff.,
LXVIII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 Vgl. Nr. 16, S. 467ff.; ferner z.B. Nr. 4, S. 222f.; Beilage LI, S. 482ff., Nr. 18b,
S. 514ff., Nr. 20d, S. 581ff.
LXX EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
einem ,geglaubten', in einem von sich aus als wirklich sich geben-
den Selbst, und soweit es ei.nen Sinn hat, der noch unerfüllt ist,
geht die Intention weiter und erfüllt sich in immer neuer Wirk-
lichkeit. Da bin ich in einem Zusammenhang der ,Wirklichkeit',
die ich nicht ,erfinde', die ich mir nicht (als Wirklichkeit) einbilde,
sondern ,vorfinde' ... , Wir sind also nach Motivanten und
Motivaten in einem Glaubenssystem" (S. 559). "Mit der Idee der
W irklichkei t stehen wir im System der thetisch unmo difi-
zierten Intentionalität, in der Intentionalität der Doxa, des
Glaubens. Der Glaube ist ... das unmodifizierte Bewusstsein
selbst. Es steht unter Gesetzen der Vernunft, ... Wesensgesetzen
der Setzung von Gegenständen als Identitäten undurchbrech-
barer Bewährung, die an sich ,sein' können gegenüber dem wech-
selnden (unmodifizierten) Bewusstsein. Konstitution von seien-
den Gegenständen einer seienden Welt ist die Vernunftleistung"
(S.557f.).
In der reinen Phantasie dagegen gilt:"Soweit Glaube noch da
ist, ,entbindet' die Phantasieeinstellung von ihm, sie nimmt den
wirklichen Glauben, ,als ob' es Glauben wäre, das Wirklich-sein
wird zu einem Sein-als-ob (als ob es Wirklichkeit wäre) ... ' Die
Modifikation des Als-ob ist eine eigene Dimension von Modifika-
tionen ... Und diese Modifikation, wie jede andere, ist B e-
wusstsein-von und hat ihre konsti tu ti ve Vern unft. Ihr
Korrelat ist die reine Möglichkeit" (S. 559).
Charakteristisch für die Texte aus der Freiburger Zeit gegen-
über der früheren Erörterung der intentionalen Wesenseigen-
tümlichkeiten der einzelnen Erlebnistypen sind die Ansätze zur
'phänomenologischen Aufklärung der Konstitution der "W el t
der E rf a h run g", der Positionalität, gegenüber den "We I t e n
der Phantasie", der Unwirklichkeit, und deren Verhältnis
zueinander.1 Von zentraler Bedeutung sind dabei die verschiede-
nen Weisen der Aufwicklung, Explikation der inten-
tionalen Horizonte in den "erfahrenden" bzw. "bloss vor-
stellenden" oder "quasi erfahrenden" Akten (S. 510 et passim).
Von der Welt der Erfahrung gilt, dass sie "ein festes, sich im-
merfort von selbst, aber in gebundener Weise erweiterndes
1 VgI. vor allem Nr. 18 und Beilagen, Nr. 19. - Siehe auch Erfahrung und Urteil,
bes. §§ 38-41 aus der Zeit von 1917fl8.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS LXXIII
*
Zum Schluss dieser Skizze der Problementwicklung der Phäno-
menologie der anschaulichen Vergegenwärtigungen seien noch ein
paar Hinweise auf die Texte gegeben, die in einem engeren Sinn
zu ästhetisch-künstlerischen Aspekten des Bildbewusst-
seins bzw. der Phantasie Stellung nehmen. l
Vornehmlich drei Problembereiche kommen in diesen Texten
zur Sprache: I) die ästhetische Einstellung, 2) die Frage der Ab-
bildlichkeit beim künstlerischen Bild, 3) die Tätigkeit des schöp-
ferischen Künstlers und die Werke der Kunst als Erzeugnis der
objektivierenden Fiktion.
Die ästhetische Einstellung bestimmt Husserl, sich
Kants Lehre nahe wissend, ganz allgemein als "Interesse an
der Er s c h ein 11> n g" in Abhebung vom "Interesse an der
Sache" (S. 145). Das ästhetische Interesse oder Gefallen an der
Erscheinung ist aber, bei aller Verwandtschaft als '&ewp(oc,2 zu
unterscheiden vom theoretischen (z.B. psychologischen, er-
kenntnistheoretischen; S. 114, S. 117) Interesse an der Er-
scheinung (S. 145). Des näheren erörtert er vor allem die re-
fl e x i v e Struktur des ästhetischen Bewusstseins, in welchem
"der Gegenstand ... , wie immer er in sich selbst missfällig sein
mag, wie immer ich ihn negativ bewerten mag, eine ästhetische
Färbung um der Erscheinungsweise willen" erhält;3
ferner die eventuelle ästhetische Bedeutung des Gegenstandes
(S. 390), die Frage der "Unempfindlichkeit gegen Sein und
Nichtsein" (S. 390ff; S. 586), auch im Falle der ästhetischen Be-
trachtung der Na t ur, der Wirklichkeit. 4 In einem späten Text
spricht Husserl in Abhebung vom normalen doxischen Glauben
vom "ästhetischen Glauben" der ästhetischen Einstellung. Er
führt aus, dass' "zwar meine Apperzeption des ästhetischen Ge-
genstandes auch ihren antizipierenden Glauben hat und eme
1 Vgl. vor allem Nr. 18b, bes. S. 519ff.; Be1lagen LVII, LVIII und LX.
I Vgl. S. 524, S. 519; S. 535f., S. 540ff.,; vgl. S. 577.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS LXXXI
ein objektives Wertvolles sein soll, objektiv ein Werk" (S. 543f.).
Husserl spricht von der "Schöpfung einer Verkörperung der
Fikta, die eine Zumutung für jedermann (der nachverstehen
kann) schafft, das Nachphantasierte als ,dasselbe' Fiktum zu
übernehmen, das der Künstler erzeugt hat in der Absicht auf
solche Übernahme" (S. 543, Anm. 1).
Es gilt dann auch, dass unsere "beschreibenden Aussagen, die
Urteile über die Charaktere, über die zu erwartende Entwicklung
usw." bei einem Roman, Schauspiel etc. ,,eine Art 0 b j e k t i ver
Wahrhei t <haben>, obschon sie sich auf Fikta beziehen" und
daher einen "Als-ob-Charakter" haben (S. 520). AlsTa tsachen-
urteile, die Beziehung auf den in den quasi-Erfahrungen zur
Gegebenheit gebrachten Ausschnitt der phantasierten quasi-
Welt haben, sind sie, sofern sie "in diesem Ausschnitt aus-
reichende Anhaltspunkte der Verifikation finden, .. , als Wahr-
heiten und Falschheiten auswertbar" . Anders ist es bei den
"Wesensurteilen, die des quasi-Faktums dieser Welt nicht bedür-
fen und ihre verifizierbare Wahrheit und Falschheit haben von
ihr abgesehen - eben auf Grund von Fiktionen, wenn auch nicht
denen dieser Welt" (S. 521). Die Verifikation der Tatsachenur-
teile geschieht dadurch, dass "das Ku n s t wer k sei b s t heran-
gezogen und als wie ein Rückgang auf wiederholte Erfahrung des-
selben Dinges als Mass der Objektivität benützt wird"
(S.521).
***
Es ist mir eine Freude, bei Fertigstellung des vorliegenden Ban-
des in Dankbarkeit an die vielfältige Förderung und Unterstü.t-
zung zurückzudenken, die ich während der Jahre meiner Tätig-
keit am Husserl-Archiv in Leuven von den Leitern dieser Ausga-
be, dem vorzeitig verstorbenen Professor Dr. Pater H. L. Van
Breda, Professor Dr. S. IJsseling und Professor Dr. R. Boehm,
sowie von meinen Kollegen erfahren durfte. Insbesondere gebührt
mein Dank Dr. Iso Kern, der mir die Anregung zur editorischen
Bearbeitung von Husserls Thematik der "Phantasie" gab und
mir dann bis zum Abschluss der Arbeiten sein fachmännisches
Wissen aufs grosszügigste zur Verfügung stellte. Ich danke auch
Dr. Rudolf Bernet und Herrn Reto Parpan für die ausführlichen
LXXXII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
d. KAPITEL
Frage nach der Pllantasiev.orstellung
gegenüber der Wahrnehmungsvorstellung>
1 10.1.1905.
2 TEXT NR. 1 (1904[05)
ein anderes, oder eine Komplexion anderer, die 'nicht, in die Er-
scheinung fallen, eine Komplexion von Atomen,,,von Äther-
schwingungen, von Energien und was immer man da annehmen
mag. Jedenfalls sind diese Entitäten nichts in den Rahmen der
5 Wahrnehmungsauffassung, sonderrrm den der wissenschaftlichen,
Theorien Fallendes, die sich auf die Wahrnehmung nur indirekt
und begrifflich beziehen. 1
Für Brentano gibt es, da er einerseits an dem Vorstellen als
Akt, als intentionalem Bewusstsein (teils auf Grund der inneren
10 Erfahrung, teils aus theoretischen Gründen) festhalten will und
andererseits das Wesen der Auffassung, der Wahrnehmungsvor-
stellung im echten Sinn, als objektivierende Deutung nicht er-
fasst, im Aktcharakter des VorsteIlens selbst gar keine Differen-
zierungen. Die einzige Differenzierungl ergibt der "Inhalt", das
15 Vorstellen ist so vielfältig bestimmt als es Inhalte gibt, auf die
es sich richtet. Dass. eine solche Ansicht unbefriedigend ist, dass
dieses Vorstellen 'vielen:\als ein sonderliches Ding, als eine zweck-
lose Form erscheint, -ist begreiflich, und begreiflich ist es auch,
dass Brentanos Darstellung auf gegnerischer Seite nur die Über-
20 zeugungen verstärkt,' Vorstellen sei eine leere Fiktion, es gäbe
nur Inhalte und dazu allenfalls die pointierende Funktion der
Aufmerksamkeit.
Natürlich verwickelt sich Brentano durch die Unvollständig-
keit seiner phänomenologischen Analyse in die grössten Schwie-
25 rigkeiten, Vorstellen' Soll etwas Differenzenloses sein, es differen-
ziert sich nur nach 'den Inhalten. Was ist es dann aber mit den
Unterschieden zwischen Wahrnehmungsvorstellung, Phantasie-
vorstellung, symbolischer Vorstellung, zwischen anschaulicher
und unanschaulicher, kategorialer und sinnlicher usw.? Wie soll.
30 sich das auf Unterschiede des bIossen Inhalts redUzieren? Bren-
tano hat es versucht und hat all seinen bewunderungswerten
Scharfsinn darauf verwendet, alle wesentlichen Unterschiede in
den Weisen des: VorsteIlens wegzuinterpretieren, wobei er ge-
legentlich doch fast bei dem Eingeständnis endet, dass in gewisser
35 Weise doch wieder' Modi des Vorstellens angenommen werden
<2. KAPITEL
Interpretation der Phantasievorstellung
als Bildlichkei tsvorstellung (Imagination)
wie die physisch-bildliche Vorstellung>
Dabei ist es klar, dass fast a1l die Scheidungen, die wir bei der
Wahrnehmung gemacht hatten, auch bei der Phantasie An-
wendung finden. Es entsprechen sich wechselseitig, abgesehen
von dem Unterschied zwischen Auffassung und darauf gebauten
5 Charakteren der Meinung und der qualitativen Entscheidung
(Charakteren, die beiderseits offenbar genau dieselben sein kön-
nen), innerhallj der Auffassung beiderseits verwandte Unter-
schiede: Z.B. sehen wir ohne weiteres, dass ebenso wie bei der
Wahrnehmungsauffassung so bei der Phantasieauffassung zwi-
10 schen Auffassungsinhalten und Auffassungscharakteren zu unter-
scheiden ist, dass Gegenstand und Inhalt nicht zu verwechseln
ist, dass die gegenständliche Erscheinung den Gegenstand evtl.
nur von einer Seite zur Erscheinung bringe usw. Der Gegenstand
kann sogar in genau gleicher Erscheinung in der Phantasie vor-
15 schweben, als in welcher er wahrgenommen war, er erscheint von
derselben Seite, er erscheint als vom "selben Standpunkt aus ge-
sehen", in gleicher Beleuchtung, Färbung, Abschattung usw. Bei
all dem ist er einmal wahrgenommen, das andere Mal phanta-
siert.
1 Wir wollen versuchen, den Gesichtspunkt der Imagination und die Ansicht, dass
PhantasievQrstellung sich als Bildlichkeitsvorstellung interpre-
tieren lasse, so weit durchzuführen als möglich. Obschon es an Bedenken nicht fehlt,
die nachträglich sich als berechtigt erweisen.
TEXT NR. 1 (1904/05) 17
1 Symbolisierung.
26 TEXT NR. 1 (1904/05)
1 Dle neue Auffassung keine neue Präsentation: Woher sollte sie auch ihre Auf-
fassungsinhalte nehmen? Alle vorhandenen sinnlichen Inhalte sind schon aufgebraucht
Zur Konstitution des Bildobjekts.
28 TEXT NR. 1 (1904/05)
wir blicken auf das, WO dur c h es BiIdobjekt ist, auf diese Mo~
mente der Ähnlichkeit. Und in ihnen stellt sich uns das Sujet
dar, durch sie blicken wir in das Sujet hinein. Das Bewusstsein
des Sujets breitet sich durch das Bewusstsein vom Bildobjekt
5 nach seiten der analogisierenden Momente hindurch. Soweit sie
reichen, gibt das ein Identitätsbewusstsein, so dass wir in der Tat
in ihnen das Sujet erschauen. Bestände allseitige Gleichheit, so
bestände allseitige Deckung. Wir müssten dann ein Bewusstsein
haben, dass das abgebildete Objekt voll und ganz vergegen-
10 wärtigt ist. Uns müsste in ihm so zumute sein, als ob das Objekt
selbst, das ganze und volle Objekt, da wäre. Natürlich könnte es
zu einem solchen "als ob" nicht kommen, wenn nicht hinreichend
Momente für die Ermöglichung einer Verdoppelung des Bewusst-
seins als Bild- und Sujetbewusstsein beständen. Trotz voller in-
15 nerer Deckung brauchen solche Momente keineswegs zu fehlen.
Wir \werden dann natürlich auf äussere Momente hingewiesen.
Bei einem vollkommenen Porträt, das die Person nach allen Mo-
menten (die irgend Merkmale sein können) vollkommen darstellt,
ja schon bei einem Porträt, das dies in sehr ungenügender Weise
20 tut, ist uns so zumute, als wäre die Person selbst da. Aber die
Person selbst gehört einem anderen Zusammenhang an wie das
Bildobjekt. 1 Die wirkliche Person bewegt sich, spricht usw., die
Bildperson ist eine starre, stumme Figur. Dazu der Widerstreit
mit der physischen Bildwirklichkeit, der das Bildobjekt als sinn-
25 lichen Schein charakterisiert. Ebenso in der P ha n t a sie. Eine
vollkommen lebendige Phantasie, ein Auftauchen einer so klaren
Erinnerung, wie sie uns manchmal, bei frischen Sinnen, bei be-
sonders günstigen Dispositionen zuteil wird, lässt kaum das Be-
wusstsein aufkommen, das sei ein blosses Bild. Wir fühlen uns
30 dem Gegenstand so nah, als wären wir mit ihm in Wirklichkeit
eins, als stände er uns wirklich gegenüber. Ja gewiss: Er ist wahr-
haft vergegenwärtigt, wir schauen ihn "selbst". Im Bildbewusst-
sein lebend, ist uns wirklich so zumute wie in einer entsprechen-
den Wahrnehmung. Aber näher besehen ist das doch eine analo-
35 gische Rede, vom" wirklich so zumute sein", oder sie ist eine ganz
momentane Täuschung. Es ist immer nur Vergegenwärtigung
und nicht Gegenwärtigsein. Das Phantasiebild zerfliesst, es er-
1 Riemannsche Fläche., ,
34 TEXT NR. 1 (1904/05)
<3. KAPITEL
Bildlichkeitsbewusstsein in immanenter
10 Funktion und in symbolischer Funktion-
Zur ästhetischen Bild betrach tung - Frage
nach dem Verhältnis der fundierenden
Auffassung beim Phantasie- und
Bildbewusstsein zur Wahrnehmungs auffassung>
Bei dieser Beschreibung wird uns zugleich klar, dass bei der
Re prä sen tat ion dur c h An al 0 g i e zwei Fälle wohl aus-
einanderzuhalten sind. Ein Bild kann in n e r I ich re prä s e n-
lOt at i v fungieren in der Weise immanenter Bildlichkeit; ein Bild
kann äusserlich repräsentativ fungieren, in einer Weise,
die im wesentlichen dem Bewusstsein symbolischer Repräsenta-
tion gleichkommt. Z.B. kann ein Holzschnitt der Raffaelschen
Madonna uns erinnern an das Original, das wir in der Dresdener
15 Galerie gesehen haben. Bilder können als analogische Erinne-
rungszeichen fungieren. Das tun Bilder in hohem Masse. Neuer-
dings gibt die Stuttgarter Verlagsanstalt Bände heraus, die voll-
ständige Serien der Werke von Dürer, Raffael etc. in kleinsten
Reproduktionen enthalten. Der Hauptzweck dieser Werke ist
20 nicht die Weckung innerer Bildlichkeit und der damit gegebene
ästhetische Genuss, sondern es handelt sich um bildliche Inhalts-
verzeichnisse der Werke jener grossen Künstler. Es sind Reper-
torien der Erinnerung. Es sind sozusagen ill u s t rat i v e
Schlagworte, Hilfen der Erinnerung. Sie wirken allerdings
25 noch bildlich, aber zudem auch als Erinnerungen, sie sollen zu-
gleich ass 0 z i a t i v fungieren und vollständigere Bildvorstellung
in der Erinnerung reproduzieren. Wer sich rein in ein Bild hinein-
schaut, der lebt in der Bildlichkeit, er hat im Bild selbst die Ver-
gegenwärtigung des Objekts. Wer sich des Bildes als Erinnerung
30 bedient, der sucht und findet evtl. eine andere Vergegenwärtigung
des Objekts, die ihm vielleicht eine reichere Vergegenwärtigung
desselben Objekts bieten mag.
Wir könnten also im symbolischen Vorstellen z w e i K las sen
unterscheiden. 1 Das symbolische im ursprünglichen, alten Wort-
35 sinn, das sich äusserlich Vorstelligmachen durch Bilder, Sym-
1 EIgentlich fraglich. Handelt es sich nicht um ein Gemisch bildlicher und sym-
bolischer Funktion?
36 TEXT NR. 1 (1904{05)
<§ 17. Das Interesse am Wie der Verbildlichung des Bildobjekts bei
der ästhetischen Bildbetrachtung im Gegensatz zur ausschliesslichen
15 Interessenrichtung auf das Bildsujet bei der gewöhnlichen Phantasie-
und Erinnerungsvorstellung>
1 Innere Bildlichkeit auch hier, aber dazu (neben der schon 'Vorhandenen Bild-
lichkeit) no c h eine Intention, eben eine symbolische, auf ein zweites, auf eine neue
Erscheinung, mit eigentlicher Repräsentation des Gemeinten. Die immanente Bild-
funktion: im Bild das Objekt erschauen, eine transeunte-symbolische Funktion: Man
hat schon das innere Bildbewusstsein, dazu eine neue Intention auf eine neue Er-
scheinung.
a Charakteristische Durchschnitte etc. Schematische Bilder.
8 Später eingefugt: "oder äusserlich erinnernd (ohne Konvention und Gewohn-
heit)". -Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 1 (1904{05) 37
tasie. Er stellt sich ein Sujet mannigfaltig vor und sucht unter
den Erscheinungsweisen in der Phantasie (unter den Weisen der
Darstellung durch, ein so und so gestaltetes und erscheinendes
Bildobjekt) die ästhetisch schönste heraus. Das ist natürlich
5 nicht der Normalfall. Phantasierend leben wir in den phanta-
sierten Ereignissen, das Wie der innerlich bildlichen Darstellung
fällt ausserhalb des Bereichs unserer natürlichen Interessen.
Phantasie das Objekt von verschiedenen Seiten vor und im Sujetbewusstsein lebend
frage ich mich, wie wirkt es am meisten ästhetisch? Auch beim physischen Bild:
Wesentlich ist, von welcher Seite das Objekt zur Darstellung kommt. Dazu auch das
Wie hinsichtlich dessen, was nicht Sache des Objekts ist, z.B. Marmor, Pinselführung,
Art der Farbenwirkung etc. Der Erscheinung, so wie sie in der Phantasie ist, wendet
nicht der Künstler, sondern nur der Psychologe seine Aufmerksamkeit zu.
1 Indem die Intention auf das Objekt geht, geht sie notwendig auf das Objekt in
irgendeiner "Erscheinung" (Seite). Also haben wir zu unterscheiden 1) das Phänomen
der primären Erscheinung (Bildobjekt-Erscheinung), 2) das Bewusstsein, das auf das
Sujet gerichtet ist, und zwar in einer seiner Erscheinungen aus der Synthesis. Es wird
durchaus notwendig sein, die Begriffe von Erscheinung zu differenzieren und ver-
schiedene Namen einzuführen.
TEXT NR. I (1904{05) 39
uns vor Augen stehen, damit wir in ihm einen anderen vorstellig
machen können.
Wie verhält es sich nun mit dieser fundierenden Auffassung im
Verhältnis zur Wahrnehmungsauffassung? Wir können die Sach-
S lage in den Fällen studieren, in denen das Bildlichkeitsbewusst-
sein, das sich aufgrund einer primären Erscheinung konstituiert
hatte, wegfällt.
Zunächst kommen solche Fälle bei der physischen Bildauf-
fassung vor. Wir wollen voraussetzen, dass das physische Bild in
10 der Wahrnehmung gegeben ist. Hier <ist> es auch schon beim
Vorhandensein der Bildauffassung, von der wir ja leicht abstra-
hieren können, klar, dass die fundierende Bild-Objekterscheinung
an und für sich genommen den Charakter einer Wahrnehmungs-
erscheinung hat, einer gewöhnlichen Präsentation. Es ist natür-
15lich keine normale und volle Wahrnehmung, sofern das Erschei-
nende, z.B. die Bild-Person des Ölgemäldes, nicht als wirklich
gegenwärtig gilt, sie erscheint als gegenwärtig, wird aber nicht
für wirklich gehalten. Ein Glaubensbewusstsein mag vorhanden
sein, aber es bezieht sich nicht auf den Gegenstand der Wahr-
20 nehmungsauffassung, sondern auf denjenigen, der bildlich hin-
eingeschaut wird, auf die nichtgegenwärtige, aber im Gegen-
wärtigen zur Bildvorstellung kommende, auf die eben nur ver-
gegenwärtigte Person. Dass die Umwandlung eines Bildphäno-
mens durch Fortfallen der imaginativen Funktion eine gewöhn-
25liche Wahrnehmungsauftassung, evtl. sogar eine volle, mit dem
normalen Glauben ausgestattete Wahrnehmung hervorgehen
lässt, zeigen die schon öfters erwähnten Täuschungen a la Panop-
tikum, Panorama etc. Hier mag es zunächst sein, dass wir die
Puppe als Menschen sehen. Wir haben da eine, wenn auch nach-
30 träglich als Irrtum sich herausstellende normale Wahrnehmung.
Werden wir uns plötzlich der Täuschung bewusst, dann tritt das
Bildlichkeitsbewusstsein ein. Aber in diesen Fällen will es sich
nicht auf die Dauer durchsetzen. Die Wachsfigur gleicht mit
ihren wirklichen Kleidern, Haaren usw., ja selbst in den durch
35 mechanische Vorrichtung künstlich nachgeahmten Bewegungen
so sehr dem natürlichen Menschen, dass sich momentan immer
wieder das Wahrnehmungsbewusstsein durchsetzt. Die imagina-
tive Auffassung fällt weg. Wir "wissen" zwar, dass es Schein sei,
aber wir können uns nicht helfen, wir sehen einen Menschen. Das
TEXT NR. 1 (1904/05) 41
1 N ietzsche.
TEXT NR. 1 (1904/05) 43
<4. KAPITEL
Unterschiede zwischen gewöhnlicher
10 Bildvorstellung und Phantasievorstellung>
Ehe Wir auf diese Fragen, also zumal auf die Frage nach dem
15 Verhältnis zwischen Empfindung und Phantasma uns einlassen,
wollen wir einige interessante und wichtige Analysen absol-
vieren;! wir haben bisher zumeist das Gemeinsame der
Imaginationen aufgrund der Wahrnehmung und der Imagina-
tionen der Phantasie erörtert. Wir wollen jetzt die U n t er-
20 s chi e d e studieren und dabei zugleich etwas tiefer in ihr analy-
tisches Wesen einzudringen trachten.
Eine erhebliche Differenz scheint zunächst hinsichtlich der
zugrunde liegenden Auffassung stattzuhaben. Auf seiten der phy-
sischen Bildvorstellung ist sie, wie es scheint, komplizierter wie
25 auf seiten der Phantasievorstellung. Bei der letzteren ordnet sich
der ganze Komplex der zu ihrer Erlebniseinheit gehörigen sinn-
lichen Inhalte in eine einzige Erscheinung, nämlich in die des
Phantasiebildes. Bei der physischen Bildvorstellung verhält es
sich anders. Hier kommen phänomenal zwei Gegenstände in
30 Frage, es erscheint das physische Bild, und es erscheint abermals
das geistige Bild, das darstellende Bildobjekt. Auf jedes dieser
beiden Objekte kann ich achten, jedes kann ich vorstellend mei-
nen, und jedes 1st in Form einer direkten Erscheinung und nicht
10 Studieren wir die Sachlage etwas näher: Der Stich zeigt uns
eine Zeichnung. Wir fassen, den Intentionen des Malers und
Stechers hingegeben, nicht die Zeichnung als ein System von
Strichen und Verschattungen auf einer Papierfläche auf, sondern,
soweit die Zeichnung überhaupt reicht, soweit sehen wir nicht
15 Papier, sondern plastische Gestalten, und in ihnen oder durch
sie hindurch vollzieht sich eine Beziehung auf das Sujet. Der
Stich hat einen weissen Papierrand: Da sehen wir Papier. Das
Bild hat einen Rahmen, und der Rahmen hebt sich von der
Wand ab, auf der er mitsamt seinem Papier hängt; die Wand
20 gehört dem Zimmer an, von dem noch ein beträchtlicher Teil in
das Gesichtsfeld hineinreicht. Das alles ist nicht ohne Bedeutung.
Während wir in der Imagination des Sujets leben, verschwindet
nicht unser Blickfeld der Wahrnehmung. Im Gegenteil, wir haben,
wenn auch nicht in Form eines primären Meinens, die Wahr-
25 nehmung der Umgebung; und sie ist Umgebung des Bildes, ja in
gewisser Weise sogar des Sujets. Zunächst, was das Bild anbe-
langt, so gehört es, soweit die Zeichnung nicht reicht, mit in die
Einheit der Wahrnehmungsauffassung. Dagegen fehlt die nor-
male Wahrnehmungsauffassung für die Zeichnung selbst. We-
30 nigstens können wir hier nicht ohne weiteres sagen: Wir sehen
Papier. Die Bildauffassung verdrängt die Papierauffassung, so-
weit die Auffassungsinhalte sich decken. Oder noch besser: Das
Bildobjekt erscheint und ist Träger des Sujet-Bewusstseins. Die
Auffassungsinhalte sind für diese Erscheinung aufgebraucht.
35 Eine zweite Auffassung, die Papierauffassung, ist in gewisser
Weise auch da, sie hängt mit der kontinuierlich einheitlichen
46 TEXT NR. 1 (1904/05)
1 Spiegelbild im Wasser.
TEXT NR. 1 (1904/05) 49
noch haben, die sinnlichen Inhalte als Menschen noch weiter mir
erscheinen lassen, aber nun habe ich den Widerstreit gegen die
Wirklichkeit: Die aktuelle Ge gen war t ist hier bestimmt durch
die Umgebung und durch die gesehene, aber als Wa c h s pup p e
5 gesehene Figur, die mit ihr gegenständliche Einheit teilt. Inter-
pretiere ich anders, so fühle ich eben das "anders", ich fühle
den Widerstreit, ich habe die Erscheinung eines Ni c h t s. Dieser
:\Iensch ist ein Ni c h t s. Die Sachlage ändert sich aber wieder,
wenn die Figur vermöge ihrer Ähnlichkeit eine bekannte Person
10 darstellt. Die Person im Jetzt, in der Gegenwart, der sie sich
scheinbar, nämlich einerseits erscheinungsmässig und anderer-
seits mit Widerstreit einordnet, ist ni c h t s, aber sie stellt nun
ein ähnliches, aber nicht hier, nicht gegenwärtig Seiendes vor.
Ganz anders ist, wie wir bald sehen, die Sachlage im Fall der
Phan t asie (die Erinnerung inbegriffen). Die Auffassungs-
inhalte der Phantasie sind offenbar nicht zugleich Träger von
eigentlichen oder uneigentlichen Wahrnehmungsauffassungen.
20 Das Phantasiebild erscheint nicht im objektiven Zusammenhang
der gegenwärtigen Wirklichkeit, der Wirklichkeit, die sich in der
aktuellen Wahrnehmung, im aktuellen Blickfeld konstituiert. Der
Zentaur, der mir jetzt in der Phantasie vorschwebt, bedeckt
nicht scheinbar ein Stück meines Blickfelds, so wie der Zentaur
25 eines Böcklinschen Bildes, das ich wirklich sehe. Der wirkliche
Raum der Wahrnehmung hat nicht eine Partie, die sich so und so
umrahmt und zwischen sich einem fiktiven Raum Platz lässt für
meine Phantisien. Das Phantasiefeld ist völlig getrennt vom
Wahrnehmungsfeld. Wenn aber dies, warum scheiden wir beide
30 unter den Titeln Wahrnehmung und Phantasie? Etwa wegen der
Bildlichkeitsauffassung? Aber könnte es nicht sein, dass Phanta-
:,ieauffassungen ohne alle Bildlichkeit fungierten, und wären sie
dann nicht Wahrnehmungen? Könnten wir dann etwa zwei
Wahrnehmungsfelder, nur zwei getrennte, also mehrfache Ge-
35 sichtsfelder, mehrfache Tastfelder usw. haben? Und könnte nicht
50 TEXT NR. 1 (1904/05)
darstellen konnte als früher. Jedenfalls muss man sie sich ganz
zu eigen machen, um sicher weiterbauen zu können.
<5. KAPITEL
Die Phan tasieerscheinung im Kontrast zur
5 physisch-bildlichen Erscheinung und zur
W ahrnehm ungserschein ung>
erweist sich nicht als Fiktum durch seinen Widerstreit gegen die
in sich unbestrittene Wirklichkeit des Gegenwärtigen. Wie er-
scheint es also? Erscheint es ,wirklich in der Weise eines Bildes?
Konstituiert sich wirklich in der Phantasie ein Bildobjekt, durch
5 das hindurch ein Bildsujet angeschaut wird? Ich muss gestehen,
dass ich hier immer wieder von ernstem Zweifel ergriffen wurde.
Ein Teil der Schwierigkeiten behob sich, nachdem die Unter-
schiede der äusseren und inneren Bildlichkeit auseinandertraten.
Normalerweise fungiert die Phantasieerscheinung sicher nicht
10 in der Weisel einer äusseren Bildlichkeit, sie repräsentiert nicht
nach aussen. Oder vielmehr, sie muss es nicht tun, aber sie k a n n
es tun: wie wenn wir uns nach einer Reisebeschreibung ein Bild
von einem Lande machen, natürlich mit dem vollen Bewusstsein,
dass es sich dabei nur um ein mehr oder minder entferntes
15 Analogon handle; oder wenn wir ein Musikwerk uns vorstellig
machen durch Themen, ein Stückchen Melodie, wo das Vor-
gestellte neben seiner inneren Bildlichkeit auch mit nach aussen
weisenden Intentionen behaftet ist, u.dgl. Aber auch da ist über-
all die innere Bildlichkeit das erste und das Hinausweisen auf ein
20 anderes, in anderen Vorstellungen zur Anschauung Kommendes
ein Darangeknüpftes. Lassen wir also die ä u s s e ren Inten-
tionen beiseite, da sie ohnehin innere voraussetzen, an die sie
erst angeknüpft sein müssen, so fragt es sich eben bezüglich dieser
inneren Intentionen, wie sie zu verstehen, und ob sie wirklich
25 auch als Bildintentionen zn verstehen sind. 2 Sind sie es, dann
konstituiert sich das Bildbewusstsein jedenfalls auf einem ande-
ren Fundament. Jener Widerstreit der aktuellen Gegenwart
gegen das sich als Fiktum Dazwischensetzende fehlt, aber muss
nicht dafür ein anderer Widerstreit suppo<nierb <werden>?
30 Würde nichts die Erscheinung bestreiten, müsste sie da nicht als
Wahrnehmung' gelten? Ist nicht die schlichte direkte Auffassung
dasjenige, was Erscheinung ausmacht, so dass Erscheinung in
primärem und echtem Sinn überall dieselbe Auffassungsweise be-
deutet?3 Was charakterisiert die eine Erscheinung als Erschei-
1 Später eingefügt: "eines Bildes im Sinne". - Anm. d. Hrsg.
2 "und ob" bis "sind" später verandert in "und ob sich wirklich ihre Auffassung
als Bildintentionen bis zum Ende durchführen lasst". - Anm. d. Hrsg.
3 Der letzte Satz wurde später verändert in: "Ist nicht die schlichte direkte Auf-
fassung, dasjenige, was Erscheinung ausmacht, überall dasselbe? So dass Erscheinung
In primarem und echtem Sinn überall dieselbe Weise der Vorstelligwerdung bedeutet?"
- Anm. d. Hrsg.
56 TEXT NR. 1 (1904/05)
<6. KAPITEL
Rekapitulierende Darstellung der Ansicht,
dass Phan tasievorstellung sich als
Bildlichkeitsvorstellung interpretieren lasse>!
Ferner stellt sich auch hier das phantasierte Objekt durch das
Medium der primären Erscheinung in verschiedenen Stufen der
Vollkommenheit dar, sowohl was den Umfang anbelangt, als
hinsichtlich des Grades in den primitiven Momenten der Ver-
5 ähnlichung.
Soweit also besteht Parallelismus zwischen der gewöhnlichen
und der zu studierenden Phantasieimagination, und selbst-
verständlich muss dieser Parallelismus bestehen, wenn bei der
Phantasie von Imagination die Rede sein soll. '
ten uns auf den Standpunkt, es seien in diesen Fällen die dar-
stellenden Inhalte mit denen der Wahrnehmung zu identifizieren,
es bestehe also zwischen den klaren Phantasmen und den nor-
malen Empfindungen kein prinzipieller Unterschied, bliebe dann
5 noch irgend etwas übrig, was Phantasieerscheinung (die pri-
märe) und die Wahrnehmungserscheinung trennte? Nur im
Nacheinander, in der Form der Sukzession, kann Wahrgenom-
menes und Phantasiertes zur Einheit der Erscheinung kommen. 1
Und im allgemeinen ergibt der Übergang vom einen zum anderen
10 eine Diskontinuitä,t. Schliessen wir den Fall der frischen Er-
innerung aus, den Fall, wo Wahrnehmung sich kontinuierlich
umwandelt in Erinnerung und wo eine Kontinuität überführt
von dem Wahrnehmungsfeld zu einer Reihe von Erinnerungs-
feldern, so ist der Übergang von einer augenblicklich vollzogenen
15 Phantasievorstellung zu einer Wahrnehmungsvorstellung ein
Sprung, ein gewaltiger Abstand, im Kontrast gegen die
Wahrnehmung und in einer Art W i der s t r ei t gegen sie er-
weist sich die Phantasieerscheinung als blosse Fiktion. Es
ist auch hier I ein Widerstreitsverhältnis, nur ein solches ganz
20 anderer Art als inmitten des Blickfeldes. Hier streitet das ganze
Phantasiefeld mit dem ganzen Wahrnehmungsfeld und ohne
jede Durchdringung. Sind wir in die Phantasie ganz versunken,
so achten wir zwar auf die Wahrnehmungsobjekte nicht, aber sie
erscheinen immerfort, sie sind da und üben ihre Spannung gegen
25 das entsprechende Phantasiefeld. Die Spannung besteht zwischen
entsprechenden Sinnesfeldern der Wahrnehmung und Phantasie
und entsprechenden Teilen dieser Felder. So bestimmt auch hier,
wenn ich recht sehe, eine Art Widerstreit das Fiktum der
Phantasie. Das Phantasiebild konstituiert sich als Erscheinung,
30 die sich eine Zeitlang gegen das Blickfeld der Wahrnehmung be-
hauptet, aber in diesem Gegensatz das phänomenologische Cha-
rakteristikum erhält, das hervortritt, sowie wir zur Wahrneh-
mung und von ihr wieder zum Bild zurückkehren. Die Wahr-
nehmung, die widerstreitslose, weder von innen noch von aussen
35 (durch Erfahrungsintentionen) bestrittene, konstituiert Er-
s<:heinung der aktuellen Gege"lWart. Was gegen sie streitet, ist
11lcht gegenwärtig, als Einheit der Koexistenz mit dem Gegen-
• 1 Aber wenn ich etwas auf das weisse Papier hinphantasiere ? Ich habe dann doch,
\\enn auch fluchtig, ein Bild ..auf" dem Papier.
68 TEXT NR. 1 (1904;05)
<§ 33. Die Fälle der unklaren Phantasien und die Frage,
ob hier überhaupt Bildobjekt und Bildsujet unterschieden
werden darf. Hinweis auf analoge Erscheinungen in der
Wahrnehmungssphäre: Doppelbilder und Wettstreit der
5 Sehfelder beim Schielen>
<7. KAPITEL
Versuch, zwisohen Phantasievorstellung und
Bildlichkeitsvorstellung einen wesentlichen
U n t er s chi e d zu eta b I i e ren>
Aber wie steht es nun mit diesen beiden Feldern?l Sind sie so
5 verträgliche Koexistenzen, wie es etwa die verschiedenen perzep-
tiven Felder sind, z.B. das Gesichts- und Tastfeld? Haben wir
also zugleich mehrere Gesichtsfelder, im Wesen gleichartig, sofern
sie Sinnesinhalte derselben Gattung und Stellenwertempfindun-
gen derselben Spezies enthalten, voreinander etwa nur dadurch
10 ausgezeichnet, dass sich auf dem einen eine sogenannte perzep-
tive Auffassung, auf dem anderen eine anders nuancierte, so-
genannte Phantasieauffassung aufbaut? Warum sollte es dann
nicht möglich l>;ein, dass sich einmal auf beiden imaginative oder
auf beiden perzeptive Auffassung baut?
15 Wir merken hier weitere Unterschiede. Das perzeptive Ge-
sichtsfeld und das perzeptive Tastfeld oder Gehörsfeld koexistie-
ren, die Empfindungsgruppen sind gesondert, aber sie sind zu-
sammen zu schauen, und sie schmelzen auch zusammen in in-
tuitiv-apperzeptiven Einheiten, es erscheinen Gegenstände, die
20 die zugehörigen Empfindungen, nur gedeutet, vereinigt enthalten
mögen. Anders verhält es sich, wenn wir Gesichtsfeld der Wahr-
nehmung 'und Gesichtsfeld der Phantasie nehmen. Diese lassen
sich gar nicht zusammenschauen. Blicken wir auf das eine hin,
so wird das andere gewissermassen hinuntergedrückt, und ebenso
25 umgekehrt. Es verhält sich ähnlich wie beim Wettstreit der Seh-
felder, und aus ähnlichen Gründen. Schauen wir auf das perzep-
tive Gesichtsfeld, achten wir auf seine Empfindungsinhalte oder
auf die Gegenstände der Wahrnehmung, so haben wir keine An-
schauung vom Roons'. Bricht aber diese Anschauung blitzartig
30 durch, und zwar als wirkliche Anschauung, haben wir nicht bloss
Leerintention, so ist das perzeptive Gesichtsfeld für den Augen-
blick unbebaut; ganz so, wie beim Durchbruch'eines Stücks des
rechten Gesichtsfeldes im ,stereoskopischen Wettstreit der Seh-
1 Sinnesfelder der Empfindung und Phantasie. Während die Sinnesfelder der
Empfindung im Verlauf des Bewusstseinslebens stetig erfüllt sind und sich gesetz-
massIg ändern, gilt dies nicht von den Sinnesfeldern der Phantasie. Sie ko=en und
verschwinden, und die verschiedenen, zu demselben Sinn gehörigen Felder der Phan-
tasie im Laufe der Zeit bilden keine kontinuierliche Einheit.
76 TEXT NR. 1 (1904[05)
Es ergibt sich nun aber eine weitere Frage. Es wechseln die ent-
10 sprechenden Raumfelder der Wahrnehmung und Phantasie ab,
sie schliessen die Möglichkeit der Einheit in einer Erscheinung
aus: Jetzt habe ich das Gesichtsfeld: dieses HäusL jetzt das
Gesichtsfeld: Hainberg und Roons. Aber warum ist das eine
Wahrnehmung des HäusIs, das andere Phantasievorstellung vom
15 Roons? Woran soll die verschiedene Auffassung ihren Anhalt
finden? Warum wechselt nicht auch die Auffassung, oder warum
wird nicht einmal dies und einmal jenes als aktuelle Gegenwart
genommen? Können wir mit bloss sekundären Merkmalen aus-
kommen? Angenommen, wir hätten schon Wahrnehmung aus-
20 gezeichnet. Nun wird sie durchbrochen durch eine Phantasie. Im
Übergang vom einen zum anderen erleben wir gegenständliche
Diskontinuität. Warum muss aber Kontinuität statt Diskontinui-
tä t gelten? Warum gilt das Durchbrechende als Phantasie?
Warum als nichtgegerlwärtig und evtl. nur durch einen möglichen
25 Wahrnehmungszusammenhang mit der aktuellen Wahrnehmung
zu Verbindendes?
Und jedenfalls, muss nicht Wahrnehmung einen ursprünglichen
Vorzug haben, der die Rückbeziehung aller Objektivität auf sie
ermöglicht? In der Tat scheint schon in den sinnlichen Inhalten
30 beiderseits ein phänomenologischer Unterschied stattzuhaben.
Die Empfindungen allein haben die echte Realität, und zwar
Gegenwartsrealität, und sind die Begründer echter Realität in
intentionalen Zusammenhängen. Ihnen gegenüber sind Phan-
tasmen wie Nichtigkeiten. Sie sind irreal, sie gelten nichts für
35 sich, sondern nur als Darsteller für anderes, das gegeben eben
wieder Empfindung wäre.
Aber da ergibt sich eine grosse Schwierigkeit. Die Evidenz der
78 TEXT NR. 1 (1904/05)
sozusagen ein Leerstück der Intention. Auch hier ist die Mög-
lichkeit gegeben, das Phänomen, wie es gerade ist, zu fassen als
Phänomenierung eines gegenwärtig erscheinenden Bildobjekts,
das sehr verschieden ist vom Sujet. Aber das Bewusstsein eines
5 Gegenwärtig fehlt ganz und gar, und somit auch die Vermittlung.
Die verbildlichenden Momente tragen die Imagination, das
übrige sind nicht bestimmte und als bestimmt geltende Momente,
sondern "Unbestimmtheiten", und die streiten nicht immer mit
der Intention und geben somit kein sich abhebendes Bildobjekt-
10 bewusstsein. Andernfalls ist ein Bewusstsein eines Bildobjektes
wirklich vollzogen, nur erscheint das Bildobjekt nicht als gegen-
wärtig, sondern selbst schon als Bild. Genau so, wie bei der
Wahrnehmung ein perzeptives Bildobjekt fungiert, so hier ein
imaginatives Bildobjekt.
<8. KAPITEL
Erge bnisse und Vorblick auf die Analysen
des Zei tbewusstseins>
1 7.II.1905. Resümee.
TEXT NR. 1 (1904/05) 83
5 Doch wir müssen der Klarheit halber nun zwei Fälle unter-
scheiden, 1) die schlichte Phantasievorstellung 2) die
bildlich sich vermittelnde. In der letzten bezieht sich
die Vorstellung mittelbar auf den Gegenstand, nämlich mittels
einer Bildvorstellung, so dass sich hier, analog wie bei der phy-
10 sischen Bildfunktion, ein Bildbewusstsein konstituiert. In der
schlichten Phantasievorstellung ist das nicht der Fall. In der
bildlichen sind zwei Vorstellungsfunktionen aufeinandergebaut
und durch Bildlichkeitsbeziehung aufeinander bezogen: Die fun-
dierende ist eine Phantasievorstellung. Sie konstituiert phanta-
15 siemässig ein Objekt, das nun seinerseits mit einer imaginativen
Funktion ausgestattet ist. So z.B. Wenn ein Geologe sich auf
Grund von einigen, durch Versteinerungen an die Hand gegebe-
nen Merkmalen eine anschauliche Vorstellung von einer vor-
weltlichen Tierart macht. 1
20 • Und so überhaupt,.2 wenn ein Phantasiebild eben als biosses
Bild für etwas dient, was im Bild nicht selbst als angeschaut ge-
nommen wird. Auch hier kann je nachdem das Hineinschauen
oder das Symbolisieren und Analogisieren überwiegen. Der Unter-
schied dieser echten und eigentlichen Bildfunktion in der Phan-
25 .t a sie gegenüber derselben Funktion im Fall der Bild li c h-
keit der Wahrnehmung ist klar: Das Bildobjekt ist in die-
sem Fall ein als gegenwärtig erscheinendes, in dem Phantasiefall
ein phantasiemässig erscheinendes, also nicht gegenwärtig er-
scheinendes. Andererseits aber hebt sich das Bewusstsein der
30 echten Bildlichkeit als ein Gemeinsames heraus. Ferner ist es
klar, dass die echte imaginative Funktion in der Phantasie vor-
aussetzt eine Phantasievorstellung, die nicht wieder imaginativ,
wenigstens dies nicht in demselben Sinn ist. Wir werden also
hingewiesen auf schlichte Phantasievorstellungen; wie die Wahr-
35 nehmungsbildlichkeit in Wahrnehmung fundiert ist, so ist die
1 Hier steckt ein Glaube, eine Vermutung. Also die Vorstellung keine "biosse".
2 Bekannt und unbekannt.
TEXT NR. 1 (1904/05) 85
Doch wir haben bisher nur von den "klaren Phantasien" ge-
sprochen. Nicht geringe Beunruhigung haben mir, wie ich ge-
stehen muss, gerade die unklaren gemacht. Hier weicht ja das
nicht bloss schwankende und flüchtige, sondern auch inhaltlich
35 sehr unangemessene "Bild" vom phantasierten Objekt weit ab.
Indessen bin ich schliesslich mit mir darin einig geworden, dass
88 TEXT NR. 1 (1904/05)
und gibt keine doppelte Objektivität. Eine solche stellt sich aber
sofort ein, sowie ein klares und festes Bild der Phantasie auf-
taucht, welches sich mit der Phantasieintention partiell deckt,
aber nach gewissen Punkten von ihr klar abweicht. Evtl. mag
5 nachträglich die Erinnerung modifizierend auf die Intention
wirken und den Widerstreit hervorrufen. Z.B. ein klares Er-
innerungsbild gibt einer Intention auf einen Freund X Anschau-
lichkeit. Das Bild bringt aber zunächst einen schwarzen Vollbart,
ganz klar, und die Interttion, sich durch den Fluss der Erinnerung
10 eben modifizierend, verlangt einen braunen Vollbart. Dann wird
aber normalerweise das Bild nicht standhalten und sich ent-
sprechend anschaulich modifizieren.
Durch unsere Analysen treten als primitive Vorstellungsmodi
hervor 1) zwei schlichte Modi eigentlicher Vorstellung, die Wahr-
15 nehmung und die Repräsentation; 2) ein schlichter Modus un-
eigentlicher Vorstellung: die leeren Intentionen; 3) die fundierten
Vorstellungsmodi, auf die schlichten intuitiven oder leeren In-
tentionen gebaut. Die verschiedenen primitiven Fundierungs-
formen wären hier noch zu studieren. Es schieden sich uns schon:
20 die bildlichen Vorstellungen, die symbolischen durch Ähnlichkeit
und die symbolischen durch blosse Signifikation (ohne analogi-
sierende Beziehung). Genauer analysiert haben wir die bildlichen,
in welchen sich Wahrnehmung und Phantasie oder Phantasie und
Phantasie durchdringen und eine abbildende Intention fun-
25 dieren.
1 Vgl. in der VI. Untersuchung, ,,§ 23. Die Gewichtsverhältnisse zwischen intui-
tivem und signitivem Gehalt ein und desselben Aktes. Reine Intuition und reine
Signifikation. Wahrnehmungsinhalt und BIldinhalt, reine Wahrnehmung und reine
Imagination. Die Gradationen der FuIle." (1. Auflage 1901). - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 1 (1904/05) 91
rigkeiten, wie wir hören werden. Aber jedenfalls ist mit unseren
Unterscheidungen eine erste Approximation vollzogen, die der
Wahrheit einen ersten und vorläufig anzunehmenden Ausdruck
verleiht. Die AUflösung der hier nur angezeigten Schwierigkeiten
5 wird ein Hauptstück der Analyse des. Zeitbewusstseins bilden
müssen.
<9. KAPITEL
Die Frage nach dem phänomenologischen
Unterschied zwischen Empfindung und
10 Phantasma und die Frage nach dem
Verhältnis von Wahrnehmung und Phantasie>
15 Ehe ich daran gehe, muss ich aber noch einiges hinzufügen,
was in die Sphäre der bisher behandelten Probleme näher herein-
gehört ; eine Lücke ist in unseren Darstellungen geblieben, wir
sind auf die Frage nach dem phänomenologischen Unterschied
zwischen Empfindung und Phantasma nicht gründlich eingegan-
20 gen. Die hier von verschiedenen Forschern angestellten Unter-
suchungen behandelten die Frage immer vermengt mit der Frage
nach dem Verhältnis von Wahrnehmung und Phantasie. Aber so
innig eins und das andere zusammenhängen, so ist doch klare
Scheidung die Vorbedingung für erfolgreiche Behandlung dieser
25 Probleme. Eine sehr ausführliche Erörterung der erstgenannten
Frage, die ausführlichste, die mir überhaupt bekannt ist, hat
Brentano in seinen Vorlesungen1 gegeben. Und sie endet damit,
dass wesentliche Unterschiede zwischen Empfindungen und
Phantasmen abgelehnt werden. Es sind beiderseits im Wesen
30 dieselben sinnlichen Inhalte, durch keine Abgründe geschieden,
nicht getrennt durch irgendein Moment von grundwesentlich
verschiedener Gattung. Alle hier vorkommenden Unterschiede
sind vielmehr stetig vermittelte. Der Hauptsache nach sind es
1 Zu diesen Vorlesungen F. Brentanos vgl. oben die Einleitung des Hrsg. S. XXV.-
Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 1 (1904/05) 93
1 9.II.1905.
94 TEXT NR. 1 (1904/05)
sein u.dgl. ist etwas anderes als einen Zorn vorstellen, einen
Wunsch, ein Wollen, ein Urteilen vorstellen. Und diese letzteren
Erlebnisse sind nicht etwa Komplexionen, welche die ersteren in
sich schliessen. Ein Urteil vorstellen ist nicht urteilen und noch
5 etwas dazu. Ein Wollen vorstellen ist nicht wollen und noch etwas
dazu. Wie ist das aber wieder möglich, wenn die Vorstellung
gleichsam ein Bi I d ist, das den ganzen Inhalt des früheren Zu-
standes repräsentiert, somit in allen inneren Bestimmtheiten 'mit
ihm stimmt, ebenso wie die Farbe in der Phantasie doch auch
10 Farbe ist.
Dass hier weder graduelle Unterschiede noch abgrundtiefe et-
was helfen können, ist klar. Wenn wir uns in der Phantasie einen
längst berichtigten Irrtum vergegenwärtigen, so irren wir Jetzt
nicht, auch nicht im schwächsten Grade. Sagt man, es handelt
15 sich nicht um Grösse des Irrtums, sondern um eine phänomeno-
logische Abstufung, die ein Analogon der Intensität darstelle,
um Grade der Kräftigkeit oder Lebendigkeit, so antworten wir
natürlich: Ob das Urteil lebhaft oder weniger lebhaft, an Fülle
reicher oder ärmer ist, ist es überhaupt Urteil, dann glauben wir,
20 und somit irrten wir wirklich, so oft wir uns einen Irrtum in
der Phantasie vorstellten. In Wahrheit irren wir aber, wenn wir
des früheren Irrtums uns erinnern, nur dann, wenn wir nicht
bloss erinnern, sondern den betreffenden Sachverhalt jetzt noch
glauben, während wir, inzwischen eines Besseren belehrt, zwar
25 noch die Vergegenwärtigung vollziehen und die Erinnerung, aber
nicht mehr den Glauben. In diesem Beispiel tritt der Unterschied
mit besonderer Klarheit hervor. Enthielte die Erinnerung an den
früheren Glauben, dadurch dass sie ihn anschaulich vergegen-
wärtigte, diesen Glauben selbst, wäre das Glaubens-Phantasma,
30 als inhaltlich gleichartiges mit der Glaubens-Empfindung, einem
aktuellen Glauben gleichzurechnen, dann hätte der zur Abhebung
gekommene Unterschied keinen Sinn: zwischen Erinnerung an
einen Glauben mit aktuellem Glauben und Erinnerung an ihn,
ohne ihn zu teilen.
35 Die vorhandene Schwierigkeit wird aber auch nicht beseitigt,
wenn wir zwischen den Auffassungsinhalten der Wahrnehmung
und Phantasie sozusagen einen abgrundtiefen Unterschied an-
nehmen. Dieser könnte ja nur besagen, dass irgendein Moment
des Erlebnisses auf der einen Seite in ein total anderes auf der
TEXT NR. 1 (1904/05) 99
Fragt man, wie es mit den Fällen steht, wo wir uns einer ver-
gangenen Freude erinnern und uns zugleich über dasselbe aktuell
1 Aber, wird denn ein "anderes" dargestellt in der Phantasie, es sei denn, dass ich
mir eine Sache in der Phantasie vorstelhg machen will, wo die Phantasie eben noch
die Intention auf diese angenommene oder im Glauben gesetzte Sache erhalt. In der
schlichten Phantasie stellt das Geschaute nichts anderes vor, sondern <sich> selbst:
aber modifiziert.
TEXT NR. 1 (1904/05) 105
1 Zu uberlegen.
106 TEXT NR. 1 (1904/05)
BEILAGE I
PHANTASIE UND BILDLICHE VORSTELLUNG
<ZUM VERHÄLTNIS ZWISCHEN W AHRNEHMUNGS- UND
25 PHANTASIEVORSTELLUNG>
(3.-4. September bis 3. Oktober 1898)
verteilung, es ist nicht identisch mit der Papierfläche und ihren Far-
benabschattungen. Dieselben Farbenempfindungen, die wir einmal als
diese objektive Farbenverteilung auf dem Papier deuten, deuten wir
das andere Mal als das Bild-Kind, aber nicht als das wirkliche Kind;
5 diesem schreiben wir ganz andere Farben zu, Farben, die uns im Bilde
überhaupt nicht erscheinen. Solcher, nach Bildern und Bildarten
wechselnder Differenzen gibt es bei jedem Bilde, sonst könnte es zur
Bildvorstellung überhaupt nicht kommen.
Bevorzugen wir nun für den Augenblick den einfacheren Fall der
10 Phantasievorstellungen. Sind bei ihnen Bild und Sache als z vi ei
Gegenstände zu unterscheiden, so müssen auch zwei objektivierende
Akte oder zum mindesten zwei Richtungen oder Komponenten der
vergegenständlichenden Auffassung vorhanden sein. Das naive Den-
ken fasst die Sache freilich einfacher. Im "Geiste" steckt das Bild,
15 und "draussen" ist allenfalls der Gegenstand; und existiert dieser
nicht, wie wenn ich einen Drachen phantasiere, so ist eben nur das
geistige Bild vorhanden, und weiter gibt es nichts zu erklären. Nichts
weiter als die Kleinigkeit, wie der Geist es anfängt, mit dem Bilde in
sich einen Gegenstand, der vom Bilde verschieden ist, vorzustellen.
20 Wenn ich ein Bild in die Schublade stecke, stellt sie sich nun den
Gegenstand vor? Die naive Auffassung irrt aber vor allem, indem sie
im Geiste, oder wenig verfeinert: im Bewusstsein so das Bild sein lässt,
wie in der Wirklichkeit ein Ding. Wenn ich mir in der Phantasie einen
Löwen "ausmale", so verhält sich dieses Bild zum wirklichen Löwen
25 analog, wie sich zu ihm etwa ein physisch gemalter oder photographi-
scher Löwe verhält. In beiden Fällen sind die! Bildgegenstände wahr-
haft ein Nichts, und die Rede von ihnen hat einen modifizierten Sinn,
der auf ganz andere Existenzen hinweist, als welche sie selbst sich
ausgeben. Das photographische Bildobjekt (nicht der photographierte
30 Gegenstand) existiert wahrhaft nicht. Wahrhaft, das besagt nicht:
ausser meinem Bewusstsein, sondern überhaupt nicht, auch nicht
in ihm. Was wirklich existiert, das ist die bestimmte Farbenverteilung
auf dem Papier und desgleichen eine entsprechende Komplexion von
Empfindungen, die ich, die Photographie betrachtend, erlebe. Ebenso
35 existiert das Phantasiebild wahrhaft überhaupt nicht, aber es existiert
eine ihm entsprechende Komplexion von sinnlichen Phantasieinhalten
im Erlebnis der Phantasievorstellung. Und wie dort die Farben-
empfindungen in ihrer konkreten Komplexion nicht selbst das Bild
sind (man wird doch, um nur eins zu nennen, die objektiv-volle drei-
40 dimensionale Körperlichkeit nicht der Empfindungskomplexion
unterschieben), vielmehr durch einen auffassenden, deutenden Akt
erst den Bildcharakter gewinnen, so gilt dasselbe auch hier bei der
Komplexion von Phantasieinhalten. Der auffassende Akt fügt nicht
etwa neue sinnliche Inhalte hinzu, als ob ein Mehr an Inhalten das
45 machen könnte, ohne welches überhaupt die Gegenständlichkeit für
1 Später eiugefligt: "repräsentierenden". - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE I 111
1 Den SatzteIl "die aus dem blinden Dasein ... " bis zum Ende des Satzes hat Hus·
serl spater WIe folgt verändert und ergänzt: "die aus dem blinden Dasein des Inhalts
das Ihn als etwas Auffassen, <mit> ihm etwas Vorstellen, das nicht ihn, aber durch
Ihn etwas gegenstandlich Haben zustande bringt". - Anm. d. Hrsg.
2 ,,'lIemen" spater verändert in "Auffassen". - Anm. d. Hrsg.
3 Ubec "vorstellen" später eingefügt: "in der Erscheinung haben". - Anm. d.
Hrsg.
4 "und Memung" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
5 Spdter emgefugt: "repräsentierende". - Anm. d. Hrsg.
6 Spdter emgefugt: "repräsentierende". - Anm. d. Hrsg.
7 "Den letzteren Gegenstand" hat HusserI später eingeklammert und dafür ein-
gefugt· "Das BIld, den reprasentierenden Bildgegenstand". - Anm. d. Hrsg.
8 Spater emgefugt: "zwar als einen". - Anm. d. Hrsg.
I I
112 BEILAGE I
gebildeten meinen. Es ist! sehr wichtig, sich klar vor Augen zu halten,
dass hier eine doppelte Gegenständlichkeit für die Phantasievorstel-
lung selbst, als Erlebnis wie es ist, in Betracht kommt und dass es
sich nicht etwa um einen nur begrifflichen Unterschied handelt, der
5 erst nachträglich in der Reflexion über das Verhältnis dieses Erleb-
nisses zur Wirklichkeit erwächst. Es ist nicht ein Unterschied der Art,
wie wir ihn bei der Wahrnehmung zwischen dem erscheinenden Ding
(dem Ding im gewöhnlichen empirischen Sinne) und dem Ding an sich
machen, wo ja in der Erscheinung nicht zwei Dinge, das empirische
10 und das an sich seiende Ding erscheinen, sondern nur das eine, das erstere.
Die vergegenständlichende Auffassung der Phantasieinhalte, wodurch
der äussere Gegenstand (im Beispiel das Berliner Schloss) zur Vor-
stellung kommt, ist keine bIosse Präsentation, wie sie der Wahrneh-
mung oder Wahrnehmungsvorstellung zu Grunde liegt. In der Präsenta-
15 tion erscheint uns der Gegenstand "selbst"; aber das Phantasiebild
mutet sich anders an wie der Gegenstand "selbst", es ist eben nicht der
Gegenstand, sondern stellt ihn nur als Bild vor. Und diese Rede drückt
offenbar einen Unterschied aus, der in den Erlebnissen selbst liegt. Man
darf nicht etwa glauben, es sei ihm durch den Umstand vollauf Genüge
20 geschehen, dass die Wahrnehmungsvorstellung Empfindungen verge-
genständliche, die Phantasievorstellung aber Phantasmen. Eben in die-
ser Hinsicht erweist sich das bis nun arg vernachlässigte Studium der ge-
meinen Bildvorstellungen überaus lehrreich. Denn das Bild ist hier
die "Vergegenständlichung" von Sinnesinhalten, und doch ist diese
25 Vergegenständlichung keine Wahrnehmungsvorstellung. Nicht der
repräsentierende Gegenstand, das "geistige" Bild, ist das Gemeinte,
sondern der abgebildete Gegenstand, das Bildsujet ; nicht dieses klein-
winzige, in photographischen Farben erscheinende Figürchen, sondern
das "wirkliche" Kind. Und so meinen wir auch nicht das schwankende
30 und flüchtige, bald auftauchende und wieder verschwindende, dabei
sich inhaltlich mannigfach ändernde Phantasiebild, wenn wir einen
Gegenstand in der :phantasie uns vergegenwärtigen, wir meinen das
Bild nur, wenn wir es als Psychologen darauf abgesehen haben. In der
Wahrnehmungsvorstellung haben wir einen aufgefassten Gegen-
35 stand, und dieser ist auch der gemeinte. In der Phantasievorstellung
haben wir zwei aufgefasste Gegenstände, nämlich das Phantasiebild
und das hierdurch vorstellig gemachte Bildsujet : gemeint, im eigent-
lichen Sinn vorgestellt, ist aber nur das letztere. Die Wahrnehmungs-
vorstellung stellt ihren Gegenstand direkt vor, die Phantasievorstel-
40 lung indirekt: sie stellt ihren Gegenstand so vor, dass sie zunächst
einen anderen, ihm ähnlichen Gegenstand zur Erscheinung bringt,
dur c h den sie ihn bildlich auffasst und meint.
Es war also nicht voreilig, wenn wir oben von zwei Akten oder
zwei Richtungen der Vergegenständlichung sprachen. Die Auffassung,
45 welche die erlebten Phantasieinhalte zum erscheinenden Bilde ver-
1 Spater eingefügt: "hier". - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE I 113
sichtlich der Präsentation gemacht haben, finden wir auch hier vor:
die Unterschiede von direkter und indirekter, primärer und sekun-
därer, einfacher und zusammengesetzter Präsentation. Auch der
Unterschied zwischen der Einzelpräsentation und der synthetischen
5 Präsentationsreihe, in der sich ein Gegenstand oder ein Zusammen-
hang von Gegenständen schrittweise von verschiedenen Seiten aus
zeigt und inhaltlich entfaltet, fehlt hier nicht. Die Präsentation steht
hier freilich in einem ganz anderen Erlebniszusammenhang, sie erfüllt
in dem umfassenderen Aktganzen der Phantasievorstellung eine we-
10 sentlich verschiedene Funktion wie in der Wahrnehmung (und den
gleichgeordneten Akten), so dass ihr Charakter erheblich modifiziert
erscheint. Wir betonten schon, dass sie jetzt nicht mehr "Grundlage"
ist einer meinenden Zuwendung, wodurch ihr Gegenstand als der im
Gesamtakt intendierte dasteht; wir erwähnten auch, dass solche auf
15 sie gegründete Zuwendung zwar möglich ist, aber nur dann statthat,
wenn ein eigenes Interesse auf das Bild gerichtet ist. Dadurch aber
erwächst ein neues Erlebnis, das der Bi I d b e t r ach tun g, welches
von der normalen Phantasievorstellung wohl unterschieden ist. Die
meinende Zuwendung, die bei der letzteren den Vorstellungsoharakter
20 komplettiert, ist zwar an die Bildpräsentation innigst angeknüpft,
aber sie hat einen ganz anderen Gegenstand, statt des Bildes das Bild-
sujet. Dazu ist aber natürlich erfordert, dass dieses Sujet der Vorstel-
lung irgendwie gegeben sei, d.h. dass ihr eine Auffassung zu Grunde
liegt, die ihr ihn konstituiert. Wie in den bisher analysierten Fällen, so
25 müssen wir auch hier die das Objekt bereitstellende Auffassung und
die meinende- Zuwendung zu deren Objekt unterscheiden. Die neue
Auffassung ist aber keine neue Präsentation. Wo sollte sie auch den
präsentativen. Inhalt hernehmen? Alle Phantasmen (so nennen wir
kurzweg die sinnlichen, erlebten Inhalte der Phantasie) sind zur Prä-
30 sentation des Bildes voll aufgebraucht; ausser ihnen findet sich aber
im Erlebnis der Phantasievorstellung nichts anderes wie der Kom-
plex der Aktcharaktere. So kann die neue Auffassung, statt neue
sinnliche Inhalte zu objektivieren, nur die erste Auffassung zum Fun-
dament einer neuen Objektivierung machen. Hier liegt eine wesentlich
35 verschiedene Auffassungsart vor, die wir nach ihrem allgemeinen
Charakter als Re prä sen tat ion, und nach dem besonderen, hier
massgebenden, als bildliche Repräsentation bezeichnen werden.
Repräsentation setzt notwendig Präsentation voraus. Ein präsentier-
ter Gegenstand ist Repräsentant für den repräsentierten Gegenstand.
40 In der Präsentation ist es ein erlebter Inhalt, welcher der deutenden
Auffassung unterliegt, und zwar ein Inhalt, welcher als das, was er ist,
zwar erlebt, aber für uns nicht gegenständlich ist. Erst wenn wir auf
ihn, z.B. in psychologischem Interesse, "reflektieren", wenn die "in-
nere Wahrnehmung" sich seiner bemächtigt, wird er für uns Gegen-
45 stand; aber nun ist auch das ganze Erlebnis ein anderes, die ursprüng-
liche Präsentation hat einer neuen Platz gemacht. Dagegen ist der
BEILAGE I 115
1 Nota bene.
2 Das gilt für die symbolische Repräsentation (Kontiguität in der Wahrnehmung).
Gilt es auch für die analogische Repräsentation?
BEILAGE I 117
welchem ein meinender Akt, dessen Spezies aus dem jeweiligen Zu-
sammenhang zu ersehen ist, sich auf den Gegenstand einer ihm zu
Grunde liegenden Auffassung bezieht.
2) Vorstellungen von Phantasieobjekten1 als Akte
5 präsentativer und meinender Auffassung von Phantasieobjekten. 2
3) Vorstellungen von Phantasiebilder'n als ebensolche
Akte wie die eben bestimmten, nur mit dem Unterschiede, dass wir
jetzt die Phantasieobjekte ausdrücklich als Bilder bezeichnen, also
mit repräsentativer Funktion behaftet denken.
10 Der Unterschied der ersten mit den beiden folgenden Vorstellungs-
arten ist unverkennbar und bedarf nach dem früher Erörterten keiner
neuen Analyse. Es ist beispielsweise ein sichtlich verschiedenes Er-
lebnis, ob wir uns ein fernes Land in Phantasiebildern vergegenwärti-
gen (z.B. bei der Lektüre einer Reisebeschreibung), oder ob wir unser
15 Interesse den Phantasiebildern selbst zuwenden (z.B. aus psycholo-
gischem Interesse). Die Auffassungsgrundlage kann beiderseits die-
selbe sein, aber die meinende Vorstellung richtet sich einmal auf die
abgebildeten Gegenstände und dann nicht auf die Bilder, das andere
Mal auf die Bilder und dann nicht auf die abgebildeten Gegenstände.
20 Aber auch der feinere Unterschied zwischen den beiden letzten Vor-
stellungen ist hervorzuheben, weil es sich offenbar um verschiedene
Erlebnisse handelt, je nachdem die in der Phantasie erscheinenden
Objekte als Bilder fungieren oder nicht. Freilich könnte es zweifelhaft
erscheinen, ob nicht alle Phantasieobjekte co ipso mit dem Charakter
25 der Bildlichkeit auftreten, auch wo wir auf sie und ihn nicht achten
und uns ausschliesslich mit dem primär erscheinenden Objekte be-
schäftigen. Wenn wir von der Phantasievorstellung des fremden Lan-
des zur Vorstellung der es repräsentierenden Bilder übergehen, sind
zwei Fälle möglich. Ihre Bildlichkeit kann einerseits selbst mitgehören
30 zu dem Kreise unserer Interessen. So z.B. wenn wir in einer anzu-
knüpfenden begrifflichen überlegung das Verhältnis von Bild und
Abgebildetem erwägen wollen. Hier geht dem begrifflichen Denken
ein kompliziertes Erlebnis anschaulicher Vorstellung vorher und liegt
ihm zu Grunde, in welchem das Bild nicht bloss als Bild fungiert, son-
35 dem zugleich als Träger des Bildcharakters aufgefasst und gemeint
ist. (Dies setzt eine Reflexion auf die repräsentative Funktion voraus.)
Andererseits ist aber auch der Fall möglich, dass die Bildlichkeit ganz
ausserhalb des Rahmens liegt, in dem sich das Interesse bewegt. Das
Bild interessiert uns nicht als Bild von irgend etwas, sondern für sich,
40 als das so und so erscheinende Phantasieobjekt. Dies hindert aber
nicht, dass das Bild im Erlebnis fortfährt, Bild zu sein; dass es also
fortfährt, als Träger einer repräsentativen Auffassung zu fungieren,
nur dass weder ihr noch ihrem Gegenstand die Gunst besonderer Be-
achtung zuteil wird. Die Vorstellung ist jetzt nicht mehr als repräsen-
betrachtung, das, was wir hier als die physische Bildvorstellung be-
zeichnen. Zu ihrem Auffassungsgrunde tragen alle drei Gegenstände
mit bei. Sind wir in die Betrachtung des Bildes versunken, d.h. der
bildlichen Repräsentation des Sujets zugewendet; so haben wir den
5 abbildenden Gegenstand vor Augen; nur dadurch, dass er erscheint,
kann er das "selbst" nicht erscheinende Sujet vergegenwärtigen. An-
dererseits ist er nicht das Gemeinte, das im eigentlichen Sinne hier
Vorgestellte, dazu wird er n1!r in einer eigenen Betrachtung, die oben
als die dritte angereiht war. Ahnlieh wie mit diesem repräsentierenden
10 Bilde, welches wir oben mit dem Phantasiebilde parallelisiert haben,
scheint es sich mit dem physischen Bilde zu verhalten. Es ist einerseits
in der bildlichen Vorstellung nicht vorgestellt, geschweige denn, dass
es (im richtigen Sinn) wahrgenommen wäre. Wenn wir sie vollziehen,
also dem Sujet zugewendet sind, meinen wir ja nur dieses, ganz und
15 gar nicht das physische Bild, das eingerahmte und bedruckte Papier.
Dazu bedarf es eines eigenen Aktes der Vorstellung bzw. Wahrneh-
mung, d.i. der Betrachtungsart, die wir oben an erster Stelle erwähnt
haben. Andererseits wird man sagen müssen, dass, wenn auch nicht
die volle Wahrnehmung, so doch die ihren Gegenstand bereitstellende
20 Auffassung auch im jetzigen Erlebnis zu Grunde liege. Während wir
auf das Sujet achten und in seiner bildlichen Vorstellung aufgehen,
haben wir doch das physische Bild, das Eingerahmte an der Wand
vor Augen, es steht als dies Ding vor uns. - Genauer besehen ist diese
Vorstellung nicht ganz korrekt. Dass im häufigen Wechsel der Vor-
25 stellungsrichtung, den die psychologische Erfahrung bezeugt, auch
die Wahrnehmung und' mit ihr die Auffassung des physischen Bildes
als des physischen zur Geltung kommt, ist sicher. Bezweifeln kann
man aber, ob wirklich bei der normalen Bildbetrachtung, die auf das
Sujet gerichtet ist, auch das physische Bild zur Auffassungsgrundlage
30 gehöre, In der Tat ist dies nicht der Fall. Nur einem Teile nach tritt
es in die Auffassung ein. Es ist nämlich zu bemerken, dass sich in die
Auffassung des abgebildeten Gegenstandes nicht bloss die Farben
und Formen der Zeichnung, sondern auch die Umrahmung und selbst
die weitere räumliche Umgebung organisch einfügt: Das Bild springt,
35 sagen wir, aus dem Rahmen, bzw. wir blicken durch ihn, gleichsam
durch ein Fenster, in den Raum seiner Objekte hinein u.dgl. 1 In ein-
heitlicher Auffassung wird also der abgebildete Gegenstand mit der
umrahmenden Gegenständlichkeit in ein e m gegenständlichen Zu-
sammenhang aufgefasst, das Abgebildete in der Weise des besonders
40 Be,achteten hervorgehoben, das Umrahmende in der Weise des "neben-
bel Beachteten" zurückgestellt.
Genauer gesprochen sind wir, je nach Umständen, Verschiedenem
zugewendet. Öfters achten wir auf die Umrahmung gar nicht, viel-
m~,hr ausschliesslich auf das Sujet: Sie ist dann aufgefasst, aber im
45 pragnanten Sinne nicht wahrgenommen und nicht vorgestellt. In an-
In der Richtung, die wir jetzt durchforscht haben, zeigte sich kein
erheblicher innerer Unterschied zwischen Phantasievorstellung und
10 physischer Bildvorstellung. Die Möglichkeit, bei der letzteren neben
dem abgebildeten Gegenstande noch zwei Gegenstände zu unter-
scheiden, bedeutete ja nicht, dass diese zweifache Gegenständlichkeit
(womöglich noch in ganz einzigartiger Weise) zum repräsentativen
Grunde der Vorstellung gehöre. Auch bei der physisch-bildlichen Vor-
15 stellung war die repräsentative Funktion nur an einen Gegenstand
gebunden, an das repräsentierende Bild. Immerhin zeigt sich darin ein
Unterschied, dass der Repräsentant beiderseits aus einem verschieden
gebauten Auffassungsgrunde herausgehoben ist. Das Phantasie-
bild ist ausser allem Zusammenhang mit der "Wirklichkeit", das ist
20 mit dem Blickfeld möglicher Wahrnehmung. Hingegen ist das phy-
sisch dargestellte Bild in den Wirklichkeitszusammenhang in gewisser
Weise einbezogen, obschon es darin nicht selbst als Wirkliches gilt.
Ferner: Bei der physisch-bildlichen Vorstellung fungiert ein zum
Blickfeld der Wahrnehmung gehöriger, wirklicher Gegenstand, näm-
25 lieh das physische Bild, als Er r e ger der bildlichen Auffassung, seine
Wahrnehmung ist der Ausgangs- und Durchgangspunkt für die Ent-
wicklung der bildlichen Vorstellung. Bei der Phantasievorstellung
fehlt diese eigenartige Anknüpfung an eine bestimmte Erscheinung
in;. Blickfelde der Wahrnehmung, sie hat keinen Erreger. Da jeweils
30 die Möglichkeit besteht, von der physisch-bildlichen Vorstellung zur
Betrachtung dieses Erregers (des physischen Bildes als äusseren
Dinges) überzugehen, so liegt schon hierin ein stark hervortretender
äusserer Unterschied zwischen den beiderlei Vorstellungen. 2
Aber auch ein innerer, nicht auf die weiteren Auffassungszusam-
1 Im ubrigen ist auch in der Phantasie der Umfang der meinenden (für sich be-
achtenden) Vorstellung enger als derjenige der zu Grunde liegenden Auffassung. Das
phantaSierte Ding hat ebenfalls seinen phantasi{lrten Hintergrund, seinen gegen-
standhchen Zusammenhang, der da, aber nicht allseitig beachtet ist. Blickfeld der
Phantasie.
2 An dieser Stelle verweist Husserl mit Bleistift auf "Beilage M". Es handelt sich
um ein Blatt, datiert auf 2. Oktober 1898, das er später dem Vorlesungsmanuskript
von 1904/05 eingefügt hat (vgl. oben Nr. 1, §29 und die entspreChenden Textkritischen
Anmerkungen). - Anm. d. Hrsg.
124 BEILAGE I
1 Denken wir uns auch beiderseits die gegenständliche Beziehung identisch, denken
wir uns nämlich, es sei derselbe Gegenstand beiderseits vorgestellt, ja er sei sogar
beiderseits von derselben Seite, durch dieselben in die Erscheinung tretenden Be·
stimmtheiten vorgestellt, so bleibt nur ein Unterschied: vgl. S. 125, Zeile 21 11.
S Ausser den klargelegten Unterschieden kommen ubrigens in unserem Fall auch
noch all die Unterschiede in Betracht, welche zwischen Erscheinungen der Phantasie
und denen möglicher Wahrnehmung angenommen werden. Denn dass die physisch
vermittelten Erscheinungen und die Wahrnehmungserscheinungen ganz gleichartig
sind, werden wir alsbald erkennen.
BEILAGE I 125
*
10 <§ 9. Der allgemeine Charakter der Präsentation:
einen Gegenstand zur Erscheinung zu bri1tgen. -
Die Beantwortung der Frage nach dem Unterschied
zwischen Phantasieerscheinungen und
Wahrnehmungserscheinungen Zttrückführend auf die
15 Aufklärung des Unterschiedes zwischen den
präsentierenden Inhalten>
SOl stossen wir überall auf denselben Unterschied und aus leicht be-
greiflichen Gründen. Wir haben in den oben aufgezählten Akt-Erleb-
nissen mit Komplikationen zu tun; allen gemeinsam ist der Umstand,
20 dass in ihnen' ein Gegenstand erscheint, m.a.W. allen liegt eine Prä-
sentation zu Grunde (denn eben dies ist der prägnante Sinn des Wortes
Erscheinung). Der allgemeine Charakter der Präsentation ist: einen
Gegenstand zur Erscheinung <zu> bringen. Je nach dem Gegenstande
bestimmt sich der besondere Charakter der Präsentation, und wieder
25 nach einer anderen Richtung bestimmt er sich näher je nach der er-
scheinenden Seite, d.i. je nach den zur direkten Erscheinung kommen-
den Bestimmtheiten. In allen jenen mannigfaltigen Akten kann, prin-
zipiell gesprochen, derselbe Gegenstand von derselben Seite erschei-
nen; aber selbst wenn dies der Fall ist, scheint noch ein Unterschied
30 übrig zu bleiben, dem wir Rechnung tragen durch die Gegenüber-
stellung von Phantasie-Erscheinungen und Wahrnehmungs-Erschei-
nungen. Unter Phantasie-Erscheinungen verstehen wir natürlich
Erscheinungen, wie sie Phantasievorstellungen, gleichgültig ob nor-
maler oder modifizierter Art, zu Grunde liegen, unter Wahrnehmungs-
35 Erscheinungen solche, die Wahrnehmungen oder auch Wahrnehmungs-
vorstellungen und allen gleichgeordneten Erlebnissen zu Grunde lie-
1 Der Text von hier bis unten, S. 130,28 ersetzt in der Folioausarbeitung einen mit
Deleatur-Zeichen und dem Vermerk "ausgeschiedene Blatter" versehenen Text, der
in den Textkritischen Anmerkungen wiedergegeben wird (S. 631 ff). - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE I 127
*
Der Unterschied zwischen Empfindung und Phantasie erwies sich
durch die letzte Betrachtung als bestimmend für den Unterschied
15 zwischen Wahrnehmungserscheinung und Phantasieerscheinung. Es
ist hier aber auf den Sinn unserer unterscheidenden Absicht wohl zu
achten. Es handelt sich bei ihr ausschliesslich um innere Unterschiede
der bezüglichen Erscheinung. Wir fragen nicht, ob sie als blosse Prä-
sentation gegeben ist oder zugleich in repräsentativer Funktion, wir
20 fragen nicht nach den meinenden Akten, die sich auf diese Auffassun-
gen gründen, und endlich auch nicht nach den umfassenden Zusam-
menhängen von Erlebnissen und Dispositionen, zu welchen die ver-
glichenen Erscheinungen oder die in ihnen gründenden höheren Akte
gehören. Wir nehmen die Erscheinuug rein für sich und fragen, was
25 sie in dieser gedanklichen Isolierung unterscheidet.
tT ~
r:..usseL- At.
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4-
128 BEILAGE I
• <
BEILAGE I 129
*
130 BEILAGE I
Es ist für die Klarheit der Untersuchung sehr förderlich, diese ver-
schiedenen Fragen und Möglichkeiten auseinanderzuhalten. In der
üblichen Behandlungsweise des Stoffes, die unter den vieldeutigen
10 Titeln "Unterschied der Wahrnehmungsvorstellung und Phantasie-
vorstellung" oder schlichtweg "Unterschied zwischen Wahrnehmung
und Phantasie" erfolgte, ist dies nicht geschehen und konnte dies nicht
geschehen, da bei der mangelhaften Analyse die Begriffe Empfindung
und Wahrnehmungserscheinung, Wahrnehmung, und Wahrnehmungs-
15 vorstellung, und wieder die Begriffe Phantasma, Phantasieerschei-
nung, Phantasievorstellung und Vorstellung von Phantasieobjekten
durcheinandergingen. So finden wir in den gewöhnlichen Darlegungen
ein unklares Durcheinander. Bald handelt es sich um die Unter-
scheidung der Empfindungen und Phantasmen als Inhalten, bald
20 wieder um eine Unterscheidung der in ihnen gründenden Wahrneh-
mungserscheinungen und Phantasieerscheinungen. Dabei wird zwi-
schen inneren und äusseren Unterschieden, zwischen Klassenunter-
schieden und Unterschieden einander paarweise entsprechender Er-
scheinungen kein Unterschied gemacht. Worauf man gewöhnlich aus-
25 geht, ist die Frage: Woran kann man Erscheinungen der beiden Arten
voneinander unterscheiden? Sie umfasst offenbar alle aufgeworfenen
Fragen und ist als Ausgangsfrage recht wohl brauchbar. In systema-
tischer Beantwortung wäre etwa so vorzugehen:!
Stellen wir vorerst die Frage nach den Anhaltspunkten für die
30 urteilsmässige Unterscheidung der beiderseitigen Erscheinungen bei
identischem Gegenstande, so kann nur zweierlei in Betracht kommen:
der (sc. präsentierende) Inhalt der Erscheinungen und ihre Funktion. 2
1 Inhalt - innere Unterschiede
Funktion - äussere Unterschiede
a) Erörterung der äusseren Unterschiede. Die gewöhnlichen Merkmale Fülle, Intensi-
tät etc.
b) Erörterung der inneren. Aus unserer Untersuchung geht hervor, dass bei völligem
Mangel innerer Unterschiede doch die äusseren völlig hinreichen wurden, um einen
verschiedenen Charakter der Erlebnisse zu erklären.
Ob doch innere Unterschiede anzunehmen sind? Sie sind jedenfalls nicht scharf.
Sonst wären Verwechsluugen nicht möglich. Andererseits aber ist es die Frage, ob die
Intensität das brauchbare Merkmal ist. Haben denn alle Inhalte Intensität? Oder hat
jeder konkrete Inhaltskomplex ein Moment der Intensität? Wie ist es bei Phantasie-
vorstellungen von psychischen Akten?
2 Das eine ergibt die inneren, das andere die äusseren Unterschiede.
BEILAGE I 131
1 Widerstreitcharakter!
2 "dispositionellen" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
3 "und Dispositionen" später zwischen Klammern gesetzt. - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE I 133
10 <§ 15. Das Merkmal der Fülle. Die Frage nach dem
Intensitätsunterschied als Obergang zur Erörterung der
inneren Unterschiede. Ob auch bei Phantasiebildern von
psychischen Akten von Intensität zu reden sei>
**
*
15 BEILAGE Ir (zu § 9)
<TROTZ MEINENDER ZUWENDUNG ZUM BILDDING
BLEIBT DIE ERREGTE ERSCHEINUNG DES
REPRÄSENTIERENDEN BILDES MITBEMERKT>
<wohl 1898>
20 \V enn wir uns einem als Bild fungierenden Gegenstand zu wen den,
so hört er darum nicht auf, Bild zu sein, wir achten aber vielleicht
nicht auf seine Repräsentation. Die Auffassung reicht weiter als die
Meinung. Ebenso verhält es sich, wenn wir uns einem physischen
Bild zuwenden (dem Erreger des repräsentierenden Bildes).
25 Wenn ich dieses an der Wand hängende Bild betrachte, aber nicht
als Bild, sondern eben als an der Wand hängendes Ding, so er-
sc h ein t doch das dargestellte Bild und es stellt vor ein gewisses
Sujet. Aber darauf achte ich nicht besonders.
Aber allerdings: Gar nicht die erregte Erscheinung zu bemerken, ist
30 unmöglich. Sehe ich das physische Bild, so sehe ich auch die erregte
Erscheinung. Aber es ist ein anderes, speziell auf das erregte Bild
achten, speziell in der Vorstellung des Sujets aufzugehen, und speziell
auf das physische Bild achten. Zum physischen Bild gehört Z.B. die
ra.uhe Papierfläche dieses Kupferstiches (China-Papier). Diese Be-
35 shmmtheit streitet mit der auf der Fläche erscheinenden Frauen-
gestalt. Das dargestellte Bild ordnet sich in eine Räumlichkeit, die
~nverträglich ist mit der im physischen Bild erscheinenden Räum-
lIchkeit. Und so gibt es Differenzen sonst.
138
1 Grund, warum es nur Gesichts- und Tastbilder geben kann. Während andere
Sinne für sich keine Bildlichkeit haben können. Aber die Kirchenglocke tönt im
Theater etc.
BEILAGE IV 139
25
I
BEILAGE IV (zu § 15f.)
<EIGENTLICHE VORSTELLUNG - UNEIGENTLICHE
VORSTELLUNG>
<wohl 1904/05>
Physische Bildobjekte. Kann ich einen Zwilling als Bild für einen
anderen nehmen? Ich kann den einen als Bild-Symbol für den anderen
10 nehmen: Ich stelle z.B. vor: ein anderer, mit ihm bis auf geringe
Unterschiede gleicher, gleich erscheinender Mensch. Das Ölbild eines
Menschen, den ich nicht kenne: "jemand, der durch dieses Bild dar-
gestellt wird".
a) Das im Bild innerlich Vergegenwärtigtsein hinsichtlich der ana-
15 logen Momente.
b) Das über das Bild Hinausweisen durch die nichtanalogen Mo-
mente.
