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BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR

ISSN 0340-7853 . BAND 17


BIBLIOTHEK
DER GRIECHISCHEN
LITERATUR

HERAUSGEGEBEN VON
PETER WIR TH UND WILHELM GESSEL

BAND 17

EIN BAND DER

ABTEILUNG BYZANTINISTIK

HERAUSGEGEBEN

VON PETER WIR TH

ANTON HIERSEMANN STUTTGAR T

1982
JOHANNESKANTAKUZENOS

Geschichte

ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT VON


GEORGIOS FATOUROS UND TILMAN KRISCHER

ERSTER TEIL (BUCH I)

ANTON HIERSEMANN STUTTGAR T

1982
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Johannes (Imperium Byzantinum, Imperator, VI.):
Geschichte / Johannes Kantakuzenos. Übers. u.
erl. von Georgios Fatouros u. Tilman Krischee. -
Stuttgart : Hiersemann
Einheitssacht. : Historia (dt.)
NE: Fatouros, Georgios [Übers.]
Teil 1. (Buch I). - 1982.
(Bibliothek der griechischen Literatur ;
Bd. 17 : Abt. Byzantinistik)
ISBN 3-7772-8221-9
NE: GT

Printed in Germany © 1982 Anton Hiersemann, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schrift-
liche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte
Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfah-
ren zu vervielfältigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für
die Verarbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen.

Fotosatz in Sabon-Antiqua und Druck von Allgäuer Zeitungsverlag Druckerei, Kempten.


Bindearbeit von Großbuchbinderei Ernst Riethmüller, Stuttgart.
Einbandgestaltung von Alfred Finsterer, Stuttgart.
ISBN 3-7772-8221-9
INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort. VII
Einleitung
Johannes Kantakuzenos' politische Karriere und Werk 1
Johannes Kantakuzenos, Geschichte
Vorwort. 15
Buch I . . . . . . . . . . . . . . . 19
Anmerkungen
Zum Vorwort . 208
Zum Buch I .. 213
Bibliographische Abkürzungen 312
Register . . . . . . . . . . . . 321

V
VORWORT

Der Stil der Historiae des Johannes Kantakuzenos gilt als einfach und
verständlich, besonders im Vergleich zu der komplizierten und gekünstel-
ten Ausdrucksweise seines Zeitgenossen Nikephoros Gregoras. Nichtsde-
stoweniger steht der Übersetzer, der den Text getreu wiedergeben will, vor
erheblichen Problemen. Keineswegs überall erreicht der Autor eine Klar-
heit, die Mißverständnisse ausschließt. Selbst ein Kenner wie Pontanus und
manche Benutzer des Werkes mißverstehen hin und wieder den Text. Wir
hoffen, hier einen gewissen Fortschritt zu bringen. Eine weitere Schwierig-
keit bietet die Terminologie. Titel haben wir in der Regel unübersetzt gelas-
sen und in den Anmerkungen erläutert. Völlige Konsequenz war indessen
nicht erreichbar. Es ist üblich, 'Basileus) mit 'Kaiser) zu übersetzen. Wenn
aber Kantakuzenos den älteren wie den jüngeren Andronikos mit 'Basileus)
betitelt, so ergeben sich, wenn man durchgehend mit 'Kaiser) übersetzt,
leicht Mißverständnisse. Wir haben daher in der Übersetzung zwischen
'Kaiser) und 'Mitkaiser) unterschieden. Auswärtige Herrscher, die den glei-
chen Titel erhalten, werden von uns selbstverständlich 'Könige) genannt.
Vergleichbare Schwierigkeiten ergeben sich bei Ortsnamen und ander-
wärts. Wir haben uns bemüht, den Gepflogenheiten zu folgen und dabei so
konsequent zu bleiben wie möglich. Da das Geschichtswerk des Kantaku-
zenos die Hauptquelle seiner Biographie darstellt, haben wir in der Einlei-
tung unserer Übersetzung auf eine detaillierte Darstellung seiner politischen
Karriere verzichtet.
Dem Herausgeber der 'Bibliothek der griechischen Literatur\ Herrn Dr.
Peter Wirth, danken wir für die Aufnahme unserer Arbeit in die Reihe
sowie für eine Anzahl wertvoller Hinweise und Korrekturen. Herr Dr.
Reimar W. Fuchs vom Verlag Hiersemann hat sich um die Betreuung der
Arbeit sehr verdient gemacht; auch ihm gilt unser herzlicher Dank. Für
technische Hilfeleistung danken wir Fräulein Bettina Kunzmann und Herrn
Andreas Gog. Ferner danken wir Herrn Nikolaus Rolin für die Erstellung
des Registers.

Berlin-Dahlem im Frühjahr 1982


Georgios Fatouros, Tilman Kriseher

VII
EINLEITUNG

JOHANNES KANTAKUZENOS' POLITISCHE KARRIERE UND WERK

Als Quellen für ein curriculum vitae des Kaisers Johannes VI. Kantakuze-
nos l dienen an erster Stelle sein Geschichtswerk 2 sowie das seines Zeitge-
nossen Nikephoros Gregoras3, der in mancher Hinsicht sein Rivale war. An
zweiter Stelle kommt eine Menge untergeordneter Quellen in Betracht, wie
Urkunden und Kurzchroniken, Gedichte (Manuel Philes, Simon Atumanos

1 Nach AMANTos, Konstantinos in: BZ 28 (1928) 14f. stammt der Familienname aus der
ursprünglichen Bezeichnung 6 xata Kou~l']väv, wobei xata dem deutschen 'von' ent-
spricht und Kou~l']vä~ eine volkstümliche Benennung des südlichen Teils des Berges Sipy-
Ion darstellt (AHRWEILER: Smyrne 90). Zum Nachleben der Familie in nach byzantinischer
Zeit s. NICOL: Kantakouzenos V f. Heute ist der Familienname Kataxou~l']v6~ (bzw.
KataxOu~lv6~) in Griechenland ziemlich verbreitet: allein schon im Telephonbuch von
Athen kommt er 40mal vor.
2 Bereits seit der Zeit GIBBONS hat sich zu Recht der Brauch durchgesetzt, Kantakuzenos'
Werk als «Memoiren» zu bezeichnen und es mit den commentarii Cäsars zu vergleichen,
da es als Rechtfertigungsschrift für die politische Tätigkeit des Autors betrachtet werden
kann. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch nach dem handschriftlich überlieferten Titel
des Werkes die Bezeichnung «Geschichte» vorgezogen worden. Übersetzung und Kom-
mentar stützen sich auf die Ausgabe von SCHOPEN, Ludwig: loannis Cantacuzeni eximpe-
ratoris historiarum libri IV, graece et latine, Vol. I. Bonn 1828,1-306. Eine neue Ausgabe
des Geschichtswerkes wird im Rahmen des Corpus Fontium Historiae Byzantinae von T.
S. MILLER vorbereitet. Der künftige Herausgeber hat bereits einen Teil des Geschichts-
werks als Dissertation (The History of John Cantacuzenus [Book IV]: Text, Translation,
and Commentary. Washington, D. C. 1975) vorgelegt. Die moderne Literatur über Kanta-
kuzenos ist sehr umfangreich. Die vollständigste Analyse der politischen Tätigkeit des
Kantakuzenos bleibt immer noch die 1845 erschienene Studie von PARISOT: Cantacuzene.
Eine interessante Untersuchung der Struktur der byzantinischen Gesellschaft aufgrund der
politischen Karriere des Kantakuzenos bietet WEISS: Kantakuzenos. Viel mehr als nur
prosopographische Fragen untersucht die vortreffliche Studie von NICOL: Kantakouzenos.
3 Nicephori Gregorae byzantina historia, graece et latine, cura L. SCHOPENI. Bd. 1-2. Bonn
1829-1830, Bd. 3 ed. I. BEKKER. Bonn 1855. Eine neue Edition wird im Rahmen des
obenerwähnten Corpus von J.-L. VAN DIETEN vorbereitet. - Die deutsche Übersetzung des
Geschichtswerkes erscheint in dieser Reihe: Nikephoros Gregoras, Rhomäische Geschich-
te, übersetzt und erläutert von J.-L. VAN DIETEN. Bisher erschienen: Teil I u. 11,1-2 (Biblio-
thek der griechischen Literatur, Bd. 4, 8, 9). Stuttgart 1973 u. 1979.

1
EINLEITUNG

usw.), Briefe (Nikephoros Chumnos, Michael Gabras, Nikephoros Grego-


ras, Theodoros Hyrtakenos, Nikolaos Kabasilas, Demetrios Kydones, Ma-
ximos Planudes und Manuel Raui), schließlich panegyrische Reden (Tho-
mas Magistros u. a.). Aus dem rhetorischen Dickicht der letztgenannten
Werke kann man oft konkrete Informationen über die Taten des Kantaku-
zenos gewinnen4 •
Alle genannten Quellen geben uns etwa ab 1320 über das Leben des
Johannes Kantakuzenos Auskunft. Dieses Jahr stellt also ein agnoscitur des
Mannes dar, um mit dem bekannten Terminus der antiken Biographie zu
sprechen. Da er mit großer Wahrscheinlichkeit 1295/6 geboren wurde, war
er damals 25 jährig und bereits mit Irene Asanina verheiratet, wie er uns
selbst versichert. Er betitelt sich selbst um diese Zeit als Großdomestikos,
nach Nikephoros Gregoras war er jedoch damals noch Großpapias (vgl.
unten S. 220 A.37)
Über den Vater des Johannes Kantakuzenos wissen wir so gut wie nichts.
Johannes erwähnt ihn nur einmal in seinem Geschichtswerk (I 85) und sagt,
daß er mit 21 Jahren von Andronikos 11. zum Statthalter der Peloponnes
ernannt wurde, wo er nach acht Jahren gestorben sei. Es ist jedoch in der
modernen Forschung umstritten, welche Jahre diese acht Jahre der Statthal-
terschaft seines Vaters sind (vgl. unten S. 236f. A.l07). Von seiner Mutter
hingegen, welche aus dem Haus der Palaiologen stammte, ist in seinem
Geschichtswerk häufig die Rede; die Art und Weise, wie er über sie spricht,
weist darauf hin, daß er ihr einziges Kind war bzw. daß er hauptsächlich
von ihr erzogen wurde s.
Mit dem jüngeren Andronikos, mit welchem er verwandt und fast gleich-
altrig war, war Kantakuzenos seit seiner Jugend eng befreundet oder sogar
zusammen aufgewachsen. Deshalb stellte er sich prompt auf seine Seite, als
der ältere Andronikos seinen Enkel enterbte und ihn zur Rebellion gegen
seinen Großvater und Kaiser zwang. Kantakuzenos verließ die Hauptstadt
am Mittwoch, den 15. April 1321 (Kantak. 88,24f.; VAN DIETEN: Greg.

4 Beispielsweise seien hier erwähnt Theodoros Hyrtakenos epp. 54 und 55 (S. 18 f. LA


PORTE-DU THEIL) woraus wir über einen erfolgreichen Feldzug des Kantakuzenos gegen
die Türken in Kleinasien erfahren (vgl. unten S. 277 A. 288) und Gabras ep. 411 (II 637f.
FATOUROS, wo von einem Zwischenfall mit den Türken die Rede ist, über den auch
Kantakuzenos berichtet (vgl. unten S. 277 f. A. 289).
5 NICOL a.a.O. 33.

2
KARRIERE KANT AKUZENS

II, 1, S. 141, A.60) an der Spitze einer Streitmacht, angeblich um als Statt-
halter von Thessalien gegen die dort befindlichen Katalanen zu kämpfen.
Stattdessen v~reinigte er sich jedoch in Thrakien mit Andronikos d. J., der
ebenfalls fünf Tage (vgl. Kantak. 88,15) später unter einem Vorwand die
Hauptstadt verließ, sowie mit Theodoros Synadenos (er verließ mit Andro-
nikos III. die Stadt drei Tage nach dem 17. April, vgl. Kantak. I, 89,5 und
dazu VAN DIETEN: Greg. II,1, S. 141) und Syrgiannes Palaiologos. Diese
erste Phase des Bürgerkrieges, während derer es zu keiner erwähnenswerten
Kriegshandlung kam, endete mit dem Vertrag von Rhegion am 6./8. Juni
1321. Laut dieser Abmachung wurde die Verwaltung des byzantinischen
Reiches mit Ausnahme der Außenpolitik zwischen den beiden Andronikoi
geteilt, die als Amtskollegen regieren sollten.
Es dauerte nicht lange, und der Bürgerkrieg brach im November/Dezem-
ber 1321 erneut aus. Diese zweite Phase des Bürgerkrieges wurde mit dem
Vertrag von Epibatai im Juli 1322 beendet. Die Teilung des Reiches wurde
aufgegeben, und die Regierungsgeschäfte wurden dem älteren Andronikos
überlassen. Die Zentralregierung verpflichtete sich, dem jüngeren Androni-
kos eine hohe Apanage sowie Gelder für die Erhaltung einer Streitmacht zu
zahlen.
Es folgte eine fünf jährige Periode friedlicher Koexistenz zwischen den
beiden Kaisern. Die Aktivitäten des Großdomestikos während dieser Zeit
sind nicht lückenlos bekannt. Von Theodoros Hyrtakenos erfahren wir von
einem erfolgreichen Feldzug des Kantakuzenos gegen die Türken in Klein-
asien, über welchen merkwürdigerweise sowohl er selbst als auch Gregoras
schweigen 6 • Kantakuzenos berichtet von den Kriegen des jüngeren Andro-
nikos gegen die Bulgaren und die Mongolen im Jahre 1323, an welchem er
selbst teilnahm.
Die dritte und letzte Phase des Bürgerkrieges zwischen den beiden An-
dronikoi begann im Oktober 1327, wahrscheinlich weil der ältere Kaiser
die vereinbarten Gelder für seinen Enkel nicht entrichtete, weil dieser durch
den Einsatz von Anhängern die Vormachtstellung in den Städten und Pro-
vinzen zu erringen versuchte, und weil Andronikos 11. sich durch dessen
Geheimabkommen mit dem bulgarischen Zaren vom 13. Mai 1327 be-
droht fühlte. Während dieser Phase des Bürgerkrieges kam es zu Feindselig-