Würde ich das Bildobjekt nehmen, so wie es erscheint, so hätte ich
kein Bildobjekt. Ich würde das Bildobjekt betrachten wie irgend-
20 einen sinnlichen Schein sonst. Wie irgendein erscheinendes Objekt,
das mit einem Widerstreit behaftet ist.
Weisse Büste: Weisser Kopf (zugehörig psychische Phänomene
etc.). Weiter in umgekehrter Linie aber nichtweiss. Natürliche Ge-
sichtsfarhe. Kleiner Kopf - grosser Kopf.
25 Verschiedene Auffassungen sich durchdringend. Erfassungszusam-
men~ang. Was heisst das, im Bild die'Sache vergegenwärtigt haben?
Im Ahnlichkeitsbewusstsein leben und Verschmelzung der ähnlichen
Momente mit den nicht-analogisierten, aber mitintendierten, durch
Angrenzung zugehörigen. Ferner: Analogie dieses Ganzen mit dem
30 Intendierten (Änderung der Grösse, Ergänzung in entsprechende
Grösse, Perspektive etc.). Hat also nicht jedes Bild äussere Bezie-
hung notwendig in sich?
Dem Bildobjekt hängen nicht einfach äussere Intentionen durch
blosse Angrenzung an, so wie dem gewöhnlichen Zeichen, sondern das
35 BII.dobjekt vergegenwärtigt in sich durch analogisierende Züge das
SUJet, aber diese sind mit anderen Sujet-Intentionen verflochten, die
mIt den zum Bildobjekt gehörigen und erscheinenden streiten. Inso-
fern geht das Sujetbewusstsein durch das Bildobjektbewusstsein hin-
durch und daruber hinaus, und tatsächlich ist etwas anderes gemeint,
40 a~s w~s erscheint, etwas anderes, und doch im Erscheinenden (hin-
sIc~tl~ch der ähnlichen Züge) Vergegenwärtigtes. Erfüllung findet die
SUJetlI~tention durch ein Original. Eine vorläufige durch eine an-
schaulIch vollkommene Phantasievorstellung : Da wird gewonnen,
142 BEILAGE V
20 Warum wirkt die Natur, eine Landschaft! als "Bild"? Ein fernes
Dorf. Die Häuser "kleine Häuser". Diese kleinen Häuser haben a) eine
geänderte Grösse gegenüber den Häusern, wie wir sie gewöhnlich
sehen, b) eine geringere Stereoskopie, geänderte Färbungen etc. Sie
werden ähnlich 2 als Bilder aufgefasst wie Spielzeughäuser. Ebenso
25 Menschen: Puppen.3
Wir fassen sie in der Bildbetrachtung als nichtgegenwärtig : als
Bilder.4 Gegenwärtig"'unsere nächste Umgebung, das, was wir "sehen,
so wie es ist". Wir nehmen die Erscheinungen des Dorfes, der kleinen
Menschen etc. als Bilder für die nichtgegenwärtige mögliche Gegen-
30 wart, für Erscheinungen, die wir haben würden, wenn etc. 5
Ästhetik
1 Eine Hauptsache ist hier nicht erwogen: In der psychologischen Einstellung ist
die ErschelIlung Ge ge n s t a,n d j in der ästhetischen Einstellung betrachte ich nicht
die Erschemung und mache sie nicht zum theoretischen Gegenstand j ich betrachte
wahrnehmend den Gegenstand oder ih der Bildbetrachtung den abgebildeten durch
das MedIUm des BIldes, und doch bin ich nicht in theoretischer Einstellung, in der
Ich auf das "Sein" (wahrhafte Sein) gerichtet bin, etwa es zu bestimmen oder auch,
In praktl,cher Emstellung, es umzugestalten, es mir zuzueignen, es zu begehren, mich
~aran als W,rkhchkeit zu freuen. Es ist ein Gefallen, das die Existenz ausser Spiel
asst und wesentlIch bestImmt ist durch die Erscheinungsweise. Ist es ein Gebrauchs-
~egenstand, so 1st nicht die Existenz als Gebrauchsgegenstand in Frage, sondern wie
er Gebrauchsgegenstand als solcher sich darstellt etc.; und so manches andere -
Siehe Text und Kants Lehre.
146 BEILAGE VII
1 Die "Dinge", d.i. die Dingerscheinungen drücken immer etwas aus, bedeuten
etwas, stellen etwas dar, nämlich für die Betrachtung der Kunst. Ästhetische Er-
scheinungen sind ausschliesslich Erscheinungen, die eben etwas ausdrücken, dar-
stellen, und dies nicht in der Weise eines leeren Zeichens. Sie drücken i=er von
innen her aus, durch ihre Momente, durch Momente der Analogie, und dann erst
kommt der asthetische Unterschied des "schöner" und "minder schön", des "schön"
und "hässlich" in Betracht. Was nichts ausdrückt, ist das ästhetische &aL~CPOPOV.
BEILAGE VII 147
Ein Fiktum haben wir bei der physischen Bildlichkeit aus doppelten
Gründen:
1) Widerstreit durch Hineinsetzung in die Umgebung der "Wirklich-
20 keit"
2) Empirischer Widerstreit (Menschen in photographischen
Farben gibt es nicht).
Ebenso die Fikta der Phantasie? Sie gelten nicht als wirk-
lich, weil sie durch ihnen anhaftende Erfahrungsforderungen bestritten
25 werden? Das würde auch gelten für ihre Flüchtigkeit, ihren Wechsel,
ihr Intermittieren. Immerfort werden dadurch empirische Forderun-
gen verletzt. Andererseits sind sie nicht so, wie sie da erscheinen, ge-
meint, sondern ein Gegenstand ist in ihnen analogisiert. Also wirklich
Bildlichkeit.
30 Nicht ein festes Bildobjekt repräsentiert die Sache, sondern flüch-
tige und mannigfaltige Erscheinungen, wechselnde, schwankende
Bildobjekte ergebend, tragen das Bildlichkeitsbewusstsein.
Dazu ein anderer Widerstreit: derjenige gegen die Wahrnehmung;
das ist aber ein ganz andersartiger als der der physischen Fikta.
35 Auch bei klaren und festen Erinnerungen und Phantasien nicht
anders: Die Sachen stehen selbst da und doch wieder nicht da. Nicht
nur die Wahrnehmung sträubt sich gegen sie, sofern sie, auch wenn
wir nicht in ihr leben, eine Kraft des Widerstandes behält, sondern
auch die Erfahrung leistet Widerstand. Wenn wir auch die Un-
1 "und gelten muss" wohl schon zur Zeit der Niederschrift gestrichen. - Anm. d.
Hrsg.
9 Abschrift. Die Auffassung ist nicht festgehalten worden.
BEILAGE IX 149
Phantasiebilder doch beständig im inneren Sprechen habe, ohne dass diese sich mit
dem aktuell Gehörten stören. Und schliesslich verschwindet auch die Wahrnehmung
des GeSIChtsfeldes nicht, während ich mir irgendein Gemälde etc. vorstelle. Aber ver-
senken kann Ich mich nicht in beide zugleich und beide in gleicher Anschauung halten.
Und Jedenfalls die Intentionen kann ich auf beides ungestört festhalten wie ich es bei
der VergleIChung tue. Die sind nicht unverträglich, sondern verträglich. Dagegen ist
~Je Intention auf den gebrochenen Stab unverträglich mit der Wahrnehmungsauf-
.assung der Wirklichkeit. Die Intention auf den Strich auf dem Papier unvertraglich
mit eier Papierwahrnehmung etc. Das Nichtgegenwärtige ist mit dem Gegenwärtigen
un~ertraglich, wenn es eben gegenwärtig sein will.
Aber doch nur zumeist.
152 BEILAGE IX
schiebung zu finden. Also' das ist zu beachten. Man muss die ertt-
sprechenden Teile der Sinnesfelder nehmen. Nur in der Form des
Nacheinander ist Gegenwart und Nichtgegenwart hier zu vereinigen.
Doch überlassen wir das weiterer Erforschung, so ist das sicher: Das
5 physische Bild ist ein Wahrnehmungsobjekt, steht in Reih und Glied
mit den anderen Wahrnehmungsobjekten, es gehört dem Wahrneh-
mungsblickfeld an. Es wird zum Bild durch Widerstreit, durch doppel-
te Wahrnehmungsauffassung derselben Empfindungsunterlage, wobei
die eine Auffassung der Einheit der Wahrnehmungsauffassung des Ge-
10 samtblickfeldes angehört, die andere mit ihr streitet. Das physische
Bild ferner repräsentiert, es ist ein als gegenwärtig Erscheinendes,
repräsentiert aber ein Nicht-Jetzt, es erregt es oft auch, dieses wird
vorstellig eben durch eine andersartige Vorstellung, die dem Gegen-
stand den Charakter des Nicht-Jetzt gibt, Nicht-aktuell-da. Das
15 "Phantasiebild" gehört aber in eine andere Welt.
Zu beachten ist: Es gibt auch echte Bildvorstellungen in der
P h a n t a sie. Z.B. ich mache mir ein Bild von Cäsar etc. Das ist keine
eigentliche Vorstellung von Cäsar, kein direktes Gegenstandsbewusst-
sein von ihm als einem Nichtgegenwärtigen. Keine "Erinnerung" von
20 ihm. l Sondern es ist eine Phantasievorstellung (Vorstellung eines
Nichtgegenwärtigen), die einen Gegenstand (einen nichtgegenwärti-
gen) vorstellig macht, der seinerseits Cäsar "vorstellt", ein Bild von
ihm entwirft. Das ist eine ech te Bildvorstellung. Ich "weiss", dass
Jas nicht Cäsar ist, sondern dass es den Cäsar mir nur vorstellt, als ein
25 mehr oder minder' gutes Analogon, nicht ganz unbestimmt freilich,
wiev,reit und worin die Vorstellung dem Gegenstand gleicht (etwa
nach Bildern, die ich gesehert habe. Dann sind diese physischen Bild-
momente diejenigen, die mir dienen).2
*
Hier haben wir eine mehrfache Bildlichkeit. 3
30 1) Nehme ich die "Himmlische Liebe" (ein hübsches kleines Re-
klamebildchen für "Meisterwerke" liegt vor mir) als Bild für die grosse
~eproduktion in den "Meisterwerken", die ja selbst Reproduktion
1st <VOll> Tizians Bild. Es soll mir eine "Vorstellung" gegeben werden
für die treffliche Reproduktion in den "Meisterwerken". Hier ist ein
35 Bild Bild für ein anderes, dabei nicht das Bild in individuo, und nicht
das physische Bild für ein anderes physisches Bild in individuo. Hier
haben wir wohl Bildlichkeit: Das physische Bild allgemein als so und
--- 1 Oder der Kunstler entwirft sich in der Phantasie im voraus sein Bild: Er stellt
SIch den Tod C;isars vor _.
D 2 Erinnerung an unsere Photographie der Madonna - und die Erinnerung an die
resdener Madonna selbst.
d 3 Der folgende Text bezieht sich auf den oben wiedergegebenen Absatz der mit
Zen Worten beginnt: "Hier könnte ich sagen: Es stellt Tizians Bild vo.;, (S. 149,
elle 34). Vgl. die Textkritischen Anmerkungen, S. 641. - Anm. d. Hrsg.
154 BEILAGE IX
sein vom Objekt, und so,' wie ich es da habe, genau so, wie es da
erscheint", sich darstellt, interessiert es mich. Die Darstellung des
Öbjekts und nicht das Objekt ist mein Interesse. Jede Abbildung ent-
hält ein Bildbewusstsein, eine Darstellung, in der ich analogisches Be-
5 wusstsein vom Objekt habe, aber diese Darstellung dient als Funda-
ment für ein indirektes Vorstellen.
*
Note l
I
Tizians Bild stellt mir die himmlische und irdische Liebe vor. Von
einem bestimmten Standpunkt aus. Für diesen Standpunkt gibt es
10 eine solche Vorstellung, dass ein Gefühl der Uneigentlichkeit hin-
sichtlich des Dargestellten gar nicht aufkommt. Was mich dabei in-
teressiert, das ist da, das ist nicht indirekt vorgestellt.
Das Bild hat nicht die Funktion, etwas "anderes" vorstellig zu
machen. Was heisst das? Es soll nicht "an ein anderes erinnern", durch
15 Ähnlichkeit und durch andere Relationen es indirekt vorstellig
machen. Auch das genügt noch nicht zur Klarheit!
J edenfalls ~scht sich im Bild Bewusstsein der Übereinstimmung
und des Widerstreites. Im Ähnlichen ist das Ähnliche vergegen-
wärtigt, ist es dasselbe, im Unähnlichen ist es ein anderes. Ist die
20 Ähnlichkeit eine entfernte, genügend, um an das Ähnliche zu erinnern,
aber nicht, um in ihm das Ähnliche zu schauen, so wirkt das Bild ganz
als Symbol. Die Meinung geht auf das andere; es erinnert, und das,
woran es erinnert, ist das Gemeinte. Auch der Name erinnert an die
Person, so wie eine rohe und nicht getreue Silhouette. Und dies
25 letztere kann auch als Symbol dienen (Hieroglyphe), evtL auf Grund
einer Vereinbarung, einer willkürlichen Festsetzung (ich will es als
hieroglyphisches Zeichen verwenden, als Merkzeichen der Ähnlich-
keit, als Erinnerungszeichen durch Ähnlichkeit). Dann hängt dem
Zeichen der Charakter des Hinweises an, es soll nicht das Zeichen,
30 sondern das Bezeichnete gemeint sein. Das Meinen geht nicht nur auf
das Bezeichnete, sondern das Zeichen hat auch fühlbar die Tendenz,
die Meinung von sich abzustossen und auf das Bezeichnete hinzu-
stossen. Also phänomenologisch hängt dem Zeichen auch etwas an;
wenn wir darauf achten, so merken wir: Es hat die Funktion des
35 Zeichens, es soll als Träger einer Intention fungieren, eines auf-
merkenden Meinens. das auf das andere geht, es soll nicht für sich
gelten.
A~ch ein Ähnlichkeitssymbol hat diese Eigenschaft. Nicht das Er-
schemende ist gemeint, sondern ein anderes, dieses soll gemeint sein,
40 das "Bild" hat fühlbar den Charakter des Zeichens. Durch Ähnlich-
I Der Text dieser Note (bis S. 157,23) bezieht sich auf die Ausführungen von S.
153,29 bIS S. 155,6. Vgl. die Textkritischen Anmerkungen, S. 641. - Anm. d. Hrsg.
156 BEILAGE IX
Warum fühlen wir so oft den Widerstreit nicht? In der Regel sogar
tritt er nicht hervor.
Das Stahlstichbild hat einen doppelten Widerstreit: den Widerstreit
mit der physischen Gegenwart und, den mit dem Sujet. Beides kann
5 hervortreten, wenn wir mit eigenen Intentionen die betreffenden Auf-
fassungen verknüpfen. Sonst wird der Widerstreit als das "anders"
nicht empfunden. Geht unser Interesse speziell auf die Farbe, oder auf
die Farbe mi t, so fühlen wir die Farblosigkeit des Stichs als Mangel.
Die Farben in das Bild hineintragen können wir nicht, da es die Er-
10 scheinung einer sinnlichen Gegenwart bietet. Wir können nur eine
neue Erscheinung in der Phantasie bilden, eine Reproduktion des
Sujets erzeugen: Wir müssen also nach aus sen gehen, wir müssen
das Bild verlassen. Solange wir im immanenten Bildbewusstsein leben,
solange leben wir in der Anschauung des Bildobjekts, aber nicht so,
15 als ob es nichts sonst bedeutete, sondern so, dass wir die verähnlichen-
den Züge als solche, als darstellende erleben, und in ihnen das Sujet
schauen, während die·übrigen Momente des Bildes (Bildobjekts) zwar
erscheinen, aber nicht für das Bildsnjet gelten.
Verflicht sich die Bildfunktion mit der abbildenden und äusserlich
20 indirekt vorstellenden, so geht eben das Bewusstsein nach innen und
dann wieder nach aussen. Das Bild veranschaulicht, repräsentiert das
Objekt, und dann wieder steht es als Hinweis auf das Objekt, auf das
anderwärtig Vorstelligzumachende da.
25 Schaue ich mich hinein, so sehe ich in diesem Bild Fechner (nach
den! dargestellten Büstenteil), Die Photographienuancen sehe ich,
aber während ich in der plastischen Form Fechner selbst nach seiner
Gestalt sehe, sehe ich nicht in den Photographienuancen Fechner. Ich
bin immer der Person, der dargestellten, zugewendet. Das Weiss gilt
30 mir als Weiss des Haares, das Gesicht aber gilt mir seiner Färbung
nach nicht, die Brillengläser geiten mir als Brillengläser, ich schaue in
da~ .Empfundene etwas anderes hinein. Ja, eigentlich kann ich das
frellIch nicht. Es kommt nicht zur Phantasierung. Es ist aber ge-
meint, es drängt sich im Widerstreit gegen die falschen Farben auf,
35 als eine Widerstreitintention, oder als eine Intention, die dies da nicht
gelte.n lässt als analogische Darstellung, während die plastische Form
u~mlttelbar "gilt". Wir haben hier also eine innere Re'präsenta-
tl 0 n gegenüber der äusseren, die nach aussen drängt, auf eine andere
~arstellung, auf eine andere Erscheinung, so wie es in der Regel bei
40 emem schlechten Bild oder einem zum Symbol bestimmten und als
Syu:bo~. fungierenden statthat. Das Bild kann nach aussen e ri nn ern,
an em Ahnliches, evtI.. an das.Objekt nach dem dargestellten Teil, evtl.
158 BEILAGE IX
1) Der Stich als Bild des Originals: Das Original ist die Madonna
30 in Dresden.
2) Der Stich als Bild: Ich schaue mich hinein und habe das Bild
der Madonna. Original = Madonna.
1) Ebenso die Reproduktion einer Sonate von seiten des Klavier-
spielers und die Sonate selbst. Das Original die Sonate, so wie sie
35 Beethoven meinte. Oder vielmehr so, wie derjenige sie als die von
Beethoven gemeinte apperzipiert, der dieses Bildbewusstsein voll-
zieht.
2) Die Sonate als Ausdruck der und der Gefühle, Stimmungen
(Musik als Ausdruck).
40 Jeder hat seinen idealen Beethoven. Jeder Künstler fasst ihn anders
auf. Der eine die Auffassung des anderen vernehmend, fasst sie als
gutes oder schlechtes, als adäquates oder inadäquates Bild seines
Beethoven, seiner eigenen Auffassung. Evtl. wird er bei eigener Dar-
BEILAGE IX 159
nannt, oder <werden> gar die ersten Takte' gehört, so ist die Idee ge-
weckt (Intention auf die Sonate im Sinn meines durch Studium er-
worbenen Verständnisses), und damit wird die Reproduktion ver-
glichen: ähnlich wie ein Holzschnitt mit der Idee des Bildes selbst.
5 Deckung und Widerstreit.
10 Und doch1 ist es ganz anders wie bei der gemeinen Bildbetrachtung.2
Bei dieser betrachten wir das Bildobjekt, und dieses gilt erst als dar-
stellend, als Bild für etwas anderes.3 Dieses andere ist dispositioneIl
erregt und drängt sich, wenn wir es kennen, auch oft hervor in Form
von Phantasievorstellungen, evtl. nur nach Momenten: Dieses Haar
15 ist blond (das erscheinende Grau vertritt das Blond, usw.).
In der Phantasie aber gilt das Erscheinende nicht für etwas anderes.
Nicht erst etwas erscheinend und dann Geltung, die darauf sich
gründete.
In der Phantasie haben wir nicht ein Bildobjekt konstituiert" das,
20 unterschieden für das intentionale Erlebnis von dem Gemeinten, dieses
darstellte. 4 In der gemeinen Bildlichkeit betrachten wir das Bild, ein
volles phänomenales Objekt, das auch gemeint, obschon nicht als
Endziel gemeint ist. Es ist gemeint, sofern es darstellt. Es ist gemeint,
sofern es eben Abbild sein soll.
25 In der Phantasie aber ist es anders. Wir haben hier verschiedene
Fälle.
1) Die Phantasieerscheinung ist eine klare, voll ausgearbeitete.
Z.B. ich denke an den Ratskeller oder an die Laube unseres Rathauses,
"ich sehe sie vor mir". Und ich sehe sie an. Hier habe ich kein Be-
30 wusstsein der Art: Ich betrachte das "Bild", und es gilt mir als Bild
für etwas anderes. Sondern: Das ist die Sache. Die Erscheinung
bringt mir die Sache selbst zum Bewusstsein, nur ist die Sache keine
gegenwärtige. I)
1 Der Text dieses und der folgenden beiden Absätze sowie der zugehörigen An-
merkungen wurde später kreuzweise gestrichen; vermutlich sollte erst der darauf-
folgende Text ausgearbeitet werden. - Anm. d. Hrsg.
Z Etwas nachträglich über der Zeile eingefügt: "in der Abbild-Auffassung".-
Anm. d. Hrsg.
3 Das gilt nur für die abbildliche, symbolische Funktion. .
4 Ja, wenn die Phantasievorstellung eine vollkommene ist! Sonst haben \'VII
dann ein Bildbewusstsein, das seines Unterschiedes gegenüber dem gemeinten Gegen-
stand bewusst ist oder es sein kann.
sUnd ausserdem Bewusstsein der Deckung (der angemessenen Deckung) der In-
tention, das Bild kann klar sein und doch kein solches Bewusstsein.
BEILAGE X 161
Ja, das ist noch ein gewisser Unterschied. Bei der physischen Bild-
betr.~ch)Jm~ haben. wir ja ~iderst:eit im B~ckfeld der W~hrnehmung.
Da u:berschieben sIch zweI IntentIOnen. Bel der PhantasIe haben wir
10 entw'eder volle Anschauung: Dann haben wir kein eigentliches Bild-
bewusstsein, sondern ein direktes Gegenstandsbewusstsein, aber von
"Nicht-Gegenwärtigem". Oder wir haben die Intention auf das Objekt
und jene "Schatten", die nicht fes t e Bildobjekte herstellen, die etwa
ein abbildliches oder ein mit Widerstreit gemischtes intuitives Bild-
15 bewusstsein herstellen. Nur unter Umständen, wenn wir zwar volle
Phantasieerscheinungen haben, aber nicht wissen, ob der Mensch
blond ist oder nicht, also Unbestimmtheitsintentionen.
Wie fungieren nun jene "Schatten"? Es sind "unklar" wandelbare,
flüchtige, sich vielfach ändernde Erscheinungen, vielfach unbestimmt,
20 unbestimmt nach Färbung etc. In ihnen erscheint der Gegenstand, nur
schattenhaft, "unvollkommen", "unbestimmt". Wie durch einen
Schleier, einen Nebel hindurch, durch die Dämmerung hindurch. Beim
physischen Bild ist das Nicht-Analogisierende fest und klar. Daher
drängt sich das Bildobjekt einheitlich auf, wenigstens leicht. Eigent-
25 lich konstituiert sich das Bildobjekt auch nur bei darauf gerichtetem
Interesse. Hier kann sich keine feste Einheit bilden. Durch die analo-
gischen Momente hindurch läuft die Objektintention. Das Bildobjekt
konstituiert sich nicht als klare feste Einheit.
*
Die Ansicht von der wesentlichen Sonderung von Empfindungen
u~d Ph.antasmen und zugleich der Sonderung der beiden Bewusst-
semswelsen, der Gegenwärtigung und Vergegenwärtigung. Empfin-
35 dungen können nur die eine, Phantasmen nur die andere Auffassung
erfahren.
Da für spricht ein Argument, das mir letzthin noch nicht auf-
~estossen war. Wenn es nur an zufälligen psychologischen Gründen
lage, was als Empfindung und was als Phantasma fungiert, d.h. in der
40 ~unktion einer Präsentation und einer Repräsentation steht, während
m den so fungierenden Inhalten kein wesen tlicher Anhalt für
1 Der Text dIeses und des folgenden Absatzes wurde später in eckige Klammern
gesetzt und dIagonal durchgestrichen. - Anm. d. Hrsg.
166 BEILAGE XIII
die eine und andere Auffassung läge, dann wäre ,es ja auch nur Zu-
fall, etwa Unserer "psychischen Organisation", dass die aktuellen
Erlebnisse, die unsere Bewusstseinseinheit ausmachen, Gegenwärtig-
keiten, also Realitäten sind.
5 Es wäre denkbar, dass alle Inhalte überhaupt in einem Bewusstsein
als Phantasmen aufgefasst würden, es wäre ein nicht wahrnehmendes
und nur~ha tasierendes Bewusstsein denkbar ... Ob nicht darin
auch Unz äglichkeiten lägen?
Alles, as reell erlebt ist, was die Bewusstseinseinheit ausmacht,
10 kann also nicht anders aufgefasst werden seinem Wesen nach, denn
als Gegebenheit, als GegenwärtigkeiU
Wie steht es dann aber mit den sogenannten "Phantasmen", mit
den modifizierten Erlebnissen, den Sinnesphantasmen, den Modifi-
kationen von Urteilen, Gefühlen usf.? Gehören sie nicht auch zur
15 Bewusstseinseinheit ? Ja, in ihren Modifikationen.
-- 1
2
SPäter
w· eingefügt·
."" der Idee" . _ Anm.d.Hrsg ..
'1 Je kann eIne Apperzeption einem Erlebten den Charakter des Nicht·Selbstda
er t el en?
Nr.2
lich das sehende Auge, aber nicht als Objekt, das man selbst
sieht, sondern repräsentiert durch die Muskelempfindung der
geöffneten Augen, Akkomodationsempfindungen u.dgl. Ge-
sichtsbild der in das Sehfeld hineinragenden Nase etc.) Meine
5 Hände sehe ich auch: Auch sie werden in Beziehung gesetzt zu
meinem Kopf, zum körperlichen Sehzentrum.
Dieses Zentrum der physischen Sehbeziehung wird aber nicht
selbst wieder in dieser Weise vorgestellt. Allerdings, wende ich
darauf die Aufmerksamkeit, so stelle ich mir meinen Kopf und
10 vielleicht mich selbst ganz vor, etwa wie ich "mich" vom Spiegel
her kenne, wodurch dann die sonderbare Beziehung des Seh-
zentrums wieder auf ein anderes erfolgt.
Nun gut. Wenn ich jetzt zurückdenke an die belebte Stunde
mit Schwarz im Ratskeller, und speziell wie ich ihm gegenüber-
15 sass, im bestimmten Moment, der bestimmten Situation, da
habe ich eine "Phantasie"-Vorstellung von der ganzen Situation,
speziell eine solche von "mir". Und sogut ich einen Tisch, den
ich sehe, identifizieren kann mit einem Tisch, dessen ich mich
in einer Phantasieerscheinung erinnere (die Lage, das Aussehen
20 mag übrigens geändert sein), so kann ich die Erinnerung an das
Ich identifizieren mit dem jetzt empfundenen oder wahrgenom-
menen Ich. Also me i ne mIch 1 steht in der Phantasie das Ob-
jekt gegenüber (meinem Ich in einer gewissen phantasierten Si-
tuation, Stellung). Natürlich wird das Wahrnehmen dabei nicht
25 phantasiert, und doch kann ich wieder sagen: Das Objekt er-
scheint dem Ich, und zwar so, dass das Ich das Objekt wahrnimmt,
es hat die Augen offen, blickt auf das Objekt so und so hin usw.
Nun wenn ich auf den Akt des Phantasierens reflektiere, stehe
ich in der Gegenwart. Dieser Akt ordnet sich ein meinem aktu-
30 ellen Ich: Er wird wahrgenommen. Das so und so Erscheinen, das
Vorschweben des Bildes etc., das ist ein aktuell Wahrgenom-
menes und gehört zur Sphäre der "Seele". Soeben schwebt mir
das "Bild" der Situation im Ratskeller, Eugen Schwarz ete. vor.
Ich kann aber auch die Erscheinung beziehen auf das phanta-
35 sierte, nicht bloss körperliche, sondern auch geistige Ich. Lebe
ich in der Phantasie, so lebe ich in dem Bildbewusstsein, welches
jenes Phantasie-Ich und jenes Phantasieobjekt, jene Phantasie-
1 Das Ich, das phantasiemässig erscheint, wird also zu einem Nicht·Jetzt, was ich
ihm vom Jetzt zudeute, wird zum Bild dessen, was jenes Ich hat. Der Widerstreit
~ennt ~ozusagen aktuelles und phantasiertes Ich. Und so wird auch die jetzt erlebte
I rhschemun g zum Repräsentanten, Bild der "Erscheinung", die dem phantasierten
c ZUgemutet wird.
2 Spater eingefugt "eigentlich". _ Anm. d. Hrsg.
174 TEXT NR. 2 (1904-1909)
ich mir vor, ich sass Freund S. gegenüber, so liegt darin "impli-
zite", dass ich mir vorstelle: ich hätte die Wahrnehmungs-
erscheinung des gegenübersitzenden Freundes. Die Selbst-
erscheinung des Freundes, das Gegenübersitzen seI b s t wird
5 dem Phantasie-Ich eingelegt. Dem aktuellen jetzigen Ich wird
eingelegt die Erscheinung, die nicht als Wahrnehmungserschei-
nung genommen, sondern als Vergegenwärtigung verstanden
wird. Dieselbe Erscheinung wird doppelt aufgefasst. In Beziehung
auf das Phantasie-Ich ist es Wahrnehmungserscheinung: Ich
10 phantasiere: "ich, in der und der Situation seiend, nehme das
und das wahr", d.h. in der Phantasie wird die Erscheinung dem
Phantasie-Ich als Wahrnehmung eingelegt. In Beziehung auf
das jetzige Ich ist es Phantasie der Wahrnehmungserscheinung,
aber als Phantasie dem gegenwärtigen Ich aktuell eingelegt in
15 eins mit der Phantasie des Ich in jener Situation.
Gehört nicht zum Wesen jeder Phantasievorstellung, dass sie
eine Erscheinung im Bewusstsein der Repräsentation darstellt?
In diesem Bewusstsein leben, d.i. den Gegenstand, Freund S.,
sich "in der Phantasie vorführen". Auf dieses Bewusstsein re-
20 flektieren heisst, darauf hinblicken, es wahrnehmen, dass diese
Vorstellung bestehe, diese Phantasie. Wie nun der erscheinende
Gegenstand der phantasierte ist, vermöge des Repräsenta-
tionsbewusstseins (der vergegenwärtigte), und wie dabei die er-
lebten primären Inhalte, die Farben etc. Repräsentanten sind
25 für dieselben nicht erlebten, so kann notwendig auch die E r-
sc he i nun g als Repräsentation einer Wahrnehmungserschei-
nung gefasst werden. "Freund Schwarz" vorstellen heisst nicht,
die Wahrnehmung des Freundes Schwarz vorstellen. Aber wenn
ich Freund Schwarz vorstelle, so kann ich die Vorstellung, d.i.
30 die Erscheinung, die ich jetzt habe, als Bild einer entsprechenden
Wahrnehmungserscheinung desselben auffassen.
Sich X vorstellen = sich den Gegenstand X vorstellen C'V sich
vorstellen, dass X da, gegenwärtig sei C'V sich vorstellen, dass X
wahrgenommen sei, dass X in der Weise der Wahrnehmung er-
35 scheine C'V sich vorstellen, dass in der jetzigen Erscheinung die
Wahrnehmungserscheinung desselben Gegenstandes repräsen-
tiert sei.
Man kann auch so sagen: Ein A (das Rathaus, Freund Schwarz)
phantasieren heisst, sich diesen Gegenstand vorschweben lassen,
TEXT NR. 2 (1904-1909) 175
so dass gefunden wird: Es steht da, es ist direkt erfasst. Aber die
Phantasie bringt nun eine Modifikation: Das ist nicht "wirklich"
da, nicht jetzt gegenwärtig, nicht aktuell jetzt und gegenwärtig,
es ist bloss "Repräsentation". Das Rathaus erscheint nur als
5 gegenwärtig,1 es schwebt mir nur vor. Ich habe die Vorstellung
vom Rathaus: Ich habe ein Bewusstsein von einem mir selbst
Gegenüberstehen des Rathauses. Aber es ist doch nicht aktuell
gegenwärtig, es erscheint anders wie Wahrnehmungsobjekte, es
erscheint in der Weise der Repräsentation. Das Bewusstsein des
10 Selbst ist jetzt nur Gleichnis, nur Repräsentant: Wenn ich darauf
achte, merke ich es. "Ich stelle mir in der Phantasie vor, dass ich
das Rathaus wahrnehme", also das Wahrnehmen des Rathauses
stelle ich mir vor, d.h. gewöhnlich nichts anderes <als> ich stelle
mir das Rathaus vor und wie ich ihm gegenüberstehe. Dann kann
15 ich aber auf das Wahrnehmen reflektieren und nehme es als
Repräsentant oder finde es als Repräsentant. Im strengen Sinn
das Wahrnehmen vorstellen hiesse: "Ich stelle mir vor: ich nehme
wahr". Dann gehört dazu das Bewusstsein vom Wahrnehmen des
Wahrnehmens. Ich stelle mir mein Wahrnehmen des Rathauses
20 vor, ich versetze mich in das Wahrnehmen des Rathauses, stelle mir
vor, dass ich darauf reflektierte, also von meinem Wahrnehmen
ein Wahrnehmen hätte. Aber a11 das nur repräsentativ. All das
erscheint aber in der Charakterisierung: nicht jetzt, nicht aktuell
gegenwärtig.
25 Sehe ich von aller Reflexion ab: Ich stelle vor (aber denke nicht
daran, dass ich es tue): "Das Rathaus steht vor mir, ich sehe es".
Die Anführungszeichen deuten das modifizierende Bewusstsein an.
Auf das "Wahrnehmen", das "Sehen", das "vor mir Stehen" kann
reflektiert werden, dann erfasse ich "in der Phantasie" das Wahr-
30 nehmen, das vor mir Stehen etc. Aber das ist wieder modifiziert. Es
gilt nur als Repräsentant. Dann kann ich all das im Bewusstsein der
Repräsentation mir als ein Gegenwärtiges zum Bewusstsein brin-
gen: Ich habe jetzt die Erscheinung des vor mir Stehens, die Vor-
stellung, dass mir das Rathaus gegenüberstand, dass ich es in der
35 Phantasie anschaute. Der ganze Spuk wird als Repräsentation, als
Modifikation in Beziehung gebracht zum jetzigen aktuellen Wahr-
nehmungsbewusstsein und dem reell eingeordnet als Akt.
Das ganze Bewusstsein, das fast so ist wie bei wirklicher Wahr-
nehmung, repräsentiert das Bewusstsein wirklicher Wahrneh-
mung. 1
Das alles überträgt sich auf die Erinnerung. Ich meine hier
5 nicht die direkte Erinnerung, die primäre, sondern die Wie d e r-
erinnerung, die repräsentative.
In der Phantasie, das Wort im weitesten Sinn genommen, fin-
den wir auch die Wiedererinnerung. In der Phantasie im engeren
Sinn fehlt der Glaubenscharakter, sei es ganz, sei es für das phan-
10 tasierte Ganze. Ein Zeitbewusstsein ist überall mi t-
be s chi 0 s sen. Auch wenn ich einen geharnischten Ritter, mit
einem Drachen in Kampf, oder einen Wagenkampf auf dem Meer
phantasiere, habe ich Zeitvorstellung. Stelle ich den Vorgang
nicht in der Vergangenheit vor, oder hineinphantasiert in die
15 umgebende Gegenwart, so stelle ich doch Dauer, Vorgang vor,
ich "versetze mich in die Wahrnehmung" dieser Dinge und phan-
tasiere ihr Jetzt, ihre zeitliche Gegenwart, ob ich nun auch auf sie
nicht achte. In der "objektiven Zeit", d.i. in der Zeit der wirk-
lichen Dinge und Vorgänge kommen diese Dinge nicht vor, weil
20 sie überhaupt nicht gelten. Sie sind Fiktionen, ihre Zeit ist eben-
falls Fiktion.
In der Erinnerung setze ich das Phantasierte glaubend in die
Vergangenheit, in der Wiedererinnerung repräsentiert das Nicht-
Jetzt (das in -aller Phantasie liegt) ein Vergangen.
25 Fragen kann man hier allerdings: Wie kommt es zur Repräsen-
tation der Vergangenheit? Vergangenheit erlebe ich in der Wahr-
nehmung einer Sukzession, Vergangenheit habe ich anschaulich
vorgestellt in der Wiedererinnerung einer Sukzession. Wenn
ich aber an eine Situation, z.B. meinen Besuch in der
30 Münchener Pinakothek, "zurückdenke", an eine einzelne Situa-
tion, an das Schauen eines bestimmten Bildes, da schaue ich kein
Vergangenheits-Sein an2 • Soll man da die Assoziation verant-
wortlich machen und sagen: A geht über in Be - dabei ändert
1 Das ist "Wahrnehmung" im Verhältnis zur "Erinnerung": Ich stelle mir jet~t
vor, wie ich im Ratskeller sass und die und die "Phantasien und Erinnerungen"
vorschwebten, und wie ich dann wieder auf die "wahrgenommene" Umgebung auf-
=
merksam wurde etc.
• 2 Später eingefügt: "sondern ein 'Jetzt' ". Wohl gleichzeitig bemerkte HusserI am
Rande: "Die jetzige Erinnerung wird als Vergangenheitsbewusstsein vollzogen" . -
Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 2 (1904-1909) 179
nicht geärgert habe etc., d.h. besser: während diese Urteile, Ge~
fühle nicht in den Bereich der Erinnerung' (in die ich mich ein~
lebe) gehören. Ich kann auch in das Urteil in der Erinnerung
mich einleben und jetzt zugleich ebenso urteilen, zugleich ebenso
5 fühlen etc. 1
Klar ist jedenfalls der Unterschied der Vorstellung von einem
Urteil, in dem das Urteil gegenständlich ist, der Vorstellung Von
einem Willen, in dem der Wille gegenständlich ist, von dem ima~
ginativen Urteil, dem imaginativen Willen etc. 0 der ni c h t ?
10 Ist nicht ein Unterschied zwischen der Vorstellung eines Ur~
teils und dem Urteil, dem wirklichen oder eingefühlten ? Zwischen
der Vorstellung einer Freude und dem Sich~freuen, und dem
Sich~einfühlen in die Freude? Klare Beispiele!
Ich stelle mir vor, wie ich jüngst zornig war. Da stelle ich mir
15 doch den Zorn und die ganzen Vorgänge vor. Ist da ein Unter~
schied gegenüber dem "Einleben"? Wird nicht in der Phantasie
all e s gegenständlich? Das Beispiel ist wohl etwas zu kompli~
ziert.
Im aktuellen Erlebnis der Freude bin ich dem Erfreuenden zu~
20 gewendet, "empfinde" aber die Freude. Im aktuellen Erlebnis des
Urteilens bin ich den Sachen zugewendet, S! ist - P, diese
Tinte ist bläulich. Im aktuellen Wunsch: Möge ich mit diesen
Schwierigkeiten fertig werden! Oder im aktuellen Willen (mein
Absehen geht ,auf die Lösung der mich jetzt beherrschenden
25 Probleme) bin ich den Sachen zugewendet, ich will, ich achte
nicht auf den Willen, mache ihn nicht zum Gegenstand. Ist ein
Unterschied zwischen Wahrnehmung und Wahrnehmung der
Wahrnehmung, zwischen Urteil und Wahrnehmung des Urteils,
zwischen Wunsch und Wahrnehmung des Wunsches? So frage ich.
30 Bin ich da nicht den Sachen zugewendet? Oder der Frage? Ich bin
niedergeschlagen, ich bekomme nichts heraus, bin ich da dem
Unmut zugewendet und nicht der Sache?
Ebenso in der Erinnerung und in der "Phantasie". Ich stelle
mir vor: ich frage, ich bin unmutig,2 dass es nicht weiter geht.
35 Ich urteile, ich will, ich nehme wahr, ich erinnere mich.
ich kann mir einbilden, dass ich alles sonst wahrnehme, aber
dieses nicht. Ich kann mir auch einbilden, dass ich diese Wahr-
nehmung habe (die ich jetzt aktuell habe). Natürlich ist das eine
Einbildung, in die diese Wahrnehmung nicht aktuell eintritt,
5 sondern ich schliesse etwa die Augen und bilde mir nun ein, dass
ich dieses (das ich soeben wahrgenommen habe) wahrnehme. Ich
kann mir denken, dass ich das alles phantasiere, aber, die Wahr-
nehmung festhaltend, kann ich keine aktuelle Einbildung von
ihrem Inhalt vollziehen. Impression und Idee schliessen
lOsich in der Aktualität aus. Aber sehen wir jetzt von dem
Fall ab, dass die Wahrnehmung aktuell vollzogen sei, die ich da
einbilden soll. Wie sieht die Einbildung von einer Wahrneh-
mung aus?
Ich bilde mir ein, dass ich wahrnehme das A.
15 Ich phantasiere mich in das Wahrnehmen ein: Nnn, dann
steht einfach in der Phantasie der Gegenstand da. Das Sich-
einleben in das Wahrnehmen des Gegenstandes A = das Phanta-
sieren, nämlich des Gegenstandes A. Hier ist aber A und nicht
die Wahrnehmung Gegenstand.
20 Mache ich diese Einbildung zum Gegenstand, so habe ich die
Wahrnehmung der Phantasie von A. Ist nun wahrnehmen, dass
man A phantasiert, dasselbe wie (eine Phantasievorstellung da-
von haben, dass man A wahrnimmt? oder, da der Ausdruck
schlecht ist) eine Phantasievorstellung von der Wahrnehmung
25 des A haben?1 Aber das erstere ist ja eine Wahrnehmung, das
letztere eine Phantasievorstellung ! Uberdenken wir noch einmal:
Einmal nehme ich wahr: die Phantasieerscheinung des A, das
andere Mal phantasiere ich die Wahrnehmung A. Darin soll ein
Unterschied liegen. Phantasieren der Wahrnehmung A soll aber
30 nicht heissen A phantasieren, sondern die Wahrnehmung von A
phantasieren. Die Wahrnehmung von A ist Gegenstand in der
Wahrnehmung von der Wahrnehmung des A. Das entsprechende
Gegenbild ist Phantasie von der Wahrnehmung des A.
Ich vollziehe die Phantasie von A = die quasi-Wahrnehmung
35 von A. Ich vollziehe dann aber nicht die aktuelle Reflexion auf
diese quasi-Wahrnehmung, das wäre Wahrnehmung von der
1 Den Text innerhalb der Klammer hat Husserl, wohl wenig später, wellenförmig
durchgestrichen. - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 2 (1904-1909) 183
*
Nicht! zu verwechseln ist Imagination von der Imagination
10 von A mit 2 Modifikation der Imagination von A.
Im ersteren Fall eine Phantasievorstellung, die zum Objekt
hat die Phantasievorstellung von A, im zweiten Fall eine Modifi-
kation der Phantasievorstellung von A, welche zu ihr in demsel-
ben Verhältnis steht wie die schlichte Phantasie A zu der schlich-
15 ten Wahrnehmung A.
1 Der Text dieses und des folgenden Absatzes wurde spater, wohl 1908/09, beige-
fügt. - Anm. d. Hrsg.
2 Spater eingefugt "imaginativer". - Anm. d. Hrsg.
8 Das ist nicht Sache der Qualität.
TEXT NR. 2 (1904-1909) 185
ist jene Reflexion in der Phantasie, jene innere Phantasie, welche die Phantasie von
der Wahrnehmungserscheinung in einem anderen Sinn ist. Diese innere
Phantasie nimmt die Erscheinung des Hauses "gleichsam wahr", so wie die innere
Wahrnehmung diese Erscheinung aktuell wahrnimmt.
In der aktuellen Wahrnehmung der Erscheinung ist die Erscheinung Gegenstand,
und zwar ist die aktuelle Wahrnehmung ein auf Erscheinung gerichteter Akt. Ebenso
ist in der inneren Phantasie der Erscheinung die Erscheinung Gegenstand, und zwar
Gegenstand eines eigenen Phantasieaktes, eines vorstellenden.
1 Erscheinung als Impression.
Z "oder 'Wahrnehmung'" wohl nachträglich in eckige Klammern gesetzt. - Anm.
d. Hrsg.
3 Aber keine Kopie sein, ist das hier etwas Positives?
TEXT NR. 2 (1904-1909) 189
1 Doch das heisst nicht mehr als dies: Die Impressionen bilden eine gewisse itll-
pressionale Gesamteinheit Auffassung vom Haus, und diese hat eo ipso einen inten-
tionalen Charakter (Glaubensmodus) und einen Aufmerksatllkeitsmodus, speziell ge-
meint oder nebenbei gemeint.
TEXT NR. 2 (1904-1909) 191
BEILAGE XIV
<a) ERINNERUNG UND WAHRGENOMMENHABEN>
15 <etwa 1898",
Problem!
Ausführung
Das Problem, das uns die Erinnerung hier stellt, lautet kurz: Wie
erklärt sich die Evidenz, dass die Aussagen: "Ich habe die
20 Erinnerung an A" und "Ich habe A früher wahrgenommen" in dem
Sinn "Ich erinnere mich, A früher gesehen zu haben" einander äqui-
valent sind?
Lösung. Zunächst ist zu bemerken, dass das Ich, das wir in diese
Aussagen urteilend hereinziehen, weder bei der Erinnerung noch bei
25 der früheren Wahmehmung beachtet (gemeint) sein muSS. In der
Wahrnehmung steht mir der Gegenstand zwar gegenüber, mir, dem
empirischen Ich, auf das ich alles Gegenständliche zu beziehen pflege
und das selbst ein Gegenständliches ist; aber in der Regel achte ich
bloss auf den wahrgenommenen Gegenstand. So wie meine Um g e-
30 b u n g gegenständlich aufgefasst ist (in der Weise der perzeptiven
Auffassung), so auch das Ich, das als Gegenpunkt zu dieser Um-
gebung gehört. Ich me i n e aber nur das wahrgenommene A.
Ebenso in der Erinnerung. Das vergangene Ich und die vergangene
Umgebung ist mit dem erinnerten A zugleich aufgefasst,! aber "er-
35 innere ich mich" an A, so meine ich eben A. Das A mit seiner Um-
gebung und seinem Ich kann jedenfalls nicht erinnert sein mit B~
ziehung auf ein weiter zurückliegendes Ich, was ja auf einen unendh-
ehen Regress führen würde. 2 • .
Wir fragten nun, wie jene eben bezeichnete Evidenz möglich sel,
40 worin sie gründe.
Wenn wir uns an A erinnern, so haben wir eine "Phantasie"-
1 ist aufgefasst = es erscheint. _
2 Den Satzteil "mit Beziehung auf ... " bis zum Satzende hat HusserI spa~er
zwischen eckige Klammern gesetzt und vor dem Klammeranfang einen Punkt em-
gefügt. - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE XIV 195
" 1 Freilich keine Bildlichkeit im eigentlichen Sinn. Daher der Ausdruck falsch.
2 Die A·Erscheinung oder vielmehr die Erscheinung von A in: seiner Umgebung.
: "Bewusstseinseinheit" später verändert in "Blickfeldeinheit" • - Anm. d. Hrsg.
5 "b~jdl:Ch" spater verändert in "imaginativ". - Anm. d. Hrsg.
"blldhch gegenwä.rtig" später verändert in ,,'gegenwärtig'''; wohl gleichzeitig be·
mledTkj te Husserl am Rande: "selbst oder+) repräsentativ (nicht im eigentlichen Sinn
b 1 lCh)".
+) "oder" wohl etwas nachträglich verändert in "aber". - Anm. d. Hrsg.
196 BEILAGE XIV
auch sicher ist, dass wir das A wahrgenommen haben, dass 'es um,
gegenwärtig war. Unter meinem "vergangenen Ich" verstehe ich
(und als solches schaue ich an) dasjenige, in das die erinnerten Akte,
konkret genommen, insgesamt gehören, und wie sehr ich mich in dieser
5 Hinsicht täuschen mag, sowie ich irgendeinen noch so kleinen Bereich
von erinnerten Akten setze, habe ich damit eo ipso mein vergangenes
Ich gesetzt.
Es ist ein evidenter Satz: Jede Erinnerung eines A ist zugleich Er-
innerung an eine frühere Wahrnehmung des A.
Ich erinnere mich an einen Vorgang: Darin liegt, wird jeder sagen,
15 ich habe ihn erlebt, wahrgenommen. Ich erinnere mich an eine Melo-
die: Ich habe sie dereinst gehört; ich erinnere mich an einen Fackel-
zug: Ich habe ihn dereinst gesehen. Ich erinnere mich an einen Lehr-
satz: Ich habe ihn dereinst kennengelernt. Usw.
Die beiderseitigen Sätze sind nicht etwa gleichbedeutend, sie sind
20 nicht äquivalent als Ausdrücke identischer objektiver Sachverhalte.
Ich kann einen Vorgang erlebt und doch keine Erinnerung daran
haben. Sie sind auch nicht gleichbedeutend im Munde des Sprechen-
den. Ich kann überzeugt sein, dass ich ,den Vorgang miterlebt habe
und brauche doch keine Erinnerung daran zu haben. Aber sicher ist:
25 Wenn ich Erinnerung an einen Vorgang habe, so "impliziert" sie evi-
dent die Überzeugung, dass ich den Vorgang wahrgenommen habe:
Die Erinnerung an einen Vorgang impliziert evidentermassen die
Erinnerung an die frühere Wahrnehmung dieses Vorganges.
Wie ist diese Implikation zu verstehen?
30 Ein Vorgang wird erinnert, d.i. es ist eine anschauliche Vorstellung
des Vorganges Erlebnis, und zwar eine Erinnerungsvorstellung. Diese
V.orstellung ist nun "Abbild" der früheren Wahrnehmung, genauer
dIe Erscheinung des Vorganges in der Erinnerung ist ein "Bild" der
Erscheinung desselben Vorgangs in der früheren Wahrnehmung.
35 Aber in demselben Sinne kann doch nicht die Erinnerung an den
...vorgang auch Erinnerung an die Wahrnehmung des Vorganges sein.
Sons~ .wäre die Erinnerung an die Wahrnehmung wieder Erinnerung
an ~le \<\Tahrnehmung der Wahrnehmung usw.
. Em A wahrnehmen heisst ein A als selbst gegenwärtig erfassen, an
40 elll ,A. sich erinnern heisst ein A als gegenwärtig gewesen erfassenl •
1 Der Text dieser Anmerkung fusst auf der leicht veränderten Abschrift einer
nachträglichen Einfügung in der Ausarbeitung. Der ursprüngliche Text der Ein-
fugung trägt den Vermerk "M. Abgeschrieben" und ist durchgestrichen; er wird in
den Textkritischen Anmerkungen vollständig wiedergegeben. -
"Mir schwebt in der Erinnerung das Rathaus vor. Diese Erscheinung, die mir da
vorschwebt, ist charakterisiert als vergangene Erscheinung. In dieser Erscheinung
(eigentlich in der gegenwärtigen Modifikation dieser Erscheinung, der früheren
Wahrnehmungserscheinung, die jetzt akt uell erlebt ist) kann ich leben, ich achte
auf ihren Gegenstand: Das Rathaus erscheint als gegenwärtig gewesen.
Ich kann auch auf die Erscheinung achten, also auf das Erschienensein, bzw. auf
das mir Erscheinen, auf das Wahrgenommenhaben. Der Erinnerungsakt = Be-
wusstsein vom Gegenstand als Gegenstand einer früheren Wahrnehmung (die mir
,vorschwebt').
1) Ich kann auf den Gegenstand achten (der damals wahrgenommen war, den er-
innerten Gegenstand).
2) Ich kann auf die Erscheinung des Gegenstandes achten, auf die damalige Wahr-
nehmungserscheinung. i
3) Ich kann auf die gegenwärtige Erscheinung, auf die gegenwärtige Erinnerung
achten, namlich ich nehme jetzt wahr, dass ich die und die Erinnerung habe.
,Reproduziert' ist das damalige Bewusstsein, es schwebt mir jetzt als ein
Nicht-Jetzt vor, es schwebt mir im ETinnerungsbild vor. Ich lebe im vergegenwär-
tigten Wahrnehmen, ich achte nicht auf dieses Wahrnehmen (das frühere Wahr-
nehmen), im ,Erinnerungsbild' schwebt es vor, und ich lebe darin so, dass sein
Gegenstand das Gemeinte ist. Gegenwärtig ist die ,Reproduktion' der früheren
Wahrnehmung, also eine Modifika tion derselben, in ilir lebe ich, und das heisst,
ich bin ihrem Gegenstand zugewendet. Ich kann aber auch auf die reproduzierte
Wahrnehmung achten. Ich reflektiere also nicht auf die Modifikation der Wahr-
nehmung, die ich jetzt habe, also nicht so, dass ich sie meine, so wie ich sie jetzt er-
lebe, sondern dass ich sie als Repräsentanten für die Wahrnehmung auffasse.
Lebe ich im ,reproduzierten früheren Bewusstsein', so habe ich die modifizierten
Akte und bin deren Gegenständen zugewendet: den vergangenen, als vergangen
Charakterisierten Objekten.
".~ch bin aber auch befähigt zur ,Reflexion in der Erinnerung'. Die Gegen-
stande waren damals in Akten gegeben, die jetzt ebenfalls wiedervergegenwärtigt
smd. Ihre \Viedervergegenwärtigung macht ja das modifizierte Bewusstsein der
Gegenstande möglich. Ich achte aber auf die Wiedervergegenwärtigung als ~olche,
Ich achte auf das Nicht-Jetzt im Jetzt, auf das ,Wahrnehmen', in dem der Gegen-
stand der erinnerte ist." _ Anm. d. Hrsg.
A: Ebenso für jeden psychischen Akt. Die ganze Betrachtung gilt für psychische
te uberhaupt im Verhältnis zum Ich.
3 Der letzte Satz wurde später kreuzweise gestric hen. _ Anm. d. Hrsg.
200 BEILAGE XIV
BEILAGE XV
<UNMITTELBARKEIT DER ERINNERUNGS- UND
PHANTASIEVORSTELLUi}<G IM UNTERSCHIED ZUR
BILDAPPERZEPTION>
20 <woh11904>
:1 Da kann ich nicht mit. Mir scheint doch, dass jede Wahrnehmung, das Wort im
vo en Sinn, ein herausgreifender Akt ist und als solcher einen Bewusstseinszusam-
menhang apriori voraussetzt.
202 BEILAGE XVI
BEILAGE XVI
<DIE ERINNERUNGSERSCHEINUNG MITSAMT IHREM GEHALT
AN SINNLICHEN INHALTEN ALS VERGEGENWÄRTIGUNG DER
15 FRÜHEREN WAHRNEHMUNGSERSCHEINUNG - BEIRRUNG
DURCH DIE FALSCHE THEORIE DER REPRÄSENTATION>
(1904)
Dächer vom Dorf Nörten1 und ihr Rot. Die aktuell erlebten sinnlichen
Inhalte scheinen sich zu den erinnerten genau so zu verhalten wie im
Fall der Wahrnehmung die aktuell erlebten Empfindungen zu den
Eigenschaften des Gegenstandes. 2 Bei der aktuellen Wahmehmung
S gelten die empfundenen Farben als zur selben Zeitstelle gehörig wie
die wahrgenommenen. Bei der Erinnerung analog.3 Die Erinnerungs-
erscheinung mitsamt ihrem Gehalt an sinnlichen Inhalten (die
selbst in die Erscheinung fallen) gilt als Vergegenwärtigung der
früheren Wahrnehmungser,schein ung4 , somit gilt die empfun-
10 dene 5 Farbe ebenso als gewesen wie die erinnerte Farbe. Die Er-
scheinung wird auf das frühere Ich bezogen, als "damalige" Wahr-
nehmungserscheinung desselben, die zeitlich koinzidiert mit dem Ob-
jekt, das da erscheint oder vielmehr damals erschien.
Indem ich mich aber jetzt erinnere, ist die Erscheinung jetzt.
IS Lebe ich in der Erinnerung, so erscheint mir "die frühere Erscheinung"
und durch sie das erinnerte Objekt. Oder es "lebt auf", es ist "repro-
duziert" die frühere Wahrnehmung, und in ihr lebend steht mir
gegenüber das Objekt. Ich nehme es gleichsam "wieder" wahr, ich
schaue es gleichsam, ich schaue es "in der Erinnerung". "Ich bin ver-
20 setzt in die Vergangenheit." ,
Sage ich: Ich erinnere mich, so beziehe ich mich auf das Jetzt, in
dem ich dies hnd jenes wahrnehme; gleichzeitig, also jetzt, ist die
Erinnerung als konkretes Phänomen. Zu dessen Gehalt gehört die
"reproduzierte" frühere Erscheinung. Darin aber liegt, dass diese
2S Erscheinung im Charakter der "Wiedervergegenwärtigung" gegeben
ist. 6 Zumeist wird sie nicht konstant bleiben. Sie verschwindet, sie
blasst ab, sie wird "verdrängt" durch die gegenwärtigen Wahrneh-
mungserscheinungen (nach Art des Wettstreites), sie lebt wieder auf,
ich habe innerhalb' der erhaltenen Erinnerungsintention eine zweite
30 intuitive Erinnerung', evtl. mehrere nacheinander, also in verschie-
wohl zur Zeit dieser Veränderung: "Aber nein. Was heisst das, die Farben, die da
er leb t sind? Also selbst da?" - Anm. d. Hrsg.
1 Nörten-Hardenberg ist ein Dorf nördlich von Göttingen. - Anm. d. Rrsg.
2 Zu Beginn des letzten Satzes fugte Husserl später ein: "Soll man auch sagen:"
und veranderte den Punkt in ein Fragezeichen. Wohl zur Zeit dieser Veränderung
fugte er am Ende des letzten Satzes ein: "Nein, auch das wäre grundfalsch." Und am
Rande bemerkte er: "Die falsche Theorie der Repräsentation beirrte mich". -
Anm. d. Rrsg.
3 Spater eingefügt: "Sind deun Farben da empfunden? Die erinnerten Farben-
,phantasmen gehoren natürlich zur selben Zeitstelle wie die erinnerte Farbe des Ob-
)ekts". - Anm. d. Rrsg.
4 Falsch. Habe ich denn eine Erscheinung, und diese Erscheinung gilt für etwas?
DIe Erscheinung ist doch nicht eine Bilderscheinung wie beim gewöhnlichen Bilde
w.o ICh wirklich eine Erscheinung (also eine Wahmehmungserscheinung) habe und
dIese verbildlicht.
: "empfundene" später verändert in "erlebte". - Anm. d. Hrsg.
Nem. DIese Erscheinung ist selbst wiedervergegenwärtigte Erscheinung und
~lCht gegebene Erscheinung, die für etwas anderes repräsentiert und einen Charakter
er Reprdsentation, der Vergegenwärtigung hat.
204 BEILAGE XVII
BEILAGE XVII
<ERINNERUNG: ES GENÜGT NICHT, DASS WAHRNEHMUNG
SICH IN REPRÄSENTATION DES WAHRGENOMMENEN
20 MODIFIZIERT; DER WAHRNEHMUNG MUSS EINE
WIRKLICHE ODER MÖGLICHE ERINNERUNG DIESER
WAHRNEHMUNG ENTSPRECHEN>
<1904>
Erinnerung: Vorhin war ich im Ratskeller. Ich fand die Räume neu
25 renoviert. Die gemütliche Gesellschaft bestand aus Schwarz, Mors-
bach, Kohn, Andres. Ich blickte beim Rückweg zurück auf das Rat-
haus, blickte mit Gefallen auf die alte Laube sowie auf den modernen
zierlichen Brunnen, die Gänseliesel darstellend.
Da ist die Rede vom Ich, das dies und jenes wahrgenommen, er-
30 lebt, gefühlt usw. hat. Also dem Sinn der Erinnerung entsprechend
müssen wir sagen: Damals bestanden diese und jene Erlebnisse, in
denen diese und jene Inhalte vorgestellt, beurteilt, geschätzt usw.
wurden, und diese Erlebnisse wurden als solche auf mein "Ich" be-
zogen, das seinerseits wieder in gewissen Erlebnissen erschien. Diese
35 letzteren freilich wurden im allgemeinen nicht auf "Ich" bezogen. In-
1 Später fügte Husserl ein: "Das muss besonders besprochen werden", und er
setzte den Absatz in eckige Klammern. - Anm. d. Hrsg.
2 Nach "Ich kann zwei" später eingefügt: "eine Wahroehmungserscheinung jet~~
haben und"; im Sinne dieser Einfügung ware dann das Zeichen fur "zwei" als "zwar
aufzufassen und zu lesen: "Ich kann zwar eine Wahroehmungserscheinung jetzt ha-
ben und ähnliche Dinge, •.. ". - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE XVIII 205
dem ich den Brunnen mit Wohlgefallen betrachtete, bezog ich das
Betrachten auf das Ich, aber das Erlebnis des Ich nicht wieder auf
das Ich.
Ich "betrachtete den Brunnen", ich "sah" ihn. Bedeutet dieses Be-
5 trachten, dieses Wahrnehmen, dieses Erleben, bedeutet dies, frage ich,
das Apperzipieren, als ob ich statt auf die Gegenstände auch auf ihre
Erscheinungen und auf die Aktformen geachtet hätte? Das wäre die
Frage. Es bedürfte hier zunächst einer Analyse, was das bedeutet:
Ich sehe hier eine Lampe, einen Menschen usw. Man könnte ja die An-
tO sicht vertreten, dass hierbei Gegenstand und Ich beide als körperliche
Objekte im räumlichen Verhältnis zueinander vorgestellt werden etc.
Doch das als selbst gegenwärtig Erscheinen der Lampe etc. ist doch
mit der Ausdrucksweise gemeint. Und gemein t ist doch auch nicht
das bloss körperliche Ich.
t5 Besteht aber eine wesentlich-notwendige Beziehung alles Wahr-
genommenen auf das Ich? Eine in diesem Sinn ursprüngliche? Nichts
kann, könnte man sagen, als Ge gen stand gegenüberstehen, ohne
mir, einem Ich gegenüberzustehen. Notwendige Korrelativität!
Aber wenn auf einen Schmerz geachtet wird, auf ein Unbehagen, auf
20 ein Lustgefühl etc., bedürfte es da, wie bei Aussendingen, einer solchen
Korrelation?
Angenommen also, wahrnehmen setzte nicht notwendig Beziehung
auf das Ich voraus. Wo es geschieht, wo auf das Wahrnehmen selbst
reflektiert, dieses also selbst wahrgenommen ist, da wird auch das
25 Erinnern Erinnern des Vorgangs und Erinnern der Wahrnehmung
des Vorgangs sein. Wo aber nicht, da nicht. Wie komme ich dann
aber zur Behauptung: Das, wessen ich mich jetzt erinnere, das habe
ich im damaligen Jetzt wahrgenommen? Wie komme ich zur Behaup-
tung, das Vergangene war gegen wärtig? Vergangen = jetzt-
30 gewesen oder gegenwärtig-gewesen. Es genügt nicht, dass Wahr-
nehmung sich irgendwie modifiziert in Repräsentation des Wahrge-
nommenen, sondern, wie der wahrgenommene Vorgang, Gegenstand
im Erinnerungsbewusstsein zum vergangenen selben Gegenstand
wird, so muss auch der Wahrnehmung des Vorgangs entsprechen eine
35 (wirkliche oder mögliche) Erinnerung dieser Wahrnehmung.
BEILAGE XVIII
KOMPLIZIERTERE BILDLICHE VORSTELLUNGEN
<woh11898>
welchem ein Bild an der Wand hängt. Dieses Bild stellt etwa eine
Gemäldegalerie dar, in welcher also wieder Bilder erscheinen.
1) Das physische Bild A,
2) das dadurch dargestellte Bild,
53) der durch 2 vorgestellte Gegenstand.
Zu ihm gehört ein physisches Bild, welches jetzt also bildlich vor-
gestellt ist. Dazu gehört aber:
1) die bildliche Vorstellung des physischen Bildes,
2) die bildliche Vorstellung des dargestellten Bildes, } all das in
10 3) die bildliche Vorstellung seines Sujets. zweiter Stufe
Nämlich: Es erscheint mir in der Tat ein repräsentierendes Bild, der
Einfachheit halber ein Mann zu Pferd. Aber dieses repräsentierende
Bild gehört nicht zu einem wahrnehmbaren physischen Gegenstand,
sondern zu einem im Bild vorgestellten. Und dies beeinflusst auch so-
15 zusagen den Wert des repräsentierenden Bildes. Dieses Erschei-
ne n deist nicht das repräsentierende Bild jenes gemalten Bildes,
sondern nur ein Bild davon. Die Erscheinung, die ich hätte, wenn ich
das Bild selbst sähe, ich meine die in diesem Bild zum Erscheinen
kommende, habe ich jetzt nicht, sondern nur eben ein Bild davon.
20 Und dieser Bildlichkeit sind wir uns auch bewusst.
Ebenso ist das im gemalten Bild Vorgestellte (deutlicher: in dem
durch das Gemälde zur Erscheinung gebrachten anderen Gemälde) nicht
so zur Vorstellung gebracht wie der Gegenstand eines Gemäldes erster
Stufe. Es ist zur Vorstellung gebracht durch eine bildliche Vorstellung
25 von einer bildlichen Vorstellung und somit Gegenstand zweiter Stufe.
Wir könnten von anschaulichen Vorstellungen erster,
zweiter, dritter Stufe sprechen (ähnlich: Spiegelbilder von
Spiegelbildern) .
2) Phantasiebilder von physischen Bildern. Z.B. ich stelle mir die
30 "Theologia" in der Phantasie vor. Hier haben wir ganz analoge Kom-
plikationen wie vorher, nur dass das Phantasiebild selbst keinen Er-
reger hat.
3) Gibt es auch physische Bilder von Phantasiebildern ? Z.B. Ge-
mälde eines Traumgebildes. Doch wird man derartige Darstellungen
35 nicht als rein anschauliche gelten lassen. Konzeptiv-gedankliche Ver-
mittlung. Grillparzers "Der Traum ein Leben".
BEILAGE XIX
PHANTASIE IN DER PHANTASIE
<um 1905>
BEILAGE XX
35 IMMANENTE IMAGINATIONEN
<wohl frühestens 1909; evtl. 1912>
da' Welche Farbe h~t da.nn der Hintergrund ~es Tizianschen Bildes? Nun, ich will
SJe mdlen. Dann 1st dIe gemalte gegenwärtIge Farbe doch "Bild" für die abwe-
~ende. Aber freIlich, in der gemalten kann ich die abwesende nicht sehen da
1%e pben gegenständliche Farbe und ohne Gegenstand nicht zu sehen ist. Was hier
gemalt 1st, 1st eben notwendig zugleich ein anderer Gegenstand (ein Klecks etc.).
208 BEILAGE XXI
BEILAGE XXI
REFLEXION IN DER PHANTASIE IST SELBST PHANTASIE
<wohl Herbst 1909>
ich ein Phantasma; so kann ich auf sein Objekt hin< sehen>. Dieses
Hinsehen stellt sich heraus als ein reproduktiv modifiziertes Hin-
sehen: als Hinsehens-Phantasma. Taucht eine Erinnerung auf, so kann
ich auf das Erinnerte hinsehen, und dieses Hinsehen ist selbst ein
5 modifiziertes, ein "Phantasma", auch wenn ich es nicht immer selbst
als Erinnerungs-Modifikation bezeichnen kann. So, wenn ich in der
Erinnerung phänomenologisch reduziere. Ich achte in der Erinnerung
auf die "Erscheinungsfarbe", auf die Erscheinungsform etc. Sie ge-
hörten zur erinnerten Erscheinung, die eine "in der Erinnerung"
10 konstituierte Einheit war, die ich vielleicht nie zum gemeinten Objekt
gemacht hatte. Ich sehe aber jetzt"mich jetzt erinnernd, auf sie hin.
Und doch ist dieses Hinsehen als Beschäftigung mit der Phantasie-Er-
scheinung (Erscheinungs-Phantasma) Beschäftigung mit einem nicht
selbst Gegebenen, sie ist eine Beschäftigung "in der Phantasie". Sie ist
15 selbst vom Charakter des Phantasma. Waslich jetzt meine Beschäfti-
gung mit dem Erinnerungsobjekt bzw. Phantasieobjekt und seiner Er-
scheinung nenne, ist in Wahrheit ein Phantasiebewusstsein, das den
Charakter von Phantasie von Beschäftigung mit dem Erinnerten hat.
Mit reproduktiven Erscheinungen, nicht gegenwärtigen, sondern ge-
20 wesenen, kann ich mich im eigentlichen Sinn nicht beschäftigen.
I
BEILAGE XXII
<"REPRODUKTION VON" GEGENÜBER
"PHANTASIEVORSTELLUNG VON" ALS
OBJEKTIVIERENDEl'fI AKT>
25 <wohl 1909>
----
I ungen?)
25 BEILAGE XXIII
WAS MACHT DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN ORIGINÄREM
UND NICHT ORIGINÄREM ERLEBNIS? <MÖGLICHKEIT
EINER DOPPELTEN REFLEXION>
(1910)
30 Zum nicht originären gehört das "gleichsam", und das ist wohl ein
sehr allgemeiner Charakterzug (das Gleichsam ist aber doppelsinnig,
da wir auch bei der Inaktualität von gleichsam sprechen können).
Jedenfalls gehört dazu, dass nicht originäre Erlebnisse eine doppel-
te Reflexion zulassen, eine originäre und eine nicht originäre.
35 Z.B. die Vergegenwärtigung eines Zornes lässt 1) eine Reflexion z~,
in der der meinende Blick sich auf das vergegenwärtigte Zornerlebllls
richtet, 2) eine Reflexion, welche sich auf das aktuelle Bewusstsein
vom als nichtgegenwärtig Dastehen des Zornes richtet. Hier also
offenbar auf 1).3 (Freilich kann man hier noch sagen: Verworren
I "propositIOnale" bIS" Urteil" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
2 Oder sollen wir sagen, Reproduktion sei voll oder leer?
3 VgI. aber das Beispiel der Hausphwtasie weiter unten.
BEILAGE XXIII 211
Schematische Überlegungen:
Gewisse Inhalte "Empfindungen" ; ihre Auffassung als Roons:
Wahrnehmungs apperzeption ; Glaubensqualität.
10 Andere Inhalte, "modifizierte derselben Gattungen", "Phan-
tasmen"; Auffassung als R.: Phantasieapperzeption (Erinnerung,
Vergegenwärtigung); Glaubensqualität.
Fall der Wahrnehmung des R. Die abgewandte Seite des
Gegenstandes sei anschaulich in der Phantasie vergegenwärtigt.
15 Sie hat natürlich Glaubenscharakte,. Diese Phantasie ist nicht
bloss neben der Wahrnehmung der Vorderseite bzw. des R.
"von vorne gesehen"; sie ist mit der Wahrnehmung geeinigt
durch Identifikation und durch Einigung der beiderseitigen
transzendenten Intentionen. Andererseits hat die Phantasievor-
20 stellung bzw. Phantasiesetzung auch "Intention" auf die en t-
sprechende Wahrnehmung (sc. des Roons von demselben
Standpunkt gesehen, als von welchem aus ihn die Phantasie-
vorstellung "sieht"). Wir unterscheiden
a) die" Vergegenwärtigung" der abgewandten Seite des Gegen-
25 standes, die "Intention" der erscheinenden Seite gerichtet auf
die abgewandte. 1
Diese Vergegenwärtigung findet statt in der Wahrnehmung,
1 Die Intention auf die ab gewandte Seite ist nicht zu verwechseln mit Intention
auf ein Wahrnehmungsbild oder Phantasiebild der abgewandten Seite, das ja nicht
Selte selbst ist. Die ab gewandte Seite kommt zur Erscheinung in einer Kontinuitat
von neuen Wahrnehmungen, deren jede, wenn sie kommt, Erfüllung bringt.
TEXT NR. 3 (1905/06 UND 1909) 213
" 1 N achtraghch eingefugt und später gestrichen: "Das ist inkorrekt, Phantasie, und
,dbst meht Ennnerung, hat nichts weniger als ohne weiteres eine Intention auf die
Lnt'prechende Wahrnehmung." - Anm. d. Hrsg.
2 Der unter I) und II) wiedergegebene Text mit den schematischen Darstellungen
SO\\ le den zugeh6rigen Anmerkungen wurde später kreuzweise gestrichen und mit
emer Nul! versehen. -'Anm. d. Hrsg.
3 Ph bedeutet hier Erinnerung. Inkorrekt, cf. vorige Seite Anfang <d.i. der Beginn
der AUfzeichnung>
4 A .
d ' nstel!e d,eser unrichtigen Illustration wäre zu setzen die eigenartige Beziehung
er Lrmnf>rung auf den Erinnerungszusammenhang bis zum aktuellen Jetzt.
214 TEXT NR. 3 (1905/06 UND 1909)
Aber jetzt erhebt sich die Frage nach dem Ver hält ni s Von
Apprehension und Quali tä t.
Wie ist die Qualität an Intention - Erfüllung beteiligt?
Nehmen wir eine blosse Phantasie: Ritter im Mondschein; er
5 wendet sein Pferd. Es erscheint die Rückseite, als zur Einheit
des Gegenstandes gehörig: "Erfüllung". Die Vorderseite "inten-
diert" die Rückseite. Bringt die Phantasie eine Rückseite, so fin-
det identHizierende "Erfüllung" statt.
Diese Intention ist "modifizierte Intention" und ihre Erfüllung
10 "modifizierte" Erfüllung. Die erste Intention war schon auf
einen ganzen Gegenstand "Ritter etc." gerichtet, aber diese kom-
plexe Intention <war> nur mit der Vorderseite "belegt"; als In-
tention auf den ganzen Gegenstand ist sie erfüllt durch das Ge-
gebene der Vorderseite. Auch diese Erfüllung ist natürlich eine
15 "modifizierte". Es gibt leere, ganz unerfüllte Intentionen. Hier
haben wir eine intuitive, also partiell volle, erfüllte Intention.
Partiell ist sie leer, sie geht auf weitere Erfüllung, sie findet sie
in neuen partiell erfüllten Intentionen, die freilich panieIl wieder
entleert sind.
20 Im Gegensatz dazu ist die Wahrnehmung ein Komplex von
unmodifizierten Intentionen, von Glaubensintentionen. Diese
sind nicht leere Qualitäten und dazu, damit irgend zusammen-
gebunden, die Apprehension des Gegenstandes, sondern sie sind
Glaubensapprehensionen ; die Bestimmtheit der Beziehung auf
25 den Gegenstand, d.i. die Bestimmtheit dieser Apprehension, das
sie Differenzierende, das, was den bestimmten Glauben,
die bestimmte Wahrnehmung macht.
Natürlich ist die Bestimmtheit des Glaubens nicht dasselbe wie
der Gehalt an Empfindung.
30 Nehmen wir jetzt die blosse Phantasie, so bleibt alles be-
stehen, nur ist alles "modifiziert" ins quasi, d.h. imaginativ. Im
Vergleich des Modifizierten und Unmodifizierten ein identisches
Wesen in abstracto: 1 "dieselbe" gegenständliche Auffassung, Er-
1 Aber wie, wenn ich eine Wahrnehmung nehme und eine Illusion desselben Auf-
fassungsgehalts ? Bei der letzteren statt des Glaubens eine durch Widerstreit mit
konkurrierenden Wahrnehmungen oder Erfahrungen auf blosse Glaubenstendenz
herabgesetzte Qualität, eine Glaubenstendenz, die kein Glaube mehr ist. Was is~ hie~
modifiziert? Doch nur die Qualitat. Die Sachlage ist doch eine ganz andere Wle bel
einer Phantasie gleichen Inhalts. Man wird vielleicht einwenden: Diese Modifika-
tion ist eine ganz andere als die Modifikation in eine Phantasie.·
,"
Ja, aber in der Phantasie kann doch Glaube bestehen, oder auch nicht bestehen.
ElUe blosse Phantasie mag mit jener Halluzination "denselben Inhalt" haben. Was
macht dann den Unterschied aus? Nun, einmal Wahrnehmungserscheinung, das an-
d~re Mal Phantasieerscheinung.
• Der letzte Satz wurde nachträglich wie folgt verandert: "Man wird richtig ein-
~ enden:. Die s e Modüikation, als Glaubensmodifikation, ist eine ganz andere als
~ e ImaglUahve, als die Modifikation in eine Phantasie." - Anm. d. Hrsg.
1 Es I,t zu beachten, dass das "Wesen" identisch ist, aber nicht die Erscheinung,
die elUmal Wahrnehmungserscheinung, das andere Mal Phantasieerscheinung ist, das
ClUe Mal impressionale, das andere Mal imaginativ modifizierte Materie. Ich kann
auch mcht eigentlich von demselben (individuellen) Gegenstand sprechen, sondern
~1U Gegenstand genau desselben Inhalts oder Wesens, ebenso wie die Erscheinung
e~derseIts"im "Wesen" dieselbe ist.
Von hier biS ans Ende der Nr. 3 wurde die Aufzeichnung, wohl im Jahre 1909,
erganzt. - Anm. d. Hrsg.
216 TEXT NR. 3 (1905:06 UND 1909)
Einheit ist und hinsichtlich der Zeit eine dauernde bei aller in-
haltlichen Veränderung.
Die Erinnerung versetzt aber ein Phantasiertes (quasi Wahr-
genommenes) in die Vergangenheit und ordnet sie derselben Welt,
5 hinsichtlich ihrer Vergangenheit eben, ein. Die Art ihrer Aus-
weisung fordert Übergänge von "Phantasie" zu Phantasie, die
aber immer wieder in gleicher Weise als Erinnerung charakteri-
siert ist. Gehören also nicht äussere (transiente) Wahrnehmung
und äussere Erinnerung in eine Parallele? Haben wir nicht bei-
10 derseits einfach: Wahrnehmungserscheinung im Modus der Ge-
wissheitssetzung, wieder: Phantasieerscheinung im Modus der
Gewissheitssetzung. Wahrnehmungserscheinung ist aber zu ver-
stehen als das auszeichnende Erscheinende und Gemeinte mit-
samt seinem Hintergrund in der bestimmten Auffassung. Ebenso
15 Phantasieerscheinung ist wieder gemeint mit ihrem Hintergrund,
zu dem aber nicht nur der dingliche Hintergrund gehört (in der
quasi-Koexistenz), sondern auch der zeitliche Hintergrund in der
Folge der Ereignisse bis zum Jetzt. Genauer betrachtet wäre
demnach die Erinnerung, oder vielmehr die die Erinnerung ein-
20 lösende Erinnerungsreihe, das genaue Gegenbild nicht der Wahr-
nehmung überhaupt, sondern der von dem damaligen Jetzt bis
zum jetzigen Jetzt laufenden Wahrnehmungsreihe, die ja ein
einheitliches Wahrnehmungsbewusstsein von Aufeinanderfolge
von Dauern und Veränderungen ausmacht.
25 Jede Wahrnehmung ist aber eigentlich schon ein solches Be-
wusstsein, sie ist ja Wahrnehmung von Dauerndem, oder Wahr-
nehmung von Vorgängen etc. Nehmen wir die Wahrnehmung als
Vor g a n g s w a h r n e h m u n gl, so entspricht ihr die Erinnerung
als Wiederbewusstsein (Vergegenwärtigung2), etwa das ich am
30 End e des Vorgangs evtl. vom Anfang habe. Es ist nicht nur
Phantasie des Anfangs, sondern eben Erinnerung, d.i. Wieder-
bewusstsein des Anfangs '11it der Intention bis zum Jetzt, das
wahrnehmungsmässig immer fortschreitet. Zum Wiederbewussc-
sein gehört wesentlich diese Intention.
35 Wahrnehmungssetzung hat das System der zur Idee der
Räumlichkeit gehörigen Ausweisungen, die sämtlich wieder
Wahrnehmungssetzung sind. Erinnerungssetzung hat das System
1 Später eingefugt : "Retention". - Anm. d. Hrsg.
2 Später eingefügt: "nicht Retention". - Anm. d. Hrsg.
! •••
Es ist klar, dass die Intentionen, die von den ins Auge gefassten
Dingen sozusagen in das Ungesehene hinausstrahlen, impres-
sional und nicht-anschaulich sind.
1 Das geht nicht. Die Phantasieerscheinung hat hier selbst den Charakter der Ak-
tualität, so wie eine Wahrnehmung abgesehen von den Intentionen der Umgebung
Aktualitätscharakter hat.
Z Das habe ich wieder aufgegeben.
8 Blosse = pure
TEXT NR. 4 (1908) 225
tentionale Beziehung auf das hic ct nunc verleiht!: auf mein je-
weiliges Jetzt, sei es, dass das Phantasierte "gesetzt" ist auch als
jetzt, oder als früher (in Beziehung auf das aktuelle Jetzt früher)
gewesen. Die neue' impressionale Auffassung hat den modalen
5 Charakter des Glallbens (natürlich können hier auch entsprechen-
de an der e Mo d i, und evtl. höherer Stufe auftreten: Erinne-
rungs-Neigung, Zweife!; Entscheidung). Diese impressionale Auf-
fassung hat ihre imaginative Modifikation. Ich stelle mir bloss
vor, dass etwas jetzt sei oder gewesen sei, und dabei haben wir
10 die volle und reine imaginative Modifikation, wenn wir 2 das Jetzt
gar nicht setzen, dann ist ein imaginatives Jetzt als Beziehungs-
punkt natürlich I vorausgesetzt. Das ist z.B. der Fall, wenn ich,
ausgehend von einer'quasi-Wahrnehmung (also einer schlichten
Phantasie), mich hineinphantasiere in ein Erinnern.3 Daneben
15 gibt es hier und überhaupt gemischte Phänomene. So wie
ich in die wahrgenommene Umgebung hineinphantasieren kann
etwas, was darin nicht ist (Widerstreit mit dem Gegebenen, ich
muss es ja anstelle eines wahrgenommenen Objekts setzen)4, so
kann ich auch in Beziehung auf das mit der Wahrnehmung sich
20 konstituierende hic et nunc etwas als jetzt seiend phantasieren
(was mit gar keinem Rechtsgrund als seiend zu setzen ist und
wofür auch gar kein Rechtsgrund vor;gegeben ist, es ist ja eben
Phantasie und nicht Glaube) oder etwas als gewesen seiend oder
künftig seiend phantasieren. Das Phänomen ist hier ein kom-
25 plexes, sofern die AUffassung imaginativ ist, aber auf einem ge-
wissen impressionalen Grund. ö Das Phantasie-Jetzt wird, wenn
1 Da steckt der Irr t u m. Wir haben doch nicht 1) pure Phantasie mit ihrem
Phantasiezusammenhang, räumlich und zeitlich, 2) eine dazutretende neue, impres-
sionale Auffassung, sondern die Erinnerung ist durch und durch Reproduktion, und
diese hat den Charakter reproduktiver Akt uali tä t (evtl. haben wir auch Mischun-
gen,.emzelnes ist in aktuell, offen gelassen, blosse Phantasie). Der Charakter der Ak-
t~ahtat und der der Impression ist ZU unterscheiden. Dass jede Erinnerung selbst
~,eder reproduzierbar ist, ist nichts, was dagegen spricht, und dass die aktuelle Er-
mnerung Zusammenhang mit dem aktuellen Jetzt hat, auch nicht.
,; Nachtraglieh eingefugt: "auch". - Anm. d. Hrsg.
.3 Doch ist das nicht als Ansetzen ZU verstehen. "Ich lebe in der Phantasie" und
ennnere mich "in der" Phantasie. '
• Ansetzen dieses Papiers als rot, während es weiss· ist. Das ist natürlich keine
bl~sse Phantasie, sondern ein neuer impressionaler Modus des "Auffassens".
Die Rede von Phantasie-Phänomen ist hier bedenklich. Das Ganze ist doch ei-
~:nthch k~ine Phantasie in dem jetzigen Sinn, da es ja vermöge des Ansetzens und in
,.e ~lrkhchkeit Hineinsetzens modal ein Bewnsstsein von Nichtigkeit ist. Nennen
Wl~ Jede~ komplexe Phänomen, in dem Erscheinungen auftreten, die aus Phantasmen
ge aut smd, Phantasiephänomen, so ist das etwas anderes.
226 TEXT NR. 4 (1908)
ich etwas als jetzt seiend einbilde (das Phantasie-Jetzt, das ZUr
puren Phantasie als Modifikation einer Wahrnehmung mit ihrem
aktuellen Jetzt gehört), mit dem Jetzt des impressionalen Wahr-
nehmungsbewusstseins, das mich zugleich mit der Phantasie er-
5 füllt, identifiziert, genau so wie bei der Erinnerungssetzung einer
Gegenwart (einer unwahrgenommenen)l.
Ähnlich wie die Erinnerung in ihren verschiedenen Formen, so
ist auch die s y m bol i s c h e2 Auffassung, die intuitive und signi-
tive, eine fundierte. Und hier ist wiederum der Falls der Impres-
10 sion und der der Imagination klar unterschieden. Nehmen wir
z.B. eine echte Bildauffassung, das Porträt-Bewusstsein. Zu-
unterst liegt ein Illusionsbewusstsein als aufgehobene Wahr-
nehmung. Also ein impressionaler Akt der beschriebenen Art. 4
Aber das Scheinobjekt ist Bild, und Bild für eine "wirkliche
15 Sache". Also hier ist die Auffassung eine impressionale5 , sie for-
dert ja und lässt zu Erfüllung, Begründung, Bestätigung: was
alles nur Sinn6 hat für impressionale5 Akte (und diese neuen Akte
sind selbst wieder Impressionen7).8
Andererseits haben wir auch eine9 imaginative Modifikation:
20 Das Bildobjekt wird als Bild aufgefasst, aber "ohne Glaube", d.i.
in blosser "Phantasie". Wie bei vielen Kunstwerken.
Ebenso wenn ich mir fingiere die Hinterseite eines mir unbe-
kannten Dinges. Auf sie sind unbestimmte Intentionen (impres-
sionale10) gerichtet, es ist natürlich die Rückseite eine solche, wie
25 sie zu einem körperlichen Ding gehört im dreidimensionalen
Raum, irgendwie sinnlich auffassbar etc. Imaginiere ich mir aber
etwas Bestimmtes, so ist das im ganzen genommen "Phantasie",
1 Vor dem Gleichheitszeichen eröffnete Husserl später eine eckige Klammer und
bemerkte am Ende des Satzes: "Durch die weiteren Untersuchungen widerlegt, eben-
so das Weitere". - Anm. d. Hrsg.