6 Oben A. 4. Im übrigen ist es nicht völlig auszuschließen, daß Hyrtakenos einem Irrtum
zum Opfer gefallen ist.

3
EINLEITUNG

keiten hauptsächlich in Makedonien und Thrakien, und mancher byzanti-


nische Bauer bekam bereits einen Vorgeschmack dessen, was etliche Jahre
später auf ihn zukommen sollte. Kantakuzenos war zu dieser Zeit der
ständige Begleiter und militärische Berater des jüngeren Andronikos. Er
fungierte als dessen «Ministerpräsident» (Mesazon) 7 sowie als Oberkom-
mandierender der Streitkräfte. Er war dabei, als Thessalonike im Januar
1328 (zum Datum VAN DIETEN: Greg. 11,1, S. 209 f.) vom letzteren einge-
nommen wurde, und ebenso, als Andronikos d. J. sich in der Nacht vom
23. zum 24. Mai 1328 der Hauptstadt bemächtigte und seinen Großvater
absetzte.
Mit Beginn der Alleinherrschaft des jungen Andronikos wurde Kantakuze-
nos auf eigenen Wunsch als Mesazon von Alexios Apokaukos abgelöst,
wobei er freilich einige der wichtigsten Aufgaben des Mesazon für sich
behielt. Den Vorschlag des Kaisers, ihn zum Mitkaiser zu erheben, lehnte
er, wie er selbst uns versichert, ab. Bei einer schweren Krankheit Androni-
kos' 111. im Januar 1330 erklärte er sich lediglich bereit, im Falle des Able-
bens des Kaisers als Regent zur Verfügung zu stehen. Im Juni 1329 begleite-
te Kantakuzenos den jungen Kaiser auf einem Unternehmen gegen die bi-
thynischen Türken. Im Juli 1331 nahm er an dem mißglückten Feldzug
Andronikos' 111. gegen Bulgarien teil. Den Sieg des Kaisers über die Genue-
sen von Chios (1329) und Lesbos (1335/36) bereitete er durch seine diplo-
matische Aktivität und seine Kontakte mit den türkischen Emiren Umur
und Saruchan sowie mit der Familie des Chioten Leon Kalothetos sorgfältig
vor. Eine wichtige Rolle spielte er auch bei der Annexion des Fürstentums
Epiros durch das byzantinische Reich (1337-1340)8. Er gab seine älteste
Tochter Maria 9 dem Thronprätendenten des Epiros, Nikephoros, zur Frau.
Nach dem Tode Andronikos' 111. am 15. Juni 1341 kam es zu einer
politischen Krise, da sowohl Kantakuzenos als auch die Kaiserinmutter
Anna und der Patriarch Johannes Kalekas (1334-1347) die Vormund-

7 Vgl. BECK, Hans-Georg: Der byzantinische «Ministerpräsident». BZ 48 (1955) 312. Ge-


nauer könnte der Mesazon als «Kanzler>' bezeichnet werden; Vgl. LOENERTZ, Raymond-
Jean: Le chancelier imperial a Byzance au XIve et au XlIIe siede. OCP 26 (1960) 280f. Der
Historiker selbst nennt sich (Kant. II 84, 14) «Paradynasteuon».
8 Die chronologischen Fragen dieser Expedition sind nicht restlos geklärt worden, da die
Geschichtswerke des Kantakuzenos und des Gregoras diesbezüglich beträchtliche Unter-
schiede aufweisen.
9 Vgl. NICOL a. a. O. 130 f., VAN DIETEN: Greg. 11,2, A. 492, S. 384 f.

4
KARRIERE KANTAKUZENS

schaft über den minderjährigen Johannes V. und die Regentschaft für sich
beanspruchten. Der sterbende Andronikos hatte, wie es scheint, keine Zeit,
einen Regenten zu ernennen. Anna und Kalekas, unterstützt von Alexios
Apokaukos, nutzten im Herbst 1341 die Abwesenheit des Johannes Kanta-
kuzenos von der Hauptstadt, ihn seines Kommandos zu entheben, zum
Rebellen zu erklären und die Mitglieder seiner Familie unter Hausarrest zu
stellen. So sah sich Kantakuzenos veranlaßt, sich von seinen Soldaten am
26. Oktober 1341 in Didymoteichon zum Kaiser der Rhomäer proklamie-
ren zu lassen. Die Lage in Thrakien wurde für ihn bald unhaltbar, da die
Sympathien großer Teile des Volkes dem legitimen Kaiser Johannes V.
galten. So ließ er eine Garnison unter seiner Frau Irene in Didymoteichon
zurück und brach im März 1342 nach Thessalonike auf, da der dortige
Stadtkommandant, sein Freund und alter Mitstreiter Theodoros Synade-
nos, sich bereit erklärt hatte, ihm die Stadt zu übergeben. Dieser Plan
wurde jedoch durch den sogenannten Zelotenaufstand, der inzwischen in
Thessalonike ausgebrochen war und die Vertreibung des Synadenos aus der
Stadt zur Folge hatte, vereitelt.
Gejagt und vom Schicksal hart getroffen, suchte Kantakuzenos im Som-
mer 1342 mit ca. 2000 Mann, die ihm übriggeblieben waren, bei dem
Serbenkral Stephan Dusan Zuflucht, den er bereits zu Lebzeiten Androni-
kos' III. persönlich kennen gelernt hatte. Von dort aus versuchte er wieder-
holt, seine Gattin, die von den Regierungstruppen in Didymoteichon bela-
gert wurde, freizusetzen, ohne jedoch viel weiter als bis Serrai vorstoßen zu
können. Seine Streitmacht war nunmehr auf fast 500 Mann zusammenge-
schrumpft. Nichtsdestoweniger gelang es ihm, mit dem türkischen Emir
von Aydin, Umur, Kontakt aufzunehmen. Auf den Hilferuf des Freundes
kam dieser mit 380 Schiffen und 29000 Soldaten zur Mündung des He-
bros, rückte bis nach Didymoteichon vor und entsetzte Irene Kantakuzene,
indem er die regierungstreuen Truppen und das bulgarische Kontingent in
die Flucht schlug. Umur zog sich jedoch gleich darauf nach Kleinasien
zurück.
Eine Wende des Schicksals bedeutete für Kantakuzenos, daß die Stadt
Berrhoia sich ihm anschloß. Im Frühjahr 1343 verließ er Serbien und kam
nach Berrhoia. Seine Streitmacht bestand aus wenigen eigenen Soldaten
und einem Kontingent deutscher Söldner, das ihm Stephan Dusan geliehen
hatte. In der Zwischenzeit entschieden sich auch andere Städte Westmake-
doniens für Kantakuzenos. Mit seinem Heer, das nunmehr ständig wuchs,

5
EINLEITUNG

marschierte er von Berrhoia nach Thessalonike, das er jedoch nicht einneh-


men konnte. Vor der Stadt schlossen sich ihm 200 Reiter und 6000 Solda-
ten Umurs an. Mit dieser Streitmacht machte sich Kantakuzenos nun auf
den Weg nach Thrakien und Didymoteichon. Komotene und andere Städte
Thrakiens schlugen sich auf seine Seite. Nach einiger Zeit stand der größte
Teil Thrakiens unter seiner Herrschaft.
Inzwischen änderte Stephan Dusan seine Haltung gegenüber Kantakuze-
nos. Er nützte den Bürgerkrieg der Byzantiner, fiel in Makedonien ein und
eroberte bald den größten Teil dieses Landes. Am 25. September 1345 fiel
die bedeutende Stadt Serrai in seine Hände. Bald darauf ließ er sich zum
«Kaiser der Serben und Rhomäer» proklamieren. Am 16. April 1346 voll-
zog der Patriarch von Serbien die Kaiserkrönung Dusans. In den folgenden
Jahren eroberte er noch Thessalien und den Epirus, so daß mehr als die
Hälfte des byzantinischen Reiches in serbische Herrschaft überging lO •
Das Glück wurde nunmehr den politischen Gegnern des Kantakuzenos
untreu. Am 11. Juni 1345 wurde Alexios Apokaukos, der Führer im Kamp-
fe gegen Kantakuzenos, während einer Inspektion von Gefangenen ermor-
det. Als letzterer vom Tode seines erbittertsten Feindes erfuhr, rückte er mit
seinen türkischen Verbündeten eilends vor Konstantinopel, um bei Gele-
genheit die Stadt einzunehmen. Als er jedoch erkannte, daß die Stadt fest in
den Händen des Patriarchen war, machte er kehrt und zog sich nach Didy-
moteichon zurück. Spätere Versuche, sich mit Hilfe seiner Konstantinopler
Freunde der Hauptstadt zu bemächtigen, scheiterten ebenso. Am 21. Mai
1346 wurde Kantakuzenos vom Patriarchen von Jerusalem Lazaros in
Adrianopel zum Kaiser gekrönt. Einige Wochen später wurde in Selymbria
die Hochzeit seiner Tochter Theodora mit dem türkischen Emir Orchan
gefeiert.
Schließlich gelang es Kantakuzenos, in der Nacht vom 2. zum 3. Februar
1347 in Konstantinopel einzudringen. Anna von Savoyen, die ursprünglich
im Blachernenpalast noch Widerstand leisten wollte, zeigte sich nach ein
paar Tagen versöhnlich. Bald darauf kam die Verlobung von Kantakuze-
nos' Tochter Helene mit Johannes V. zustande. Am 21. Mai 1347 wurde
Kantakuzenos vom Konstantinopler Patriarchen Isidoros (1347-1350)
zum zweiten Mal gekrönt. Einige Tage später wurde die Hochzeit von
Helene Kantakuzene und Johannes V. begangen.

10 ÜSTROGORSKY: Geschichte 431 f.

6
KARRIERE KANT AKUZENS

In der Folgezeit begann Kantakuzenos, sich mit den gewaltigen Proble-


men zu befassen, die sich dem byzantinischen Reich um diese Zeit stellten.
Der größte Teil der Westprovinzen stand unter serbischer Herrschaft. By-
zantinisch war noch das von Unruhen erschütterte Thessalonike sowie ein
Teil der Peloponnes. Die kleinasiatischen Türken waren stärker denn je und
sollten nach einigen Jahren in Europa für dauernd Fuß fassen. Chios und
Phokaia waren abermals in genuesischer Hand. Das größte Problem aber
war die beklagenswerte finanzielle Lage des Reiches, der totale Bankrott,
dem mit keinem Mittel beizukommen war. Die Bevölkerung konnte keine
Steuern mehr entrichten, da der Ackerbau infolge der ungeheuren Verhee-
rungen des Bürgerkrieges so gut wie aufgehört hatte. Kantakuzenos machte
nun den Versuch, die Einwohner Konstantinopels zu einem freiwilligen
Beitrag für das Gemeinwesen zu bewegen, freilich ohne den gewünschten
Erfolg. Außerordentliche Steuern wurden für den Bau einer Flotte erhoben.
Die Lage verschlimmerte sich nach einem unglücklichen Krieg mit den
Genuesen von Galata (1348-1349). 1350 gelang es Kantakuzenos, Berr-
hoia und Edessa einzunehmen, doch bald fielen die bei den Städte wieder in
serbische Hand. Als ob dies alles nicht genug war, dezimierte 1348 eine
furchtbare Pestepidemie die Einwohner der Hauptstadt.
Kopfzerbrechen bereitete Kantakuzenos seit langer Zeit auch die Spal-
tung der Kirche, die durch den schweren Konflikt zwischen Gregorios Pala-
mas, der die religiöse Mystik des sogenannten Hesychasmus verbreitete,
und Barlaam sowie Gregorios Akindynos und Nikephoros Gregoras, die an
der Spitze der antihesychastischen Bewegung standen, verursacht wurde.
Als der Patriarch Johannes Kalekas den Hesychasmus verurteilte und Gre-
gorios Palamas exkommunizierte, schlugen sich die Hesychasten auf die
Seite des Gegenkaisers Johannes Kantakuzenos, obwohl nicht alle Anhän-
ger des letzteren die hesychastische Bewegung billigten. Kantakuzenos und
der Patriarch Kallistos (1350-1353) beriefen nun im Mai-Juni und Juli
1351 zwei Konzile nach Konstantinopel ein, um den Streit endgültig in
ihrem Sinne beizulegen. Dieses dauerte bis zum August. Einige der Haupt-
gegner des Hesychasmus, Nikephoros Gregoras, Matthaios von Ephesos
und Joseph von Ganos erhielten beim ersten Konzil Gelegenheit, ihre An-
sichten vor den versammelten Bischöfen darzulegen. Im August erklärte
dieses Konzil die Lehren des Palamas für rechtmäßig und die Praktiken der
Hesychasten für konform mit der Tradition der Kirche.
Während des venezianisch-genuesischen Krieges, der bald darauf aus-

7
EINLEITUNG

brach, gelang es Kantakuzenos nicht, neutral zu bleiben, wie er sich vorge-


nommen hatte. Konstantinopel wurde in den Krieg verwickelt und zog
dabei den kürzeren. Der Krieg wurde dann am 6. Mai 1352 durch einen
Vertrag zwischen Kantakuzenos und den Genuesen beigelegt.
Inzwischen brachen Feindseligkeiten zwischen Kantakuzenos' Sohn Mat-
thaios und Johannes V. Palaiologos in Thrakien aus. Unter dem Banner des
Matthaios hatten sich alle diejenigen Anhänger des Kantakuzenos zusam-
mengefunden, welche die Versöhnung mit Anna von Savoyen und das Mit-
kaisertum ihres Sohnes von Anfang an ablehnten. Johannes Kantakuzenos
mußte zugunsten seines Sohnes eingreifen. Mit Hilfe des Emirs Orchan,
seines Schwiegersohnes, der seinen Sohn Suleiman mit 10000 Reitern
schickte, besiegte er die bulgarischen und serbischen Verbündeten Johan-
nes' V. und zwang letzteren, mit seiner Frau und seinem zweiten Sohn
Manuel auf der Insel Tenedos Zuflucht zu suchen.
Von Tenedos aus machte Johannes V. im März 1353 den Versuch, sich
der Hauptstadt zu bemächtigen, während Kantakuzenos noch in Thrakien
weilte. Das Unternehmen scheiterte jedoch an der Wachsamkeit der Kaise-
rin Irene Kantakuzene, woraufhin J ohannes nach Tenedos zurückkehrte.
Unter dem Einfluß dieser Ereignisse und dem Druck seiner Anhänger pro-
klamierte Kantakuzenos im Frühjahr 1353 seinen Sohn Matthaios zum
Mitkaiser. Im Februar des nächsten Jahres wurde Matthaios vom Patriar-
chen Philotheos gekrönt. Ein Versuch des Johannes Kantakuzenos, im
Sommer 1354 ein Arrangement mit Johannes V. Palaiologos zu treffen,
hatte keinen Erfolg.
In der Nacht vom 21. zum 22. November 1354 (evtl. aber auch erst eine
Woche später: FAILLER, REB 34 [1976] 119-124) gelang es jedoch dem
letzteren, in die Hauptstadt einzudringen. Nach anfänglichem Hin und
Her, bei dem Kantakuzenos von seinen Anhängern und seinen katalani-
schen Söldnern zum Kampf aufgefordert wurde, kam es am 24. November
zu einer Vereinbarung, wonach beide Kaiser nebeneinander regieren soll-
ten, während Matthaios Kantakuzenos als unabhängiger Herrscher in
Adrianopel anerkannt wurde. Johannes Kantakuzenos schien jedoch be-
reits den Entschluß gefaßt zu haben, abzudanken und den Rest seines Le-
bens im Kloster zu verbringen, eine Absicht, die er bereits in früheren
Zeiten erwogen hatte. Nach einigen Tagen verwirklichte er diesen Plan:
Am 10. Dezember 1354 dankte er im Blachernenpalast feierlich ab und
nahm die Mönchskutte unter dem Mönchsnamen Joasaph. Er zog sich

8
KARRIERE KANTAKUZENS

anschließend ins Kloster des Heiligen Georg von Mangana (vgl. unten S. 291
A.346) zurück, während seine Gattin, die unter dem Namen Eugenia Non-
ne wurde, ins Marthakloster ging. Später zog Kantakuzenos jedoch ins
Charsianiteskloster um und scheint sich dort lange Zeit aufgehalten zu
haben l1 .
In den folgenden Jahren blieb Johannes-Joasaph Kantakuzenos in Kon-
stantinopel und war offenbar keineswegs hinter den Mauern des Klosters
tatenlos verschwunden. Er nahm vielmehr regen Anteil am politischen Ge-
schehen und fungierte des öfteren als Ratgeber seines Schwiegersohnes
Johannes V. Er erfreute sich allgemeinen Respekts und wurde immer noch
mit 'Basileus angeredet 12 . 1361 unternahm er mit seiner Familie eine Reise
l

zu seinem Sohn Manuel, dem Despoten der Peloponnes, wo er sich über ein
Jahr aufhielt 13 •
In den folgenden Jahren hören wir gelegentlich von Kantakuzenos im
Zusammenhang mit Besuchen von päpstlichen Gesandten in Konstantino-
pel und Diskussionen über die Kirchenunion. Kantakuzenos muß um diese
Zeit den größten Teil seines Geschichtswerkes geschrieben und abgeschlos-
sen haben, da die Florentiner Handschrift seiner 'Historiae, der Lau-
rentianus IX 9, als Entstehungsdatum den 8. Dezember 1369 14 angibt. Es
ist nicht sicher, daß er einige Jahre auf dem Athos verbracht hat, wie
manchmal behauptet wird 15 .

11 HUNGER, H~rbert: Das Testament des Patriarchen Matthaios I. (1397-1410). BZ 51


(1958) 293 f. Zur Abdankung des Kantakuzenos: NICOL: Abdication 269 f. Das Datum
der Abdankung ist durch eine Kurzchronik überliefert worden: LAMPROS, Spyridon in: NE
14 (1917) 403. Statt «10. Dezember» glaubt jedoch FAILLER, Albert: Note sur la chrono-
logie du regne de Jean Cantacuzene. REB 29 (1971) 294 f. (befolgt von SCHREINER:
Kleinchroniken 11 611 Nr. 41) «mit sehr großer Wahrscheinlichkeit» im Text der Kurz-
chronik «4. Dezember» gelesen zu haben. Vgl. dazu auch FAILLER, REB 34 (1976)
119-124. Vgl. ferner NICOL: ebenda 271.
12 Zur politischen Aktivität des Kantakuzenos nach seiner Abdankung: MAKSIMOVIC, Lju-
bomir: Politicka uloga Jovana Kantakuzina posle abdikacije (1354-1383). ZRBI 9 (1966)
120-193 (mit engl. Zusammenfassung 189f.).
13 Zur Chronologie dieser Reise: NICOL: Kantakouzenos 87 A. 129.
14 Vgl. MILLER: Cantacuzenus 10; NICOL a.a.O. 100; HUNGER: Literatur I 468.
15 Diese Information stammt von dem späteren Historiker Dukas und wurde von den Mön-
chen von Vatopedi propagiert und durch DU CANGE weiterverbreitet: NICOL: Kantakou-
zenos 92f.; DERS.: Abdication 280.

9
EINLEITUNG

Eine schlimme Zeit durchlebte Johannes Kantakuzenos während der Jah-


re 1379-1381, als er zusammen mit seinen Töchtern von seinem aufsässi-
gen Enkel Andronikos IV. in Galata als Geisel festgehalten wurde. Dieses
Abenteuer bestärkte ihn in seinem Entschluß, Konstantinopel für immer zu
verlassen und sich auf die Peloponnes zu begeben. Er starb in Mistra am
15. Juni 1383 und wurde ebenda begraben 16 •

Das Geschichtswerk des Johannes Kantakuzenos, welches den Titel


clo'toQCut trägt und in vier Bücher eingeteilt ist, umfaßt die Zeit von 1320
bis 1356, in vereinzelten Details erstreckt es sich bis zum Jahr 1363. Das
erste Buch umfaßt den Bürgerkrieg zwischen den beiden Andronikoi
(1320-1328), das zweite Buch die Regierungszeit Andronikos' In.
(1328-1341), das dritte die Ereignisse nach dem Tode des Andronikos
sowie den Bürgerkrieg zwischen Kantakuzenos und der Konstantinopler
Führung (1341-1347) und das vierte die Regierungszeit des Kantakuzenos,
seine Abdankung sowie die Ereignisse der unmittelbar darauffolgenden
Jahre (1347-1356). Buch In ist dabei bei weitem das ausführlichste, ob-
wohl es die kürzeste Zeitspanne umfasst.
Das Werk stellt im großen und ganzen einen Rechenschaftsbericht bzw.
eine Rechtfertigungsschrift des Autors dar. Es ist also nicht verwunderlich,
daß die vom Autor immer wieder beschworene Herausfindung der Wahr-
heit mitunter zu kurz kommt. Ein Jahrhundert später sollte das byzantini-
sche Reich von den Türken den letzten, tödlichen, Schlag erhalten und sich
auflösen. Wie mit Recht bemerkt worden ist 1?, war seine Auflösung nicht
unbedingt unvermeidlich, sie wurde vielmehr durch politische Taten, die
bis in die Zeit der Bürgerkriege zurückreichen, schrittweise vorbereitet, so
daß der Widerstand gegen die türkische Expansion allmählich erlahmte.
Einer der hierfür verantwortlichen Akteure war J ohannes Kantakuzenos,
die zentrale Gestalt der Zeit der Bürgerkriege. Der schwere Vorwurf, der
ihm bereits von den Zeitgenossen gemacht wurde, ist, daß er während der
Jahre des Machtkampfes die Türken zum politischen Faktor des Reiches

16 Das Todesdatum ist durch eine Kurzchronik überliefert worden: SCHREINER: Kleinchroni-
ken I 69 f. Nr. 24. Vgl. CHARANIS: Short Chronicle 358.
17 MILLER: Cantacuzenus 1 f.

10
DAS GESCHICHTSWERK KANTAKUZENS

und mit dessen Schwächen vertraut gemacht habe. Kantakuzenos selbst,


der nach seiner Abdankung und während der Abfassung" seiner Geschichte
viel Zeit zum Überlegen hatte, scheint diesen Vorwurf sehr ernst genom-
men zu haben; darauf weisen jedenfalls seine zahlreichen Versuche hin, sich
dagegen zu verteidigen 18. Da der Autor nicht nur auf die eigene Person
Bezug nimmt, sondern sich auch bemüht, die allgemeine geschichtliche
Lage zu schildern, stellt das Werk eine ausgezeichnete Quelle für ein gutes
Drittel des 14. Jahrhunderts dar und gibt zugleich darüber Aufschluß,
durch welche historischen Kräfte das byzantinische Reich zugrunde ging.
Das Geschichtswerk ist durch sechs Manuskripte überliefert worden:
a) Seragliensis gr. 28, b) Laurentianus IX 9, c) Bononiensis 2212, d) Parisi-
nus-Coislinianus 144, e) Mutinensis 224-225 und f) Monacensis 106. Die
Manuskripte a-d stammen aus dem 14., e-f aus dem 16. Jahrhundert 19 .
Erstere sind wahrscheinlich in ein und demselben Skriptorium unter der
Aufsicht von Manuel Tzykandyles, der mit Kantakuzenos in Beziehung
stand, im Auftrage des letzteren entstanden. Der Laurentianus IX 9 ist mit
einem Abschlußdatum versehen: den 8. Dezember 1369. Wahrscheinlich
sind auch die übrigen drei der ersten Gruppe (a, c und d) zu einem nicht
sehr weit von diesem Datum entfernten Zeitpunkt geschrieben worden 20 •
Der Text des Geschichtswerkes, welcher, wie gesagt, aus einer ununter-
brochenen Erzählung über die Jahre 1320 bis 1356 sowie aus Berichten
über vereinzelte Ereignisse der Jahre 1356-1363 besteht, ist in zwei For-
men überliefert worden. In der ersten Form, die durch die Manuskripte c
und d repräsentiert wird, endet die Haupterzählung mit einem Nachwort,
während die Kapitel über die vereinzelten Ereignisse als Anhang hinzuge-
fügt sind. In der zweiten Form, die von allen übrigen Handschriften vertre-
ten wird, folgen die vereinzelten Ereignisse direkt der Haupterzählung,
wobei das Nachwort ans Ende gestellt ist21 •
Die editio princeps des Geschichtswerkes des Kantakuzenos erschien
1645 in Paris und beruhte auf dem Coislinianus 144. Sie war mit der bereits
1603 erschienenen lateinischen Übersetzung des Jakob Pontanus sowie mit

18 Vgl. Kant. 11 595,8 f.; III 37,6f. usw., ferner WERNER: Kantakuzenos 255 f.
19 MILLER a.a.O. 7. Stemma der Codices ebenda 31.
20 Ebenda 29 f. Nach MILLER sind die vier Manuskripte wahrscheinlich in Mistra geschrie-
ben worden.
21 Ebenda 7f.

11
EINLEITUNG

den Anmerkungen von Jakob Gretser versehen. Pontanus hatte für seine
Übersetzung den Text des Monacensis 106 benutzt. Die Einteilung des
Textes in Kapitel wurde in dieser ersten Edition eingeführt, die dann die
folgenden Herausgeber übernommen haben. Ein zweite Edition des Ge-
schichtswerkes erschien 1729 in Venedig; sie stellt praktisch einen Nach-
druck der Pariser Ausgabe dar. Eine dritte Edition legte 1828-1832
L. SCHOPEN im Rahmen des Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae
(Bonner Corpus) vor. Er benutzte dabei die Pariser Ausgabe sowie den
Monacensis 106. Das Geschichtswerk erschien noch einmal 1866 in den
Bänden 153 und 154 der Patrologia Graeca von MIGNE aufgrund des
Textes der Ausgabe von Venedig. Einen Teil des Geschichtswerks legte
schließlich T. S. MILLER aufgrund der vorhandenen Codices in einer mo-
dernen Anforderungen durchaus entsprechenden Ausgabe vor (vgl. oben
S. 1 A.2).
Obgleich Kantakuzenos sich um attischen Stil bemüht und seine Diktion
sich teilweise stark an Thukydides anlehnt, bedient er sich in seinem Ge-
schichtswerk im großen und ganzen einer sehr einfachen Sprache, die eine
Verachtung der rhetorischen Figuren und Prinzipien sowie zum Teil eine
erstaunliche Armut an Vokabular an den Tag legt. Dies ist, wie man be-
merkt hat n , nicht zufällig, sondern ist auf die Tendenz des Autors zurück-
zuführen, seinen Leser von der Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und dem guten
Glauben des Erzählers zu überzeugen. Seine Thukydides-Nachahmung
scheint ebenfalls eine innere literarische Funktion zu erfüllen (vgl. S. 218 f. A.
33). Ein anderer Autor, den er gelegentlich nachahmt, ist Libanios.
Außer dem Geschichtswerk verfaßte Johannes Kantakuzenos eine Reihe
von theologischen Abhandlungen und Streitschriften, von denen die mei-
sten noch unediert sind. Bis auf eine sind diese Schriften nach seiner Abdan-
kung entstanden. Es handelt sich um folgende Titel:
a) Eine Abhandlung gegen den Islam und gegen Mohammed, bei MIGNE,
PG 154, 371-692 aufgrund einer Baseler Ausgabe von 1543 ediert, die
wiederum sich auf Codex Parisinus gr. 1242 stützt23 • Die Schrift zerfällt in

22 KAZDAN: Cantacuzene 316, der ebenda 305 f. eine Analyse der Diktion des Historikers
bietet. Vgl. ferner JORGA, N. in: Byzantion 2 (1925) 293; HUNGER a.a.O. 474.
23 KRUMBACHER: Litteratur 106; TRAPP, Erich: Manuel 11. Palaiologos. Dialoge mit einem
'Perser'. Wien 1966, S. 44~--48'~; zur Chronologie vgl. GÜTERBOCK, Carl: Der Islam im
Lichte der byzantinischen Polemik. Berlin 1912, 51 f.