I, ,... • t I 1 I~
Nr.5
BEILAGE XXIV
<DIE ERSCHEINUNG ENTWEDER WAHRNEHMUNGS-
ODER PHANTASIEERSCHEINUNG ALS MATERIE DER
SETZUNG UND DER ZEITAUFFASSUNG>
15 <wohl 1908>
1 Von hier bis "Wesensbewusstsein" (unten, Zeile 30) wurde der Text später kreuz-
'><"lSe durChgestrichen. _ Anm. d. Hrsg.
2 Spater eingefugt: "zu Zwecken der 'Wesens'erfassung". - Anm. d. Hrsg.
3 Z.B." Wiederholung" eines eben gehörten und noch "erinnerten" Taktes .
.4 ."Die einfache Phantasievorstellung usw." nachträglich gestrichen; wohl gleich-
~lhg mit dieser Streichung fügte Husser! ein: "Und alle zugehörigen Modifikationen.
t nd alle diese Wahrnehmungen, Erinnerungen, Verbildlichungen bzw. ihre phanta-
~~schen MOdifikationen können Wahrnehmungen, Erinnerungen etc. von demselben
e
5 ,en' sein, von derselben Materie der 'Erscheinung' ". - Anm. d. Hrsg.
"Darstellungen" nachträglich verändert in "Impressionen". - Anm. d. Hrsg.
234 BEILAGE XXIV
BEILAGE XXV
<IN ERINNERUNG, ERWARTUNG, FREIER PHANTASIE
EIN IDENTISCHES ALS KERN, ALS ERSCHEINUNG SICH
15 ABHEBEND; FRAGE NACH EINEM TERMINUS DAFÜR>
(vor 1900, <modifizierte> Abschrift <wohl um 1909»
,
a
Die Ver g n gen 11 e i t kann ich im gewöhnlichen Wortsinn e r-
innern, ich kann mir auch von ihr eine bildliche Vorstellung
machen, nämlich nach einer Beschreibung mir von ihr eine Vor-
20 stellung machen, ferner nach Skeletten etc. Ich mache mir nach einer
Beschreibung eine Vorstellung von dem Attentat auf die Königin
Elisabeth. Diese letztere Vorstellung ist in Beziehung auf die Ver-
gangenheit in eine Linie zu stellen mit der Vorstellung, die ich mir von
einer Gegenwart, einem gegenwärtigen Ding und Vorgang, dessen ich
25 mich nicht erinnere, nach einer Beschreibung mache.
Die Erinnerung ist di.rekte Vorstellung vom Vergangenen, ähn-
lich wie die Wahrnehmung direkte Vorstellung von Gegenwärtigem
ist. Direkte. Was heisst das? Das geht doch nicht beiderseits in glei-
:hem Masse zu messen: Wahrnehmung ist Impression. Die Erscheinung
30 1st unmodifizierte Erscheinung. Darin liegt wohl schon, dass auch der
Glaube, da ist, unmodifiziert ("Hinweis" auf den Zusammenhang). In
der Ennnerung ist die Erscheinung modifizierte Erscheinung, der
G,laube modifizierter Glaube, das ganze Phänomen Modifikation. Aber
dIese Modifikation ist nicht diejenige, die wir als blosse Vorstellung zu
35 bezeichnen pflegen.
" Freilich, hier bedarf es immer wieder der Beispiele und der Analyse
an lebendigen Anschauungen. Was ich gewöhnlich als "blosse Vor-
~tellung" finde, das sind Erscheinungen im Zusammenhang von Er-
4 I~nerungserscheinungen, z,B. ich denke mir, wie gut es wäre, wenn ich
o dIe und die Veränderung an, meinem Schreibtisch machen liesse. Ich
1 Etwas nachträglich eingefügt: "ontisch<en>". - Anm.. d. Hrsg.
236 BEILAGE XXVI
stelle mir das vor, wie Tischler' hereinkommen, das Möbelstück um-
legen etc. Da habe ich mein erinnertes Zimmer und im Zusammenhang
dieser Erinnerungsanschauung nur eine Erscheinung, die "nicht hin-
eingehört" , die mit der Erinnerung streitet, mit dieser und mit dem
5 zeitlichen Zusammenhang, in dem mein Zimmer seit Bau des Hauses
sich auseinanderlegt. Also ganz so wie beim perzeptiven
Bilde. Wo sind nun Beispiele von absolut freien Phantasien? Steckt
nicht mindestens mein Ich dabei? Und dieses Ich hat doch zu-
gleich seinen Erinnerungs- und Wahmehmungszusammenhang und
10 somit überall dieselbe Sachlage. Komme ich also wieder darauf zu-
ruck, dass alle Vorstellung bildliche ist?
Oder vielmehr, kommen wir nicht auf den Unterschied zurück: Im-
pression und Idee, sowohl bei den Empfindungen wie bei den Auf-
fassungen, kurz bei den Erscheinungen, dann wieder bei den Auf-
15 fassungen im neuen Sinn, l dem als Bild Fungieren ... ? Also wir haben
zu revidieren.
Jedenfalls scheint sich in Erinnerung, Erwartung, freier Phantasie
(Phantasie innerhalb eines Erinnerungshintergrundes und angeblich
absolut freie Phantasie) ein Identisches als Kern, als Erschei-
20 n ung abzuheben. Dieselbe Erscheinung erinnerungsmässig, phan-
tasiemässig etc. Diese Erscheinung kann aber nicht P h a nt a s i e-
erscheinung heissen, warum nicht 2 Erinnerungserscheinung ? Eins und
das andere ist gleichberechtigt. Also brauchen wir einen neuen Ter-
minus.
25 BEILAGE XXVI
NOTEN. PROBLEMATA. <DER "ÜBERSCHUSS ÜBER DIE
ERSCHEINUNG" ZUR UNTERSCHEIDUNG BEI DEN
NICHTPERZEPTIVEN ERSCHEINUNGEN>
<wohl 1909>
BEILAGE XXVII
<DIE MÖGLICHKEIT DER ABSTRAKTIVEN SCHEIDUNG VON
AUFFASSUNG (ERSCHEINUNG) UND QUALITATIVEM MODUS>
15 <wohl 1909 oder 1910>
BEILAGE XXVIII
30 BILDAPPARENZ <PHANTASIEAPPARENZ UND DIE FRAGE
DER "EINORDNUNG IN DEN ZUSAMMENHANG
DER ERFAHRUNG">
<wohl 1912 oder etwas später>
macht, bleibt in sich einstimmig; aber sie mit ihrem Bildraum erhäit
den Charakter des Nichtigen. Evtl. stellt die Bildapparenz vermöge
symbolischer Intentionen einen anderen Gegenstand dar. Diese In-
tention kann den modalen Charakter des Glaubens etc. haben, oder
5 auch der biossen Vorstellung.
Kann nicht eine Bildapparenz genau so, wie sie ist, ohne jeden
Widerstreit auftreten? Oder vielmehr, dann ist sie ja keine Bild-
apparenz. Also sagen wir besser, eine perzeptive l Apparenz hat den
Charakter eben der Perzeption, und das ist modal der Charakter des
10 Glaubens" (Wahrnehmung). Und damit hat die Apparenz auch ihre
Glaubensumgebung, das Erscheinende seine Einordnung in die Wahr-
nehmungswelt (vom Wahrnehmungsgegebenen allseitig sich fort-
erstreckend). Eine illusionäre Apparenz hat in diese selbe Welt ihre
Einordnung durch Widerstreit. Aber ist nicht eine Apparenz denkbar,
15 die gar keine Einordnung in die Welterscheinung hat, die keinen
Modus des Glaubens oder der Illusion oder auch des Zweifels hat, etwa
im "Wettstreit" mit einer anderen Apparenz usw. ?2Z.B. wenn wir im
Dunkeln willkürlich eine visuelle Halluzination erzeugen könnten und
wenn dabei alle anderen Sinnesauffassungen des in den anderen Sinnes-
20 feldern Empfundenen zu dem fIalluzinierten ohne intuitive Beziehung
wären. Derart, /dass eine "Erscheinung" vorschwebte ohne jedes Be-
wusstsein der einordnenden Wirklichkeit, ebenso aber auch ohne
Bewusstsein der durch Widerstreit mit der Wirklichkeit doch auf sie
bezogenen Nichtigkeit, ebenso jeder andere Modus des Glaubens, der
25 ihr Stellung gäbe zur Welt und dem Ich. Dem nähern wir uns an,
wenn wir irgendeine impressionale Apparenz etwa im Stereoskop
sehen, aber ohne zu beachten, was z,ur Kastenwahrnehmung etc. ge-
hört.
Oder wenn wir uns sonst ein visuelles Bild denken, das das ganze
30 visuelle Gesichtsfeld ausfüllt, während wir, im visuellen Wahrneh-
men ganz lebend, auf die übrigen Sinnesfelder nicht achten. Aber
freilich da bleibt doch immer so viel übrig, dass eine Nichtigkeits-
charakterisierung hängen bleibt.
Dass es Empfindungskomplexe ohne jede Einordnung geben kann,
35 ohne Auffassung als Apparenz, die Einordnung vollzieht, das erweist
m~in Erlebnis ("Finger - im Mund"), das ist eine Gegebenheit, die
k~me "Wirklichkeit" ist und keine repräsentiert. Aber wichtiger ist
dIe Frage, ob nicht eine Apparenz gegeben sein kann in der beschrie-
benen Weise, also in genauer Analogie zu einer "reinen Phantasie".
40 .~I'. der reinen Phantasie haben wir auch eine Apparenz, eine
Phantasieapparenz, ohne jede Beziehung zur Aktuali tä t. Ich bin
~atürlich da und habe meine Einordnung in die Wirklichkeit, die ich
]~ auch fo~tdauernd wahrnehme, nur ohne auf sie gerade zu achten.
Aoer zugleIch habe ich das "Bild", die Phantasieapparenz, und diese
J '
Erste Ansicht
Zweite Ansicht
Auch das geht nicht, dass man sagt: Die Phantasmen erfahren
5 einmal eine impressionale Auffassung und das andere Mal eine
reproduktiv modifizierte. (Und ebenso im anderen Fall: Die
Empfindungen erfahren einmal eine impressionale Auffassung,
das andere Mal eine modifizierte.)
Kann man I'überhaupt so sinnliches Material und Auffassung
10 trennen, dass sich jedes für sich phantasiemässig modifizieren
könnte? ,"
Man könnte da auf die Fälle hinweisen, wo wir etwa in eine
gegebene Erscheinung eine andere hinein phantasieren. Wie wenn
ich fiktiv die Hausauffassung ändere, aber so, dass das Empfin-
15 dungsmaterial unangetastet bleibt. Ich stelle mir etwa vor, da
sei nicht wirklich/das Haus, sondern eine Theaterkulisse u.dgl.
Da hätten wir mindestens einen Teil der Auffassungskomponen-
ten derart modifiziert, dass wir ihnen phantasiemässige unter-
geschoben hätten: Was das Unterschieben freilich heisst und wie
20 das ganze Beispiel näher zu analysieren ist, das ist noch die
Frage.
Dritte Ansicht
1 ad 1.
244 TEXT NR. 6 (1909)
Vierte Ansicht
1 Der letzte Satz wurde spater teils wie folgt verändert: "Sondern es handelt si~?
um einen Charakter der Wahrnehmung selbst, <den> intuitiven Setzungscharakter .
- Anm, d. Hrsg,
TEXT NR. 6 (1909) 247
Aber nun kommt doch eine Schwierigkeit. Wir haben doch bei
20 den 4 bildlichen und 'signitiven Vorstellungen und ebenso bei
den freien leeren Vorstellungen den Unterschied von Setzung und
Nichtsetzung.5 Ist auch hier die Nichtsetzung Aufhebung von
Setzung, Neutralisierung sozusagen? Oder soll man sagen: Es
gibt hier eine Nichts'etzung oder "blosse Vorstellung", die gar
25 nichts von solcher N eutralisierung enthält? Wie stimmte das
aber zu der versuchten Theorie, die, wie in der Wahrnehmungs-
sphäre so in der Phantasiesphäre, alles "blosse Vorstellen" redu-
ziert auf Modi der Glaubensintentionen ? Natürlich wäre es kein
ernstlicher Einwand gegen die versuchte Auffassung, zu sagen,
30 wir merkten nichts von den Spannungen, Gegensätzen, Auf-
hebungen der Intentionen in der Phantasie. Das merken wir auch
bei der impressirtnalen Fiktion nicht: solange wir nicht analy-
sieren und auf das einzelne Moment achten.
'j
Nr. 7
BEILAGE XVI
<DIE ERINNERUNGSERSCHEINUNG MITSAMT IHREM GEHALT
AN SINNLICHEN INHALTEN ALS VERGEGENWÄRTIGUNG DER
15 FRÜHEREN WAHRNEHMUNGSERSCHEINUNG - BEIRRUNG
DURCH DIE FALSCHE THEORIE DER REPRÄSENTATION>
(1904)
Dächer vom Dorf Nörten1 und ihr Rot. Die aktuell erlebten sinnlichen
Inhalte scheinen sich zu den erinnerten genau so zu verhalten wie im
Fall der Wahrnehmung die aktuell erlebten Empfindungen zu den
Eigenschaften des Gegenstandes. 2 Bei der aktuellen Wahmehmung
S gelten die empfundenen Farben als zur selben Zeitstelle gehörig wie
die wahrgenommenen. Bei der Erinnerung analog.3 Die Erinnerungs-
erscheinung mitsamt ihrem Gehalt an sinnlichen Inhalten (die
selbst in die Erscheinung fallen) gilt als Vergegenwärtigung der
früheren Wahrnehmungser,schein ung4 , somit gilt die empfun-
10 dene 5 Farbe ebenso als gewesen wie die erinnerte Farbe. Die Er-
scheinung wird auf das frühere Ich bezogen, als "damalige" Wahr-
nehmungserscheinung desselben, die zeitlich koinzidiert mit dem Ob-
jekt, das da erscheint oder vielmehr damals erschien.
Indem ich mich aber jetzt erinnere, ist die Erscheinung jetzt.
IS Lebe ich in der Erinnerung, so erscheint mir "die frühere Erscheinung"
und durch sie das erinnerte Objekt. Oder es "lebt auf", es ist "repro-
duziert" die frühere Wahrnehmung, und in ihr lebend steht mir
gegenüber das Objekt. Ich nehme es gleichsam "wieder" wahr, ich
schaue es gleichsam, ich schaue es "in der Erinnerung". "Ich bin ver-
20 setzt in die Vergangenheit." ,
Sage ich: Ich erinnere mich, so beziehe ich mich auf das Jetzt, in
dem ich dies hnd jenes wahrnehme; gleichzeitig, also jetzt, ist die
Erinnerung als konkretes Phänomen. Zu dessen Gehalt gehört die
"reproduzierte" frühere Erscheinung. Darin aber liegt, dass diese
2S Erscheinung im Charakter der "Wiedervergegenwärtigung" gegeben
ist. 6 Zumeist wird sie nicht konstant bleiben. Sie verschwindet, sie
blasst ab, sie wird "verdrängt" durch die gegenwärtigen Wahrneh-
mungserscheinungen (nach Art des Wettstreites), sie lebt wieder auf,
ich habe innerhalb' der erhaltenen Erinnerungsintention eine zweite
30 intuitive Erinnerung', evtl. mehrere nacheinander, also in verschie-
wohl zur Zeit dieser Veränderung: "Aber nein. Was heisst das, die Farben, die da
er leb t sind? Also selbst da?" - Anm. d. Hrsg.
1 Nörten-Hardenberg ist ein Dorf nördlich von Göttingen. - Anm. d. Rrsg.
2 Zu Beginn des letzten Satzes fugte Husserl später ein: "Soll man auch sagen:"
und veranderte den Punkt in ein Fragezeichen. Wohl zur Zeit dieser Veränderung
fugte er am Ende des letzten Satzes ein: "Nein, auch das wäre grundfalsch." Und am
Rande bemerkte er: "Die falsche Theorie der Repräsentation beirrte mich". -
Anm. d. Rrsg.
3 Spater eingefügt: "Sind deun Farben da empfunden? Die erinnerten Farben-
,phantasmen gehoren natürlich zur selben Zeitstelle wie die erinnerte Farbe des Ob-
)ekts". - Anm. d. Rrsg.
4 Falsch. Habe ich denn eine Erscheinung, und diese Erscheinung gilt für etwas?
DIe Erscheinung ist doch nicht eine Bilderscheinung wie beim gewöhnlichen Bilde
w.o ICh wirklich eine Erscheinung (also eine Wahmehmungserscheinung) habe und
dIese verbildlicht.
: "empfundene" später verändert in "erlebte". - Anm. d. Hrsg.
Nem. DIese Erscheinung ist selbst wiedervergegenwärtigte Erscheinung und
~lCht gegebene Erscheinung, die für etwas anderes repräsentiert und einen Charakter
er Reprdsentation, der Vergegenwärtigung hat.
204 BEILAGE XVII
BEILAGE XVII
<ERINNERUNG: ES GENÜGT NICHT, DASS WAHRNEHMUNG
SICH IN REPRÄSENTATION DES WAHRGENOMMENEN
20 MODIFIZIERT; DER WAHRNEHMUNG MUSS EINE
WIRKLICHE ODER MÖGLICHE ERINNERUNG DIESER
WAHRNEHMUNG ENTSPRECHEN>
<1904>
Erinnerung: Vorhin war ich im Ratskeller. Ich fand die Räume neu
25 renoviert. Die gemütliche Gesellschaft bestand aus Schwarz, Mors-
bach, Kohn, Andres. Ich blickte beim Rückweg zurück auf das Rat-
haus, blickte mit Gefallen auf die alte Laube sowie auf den modernen
zierlichen Brunnen, die Gänseliesel darstellend.
Da ist die Rede vom Ich, das dies und jenes wahrgenommen, er-
30 lebt, gefühlt usw. hat. Also dem Sinn der Erinnerung entsprechend
müssen wir sagen: Damals bestanden diese und jene Erlebnisse, in
denen diese und jene Inhalte vorgestellt, beurteilt, geschätzt usw.
wurden, und diese Erlebnisse wurden als solche auf mein "Ich" be-
zogen, das seinerseits wieder in gewissen Erlebnissen erschien. Diese
35 letzteren freilich wurden im allgemeinen nicht auf "Ich" bezogen. In-
1 Später fügte Husserl ein: "Das muss besonders besprochen werden", und er
setzte den Absatz in eckige Klammern. - Anm. d. Hrsg.
2 Nach "Ich kann zwei" später eingefügt: "eine Wahroehmungserscheinung jet~~
haben und"; im Sinne dieser Einfügung ware dann das Zeichen fur "zwei" als "zwar
aufzufassen und zu lesen: "Ich kann zwar eine Wahroehmungserscheinung jetzt ha-
ben und ähnliche Dinge, •.. ". - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE XVIII 205
dem ich den Brunnen mit Wohlgefallen betrachtete, bezog ich das
Betrachten auf das Ich, aber das Erlebnis des Ich nicht wieder auf
das Ich.
Ich "betrachtete den Brunnen", ich "sah" ihn. Bedeutet dieses Be-
5 trachten, dieses Wahrnehmen, dieses Erleben, bedeutet dies, frage ich,
das Apperzipieren, als ob ich statt auf die Gegenstände auch auf ihre
Erscheinungen und auf die Aktformen geachtet hätte? Das wäre die
Frage. Es bedürfte hier zunächst einer Analyse, was das bedeutet:
Ich sehe hier eine Lampe, einen Menschen usw. Man könnte ja die An-
tO sicht vertreten, dass hierbei Gegenstand und Ich beide als körperliche
Objekte im räumlichen Verhältnis zueinander vorgestellt werden etc.
Doch das als selbst gegenwärtig Erscheinen der Lampe etc. ist doch
mit der Ausdrucksweise gemeint. Und gemein t ist doch auch nicht
das bloss körperliche Ich.
t5 Besteht aber eine wesentlich-notwendige Beziehung alles Wahr-
genommenen auf das Ich? Eine in diesem Sinn ursprüngliche? Nichts
kann, könnte man sagen, als Ge gen stand gegenüberstehen, ohne
mir, einem Ich gegenüberzustehen. Notwendige Korrelativität!
Aber wenn auf einen Schmerz geachtet wird, auf ein Unbehagen, auf
20 ein Lustgefühl etc., bedürfte es da, wie bei Aussendingen, einer solchen
Korrelation?
Angenommen also, wahrnehmen setzte nicht notwendig Beziehung
auf das Ich voraus. Wo es geschieht, wo auf das Wahrnehmen selbst
reflektiert, dieses also selbst wahrgenommen ist, da wird auch das
25 Erinnern Erinnern des Vorgangs und Erinnern der Wahrnehmung
des Vorgangs sein. Wo aber nicht, da nicht. Wie komme ich dann
aber zur Behauptung: Das, wessen ich mich jetzt erinnere, das habe
ich im damaligen Jetzt wahrgenommen? Wie komme ich zur Behaup-
tung, das Vergangene war gegen wärtig? Vergangen = jetzt-
30 gewesen oder gegenwärtig-gewesen. Es genügt nicht, dass Wahr-
nehmung sich irgendwie modifiziert in Repräsentation des Wahrge-
nommenen, sondern, wie der wahrgenommene Vorgang, Gegenstand
im Erinnerungsbewusstsein zum vergangenen selben Gegenstand
wird, so muss auch der Wahrnehmung des Vorgangs entsprechen eine
35 (wirkliche oder mögliche) Erinnerung dieser Wahrnehmung.
BEILAGE XVIII
KOMPLIZIERTERE BILDLICHE VORSTELLUNGEN
<woh11898>
welchem ein Bild an der Wand hängt. Dieses Bild stellt etwa eine
Gemäldegalerie dar, in welcher also wieder Bilder erscheinen.
1) Das physische Bild A,
2) das dadurch dargestellte Bild,
53) der durch 2 vorgestellte Gegenstand.
Zu ihm gehört ein physisches Bild, welches jetzt also bildlich vor-
gestellt ist. Dazu gehört aber:
1) die bildliche Vorstellung des physischen Bildes,
2) die bildliche Vorstellung des dargestellten Bildes, } all das in
10 3) die bildliche Vorstellung seines Sujets. zweiter Stufe
Nämlich: Es erscheint mir in der Tat ein repräsentierendes Bild, der
Einfachheit halber ein Mann zu Pferd. Aber dieses repräsentierende
Bild gehört nicht zu einem wahrnehmbaren physischen Gegenstand,
sondern zu einem im Bild vorgestellten. Und dies beeinflusst auch so-
15 zusagen den Wert des repräsentierenden Bildes. Dieses Erschei-
ne n deist nicht das repräsentierende Bild jenes gemalten Bildes,
sondern nur ein Bild davon. Die Erscheinung, die ich hätte, wenn ich
das Bild selbst sähe, ich meine die in diesem Bild zum Erscheinen
kommende, habe ich jetzt nicht, sondern nur eben ein Bild davon.
20 Und dieser Bildlichkeit sind wir uns auch bewusst.
Ebenso ist das im gemalten Bild Vorgestellte (deutlicher: in dem
durch das Gemälde zur Erscheinung gebrachten anderen Gemälde) nicht
so zur Vorstellung gebracht wie der Gegenstand eines Gemäldes erster
Stufe. Es ist zur Vorstellung gebracht durch eine bildliche Vorstellung
25 von einer bildlichen Vorstellung und somit Gegenstand zweiter Stufe.
Wir könnten von anschaulichen Vorstellungen erster,
zweiter, dritter Stufe sprechen (ähnlich: Spiegelbilder von
Spiegelbildern) .
2) Phantasiebilder von physischen Bildern. Z.B. ich stelle mir die
30 "Theologia" in der Phantasie vor. Hier haben wir ganz analoge Kom-
plikationen wie vorher, nur dass das Phantasiebild selbst keinen Er-
reger hat.
3) Gibt es auch physische Bilder von Phantasiebildern ? Z.B. Ge-
mälde eines Traumgebildes. Doch wird man derartige Darstellungen
35 nicht als rein anschauliche gelten lassen. Konzeptiv-gedankliche Ver-
mittlung. Grillparzers "Der Traum ein Leben".
BEILAGE XIX
PHANTASIE IN DER PHANTASIE
<um 1905>
BEILAGE XX
35 IMMANENTE IMAGINATIONEN
<wohl frühestens 1909; evtl. 1912>
da' Welche Farbe h~t da.nn der Hintergrund ~es Tizianschen Bildes? Nun, ich will
SJe mdlen. Dann 1st dIe gemalte gegenwärtIge Farbe doch "Bild" für die abwe-
~ende. Aber freIlich, in der gemalten kann ich die abwesende nicht sehen da
1%e pben gegenständliche Farbe und ohne Gegenstand nicht zu sehen ist. Was hier
gemalt 1st, 1st eben notwendig zugleich ein anderer Gegenstand (ein Klecks etc.).
208 BEILAGE XXI
BEILAGE XXI
REFLEXION IN DER PHANTASIE IST SELBST PHANTASIE
<wohl Herbst 1909>
ich ein Phantasma; so kann ich auf sein Objekt hin< sehen>. Dieses
Hinsehen stellt sich heraus als ein reproduktiv modifiziertes Hin-
sehen: als Hinsehens-Phantasma. Taucht eine Erinnerung auf, so kann
ich auf das Erinnerte hinsehen, und dieses Hinsehen ist selbst ein
5 modifiziertes, ein "Phantasma", auch wenn ich es nicht immer selbst
als Erinnerungs-Modifikation bezeichnen kann. So, wenn ich in der
Erinnerung phänomenologisch reduziere. Ich achte in der Erinnerung
auf die "Erscheinungsfarbe", auf die Erscheinungsform etc. Sie ge-
hörten zur erinnerten Erscheinung, die eine "in der Erinnerung"
10 konstituierte Einheit war, die ich vielleicht nie zum gemeinten Objekt
gemacht hatte. Ich sehe aber jetzt"mich jetzt erinnernd, auf sie hin.
Und doch ist dieses Hinsehen als Beschäftigung mit der Phantasie-Er-
scheinung (Erscheinungs-Phantasma) Beschäftigung mit einem nicht
selbst Gegebenen, sie ist eine Beschäftigung "in der Phantasie". Sie ist
15 selbst vom Charakter des Phantasma. Waslich jetzt meine Beschäfti-
gung mit dem Erinnerungsobjekt bzw. Phantasieobjekt und seiner Er-
scheinung nenne, ist in Wahrheit ein Phantasiebewusstsein, das den
Charakter von Phantasie von Beschäftigung mit dem Erinnerten hat.
Mit reproduktiven Erscheinungen, nicht gegenwärtigen, sondern ge-
20 wesenen, kann ich mich im eigentlichen Sinn nicht beschäftigen.
I
BEILAGE XXII
<"REPRODUKTION VON" GEGENÜBER
"PHANTASIEVORSTELLUNG VON" ALS
OBJEKTIVIERENDEl'fI AKT>
25 <wohl 1909>
----
I ungen?)
25 BEILAGE XXIII
WAS MACHT DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN ORIGINÄREM
UND NICHT ORIGINÄREM ERLEBNIS? <MÖGLICHKEIT
EINER DOPPELTEN REFLEXION>
(1910)
30 Zum nicht originären gehört das "gleichsam", und das ist wohl ein
sehr allgemeiner Charakterzug (das Gleichsam ist aber doppelsinnig,
da wir auch bei der Inaktualität von gleichsam sprechen können).
Jedenfalls gehört dazu, dass nicht originäre Erlebnisse eine doppel-
te Reflexion zulassen, eine originäre und eine nicht originäre.
35 Z.B. die Vergegenwärtigung eines Zornes lässt 1) eine Reflexion z~,
in der der meinende Blick sich auf das vergegenwärtigte Zornerlebllls
richtet, 2) eine Reflexion, welche sich auf das aktuelle Bewusstsein
vom als nichtgegenwärtig Dastehen des Zornes richtet. Hier also
offenbar auf 1).3 (Freilich kann man hier noch sagen: Verworren
I "propositIOnale" bIS" Urteil" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
2 Oder sollen wir sagen, Reproduktion sei voll oder leer?
3 VgI. aber das Beispiel der Hausphwtasie weiter unten.
BEILAGE XXIII 211
Schematische Überlegungen:
Gewisse Inhalte "Empfindungen" ; ihre Auffassung als Roons:
Wahrnehmungs apperzeption ; Glaubensqualität.
10 Andere Inhalte, "modifizierte derselben Gattungen", "Phan-
tasmen"; Auffassung als R.: Phantasieapperzeption (Erinnerung,
Vergegenwärtigung); Glaubensqualität.
Fall der Wahrnehmung des R. Die abgewandte Seite des
Gegenstandes sei anschaulich in der Phantasie vergegenwärtigt.
15 Sie hat natürlich Glaubenscharakte,. Diese Phantasie ist nicht
bloss neben der Wahrnehmung der Vorderseite bzw. des R.
"von vorne gesehen"; sie ist mit der Wahrnehmung geeinigt
durch Identifikation und durch Einigung der beiderseitigen
transzendenten Intentionen. Andererseits hat die Phantasievor-
20 stellung bzw. Phantasiesetzung auch "Intention" auf die en t-
sprechende Wahrnehmung (sc. des Roons von demselben
Standpunkt gesehen, als von welchem aus ihn die Phantasie-
vorstellung "sieht"). Wir unterscheiden
a) die" Vergegenwärtigung" der abgewandten Seite des Gegen-
25 standes, die "Intention" der erscheinenden Seite gerichtet auf
die abgewandte. 1
Diese Vergegenwärtigung findet statt in der Wahrnehmung,
1 Die Intention auf die ab gewandte Seite ist nicht zu verwechseln mit Intention
auf ein Wahrnehmungsbild oder Phantasiebild der abgewandten Seite, das ja nicht
Selte selbst ist. Die ab gewandte Seite kommt zur Erscheinung in einer Kontinuitat
von neuen Wahrnehmungen, deren jede, wenn sie kommt, Erfüllung bringt.
TEXT NR. 3 (1905/06 UND 1909) 213
" 1 N achtraghch eingefugt und später gestrichen: "Das ist inkorrekt, Phantasie, und
,dbst meht Ennnerung, hat nichts weniger als ohne weiteres eine Intention auf die
Lnt'prechende Wahrnehmung." - Anm. d. Hrsg.
2 Der unter I) und II) wiedergegebene Text mit den schematischen Darstellungen
SO\\ le den zugeh6rigen Anmerkungen wurde später kreuzweise gestrichen und mit
emer Nul! versehen. -'Anm. d. Hrsg.
3 Ph bedeutet hier Erinnerung. Inkorrekt, cf. vorige Seite Anfang <d.i. der Beginn
der AUfzeichnung>
4 A .
d ' nstel!e d,eser unrichtigen Illustration wäre zu setzen die eigenartige Beziehung
er Lrmnf>rung auf den Erinnerungszusammenhang bis zum aktuellen Jetzt.
214 TEXT NR. 3 (1905/06 UND 1909)
Aber jetzt erhebt sich die Frage nach dem Ver hält ni s Von
Apprehension und Quali tä t.
Wie ist die Qualität an Intention - Erfüllung beteiligt?
Nehmen wir eine blosse Phantasie: Ritter im Mondschein; er
5 wendet sein Pferd. Es erscheint die Rückseite, als zur Einheit
des Gegenstandes gehörig: "Erfüllung". Die Vorderseite "inten-
diert" die Rückseite. Bringt die Phantasie eine Rückseite, so fin-
det identHizierende "Erfüllung" statt.
Diese Intention ist "modifizierte Intention" und ihre Erfüllung
10 "modifizierte" Erfüllung. Die erste Intention war schon auf
einen ganzen Gegenstand "Ritter etc." gerichtet, aber diese kom-
plexe Intention <war> nur mit der Vorderseite "belegt"; als In-
tention auf den ganzen Gegenstand ist sie erfüllt durch das Ge-
gebene der Vorderseite. Auch diese Erfüllung ist natürlich eine
15 "modifizierte". Es gibt leere, ganz unerfüllte Intentionen. Hier
haben wir eine intuitive, also partiell volle, erfüllte Intention.
Partiell ist sie leer, sie geht auf weitere Erfüllung, sie findet sie
in neuen partiell erfüllten Intentionen, die freilich panieIl wieder
entleert sind.
20 Im Gegensatz dazu ist die Wahrnehmung ein Komplex von
unmodifizierten Intentionen, von Glaubensintentionen. Diese
sind nicht leere Qualitäten und dazu, damit irgend zusammen-
gebunden, die Apprehension des Gegenstandes, sondern sie sind
Glaubensapprehensionen ; die Bestimmtheit der Beziehung auf
25 den Gegenstand, d.i. die Bestimmtheit dieser Apprehension, das
sie Differenzierende, das, was den bestimmten Glauben,
die bestimmte Wahrnehmung macht.
Natürlich ist die Bestimmtheit des Glaubens nicht dasselbe wie
der Gehalt an Empfindung.
30 Nehmen wir jetzt die blosse Phantasie, so bleibt alles be-
stehen, nur ist alles "modifiziert" ins quasi, d.h. imaginativ. Im
Vergleich des Modifizierten und Unmodifizierten ein identisches
Wesen in abstracto: 1 "dieselbe" gegenständliche Auffassung, Er-
1 Aber wie, wenn ich eine Wahrnehmung nehme und eine Illusion desselben Auf-
fassungsgehalts ? Bei der letzteren statt des Glaubens eine durch Widerstreit mit
konkurrierenden Wahrnehmungen oder Erfahrungen auf blosse Glaubenstendenz
herabgesetzte Qualität, eine Glaubenstendenz, die kein Glaube mehr ist. Was is~ hie~
modifiziert? Doch nur die Qualitat. Die Sachlage ist doch eine ganz andere Wle bel
einer Phantasie gleichen Inhalts. Man wird vielleicht einwenden: Diese Modifika-
tion ist eine ganz andere als die Modifikation in eine Phantasie.·
,"
Ja, aber in der Phantasie kann doch Glaube bestehen, oder auch nicht bestehen.
ElUe blosse Phantasie mag mit jener Halluzination "denselben Inhalt" haben. Was
macht dann den Unterschied aus? Nun, einmal Wahrnehmungserscheinung, das an-
d~re Mal Phantasieerscheinung.
• Der letzte Satz wurde nachträglich wie folgt verandert: "Man wird richtig ein-
~ enden:. Die s e Modüikation, als Glaubensmodifikation, ist eine ganz andere als
~ e ImaglUahve, als die Modifikation in eine Phantasie." - Anm. d. Hrsg.
1 Es I,t zu beachten, dass das "Wesen" identisch ist, aber nicht die Erscheinung,
die elUmal Wahrnehmungserscheinung, das andere Mal Phantasieerscheinung ist, das
ClUe Mal impressionale, das andere Mal imaginativ modifizierte Materie. Ich kann
auch mcht eigentlich von demselben (individuellen) Gegenstand sprechen, sondern
~1U Gegenstand genau desselben Inhalts oder Wesens, ebenso wie die Erscheinung
e~derseIts"im "Wesen" dieselbe ist.
Von hier biS ans Ende der Nr. 3 wurde die Aufzeichnung, wohl im Jahre 1909,
erganzt. - Anm. d. Hrsg.
216 TEXT NR. 3 (1905:06 UND 1909)
Einheit ist und hinsichtlich der Zeit eine dauernde bei aller in-
haltlichen Veränderung.
Die Erinnerung versetzt aber ein Phantasiertes (quasi Wahr-
genommenes) in die Vergangenheit und ordnet sie derselben Welt,
5 hinsichtlich ihrer Vergangenheit eben, ein. Die Art ihrer Aus-
weisung fordert Übergänge von "Phantasie" zu Phantasie, die
aber immer wieder in gleicher Weise als Erinnerung charakteri-
siert ist. Gehören also nicht äussere (transiente) Wahrnehmung
und äussere Erinnerung in eine Parallele? Haben wir nicht bei-
10 derseits einfach: Wahrnehmungserscheinung im Modus der Ge-
wissheitssetzung, wieder: Phantasieerscheinung im Modus der
Gewissheitssetzung. Wahrnehmungserscheinung ist aber zu ver-
stehen als das auszeichnende Erscheinende und Gemeinte mit-
samt seinem Hintergrund in der bestimmten Auffassung. Ebenso
15 Phantasieerscheinung ist wieder gemeint mit ihrem Hintergrund,
zu dem aber nicht nur der dingliche Hintergrund gehört (in der
quasi-Koexistenz), sondern auch der zeitliche Hintergrund in der
Folge der Ereignisse bis zum Jetzt. Genauer betrachtet wäre
demnach die Erinnerung, oder vielmehr die die Erinnerung ein-
20 lösende Erinnerungsreihe, das genaue Gegenbild nicht der Wahr-
nehmung überhaupt, sondern der von dem damaligen Jetzt bis
zum jetzigen Jetzt laufenden Wahrnehmungsreihe, die ja ein
einheitliches Wahrnehmungsbewusstsein von Aufeinanderfolge
von Dauern und Veränderungen ausmacht.
25 Jede Wahrnehmung ist aber eigentlich schon ein solches Be-
wusstsein, sie ist ja Wahrnehmung von Dauerndem, oder Wahr-
nehmung von Vorgängen etc. Nehmen wir die Wahrnehmung als
Vor g a n g s w a h r n e h m u n gl, so entspricht ihr die Erinnerung
als Wiederbewusstsein (Vergegenwärtigung2), etwa das ich am
30 End e des Vorgangs evtl. vom Anfang habe. Es ist nicht nur
Phantasie des Anfangs, sondern eben Erinnerung, d.i. Wieder-
bewusstsein des Anfangs '11it der Intention bis zum Jetzt, das
wahrnehmungsmässig immer fortschreitet. Zum Wiederbewussc-
sein gehört wesentlich diese Intention.
35 Wahrnehmungssetzung hat das System der zur Idee der
Räumlichkeit gehörigen Ausweisungen, die sämtlich wieder
Wahrnehmungssetzung sind. Erinnerungssetzung hat das System
1 Später eingefugt : "Retention". - Anm. d. Hrsg.
2 Später eingefügt: "nicht Retention". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 3 (1905/06 UND 1909) 217
Es ist klar, dass die Intentionen, die von den ins Auge gefassten
Dingen sozusagen in das Ungesehene hinausstrahlen, impres-
sional und nicht-anschaulich sind.
1 Das geht nicht. Die Phantasieerscheinung hat hier selbst den Charakter der Ak-
tualität, so wie eine Wahrnehmung abgesehen von den Intentionen der Umgebung
Aktualitätscharakter hat.
Z Das habe ich wieder aufgegeben.
8 Blosse = pure
TEXT NR. 4 (1908) 225
tentionale Beziehung auf das hic ct nunc verleiht!: auf mein je-
weiliges Jetzt, sei es, dass das Phantasierte "gesetzt" ist auch als
jetzt, oder als früher (in Beziehung auf das aktuelle Jetzt früher)
gewesen. Die neue' impressionale Auffassung hat den modalen
5 Charakter des Glallbens (natürlich können hier auch entsprechen-
de an der e Mo d i, und evtl. höherer Stufe auftreten: Erinne-
rungs-Neigung, Zweife!; Entscheidung). Diese impressionale Auf-
fassung hat ihre imaginative Modifikation. Ich stelle mir bloss
vor, dass etwas jetzt sei oder gewesen sei, und dabei haben wir
10 die volle und reine imaginative Modifikation, wenn wir 2 das Jetzt
gar nicht setzen, dann ist ein imaginatives Jetzt als Beziehungs-
punkt natürlich I vorausgesetzt. Das ist z.B. der Fall, wenn ich,
ausgehend von einer'quasi-Wahrnehmung (also einer schlichten
Phantasie), mich hineinphantasiere in ein Erinnern.3 Daneben
15 gibt es hier und überhaupt gemischte Phänomene. So wie
ich in die wahrgenommene Umgebung hineinphantasieren kann
etwas, was darin nicht ist (Widerstreit mit dem Gegebenen, ich
muss es ja anstelle eines wahrgenommenen Objekts setzen)4, so
kann ich auch in Beziehung auf das mit der Wahrnehmung sich
20 konstituierende hic et nunc etwas als jetzt seiend phantasieren
(was mit gar keinem Rechtsgrund als seiend zu setzen ist und
wofür auch gar kein Rechtsgrund vor;gegeben ist, es ist ja eben
Phantasie und nicht Glaube) oder etwas als gewesen seiend oder
künftig seiend phantasieren. Das Phänomen ist hier ein kom-
25 plexes, sofern die AUffassung imaginativ ist, aber auf einem ge-
wissen impressionalen Grund. ö Das Phantasie-Jetzt wird, wenn
1 Da steckt der Irr t u m. Wir haben doch nicht 1) pure Phantasie mit ihrem
Phantasiezusammenhang, räumlich und zeitlich, 2) eine dazutretende neue, impres-
sionale Auffassung, sondern die Erinnerung ist durch und durch Reproduktion, und
diese hat den Charakter reproduktiver Akt uali tä t (evtl. haben wir auch Mischun-
gen,.emzelnes ist in aktuell, offen gelassen, blosse Phantasie). Der Charakter der Ak-
t~ahtat und der der Impression ist ZU unterscheiden. Dass jede Erinnerung selbst
~,eder reproduzierbar ist, ist nichts, was dagegen spricht, und dass die aktuelle Er-
mnerung Zusammenhang mit dem aktuellen Jetzt hat, auch nicht.
,; Nachtraglieh eingefugt: "auch". - Anm. d. Hrsg.
.3 Doch ist das nicht als Ansetzen ZU verstehen. "Ich lebe in der Phantasie" und
ennnere mich "in der" Phantasie. '
• Ansetzen dieses Papiers als rot, während es weiss· ist. Das ist natürlich keine
bl~sse Phantasie, sondern ein neuer impressionaler Modus des "Auffassens".
Die Rede von Phantasie-Phänomen ist hier bedenklich. Das Ganze ist doch ei-
~:nthch k~ine Phantasie in dem jetzigen Sinn, da es ja vermöge des Ansetzens und in
,.e ~lrkhchkeit Hineinsetzens modal ein Bewnsstsein von Nichtigkeit ist. Nennen
Wl~ Jede~ komplexe Phänomen, in dem Erscheinungen auftreten, die aus Phantasmen
ge aut smd, Phantasiephänomen, so ist das etwas anderes.
226 TEXT NR. 4 (1908)
ich etwas als jetzt seiend einbilde (das Phantasie-Jetzt, das ZUr
puren Phantasie als Modifikation einer Wahrnehmung mit ihrem
aktuellen Jetzt gehört), mit dem Jetzt des impressionalen Wahr-
nehmungsbewusstseins, das mich zugleich mit der Phantasie er-
5 füllt, identifiziert, genau so wie bei der Erinnerungssetzung einer
Gegenwart (einer unwahrgenommenen)l.
Ähnlich wie die Erinnerung in ihren verschiedenen Formen, so
ist auch die s y m bol i s c h e2 Auffassung, die intuitive und signi-
tive, eine fundierte. Und hier ist wiederum der Falls der Impres-
10 sion und der der Imagination klar unterschieden. Nehmen wir
z.B. eine echte Bildauffassung, das Porträt-Bewusstsein. Zu-
unterst liegt ein Illusionsbewusstsein als aufgehobene Wahr-
nehmung. Also ein impressionaler Akt der beschriebenen Art. 4
Aber das Scheinobjekt ist Bild, und Bild für eine "wirkliche
15 Sache". Also hier ist die Auffassung eine impressionale5 , sie for-
dert ja und lässt zu Erfüllung, Begründung, Bestätigung: was
alles nur Sinn6 hat für impressionale5 Akte (und diese neuen Akte
sind selbst wieder Impressionen7).8
Andererseits haben wir auch eine9 imaginative Modifikation:
20 Das Bildobjekt wird als Bild aufgefasst, aber "ohne Glaube", d.i.
in blosser "Phantasie". Wie bei vielen Kunstwerken.
Ebenso wenn ich mir fingiere die Hinterseite eines mir unbe-
kannten Dinges. Auf sie sind unbestimmte Intentionen (impres-
sionale10) gerichtet, es ist natürlich die Rückseite eine solche, wie
25 sie zu einem körperlichen Ding gehört im dreidimensionalen
Raum, irgendwie sinnlich auffassbar etc. Imaginiere ich mir aber
etwas Bestimmtes, so ist das im ganzen genommen "Phantasie",
1 Vor dem Gleichheitszeichen eröffnete Husserl später eine eckige Klammer und
bemerkte am Ende des Satzes: "Durch die weiteren Untersuchungen widerlegt, eben-
so das Weitere". - Anm. d. Hrsg.
Nr.5
BEILAGE XXIV
<DIE ERSCHEINUNG ENTWEDER WAHRNEHMUNGS-
ODER PHANTASIEERSCHEINUNG ALS MATERIE DER
SETZUNG UND DER ZEITAUFFASSUNG>
15 <wohl 1908>
1 Von hier bis "Wesensbewusstsein" (unten, Zeile 30) wurde der Text später kreuz-
'><"lSe durChgestrichen. _ Anm. d. Hrsg.
2 Spater eingefugt: "zu Zwecken der 'Wesens'erfassung". - Anm. d. Hrsg.
3 Z.B." Wiederholung" eines eben gehörten und noch "erinnerten" Taktes .
.4 ."Die einfache Phantasievorstellung usw." nachträglich gestrichen; wohl gleich-
~lhg mit dieser Streichung fügte Husser! ein: "Und alle zugehörigen Modifikationen.
t nd alle diese Wahrnehmungen, Erinnerungen, Verbildlichungen bzw. ihre phanta-
~~schen MOdifikationen können Wahrnehmungen, Erinnerungen etc. von demselben
e
5 ,en' sein, von derselben Materie der 'Erscheinung' ". - Anm. d. Hrsg.
"Darstellungen" nachträglich verändert in "Impressionen". - Anm. d. Hrsg.
234 BEILAGE XXIV
BEILAGE XXV
<IN ERINNERUNG, ERWARTUNG, FREIER PHANTASIE
EIN IDENTISCHES ALS KERN, ALS ERSCHEINUNG SICH
15 ABHEBEND; FRAGE NACH EINEM TERMINUS DAFÜR>
(vor 1900, <modifizierte> Abschrift <wohl um 1909»
,
a
Die Ver g n gen 11 e i t kann ich im gewöhnlichen Wortsinn e r-
innern, ich kann mir auch von ihr eine bildliche Vorstellung
machen, nämlich nach einer Beschreibung mir von ihr eine Vor-
20 stellung machen, ferner nach Skeletten etc. Ich mache mir nach einer
Beschreibung eine Vorstellung von dem Attentat auf die Königin
Elisabeth. Diese letztere Vorstellung ist in Beziehung auf die Ver-
gangenheit in eine Linie zu stellen mit der Vorstellung, die ich mir von
einer Gegenwart, einem gegenwärtigen Ding und Vorgang, dessen ich
25 mich nicht erinnere, nach einer Beschreibung mache.
Die Erinnerung ist di.rekte Vorstellung vom Vergangenen, ähn-
lich wie die Wahrnehmung direkte Vorstellung von Gegenwärtigem
ist. Direkte. Was heisst das? Das geht doch nicht beiderseits in glei-
:hem Masse zu messen: Wahrnehmung ist Impression. Die Erscheinung
30 1st unmodifizierte Erscheinung. Darin liegt wohl schon, dass auch der
Glaube, da ist, unmodifiziert ("Hinweis" auf den Zusammenhang). In
der Ennnerung ist die Erscheinung modifizierte Erscheinung, der
G,laube modifizierter Glaube, das ganze Phänomen Modifikation. Aber
dIese Modifikation ist nicht diejenige, die wir als blosse Vorstellung zu
35 bezeichnen pflegen.
" Freilich, hier bedarf es immer wieder der Beispiele und der Analyse
an lebendigen Anschauungen. Was ich gewöhnlich als "blosse Vor-
~tellung" finde, das sind Erscheinungen im Zusammenhang von Er-
4 I~nerungserscheinungen, z,B. ich denke mir, wie gut es wäre, wenn ich
o dIe und die Veränderung an, meinem Schreibtisch machen liesse. Ich
1 Etwas nachträglich eingefügt: "ontisch<en>". - Anm.. d. Hrsg.
236 BEILAGE XXVI
stelle mir das vor, wie Tischler' hereinkommen, das Möbelstück um-
legen etc. Da habe ich mein erinnertes Zimmer und im Zusammenhang
dieser Erinnerungsanschauung nur eine Erscheinung, die "nicht hin-
eingehört" , die mit der Erinnerung streitet, mit dieser und mit dem
5 zeitlichen Zusammenhang, in dem mein Zimmer seit Bau des Hauses
sich auseinanderlegt. Also ganz so wie beim perzeptiven
Bilde. Wo sind nun Beispiele von absolut freien Phantasien? Steckt
nicht mindestens mein Ich dabei? Und dieses Ich hat doch zu-
gleich seinen Erinnerungs- und Wahmehmungszusammenhang und
10 somit überall dieselbe Sachlage. Komme ich also wieder darauf zu-
ruck, dass alle Vorstellung bildliche ist?
Oder vielmehr, kommen wir nicht auf den Unterschied zurück: Im-
pression und Idee, sowohl bei den Empfindungen wie bei den Auf-
fassungen, kurz bei den Erscheinungen, dann wieder bei den Auf-
15 fassungen im neuen Sinn, l dem als Bild Fungieren ... ? Also wir haben
zu revidieren.
Jedenfalls scheint sich in Erinnerung, Erwartung, freier Phantasie
(Phantasie innerhalb eines Erinnerungshintergrundes und angeblich
absolut freie Phantasie) ein Identisches als Kern, als Erschei-
20 n ung abzuheben. Dieselbe Erscheinung erinnerungsmässig, phan-
tasiemässig etc. Diese Erscheinung kann aber nicht P h a nt a s i e-
erscheinung heissen, warum nicht 2 Erinnerungserscheinung ? Eins und
das andere ist gleichberechtigt. Also brauchen wir einen neuen Ter-
minus.
25 BEILAGE XXVI
NOTEN. PROBLEMATA. <DER "ÜBERSCHUSS ÜBER DIE
ERSCHEINUNG" ZUR UNTERSCHEIDUNG BEI DEN
NICHTPERZEPTIVEN ERSCHEINUNGEN>
<wohl 1909>
BEILAGE XXVII
<DIE MÖGLICHKEIT DER ABSTRAKTIVEN SCHEIDUNG VON
AUFFASSUNG (ERSCHEINUNG) UND QUALITATIVEM MODUS>
15 <wohl 1909 oder 1910>
BEILAGE XXVIII
30 BILDAPPARENZ <PHANTASIEAPPARENZ UND DIE FRAGE
DER "EINORDNUNG IN DEN ZUSAMMENHANG
DER ERFAHRUNG">
<wohl 1912 oder etwas später>
macht, bleibt in sich einstimmig; aber sie mit ihrem Bildraum erhäit
den Charakter des Nichtigen. Evtl. stellt die Bildapparenz vermöge
symbolischer Intentionen einen anderen Gegenstand dar. Diese In-
tention kann den modalen Charakter des Glaubens etc. haben, oder
5 auch der biossen Vorstellung.
Kann nicht eine Bildapparenz genau so, wie sie ist, ohne jeden
Widerstreit auftreten? Oder vielmehr, dann ist sie ja keine Bild-
apparenz. Also sagen wir besser, eine perzeptive l Apparenz hat den
Charakter eben der Perzeption, und das ist modal der Charakter des
10 Glaubens" (Wahrnehmung). Und damit hat die Apparenz auch ihre
Glaubensumgebung, das Erscheinende seine Einordnung in die Wahr-
nehmungswelt (vom Wahrnehmungsgegebenen allseitig sich fort-
erstreckend). Eine illusionäre Apparenz hat in diese selbe Welt ihre
Einordnung durch Widerstreit. Aber ist nicht eine Apparenz denkbar,
15 die gar keine Einordnung in die Welterscheinung hat, die keinen
Modus des Glaubens oder der Illusion oder auch des Zweifels hat, etwa
im "Wettstreit" mit einer anderen Apparenz usw. ?2Z.B. wenn wir im
Dunkeln willkürlich eine visuelle Halluzination erzeugen könnten und
wenn dabei alle anderen Sinnesauffassungen des in den anderen Sinnes-
20 feldern Empfundenen zu dem fIalluzinierten ohne intuitive Beziehung
wären. Derart, /dass eine "Erscheinung" vorschwebte ohne jedes Be-
wusstsein der einordnenden Wirklichkeit, ebenso aber auch ohne
Bewusstsein der durch Widerstreit mit der Wirklichkeit doch auf sie
bezogenen Nichtigkeit, ebenso jeder andere Modus des Glaubens, der
25 ihr Stellung gäbe zur Welt und dem Ich. Dem nähern wir uns an,
wenn wir irgendeine impressionale Apparenz etwa im Stereoskop
sehen, aber ohne zu beachten, was z,ur Kastenwahrnehmung etc. ge-
hört.
Oder wenn wir uns sonst ein visuelles Bild denken, das das ganze
30 visuelle Gesichtsfeld ausfüllt, während wir, im visuellen Wahrneh-
men ganz lebend, auf die übrigen Sinnesfelder nicht achten. Aber
freilich da bleibt doch immer so viel übrig, dass eine Nichtigkeits-
charakterisierung hängen bleibt.
Dass es Empfindungskomplexe ohne jede Einordnung geben kann,
35 ohne Auffassung als Apparenz, die Einordnung vollzieht, das erweist
m~in Erlebnis ("Finger - im Mund"), das ist eine Gegebenheit, die
k~me "Wirklichkeit" ist und keine repräsentiert. Aber wichtiger ist
dIe Frage, ob nicht eine Apparenz gegeben sein kann in der beschrie-
benen Weise, also in genauer Analogie zu einer "reinen Phantasie".
40 .~I'. der reinen Phantasie haben wir auch eine Apparenz, eine
Phantasieapparenz, ohne jede Beziehung zur Aktuali tä t. Ich bin
~atürlich da und habe meine Einordnung in die Wirklichkeit, die ich
]~ auch fo~tdauernd wahrnehme, nur ohne auf sie gerade zu achten.
Aoer zugleIch habe ich das "Bild", die Phantasieapparenz, und diese
J '
Erste Ansicht
Zweite Ansicht
Auch das geht nicht, dass man sagt: Die Phantasmen erfahren
5 einmal eine impressionale Auffassung und das andere Mal eine
reproduktiv modifizierte. (Und ebenso im anderen Fall: Die
Empfindungen erfahren einmal eine impressionale Auffassung,
das andere Mal eine modifizierte.)
Kann man I'überhaupt so sinnliches Material und Auffassung
10 trennen, dass sich jedes für sich phantasiemässig modifizieren
könnte? ,"
Man könnte da auf die Fälle hinweisen, wo wir etwa in eine
gegebene Erscheinung eine andere hinein phantasieren. Wie wenn
ich fiktiv die Hausauffassung ändere, aber so, dass das Empfin-
15 dungsmaterial unangetastet bleibt. Ich stelle mir etwa vor, da
sei nicht wirklich/das Haus, sondern eine Theaterkulisse u.dgl.
Da hätten wir mindestens einen Teil der Auffassungskomponen-
ten derart modifiziert, dass wir ihnen phantasiemässige unter-
geschoben hätten: Was das Unterschieben freilich heisst und wie
20 das ganze Beispiel näher zu analysieren ist, das ist noch die
Frage.
Dritte Ansicht
1 ad 1.
244 TEXT NR. 6 (1909)
Vierte Ansicht
1 Der letzte Satz wurde spater teils wie folgt verändert: "Sondern es handelt si~?
um einen Charakter der Wahrnehmung selbst, <den> intuitiven Setzungscharakter .
- Anm, d. Hrsg,
TEXT NR. 6 (1909) 247
Aber nun kommt doch eine Schwierigkeit. Wir haben doch bei
20 den 4 bildlichen und 'signitiven Vorstellungen und ebenso bei
den freien leeren Vorstellungen den Unterschied von Setzung und
Nichtsetzung.5 Ist auch hier die Nichtsetzung Aufhebung von
Setzung, Neutralisierung sozusagen? Oder soll man sagen: Es
gibt hier eine Nichts'etzung oder "blosse Vorstellung", die gar
25 nichts von solcher N eutralisierung enthält? Wie stimmte das
aber zu der versuchten Theorie, die, wie in der Wahrnehmungs-
sphäre so in der Phantasiesphäre, alles "blosse Vorstellen" redu-
ziert auf Modi der Glaubensintentionen ? Natürlich wäre es kein
ernstlicher Einwand gegen die versuchte Auffassung, zu sagen,
30 wir merkten nichts von den Spannungen, Gegensätzen, Auf-
hebungen der Intentionen in der Phantasie. Das merken wir auch
bei der impressirtnalen Fiktion nicht: solange wir nicht analy-
sieren und auf das einzelne Moment achten.
'j
h 1 Das 1st WIeder unklar. Die Erinnerung ist Erinnerung an die Gegenständlich-
ert, und cl 1. ;,Ie setzen. Was aber die Erscheinung der Gegenständlichkeit anlangt,
~ 1st SIe konkret genommen die Erinnernng selbst, sonst aber das Wes e n, das
r~nnerung und blasse Phantasie identisch gemein haben können.
Spater eIngefugt : "Nattirlich:"_ - Anm. d. Hrsg.
256 TEXT NR. 7 (1909)
man wohl sagen darf, vage Leerintentionen, die das weiter Zu-
rückgehende betreffen. Sämtlich gerichtet auf das Jetzt. Diese
Intentionen werden aktualisiert, bzw. kommen zur Erfüllung
dadurch, dass wir sozusagen sprungweise uns in die Vergangen-
5 heit durch Wiedererinnerung zurückversetzen und nun intuitiv
die Vergangenheit uns wiedervergegenwärtigen im Fortschritt
bis auf das Jetzt.
Das ist also die Kette der einseitig gerichteten zeit-
lichen In t en tion en (von dem Vor-Jetzt auf das Jetzt und
10 vom Jetzt auf das Künftig).
(Die pur e P ha n ta sie hat in ihrer Art modifizierte zeitliche
Intentionen, keine Wirklichkeit setzende und demgemäss nicht
wirklich zu erfüllende.)
Was also die Erfahrungsintentionen anlangt, die es machen,
15 dass das gleichsam Wahrgenommene, gleichsam Jetzt-Seiende
und Soeben-gewesene der Erinnerung ein Vergangenes repräsen-
tiert, so gehören sie jenen "zeitlichen Intentionen" an.
Aber wie ist dies zu denken?
Da ist zunächst wohl ein sehr wichtiger Punkt nachzuholen.
20 Ich sagte oben: Jede Wahrnehmung sei begabt mit zeitlichen In-
tentionen. Was da beschrieben wurde, waren in der Tat nur Er-
fahrungsintentionen eigener Art. Ich könnte so sagen. Die Gegen-
wart war immer aus der Vergangenheit geboren, natürlich eine
bestimmte Gegenwart aus einer bestimmten Vergangenheit.
25 Oder besser: Ein bestimmter Fluss spielt sich immer ab, das ak-
tuelle Jetzt sinkt und geht über in ein neues Jetzt usw. Mag es
eine Notwendigkeit apriorischer Art sein, so bedingt es doch
eine "Assoziation", d.h. erfahrungsmässig bestimmt ist der ver-
gangene Zusammenhang und wieder, "dass irgend etwas' kom-
30 men wird". Aber nun werden wir doch von diesem Sekundären
(dem Komplex der vorhin zeitlich genannten Erfahrungsinten-
tionen) zu dem Originären geführt, und das besteht in nichts an-
derem als eben in dem Übergang vom jeweiligen Jetzt auf das
neue Jetzt. Das gehört zum Wesen der Wahrnehmung,
35 dass sie nicht nur ein punktuelles Jetzt im Blick hat und
nicht nur ein Eben-gewesen aus ihrem Blick entlässt und in der
eigentümlichen Weise des "eben gewesen" nun doch "noch be-
wusst" hat (primäre Erinnerung), sondern dass sie von Jet z t
zu Jet z t übe r geh t und ihm blickend entgegengeht. Das
TEXT NR. 7 (1909) 259
1 Den letzten Satz setzte Husserl später in Klammern und bemerkte dazu' siehe
untcn". - Anm. d. Hrsg. ."
2 Das geh art zur Konstitution der Einheit des Bewusstseinsinhaltes, dass eine
cInhelthche Intention von Jetzt zu Jetzt ubergeht.
: ,,(eIn 'Bhck auf')" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
kbtwas nachtraghch eingefugt: ,,(Nota bene ein aktuelles.) Wichtig zu be-
mer en 1st hIer, dass notwendig zu dieser aktuellen Reproduktion gehört, dass sie
~n~weder Erinnerung oder Erwartungl ist oder sonstwie ihre UmgebungsintentioD
a , zelthche und evtl. zeitlich-räumliche." - Anm. d. Hrsg.
260 TEXT NR. 7 (1909)
35 BEILAGE XXX
ERINNERUN~, VERGEGENWÄRTIGUNG VON ABSOLUTEN
:;'INNLICHEN DATEN UND VON SINNLICHEN GESTALTEN
<wohl 1909>
V"enn ich mich einer Melodie erinnere, hat da nicht auch jeder ein-
40 zeIne Ton mit seiner Qualität und Intensität Erinnerungscharakter,
also den Charakter der thetischen Vergegenwärtigung?
Wenn aber beliebig ein Anfangstakt der Melodie in beliebig ver-
264 BEILAGE XXX
Was ist die Quelle/der immer aufs neue wiederholten und im-
mer wieder misslingenden Versuche zu einer Aufklärung des
Verhaltnisses von Wahrnehmung und Phantasie, oder
10 vielmehr die Quelle des Mi s s 1i n gen s dieser Versuche?
Ich denke dies! Ich habe nicht gesehen (und man hat über-
haupt nicht gesehen), dass z.B. bei der Phantasie einer Farbe
nicht etwas Gegenwärtiges, nicht ein Erlebnis Farbe gegeben ist,
das dann für die wirkliche Farbe repräsentiert. Wonach Empfin-
15 dung'ifarbe und Phantasmafarbe,in sich ein und dasselbe wäre,
nur mit verschiedener Funktion behaftet. Ich hatte das Schema
Auffa 'isungsinhalt und Auffassung, und gewiss hat das einen guten
Sinn. Aber nicht haben wir, zunächst im Fall der Wahrnehmung,
in ihr als dem konkreten Erlebnis, eine Farbe als Auffassungs-
20 inhalt und dann den Charakter der Auffassung, der die Erschei-
nung macht. Und ebenso haben wir im Fall der Phantasie nicht
wieder eine Farbe als 'Auffassungsinhalt und dann eine geänderte
Auffa'i'iung, diejeni§e, die die Phantasieerscheinung macht.
Viel m eh r: "B ewuss ts ein" besteht d urc hund
25 durch aus Bewu.sstsein, und schon Empfindung
so wi e Ph an t asma is t "B ewuss ts ein".
Und da haben wir zunächst Wahrnehmung als impressio-
n ~ 1e s (originäres) Gegenwartsbewusstsein, Selbstda-Bewusst-
sem u.dgl. und Phantasie (in dem Sinn, in dem Wahrnehmung
266 TEXT NR. 8 (1909)
1 Vor "es als Subjekt für, Prädikate Ansetzen usw." hat Husserl später eingefügt:
"darauf gnindet sich,evtl." und diesen ganzen Satzteil in Klammern gesetzt. - Anm.
d. Hrsg.
2 Der letzte Satz wurde, wohl schon kurz nach der Niederschrift, wie folgt verän-
dert: "Danach gebe ich also die Identifikation von Empfindung und Empfindungs-
inhalt (die ich in den Logischen Untersuchungen vollzogen habe) wieder auf? In
gewisser Weise ja. Muss ich damit zu der Ansicht zurückkehren, dass Empfindung
und Wahrnehmung prinzipiell auf einer Stufe stehen, dass jede Empfindung Wahr-
nehmung ist, nur nicht volle Wahrnehmung, sofern Aufmerken oder Meinen fehlt?"
Wohl gleichzeitig mit dieser Veränderung ergänzte Husserl den Text am Rande wie
folgt, strIch die Erganzung aber später wieder durch: "Das scheint aber noch keines-
wegs gefordert. Ob das, 1tas die Einheit des Inhalts konstituiert, so etwas wie Apper-
zeption ist, ja ob man Überhaupt sagen kann, jeder Inhalt sei als ein Inhalt bewusst,
auch wenn er nicht wahrgenommen wird? Das ist sicher, dass die Erscheinung inner-
halb der normalen Wahrnehmung und all ihre Komponenten, die Farbenabschattung
e~c. wirklich als Einheiten dastehen, wenn auch in ihnen das allein gemeinte tran-
sle.nte ~bjekt erscheint. Ist nicht ebenso ein Gefühl, eine Trauer, ein Wunsch, ein
iillle , eme Prädikation etc. eine Einheit? Und gibt es dann eine Grenze ?". - Anm. d.
rsg. ,
3 "Selbstda" später in "Selbstgegenwärtig" verändert. - Anm. d. Hrsg.
• Spater eingefügt: "meinende". - Anm. d. Hrsg.
268 TEXT NR. 8 (1909)
men etc. Aber all das ist auch Phantasie, die fliessenden Formen
phantasierte Formen etc. Genauso wie, wenn ein verwaschen,
unklar etc. sich darstellendes Wahrnehmungsobjekt wahrgenom-
men ist, die Wahrnehmung durch und durch Wahrnehmung ist:
5 Freilich, da stellen sich Wahrgenommenheiten dar, die nicht dem
Gegenstand selbst "zugedeutet" werden, aber durch sie hindurch
"meinen wir" wahrnehmend (und ebenso im parallelen Fall
phantasierend) das Nicht-Verwaschene, Nicht-Schwankende etc.
Nicht zu verwechseln:! Blosse Phantasie und Vergegenwärti-
10 gung. Wahrnehmung - Phantasie ist nicht der Gegensatz von
Gegenwärtigung und Vergegenwärtigung, denn Vergegenwärti-
gung ist ein impressionaler Akt, der wieder seine Modifikation hat.
Phantasie ist gleichsam Gegenwärtigung; Vergegenwärtigung,
das sind die verschiedene,n Formen der Erinnerung, die wieder
15 ihre Modifikationen haben. Gleichsam erinnern, ebenso gleich-
sam bildlich vorstellen.
Das 2 Gleic/hsam ist der Charakter der Reproduktion.
Gleichsam Wahrnehmu.ng der Charakter der Phantasie im
engeren Sinn. Doch kann man sagen, dass "Phantasie" gewöhn-
20 lich ein weiterer Begriff ist = intuitive Reproduktion.
1 Der Text dieses Absatzes wurde später mehrfach durchgestrichen und am Rande
mI; emem Deleaturzeichen versehen. _ Anm. d. Hrsg.
d Der Text dIeses Absatzes steht in Längsrichtung am Rande der Mannskriptseite
un Wurde wohl etwas nachträglich eingefügt. - Anm. d. Hrsg.
Nr.9
vom Ton ist, ist sie zugleich Modifikation von der Wahrnehmung
des Tones.
Wie kann eine und dieselbe immanente Phantasie zugleich
Phantasie vom Ton und Phantasie von der Wahrnehmung des
5 Tones sein? Aber das ist ein blosser Reinfall. Dieses Inein-
ander gilt nur bei transienten Phantasien, als Modifika-
tIOnen von t r ans i e nt e n Wahrnehmungen.
Das Eigentümliche der transienten Wahrnehmungen ist, dass
SIe sich auf ihre Gegenstände durch Erscheinungen beziehen. Die
10 Erscheinung in sich selbst ist selbst Darstellung eines Gegen-
standes, der von ihr verschieden, nur durch sie abgeschattet, dar-
ge"tellt ist. Diese Wahrnehmungserscheinung ist Erlebnis und
stellt dar, bezieht sich auf den transienten Gegenstand, ob wir
auf sie hinsehen oder nicht. Also vor dem Hinsehen haben wir
15 schon zweierlei, Erscheinung und (intentionales) Objekt. An-
dererseits, wenn wir von der immanenten Wahrnehmung, etwa
der eines Tones, ausgehen, so haben wir hier nicht vermittelnd
eine Tonerschefuung, die schon vor dem immanenten Wahr-
nehmen Erlebnis sein könnte. Der immanente Ton und die Ton-
20 erscheinung ist hier einerlei.
(Auch ist das Problem, ob denn nicht auch die immanenten
Objekte, sei es überhaupt, sei es in gewissem Umfange, schon
konstituierte "Objekte" sind, nur nicht gemeinte Objekte. Wir
hatten dann etwa immanente Auffassungen (Erscheinungen) und
25 transiente zu unterscheiden. Und zu sagen: Bei der transienten
Wahrnehmung vermittelten zwei Erscheinungen, nämlich die
I
gehens der Meinung. Sehen wir aber von der Richtung ab, so
haben wir Phantasiemodifikation vom Ton (d.i. Phantasiemodi-
fikation des den Ton konstituierenden Bewusstseinsflusses) und
andererseits Phantasiemodifikation von der Hauserscheinung
5 (die selbst wieder sich konstituiert in einem Bewusstseinsfluss).
Die Hauserscheinung ist "Hauswahrnehmung" in einem Sinn:
nämlich abgesehen von der Meinung. 1
*
Aber wenn ich auf das Tonphantasma hin blicke, so ist
dies doch Phantasiemodifikation des auf den Ton wahrnehmungs-
10 mässig Hinblickens : wie die Reflexion herausstellt. Auf den
"Ton der Phantasie" hinblicken, ihn in einer Phantasievorstel-
lung als Objekt vorstellen, das ist doch ihn gleichsam hören. Das
Hinblicken gibt sich als nicht wirkliches, sondern selbst als Phan-
tasie-Hinblicken.
15 Ebenso auf das Haus in der Phantasie hinblicken, d.h. das
Haus zum 0 b j e k t einer Phantasievorstellung machen, das ist
Phantasiemodifikation von dem das Haus Wahrnehmen im vollen
Sinn: wie ebenso die Reflexion herausstellt. 2 Es ist eben "gleich-
sam das Haus sehen". Das Hinblicken auf das Haus, das sich als
20 Phantasievorstellung vom Haus konstituiert, gibt sich nicht als
wirkliches, sondern als Phantasie-Hinblicken. Nur dass ich hier
die Hauserscheinung vorfinde, als quasi-Hauserscheinung, näm-
lich Modifikation (Erscheinungs-Phantasma), oben aber finde ich
den Ton vor, als quasi-Ton, als Tonmodifikation (Tonphantasma).
25 Also habe ich bei der immanenten Phantasievorstellung fol-
gendes: Immanente Reproduktion (Phantasiemodifikation ohne
Meinung) ist nichts Doppeltes. Es ist einfach Phantasma (im-
manentes Tonerscheinungs-Phantasma). Aber immanente Phan-
tasievorstellung als Rich t ung auf das Phantasie-Objekt hat
30 den Charakter einer (immanenten) Reproduktion der immanenten
Wahrnehmung des betreffenden Objekts (Ton).3
Rede (oder, was also dasselbe ist, von Apperzeption), so ist gleich
hinzuzufügen, dass auch bei immanenter Phantasie davon keine
Rede ist. Innerhalb der Phantasie ist von Apperzeption nur die
Rede im modifizierten Sinn, nämlich als modifizierte Auffassung
5 (z.B. Phantasieauffassung von Haus).
Grundverkehrt wäre es natürlich, bei einer Phantasievor-
stellung von immanentem Rot, also in Beziehung auf
Rotphantasma, von Auffassung zu sprechen, etwa gar
so, als ob ein Modus der Auffassung eines Rotinhaltes Wahr-
10 nehmung von Rot (Wahrnehmungsauffassung von Rot) ergäbe
und ein anderer Modus desselben Inhaltes Phantasieauffassung.
Man darf immer nicht verwechseln Auffassung und Meinung
und <muss> daran denken, dass ein erlebter Inhalt natürlich
nur in immanenter Wahrnehmung gemeint und in Form transien-
15 ter Wahrnehmung, oder besser Erscheinung, aufgefasst werden
kann. Dagegen nicht aufgefasst werden kann in Form im-
manenter Phantasie (was keinen Sinn gibt) oder transienter
Phantasie. Dar alles gibt keinen Sinn. Denn, wird ein Inhalt
als etwas aufgefasst (apperzipiert), so ist der Auffassungs-
20 charakter ein neuer Inhalt, und das Ganze aus beiden ist kein
Phantasma. Ein Phantasma ist nicht ein Charakter, der sich
an ein Nicht-Phantasma anschliesst, ein dazutretender weiterer
Inhalt, sondern Phantasma ist Mo d i f i kat ion von, und es
ist zu sagen: dass jedes Phantasma durch und durch Phantasma
25 ist. Phantasieauffassung is nicht Auffassung, sondern Phantasie.
Oder wenn wir deutlicher sprechen: Auffassungs-Phantasma
ist nicht Auffassung, sondern Phantasma. Oder Phantasma
von Auffassung. So ist auch Rotphantasma nicht Rot und
etwas dazu, sondern ganz und gar nicht Rot, sondern etwas,
30 das Rot "vorstellt". Dieses Vorstellen darf man aber nicht
zusammenwerfen mit dem Vorstellen in dem Sinn, in dem etwa
eine Wahrnehmungserscheinung Erscheinung von einem Haus
ist und das Haus vorstellt. Nennt man letzteres Vorstellung, so
ist das Rot-Vor~ellen im Sinn der Phantasie kein Vorstellen,
35 sondern eben Modifikation von Vorstellen, Phantasma davon.
So darf man also nicht Phantasievorstellung und Wahrnehmungs-
vorstellung auf gleicher Stufe behandeln. Ist Wahrnehmungs-
vorstellung Erscheinung, so ist "Phantasievorstellung" quasi-
Erscheinung, gleichsam Erscheinung etc.
Nr. 10
1 Überzeugung: mehr, starkere Zeugen sprechen dafur. Ein Glaube mit uberwie-
genden "Grunden" oder dafur sprechenden "Mögllchkeiten". Die Gegentendenzen
gering und vielleicht bewusst "beiseite geschoben", nicht gelten gelassen.
"
*
Alle Vorkommnisse im Gebiet der Wahrnehmung, alle Auf-
fassungen, die sich auf Empfindung bauen und mit dieser Er-
scheinung konstituieren, mit allen qualitativen Modifikationen
10 übertragen sich in der imaginativen Modifikation
auf die P h a n-t a sie. Sie treten "in der Phantasie" auf. Also
auch alle Zusammenstimmungen und Widerstreite.
Überlegen wir den Fall: In einer Phantasieumgebung, in einem
Phantasie-Milieu erscheint ein Geist. Er hat den Charakter der
15 ~ichtigkeit: Er stteitet gegen die Phantasiedinglichkeit mit
ihren imaginativ modifizierten Glaubenstendenzen.
Wir können aber auch folgenden Fall überlegen: Ich habe
eine Phantasiegegenständlichkeit, und nun stelle ich mir <von,
dass ein Stein gegen das mitphantasierte Fenster derselben fliegt
20 und, ohne es zu zerbrechen, hindurchgeht. Auch da tritt ein
Widerstreit auf. Dieser Durchgang des-Steins durch das Fenster
fügt sich zwar in die Einheit der Phantasie ein, es wird phanta-
siert, aber "er will sich nicht einfügen". So wie ich ja andererseits
auch mir phantasieren kann, dass die Rückseite dieses Tisches
25 grün sei, aber es wird das alsbald als nichtig charakterisiert.
Oder mir anschaulich vorstellen kann, es gehe der Stein durch
diesC3 wirkliche Fenster, aber es ist "bIosse" Einbildung. Aber
während ich hier aktuelle Wahrnehmung habe mit ihrem aktuel-
len Glauben, habe ich dort Phantasie, und zu ihr gehört die phan-
30 ta'iiemässige :ßiodifikation des Wahrnehmungsglaubens. Die
Wirklichkeit ist eI1iijJirische Wirklichkeit mit den empirischen
Eigerhchaften, die einer Wirklichkeit "zukommen", aber die
Wir1dichkeit ist quasi-Wirklichkeit, das Zukommen ein quasi-
Zukommen. Dagegen streitet nun das Durchgehen des Steins
35 durch das Fenster. Geht er durch, so ist die empirische Wirklich-
kcit nicht mehr empirische Wirklichkeit. Die Anschauung des
282 TEXT NR. 10 (1909)
wenn ich eine Erinnerung von all dergleichen hätte und aus-
drückte, während die Meinung nicht ist, dass ich "damals" so
gesprochen und ausgedrückt hätte. In diesem Falle habe ich Er-
innerungsaussagen, im anderen aber blosse Ausdrücke von
5 Phantasieerscheinungen, von Phantasieerlebnissen, die freilich
auch der Funktion der Mitteilung dienen und <in>sofern in ano-
maler Weise andere und wirkliche Urteile vertreten. Ich kann
auch, rein der Phantasie hingegeben und ohne Absicht auf Mit-
teilung an Andere, gelegentlich meine Phantasien mit ausdrücken-
10 den Worten begleiten. Dann werden die Ausdrücke, wenn es sich
vorausgesetztermassen nicht um ein Reden inder Phantasie
handelt, zur aktuellen Welt des Phantasierens und nicht des
Phantasierten gehören, ebenso wie Gefühle u. dgl., die sich daran
knüpfen. Z.B. "ist das ein hässliches Gesicht!" (im inneren
15 Sprechen natürlich ausgerufen), "benimmt der sich da sonder-
bar!" u. dgl. Lauter wirkliche und nicht etwa phantasiemässig
modifizierte AIge, aber auf Grund der Phantasie und dadurch
in eigener Weise modifiziert.
Natürlich machen wir dabei keine hypothetischen Annahmen,
20 keine eigentlichen Ass<umptionen>, auch nichts Verwandtes.
Das Festhalten in der Phantasie ist kein eigener Akt, das Er-
scheinende hält sich selbst durch, nämlich in der Weise, dass es
eben als einheitlich dauerndes Ding etc. dasteht. Anders ist es,
wenn ich etwa das Fenster als Fenster in der Weise festhalte,
25 dass ich, wenn der Stein dagegen fliegt, nicht Modifikation der
empirischen Auffassung vollziehe, sondern sie eben durchhalte
und nun in der Phantasie das Durchgehen des Steins als Fiktion,
als Illusion ciegradiere. Dann habe ich eben das neue Bewusst-
sein: die und die Umgebung. Ein Stein fliegt gegen das Fenster,
30 und es besteht die Illusion des Durchgehens, ohne zu zerbrechen.
Ich setze nicht voraus, dass das Fenster ein wirkliches Fenster
'>ei oder sein soll, ich nehme es eben dauernd als wirkliches
Fenc,ter und konstituiere das Scheinbewusstsein in der Phantasie.
Ich phantasiere eih Tier, und es steht in dauernder Phantasie-
35 emheit da, und nun kann ich auf Grund dieser Phantasie über-
Z~UgL sein, vermuten, zweifeln, ob es ein Säugetier sei, ob es
dl.es er oder jener Tierklasse angehöre etc. Ist es ein pferdeartiges
T~er, so werde ich überzeugt sein, dass es ein Säugetier sei. Aber
WIe kann ich zweifeln oder vermuten? Doch nur die zur Auffas-
284 TEXT NR. 10 (1909)
1 Der Mausberg befindet sich in der Nähe von Göttingen. - Anm. d. Hrsg,
TEXT NR., 11 (1909 ODER 1910) 287
1 Deutlicher: Einmal Aktualität (das sagt hier Impression) und einmal Inaktuali-
tat.
2 Von hier bis ans Ende die~es Absatzes ist der Text etwas nachträglich eingefügt.
- Anrn. d. Hrsg. .
288 TEXT NR. 11 (1909 ODER 1910}
1 Der Text dieses letzten Absatzes scheint etwas nachträglich eingefügt worden zu
sein. - Anm. d. Hrsg. ...." d
2 Spater eingefügt: "aktuellen Vergangenheltsvergegenwarbgung . - Anm. .
Hrsg.
3 Später eingefügt: "aktuell vergegenwärtigenden". - Anm. d. Hrsg.
4 Spater eingefügt: "Die Sache ist doch nicht schwierig". - Anm. d. Hrsg.
Nr. 12
Nun habe ic~ bis jetzt die P h an t a sie m 0 d i f i kat ion noch
nicht näher 1fetrachtet. Und ebenso <ist für> die Empfindung
manches nachzutragen. Es heisst also, jedem Empfinden ent-
10 spreche ein Phantasieren. Empfindung! ist dabei entweder Emp-
findung von Farbe oder Ton. Oder Empfindung von Lust und
Schmerz, oder Etnpfindung von Wunsch und Wille. Auch Emp-
findung von äusserer Erscheinung, oder Bewusstsein von innerem
Zustande. Empfindung von meinenderWahmehmung etc.
15 Jedenfalls haben wie im Was, im Empfundenen fundamen-
tale Unterschiede, "primäre Inhalte" des Empfindens und "Re-
flexionsinhalte" , wie ich in den Logischen Untersuchungen sagte. 2
Und die letzteren 'haben den Charakter von "Bewusstsein von".
Das Empfinden sehen wir an als das ursprüngliche Zeitbe-
20 wusstsein: In ihm konstituiert sich die immanente Einheit
Farbe oder Ton, die immanente Einheit Wunsch, Gefallen etc.
Das P h an ta sie ren ist also die Modifikation dieses Zeit-
bewusstseins, es ist Vergegen wärtigung. In ihm konsti-
tmert sich verg~nwärtigte Farbe, vergegenwärtigter Wunsch
25 ete.
Vergegenwärtigung kann aber sein Erinnerung, Erwartung
---
1 Empfindung im weitesten Sinn genommen.
2 Vgl Logtsehe Untersuchungen, 2. Teil, VI. Untersuchung, § 58. - Anm. d. Hrsg.
290 TEXT NR. 12 (1910)
*
Die symbolische Modifikation ist gehörig zu den Zusammen-
hängen. Ich habe ein Symbolbewusstsein und etwas, was daran
geknüpft ist: ein Bewusstsein, das damit in Verbindung steht.
Es sind also zuerst die Modifikationen, die das einzelne Be-
20 wusstsein betreffen, und zwar die zur Zeitlichkeit gehörigen, zu
erwägen, und dann die Formen der Komplexionen.
Bewusstsein ist immer Zusammenhang und not-
wendig Zusammenhang. Wir haben den originären
Zusammenhang, den des ursprünglichen Zeitbewusstseins, und
25 in diesem haben wir, die Mannigfaltigkeit der impressionalen In-
halte (der Nicht-Vergegenwärtigungen), und zu diesen gehörig
die Sinnesfelder und diese als Träger der sinnlichen Wahrneh-
mungen 3 . Dann der sonstigen impressionalen Akte, derjenigen,
die rein auf die sinnlichen Impressionen und sinnlichen Wahr-
30 nehmungen sich gründen, und solchen, die Vergegenwärtigungen
schon hereinziehen (wobei aber zu bemerken ist, dass schon in
~
<WAHRNEHMUNGSREIHE, ERINNERUNGS-
MODIFIKATION, PHANTASIEMODIFIKATION.
GEGENWÄRTIGUNG - VERGEGENWÄRTIGUNG,
5 AKTUALITÄT UND INAKTUALITÄT ALS SICH
KREUZENDE UNTERSCHIEDE. ZWEI
FUNDAMENTAL VERSCHIEDENE BEGRIFFE
VON PHANTASIE 1) INAKTUALITÄT
2) VERGEGENWÄRTIGUNG>
10 <teils Abschrift, wohl Februar 1910; teils 15. Februar 1910>
Geht daraus hervor, dass wir wirklich nicht mit einer! Mo-
difikation auskommen? Und dass nicht alles Unterscheidende
in der Art der Komplexion liegen könne? 2
"Erscheinung": Das weist auf einen Komplex hin, der ent-
15 weder un-modifiziert ist, also Impression, dann haben wir Wahr-
nehmungserscheinung; oder durch und durch modifiziert, und dann
haben wir Phantasieerscheinung.
Auf Phantasieerscheinungen können sich nun gründen Er-
innerungen, durch Zuzug neuer Momente. Das Erscheinende
20 wird zum Vergangenen. Wodurch? Durch gewisse Beziehungen
zur aktuellen Gegenwart. Z.B., ich bin vorhin spazieren gegangen.
Nehme ich da eine Erinnerung heraus, so habe ich nicht bloss das
Phantasiebild, sondern gewisse ihm zugehörige "subjektive"
Zeiteinordnungen. Die Phantasieerscheinung ordnet sich in einen
25 Erinnerungszusammenhang ein, durchlaufe ich ihn, so habe ich:
1 Ich habe ja zwei Modifikationen für nötig befunden und bleibe dabei. Einmal d!e
blosse Phantasiemodifikation und das andere Mal die Erinnerungsmodifikation. Sie
unterscheiden sich als Aktualität und Inaktualität.
S Das Grundlegende auf den folgenden Seiten. Diese Seite wohl unbrauchbar <bis
S.295,18>.
TEXT NR. 13 (1910) 295
So<eben> ging ich weg, und dann durchlaufe ich die Reihe der
Erscheinungen "bis'zu meiner Rückkunft" und bis zum aktuellen
Jetzt. Das alles ist schön. Nun, die "Intentionen" sind impres-
sional, und sie zeichnen jede Erscheinung dieser Reihe aus und
5 geben jeder ein über sich Hinausweisen bis zum Jetzt. Aber diese
Intentionen können nun wieder nichts Angehängtes sein. Jede
Phantasieerscheiuung hat ihre erscheinende Phantasiedauer und
alle in Ordnung gebracht schliessen sich zu einer phantasierten
Ereignisreihe zusammen, es ist aber nicht bloss phantasierte, es
10 ist erinnerte. Kann man da anders sagen, als dass in jeder Er-
scheinung eine setzende Intention waltet, eine impressionale,
eine Glaubensintention, welche das phantasiemässig Erscheinen-
de, also gleichsam Gegebene setzt und vermöge der Tran-
szendenz, die zum Wesen dieser Intentionen ge-
15 hört und die ihnen bestimmte Erfüllungsreihen zuweist, ihm
eine Stelle gibt in der Ordnung des gleichsam Gegebenen bis zum
Jetzt? Es sind" vergegenwärtigende" Intentionen und Zeitstellen
in der Zeit mityergegenwärtigende, in Relation zum Jetzt.
Es ist also die Frage, wie stehen diese Intentionen zu der
20 Phantasieerscheinung ? Sind sie etwas zu ihr Hinzutretendes? 1
Vergleichen wir eine Erinnerung und eine Erwartung.