12
WERKEKANTAKUZENS

zwei Teile: aa) Contra sectarn Mahometicam apologiae IV (371 f.) und bb)
Contra Mahometem orationes quatuor (583 f.). Kantakuzenos versucht,
einzelne Lehren des Koran zu widerlegen, gestützt im großen und ganzen
auf die Confutatio Alcorani des Dominikaners Ricoldo da Monte Croce,
die Demetrios Kydones ins Griechische übertragen hatte 24 • Vom ersten Teil
dieser Abhandlung gibt es im Codex Parisinus gr. 1243 vom Jahr 1635 eine
vulgärgriechische Paraphrase von Meletios Syrigos 25 .
b) Eine Streitschrift gegen die Juden in neun Kapiteln, die in mehreren
Codices unediert vorhanden ist26 •
c) Eine Widerlegungsschrift (AOYOL av'tLQQ'Y]'tLXoi naQu XQLO'tOÖOVAOlJ
Ilovaxou alJYYQa<pEv'tE~) gegen die Abhandlung IIaAallLLLxai naQaßcwEL~
des Johannes Kyparissiotes, eines der schärfsten Gegner des Gregorios Pa-
lamas. Sie liegt unediert im Codex Laurentianus Plut. VIII 827 vor.
d) Eine Widerlegungsschrift CAV'tLQQ'Y]'tLxa) gegen die Abhandlung des
Prochoros Kydones IIEQi ova(a~ xai EVEQYELa~ in zwei Teilen. Sie ist in
mehreren Handschriften enthalten 28 •
e) Eine Widerlegungsschrift der Werke des Isaakios Argyros, enthalten
im Codex Parisinus gr. 1242 sowie im Vatopedinus 347. Das Vorwort und
den Anfang des Werkes hat MERCATI: Notizie 274f. ediert29 •
f) Eine Abhandlung über das Licht des Tabor, enthalten im Codex Vati-
canus gr. 1096. Die Schrift ist an Raul Palaiologos adressiert. Das Pro-
ömium sowie den Schluß des Werkes hat MERCATI: Notizie 275 f. ediert 30 •
g) «Theologische Kapitel» in Briefform, adressiert an den lateinischen
Patriarchen Paulus von Konstantinopel, enthalten in den Codices Iviron
388 (Athon. 4508) und Vindobonensis theol. gr. 210. Kantakuzenos beant-
wortet die Fragen des Patriarchen bezüglich des Palamismus und verteidigt
diesen 31 •

24 BEcK: Kirche 732; GÜTERBOCK a.a.O. 58f.; BibI. griech. Lit. 12,71, Nr. 2,10.
25 KRuMBACHER a. a. O.
26 NICOL: Kantakouzenos 100 A. 167.
27 Ebenda 99 A. 163.
28 Ebenda 99 A. 164.
29 Ebenda 99 A. 165.
30 Ebenda 99 A. 166.
31 VOORDECKERS, E.: Quelques remarques sur les pretendus «Chapitres theologiques» de
Jean Cantacuzene. Byzantion 34 (1964) 619f.

13
EINLEITUNG

h) Die Korrespondenz zwischen Johannes Kantakuzenos und dem Pa-


triarchen Paulus, enthalten in mehreren Codices. Sie umfaßt sieben Briefe,
von welchen der dritte und der sechste die Antworten des Paulus sind 32 •
Ersteren hat PARISOT: Cantacuzene 331 f. ediert.
i) Ein Proömium zu seinen Schriften gegen Barlaam und Akindynos
(IIQoOLflLOV d~ 'tou~ naQu 'tOll flovaxoll XQW'tOÖOUAOlJ alJYYQaq:>Ev'ta~
A6yolJ~ xa'tu 'tfJ~ 'tOll BaQAaufl xai 'AXLVÖUVOlJ atQEaHü~) ist schließlich
bei MIGNE, PG 154,693 f. ediert.
Außerdem wird Kantakuzenos eine Paraphrase der Nikomachischen
Ethik des Aristoteles zugeschrieben 33 , dies ist jedoch wahrscheinlich auf
einen Schreibfehler im Titel des Codex Brit. Mus. Addit. Ms. 19060 zu-
rückzuführen. Die Paraphrase ist, wie es scheint, im Auftrage des Kantaku-
zenos geschrieben worden 34 • Unter seinem Namen sind auch kirchliche
Hymnen in Umlauf.
Kantakuzenos ist niemals als Handschriftenschreiber tätig gewesen, wie
man bisweilen geglaubt hat. Es handelt sich um einen anderen Mönch
Joasaph, der sich im Hodegetriakloster in Konstantinopel von 1360 bis in
die ersten Jahre des 15. Jahrhunderts als Kopist betätigt hatte 35 •

32 Ebenda 620 f.
33 KRuMBACHER: Litteratur 300.
34 NrcoL: Kantakouzenos 101.
35 POLITIS, Linos: ]ean-]oasaph Cantacuzene fut-il Copiste? REB 14 (1956) 195 f. Vgl.
DERS.: Eine Schreiberschule im Kloster Twv 'O<'JllYwv. BZ 51 (1958) 17f.

14
7/8 ÜBERSETZUNG

JOHANNES KANTAKUZENOS, GESCHICHTE

VORWORT

Neilos an Christodulos 1

Du willst, wie ich dich kenne, alle meine Angelegenheiten erfahren, des-
halb darf ich, was ich zu berichten habe, nicht verschweigen, obgleich
nichts Großartiges darunter ist. Du kennst die Spaziergänge, die ich mit
Freunden oft unternehme; dort wird vieles gesprochen, teils im Ernst, teils
im Spaß. Da kamen einige auf den Krieg zu sprechen, den die Kaiser gegen-
einander geführt haben, wie er ausbrach und solche Ausmaße annahm, und
was diese prächtigen Männer veranlaßte, die Bande der Natur zu verleug-
nen, wer zuerst anfing, den anderen zu bekämpfen und wer die größere
Versöhnungsbereitschaft / an den Tag legte, wobei die einen den Großvater,
die anderen den Enkel für schuldig erklärten. Ich hörte diesem Gespräch zu,
war sehr betroffen und warf den Männern Leichtfertigkeit vor, weil sie,
obwohl vom Anfang an Teilnehmer an den Ereignissen, keinen Bericht
ihrer Taten der Nachwelt hinterlassen hatten. Diese Taten lassen eine dop-
pelte Erklärung zu, ähnlich wie, nach dem allgemeinen Glauben, die Theo-
rien des Euklid2 • Du bist aber der richtige Mann, uns von diesem Unbeha-
gen zu befreien, indem du uns sowohl über die Ereignisse aus der Zeit der
beiden Kaiser als auch über die unserer Zeit informierst. Dies könntest du
auf dem kürzesten Wege durch ein Geschichtswerk erreichen, das allein
einen in die Lage versetzt, die Wahrheit zu erkennen. Als du nämlich noch
in der Politik tätig warst, zeigtest du dich als Retter in auswegloser Situa-
tion; und jetzt, nachdem du zu deiner Ruhe gefunden hast, hast du dein
Leben zum Vorbild für Wahrheit und Gerechtigkeit gemacht. Da du nun
als Urheber der Ereignisse giltst und es auch bist, wirst du deine Taten
gewiß kennen; da du andererseits dein Leben lang nichts über die Wahrheit
gestellt hast, wirst du auch die Wahrheit sagen; und da du die Leichtfertig-
keit aus deiner Seele für immer verbannt hast, wirst du die damit verbunde-
nen Mühen nicht scheuen. Meine Bitte könnte ich mit vielen Beispielen
begründen. Du magst dich nämlich an unsere eigenen politischen Persön-
lichkeiten erinnern oder an die fremden; in jedem Falle wirst du die Ge-

15
ÜBERSETZUNG: VORWORT 8/10

schichtsschreibung gewiß nicht verachten. Denn diese wie jene gingen dar-
an, Bücher zu schreiben, in dem Glauben, dies werde dem menschlichen
Leben großen Nutzen bringen. Mit einem Wort, die moralischen Abhand-
lungen, die die Tugend lobpreisen und das Laster verurteilen, sind nützlich /
und bewundernswert; ob es jedoch möglich ist, daß die Menschen sich
danach richten, dies ist eine vieldiskutierte Frage, wobei manche erklären,
die Taten könnten nicht gänzlich mit den Worten übereinstimmen. Denje-
nigen aber, die sich das Ziel gesteckt haben, die Taten von Männern zu
verewigen, und aus deren Schriften man lernt, die Tugend sich anzueignen
und das Laster zu meiden, kann man schwerlich widersprechen, denn sie
überzeugen nicht durch logische Schlüsse, sondern durch Taten, und gegen
Taten auftreten zu wollen, wäre reiner Wahnsinn. Nimm also diese Aufga-
be auf dich, um so, falls das gegenwärtige Geschehen nicht nach Wunsch
endet, dem menschlichen Leben einen großen Dienst zu erweisen, indem du
den anderen hilfst und deinem eigenen Charakter treu bleibst.

Christodulos an Neilos

Ich habe deinen Brief gelesen, lieber Neilos, und fand deine Auffassung
lobenswert. Denn erfahren wollen, was in unserer Zeit den Kaisern der
Rhomäer widerfuhr, das heißt nach der Wahrheit trachten. Es kam nämlich
während dieser Zeit zu sonderbaren und merkwürdigen Ereignissen, die bei
früheren Kaisern ihresgleichen suchen und die ein hohes Maß an Irrationa-
lität aufweisen, sowohl was den rapiden Wechsel der Lage als auch was das
Leben und die Sitten der Menschen betrifft. Während nämlich in früheren
Zeiten eine allseitige Stabilität und Unbeweglichkeit und ein bewunderns-
werter Widerstand gegen Veränderungen das Leben kennzeichnete, befin-
den sich die Menschen unserer Zeit wie der Euripos3 / ständig in Bewegung·
und ist ihr Leben unstet. Auf der anderen Seite wird demjenigen, der die
Dinge sorgfältig verfolgt, der tiefe Sinn der Beschlüsse Gottes ersichtlich.
Aus diesen Gründen zögerte ich lange, ehe ich mich mit diesem Thema
befaßte, dachte an die Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit des Berichts. Da
jedoch nichts stärker ist als die Freundschaft und nichts einen besser dazu
überreden kann, sogar etwas zu versuchen, was die eigenen Kräfte über-
steigt, fühle auch ich mich von ihr bezwungen und beginne meine Darstel-
lung. Möge Gott, der Beschützer der Wahrheit, nicht von meinem Munde

16
10/11 ÜBERSETZUNG: VORWORT

das Wort der Wahrheit nehmen [Ps. 118,43]. Denn weder Abneigung noch
Zuneigung, wodurch zumeist die Unwahrheit erzeugt wird, haben mich
bewogen, diese Worte zu schreiben, sondern die Wahrheit, und ich wende
mich an einen Freund der Wahrheit. Hinzu kommt, daß ich den Bericht
dieser Ereignisse nicht von älteren Leuten, vom Hörensagen oder von Le-
genden, an denen nichts Wahres ist, übernommen habe - ein Verfahren,
das schon viele Geschichtsschreiber die Wahrheit verfehlen ließ -, sondern
darüber berichten werde als einer, der an allen Ereignissen selbst teilnahm
lind wie keiner sonst ihre wahren Gründe nach bestem Wissen ermittelt
hat. So werde ich denn vor allem anderen der Wahrheit den Vorzug geben.
Wenn du nun ein Liebhaber der Wahrheit bist und mich nichts davon
abbringen kann, mich während der ganzen Erzählung an die Wahrheit zu
halten, dann hast du, was du gewünscht hast. Es empfiehlt sich dabei, in
der Abfolge des Kaisergeschlechtes ein wenig zurückzugreifen, damit wir
wissen, wer von wem geboren wurde, und welcher Sohn welches Monar-
chen zum Kaiser gekrönt wurde, während die übrigen Söhne dem Gekrön-
ten unterstellt wurden. /
Kaiser Alexios [111.], mit dem Beinamen Angelos, gab seine Tochter
Theodoros Laskaris 4 zur Frau und machte ihn zu seinem Nachfolger. Die-
ser wiederum verheiratete, da er keinen männlichen Nachkommen hatte,
seine Tochter Irene mit Johannes [111. Dukas] Batatzes\ der aus einer füh-
renden Familie stammte, und machte den Schwiegersohn zum Kaiser. Von
Irene bekam Batatzes einen Sohn, Theodoros [11. Laskaris]6, und dieser
regierte ebenfalls als Kaiser der Rhomäer. Sohn des letzteren war Johannes
[IV. Laskarisf, mit welchem die Reihenfolge seines Kaisergeschlechtes en-
dete, indem die Kaiserwürde an Michael [VIII.] Palaiologos überging [1. I.
1259]. Dieser zeugte drei Söhne, Andronikos, der den Kaiserthron bestieg,
Konstantin 8 , den Purpurgeborenen, und Theodoros 9 , den dritten in der
Reihenfolge, sowie ebenso viele Töchter, Irene, Eudokia und Anna 10. Die-
ser Kaiser Andronikos [11. Palaiologos], der Sohn des Kaisers Michael,
verehelichte sich zweimal: In seiner ersten Ehe mit Anna, der Tochter des
Königs von Ungarn 1!, zeugte er zwei Söhne, Michael, der mit ihm zusam-
men als Mitkaiser regierte, und dessen Bruder Konstantin, welchem der
Titel eines Despotes verliehen wurde, da er nach dem Mitkaiser geboren
wurde und in jeder Hinsicht nur den zweiten Rang einnahm; in seiner
zweiten Ehe mit Irene, der Tochter des Herrschers über die Lombardei, des
Markgrafen von Montferrat 12', zeugte er drei Söhne, Johannes, Theodoros

17
ÜBERSETZUNG: VORWORT 11/12

13 1
und Demetrios, und eine Tochter, Simonis • Der Mitkaiser Michael 4, der
Sohn des erwähnten Kaisers Andronikos, verehelichte sich mit der Tochter
des Königs von Armenien, [Maria], und bekam von ihr zwei Söhne, den
(späteren) Kaiser / Andronikos und den Despotes Manuel, sowie zwei
Töchter, Anna und Theodora.
Was nun während der Regierungen der genannten Kaiser, seit der Zeit
des [Theodoros 1.] Laskaris bis zu der Zeit des zweiten Michael Palaiolo-
1
gos, des Mitkaisers, vor sich ging, haben viele 5, und das mit viel Eifer,
behandelt. Aus diesen Schriften könntest du dich, oder wer sonst es
wünscht, über den Ablauf der Ereignisse genau informieren, falls diese
Autoren nicht aus Gründen, die ich oben erörtert habe, der Wahrheit Leb-
wohl gesagt und ihren Bericht jeweils nach ihrer Beziehung zu den Ge-
schehnissen formuliert und dabei als hinreichenden Lohn ihrer Mühen das
Lob des Begünstigten oder die Schelte des Verhaßten ohne jegliche Rück-
sicht auf die Wahrheit gelten ließen. Seitdem aber der jüngere Michael
Palaiologos, der Mitkaiser, aus diesem Leben verschied [12. Oktober
1320], hat kaum jemand die Taten der Kaiser sowohl aus der Zeit des
Friedens als auch aus der des Krieges, den sie gegeneinander führten, be-
handelt; oder, falls jemand 16 es getan hat, dann hat er die Ereignisse nicht
in ihrem tatsächlichen Ablauf wiedergegeben, da er keine genaue Kenntnis
davon hatte, zumal sich vieles und Verschiedenartiges innerhalb kurzer
Zeit ereignete. Deshalb hast du gut dar an getan, dich von einem, der ein-
wandfreie Kenntnis der Ereignisse hat, informieren zu lassen; und ich wer-
de nun ohne Zögern mit der Darstellung der Geschehnisse beginnen und
dabei die Wahrheit allem voranstellen. /

18
13/14 ÜBERSETZUNG

BUCH I

1. Der genannte Kaiser Michael, der zusammen mit seinem Vater, dem
Kaiser Andronikos [11. Palaiologos] die Regierung ausübte und, wie wir
soeben berichtet haben, zwei Söhne und zwei Töchter hatte, gab nun die
eine Tochter, Anna, dem Despotes Thomas [Angelos] 17, Sohn des Despotes
Nikephoros und Herrscher von Akarnanien, zur Frau, während er die an-
dere, Theodora, mit Svetoslav [-Theodor]18, dem Zaren der Myser [Bulga-
ren] verheiratete. Seine Söhne, den Mitkaiser Andronikos und den Despo-
tes Manuel, vertraute er dem Kaiser, ihrem Großvater, an, damit sie bei
ihm eine kaiserliche Erziehung erhielten, während er selbst in den Osten
auszog, um den dortigen Untertanen des Kaiserreiches der Rhomäer, die
durch die Perser [Türken]19 in großer Bedrängnis waren, die bestmögliche
Hilfe zu bringen. Es dauerte nicht lange, und Michael kehrte nach Konstan-
tinopel zurück; von dort entsandte ihn sein Vater, der Kaiser, nach Adria-
nopel, wo er sich längere Zeit aufhielt. Dann begab er sich, wieder auf
Befehl seines Vaters, nach Thessalonike 20 . Während er dort verweilte, be-
kam er die Hiobsbotschaft, seine Tochter, die Gemahlin des Despotes Tho-
mas, sei gestorben. Kurz darauf kamen wieder Unglücks boten zu ihm mit
noch schlimmerer Nachricht: sein Sohn, der Despotes Manuel, sei gestor-
ben21 . Sei es, daß eine akute Krankheit, die bereits in ihm steckte, durch die
Flamme der Mutlosigkeit neu entfacht wurde, sei es, daß die maßlose Trau-
er selbst den Tod herbeiführte, acht Tage nach der Nachricht vom Tod /
seines Sohnes starb auch Michael in Thessalonike, im dreiundvierzigsten
Lebensjahr, im Jahre 6829 22 [a. D. 1320], am zwölften Oktober, am ersten
Tag der Woche. Nachdem dies sich so zugetragen hatte, wurde dem Kaiser
Andronikos, dem Vater des Verstorbenen, der Tod seines Sohnes und Mit-
kaisers gemeldet; er trauerte eine Weile um seinen Sohn, den Mitkaiser,
doch berührte der Tod des guten Sohnes die Tiefen seines Herzens nicht
[Eur. Hec. 242]. Danach erhob sich ein verderbenbringender Dämon stür-
misch und wild gegen das Glück der Rhomäer oder, genauer gesagt, Gott,
der Urheber aller Dinge, duldete dies, damit wir für unsere Sünden, die an
Menge und Größe das Maß überstiegen, bezahlten: Kaiser Andronikos
kam es in den Sinn, seinen Enkel, den jüngeren Andronikos, der bereits als
Mitkaiser eingesetzt war, seines Amtes zu entheben 23 und in den Stand

19
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 1 14116

eines Privatmannes zu versetzen, und zugleich den eigenen Sohn, den Des-
potes Konstantinos 24, mit der Würde des Mitkaisers zu ehren. Er entschloß
sich dazu nicht so sehr um des Konstantinos willen, sondern damit Kon-
stantinos' Sohn Michael, den jener mit einer Konkubine erzeugt hatte und
der nach der Mutter den Namen Katharos erhalten hatte, ordnungsgemäß
von seinem Vater die Kaiserwürde erbe. Dieser Michael stammte also von
einer unbedeutenden Mutter niederer Herkunft und hatte selbst keine be-
sonderen Fähigkeiten aufzuweisen. Er war nämlich weder von Natur stark
im Denken noch / hatte er eine Allgemeinbildung genossen. Er war auch
überhaupt nicht geübt, an militärischen Operationen teilzunehmen, und
hatte keinen Funken von dem, was junge Leute auszeichnet. Obwohl er nun
jeglicher Tugend entbehrte 25 , überkam den Kaiser die unwiderstehliche
Begierde, ihn zum Oberhaupt dieser glanzvollen Kaiserherrschaft über die
Rhomäer zu machen, die nur von einem scharfsinnigen Geiste ausgeübt
werden kann. Dies also war seine Absicht, und er fing sogleich an, sie in die
Tat umzusetzen; er ließ Michael vom Hause seiner Mutter holen und mach-
te ihn zu seinem Hausgenossen und Vertrauten. Der Junge saß immer
neben ihm, wurde sein ständiger Begleiter und genoß alle Ehren eines ech-
ten Sohnes des Kaisers. Wann immer Gesandte aus fremden Ländern emp-
fangen oder hohen Würdenträgern der Kirche und anderen weisen Män-
nern Audienzen gewährt wurden oder Gespräche stattfanden, die geeignet
schienen, den Zuhörer klüger zu machen, als er dies bis dahin war, der
Kaiser sorgte dafür, daß Michael anwesend war und zuhörte. Und wenn
Michael einmal bei einer Diskussionsveranstaltung des Kaisers zufällig
nicht anwesend war, entbot dieser viele Diener, um ihn zu holen, als ob er
damit eine wichtige Angelegenheit erledige. Dabei gab er als seine Absicht
an, er wolle den Jungen ehren und die Rhomäer dazu bringen, ihm als
kaiserlichem Enkel Achtung zu schenken, in Wirklichkeit aber wollte er ihn
in das höchste Amt, für das er ihn vorgesehen hatte, einführen und mit der
Erledigung der Regierungsgeschäfte vertraut machen. Trotz alle dem wies
der Kaiser Andronikos selbst später nach dem Abschluß der Verträge mit
seinem Enkel, dem Kaiser Andronikos dem Jüngeren, jede Schuld von sich
ab und behauptete, / die Sache mit Michael sei ohne Absicht und böse
Hintergedanken, sondern unbedacht und rein zufällig geschehen. Seine
Kaiserwürde und die Tatsache, daß er sein Leben lang die Wahrheit verehr-
te, wären Grund genug, dieser Behauptung Glauben zu schenken, wenn
nicht der Ausgang der Ereignisse ihren Anfang als keineswegs zufällig und

20
16/17 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 1-2

beiläufig, sondern als wohlbedacht und Ergebnis einer ungerechten Absicht


erwiesen hätte. Aber prüfen wir dies aus den Ereignissen selbst.
2. Es hatte sich bei den Rhomäern der Brauch eingebürgert 26 , daß, immer
wenn ein Kaiser aus dem Leben schied, alle Statthalter der Provinzen von
ihrem Amt entbunden wurden und zusammenkamen, um dem hinterbliebe-
nen Kaiser.:.... oder beiden Monarchen, falls es deren gab - den Treueid zu
leisten, wobei dieser nach Gutdünken über die Neuverteilung der vakanten
Ämter entschied. So verfügte auch damals nach dem Tode des Sohnes und
Mitkaisers Michael der Kaiser Andronikos, daß alle Beamten und Wür-
denträger des Reiches, die ein neues Amt bekleiden sollten, den regierenden
Kaisern den Treueid zu leisten hätten. Die Vereidigung ging diesmal aber
nicht nach den bislang üblichen Modalitäten vor sich. Zu Lebzeiten des
Mitkaisers Michael war es nämlich Brauch gewesen, wenn jemand diesen
Eid leisten mußte, zunächst die heiligen Namen, auf welche er vereidigt
wurde, zu nennen, dann den Treueid auf die Kaiser auszusprechen, zuerst
auf Andronikos, den Älteren und Vater der anderen Kaiser, und auf seine
Gemahlin, dann auf seinen Sohn / Michael und dessen Gemahlin, und
drittens auf den jüngeren Andronikos, den Sohn Michaels und Enkel des
älteren Andronikos. Dieser Brauch kam auf in der Zeit des ersten Palaiolo-
genkaisersMichael 27 • In früherer Zeit durfte man nicht dem Sohn des
Kaisers den Treueid leisten, und dieser durfte auch nicht die Kaiserinsignien
tragen, es sei denn, sein Vater war bereits aus dem Leben geschieden und
die Kaiserrnacht einwandfrei auf ihn übergegangen. Während nun zu Leb-
zeiten Michaels die Vereidigung in der oben beschriebenen Weise vollzogen
wurde, wurde nach seinem Tode verfügt, daß der Treueid nur dem älteren
Andronikos sowie demjenigen, den dieser zum Kaiser der Rhomäer ernen-
nen würde, geleistet werden durfte, wobei der Name des jüngeren Androni-
kos völlig außer acht gelassen wurde. Dies hat die Besonnenen unter den
Rhomäern betrübt, da sie bereits die künftige Zwietracht und den Zusam-
menstoß zwischen den beiden Kaisern sowie das daraus resultierende Ver-
derben für den rhomäischen Staat kommen sahen. Trotzdem leisteten alle
aus Angst vor dem Herrscher den Treueid, wie er ihnen diktiert wurde, bis
auf einen einzigen, der das Amt des Parakoimomenos innehatte, Androni-
kos Kantakuzenos 28 • Dieser hatte beizeiten seine Meinung frei ausgespro-
chen und behauptet, es sei eine offene Mißachtung Gottes, wenn er in
seinen Eid nicht auch den jüngeren Andronikos, den Mitkaiser mitein-
schlösse; denn in dieser Weise sei man auch früher vereidigt worden. So

21
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 2 17/19

sahen die mit der Vereidigung Beauftragten den Einspruch des Mannes als
gerechtfertigt an und erlaubten ihm, obgleich wider Willen, den / Eid nach
der früheren Formel zu sprechen. Der Großvater und Kaiser wurde von
seinen Leuten über den Vorfall in Kenntnis gesetzt und fand die Freimütig-
keit des Mannes zwar schwer erträglich, ließ sie sich jedoch gefallen und
traf keine Maßnahmen gegen ihn, damit keine Unruhe daraus entstehe. Als
der jüngere Andronikos von diesen Geschehnissen erfuhr, fühlte er sich in
seiner Seele tief getroffen, weil er wohl verstand, daß diese Vorkommnisse
den Anfang seiner Vernichtung bedeuteten, ertrug jedoch schweigend den
Kummer, das Herz verzehrend, wie Homer sagt [Od. 9,75], da er nicht den
Eindruck entstehen lassen wollte, daß er sich auch nur mit Worten dem
Großvater und Kaiser gegenüber erdreiste. Während nun der Enkel sich in
Schweigen hüllte, kam ein Mann zu ihm, der auf seine vornehme Abstam-
mung stolz war - denn seine Vorfahren mütterlicherseits waren kaiserli-
chen Geblüts, während sein Vater einer der vornehmsten Kumanen war,
die zum Kaiser Uohannes III. Dukas] Batatzes [1222-1254] nach dessen
Aufstieg auf den Thron des Rhomäerreiches übergelaufen waren; Sytzigan
hieß er in seiner Muttersprache, von dem Mann aber, der bei der heiligen
Taufe sein Pate war, bekam er den Beinamen Syrgiannes. Der Sohn also
dieses Syrgiannes, ebenfalls Syrgiannes 29 genannt, kam nachts zum jünge-
ren Kaiser und sagte zu ihm 30 : «Mein Kaiser, du hast sicherlich von diesen
neuartigen Schikanen gehört und, da du besonnen bist, mußt du auch an
die Folgen dieser Geschichte gedacht haben, wie sie der Anfang vermuten
läßt. Man kann nämlich nicht behaupten, dein Großvater, der Kaiser, habe
aus Unverstand oder Unerfahrenheit solches getan. Denn die vergangene
Zeit bezeugt ihm sowohl erhebliche Erfahrung als auch ein großes Maß an
Einsicht. / Wenn er also nicht vorher klargemacht hätte, wen er bald mit
dem Schmucke des Purpurs zieren werde, hätte er ihn dir nicht so offen
entzogen; denn dies bedeutet meines Erachtens die Streichung deines Na-·
mens aus der Eidesformel und seine Ersetzung durch einen anderen, nach
seinem Belieben gewählten. Du mußt dich also über die ganze Angelegen-
heit vernünftig beraten, denn es geht nicht um kleine und wertlose Dinge,
sondern darum, entweder in Ehren zu leben oder ruhmvoll zu sterben.
Meinerseits werde ich entschlossen alle deine Befehle ausführen und bereit
sein, nicht nur mein Hab und Gut, sondern auch mein Leben für deine Ehre
zu opfern 31 .» Bei diesen Worten sagte der Mitkaiser: «Für deine Freund-
schaft zu mir und deine Bereitwilligkeit bin ich dir zu großem Dank ver-