Ich erinnere mich an den Gesang der Lorelei, den ich "damals"
hörte. Ich erwarte den Gesang. Ich erinnere mich an ein Leier-
kastenstück und erwarte es. Es kann sein, dass ich es gen au im
25 voraus vorstelle, dass ich es gen au kenne. Das Kennen ist nicht
ohne weiteres ein Erinnern. Ich kenne das Stück und erwarte es,
versetze es damit in die Zukunft: Ich werde es hören. Das Er-
innern ist aber das Bewusstsein als Wiederbewusstsein des
Gehörthabenden. Wobei wir in der Vergangenheit stehen. Dabei
30 die Unterschiede der vagen Erinnerung und Erwartung und der
expliziten, in der das Vergangene "noch einmal abläuft", in
einem Wiedernachleben, oder das Künftige im voraus abläuft in
einem voraus VJ)rerleben.
Erinnerung versetzt das Erinnerte in einen Erinnerungs-
35 zusammenhang, d.h. das Erinnerte steht als gegeben gewesen da
und gehört in einen bestimmten Zusammenhang gegebener Ge-
wesenheit. Die Erinnerung selbst in einen Zusammenhang von
1 Ja, wenn wir falsch reden. Keinen Modus?! Nein, denselben Mod us wie die
entsprechende Erinnerung, nur ist der Modus wie das ganze Phänomen "blosse Phan-
tasie" .
2 Später eingefügt: "der Vergegenwärtigung". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 13 (1910) 299
10
Leere Vergegenwärtigung und die sogenannte Leervorstellung
der Rückseite als Apprehension
lich darstellenden Seite der Schachtel, ist mir das Ganze, auch
das Nichtgesehene, in mehr oder minder unbestimmter Weise be-
wusst: Jetzt kann ich nicht sagen, dass irgendeine der möglichen
Vergegenwärtigungen der Rückseite oder irgendwelche bestimm-
5 ten Abläufe derselben dunkel bewusst, "erregt" seien. Und doch
habe ich eine Leervorstellung davon und ist es eine Vorstellung,
die in gegenständlicher Hinsicht ihren Bestimmtheits- (Bedeu-
tungs-)Gehalt hat, in mancher Hinsicht reicher bestimmt, und
eine Bestimmtheit, die in der Leervorstellung, im Leerstück der
10 Wahrnehmung steckt. Sowie wir uns meinend dem Unsichtigen
zuwenden, finden wir freilich irgendwe1che Erscheinungen bevor-
zugt, aber nicht so, dass nicht im Wechsel andere aus der "Grup-
pe" eintreten und sich für andere setzen könnten.
Man wird sich versucht fühlen, zu' sagen:
15 Wenn wir der Vorderseite der Schachtel zugewendet sind, so
sei immer eine bestimmte Erscheinung oder Erscheinungsreihe,
die zu den anderen Seiten gehöre, lebendig; aber für das meinende
und auf das Vorderseiten-Betrachten eingeschränkte theoretische
Bewusstsein ändere sich darin nichts "Wesentliches" und nichts
20 hinsichtlich der apparenzialen Unterlage Merkliches. Indessen
merken wir ein Aufblitzen von bestimmten Erscheinungen der
Rückseite sehr wohl, aber abgesehen davon ist folgendes zu be-
achten: Ist irgendeine Erscheinung, sei es auch als dunkle, be-
wusst, so ist sie doch Erscheinung-von, es gehört also auch zum
25 Erscheinenden eine Rückseite, und so haben wir auch innerhalb
der Lee r vergegenwärtigung, dem Bewusstsein dunkler Er-
scheinung, einen Unterschied zwischen Vorderseitenerscheinung
und der "miterscheinenden" Rückseite. Also hätten wir da so-
zusagen eine Leererscheinung zweiter Stufe. Aber was soll das
30 besagen, wenn Leererscheinung soviel wie Dunkelerscheinung
besagt? Gibt es im Dunkel wieder ein Hell und Dunkel? Unter-
schiede der Lebendigkeit, das gibt doch jetzt keinen Sinn mehr.
Und dazu ergeben sich unendliche Regresse, da die Rückseite
der in Dunkelerscheinung erscheinenden Dinglichkeit wieder in
35 einer Dunkelerscheinung bewusst wäre, die selbst wieder eine
Rückseite zur Erscheinung brächte, und so in infinitum.
Also ist der stringente Beweis geführt, dass Leer-Vergegen-
wärtigung als Dunkel-Modifikation einer klar.en
Vergegenwärtigung etwas prinzipiell anderes 1st
TEXT NR. 14 (1911 ODER 1912) 305
*
Wir haben uns bisher in sehr engem Kreis bewegt, im Kreis der
15 apparenzialen Akte.
Müssen wir nun nicht sagen, dass zu jedem Akte eine Vergegen-
wärtigungsmodifikation gehört?
Da fragt es sich zunächst, was heisst das, Ver ge gen w ä r-
t igu ngs m 0 difika tion? Die der apparenzialen Wahrneh-
20 mung entsprechende ,.Erinnerung" ist die Vorlage für unsere Be-
griffsbildung. (Eigentlich handelt es sich um eine Serie von Mo-
difikationen. Es kann sich um ein Vergangenheitsbewusstsein
handeln, aber auch um ein Vergegenwärtigungsbewusstsein, in
dem ein nichtgegenwärtiges Jetzt vergegenwärtigt ist. So, wenn
25 ich im Dunkeln die Umgebung als eine vergegenwärtigte Gegen-
wart bewusst habe und nicht als ein Vergangenes.) Das sind ver-
schiedene Weisen der "R e pro du k t ion", der Vergegenwärti-
gung. Wir sagen normal Vergegenwärtigung mit Beziehung auf
G e gen s t ä nd 1ich e s. Es handelt sich hier aber um eine Modi-
30 fikation d~f apparenzialen Wahrnehmung, und zwar <um> eine
solche, die, so wie die Wahrnehmung leibhafte Gegenwart erfasst
oder erscheinen lässt, so die Reproduktion evtl. dasselbe Gegen-
<;Hinclliche oder ein Gleiches, das nicht leibhaft dasteht, sondern
"vergegenWärtigt" ist.
35 Die Er i n n er u n g ist eine reproduktive Modifikation der
Wahrnehmung, sie hat aber die merkwürdige Eigentümlichkeit,
306 TEXT NR. 14 (1911 ODER 1912)
1 Später setzte Husserl an den Rand ein Fragezeichen und bemerkte: "Das ist
keine Argumentation. Beilage". Vgl. Beilage XXXI, S. 313f. - Anm. d. J:Irsg. .
a Der letzte Satz wurde später zunachst teils wie folgt verändert: "Wie setze ich
diese Vergegenwärtigung der Wahrnehmungserscheinung, ... ", danach folgender-
massen : "Wie setze ich diese vergegenwärtigte Wahrnehmungserscheinung, ... ". -
Anm. d. Hrsg. .
8 Später eingefügt: "die in der Erinnerung im gewöhnlichen Sinn durch RefleXion
vorfindliche 'quasi-Wahrnehmung' ". - Anm. d. Hrsg.
4 Später eingefügt: "und ilirer ontischen Erscheinungen". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 14 (1911 ODER 1912) 307
das macht nicht der meinende Blick, er blickt nur darauf hin.
Nun, dieses gegenwärtige jetzige, dauernde Erlebnis ist schon,
wie wir durch Blickänderung finden können, eine "Einheit des
Bewusstseins", des Zeitbewusstseins, und das ist eben Wahr-
5 nehmungsbewusstsein. "Wahrnehmen"!, das ist nichts anderes
als das zeitkonstituierende Bewusstsein mit seinen Phasen der
fliessenden Retentionen und Protentionen. Hinter diesem Wahr-
nehmen steht aber nicht wieder ein Wahrnehmen, als ob dieser
Fluss selbst wieder Einheit in einem Fluss wäre. Was wir Er-
10 lebnis nennen, was wir Akt des Urteils, der Freude, der äusseren
Wahrnehmung nennen, auch Akt des Hinsehens auf einen Akt
(was eine setzende Meinung ist), das alles sind Einheiten des Zeit-
bewusstseins, sind also Wahrgenommenheiten. Nun, jeder solchen
Einheit entspricht eine Modifikation: genauer, der originären
15 Zeitkonstitution, dem Wahrnehmen, entspricht ein Reprodu-
zieren, und dem Wahrgenommenen ein Vergegenwärtigtes.
Dahin gehört also auch die äussere Wahrnehmung (das appa-
renziale Wahrnehmen), es ist eine konstituierte Einheit. Ich sehe
z.B. dieses Papier, dieses dort stehende Tintenfass etc. Diese
20 dauernde "Erscheinung".
Nun, diese ist ein Gegenwärtiges (also innerlich Wahrgenom-
menes), und ihr entspricht eine mögliche reproduktive Modifi-
kation als ein Phantasiertes, Wiedererinnertes etc.
Genau so wie einer aktuellen Freude entspricht die Erinnerung
25 an die Freude, die Freudenreproduktion irgendeiner Art. (Gibt es
denn mehrere?)
Aber hier besteht der grosse Unterschied: Die äussere Wahr-
nehmung ist Wahrnehmung. Und wenn nun die Modifikation der
Wahrnehmung eine entsprechende Erinnerung ist, so haben wir
30 hier das Merkwürdige, dass die entsprechende Erinnerung nicht
nur Erinnerung von der Wahrnehmung ist, sondern dass die
Modifikation der Wahrnehmung auch Erinnerung an das Wahr-
genommene ist. Das muss ich deutlicher machen. Eine ä u s s e r e
Wahrnehmung (eine apparenziale Perzeption oder Pre-
35 hension 2) ist als Einheit des Bewusstseins, als Einheit der im-
1 Warum fuhre ich nicht die passende Terminologie ein: Alle Gegenstände des in-
neren Bewusstseins, die keine Reproduktionen sind = Impressionen; alle Gegen-
stände innerer Vergegenwärtigung = Reproduktionen.
2 Später eingefugt : "freilich". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 14 (1911 ODER 1912) 311
schon gar nicht das Wort; das Naturereignis wird nicht noch ein-
mal produziert, es wird erinnert, es steht in der Weise des Ver-
gegenwärtigten vor dem Bewusstsein.
Betrachten wir nun das merkwürdige Verhältnis der beiden
5 hier zu vergleichenden und offenbar an sich voneinander ver-
schiedenen Vergegenwärtigungen.
1) Dem A == W a steht gegenüber Vi(Wa ) oder, wie wir jetzt
schreiben können, R(Wa), Reproduktion von ihr.
2) Dem W a steht als Wahrnehmung des äusseren Gegen-
10 standes a, W(a), gegenüber die Va, d.h. die V(a), die Vergegen-
wärtigung von a.
Wie steht die Reproduktion der Wahrnehmung eines Hauses
z.B. zur Vergegenwärtigung des Hauses?
Schliessen wir immer die mitzuverflechtenden Akte des Me i-
15 nens (des vergegenständlichenden Setzens) und die Unter-
schiede der Aufmerksamkeit aus, so müssen wir wohl sagen, dass
die beiderseitig~u-Phänomene dieselben sind, dass hier ein We-
sensgesetz besteht, wonach
R(Wa) = Va,
20 und das gilt für jede Wahrnehmung, die nicht inneres Bewusst-
sein ist (aber natürlich auch für diese als tautologischer Grenz-
fall).
Zu studieren bleiben dann aber die genauen Verhältnisse,
wenn wir die verschiedenen Sorten von Reproduktionen bzw.
25 Vergegenwärtigungen in Rechnung ziehen. Und dahin gehören
auch die "Einfühlungen".
Jedenfalls kann jede Reproduktion und jede V (Vergegen-
wäri.igung) Unterschiede der "Lebendigkeit" haben, sie kann
dann auch dunkel und in diesem Sinn leer sein. Und ebenso kann
30 sie die früher beschriebenen Modi haben, sie kann den Charakter
der Inaktualität haben (blosse Phantasie) und den Charakter der
Ungewissheit und verschiedener Modi der Ungewissheit, neben
dem Charakter der Gewissheit.
Ir: diesem Sinn haben wir also für jeden Akt einen leeren Akt.
35 Und da auch das innere Bewusstsein seine Leermodifikation als
~eere Reproduktion hat, so gibt es auch zu jedem Empfindungs-
mhalt (sinnlichen Inhalt) ein leeres Phantasma, nämlich eine
leere Reproduktion von ihm.
312 TEXT NR. 14 (1911 ODER 1912)
1 Der Satz wurde später wie folgt verändert: "Einerseits Psychisches und gesetz~,
und doch nicht als mein jetzt wirklich Psychisches gesetzt, und doch mit dem 'Jetzt·
Charakter und gesetzt." - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE XXXIII 315
selbe gilt von den Reten tionen, in die sich alle W ahrnehm Un-
gen nach ihrem "Aufhören" verwandeln. Das gehört zum Wesen der
Wahrnehmung, wie sich auch an jede Wahrnehmungsphase ein reten-
tionaler Schwanz anschliesst. Jede Wahrnehmung nimmt, sowie sie
5 aufgehört hat, an Lebendigkeit ab, d.i. sie hört nicht plötzlich auf,l
das Jetztbewusstsein.wandeIt sich durch Abklingen in das stetige re-
tentionale Bewusstsein, und die Unlebendigkeit geht in Leere
über. Natürlich gehört zu jedem Erlebnis innerhalb des inneren Be-
wusstseins diese Retention und ein Hintergrund leerer Retention.
10 Gehen wir nun zu den Vergegenwärtigungen zurück, so haben wir
auch bei ihnen zu unterscheiden das "Auftreten" der Vergegenwärti-
gung, ihr Anfangen, das ein Vergegenwärtigen eines früheren inneren
Wahrnehmens des entsprechenden Erlebnisses ist, bzw. ein Vergegen-
wärtigen des früheren Eintretens ins Jetzt; daran schliesst sich eine
15 retention ale Reihe, ein Abklingen des Vergegenwärtigens, worin zu-
gleich sich das Abklingen der früheren Wahrnehmung vergegen-
wärtigt. Und wenn die ganze Erinnerung abgelaufen ist, so verbleibt
noch eine Retention, nämlich genauer gesprochen eine Reproduktion
der Retention, die sich an die "abgelaufene" Wahrnehmung an-
20 schloss. Wir haben-auch hier zu unterscheiden: die Leer-Vergegen-
wärtigung mit ihrem Verlauf und ihrer Retention und die reproduzierte
leere Retention usw.
BEILAGE XXXIII
<UNTERSCHEIDUNGEN IN DER SPHÄRE DES INNEREN
25 BEWUSSTSEINS (DES ZEITBEWUSSTSEINS»
<wohlI911/12>~
10 BEILAGE XXXIV
<SCHLICHTES UND SYNTHETISCHES MEINEN IN
BEZIEHUNG AUF KLARHEIT UND DEUTLICHKEIT DER
ERSCHEINUNGEN UND FRAGE NACH DER
ERSCHEINUNGSEINHEIT • BESTIMMTHEIT UND
15 UNBESTIMMTHEIT DER ERINNERUNG UND PHANTASIE.
LEERE ERSCHEINUNGEN>
<wohl 1911 oder Anfang 1912>
1 Darüber im weiteren.
BEILAGE XXXIV 317
Klarheit, Deutlichkeit
,
3) Wir müssten sagen: Es ist zu unterscheiden zwischen vollkom-
men klaren Erscheinungen und Erscheinungen niederer Klarheits-
stufe, endlich den völlig leeren Erscheinungen, in denen gar nichts
5 lebendig ist}
Jede Verdeutlichung, d.h. jedes Herausmeinen setzt voraus ein
Lebendigwerden, und je- grösser die Bestimmtheit ist, um so grösser
<die> Lebendigkeit. .
Aber kann das richtig sein? Wenn ich im Dunkeln die Gegenstände
10 des Zimmers der Reihe nach herausmeine, heisst das, <dass> ich sie
anschaulich vergegenwärtigt haben muss? Kann ich also nicht heraus-
meinen ohne Klarheit? Das scheint doch ganz sicher zu sein. Also
mUss man fragen, was hat denn Klarheit für einen Vor-
zug?
Innerhalb der "Klarheit" geht aue h nicht alles mit rechten Dingen
zu. Beschränken~L uns auf individuelle Erscheinungen von Dingen.
Es schwebt mir etwas,in der Erinnerung vor. Aber "näher be-
sehen" haftet an der bestimmten Farbe keine bestimmte Erinnerung.
20 Oder die Farbe wandelt sich, ist unbehaglich "unbestimmt", es blitzt
bald die, bald jene Farbe auf: Aber in ihr habe ich kein Bewusstsein
der "Wiedergegebenheit", wie ich es hinsichtlich der Form habe. An
Farbe überhaupt haftet Aktualität, aber nicht an der bestimmten
Farbe. Nach einer Weile "finde" ich die bestimmte Farbe "wieder",
25 ich sehe sie wieder. Aber ist dergleichen ohne ein lebendiges Wieder-
sehen möglich? Und andererseits, wie gesagt, macht es Klarheit
allein nicht. Es kommt auf die Art an, wie der Erinnerungscharakter
das Phänomen, die Erscheinung überdeckt und auf weiche Momente
er sich wesentlich bezieht. Und da wird man sagen: Genauso kann es
30 auch mit der Leererinnerung sein. Im allgemeinen freilich herrscht
grössere Bestirrlmtheit auf, seiten der Klarheit. Aber was das wieder
heisst: Klarhei t und.Bestimm thei tunterscheiden? Was ist das
fü.r eine wunderbare Sache: Ich habe eine Erscheinung, eine in ge-
wl~ser Weise lebendige Erscheinung, also doch eine klare, und doch
35 keIne Bestimmtheit. Ich stelle mir das Kinderzimmer vor, und es
steht vor meinen Augen der Fussteppich, rot mit einem Muster. Aber
gen au sehe ich das Muster nicht. Und ein tiefes Blau blitzt auf. Aber
n~r für einen Moment ist es "klar", und sogleich heisst es, das ist es
mcht. Das ist zu blau. Auch ist es unfassbar, wie es geformt ist, so
40 w~s Ungefähres der Form habe ich, etwas Längliches, Trapezdör-
mlges>, aber unsagbar, wie ausgefüllt. Oder ich stelle mir den Salon
vor, blaue Tapete, persischer Teppich, aber das Sofa, wie unsagbar
1 :'Iluss man nicht "deutlich" und "klar" unterscheiden?
318 BEILAGE XXXIV
ist das vorstellig. Schon "anschaulich", und doch nicht klar, ich sehe
nicht klar das Muster des Teppichs. Ein "geometrisches Muster"
kleine Quadrate, einzelne in regelmässiger Folge in Goldfarbe, ander~
in Purpur. Jetzt vom anderen Teppich ganz lebendig das Grün, aber
5 die Musterung, in der weiss was für <eine> Rolle das Grün da näher
spielt, unklar, einen Moment hatte ich das Bild, aber ehe ich noch
gliedern und im einzelnen Punkt für Punkt durchlaufen konnte. Aber
es ist schon "lebendig". In diesem Fluktuieren aber innnerfort eine
gewisse Einheit der "Intention". Ich meine bestimmte Gegenstände
10 in bestimmter Erscheinungsweise. Es durchsetzen sich auch in diese~
Fluktuieren evtl. merklich verschiedene Erinnerungen, gehen inein-
ander über etc. Wenn ich nun mannigfaltige Erscheinungen habe, ge-
einigt in einer Meinung, so fragt sich, was das heissen soll.
Wie, wenn ich dem Sofa zugewendet bin und nun vom ganzen Zim-
15 mer eine gewisse, doch auch fluktuierende Erscheinung habe? Was
gibt dem Fluktus, wo ich mit dem Meinen dem Sofa zugewendet bin,
dieses betrachte und setze, eine Erscheinungseinheit ? Ist da nicht die
Rede von Meinung doppelsinnig?
Man könnte sagen: Das sind wiederauflebende Meinungen oder
20 Meinungen, die nicht "aktuelle" Meinungen sind, nicht Akte, die
setzen, sondern Abwandlungen von Setzungen, wonach Ergebnisse
von vereinheitlichenden Meinungen im Hintergrund auftreten in
einem Modus blosser Erscheinung, und nun evtl. aktualisiert werden.
Ich wende mich hin und vollziehe durch den Fluktus eine wirkliche
25 Setzung.
Wenn ich einen Gegenstand betrachte, so gehe ich um ihn mit Auge
und Leib herum, habe immer neue Erscheinungen und Einheit der
Meinung. Aber die Einheit der Meinung richtet sich doch nach der zu
den Erscheinungen selbst gehörigen "Einheit". Sie gehen ineinander
30 als Erscheinungen von ein e m. Also mannigfache Erscheinungen
können kontinuierliche Einheit haben und können auch ungemeint
in Einigkeit übergehen. Was nun die Hintergrunderscheinungen mit
ihrem Fluktus anlangt, so wäre hier die Sache dieselbe, wenn die Er-
scheinungen wirklich ebenso zusammengehörige Erscheinungen wä-
35 ren, etwa gar genau dieselben. So ist es mit dem Hintergrund-Sehen.
Wie aber mit dem Hintergrund-Vergegenwärtigen? Da ist aber zu
beachten, dass die verschiedenen Vergegenwärtigungen als Vergegen-
wärtigungen Einheit haben. Und dass wir dabei unterscheiden müssen.
als Erinnerungen eines und desselben ineinander über, sie haben ihre
Einheit. Soweit sie Erinnerungen sind, stimmen sie mit entsprechen-
den möglichen Wahrnehmungen, soweit nicht, fallen sie evtl. ganz aus
der Einheit heraus. Es fragt sich, was das besagen soll. Wir haben zu
5 unterscheiden die ,allgemeinen Unklarheitsmodifikationen, das Ver-
schleiertsein (oder wie man es nennen mag), das allgemein alle Ver-
gegenwärtigungen erfahren können, von den Modifikationen, welche
die Erscheinungen nach ihrem ganzen Gehalt, insbesondere nach
dem Gehalt an sinnlichen Daten, erfahren können. Bei den letzteren
10 ist als Hauptstück zu' beschreiben das Sich-durchsetzen der Erinne-
rungen, das Übergehen von Erinnerungen in Erinnerungen unter
Widerstreit. Störung UsW. Ich stelle mir jetzt ein Schokoladengeschäft
in der Berliner Münzstrasse vor, in dessen Auslage (vor 30 Jahren
etwa!) ein Schwan aus Zucker stand. Er steht wieder vor mir. Der
15 Schnabel gelb. Oder nicht doch schwarz? Aber da schiebt sich ein
schwarzer Schwan aus dem zoologischen Garten dazwischen. Oder ich
habe jetzt in Erinnerung: Heinrich im grauen Anzug in Ischl, Strümpfe
schwarz-braun? S<rhwarzbraune Schuhe?
Dabei ist auch, das Phänomen des willkürlichen Veränderns des
I
~ \Vas heisst Setzung? Blickhinwendung? Da kann ich von einer Phantasie in eine
a~ ere hmemgleiten, ohne Einheit durchzuhalten. Oder aber ich setze an ich nehme
a s em und dasselbe. '
320 BEILAGE XXXV
BEILAGE XXXV
<ZUR EINTEILUNG DER ERLEBNISSE IN IMPRESSIONEN
UND REPRODUKTIONEN>
<Texte wohl zwischen 1910 und 1912>
Man kann natürlich nicht sagen, jedes Erlebnis ist entweder eine
Phantasie oder eine Impression, wofern man das im Auge hat, was da
Impression eigentlich bedeuten soll. Aber vielleicht kann man so
sagen:
30 Zunächst jedes Erlebnis als Einheit ist Einheit eines "inneren Be-
wusstseins". Insofern heisst jedes Erlebnis relativ: Impression.
Zu jedem Erlebnis gibt es nun Modifikationen. Und zwar ist Modi-
fikation gegenüber Impression dadurch charakterisiert, dass sie ~en
Charakter eines quasi-Bewusstseins-von hat, gegenüber dem "wrrk-
35 lichen Bewusstsein". Bewusstsein-von: Das setzt voraus die Unter-
scheidung von biossem Bewusstsein und Aufmerksamkeit (Meinung im
spezifischen Sinn). Quasi-Bewusstsein ist biosse Phantasie-von, blosse
Wiedererinnerung, Leervergegenwärtigung,l Analogisierung, usw.
Ein Erlebnis ist natürlich wirkliches Erlebnis, es ist erlebtes, b~-
40 wusstes, und ihm gegenüber heisst jedes reproduktive Bewusstsem
*
10 Nicht verwechseln darf man also folgende Begriffe von "Impres-
sion" :
1) "Impression" als "a k tue 11 e s" Bewusstsein,! als "wirkliches"
Bewusstsein, "wirklicher" Akt: also wirklich wahrnehmen, wirklich
erinnern und erwarten, wirklich Leermeinung haben, wirklich vor-
1S aussetzen und als Folge setzen, wirklich prädizieren, wirklich schlies-
sen, wirklich wünSchen, wirklich Gefallen haben, wirklich wollen
im Ge gen s atz zu "gleichsam"2 wahrnehmen, gleichsam 2 erinnern
und erwarten, gleichsam3 voraussetzen und Folge setzen, gleichsam
schliessen, gleichsam wünschen und wollen. Sich-denken oder hin e i n-
20 den k e n: nicht urteilen, sondern sich den Sachverhalt denken, nicht
wahrnehmen, sondern sich ins Wahrnehmen hineindenken (und im
BIld leben, nicht aber setzend), nicht erinnern, sondern sich ins Er-
innern hineindenken, nicht wünschen, sondern sich ins Wünschen
hineindenken.
25 Also Gegensatz zwischen Aktualität und Inaktualität.
2) Ein aktuelles Bewusstsein ist das Empfinden im weitesten Sinn
des alle Erlebniseinheiten konstituierenden Urbewusstseins. Diese
Einheiten sind die immanenten "Erlebnisse" im gewöhnlichen Sinn.
Sie sind in diesem Empfinden aktuelle Gegebenheiten. Alles so Ge-
30 gebene 4 als solches kann als Impression bezeichnet werden: Dann
heisst eme Impression haben soviel wie ein Er leb n i s hab e n. Das
Gegenteil ist eine Reproduktion haben. Eine Reproduktion ist
~elbst ~in Erlebnis, in dem ein Erlebnis reproduktiv "vergegenwärtigt"
1st. Wir kommen da auf den Unterschied zwischen Erlebnissen und
35 Erlebnisreproduktionen : Das ist ein relativer Unterschied, und er
fuhrt auf einen absoluten: Erlebnisse, die ni c h t selbst den Charakter
Von Erlebnisreproduktionen haben, und solchen, die es haben. Unter
---
1 D,e s e Termmologie ist aber nicht die, <die> ich festhalten werde. _ Von I m-
pr e,,, 1 0 n oder Gegenwärtigung werde ich wmer sprechen im Gegensatz zu Repro-
du;tIon (v crgegenwartigung).
3 "gl( Ichsam" etwas nachträglich verändert in "inaktuell". - Anm. d. Rrsg.
"gleIchsam" hIer und an den folgenden Stellen dieses Satzes, gleichzeitig mit der
vo:,gen Veranderung von "gleichsam" in "inaktuell" , gestrichen. - Anm. d. Rrsg.
Et"as nachtraglich eingefugt: "immanent Erlebte". - Anm. d. Rrsg.
322 BEILAGE XXXV
*
1 Der Text dieses Absatzes wurde etwas nachträglich beigefügt. - Anm. d. Hrsg.
2 Erlebnis = Empfundenes im weitesten Sinn.
...
BEILAGE XXXV 323
*
20 Impression - Reproduktion
1 Den Text dieses Absatzes hat Husserl später diagonal durchgestrichen. - Amn.
d. Hrsg.
, ..
BEILAGE XXXV 325
*
1) Das innere Bewusstsein, das Erleben,
2) das Erleb n i s,
3) der intentionale Ge gen s ta n d des Erlebnisses.
Gehen wir nun zur reproduktiven Modifikation über, so haben wir:
25 1') die reproduktive Modifikation des Erlebens, das gleichsam Er-
leben, das Reproduzieren, in welchem das originäre Erle ben im
Modus des Gleichsam bewusst ist. Das gleichsam Erleben "reprodu-
ziert" das Erleben, das gleichsam Urteilen reproduziert Urteilen etc.
2') Im Reproduzieren ist konstituiert die Erle bnis-Repro-
30 duktion als einheitliches Erlebnis, z.B. das Erlebnis der
Wahrnehmungs-Reproduktion, das Erlebnis "Wahrnehmung vom
Haus", Gleichsam-Wahrnehmung. Das gibt einen bestimmten Be-
griff von reproduziert: Die Erlebnis-Reproduktion reproduziert das
Erlebnis, die Wahrnehmungsreproduktion die Wahrnehmung. usw.
35 Wir können auch die Beziehung herstellen: Das gleichsam Erleben
(nach 1) reproduziert das Erlebnis. Das sind verschiedene Begriffe von
reproduziert, es sind verschiedene Beziehungen, die man auseinander-
halten muss.
3') Der Gegenstand des reproduzierten Erlebnisses, wofern dieses
40 ein intentionales ist, ist wieder in anderer Weise bewusst: p h a n t a-
siert, wenn er ein individueller Gegenstand ist und das Erlebni~ ein
schlichtes Perzipieren in einem weitesten Sinn. Sonst haben wir keUlen
Namen dafür.
Es ist aber sehr wichtig, scharf zu unterscheiden die Beziehung
BEILAGE XXXV 327
*
Erlebnis und Erlebnis-Reproduktion betrachten wir als
wesentlich zusammengehörig. l
Das Wesen jedes Erlebnisses kann entnommen werden aus der Re-
flexion auf das Erlebnis selbst, so wie es im inneren originären Be-
10 wusstsein gegeben ist, aber auch aus irgendeiner Reproduktion von
ihm. Andererseits haben aber ein Erlebnis und die Erlebnisreproduk-
tion selbst kein gemeinsames Wesen. 2 So Wunsch und Wunschrepr0-
duktion, Urteil und Urteilsreproduktion, auch Rotempfindung und
Rotphantasma.
15 Die beiderseitigen Wesen entsprechen einander, aber in der Weise
eigentümlicher ~odifikation. Jedem Erlebniswesen entspricht also
ein Ge gen wes e n als Wesen Erlebnisreproduktion. Das ist beson-
ders zu beachten bei sinnlicher Empfindung und sinnlichem Phantas-
ma, die keineswegs von selbem Wesen sind. Das betrifft natürlich
20 auch alle Kor re 1a t e von Erlebnissen im Vergleich mit den Korre-
laten von Reproduktionen von Erlebnissen.3
Gilt nicht Analoges von Erlebnis und Erlebnis-Gedanke in den
Schranken, in denen die gedankenhafte Modifikation gilt? Also sagen
wir besser stellungnehmendes Erlebnis und gedankenhafte Modifika-
25 tion? Z.B. Urteil und blosser propositionaler Gedanke, Wunsch und
Wunschgedanke etc.
Urteil und Urteilsreproduktion haben das "gemein", dass dasselbe
Wesen, das im Urteil Erlebniswirklichkeit hat, in der Reproduktion
reproduziert ist (Wesen reproduzierter Wirklichkeit ist).
30 Urteil und entsprechender blosser propositionaler Gedanke, S ist pI
und "S ist p", haben das gemein, dass "dasselbe", was das Urteil
glaubt und als wahr setzt, im biossen Gedanken gedacht ist.
Die Wesen Urteil und entsprechender blosser Gedanke sind ver-
Bussert-Arc~iv
328 BEILAGE XXXV
1 Am Rande folgende, jedoch wohl schon zur Zeit der Niederschrift wieder durch-
gestrichene Bemerkung: "erlebende Impression, die kein Erlebnis ist". - Anm. d.
Hrsg.
2 Der letzte Absatz später welJenförmig durchgestrichen. - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 333
1 Bezughch "Emfuhlung" vgl. auch den vermutlich etwas nachtraglich in die vor-
hegende AufzeIchnung eingefugten Text, der als Beilage XXXVIII (S. 431) wieder-
gegeben wIrd. - Anm. d. Hrsg.
2 Offenbar 1st dieser Wirklichkeitscharakter von vornherein da und hat nur das
Elgentumhche, dass er durch eine zweite, kritische Stellungnahme "entwertet" wer-
den kann.
336 TEXT Nr. 15 (1912)
1 Das "nicht notwendig" sagt: Eine kritische Stellungnahme kann hinzutreten und
Entwertung vollziehen.
2 Später eingefügt: "fast". - Anm. d. Hrsg. . .
3 Es fragt sich, ob auch hier das Erinnerte, das Urteil, nicht nur reproduzIert Ist,
sondern mit der Reproduktion auch seine aktuelle Stellungnahme erhält und ~ehält,
solange nicht eine Entwertung sich einstellt. (Ich habe inzwischen etwa UrteIle ~e
fällt, die die Falschheit solchen Urteils implizieren, es tauchen aufhebende ~rteIl~
motive auf ete.) Aber hat das Spätere einfach recht? Doch nicht. Also hier ISt dIe
Sache nicht so einfach.
4 Doch. Ich erinnere mich des Pythagoräischen Lehrsatzes und dessen, ~as er
sagt. Ich erinnere mich, dass die Engländer die Buren besiegt haben. Ich ~rl~nere
mich noch daran, dass nicht alle algebraischen Gleichungen lösbar sind. PrIma~ er-
innert ist die frühere Kenntnisnahme übertragen: ihre Gegenständlichkeit. SehlIess-
lieh heisst jede Gegenständlichkeit ei~er im ersten Sinn erinnerten (nämlich im Gla,u-
ben reproduzierten) K e n n t n i s nah m e selbst erinnert, wofern ich die KenntnIS-
nahme selbst noch auf rech t erhalte.
TEXT Nr. 15 (1912) 337
*
1 "Phantasie-Reproduktionen" später verändert in "Phantasie, ReprodUktionen".
- Anm. d. Hrsg.
a "bzw. eine vage Hintergrundphantasie" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 341
1 (Im ursprünglichen Blatt 4 sagte ich richtig, das sind wichtige Aufkläru~gen:
Und doch habe ich mich wieder in Verwirrung führen und zur Annahme drangen
lassen, es gabe so etwas wie "reine Aufmerksamkeit".)
TEXT Nr. 15 (1912) 345
*
Nun wieder zurück zum gedankenhaften Verhalten im Ver-
hältnis zum phantasierenden Verhalten. 1 Was immer in der
20 Phantasie an Gegenständlichkeiten, an Sachverhalten, Wunsch-
verhalten, Handlungen etc. vorkommt;vollziehe ich die Phanta-
sie, lebe ich in ihr, so bin ich auf sie aktuell und in der Phantasie
eingestellt. Handelt es sich um "pure" Phantasie, so habe ich
jetzt kein wirkliches, impressionales Stellungnehmen zum phan-
25 tasiemässig Vorschwebenden.
Nun pflegt man freilich nicht zu sagen, ich phantasiere mir vor,
dass 2 X 2 = 5 ist. Man wird sagen: Ich phantasiere mir vor,
dass ich urteile, dass 2 X 2 = 5 ist. Phantasiert nennen wir im
gewöhnlichen nicht die Gegenständlichkeiten der Akte über-
30 haupt., die reproduktiv bewusst sind, es sei denn, dass sie indivi-
duelle Gegenständlichkeiten sind (Häuser etc.): Phantasie ist uns
gewöhnlich die reproduktive Modifikation von W a h r ne h-
m u n g. Aber das ändert nichts daran, dass die Bewusstseinsweise
dieses Sachverhaltes 2 X 2 = 5 die ist, dass es durch einen re-
1 Das wIrkhche Erlebnis der Reproduktion mag ein anderes Erlebnis als seiend,
als wlrkhch setzen, aber das gesetzte ist nicht wirkliches Erlebnis.
2 "latent" bIS "von" später gestrichen. - Anm. d. Rrsg.
: Spater eillgefugt: "energetischem oder besser eigentlichem". - Anm. d. Rrsg.
5 Spater eillgefugt: "energetischen = eigentlichen". - Anm. d. Rrsg.
6 Spater eillgefugt: ,,(der Thesis}". - Anm. d. Rrsg.
Spater eillgefugt: "energetisch, eigentlich". - Anm. d. Rrsg.
348 TEXT Nr. 15 (1912)
Und nehme ich als aktuelles Ich Stellung, so mag es sein, dass
ich als Phantasie-Ich etwa ein Phantasieurteil ausspreche: etwa
5 X 5 = 25 (ich rechrte in der Reproduktion), und dass ich als
aktuelles Ich in eins damit ebenso urteile. Der Strahl der Zu-
5 wendung und ihre Schritte (die Partialstrahlen) ist ein Strahl' ,~
wirklicher Zuwendung und zugleich in Einheit damit ein Strahl
der Phantasiezuwendung, und ebenso für die Stellungnahme: Bei
gleicher Aufmerksamkeit (in ,Doppelheit) kann ich aber (wie z.B.
im Fall 2 X 2 = 5) dagegen Stellung nehmen, ich habe dannl die
10 Phantasie-Stellurtgnahme ' urtd, die wirkliche Gegen-Stellung-
nahme. l Die letztere nun deutlich gesondert von der reproduk-
tiven. Deutlich ist eine andere Welt in die wirkliche Welt, in die
Sphäre der Impressionalität hineingehörig. Ich kann diese Gegen-
Stellungnahme lebendig vollziehen, ich kann sie auch zurück-
15 drängen, ich vollziehe das Phantasieurteil, bin aber als aktuelles
Ich gerichtet in einem wirklichen Richtungsstrahl auf das Ge-
urteilte oder auf das Wahrgenommene etc. Ich sehe mir die Phan-
ta:oiegestalten, die Phantasie-A'11sgesagtheiten (die Urteile, die da
gefällte sind) u. dgl. an. Als wirkliches Ich verhalte ich mich bloss
20 betrachtend, als Phantasie-Ich nehme ich wahr, urteile ich.etc.
Schalte 2 ich auch die Phantasie-Stellungnahme aus, indem ich in
der Phantasie die <zu>gehörige Modifikation ausführe, so habe
ich in der Phantasie eine blosse Betrachtung. Aber dann sind die
Gegenstände verschieden. Aktuell _bin ich gerichtet, rein be-
25 trachtend, auf das 'Phantasierte, also auf das "Wahrgenommene",
"Geurteilte" , auf das "Erwünschte", "Getane", auf die in der
Phantasie gefällten Urteile, gehegten oder ausgesprochenen
Wünsche, auf die ausgeführten Handlungen. Im anderen Fall
bin ich gerichtet auf das blosse "S ist p", das einmal Geurteiltes,
30 da<; andere Mal Erwünschtes ist, das dritte Mal Inhalt einer Wil"" .
lensenbcheidung etc. Ich kann aber auch wirklich auf das
blo'3'3e "S ist p" gerichtet sein, dann mus s ich aberin der Phan-
tasie die Ausschaltung der "Stellungnahme" vollziehen.
Volfziehe ich "aufgrund der Phantasie" eine I d e a t ion bei-
1 Also WIr haben auf dem Grund der setzenden oder nichtsetzenden Reproduk-
t,onPIl von Erlebnissen und in diesen Reproduktionen fundiert neue, eigentümlich
,nI; Ihnen sleh deckende Akte, und zwar setzende oder nichtsetzende.
K Der Text von "Schalte" bis "vollziehen" (Zeile 33) später zwischen eckige
A lammern gesetzt und diagonal durchgestrichen, am Rande ein Fragezeichen. -
nm. d. Hrsg.
352 TEXT Nr. 15 (1912)
Ergänzung
1 Später eingefügt: "etc. Es kann die Reproduktion auch in der Einfühlung fun-
gieren". - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 353
Index bzw. Korrelat des "ich habe das mal schon geurteilt, habe
das mal schon wahrgenommen, es mal schon als gefällig gefunden,
diese Handlung mal vollzogen etc.". Es ist hier der be s tim m te
Bekanntheitscharakter. Dem steht gegenüber der allgemeine und
5 analogische :1 Etwas Ähnliches habe ich schon einmal wahrge-
nommen etc. 2 Ähnliches "erinnert" an Ähnliches, analogisiert
mir, verbildlicht mir. Dieses Grundstück des Bildbewusstseins
(wo man in einem Fiktum ein anderes sich verbildlicht) ist also
etwas Allgemeineres (in einem Beliebigen, auch Wirklichen etc.,
10 das wie immer bewusst ist, verähnlicht sich ein anderes, das be-
kannt ist, und nach dem Ähnlichen ist auch das Analogisierende
"bekannt", im Fall begrifflicher Fassung von bekannter Art).
2) Ganz anders steht es mit den Stellungscharakteren, die
nich taus der Reproduktion selbst und als solcher
15 stammen, vielm~ von aktuellen Stellungnahmen herstammen,
die auf das entsprechende Phantasierte (und evtl. "Bekannte")
gerichtet sind. Durch die ersteren wurde das Phantasierte bloss
kenntlich (bekannt), durch dieneuen wird es selbst (und eigent-
lich erst) zu Gegenstand bzw. Inhalt von Stellungnahmen, und
20 zwar so, dass es zugleich Inhalt phantasiert er Stellungnahmen
ist (die Phantasie eben Stellungnahmen phantasiert, und nicht
etwa Stellungsfreiheit) und zugleich Gegenstand aktueller Stel-
lungnahmen. Also ich erinnere mich, geurteilt zu haben (Repro-
duktion, setzend) "das Urteil selbst ist charakterisiert als bekannt.
25 Ich nehme aber in eins mit der Erinnerung Stellung dazu: Ich
halte das Urteil noch aufrecht, ich urteile zugleich wirklich und
in gleichem Sinn. Oder aber ich verwerfe aktuell.
Hier handelt eS sich ganz offenbar um abi ö s bar e, gegen-
über der Reproduktion neue, aber in ihr fundierte (oder auf sie
30 <ge>baute) Stellungnahmen, die vollständig wegfallen können,
deren Wesensbedingungen übrigens erforscht werden müssen. Es
ist auch zu sagen, dass solche Stellungnahmen möglich sind, so-
Wohl wen.;t die Reproduktion eine erinnernde, oder wenn sie eine
bloss phantasierende war (gemischt oder rein), dass aber, je nach-
35 dem, die Stellungnahmen einen verschiedenen Modus annehmen.
1AnaloglSlerung (Darstellung) .
• 2Also gememt ist: Erinnerung ist nicht anaIogisierende Darstellung, Erinnerung
1st dIrekte Imagination, der gegenilbersteht die analogisch darstellende, und dieser
entspncht dIe zweite Form der Bekanntheit.
356 TEXT Nr. 15 (1912)
Wir werden doch nicht behaupten woUen, dass wenn ich über-
haupt reproduziere, ich notwendig Stellung nehmen muss zum
Reproduzierten. Lebe ich ganz in der reproduktiven Phantasie
ist die Aktualität ganz ausgeschaltet, SO wird alles Sympathisie~
5 ren fortfallen. Wenigstens ist das möglich. Sowie ich aber mit
meiner Aktualität, ich als lebendiges Ich, dabei bin, werde ich
alsbald mich zu dem Phantasierten so oder so verhalten, werde
Stellung nehmen, oder mich der Stellungnahme enthalten oder
auch "bloss denken", bloss verstehen, kurzum, die anaxiontische
10 Stellung einnehmen.
So versteht es sich, dass in blosser Phantasie leben, oder bloss
phantasieren, ohne Stellung zu nehmen, noch nicht besagt "an-
nehmen", sich-denken u. dgl. Die Hauptsache ist, dass jeder
Stellungnahme eine anaxiontische Modifikation entspricht und
15 dass jede Stellungnahme unterbunden werden kann,! dass sie,
wenn sie unterste ist, nicht fortfallen, sondern nur in einem dieser
Modi dasein kann. Ferner wird es richtig sein, dass blosse Repro-
duktion (nicht Erinnerung) die anaxiontische Modifikation ist.
Endlich wäre noch zu notieren, dass gleichzeitig Unterbindung 2
20 einer Stellungnahme und anaxiontische Stellungnahme verträg-
lich ist, während sonst3 zwei wirkliche Stellungnahmen einer
Gattung nicht verträglich sind. Doch das ist missdeutlich. Eine
Anaxiose ist ein intentionales Erlebnis und im weitesten Sinn
selbst Axiose. Es ist ein "Aktcharakter" , und zu jeder obersten
25 Gattung von Aktcharakteren gehört diese Paarung zwischen
Axiose und Anaxiose. Jeder Axiose entspricht eine Anaxiose.
Und in dieser wie in jener kann ich leben, sie vollziehen.
Wie steht es aber mit der "Unterbindung"? Ist das etwa etwas
grundwesentlich Neues, und der Anaxiose Gegenüberzustellen-
30 des? Nein. Sie ist selbst Anaxiose, ich enthalte mich des Urteils,
das ist eine Art, sich zu denken ,,5 ist p". Anaxiose kann eben in
zwei Formen statthaben: Entweder es ist keine Axiose "im Ver-
borgenen", "latent" da, und dann notwendig unterbunden, oder
sie ist in unterbundener Form da. Müssen wir nicht sagen, Axiose
*
Noch sehe ich, habe ich einem Unterschied nicht Rechnung ge-
tragen:
1) Ein Sachverhalt steht als nichtig da, ich unterbinde aber
10 das Nichtigkeitsbewusstsein (oder als vermutlich, ich unterbinde
das Vermuten ete.). Es kann nun sein, dass ich dabei-bloss
den Sachverhalt denke, ihn wiederholt in bIossem Sich-denken
"vollziehe" .
Ebenso, es ist etwas als Fiktum, als nichtiger Schein bewusst
15 oder bewusst als zweifelhaft u. dgl. Ich schalte aber diese Stel-
lungnahme aus, ich lebe nicht im Vollziehen der Nichtigkeit,
sondern denke mir das bloss, das heisst hier, ich betrachte es
bloss l .
2) Statt dessen kann ich die Inaxiose 2 der Vermutung, der Ne-
20 gation etc. vollziehen. Das Sich-ins-Vermuten-Hineindenken, das
Sich-ins-Negieren-Hineindenken. Da ist es nun problematisch, ob
diese Modifikation in gleicher Weise statthat wie die vorige. Man
kann hier docH sagen :3 Vermute ich, dass schönes Wetter heute
kommen wird, so kann ich wohl die Vermutung ausschalten, das
25 besagt dann aber das Sich-denken "schönes Wetter wird kom-
men". Aber wie soll ich das Vermuten ausschalten und mich
bloss ins Vermuten hineindenken?
Wie soll dergleichen überhaupt statthaben? Soll ich etwa zu-
nächst mir bloss denken "S ist p" und dann ein Vermuten hinein-
30 phantasieren? Da ist noch immer nicht alles vollkommen ge-
klärt. Setzt alles Sich-hineindenken hier eine reproduktive Mo-
difikation voraus, eine nichtsetzende Reproduktion, und ich bin
gerichtet auf das Reproduzierte (Phantasierte), aber nicht bloss
*
a) Das aktuelle Urteil hat seine re pro d u k t iv e Modifi-
20 kation, die Urteilsphantasie (die klare und dunkle), und diese Ur-
teilsphantasie kann aktuell oder inaktuell sein. So haDen wir zu
jedem Urteil als inaktuellen parallelen Akt die "bIosse" Urteils-
phantasie. Andererseits hat aber
b) jedes Urteil seine direkte Inaktualitätsmodifikation. Das
25 Sich-denken "S ist p", das kein Phantasieren ist. Es ist genau so,
wie eine Wahrnehmung, etwa die Wahrnehmung einer Land-
schaft, einerseits als Inaktualitätsmodifikation hat die blosse
Phantasie "genau derselben" Landschaft und andererseits die
direkte Inaktualitätsmodifikation: Fehlen (oder Ausschalten)
30 aller Aktualität bei Erhaltung des gesamten perzeptiven Gehal-
tes.
Meine Lehre geht nun dahin, dass jede Gattung von cogitationes
unter dem Unterschied von Aktualität und Inaktualität steht,
1 Über" 'Axiose' "und "Inaxiose" später eingefügt: "Posit<ion>" bzw. "Neutr<aIi-
sierung>". - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 363
*
Durch die Eigentümlichkeit des inneren Bewusstseins, dem
15 jeder Akt angehört, und dadurch, dass dieses Bewusstsein vor-
stellendes, imprimierendes ist und als solches seine reproduktive
Modifikation hat, erwächst zu jedem Akt (jedem cogitativen Er-
lebnis) eine mehrfache Inaktualitätsmodifikation. 2
die Gewissheit. Im anderen Fall haben wir für die beiden wider-
stimmigen Anschauungen keinen Vorzug. Jede stimmt mit der
Umgebung in gleichem Grade der "Vollkommenheit". Jede zieht
aus dem Medium der Stimmigkeit die gleiche Kraft. Jede ist durch
5 den Gegensatz "herabgestimmt" zur biossen "Möglichkeit" .
Auch da muss ich in Zusammenhänge eintreten. Auch da kann
ich mich bloss ill die eine Auffassung einleben, und alles übrige
wird "latent", und dann hat das Erscheinende einen uneigent-
lichen Charakter der Möglichkeit, und di~ Gegenmöglichkeiten
10 können sogar ganz dunkel sein. Ich habe ein "Gefühl der Un-
stimmigkeit", des "es könnte anders sein" usw. 1
Nun kann ich aber nicht nur die Gegenauffassungen zur
Latenz bringen, ich kann sie in dem Sinn ausschalten, dass ich
mich um sie weiter nicht kümmere und, somit um das Unstim-
15 migkeitsbewusstsein unbekümmert, mir das Erscheinende, so
wie es sich mir in dieser Auffassung gibt, "ansehe". Nun freilich,
ansehen tue ich es mir auch, wenn ich die Unstimmigkeit fühle
und in ihr lebe (also sozusagen die verborgenen Gegentendenzen
in der Verborgenheit zum Wort kommen lasse). Ich bin aufmerk-
20 sam, ich bin in Zuwendung. Aber hier handelt es sich um mehr.
Ohne mich zu entscheiden und ohne die Stellungnahme zu "voll-
ziehen" (das ist eben in ihr, etwa im Zweifelsbewusstsein oder
Nichtigkeitsbewusstsein zu leben), nehme ich das Erscheinende
hin, ich sehe mir es an, ich betrachte es, ja ich beschreibe es. Das
25 sagt, es ist ein modifiziertes Bewusstsein, das alle Stellungnahme,
die da ist, a usser Aktion setzt (daher im Fall der Willkür-
lichkeit von "Enthaltung" die Rede ist). Dieses Ausser-Aktion-
Setzen, das ist nicht blosse La t en z im vorigen Sinn, d.h. nicht
"uneigentliches", nicht unexpliziertes, nicht bloss nicht in ge-
30 forderte Zusammenhänge übergehendes Stellungnehmen ; son-
dern es ist die echte Aus s c hai tun g des Stellungnehmens, die
Enthaltung, die zugleich besagt den Vollzug eines Aktes: eines
Aktes, der eben Enthaltung von Stellungnahme in sich birgt. Ich
"stelle bloss vor", aber nehme nicht Stellung, und in diesem
35 Vollzug einer An a x i 0 s e 2 kann ich auch Aussagen machen,
1 Es kann sein" bis möglich?" etwas nachträglich verändert in: "Kann es seIn,
dass'~in Bild visuell mit' nichts streitet (z.B. Stereoskopbild), dass perzeptiv-vi~uell
nichts da ist, was weder dagegen stimmt, noch auch dafür stimmt - aber ist das smn-
voll möglich?" und wie folgt ergänzt: "Ein Bild, das mit nichts streitet? Das ware
eine volle Wahrnehmung, das ware eine frei sich auslebende Wahrnehmungstendenz.
Also das ist in der Tat Unsinn". - Anm. d. Hrsg.
2 (und zwar der unmittelbaren, also nicht der eikonischen und symbolischen). .
3 Zum Weiteren ist zu bemerken dass wir bisher zwar vom Fiktum-BewusstseIn,
darunter Bildobjektbewusstsein, aber nicht vom eigentlichen Bildlichkeitsbewusst -
sein (eikonischen) sprachen.
TEXT Nr. 15 (1912) 373
1 An elen Rand des bisherigen Textes dieses Absatzes setzte Husserl später ein
grosses Fragezeichen. - Aum. d. Hrsg.
2 Cf. 7.4.1912 (rot signiert) <d.i. Nr. 15d> und 10.4. <d.i. Nr. 15g>.
374 TEXT Nr. 15 (1912)
alte "festgehalten" und im "dies" der Löwe der alten gefasst und
gesetzt bleibt. Und nun wird das Dies, "angesetzt" als identisch
mit dem kleinen Tiger der neuen. Es springt der Widerspruch
des angesetzten Identischen mit dem eigentlichen Bewusstsein
5 "verschieden" hervor, oder vielmehr: das Nicht-passen des Iden-
tischen zu dem erlebten Widerstreit (der überschiebung der Ver-
schiedenheit).l Hier erwächst notwendig ein Bewusstsein des "es
stimmt nicht", des Unglaubens; aber es ist ein modifizierter Un-
glaube.
10 Andererseits kann ich doch den Ansatz machen, wenn auch
nicht einstimmig anschaulich machen, dieser grosse Löwe ist ein
kleiner Tiger, 2 und das ist abermals ein wirklicher Akt und eine
Urteilsmodifikation, nur nicht mehr eine solche, die evidente
Anpassung hat und selbst noch Urteil wäre!3 Und ähnlich wird
15 es auch mit Wünschen und anderen Akten in Modifikation und in
Ansatz sein. Ich setze an: Ich wünsche, dass der Löwe den fried-
lichen Käfersammler frisst. Angenommen, ich phantasiere das
Fressen, so "stimmt" dazu mein Bedauern, und bevor es quasi
eintritt, das negative Wünschen. Ich setze nun aber an - u n-
20 stimmig - das positive Wünschen. (Das kann ich nicht "an-
schaulich" haben, heisst nichts anderes als, ich kann es nicht
aufgrund der Phantasieanschauung in der Weise des Passens,
Stimmens als wirkliches Wünschen haben: wozu mögliche evi-
dente Urteile gehören.) Dieses Ansetzen 4 , dieses sich ins Wün-
25 sehen Hineindenken ist kein Reproduzieren eines Wünschens
dieses Inhalts: Denn eigentlich kann ich das ja gar nicht reprodu-
zieren, reproduzieren kann ich nur den Ansatz eines solchen un-
stimmigen Wünschens. Man könnte allenfalls so versuchen: 5 Ich
phantasiere mir einen anderen Wunsch, erfasse aufgrund dessen,
30 das A ist erwünscht, und nun setze ich in der Urteilsmodifikation
1 Ich bringe den Löwen und den kleinen Tiger zur Überschiebung, aber ich "denke"
sie als identisch. Die Identität bringe ich zur Überschiebung mit der gegebenen Nic~t
identität = Verschiedenheit. Also ich halte einen Grundansatz, den der PhantaSie,
fest, und daraufhin ergeben sich Widerstreite, die also abhängige sind.
2 Einfacher: dieser Löwe ist grün.
3 Es ist eine Ansatzmodifikation und modifiziert in zweiter und dritter Stufe.
1) Phantasie - festgehalten in ihrer modifizierten Auffassung. Das ist ein intuiti·
ver Ansatz unterster Stufe. Zu dieser modifizierten Intention sti=t dann (erste
Modifikation des Stimmens unter Ansatz) der Wunsch wirklich. Und dem gegenüber
ein Wunschansatz in zweiter Modifikation.
4 Auch dieses Ansetzen ist ein modifizierter Akt.
5 Das "erwünscht" lässt sich so überschieben wie das "grün".
TEXT Nr. 15 (1912) 377
an, das Fressen des Mannes sei erwünscht. Aber es scheint doch
offenbar, dass das nicht die Sachlage ist, wenn ich mir denke,
mich hineindenke, ich erwünschte das Fressen. Ebenso kann ich
mich in ein Fragen hineindenken, ohne dass ich wirklich etwas
5 fraglich finde, ja wo etwas unfraglich, etwa aufgrund einer Phan-
tasie, vor mir steht., wo zum Inhalt der Phantasie das "unfrag-
lieh" passt.
Wir ersehen also, welch merkwürdige Unterschiede hier be-
stehen. Wir finden bei den aufgrund der Phantasie zu vollziehen-
10 den wirklichen Akten folgende Modifikationen: die Phantasß--
(die in unserem weiteren Sprachgebrauch jede Erinnerung mit-
befasst) kann fundieren 1) wirkliche und unmodifizierte1 Stel-
lungnahmen, ein wirkliches Urteilen, ein wirkliches Vermuten,
Fragen, Wünschen etc. Also dann muss die Phantasie von vorn-
15 herein mehr als "biosse" Phantasie sein, sie muss mindestens von
unmittelbaren doxischen Stellungnahmen (aktuellen) begleitet
sein: zu ihr stimmend.
2) Wirkliche, aber modifizierte Stellungnahmen, zu der Phan-
tasie stimmend, sich ihr "evident" anpassend. Dazu gehören dann
20 durch leichte Modifikationen evidente Urteile. 2
3) Wirkliche, modifizierte Stellungnahmen? Da muss ich bes-
ser beschreiben: 3 Wirkliche "A n sät z e" von Stellungnahmen;
blosse "Denk"-modifikationen. 4
Nämlich: Bei 2) sympa thisier-e ich wirklich, ich vollziehe
25 Stellungnahmen des Urteils, der Frage, des Wunsches, aber sie
sind modifiziert. Wir müssen hier sagen: Es sind noch wirkliche
Stellungnahmen, es sind noch wirkliche Urteile, Wünsche etc.,
aber durch diese Gattungen von Axiosen geht selbst hindurch
eine :\fodifikation, die bestimmt ist durch die Art der Unterlage,
auf die sie sich aufbauen. Die Unterlage kann in Axiosen bestehen
also bei fundierten, synthetischen Akten können die letztfundie~
renden Akte Axiosen sein oder Anaxiosen1 (hier blosse Phanta-
sien ohne Sympathien). Und das ist nicht ein Unterschied neben
5 anderen, sondern, je nachdem in diesen letzten Unterlagen die
Stellungnahmen fortfallen oder hinzutreten, ändert sich auch der
Charakter aller übergebauten Stellungnahmen, sie erfahren Mo-
difikation. Das prädikative Urteilen, das zugehörige Vergleichen,
Unterscheiden, Beziehen ist kein normales, kein wirkliches (auf
10 Wirklichkeit bezogenes), sondern ein quasi Urteilen, ein in der
Luft schwebendes, ein solches, das keine absolute Wahrheit als
Korrelat hat. Und ebenso steht es mit allen anderen Arten von
Stellungnahmen.
Demgegenüber steht nun das blosse Sich-hineindenken, das
15 nicht ein modifiziertes Stellungnehmen, sondern überhaupt kein
Stellungnehmen ist, vielmehr eine Modifikation, die dem Stel-
lungnehmen den Charakter der Stellungnahme (der Axiose)
nimmt und doch zu jeder Stellungnahme eine genau "ent-
sprechende" Modifikation schafft.
20 Es ist nun aber weiter folgendes zu beachten. Das biosse Sich-
denken ist nicht 2 ein Sich-denken zu Trotz irgendwelcher An-
passung; wir haben solche Beispiele nur um des Kontrastes willen
vorhin verwendet. Vielmehr kann das Sich-denken auch anschau-
lich sein und jedenfalls ohne Unstimmigkeit.
25 Wir haben zu unterscheiden: 1) Ich habe eine blosse Phantasie,
vollziehe sie und vollziehe auf ihrem Grund Urteile, Gefühls-
stellungnahmen etc. Oder ich habe eine Erinnerung und voll-
ziehe desgleichen. 2) Ich denke mir anschaulich "ein Löwe stürzt
aus dem Gebüsch etc.". Da habe ich in gewisser Weise das an-
30 gepasste Urteil, aber ich lebe nicht im Vollzug des Urteilens, ich
vollziehe einen biossen (anschaulichen) Gedanken als "Ansatz".
In der Erinnerung schwebt mir mein schwarzer Schreibtisch vor,
ich lebe aber nicht im Urteil, ich denke mir bloss, ich setze an,
mein Schreibtisch ist schwarz.
1 Der letzte Satz bis hierher später wie folgt verändert: "Die Unterlage kann in
Urakten wirklichen und modifizierten Intentionen, bestehen, also bei fundierten,
syntheti~chen Akten können die letztfundierenden Akte Wahrnehmungen, do:,ische
Urakte sein oder Phantasien" ; am Rande des ganzen Satzes zwei grosse FragezeIchen.
- Anm. d. Hrsg.
2 Später eingefugt : "notwendig". - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 379
1 Der Text des letzten Absatzes wurde nachträglich in eckige Klammern, gesetzt;
gleichzeitig bemerkte Husserl dazu in einer Seitennotiz: "Was hier ausgeführt ist, ist
richtig, beweist aber nichts. Auf folgendes ist zu achten: Eine biosse, wenn auch ge-
mischte Phantasie haben und auf ihrem Grunde wirklich passende Aussagen zu
machen (mit allen zugehörigen Akten), ist eins, sich den entsprechenden bIossen
Gedanken machen das andere. Genauso wie auf dem Grund einer Erinnerung oder
ebensogut einer Wahrnehmung eine anpassende Aussage machen eins ist und den
entsprechenden bIossen Gedanken bilden ein anderes. Aus dem wirklichen Aussagen
wird da durch eine (Ausschaltungs-) Modifikation das biosse Sich-denken: Es kann
aber von vornherein dasein und anschaulich passend dasein." Am Ende des einge-
klammerten po bsatzes bemerkte Husserl, wohl zu einem anderen Zeitpunkt: "Die
Hauptsache steht in der Seitennotiz!". - Anm. d. Hrsg.
2 Ich kann doch auch widersinnige Aussagen verstehen wie "diese Pyramide ist
ein Kegel""
3 Der Satzteil "Es ist entweder" bis ,,'fehlt'" wurde nachträglich wie folgt er-
ganzt: "Aber genau besehen kann, es doppeltes Phänomen sein oder dreifaches. Es ist
entweder 1) wirkliches Urteil mit seinem Glaubensmodus, 2} wirkliches, aber modifi-
ziertes lCrteil mit seinem modifizierten Glaubensmodus, oder 3} es ist blosser Ge-
danke: der doxische Modus. 'fehlt' ". Gleichzeitig mit dieser Ergänzung fügte Hus-
ser! am Rande der folgenden Seite folgenden Text ein: "Näher ausgeführt: Ich lese
e t w a ein M are h e n, aber obschon ich alles wohl verstehe, alle Aussagen voll-
ZIehe, habe ich doch keine klaren Anschauungen, da und dort blitzt etwas auf, das
ubnge bleibt im Dunkel. Man wird hier sagen: Ich lebe in der Märchenwelt. Ja wohl,
obschon ich sie nicht mit dem anschauenden Phantasieauge sehe. Aber die Aussagen
selbst, die Ich da vollziehe, sind Audrücke der Phantasie und nicht selbst Aussagen in
der Phantasie. Dieses Lesen und Verstehen der Aussagen entsprioht, meine ioh, dem
modifiziel ten (aber uneigentlichen) Urteilen. Und ebenso verhält es sich, wenn ich
382 TEXT Nr. 15 (1912)
die Reden eines Anderen verstehe, ohne dass ich selbst sympathetisch Stellung nehme
zu seinen Urteilen etwa. Hier haben wir nebeneinander das modifizierte Urteilen und
das unmodifizierte, aber freilich noch weitere Implikationen (wieder andere aber
auch beim Märchenlesen). Das Verstehen wäre also modifiziertes Ur-
teilen ebenso bei Wunschsatzen modifiziertes Wünschen etc. Aber etwas anderes
ist es, sieh zu denken im Sinn des An 5 atz e 5, wobei ebensogUt das Urteilen 5e,l~st,
das Wünschen selbst als Ursprünglichkeit wie das modüizierte 'ausgeschaltet ~st.
Sich dem Märchen hingeben, es erzählend oder lesend (hörend), das ist nicht das 'lch
denke mir', 'ich setze an', es war einmal. Und so überall." - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 383
Eikonische Phantasie
1 Wir haben also drei Fälle: Wiederbewusstsein" eines früher Gesetzten, Wieder-
bewusstsein eines fruher nicht" Gesetzten, Wiederbewusstsein mit Zustimmung ZU
dem fruher Gesetzten.
2 Spater eingefügt: "sonstwie". - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 385
*
25 Not a. An einer Stelle habe ich folgendes Hierhergehörige be-
merkt. 2 Wenn durch den phänomenologischen Gehalt einer Er-
scheinung motiviert ist ein Gefühl, etwa ein ästhetisches Gefallen
u. dgl., so muss in einer Phantasie, in der diese Erscheinung re-
produktiv bewusst ist, auch das Gefühl reproduktiv bewusst sein
30 können. Würde das Gefühl notwendig zugehörig <sein>, so
müsste es auch mit dasein.
Aber dann ist es ein Wesensgesetz, dass, wenn die Phantasie
aktuell vollzogen wird, auch ein aktuelles Gefühl gleichstimmiger
-
Art motiviert ist: Ist es ein ästhetisches Gefühl gewesen, so ist
~ BeIlage D <d.i. Beilage XLIII, S. 450ft.)
Vgl. unten S. 393. - Anm. d. Hrsg.
386 TEXT Nr. 15 (1912)
*
Wo ein ästhetisches Bewusstsein sich auf doxisch charakteri-
15 sierter Anschauung, auf Wahrnehmung von Natur etc. gründet,
da gründet das Gefühl nicht im doxischen Stellungnehmen : in
diesem le ben wir nicht, wenn wir uns ästhetisch verhalten. Wir
leben nicht in den doxischen, sondern in den wertenden Inten-
tionen. Ebenso in der Erinnerung.!
des direkt oder im Bild Erscheinenden gestellt. Mit dem Sein des
Vorgestellten mag es sich wie immer verhalten. Wir können äs-
thetisches Bewusstsein vollziehen aufgrund der äusseren Wahr-
nehmung, wir betrachten die gesehenen, gehörten Gegenstände
5 asthetisch. Wir können solches Bewusstsein vollziehen at1fgrund
unmittelbarer Phantasie: Wir betrachten die phantasierten, etwa
quasi wahrgenommenen Gegenstände und Vorgänge ästhetisch.
Oder wir verhalten uns ästhetisch in der bildenden Kunst, wir
betrachten die im Bild sich darstellenden Gegenständlichkeiten
10 asthetisch, endlich in der symbolisch vorstellenden Kunst: Wir
betrachten die sprachlich oder sonst symbolisch sich vorstellen-
den Gegenständlichkeiten ästhetisch.
Das Gegenstandsbewusstsein, das vorstellende, ist je nachdem
doxisches (Glaubens-) Bewusstsein oder bloss reproduktive Modi-
15 fikation davon, dder genauer, blasse Phantasie im weitesten
Sinn, bIosse: d.i. keine aktuelle sympathetische (doxische)
Stellungnahme ist zum Phantasierten vollzogen (oder gemischt).
Wir können uns wahrnehmend, erfahrend verhalten, die Dinge
stehen da, die Vorgänge laufen ab, die Menschen sprechen zu uns
20 und untereinanderetc. Wir können in Beziehung auf diese erfahre-
nen Gegenständlichkeiten mancherlei explizieren, beziehende, prä-
dizierende Akte vollziehen und in Zusammenhang damit mancher-
lei Stellungnahmen beziehen, auf sie als erfahrene, nämlich auf
sie als Gegenstände, die uns als Wirklichkeiten bewusst sind. Wir
25 freuen uns, wir sind betrübt, wir wünschen, wir hegen Hoffnungen
etc. 'Vir können in der Erinnerung leben, in der erfahrenden Ver-
gegenwärtigung. Die Gegenständlichkeiten stehen als nichtgegen-
wärtige "Wirklichkeiten" vor uns, sind also glaubensmässig,
doxisch charakterisierte, und wir können nun weitere Stellung-
30 nahmen vollziehen, schlicht oder nach Vollzug von explizieren-
den, beziehenden, ausdrückenden Akten usw. Das aber wieder
so, dass alles Stellungnehmen und alle synthetischen Akte ge-
richtet sind auf die Erinnerungswirklichkeiten.
Ebenso steht es mit den 'eikonischen Akten: Wenn ich das
35 Bild einer Person vor Augen habe, so kann ich Urteile fällen über
ihren Charakter, über ihre Geistes- und Gemütsart, über ihre
Weise, sich zu kleiden etc. Ich nehme das Bild eben als Vergegen-
Wärtigung der Person, ich setze diese als Wirklichkeit und urteile
über die wirkliche Person. Ebenso beurteile ich sie durch Ge-
388 TEXT Nr. 15 (1912)
Das reicht aber noch nicht aus. Der Inhalt des Gegen-
standes selbst ist nicht ästhetisch bedeutungslos.
Es ist nicht gleich, ob es ein Kaiser ist oder nicht, ob ein bedeu-
tendes Schicksal oder ein alltägliches etc. Handelt es sich da um
5 ein Anklingen von Gemütswirkungen (Ehrfurcht, Ergebenheit)?
Aber auch anderes: Jede Gegenständlichkeit, die existentiale
Freude motiviert, oder, phantasiert, quasi-Freude. In sich ist
diese Freude nicht ästhetisch. Aber das ästhetische Gefallen, das
an der Erscheinungsweise hängt, kann sich mit dieser Freude (als
10 einer Aktualität) verbinden, und das Ganze hat den Charakter
einer erhöhten ästhetischen Freude. Stilleben. Das Wechselspiel
aktueller Freuden oder quasi-Freuden (an der Natur: Freude
über die fruchttragenden Obstbäume, Felder etc.) und Leiden
und sonstigen aktuellen Stellungnahmen ist aber selbst ein
15 Hauptstück wirklich ästhetischer Freude. Also auch das gehört
zur "Erscheinungsweise" . Dieser Titel befasst nicht bloss die
Weise der Darstellungen, sondern alle Weisen, wie die Gegen-
ständlichkeiten bewusst sind, sofern diese verschiedenen Weisen
eigene Gefühle, eigene Stellungnahmen begründen, die dann Ge-
20 fühle an den Gegenständlichkeiten sind um dieser Bewusstseins-
weisen willen.
Wir haben verschiedene Bewusstseinsweisen, in denen Gegen-
ständliches sich konstituiert, in denen es gegeben (und quasi ge-
geben) ist. Und wir haben Stellungnahmen zu diesem Gegebenen.
25 Wir haben aber auch die Bewusstseinsweisen und diese Stellung-
nahmen selbst: Sie bestimmen ihrerseits wieder mögliche Stel-
lungnahmen und bestimmen Gefühle und sonstige Akte, die zu
ihnen gehören. Und da erwachsen wieder Stellungnahmen zU den
Gegenständen, sofern sie in diesen oder jenen Weisen erscheinen
30 oder irgend in Bewusstsein verflochten sind.
Wie steht es nun mit dem ästhetischen Bewusst-
sein hinsichtlich seiner Unempfindlichkeit gegen
Sein und Nichtsein? Das Porträt dient mir als Vergegen-
wärtigung der Person: deren Beschreibung ist auch unempfind-
35 lieh gegen Sein und Nichtsein. Sie lautet gleich, ob die Person
eine wirkliche oder fingierte ist. Kümmere ich mich nicht um
Sein, vollziehe ich nicht die Seinssetzung, frage ich gar nicht da-
nach, so lebe ich in der biossen Vergegenwärtigung (ich schalte
die unmittelbare oder evtl. entgegenkommende Stellungnahme
TEXT Nr. 15 (1912) 391
Nachtragt
1 Der letzte Satz wurde spater wie folgt verändert: ,,(Ich hatte also, wenn ich
gegenuberstellte Axiosen und Inaxiosen. Neutralisierung im Auge??)". Wohl gleich-
zeitig bemerkte HusserI am Rande: "Neutralitat und Ansatz ist zu sondern". -
Anm. d. Hrsg. I
*
Wir müssen nun aber unsere Untersuchung weiter fortführen
und vertiefen.
Lei t g e dan k e n. 1) Wahrnehmung ist ein doxischer Akt. Was
25 sagt das? Es ist eine Einheit der "Intention", die selbst wieder
ein Gewebe von "Intentionen" ist. 7 Etwa die die Dinge konsti-
tuierenden Intentionen. Die Intentionen sind frei sich ausleben- .
de, in ihrem intentionalen Zusammenhang einstimmig zusam-
1 Er f a h rUn g ist aber kein brauchbarer Ausdruck für die unmodifizierten Akte,
fur das Gegenstuck zu Einbildungsakten im weitesten Sinn. Und Einbildung ist auch
bedenkhch.
NQctlsch - anoetisch.
2 Spater eingefugt: "positlonale". - Anm. d. Hrsg.
3 Spater emgefugt: "implicite". - Anm. d. Hrsg.
4 Spater eingefugt: ,,(Glaube als Urteil ist aber spontane Erfassung, Beziehung
etc.)". - Anm. d. Hrsg.
5 Spater eingefugt: "in gewissem Sinn". - Anm. d. Hrsg.
6 Spater emgefugt: ,,(Gegenstand konstituierende)". - Anm. d. Hrsg.
7 Ellle Emheit positionaler und ursprünglich passiver Intention.
398 TEXT Nr. 15 (1912)
*
Kontrastiere ich' eine Wahrnehmung mit einer Illusion, so
tritt hervor der Unterschied zwischen "seiend" und "nicht-
seiend" , und es hebt sich zugleich ab der als "seiend" charakteri-
sierte Gegenstandsinhalt, der "Gegenstand" und dieser Charakter
25 selbst. W::ts heisst das nun, es hebt sich ab? Was heisst das, ich
sehe nun bald auf den "Gegenstand" hin und bald auf das
Seiend? Was ist das für ein "Hinsehen"? Es ist doch ein anderes -
Bewusstsein, einfach wahrzunehmen und den seienden Gegen-
stand, den Gegenstand schlechthin <zu> erfassen, und ein anderes,
30 auf den "Gegenstand" unterscheidend <zu> achten und an ihm
den Charakter "seiend" zu erfassen. Es liegt nahe zu sagen: In-
dem ich auf den Gegenstand hinsehe, vollziehe ich nicht das
Wahrnehmen, sondern ich "stelle mir den Gegenstand bloss
vor", 3 das ist die Modifikation des Glaubens; indessen, ich er-
1 Uber "keme Intention" später eingefugt: "nicht positional". - Anm. d. Hrsg.
2 "der Inaktuahtat" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
3 Ferner: Was soll das bloose Vorstellen denn da leisten?
400 TEXT Nr. 15 (1912)
fasse hier doch den "Gegenstand" und erfasse die ihm zukom-
mende Charakterisierung "seiend" oder "mchtseiend" u. dgl. und
sage etwa aus: Dieser Gegenstand ist wirklich, dieser Gegenstand
ist nicht.
5 Ist es daher nicht notwendig zuzugestehen: Ein neues, mit dem
Wahrnehmen verwandtes Erfassen, eine' neue Intention richtet
sich auf den Inhalt, der da Gegenstand in Anführungszeichen
heisst, eine "Reflexion" auf den Inhalt, auf den "Gegenstand",
und dieser wird zum Subjekt eines axiontischen Prädikats? Den
10 "Gegenstand", das Vermeinte kann ich analysieren nach dem,
was er enthält, ich kann ihm aber auch einen "Wert" erteilen,
wodurch all diese explizierenden Urteile Wertung erfahren.
Ode r sollen wir sagen: Sich-denken ist von vornherein dieses
Erfassen, den Blick auf den blassen Inhalt unter Ausschluss des
15 Wertcharakters richten? Dieses Blick-richten ist nicht ein wirk-
liches Erfassen, wirkliches Wahrnehmen oder Analoges, sondern
ein quasi-Erfassen, wie auch alle Explikationen quasi-Explika-
tionen sind, alle Prädikationen quasi-Prädikationen, und das
Eigentümliche dieses quasi ist, dass nun all dem der "Stempel der
20 Gültigkeit" erteilt werden kann oder der. Stempel der Ungültig-
keit etc. Vom Nichtvollzug der Wertung oder vom modifizierten
Vollzug gehe ich in den unmodifizierten über, und in der Deckung
erhält das modifizierte Korrelat den umwertenden oder vielmehr
eigentlich erst wertenden Charakter des "seiend", des "wahr".
25 Das ist unklar: Ich vollziehe ein Erinnern des Inhalts A: Ich
vollziehe die setzende Erscheinung. Ich vollziehe ein bIosses Vor-
stellen des Inhalts A, d.i. ich vollziehe das setzungslose Erschei-
nen. Beiderseits bin ich auf den Inhalt A gerichtet und vollziehe
das charakterisierende Setzen oder quasi-Setzen. Dagegen re-
30 flektiere ich, indem ich das A zum Gegenstand mache (womit ich
ein ideierendes Setzen vollziehe).
TEXT Nr. 15 (1912) 401
lieh noch: nur alteriert, umgewertet. Das ist sehr schwer auszu-
drücken. Man kann vielleicht sagen, die Erscheinung als Gegen-
wärtigungserscheinung von dem und dem1lässt in diesen Gegen-
überstellungen einen abstrakten Charakter wohl hervortreten
5 dessen Alteration ein Wesen 2 ungeändert lassen kann. Dieser ab~
strakte Charakter3 gehört zu ihrem Wesen unabtrennbar: nur
dass er in gewissen Zusammenhängen des Bewusstseins etwas er-
leiden kann, ein Bestrittenwerden, ein sich dagegen Entscheiden
oder dafür Entscheiden usw.
10 Tritt4 die perzipierende Auffassung in solch einen Zusammen-
hang und erfährt sie da etwa "Hemmung", so gewinnt sie die
Charakter-Modifikation, aber zugleich ist offen oder im Dunkeln
etwas da, wovon diese Umwertung oder Bewertung ausgeht: Die
Modifikation ist als Modifikation gekennzeichnet, und gekenn-
15 zeichnet als Modifikation, die von dem oder jenem "Motiv" aus-
geht. Der Wahrnehmungsglaube in der schlichten Wahrnehmung
ist andererseits nicht seinerseits wieder charakterisiert als von etwas
ausgehend, durch etwas motiviert und gar als Modifikation von
etwas. (Drückt sich das nicht auch aus sprachlich, dass wir im
20 schlichten Glauben urteilend einfach ausdrücken, während wir
besondere Ausdrücke haben, und kombinierte, "vermutlich ist",
"zweifelhaft ist", etc. ?) Im Wahrnehmen erscheint etwas schlecht-
hin, es steht als seiend da, heisst nicht, dass es durch irgend etwas
als Seinsmeinung motiviert ist. Im perzeptiven Vermuten steht
25 etwas als vermutlich seiend, ebenso als möglich seiend, zweifelhaft
seiend da. Die kombinierten Ausdrücke weisen alle hin auf den
Normalfall des schlichten Glaubens.
Es stellt sich auch bald heraus, dass der Fall der ursprüng-
lichen Wahrnehmung, der schlichtesten ungehemmten Wahr-
30 nehmung auch insofern der fundamentale ist, als jedes andere
perzeptive Bewusstsein in seinem Zusammenhang Glaubens-
1 Etwas nachträglich eingefugt: ,,·Wirklichen"'. - Anm. d. Hrsg.
2 Etwas nachtraglich eingefugt: ,,(die 'Materie')". - Anm. d. Hrsg.
3 Etwas nachträglich eingefugt : ,,(Wirklichkeitssetzung, Position)". - Anm. d.
RIsg.
4 Nota. Die grosse Schwierigkeit ist hier, in klarer Weise Rechnung zu tragen dem
Unterschied zwischen spontanen Stellungnahmen und den zuständlich~n Cha-
rakteren die in gewisser Weise schon vor der Spontaneitat dem Phanomen eIgen selD
können ~nd auch je nach der Stufe der Spontaneitat auch noch zustandliche Färbun-
gen verbleiben, wahrend schon Spontaneitat vollzogen ist. Ich bin schon zugewendet,
ich nehme aber nicht als gewisse Wirklichkeit, ich bin nicht ganz sicher, ohne dass
ich explizierend das Pro und Kontra auseinanderlegen wUrde ete.
TEXT Nr. 15 (1912) 403
bewusstsein voraussetzt, als den Boden, von dem alle Wertung und
Abwertung ausgeht. I
1 Der Text wurde unter Anknüpfung an den letzten Satz etwas nachträglich wie
folgt ergänzt: "Es ist hier ergänzend zu bemerken: Ich kann mich den Gegentenden-
zen zu Trotz unter näher zu beschreibenden Umständen für die eine Seite entscheiden.
Nun glaube ich wieder, ich glaube nicht schlicht, sondern in der Weise der E n t-
scheid ung für. Dann wird der Gegencharakter in anderer Weise ausgeschaltet. Er
wird entwertet, wird als nicht-gultig verworfen, nicht als wertender zugelassen. DIese
Fälle scheiden wir hier aus. Es soll sich ni c h t um ein zustimmendes Entscheiden,
Parteinehmen-fur handeln, und nicht um ein wirkliches Zu-Kratt-Kommen der ge-
hemmten Glaubenstendenzen durch Entwertung der Gegenhemmung; diese .blel~t
vielmehr, was sie war, ohne Entwertung, ohne Preisgabe. Ich tue nur so, als ware SIe
nicht wirksam, ich abstrahiere von ihr, und, mich in das Durchstrichene einlebend,
tue ich demgemäss, als glaubte ich: Ich denke mich ins Glauben hinein, ich glaute
nicht, das da sei, ich halte es nicht für wirklich seiend, ich nehme es hin, als ware es
seiend. Ich denke es bloss, steHe es bloss vor. Ich kann mir auch denken: An~e~,om
men, die Gegeninstanzen beständen nicht, ich durchstreiche sie ausnahmswelse
Anm. d. Rrsg. "
a Etwas nachträglich eingefügt: "was hier als Sich-denken beschrieben wurde . -
Anm. d. Rrsg.
a Genau dasselbe gilt von der schlichten "Erinnerung".
TEXT Nr. 15 (1912) 405
1 Und ist der schlichte Glaube als "Stellungnehmen" zu bezeichnen und gleich-
zustelIen mit dem Durchstreichen der übrigen Charaktere?
2 Der letzte Satz scheint später durchgestrichen worden zu sein. - Anm. d. Hrsg.
3 Zum Folgenden vgl. Beilage XLVI, S. 456f. - Anm. d. Hrsg.
406 TEXT' Nr. 15 (1912)
Uns kommt es hier aber mehr auf anderes an. Die grosse
Schwierigkeit macht eben auch für die Durchführung der Vor-
getragenen Auffassung die Re pro d u k ti 0 n. Wir hätten keine
Schwierigkeit, wenn wir es bloss mit der Erinnerung zu tun
5 hätten. Erinnerung im weitesten Sinn, sozusagen die doxische1
Reproduktion. Alle Vorkommnisse der perzeptiven Sphäre keh-
ren hier wieder. Wir haben gegenüber der perzeptiven Intention
als ihr Gegenbild die reproduktive Intention. Ungehemmte: dann
haben wir den Erinnerungsglauben, gehemmte, den Erinnerungs-
10 zweifel etc. Soweit wäre alles, scheint es, in Ordnung.
Aber nun die pure Phantasie. Schon wenn wir ein will-
kürliches Phantasieobjekt in eine Erinnerungsumgebung hinein-
phantasieren, ist die Sachlage eine andere als die im Fall eines
perzeptiven Scheins. Ein perzeptives Fiktum2 ist eben immer
15 Fiktum, d.i. es ist selbst Perzeptivum, es ist durchstrichene Auf-
fassungsintention, aber doch Auffassungs in te n ti 0 n.3 Würde
das Durchstreichende passend modifiziert werden, so würde der
Strich fortfallen, und es wäre ungehemmte Intention. So ist es
aber nicht in der fingierenden Phantasie. Das Phantasma hat
20 freilich seinen Streit mit der Erinnerung, z.B. der fingierte Zen-
taur, von dem ich mir phantasiere, dass er mich gestern auf der
bekannten Strasse getroffen habe, steht da, wo nichts stand,
verdeckt ein Stück Erinnerungsboden, Erinnerungslauf etc., wo
nichts verdeckt war, usw. Aber das ist ein anderes Streiten als
25 dasjenige, das in der Erinnerung zwischen zwei Erinnerungsauf-
fassungen statthat: das Analogon des Streitens in der perzeptiven
Sphäre. Die fingierende Phantasie ist in sich keine Intention4 , sie
hat keineS "Glaubens" -Modi, weil sie keine Intention ist, und sie
ist selbst nicht ein Glaubensmodus :6 das wäre Modus der Erin-
30 nerung. Ich kann, wo Erinnerung mit Erinnerung streitet, die
eine Erinnerung in einen Ansatz, in ein Sich-denken verwandeln,
1 ,doxische" etwas nachträglich verändert in "positionale" . - Anm. d. Hrsg.
a Etwas nachträglich über "Ein perzeptives Fiktum" eingefügt: "ein illusion ares
Objekt". - Anm. d. Hrsg. ., d
3 Das gilt doch nur fur die Illusionen, nicht aber für normale BIldobjekte un
35 bildlich dargestellte Objekte, die in einem farbigen Gemälde doch perzeptiv d~steh~~
und doch nicht durchgestrichen sind. Also auch hier keine eigentlichen "IntentIOnen .
4 Über "Intention" etwas nachträglich eingefugt: "Positionalität". - Amn. d.
Hrsg.
5 Etwas nachträglich eingefügt: "positionale" . - Anm. d. Hrsg. "
6 Über "Glaubensmodus" etwas nachträglich eingefugt : "positionaJer Urmodus . -
Anm. d. Hrsg.
I1II1
1 (besser positional)
2 Nein. a) Stellungnahme als Spontaneität einer Art Zuwendung, b) Stellungnahm~
in einem noch engeren Sinn: zu etwas, das schon als seiend dasteht, oder quas~
seiend, Stellung nehmen.
8 "ad b)" gleichzeitig mit der als Anmerkung 2) wiedergegebenen Randbemerkung
eingefügt. - Anm. d. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 411
intentionen für sie spricht usw. Wir haben also verschiedene Cha-
raktere der bejahenden Wirklichkeit, der Nichtigkeit, der gleich-
stehenden Möglichkeiten (Zweifelhaftigkeiten).
Ist es nicht ,etwas Neues: Ich entscheide mich für die eine
5 Seite, ich nehme für sie Partei, ich erkenne sie bejahend an, ich
verwerfe verneinend, ich erkenne die eine Seite als überwiegend,
als wahrscheinlich an etc.? Offenbar.
Und wie steht es mit diesen Charakteren und eventuellen
"Stellungnahmen"" stehen sie auf gleicher Stufe? Sind sie von
10 demselben gattungsmässigen Wesen "Stellungnahme" wie die
"Stellungnahmen" der Freude oder Trauer? Das scheint doch in
einer ganz anderen Linie zu liegen.
3) Jedes intentionale Erlebnis ist, wenn es als Ganzes genom-
men nicht gedankenhaft modifiziert ist, Setzung oder zu Setzung
15 geschickt (es ist eben Intention in unmodifiziertem Sinn). Diese
Setzung, das ist das, Schlechte an dem Wort, ist kein Tun, es ist
ein Grundcharakter. Ein intentionales Erlebnis vollziehen,
das ist in diesem Fall ein Setzen vollziehen, und dem "Gesetzten"
zugewendet sein, und das sagt, in jedem solchen Bewusstsein ist
20 uns ein "Gegenständliches" in der Weise des "Glaubens" als
seiend bewusst, und das Seiend ist ein allgemeiner Charakter des
Gegenständlichen,!
1 Der Text von "Offe~bar'; (oben, Zeile 7) bis ,;Charakter des Gegenständlichen"
wurde etwas nachträglich wie folgt ergänzt und verändert: "Offenbar. Das ist das
urteilende Stellungnehmen. Und wie steht es mit jenen Charakteren und diesen
'Stellungnahmen', stehen si~ auf gleicher Stufe? Offenbar haben wir sie zunächst zu
scheiden. Ferner, sind letztere von demselben gattungsmässigen Wesen 'Stellung-
nahme' wie die 'Stellungnahmen' der Freude oder Trauer? In einem Sinn offenbar.
Andererseits scheint doch das Stellungnehmen des Gemüts und Willens in einer ganz
anderen Linie zu liegen als ein Verhalten zu Sachen. Also ist es notwendig, den ge-
meInsamen Terminus zunä~hst zu vermeiden.
3) Jedes intentionale Erlebnis ist, wenn es als Ganzes genommen nicht gedanken-
haft modifiZiert ist, positional. Setzung oder zu Setzung geschickt (es ist eben
Intention in unmodifiziertem Sinn). Dieser positionale Setzungscharakter ist kein
Tun, e, ist eIn Grundcharak ter. Ein intentionales Erlebnis vollziehen, das ist in
dlesem Fall ein positionales Bewusstsein vollziehen, aber nicht dem 'Gesetzten' zu-
gewendet sein, und das sagt. in jedem solchen Bewusstsein ist uns ein 'Gegenständ-
hches' In der Weise des patenten oder latenten 'Glaubens' als seiend bewusst, und das
Selend 1st ein allgemeiner Charakter des Gegenständlichen. Das ist aber sehr miss-
deutlich. Der positionale Charakter ist nicht ein stellungnehmender
eh ara k t e r. Zugewendet kann ich aber nur in einer Stellungnahme sein, die ent-
weder urteilende (erfassende, beziehende etc.) oder eine andere ist. Position al be-
sagt eIgentlich den Charakter, der schlichte erfassende Setzung (primitive doxische
S:ellungnahme) ermöglicht. Aktuelle,Setzung ist ,immer Erfassung eines als
WIrklIch Charakterisierten." _ Anm. d. Hrsg.
412 TEXT Nr. 15 (1912)
1 Etwas nachträglich eingefügt: "Eine AbI e h nun g ist dann die Stellungnahme."
- Anm. d. Hrsg.
2 Wohl etwas nachtraglich eingefugt: "Positionales". - Anm. d. Hrsg.
8 Etwas nachträglich eingefügt: "positional charakterisiert". - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 415
solche Ansetzung ist identisch mit dem, was wir auch! als Für-
möglich-Halten bezeichnen, Möglichkeit = Denkbarkeit, und das
Sich-denken, d.i. dieses Ansetzen, Sich-denken-können, das ist
das unbestrittene, das ungehemmte Ansetzen. Und dabei sehen
5 wir von allen sonstigen intentionalen Charakteren ab, die dem
Angesetzten (abgesehen von Gegenstreit) zuwachsen könnten.
Also ist nicht etwa das Ans etzen in diesem Sinne
einer unbestrittenen Einheit der Anschauung, gebildet aus setzen-
den und setzungslosen Anschauungen, ein D ri t t es, Gleich-
10 berechtigtes neben Setzung und Nichtsetzung. Es gehört viel-
mehr in das Reich der Setzung. Das Gebilde ist wieder ein "Akt"
(das ist eben Setzung), konstitutiv für eine neue Gegenständlich-
keit, genannt "Möglichkeit eines WPh" (die Möglichkeit etwa,
dass dieser Tisch da rückwärts einen Fleck hat, worüber ich
15 nichts weiss, was ich mir aber "vorstellen kann") etc. Diese
Möglichkeit ist verschieden von der nichtexistentialen Möglich-
keit: Was ich mir überhaupt phantasieren kann, ist möglich:
an und für sich. Hier liegt in der Möglichkeit die Unbestritten-
heit durch den Bestandteil der Setzung, die Einträchtigkeit in der
20 gemischten Anschauung.
Ebenso wie die Einheit der gemischten Anschauung als eine
neue Form der Anschauung gelten muss, in der eine neue Gegen-
ständlichkeit bewusst wird, so gilt es von der Einheit einer strei-
tenden Anschauung: Sie ist nicht Einheit im Sinn <VOll> Ein-
25 stimmigkeit, aber Einheit im Sinn von Unstimmigkeit, und Un-
stimmigkeit hat wieder ihren Gegenstand je nach der Art dieser
Einheit: etwa eins von beiden ist möglich: A oder B. Oder es
konstituiert sich das A non b, das A mit dem durchstrichenen b.
Usw. Dabei haben wir zu scheiden, was Sache schlichter, unexpli-
30 ziert er Anschauung ist, und was Sache der Explikation etc. ist,
und wieder, was Sache des intuitiven Bewusstseins unabhängig
von der "Richtung der Aufmerksamkeit" ist, und was Sache eben
dieser Richtung ist. Wir haben es hier mit intentionalen Kom-
plexionen zu tun, und je nachdem können wir "die Strahlen der
35 Aufmerksamkeit durch diese oder jene Teile hindurch richten":
was aber ein im Grunde schlechtes Bild ist. Je nachdem können
wir die betreffenden Intentionen lebensvoll voll-
1 Etwas nachträglich eingefügt: ,,(im Fall der Spontaneität der Erfassung und
Explikation)". - Anm. d. Hrsg.
2 Etwas nachträglich eingefügt: "wenn wir, anstatt das negierende Ablehnen zu
vollziehen, uns positiv dem Negativum zuwenden. Was besagt es, dass jede neue
Stellungnahme, jedes Negieren etc. neue Gegenständlichkeit konstituiert? ~ ach~em
es ursprünglich vollzogen ist, ist es selbst wieder eine Intention, eine PosltlOnahtat,
aus der das neue Gegenstandliehe positiv setzend entnommen werden kann. Es kann
aber auch diese Intention uns von vornherein als Zuständlichkeit entgegentreten.
Dann können wir Doppeltes: Negation vollziehen oder Position vou Negativität voll·
ziehen." - Anm. d. Hrsg.
3 nämlich" bis lebeu" etwas nachträglich verändert in: "nämlich nicht, wenn
wir i~ den betreffenden Akten, sondern in den mit ihnen sich erzeugenden poten tieUen
Setzuugeuleben." - Anm. d. Hrsg. . d
4 Der letzte Satz wurde etwas uachträglich durch folgenden ersetzt: "Es Sill
durch ueue Stellungnahme erzeugte, produzierte Auschauuugen." - Anm. d. Hrsg.
5 = apophantische Syuthesen und Formen.
TEXT Nr. 15 (1912) 419
freulichkeit bewusst sein und dieses Ganze s6tzen. Hier haben wir
zwei Aufmerksamkeitskomponenten, da wir zwei Setzungen ha-
ben, zwei Zuwendungen, die eine geht auf den Gegenstand (die
Sache), die andere auf den "Gefühlswert". Aber das ist nicht etwa
5 eine Explikation, die Zweiheit ist eine Einheit, weil die Richtung
auf den Wert Richtung auf den Wert des Gegenstandes ist. Es
erfordert die Aufmerksamkeit auf den Wert auch Aufmerksam-
keit auf die Sache: aber dienende Aufmerksamkeit. Jedenfalls aber
kann ich nicht ganz gleich auf beides aufmerksam sein, wie im-
10 mer, wo mehrere intentionale Zuwendungen vorliegen: Wie Auf-
merksamkeiten zueinander stehen, miteinander abwechseln, strei-
ten, das ist ein eigenes Studium.
Der "Glaube" an das Sein des Wertes ist nicht etwa ein "neuer
Akt", der sich auf diesem Fundamente neu etabliert, sondern
15 hier wie überall das im Akte, in der betreffenden Intention
"Leben", in ihm Zugewendetsein.1
Denken wir uns statt der Unterlage setzender, also unmodifi-
ziert er Intentionen "Einbildungs"modifikationen (nichtsetzen-
de), so erfahren sowohl alle modalen Abwandlungen das Vor-
20 zeichen der "Einbildung", als auch alle sonstigen fundierten In-
tentionen, wie die Gefühle. So wie Dinganschauungen eben Ding-
anschauungen sind, ob sie setzende sind oder nicht, so sind die
Gefühle, und näher die "Gefühlsanschauungen" , von denen wir
hier reden, eben Gefühlsanschauungen, ob setzende oder nicht.
25 Es sind nicht etwa phantasierte Gefühle. Das gibt es natürlich
auch, aber Reproduktionen bzw. setzungslose Phantasien von
Gefühlen ist etwas anderes als setzungslose Gefühle selbst. Es ist
ein "Anschauen" von Erfreulichkeit etc., aber kein "wirklich"
Erfreulich- oder Traurigsein, evtl. ein Anschauen von Erwünscht-
30 sein, aber nicht ein wirkliches Erwünschtsein.
1 Der letzte Satz wurde etwas nachtraglich wie folgt verändert und der Text er·
gänzt: "Der 'Glaube' an das Sein des Wertes ist ein 'neuer Akt', der sich auf diesem
Fundamente neu etabliert, ist wie iIberall nicht das im Akt e der neuen St~"ung
nahme Zugewendetsein. Jede Stellungnahme, die sich in einem Vorstellen.grun?et,
erzeugt ein neues Vorstellen: So können wir es auch ausdrücken. Gefühle smd nIcht
Vorstellungen, sind nicht Anschauungen oder unanschauliche Vorstellungen,. aber sie
sind lebendige Erzeugungen von Vorstellungen, die, 'nachdem' sie erzeugt smd, also
in einer Art Reflexion, sich als Vorstellungen behandeln lassen. Aber was sagt das?
Sagt das nicht, dass eben wesensmassig jede Stellungnahme sich als Vorstellen voll-
ziehen lässt? Im Gefallen zugewendet sein ist nicht vor~tellen. Aber das Ge.fa\l~n
'erteilt' dem Gegenstand den Wert des Gefalligen, und notwendig, so dass Ich 1ll
diesem Vorstellen leben kann." - Anm. d. Hrsg.
TEXT Nr. 15 (1912) 421
*
Ich weiss nicht, ob das, was ich vorige Seite am Rande <d.i.
S. 420, Anm. 1» gesagt habe, erheblich weiter führt.
10 Was sind Anschauungen vor der Erfassung, Zuwendung des
Angeschauten? Eben keine Anschauungen. Sollen wir sagen po-
tentielle Anschauungen, die sich aktualisieren lassen, und ge-
schieht das, so haben wir bestimmte doxische Akte niederster
Stufe, die keine Stellungnahmen enthalten, es sei denn doxische,
15 und im einfachsten Fall blosse Zuwendungen, blosse Erfassun- (
gen? ~
Wie ist es nun bei stellungnehmenden Akten, schon bei Zwei-
feln, Entscheidungen von Zweifeln etc. und dann bei Gefühls-
akten (Missfallen, Sich-freuen), begehrenden Akten und Willens-'
20 akten? Wenn sie auf schlichten Anschauungen (unmodifizierten
oder modifizierten: Phantasien) gegründet sind, so sind sie "An-
schauungen höherer Stufe", kategoriale Anschauungen, besser
Wertanschauungen. Warum sträuben wir uns, das gelten zu las-
sen? Nun natürlich: Es sind keine doxischen Zuwendungen, viel-
25 mehr muss ich erst eine andere Stellung nehmen, und dann kann
ich aufgrund einer beliebigen Stellungnahme (die passend fun-
diert i!',t) eine Anschauung etablieren. Und allgemein bei jeder(
beliebigen Stellungnahme eine Vorstellung im Sinn einer Objek-
tivierung oder eines Urteils. Nun steht offenbar jedes intentionale
30 Erlebnis, das nicht objektivierendes, Verstandeserlebnis ist, sich
gleich, also das sinnliche Bewusstsein mit einem beliebigen stel-,
lungnehmenden Bewusstsein: Jedes kann zum Substrat von Ob-
jektivationen werden. Wir dürfen also nicht sagen, das sinnliche
Ich erinnere mich, dass ich morgen eine Partie machen wollte.
Ich nehme den Willen auf. Evtl. tritt die Erinnerung gleich in der
10 Form auf, dass l nicht nur das Wollen erinnert ist, sondern auch das
aktuell setzende "ich will" mit da ist. Es ist nicht gen au dasselbe: in-
haltlich. 2 Denn das "hlOrgen" war im Erinnerungsakte nicht morgen,
sondern etwa "übermorgen", und das Ich des "ich will" ist beiderseits
zwar personal dasselbe, aber eben das Ich von gestern und das von
15 heute. /
*
Erinnerung
a) Charakterisierung der inneren Erinnerung
b) und Charakterisierung aus dem späteren Zusammenhang
"Dame" selbst? Auch sie hat doch den Charakter "erinnert", und
diesen finde ich, ohne erst zu reflektieren.
Wir können hier nur sagen: Dadurch dass die Reproduktion der
Damen-Wahrnehmung unmodifizierte ist, den setzenden Charakter
5 hat, ist in deren Vollzug die "Dame" selbst mit einem aktuellen Cha-
rakter begabt, der eben das Korrelat einer solchen Setzung ist.
Jede aktuell setzende Reproduktion verleiht dem Gegenständlichen
der Zuwendung einen bestimmten Charakter, der wesentlich ZUsam-
mengehört mit dem Wesen aktuell setzender Reproduktion, so dass
10 er nicht etwa dasein kann bei anderen Reproduktionen. Dieser Cha-
rakter ist aber nicht Wirklichkeitscharakter für das Gegenständliche.
Die Damen-Erscheinung ist, wie die Reflexion auf sie zeigt, charak-
terisiert als "wirklich", d.h. sie ist charakterisiert als "wirklich" in
Anführungszeichen und zugleich charakterisiert als aktuell reprodu-
15 ziert, als erinnert. Aber die Reproduktion der Damen-Erscheinung
bzw. der Wahrnehmung der Dame, die vollzogen das Bewusstsein ist:
vergegenwärtigende Vorstellung der Dame, kann noch einen neuen
Modus haben, den der aktuellen Setzung dieser vorgestellten Dame
als wirklich gewesener. Woher stammt der? Die eine Aktuali-
20 tät der Setzung gehört zum inneren Bewusstsein. Wir haben ur-
sprünglich die Impression, das innere impressionale Bewusstsein vom
Erlebnis, das da äussere Wahrnehmung heisst, wozu die Empfin-
dungsinhalte gehören, die Auffassungen, die aktuellen Erscheinungen.
Wenn ich nun jetzt Reproduktion davon habe, so ist die Reproduktion
25 ein aktuelles Erlebnis des aktuellen inneren Bewusstseins, und im
Vollzug dieser Reproduktion habe ich Aktualität der verschiedenen
reproduktiven Intentionen, derjenigen, die reproduktive Erscheinung
(mit reproduktivem Wahrnehmungscharakter) ergeben, ebenso der-
jenigen, die sich auf die Umgebung, auf die räumlich-zeitlich-dinglich-
30 inhaltliche beziehen. Aber all das als zugehörig zum inneren Bewusst-
sein.
Andererseits haben wir aber die Intentionen des äusseren Bewusst-
seins im inneren Bewusstsein. Versuchen wir uns darüber klar zu
werden.
35 Impressional habe ich jetzt eine Wahrnehmungsintention. Ic~
habe die Aktualität der inneren Setzung, die Wahmehmungsersche:-
nung ist impressiv, das innere Bewusstsein vom Haben der ErscheI-
nung ist aktuell setzendes. Aktuell gesetzt ist da die Wahrnehmung,
die selbst Setzung und Erscheinung von ist.
40 Im Fluss des inneren Zeitbewusstseins folgt hier Wahrnehmung auf
Wahrnehmung, Erfüllung und Enttäuschung, immer ist, was d~ kom-
men mag, innerlich gesetzt. Und ist selbst Setzung, Setzung m ver-
schiedenen Modis. In der Erinnerung können wir diesem Zusammen-
hang nachgehen. Jedes ist da reproduziert, ich habe die, Reihe der
45 inneren Reproduktionen, und jede herausgegriffen hat den, Chara~ter
der setzenden Reproduktion, die aber ihrem Wesen nach vorwarts
BEILAGE XXXVII 425
Evtl. habe ich einfach das Bewusstsein der Erinnerung, ein Bild
schwebt vor. Und nun kommt ein Fortgang im Erinnerungszusam-
menhang und dann ein Rückgang zum alten: Das stimmt etwa nicht.
Das kann betreffen die Erinnerung selbst. Aber auch das Objekt der
5 erinnerten Wahrnehmung. Die frühere Erinnerung wird umgewandelt,
das Bild anders ausgemalt: Ich hatte mir Herrn X als blond vorge-
stellt, Vollbart. Nein, er hat ja keinen Vollbart, seitwärts ausrasiert
etc. Das Blond ist auch nicht blond, sondern hellbraun. Dabei kann
das "Bild" unklar sein. Aber auch klar, und dann wird ein klar "Er-
10 innertes" durchgestrichen.
Es wird aber evtl. die ganze Erscheinungsweise (die eigentliche Er-
scheinung) festgehalten und nur die Auffassung durchgestrichen. Wie
im Puppenbeispiel.
Die Fälle sind aber verschieden. 1) Einmal handelt es sich darum:
15 Was habe ich damals wirklich erlebt? Das betrifft also das Erleben,
die innere Erinnerung. Das andere Mal handelt es sich darum: 2) Was
kann ich von der damaligen Wahrnehmung noch festhalten? Was
muss durchgestrichen werden, nicht als Erinnerung, sondern an der
in der Erinnerung gesetzten Setzung der Wahrnehmung?
20 Müssen wir nicht sagen: Erinnerung, das ist aktuelle Repro-
duktion: setzende im weitesten Sinn? Und zwar entweder
schlicht setzende (und homogen setzende), dann ist es Gewissheit, oder
es mengt sich Inhomogenität hinein. Erinnerung hat im me reinen
Betrag von Gewissheit. Jede Erinnerung hat Zusammenhang mit der
25 aktuellen Wahrnehmung: Das Erinnerte ist "vergangen", und ein
Bereich Vergangenheitssetzung ist mit der aktuellen Wahrnehmung
da. Und das Erinnerte ist in diese Vergangenheit versetzt. Nun hat
also Erinnerung ihren Zusammenhang und durch die-
sen Zusammenhang einen Bestand an Setzung. Aber
30 ins ich, abgesehen vom Zusammenhang, hat es au c h seine Setzung.
Ich erinnere mich des vorhin gemachten Spazierganges: Ich habe da
den Setzungsstrahl vom Jetzt aus. Aber das Erinnerungsbild in sich
hat seine Setzung (es könnte ja auch Erwartungsbild sein. Der Inhalt
könnte gleich sein, aber der Zusammenhang zum Hier und Jetzt ist
35 dann verschieden. Der Hof). «
Diese Setzung kann 'einfach sein, Gewissheit oder Anmutung. Und
reine Gewissheit und Gewissheit nach einem Allgemeinen, aber An-
mutung nach Teilen.
Sie kann aber auch von Kritik begleitet sein. Gewissheit wird
40 durchgestrichen, oder es schiebt sich eine fremde Erinnerung hinein,
die in sich gewiss ist~ Aber als Teil dieses Zusammenhangs wird sie
durchgestrichen.
Was ich gerne verstehen möchte, ist das verschiedene Durch-
streichen.
45 1) Das der Erinnerung selbst oder von Komponenten der Erinne-
rung: Z.B. ich erinnere mich, beim Spaziergang letzthin Willigsen ge-
Eusser 1l-Archiv
111 (-I
428 BEILAGE XXXVII
'I
BEILAGE XXXVII 429
*
Erinnerung
Wir haben bei einem beliebigen stellungnehmenden Erlebnis zu
unterscheiden:
1) Das Erlebnis als solches ist ge set z t im inneren Bewusstsein.
25 So z.B. mein äusseres Wahrnehmen, mein Urteilen, Wünschen ete. sind
in der inneren Zeit als Wirklichkeiten bewusst. Diese Setzung ist not-
wendig.
2) Die Erlebnisse (die Gegenstände der Setzung des-inneren Be-
wusstseins) haben nun als stellungnehmende ihre eigenen positionalen
30 Momente, also z.B. die äussere Wahrnehmung ist Wirklichkeits-
setzung eines Dinglichen, das Urteil Setzung eines Sachverhalts, der
'Yunsch Wunschsetzung eines Mögens, das Wollen Willenssetzung
ellles zu Tuenden. All diese setzenden Erlebnisse können in ent-
sprechende set z u n g s los e übergehen: innerhalb des inneren Be-
35 wusstseins.
Nehmen wir nun entsprechende Erinnerungen. ,
, ~enn ich mich z.B. eines früheren Wahrnehmens erinnere, so habe
Ich Jetzt eine setzende Reproduktion, und zwar habe ich nun wieder
Doppeltes:
40 .1) pie reproduktive Modifikation der "inneren Wahrnehmung"
mit Ihrer Stellungnahme. Diese Reproduktion ist setzende, wenn
1 Spat er eingefügt: "wie einer inneren". - Anm. d. Hrsg.
430 BEILAGE XXXVII
431
5 Bei der Einfühlung eines Urteils, z.B. jemand macht eine Aus~
sage, "verstehe" ich die Aussage, ich brauche sie aber nicht selbst zu
urteilen. Ich habe überhaupt vielleicht kein Urteil darüber, und dass
der Andere so urteilt, braucht für mich gar kein Motiv zu sein. Ist es ( I
das, so habe ich die entsprechende Anmutung. Folge ich ihm als Au~
10 torität, so habe ich das entsprechende Urteil, sonst habe ich, wenn
ich mich rein in den Sinn des Gesagten hineindenke, eben einen biossen
Gedanken. (Nämlich wenn ich mich eben hineindenke.)l
Andererseits aber steht der Andere für mich perzeptiv da und als
so urteilend. Hier werde ich wohl nicht anders sagen können, als dass
15 mir eine "Vergegenwärtigung" dient, die mit den gehörten Worten
eins ist. Die Vergegenwärtigung ist aber nicht reproduktiv, obschon
sie Vergegenwärtigung, Darstellung ist, sie ist also nicht Phantasie,
geschweige denn "blosse Phantasie", sondern hat ihre Aktualität.
Ihre bestimmte Aktualität. Denn der Fall ist hier anders, als wenn ich
20 mir selbst in der Erinnerung das Urteil zuschreibe. Das Urteil des
Anderen ist sein gegenwärtiges Erlebnis: Es ist also durch das Me-
dium einer Vergegenwärtigung eine ,Gegenwart gesetzt. (Gegenwart
"äusserer" Dinge kann ich ja überhaupt durch Reproduktion oder
perzeptive Imagination, und zwar durch aktuelle, bewusst haben.
25 Hier ist das "Äussere" aber ein Psychisches, und das Äussere besagt,
dass eine transiente Setzung vollzogen ist.) Und ich setze diese Gegen-
wart in Zusammenhang mit der Wahrhehmungsgegenwart, der perzi-
pierten des fremden Leibes und unserer gemeinsamen Dingumgebung. 1
Doch fehlt hier noch manches zur Analyse.
taucht auf. Ich erkenne es. D.h. das Bild ist Bild der bekannten
Person, es ist ja Erinnerungsbild.
Erinnerung bestimmt bzw. unbestimmt.
a) Erinnerung an den Gegenstand, der Gegenstand ist mir bekannt
5 (Korrelat), es ist das bestimmte identische Objekt, das personal
dauernde und in gleichen Veränderungen dieseibige. Indem ich den
Gegenstand erkenne, mich an ihn erinnere, braucht doch1 nicht die
Erinnerung bestimmt zu sein bezüglich der früheren Wahrnehmung
und des früheren Wahrnehmungszusammenhanges. Dasselbe Objekt
10 kann in verschiedenen Wahrnehmungszusammenhängen gegeben sein
und in verschiedenen gegenständlichen Zusammenhängen gewesen
sein. Ich habe eine bestinlmte Erinnerung, d.h. dann, ich erinnere
mich auch an einen bestimmten Zusammenhang, in dem das Objekt
zu Anderen und zu mir erschienen war, wahrgenommen war, also
15 b) das Objekt ist mir nicht nur bekannt, sondern ich habe auch
eine bestimmte Erinnerungsvorstellung von seiner ehemaligen Wahr-
nehmung in seinem Zusammenhang mit meinem damaligen Ich und
meiner damaligen Umgebung. Einordnung also in den bestimmten
Erinnerungszusammenhang, evtl. mit genauer Fortführung bis zur
20 jetzigen Wahrnehmung. Bekannt ist mir nicht nur der Gegenstand,
sondern die bestimmte Wahrnehmungserscheinung oder Wahrneh-
mungsreihe, in der mir der Gegenstand gegeben war, in ihrem zeit-
lichen Zusammenhang.
Es kann mir der Gegenstand bekannt sein, ohne dass ich es auf eine
25 bestimmte zeitliche Einordnung abgesehen habe. Es taucht bald diese,
bald jene Gelegenheit vielleicht auf, in der ich den Gegenstand ge-
sehen hatte. Ich habe dann verschiedene Erinnerungsvorstellungen,
Identifizierung nach seiten ihres Gegenstandes (und meines Ich). Was
ich aber als "der Gegenstand ist mir wohlbekannt" bezeichne, ist
30 nicht 2 in diesen Erinnerungsvorstellungen gegeben. Es braucht gar
keine bestimmte aufzutauchen3 • Die Vorstellung hat einen eigenen
Bekanntheitscharakter (der sich natürlich auf den Gegenstanc:! be-
zieht: Dieser ist das Bekannte), und dieser Charakter ist ein Aqui-
valent dafür, dass überhaupt Erinne'rungsvorstellungen möglich sind,
35 dass der Gegenstand einmal wahrgenommen war. Woher diese Bezie-
hung? Die allgemeine Bekanntheit hat eine unbestimmte Beziehung
auf dergleichen Erinnerungen, in ihnen erfüllt sie sich, bestimmt sie sich
näher. Es ist also nicht blosse Assozia tion, was beidesin Beziehung
bringt. (Der Bekanntheitscharakter ist nicht das mir bekannt Vor-
40 kommen, das sich auf die Art bezieht, sondern das Wiedererkennen,
das sich auf dieses bestimmte Gegenständliche in individuo bezieht.)
Ist die Erinnerung u n be stimm t, so kann ich mich an das Ob-
1 "IntentlOn" 1st hier nicht "Vorstellung von", es ist etwas anderes. Es ist das
Verh;JJtms, das Zeichen und Bezeichnetes verbindet. Das Zeichen erinnert auch an
BezeIChnetes, es soll aber auch daran erinnern. Es hat eine Funktion. Hier haben
Wir dbcr eine Erinnerungsbeziehung durch Ähnlichkeit, die nicht zum Zeichen ge-
hOl t. I> Ist aber auch nicht Bild beziehung. Das Bild erinnert nicht nur an das
Ollglilal, sondern stellt es vor, repräsentiert es durch Ähnlichkeit.
434 BEILAGE XXXIX
*
Erkennen und A uttassung
Wenn ein Erkennen neu eintritt, so findet damit vielfach auch eine
20 neue Auffassung statt. So im Beispiel der Bank, die seltsam geformt
ist und erst nachträglich ihrer Bestimmung nach als Bank erkannt
wird. Auch wenn ich eine herankommende Person erkenne, so mag es
~:,in, dass ich erst den Gegenstand auffasse und dann in der stetigen
Anderung der Auffassung auch jene Seite hervortritt, die ihn als
25 meinen Freund kennzeichnet. Dazu dann etwa die Überraschung, in-
mitten dieser fremden Personen eine mir bekannte, werte (durch be-
stimmte Gefühle bevorzugte) zu finden.
Man wird aber nicht sagen können, dass das Erkennen in der biossen
Er~eiterung der Auffassung bestehe. Man sieht das aus folgendem:
30 Ahnlich wie bei einem Bild zu unterscheiden ist zwischen Bild und
abgebildetem Gegenstand, so ist beim Wiedererkennen zu unterschei-
den der gegenwärtige Gegenstand und das, als was er wiedererkannt
wird. Er wird als "er selbst" wiedererkannt. Darin liegt eine Be-
ziehung zu einer früheren Erscheinung derselben Person, aber jeden-
35 falls auch inhaltlich verschieden. Ich erkenne ihn wieder: Ich "erinne-
re" mich seiner noch.
•l\Etunter 2 erinnert mich ein Gegenstand an etwas, ohne dass ich ihn
WIedererkenne. Er erinnert mich an etwas anderes, ihm ähnliches, im
anderen Fall erinnert er mich an <sich> selbst, ich hatte ihn schon
40 früher wahrgenommen. Nun muss man beachten, dass dieses Erinnern
1 Vgl. "Unbesti=theit".
• Siehe ein eigenes Blatt darüber (p) <d.i. oben, S. 433,6ff.>.
436 BEILAGE XXXIX
*
Wiedererkennen und Erinnerung 1
*
Verständnis, Erkennen, Wiedererkennen
I Verstandnis.
2 Erkennen.
3 WIedererkennen.
a) vollstandig, mit fester Erinnerungsbestimmtheit, bestimmte Erinnerung, b) un-
vollstandig, mIt Unbestimmtem in Ansehung von Zeit und Zusammenhang, unbe-
sttmmte Ennnerung. ,
4 Husserls Hinweis konnte nicht identifiziert werden. - Anm. d. Hrsg.
438 BEILAGE XXXIX
Wiedererkennen
20 a) Vollständig. Ich erkenne wieder die Linde vor dem Tore, ich
erkenne sie an und für sich wieder, indem Schritt für Schritt die In-
tentionen, die erregt sind, erfüllt werden. So wird jeder einzelne Teil
in seinem Zusammenhang mit den übrigen erkannt und wieder wird
der Gesamteindruck im übergang zu den Teilen und von den Teilen
25 erkannt; endlich kann das Wiedererkennen auch vollzogen sein durch
den Ausdruck "unsere Linde vor dem Tore" oder durch Übergang von
der vertrauten Umgebung zu dem Baum.
Wieder mache ich einen Unterschied, ob ich ein dauerndes Gefühl
der Vertrautheit empfinde, indem ich die Linde ansehe, und ob ich
30 abgegrenzte Akte des Wiedererkennens habe, obschon in der Regel
eins ins andere übergeht bzw. zugleich da ist. Das Wiedererken-
nen sehe ich nur im Akte der "übereinstimmung", die
Vertrautheit ist aber ein dauernder Bewusstseinszu-
stand. Die Vertrautheit ist ein dauerndes Gefühl, das sich über den
1 Hier ist übersehen, dass die VorstelJung eine allgemeine ist in "Anwendung
auf einen Einzelfall". Die allgemeine Auffassung, die intuitiv oder symbolisch oder
zugleich intuitiv und symbolisch vermittelt.
Die Sache wird als Intention des Zeichens erkannt, d.h. nicht, es wird geurteilt:
Dies heisst rot; denn letzteres enthält unter anderem den komplizierten Ge-'
danken, dass die Menschen den Namen Rot fur diese Farbe zu verwenden pflegen
oder einen ähnlichen. Unmittelbar haben wir aber gar kein Bewusstsein, keine Vor-
stellung von "Namen", von Menschen, vom Sprechen usw. Wir haben unmittelbar
bloss das Symbol und fühlen seine Beziehung zum Gegenstand.
2 Was für Disposition? Die vom Namen oder die von Röte, so wie ich sie früher
erlebt habe?
Natürlich die für den Namen.
BEILAGE XL 439
blosse Phantasieren, ist kein "setzender" Akt bzw. enthält nichts von
Setzung.
Jedenfalls dürfen wir nicht vermengen: Das blosse "Sich-denken",
sich "Hineindenken", und das Sich-hinwenden auf etwas, es Erfassen,
5 das als "Korrelat" Akten entnommen ist.
3) Aber nun ist das Pro b 1e m: Muss jenes blosse Betrachten als
ein gewahrender, konspizierender Akt angesehen werden? Es war doch
davon die Rede, dass wir uns jeder Stellungnahme enthalten
könnten. Das sagt doch nicht, dass wir, etwa uns eines Urteils enthal-
10 tend, "das" Urteil (das Geurteilte als solches; oder den geurteilten
Sachverhalt als solchen) entnehmen und zum Gegenstand einer Set-
zung, eines neuen "Glaubens", zum Thema etwa logischer Erwägung
m:lchen. \Vir können den Wunschinhalt als',solchen "betrachten", in
dem Sinn, dass wir eben diese Gegenständlichkeit entnehmen und er-
15 fassen, setzen, um darüber Urteile zu fällen. Aber ist das "sich in das
\Ylinschen bloss hineindenken", also die aktuell wünschende Stellung-
nahme ausschalten (mich des Wunsches enthalten) und doch dem
"Erwünschten" zugewendet sein?
Kann ich miCh nicht auch der in der äusseren Wahrnehmung liegen-
20 den Stellungnahme des Glaubens en thaI ten und mich in das blosse
Erscheinen hineinleben und das Erscheinende als solches "bloss be-
trachten", d'j. seine Erscheinungsbeschaffenheiten durchlaufen?
Das ist doch etwas ganz anderes als die phänomenologischen Korre-
late zu Gegenständen machen und sie erfassend als Gegenstände set-
25 zen, zu Subjekten theoretischer Urteile machen etc.
4) Nehmen wir etwa die doch wohl hieher gehörigCl äst h e ti s c h e
Be t r ach tun g. Hier ist "die Stellungnahme in Beziehung auf Sein
oder Nichtsein ausgeschaltet. Auf sie kommt es nicht an". Ich voll-
ziehe sicherlich auch keine Setzung des Aktkorrelats. Ich durchlaufe
30 das Erscheinende als solches (das sagt nicht, ich setze das Korrelat
"Erscheinendes als solches"), das Erscheinende, wie es erscheint. Ich
lebe im Erscheinen, "vollziehe' es". Aber ich vollziehe keine Stellung-
nahme zum Erscheinenden, es sei denn die ästhetische Stellungnahme
des Gemüts. Es kann dabei sein, dass mir ein Bild dient. Es hat den
35 Charakter eines Fiktums, aber "darauf kommt es nicht an". Es
kann aber auch sein, dass ich die Natur selbst, "die Dinge, die ich
wirklich sehe", sinnlich-ästhetisch betrachte. "Die Wirk-
lichkeitssetzung fällt ausserhalb des ästhetischen
Rah m e n s: wo es auf die bloss sinnliche Schönheit, Schönheit der
40 Erscheinung ankommt."l Problem: Was liegt hier vor? Sagt man eine
In akt u al i t ä t s modifikation der Wahrnehmung, so ist das ein
Name. Was liegt hier vor? Und erfährt denn wirklich die Wahrneh-
mung selbst irgend so etwas wie eine Modifikation, etwa in ein "blosses
Vorstellen" ?
1 V gl. die gründlicheren Blätter über ästhetische :E:instellung in Ae 1-4 <d.i. Nr. 6h,
oben, S. 386ff.>
442 BEILAGE XL
Es ist auch zu beachten, dass die Sache hier doch so liegen kann und
wohl liegen wird, dass die Wirklichkeitsstellungnahme in gewisser
Weise da ist: Das Erscheinende ist immerfort als wir k li c h charak-
terisiert. Aber jetzt "erfasse" ich nicht die Wirklichkeit, ich "setze"
5 sie nicht. Ich "lebe nicht im Glauben" , ich vollziehe keine "Glaubens-
zuwendung". Das ästhetische Werten, das vollziehe ich, mit ihm
wende ich mich dem Erscheinenden zu, und dieses macht gewisser-
massen nur Gebrauch von dem Erscheinenden als solchen, aber nicht
von seiner Wirklichkeits-Charakteristik. Man wird auch sagen: Das
10 Erscheinende steht im Wertcharakter da, es kann das auch tun, ohne
dass ich im Werten lebe, "mich wertend zuwende". Ich lebe etwa im
Wirklichkeitsglauben, ich urteile theoretisch über das Dasein in der
Natur. Nun steht das Erscheinende "vermöge seiner Erscheinungs-
weise" als schön zwar da, aber ich vollziehe nicht die wertende
15 Stellungnahme. Also handelt es sich hier um "Urteilsenthaltung" im
gewöhnlichen Sinn? Es handelt sich um jene Zuwendung, die wir
"im Akte leben" oder vielmehr den Akt des Urteilens, den Akt
des Wertens "vollziehen" nennen, in welchem Fall wir dem
Geurteilten, dem Gewerteten zugewendet, als Urteilende, als Wertende
20 zugewendet sind, aber natürlich nicht Phänomenologen sind, die da
Korrelate entnehmen. Wir haben den Unterschied des Akte Voll-
ziehens, Urteil-Vollziehens, Werten-Vollziehens und Akte Nichtvoll-
ziehens ; nämlich so, dass immer noch etwas erscheint, etwas bewusst
ist und die betreffenden "Charaktere" hat, aber in "unlebendiger"
25 Weise.
Das Objekt steht als glaubhaft, als wirklich da, aber ich glaube
nicht, ein Glauben ist "leblos" im Bewusstsein, aber wenn wir nor-
malerweise von Glauben sprechen, meinen wir das "Vollziehen", wo-
bei auch der Glaubhaftigkeitscharakter des Objekts eine andere
30 "Lebendigkeit" hat.
Aber inwiefern ist demgegenüber Ur t eil sen t haI tun g etwas
eigenes? Sicherlich, ich vollziehe nicht das Urteil (das ist das Gemein-
same), während ich es soeben vollzogen hatte. Urteilsenthaltung unter-
liegt der Willkür: Willkürlich ziehe ich mich vom Urteilsvollzug zu-
35 rück. Dieses willkürliche Verhalten rechnet man normalerweise zum
Wesen der "Urteilsenthaltung", bei dem natürlichen Sinn des Wortes,
dazu. Aber das reicht noch nicht aus. Wir sehen natürlich davon ab,
<dass> ich mich des Ausspruchs, des Vollzugs der Rede, der Aussage
enthalte: Während ich das Urteil doch innerlich vollziehe. Es kann
40 dann noch gemeint sein, dass ich eine Frage vollziehe, ob das S p ~st,
dass <ich> überlege, welche Gründe dafür sprechen usw., kurz dass Ich
in Absicht auf Beg r ü n dun g oder Pr ü fun g neue Stellungnahmen
vollziehe und in diesem Zusammenhang es Willkür unterläge, das Ur-
teil selbst zu vollziehen. Ist dies geklärt, so können wir zu unserem
45 Ausgangspunkt zurückgehen.
überlegen wir noch einmal die ästhetische Betrach-
BEILAGE XL 443
1 Etwas nachträglich eingefügt: "Nun ganz offenbar. Nun fragt es sich, wie dann
die zu den Erscheinungen gehörigen oder evtl. gehörigen Stellungnahmen •ausge-
schaltet' sind. Wenn ich in einer puren Phantasie lebe und das Phantasierte durch-
laufe, so vollziehe ich die quasi-Stellungnahmen innerhalb der Reproduktion, und das
andere Vollziehen ist das Durchlaufen". - Anm. d. Hrsg.
2 Der Text dieses Absatzes wurde später kreuzweise durchgestrichen. - AIIro. d.
Hrsg.
BEILAGE XL 445
25 Wenn ich aufgrund solcher" Vorstellungen, die ich mir mache", also
repräsentierender Bilder, Urteile fälle über das alte Griechenland
u. dgl., so ist zunächst zu beachten, dass diese Bilder Bilder für ge-
wesene Wirklichkeiten sein sollen, also das Bildbewusstsein ein setzen-
des ist. Die Urteile nun, als angepasst an die repräsentierenden Phan-
30 tasieerscheinungen, haben, kann man sagen, einerseits den Charakter
von Urteilen, die ich, der in das "alte Griechenland" hineinphanta-
sierte, in diese Phantasiewelt hineinphantasierte, fälle: Ich bin gleich-
sam dort und fälle dort die Urteile. Und andererseits sind diese Urteile
wieder Repräsentanten für Urteile irgend jemandes überhaupt, der
35 all das wirklich hätte erleben und darüber so hätte urteilen können.
Aber urteile ich nicht jetzt, und gilt nicht das Urteil, die Aussage
für die bildlich vorgestellte griechische Vergangenheit?
Natürlich urteile ich jetzt. Aber was heisst das? Ich vollziehe e~en
eine Aussage, die sich anpasst diesen repräsentierenden PhantasIen
40 und Setzungen und sich so anpasst, dass sie für das bildlich so Geset~te
gemeint ist. Nun ist die Frage, ob hier anderes vorliegt als eine Urteils-
1 Sich eiue Vorstellung vom Altertum, von antiken Personen machen etc.
BEILAGE XLII 44~
1 Der letzte Satz wurde wohl etwas nachträglich wie folgt verändert und ergänzt:
"Jeder versteht Aussagen, wenn nicht selbstverständlich eine Beziehung auf Fiktion
vorllegt, in diesem Sinn. Z.B. wir unterhalten uns im Zaubertheater über die Geister.
Aber dIe Aussagen sind dann Enthymeme." - Anm. d. Hrsg.
452 BEILAGE XUII
Ich kann aber auch eine Vermutung haben, die zwar Anhalt am
Dargestellten besitzt, aber nicht durch dk Darstellung selbst und aus-
schliesslich begründet ist.
Nun kann ich aber auch den Fall haben, dass ich eine relativ klare
5 Erinnerung habe, und doch wird sie bestritten, sei es durch andere
Erfahrungszusammenhänge, sei es durch Berichte Anderer. Oder ich
habe ein Bild und sehe die Gegenständlichkeit in bestimmter Dar-
stellung. Aber ich habe anderweitige Anschauungen von dem Gegen-
ständlichen, aufgrund deren ich sage, das Bild ist schlecht. Die Hand
10 erscheint als klein, er hat aber grosse Hände. Der Maler gibt dem Ge-
sicht fast etwas Hinterhältiges, der Mann aber ist ein durchaus klarer
offener Charakter etc. Wir haben hier also 1) Aussagen, die das An-
geschaute auseinanderlegen nach dem, was in ihm dargestellt ist, was
darin <als> "zweifellos" gewiss-dargestellt ist, was darin als Möglich-
15 keit offen ist, was darin nicht ganz gewiss, aber als-wahrscheinlich-so-
seiend dargestellt ist. 2) Aussagen, welche sich nicht auf das Darge-
stellte als solches, sondern auf dasselbe, in Zusammenhang mit meiner
sonstigen Erfahrung gebracht, beziehen.
Aber auch I') Aussagen, die im Fall des Sich-durchsetzens und wi-
20 derstreitenden Durchsetzens von Anschauungen, sei es von Anschau-
ungen, die in sich doxisch charakterisiert sind, oder solchen, die es
nicht sind, der Einheit einer Anschauung folgen und die widerstreiten-
de ausser Betracht lassen. Endlich Aussagen, die einer Erscheinung
nachgehen, die gar keine Wirklichkeitscharaktere hat.
25 Wie immer ich nun Aussagen machen möge, es sind wirkliche Akte;
ob ich pure Phantasie irgendwelcher Art oder fingierende Phantasie in
Gemisch mit Erinnerung habe oder reine Erinnerung usw.: Im m e r
ist die Aussage bestimmt durch die Unterlage und die Zusammen-
hangscharaktere doxischer Art. Was wir Ur t eil sc h I e c h t hin
30 nennen, das ist hier ein ausgezeichneter Fall, nämlich der, wo die Ex-
plikation, Beziehung, Prädikation auf als "wirklich" Charakterisiertes
geht und diese Wirklichkeitscharakteristik mit in das Urteil eingeht.
Dabei kann das" wirklich" auch am "vermutlich", "gewiss", "zweifel-
haft" hängen u.dgl. D.h., ist die Erscheinung, die Anschauung selbst
35 eine im schlichten Glaubenscharakter vollzogene, steht also die er-
scheinende Gegenständlichkeit als seiend da, so ist die explizierende,
beschreibende Aussage ein Urteil schlechthin. Erscheint eine Gegen-
ständlichkeit, aber ist sie bestritten, steht sie als zweifelhaft seiend da,
so ist das sie beschreibende Urteil kein Urteil schlechthin; dafür aber
40 das Urteil, es ist zweifelhaft, ob hier das und das ist. Oder auch das
Urteil, diese Erscheinung ist Erscheinung von dem und dem usw. Aus-
gezeichnet ist immer nur der Fall der Gewissheit, und keines~egs
stehen die anderen doxischen Modifikationen mit diesem Fall gleich.
Das Ur t eil: Das ist der Titel für die Akt e im spezifischen Sinn,
45 für die Stellungnahmen als Spontaneitäten, und zwar eben fü.r Ur-
teilsspontaneitäten. Schon die schlichteste Erfassung gehört hierher
BEILAG~ XLIV
1 Aber wie: Jetzt stelle ich mir einen schauderhaften Teufel mit Hörnern vor,
riesengross, der dieses Haus auffrisst, und eine Riesenfaust, die dieses Haus wie eine
kleine Schachtel zusammenbricht. Oder ich phantasiere, wie mein Finger sich .auf
diese Fläche legt. Es sind ja freilich nur Schatten, aber es sind doch Phantasl~n,
und sie halten nicht stand, sie streiten mit der Wahrnehmung, aber sie verbinden SIch
doch und schaffen etwas, eine Phantasiemodifikation des Wahrgenommenen. Also
wohl falsch.
f "
455
Ein wichtiges Thema für meine Analysen ist der Fall der Mi-
schung von Phantasie und Erfahrungswirklichkeit, so-
wie der Unterschied zwischen rein immanen ter Phan tasie und
Phantasie von Naturvorgängen u. dgl. Ich stelle mir z.B.
10 vor, ein geworfener Stein zertrümmere ein Haus. Ein faustgrosser
Stein. Lassen wir alle Prädikation aus dem Spiel. Der Sachverhalt als
ein einheitlicher Vorgang wird anschaulich vorgestellt. Das Haus
kann dabei das Haus vis--a-vis sein, es kann aber auch ein beliebig fin-
giertes Haus sein. Und ebenso beim Stein, dieser' Stein hier etc. In
15 jedem Fall habe ich mehr als pure, d.i freie Phantasie. In dem
f i n g i er t e n S te i n steckt ein Moment von Erfahrungssetzung: Es
ist ein Stein, ein Ding der Gattung von Naturobjekten, die wir alle
kennen, natürlich, ohne dass an Gattung oder an uns alle irgendwie
gedacht wäre.
20 Man wird hier sagen können, indem ich den Stein vorstelle, stelle
ich ein Ding, und zwar ein Ding mit gewissen Bestimmtheiten vor,
inneren und äusseren, darunter auch gewissen Wirkungsbestimmt-
heiten, und zwar Fähigkei ten. Das gehört zur Dingapperzeption
und speziell zur Stein apperzeption. Dazu brauche ich keine empirische
25 Setzung zu vollziehen. Indessen, die Analyse muss weiter gehen. Die
Frage ist gerade,. wie stelle ich diese Fähigkeiten vor? Doch so, dass
dazu die zu der betreffenden Apperzeption gehörige Möglichkeit ge-
wisser entfaltender Vorstellungen gehört, und das sagt: Wenn dasselbe
unter solchen Umständen U gegeben wäre, würde es sich so, wenn es
30 unter den und den Umständen U ' <gegeben wäre>, würde es sich an-
ders, und jeweils in bestimmt zu beschreibender Art, verhalten.
Und das gehört zu jeder Dingvorstellung. Ding ist, was es ist, nur
in einer umfassenden Natur, und wir haben hier einen allgemeinen
Relativismus von realen Beziehungen, die der Natur des jeweiligen-
35 Dings, sofern es das in der und der Bestimmtheit aufgefasste sein soll,
Regeln vorschreiben. Wenn ich nun den immer nur in vager Weise
vorgestellten Stein (anschaulich vorgestellt etwa nur nach seiten der
und der Form und Farbenerfüllung u.dgl.) in Beziehung zum Haus
vorstelle, und zwar als es umwerfend, so habe ich einen Widerstreit.
40 Die Natur des Steins umspannt die Fähigkeit zu solchen und solchen
Leistungen und nicht die zum Umwerfen eines Hauses. Eine ,Ding-
phantasie, die Phantasie des Seins und Sich-verhaltens eines Dinges
zu anderen Dingen, ist also eine ganz andere und eigentümliche Sache
gegenüber der Phantasie eines biossen Tones, einer biossen Farbe,
456 BEILAGE XLVI
eines blossen Geruchs. Schon wenn ich ein geometrisches Gebilde, einen
"geometrischen Körper" nehme (sinnlich erfüllter Raum), habe ich
ein System von Möglichkeiten vorgezeichnet. Ich werde in ein System
von Motivationen hineingeführt, die zum Wesen eines solchen
5 "Transzendenten" gehören. Und erst recht bei einem Ding und ding-
lichen Vorgängen: Hier habe ich ein empirisches "Wesen", eine eigene
bestimmte Natur.
Sobald ich eine Farbe oder einen puren Ton vorstelle, habe ich zwar
auch ein System von Möglichkeiten vorgezeichnet für die Vorgänge,
10 an denen dergleichen soll teilhaben können. Aber da handelt es sich um
blosse Zeitdauer und andererseits um immanente apriorische Ver-
änderungen, die im Wesen der Gattung vorgezeichnet sind.
Wenn ich aber ein Ding sich verändern und im Zusammenhang eines
Vorganges auftreten lasse, habe ich etwas ganz anderes. Das Ding ist
15 Raumding, das gehört zu seinem apriorischen Wesen, es unterliegt
überhaupt den ontologischen Bestimmungen und Gesetzen. Aber als
bestimmtes Ding hat es seine "empirische Natur", die an empirische
Gesetze gebunden ist, empirische Gesetze, die seine Individualität
mitbestimmen als die, die ich da meine.
Das alles ist richtig, aber es bedarf einer klareren Unterscheidung zwi-
25 sehen dem, was Sache der Auffassung ist ,der ungehemmten undgehemm-
ten, und was Sache der spon tanenErfassungen und Erfassungs-
synthesen ist. Die Sachen sind so kompliziert, weil jeder Schritt der
Spontaneität eben selbst wieder neue "Auffassung" erzeugt, und das
sagt: neue Gegenständlichkeit konstituiert. Ursprünglich hatten wir
30 sinnliche Anschauungen, und zwar nahmen wir an positionale. Sie wer-
den zu s p 0 n t an e n Anschauungen durch die Spontaneität der E r fa s-
s u n g und dann weiter fortschreitender Explikation, Beziehung, Ver-
knüpfung: Das sind lauter Akte von gleicher gattungsmässiger Art
wie die Erfassung. Die Anschauungen waren sinnliche Auffassungen,
35 und zwar konnten es sein ungehemmte Auffassungen, in sich und in
der Auffassungsumgebung einstimmig. Das ist zuständlicher Glaube
des Aufgefassten: durch Zuwendung, die hier Erfassung ist, sich w~n
delnd in schlichte Wirklichkeitssetzung, Wirklichkeitserfassung. Smd
es aber gehemmte Auffassungen, Auffassungen durch andere Auf-
40 fassungen gehemmt, so haben wir komplizierte und geänderte Phäno-
mene. Das Gesamtphänomen wie der Teil sind selbst wieder positional,
und es bieten sich verschiedenelMöglichkeiten der spontanen Zuwen-
dung, spontan sich zuwendender Akte, schlichter und vermöge der
BEILAGE XLVI 457
1 Vgl. dafür und für alles weitere die ganz vorne liegenden drei Blätter MA <vgl.
Beilage XLVIII, S.459ff.>
459
BEILAGE XLVIII
STELLUNGNAHMEN ALS SPONTANEITÄTEN
(Osterferien 1912)1
Also besteht dann die Analogie wirklich? Das Gefühl als Gefallen
und Missfallen ist von vornherein Positivität und Negativität.
Oder sollen wir sagen, jede Erfassung und jede einstimmige Synthesis
ist von vornherein spontane Urteilspositivität, die ihr Gegenstück hat
5 in der Ablehnung, die freilich im Bau der unterliegenden Phänomene
ihre Voraussetzllngen hat. Urteilsnegation ist ja auch nicht Entschei-
dung gegen bei einer Wahl. Ich brauche nicht immer zu wählen. Und
so ist dann auch positives Urteilen nicht Entscheidung für. Das ge-
hört vielmehr in die besonderen Phänomene der Urteilswahl. Wir
10 durfen daher nicht sprechen von bejahendem und verneinendem,
sondern von positivem und ablehnendem Urteilen, von Erfassen und
Abweisen, Abtun. Und das Erfassen ist entweder schlichtes Erfassen
oder synthetisches Erfassen (positives Urteilen in verschiedener syn-
thetischer Stufe).
15 Das Analoge gilt aber auch für das Fühlen.!
Nun sagten wir, jedes Urteil in irgendeiner dieser synthetischen
Bildungen ist immer wieder ein "intentionales" Erlebnis. Es konsti-
tuiert eine Gegenständlichkeit. Was sagt das? Das schlichteste Urteil
ist schlichte Erfassung: schlichteste Spontaneität aus der Quelle einer
20 Re Ze p t i vi t ä t (Vorstellung vor der Zuwendung). Jede neue Stufe
ist spontan Setzung auf Setzung, synthetisch gegründet oder ver-
knüpft, und jedes synthetische Setzungs-Ganze ist wieder Ein h e i t
ein e s "belief", das ich öfters schlecht als setzendes Phänomen be-
zeichnete: Aktualität. Und darin liegt, es ist eine Einheit, die wieder
25 zum Substrat einer direkten Erfassung werden und damit zum Aus-
gangspunkt neuer Urteilssynthesen werden kann. Und darunter wie-
der Explikationen und Prädikationen, die den synthetischen Gegen-
stand betreffen, wie bei irgendeiner einfachen Setzung. Und dazu ist
jedes Urteil zu verwandeln in die Aussage über "Sein" des Sach-
30 verhalts, in die über, Wahrheit des Geurteilten als solchen (Urteil im
logischen Sinn).
Wie beim Gefühl und den -Gefühlssynthesen? Auch sie sind "in-
tentionale Erlebnisse"" auch sie konstituieren mit ihren Gefühlsspon-
taneltäten Gegenständlichkeiten, und das sagt auch, aus ihnen sind
35 Gegenständlichkeiten zu entnehmen, d.h. aus der Einstellung der Ge- -
fuhlszuwendung und -abwendung2 und der Gefühlssynthesis, die ich
vollZIehe, wie immer sie aussehen mag, kann ich übergehen in eine er-
fa:,sende und synthetisch urteilende Einstellung': Ich erfasse Ge-
falllgkeit und Missfälligkeit, Gefälligkeit um des oder jenes willen usw.
40 I eh lenke meine Aufmerksamkeit auf den "Inhalt" des Gefühlsaktes,
auf den Gegenstand, den er als Wertsache bewertet, und auf die Art
seines Wertes, der da im Akte" vermeint" ist. Auf m e r k e n ist hier
1 Spater eingefugt: "Aber das hat ausserdem in sich Unterschiede einer Positivität
und Negattvltat!" - Anm. d. Hrsg.
2 Spater eingefügt: ,,(der positiven. und negativen Gefühlsthesis)". - Anm. d.
Ihs~ j
462 BEILAGE XLVIII
kann man nichts anderes sagen als folgendes: So wie die Erschei-
nungen der Phantasiedinge reproduktiv modifizierte Erschei-
nungen sind und im Fall der setzungslosen Phantasie setzungs-
lose, so sind auch die Icherlebnisse und alles, was zum Ich als
5 Phantasie-Ich gehört, reproduktive Erlebnisse und setzungslose.
In der Erinnerung ist nur der Unterschied der Setzung. Im
Fall der Wahrnehmung, des "ich nehme wahr und lebe in der
Wahrnehmungswelt, verhalte mich zu ihr aktuell so und so", ist
die Wahrnehmung eben wirkliche Perzeption und im inneren Be-
10 wusstsein in Setzung bewusst, ebenso wie sie selbst das Wahr-
genommene setzt. Also wir haben die Setzung des inneren Be-
wusstseins und die zur Wahrnehmung als Erlebnis, das etwas
wahrnimmt, gehörige Setzung. Und ebenso sind alle Erlebnisse
des Ich im inneren Bewusstsein aktuelle Gesetztheiten. Nur dass
15 wir nicht Reflexion üben und die Setzung "vollziehen müssen".
Im Fall des, aktuellen Verhaltens zum Bilderscheinenden ist das
Verhalten eben zum aktuellen (sich selbst setzenden) Ich gehörig,
im Fall des aktuellen Verhaltens zur Phantasiewelt gehört wieder
das aktuelle Mitleid etc. zum aktuellen Ich, es hat innere Setzung,
20 so wie das Phantasieren als Erlebnis. Die Phantasie als Phantasie
ist Gesetztes, aber sie ist nicht Setzendes. Das Setzen der Phan-
tasie gehört zum inneren Bewusstsein: das innere Perzeption,
innere Wahrnehmung vielmehr ist.
Schwieriger ist die Sache beim Hineinbilden des Ich in das
25 Bild, da hier das Ich perzipiertes Ich ist. Aber da wird man sofort
sagen: Das perzipierende nichtsetzende Erlebnis, das wir Bild-
bewusstsein nennen, ist natürlich im inneren Bewusstsein selbst
Gesetztes, also ist auch das Erlebnis, in dem das Ich als Glied der
Bildwelt in nichtsetzender Weise perzeptiv bewusst ist, seiner-
30 seits gesetztes Erlebnis.
Das modifizierte Perzipieren, das da setzungslos heisst (quasi
Perzipieren) ist das Gegenstück des unmodifizierten Perzipierens,
des setzenden, des Wahrnehmens, das da setzend ist hinsichtlich
seines, des äusseren Gegenstandes. Es ist andererseits gesetztes
35 im inneren Bewusstsein. Das modifizierte quasi-Setzen bezüglich
eines äusseren Gegenstandes ist seinerseits wiederum gesetztes
im inneren Bewusstsein.
Das gilt aber auch vom Bewusstsein vom Ich. Finde ich mich
selbst als Wirkliches in der Welt, die ich wahrnehme, so habe ich
470 TEXT NR. 16 (1912)
von mir eine Perzeption, und zwar eine setzende, eine Wahr-
nehmung, und dieses Wahrnehmen des Ich (des Gliedes der
Wirklichkeit) ist nicht ein inneres Bewusstsein, vielmehr ein in-
nerlich Bewusstes: Dieses Wahrnehmen, dieses sich selbst Wahr-
5 nehmen ist Erlebnis und als solches Gesetztes des inneren Be-
wusstseins. Ebenso ist das Sich-einbilden, sich in die Bildwelt
Hineinbilden ein Erlebnis und Gesetztes des inneren Bewusst-
seins.
Also ist nicht etwa, wie man denken könnte, durch die Setzung
10 des inneren Bewusstseins das Selbst-perzipieren eo ipso ein sich
selbst als Wirklichkeit Setzen.
Wie steht es nun mit dem "ich freue mich", "ich bin betrübt"
etc? Ich, das selbstwahrgenommene Ich, habe alle Erlebnisse, die
durch das innere Bewusstsein ihre Setzung erfahren haben. Ich
15 erfahre, ich nehme wahr (ich habe das Wahrnehmungserlebnis),
ich phantasiere (ich habe das Phantasieerlebnis), ich freue mich
über das Wahrgenommene; ich freue mich (ich als das wirkliche
Ich) endlich am Phantasierten: Das letztere sagt, ich .habe die
modifizierte Freude, diese Freudenmodifikation gehört zu mei-
20 nem aktuellen Ich. Ebenso ich als Betrachter des Gemäldes fühle
Mitgefühl mit dem bildlich dargestellten Elend: Ich habe das
modifizierte ("setzungslose") Mitgefühl. Das modifizierte Ge-
fühl ist Gesetztes des inneren Bewusstseins und ist als solches Er-
lebnis des aktuell gesetzten Ich. Auch das Erlebnis der Selbst-
25 wahrnehmung wird (sonderbarerweise) auf das Ich, das selbst-
wahrgenommene, bezogen: Ich vollziehe Selbstwahrnehmung.
Die Beziehung des Ich durch ein intentionales Erlebnis auf ein
Gegenständliches ist nicht zu verwechseln mit der Beziehung des
intentionalen Erlebnisses selbst auf sein Gegenständliches.
*
30 Das Erlebnis des Sich-freuens, des Wahrnehmens etc. ist Ge-
setztes des inneren Bewusstseins. Ist es Freude an einem bloss
Phantasierten, so ist es setzungslose (besser: nichtsetzende)
Freude: Die Setzung, die dieser setzungslosen (nichtsetzenden)
Freude zukommt als innerem Erlebnis, macht die Freude nicht
35 zu setzender Freude. Man darf nicht verwechseln die Setzung, die
die Freude selbst übt, und ebenso die quasi-Setzung, die sie eben
TEXT NR 16 (1912) 471
quasi übt, und die Setzung, die die Freude erfährt und die das
innere ,Bewusstsein übt. Also werden wir deutlicher sagen müssen
nichtsetze n d e Freude, aber gesetz t e.
*
Wenn eine Freude (oder Trauer) sich auf ein biosses Bildobjekt
5 richtet, so ist sie nichtsetzende Freude. Wie aber, wenn ich mich
dabeh;elbst sozusagen ins Bild hineinstelle, mich hinein einbilde?
Was unterscheidet die nichtsetzende Freude (oder Trauer) im
einen und anderen Fall (angesichts des Bildes - im Bild)? Bei-
derseits ist die nichtsetzende Freude innerlich perzipiert, so wie
10 die Bildperzeptionen innerlich perzipiert sind (impressiv). Zum
wirklichen Ich gehört also die nichtsetzende Freude und ebenso
der Gehalt des nichtsetzenden Bild-Erlebnisses immerfort. Aber
einmal baut die nichtsetzende Freude selbst mit das Bildbewusst-
sein auf und gehört zu seinem Bestande, im anderen Fall nicht.
15 Im ersteren Fall stellt sich in der nichtsetzenden Freude ebenso
eine Freude dar, wie sich in der nichtsetzenden Erscheinung der
Kranken eine Kranke darstellt. Im anderen Fall habe ich eine
modifizierte Freude, aber in ihr stellt sich nichts dar.
1 Der letzte Satz wurde etwas nachträglich wie folgt verändert: "Andererseits ist
es zu fragen, <ob> wir hier wirklich Doppeltes finden, eine darstellende Auffassung
und eine dargestellte; oder haben wir nur eine, nur modifizierte Auffassung, eine
Erscheinungs-Modifikation, deren Wesen es ist, Erscheinung darzustellen ('vorzu-
steIlen')?" - Anm. d. Hrsg.
2 Der letzte Satz nach dem Doppelpunkt etwas nachträglich wie folgt verändert
und ergänzt: "Die perzeptive Auffassung hat den Charakter einer fingierenden, w~nn
wir sie ansetzend in den Zusammenhang der aktueIlen, unmodifizierten PerzeptIon
bringen. Es erscheint in ihr perzeptiv ein "Bildobjekt" , das im Falle des Ansatz~~
als nichtig charakterisiert erscheint durch ~en perzeptiven Glaubenszusammenhang.
- Anm. d. Hrsg.
3 Etwas nachträglich eingefügt: "Offenbar das letztere." - Anm. d. Hrsg.
4 "Scheinobjekt" etwas nachträglich verändert in "Bildobjekt" . - Anm. d. Hrsg.
6 "ist" etwas nachträglich verändert in "wäre". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 16 (1912) 473
1 Der letzte Satz wurde etwas nachträglich wie folgt verändert: "Ich kann nun
nicht sagen, das Grau stellt ein G rau dar, das Erscheinende ist Dargestelltes, es ist
35 nicht eine Darstellung da, die das graue Figtirchen 'darstellt'." - Anm. d. Hrsg.
2 "nichtsetzende, sondern" (Zeile 11) bis "ist" etwas nachträglich verändert in
"nichtsetzende ist". - Anm. d. Hrsg.
3 Etwas nachträglich eingefügt: "Also im Wege eines Ansatzes erhält sie den
Nichtigkeitscharakter." - Anm. d. Hrsg.
4 Später eingefügt: ,,(Nichtiges)". - Anm. d. Hrsg.
5 "dann" etwas nachträglich verändert in "in dieser Hinsicht". - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 16 (1912) 475
*
5 Die Dar s tell u n g, die da gebunden ist an eine nichtsetzende
perzeptive Erscheinung, und das symbolische und speziell signi-
tive Bewnsstsein, das entweder mit Darstellung verflochten oder
auch ohne Darstellung an eine (setzende oder nichtsetzende)
perzeptive Erscheinung gebunden ist, überträgt sich in das repro-
10 duktive Gebiet: Wir haben dann Abbildung und Symbolisierung
in der Phantasie.
Nun hat aber die Darstellung als solche Gemein-
samkeiten mit der Reproduktion.
4) Zu bemerken ist, das Bildbewusstsein kann auch setzend
15 oder nichtsetzend sein. Das Sujet ist gesetzt. Aber gegeben als
seiend ist es nur durch Übergang in einen Erfahrungszusammen-
hang. Das weist doch darauf hin, dass wesentlich zu jeder Dar-
stellung die Möglichkeit eines Überganges in gebende Anschau-
ung gehört. Wir werden wohl sagen müssen, Intentionen darauf
20 stecken in der Darstellung, ähnlich wie in jeder Wahrnehmung
die möglichen Übergänge in Wahrnehmungszusammenhänge
stecken und wir der Wahrnehmung entsprechende "Intentionen"
auf mögliche Erfüllung zuschreiben müssen. Also das ist ein
Hauptpunkt, die Frage, was im Bildbewusstsein wesentlich steckt
25 als "Intention" in Relation zu möglicher Erfüllung.
5) Ich sagte, Darstellung hat Wesensgemeinschaft mitRepro-
duktion : nämlich eben dies, dass wir in jeder Komponente der
Darstellung (der eigentlichen Darstellung) eine Beziehung auf
"Entsprechendes" haben.
30 Es fällt uns auch auf, dass wir auch genau die Unterschiede
eigentlicher und uneigentlicher Darstellung wiederfinden in der
Phantasie als eigentliche und uneigentliche Reproduktion (z.B.
Erinnerung: Wir unterscheiden, was im "Erinnerungsbild"
eigentliche Erinnerung ist und was nur Lückenbüsser).
35 Wir müssen also den Begriff der Phantasie (sagen
wir V~rgegenwärtigung) verallgemeinern. Es gibt
476 TEXT NR. 16 (1912)
*
Darstellung von Gefühlen als Stimmungen im Bild (nicht als Personengefühle)
BEILAGE XLIX
<SCHWIERIGKEITEN BEZÜGLICH REPRODUKTIV
15 MODIFIZIERTER UND AUFGEHOBEN.ER QUALITÄTEN
SINNLICHER ERSCHEINUNGEN>
<wohl Frühjahr 1912>
BEILAGE L
ZU IMAGINATION <DIE PHÄNOMENE DER DECKUNG UND
DURCHSETZUNG VON ANSCHAUUNGEN IN BEZIEHUNG AUF
DE)[ BODEN DER ERFAHRUNG ODER IMAGINATION, AUF
DEM DAS SPIEL DER ANSCHAUUNGEN ERFOLGT -
5
BILDAUFFASSUNG ALS IMAGINATION; ZUM UNTERSCHIED
ZWISCHEN FIKTUM UND BILD>
<wohl Frühjahr 1912 oder etwas später>
solchem, was nicht eigentlich abbildet. Sehe ich die Photographie an,
so kann ich sagen: Da, dreissig Zentimeter von mir, an dieser be-
stimmten Raumstelle "erscheint das Bild". Aber sehe ich eigentlich
dort das Bildobjekt selbst? Und nicht vielmehr das Bildding, das Er-
5 scheinen macht? WeIcher Art ist dieses Sehen?
Und vor allem der entscheidende Beweis muss geführt werden, dass
das Sujet nicht bloss reproduktiv bewusst ist, sondern indem es im
Bildobjekt sich-darstellend, also imaginativ, erfasst ist, aber perzep-
tiv. Es wird die Frage sein, ob und in welchen Fällen Reproduktion
10 mit Perzeption sich verbindet. So z.B. wenn ich diese farbig dargestell-
te Landschaft sehe, ob da auch ein reproduktives Bewusstsein mit-
spielt, wie es im Porträt einer bekannten Person andererseits doch
der Fall ist.
BEILAGE LI
15 MEDITATION: ÜBER DIE EVENTUELLE MÖGLICHKEIT,
BLOSSE IMAGINATION ANZUSEHEN ALS "GLATT
AUFGEHOBENE" PERZEPTIVE SETZUNG
<wohl Frühjahr 1912 oder etwas später>
1 Später eingefügt: "so, dass ein Teil des Raumes doppelt belegt sein müsste". -
Anm. d. Hrsg.
BEILAGE LI 485
Das Bild.
Bei der Photographie : Die Räumlichkeit (Relief) ist nur eine
angenäherte, unvollkommene, analogische. Das weist darauf hin,
10 dass die zur Konstitution der Räumlichkeit gehörigen Motiva-
tionen an 0 mal sind. Schon für die okulomotorische Einheit
und erst recht für die Doppelbilder ete. und gar für die Drehung
und Wendung, kurz für die Orientierungsveränderungen. 2
Das "Bild" wird räumlich aufgefasst, ich habe eine räumliche
15 Darstellung, aber ein Widerstreit liegt vor zwischen den gefor-
derten und den wirklichen Orientierungsempfindungen. Ausser-
dem aber auch ein Widerstreit des Bildraumes mit dem wirk-
lichen Raum, nämlich der eine verdrängt den anderen aus der
Anschauung. Andererseits aber, der Bildraum wird nicht eigent-
20 lieh gesetzt in den wirklichen Raum, bzw. nicht die wirkliche
Gegenwartssetzung des einen durch die des anderen herab-
gedrückt zur Nichtigkeit.
Das Bild ist keine Illusion. Das illusionäre Objekt mit
1 Nota. Wichtig zu besprechen ist noch folgendes: Im Bild erscheint Ruhe oder
Veränd€'rung. Im gewöhnlichen ruhenden Bild, das durch ein unveränderliches Bild-
objekt abbildet, erscheint evtl. eine Bewegung, etwa im Gemälde ein dahinsprengen-
der Reiter. Im Mutoskop erscheint aber ein sich bewegendes Bildobjekt, und es wird
Bewegung durch Bewegung dargestellt usw.
490 TEXT NR 17 (1912)
BEILAGE LII
<UNMÖGLICHKEIT, EINEN EMPFINDUNGSINHALT (FARBE,
TON ETC.) ZU MALEN (ZU EINER BEMERKUNG W. SCHAPPS):
15 BEWUSSTSEIN ADÄQUATER GEGEBENHEIT LÄSST KEINEN
RAUM FÜR WIDERSTREIT OFFEN>
<wohl 1910>
1 Der letzte Satz bezieht sich evtl. auf den in Nr. 17a wiedergegebenen Text. -
Anm. d. Hrsg.
2) Vgl. W. Schapp, Beiträge lIur Phänomenologie der Wahrnehmung, 1910, b~s.
S. 41f. Ein Exemplar dieser Arbeit befindet sich in Husserls Privatbibliothek 1m
Husserl·Archiv zu Leuven unter der Signatur BP 218 und weist Lesespuren Husserls
auf. - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE LIII 495
malen", von einem "Fingieren". Dem steht nicht entgegen, dass eine
Farbe, die ich jet z t empfinde (oder eine Gegenstandsfarbe, die ich
jetzt sehe), Bild sein kann für eine Farbe, die ich gestern empfunden
habe, dass ich mir durch ein jetziges Gefühl, Wollen etc. ein anderes,
5 früher gewesenes oder das eines anderen Menschen analogisieren kann.
Freilich ein Bildbewusstsein wie das der "Fiktion" (der eigentlichen
Abbildung, Konterfei) ist das nicht: Und davon war ,oben die Rede.
Das ist noch zu analysieren. Ein (x, das gegeben ist hier und jetzt in
dem gegebenen Zusammenhang, dient als Analogon für ein anderes,
10 (x' = (x, (X' " " (x, in einem anderen, gleichen oder neuen Zusammen-
hang.
Natürlich von Dingfarben, von sinnlichen Dingbestimmtheiten
gibt es darstellende Bilder. Das findet ja im Abmalen beständig,
statt. Und auch Tastbilder (nicht die Statue oder die Wachsfigur, aber
15 der Schauspieler bildet für den Blindgeborenen, der ihn tastet, tast-
mässig ab) etc., Ebenso die gesprochenen Wo~e sind Bilder im Schau-
spieL Also Töne für Töne, wie gedankliche Ausserungen für gedank-
liche Äusserungen.
BEILAGE LUI
20 <WAHRNEHMEN IM BEWUSSTSEIN DER BILDLICHKEIT,
DAS WAHRNEHMEN IM SPIEGELBILDE>
<wohl19l2 oder etwas später)
BEILAGE LlV
<ANSCHAULICHE VORSTELLUNG ALS "BILD" DES
GEGENSTANDES NACH EINER BESCHREIBUNG>
<1917 oder 1918>1
BEILAGE LV
DAS DESKRIPTIVE "BILD" DES DESKRIBIERTEN
20 GEGENSTANDES UND DAS BILD IM GEWÖHNLICHEN SINN
<1917 oder 1918>
<Inhalt:>
~ ehmen wir die neuen Modi hinzu, so erwächst uns der weitere
Begriff der Erfahrung, der perzeptiven oder reproduktiven. Neu
5 tritt also hinzu das reproduktiv gebende Bewusstsein der Wieder-
erinnerung, deren Korrelat das wiedererinnerte Gegenwärtig, mit
seinem Wieder-soeben, das Individuelle als Vergangenheit im
prägnanten Sinn charakterisiert als nicht mehr Gegenwart,
nicht mehr lebendiges Jetzt oder Soeben (also Gegenwart im er-
10 weiterten Sinn verstanden), sondern ganz und gar Vorüber-
gegangenheit, erledigt und nur "wieder" betrachtet. Auf der
anderen Seite haben wir dann die Vorerinnerung (gewöhnlich
auch Erwartung genannt, obschon der Ausdruck zu weit ist und
nicht bloss anschauliche Akte befasst - wie das aber auch für
15 die Worte Wiedererinnerung und Vorerinnerung gilt), bezogen
auf das Zukünftige im prägnanten Sinn, nämlich das im Sinn des
Vorerinnerungsbewusstseins nicht charakterisiert ist im lebendi-
gen Status des soeben Kommens, als im Eintreten begriffenes
Werden, aber doch als künftig werdend. Alle diese Akte ver-
20 stehen wir als anschauende Akte, das Anschauen gehört zum
Geben in unserem bestimmten Sinn, das Individuelle ist nicht
nur überhaupt bewusst, sondern es steht gleichsam vor dem
"Auge", es bietet sich mit einer anschaulichen Fülle. Das aber
sagt nichts anderes, als dass der "Inhalt" des Gegenstandes nicht
25 nur wie bei einem sonstigen Bewusstsein von dem Individuellen
irgend bewusst ist, sondern in besonderem Sinn vor uns "selbst"
dasteht, vor uns hingestellt ist, vorgestellt!. Und dieses Selbst
besagt nicht gerade das Selbst der Leibhaftigkeit. In der Wahr-
nehmung ist das wahrgenommene Objek~bewusst im Charakter
30 "wirklich". Das Wahrgenommene als solches, der "Wahrneh-
mungsinhalt" ist aber nichts für sich, als ob diesem das "wirk-
lich" angeklebt und davon abgelÖst werden könnte. 2 Das wahr-
nehmungsmässig Gegebene ist Korrelat der Wahrnehmung, und
ein solches Korrelat ist eben gegebene Wirklichkeit. Wirklichkeit
35 also das Allgemeine für Wahrnehmungskorrelat 3 . Nun kann aber,
1 "wirklich" ist über der Zeile, aber wohl schon zur Zeit der Niederschrift des
Textes, eingefügt und am Rande vermerkt: "wirklich gebend sind nur die er-
fahrenden Akte". - Anm. d. Hrsg.
504 TEXT NR. 18 (1918)
1 Das alle s ist sc h i e f. Das "Anschauen" ist ein allgemeiner Titel für positio-
nale und neutrale Akte, die Individuelles in erfüllter Weise bewusst machen. Sie sind
entweder "wirklich" anschauende oder "quasi" anschauende, und beiderseits ist In-
halt geformt. Aber einmal ist das Individuelle bewusst als Wirklichkeit, das andere
Mal als Fiktum. Beidem ist aber durch "Ideation" dasselbe konkrete Wesen ZU ent-
nehmen.
a Vgl. sieben Blätter über perzeptive Phantasie und künstlerisches "Bild"bewuss t -
sein <d.i. hier Nr. l8b>.
TEXT NR. 18 (1918) 505
1 Das ist Vorgegebenheit, die aber doch auf Fortgeltung früherer Setzung beruht.
506 TEXT NR. 18 (l918)
1 Das ist schief. Es wäre das Individuum (mit der Zeitlage), wenn wirklich Phanta-
sie und Erfahrung sich deckten. Aber das ist für transzendente Gegenstände nur eine
Idee!
2 Das ist wieder schief. Ich verwechsle da die Zeitform und die Form der Fiktion,
und das kommt daher, dass in der transzendenten Sphäre keine Phantasie möglich ist,
die dieselbe absolute Zeit lage gibt wie eine entsprechende Wahrnehmung. Aber das
Entsprechen kann auch kein vollkommenes sein, und hier liegt ein grosses Problem.
TEXT NR. 18 (1918) 507
1 Das Fiktum als Gegenstand (doch, ist es richtig, Fiktum und Möglichkeit zu
identifizieren ?).
8 Davon ist also auszugehen und der realisierbare Sinn dieser Idee vollkommenen
Entsprechens klarzulegen.
508 TEXT NR. 18 (1918)
1 Dies zugleich das Thema fur die weitere Untersuchung der nächsten Blätter.
Bis 19 <d.i. bis ans Ende von Nr. 18a>.
2 "ernsten" später gestrichen. - Anm. d. Hrsg.
TEXT NR. 18 (1918) 509
Gegenargumentationen
Kehren wir wieder zurück zu dem Vollzug der einen, und gera-
de der gehemmten Apperzeption, so kämen wir also nicht über
15 ein, wenn auch nicht vollkommen entfaltet vollzogenes Nichtig-
keitsbewusstsein, nicht über die Stufe der gehemmten oder be-
troffenen Wirklichkeit hinaus, wenn nicht eine neue Einstellung
möglich wäre, die die bestreitende Erfahrung nicht zur Geltung,
gewissermassen nicht zu Worte kommen lässt, und damit auch
20 nicht das, was der Charakter der Hemmung anzeigt. Die Ände-
rung der Einstellung ist nun gerade der Übergang von der Er-
fahrung bzw. der Negation der Erfahrung in die P h an t a sie,
in das eigentümliche Bewusstsein des Als-ob, das, wie man wohl
sagen kann, durch die Hemmung, die hier vorliegt, nur erleichtert
25 wird. Wir lassen uns das Erscheinende gefallen, als ob es Wirk-
lichkeit wäre. Vielleicht kann man sagen, dass eben dasselbe
nicht geradezu unmöglich ist selbst im Fall ungestörter und un-
gehemmter Erfahrung. So, wenn wir eine schöne Landschaft äs-
thetisch betrachten, und wenn uns sie und selbst alle Menschen,
30 Häuser, Dörfer, die wir in ihr erfahrend sehen, als blosse S t a f-
fa g e "gelten".! Wir erfahren zwar, aber wir sind nicht in der
Einstellung der Erfahrung, wir machen die Erfahrungssetzung
nicht wirklich mit, die Wirklichkeit wird uns zur Wirklichkeit als
ob, wird uns zum "Spiel", die Objekte zum ästhetischen Schein:
35 zu biossen, obschon perzeptiven Phantasieobjekten. Hier scheint
wir uns auf den Boden der Erfahrung stellen, für das Erfahrene
Partei nehmen gegen das Illusionäre, das wir aktiv negieren,
durchstreichen. Und es ist auch zu beachten, dass wir nicht
zwischen Wirklichkeit und Schein anschauend abwechseln, so
5 dass auch abwechselnd wie bei jedem Widerstreit im Rahmen der
Anschauung das eine Angeschaute gewissermassen verdeckt ist,
solange eben das andere wirklich angeschaut ist. Vielmehr ohne
Abwechslung haben wir von vornherein nur das künstlerische
"Bild", und das als Darstellung fungierende Wirkliche, das un-
10 modifiziert Erfahrene ist beständig verdeckt. Verdeckt, ist aber
bewusst, nur unanschaulich und in der eigentümlichen Weise, die
hier das Wort Verdeckung andeutet.
Wir stellen uns von Anfang an in dieser Art auf den Boden der
"Illusion", des "Scheins", der für uns anderwärts her, aus ande-
15 ren, uns hier nicht interessierenden Quellen als "ästhetischer"
Schein charakterisiert ist. Mit anderen Worten, wir stellen uns
auf den Boden der Phantasieanschauung. Aber nicht nur über-
haupt so, dass wir anschauend nur das eine Glied des Wider-
streits, und zwar das durchstrichene, bevorzugen und dass wir
20 die aktive Durchstreichung unterlassen, wie andererseits die ak-
tive Position der'verdeckten Erfahrungswirklichkeiten und des
ganzen Zusammenhangs von weiteren Erfahrungswirklichkeiten,
die sich über das Podium durch das Orchester in das Publikum
usw. erstrecken und für uns beständig und nach dem unverdeck-
25 ten Teil auch wahrnehmungsmässig da sind. Wir vollziehen keine
dieser ,positiven und negativen Wirklichkeitssetzungen, besagt
nicht, dass wir keine Setzungen überhaupt vollziehen. Im Gegen-
teil, wir nehmen wahr in aktiver Weise, wir urteilen in aktiver
Weise, wir vollziehen Erwartungen, wir hoffen und fürchten, wir
30 trauern und sind freudig bewegt, wir lieben und hassen usw.
Aber all das "in" der Phantasie, im Modus des Als-ob. In welcher
Weise stellen also die schauspielernden Menschen, und wir könn-
ten ganz gut auch sagen, die schauspielernden Dinge die künst-
lerischen quasi-Wirklichkeiten dar? Vom Gesichtspunkt der
35 Mache, der schauspielerischen Zielgebung und Ins-Werk-Setzung
können wir sagen: Gewisse Dinge erweisen sich, wie die "Er-
fahrung" lehrt (es ist freilich keine blass schlichte Erfahrung),
geeignet, eine doppelte Apperzeption, und zwar eine doppelte
perzeptive Auffassung zu erregen, ihre wahrnehmungsmässigen
518 TEXT NR. 18 (1918)
wäre, für den hier nur Fiktion, etwas frei Variables innerhalb ge-
setzmässiger Wesensformen einzutreten hätte.
Demnach ist das Reich der aktuellen Erfahrung, die an die Ak-
tualität des Erkennenden und seiner Erfahrungen gebunden ist,
5 ein einziges und festes; andererseits sind der Phantasiewelten un-
endlich viele, sie sind eine nicht ganz ungeordnete und nicht ganz
geordnete, also alles in allem ungeordnete Mannigfaltigkeit von
unendlich vielen möglichen Welten, deren jede die Idee des Kor-
relats einer einstimmigen und bestimmten Ordnung von Fikti-
100nen darstellt, die sich einheitlich verbinden, analog wie wirk-
Hche Dinge in der wirklichen Welt sich verbinden. Aber diese
Idee hat zwar ihren formalen Rahmen, aber es fehlt ihr die Be-
stimmtheit der Vorzeichnung in der Anfügung von Fiktionen an
Fiktionen innerhalb dieses Rahmens (der Idee einer Natur über-
15 haupt). Jede Tatsachenwahrheit im schlichten, unmodifizierten
Sinn, also jede Erfahrungswahrheit, die in wirklicher Erfahrung
ihren Grund hat, ist apriori, d.i. vor wirklicher Erfahrung ent-
schieden. Jede Unbestimmtheit im Tatsachengebiet ist vor aller
bestimmenden Erfahrung, also apriori bestimmbar. Das
20 sagt, der Erkennende kann sie nur aposteriori entscheiden, auf
Grund wirklicher Erfahrungen. Aber er weiss, dass in der Welt,
der wirklichen Welt, nichts an sich offen bleibt, sondern an sich
alles individuell voll bestimmt ist. Die Welt hinter den fernsten
Gestirnen, in die unsere Erfahrung bisher reichte, ist unbekannt,
25 aber sie ist empirisch erkennbar, sie ist an sich bestimmt, und Er-
fahrungen sind möglich, und nicht im Sinn von biossen Fiktionen
möglich, die uns in diese objektive Welt, diese an sich seiende
führen. Anders hinsichtlich einer in Fiktion installierten Welt.
Im Rahmen, den die zusammenhängende Einheit von Erfahrun-
30 gen gesteckt hat, gibt es objektive Wahrheit als quasi-Wahrheit,
aber doch als bindende Wahrheit. Aber sie reicht nur so weit, <als>
die zusammenhängende Fiktion durch das aktuell zur Anschau-
ung Gebrachte und durch das nach logischen <Gesetzen> darin
Beschlossene (eidetisch und erfahrungslogisch) Vorzeichnung ge-
35 leistet hat. Darüber hinaus ist jede Aussage völlig unbestimmt.
Auf die Frage, was der phantasierte Zentaur am Phantasiemor-
gen essen wird, mit wem er sich unterhalten oder kämpfen wird,
gibt es keine Antwort. Die entsprechende, willkürlich anzusetzen-
de Aussage ist weder wahr noch falsch. Ich entscheide sie nicht,
524 TEXT NR. 18 (1918)
BEILAGE LVI
<OB VOM SELBEN GEGENSTAND, DER EINMAL WIRKLICHKEIT
25 IST UND DAS ANDERE MAL NICHT EXISTIERT, DEMSELBEN,
DER JETZT IST, ABER EBENSOGUT IN IRGENDEINER
BELIEBIGEN ZEIT DASEIN UND ANFANG UND ENDE SEINES
DASEINS HABEN KÖNNTE, ZU SPRECHEN SEI - FIKTUM
UND MÖGLICHKEIT - APRIORISCHE SÄTZE ÜBER
30 ERFAHRUNGEN UND PHANTASIEN>
<wohl 1918>
<Inhalt:>
Sich-denken, dass derselbe Vorgang, der jetzt verlaufend ist, gestern
gewesen wäre. Sich zurückgeschoben denken an eine beliebige frühere
35 Zeitstelle. Was ist hier das Identische? Wie im Raum? Neuer Begritt
vom Inhalt gegenüber Form (als Raumlage) - was in der Bewegung
identisch bleiben kann. Oder: "Dieselben" Gegenstände in verschiedener
Raumlage (sc. Gleichheit). Verhältnis der beiden durch Zeitlage und
BEILAGE LVI 525
1 Später eingefügt: ,,<S.> 13ff.", d.i. S. 499,32ff. in Nr. ISa. - Anm. d. Hrsg.
2 Der gegenständliche Inhalt = der "Gegenstand", der als identisch gedacht wer-
den kann in verschiedenen getrennten Zeitdauern = das konkrete Wesen.