22
19/21 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 2-3

pflichtet; da aber der Großdomestikos Johannes Kantakuzenos sowohl mit


dir Kontakt pflegt und äußerst freundschaftlich verkehrt als auch mit mir
durch unzerbrechliche Bande der Freundschaft verbunden ist - einer
Freundschaft, die im frühen Kindesalter angefangen hat und bis zum heuti-
gen Tage weitergediehen ist und eine derartige Innigkeit erreicht hat, daß
sie den Eindruck erweckt, als bewege meine Seele seinen Körper und rühre
seine Seele sich in mir und tue und sage alles, was ich will, und als seien
gewissermaßen beide Seelen in eine verschmolzen und setzten beide Körper
in Bewegung 32 ; da wir also beide so zusammengewachsen sind, halte ich es
nicht für tragbar, für mich allein eine Entscheidung über mich zu treffen,
auch wenn ich mich dadurch in höchste Gefahr begeben sollte. Da du jetzt
nach Thrakien reist, um sein Nachfolger im Amt zu werden, werde ich dir
einen eigenhändig geschriebenen Brief / geben, den du ihm aushändigst, da-
mit er sich vertrauensvoll - sonst würde er es nie wagen - in ein Gespräch
mit dir einläßt. Und nachdem ihr euch getroffen und miteinander über die
Angelegenheit beraten habt, werde auch ich billigen, was euch zweckmäßig
und nützlich erscheint. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, daß, falls
nicht die göttliche Vorsehung eurer Erkenntnis entgegensteht, er das Gute
und Vorteilhafte und Nutzbringende keineswegs verfehlen wird, sowohl
wegen seines Scharfsinns als auch wegen seiner politischen Erfahrung und
seiner innigen Freundschaft und Verbindung mit mir.» Nach dieser Unter-
redung empfing Syrgiannes den Brief vom Mitkaiser und machte sich auf
den Weg nach Thrakien. Dort traf er sich mit dem Großdomestikos und,
nachdem er ihm über die Ereignisse berichtet und den Brief des Mitkaisers
ausgehändigt hatte, berieten sie sich während der folgenden zwei oder drei
Tage über die Lage. Dabei wurden verschiedenartige und vielseitige Aspek-
te untersucht, da es um eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit ging,
und sie brachten beide ihre Ansichten ausführlich zum Ausdruck - beide
waren ja zwei der besten unter den Rhomäern in bezug auf Einsicht und
strategische Erfahrung. Schließlich sprach der Großdomestikos folgender-
maßen 33 :
3. «Ich hätte viel darum gegeben, bester Freund, sogar ein gut Teil mei-
nes Lebens, daß wir uns jetzt nicht über solche Angelegenheiten zu beraten
brauchten, die, wie immer sie ausgehen, eine höchste Gefahr heraufbe-
schwören. Wenn man sich nämlich über anderes berät, kann man durch
Überlegung voraussehen, daß, wenn die Sache in der einen Weise verläuft,
es zu einem guten Ende kommt, / auf die andere Weise hingegen zu einem

23
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 3 21/22

schlechten, während in unserem jetzigen Fall, wenn das Schlechtere die


Oberhand gewinnt, wir das Leben verlieren werden, wenn aber das den
Sieg davonträgt, was uns als das Bessere erscheint, wir ein Übermaß an
Unglück erwarten müssen. Da nämlich unser Kaiser für seinen Enkel und
Mitkaiser solche Gedanken hegt, müssen wir uns für den Fall, daß seine
Pläne zum Ziel kommen, auf das Schlimmste gefaßt machen. Denn es geht
dabei um einen Mann, der viele andere aufwiegt, der an Einsicht den Besten
den Sieg streitig macht und an Seelenstärke die anderen bei weitem über-
trifft, der wegen seines Freimutes und seiner natürlichen Gaben sich als
geeignet für ein Amt von dieser Bedeutung erweist, der die Regeln der
Freundschaft kennt und respektiert, kurz einen Mann, der in jeder Hinsicht
als ein Idealbild der menschlichen Natur anzusehen ist. Dieser Mann wird
nun in Abwesenheit der schlimmsten Vergehen für schuldig befunden und
muß entweder ein Leben fristen, das schlimmer als jeder Tod ist, (er, der bis
gestern als Kaiser geachtet und geehrt wurde, muß sich heute Schmähungen
und Beschimpfungen gefallen lassen und wird wie einer vom Pöbel und
Straßengesindel angesehen) oder er muß jeder Vernunft und jedem Recht
zum Trotz sterben. Wenn es ihm aber auf irgendeine Weise gelingen sollte,
dieser Gefahr zu entrinnen, dann werden wir einen tragischen Dichter
brauchen, der das Unheil beklagt, das die Rhomäer einander antun werden.
Wer begreift nicht, und wäre er empfindungsloser als die leblosen Dinge,
daß, wenn die Kaiser sich entzweien, ihr Kaiserreich sich notwendigerweise
mitentzweit und es zu Zusammenstößen zwischen den beiden Parteien
kommen muß, wobei man sich wie in einer nächtlichen Schlacht aufeinan-
der stürzen und am Blut der Freunde und Verwandten / sättigen wird? Ich
lasse beiseite die Plünderungen und materiellen Zerstörungen, von denen
unsere Heimat dann heimgesucht würde wie ein feindliches Land. Was soll
man also angesichts einer solchen Woge drohenden Unheils beschließen?
Den jungen Mitkaiser einfach ignorieren, obwohl er ohne jeglichen Grund
verfolgt und seiner Kaiserrechte beraubt wird und vielleicht noch in Le-
bensgefahr schwebt, dies wäre für mich keineswegs ein kleineres Übel als
der Tod. Auf der anderen Seite kriegs bereit erscheinen, bevor die richtige
Zeit dafür da ist, und bei den Unbeteiligten den Eindruck erwecken, wir
spornten gezielt den Mitkaiser zum Abfall von seinem Großvater und Kai-
ser an, dies erscheint mir als der Gipfel der Torheit. Obwohl ich ihn näm-
lich übermäßig liebe und, wie du sogar siehst, bereit bin, mein Leben für
ihn zu opfern, so bin ich doch weit davon entfernt, ihn zum Abfall von

24
22/24 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 3-4

seinem Großvater und Kaiser anzuspornen, so daß ich, dessen kannst du


sicher sein, niemals mit ihm zusammengearbeitet hätte, wenn ich festge-
stellt hätte, daß er sich aus Habgier und Raublust bemüht, den Kaiser
seiner Herrschaft zu berauben; andernfalls wäre ich ein zweiter Ahitophel,
jener ein zweiter Absalom [2 Reg. 15,12]34. Da wir nun in eine solche Not
geraten sind, müssen wir meines Erachtens unter Vermeidung beider Extre-
me einen Mittelweg wählen und uns weder völlig nachlässig und leichtsin-
nig verhalten, als ob wir nichts Schlimmes zu erwarten hätten, noch ande-
rerseits einfach unbesonnen und dreist nach unserem scheinbaren Vorteil
handeln. Dies aber könnten wir erreichen, wenn wir nach Kräften / die
erwartete Flamme der Versuchungen löschten, indem wir mit Besonnenheit
und Einsicht vorgehen. Den jungen Mitkaiser müssen wir in Sicherheit
bringen, so daß er sich von keiner Gefahr bedroht fühlt, falls das Meer in
Bewegung gerät und die Gischt überschäumt. Wenn nun Gott unsere eige-
nen Sünden sowie die aller Rhomäer übersieht und von oben die erwartete
Flamme der Versuchung löscht, indem er das Herz des Kaisers gegenüber
dem jungen- Mitkaiser zurechtrückt, dann müssen wir ihm für unsere
Rettung vor Unglück miseren innigen Dank aussprechen; wenn aber, was-
Gott verhüte, das Herz des Kaisers sich verhärtet und er Verderben gegen
den Enkel ersinnt, damit die Rhomäer viel Leid erführen, dann werden wir
den jungen Mitkaiser in die zuvor bereitete Sicherheit bringen und so zum
Handeln übergehen, wobei wir Gott zum Zeugen für das Unrecht und zum
Prüfer unserer Taten einsetzen.»
4. So sprach der Großdomestikos, und Syrgiannes erwiderte, daß alles in
seinem Sinne gesprochen sei und er es richtig finde und einverstanden sei;
nur einer Kleinigkeit bedürfe es noch, um die Diskussion zu Ende zu brin-
gen; man müsse noch überlegen, wie und wo der Mitkaiser in Sicherheit zu
bringen sei. Nachdem sie sich auch darüber beraten hatten, beschlossen sie,
den jungen Mitkaiser vor die Wahl zu stellen, sich entweder nach Adria-
nopel35 zu begeben, da dies eine große und volkreiche Stadt sei, welche über
eine beachtliche Garnison verfüge, die ebenda stationiert war -, im übrigen
habe sich sein Vater, der Mitkaiser Michael, dort lange Zeit aufgehalten
und viele Anhänger / und Freunde in der Stadt gewonnen, die jetzt gern
bereit seien, einiges für seinen Sohn zu riskieren - oder, falls er diese Lö-
sung ablehne, in der Befürchtung, daß sein Großvater dadurch übermäßig
aufgereizt und eher zum Krieg als zur Versöhnung bereit sein werde und
dann leicht mehrere Armeen gegen den Enkel entsenden könne, da Kon-

25
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 4 24/25

stantinopel in der Nähe sei, in diesem Falle also sich in die Festung von
Christupolis 36 zu begeben, die erstens wegen der Natur des Ortes und
ihrer Mauern sicher sei, und zweitens eine Art Schlüsselposition zwischen
beiden Landstrichen einnehme, indem sie das westliche Armeekontingent,
das stark sei und über große Gefechtserfahrung verfüge, von dem östlichen
und dem thrakischen trenne, drittens aber an der Küste liege und eine rasche
Hilfeleistung aus allen Meeresrichtungen ermögliche. Nachdem sie damit
ihre Beratung beendet und sich verabschiedet hatten, blieb der eine in
Thrakien, um seine Statthalterpflichten weiter zu erfüllen, während der
Großdomestikos 37 Kantakuzenos den Weg nach Konstantinopel einschlug
und unterwegs seine Gattin in Kalliupolis 38 zurückließ; denn in dieser Stadt
verbrachte er den größten Teil seiner Zeit, einerseits, weil sie günstig gele-
gen war, um die Angriffe der Barbaren abzuwehren, andererseits, weil die
ganze Seestreitmacht, eine Menge Kriegsschiffe samt ihren Besatzungen,
hier stationiert war und die Einheimischen Raubüberfälle und andere Ge-
walttätigkeiten zu erleiden hatten, falls niemand da war, den Matrosen
Angst einzujagen und sie zurückzuhalten; oenn die Zuchtlosigkeit der See-
leute, hat jemand gesagt [Eur. Hec. 607f.], ist schlimmer als das Feuer 39 . Er
ließ also die Frau 40 dort unter dem Vorwand, daß er nicht den ganzen
weiblichen Hofstaat mitschleppen könne, in Wahrheit aber wollte er / einen
passenden Vorwand haben, falls er sich wieder mit Syrgiannes treffen und
beraten müsse.
Als er nun nach Konstantinopel kam, meldete er sich beim jungen Mit-
kaiser und berichtete ihm über die Beratung; zugleich machte er ihn mit
Apokaukos 41 bekannt, einem im öffentlichen Dienst beschäftigten Mann
(er war damals mit dem Absatz des staatlichen Salzes beauftragt), aus
unbedeutender Familie, der ansonsten aber scharf zu denken und Situatio-
nen zu erfassen und zu meistern verstand - dabei tat er dem Syrgiannes
einen großen Gefallen, der den Großdomestikos darum inbrünstig gebeten
hatte. In allem dem hatte er den Beifall und das Einverständnis des Mitkai-
sers, der zu dem bereits Beschlossenen folgendes hinzufügte: «Daß wir
zunächst an unsere Sicherheit denken, damit wir dem kommenden Übel
vorbeugen können, beurteile ich als äußerst vorteilhaft und notwendig.
Deshalb müssen wir jetzt auch versuchen, dieses Vorhaben vor jedem ande-
ren zu Ende zu bringen. Auf der anderen Seite dürfen wir uns an Edelmut
und Geduld keineswegs kleinlich zeigen, sondern müssen bis zum äußersten
Höhepunkt der Gefahren in den bisherigen Verhältnissen ausharren. Sol1-
25/27 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 4-5

ten wir dabei die Früchte unserer Geduld ernten, indem der Kaiser seine
Meinung ändert und die Pläne, die er gegen uns schmiedet, aufgibt, wäre in
jeder Beziehung alles sehr schön; andernfalls wird man uns wenigstens dies
nicht abstreiten können, daß wir uns nicht aus Anmaßung und Dreistigkeit
oder aus Habsucht und aus Herrschsucht gegen den Großvater und Kaiser
auflehnen, sondern weil uns Unrecht getan wurde und erst / nachdem wir
alles auf uns genommen haben, um der sichtbaren Gefahr zu entgehen.» So
sprach der junge Mitkaiser.
. 5. Der alte Kaiser jedoch, dessen Herz jetzt um so mehr von Haß gegen
den Enkel erfüllt war, schickte ihm durch ein Mitglied des Senats folgende
Botschaft: «Du erinnerst dich, wie du mich vor einiger Zeit gebeten hast,
das Kaiseramt ablegen und als gewöhnlicher Untertan weiterleben zu dür-
fen. Damals hatte ich dir die gebührende Antwort gegeben; jetzt aber,
nachdem ich mir die Sache überlegt habe, finde ich deinen Wunsch richtig
und bin einverstanden und möchte dir dies hiermit mitteilen. Mein Nach-
folger in der Kaiserwürde wird dir an erster Stelle seine Ehrerbietung und
Liebe erweisen42 • Er wird zwar nicht vom Thron aufstehen, wenn du zu
ihm kommst, weil es nicht üblich ist, daß der Kaiser sich vor Untertanen
erhebt; bei deinen Besuchen bei ihm wirst du ihn jedoch immer stehend
vorfinden,und so wird dir Ehre erwiesen und zugleich das Recht des Kaisers
gewahrt werden. Dies ist unser Beschluß; er sei dir zur Kenntnis mitgeteilt.»
Was der junge Andronikos darauf geantwortet hat, werde ich bald erzäh-
len; jetzt aber lohnt es sich vielleicht zu berichten, was den Kaiser zu diesen
Worten veranlaßte. Der junge Andronikos hielt sich, als er einundzwanzig
Jahre alt war, die ganze Zeit in der Gegend von Konstantinopel auf, da es
ihm nicht erlaubt war, sich von dort zu entfernen 43 • Da er vor jugendlicher
Kraft strotzte und von Natur aus leidenschaftlich und nicht zu zähmen war,
fühlte er sich unterdrückt, weil-es ihm verboten war, größere Reisen zu
unternehmen, und so kam er sich keineswegs besser vor als diejenigen, die
im Gefängnis bewacht wurden; trotzdem ließ er sich all dies gefallen, da er
notgedrungen den Befehlen des Großvaters und Kaisers gehorchen mußte.
Aus den ihm gebotenen Möglichkeiten verschaffte er sich jedoch einen
gewissen Trost, / indem er sich mit der Jagd oder mit Pferderennen beschäf-
tigte, und zwar so, daß er dabei den Eindruck erweckte, nicht einmal Zeit
zum Schlafen zu haben wegen dieser Beschäftigungen. Darüber ärgerte sich
sein Großvater und Kaiser übermäßig und schalt und verspottete den jun-
gen Mann mit beschämenden Ausdrücken nicht nur unter vier Augen,