526 BEILAGE LVI
fester Ausschnitt, ein endlicher oder unendlicher aus der Fonn des
Allraums, sondern nur für jeden Zeitpunkt der Dauer ist die Raumlage
als absolute, lagenmässig nach allen Punkten bestimmte Gestalt ein
bestimmter Ausschnitt des Raums. Im Werden des Gegenstandes kann
5 sich unter dem Titel Bewegung dieser Ausschnitt wandeln, eine konti-
nuierlich neue Lage nimmt er dann im Raum an. Also Raumlage des
Gegenstandes ist also eine Funktion der absoluten Zeitlage und eine
eindeutige. Freilich insofern haben wir doch die Analogie, als die Idee
der Unveränderung einen neuen Begriff von Inhalt gegenüber "Fonn"
10 (nämlich Raum lage) bezeichnet.! In der blossen Bewegung verharrt
der Inhalt identisch oder der Gegenstand bleibt derselbe, nur die Lage
wechselt. Zwei gleiche Gegenstände in verschiedener Raumlage haben
denselben "Inhalt". In der "Veränderung" wird der Gegenstand ("der-
selbe") ein anderer, also ein anderer Gegenstand. Hier bezieht sich die
15 Anderheit also auf den Inhalt im zweiten Sinn, der uns bei Raum-
gegenständen entgegentritt. Der Inhalt des Gegenstandes schlechthin
als des Individuums, der zeitlagenmässig bestimmte Inhalt, ist das
konkrete Wesen, und das umspannt den Inhalt im zweiten Sinn, d.i.
das nach Lage im Raum bestimmte, während der Gegenstandszeit (der
20 ausgedehnten Zeitlage, nach ihren verschiedenen Lagenpunkten), sei
es identisch verbleibende, sei es sich wandelnde räumliche Wesen: die
qualifizierte räumliche Gestalt. (Die dann ihrerseits wieder ihre
Scheidung nach Form und Inhalt hat: räumliche Gestalt, oder deut-
licher, geometrische Körperlichkeit und das über sie ausgebreitete
25 quale, ihre Qualifizierung, wie wir auch sagen.)
Unter der Fiktion eines eindimensionalen Raumes können wir das
Vereintsein der beiden Inhalte so zeichnen
<Raum>
<Unveränderung>
Aber das ist noch nicht korrekt. Der eindimensionale Raum hat
zwei Sei t e n, und in jedem Zeitpunkt kann doch überhaupt die
Raumstrecke beliebig aus der Zeit herausgegriffen sein, die Zeit ist
aber auch nicht eine bestimmte Linie, sondern alle Horizontalen sind
5 dIeselbe eine Zeitkontinuität, also:
Sage ich, derselbe Gegenstand, der jetzt ist, wäre denkbar in jeder
Zeit, in jeder könnte er anfangen, fortdauern und enden, als völlig
derselbe, sage ich, derselbe Gegenstand, der mir jetzt als Fiktum
vorschwebt, könnte jetzt wirklicher Gegenstand sein (und dann in
10 jeder Zeit sein), und dieses Ding da, diese Erde und Gestirne usw., die
in Wirklichkeit sind, brauchten nicht zu sein, es wäre möglich, dass
sie genau dieselben nur in Fiktion, nur als Möglichkeiten wären - so
könnte es scheinen, dass wir den identischen "Vorstellungsinhalt", das
konkrete Wesen, das doch das hier in diesen Gegenüberstellungen
15 identische ist, geradezu als Gegenstand bezeichnen würden. Was hier
als Gegenstand bezeichnet ist, scheint doch unempfindlich zu sein
gegenüber allen Modalitäten der Wirklichkeit und Phantasie, gegen-
über allen Zeitmodi und Zeitlagen, gegenüber Sein und Nichtsein.
Aber ist, wie es dann äquivalent heissen muss, "Gegenstand" das Iden-
20 tische von Erfahrungen und entsprechenden Phantasien, dann ist es
doch ein Wes e n, ein Allgemeines.
Darauf wird wohl die Antwort lauten müssen: Von einem individuel-
len Gegenstand sprechen wir, wenn wir in erfahrender (oder quasi er-
fahrender (phantasierender)) Einstellung sind, und diese Einstellung
25 besagt, dass wir Akte vollziehen, die immerfort "dasselbe" meinen,
dabei in Deckung der Übereinstimmung miteinander sind und von
der intentionalen Tendenz auf Erfüllung durchherrscht sind, also da-
hin tendieren, sich mit erfahrenden (oder quasi erfahrenden) Akten
zu decken und damit zu erfüllen. Individuum ist ja konstitutives
30 Korrelat dieser Akte. Also sprechen wir von demselben Gegenstand,
wo wir von Akten in der Einheit eines Bewusstseins zu Akten über-
gehen, in der identifizierende Deckung statthat. Das ist der Fall,
wenn wir von Erfahrung zu Erfahrung vom selben Individuum über-
gehen, in dem Sinn, dass der Inhalt des einen und des anderen Er-
35 fahrenen sich deckt, aber auch die Zeitlage (evtl. nebst Raumlage) des
einen und die des anderen. Derselbe Gegenstand heute und gestern, hier
und dort, besagt, dass auch die Zeiten sich decken; freilich der eine
bietet in der Erinnerung als seine Erinnerungszeit eine Vergangenheit
an, der andere als seine Wahrnehmungszeit die Gegenwart, oder als
40 seine Erinnerungszeit evtl. eine andere Vergangenheit. Aber hier ge-
Eusser~-Archiv
an der
TT~in~u",i!:<;1: rT;,:l=
528 BEILAGE LVI
hört zum Sinnesgehalt der erfahrenden Akte,1 dass das jeweils Er-
fahrene über seine wirklich gegebene Zeit noch sich forterstreckt und
dass die gesamte in den Erfahrungen teils wirklich gegebene, teils
mitgegebene Zeit (mitgesetzte und zu weiterer Gegebenheit bereit-
5 liegende) beiderseits sich deckt.
Und das würde sich auch auf die Phantasie übertragen, wenn wir
"in der Phantasie", in zwei eingeordneten besonderen Phantasien den-
selben Gegenstand als dasselbe Individuum phantasieren, also etwa
dasselbe Phantasiehaus im Phantasie-heute und -gestern vorstellen.
10 Hier ist derselbe Gegenstand also nicht bloss derselbe Inhalt, sondern
derselbe Inhalt in und mit seiner Lagenbestimmung.
Nehmen wir einen erfahrenen Gegenstand zusammen mit einem
quasi erfahrenen, so finden wir evtl. wieder Deckung, nach dem ge-
samten Wesen oder Inhalt mögen beide sich decken und sogar nach
15 den Zeitmodalitäten, und doch auf der einen Seite Wirklichkeit, auf
der anderen Seite Fiktion. Auf der einen Seite ein Individuum
schlechthin im "wirklichen" Sinn, auf der anderen ein Individuum in
der Fiktion, im Fiktionssinn. Jedem entspricht hinsichtlich der geben-
den Akte eine verschiedene Einstellung. In jeder Einstellung kann ich
20 individuell identifizieren: Ich kann also auch in der Phantasie sagen,
dieses und jenes Phantasie-Individuum ist dasselbe. Die Identität ist
eine quasi-Identität, und doch nicht eine fälschlich beigemessene, eine
wahre Identität, nur ist wieder die Wahrheit "Wahrheit" in der Modi-
fikation: Alle Wirklichkeitsbegriffe erhalten dieses modifizierende
25 Vorzeichen innerhalb des Reiches der Phantasie.
Dagegen fehlt die Möglichkeit der vollen Identifikation nach Inhalt
und Zeitlage (und Raumlage) bei einer Synthese von Erfahrung und
Phantasie. Während die Vorstellungsinhalte sich vollkommen decken
können, kann ich die Zeitlagen nicht identifizieren, nämlich wo reine
30 Phantasie und Erfahrung verknüpft ist. Nur wo ich gemischte Akte
habe, ist es anders, aber da haben die Fikta eine Zeitbestimmung, die
angesetzt ist als identisch mit einer wirklichen, und freilich gibt es da
für die Fikta Widerstreit mit Erfahrenheiten.
Müssen wir nach all dem nicht sagen:
35 Im strengen Sinn darf keine Rede davon sein, dass ein Phantasie-
gegenstand identisch sei mit einem Erfahrungsgegenstand - wie wir
andererseits sehr wohl strenge Identität zwischen einem Wahrneh-
mungsgegenstand und einem Erinnerungsgegenstand haben können
(wobei dann die wahrgenommene Dauer und die Erinnerungsdauer
40 einer Einheit der Dauer desselben Gegenstandes sich einordnen und
somit eine Einheit gebende Erfahrung möglich sein muss, die den
Gegenstand in dieser ganzen Dauer zu einheitlicher Erfahrung bringt).
Ebenso ist es sehr wohl möglich, dass zwei Phantasien denselben Ge-
genstand phantasieren, das ist dann in der Form möglich, dass sie
45 entweder Wiederholungen "einer" Phantasie sind, d.h., dass sie den-
1 Darauf war bisher gar keine Rücksicht geno=en!
BEILAGE LVI 529
Aber wenn das Fiktum keine Wirklichkeit ist, so ist es doch als
Möglichkeit. Ein im echten Sinn Setzbares, als seiend (nicht daseiend,
nicht seiend), entnehmen wir aus einer Phantasie in Änderung unserer
Einstellung: Wir setzen wirklich, wir leben nicht im Als-ob und sind
40 nicht im Als-ob Subjekt einer quasi-Erfahrung, sondern wir leben als
wirkliche Subjekte, haben <vor> uns evtl. wirkliche Welt und voll-
ziehen ein wirkliches Erfassen, finden wirklich etwas vor: nicht den
Zentauren, sondern die Zentauren-Möglichkeit. Dabei ist diese Mög-
530 BEILAGE LVI
lichkeit auf dem Grund der Phantasie gegeben, aber nicht etwa ge-
setzt als Gehalt dieser Phantasie, als ob wir reflektierten und dabei
das Phantasieerleben (ein Daseiendes in der immanenten Zeit) setzten.
Auf denselben Zentauren, als Möglichkeit, können wir wiederholt
5 zurückkommen. Wie wir, in der Einstellung der Phantasie bleibend
wiederholt dasselbe phantasieren und auch das Phantasierte gesonder~
ter Phantasien als dasselbe identifiziert haben können. Dabei ist vor-
ausgesetzt, dass jede neue Phantasie in sich schon die erinnerungs-
mässige Rückbeziehung auf das Phantasierte der früheren Phantasien
10 (in Form des quasi bekannten Objekts) besitzt. Das Sich-bewegen in
der Einheit einer Phantasiewelt setzt immerfort solche Rückbe-
ziehungen voraus, freilich fehlt dafür der Phantasiewelt die feste Ob-
jektivität des Verlaufs künftiger quasi-Erfahrung und der über die
aktuell gegebene und erinnerte Phantasiewelt (in ihrer identifizierten
15 Vereinheitlichung) hinausreichenden festen Welt nach Gesetzen, die
in die Zukunft reichten und eindeutig bestimmten. Anders ausgedrückt:
Die Zukunft ist innerhalb der Gesetze des Objektstils, z.B. Natur, frei
fingierbar. Die wirkliche Zukunft der wirklichen Welt ist nicht frei
veränderlich, sie ist nur "mechanisch" zu verändern, physikalisch
20 steht sie unter festen Gesetzen etc.
Ebenso unter einer Phantasie. Der Inhalt ist dann das konkrete We-
sen der erfüllten Dauer, und dieser Inhalt ist einmal erfahren als le-
bendige Gegenwart (im kontinuierlichen Werden von Anfang bis
Ende), das andere Mal ist ein völlig gleicher Inhalt gegeben als ver-
5 gangen usw.
Wir haben dann apriorische Sätze aufzustellen. Z.B. und zuerst:
Wir können beliebig viele gleiche Wahrnehmungen haben, Wahrneh-
mungen gleichen Inhalts oder: identischen konkreten Wesens, aber
prinzipiell können zwei Wahrnehmungen nicht den identisch indi-
10 viduellen Gegenstand, also einen Gegenstand mit identischer Zeitlage,
mit identischer Dauer zur Gegebenheit bringen.
Fernerl , zwei immanente Wahrnehmungen (zwei, d.i. gesonder-
t e) können nicht einen immanenten Gegenstand wahrnehmen, und
ein immanenter Gegenstand kann nicht unwahrgenommen fortdauern
15 und durch mehrere gesonderte Wahrnehmungen nach Strecken seiner
Gesamtdauer zur Wahrnehmung kommen.
Dagegen zwei transzendente Wahrnehmungen können Wahrneh-
mungen eines und desselben Gegenstandes sein, obschon sie diesen
Gegenstand nicht beide in derselben Gegenwart wahrnehmen können,
20 falls sie Wahrnehmungen eines und desselben Ich sein sollen, oder ihn
nicht wahrnehmen können mit derselben absoluten Zeitlage der ihnen
gegebenen erfüllten Dauern. Mehrere Wahrnehmungen eines Gegen-
standes nach demselben Stück seiner Dauer sind Wahrnehmungen
mehrerer Subjekte. Vielmehr gehört apriori zu zwei Wahrnehmungen
25 eines und desselben Ich und eines und desselben transzendenten Ge-
genstandes, dass jede Wahrnehmung den Gegenstand nach einem
anderen Teil seiner Dauer und keine nach seiner ganzen Dauer gibt.
Wahrnehmungen eines und desselben Ich, die dasselbe transzen-
dente Individuum wahrnehmen, sind nur nacheinander möglich,
30 wenn sie vom transzendenten Individuum dasselbe konkrete Wesen
(bzw. dasselbe Stück des Inhalts) wirklich erfahren sollen.
Den obigen Satz 2 kann man auch so aussprechen: Apriori kann in
jedem Ichbewusstseinsstrom eine Wahrnehmung, und zwar in jedem
immanenten Zeitpunkt, nur einmal auftreten. Gleichzeitige Wahr-
35 nehmungen sind nur möglich als Wahrnehmungen verschiedener Per-
sonen, die sich wahrnehmend auf ein und dasselbe transzendente
Ding einer tranzendenten Welt und Zeit beziehen, der sie selbst an-
gehören als in Wechselverkehr stehende psychophysische "Menschen",
Animalien.
*
40 Wiederholbare Erfahrungen, als Erfahrung von demselben (imma-
nenten oder transzendenten) Objekt in seiner selben Dauer, sind nur
Erinnerungen. Und zwar ist jede Erinnerung wiederholbar.
BEILAGE LVII
PHANTASIE <SICH AUF DEN BODEN DER ERFAHRUNG BZW.
DER PHANTASIE STELLEN; DIE WELT DER ERFAHRUNG -
DIE WELTEN DER PHANTASIE>
5 <wohl 1917>
15 BEILAGE LVIII
ZUR LEHRE VON DER ABBILDUNG: FIKTA ALS IDEALE
GEGENSTÄNDE. WEITERHIN AUCH ZUR LEHRE VON DEN
GEGENSTÄNDEN ÄSTHETISCHER WERTUNG.
<ERSCHEINUNGEN ALS GEGENSTÄNDE>
20 <wohl 1917>
gemeint ist: eben als Redner in der Rede? Aber ist das nicht das
Sujet? Aber ist es nicht ein kleiner redender Mensch etc.? Also das ist
das eine, das ist aber jedenfalls als ein verharrendes Phantom gegeben
(ruhendes oder sich veränderndes Phantom. - Übrigens im Kino fun-
5 giert nicht bloss das Phantom, sondern ein Ablauf phänomenaler Kau-
salität, also volle Dinglichkeit). Wir müssen aber beachten, dass die
Gegebenheitsweisen, Erscheinungsweisen fest abgeschlossen sind,
mögen sie ihrerseits auch überlaufen in Fortführungen durch Phan-
tasie: wie wenn ich mich hineinziehen lasse in das Phantasieren des
10 Laufens oder des die Rede RaUens etc. Was ist das aber für ein ver-
harrendes Sein, identisches Sein, das dem Abbild, dem so und so er-
scheinenden Bildobjekt, wie dem sich darin gebenden Sujet als solchen
zukommt? Wenn ich eine kinematographische Darstellung wieder-
hol t ablaufen lasse, so gibt sich Bildobjekt (im Verhältnis zum Sujet)
15 im Wie seiner Erscheinungsweisen und jede dieser Erscheinungswei-
sen selbst als identisch dasselbe oder dieselben; ebenso natürlich, wenn
ich ein Klavierstück mehrmals vom mechanischen Apparat mir spielen
lasse. Schliesslich aber auch, wenn ich im Theater die wiederholten
Darstellungen des Don Carlos anhöre. Ebenso aber bei jedem "ruhen-
20 den" Bild. Sooft ich das Figürchen ansehe, das Bildobjekt ist dasselbe
und jede seiner Erscheinungsweisen. Der Läufer und alle seine Er-
scheinungsweisen: Das Ding aus Bronze ist dinglich unverändert und
dauert objektiv in der Zeit. Der Läufer gehört einer anderen Zeit wie
einem anderen Raum an. Er ist Fiktum. Aber die Phase der Zeit, der
25 er angehört, ist allein "dargestellt", und die verharrt nicht in der Zeit
und ist keine real dauernde, sondern eben nur eine Phase und immer
wieder dieselbe Phase, wie oft ich sie ansehe. Und ebenso jede Erschei-
nungsweise gehört einer Wahrnehmungsphase an und ist auch immer-
fort, wie oft ich betrachte, dieselbe, und damit auch die abgebildete
30 Phase als solche. Es ist wie bei der Wie der e ri n n e run g s-Verge-
genwärtigung, wo ich, sooft ich wiedererinnernd auf dieselbe Vergan-
genheit und Vergangenheitsphase zurückkomme, immer wieder d i e-
s el b e vorfinde, numerisch identisch, aber sie auch als gewesen und
identisch dieselbe setze und jede Erscheinungsweise ebenso als gewe-
35 sene Erscheinungsweise setze. Aber haben wir da auch ein Erinnerungs-
Bild? Rier aber im Fall der Abbildung haben wir keine Setzung,
sondern quasi-Setzung. Andererseits, wenn wir das Abbild und seine
Erscheinungsweisen als abbildliche setzen, so ist das keine Erinne-
rungssetzung und keine Setzung eines Vergegenwärtigten, sondern
40 eine solche des Fiktums. Fikta sind durch Änderung der Einstellung
erfassbare i d e ale Gegenständlichkeiten. Aber natürlich keine Spezies!
Hinsicht auf diese sind sie nur indirekt naturalisierbar, nämlich als
die jeweiligen "Inhalte" der betreffenden Subjektakte, der betreffen-
den Wahrnehmungen oder "möglichen" Wahrnehmungen. Als Gegen-
stände möglicher Wahrnehmungen haben sie ihre Gegenständlichkeit
5 unabhängig von der momentanen wirklichen Gegebenheit, ihr Sein ist
nicht ihr momentanes Perzipiertsein, und das trotz ihrer "bIossen Sub-
jektivität". Es scheiden sich dann wohl die Erscheinungsweisen, die
für jedes wirkliche Subjekt wirklich "an sich" sind (neben den<jeni-
gen>, die verschiedene wirkliche Subjekte wirklich gegeben haben),
10 und diejenigen, die ein beliebig fingiertes Subjekt (oder ein un-
bestimmtes in Beziehung auf seine Wirklichkeit, die aber auf den ge-
gebenen Raum und die gegebene Zeit, also die gegebene Welt und da-
mit auf voranstehende wirkliche Subjekte bezogen wäre, gebunden an
sie wäre) haben müsste.
15 Richtet sich aber auf ein jeweils gegebenes Ding eine ästhetische
Wertung, so ist dieses "Sein" der Erscheinungsweisen und somit ihre
Gebundenheit an wirkliche Subjekte (und an in die Welt hinein-
fingierte) und mittelbar an Naturraum und Naturzeit und Naturwelt
selbst ganz ausser Frage: weshalb das Objekt der Schön-Wertung sich
20 nicht änderte, wenn das wirkliche Objekt zum Scheinobjekt und so-
mit die wirkliche Erscheinungsweise zu einer unwirklichen (in ihrer
Seinsschicht also auch nicht existierenden) würde. Wir hätten dann
doch ein seiendes Schönes, ein blosses Fiktum, ein "Bild": das eben
ein idealer Gegenstand ist und nicht ein "realer" (wobei wir die wirk-
25 lichen Erscheinungsweisen selbst unter dem Titel des Realen befassen).
Es ist dabei zu beachten, dass der betreffende Schönheitswert nicht in
der Erscheinungsweise liegt, die ich impressional habe und im Haben
geniesse: Genossener Wert ist nicht Wert selbst, der sein kann, ohne
genossen zu sein. Darum!verbleibt mir der Wert, auch wenn ich den
30 betreffenden Schein nicht mehr habe, kann ich ihn durch Erinnerung
oder Fiktion wiedererzeugen, so habe ich ihn wieder, geniesse ihn
wieder, obschon die Vergegenwärtigung nicht die volle Gegebenheit
herstellen mag. Aber ist sie vollanschaulich, so leistet sie doch ein
Gleiches, und es kommt nicht darauf an, dass es Vergegenwärtigung
35 ist. Also ähnlich wie bei der Erfassung einer Spezies, wo andererseits
doch evident ist, dass Erscheinungsweisen keine Spezies sind. Ebenso
hängt damit zusammen, dass, wenn'iich einen Schein wiederholt im-
pressional haben kann (Stereoskop), die Schönheit und das Schöne,
der Wert, identisch derselbe ist und nicht individuell im Sinn eines
40 Realen (als ob das Stereoskop-Fiktum, und seine Erscheinungsweisen,
ein Dauerndes in der Zeit wäre). Wie da die gegebene Dauer fungiert,
ist wohl nicht schwer zu klären. Jede Erscheinungsweise, die einer
Ruhe oder einer Veränderung, lässt sich dauernd machen und kann in
dieser Dauer ästhetisch werden: Dann gehört aber die Dauer zur Ideali-
45 tät.
540
BEILAGE LIX
ZUR KUNSTTHEORIE <GEGEBENE WELT UND ZEIT ALS VOLL
BESTIMMTE - "ES WAR EINMAL", IRGENDWO, IRGENDWANN :
ALLE KUNST SICH ZWISCHEN DIESEN BE IDEN EXTREMEN
5 BEWEGEND - REALISTISCHE UND IDEALISTISCH E KUNST>
<wohl 1916 oder 1918>
dern die Dichtung wird nach verstanden. Das sind eigentümliche Ver-
hältnisse, die wissenschaftlich gefasst werden müssen. Macht das not-
wendig eine Bildlichkeit, gehört also Bildbewusstsein zu jeder Dich-
tung? Die gesprochenen Worte, die beschreibenden oder die Worte
5 der dargestellten Personen sind Bildworte ?
Schilderung und5elbstdarstellung von Menschen durch ihre Reden.
Selbstdarstellung durch Reden und durch Beschreibung ihrer Hand-
lungen.
Tendenz deslRealismus: Landschaften, Menschen, menschliche Ge-
10 meinschaften, Schicksale und Schicksalsverflechtungen in möglichst
voller "charakteristischer" Konkretion darstellen, als ob wir sie sähen
und alles auf sie Bezügliche innerhalb eines gesteckten Rahmens mit-
erlebten, in möglichst satter Fülle und von der Substanz ihres Seins
aus, nach ihren innersten, aber anschaulichen Motivationen. Das
15 Charakteristische. Eine Situation in der Zeit und die Zeit, die Kultur-
schicht, die Lebensart und -fonn dieses Weltteils, dieser Stadt etc.
charakterisierend. Das Berlinertum Fontanes, das Wienertum Schnitz-
lers. Es ist ebenso, wie wenn ein rein betrachtendes Interesse an der
Wirklichkeit uns leitet, und am Charakeristischen und Typischen eines
20 gegebenen Weltausschnittes. Ein charakteristisches Schwarzwälder
Bauernhaus, eine Schwarzwaldlandschaft etc.
Diese Schilderei kann bewunderungswürdige Kunst sein. Freude an
der Anschauung des Konkreten, das in seinen Motivationen, seiner
typisch repräsentierenden Art durchleuchtet ist, und Freude an der
25 Kunst, uns das durchsichtig zu machen. 0e:6>p(oc im eigentümlichen
Sinn. Freude am verstehenden Schauen, korrelativ das theore-
tische Interesse, am Hineinsehen, Verstehen des konkreten Typus,
der zu einer Zeit als charakteristisches Stück gehört. Künstlerischer
Empirismus oder Positivismus.
30 Von Schönheit ist hier keine Rede. Aber Schönes kann auch mit als
Reiz eintreten. Parallele mit der Biographie und historischen Cha-
rakteristik (individuellen Charakteristik) einer Zeit, ihrer Menschen
ete. Das ist ein Stück wissenschaftlicher Erkenntnis. Da wird aber
nichts erfunden, sondern beschrieben. Die realistische Kunst ist auch
35 eine Art Biographie der Zeit, von Schichten der Zeit. Sie schildert
durch charakteristische "Bilder". Sie konstruiert Fikta, in denen sich
charakteristische Typen der Zeit darstellen. Sie ist Kunst, nicht
Wissenschaft, aber doch wieder Wissen vennittelnd. Sie erzeugt phan-
tasiemässige Gestalten, und als Typen für Zeiten und Weltepochen.
40 Freude an dem anschaulichen Gebilde, das Verständnis, Überlegen-
heit der weisen Einsicht gibt. Dahin "Nüchternheit", Gebundenheit
durch Zeit, durch Empirie.
I d e a li s t i s ehe Die h tun g. Der idealistische Dichter erschaut
nicht b10ss Fakta und Typen empirischer Welt- und Lebensgebiete,
45 er erschaut Ideen und Ideale, und sie erschauend wertet er sie und
stellt sie als Werte hin.
542 BEILAGE LX
Auch der Realist kann schildern, dass Menschen Ideale haben und
sich von ihnen leiten lassen, oder dass eine Menschenschicht, ein Stand
durch Ideen praktisch bestimmt ist. Aber er ist positivistisch ein-
gestellt. Ihn interessiert das typische Faktum. Der empirische Typ,
5 wie ein anderer.
Der idealistische Dichter ist aber normativ eingestellt. Im kon-
kreten Bild stellt er Wertetypen dar, oder Werte "verkörpern" sich in
Gestalten und kämpfen in den realen quasi-Verhältnissen gegen Un-
werte. Und nicht nur Werte und Kampf des Guten und Bösen stellt
10 er dar, er will die Liebe zum Guten in unseren Seelen entflammen:
ohne zu moralisieren oder zu predigen. Er verklärt sie im Medium der
Schönheit.
Philokalistische Kunst tritt zunächst in Gegensatz zur realistischen
Kunst als philocharakteristischer, philopositivistischer. Nicht das eha-
t5 rakteristische als solches, sondern das Schöne. "Ästhetisch" ist alle
Kunst, sie ist Freude am Erschauten in concreto. Aber nicht alle ist
kallistisch. Und nicht alle kallistische ist ferner idealistisch, normativ,
das Ideale schildernd und durch Schönheit verklärend.
In noch höherer Stufe kann Kunst auch sein philosophisch, meta-
20 physisch, zur Idee des Guten erhebend, zur Gottheit durch Schönheit,
zum tiefsten Weltgrunde erhebend; und mit ihm einend.
Der wirklichen Welt mit ihrer wirklichen Typik einschauen die
Ideenwelt, der wirklichen Typik substituieren eine ideale Typik, die
sich in den wirklichen Typen unvollkommen realisiert, aber durch sie
25 hindurch zum Göttlichen fortstrebt und sich emporkämpft.
BEILAGE LX
<OBJEKTIVIERUNG DER FIKTA UND DER KÜNSTLERISCHEN
FIKTA ALS KUNSTWERKE. EINFÜHLUNG UND
OBJEKTIVIERUNG DER GEISTIGEN GEGENSTÄNDE>
30 <wohl 1926>
wertbar: Aber es bleibt doch dabei, dass einen Wert setzen so viel
heisst als zugleich Subjekte setzen, die ihn wertend konstituieren, nur
vorausgesetzt, dass der Wert nicht selbst ein Subjekt ist: Sonst ,haben
wir ohnehin ein Subjekt gesetzt. Bei Werken ist das selbstverständ-
5 lieh. Bei Kunstwerten, Bilderwerten, Dichtungen etc., unter Ab-
straktion davon, dass sie Werke sind, werden wir verwiesen auf die
schöne Erscheinung und damit auf empfindende Menschen, wenn auch
diese nicht weiter zur Bestimmung kommen.
Doch hier bedarf es näherer Erwägung. 1
10 Also die Objektivität der Schönheit einer künstlerischen Gestaltung,
abgesehen von ihrem Werte als Werk. Der schöne Gehalt des Werkes
(literarisch etwa eine in Sprachgestalt sich bietende Phantasie-
schöpfung einer idealen Menschlichkeit): Was ist das objektive Schön-
sein dieses Schönen? Es ist etwa eine Phantasieindividualität im Bilde
15 quasi gegeben, von einem quasi Sprechenden beschrieben, gezeichnet:
in wiederholten Akten zu identifizieren, im wiederholten Lesen von
Büchern (die als "Exemplare des Werkes" verschiedene Individuen
sind) erfasst als dasselbe. In der Phantasie identifiziere ich, setze das
quasi Gegebene als dasselbe. Aber das Gebilde ist wirklich dasselbe,
20 und sein Schönheitswert ist derselbe. Dasselbe schöne Gebilde ist nicht
das Phantasierte als solches, verstanden als Korrelat des momentanen
Phantasierens. Auch nicht ein abstrahiertes allgemeines Wesen, ab-
strahiert aus den individuellen Fällen, nicht ein Allgemeines, das einen
Umfang hat. Ich meine beständig das phantasierte Thema als dasselbe
25 bzw. die Erscheinungsweise als dieselbe. Der Wortklang des Gedichtes
ist wie das Gedichtete selbst, die darin dargestellte Situation in ihrem
Wie geistiger Darstellung ist dasselbe: Ob es auch verschiedene Per-
sonen in verschiedenen Wortklängen lesen, in verschiedenen subjek-
tiven Phantasien vorstellig haben, ihr inneres Lesen, ihr äusseres
30 Rezitieren etc. reproduziert nur den Klang, der zum Gedicht selbst
gehört. Gemeint ist bei einem Schillersehen Gedicht natürlich auch
nicht der Schillersehe Akzent, sein Schwäbisch, bei einem Goetheschen
das Frankfurtsche etc. Das Gedicht in seinem Sprachleib wie in seinem
"geistigen" Gehalt ist offenbar eine I d e e, die mehr oder minder voll-
35 kommen und im übrigen in ideell unendlich vielfältigen Weisen zur
Aktualisierung kommt im Lesen. Es ist eine indi vid uelle "objek-
tive" Idee. Sie hat ihre Zeitlichkeit, nämlich die ihrer Ur-
1 Im weiteren wird nur erörtert die Werke der Kunst als Erzeugnis der objekti-
vierenden Fiktion und Schöpfung einer Verkörperung der Fikta, die eine Zumutung
für jedermann (der nachverstehen kann) schafft, das Nachphantasierte als "dasselbe"
Fiktum zu übernehmen, das der Künstler erzeugt hat in der Absicht auf solche über-
nahme.
Vorher wäre vielleicht zu erörtern der Unterschied zwischen einzelsubjektivem
Phantasieren und Phantasieren in Gemeinschaft, objektivierende Wendung: das
'Fingierte in die positionale Wirklichkeit übernehmen als willkürlich in Identität fest-
gehalten (evtl. dann fortgestaltet in "Fortführung der Phantasie"), gegenständliche
Fikta.
544 BEILAGE LX
eine grössere Klarheit, mit reicherem Inhalt, so mag ich den gel-
ten lassen, aber ich hätte es auch, wenn die Wiederholung einen
anderen: Inhalt eingefügt hätte. Ich kann bei der Wiederholung,
die Erinnerung ist, doch nicht sagen, dass gerade die neue Dif-
5 ferenz, die bestimmtere, die gemeinte wäre. So auch bei mög-
lichen Einzeichnungen von neuen Bestimmungen, die eben vor-
dem offen waren.
Dazu kommt aber, dass eine wirkliche Wahrnehmung nicht nur
Wahrgenommenes des und des Sinnesgehalts ist, sondern auch
10 individuelle Zeitbestimmung in sich birgt, die das wahrgenom-
mene Individuelle in ein Reich des Individuellen einordnet.
Wesensgesetzlich gehört zum Jetzigen, dass es sich nicht nurim-
mer wieder als individuell dasselbe ausweisen lässt, in beliebigen
Wiedererinnerungssynthesen, sondern dass es <eine> Stelle in der
15 erfüllten Zeit hat, der Struktur des Zeitbewusstseins entspre-
chend. Auch das quasi-Erfahrene hat seinen Zeithorizont, aber
diesedst unbestimmt und beliebig durch Phantasie auszufüllen.
Jede solche Ausfüllung würde dem Individuellen eine andere in-
dividuelle Bestimmung zuteilen. 1 Zwei inhaltlich gleiche Wieder-
20 erinnerungen haben vielleicht unexplizite und "unbestimmte"
Horizonte, aber sie lassen sich explizieren, und die Bestimmung
ist vorgezeichnet. Sie können, wie sich dann zeigt, apriori nicht
völlig gleiche Erfüllung zulassen, und wenn sie dasselbe wieder-
erinnern, hat das Wiedererinnerte verschiedenen Vergangen-
25 heitsmodus. Inhaltlich gleiche Phantasien haben eine zeitliche
Unbestimmtheit, die nicht bestimmen lässt, ob sie gleichzeitig
oder nicht gleichzeitig, ob sie dasselbe oder Verschiedenes ver-
gegenwärtigen. Sie sind analog gleichen Wiedererinnerungen,
aber solchen, deren Horizont unexpliziert ist, und sind so be-
30 schaffen als wie Wiedererinnerungen, deren Horizonte überhaupt
nicht explizierbar wären, was freilich widersinnig ist. Aber wie
ich in der Wiedererinnerung eine Gegenwart im Modus "wieder"
aufleuchten sehe und doch erst durch den Horizont und seine
Explikation weiss, welche Gegenwart es ist, und daher weiss, ob
35 zwei Wiedererinnerungen gleichen Inhalts dasselbe oder Ver-
schiedenes, individuell gesprochen, vergegenwärtigen, so habe
ich bei gleichen Phantasien aufleuchtende Gegenwarten als ver-
1 Diese Unbestimmtheit, die beliebig ausfüllbar ist, ist wesentlich verschieden von
der Unbestimmtheit im Rahmen der Erfahrung, des positionalen Bewusstseins.
552 TEXT NR. 19 (1922/23)
mllität der Doxa, des Glaubens. Der Glaube ist nicht etwas den
Vorstellungen Angehängtes, nicht ein ihnen sich beigesellendes
feeling, eine bald vorhandene, bald fehlende Weise des Zumute-
seins bei solchen Vorstellungen, sondern ist das unmodifi-
5 zierte Bewusstsein selbst. Es steht unter Gesetzen der
Vernunft, das ist Wesensgesetzen der intuitiven Erfüllung un-
modifizierten Bewusstseins, bzw. Wesensgesetzen der Setzung
von Gegenständen als Identitäten undurchbrechbarer Bewäh-
rung, die an sich "sein" können gegenüber dem wechselnden (un-
10 modifizierten) Bewusstsein. Konstitution von seienden Gegen-
ständen einer seienden Welt ist die Vernunftleistung.
1 Aber ich kann doch in der Phantasie passiv leben, mich ihr hingeben und quasi
erfahrend zusehen, was in der Phantasielandschaft z.B. passiert. Ich kann mir auch
denken, dass ich "in der Phantasie" aktiv erkennend mich verhalte, aktiv kenntnis·
nehmend - aber alles untersteht der Freiheit.
TEXT NR. 19 (1922/23) 559
Geglaubtes das Als-ob ist, und dieses kann evtl. evident ge-
gebenes sein, d.i. zu originärer, zu Selbstgegebenheit kommen.
Ich habe bei jeder "Reproduktion" eine doppelte
Einstellung als Möglichkeit: E n t w e der ich lebe "in" der Re-
5 produktion, und so nehme ich gleichsam wahr, denke, fühle
gleichsam, ich lebe in der Vergangenheit, in der Erinnerung und
bin dabei der Erinnerung inne. Ich lebe im "gleichsam", im "als
ob". 0 der ich nehme im Jetzt Posto und bin das wirkliche Sub-
jekt und verhalte mich in meinem wirklichen Bewusstsein zum
10 Reproduzierten, das von dem Jetzt aus als Reproduziertes cha-
rakterisiert ist, als Vergangenes (vergangene Gegenwart, als ver-
gegenwärtigte, aber nicht gegenwärtige wirkliche, als modifi-
zierte).
Zu jeder Reproduktion gehört es, "Modifikation" zu sein, und
15 das Modifizierte ist ein Als-ob. l Im Fall der reinen Phantasie hat
das Reproduzierte nicht den Charakter des Seienden (in einem
Seinsmodus) schlechthin, sondern des "Seienden" in dem ganz
anderes bedeutenden "als-ob".
Auch hier habe ich die doppelte Einstellung: In der reinen
20 Phantasie lebend, bin ich das reine Phantasiesubjekt und das
reine Phantasie-Ich, das eine Phantasiegegenwart, Phantasie-
vergangenheit etc. gegeben hat. Oder ich bin das aktuell wirk-
liche Ich, das gegenwärtiges, vergangenes etc. Seiendes "phan-
tasiert", und das im Modus des Phantasie-Ais-ob Seiende
25 schlechthin, das wirklich Phantasierte, wirklich Vorgebende in
seinen Phantasiemodalitäten, das ist das M ö gl ich e, die seien-
de Möglichkeit, und sie ist als das selbstgegeben in der
anscha uliehen Phan tasie, und dahin gehört adäquate und
inadäquate Selbstgegebenheit ete.
BEILAGE LXI
FIKTA ALS GEGENSTÄNDE, SEIENDES
<wohl 1922/23>
BEILAGE LXII
WIRKLICHE ORIGINÄRE KONSTITUTION - WIRKLICHKEIT;
QUASI-KONSTITUTION ALS WIRKLICHE KONSTITUTION
25 VON MÖGLICHKEITEN
<wohl um 1918>
BEILAGE LXIII
WICHTIGE MÖGLICHKEITSFRAGEN <REINE MÖGLICHKEIT
15 UNDENKBAR, ES SEI DENN ALS KORRELAT EINES
PHANTASIERENDEN UND DARAUS MÖGLICHKEITEN
GESTALTENDEN SUBJEKTS - EINZELSUBJEKTIVE
PHANTASIEN UND INTERSUBJEKTIVE PHANTASIEN-
ANSETZEN EINES EINSTIMMIGEN PHANTASIERTEN ALS
20 MÖGLICHKEITSBEWUSSTSEIN ? - DIE LOGISCHE BEDEUTUNG
DIESER MEDITATION>
<wohl 1920/21 >
1 Das intersubjektiv als Identisches Phantasierte ist wie das einzelsubjektiv Phan-
tasierte kein an sich Seiendes, das frei ware von der phantasierenden Subjektivitat.
BEILAGE LXIII 569
keitsumfang hat? Aber wenn wir zum Ansatz der Existenz übergehen.
wenn wir irgendein Subjekt als Subjekt der Hypothese: es sei ein A,
es sei dieses exemplarische phantasierte A, denken, so ist es evident,
dass der Übergang ~on dem Phantasiezentauren zum als seiend ange-
5 setzten eine Synthese zwischen Phantasie und dem dllrch das ansetzen-
de Subjekt und seine Umwelt gegebenen Daseinsbereich fordert.
Glaubenden. Ich kann aber nun ansetzen, es sei das, natürlich im Zu-
sammenhang meines wirklichen Daseins, und dann habe ich eine
Möglichkeit. Und ebenso kann ich irgendein Subjekt mir denken, das
10 das ansetzt auf Grund seiner Tatsachen. In jedem Fall wäre dann, falls
der Sinn des Ansatzes identisch gedacht ist, dieselbe Möglichkeit. Also
ist doch nicht ein wirkliches Subjekt mitgesetzt : aber in reinem An-
satz gedacht.
Nr.20
PHANTASIE - NEUTRALITÄTl
(1921/1924)
1 Allgemeinstes über "Epoche" als Aktenthaltung in Beziehung auf die Idee der
Neutralität.
2 "speziell" später verändert in "oder". - Aum. d. Hrsg.
572 TEXT NR. 20 \1921/24)
1 Pure Gedanken.
TEXT NR. 20 (1921/24) 573
wusst als Subjekt der positionalen Gegenwart, das auf die geisti-
gen Erlebnisse des Träumens und auf die geträumten Gegen-
stände, die phantasierten hinsieht. Jetzt bin ich mir des Träu-
mens bewusst. Es mag aber sein, dass ich nicht die phantasieren-
5 den Erlebnisse, die ich jetzt wirklich habe, und ihre Struktur
reflektierend betrachte, sondern auf die "T rau m b i 1der", die
freilich deren Gehalte sind, und wie ich mich überzeuge, von
ihnen untrennbar. Die Traumbilder sind für mich jetzt aufge-
wiesen, in gewisser Weise erfahren, direkt erfasste Gegenstände,
10 Traumbilder meines gegenwärtigen träumenden Lebens; natür-
lich nur erfassbar, wenn ich eben zunächst geradehin selbstver-
loren, der Gegenwart entrückt, träume' und dann mich als re-
flektierendes Gegenwarts-Ich über mich als das selbstverlorene
erhebe. Dann finde ich in der Blickrichtung, und zwar positiona-
15len ,',Wahrnehmungs-" Richtung auf das Geträumte die Bilder
als Gegenstände, als wirklich seiende: in der Wirklichkeit dieser
Seinskategorie "Phantasiebilder". Ebenso bei jeder Erfassung von
"Scheinen" als Gegenständen (aber nicht als Nichtigkeiten)
oder von "Gedanken" als Gegenständen usw., aus dem "Als
20 ob" entnommen.
Hier haben wir also eine doppel te Epoche bzw. Neutrali-
tät. I) Einmal die zur Phantasie als Phantasie gehört, oder zum
neutralen Bewusstsein als neutralen (eventuell durch eine aktive
Epoche erzeugt). Und dann, die zugehört 2) zur Änderung der
25 Einstellung durch Etablierung eines positionalen Ich über dem
neutralen und zur Erfassung der "Bilder" noch eine Epoche hin-
sichtlich der quasi-Akte, die ich als träumendes Ich quasi voll-
ziehe. Jetzt handelt es sich nicht um eine Enthaltung von wirk-
lichen Setzungen hinsichtlich der geträumten Gegenstände, sie
30 sind ja schon geträumte. Ich soll jetzt eben nicht selbstverloren
träumen, quasi die und die Wahrnehmungen, Urteile etc. voll-
ziehen, mir so sein lassen, als ob diese Gegenstände da wären, so
und so sich änderten etc., sondern ich soll als unbeteiligter Zu-
schauer mir das, was in diesem Leben-als-ob sich darbietet und
35 so, wie es das tut, betrachten und fixieren. Ich kann auch sagen:
über dem vordem ganz selbstvergessen träumenden und träu-
mend quasi tätigen Ich steht jetzt als Zuschauer, aber als unbe-
teiligter, das positionale Ich, das Ich, das dem Träumen und dem
Traum selbst zusieht.
574 TEXT NR. 20 (1921/24)
1Der alte Horizont ausser Geltung gesetzt und im Als-ob negiert, überdeckt.
2Enthalten setzt voraus eine wirkliche Position, die eben inhibiert wird. Eine
Phantasie ist aber so nicht charakterisiert. Sie ist also nicht durch Aufhebung der
TEXT NR. 20 (1921/24) 581
Wie ist es, wenn ich zweifle, einen Widerstreit gegeben habe
und von dem, was für die eine Seite spricht bzw. gegen die andere,
wegsehe, es nicht zur Geltung kommen lasse? In gewisser Weise
tue ich das auch beim Umfingieren, im Überdecken ist das Be-
5 deckte ein positionales. Das lasse ich nicht zUr Geltung kommen,
ich inhibiere diese Geltung und verfolge nur die eine Schichte, als
ob sie wäre. Ist, wenn ich die eine "Möglichkeit", und was für
sie positiv spricht, in Geltung setze und die andere ausser Geltung,
damit nicht eine Phantasie hergestellt? Aber hier habe ich doch
10 eine durchgehende Positionalität, das für diese Möglichkeit
Sprechende halte ich in Geltung. Für das andere mache ich mich
nur gewissermassen blind, decke die Augen zu. Wenn ich aber
ein Objekt umfingiere, das gesehene Rot in Gron, so spricht für
dieses' Gron nichts. Andererseits, die sonstige Position gebe ich
15 nicht preis, ich sehe nicht von ihr ab, aber ich verfälsche sie, da
sie von dem Verdrängten (durch das fiktiv Hineingesetzte) nicht
unabhängig ist. Das Rot-seiende ist zum Gron-seienden gewor-
den, und als das ist es nicht ernstlich gesetzt, sondern fingiert:
Das betrifft das ganze Objekt. Ich kann natürlich hinsichtlich
20 der "Möglichkeit", hinsichtlich des Dafür-Sprechens Enthaltung
üben und nun eine blosse "Phantasie", ein Als-ob erhalten.
Operation wieder in "alten Stand" zu bringen. Das schliesst aber wohl nicht aus, dass
im Kern das "als ob" beiderseits identisch wäre. Und das war wohl die Meinung der
Ideen.
582 TEXT NR. 20 (l921J24)
1 Das Wahrnehmungsobjekt als biosses "Bild" und nicht gerade in einem subjek-
tiven Wie, und doch als "Bild". Ebenso ein Urteil als blosser Gedanke, eine Theorie
als biosses Gebilde - evtl. aber als das, aber im Wie der Klarheit, Evidenz etc. All
das, ohne dass ich die Position vollziehe, "wirklich" glaube, urteile. etc.
2 Den Zuschauer nicht vergessen!
TEXT NR. 20 (1921/24) 585
1 "Nein" etwas nachträglich verändert in "Ja" und den Text wie folgt ergänzt:
"Sich dem Bildobjekt zuwenden und es betrachten ist ansehen, als ob es wäre. Eine
'Wahrnehmung', so wie ich, anschaulich phantasierend und den thematischen (po-
sitionalen) quasi-Vollzug der Phantasie-Akte inhibierend, das 'Phantasiebild' finde
und es selbst gegeben habe als Phantasie von einem Wahrnehmungsbild." - Anm. d.
Hrsg.
586 TEXT NR. 20 (1921/24)
auch weiter überzeugt sein, dass das Abgebildete'sei und die und
die mir evtl. anderwärts bekannten Eigenschaften hat, so ist das
in der ästhetischen Einstellung ausser thematischem positiona-
lern Vollzug. Es mag das Sujet eine Person sein, die über die un-
5 mittelbar dargestellten körperlichen Eigenschaften noch andere
geistige Charaktereigenschaften weckt, und als zum ästhetischen
Gehalt gehörig, als offenen Horizont habe jo ich eine ganze
Geschichte der Persönlichkeit und was sie "künftig" zu leisten
befähigt und berufen sei. Also synthetische Identifizierungen
10 sind dabei geweckt und werden evtl. "vollzogen". Und doch ist
eine positionale Änderung da. Ästhetisch bin ich für die Wirk-
lichkeit nicht interessiert, nicht auf Wirklichkeit eingestellt.
Ein Bild von Bismarck kann ich betrachten und daraus für seinen
Charakter viel lernen. Aber dann ist das keine ästhetische Be-
15 trachtung. Dass es Bismarck sei, kann auch ästhetisch bedeut-
sam sein, sofern es mir einen Persönlichkeits-Horizont mit weckt,
auf den der Künstler rechnen mag. Aber selbst wenn ein Stück
der Seins-Einstellung mit dienen mag, so ist sie doch nicht die-
selbe wie sonst, es liegt eine thematische Änderung vor. Das
20 Dienende würde ohnehin nur die Funktion haben, gewisse Mo-
mente und Horizonte und in Allgemeinheit zu wecken. Alles
sonst wäre überhaupt aus dem thematischen Horizont ganz
ausgeschaltet. Und wäre es eine blosse Phantasie gleichen In-
haltes, somit das Abgebildete überhaupt nicht als seiend gegeben,
25 so wäre ästhetisch nichts geändert. Aber die thematische Än-
derung betrifft genauso die Phantasie. Denn wenn ich bei einem
Bild, das ich von vornherein nicht für Abbild einer Wirklichkeit
halte, die etwa angezeigte Zentauren-Landschaft in meiner Phan-
tasie (sie, als wäre sie seiend, festhaltend) immer weiter durch-
30 wandern, mir sie als einstimmig fort fingieren würde, als ob ich
sie erkennen wollte und sollte, so wäre das keine ästhetische
Einstellung, sondern die Einstellung einer Fiktion und Fiktion
einer Erkenntnis. Das ästhetische Interesse geht auf den dar-
gestellten Gegenstand im Wie der Dargestelltheit, ohne Interesse
35 für seine Existenz selbst und quasi-Existenz. Bei der schönen
Landschaft, die ich wirklich sehe, auf die sich von hier aus, von
diesem Taleingang aus darstellende als solche.
Wie ist er dabei nun bewusst, da er doch erscheint und ich be-
trachtend ihn im Wandel von Erscheinungsweisen identifiziere
TEXT NR. 20 (1921/24) 587
und doch auch eine Einheit habe, die ich nur nicht als identische
der Unendlichkeit von möglichen Erfahrungen meine, wie wenn
ich das Absehen auf das: seiende Ding, im Fall eines Abbildes auf
das abgebildete Ding, hätte. Wo ich weiss, dass es künstlerische
5 Fiktion ist, und es dies da gar nicht gibt, da stört mich das nicht.
Eben der Zusammenhang mit meinem natürlichen Seins-Reich
der wirklichen Welt interessiert mich nicht, nicht, wiefern, was ich
da sehe, synthetisch einstimmig sich fügt in die universale Synthese
der möglichen Erfahrung, inwiefern die Identifizierung, die kon-
10 tinuierliche Seinssetzung im Fortgang der betreffenden Erfah-
rung fortführ bar ist und die Setzung des Synthetischen nun fort-
gilt, sich bestätigend. Mich interessiert nur das "Erscheinende als
solches", das in dieser Darstellung zur einstimmigen Einheit
kommt.
15 Muss ich nicht sagen: Durch den Standpunkt und die ästhe-
tische Einstellung ist mir vorgezeichnet, wie weit ich die Identi-
fizierung fortführen soll - nicht über das "Bild" hinaus. Und
damit ist gesagt, dass zwar meine Apperzeption des ästhetischen
Gegenstandes auch ihren antizipierenden Glauben hat und eine
20 Glaubenseinheit ist; aber der Horizont, die Mannigfaltigkeit ist
eine andere als für das Ding schlechthin.! Für dieses habe ich die
vorgegebene Welt, in der ich hier leiblich stehe und von der ich
ein Stück Umwelt in Wahrnehmung habe, und darüber hinaus
den Horizont möglicher Erfahrung. Das alles ist in Geltung und
25 bestimmt das Glauben. Mein Ding-Glaube, die Setzung des Ge-
genstandes schlechthin ist unbedingte Setzung, sie setzt den
ganzen Horizont, den die Apperzeption mit sich führt. Mein
ästhetischer Glaube, der des ästhetischen Objektes, aber be-
schränkt mich auf die optische Erscheinungsreihe, die ich von
30 hier, vom Taleingang aus, gewinne und die darin optisch konsti-
tuierte Einheit, als etwas für sich Identifizierbares und Erkenn-
bares. Der unendliche Horizont darüber hinaus mit allen zu-
gehörigen, mir unmittelbar und mittelbar zugänglichen Synthe-
sen (von mir herstellbaren) ist abgeschnitten, insofern er nicht
1 Aber das ist eine irreführende Darstellung, obschon Gutes darin ist. Das erste
ist: Ich habe Modifikation einer positionalen Abbildung oder positionalen freien
Phantasie, objektiviert durch Ausdruck. Ich vollziehe nicht die Setzungen und quasi·
Setzungen; aber nach der Epoche vollziehe ich neue Setzungen des nun setzbaren In-
tentionalen. <
588 TEXT NR. 20 (1921/24)
BEILAGE LXIV
, <BEDENKEN BEZÜGLICH DES AUSDRUCKS
"NEUTRALITÄTSMODIFIKATION" MIT BEZIEHUNG
AUF DIE PHANTASIE>
5 <wohl 1921 oder 1924>
I '
1 Die letzten beiden Sätze wurden, wohl schon kurz nach der Niederschrift, ge-
strichen, und am Rande bemerkte Husserl: "Ja,gibt es perzeptive Phantasie?!" -
Anm. d. Hrsg.
2 Ich fingiere mir also die Wirklichkeit um, ich fingiere mir ein Bild, in dem "diese
Wirklichkeit" dargestellt wäre.
592 BEILAGE LXV
BEILAGE LXV
25 PHANTASIEN UND VERGEGENWÄRTIGUNGEN
<wohl gegen Mitte zwanziger Jahre>
1 Der Text dieses Absatzes wurde, wohl kurz nach der Niederschrift, diagonal ge-
strichen. - Anm. d. Hrsg.
BEILAGE LXV 593
\
Was heisst das aber? Es ist, als ob es wäre. Die Erscheinung ist Seins-
erscheinung, positional nur, sofern sie im Glauben ist. Sowie sie durch-
strichen ist, ihr Seinsglaube, trägt sie in sich ein Als-ob, das rein her-
austritt, wenn ich eben alle Glaubensmotivation ausser Aktion setze,
5 kein positionales Interesse habe. Aber sie ist Erscheinung von, sie
fordert ihre Motivationszusammenliänge, sie hat ihre Horizonte etc.
Aber das sind jetzt lauter Horizonte des Als-ob etc. In gewisser Weise
kann ich jedes Ding als "Bild" sehen. Ich inhibiere allen wirklichen
Glauben, ich bin interesselos für die Wirklichkeit und nehme es als
10 Bild, als "Berg", und zwar in der Erscheinungsweise, als mir so wert.
Ich als phantasierendes Subjekt einer reproduktiven Phantasie.
Auch hier habe ich Widerstreite, ich schalte Wirklichkeit aus. In ge-
mischter Phantasie wird nicht alles zum Als-ob, aber der Als-ob-
Charakter infiziert das wirklich Gegebene, sofern es so weit seiend ist
15 und so weit bloss reproduktiv hineingewirkter Schein, aber freilich
kein präsenter Schein.
Ist nicht bei aller auch reinen Phantasie Widerstreit? Mit Wahr-
nehmungen' mit Erinnerungen, mit Antizipationen. Ich inhibiere alle
Weltsetzung. Aber hat nicht jede Phantasie irgend ihre Stelle, irgend
20 etwas, das sie bestreitet?
TEXTKRITISCHER ANHANG
ZUR TEXTGESTALTUNG
1 Bezüglich der historisch-sachlichen Motive der Gestaltung dieses Bandes vgl. die
Einleitung des Hrsg., bes. S. XXV-XXXI.
a Für eine Übersicht vgl. das "Verzeichnis der zitierten Manuskripte und Briefe" in
Husserliana-Dokumente, Bd. I, Den Haag 1977, Husserl-Chronik, Denk- und Lebens-
weg Edmund Husserls, hrsg. von K. Schuhmann, S. 490-507.
3 Zur Charakterisierung solcher Forschungsmanuskripte und zur besonderen
Problematik ihrer Veröffentlichung vgl. Husserliana XIII, Zur Phllnomenologie der
IntersubfektivitlU I, Den Haag 1973, die Einleitung des Hrsg., 1. Kern, S. XVIII-
XXII und "Zur Textgestaltung", S. 487 f.
4 Teile dieses letzten Hauptstückes wurden bereits zu Husserls Lebzeiten aufgrund
einer auch spätere Manuskripte einbeziehenden Ausarbeitung E. Steins von M.
Heidegger in Husserls Jahrbuch für Philosophie und phllnomenologische Forschung,
598 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
)
I) Über Wahrnehmung, z) Über Aufmerksamkeit, spezifische Meinung
etc. 1 .
Laut Husserls eigenem Zeugnis in einer Tagebuchaufzeichnung vom z5.
September I906 liegen dieser Vorlesung von I904/o5 sch'On vermeintlich
druckfertige, jedenfalls liein ausgearbeitete Abhandlungen aus dem Jahre
1898 zugrunde. 2 Es handelt sich hierbei um Manuskripte, die im Husserl-
Archiv die Signaturen K I 63, K I 64, K I 65, K I 66 und K I 67 t-ragen.
Sie entsprechen inhaltlich den ersten drei Hauptstücken der Vorlesungen von
I904/o5.3 Im vorliegenden Band gelangt die heute nur noch bruchstückhaft
erhaltene Abhandlung aus dem Ms. K I 67, das die Umschlagaufschriften
Phantasie Zeichen und Phantasie und bildliche Vorstellung (3./4.
September bis 3. Oktober 1898) trägt, zum Abdruck.
Alle übrigen hier veröffentlichten Texte fussen auf Forschungsmanu-
skripten. Diese liegen in verschiedenen Manuskriptkonvoluten des Nachlasses
verstreut. Zum grössten Teil entstammen die ausgewählten Forschungs-~
manuskripte aber den beiden umfangreichen Manuskripten A VI II I
(I79 BI.) und A VI n II (I5z Bl.), den kleineren A VI4 (6I Bl.), A VI z9
(38 BI.) und L II I5 (z5 BI.) sowie Binnenbündeln der Konvolute D I9
(BI. 9I-IZO) und A VI z6 (Bl. n6-I39). Die Manuskripte entstanden
hauptsächlich in der Zeit von den Logischen Untersuchungen bis zu den
Ideen I, in sachlich wichtigen Weiterführungen reichen sie bis in die zwan-
ziger Jahre.
In vier Fällen oben wiedergegebener Texte handelt es sich gewissermassen
um Wiederveröffentlichungen, allerdings in gegenüber der Erstveröffent-
lichung veränderter Gestalt. In die oben (5. 597 Anm. 4) erwähnte Aus-
arbeitung des Vorlesungsstückes Zur Phänomenologie der Zeit vom Winter-
semester I904/o5 bzw. in die der Vorlesung beigefügten "Nachträge und
Ergänzungen" hat E. Stein nämlich Fragmente aus Husserls Forschungs-
manuskripten eingearbeitet, die in der Veröffentlichung von I9Z8 bzw. im
Teil A von Husserliana X, Zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusst-
seins, Eingang fanden. Vom thematischen Gesichtspunkt des vorliegenden
Bandes her betrachtet erwies es sich als sinnvoll, die von E. Stein ausge-
Bd. IX, Halle a.d. S. 1928, herausgegeben. Die Veröffentlichung von 1928 wurde
im Rahmen der H usserliana - Edmund H usserl Gesammelte Werke im Band s., Zur
Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins, Den Haag 1966, von R. Boehm neu
vorgelegt. Vgl. dort insbesondere den vom Herausgeber beigefugten Teil "B. Er-
gänzende Texte zur Darstellung der Problementwicklung" und den gesamten
"Textkritischen Anhang" zur Rekonstruktion des ursprimglichen Vorlesungsstückes
von 1905 sowie die Einleitung des Hrsg., S. XII-XVIII bezuglich des ganzen Vor-
lesungszusammenhangs von 1904/05. Vgl. dazu auch oben die Einleitung des Hrsg.,
S. XXXIlff.
1 Die Manuskriptunterlagen tragen im Husserl-Archiv folgende Signaturen: F I 9
("über Wahrnehmung"); A VI 12 I, S. 41-50 und S. 54-57 sowie A VI 8 r, S. 26--33
(" über Aufmerksamkeit. .. ").
2 Edmund Husserl, "Persönliche Aufzeichnungen", hrsg. von W. Biemel, philoso-
phyand Phenomenological Research, 16 (1956), S. 298. Vgl. auch oben die Einleitung
des Hrsg., S. XXVIIf. .
3 Vgl. Husserliana X, die in der Einleitung des Hrsg., R. Boehm, S. XIV m der
Anm. 2 gegebenen Manuskriptnachweise.
TEXTKRITISCHE ANME~KUNGEN 599
Hier ist der Ort, auf einen besonderen Umstand aufmerksam zu machen,
auf den bei der Gliederung des vorliegenden Bandes Rücksicht zu nehmen war.
Der grösste Teil der in den Band aufgenommenen Manuskripte gehörte
nämlich einst zu einer von E. Stein während ihrer Assistentenzeit bei Husserl
(Oktober I9I6 bis Februar I9I8) angelegten Manuskriptsammlung, für die
sie auch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis anfertigte. 1 Obzwar H usserl auf
dem Umschlag dieses Inhaltsverzeichnisses vermerkte ein geordnetes Manu-
skript-Konvolut, hat er selbst, offenbar zu verschiedenen Zeiten, vor allem in
den zwanziger Jahren, E. Steins durchpaginierte Zusammenstellung zum
Teil wieder aufgelöst. Der Vermerk bezüglich der Anordnung des Konvoluts
war wohl s(1 aufzufassen, dass sich hier aus der Fülle seiner Manuskripte
solche zueinandergelegt fänden, die den Problembereichen 'Wahrnehmung,
Vergegenwärtigung, Stellungnahme, Phantasie, Bildbewusstsein' zuzurechnen
seien. Innerhalb der Zusammenstellung sind nur da und dort, ohne chronolo-
gische Ordnung, thematische Gruppierungen- ersichtlich, vor allem aus
Husserls Aufschriften auf später eingefügten Sonderumscklägen. Es sind
aber auch gewisse Manuskriptbearbeitungen (Paginierungen, Querverweise)
von Husserls Hand zu beobachten, die allem Anschein nach gerade aufgrund
von E. Steins Manuskriptzusammenstellung vereinzelte Blätter nachträglich
zu einer Einheit zusammenfassen, die ursprünglich nicht gegeben, bei der in
vorliegendem Bande durchgeführten Textgliederung nun aber auch zu respek-
tieren war (vor allem Nr. Z und Teile in Nr. I5, Nr. I6, Nr. I7). Diese nach-
träglich von Husserl selbst vereinheitlichten Textstücke werden hier zwar in
der von ihm zur Geltung gebrachten Reihenfolge, jedoch stets als einzelne
Stücke mittels Untereinteilungen a), b), c) etc. gedruckt oder gegebenenfalls, mit
Querverweisen versehen, als Beilagen wiedergegeben, um deren verschiedenen
Ursprung und teils ursprüngliche oder zeitweilige Selbständigkeit unmittelbar
ersichtlich zu machen.
E. Steins, von Husserl an mehreren Stellen annotiertes Inhaltsverzeichnis
zur Manuskriptsammlung, die sicher auch von ihr selbst nicht in der im'
Inhaltsverzeichnis sich spiegelnden Form aer Zusammenstellung als bereits
zur Publikation geordnet betrachtet wurde, gibt einen guten Vberblick über
damals, wohl Sommer I9I7,2 vorhandene Aufzeichnungen zur Thematik des
1 Eine von E. Steins Hauptaufgaben als Husserls Assistentin bildete die Ordnung
rind Verarbeitung seiner Manuskripte für umfassende Publikationen (vgl. HusserZiana
X, die Einleitung d. Hrsg., R. Boehm, S. XIX-XXIII und K. Schuhmann, HusserZ-
Chronik, S. 202).
B Es kann nicht mit Sicherheit ausgemacht werden, wann E. Stein diese Manu-
skriptzusammenstellung vornahm. Es könnte in den Wochen vor Juli 1917 geschehen
sein; denn am 6. Juli 1917 schrieb E. Stein an R. Ingarden: "Ich habe in der letzten
Zeit immer neue Stösse von Manuskripten geordnet und bin eben jetzt auf das
602 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
Konvolut ,Zeitbewusstsein' gestossen <... )". Es könnte sein, dass unter jenen
Stössen sich auch die hier fragliche Sammlung befand, da sie vermutlich bei HusserI
selbst im Umkreis der Manuskripte zum Zeitbewusstsein lag. Vgl. R.Ingarden,
"Edith Stein on her Activity as an Assistant of Edmund Husserl (Extracts from the
Letters of Edith Stein with a Commentary and Introductory Remarks)" , Philosophy
ana Phenomenological Research, 23 (1962), S. 155-175; die zitierte SteIle S. 171 f.
1 Vgl. dazu die einleitenden Textkritischen Anmerkungen zu Beilage III, unten
S. 637f.
2 Ms. A VI 11 II, S. 2a.
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 603
Wahrnehmung und;Vergegenwärti-
gung; Stellungnahmen.
Phantasie und Bildbewusstsein . . . A (621125) Nr.I
Wahrnehmung und Imagination,
Wahrnehmung der Wahrnehmung
und Imagination, Imagination der
Wahrnehmung und Imagination. 1. (vgl. 194, Nr.2
210)
Phantasie und Erinnerung. . . . 9 (vgl. 161, Beilage XIX
180)
Empfindung, Abklingen und Phan-
tasma . . . . . . . . . . . . . 10 (vgl. 152, Ms. A VI I I 1/43
157)
Einordnung der Empfindungen ins
Empfindungsfeld; Schranken zwi-
schen Empfindung und Phantasie 11 Beilage XI
Durchdringung und Widerstreit ver-
schiedener Felder . . . . . . . . 12 Ms. A VI I I 1/45
Vorstellung und Wahrnehmung mit
identischem Bedeutungsgehalt . . . 13 (vgl. 251) Ms. A VI I I I/46f.
Phantasie und phantasierter, Bild
und abgebildeter Gegenstand . . . 15 Ms. A VI I I I/49f.
Erscheinung und ihre Zeitlichkeit. . 18 Ms. A VI I I I/52-54
Erscheinung, perzeptive und Bild-
auffassung . . . . . . . . . . 19 (vgl. 50, Ms. A VI I I I/55f.
75,177, A65,
154,295,237)
Erinnerung und Einfühlung 21 Ny. I5 b) und Beilage
XXXVIII
Belief des inneren Bewusstseins, rei-
ne Perzeption und Stellungnahme . 23 (vgl. 232) Ny. I5 b)
Vollzug der Reproduktion und in der
Reproduktion. . . . . . . . . . 24 (vgl. 34) Ny. I5 b) und Beilage
XXXVI
Bekanntheitscharakter (Erinnerung,
Wiedererkennen); sympathetische,
positionale und neutrale Akte . . . 31 Ny. I5 d) und Beilage
XXXIX
1 Beginn von Blatt ,,4" des Inhaltsverzeichnisses von E. Stein. Husserl bemerkte
darauf ,,89-152 ist herausgenommen". Die Inhaltsangaben zu diesen Blättern befin-
den sich auf Blatt ,,3" (Ms. A I 4,3) und teils (ab 131) auf Blatt ,,4"; diese Angaben
auf Blatt ,,4" (bis 150) hat Husserl mit Bleistift quer durchgestrichen und am Rande
dazu bemerkt "herausgenommen".
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 607
Vorbemerkung
die nicht gehaltene Vorlesung (vgl. oben den Text des 6. Kapitels). Der Vor-
lesungstext ist, mit Ausnahme einzelner Worte, durchgehend in Stenographie
verfasst, und zwar auf den BI. 62 bis inkl. 103 in Tinte, während die BI. 104
bis 125 (F I 8, 48-70) ursprünglich mit Bleist. geschrieben, später aber-ein in
H.s Ms. sehr seltener Fall -, mit Ausnahme der im Bleist.-Ms. gestrichenen
Passagen, durchgehend mit Tinte noch einmal 'nachgezogen' wurden. Da die
Tintenschrift auf diesen BI. sehr unpräzise ist, besteht Anlass zur Vermutung,
dass die BI. gar nicht von H. selbst 'nachgezogen' wurden.
Im Konvolut F I 8 liegen im übrigen noch Bl., die in den Umkreis des
vierten Hauptstückes Zur Phänomenologie der Zeit aus der Vorlesung von
I904/05 gehören (vgl. Husserliana X, Zur Phänomenologie des inneren Zeit-
bewusstseins, S. 386, Anm. 2 im Abschnitt "Zur Textgestaltung").
Der Titel des dritten Vorlesungsstückes Phantasie und Bildbewusstsein
steht in Blaust. von der Hand E. Steins auf dem Gesamtumschlag des Kon-
volutes F I 8, S. Ia. Die BI. 2 und 3 des Konvolutes enthalten ein Inhalts-
verzeichnis zum Vorlesungsstück von der Hand E. Steins. Dieses Verzeichnis
fasst, mit Verweisungen auf die Paginierung der Vorlesungsblätter, die Auf-
schriften zusammen, die E. Stein auf den Vorlesungsblättern selbst gemacht
hatte und die hier in den Textkritischen Anmerkungen jeweils wiedergegeben
werden. Auf die beiden, mit Phantasie und Bildbewusstsein überschriebenen
BI. des Inhaltsverzeichnisses schrieb H. mit Bleist. an den Rand Vorlesungen
1904/05; ansonsten weist dieses Inhaltsverzeichnis für das Vorlesungsstück
keine Spuren von H.s Hand auf. Von H. selbst geschrieben kommt der Titel
des Vorlesungsstücks bei den Aufschriften zu den "Gesamtinhaltsverzeichnis-
sen von Frl. Stein" im Konvolut A VI Ir 11, S. 2a (vgl. oben "Zur Text-
gestaltung", S. 602) zur Geltung: Phantasie und Bildbewusstsein Vor-
lesungen 1904/05, so dass die Betitelung von Nr. I als authentisch gelten darf.
Vorlesungen 1904/05 auf Ms. A VI Ir II, S. 2a und Phantasie und Bild-
bewusstsein auf Ms. F I 8, Ia sind übrigens auch mit dem gleichen Rotstift,
offenbar von H. selbst, unterstrichen. Auf dem Gesamtumschlag des M s. F I 8
notierte E. Stein unter dem Titel noch (Aus den Vorlesungen 1904/05,
eigenes Inhaltsverzeichnis), und oben rechts trägt der Umschlag E. Steins
"Signatur" des Vorlesungsteils A (62/125) sowie die folgenden Querverweise
auf ihr Gesamtinhaltsverzeichnis: (vgl. 19, 50, 75, 154, 177, 228, 237, 295)
(vgl. dazu oben "Zur Textgestaltung", S. 603 tt.).
Der Text des Vorlesungsstückes über "Phantasie und Bildbewusstsein"
trägt auf BI. 62 (F I 8,4a) von Husserls Hand das Datum 10.1.1905 und auf
Bl. 116 (F I 8,6Ia) das Datum 9.II.1905. Da H. die Vorlesungen während
des Semesters selbst zu schreiben pflegte, ist die Niederschrift des dritten
Hauptstückes also auf Januar/Februar I905 anzusetzen. Der Text wurde
vom Hrsg. in Kapitel und Paragraphen eingeteilt, wobei die Vberschriften
sich möglichst an Husserls Wortlaut in den entsprechenden Abschnitten
anlehnen.
Die zum Teil zahlreichen Unterstreichunge-n im stenographischen Ms.
wurden nicht vollständig übernommen; sämtliche im Druck vorkommenden
Sperrungen gehen aber auf Unterstreichungen von Husserls Hand zurück.
Die Unterstreichungen geschahen meistens schon bei der Niederschrift, ver-
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 615
einzelt sind sie aber mit Blei- oder Buntstift anscheinend später angebracht, so
insbesondere in Blau- und Bleistift auf den Bl. 92 bis inkl. 97 (Ms. F I8,35a
bis 40b; cf. oben §§ 25 bis 28) - El. 92 trägt mit Blaustift den Vermerk
Rek<apitulation> und mit Bleistift das Datum 24.1.1905 - sowie auf den El.
110 bis inkl. 114 (Ms. F I 8, 55a bis 59b; cf. oben §§ 40 bis 44) - El. 110
trägt wiederum mit Blaustift den Vermerk Res<ümee> und mit Bleistift das
Datum 7.II.1905. Ober das ganze Ms. verstreut finden sich einige wenige
andersartige Spuren späterer, allerdings im allgemeinen nicht datierbarer
Durchsicht(en) des Ms., die in den folgenden Anmerkungen einzeln nach-
gewiesen werden.
1,10 Oben rechts von Bl. 62 (H.s Bleist.-Paginierung), dem ersten des
dritten Hauptstückes aus der Vorlesung von I904/05, in Tinte das Datum
10.1.1905, vermutlich nicht der Niederschrift des Textes, sondern der ersten
Vorlesung nach den Weihnachtsferien. Zu Beginn des Textes ein Ausrufe-
zeichen, wie H. es am Anfang der Vorlesungsms. und Hauptabschnitte von
Vorlesungen bisweilen zu setzen pflegte. Neben der ersten Zeile des steno-
graphischen Textes beginnt E. Steins Titelangabe Phantasie als geistiges
Vermögen, geistige Tätigkeit, geistiges Produkt am Rande des in der Mitte
gefalteten Bl. (H.s Vorlesungsbl. waren in der Mitte gefaltet, da er sie in der
Jackentasche zu tragen pflegte). E. Steins Titel ist mit Blaust. eingerahmt;
teilweise über diesen blauen Strich und daher erst in der Zeit von E. Steins
Assistentenzeit bei H. geschrieben, am ehesten wohl im Sommer I9I7, finden
sich folgende Hinweise H.s mit Bleist.: Die Folioausarbeitung über Phan-
tasie genau durchzusehen. Sie ist nicht ganz ausgenützt. Dazu Brentanos
Vorlesungen. Meinongwird kaum viel bieten. Bezüglich der Folioausarbei-
tung vgl. oben "Zur Textgestaltung", S. 598, sowie unten die Textkritischen
Anmerkungen zur Beilage I. Mit Brentanos Vorlesungen ist das Kolleg
"Ausgewählte Fragen aus Psychologie und Ästhetik" vom Winter-
semester I885/86 gemeint, das H. als Student in Wien hörte; H.s eigene
Vorlesungsnachschrijt, die ihm zur Zeit der Vorlesungen von I904/o5 und
noch um I9I7 vorgelegen zu haben scheint, befindet sich nicht im Husserl-
Archiv zu Leuven. Zur Bedeutung dieser Vorlesung für H. vgl. oben die
Einleitung des Hrsg., S. XLIIIff. Vgl. auch K. Schuhmann, Husserl-
Chronik. Denk- und LebenSweg Edmund Husserls, Den Haag I977, S. I5· .
1, Anm. 1 Datum in Tinte oben rechts auf dem ersten Vorlesungsbl. 112,2
nach Erlebnisse gestr. die als 11 2,3 nach Tätigkeitsergebnisse gestr. gefasst
werden fI 2,5 ausdrücklich Einf. über der Zeile 11 2,8 meint V. für besagt 11
nach alsogestr. ein 11 gewisse Einf. über der Zeile 112, 10 vor Andererseitsgestr.
Anderes meinen wir, wo 112,14-15 ich bis Werke Einf. über der Zeile 112,17
nach Fabelwesen gestr. die Landschaften 11 2,18 der Dichter V. für er 11
2,22 ff. Auf der Höhe dieses Absatzes E. Steins Randtitel Phantasie als
intentionales Erlebnis 112,35 zwar v. für also 11 oder V. für und I' 2, Anm. 1
Einf. mit Bleist.: evtl. wollte H. zuerst "kausalen" einfach streichen, eine
doppelte Bleist.-Streichung im Ms. ist noch sichtbar 1\ 3,3 nach Vergegen-
wärtigen, das gestr. sich \I 3,14 nach und werden gestr. geg(laubt> \13,16
nach sind gestr. selbst \I 3,1·7-18 Dingwahrnehmung es nicht ·sind, gleich-
616 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
manenten Charakteren der Vorstellung nichts übrig bleibt als der Inhalt,
und er andererseits aus innerer Erfahrung klar sieht, dass jedes besondere
Vorstellen im biossen Phantasieren zum Beispiel ein besonderes Be-
wusstsein ist, so fasst er Vorstellung als einen Akt, der sich auf den
Inhalt bezieht und der nun durch den Inhalt und nur durch ihn differen-
ziert ist. In der Tat, was soll, wenn wir das Eigentümliche der Auffassung
nicht erfassen, noch differenzieren? " 10,3 Auffassungsform V. tür Auf-
fassungssinn 1110,5 nach unter gestr. bloss<em> 1110,8 nach Gattung gestr.
objektivierender 11 10, 12 nach Wünschen gestr. vom Vorschweben o<der> 11
11,5 ff. Aut der Höhe dieses Absatzes E. Steins Randtitel Die darstellenden
Inhalte in Wahrnehmung und Phantasie (vgl. S. 98) 1111,6 natürlich die
Frage V. tür es natürlich ein Problem für sich 11 11,7 Wahrnehmungen
V. tür entsprechender Wahrnehmung 11 11,11 nach Gattung identisch
V. tür nach Gattung und speziesmässig identisch, dabei aber irrtümlich
mässig nicht mit durchgestr. 1111,30 spezifisch Eint. über der Zeile Ir 12,4
nach der gestr. Verschiedenheit 11 12,25 Klammer schliesst erst nach an-
nehmen im Ms. !l12,31 nach aber gestr. gar 1112,32 sich V. tür man 1114,13
und Flüchtigkeit Eint. über der Zeile 11 15,13-14 so viel bis ist Eint. am
Rande 11 15,27 ff. Aut der Höhe dieses Absatzes E. Steins Randtitel Wahr-
nehmung und Phantasie vom selben Gegenstand 11 15, Anm. 1 Rb. mit
Bleist., noch neben E. Steins Randtitel (vgl. Anmerkung zu 15, 27 ff.), also
wohl erst um I9I7 eingefügt 11 16,3-13 abgesehen bis usw. V. tür Auffas-
sungsinhalte, Auffassungscharakter, Gegenstand, in die Erscheinung fal-
lende Seite des Gegenstandes usw. " 16,16 sogar Eint. über der Zeile 11
16,22einenAkt V. tür eine Auffassung (von den qualitativen und meinenden
Charakteren abgesehen) 11 statt dem im Ms. der; der vorigen V. nicht an-
gepasst 1116, 26 nach nicht als gestr. selbst 1116,29 einen neuen V. tür ein
Eigenes \116,30 oder vorauszusetzen Eint. über der Zeile \116, Anm. 1 mit
Blaust. eingerahmte Rb., von Wir wollen bis fehlt mit Tinte wohl schon zur
Zeit der Vorlesungen dazugeschrieben; später, vermutlich um I9I7, mit
Bleist. die nachträglich sich als berechtigt erweisen beigefügt 1117,5 machen
V. für lassen 11 17,14-17 Natürlich bis hat Einf. am Rande 11 17,23-26
inneren BildvorsteUungen bis geistige Bilder V. tür inneren Bildvorstel-
lungen, die Phantasievorstellungen durch geistige Bilder rechnen müssen,
bei der V. nach Bildvorstellungen tuhr H. zuerst tort die Phantasievorstel-
lungen im gewöhnlichen Sinn, strich diesen Passus aber wieder 1117,26 nach
die gestr. merkwürdigen 1117,28 nach Gegenstand tolgt im Ms. ein in aus
einer nicht mehr rekonstruierbaren Satzkonstruktion 11 durch Ähnlichkeit
Eint. über der Zeile 1118,14-15 (der intellektiven oder Gemütsoharaktere)
V. tür und Gemütscharaktere 1118,15 seiend V. tür wirklich Ir 18,23 wirk-
liches Ding und V. tür Schloss und 1118,26 in der Phantasie Eint. über der
Zeile 11 19,14 nach gemeinte, das gestr. im photo graphischen Bild' 11'19,15
photographisches Eint. über der Zeile 1119,20-21 und wird bis Jenes V. tür
jenes in den unddell Farben erscheinende 11 19,27-29 die Numerierung 1), 2),
3) Eint. mit Bleist.1I19,39 statt Farben- im Ms. Farben 11 20, tO'dann weiter
V. mit Bleist. tür aber 1120,29 statt könnte evtl. würde zu lesen 11 21,4 ff. mit
diesem Absatz beginnt im Ms. das BI. 75. Der Text dieses ersten Absatzes
618 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
(bis Sujet aut Zeite 11) ist oben und unten mit einem querlautenden Tinten-
strich abgetrennt 11 21,8 nach in der gestr. normalen 11 21,33 nach derselbe
gestr. wie 11 21,34 nach Löwe gestr. oder Zentaur 11 22,1 nach erscheinenden
gestr. und zwar 11 22,29 das Bewusstsein einer V. tür die physische 11 23,1
Vorstellung V. tür Erscheinung 11 23,3 nach einerlei gestr. Real, 11 23,31
nach zunächst gestr. in Farben oder 11 23,32-33 statt meinen wir nicht im
Ms. meinen nicht wir nicht 1123,33 Aber Eint. mit Bleist. 1124,9 statt sein
im Ms. ein 1124,20 der Punkt nach Bild V. mit Bleist. tür Komma 1124,25
nun Eint. mit Bleist. 1125,4 etwa Integral Eint. über der Zeile 11 Wort V. tür
Wortbild 11 25,10-13 Das Wort bis Meinens sein Eint. am Rande 11 25,23
als immanente V. mit Bleist. tür immanent 11 Komma nach begriffl<icher>
Eint. mit Bleist. 25, Anm. 1 Rb. Symb., vom Hrsg. zu Symbolisierung
ergänzt 11 26,3 nach Bilderlebnis gestr. Aber niemand hält dieses für das 11
26,10-11 die Erscheinung bis man V. tür auf die Erscheinung, so wie sie
wirklich gegeben ist, achtet man 11 26,30 Semikolon nach Wahrnehmung
V. mit Bleist. tür Komma 1126,31 Punkt nach Gegenstand Eint. mit Bleist. 11
27,3 nach Auffassungen gestr. und zwei Gegenständen 11 27,10 nach hätten
gestr. zwei Vorstellungen, mit zwei 1127,22 in Berlin Einf. über der Zeile 11
27,22-23 das Schloss V. tür sie 27, Anm. 1 Rb. mit Tinte 1I 28,1 statt
Phantasie- und Bildvorstellung im Ms. Phantasie und Bild-Vorstellung
(evt!. als bildliche Vorstellung zu lesen) 11 28,2 wird intentional V. tür er-
wächst durch eine Auffassungsmodifikation, durch eine Modifikation der
Auffassung des ersten 1128,12-25 Allenfalls bis vorliege mit Tinte in eckige
Klammern gesetzt, die mit Bleist. wieder gestr. sind 11 28,15 statt es im M s.
sie 1128,21-22 statt das <... > würde evtl. die <.... > würden zu lesen 1128,
Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 28, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11 28 Anm. 3 Datum
oben rechts mit Bleist. aut BI. 80, dabei ist 17. V. tür 16. 1129,26-29 Das bis
Auffassungsinhalte. - Eint. am Rande; vgl. oben S. 27 die Anm. I 11 30,6
verschiedene V. tür unterschiedene 11 30,10-11 mit den Worten aus-
drücken V. tür nennen 11 30,16 statt Es im Ms. Sie 11 30,17 nach weist
gestr. auch 11 30,33 nach dar gestr. es bildet ab 11 30,35 nach Sujet gestr.
guckt durch diese Züge 1131,2-3 charakterlosen Züge Eint. über der Zeile 11
31,7-9 Was andererseits bis voraus V. tür Evident ist dabei, dass das
Bewusstsein die nicht passenden, die vom Sujet abweichenden Momente
des Bildes wesentlich voraussetzt, als ein Vorgängiges 11 31,13 gegeben
durch jenes V. tür eben diese 11 31,16 gewisser seiner intuitiven Eigen-
heiten V. tür gewisser unter den erscheinenden Eigenheiten, wobei unter
den erscheinenden selbst schon eine wieder gestr. Eint. bildete 1131,17-18 ein
Widerstreit Eint. über der Zeile 1131,19 nach kann gestr. Das aber kann es
bzw. Das aber geschieht so 11 31,25 nach sondern gestr. das Bildbewusstsein
tI 31,27 nach Bildobjekt gestr. in den und jenen Punkten Gleichheit,
Ähnlichkeit, grössere oder geringere 11 32,4 statt breitet evt!. bietet zu lesen 11
32,6 gibt das ein V. tür ist es 1132,9 nach Objekt gestr. wirklich 11 32,14-15
Trotz bis fehlen V. tür Bei voller innerer Deckung ist das immer noch
möglich 11 32,17 vollkommenen V. tür vollendeten 11 32,19 die Entzifferung
von ungenügender steht nicht ganz test 11 32,21 nach an gestr. einer anderen
Erfahrungswirklichkeit 11 32, 26 lebendige V. tür gearbeitete 11 32,33
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 619
streit zwischen Wirklichkeit und Schein <gestr.: "hebt mit dem ästheti-
schen Schein auf", Fortgang des Textes:) ist der äusserste Gegensatz zum
ästhetischen Bewusstsein. Statt die Freude im Ms. der Freude am Anfang
dieser Veränderung, so dass evtt. auch ein <hat) nach Schein einzufügen
wäre; vermutlich aber wurde der versehentlich nicht in die verändert 11
42,13-14 der bis entfällt V. für die Bildlichkeitsfunktion der Phantasie-
bilder. 1142,23 gleich als ob V. für wie wenn 1142,24 nach handelte: gestr. So
fangen wir z.B. an laut zu sprechen 11 42,28 fast Einf. über der Zeile 11
42,19-31 sie bis färbt V. für aber ein leises Bewusstsein des Scheins, oder
I'
ein leises Intermittieren immerfort vorhanden ist. 42, Anm. 1 Rb. mit
Bleist. 11 43,1 die bis der Einf. über der Zeile 11 43,14 statt auf diese im Ms.
an diese 11 43,19 statt erörtert evtt. zu lesen betont 11 43, Anm. 1 Rb. mit
Bleist., später mit Blaust. nachgezogen; der Titel vom Hrsg. für das 4.