27
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 5-6 27/28

sondern auch in Anwesenheit von Senatsmitgliedern und Verwandten. Dies


alles weckte Unmut in der Seele des jungen Mannes, der zusehen mußte,
wie er vor aller Augen beschimpft wurde. Was ihn am meisten bedrückte,
war der Umstand, daß der Kaiser vor den Anwesenden den angeblich ver-
derbten Charakter des Enkels beschwor, indem er sagte: «Sollte dieser sich
für irgendetwas Notwendiges nützlich erweisen, dann verdiene ich, gestei-
nigt zu werden, falls ich noch lebe, oder ausgegraben und dem Feuer über-
geben zu werden, falls ich gestorben bin.»
Inmitten solcher Verhöhnungen kam es einmal zu folgendem Vorfall:
Der junge Mitkaiser war gekommen, um seinem Großvater die übliche Ehr-
erbietung44 zu erweisen. Als er gerade durch die Tür in das kleine Gemach
eintreten wollte, wo sich gewöhnlich der Kaiser aufhielt, stieß zufällig der
kostbare Stein seines Diadems an das obere Türgesims, das aus Marmor
war. Daraufhin regte sich der Kaiser erheblich auf und konnte nicht in
Schweigen verharren. «Siehst du», sagte er mit lauter Stimme, «was ich
immer sagte, hat auch Gott von oben bezeugt: er hat dich als unwürdig des
Thrones beurteilt und ließ zu, daß das Symbol der Kaiserherrschaft auf den
Marmor stieß» 45. Dieses Wort / traf schärfer als jedes Geschoß den jungen
Mann tief ins Herz und verletzte ihn; er ging nach Hause und lag da schwer
stöhnend [Horn. 11. 8,334], seine Seele rang nach Luft, um mit dem Dichter
zu sprechen.
6. Bald erholte er sich jedoch von seiner großen Mutlosigkeit undentschloß
sich, eine Botschaft an den Großvater und Kaiser zu schicken, einerseits um
seinen Zorn zu besänftigen und ihn gnädiger zu stimmen, andererseits um
den Grund zu erforschen, warum der Kaiser so feindlich gegen ihn handle.
Er schickte also einen Mann zu ihm, namens Joseph 46 , der ob seiner Tu-
gend und seiner Frömmigkeit46a berühmt war und dessen Name in aller
Munde war; dieser Joseph hatte alles unternommen, was in seiner Macht
stand, sein Licht unter den Scheffel zu setzen [Matth. 5,15], erreichte es
jedoch nicht, da das Wort des Herrn seine Geltung auf jeden Fall behalten
sollte, sondern errang solche Berühmtheit, daß er nach gemeinsamem Be-
schluß des Kaisers, der heiligen Synode und des gesamten Senats des kirch-
lichen Throns des neuen Roms [d.i.Kp!.] für würdig befunden wurde, ob-
wohl er wegen seiner angeborenen äußersten Bescheidenheit und Demut
diese Würde ablehnte, erschrocken vor der Höhe des Throns und der Grö-
ße dieser Stellung. Durch diesert Gesandten teilte er dem Großvater und
Kaiser folgendes mit:

28
28/30 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 6

«Da alle Eltern von einer eingeborenen Liebe zu ihren Nachkommen


durchdrungen sind, ist es nur verständlich, daß sie auch die Fehler ihrer
Kinder verdecken wollen. Wenn nun jemand mit vielen wunderbaren Wor-
ten sein Kind lobt, dann erweckt er sogleich bei den Zuhörern den Ver-
dacht, daß sein Kind keineswegs so sei, wie er es beschreibt, sondern bei
weitem hinter dem Lobe zurücksteht und der Vater sich durch seine Zunei-
gung / zu ihm getäuscht hat; wenn der Vater jedoch auch nur mit einem
geringen Tadel das Kind trifft, dann ist man im Gegenteil geneigt, diesen
Tadel zu vervielfältigen, indem man sich auf dieselben Gründe beruft.
Wenn aber du, der Vater, gegen mich, den Sohn, in so heftigen Zorn gerätst
und mich Tag für Tag mit vielerlei Schmähungen und Beschimpfungen
überhäufst; wenn du, was mich am meisten drückt und was ich weder zu
hören noch auszusprechen vermag, gegen dich selbst die schlimmsten Ver-
wünschungen des öfteren herbeiwünschst für den Fall, daß ich mich zu
irgendeiner nützlichen Tätigkeit begabt zeige; wenn du, was noch bitterer
als der Tod ist, sogar unbedeutende Ereignisse, die sich durch Zufall erge-
ben, als göttliche Zeichen deutest und Offenbarungen des göttlichen Wil-
lens, der mich für des Thrones unwürdig erklärt, gibt es dann überhaupt
einen Rhomäer, der beim Anhören solcher Anschuldigungen nicht denken
wird, daß dem Velter ein ganzes Meer von Lastern von mir bekannt sei
und daß nur ein kleiner Teil davon herausgekommen sei als Probe einer
Menge verborgener Übeltaten, die sogar dir, dem Vater, unerträglich seien?
Denn auch wenn du mich bewundert und großes Lob auf mich ausgebracht
und mich über Gebühr herausgestellt hättest, dann hätten sie gewiß das
Lob beargwöhnt und deiner Zuneigung zu dem Sohne zugeschrieben. Das ist,
was mich betrübt und mir das Leben freudloser macht als den Tod. Daß ich
Fehler mache, gebe ich zu, und daß ich dafür Schläge und Peitschenhiebe
verdiene, und es wäre für mich die größte aller Wohltaten, wenn du, der
Vater, mich heimlich / wegen meiner Fehltritte gepeitscht hättest; daß du
dich aber von deinem Zorn dazu hinreißen läßt, mich sogar in Anwesenheit
vieler anderer zu beschimpfen, das ist, was mich weit ärger kränkt. Wenn
nun Gott gnädig auf meine Sünden blickt und dich veranlaßt, sanftmütiger
mir gegenüber zu sein und mich wie einen Sohn zu behandeln, wäre dies der
beste Ausgang; sollte es aber auch in der Zukunft so weitergehen, wie
bisher, dann proklamiere einen anderen zum Mitkaiser, wen immer du gut
und brauchbar finden magst.»
Diese Botschaft überbrachte ]oseph vom Mitkaiser Andronikos an sei-

29
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 6 30/31

nen Großvater und Kaiser; er sprach auch von sich aus viele Worte des
Lobs für den jungen Mitkaiser und tadelte in gewisser Weise sanftmütig
den Kaiser, weil er barscher, als es sich gehöre, mit dem jungen Mann
umgehe. Der Kaiser antwortete mit folgender Botschaft an den jungen
Andronikos:
«Während alle anderen Väter ihre Söhne erst bei der Geburt zu lieben
anfangen und ihre Liebe stärker wird, je größer jene werden, habe ich dich
inbrünstig geliebt, noch ehe du ans Licht gekommen bist, und kann viele
Zeugen für diese meine Liebe anführen, Leute, die für ihre tugendhafte und
gottesfürchtige Lebensführung bekannt sind. Es gibt nämlich keinen unter
diesen Menschen, den ich nicht mehrfach inständig gebeten hätte, häufig
und inbrünstig deinetwegen zu Gott zu beten, daß bei deiner Geburt kein
Unglück geschehen möge und daß du, nachdem du geboren wärest, dich in
jeder Hinsicht vortrefflich und der vielen Gebete würdig zeigen mögest.
Auch ich selbst habe oft - in zerknirschter Haltung, wie ich zugebe, weil ich
mir wegen meines verderbten Lebens keine Hoffnung machen durfte - /
Gott unter Tränen gebeten, daß du gesund geboren werden und nach der
Geburt dich als meiner Gebete würdig zeigen mögest. Wenn ich dich also,
während du noch in den Gemächern deiner Mutter lebtest, so über jedes
Maß liebte, wie wäre es denkbar, daß ich dich jetzt, nachdem du ein Mann
geworden bist, hasse und verstoße? Dies zu behaupten, ist wider alle Ver-
nunft. Daß ich dich manchmal barscher zurechtweise und durch beißende
Worte schelte, das darf man nicht als Zeichen des Hasses, sondern eher als
Zeichen höchster Liebe und Besorgtheit, die dem Vater geziemen, welcher
möchte, daß sein Sohn in allem der beste ist, verstehen, vor allem wenn du
bald mit der Verantwortung eines so hohen Amtes betraut werden sollst.
Denn bei einem, der an die Spitze gestellt ist, wird auch der kleinste Verstoß
in den Augen der vernünftigen Menschen als das größte Vergehen erschei-
nen, da jener für alle als Muster alles Edlen gilt und aus diesem Grunde nur
Glanz ausstrahlen darf.»
Nach solch versöhnlichen und freundlichen Botschaften übersandte auch
der junge Mann eine liebenswürdigere Danksagung an den Kaiser, und für
die nächsten zwei Jahre 47 ließ die Verstimmung nach, da der Kaiser sich
dem Enkel gegenüber wohlgesinnter zeigte; und wenn er ihn einmal tadeln
mußte, tat er es in angemessener Weise, so daß der junge Mann ihm dank-
bar war, da er dadurch zur Besonnenheit ermahnt wurde. Das war jedoch
in der Zeit, als der Mitkaiser Michael noch am Leben war; nachdem er aber

30
31/33 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 6-7

gestorben war, verfeindete sich der Kaiser mit dem Enkel sowohl aus ande-
ren Gründen als auch, weil er sich jenes Bescheids erinnerte, den der jünge-
re Andronikos, wie etwas weiter oben berichtet, durch die übermäßigen
Schelten gekränkt, an den Großvater gesandt hatte: «Solltest du mir gegen-
über deine Haltung ändern,so ist es gut; verharrst du aber in deiner Ver-
bitterung, dann laß einen beliebigen anderen zum Kaiser proklamieren»;
nunmehr antwortete ihm der Kaiser: «Deiner Bitte von früher wird jetzt
stattgegeben, und statt deiner wird ein anderer zum Kaiser proklamiert,
welcher dir größte Reverenz erweisen wird.» Auf diese Botschaft antworte-
te der jüngere Andronikos folgenderweise:
7. «Wenn Zorn, Kummer, oder etwas Ähnliches die Gedanken der Men-
schen verwirren, hat dies zur Folge, daß ihr Gedächtnis während der Zeit
der Verwirrung weder ihre Worte noch ihre Taten behält. Wenn sie näm-
lich nicht einmal für kurze Zeit spüren, was sie tun, dann werden sie sich zu
einem späteren Zeitpunkt schwerlich an ihre Worte erinnern können. Die-
jenigen jedoch, die durch Worte oder Taten von jemandem Gutes erfahren,
bewahren die Erinnerung an die Wohltaten auch über viele Jahre hinweg.
Denn die Seele ist in solchen Situationen sanft gestimmt und ruhig und
nimmt die Wohltaten mit Freude entgegen, so daß sowohl Taten als auch
Worte ins Gedächtnis wie in Erz gemeißelt werden. So ist es auch mir
gegangen, 0 Kaiser: Was ich gesagt habe, als ich mich ärgerte, habe ich
völlig vergessen; was ich aber hörte, als ich deine Wohltaten erfuhr, trage
ich im Gedächtnis so lebendig und frisch, daß ich es erst kürzlich 47a gehört
zu haben meine. Ich hatte angenommen, daß es dir auch so gehe und daß
du die Worte, die du im Zorn gesprochen hattest, schnell vergessen, deine
Wohltaten aber fest in Erinnerung bewahrt hast. Jetzt stelle ich aber fest,
daß gen au das Gegenteil der Fall ist; denn während du meine versöhnlichen
Worte des Friedens gänzlich dem Schlund der Vergessenheit hast anheim-
fallen lassen, / bringst du wieder zur Sprache, was ich aus unermeßlichem
Kummer ausgesprochen habe. Daß ich es gesagt habe, kam mir wieder in
den Sinn, als du mich daran erinnertest; ich habe es jedoch nicht so ausge-
drückt, als ob ich die Kaiserwürde als etwas Schändliches zurückwiese. Ich
hätte nämlich den Verstand völlig verloren und an Undankbarkeit jedes
Maß übertroffen, wenn ich das, was Gott, der König der Könige, und du,
mein Gebieter und Vater, mir als Gipfel aller Wohltätigkeit geschenkt ha-
ben, leichtsinnig und töricht als etwas Unnützes beiseite gestoßen hätte.
Aber jene meine Worte kamen aus einem verletzten und verwirrten Herzen,