Kapitel tusst auf dieser Rb. 11 44,4 nach mir gestr. zunächst 11 44,20 Farbig-
keit V. für farbenen perspektivischen Erscheinung 11 44,33-45,6 Und bis
gesondert V. tür Indessen, dies letztere ist nicht korrekt. Während wir in
der Imagination leben und den Intentionen des Malers folgen, haben wir
in Wahrheit nicht diese zwei Erscheinungen. Nur das Bildobjekt er-
scheint und nur in diesem ist die Imagination fundiert. Die Veränderung
scheint so zustande gekommen zu sein, dass H. nach dem Text Indessen bis
fundiert zuerst den vorne wiedergegebenen Text Und bis gesondert aut der
rechten BI.-Hältte schrieb, dann den Text Indessen bis Erscheinungen wie
tolgt veränderte Es scheint also, dass wir sagen müssen: In der Imagination
lebend und den Intentionen des Malers folgen<d), können wir in Wahrheit
nicht diese zwei Erscheinungen <haben>, schliesslich aber den ganzen ur-
sprünglichen Text und die in diesem vorgenommene Veränderung durch-
strich und nur noch den vorne wiedergegebenen Text gelten liess. Vor Und
doch gestr. So ist es 1145,15-16 oder bis hindurch Eint. über der Zeile 1146,8
durchdringen V. tür verschmelzen 11 46,9 sie verschmelzen Eint. über der
Zeile 1146,12 gegenwärtigen Eint. über der Zeile 11 46,16 nach Nichts gestr.
oder nichts Gegenwärtiges 11 46,25 nach sich gestr. alles 11 46,33 als solche
charakterisiert Eint. über der Zeile 1147,4-5 Eine bis Gegenwart? Eint. aut
der rechten BI.-Hältte 1147,22-23 kann <... > zum Erscheinungskern werden
V. tür erscheint IJ 48,14-15 statt der Gedankenstriche beidemale ein Doppel-
punkt über ursprünglichen Kommas 11 48, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 49,11
erscheinungsmässig V. tür kontinuierlich 11 49,12 vor gegenwärtig gestr.
jetzt 11 49,30-31 Etwa bis Bildlichkeitsauffassung Eint. über der Zeile 11
49,33-35 Könnten <... > haben V. tür Hätten 1150,10 ff. bei diesem Absatz
beginnt im Ms. das BI. 92. Es trägt oben rechts mit Bleist. das Datum
24.1.1905, etwas weiter unten mit Blaust. den Vermerk Rek(apitulation>
und daneben mit Bleist. einen abwärts gerichteten Pteil 11 50,17 Bildlichkeit
V. tür bildlichen Auffassung 11 50,20 also Eint. mit Bleist.; vgl. S. 50 die
Anm. 3 11 50,23-24 die Klammern mit Blaust. eingetügt If 50, Anm. 1 Rb.
mit Bleist. 11 50, Anm. 2 Streichung mit Bleist. 11 50, Anm. 3 Veränderung
bzw. Eint. mit Bleist. 11 50,32 Semikolon statt Komma vom Hrsg. 11 51,17
nach tritt das gestr. fühlbare 11 51,18 A ntührungszeichen mit Bleist. einge-
tügt 11 51,22 phänomenologischer Eint. über der Zeile \151,24 seiner V. mit
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 621
Bleist. für der 1151,27 u. 29 a) und b) Eint.' mit Bleist. 11 51, Anm. 1 Rb. NB
m~t Bleist. Ii 51, Anm. 2 Einf. mit Bleist. 11 52, 35-36 (evtl. bis Intention)
Einf. mit Tinte auf der rechten BI.-Hälfte 11 52,37 woran V. mit Bleist. für
worauf \153,20 bei "zeitlich zugleich" Anführungszeichen vom H rsg. \I 53,32-
54,2 dieser Absatz im Ms. später mit Blaust. in eckige Klammern gesetzt \153,
Anm. 1 Rb. mit Bleist., durch einen Pfeil von H. als auf Inhaltsverzeichnis
bezüglich gekennzeichnet \153, Anm. 2. Bleist.-Einf. über der Zeile 1153, Anm.
3 Streichung mit Bleist .. 11 53, Anm. 4 Rb. mit Bleist. 11 54,16 nach Gefühl
gestr. der Schwierigkeit 1\54,19 bei Bildvorstellung endet die Vorderseite von
BI. 94; die Rückseite ist unbeschrieben \I 54,20 E. Steins Randtitel Fiktum
und Phantasie"bild" 1154,31 In diesem Sinn hat H. nachl Fiktum auf der
rechten Bl.-Hälfte eingefügt, ohne den Punkt nach Fiktum durchzustreichen,
so dass die Einf. sich auf den fogenden Satz zu beziehen scheint und die
Umstellung des "ist", die H. selbst nicht vornahm, zur Folge hat: In diesem
Sinn <ist> statt In diesem Sinn das "Phantasiebild" ist <... >. Möglich
wäre aber auch, die Einf. In diesem Sinn an den vorangegangenen Satz anzu-
schliessen (vgl. dann im Vorlesungstext die Ausführungen im § 32). Solche
Eintügungen ohne Satzzeichenangleichungen sind in den stenographischen
Ms. häufig. Sachlich gesehen sind an dieser Stelle des Gedankenganges der
Vorlesungen die beiden Lesarten möglich. Die vom Hrsg. oben gewählte
Fassung trägt vor allem dem unmittelbaren Anschluss an den vorangegan-
genen Absatz Rechnung 1155,5 nach wird gestr. Oder ist es etwa gar zugleich
1\55,16 Themen Eint. mit Bleist. 1155,17 nach Bildlichkeit gestr. vor allem 11
55,27-28 Jener bis gegen V. tür Jener Widerstreit gegen die aktuelle
Gegenwart von seiten des dazwischen sich setzenden 11 55,29 statt sup-
po<niert> <werden> im Ms. supponieren 1155,31 direkte V. fürpräsentative
55, Anm. 1 Eint. mit Bleist. 11 55, Anm. 2 V. mit Bleist. 11 55, Anm. 3 V. mit
Bleist. 11 56, 3-4 erscheinen bis kann V. tür bildlich werden kann \I 56,6 an
sich Eint. mit Bleist. \I 56,9 Gegenwärtiges? V. für sich selbst? \I 56,13 ff.
bei diesem Absatz E. Steins Randtitel Stufen der Angemessenheit der Vor-
stellung an das Objekt 1\56,17 nach Angemessenheit gestr. des Bildobjekts
1156,20 Bilderscheinung V. für Bildobjektserscheinung 11 56,30-31 sein bis
geredet V. tür sein 11 56, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 1157,3 vollkommen V. tür
vollständig 1157,11-14 sie bringen bis tut V. tür die Erscheinung, die sie ge-
währen, die Erscheinung der Raffaelschen Madonna, der Toteninsel, u.dgl.
ergibt eine so volle, in sich gefestigte, sichere und greifbare Gegenständlich-
keit als nur irgendeine Wahrnehmungserscheinung dies tut 11 57, 21 ff. zu
Beginn dieses Absatzes E. Steins Randtitel Annäherung der Phantasie an
Wahrnehmung und Möglichkeit der Einordnung in das Wahrnehmungsfeld
1\ 57,30 vor eigentlicher gestr. direkter und indirekter 1158,20-21 Phantasien
V. für Phantasmen 11 59,5 ff. zu Beginn diese's Absatzes E. Steins Randtitel
Lebhaftigkeitsschwankungen und Diskontinuität des Phantasiebildes im
Gegensatz zum Bildobjekt 11 59;6 Wahrnehmungserscheinung V. für
Wahrnehmungsauffassung 1159,8 kernige V. für für lebendig feste 1159,28
bei Aber beginnt im Ms. das BI. 98; oben rechts am Rande von E. Stein
folgende Querverweise aut ih1'l Gesamtinhaltsverzeichnis sowie auf Stellen
innerhalb des dritten Hauptstückes von I904/o5 selbst (vgl. oben "Zur
622 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
Textgestaltung", S. 603ft.}: Vgl. 10; 152; 157; A (68, 107, 115) 11 59,32
Gegensatz V. für etwas anderes 1159,35-60,2 die Unterschiede bis besitzen
Einf· auf der rechten BI.-Hälfte 11 59, Anm. 1 Einf. am Rande, von Genauer
bis Leblosigkeit <?) mit Bleist. und nochmals 'nachgezogen' mit Bleist.,
wodurch die Entzifferung des letzten Zeichens als "Leblosigkeit" ungewiss
wurde; ab Dieser bis etc. <sein) mit Tinte 11 60,10-24 Offenbar bis Punkt
Einj. auf der rechten BI.-Hälfte 1160, 17 vorphysischengestr. Wahrnehmung 11
60,18 über letzteren mit Bleist. ein Pfeil eingefügt, der auf physische Bild-
lichkeit (im Ms. eine Zeile darüber) weist 1160,34 bei Mit einem Wort: das
Proteusartige der Phantasie bricht der Text ohne Satzzeichen auf der Vor-
derseite von BI. 98, dessen Rückseite unbeschrieben ist, ab. Es folgt, von H.
selbst paginiert, Bl. 98a, datiert auf 2. (V. tür 3.) X. 1898. Oben rechts trägt
das BI. den Vermerk M zu 15. Damit ist eine Zuordnung zum Ms. der Aus-
arbeitung von I898 gemeint (vgl. die Textkritischen Anmerkungen zur
Beilage I, unten S. 627f.). Die ersten sieben Zeilen des BI. sind mit einem
Querstrich abgetrennt, die Paginierung 98a steht unter dem Querstrich am
rechten Rand; am linken Rand, ebenfalls unter dem Querstrich, der Vermerk
A, vermutlich von E. Stein und als ihre "Signatur" des Vorlesungsstückes
von I904/o5 zu deuten. Der Text oberhalb des Querstriches lautet: Ein
Hauptunterschied <Eint. mit Bleistift: Aber kein durchgreifender!>
zwischen physisch-bildlicher Erscheinung und Phantasieerscheinung bzw.
zwischen den entsprechenden meinenden Akten und ebenso zwischen
Wahrnehmungserscheinung und Phantasieerscheinung besteht in der
präsentativen (gestr.: bzw. repräsentativen> Kontinuität auf der einen,
der Diskontinuität auf der andere Seite. <Rb. mit Buntstift: vgl. lJ> Es ist
das, was man als Stetigkeit bzw. Flüchtigkeit in der Regel wohl meint.
Ich analysiere es folgendermassen: Der dann folgende Text des BI. 98a ist
der oben wiedergegebene, von H. dem Vorlesungszusammenhang von I904/o5
eingeordnete: In der Einheit bis proteusartig wechselt (oben S. 63,5) 11
61,32-34 in der identischen bis Intention Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte;
später hat H. mit einem Bleist.-Zeichen den genauen Ort der Einfügung
angegeben 11 61, Anm. 1 V. mit Bleist. 11 62,14-18 so bis bleibt Einf. am
Rande; nach bleibt folgt im Ms. später gestr. so ist zu beachten etc. 11
62,28-29 und doch ganz anders Einf. über der Zeile 11 62,33-34 die Klam-
mern sind eine Einf. mit Bleist. 1163,12 Hier beginnt im Ms. das BI. 99 bzw.
blau numeriert 1 mit dem Bleist.- Vermerk oben rechts nicht gehaltene Vor-
lesung. Der Text dieser nicht gehaltenen Vorlesung erstreckt sich im Ms. bis
BI. 103 bzw. blau 5 CF I 8/47b) und wurde vom Hrsg. in einem eigenen
Kapitel abgegrenzt 11 63,19 nach unterscheiden gestr. das erscheinende BiId-
objekt 1163,22-26 Die bis anbelangt Einf. auf der rechten BI.-Hälfte " 63,27
primären (gestr. wirklich) direkten V. für wirklich erlebten 11 63,33 statt
ihre im Ms. seine 1163, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 64,1-5 Ferner bis Verähn-
lichung Erg. auf der rechten Bl.-Hälfte; auf derselben Höhe links folgender
gestr. Text: Unser Absehen geht nun darauf, bei der Phantasie das Ver-
hältnis von primärer Erscheinung (gestr.: und vorstellig Gemachtem)
und dem in zweiter Linie durch sie vorgestellten Objekt (gestr.: bei
der Phantasie zu verstehen als Imagination> wenn möglich als ein BiId-
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 623
lichen Sinn fügte H. am Rande noch ein Fürs erste 11 82, t t ff. Randtitel
E. Steins Unterschiede der Phantasie- und Bildauffassung 11 82,20 si~ie
renden bzw. Einf. über der Zeile 11 82,25-26 Funktion bis darstellend~n
V. für Funktion der Bezeichnung und der imaginierenden, der abbil-
dend(en> 11 82,30 des Bewusstseins Einf. über der Zeile 11 82,31-34 Unter
bis Bestimmtheiten am rechten Rande mit einer geschweiften Klammer in
Blaust. zusammengefasst" 82, Anm. 1 das Datum oben rechts auf BI. 110
mit Bleist., Res(ümee) darunter mit Blaust. und darunter noch ein abwärts
gerichteter blauer Pfeil 11 83,32 nach Sinn im Bleist.-Ms. gestr. im Sinn des
<statt des im Ms. es> nichtgegenwärtigen normalerweise tI 84,5 bei diesem
Absatz E. Steins Randtitel Bildbewusstsein in der Phantasie 1184,23-30 Der
Unterschied bis heraus Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 1184,34 nach Phan-
tasievorstellungen im Bleist.-Ms. gestr. die uns das wesentlich Neue
gegenüber der gewöhnlichen eigentlichen Imagination ergeben, genauso
wie wir bei den physisch bildlichen Vorstellungen hingewiesen werden "
84, Anm. t Erg. auf der rechten BI.-Hälfte 1184, Anm. 2 Erg. mit Bleist.
auf der rechten BI.-Hälfte auf der Höhe des Beginns des Absatzes 11 85,10 ff.
daneben E. Steins Randtitel Phantasie als reines (unmittelbares) Vergegen-
wärtigungsbewusstsein 11 85,25-27 Die Phantasieerscheinung bis Wahr-
nehmung am rechten Rande mit einer geschweiften Klammer in Blaust. zu-
sammengefasst 11 85,30-33 Betrachten bis gilt nun, dass V. für Was die
klaren Phantasien anbelangt, so vollzieht 11 85,31 Entzitterung von obige
ungewiss It 86,13 Phantasie im Bleist.-Ms. V. für Phantasiegegenständ-
lichkeit 11 86,20 nach des im Bleist.-Ms. gestr. Bewusstseins der inneren
Bildlichkeit 11 86,22 statt Semikolon im Ms. Doppelpunkt 11 86,29 nach
Träger im Bleist.-Ms. gestr. eines wenigstens nach dem Kerne 1186, Anm. 1
Erg. auf der rechten Bl.-Hälfte 1187, 15 statt und dass dochevtl. zu lesen u. dgl.,
doch 11,87,19 nach selbst im Bleist.-Ms. gestr. oder wir stellen das H. brach
offenbar ab, strich dabei aber versehentlich auch das oder 1I 87,36 nach ge-
worden im Bleist.-Ms. gestr. bzw. ausradiert, aber gerade noch lesbar
tausendfältiger' Betrachtung der allerdings schwer zu beobachtenden
Phänomene, dass auch hier" 88,9 statt der bis Phänomene evtl. zu lesen das
allerdings nicht mit standhaltenden Phänomenen 11 89,4 von ihr klar
abweicht V. im Bleist.-Ms. für mit ihr streitet 1189,15 nach 2) im Bleist.-
Ms. gestr. die fundierten Vorstellungen, die'noch genauer zu scheiden und
zu studieren wären 1189,23 vor oder im 'Ms. noch ein sich 1189,23-24 oder
Phantasie und, Phantasie Eint. auf der rechten Bl.-Hälfte, vermutlich als
V. für und Abbildungsintention, das im Bleist.-Ms. gestr. ist /189,33 ff. auf
der Höhe dieses Absatzes Randtitel E. Steins Übereinstimmendes in der
Konstitution von Wahrnehmungs- und Phantasieobjekten 11 90,15 Diese
bis in den im Bleist.-Ms. V. für Dieser selben Erscheinung entspricht in
den korrespondierenden 1190,~8 da und dort im Bleist.-Ms. V. für beider-
seits \190,21 "Erscheinung" im Bleist.-Ms. V. für Auffassung 1190,21-25 be-
trifft bis ist im Bleist.-Ms. V. tür ist dasjenige, was in den Logischen Unter-
suchungen VI, <5.) 554 für die Wahrnehmung als reine 1191,12 den jeweili-
gen im Bleist.-Ms. V. für ihren bestimmten \191,20-22 Die Erscheinung bis
A uffassWlgsinhalten Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte \191,28-35 Wir können
626 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
bis nichtgegenwärtig Einf. auf der rechten BI.-Hälfte, durch einen Bleist.-
Pfeil als solche kenntlich gemacht 11 92,15 ff. auf der Höhe dieses Absatzes
E. Steins Randtitel Empfindung und Phantasma. (Brentanos Auffassung)
und dazu Querverweise auf ihr Gesamtinhaltsverzeichnis sowie auf andere I
Stellen im Vorlesungsteil: Vgl. 10, 152, 157; A (68, 98, 107) (vgl. oben "Zur \
Textgestaltung", S. 603 tf) 1192,28 nach dass im Bleist.-Ms. gestr. alle II 92,29
abgelehnt im Bleist.-Ms. V. für geleugnet" 93,3 Empfindungen im Bleist.-
Ms. V. tür Wahrnehmungen" 93,35 nach versagt im Bleist.-Ms. gestr.
Bald findet man sehr lebhafte Phantasmen und wäre geneigt 11 93,37-94,1
und den Empfindungen Einf. über der Zeile 11 93, Anm. 1 Datum oben
rechts von Bl. II6 mit Bleist. " 94,31 nach darin im Bleist.-Ms. gestr.
zunächst 11 94,32-36 In jüngster Zeit bis Neueren im Bleist.-Ms. V. für
Gegenwärtig neige ich mehr zur Skepsis. Vor allem 1195,2-5 Empfindungen
für bis Töne im Bleist.-Ms. V. tür Phantasmen für laute, intensive
Empfindungen. Eine phantasierte Melodie kann als laute phantasiert sein,
während sie faktisch sehr leise Phantasmen " 95,7 und Intensitäts-
Einf· über der Zeile 11 95,9-12 zumal bis stellen Einf. auf der rechten Bl.-
Hälfte" 95,17-19 Doch bis definieren im Bleist.-Ms. V. tür Doch nicht
Helligkeit" 95,36 eingebildet im Bleist.-Ms. V. tür vorgestellt" 96,5-11
Dann bis wie ich Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte " 96,21 vor Akten im
Bleist.-Ms. gestr. psychischen 11 96,24 nach anderer im Bleist.-Ms. gestr.
graduell sich abstufender" 97,2 statt nächsten evtl. leichtesten zu lesen;
beide sind unter der Tintennachzeichnung noch sichtbar 1197,26-28 Gattung
bis zusammenfasst im Bleist.-Ms. v. für Gattung, die wir Urteil nennen 11
97,27 Entzifferung von eben nicht gewiss 11 97,33 möglich ist im Bleist.-Ms.
V.für zu verstehen ist 1197, Anm. 1 Erg. auf der rechten BI.-Hälfte "98,3 die
statt nicht aufgrund des Bleist.-Ms. 11 98,18 Urteil ,m Bleist.-Ms. V. für
Urteilsphantasma 11 98,24 Komma vor während statt und aufgrund des
Bleist.-Ms. " 98,29 nach selbst im Bleist.-Ms. gestr. nur <?> vergegen-
wärtigter Glaube" 98,34 bei teilen endet die Vorderseite von BI. 119; die
Rückseite ist unbeschrieben" 99,2 Entzifferung von inhaltliche nicht ganz
gewiss 11 99, Anm. 1 Einf. auf der rechten BI.-Hälfte; Entzifferung von
Begehren nicht ganz gewiss " 100,18 bei diesem Absatz ein grosses NB mit
Bleist. " 100,22-25 Denn bis vorliegen im Bleist.-Ms. V. für als ob wir
überein kommen wollten, die Farbeninhalte als Wahrnehmungsinhalte
und die Toninhalte als Phantasieinhalte zu bezeichnen " 100,25 nach
Bewusstseins im Bleist.-Ms. gestr., danach wieder mit kleinen Strichen un-
terstrichen, als ob der Passus wieder als gültig erklärt werden sollte näher
eben der Auffassung 11 101,38 nach ist im Bleist.-Ms. gestr. und so über-
haupt schon Gegenstand des betreffenden Begriffs " 102,7 herstellt oder
im Bleist.-Ms. v. für im ersten Sinn darstellt, die Charakterisierung als
gegenwärtig, oder" 102,27 statt ja evtl. zu lesen eben" 102,35-103,2 Aber bis
Bewusstsein im Bleist.-Ms. v. für im unmodifizierten Erleben. Der posi-
tive Charakter will, deutlicher gesprochen" 103,4-13 Aber bis sollte mit
Buntst. in eckige Klammern gesetzt 11 103,16 Entzifferung von Aktion nicht
ganz gewiss 11 103, Anm. 1 Rb., von H. selbst durch Bezifferung zugeordnet.
Auch die Erg. unter a) wurde als solche von H. selbst gekennzeichnet" 104,12
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 627
Gewähr deshalb nicht, weil einzelne Blätter mehrere Paginierungen tragen und
allem Anschein nach von Husserl selbst verschiedene Umordnungen erfahren
hatten. BI. 4 liegt ausserhalb von Ms. K I 67, es bildet den Umschlag für BI.
aus Seefeld von I905 im Ms. A VII Z5, 5. Z + z7. Es finden sich im Nach-
lass noch ein paar stenographische BI. von September-Anfang Oktober I898,
die teils evtl. mit Beziehung auf die Phantasieausarbeitung entstanden sind,
so vor allem das BI. I4imMs.A VI II II, betitelt Empfindung-Phantasma.
3. Oktober 1898 und mit der späteren Bemerkung versehen Psychologisch.
Einiges noch immer lesbar. Im ganzen sachlich nicht mehr förderlich. Es
wird hier weggelassen (vgl. auch K. Schuhmann, Husserl-Chronik, Den Haag
I977, S. 54-56).
Der Gesamtumschlag (Ms. K I 67, S. I + 4I) trägt oben folgende Auf-
schriften H usserls mit Bleist. P h a n t a sie, Zeichen. Freitag nach Pfingsten
1904 und, gegen die Bl.-Mitte hin, den Vermerk vertauscht (Entzifferung nicht
ganz gewiss). Ein weiterer Umschlag (Ms. K I 67, S. I4 + 37) enthält oben
rechts Husserls Aufschrift in Bleist. Phantasie und bildliche Vorstellung.
3.-4. September bis 3. Oktober 1898, die in den Titel der Beilage I aufge-
nommen wurde. Davor liegt ein leerer Umschlag (Ms. K I 67, S. IZ + I3)
mit den Bleist.-Aufschriften Zeit<-)Manuskripte. Im Garten Veranda! von
Husserls Hand. Ober Zeichenbewusstsein handeln teils die losen Blätter am
Ende des Konvolutes.
Auf dem ersten BI. des Vorlesungsstückes Phantasie und Bildbewusstsein
von I904!05 (oben Nr. I) notierte Husserl, wohl I9I7, Die Folioausarbeitung
über Phantasie genau durchzusehen. Sie ist nicht ganz ausgenützt (vgl.
oben S. 6I5). Die Rekonstruktion des fortlaufenden ursprünglichen Textes
aufgrund der vorhandenen Blätter ergibt folgende Korrespondenz zwischen der
Originalpaginierung Husserls und der Archivpaginierung des Konvolutes
K I 67:
1: unbekannt - 2 (gestr. 23): K I 67, S. 3 - 3 (gestr. 24): K 167, S. 4 - 4:
A VII z5, S. Z + z7 - 5: K I 67, S. 8 - 6: K I 67, S. 9 - 7: K I 67, S. IO -
8: K 167, S. 36 - 9 (abgeschnittener Teil eines Foliobi.) : K I 67, S. 35 - 10:
K I 67, S. Ir - 11: K I 67, S. Z - 12 (ergänzte ursprünglich 9 zu einem
FoliobI.) : K I 67, S. 5 - 13 (gestr. 10): K I 67, S. 7 - 14 (ursprünglich wohl
11): K I 67, S. 6 - 15: K 167, S. I5 - 16: K 167, S. I7 - 17: K I 67, S. I6
- vermutlich "ad I7,I": K I 67/S. I8 und I9 - ad 17,2: K I 67, S. Z9 - ad
17,3: K 167, 5. zz - ad 17,4: K I 67, S. Z3 - 18: K I 67, S. 28 - 19:
K I 67, S. 30 - 20: K I 67, S. zo - 21: K 167, S. z7 - Beilage 21 unten, A:
K I 67, S. ZI - 22: K I 67, S. 3I - ad S. 22: K I 67, S. 3z und 7 (gestr. 29):
K I 67, S. 33 - 8 (gestr. 30): K I 67, S. 34.
Die stenographischen BI. K I 67, S. z4 bis S. z6 bilden allem Anschein
nach Vorstufen für Teile der BI. 15, 16, 17, ad 17,4 und 20,21 der Folio-
ausarbeitung; sie werden hier nicht eigens auch noch abgedruckt. Die Ein-
teilung des Textes in Paragraphen stammt vom Herausgeber, ebenso die
Formulierung der Titel, die in möglichster Anlehnung an H.s Wortlaut vor-
genommen wurde. Obwohl es sich in H.s Augen um eine vermeintlich druck-
fertige, jedenfalls rein ausgearbeitete Abhandlung (vgl. oben, S. 59 8 )
handelte, weisen die BI. weder Oberschriften noch irgendwelche Einteilungen
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 629
in Kapitel und Paragraphen o.ä. von H.s Hand aut, er spricht blos\ zu
Beginn von BI. 10 von der "Erörterung des letzten Paragraphen", ohne ~~s
im Ms. genau ersichtlich wäre, welcher Text gemeint ist. Die Abhandlung
wurde mit Tinte, Blei-, Blau-, Rot- und Kopierst. überarbeitet.
108,30 Beginn des erhaltenen Textes der ,Folioausarbeitung"; ganz oben
aut dem Manuskriptbl. Satzende des vorangehenden, iedoch verlorenen BI.
befasst werden können. 11 109,5 Bleist.-Querstrich am rechten Rande, ver-
mutlich als Zeichen, dass der Text der Ausarbeitung von I8g8 ab hier in der
Vorlesung von I904105 Verwendung finde (vgl. NI'. I, S. I8,9 11.) 11 109,9
nach gemeinte gestr. und evtl. 11 109,24-26 Das bis Phantasiebildes V. für
Das Bild als so und so erscheinendes Bildobjekt, vollkommen analog dem
Phantasiebild 11 109,26-32 Eint. aut der rechten BI.-Hältte 11109,32 Z.B.
Eint. über der Zeile 11 109,39 so bis Bild V. mit Bleist. und Tinte tür so
spreche, oder auch sage, es 11109,44 das bis nicht V. tür nicht 11110,6 nach
bis Bildarten V. für im übrigen von Bild zu Bild 11110,7 nach gibt es gestr.
notwendig 11110,9 Bevorzugen bis den V. für Halten wir uns nun zunächst
an den 11 110,12 oder bis Komponenten V. für zwei Akte 11 110,23 in der
Wirklichkeit V.ltür draussen 11110,25-26 sich bis verhält V. für etwa ein
physisch gemalter oder phjltographischer Löwe 11110,45 bis 111,1 ohne bis
wäre V. tür was die-vorgestellte oder überhaupt die Gegenständlichkeit
für den Vorstellenden erst bedeutet 11110, Anm. Einf. mit Bleist. 11111,6
im Bewusstsein V. für da 11 111,8 bis 112,19 Die bis vollauf Text des
Foliobi. 4, das heute im Ms. A VII 25 das Doppelbi. 2 + 27 bildet (vgl.
Husserliana X, Textkrit. Anm. zu NI'. 35, S. 458); es trägt am Rande
Husserls Vermerk wohl aus dem Jahre I905 Aus dem Manuskript Wahr-
nehmung von 1897/98; das BI. gehört aber eindeutig in den Zusammenhang
der "Folioausarbeitung über Phantasie" von I898 11111,14 nach Phantasie-
bild. gestr. und in eckige Bleist.-Klammern gesetzt Der Unterschied beider-
seits besteht nur in den erlebten Inhalten, welche der Interpretation zu
Grunde liegen: auf der einen Seite sind es Empfindungen, auf der andern
Seite jene ihnen ähnlichen und doch irgendwie modifizierten Inhalte, die
wir Phantasmen nennen 11111,19 abbildende Einf. am Rande 11111, Anm. 1
V. und Erg. teils mit Tinte, teils mit Bleist. 11 111, Anm. 2 V. mit Bleist. 11
111, Anm. 3 Eint. mit Bleist. 11 111, Anm. 4 Streichung mit Bleist. 11 111,
Anm. 5 Eint. mit Bleist. 11 111, Anm. 6 Eint. mit Bleist. 11 111, Anm. 7
Klammern und Eint. mit Bleist. 11111, Anm. 8 Ein/. mit Bleist. 11112, 3-4
dass bis handelt V. tür nicht etwa ein blosser Unterschied 11112,7 bei der
Wahrnehmung Eint. über der Zeile mit Bleist., und mit Tinte nachgezogen 11
112,11-13 wodurch bis kommt Einf. am Rande 11 112,13-16 blosse bis
"selbst" V. tür Wahrnehmung oder auch nur Wahrnehmungsvorstellung,
in der uns der Gegenstand "selbst" erschiene (wie ihn ja nur die Wahr-
nehmung "gibt") 11 112,25-27 der bis Bildsujet V. für das Bild ist das
Gemeinte, sondern der abgebildete Gegenstand 11 112,33-42 Eint. am
Rande '11112, Anm. 1 Eint. mit Bleist. 11112,45 bis 113,3 erscheinenden bis
vorstellt v. für Bilde vergegenständlicht, kann nicht dieselbe sein als wie
die, welche die abgebildete Sache vorstellt und als die in der einheitlichen
Phantasievorstellung gemeinte erscheinen lässt 11113,7 abgebildeten Ein/.
630 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
über der Zeile 1l113,16 auf der Höhe des mit Bleist. unterstrichenen Wortes
Vorstellungen am Rande mit Bleist. vorstellig macht 11 113,17 häufige
V. für natürliche" 113,20 sondern bis nur V. fürwie 11113,21 vor Jedenfalls
Eröffnung einer eckigen Klammer mit Bleist. 'tl U3,23 bei unterscheiden
Ende eines Absatzes; ein kleiner Teil des Folioblattes danach abgeschnitten,
am rechten Rande Rb. mit Bleist., teils noch entzifferbar: <für die Berechti-
gung?> der hier vorgetragenen Deskriptionen 11113, Anm. 1 und 2 Einf.
mit Bleist. 11 113, Anm. 3 Streichung mit Bleist. 11 113, Anm. 4 Einf. mit
Tinte 11113, Anm. 5 Streichung mit Bleist. " 113, Anm. 6 V. teils mit Tinte,
teils mit Bleist. " 114,3 einfacher und zusammengesetzter Einf. am Rande 11
114,32 neue V. für zweite 11 114,43 z.B. bis Interesse Einf. am Rande 11
114,45-46 aber bis gemacht V. für aber die ursprüngliche Präsentation ist
mit der geänderten Sachlage auch dahin 11 115,12 bildlichen Eint. am
Rande 11115,13-15 am Rande ein grosses NB <nota bene> 11115,17 für bis
vergegenwärtigen Einf. am Rande 11 115,21 nach Sinn. gestr. Also ein be-
stimmt tingiertes Akterlebnis der Repräsentation haben, auf Grund einer
Präsentation, welche einen Gegenstand erscheinen lässt, das heisst eine
bildliehe Vorstellung haben, näher eine Phantasievorstellung, wofern der
erscheinende Gegenstand ein Phantasiebild ist. Das hindert nicht, dass
wir den Umstand <bricht ab> Andererseits steht selbstverständlich kein
Hindernis im Wege (bricht ab> 11115,23 den bis Zeichencharakter V. für
die Bild- oder Zeichenfunktion " 115, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 115,41-
116,1 innerhalb bis Repräsentation Einf. am Rande 11116,1 nach im gestr.
prägnanten und normalen 11116,2 normalen V. für bestimmten 11116,14-15
Gegenstand bis mitte1st V. für durch die 11116,23 notwendig Einf. über der
Zeile 11116,24 nach bestehe gestr. und zwar als notwendiges" 116,31 nach
darin gestr. ihre Gegenstände im Bilde, also 11 116,32 bildlich V. für im
Bilde 11 116,39-40 Der bis ziehen V. für und somit opfert er sich selbst
nicht auf, um den Gegenpart emporzuziehen 11116,42 meinenden Einf. am
Rande \\ 116,43 Wahrnehmung V. für Wahrnehmungsauffassung 1\ 116,
Anm. 1 und 2 Rb. mit Bleist. 11117,4 direkt V. für primär 11117,6 Bewusst-
sein V. für Auffassungsbewusstsein " 117,10 bei tritt Ende eines Absatzes;
der untere Teil des Folioblattes ist abgeschnitten; vor der Schnittstelle rechts
am Rande Wir haben bisher 11 117,17-19 Phantasiebild bis Gegenstand
V. für Phantasieobjekt anstatt zu dem dadurch etwa abgebildeten Objekt
11 117,22 Ja bis umfasst V. für Ja 11117,23 drei V. für zwei 11 117, 23-25
präsentative bis zwar V. für Phantasieauffassung des Phantasieobjekts 11
117,27 der Phantasie V. für des Phantasiebildes 11 117,31-32 bei bis
handelt Einf. am Rande 11117, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11 118,10-19 Der Un-
terschied bis Gegenstände Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 11118,14-16 z.B.
bis psychologischem Interesse neben dem Text mit einer geschweiften Klam-
mer zusammengefasst 1\ 118,20 Aber auch Einf. über der Zeile 11118,44-
119,5 Die Vorstellung bis erhebt Eint. auf der rechten BI ..-Hälfte 11 118,
Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11118, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11119,25-28 Dies bis
u. dgl. V. für So verhält es sich bei kinematographischen Bildern, evtl.
auch bei stereoskopischen u. dgl. 11 119,33-34 ihre Gegenstände bis seien
V. für sie eine bloss bildliehe Beziehung auf eine mögliche Wirklichkeit
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 631
,
haben; zunächst veränderte H. den Text wohl zu ihre Gegenstände blo~se
Bilder der Wirklichkeit seien, strich aber der Wirklichkeit und versehentlidk
'auch noch seien It 119,35-36 Ja bis Wahrnehmungsurteil Einf· auf der
rechten BI.-Hälfte 11 120,7-15 Unser bis bringen V. für Kehren wir zu
unseren Bildvorstellungen zurück. Wir hatten oben die Phantasievorstel-
lungen 'zum Teil bevorzugt, doch war unsere Betrachtung so allgemein
gehalten, dass sie, auch wo es nicht im Ausdruck schon lag, die Über-
tragung auf alle Bildvorstellungen gestattete. Doch bestehen auch Dif-
ferenzen, die wir um ihres Interesses willen nicht übergehen dürfen. 11
120,16-19 Eine bis letzteren V. für Zunächst ist leicht zu sehen, dass auf
seiten der physischeu Bildvorstellung im Vergleich mit der Phantasie-
vorstellung eine grössere Komplikation zu konstatieren ist hinsichtlich der
ihr zu Grunde liegenden Auffassung. In der Phantasievorstellung 11120,42
wie bis gleichen Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 11121,5 nach Augen; gestr.
er erscheint und 11121,12 vor'in gestr. richtig verstanden 11121,18 wird bis
müssen V. für möchte man aber sagen 11121,21 nach Sujet gestr. im'Bilde 11
121,23-24 Genauer bis korrekt V. tür Doch hier müssen wir unterscheiden
11121,30 nach dies gestr. gar 11 121,35 bzw. Eint. mit Bleist. über der Zeile 11
12t,36 den bis Objekte V. für die Landschaft 11 121,37 Auffassung V. für
Vorstellung 11121, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11122,8 ernstlich Eint. auf der
rechten BI.-Hältte 11122,9 und 11 leistet und Beitrag V. für trägt und Teil 11
122,11 zwar Einf. mit Bleist. 11 Aber bis dass V. für Doch"nur einen Teil,
denn 11122,20 eben Einf. mit Bleist. 11 122, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11 122,
Anm. 2'Erg. auf der rechten BI.-Hälfte 11123,10-11 der letzteren bis noch
V. für der letzteren drei 11123,12 zweifache V. für dreifache" 123,16 zeigt
V. für zeigte 11123,28 eigenartige bis bestimmte V. für Beziehung auf eine
als Erreger zu ihr gehörige 11123, Anm. 1 Erg. auf der rechten BI.-Hälfte 11
124,2--3 bietet sich dar V. für scheint sich darzubieten 11 124,21 bei Wir
haben beginnt das BI. 16 der Folioausarbeitung, von dem oben etwa ein
Viertel abgeschnitten ist" 124,24-25 in bis Repräsentation Eint. auf der
rechten BI.-Hälfte If 124, Anm. 1 Rb. mit Bleist.; H.s Verweis vgl. S. 17
wurde oben dem Drucktext angepasst" 124, Anm. 2 Einf. mit Bleist. auf der
rechten BI.-Hälfte 11125,13 Umfassendere bis hingegen mit Bleist. in eckige
Klammern gesetzt 11125,17 der Ausdruck in Klammern ist eine Einf. auf der
rechten Bl.-Hälfte 11125, Anm. 1 Bleist.-Einf. über der Zeile 11125, Anm. 2
Bleist.-Einf· über der Zeile 11 125, Anm. 3 Einf. mit Bleist. 11 125, Anm. 4
Bleist.-Einf. über der Zeile 1/125,41-126, 1 Aber bis Wahrnehmungsobjekt
mit Rotst. unterstrichen und am Rande mit Blaust. angestrichen 11 126,3--4
Abgesehen bis doch in Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte 1\126, 17 ff. der Text
von S. 126,17 bis S. 130,28 ersetzt den Text der BI. 18 und 19 sowie des
letzten Stückes auf BI. 17 und des Anfangs auf BI. 20 der Folioausarbeitung.
Das letzte Stück auf BI. 17 ist gestr. und mit mehreren Deleatur-Zeichen ver-
sehen sow~e mit dem Vermerk Beilage. BI. 18 trägt oben rechts ein Deleatur-
Zeichen und den Vermerk Ausgeschiedene Blätter, zu lesen, BI. 19 den
Vermerk ausgeschieden. Der Beginn vowBI. 20 ist gestr. Der zur Ersetzung
dieser ausgeschiedenen BI. bestimmte Text fusst auf folgenden BI.: Ms.
K I 67, S. I8 untl S. I9, S. 29, S. 22, 'So 23. Die BI. I8 und I9 der Archiv-
632 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
gleichungen und die Eint. (bei der vorigen Frage) schon vor den eben er-
wähnten Veränderungen im Text dieses Absatzes geschrieben worden zu ~in>
Leider hat man sich hier um einen Unterschied gemüht, ohne sich vorher
über seine Vieldeutigkeit Rechenschaft zu geben. Fassen wir unsererseits
den Unterschied zwischen den Erscheinungen (Präsentationen) der
Wahrnehmungsvorstellungen und denjenigen der Phantasievorstellungen
als den zu bestimmenden ins Auge, so sind die oben (bei der vorigen
Frage) bevorzugten Vergleichsfälle freilich zu sehr eingeschränkt <Ende
von BI. I7>.
In der Regel wird, selbst wenn der beiderseitig erscheinende Gegenstand
derselbe ist, von jener gegenseitig-eindeutigen Korrespondenz der
(direkt) erscheinenden Bestimmtheiten keine Rede sein, und zwar auch
dann nicht, wenn der Gegenstand in den Vergleichsfällen von derselben
Seite erscheinen sollte. Es bestehen vielmehr Differenzen, welche nicht
bloss bei gleichen Gegenständen, sondern in viel weiter reichender Allge-
meinheit einen sehr merklichen Unterschied zwischen Wahrnehmungs-
erscheinungen und Phantasieerscheinungen begründen, ohne sich <Eint.
mit Bleist.: doch> in den allgemeinen Unterschied der präsentativen
Elemente (nämlich dass sie auf der einen Seite Empfindungen, auf der
anderen Phantasmen sind) aufzulösen. Hier schliesst die aut BI. 17
geöffnete eckige Klammer. Eint. aut der rechten BI.-Hälfte: Wir knüpfen an
eine kritische Bemerkung an.> Werfen wir die allgemeine Frage auf, wie
sich die Erscheinungen (d.i. Präsentationen) der Phantasie von denen der
Wahrnehmung unterscheiden, so darf uns die scheinbare Klarheit der
Fragestellung darüber nicht täuschen, dass sie in verschiedenem Sinne
verstanden werden kann. Es ist eine Frage, welche Merkmale die Phan-
tasieerscheinung eines Gegenstandes von der Erscheinung des sei ben
Gegenstandes in der Wahrnehmung unterscheiden, aber eine andere ist
die Frage nach den Merkmalen, durch welche sich jede beliebige Phan-
tasieerscheinung von jeder beliebigen Wahrnehmung unterscheide. Und in
beiden Fällen kann es sich um illnere Unterschiede der (für sich betrachte-
ten) Erscheinungen handeln oder auch um äussere, also um solche Unter-
schiede, die zunächst die angeknüpften Aktcharaktere und in weiterer
Folge die umfassenderen Erlebniszusammenhänge betreffen. In letzterer
Hinsicht kommen die unbewussten Dispositionen in Frage, die sich ja im
empirischen Verlauf der psychischen Erlebnisse bekunden und je nach
ihrer Verschiedenheit auch den typischen Charakter der Zusammenhänge
bestimmen werden, in welche sich die bezügliche Erscheinung eingliedert.
Alle diese Unterschiede befasst natürlich auch die Frage, auf welche die
gewöhnliche Diskussion des Unterschiedes zwischen "Wahrnehmungs-
vorstellungen und Phantasievorstellungen" <es> eigentlich abgesehen hat:
wodurch es kommt, dass wir zwischen den beiderseitigen Erscheinungen
unterscheiden, warum wir z.B. phantasierend nicht wahrzunehmen ver-
meinen und umgekehrt.
Diese Wendungen bekunden sich schon in der üblichen Zusammenstel-
lung der Unterscheidungsmerkmale: Lebendigkeit, Fülle, Stetig-
keit (bzw. Flüchtigkeit und Veränderlichkeit) u. dgl. Das
634 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
<Es folgt noch der gestr. Text: Aus der letzten Erwägung ersieht man
übrigens recht deutlich, dass die Frage, woran und wodurch wir Er-
scheinungen möglicher Wahrnehmung und Erscheinungen der Phantasie
urteilsmässig unterscheiden, wirklich <Ende von BI. 19 der Folioausar-
beitung> eine andere ist als die <Frage naoh den inneren Unterschieden
dieser Erscheinungen, und es ist dabei gleichgültig, ob diese letztere als
Frage nach den unterscheidenden 'K las sen merkmalen oder nach den un-
terscheidenden Merkmalen für Paare einander entsprechender (d.i. auf
den seI ben Gegenstand gerichteter) Erscheinungen verstanden wird.
Bevorzugen wir nun An dieser Stelle auf BI. 20 setzt der nicht mehr ausge-
schiedene Text mit Stellen wir <V. für Bevorzugen wir nun> ein. Vgl. oben,
S. I30, Zeile 29 tt. n 126,17 bei So stossen beginnt der Text von Frau
Malvines Abschrift 11127,12 bei ausmacht endet Frau Malvines Abschrift 11
127,13 ff. bei diesem Absatz beginnt Bl. ad 17,211127,18 nach Erscheinung
gestr. Also Unterschiede, die nicht durch die angeknüpften Aktcharaktere
oder 11127,29 hier beginnt Bl. ad 17,3 tI'127,32-35 A) bis der Erscheinung
Einf. auf der rechten Bl.-Halfte, teils mit Kopierst., teils mit Tinte 11 128,5
nach besteht gestr. Mittelbar könnten wir dann auch den Unterschied der
Erscheinungen als einen wesentlichen bezeichnen; sie wären durch eine
unüberbrückbare Kluft geschieden. 11 128,8 2) scharfe, aber nicht wesent-
liche Einf. auf der recJiten BI.-Hatfte, teils mit Kopierst., teils mit Tinte;
evtl. als Singular zu lesen 11 128,24 3) fliessend Einf. auf der rechten Bl.-
Half te mit Kopierst. 11 128,32-33 II) bis Erscheinungen Einf. auf der
rechten Bl.-Hälfte mit Tinte 11129,15 B) Äussere Unterschiede Einf. auf der
linken Bl.-Hälfte mit Kopierst. 11130,7 hier beginnt das Bl. ad 17,411130,9
statt den im Ms. dem 11130,14 Wahrnehmungserscheinung Einf. über der
Zeile 11130,26-27 alle bis brauchbar V. für alle oben auf die Erscheinungen
bezüglichen Fragen in einer als Ausgangspunkt ganz brauchbaren Form. 11
130,28 'nach vorzugehen: folgt im Ms. p. 20, d.i. Bl. 20 der Folioausarbei-
tung, oben S. 130,29 tt. 11130,29 bei Stellen wir beginnt der nicht mehr aus-
geschiedene Text von ,BI. 20 der Folioausarbeitung 11 130,30-31 der bis
Gegenstande Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte 11130,32 (sc. präsentierende)
Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte 11130, Anm. 1 Erg. mit Bleist. auf der unteren
Bl.-Hälfte von BI. ad 17,4 B130, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11131,12-13 Wir bis
verglichen Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte 11 131,15-16 Nehmen bis sie
V. für Wären sie 11 131,16 und völlig Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 11
131,17-19 es bis inneren Unterschiede Einf. auf der rechten BI.-Hatfte 11
131,32 wenn auch äusseren Einf., auf der rechten BI.-Hälfte 11131, Anm. 1
Rb. mit Bleist. 11 132,3 bei Die durch beginnt BI. 21 der Folioausarbeitung;
das BI. weist ziemlich viele Blaust.-Unterstreichungen auf 11 132,19 Bild-
Ding V. für wirkliches Ding 11,132,28-29 und Sinnenschein Einf. auf der
rechten Bl.-Hälfte 11132,30 nach dass die gestr. bildlich, das zu in Bildfunk-
tion verändert, dann aber auoh gestr. wurde \1132,33-37 Der bis voraussetzt
Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 11132, Anm. 1 Rb. mit Blaust. 11132, Anm. 2
Streichung mit Blaust. 11 132, Anm. 3 V. mit Blaust. 11 133,5 Umgebung
V. für Gesamtumgebung 11133,6-7 wirklichen bis nur V. für Ding 11133,6
nach bloss gestr. phantasiertes 11 133,7 nach Phantasmagorie gestr. (Hal-
636 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
luzination) 11 bei usw. endet der Text von BI. 21; es trägt ganz unten noch den
Vermerk Fortsetzung Beilage mit Bleist. und hier Beilage A mit Blaust.;
d.i. der Text des stenographischen BI. K 167, S. 2I 11133,12 ff. bei diesem
Absatz beginnt das Ms. K I 67, S. 2I, das oben rechts die Hinweise in
Blei- und Blaust. trägt Beilage 21 unten, A 11 133, Anm. 1 Erg. auf der
rechten Bl.-Hältte; vgl. dazu den Text der Beilage VII, oben S. I46 tf. Au-
stralien V. tür Paris 11 134,2 nach also gestr. inhaltlich identisch sein
mit 11 134,3 Erscheinungen bis gemalten V. tür erscheinenden Dingen
abweichen wie gemalte Bilder 11 134,9 statt gewöhnlich im M s. gewöhn-
lichen 11 134,11 nach reichen gestr. Wir nehmen etwa an, dass der Un-
terschied zwischen Empfindungen und Phantasmen ein ganz unwesent-
licher sei 11 134,17 bei Hier ist der Ort beginnt BI. 22 der Folioaus-
arbeitung 11 134,20 Phantasieerscheinung V. für Erscheinung 11 134,23
intermittierenden Einf. 11134,26 blosse Eigenheit V. für Sache 11134,34 auf
der Höhe von Und in ihr am rechten Rand ein abwärts gerichteter Pfeil mit
Blaust. 11134,39 statt besondere im Ms. besonders wirksame, "wirksame"
jedoch gestr. und "besonders" versehentlich nicht angepasst 11135,5-6 dem bis
möglicher V. tür der entsprechenden möglichen 11135,14-33 der Text eines
stenographischen BI. ad S. 22 der Folioausarbeitung 11136,4 von Nach diesen
Betrachtungen bis ans Ende von Beilage I handelt es sich um den Text der
BI. 7 (bzw. gestr. 29) und 8 (bzw. gestr. 30) der Folioausarbeitung. Vor dem
wiedergegebenen Text steht auf BI. 7 (29) folgender kreuzweise gestr. Passus,
zu dem der unmittelbar vorangehende Text nicht vorliegt: dass selbst der
fragliche Tep. in ganz anderer Weise aufgefasst ist als Bildteil und wieder
anders als Teil etwa der Landschaftsumgebung. Beschränken wir, wie es
der Einfachheit und Natürlichkeit entspricht, die Rede von der bildlichen
Vorstellung auf das Korrelat des primär vorgestellten Gegenstandes, der
dargestellten Landschaft, in Abstraktion von der nebenbei vorgestellten
Umrahmung, in der sie hier erscheint, so entfällt auch die soeben be-
schriebene Beteiligung der partiellen und zugleich modifizierten Auffas-
. sung des physischen Bildes an der bildliehen Vorstellung. Ich würde
danach den Unterschied der Phantasievorstellungen und der Bildvor-
stellungen im ursprünglichen Sinne bloss darin sehen, dass die Inhalte,
durch deren Interpretation das repräsentierende Bild zur Auffassung
kommt, bei den ersteren Phantasmen sind, bei den letzteren Empfindun-
gen. Den Unterschied zwischen Empfindungen und Phantasmen nehmen
wir als einen bekannten und gegebenen. Für erkenntnistheoretische
Fragen ist es gleichgültig, worin er bestehen mag, ob er ein bloss gradueller
ist oder ein wesentlicher Gattungsunterschied. 11136, 17-18 erscheinende bis
ihren Gegenstand V. für Gegenstand direkt gemeint und stellt sie ihn 11
136,21-22 Die bis Gegenstand Einf. auf der rechten BI.-Hälfte 11 136,26
unterscheidend bis und Eint. aut der rechten BI.-Hälfte 11 136,28 Wahr-
nehmungen V. für Wahrnehmungsvorstellungen 11136,38 Seinserfassung
V. tür Fürwahrhaltung 11136, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11137,14 hier endet BI. 8
(bzw. 30), etwa ein Viertel ist unbeschrieben 11
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 637
BI. tragen die Bleist.-Paginierung C2 und Ca, wohl von H.s Hand, sowie die
Blaust.-Paginierung 177v und 177w von E. Stein. Es handelt sicJvUm die
letzten beiden BI. aus dem Konvolut über Bild innerhalb der von E. Stein
zusammengestellten, durchpaginierten und mit einem Inhaltsverzeichnis ver-
sehenen Manuskripte (vgl. dazu oben den Abschnitt "Zur Textgestaltung",
S. 60311.). Aul S. 85a steht oben rechts in Blaust. H.s spätere tJberschrilt
Bildvorst<ellungen) (bildlich-symbolische), darunter in Tinte von der Hand
E. Steins Durch Ä.hnlichkeit darstellende Bildmomente. Die ursprüng-
liche, dem Text vorangestellte tJberschrift lautet Klare empirisch zusammen-
hängende Phantasievorstellungen. Der Text dürfte nach Papier und
Schriftbild um I905 entstanden sein. Ausser drei Blaust.-Bearbeitungen auf
der letzten Seite der Aufzeichnung stammen alle Veränderungen schon aus der
Zeit der ersten Niederschrift.
141,17 statt es im Ms. sie /1141,28 statt Analogie im Ms. analog; evtl. zu
"A nalogon" zu ergänzen 11 nach hängen gestr. an 1) äussere Intentionen die 11
142,3 einheitlich V. für allseitig 11 142,4 vor ohne gestr. einheitlich 1[142,6
reiner Einf. über der Zeile 11142,7 Sujet v. für Objekt 11142,20 des Objekts
V. für Sujet 11 142,24 nach des gestr. Objekt 11 142,28 nach nicht. gestr.
Abstand 11142,32 nach den gestr. ähnlichen Zü<gen) 1/142,33 nach sondern
gestr. blosse Analogisierung 11 nach Darstellung gestr. Annäherung 11
142,34-37 (mit Tendenz bis gelten kann Einf. am Ende der Zeile sowie am
Rande 11142,41-42 oder besser bis Repräsentation Einf. am Rande 11143,1
sieht V. für hat 11143,5 noch V. für unrein 11143,8 nach finden im Ms. ein
Semikolon und danach gestr. wenn auch so wie einen Ir 143,8 nach wir gestr.
dabei 11 143,8-13 können wir bis "Erinnerungs"bewusstsein an V. für
einen nur noch teilweise rekonstruierbaren Text: und im Objekt das Sujet
nicht mehr sehen (können ?), haben wir schon nicht mehr eigentliches
Bildbewusstsein als Vergegenwärtigungsbewusstsein, sondern haben
"Erinnerungs"bewusstsein 11143,16 nach selbst beginnt im Ms. die letzte
Seite der vorliegenden Aufzeichnung; oben rechts steht ein NB <= nota bene)
in Tinte und, dieses verdeckend, ein grösseres NB in Blaust. 11 143,25-27
wenn bis "Erinnerung" Einl. am Rande 11143,28 statt eines im Ms. einer
oder einen 11143,29-30 und bis soll Einf. über der Zeile 11143,31 ein wenig
V. für ev<tl.) 11143,32 die beiden überschieben sich, aber geben V. für aber
die beiden überschieben sich und geben 11 143,34 bei der V. für mit der,
wobei das erste "der" versehentlich stehenblieb 11 143,36 die Darstellung
v. für es 11143,38 ff. Zu Beginn dieses Absatzes am linken Rand ein abwärts
gerichteter Pfeil mit Blaust. H143,41 statt geben evtl. zu lesen haben 11143,
Anm. 1 Erg. am Rande, mit einer geschweiften Klammer zusammengefasst,
im Ms. auf der Höhe von Es ist noch Bildbewusstsein beginnend (oben
S. 143,4) 11 144,1 nach Synthesis gestr. durch Übereinstimmung 11144,3 ff.
Der Text des letzten Absatzes steht im Ms. amRande, beginnend auf der Höhe
der Ms.-Zeile Kongruenz, das andere Mal eine Überschiebung zweier
Intentionen (vgl. oben S. 143,39) 11144,3 soll, will es darstellen im Ms. mit
Blaust. unterstricken U
640 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
161, Anm. 6 Rb. mit Tinte 11161, Anm. 7 Eint. mit Ttnte über der Zeile 11
162,4 Bildrepräsentation V. tür Bildvergegenwärtigung 11 162,7 vor Ja
Eröffnung einer eckigen Klammer, die nicht geschlossen wird. Evtl. ist der
Text von hier bis ans Ende der Beilage erst zur Zeit der Seitenanmerkungen
beigefügt worden 11
lich tragen auf der rechten BI.-Hälfte gestr. das setzt aber notwendig voraus
11 164, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 164, 42 bis 165,3 Erg. auf der rechten Bl.-
Hälfte 11 164,43 "Phantasierepräsentanten" V. für Phantasmen 11 164,44
nach sein im Ms. ein Komma 11165,9 der Empfindung Einf. über der Zeile;
Klammern vom Hrsg. eingefügt 11165,20 Empfindung V. für Wahrnehmung
11 165,24 und Meinungen Eint. über der Zeile 11 165,25 gemeint V. für
aufgefasst 11 Bewusstsein eines V. für Hinblicken auf einen 11 165,26
meinendes Einf. über der Zeile 11 165,28 nach Meinen? gestr. Wie steht es
dann mit dem Auffassen selbst? Es wäre "bewusst" (nicht präsentiert) ? ? -
11165, Anm. 1 Klammern und Streichung mit Blaust. 11166,5-8 Text auf der
rechten BI.-Hälfte 11166,15 in V. für mitsamt 11166, Anm. 1 V. mit Bleist. 11
Nr.2 (S .. 170-193)
Zum einen Teil (Nr. 2b, S. I8I,I2 bis ans Ende von Nr. 2) fusst der Text
dieser Nr. :1 auf den BI. 34-4I aus dem Konvolut A VI I I I (vgl. dazu die
646 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
Textkritischen Anmerkungen zu Beilage X). Diese BI. tragen zwar weder eine
einheitlich durchlaufende Paginierung von H.s Hand, noch gehören sie der
gleichen Entstehungszeit a1Z. Sie bilden aber die BI. I-7inder Ms.-Sammlung
von E. Stein (vgl. "Zur Textgestaltung", oben S. 60I ff.), die sie H. wohl im
Sommer I9I7 vorgelegt hat. Es finden sich nun von H.s Hand auf diesen Bi.
Querverwiese und nachträgliche Vereinheitlichungen durch Paginierung
einzelner Blätter, die in den Aufzeichnungen zur Zeit ihrer Niederschrift noch
nicht gegeben waren. Es ist indessen nicht auszumachen, ob E. Stein die BI.
aufgrund jener Verweise H.s in die im Druck zur Geltung kommende Abfolge
brachte, oder ob H. erst aufgrund von E. Steins Ms.-zusammenstellung den
Versuch einer Vereinheitlichung im Hinblick auf eine weitere Bearbeitung
vornahm. Au/grund der Husserlschen Querverweise schien es dem Hrsg.
jedenfalls sinnvoll, die BI. geschlossen vorzulegen. Angesichts der um Jahre
auseinanderliegenden Entstehungszeiten der Texte werden die einzelnen
Stücke jedoch getrennt (als Nr. 2b,c etc.) wiedergegeben. Die genauere Be-
schreibung der einzelnen Ms.-Bl. erfolgt unten an den entsprechenden Stellen
der Anmerkungen.
Zum anderen Teil fusst der Text dieser Nr. 2 auf BI., die vom Hrsg. der
Steinsehen Zusammenstellung aus dem Nachlass hinzugefügt wurden. Es
handelt sich um das BI. I24 aus dem Ms. F IV I, das H.s Paginierung 1 und
E. Steins Paginierung 267 trägt. Nach Inhalt, Papier, Schrift und Pagi-
nierungsart gehörte es ursprünglich in den Zusammenhang des als Nr. 2b
abgedruckten Stückes und wird diesem zur Vervollständigung wieder bei-
gegeben. BI. 2 der HusserlsChen Paginierung konnte allerdings nicht aufge-
funden werden. Schliesslich schienen dem Hrsg. von der Thematik her die von
H. mit 1-4 paginierten BI. I7I, I72, I73 und I75 aus dem Konvolut A VI I r
I einen geeigneten Einführungstext zu Nr. 2b bis Nr. 2g zu bilden, weshalb
sie, auch chronologisch die frühesten dieser Nr. 2, hier als Nt'. 2a abgedruckt
werden.
Zu Nr. 2a): Die BI. I7I-I73 und I75 aus dem Konvolut A VI I r I (vgl.
dazu die Textkritischen Anmerkungen zu Beilage X). Die BI. tragen H.s
Paginierung I-bis 4-, jedoch keine Datierung. Nach Inhalt, Schrift und
Papier dürften sie auf Sommer/Herbst I904 zu datieren sein. Oben rechts auf
dem ersten BI. vermerkte H. mit Blaust. Aporie. Das BI. trägt ebenfalls
E. Steins Titel Einbeziehung des Ich in die Phantasie (Erinnerung).
Spätere Oberarbeitungen mit Blei- und Blaust.
170,17 nach sind gestr. reine 11 170,21 Anführungszeichen mit Blaust. 11
171,3 vor Es ist gestr. Soll man sagen: 11171,13 nach Kopf gestr. einen oder
denen und gestr. ungefähren Schnittpunkt \1171,36 äusseren Einf. über der
Zeile 11171,37 Hauptsächlich Einf. über der Zeile 11171, Anm. 1 Einf. mit
Bleist. 11172,2 Muskel<-> Einf. über der Zeile 11172,3-4 Gesichtsbild bis etc.
Einf. über der Zeile 11172, Anm. 1 V. mit Bleist. 11173,20-31 Das bis möglich
in eckige, jedoch wieder mehrfach gestr. Tinte-Klammern gesetzt 11 173,33
nach das gestr. vergangene I<ch> 11173, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11173, Anm. 2
Einf. mit Bleist. 11174,9 nach es gestr. Phantasie einer 11174,11-12 d.h. bis
eingelegt Einf. über der Zeile 11174,13 nach es gestr. wieder 11174, 17 darstellt
V. für enthält 11 174,22 Gegenstand doppelt mit Bleist. unterstr. 11
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 647
174,23-25 und bis erlebten Einf. am Rande 11 174,25 E~einung
doppelt mit Bleist. unterstr. 11 174,30 die bis habe Einf. über der Zeile I'
entsprechenden Einf. über der Zeile 11 174,31 auffassen V. für ansehen
(auffassen) 11 175,2-3 <erscheinen lassen> aufgrund von Unterführungs-
zeichen im Ms. eingefügt 11175,8 vor Zeitpunkt gestr. objektiven 11175,30-31
einerseits bis Selbsterscheinung V. für auch den Charakter der Wahr-
nehmung, nämlich das Selbstdasein H175,31 nach Selbsterscheinung mit
Bleist. eingefügt, doch wieder gestr. (jetzt) 11 175, Anm. 1 V. mit Bleist. 11
175, Anm. 2 in eckige Klammer gesetzte Erg. mit Bleist. 11 175, Anm. 3
Einf. mit Bleist. 1\175, Anm. 4 Rb. mit Tinte, 1\ 176,1 nach erfasst gestr. es
ist "wahrgenommen" 11 176,7-9 Aber bis Repräsentation V. für aber in
modifizierter Weise, in der Weise der Repräsentation. Es ist "gleichsam"
wahrgenommen. 11 176,9-10 Bewusstsein des Selbst V. für Wahrneh-
mungsbewusstsein 11 176,22-24 All bis gegenwärtig Eint. mit Tinte 11
176,29-30 erfasse bis Phantasie" V. für sehe, nehme ich <... > wahr 11
176,32 nach Repräsentant gestr. wie das ganze Bewusstsein 11176, Anm. 1
Einf. mit Bleist. 11177,9 aktuell Einf. über der Zeile 11 177,12-14 einer bis
aktuellen V. für die ich früher gehabt habe, d.i. als Repräsentant der 11
177,17 nach für gestr. <sich> selbst 11177,19 Repräsentanten V. für Bild 11
177,29-30 mindestens bis Phantasie Einf. unter der Zeile 11 177, Anm. 1
Rb. mit Bleist. 11178,20 statt sind im Ms. versehentlich find 11178,23 in der
Bleist.-V. für etwas Ausradiertes \1178, Anm. 1 Rb. mit Bleist. Statt mir
im Ms. ihm 11178, Anm. 2 Einf. und Rb. mit Bleist. \I 179,7 bei Freilich
beginnt die Rückseiten von BI. 4-, der Rest der Seite ist unbeschrieben 11
Zu Nr. zb): Die BI. IZ4 aus dem Ms. F IV I und 34-35 aus dem Konvolut
A VI II I (vgl. dazu die Textkritischen Anmerkungen zu Beilage X). Die
BI. tragen H.s Paginierung 1, 3 und 4, BI. 2 konnte nicht aufgefunden
werden; in E. Steins Paginierung sind es die BI. 267, 1 und 2 (vgl. "Zur
Textgestaltung", oben S. 603ft.). Nach Inhalt, Schrift und Papierist die Auf-
Izeichnung um I905 anzusetzen. BI. 1 wurde mit Bleist., BI. 3 mit Tinte, Blei-
und Blaust. überarbeitet, aut der Rückseite von BI. 4 findet sich ein späterer
Zusatz.
179,15 Beginn des Textes von BI. 1. Dieses trägt oben rechts H.s Vermerk
mit Bleist. sehr gut. Daneben E. Steins Titel Sich einleben in Akte und
Vorstellen von Akten 11179,20 desgleichen etc. Einf. über der Zeile 11179,27
Einbildes Einf. über der Zeile 11179, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11180,1 besser
Eint. über der Zeile H180,8-9 dem imaginativen Urteil V. für der Urteils-
Imagination 11 180, Anm. 1 Rb. mit Bleist. \I 180, Anm. 2 V. mit Bleist. 11
181,4 nach Erinnerung gestr. etc. n181,12 Beginn des Textes von Bl. 3. Oben
rechts E. Steins Titel Wahrnehmung und Imagination, Wahrnehmung der
Wahrnehmung und Imagination; Imagination der Wahrnehmung und
Imagination. Dazu die Querverweise mit Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis
(vgl. "Zur Textgestaltung", S. 603 ff.) vgl. S. 194,21011181, Anm. 2 wohl etwas
nachträgliche Erg. am Rande mit Tinte. Phantasievorstellung von 1) bis
Phantasievorstellung von 2) V. für Modifikation von 1) Wahrnehmungs-
modifikation von 2) Modifikation von 2). Anlässlich dieser V. scheint der
Schlussatz der Anm. z beigefügt worden zu sein; vgl. auch S. I84, Anm. I 11
648 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
182,8 aktuelle Eint. über der Zeile 11182,15 phantasiere V. tür lebe I! 182,17
des Gegenstandes A Eint. über der' Zeile 11182,18-19 Hier bis Gegenstand
Einf. am Rande 11182,21-25 Ist nun bis ans Satzende V. tür Wahrnehmen,
dass man A phantasiert, ist dasselbe <etc.> 11 182,26 nach einmal: gestr.
Also müssten wir das modifizierte Phänomen nehmen. 11182,31-33 Text
am Rande mit einer Blaust.-Klammer zusammengetasst I! 182, Anm. 1
Streichung mit Tinte 11 183,7 den V. lür etwas Ausradiertes 11 183,11 nach
überhaupt gestr. modifiziert 11 Grundakte, beziehende wohl etwas nach-
trägliche Einl. mit Tinte 11183,12-13 und bis Akte Einl. unter der Zeile 11
183, Anm. 1 Einl. mit Tinte 11 183, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11 183, Anm. 3
Einl. mit Tinte 11184,7 nach die Bilder gestr. mehrerer Stufe 11184, Anm. 1
Text aul der Rückseite von Bl. 4- 11184, Anm. 2 Einf. mit Bleist. H
Zu Nr. 2C): Die BI. 36 und 37 aus dem Konvolut A VI II I (vgl. dazu die
Textkritischen Anmerkungen zu Beilage X). Die BI. tragen H.s Paginierung
3 == und 4 = (ursprünglich 3 = und 4 ==) und E. Steins Paginierung 3 und
4 mit Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis (vgl. "Zur Textgestaltung", oben
S. 60311.). Die Bl. scheinen nach Inhalt, Papier und Schrilt I905, vermutlich
im Zusammenhang der Vorlesung über" Urteilstheorie" (vgl. Ms. F I 27)
vom Sommersemester I905, entstanden zu sein. Etwas mehr als die Hälfte der
Vorderseite von Bl. 36 wurde später mit Blaust. kreuzweise gestrichen, und
am Rande findet sich folgender Vermerk ebenlalls mit Blaust., der vermutlich
auf die gestrichene Passage zu beziehen ist: Wiederholung, nur zu Zwecken
der Darstellung evtl. durchzusehen. Evtl. betrifft dieser Hinweis aber auch
den nicht gestrichenen Text. Auf der rechten BI.-Hälfte findet sich ferner mit
Bleist. die im Titel von Nr. 2C aufgenommene Inhaltsangabe Reflexion in der
Phantasie. Vgl. tJ.. Das Sigel tJ. bezieht sich wohl auf Ms. L I I5. Geringe
Spuren späterer Durchsicht mit Tinte, Blei- und Blaust.
184,19 Beginn des nicht gestr. Textes. Der gestr. Text zuvor lautet: Ich habe
nachträglich wieder Zweifel bekommen, ob meine Analyse des Verhält-
nisses zwischen propositionaler Sachverhaltsvorstellung und Urteil in
seinem Verhältnis zu Wahrnehmung des Urteils - Phantasievergegen-
wärtigung des Urteils völlig zureichend ist.
Allerdings die Sachverhaltsvorstellung (dieses Vorschweben des Sach-
verhalts) ist kein Phantasieakt hinsichtlich des Sachverhalts, sowenig die
Sachverhaltssetzung (das Urteil selbst, meine ich) ein Wahrnehmungsakt
hinsichtlich des Sachverhalts ist.
Richtig ist auch, dass die Sachverhaltsvorstellung nichts von der Vor-
stellung des belief enthält (den belief gegenständlich hat). Dagegen fragt
es sich, ob die Modifikation des belief, welche den Charakter der bIo s sen
Vorstell ung des Sach verhalts macht, nicht auch identisch vor-
kommt in der Phan tasievorstell ung vom Urteil. In welcher Weise
wäre das möglich?
Die blosse Vorstellung eines Sachverhalts = "Reproduktion" eines
Urteils = (gestr. reproduktive> Modifikation eines Urteils oder Urteils-
phantasma. Die Phantasievorstellung vom Urteil = eine Vorstellung, in
der jene "Reproduktion des Urteils" als "Vorstellungsrepräsentant" für
das Urteil fungiert. Analogie im Verhältnis von quasi-Wahrnehmungen
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 649
Vgl. Titel von Nr. 2e). 11 190, Anm. 1 Eint. am Rande zur Zeit der Nieder-
schrift des Textes 11
Zu Nr. 2f): Das Bl. 40 aus dem Konvolut A VI I r I (vgl. dazu die Text-
kritischen Anmerkungen zu Beilage X). Es trägt oben rechts mit Bleist. die
Paginierung 6 = wohl von H.s Hand, links E. Steins Paginierung 7 mit
Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis (vgl. "Zur Textgestaltung", oben S. 603 tt.).
Oben rechts der gestr. Hinweis Beilage ad 1, der sich evt!. auf Bl. 27 (Original-
paginierung 1) des Ms. A VI 4 vom 9. April I9Ia bezieht (vgl. oben Nr. I51),
S. 373 ff·), wo ebenfalls das Beispiel des Bajazzo vorkommt. Auch nach der
Schrift zu urteilen, scheint dem Hrsg. als Entstehungszeit das Jahr I9I2
wahrscheinlich, frühestens jedenfalls I909. Keine Spuren späterer Durch-
sicht. Die Rückseite ist unbeschrieben.
192,5-14 Aber bis Absatzende Einf. am Rande, jedoch schon zur Zeit der
Niederschrift des übrigen Textes 11
Zu Nr. 2g): Das BI. 4I aus dem Konvolut A VI I I I (vgl. dazu die Text-
kritischen Anmerkungen zu Beilage X). Es trägt oben rechts die Bleist.-
Paginierung 7 = wohl von E. Stein und links E. Steins Paginierung 8 mit
Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis (vgl. "Zur Textgestaltung", oben S. 603 tt.).
Nach der Schrift zu urteilen, dürfte es auf I9I2 anzusetzen sein, frühestens
jedenfalls I909. Keine Spuren späterer Durchsicht. Die Rückseite ist unbe-
schrieben.
192,36 angeblich Einf. über der Zeile 11
Bleist. überarbeitet; ausser der Rb. M (auf Foliobl. 7, die auf B~ abge-
schrieben wurde), die wohl etwas früher entstand, dürften die nicht mit Tinte
"nachgezogenen" Bleist.- V. aus der Zeit der Durchsicht von I909 stammen.
Auf der Rückseite von FoliobI. 9 findet sich auch E. Steins Aufschrift A 1-9
<später mit Blau- und Bleist. verändert in 13 1-10, wobei nicht klar ist, ob
von H. oder von E. Stein> Erinnerung = Wahrgenommenhaben vgl. Aus-
arbeitung S. 111m <mit Bezug auf E. Steins Ausarbeitung des Zeitbewusst-
seins; vgl. Husserliana X>
193,30 weiter unten Einf. über der Zeile 11 193, Anm. 1 Randtitel ganz
oben rechts auf FoliobI. 1 11 193, Anm. 2 Rb. mit Bleist., die mit Tinte
"nachgezogen" wurde. Zu Beginn gestr. Das ist schief ausgedrückt. Der
Schlussteil und das Bewusstsein bis gemacht steht nur in Tinte 11194,3-4
Mit bis Rede V. für Die jetzige Erinnerung ist in mehrfacher Weise Bild 11
194,6 durch Erinnerung V. für zeitlich 11 194,18 nach die gestr. Evidenz
der 11194,20-21 in dem Sinn Einf. mit Bleist., mit Tinte "nachgezogen" 11
194,27 nach ich gestr. auffassend 11194,31 als Gegenpunkt stenographische
Einf. mit Bleist., daneben mit Tinte in Kurrentschrift wiederholt als Gegen-
punkt zu 11 194,41 Anführungszeichen mit Bleist. 11 194, Anm. 1 Rb. mit
Tinte 11194, Anm. 2 Klammern und Einf. mit Bleist. 11195,1 Anführungs-
zeichen mit Bleist. 11195,3 Anführungszeichen mit Bleist. 11 195,10 vor Diese
Eröffnung einer eckigen Klammer mit Tinte, die nicht geschlossen wird 11
195,11 Grundlage mit Tinte unterstrichelt 11195,16 A v. für Ich 11 nach Die
gestr. jetzige 11195,16-17 des gemeinten A nachträgliche Eint. mit Tinte 11
195,19 Anführungszeichen mit Bleist. 11195,32 implicite mit Bleist. unterstr.
11195, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11195, Anm. 2 nachträgliche Rb. mit Tinte 11
195, Anm. 3 bis 5 V. mit Bleist. 11196,1-3 neben diesem Text wieder aus-
radierte Rb. mit Bleist. Das ist alles nicht hinreichend klar, vgl. die späteren
Blätter 11 196,12-13 Anführungszeichen vom Hrsg. eingefügt 11 196,18 vor
Vorgang stand ursprünglich ein Unterführungszeichen, das H. mit Bleist. in
erinnerte veränderte 11 196,19 vor besonderem im Ms. ein Anführungs-
zeichen 11196,25-26 Text am Rande mit einer Klammer zusammengefasst 11
196, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11196, Anm. 2 nachträgliche Rb. mit Tinte 11
197,2 nach war gestr. Mein vergangenes 11 197,12 Beginn von Foliobl. 6.
Ganz oben rechts H.s Vermerk mit Tinte Abschrift eines Manuskripts, das
auf einer Einladung zu einer Festrede Hayms «18>98?) geschrieben war. 11
197,33 Anführungszeichen mit Bleist. 11197,35-38 Text am Rande mit einer
Klammer zusammengefasst 11197,36 auch nachträgliche V. mit Tinte für die 11
197,39 selbst gegenwärtig erfassen v. für gegenwärtig erfassen, was zuerst
mit Bleist. verändert worden war in gegenwärtig selbsterfassen 11197, Anm. 1
V. mit Bleist. 11198,2 mir Einf. über der Zeile 11198,3 mir V. für ihm 11198,4
mich V. für ihn 11198,19 und 22 Cl) nachträgliche Einf. mit Tinte 11198,32
nach vor. Gestr. An ihn erinnere ich mich. 11198,36 habe bis Gewissheit V.
für glaube 11198, Anm. 1 Ein!. mit Bleist. \1198, Anm. 2 Streichung und Rb.
mit Tinte 11198, Anm. 3 V. mit Bleist. 11199,3 Zwischentitel aufgrund der im
Ms. nachdem später gestr. Satz (199,4-5) folgenden Vberschrift 11199, Anm. 1
Der oben wiedergegebene Text fusst auf BI. A VI Ir I, I74, das H.s Bleist.-
Vermerk AbschriftM, lOträgt. Im obenS. I99 wiedergegebenen Text: (eigent-
652 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
lieh bis ich achte auf ihren Gegenstand (im ersten Absatz) V. für kann ich
leben. Im letzten Absatz: Nach Ich bin aber auch gestr. "in der Erinnerung"
zur Reflexion. - Der Text der Bleist.-Einf. auf Foliobi. 7 lautet wie folgt; Mir
schwebt die Erscheinung des Rathauses vor. Diese Erscheinung, die mir da
vorschwebt, ist charakterisiert als die vergangene Erscheinung. In dieser
Erscheinung kann ich leben: Das Rathaus erscheint als gegenwärtig ge-
wesen. Ich kann auch auf die Erscheinung achten, also auf das Er-
schienensein bzw. mir Erschienensein, auf das Wahrgenommenhaben. Der
Erinnerungsakt = Bewusstsein vom Gegenstand als Gegenstand einer
"früheren" Wahrnehmung (die mir "vorschwebt").
Ich kann auf den Gegenstand achten (der damals wahrgenommen war,
den erinnerten). Ich kann auf die Erscheinung des Gegenstandes achten,
auf die damalige Erscheinung, bzw. auf die damalige Wahrnehmung. Ich
kann auf die gegenwärtige Erscheinung, auf die gegenwärtige Erinnerung
achten. Nämlich ich nehme jetzt wahr, dass ich die und die Erinnerung
habe. "Reproduziert" ist das damalige Bewusstsein, es schwebt mir
jetzt als ein Nicht-jetzt, es schwebt mir im Erinnerungsbild vor. Ich lebe
im vergegenwärtigten Wahrnehmen, ich achte nicht auf das Wahrnehmen
(auf das frühere Wahrnehmen), im Erinnerungsakt schwebt es vor und
ich lebe darin so, dass sein Gegenstand der gemeinte ist. Gegenwärtig ist
die "Reproduktion" der früheren Wahrnehmung, also eine Modifikation
derselben, in ihr lebe ich und das ist ihrem Gegenstand Zugewendetsein.
Ich kann aber auch auf die reproduzierte Wahrnehmung achten, ich
reflektiere also nicht auf die Modifikation der Wahrnehmung, die ich jetzt
habe, also nicht so, dass ich sie meine, wie ich sie jetzt erlebe, sondern dass
ich sie als Repräsentation für die Wahrnehmung auffasse.
Lebe ich im repräsentierten früheren Bewusstsein, so habe ich die
modifizierten Akte und bin deren Gegenständen zugewendet: die vergan-
genen, als vergangen charakterisierten Objekte. Ich bin aber auch "in der
Erinnerung" befähigt zur Reflexion. Die Gegenstände waren damals ge-
geben in Akten, die jetzt ebenfalls wiedervergegenwärtigt sind. Ihre
Wiedervergegenwärtigung macht ja das modifizierte Bewusstsein der
Gegenstände möglich <möglich V. für aus). Ich achte aber auf die Wieder-
vergegenwärtigung als solche, ich achte auf das Nicht-Jetzt im Jetzt, auf
das "Wahrnehmen", in dem der Gegenstand das Erinnerte ist. -
199, Anm. 2 Erg. mit Tinte am Rande 1\ 199, Anm. 3 Streichung mit
Bleist. 11 200,17 Zu Beginn dieses Absatzes Eröffnung einer eckigen Klammer
mit Bleist., vielleicht von E. Stein; am Rande E. Steins Titel Wahrnehmung
und Ich 11 200,20 nach allgemeinen gestr. Tatsache der 11 200,23 ihm er-
scheinen V. für ihn hinein werden 11200,31 statt einem im Ms. einen 1\200,42
nach Individuums gestr. (in einem vorgegebenen Augenblick) 1\200,45 Ein-
heit V. für Mannigfaltigkeit 1\201,10 nach mögliches gestr. Wenn sie reali-
siert werden sollen, muss es ein solches geben. Wir wissen, dass es Wahr-
nehmungen gibt, da wir solche wahrgenommen haben. Nach diesem gestr.
Satz schliesst die eckige Klammer mit Bleist. 11 201, Anm. 1 Rb. mit Tinte,
vermutlich von I9 0 9 1\
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 653
208,23 Titel der Beilage aufgrund einer Rb.; ist vor sel~Einf. mit
Bleist. 11208, Anm. 1 Unterstrichelung mit Blaust., Fragezeichen mit Bleist. 11
209,8 "Erscheinungsfarbe" und Erscheinungsform V. für Erinnerungs-
Farbe bzw. Erinnerungs-Form 11 nach etc. gestr. d.h. Farbe 11
Einf. auf der rechten Bl.-Hälfte \l2U, Anm. 1 Rb. mit Tinte, wohl um I90g11
213,2 modifiziert Einf. mit Bleist., mit Tinte "nachgezogen" 11 213,6 evtl.
Einf. mit Tinte \1213,6-7 stetige bis von Einf. und V. für etwas Ausradiertes
11213,8-9 etwas bis ist V. tür etwas Ausradiertes 11213,12 Erinnerung V. tür
etwas Ausradiertes, vermutlich für Phantasie 11 213,13 die bis vergegen-
wärtigt wohl etwas nachträgliche Eint. mit Tinte 11 213,14 der bis gesetzten
Einf· mit Tinte 11 213, Anm. 1 Einf. mit Tinte, Streichung mit Blaust. 11 213,
Anm. 2 Streichung und Null mit Blaust. 11 213,27 Erh vergegenwärtigt Ei"
Einf. mit Bleist. 11214,7-12 Text am Rande mit Blaust.-Klammer zusam-
mengefasst und daneben abwärts gerichteter Pfeil ebenfalls mit Blaust. f!
214,8 statt statt im Ms. ein 11214,15-19 Es bis sind Eint. aut der rechten
BI.-Hälfte 11 214,20 ff. am Rande dieses Absatzes im Ms. ein abwärts ge-
richteter Pfeil mit Blaust. " 214,23,24,25 für Apprehension im Ms. ieweils
App. 11 214,30 blosse Einf. mit Tinte 11 214, Anm. 1 Erg. mit Tinte auf der
rechten Bl.-Hälfte; Illusion V. vermutlich für Halluzination 11 215,3 nach
erscheinend im Ms. ein Anjührungszeichen 11215,4 im Ms. unter dem letzten
Absatz die wieder ausradierte Bemerkung mit Bleist. Glaube "in" der Phan-
tasie? Aufgrund ! Und da haben wir ein komplizierteres Phänomen. 11215,7
für Apprehension im Ms. App. 11215,17 zwar V. für damit 11 215, Anm. 1
Einf. mit Tinte, wohl um Ig09 11 216,8 transiente Einf. mit Tinte; Klam-
mern vom Hrsg. eingefügt 11 216,15 statt ihrem im Ms. seinem 11 216,18
Ereignisse V. tür Erscheinungen 11 216,19-20 oder bis Erinnerungsreihe
Eint. mit Tinte 11 216,30-34 Es bis Intention am Rande mit einer Bleist.-
Klammer zusammengetasst 11 216, Anm. 1 Einf. mit Blaust. 11 216, Anm. 2
Eint. mit Bleist. 11 217,3 nach Blosse gestr. ruhende 11 217,20-25 die letzten
beiden Absätze stehen im Ms. aut der Rückseite von BI. I33, das noch folgen-
den Text aus anderem Zusammenhang trägt: Klärung einer Meinung als
eines Sinnes, Klärung des Sinnes von "Ding", von "Eigenschaft",
Relation u. dgl. Diese Klärung, die nicht ohne weiteres Wesensanalyse von
Ding überhaupt ist, Zergliederung eines Wesens, sondern eben Klärung
des "Sinnes von". - Die Phänomenologie hat verschiedene Bedeutungen,
diese Bedeutungsanalyse, diese Aufklärung des Sinnes ist etwas Eigenes.
Wir wollen, sagte ich, immer den Sinn von Ding, von Wahrnehmung, von
Urteil etc. zur letzten Klarheit bringen. 11 217,21 nach etwas gestr. ent-
weder 11217, Anm. 1 Eint. mit Bleist. 11217, Anm. 2 Eint. mit Bleist. 11
schrift mit Blaust. Die BI. sind undatiert, dürften aber 'a,us inhaltlichen
Gründen sowie nach dem Schriftbild auf Herbst I909 anzushzen sein. Bei
E. Stein tragen sie die Paginierung 224-230 mit Bezug auf ihr Inhaltsver-
zeichnis (vgl. "Zur Textgestaltung", oben S. 60311.). Einige Spuren späterer
Bearbeitung mit Tinte, Blei- und Blaust.
276, Anm. 1 Notiz mit Blaust. aul einem der Aufzeichnung voranliegenden
Zettel mit der Archivpaginierung A VI I I II, I34 11 277,7-8 Ich bis Phan-
tasie V. für Ich werde zunächst die Phantasie beiseite lassen und be-
handeln müssen Wahrnehmung, Erinnerung und sonstige <bricht ab> 11
278,10 und 13 a) und b) V. für 1) und 2) 11279,15 statt Semikolon Komma
im Ms. 11279,32 nach unentschieden im Ms . .-. 11280,3 nun bis bezeichnend
etwas nachträgliche Einf. mit Tinte 11 280,19 bei nicht endet der Text der
Vorderseite von BI. I37; die Rückseite ist unbeschrieben 11280,20 Beginn von
Bl. I38, oben rechts E. Steins Randtitel Freie Möglichkeiten als Bestim-
mungen von Unbestimmtheitskomponenten 11 281,6 Sternchen aufgrund
einer geschweiften Linie im Ms. II 281,34 bei das Durchgehen beginnt BI.
I39: oben rechts E. Steins Randtite1 Phantasiemodifikation, Aussagen in der
Phantasie und auf Grund der Phantasie. Darunter ihre Querverweise vgL
45,61,97, A 11282,21 Genetiv-s und Bindestrich bei Auffassungs- vom Hrsg.
eingefügt 11 283,5 Komma vor von vom Hrsg. eingelügt 11 283,7 und wirk-,
liche Einf. mit Tinte über der Zeile 11 283,14 Anführungszeichen nach
Gesicht! vom Hrsg. eingefügt 11 283,15-16 Anführungszeichen vom Hrsg.
eingefügt 11284,7 bei Zoologie endet der Text der Vorderseite von BI. I40; die
Rückseite ist unbeschrieben 11284,9 Beginn des BI. I4I; oben rechts E. Steins
Randtitel Einordnung jeder Wahrnehmung in den Wahrnehmungszusam-
menhang 11284,22 und 27 im Ms. eckige Klammern, evtl. etwas nachträglich
eingefügt 11 284,36 das vorgelegte Phänomen V. tür die vorgelegte Er-
scheinung 11 284,36 und 37 statt das im Ms. die 11 285,5 überhaupt Auf-
fassungsmaterien Einf. mit Tinte über der Zeile H 285, Anm. 1 Rb. mit
Blaust. !I 285, Anm. 2 Ein/. mit Bleist. 11
wobei AlsO' V. für etwas Ausradiertes, evtl. für nicht 11 287,28 alsO' einen
V. für etwas Ausradiertes 11 287,31-32 der Ausdruck in Klammern ausser
Glaubens(-> V. für etwas Ausradiertes I1 287, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11
288,1 Erinnerung V. für etwas Ausradiertes 1I 288, Anm. 2-4 Einf. mit
Blaust. 11
zeitige Einf. über der Zeile 11 300,27 Komma vom Hrsg. eingefügt 11 300,
Anm. 1 Einf. mit Rotst. 11 300, Anm. 2 und 3 Einf. mit Bleist. H
nach sein gestr. auch 11313, Anm. 1 V. mit Bleisf. 11314. f auch Eint. über der
Zeile 11 314,2 als Einl· mit Bleist. 11 314,5-7 Die bis Erlebnis evtl. etwas
nachträgliche Einl. 11 314,17 diesen Tisch V. lür dieses Zeug 11 314, Anm. 1
V. mit Bleist. 11
zitterung des Passus in der weiss was für ungewiss 11 318,13 so bis soll am
Rande mit Blaust. doppelt angestr. 11 318,14-15 Kommas und Fragezeichen
vom Hrsg. 11318,40 Zwischentitel aufgrund von H.s Randtitel mit Blaust. 11
318, Anm. 1 Rb. mit Tinte, von H. selbst dem Text zugeordnet 11 319,6
Klammern Einf. mit Blaust. 11319,17 zu !schI vgl. K. Schuhmann, Husserl-
Chronik, Den Haag I977, S. I42: "Anfang - z4. August I9IO H. hält sich
mit seinem Bruder Heinrich in Bad Ischl auf" 11 319,33 nach Teil gestr.
evt1.11319,38 Anführungszeichen mit Blaust. 11319, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11
320,1 Zentauren Einf. mit Blaust.' 11 320,2 einen dicken wohl gleichzeitige
Einf. über der Zeile 11320,7 statt Semikolon im Ms. ein Komma 11320,12 statt
zusammenhängende im Ms. Zusammenhang 11
dieses BI. ist weder paginiert noch datiert, dürfte aber ebenso in die Zeit von
I9II/I2 gehören. Es trägt E. Steins Oberschrift Identischer Genalt in
Wahrnehmung <Wahrnehmung allem Anschein nach von H. verändert in
Erlebnis> und Reproduktion sowie in verschiedenen doxischen Modifika-
tionen. Ausser Rot- und Blaust.-Unterstreichungen sowie den S. 327, Anm.
I-3 wiedergegebenen Textstücken keine späteren Bearbeitungen.
320,25 Oberschri{t des Bl. 11 320,31 Insofern bis Impression Einf. mit
Tinte 11320,33 nach gegenüber etwas Ausradiertes 11320,35-37 Bewusstsein-
von bis Sinn) Erg. mit Tinte 11 320,40-41 es bis bewusstes Einf. über der
Zeile 11 320, Anm. 1 Einf. mit Blaust. 11 321,6 statt Modifikationen im Ms.
Modifikation 11 321,8 für impressionales im Ms. imp(r) was oft auch emp
heisst und als "empirisch" zu lesen ist 11 321,12 "Impression" als in eckige
Klammern mit Blaust. gesetzt 11321,12 ff. am Rande des Absatzes die wieder
ausradierte Rb. mit Bleist. Was ist das? Da geht ja der Gegensatz von
Impression und Reproduktion ineinander mit dem Unterschied von
Aktualität und Inaktualität 11 321,14 das zweite wirklich V. für etwas
Ausradiertes 11 321,21-22 der Ausdruck in Klammern V. für etwas Aus-
radiertes, nochmals mit Blaust. in Klammern gesetzt 11321,29 so V. für etwas
Ausradiertes 11321,36 Doppelpunkt mit Bleist. 11 321, Anm. 1 der erste Teil
der Anmerkung ist eine Rb. mit Bleist. zu Beginn des Absatzes von Zeile
I2 ff.; der Text nach dem Gedankenstrich steht im Ms. "isoliert" auf der
Rückseite, auf welche durch Verte verwiesen wird; der Hrsg. schloss dieses
Textstück, das ebenfalls mit Bleist. beigefügt wurde, sinngemäss an das
vorige an 11 321, Anm. 2 V. mit Tinte 11 321, Anm. 3 Streichung mit Tinte 11
321, Anm. 4 Einf. mit Tinte 11322,9 als meinenden Akt Einf. über der Zeile
11322,10 nach Reproduktion gestr. im zweiten Sinn 11322,20 Anführungs-
zeichen bei Vorstellung mit Blaust. 11322,24 es folgt im Ms. noch folgender,
mit Bleist. in eckige Klammern gesetzter Text, der sich auf ein nicht aufge-
fundenes BI. bezieht: (Ich habe auf dem Blatt, das mir hier zugrunde liegt,
ein Gesetz ausgesprochen: des Sinnes, dass jede Modifikation eines Aktes
zu verwandeln ist in eine meinende Phantasievorstellung von ihm. Gilt
das von der In akt u a li t ä t s modifikation? (Das war dabei gemeint.)
Z.B. jede propositionale Vorstellung kann verwandelt werden in eine
Phantasievorstellung von dem entsprechenden Urteil etc. Lohnt es hier,
ein "Gesetz" auszusprechen? Wesentlich ist, dass jede reproduktive
Modifikation entweder meinende oder nichtmeinende ist. Und dass jede
nichtmeinende in eine meinende verwandelt werden kann. Das wurde
schon näher studiert und muss es noch weiter werden. Aber für die
Inaktualität? Ick kann auch jedes aktuelle Urteil in eine Phantasie hin-
einversetzen, mir ein gleiches Phantasieurteil verschaffen. Und wenn ich
den bIossen Gedanken habe "S ist p", auch ein Phantasieurteilen dessel-
ben Inhalts bilden. Aber ist das etwas Besonderes?) Die Rückseite von
BI. 24 ist von H. nicht beschrieben 11322,38 statt Erlebten im Ms. Erlebtem
11322, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11323,2 nach die im Ms. wir 11323,5-7 Uns bis
besteht wohl etwas nachträgliche Einf. 11 323,12 Anführungszeichen mit
Blaust. 11 323,19 Anführungszeichen bei gibt mit Blaust. 11 323,28 und 29
nichtcogitierende und (cogitierende) wohl etwas nachträgliche Einf. 11323,30
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 675
nur noch die Bl. 21--61 und 81-88 der Steinschen Paginierung. Die Bl. 62-80
befinden sich im Ms. A VI 29; sie wurden schon von H. selbst aus den
R-Manuskripten genommen. Auf dem Gesamtumschlag des Ms. A VI 29
(S. I + 38), der von einem Briefumschlag mit dem Postdatum 4.1.23 gebildet
wird, stehen u.a. folgende Aufschriften H.s in Tinte: 3 und MM. ,,3" schlichte
Anschauungen (Wahrnehmung, Erinnerung etc.) in Beziehung auf Quali-
tät - quasi-Qualität. Zur Theorie des belief in Passivität und spontaner
Aktivität. Qualitative Modifikation als Modifikation charakterisiert.
Ähnliches MM. Begriff der Stellungnahme. <... > 3 und MM aus den
Manuskripten "R" genommen. Die hier ausgelassenen Aufschriften betref-
fen Texte aus I9I7 oder I9I8, denen H. die Aufzeichnungen 3 und MM aus
den Manuskripten "R" von I9I2 beigelegt hat und die oben in Nr. I8b und
zugehörigen Beilagen abgedruckt werden (vgl. die Textkritischen Anmerkun-
gen, S. 707). Dem Sigel 3 entsprechen die Bl. 62-67, dem Sigel MM die Bl.
68-74 der Paginierung von E. Stein; die BI. 75-80 bilden Beilagen und
liegen ebenfalls im Ms. A VI 29.
Die Entstehungsgeschichte des "R"-Konvolutes ist kompliziert und liegt
teils im Dunkeln. Das Konvolut umfasst BI. aus den Monaten März und
April I9I2, beginnend am 22. März I9I2 (Bl. 21 = Ms. A VI 4, S. 3a) und
endend am I6. April I9I2 (Bl. 68 = Ms. A VI 29, S. 8a). Ursprünglich
bildeten die in ihm zusammengefassten Texte einen Teil einer umfassenderen
Manuskript-Gruppe der Monate März-April I9I2, auf die H. sich unter dem
Sigel MA (= März-April) zu beziehen pflegte. Diese Manuskript-Gruppe
MA scheint sogar im Zuge der Arbeit "für den Druck" entstanden zu sein.
Wenigstens schreibt Frau M. Husserl an ihre Freundin, Frau E. Albrecht,
am 22. März I9I2: "Edmund ist die Ruhe jetzt sehr sympathisch, er arbeitet
für den Druck und braucht dafür seine ungeteilte Kraft" (Brief im Husserl-
Archiv zu Leuven). Frau Husserls Hinweis könnte druckfertige Abhandlun-
gen erwarten lassen, die überlieferten Manuskripte sind indessen alles andere
als "für den Druck" reife Ausarbeitungen, es sind vielmehr sozusagen
typische Forschungsmanuskripte (vgl. oben, S. 597), insbesondere 'Voller
terminologischer Unentschiedenheiten und, laut H.s eigenem Zeugnis, von
einer Vergesslichkeit bezüglich bereits früher von ihm Erarbeitetem, die ihm
am Ende sehr merkwürdig, fast unglaublich (cf. Ms. A VI I2 I, S. 86b)
vorkommt. Dies notierte er während der Osterferien 1912 in einer drei BI.
umfassenden Aufzeichnung, auf die er nachträglich mit Rotst. zu Beginn
folgenden Hinweis schrieb: Vorlage zu MA. H ö c h s t w ich t i g als Schutz-
wehr gegen manche grosse Verirrungen, die ich in diesem Monat März-
April 1912 begangen habe. V gI. dazu nah Verwandtes und Ausgezeichnetes
in Yo (cf. Ms. A VI I2 I, S. 84a. Die Aufzeichnung Y o über Aufmerksam-
keit vom Januar I9I2 liegt im Konvolut A VI8 I (Umschlag S. I + 22)).
Auf S. IO b im Ms. A VI 29 (Bl. 70 der Steinsehen Paginierung, oben
S. 458) steht, ebenfalls mit Rotst., der Vermerk: Vgl. dafür und für alles
weitere die ganz vorne liegenden 3 BI. MA, offenbar jene Vorlage zu MA.
H.s Bedenken scheinen sich hauptsächlich auf Verirrungen in den Aus-
führungen über Stellungnahmen als Spontaneitäten (cf. Ms. A VI I2 I,
S. 84a) in der MA-Gruppe zu beziehen, und insbesondere auf Erörterungen
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 677
Rb. mit Bleist. 11 336, Anm. 4 Einf. am rechten Rande und teils unten auf
der Seite 11 337,3-4 oder bis oder etc. V. für allenfalls auch Einfühlens,
wobei des mit Blaust. eingefügt ist 11337,8 bei diesem Absatz beginnt Bl. A VI
4.5- Oben rechts E. Steins Randtitel: belief des inneren Bewusstseins; reine
Perzeption und Stellungnahmen auf dem BI. 23 ihrer Paginierung; darun-
ter ihr Hinweis vgl. 232 11337,15 Klammer vom Hrsg. geschlossen 11337,23
das Komma nach Aktes vom Hrsg. eingefügt 11337, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11
337, Anm. 2 Rb., wobei wirklichen mit Bleist. eingefügt ist 11337, Anm. 3 Rb.,
wobei Stellungnahmen am Ende mit Bleist. eingefügt ist 11 337, Anm. 4
Einf. mit Blaust. über der Zeile 11 338,7 nach belief gestr. (Gewissheitscha-
rakter innerhalb der belief-Sphäre) 11 338,7-8 parallelen bis Bewusstseins
V. für Charakteren 11 338,11-12 (unmodifizierte bis bewerten teils v. für
etwas Ausradiertes 11338,13-15 der Satz in Klammern wohl etwas nachträg-
lich eingefügt 11 338,15 So insbesondere: etwas nachträglich eingefügt 11
338,16-17 der Ausdruck in Klammern wohl etwas nachträglich eingefügt 11
338,18 wirklicher V. für aktueller, das selbst eine Einf. mit Bleist. ist 11
338,19 Wirkliche V. für Aktuelle 11338,20-21 der Ausdruck in Klammern
wohl etwas nachträglich eingefügt 11338,26 wirkliche V. für etwas A usradier-
tes über der Zeile 11 338,26-27 es bis vor wohl etwas nachträglich eingefügt 11
338, Anm. 1 Einf. mit Bleist. über der Zeile 11 338, Anm. 2 Rb. mit Tinte 11
338, Anm. 3 Rb. mit Tinte 11339,3 Zwischentitel autgrund von H.s Randtitel
auf BI. 3 bzw. A VI 4, S. 6a 11339,5 ohne wirkliche V. für etwas Ausradiertes
11339,6-7 statt was aber uns <nicht?> interessiert im Ms. was aber uns wir
interessiert 11339,8-9 kann bis Wir V. für "denken" wir 11339,11-13 in bis
,,2·2 = 5" Einf. mit Tinte 11339,15 und 18 Anführungszeichen mit Blaust. 11
339,24 ff. zu Beginn dieses Absatzes steht der S. 339.3 als Zwischentitel
wiedergegebene Randtitel mit Blaust., teils mit Rotst. unterstrichen; darunter
E. Steins Hinweis vgl. 34, d.i. der Anfang von Nr. ISC) 11 339,37 nach
aktuelles Ich mit Blaust. eingefügt, aber wieder ausradiert, doch gerade noch
lesbar: (event<uell>! S<iehe> f<olgende> S<eite» 11 339,37 und 340,2 An-
führungszeichen mit Blaust. 11 340,5 Anführungszeichen von entbehren bis
Aktualität mit Blaust.; ursprünglich war nur "Aktualität" in Anführungs-
zeichen /1340,6 sie Einf. mit Blaust. 11340,13 nach vorsichtig sein ausradiert,
.zoch eben noch lesbar: Es darf nicht gemeint sein, dass ich mir selbst, der
jetzt wirklichen 0> Person beständig <?> bewusst bin, sie etwa <?>
gegenständlich habe, auf mich aufmerksam bin 11 340,18 A nführungs-
zeichen mit Blaust. 11 statt ist evtl. zu lesen in 11 340,24-27 nicht nur bis eben
V. für teils Ausradiertes; statt aktuell phantasierend eben evtl. zu lesen
aktuell eben phantasierend 11 340,28 lebendig vollziehe, es Einf. mit Tinte 11
340,30-31 und bis ausdrückt Einf. mit Tinte 11340,5 das Sternchen ist vom
Hrsg. eingefügt, weil die folgenden BI. evtl. nicht ganz kontinuierlich an-
schliessen 11340, Anm. 1 V. mit Blaust. 11340, Anm. 2 Streichung mit Blaust.
11 341,23--30 dieser Absatz steht in eckigen Klammern 11 341,23-24 "in bis
sein" V. für "in aktueller Reproduktion gerichtet sein" 11341,25 wirklich
bis fungieren V. für aktuell und Reproduktion wirken; die Anführungs-
zeichen jeweils vom Hrsg. 11341,26 "wirklich" V. tür aktuell; Anführungs-
zeichen vom Hrsg. 11 341,27 Anführungszeichen vom Hrsg. 11 341,31 ff. bei
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 681
beginnend auf der Höhe von Ich kann auch, Zeile 26 11351,31-33 Ich kann
bis vollziehen wohl etwas nachträglich eingefügt 11351, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11
351, Anm. 2 Bearbeitung mit Bleist. 11 352, Anm. 1 Einf. mit Bleist. Der
Rest der Seite sowie die Rückseite unbeschrieben H
Zu Nr. I5d): Die BI. I2 bis I5, 20 und 2I aus dem Ms. A VI 4; die BI. I2
bis I5 tragen die Paginierung 1 bis 4 mit Rotst., die von E. Stein zu 9 bis 12
verändert wurde, offenbar als Anschluss an die BI. A VI 4, 3-II gedacht (vgl.
die TextkritischenAnmerkungenzuNr. I5bund zu Beilage XXXVI). Die BI.
von Nr. I5d tragen überdies E. Steins Blaust.-Paginierung 30 bis 33 und 38,
39 (vgl. "Zur Textgestaltung", S. 603 ff.). Die beidenBI. 38 und 39 tragen die
weiteren Paginierungen 5 auf 38, 6 auf der Vorderseite von 39 und + 7 auf
der Rückseite, jeweils mit Bleist., 5 vermutlich von E. Steins Hand. Die
Zuordnung dieser beiden BI. ist ungewiss; sie sind vom Hrsg. aufgrund sach-
licher Nähe hierher geschlagen worden. Zu 6 und + 7 vgl. auch die Beilage
XL. BI. A VI 4, I2 trägt oben rechts mit Rotst. das Datum 7.4.1912 von H.s
Hand.
353,12 Anführungszeichen mit Braunst. 11 nach ohne gestr. aktuelle
Zuwendung und 11 353,16-17 Anführungszeichen mit Bleist. 11 353,17 statt
verflochtene evtl. zu lesen verflochten 11353,20-21 Anführungszeichen mit
Bleist. 11353,24-25 Perzeption bis Wahrnehmung) V. für Wahrnehmung 11
353, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 353, Anm. 2 Rb. mit Rotst. 11 353,30 in der
Klammer vor unmittelbar gestr. jede 11354,26 nach gleichsam gestr. lebendig
11 354,31 nach Reproduktion gestr. von Wahrnehmung 11 354,34-39 der
Text im Ms. links rot angestr. 11354,39 bei Er ist beginnt S. I3a. Oben rechts
Randtitel mit Tinte: Bekanntheitscharakter. Daneben, wohl vonE. Stein, der
Hinweis s<iehe> 31a, d.i. der Text von Beilage XXXIX (vgl. dort die Text-
kritischen Anmerkungen) 11355,7-12 der Text Dieses Grundstück bis ans Ende
des Absatzes in einer geschwungenen Klammer mit Rotst. zusammengefasst,
daneben ein abwärts gerichteter Pfeil mit Blaust. 11355,13 ff der erste Satz des
Absatzes stark mit Blaust. unterstrichen, danach rechts ein abwärts gerichteter
Pfeil mit Blaust. 11355, Anm. 1 Rb. mit Rotst. 11355, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11
356,1 auf dieser Höhe E. Steins Randtitel Sympathetische, positionale und
neutrale Stellungnahmen 11 356,3-4 dass bis zugrundeliegt V. für etwas
Ausradiertes 11 356 Anm. 1-5 V., Rb. bzw. Einf. mit Bleist. 11 357,5 die
erinnernde Reproduktion Eint. über der Zeile 11357,17 explizit vollzogenen
V. für spontan vollzogenen 11 357,19 Darf man nun behaupten?: evtl. etwas
später eingefügt 11357,19 vor Auch gestr. Also 11357,23 Vollzug am Ende des
Satzes aufgrund von Unterführungszeichen im Ms. vom Hrsg. ergänzt 11
357,27 ff zu Beginn dieses Absatzes Eröffnung einer eckigen Klammer mit
Blaust., die nirgends schliesst 11357, Anm. 1-4 Eint., Rb. bzw. V. mit Bleist. 11
358,28 statt mit dem im Ms. das 11 358, Anm. 1 Bemerkung mit Bleist. 11
358, Anm. 2 Fragezeichen mit Bleist. 11 358, Anm. 3 Rb. mit Bleist. 11 358,
Anm. 4 Rb. mit Bleist. 11358, Anm. 5 Streichung mit Blaust. 11359,5-7 Aber
bis Mögliches Einf. über der Zeile, wohl als V. tür Nun ist die stellungsfreie
Reproduktion entweder setzend oder nichtsetzend. Nämlich wenn wir sie
verstehen als stellungsfreie Phantasie, während sie als Reproduktion
Stellung nimmt. Zum phantasierten Urteil nehmen wir keine Stellung,
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 683
nur zum Urteilen, dessen wir uns erinnern. Dieser Passus ist wohl schon
zur Zeit der Niederschrift wieder gestr. worden 11 359,8 Anführungszeichen
mit Blaust. 11 359,12 Zu Beginn des Absatzes im Ms. eine I); eine weitere
Einteilung in z) etc. folgt nicht 11359,13 nach ist mit Bleist. eingefügt setzend,
aber wieder ausradiert 11 Anführungszeichen mit Blaust. 11 359,24 statt
entweder im Ms. unter 11359, Anm. 1 V. mit Bleist. 11 359, Anm. 2 V. und
Rb. mit Bleist. 11359, Anm. 3 Streichung mit Bleist. 11359, Anm. 4 Eint. mit
Bleist. 11 36&,19 ff. zu Beginn dieses Absatzes Eröffnung einer eckigen
Klammer mit Bleist., die nicht geschlossen wird Il 360,28 ff. zu Beginn des
Absatzes Eröffnung einer eckigen Klammer mit Bleist., die nicht geschlossen
wird 11 360, Anm. 1 Streichung mit Bleist. 11 360, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11
360, Anm. 3 Streichung mit Bleist. 11361,6 das Sternchen vom Hrsg., weil der
folgende Text nicht kontinuierlich hier anschloss 11 361,7 bei diesem Absatz
beginnt BI. A VI 4,zo mit der Bleist.-Paginierung 5 wohl von E. Stein 11361,
Anm. 1 Streichung mit Bleist. 11 361, Anm. 2 V. mit Bleist. 11 361, Anm. 3
Rb. mit Bleist., wohl zu beziehen auf den Absatz Es ist folgendes zu trennen:
auf der Rückseite 11362,18 der Rest der Seite, knapp die Hälfte, unbeschrieben
11 Sternchen vom Hrsg., da der Anschluss des folgenden Textes von BI. A VI
4, ZI, der die Bleist.-Paginierung 6 und auf der Rückseite + 7 trägt, nicht
gewiss ist 11 362,29 Fehlen (oder Ausschalten) V. für Ausschaltung 11 362,
Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11 363,2 vor und Eröffnung einer eckigen Klammer
mit Bleist., die nirgends schliesst 11 363, Anm. 1 Rb. mit Bleist. über eine
unleserlich gewordene Rb. mit Blaust. 11363, Anm. 2 V. mit Tinte, die ihrer-
seits über eine frühere Bleist.- V., von der nur noch der Anfang des Nicht-
vollzugs lesbar ist, geschrieben ist 11 363, Anm. 3 Streichung mit Blaust. 11
363, Anm. 4 Rb. mit Tinte 11 364,11 nur in der Form Einf. über der Zeile 11
364,13 anstelle des Sternchens im Ms. geschweifter Trennungstrich 11 364,
Anm. 1 Rb. mit Tinte 11 364, Anm. 2 Einf. mit Bleist. unter Inaktualitäts-
modifikation 11
ZuNr. Ise): Die BI. zzbisz6 ausdemMs.A VI 4; mit Bleist. von 1 bis 5
paginiert. In E. Steins Paginierung die BI. 40 bis 44; Bl. 40 trägt ihren
Randtitel Aktualität und Inaktualität (Neutralität) bei fundierten und
unfundierten Akten. Oben rechts auf BI. 1 H.s Datierung 8. und 9. April
1912 mit Bleist. Oben links steht der Vermerk ad Mo mit Tinte. Dieses BI.
Mo liegt im Konvolut Ausgeschiedenes (Ms. A VI IZ III, S. Iz8-IS8; vgl.
oben, S. 677); es bildet das BI. A VI IZ III, I33; der Index "null" bei Mist
mit Bleist. beigefügt, es folgen danach die BI. Ml bis M s (Ms. A VI IZ III,
I34-I38) in Blaust.-Paginierung; es sieht so aus, als ob BI. Mo nachträglich
vorangelegtwordensei. Aus dokumentarischen Gründen wird es in vorliegen-
dem Bande als Beilage XLI zu Nr. Ise) wiedergegeben.
364,27-365,4 Es heisst da bis "betrachte bloss den Gegenstand" ganz
oben auf S. zza etwas nachträglich eingefügt; es handelt sich um ein "Zitat"
aus BI. Mo. Der Text von Ich kann (365,1) bis ans Ende des "Zitates" mit
Braunst. unterstrichen, so als wollte H. hervorheben, worauf es ihm in seiner
Bezugnahme auf Mo vor allem ankäme 11365,5-6 die Einteilung mI 1) 2) und
II mit Bleist. eingefügt 11 365,31 1) ist Einf. mit Bleist. 11 365,34 statt der
evtl. die zu lesen 11 365, Anm. 1 Rb. mVt Bleist. Bei Vgl. beginnt eine neue
684 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
Zeile; der Punkt davor ist vom Hrsg. eingefügt, da vermutlich zu verstehen ist,
dass die "falsche" Aufmerksamkeitstheorie v.a. in den "ausgeschiedenen
Blättern" zur Geltung kam, während die Aufzeichnung vom 8. und 9. April
bereits "gegen die Aufmerksamkeitstheorie" , wie sie dort vertreten wurde,
konzipiert ist 11 365, Anm. 2 Einf. mit Bleist. 11 366,13 2) Einf. mit Bleist. 11
366,24 Aber mit Bleist. gestr. 11 366, Anm. 1 Rb. mit Rotst. H367,4 statt
Michelangeloschen im Ms. M'schen 11367,11 am Rande dieses Absatzes mit
Blaust. em NB und ein abwärts gerichteter Pfeil 11 367,13 voll eigentlich
V. fur etwas Ausradiertes 11 367,29 ab Dadurch im Ms. der Text bis ans
Ende des Absatzes rechts blau angestr. 11 367, Anm. 1 Rb. mit Blaust. 11 367,
Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11367, Anm. 3 Einf. mit Bleist. 11367, Anm. 4 V. und
Erg. mit Bleist. 11368,21 und V. mit Blaust. für Komma 11368, Anm. 1 Rb.
mit Bleist. oben rechts vom angestr. Text 11 368, Anm. 2 Einf. mit Bleist. 11
369,6 nach dem letzten Absatz im Ms. gestr. b) Wir haben bisher nur Vor-
kommnisse der perzeptiven Sphäre im Auge gehabt und hier hatten wir
also scharf herausgestellt den Unterschied zwischen Auf me r k e n, das in
jedem Akte steckt, und der I n a x i 0 se: genauer, hier fanden wir zunächst
den Unterschied zwischen derjenigen Potentialität des Vollzugs gegenüber
derjenigen Aktualität, die da das Wesen der Eigentlichkeit bzw. Un-
eigentlichkeit ausmacht (Unterschied der unentwickelten Tendenz zur
"entwickelten", aktuellen, sich auseinanderlegenden. Aber auch derjeni-
gen, in der wir leben und derjenigen, in der wir nicht leben. Den hier gestr.
Punkt b) nimmt H. S. 2Sb (oben, S. 37I,33 11.) wieder auf 11 369,11 wäre
V. für ist 11 369, Anm. 1 Einf. mit Blaust.; gleichzeitig damit im Text
(Zeile 9) hier unterstrichen 11369, Anm. 2 Rb. mit Tinte; der Text Etabliert
bis Aktion der Ausschaltung ganz mit Blaust. und diagonal mit Bleist.
gestr. Der Text Besorgt bis ans Ende der Nota, wohl zu anderem Zeitpunkt,
kreuzweise mit Rotst. gestr.; die Einf. Nein ebenfalls mit Rotst. 11369, Anm. 3
Einf. mit Bleist. 11 370, Anm. 1 und 2 Einf. mit Bleist. 11 370, Anm. 3
Fragezeichen mit Bleist. 11370, Anm. 4 Eint. mit Bleist. 11371,10-11 auf bis
bin Einf. mit Tinte 11 371,13 Aufmerksamsein Einf. mit Tinte Klammern
vom Hrsg. 11 371,16 das stenographische Zeichen für ist ist nicht deutlich,
evtl. werde oder wird zu lesen 11371,22-23 aber nicht im Gefallen mit Bleist.
gestr., die Streichung wieder ausradiert, nach Gefallen noch selbst eingefügt
und den ganzen Ausdruck in Klammern gesetzt 11 371, Anm. 1 Einf. mit
Bleist. 11371, Anm. 2 (besser durch Inaxiose) Einf. mit Blaust., der Rest
mit Bleist. 11 372,1 bei diesem Absatz oben rechts E. Steins Randiitel Phan-
tasie und aktuelle Stellungnahme zur Phantasie (auf BI. 44 ihrer Pagi-
nierung) 11 perzeptiven Eint. über der Zeile 11372,2 hier nicht Einf. über der
Zeile 11 372,5 NB bis Sphäre vermutlich etwas nachträglich eingefügt 11 372,
Anm. 1 V. und Erg. mit Tinte 11372, Anm. 2 Einf. mit Tinte 11372, Anm. 3
Rb. mit Tinte 11 372,27-28 in bis Inaxiosen etwas nachträglich eingefügt 11
372,31 reproduzierten (Zuwendungen) V. tür phantasierten Zuwendungen
11 373,5 Verhalten V. fur etwas Ausradiertes 11373, Anm. 1 Fragezeichen
mit Bleist. 11 373, Anm. 2 Cf. bis signiert) Eint. mit Bleist., der Rest mit
Blaust. 11
Zu Nr. ISt): Die BI. 27-29 aus dem Ms. A VI 4; mit Bleist. von 1 bis 3
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 685
paginiert. In E. Steins Paginierung die BI. 45 bis 47; BI. 45 trägt ihren
Randtitel Denkakte und Beschreibung auf Grund von Phantasien; darun-
ter die Hinweise mit Blaust. vgl. 61, 97, 228 mit Bezug aut ihr Inhalts-
verzeichnis (vgl. "Zur Textgestaltung", S. 603 tt.). BI. A VI 4,27 trägt oben
rechts das Datum mit Bleist. 9.4,12, die BI. 28 und 29 sind jeweils oben
rechts 9.4 datiert.
374, Anm. 1 Eint. mit Tinte 11374, Anm. 2 Rb. mit Bleist. 11374, Anm. 3
Eint. mit Bleist. 11 374, Anm. 4 V. und Erg. mit Tinte 11 375,5 aktuelle bis
Prädikation V. tür etwas Ausradiertes 11 375,30 vor auch im Ms. nicht 11
375,24 "wirklich" Eint. über der Zeile 11375, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11 375,
Anm. 2 Eint. mit Tinte 11 375, Anm. 3 Eint. mit Tinte 11376, 14 wäre V. tür
ist 11376, Anm. 1-5 Rb. mit Bleist. 11377, Anm. 1 Streichung und Eint. mit
Tinte Ir 377, Anm. 2-4 Eint. und Streichung mit Bleist. 11378,31 als "An-
satz" Eint. über der Zeile \I 378, Anm. 1 V. und Fragezeichen mit Bleist. 11
378, Anm. 2 Eint. mit Blaust. 11
Zu Nr. ISg}: Die Bl. 30 bis 33 aus dem Ms. A VI 4; mit Bleist. von 4 bis 7
paginiert, vermutlich von E. Stein, als Anschluss an 1 bis 3 vom 9. April.
Mit Bezug aut E. Steins Inhaltsverzeichnis tragen die BI. die Blaust.-
Paginierung 48 bis 51. Oben rechts aut BI. A VI 4,30 H.s Vermerk 10.4.
abgeschrieben und neu verbessert mit Blaust.
379,28-31 Von bis Ansetzens ist teils V. tür Ausradiertes; der Passus
begann zuerst mit Ist, weshalb nach Ansetzens im Ms. ein Fragezeichen
steht, das nach der V. versehentlich stehenblieb 11379, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11
379, Anm. 2 Eint. mit Tinte 11380,6 und 14 die Klammern evtl. etwas nach-
träglich eingetügt 11380,15 hier, wo V. tür da, wenn 11 380,22 Glaube V. tür
Urteil 11 380,29 statt ihrer im Ms. seiner 11 380,33 statt in jedem Fall im
Ms. im jeden Fall 11 380, Anm. 1 Eint. mit Tinte 11381, Anm. 1 Klammern
und Rb. mit Tinte; die Rb. stark mit Rotst. unterstrichen; der Hinweis aut die
Seitennotiz ebentalls mit Tinte; innerhalb der Anm. passende Eint. über der
Zeile, evt!. wirkliche passende zu lesen. Ergänzungsbindestrich bei (Aus-
schaltung) vom Hrsg., (Ausschaltung) wurde eingefügt, nachdem eine Modi-
fikation bereits geschrieben war 11 381, Anm. 2 Rb. mit Bleist. etwas rechts
oberhalb dieses Absatzes 11381, Anm. 3 Erg. mit Tinte. Ganz unten aut S. 3Ia
vermerkt H. noch: Nähere Ausführung am Rande der folgenden Seite. Die
S. 3Ib beginnt bei Näher ausgeführt: Ganz links oben notiert H. auch hier
noch Nähere Ausführung siehe Rand; innerhalb der Anm. nach Ursprüng-
_.lichkeit im Ms. ein Komma 11382,16 das noch Aussagen wäre Eint. über der
Zeile 11 382,19 und 31 im Ms. eckige Klammern, wohl etwas nachträglich
eingetügt 11 382,20 in bis einer V. tur modifizierte 11 383,2-3 oder Ver-
stehensmodus Eint. über der Zeile, Klammern vom Hrsg. 11 383,5 oder
Erfinden Eint. über der Zeile Klammern vom Hrsg. 11 383,18-19 und bis
Anschauungen V. tür und zu dem ganzen Satz fügt sich evtl. ein Gesamt-
bild, evtl. aber gar nichts 11383,21-25. (Die Uneigentlichkeit bis regen etwas
nachträglich eingetügt; die Klammer nach fehlt vom Hrsg. geschlossen 11
383,26 Zwischentitel im Ms. mit Rotst. 11 383,27 rechts neben diesem
Absatz E. Steins Hinweise Vgl. S. 19,75, 154, 177,237,295, A (gestr.(65)
mit Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis (cl. "Zur Textgestaltung", S. 603 tt.) 11
686 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
und zwar eikonische Eint. über der Zeile 11 383,33 nach selbst statt Punkt
im Ms. ein Komma 11383,34 eikonische V. für produktive 11 383,35 vor
Bildbewusstsein gestr. produktive I1 384,1 sonst Eint. über der Zeile 11
384,2-3 oder bis Perzeption Eint. über der Zeile 11384,12 eikonischen V. tür
imaginativen /1384,23 statt weil laut Ms. evtl. wenn zu lesen I! 384, Anm. 1
Rb. mit Tinte 11 384, Anm. 2 Ein/. mit Bleist. 11 385,22 Entzifferung von
Getriebe nicht ganz gewiss I! 385,24 Sternchen für geschweifte Linie mit
Rotst. unten an der Ms.-Seite 11385, Anm. 1 H.s Vermerk mit Rotst. unten an
der Seite 11 386,13 Sternchen für geschweifte Trennungslinie 11 386,15 An-
schauung V. für Phantasieanschauung 11 386, Anm. 1 H.s Vermerk mit
Rotst.1!
Zu Nr. ISh): Die BI. 34 bis 37 aus dem Ms. A VI 4; von H. mit Ael bis
Ae4 paginiert, wobei das Sigel Ae auf dem ersten Bl. mit Rotst. steht, die
übrigen drei BI. mit Bleist. paginiert wie auch die Ziffer 1 auf dem ersten BI.
In E. Steins Paginierung die BI. 52 bis 55. Oben rechts auf BI. A VI 4,34
H.s Titel Ästhetisches Bewusstsein mit Rotst., von E. Stein ergänzt mit und
Stellungnahmen. Die BI. tragen keine Datierung, sie dürften aber nach
Papier, Schriftbild und Inhalt aus dem Zeitraum der übrigen Aufzeichnun-
gen des "R"-Konvolutes, also aus Frühjahr I9IZ, stammen.
387,16 doxische Eint. über der Zeile, Klammern vom Hrsg. /1388,3-6 der
Text im Ms. am Rande, doch wohl schon zur Zeit der Niederschrift des übri-
gen Textes 11 390,23 nach konstituiert gestr. und zwar Gegenständliches
nach dem, was es in sich selbst ist, nach dem, was es 11 390,31 auf der Seite
dieses Absatzes ein abwärts gerichteter roter Pteil 11 390,39 unmittelbare oder
Einf. mit Bleist. 11 391,22 ausserdem Einf. über der Zeile 11 391,30 Wirk-
lichkeits- Eint. über der Zeile, Klammern vom Hrsg. 11 392,6 bei diesem
Absatz oben rechts E. Steins Randtitel Ästhetisches Gefallen und theoreti-
sches Interesse 11393,1 beim Nachtrag E. Steins Randtitel Aktuelles Gefal-
len an reproduzierten Objekten 11 393,2 nach dann gestr. durch Missver-
ständnis; Streichung evtl. etwas nachträglich 11393, Anm. 2 Streichung mit
Tinte 11 .
Zu Nr. ISi): Die BI. 38, 40, 39 und 4I aus dem Ms. A VI 4; wohl von
E. Stein von abis d signiert, wobei die BI. bund c umzustellen sind. In
E. Steins Paginierung mit Bezug aut ihr Inhaltsverzeichnis die Bl. 56, 58, 57
und 59. BI. A VI 4,38 trägt oben rechts H.s Datierung mit Tinte 12.4.12;
darunter E. Steins Randtitel Modifikation von Stellungnahmen auf Grund
von Phantasien; Ansätze. BI. d in E. Steins Signierung dürfte einem an-
deren Kontext angehören.
394,25 Boden Eint. mit Bleist. über der Zeile /1394, Anm. 1 Rb. mit Bleist.
11394, Anm. 2 Eint. mit Bleist. 11394, Anm. 3 V. mit Bleist. 11395,26-27 Nur
bis hat evtl. etwas nachträglich eingetügt 11 395, Anm. 1 V. und Rb. mit
Bleist. 11395, Anm. 2-6 V. bzw. Eint. mit Bleist. 11396,7 statt oder im Ms.
und 11 396,15 Zwischentitel ganz oben aut S. 40a eingetügt 11 396,20 statt
schiefen evtl. zu lesen schroffen 11 396, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11396, Anm.
2 und 3 Streichung bzw. Einf. mit Bleist. 11396, Anm. 4-7 Eint. bzw. Rb. mit
Tinte 11 397, 12 Gewiss-sein bis etc. mit Bleist. in Klammern gesetzt 11 A ntüh -
rungszeichen mit Bleist. 11397,21 bei intellektive endet S. 4oa; die Rückseite ist
TEXT KRITISCHE ANMERKUNGEN 687
Der Text des BI. II aus dem Ms. A VI 4 (vgl. die einleitenden Text-
TEXTKRITISCHE ANMER.KUNGEN 689
doppelte Anstreichung mit Blaust. 11435, Anm. 2 Rb. mit Blaust. 11436,12-13
Die bildliche bis Gegenstand V. für so wie die bildliche Vorstellung den
abgebildeten Gegenstand meint 11 436,16 Beginn von S. 57b 11 436,33 die
zweite Hälfte der S. 57b ist unbeschrieben 11 Sternchen vom Hrsg. eingefügt 11
436,34 bei Wiedererkennen und Erinnerung beginnt S. 58a; und Erinnerung
Eint. mit Blaust. 11 436, Anm. 1 Comelius Erg. mit Bleist. 11 437,7 Ent-
zifferung von Stimme nicht ganz gewiss 11 437,23 der Rest der S. 58a sowie
S. 58b sind unbeschrieben 11 Sternchen vom Hrsg. eingefügt 11 437, Anm. 1-3
Randtitel und Rb. mit Bleist. 11 438, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11 438, Anm. 2
Rb. mit Tinte; der Teil Natürlich bis Namen mit Bleist. 11 439,2-9 Ich
blicke bis apprehendiert Erg. am Rande mit Tinte 11 439,13 zu Beginn am
Rande des Absatzes ein Fragezeichen mit Blaust. 11 439,14 Löwe V. für
Zivilisation \I 439,21-26 Die nachträgliche bis erwartete Erg. am Rande
mit Tinte; zuunterst auf S. 59b, auf dem KoPf stehend, die tJberschrift
Verständnis und Erkennen 11
I908 geschrieben worden sein. Einen indirekten Hinweis liefert auch der
erwähnte Name Neuhaus. Karl Neuhaus legte am 26. Februar I908 als erster
Promovend H.s das Rigorosum ab (vgl. K. Schumann, Husserl-Chronik,
Den Haag I977. S. II3). Ausser einigen Unterstreichungen mit Bleist. keine
Spuren späterer Durchsicht; die' als Anmerkung wiedergegebene Textergän-
zung wurde wohl nachträglioh, aber nicht eigentlich später geschrieben.
453,21-24 Titel aufgrund von H.s Text oben rechts am Rande 11 454,
Anm. 1 Erg. am Rande; innerhalb der Anmerkung: Entzifferung von riesen-
gross nicht gewiss, evtl. Riesenhuf zu lesen 11
einem oben (S. 458) als Anmerkung wiedergegebenen Hinweis mit Rotst. am
Schluss der Aufzeichnung keine Spuren späterer Durchsicht.
458, Anm. 1 Hinweis mit Rotst. Die drei Blätter MA dürften die als
Beilage XL VIII wiedergegebene Aufzeichnung bezeichnen (vgl. die einleiten-
den Textkritischen Anmerkungen zu Nr. I5). Unter H.s Hinweis steht noch
E. Steins Querverweis vgl. 221 ff. mit Bezug auf ihr Inhaltsverzeichnis 11
trachten ohne Vollzug der Setzung. 11 463, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11 463,
Anm. 2 Einf. mit Rotst. 11 463, Anm. 3 Ein/. mit Tinte; die Klammern
innerhalb der Anmerkung mit Blaust.; am Rande der Anmerkung oben ein
abwärts gerichteter und unten ein aUfwärts gerichteter Pfeil mit Blaust. 11
463, Anm. 4 Einf. mit Bleist. I' 463, Anm. 5 V. mit Bleist. 11 463, Anm. 5
Rb. mit Bleist. 11
den sein könnte) 11 480,15 direkt Einf. über der Zeile 11480, t 7 direkte Einf.
über der Zeile 11 480,19 statt Reinfälle könnte auch Rheinfälle, soz. als
konkretes Beispiel eines "Reinfalls" gelesen werden! 11 480,31 A nführungs-
zeichen mit Blaust. 11 480, Anm. 1 und 2 Einf. mit Bleist. 11 480, Anm. 3
Eint. mit Blaust. 11 480, Anm. 4 Streichung und Rb. mit Tinte 11 481,2-4
fortfallen bis dastände V. für (das Setzungsbewusstsein) nicht mehr auf-
kommen und so in der Tat als Setzung vernichtet werden in anderem
Sinn, so hiesse das, der Schein sei bewusst als blosse "Imagination" 11
481,7-9 und doch bis bewusst V. für als "imaginativ" Vorschwebendes:
aber nicht reproduktiv. Es stellt auch nichts ausser sich dar. 11 481,29
Sternchen vom Hrsg. eingefügt 11 481, Anm. 1 V. mit Tinte 11 481, Anm. 2
V. und Erg. mit Tinte 11 482,4-5 Und bis macht? evtl. etwas nachträgliche
Einf. über der Zeile 11482,13 bei der Fall ist endet S. I7a; die Rückseite ist
unbeschrieben 11
Das BI. ist von E. ~tein mit 177r paginiert. Das BI. weist blass einige, wohl
schon zur Zeit der ersten Niederschrift vorgenommene Veränderungen mit
Tinte auf.
491,33 nach Orientierung gestr. stehen 11 491,36 und Hinweis Einf. über
der Zeile 11 492,5 nach die gestr. betreffenden 11 492,6 nach, erscheint statt
Komma im Ms. ein Punkt 11 492,12 berufener Erreger V. lür "Erreger" 11
Zu Nr. I7c): Der Text des BI. 62 aus dem Konvolut A VI II 11. Es trägt,
wohl von H.s Hand, die Paginierung 1. mit Kopierst., ferner E. Steins
Paginierung 177 sowie ihren Randtitel Bildvorstellung (abbildende und
widerstreitende Komponenten); Veranschaulichung von begrifflich Ge-
wusstem. Das BI. weist keine Spuren späterer Bearbeitung auf.
eine Art Sonderstellung einzunehmen; Eugen Fink jedenfalls, der als H.s
Assistent mit der Ausarbeitung der, ,Bernauer Manuskripte" zu einem Buch
über Zeit betraut wurde, nahm das Ms. L 11 I5 nicht unter seine Transkrip-
tionen auf, und zwar vermutlich aus inhaltlichen Vberlegungen.
Mit dem ursprünglichen Zusammenhang der Texte der Nr. I8 und der
Beilage LVI mit dem Ms. F 1 aus Bernau I9I8 verhält es sich folgendermas-
sen. Im Ms. A VI 22 findet sich, unter der Vberschrift F 1 Humes Ideen-
relationen 1918 eine von H.s Assistent, Ludwig Landgrebe, während der
zwanziger Jahre besorgte Maschinenabschrift von stenographischen Ms.-BI.,
die H.s Paginierung 1 bis 11 tragen und die sich ihrerseits. zusammen mit
einigen Beiblättern. im Ms. F IV 3. S. 60-75 befinden. Auf S. 29 (Ms. A VI
22, S. 3Ia) von L. Landgrebes Maschineabschrift lindet sich H.s Notiz: Das
war numeriert 1-11. Ist nun das folgende 12f. die Fortsetzung? Husser!
selbst scheint zur Zeit der Durchsicht von Landgrebes Abschrift nicht mehr
gegenwärtig gehabt zu haben, welche BI. er einst von F1losgetrennt hatte. Als
ursprüngliche Fortsetzung 12 ff. ist nämlich sicherlich unser Ms. L 11 I5
anzusprechen. Die ersten elf Blätter handeln. in Auseinandersetzung ins-
besondere mit Hume. über "relations of ideas" und den Gegensatzbegriff der
"matters of fact". Auf BI. 1 steht die Vberschrift: Relationen zwischen
individuellen Gegenständen. Gegeben. wenn die Individuen gegeben sind
(Ms. F IV 3, S. 64a). Im Verlauf der Untersuchungen berührt Husser!
mehrfach die noetische Seite der Problematik, d.i. die Frage nach dem In-
dividuen gebenden Bewusstsein. Genau dieser Problematik wandte er sich ab
Bl. 12 (Ms. L II I5. S. 3a) zu. Offenbar bei der Lostrennung der BI. I21f. hat
H. den Beginn von BI. 12, der sachlich noch unmittelbar aul die BI. 1-11
verweist, mit Bleist. kreuzweise durchgestrichen und mit einem Querstrich
vom folgenden, oben in Nr. I8a wiedergegebenen Text abgetrennt (vgl. die
Textkritischen Anmerkungen zu S. 499.I). Als weiteren Beleg für die an-
fängliche Zusammengehörigkeit der BI. von L 11 I5 und des Ms. Fl. wie es
jetzt noch in F I V 3 (bzw. A VI 22) vorliegt, kann noch auf eine auf F 1 bezügliche
Inhaltsangabe, die im Ms. A 123, S. Ia steht, hingewiesen werden. Es steht
dort u.a. zu lesen: F 1 Zur Relationstheorie. im Wesentlichen ontologisch.
1918 Bernau. Vgl. F o. Humes Gegenüberstellung von Ideenrelationen und
Tatsachenrelationen. ( ... > Wichtige Untersuchungen zur Relations-
theorie. vor allem für die transzendentale Logik zu beachten. <... >Die
folgenden Angaben sind gestrichen. wohl weil die darauf bezüglichen BI.
nicht mehr im selben Konvolut liegen: Dann Untersuchungen der Akte. in
denen Individuen bewusst sind. "Gebendes" Bewusstsein von Individuen.
Überdeckung im Widerstreitsbewusstsein : gehemmte Apperzeption.
Reine Phantasiegegenstände prinzipiell nicht identisch mit ErfahIungs-
gegenständen (23) <BI. 23 entspricht oben S. 528.34 bis 529,I9>. Ästhetisch-
künstlerische "Darstellung und Phantasie, 7 Blätter bei 14. Diese ge-
strichenen Inhaltsangaben beziehen sich nun genau auf die oben der Nr. I8
und der Beilage L VI zugrunde liegenden Texte. die H. einst selbst vom Ms.
F 1 losgetrennt hatte. Entscheidend für die Veröffentlichung allein dieser BI.
aus Ms. L 11 I5 und Ms. A VI 29 innerhalb dieses Bandes der Gesammelten
Werke fiel neben H.s eigener Lostrennung und soz. "Verse!bständigung"
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 705
dieser Aufzeichnungen seine Bemerkung im Inhaltsverzeichnis aul dem
Gesamtumschlag von Ms. L 11 I5~ Gewicht, die folgendermassen lautet:
Individuum noetisch betrachtet. Aber genau besehen eine Lehre
von den Anschauungen und ihren Modis (Hervorkebung vom
Hrsg., vgl. oben S. 498,8 If.). Die Aufzeichnungen ab S. 12 der ursprüng-
lichen Paginierung betreffen somit die zentrale Thematik des vorliegenden
Bandes.
Zu Nr. I8a: Der Text der BI. 3-I3 (ausser BI. 8, das aus .I9II/I2 zu
stammen scheint und oben als Beilage XXXII, S. 3I4 f. wiedergegeben
wurde; vgl. die einleitenden Textkritischen Anmerkungen zu Nr. I4, oben
5.670) aus dem Ms. L II I5; die Inhaltsangabe (oben S. 498) lusst auf dem
Vorderbi. des Gesamtumschlages (L II I5/I + 25), der überdies noch den
Ratst.- Vermerk,' in eckigen Klammern und mit Bleist. nachgezogen, trägt:
(unreif, aber nicht wertlos). Es folgt noch ein zweiter Umschlag (L II
I5/2 + 24), gebildet von einem Brief der Redaktion der Kant-Studien mit
dem Datum I6. Januar I9I7, auf dem folgende Inhaltsangaben, teils mit
Bleist., teils mit Blau- und Rotst. von H.s Hand stehen: Gebendes Bewusst-
sein und Phantasie. Viel Ungereiftes und doch wichtig. Akte, in denen
Individuen bewusst sind - "gebendes" Bewusstsein - Phantasie. Teile
dieser Umschlagaufschriften wurden als Oberschrift für Nr. I8a verwendet.
Die BI. 3-I3 tragen H.s Paginierung mit Bleist. von 12 bis 19 mit den
ErgänzungsbI. 13a und 15a. Ans Ende von BI. 19 setzte H. eine geschweifte
Trennungslinie, um den folgenden Text der BI. iJO ff. davon abzuheben; diese
Bl. 20 ff. werden oben in der Beilage LVI wiedergegeben, ebenso der dazu-
gehörige Passus der Inhaltsangaben auf dem Gesamtumschlag. Die BI. sind
mit Tinte, Blei-, Blau- und Ratst. überarbeitet.
498,9-10 im Ms. stark mit Rotst. unterstrichen 11498,20 statt S. 508,23 ff.
im Ms. 16 f. mit Bezug auf die Originalpaginierung 11 498,26 statt S. 513 f.
im Ms. 19 mit Bezug auf die Originalpaginierung 11 499,1 vor Jedes zu
Beginn von BI. 12 der Originalpaginierung (vgl. die einleitendew"Text-
kritischen Anmerkungen zu Nr. I8) mit Bleist. kreuzweise gestr. Der Vor-
stellungsinhalt, der vorstellbare Inhaltheisst es besser!, eines Individuums
ist nach unseren an Hume angelehnten Ausführungen der gesamte als
Wesensvereinzelung zu fassende Inhalt des Individuums, das konkrete
Wesen, das alles an ihm Spezifizierbare befasst, in dem Sinn nämlich, dass.
dieses Wesen in allen individuellen Vereinzelungen (ideal möglichen)
seines" Umfangs" das voll befasst, was eine jede als Individuum mit an-
deren Individuen überhaupt völlig gleich haben kann, also das im Indivi-
duum, was nach idealer Möglichkeit überhaupt "wiederholbar" ist. Hier
ist aber von Vorstellung eigentlich gar keine Rede. 11 499,6 "t'68e"t'l im Ms.
mit lateinischen Litera geschrieben Todeti 11 499,28 Zwischentitel au/grund
von H.s Randtitel mit Tinte "Gebendes" Bewusstsein, mit Blaust. verändert
in selbstgebendes Bewusstsein H499,29 nach Bewusstsein gestr. so; bricht
ab, wieder gestr. und nennen wir jedes ein Individuum "gebende" Be-
wusstsein (die Wahrnehmung als ursprünglich gebendes Bewusstsein wie
jede seiner Modifikationen, die unter dem Titel anschauen, anschaulich
geben befasst sind) vorstellendes Bewusstsein (besser natürlich: an-
706 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
titel mit Tinte 11 508, Anm. 1 Rb. mit Tinte, teils mit Bleist. 11 508, Anm. 2
Streichung mit Bleist. 11509,6 nicht nurwehl gleichzeitige Einf. über der Zeile 11
509,15 in V. für mit 11 509,23-24 Zwischen titel aufgrund von H.s Randtitel
mit Tinte 11 509,26-27 immer bis haben V. für durchstrichene Wirklichkei-
ten immer sind 11509,28 der V. für beim 11 509,29 Gemäldes V. für Bildes 11
510,4-5 Zwischentitel aufgrund von H.s Randtitel mit Tinte 11510,15 Entzif-
ferung von haben nicht ganz gewiss 11 510,17 Fragezeichen statt Punkt vom
Hrsg. 11 510,18 Zwischentitel aufgrund von H.s Randtitel mit Tinte 11 511,6
Zwischentitel aufgrund von H.s Randtitel mit Tinte 11 511,21 nach ohne im
Ms. zweimal das 11 511,33 nach Gegencharakter gestr. gehemmter Wirk-
lichkeit 11 512,8 statt zur im Ms. zum 11512,15 Hemmung V. für hemmende
Störung n512,22 nach ihnen gestr. Freiheit der 11 512,23 Anders V. für
Andererseits 11 512,24 Entzifferung von entbehrt nicht ganz gewiss 11 513,12
Zwischentitel aufgrund von H.s Randtitel mit Tinte 11 513, Anm. 1 Rb. mit
Tinte 11 514,2 vor die im Ms. ein und 11
Zu Nr. I8b: Der Text der BI. 22-28 aus dem Konvolut A VI 29 (vgl. die
einleitenden Textkritischen Anmerkungen zu Nr. I8). Sie sind von H.s Hand
mit Bleist. von 1 bis 7 durchpaginiert und stecken in einem von einem Brief
der Redaktion der Kant-Studien (Datum IO. Januar I9I7) gebildeten Um-
schlag (A VI 29/2I + 29), der folgende Aufschriften mit Blaust., teils mit
Tinte nachgezogen, Tinte und mit Rotst. trägt: Gehörte ursprünglich zu F I.
Ästhetisch-künstlerische Darstellung und perzeptive Phantasie. Wahrheit
über Fikta, objektive Wahrheit in der Phantasiesphäre über Fikta und in
der Erfahrungssphäre. Wohl auch zu den Londoner Vorlesungen. <gestr.
Vgl. FIF2>. Folgende Aufschriften mit Tinte auf dem von einem Brief-
umschlag mit dem Postdatum 4.I.23 gebildeten Gesamtumschlag des Ms.
A VI 29 beziehen sich ebenfalls auf die der Nr. I8b zugrundeliegenden BI.
sowie auf jene der Beilagen L VII und LVIII (vgl. für die übrigen A uf-
schriften dieses Gesamtumschlages die einleitenden Textkritischen A nmerkun-
gen zur Nr. I5, oben S. 676): Objektive Wahrheit in der Phantasiesphäre
(Wahrheit über Fikta). Künstlerisch-ästhetische Darstellung. Bildobjekte
als Gegenstände (Fikta). Erscheinungen als Gegenstände (Ms. A VI 29,
S. Ia). Die sieben BI. weisen nur wenige Spuren späterer Bearbeitung, vor
allem in Form von Unterstreichungen mit Blei-, Blau- und Violettst. auf.
514,23-25 Titel von Nr. I8b aufgrund von H.s tJberschriften auf BI. 1
der Originalpaginierung 11 514,29-31 anschaulicher bis muss wohl gleich-
zeitige Einf. mit Tinte teils am Rande 11 515,1 (haben> für kommen oder
immer (gleiches stenographisches Zeichen) 11 515,10-11 Anführungszeichen
vom Hrsg. eingefügt 11 516,7-8 und bis darstellt wohl gleichzeitige Einf. mit
Tinte 11516,9 nach tun gestr. (Natürlich betrifft das dann nicht jede künst-
lerische 11516,24 nach erscheint gestr. der Schauspieler und erscheint seine
ganze Theaterumgebung wahrnehmungsmässig als reale Wirklichkeit -
aber 11 516,31 und Leinwände wohl gleichzeitige Einf. über. Pappekulissen;
evtl. wäre zu lesen Pappe- und Leinwandkulissen 115l7,3 Und bis beachten
V. für Vielmehr im passiven Erleben dieses 11 517,34 nach dar? gestr.
Offenbar so, dass sie in sich lauter perzeptive Komponenten haben bzw.
so vor uns hingestellt vermöge ihrer Erscheinungsweise nur solche Kom-
708 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
ponenten perzeptiv darbieten, die in Ergänzung mit anderen und mit den
übrigen uneigentlich perzeptiven Komponenten streitenden Komponenten
<bricht ab> 11 518,1-2 in bis günstigen V. für normaler 11 519,27 eine bis
Phantasiemodifikation V. für eine Art perzeptiven Widerstreit 11 519,32
Zeichenobjekte V. für Dinge 11 519,37 nach gedruckte gestr. "Zeichen 11
519,38 mit bis natürlich V. für die 11 520,21 zum bis Sujet v. für zur fin-
gierten Welt 11 520,24 auf V. mit Bleist. für über 11 520,29 zunächst V. für
versetzen wir 11 520,39 statt hinausgeht im Ms. hinausgehen 11 521,6 <die
selbst> Konjek'ur für seiner im Ms., was keinen Sinn gibt 11 521,7 statt
gehören im M s. gehört 11 522,6 statt sie im M s. so 11 522,14 in bis vor-
gezeichneter V. tür begründeter 11 522,36 fehlt, den V. für der 11 statt
vereinheitlichende im Ms. vereinheitlichenden 11 523,33-34 statt logischen
bis Beschlossene im Ms. log daran Beschlossenem 11
gestr. erfüllter Ir 531,19 nach beide eingefügt und wieder gestr. als 11 nach
Gegenwart eingefügt und wieder gestr. seiend /1531,20 falls bis sollen Einf.
mit Tinte 11 531,25 eines und desselben Ich und Einf. mit Tinte n531,28 zu
Beginn des Absatzes gestr. Dasselbe Ich kann nicht zwei Wahrnehmungen
gleichen anschaulichen Inhalts zugleich haben. 11 531,39 Sternchen für
geschweifte Trennungslinie im Ms. 11 531, Anm. 1 <unten, Zeile 3I ft.) für
folgende Seite im Ms. 11531, Anm. 2 <oben, Zeilen Ir-I5) für vorige Seite
im Ms.11532,1-11 der Text dieses Absatzes Erg. am Rande 11532,12 unmit-
telbare Einf. über der Zeile 11 532,16-17 originär gegeben Einf. über der
Zeile 11532,35-43 der Text dieses Absatzes Erg. am Rande 11 532,37-38 oder
bis zurückführt Einf. über der Zeile 11 532,43 statt Erfahrungsverlauf im
Ms. Erfahrungsverlaufs 11
wiedergegeben wird (s.ad 538,33). Das sich noch innerhalb des' Umschlages
befindliche BI. 34 der Archivpaginierung wird von der unteren BI.-Hälfte
einer Drucksache des Keplerbundes (im Text der Drucksache findet sich ein
Hinweis auf eine Publikation in ,,< ... >Monatshefte" I92I Nr. I) gebildet,
auf deren Rückseite Husserlsche Aufschriften mit Blaust. stehen, die alle
Bezug auf seine "Bernauer Manuskripte" über Zeit haben (vgl. dazu die
einleitenden Textkritischen Anmerkungen zu Nr. I8, oben S. 703 f.). Diese
Aufschriften werden hier am Ende der Textkritischen Anmerkungen zu
Beilage LVIII wiedergegeben, da sie möglicherweise auf weiterführende Auf-
zeichnungen verweisen, evtl. geriet das BI. aber irrtümlich in den hiesigen
Kontext. Die Aufzeichnung ist wohl I9I7 entstanden, sie weist keine Spuren
späterer Bearbeitung auf.
536,15-17 Titel der Beilage aufgrund von H.s tJberschrijten auf BI. 1 der
Aufzeichnung 11536,21 statt seiner im Ms. ihrer 11537,4 statt Gedankenstrich
im Ms. Eröffnung einer eckigen Klammer, die bei ruhendes eröffnete runde
Klammer schliesst nicht 11 537,32 die seI b e wie es scheint V. für dasselbe 11
537,35-36 Aber bis Erinnerungs-Bild? Einf. über der Zeile 11 537,42
Zwischentitel aufgrund von H.s tJberschrift auf BI. 2 11 538,3 nach wie
Eröffnung einer runden Klammer, die aber wieder gestr. ist II 538,4 in den
betreffenden V. für sich in I1 538,8-10 der Ausdruck in Klammern wohl
gleichzeitige Einf., teils am Rande 11538,13 statt der im Ms. des 11538,23 statt
jedem im Ms. jeden 11538,33 bei Dauerndes endet die Vorderseite von BI. 2,
auf der Rückseite steht folgender, mit Blaust. diagonal gestr. Text: Wert,
Schönheit eines Bildes. Das Sein des Bildes, die Freude am Bild, an der
Erscheinungsweise. Es <statt Es im Ms. Sie> ist aber nicht die individuelle
Erscheinungsweise, die momentane, die interessiert, <gestr. sondern> auch
nicht ein <ein V. für das> Eidos. Das Bild <Bild V. für Bildobjekt> gibt
mir immer das Bildobjekt als "Erscheinung" und die Erscheinung in
dieser einen bestimmten Erscheinungsweise. Das Bildobjekt (das Abbild)
hat den Charakter eines <gestr. unveränderten> Konstanten, obschon es
vielleicht eine Veränderung abbilden soll. Doch kann das Abbild auch ein
kinematographisches Abbild sein. Dann kann es beliebig wiederholt wer-
den und ist in der Wiederholung immer wieder dasselbe Abbild desselben
Vorgangs (Tänzerin), und diese Identität ist keine Identität einer Spezies.
Ähnlich ist eine wiederholte Erinnerung nach all ihren Gegebenheits-
weisen eben Wiederholung. Die Vergegenwärtigung: das reproduktiv
Erscheinende als solches identisch und doch das Phänomen ein immer
wieder individuell neues. Aber nicht Individualisierung eines Allgemeinen.
<gestr. Und wieder das der durch das Bildobjekt) Das Fiktum, das
wiederholte Fiktum. Der ideale, Gegenstand. <gestr. Individuell) Über-
zeitlich, in jeder Zeit derselbe. Ver g e gen w ä r t i gun g auch so etwas
wie ein Fiktum. Ne i n. Zehn Abdrücke einer Büste, mehrere und unter-
scheidbare Objekte (und unterscheidbare Phantome). 11 539,35 statt einer
im Ms. eines 11 539,40 und seine Erscheinungsweisen Einf. über der Zeile 11
539,45 bei Idealität endet BI. 3 (BI. 33 der Archivpaginierung); es liegt
danach noch Bl. 34 der Archivpaginierung mit folgenden AufSChriften von
H.s Hand: Vgl. Zeit (abc). Mehrfacher Begriff von ,Wahrnehmung (und
712 TEXTKRITlSCHE ANMERKUNGEN
542,31 der Ausdruck in Klammern Eint. mit Blaust. " 542,35 der Aus-
druck in Klammern Einf. mit Bleist. " 543, Anm. 1 der erste Absatz Rb. mit
Blaust., der zweite mit Tinte 11 544,8 "Phantasie" V. für "Phantasie"
wirklichkeit 11 544,12 statt ein in im Ms. versehentlich in ein 11 544,18-19 in
bis dachten" V. für könnten 11 544,23-545,2 Doch bis Welten von H. selbst
zugeordnete Einf. mit Tinte am Rande" 544,24 Anführungszeichen bei
"setzungslosen" vom Hrsg. geschlossen 11 544, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11
545,3-8 der bei der Niederschritt oder kurz daraut stark veränderte Text
lautete ursprünglich wohl folgendermassen: Müssen wir nicht sagen ~ So wie
Wahrnehmungen gleichen Erscheinungsgehalts, wenn sie in einem
Bewusstsein sich zusammenfinden (was nur möglich ist in der Weise der
Erinnerung), so begründen sie Bewusstsein vom selben, das mehrmals
wahrgenommen worden, so auch bei Phantasien. " 545,7 Fragezeichen vom
Hrsg. " 545,8 Punkt nach Phantasie vom Hrsg. 11 545,9-14 am Rande mit
Bleist. leicht kritisch angestrichelt, evtl. vor der Vberarbeitung mit Tinte 11
545,11-12 als bis Gegenstand Einf. mit Tinte über der Zeile 11545,13 als bis
Gesetzte Einf. mit Tinte über der Zeile 11 545,14 gegenständlich gesetzt
V. mit Tinte für identifizierbar 11 545,14-15 identische Fiktum als V. tür
etwas Ausradiertes 11545,16 real V. für in einem anderen Sinn 11 545,17
Verleiblichung V. für etwas Ausradiertes" 545,18 nach doch gestr. wenn die
Setzbarkeit des Phantasierten nicht leere und zufällige Möglichkeit sein
soll 11 545, 19-20 das das bis weiter Einf. mit Tinte über der Zeile 11545,21-22
mit bis Bleibenden Eint. mit Tinte über der Zeile 11 545,23-24 Eint. mit
Tinte 11
von 20/21 und 25{26 war. - Punkt 4 der Inhaltsübersicht auf dem Gesamt-
umschlag bezieht sich auf die Texte, die oben in Nr. I8b und in den Beilagen
L VII und LVIII abgedruckt sind (vgl. die entsprechenden Textkritischen
Anmerkungen, oben S. 707 und S. 7IO f.) und die offenbar auch einst im
Zusammenhang des Konvolutes D I9 lagen. - Viele der unter I) und 2) der
Inhaltsübersicht befassten Texte fanden Aufnahme im Band XI der Husser-
liana, Analysen zur passiven Synthesis, hrsg. von M. Fleischer, Den Haag
I966 (vgl. den Nachweis der Originalseiten, S. 530 f.).
Das Binnenbündel (D I9,9I-I20), dem die Texte dieser Nummer und der
zugehörigen Beilagen entstammen, enthält über die in vorliegendem Bande
abgedruckten BI. hinaus noch in einem weiteren Umschlag (D I9,I09 + II7)
eine Aufzeichnung über Möglichkeit und Phantasie, zu der H. bemerkte
unfertig, nicht völlig durchdacht (Bl. D I9,IIO-I I 5; BI. II6 entstammt einem
ganz anderen Kontext und scheint irrtümlich in diesem Umschlag zu liegen);
ferner zwei Bl. (D I9,II8 und II9), die fragmentarischer Natur sind. Die
vom Hrsg. vorgenommene Einteilung der Texte in Nr. I9a und Nr. I9b
entspricht je zusammenhängenden Paginierungen H.s in den Ms.
Zu Nr. I9a: Der Text der BI. 93-97 aus dem Konvolut D I9. Sie sind von
H. mit Blaust. von I T bis 5T paginiert. Laut Inhaltsübersicht auf dem
Gesamtumschlag des Konvolutes ist die Aufzeichnung auf I922/23 zu datie-
ren; sie weist keine Spuren späterer Bearbeitung auf.
546,4 Reine Möglichkeiten ist H.s Vberschrift auf dem ersten BI. der
Aufzeichnung 11 547,14 nach aufgenommen gestr. oder 11 547,23 statt pas-
sivem im Ms. passiven 11 548,16 statt identischer im Ms. identisches 11
548,24 nach Eine gestr. freie oder vielmehr 11 548,32 ist V. für sei 11 548,38
Konstatierenden V. für Konstitu<ierenden> 11 549,17 nach erinnerten
gestr. in demselben Sinn also 11549,20 nach Identität gestr. evtl. fort 11550,4
genaue Einf. über der Zeile 11 550,14 nach gleiche gestr. quasi erfahren 11
550,30 statt aufbaue im Ms. aufbaut 11 551,30 nach als gestr. ob 11 551,32
Anführungszeichen vom Hrsg. eingefügt 11551, Anm. 1 wohl gleichzeitige Rb.
mit Tinte 11 552,21 im Ms. zweimal in 11552,34 dass dieser V. für der 11553,1
statt unbestimmten im Ms. unbestimmtem 11553,9 Doppelpunkt vom Hrsg.
eingefügt 11 bei Gehalt endet die Aufzeichnung ohne Satzzeichen; der Rest der
Seite, etwa drei Viertel, ist unbeschrieben 11
Zu Nr. I9b: Der Text der BI. 98-I04 aus dem Konvolut D I9. Sie sind von
H. mit Blaust. von 1 bis 7 durchpaginiert. Bl. 4 war in der Mitte gefaltet,
wie H.s Vorlesungsmanuskripte gefaltet zu sein pflegten. BI. 5 scheint einen
neuen Gedanken einzuführen, der nicht unmittelbar zu BI. 4 und BI. 6 passt
(oben S. 560,32 bis 562,I5). BI. 7 ist eine auf 2. Juni I922 datierte Druck-
sache, H.s Text auf diesem BI. hat nur noch notizenartigen Charakter, ver-
mutlich folgt zuerst der Text der Rückseite, soweit er auch mit Tinte ge-
schrieben ist (oben S. 564,I5-23), der Bleist.-Text der Vorderseite wird oben
S. 564, Anm. I wiedergegeben. Die Aufzeichnung entstand wohl um I922/23,
sie wurde mit Tinte, Blei- und Blaust. überarbeitet.
553,30 und 34 Klammern ~m Ms. mit Bleist. nachgezogen 11 554,7 An-
führungszeichen mit Bleist. 11 554,24 Ist V. mit Bleist. für etwas Aus-
radiertes 11 554,25-26 Gedankenstriche V. mit Bleist. für Kommas 11 554,26
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 715
als V. mit Bleist. für denn 11554,34 statt zu im Ms. zum 11 555,23 Klammern
und Anführungszeichen mit Bleist. 11555,,26 Alinea vom Hrsg. aufgrund eines
senkrechten Doppelstriches mit Bleist. vor Hier 11 555,28 das Bewusstsein
doch V. für das 11 555, Anm. 1 und 2 Einf. mit Bleist. 11 556,11-12 An-
führungszeichen und Klammern Einf. mit Bleist. 11 556,16 bestimmt V. für
leer 11 556,18 nach Vorstellen gestr. Es kann dann sein, dass 11556,23 nach
doch im Ms. ass<oziativ> 11 556,35 statt hereinbrächten im Ms. herein-
brächte 11 556, Anm. 1 V. mit Bleist. 11 557,4 so weit Einf. über der Zeile 11
557,31 und scheint V. mit Bleist. für Komma, evtl. nur als Verdeutlichung
des Kommas gemeint 11 in mit Bleist. verdeutlicht 11 558,8 Entzifferung von
Bewährung nicht ganz gewiss 11 558,12 Zwischentitel aufgrund von H.s
Randtitel mit Blaust. 11 558,32 bei Mache beginnt Bl. 4 der Originalpagi-
nierung 11 558, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 559,6 unerfüllt für ungeerfüllt
im Ms. 11559,16 statt Punkt im Ms. Komma 11559,32 bis 560,2 Die bis Ende
des Absatzes im Ms. am Rande mit Blaust. angestr. 11 559,39 nach Glauben
mit Bleist. gestr. Glauben des Inhalts 11 560,7-8 Anführungszeichen mit
Bleist. 11560,10 statt Komma im Ms. Punkt 1I 560,17 Anführungszeichen mit
Blei'St. 11 560,30 Beginn von Bl. 5 der Originalpaginierung; Zwischentitel
aufgrund des ersten Absatzes im Ms. 11 561,5 nach Datum gestr. oder ein
Ding 11 561,9 statt sie im Ms. es 11 561,13 Kommas vom Hrsg. eingefügt 11
562,6 statt Punkt im Ms. Komma 11562,15 bei muss endet Bl. 5 der Original-
paginierung 11 562,29 nach dem zweiten eines gestr. solchen 11 Anführungs-
zeichen bei Gegenstandes mit Blaust. 11 562, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 563,1
zu Beginn dieses Absatzes im Ms. links mit Violettst. ein Doppelstrich,
rechts ein abwärts gerichteter Pfeil 11 563,2 statt ist im Ms. sind 11563,2 und 5
Klammer V. mit Blaust. für und in Zeile 211563,7-9 ist bis durchhalten im
Ms. mit Violettst. durch senkrechte Striche abgetrennt 11 563,22-24 Das bis
solche im Ms. mit Violettst. durch senkrechte Striche abgetrennt 11 563,28
Möglichkeit mit Bleist. in Anführungszeichen gesetzt, die wieder gestrichen
wurden; wohl gleichzeitig damit entstand die als Anm. I wiedergegebene Rb. 11
563, Anm. 1 Rb. mit Bleist. 11 563, Anm. 2 V. mit Bleist. 11 564,11-14 Jeder
bis erweisen wohl gleichzeitige Erg. am Rande 11564,15 Beginn des mit Tinte
geschriebenen Textes auf der Rückseite von BI. 7 der Originalpaginierung 11
564,24-28 Einf. mit Bleist. 11 564, Anm. 1 Bleist.-Text auf der Vorderseite
von Bl. 7 der Originalpaginierung; ganz zuoberst der mit Bleist. gestr. Ver-
merk Philosophische Analyse eines der Platonischen Dialoge 11
I905 geschrieben worden sein dürfte. Der Text der Beilage LXI weist keine
Spuren späterer Bearbeitung auf.
565, Anm. 1 wohl gleichzeitige Rb. rr
statt wie im Ms. nach Einzelne 11 568, Anm. 1 Rb. mit Tinte; im Text nach
Seiendes gestr. keine Möglichkeit an sich 11 569,4 Phantasiezentaur V. für
Zentaur 11 569,7 Zwischentitel aufgrund von H.s Rb. mit Tinte 11 569, Anm. 1
V. und Erg. mit Tinte 11
I
vgl. dazu die sehr umfassenden
Zuwendung und Affektion
Untersuchungen über Intentio-
Implikation, Enthüllung
nalität in den Konvoluten über
Terminierende Akte
Zeitigung
Behaupten und Urteilen
eher das Jahr I9z4 zuzutreffen scheint. Die einzelnen Texte weisen Spuren
späterer Bearbeitung mit Tinte, Blei-, Blau- und Rotst. auf.
Zu Nr. zoa): Der Text der BI. II7 und II8; sie tragen H.s Blaust.-
Signaturen Al und A 2, auf BI. Al findet sich ferner mit Blaust. der Vermerk
NB (= nota bene).
571,11 Komma nach gilt V. mit Bleist. für und 11 571, Anm. 2 V. mit
Bleist. 11 572,7-8, 15 und 20 a) und b) Einf. mit Bleist. 11 572,34 nach
positionales gestr. wirkliches 11 572,36 nach Ich gestr. mit geträumten
Bewegungen der in der Wahrnehmung fungierenden Sinnesorgane usw. 11
572, Anm. 1 Rb. mit Blaust. 11 573,1-2 geistigen bis Träumens V. für
träumenden Akte, wobei träumenden zunächst noch in geträumten ver-
ändert wurde 11 573,14 nach erhebe gestr. und dieses gewissermassen ent-
hülle 11 573,17 Ebenso teils V. mit Bleist. für etwas Ausradiertes 11 573,19
nach Gegenständen gestr. blossen Vorstellungen 11 573,21 bzw. V. mit
Bleist. für etwas Ausradiertes 11573,22 und 24 1) und 2) Einf. mit Blaust. 11
573,24 die zugehört Einf. mit Bleist. 11 573,24 ff. im Ms. ein abwärts ge-
richteter Pfeil mit Braunst. 11 573,34 bei mir das beginnt im M s. die Rückseite
von BI. A2, am Rande Wiederholung des abwärts gerichteten Pfeils 11574,22-
31 dieses Textstück ab Wo wurde evtl. etwas nachträglich eingefügt 11574,23
statt einer im Ms. eine 11 574,24 kinematographischer Einf. über der Zeile 11
574, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11
Zu Nr. zob): Der Text der BI. H9 und IZO; sie sind von H. mit Tinte mit
1 und 2 paginiert. Titelüberschrift oben rechts auf BI. 1.
575,9 Anführungszeichen mit Rotst. 11 575,24 vor Das Wort Eröffnung
einer Keilklammer mit Rotst., die nirgends schliesst 11575,25 und 29 1) und 2)
Einf. mit Rotst. 11 576,5 und 7 Gedankenstriche V. mit Bleist. für Kommas 11
576,19 und 24 Anführungszeichen mit Bleist. 11 576, Anm. 1 und 2 V. bzw.
Einf. mit Bleist. 11577,2 Anführungszeichen mit Bleist. 11577,20 Punkt nach
Spieles V. mit Bleist. für und 11 577,26 Einfälle sich gestalten evtl. etwas
nachträgliche Einf. 11 577,27 nach keine gestr. verborgene 11 577,32 über-
lasse noch einmal mit Bleist. eingefügt; Klammern mit Bleist. 11 577, Anm.
1-3 Einf. mit Bleist. 11 577, Anm. 4 V. mit Bleist. 11 578,4 den Eint. mit
Bleist. über mit Tinte gestr. von 11578,8 bei auszuzeichnen endet der Text von
BI. 2, etwa die Hälfte der Rückseite ist unbeschrieben 11
Zu Nr. zoc): Der Text der BI. IZI und sowie IZZ sowie des BI. I38, das
von H. selbst als Beilage M dieser Aufzeichnung zugeordnet wurde. Die BI.
sind von H. mit Blaust. mit 1 und 2 paginiert, das Beilagebi. trägt das Sigel M
mit Blaust. Die BI. 1 und 2 wurden nur mit Tinte überarbeitet.
578,13 im bis neutrale evtI. etwas nachträgliche Eint. 11 578,10-11 Neu-
trale Erlebnisse V. für Phantasieerlebnisse 11 578,17 neutrale und speziell
Einf. über der Zeile 11 578,23 Rein bis vorstellende Einf. über der Zeile 11
578,24 statt sind im Ms. ist 11 578,26-27 Phantasie im normalen Sinn bis
"Vorstellungen" evtl. etwas nachträgliche Einf. 11 578,33-35 natürlich bis
Art evtl. etwas nachträgliche Einf. 11 579,8 wahrnehmungsmässigen Einf·
über der Zeile 11579,18 statt Doppelpunkt im Ms. Punkt 11579, Anm. 1 Rb.
mit Tinte 11579, Anm. 2 der Text der Vorderseite von BI. I38, Beilage M, auf
die H. ganz unten auf der Vorderseite von BI. IZI mit Beilage M hinweist. Im
TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN 719
Text: im Ms. nach solches ein Komma, nach Wirklichkeit ein Frage-
zeichen, das später, ebenso wie Dann würde ich ja miturteilen unmittelbar
danach, mit Blaust. gestr. wurde. Aber bis Nein Eint. über der Zeile.
Klammern bei (in quasi-Evidenz) Einf. mit Blaust. 11 580,4 Anführungs-
zeichen vom Hrsg, 11 580,8 im Grunde Einf. über der Zeile 11 580,13 in einer
Leibhaftigkeits-Erscheinung Eint. mit Tinte 11 580,31 natürlich V. für
freilich n580, Anm. 1 Rb. mit Tinte 11 580, Anm. 2 Rb. mit Tinte 11 581,16
(durch bis Hineingesetzte) V. tür fiktiv Hineingesetzten 11 581,21 bei
erhalten endet der Text aut der Rückseite von Bl. 2, etwa zwei Drittel sind
unbeschrieben 11
Zu Nr. 20d): Der Text der BI. I24-IZ6; sie tragen H.s Paginierung mit
Blaust. abis c. Auf BI. a findet sich H.s Vermerk Das Ganze vortastende
Überlegung. Einige Sätze noch brauchbar ebenfalls mit Blaust.
581,28-582,5 der Text dieses Absatzes von H. als Beginn der Aufzeichnung
markierte Einf. am Rande 11582,6 jetzige Eint. über der Zeile 11 582,13 mein
V, tür das 11 582,18-19 hinsichtlich ihrer Positionen etwas nachträgliche
Eint. 11 582,24 vor Und im Ms. ein senkrechter Strich mit Blaust.; Alinea
vom Hrsg. eingefügt 11 Frage bis ist? V. mit Tinte und Bleist., teils für
Ausradiertes 11582,37 gedacht V. für ausgedacht 11582,38-583,2 Denke bis
glauben Erg. am Rande 11 583,3 wie bis Erinnerungs-Als-ob Einf. über der
Zeile 11 583,6 evtl. Einf. über der Zeile 11 583,6-23 wenn ich bis Idee von
H. zugeordnete Eint. am Rande 11 583,21 nach unmodalisierten gestr. Wird
ein Urakt inhibiert, so ist 11 583,24 nach Seiendes gestr. so kann in gewisser
Weise der Unterschied zwischen Phantasie und Vollzug des modalisierten
Bewusstseins verschwinden 11 583,32 ganz anderes V. tür Besonderes 11
583,33-34 oder bis etc. Einf. über der Zeile 11583,34-35 Interessenunterbin-
dung bis Begründung V. für oder in der Form 11 584,3 positionaler V. tür
thematischer 11584,12 Ist es dasselbe V. tür eben von demselben 11584,31
thematischen Eint. über der Zeile 11 584,33 nach einen gestr. thematischen 11
584,34 positional Einf. über der Zeile 11 584, Anm. 1 Rb. mit Tinte, ganz
oben auf BI. b beginnend, in etwa neben dem Text des Absatzes (ab ebenso
von dem Bildobjekt (Zeile n) bis Es braucht nicht zu sein) 11584, Anm. 2
eingerahmte Rb. mit Tinte unter dem Text der Anm. I, auf der Höhe der
Zeile 2811585,4-18 Hier bis Denken Text am Rande, unterhalb des Textes
der Anm. 2; vermutlich der zu H.s Einfügungszeichen nach Synthese
(Zeile 4) gehörige Ergänzungstext 11 585,18 vor Das Noema gestr. die zur
anderen Einstellung gehört 11585,19 in bis Enthaltung Einf. über der Zeile 11
585,21 statt thematischem im Ms. thematischen 11585,23 nach einen ge.str.
thematischen !I meines bis Aktes Eint. über der Zeile 11 585, Anm. 1 V.
und Erg. mit Tinte 11 586,3 statt thematischem im Ms. thematischen 11
586,3-4 positionalem Einf. über der Zeile 11 586,11 positionale V. für
thematische 11 586,35-37 selbst bis als solche Eint. teils über der Zeile, teils
am Rande 11 587,3-4 Ding bis Ding V. tür abgebildete Ding 11587,4 vor Wo
gestr. und nun gar 11 587,15 den Standpunkt V. für das Bild 11587,18 nach
des gestr. abgebIldeten 11587,29 optische Einf. über der Zeile 11 587, Anm. 1
Rb. mit Tinte 11 588, Anm. 1 Rb. mit T.inte 11
Zu Nr. 20e): Der Text des BI. I27; es trägt H.s Paginierung 8 mit Blaust.
720 TEXTKRITISCHE ANMERKUNGEN
und gehörte wohl einmal ans Ende der danach folgenden BI. mit der Blaust.-
Paginierung ! bis 7 im Binnenbündel (vgl. die einleitenden Textkritischen
Anmerkungen zu Nr. 20), welche aber thematisch Zur Phänomenologie der
Vorgegebenheit und der Affektion (Aufschrift. H.s auf BE. 1 dieser 8 Bl.,
A VI 26, S. I28a) gehören, während Br. 8 sachlich gut zu den vorangegange-
nen Textstücken dieser Nr. 20 passt.
588, Anm. 2 Rb. mit Tinte 11589,4 sonstiger Einf. über der Zeile 11 589,12
nach Aktes gestr. nachher 11 589,14 Thematische wohl etwas nachträgliche
Einf. 11 Akte des Interesses V. für thematische Akte 11589, 15-16positionale
bis Akte evtt. etwas nachträgliche Einf. unter der Zeile und am Rande 11
589,17-19 Neutral bis Interesses Einf. mit Bleist. am Rande 11 589,22
ursprünglich erwerbend Einf. über der Zeile 11 neutralen noch einmal mit
Bleist. eingefügt 11 589,23-24 Anführungszeichen mit Bleist. 11 589,25 An-
führungszeichen mit Blaust. 11589,26 nach Sich-Enthalten gestr. würde man
das Wort 11 589,27 positionale Einf. über der Zeile 11 589,24-29 neben den
letzten Sätzen eine ausradierte, nicht mehr mit Gewissheit rekonstruierbare
Rb. mit Bleist. Höchst bedenkliche Erklärung, es ist doch nicht eine Ent-
haltung der Stellungnahme <?> 1\ 589,34-35 Phantasie bis bezogen wohl
etwas nachträgliche Einf. 11 589, Anm. 1 V. mit Blau- und Bleist. 11 589,
Anm. 2 Einf. mit Bleist. 11 589, Anm. 3 Rb. mit Tinte 11 590,1 vor diesem
Absatz im Ms. ein Querstrich über die ganze Seite 11 590,2 vor Zur Eröffnung
einer Keilklammer mit Rotst., die nirgends schliesst 11 590,4 statt angesehen
evtl. zu lesen reingesehen 590,16 wir und die Kommas bei nicht urteilend
Einf. mit Blaust. 11 590,17 quasi bis thetisch Einf. über der Zeile 11 590,18-
19 ist bis Einstellung Einf. über der Zeile 11 590,22-23 Klammern mit
Blaust. 11 590,24 keine reproduktiven V. für etwas Ausradiertes 11 590,29
einen mit Bleist. noch einmal eingefügt 11590, Anm. 1 Einf. mit Bleist. 11 590,
Anm. 2 V. mit Tinte 11590, Anm. 3 Eint. mit Tinte 11590, Anm. 4 Streichung
mit Blaust. 11
"R" -Konvolutes (vgl. oben S. 677) in den zwanzigerJahren schrieb, und doch
wieder scheint es zufällig, dass das BI. dem "R"-Konvolut A VI4 voranliegt.
Aus chronologischen und sachlichen Gründen wurde es vom Hrsg. der Nr. 20
als Beilage beigefügt. Das Bl. trägt keine Spuren späterer tJberarbeitung; der
grosste Teil der Rückseite ist unbeschrieben.
593,4 statt alle im Ms. als, wohl im Stenogramm verschrieben 11 593,10
Entzifferung von "Berg" ungewiss 11 593,12 Punkt nach aus V. für und
selbst"
NACHWEIS DER ORIGINALSEITEN
In der linken Kolonne findet sich die Angabe von Seite und Zahl im
gedruckten Text, in der rechten die des Manuskriptkonvolutes und der
Blattzahlen im Manuskript nach der im Husserl-Archiv eingeführten
offiziellen Numerierung.
BAND XXIII
PHANTASIE, BILDBEWUSSTSEIN,
ERINNERUNG
SAMUEL IJSSELING