31
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 7 33/34

da ich glaubte, daß der übergroße Schmerz und die überströmende Bitter-
keit in der Stimme des Sohnes das Herz des Vaters zum Mitleid stimmen
würde. Das verlief in der Tat nach meinem Wunsch, und ich habe bisher in
reichem Maße das väterliche Wohlwollen genossen. Wenn nun jemand
mich, überführt, todeswürdige Vergehen begangen zu haben, werde ich
keineswegs darum bitten, dem verdienten Tode zu entrinnen; wenn es je-
doch um solche Vorwürfe geht, die der Zurechtweisung und der väterlichen
Züchtigung heischen, dann wirst du die einen verzeihen, wie du selbst Tag
für Tag beim himmlischen König, der uns alle an Kindes Statt angenommen
hat, für deine Vergehen um Verzeihung bittest, für die anderen aber wirst
du mir eine angemessene Strafe auferlegen, diese verhaßten Worte jedoch,
die mehr als jede Last drücken, von mir fernhalten. »
Nachdem also der jüngere Andronikos seinem Großvater solches geant-
wortet hatte, erwiderte dieser zu seiner Verteidigung überhaupt nichts,
doch ließ sein Schweigen und sein Verhalten tiefen Groll / gegenüber dem
Enkel erkennen. Als nun der Großdomestikos aus Thrakien kam und vom
jungen Kaiser das Geschehene erfuhr, staunte er sehr über die Bosheiten,
die sich der menschlichen Natur bemächtigen, und verfluchte die Ungerech-
tigkeit, die denjenigen, die sie einmal in ihre Gewalt gebracht, Waffen sogar
gegen das eigene Blut in die Hand gibt. «Mächtiger Kaiser», sagte er, «die
Ereignisse selbst machen deutlich, daß das Übel unheilbar i~t. Was nun
meine Treue betrifft und meine Freundschaft zu dir, die keine Hintergedan-
ken kennt, so kann davon die vergangene Zeit Zeugnis ablegen, wie sie
unsere Jugend begleiteten und sozusagen zugleich mit unseren Körpern wuch-
sen; deshalb, so glaube ich, bedürfen wir keiner langen Reden, da wir
miteinander befreundet sind. Aber auch die Zukunft wird diese Freund-
schaft in gleicher Weise bestätigen, da sie, wie ich voraussehe, äußerst
treuer Freunde bedarf. Hätte ich beobachtet, daß du dich in deinen Bezie-
hungen zum Großvater durch Bosheit und Frechheit leiten läßt und danach·
trachtest, ihn der Herrschaft zu berauben und dich zum Alleinherrscher zu
machen, dann, das versichere ich dir, hätte ich mich trotz meiner innigen
Freundschaft zu dir niemals mit dir an einer derart verwerflichen Handlung
beteiligt. Da ich aber feststelle, daß ohne jeglichen Grund so schlimme Bos-
heit gegen dich erwächst, welche, wenn Gott nicht von oben eingreift, gewiß
nicht von ungefähr einen unermeßlichen Wuchs erreichen wird, riskiere ich
dir zuliebe gerne nicht nur Geld, Besitz, Diener, Freunde, sondern auch mein
eigenes Leben, auf daß du damit nach deinem Gutdünken verfährst.»

32
34/36 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 7-8

Für diese Erklärung brachte der Mitkaiser dem Großdomestikos seinen


tiefen Dank zum Ausdruck und fügte hinzu: «Die Zeit, die alles stumpf
macht und allmählich zum / Verschwinden bringt, muß angesichts unserer
Freundschaft, die immer stärker und kraftvoller wird, unterliegen. »Er ver-
glich dann diese Freundschaft mit einem Baum, dessen Zweige immer voll
von Früchten sind und dessen Ernte jedes Jahr die des vergangenen über-
trifft. Daraufhin machten sich die beiden an die Beratung der gegenwärti-
gen Lage. Das Allerwichtigste schien ihnen die Auswahl der Festung, die sie
bei einer künftigen Verfolgung aufnehmen würde und die an einem günsti-
gen Ort liegen und sowohl die Verteidigung der Verfolgten als auch leichte
Ausfälle gegen die Angreifer ermöglichen sollte. Sie beschlossen deshalb,
die nach Hadrian benannte Stadt [Adrianopel] im Odryserland48 [Thra-
kien] auszuwählen, wofür viele triftige Gründe sprachen. Da sie jedoch
befürchteten, bei einer sofortigen Verfolgung durch das Heer, das dem
Kaiser einsatzbereit zur Verfügung stand, ohne daß eine Gegenwehr gegen
die Angreifer möglich war, gefangen genommen zu werden, zumal der Weg
bis dorthin einen Marsch von weniger als zwei bis drei Tagen ausmachte,
ließen sie diesen Beschluß wieder fallen und kamen zu dem Beschluß, sich
lieber nach Christupolis in Thrakien zurückzuziehen.
Während sie sich noch so berieten, traf beim Kaiser eine Gesandtschaft
des Herrschers der Triballer [Serben], des Krals Stephan [Uros 11.]49 ein,
welcher die Tochter des Kaisers, Simonis, geheiratet hatte. Anlaß zu der
Gesandtschaft war der Umstand, daß der Kaiser aus der Armee des Serben-
dynasten ein Aufgebot von annähernd zweitausend Kumanen ausgeliehen
hatte und dann die Männer nicht wieder nach Hause entließ, sondern zu
bleiben überredete und nicht zurückgeben wollte. Darüber war der Kral
verstimmt und schickte die Gesandtschaft zu seinem / Schwiegervater. Der
Gesandte war ein Mönch namens Kallinikos, auch er ein gebürtiger Tribal-
ler [Serbe], der erfahren genug war, um Gelegenheiten und politische Lage
auszunutzen. Diesem war bereits der wachsende Zwist zwischen den Kai-
sern nicht entgangen, und da er damit rechnete, daß dieser Streit seinem
Herrn die Gelegenheit bieten würde, den Kaiser für das Unrecht mit den
Soldaten zu bestrafen, wollte er sich heimlich mit dem Mitkaiser treffen.
8. Der jüngere Kaiser und der Großdomestikos 50 auf der anderen Seite
hielten es gleichfalls für nützlich, mit dem Serbenherrscher auf diplomati-
scher Ebene über ein Bündnis zu verhandeln, luden Kallinikos zu sich ein
und sprachen über eine Allianz und Freundschaft mit dem Kral. Sie hatten

33
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 8 36/37

wenig Mühe, ihn davon zu überzeugen, daß diese gesandtschaftlichen Un-


terhandlungen dem Kral von Nutzen sein würden, da er selber dieser An-
sicht war und außerdem bereits zuvor Beweise der Freundschaft von Syr-
giannes erhalten hatte; so machte er sich in ihrem Auftrag wieder auf den
Weg. Er legte in Eifmärschen und mit großem Eifer den Weg zurück, traf
sich mit dem Kral und, nachdem er ihm die Botschaft des jungen Kaisers
mitgeteilt hatte, fand er, daß auch jener die Gelegenheit wie einen Glücks-
fund betrachtete und versprach, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um
das Bündnis mit dem jungen Kaiser zustande zu bringen; er sagte außer-
dem, er werde dem jungen Kaiser dankbar sein, wenn er nur vom Großva-
ter abfiele und sich in die Gegend von Makedonien begeben würde. Er
glaubte nämlich, daß das Bündnis mit ihm eine Schwächung der Position
seines kaiserlichen Schwiegervaters mit sich bringe. Mit diesen Zusagen
kehrte Kallinikos eilends nach Byzanz zurück; voll Freude erschien er vor
dem Mitkaiser, der sich gleichfalls freute, teilte ihm die Botschaft des Krals
mit und / erklärte, das Bündnis mit ihm sei gesichert, wenn er nur in der
Gegend von Makedonien erscheine.
So erreichte der jüngere Andronikos auch die Allianz mit dem Kral. Da er
nun sah, daß der kaiserliche Großvater bei seinem früheren feindseligen
Verhalten und Reden blieb, traf auch er Vorkehrungen für die eigene Si-
cherheit in der Absicht, wenn die Widrigkeiten sich in irgendeiner Weise
beilegen ließen, sich dem Großvater und Kaiser bis zu dessen Lebensende
zu fügen; wenn aber die Feindschaft weiterwachse und ihrem Ziele näher-
komme, dann wollte er aus der kaiserlichen Stadt fliehen, um sich und seine
Anhänger zu retten.
Während nun die Zeit in dieser Weise verstrich, kam aus dem Westen
nach Byzanz Theodoros Synadenos 51, der Protostrator, der dort aus seinem
Amt entlassen worden war; er war nämlich Statthalter von Prillapos52
sowie der umliegenden Landstriche und Städte des unteren Makedoniens
gewesen. Dieser Synadenos stammte aus einer vornehmen Familie, und sein
Geschlecht war angesehen; denn mütterlicherseits war er kaiserlichen Ge-
blüts, da seine Mutter eine Tochter eines Bruders des ersten Palaiologenkai-
sers, Michaels [VIII.], war, während sein Vater im Westen Toparch des in
Dalmatien liegenden sogenannten Pologos 53 gewesen war. Diese Toparchie
und sich selbst unterstellte er dem ersten Palaiologenkaiser Michael und
übergab sie seiner Herrschaft, wofür ihm seitens der Rhomäer hohe Ehren
zuteil wurden und eine eheliche Gemeinschaft mit vornehmem Geblüt, indem

34
37/39 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 8

er die Nichte des Kaisers erhielt. Dieser Protostrator also traf, wie gesagt,
aus dem Westen in Byzanz ein; als er nun erfuhr, was der / Kaiser getan und
gesagt hatte, um den kaiserlichen Enkel zu entmachten, wurde er darüber
äußerst aufgebracht und erkannte in der Sache viel Unbill. Deshalb waren
der junge Kaiser und der Großdomestikos zuversichtlich, zumal der Pro-
tostrator ihnen auch früher freundlich gesonnen war, insbesondere dem
Großdomestikos, mit dem ihn seit der Zeit seines Aufenthaltes in Adria-
nopel beim Mitkaiser Michael eine starke und dauerhafte Freundschaft
verband, und sie meinten, sie müßten auch ihn in ihr Vorhaben einweihen,
sowohl wegen seiner Freundschaft zu ihnen als auch wegen seiner Tapfer-
keit, Kriegserfahrung und Einsicht, Eigenschaften, deren solche Unterneh-
mungen am meisten bedürfen. Sie enthüllten ihm also alles, was der Kaiser
seinem Enkel angekündigt, und welche Antworten er darauf erhalten hatte
sowie das, was sie selbst in eigener Sache zu tun beschlossen hatten. Dem
allem stimmte der Protostrator zu und beschloß, an allen Ratschlüssen und
Gefahren des Unternehmens bis zur letzten Konsequenz teilzunehmen.
Dem Mitkaiser und seinen Freunden schien es zunächst zweckmäßig, daß
keinesfalls ein anderer Rhomäer ihre Ratschlüsse erfahre außer diesen drei,
nämlich dem Großdomestikos, dem Protostrator Synadenos und Syrgian-
nes 54 • Außerdem sollten drei Lateiner aus Genua eingeweiht werden, wel-
che erprobte Freunde des Mitkaisers waren und sich als wichtige Helfer bei
ihrer Flucht von Byzanz nach Christupolis erweisen könnten; denn sie
selber hatten zugesagt, drei Kriegsschiffe aus eigenen Mitteln sowie weitere
sieben auf Kosten des Mitkaisers, also im ganzen zehn, bereitzustellen und
mit dieser Streitmacht dem Mitkaiser notfalls bei seiner Flucht zu helfen /
und als Verbündete weiterhin in Christupolis bereitzustehen, bis er seine
Angelegenheiten nach Wunsch geordnet habe. Ihre Namen: Aus dem Ge-
schlecht der Doria war Raffo Doria 55 dabei, aus dem der Spinola Frederico
Spinola56 und aus dem der Demari Raffo Demari57 .
Als nun der Mitkaiser sich wieder mit seinen beiden Helfern darüber
beriet, welche von den beiden Städten sie als Zufluchtsort auswählen soll-
ten, damit auch der Protostrator sich über die bessere Lösung äußern kön-
ne, und als man Christupolis mit dem Bündnis des Krals, Adrianopel aber
mit den zahlreichen Einwohnern, mit der dort liegenden Garnison sowie
mit der Tatsache, daß sehr viele der dort ansässigen Leute zur Anhänger-
schaft des Mitkaisers zählten, in Zusammenhang brachte, sprach sich der
Protostrator für Adrianopel aus. Die Beratung wurde jedoch nicht zu Ende

35
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,8 39/41

geführt, sondern man ging vorher auseinander. Später berieten sich über
dasselbe Problem abermals der Großdomestikos und der Mitkaiser unter
vier Augen, und sie kamen zu der Einsicht, daß es für den Großdomestikos
und Syrgiannes ein Leichtes sei, ihre Ehefrauen aus Thrakien, wo sie sich
aufhielten, abzuholen und sie wegzubringen, wohin es ihnen gefiel, wäh-
rend dem Protostrator, dessen Ehefrau· mit zwei kleinen Tächtern 58 in
Adrianopel ihren Wohnsitz hatte, eine Umsiedlung erhebliche Schwierig-
keiten bereiten würde. Fernerhin wurden sie sich darüber klar, daß es sehr
unklug wäre, den Protostrator in solche Not zu treiben; ihn jedoch wegen
dieser seiner Schwierigkeiten aus ihrer Gemeinschaft auszustoßen, das sei
sowohl unüberlegt als auch ungerecht. Unüberlegt, weil sie einen in jeder
Hinsicht ausgezeichneten / Mann aus geringfügigem Anlaß fallenlassen
würden; ungerecht aber, weil sie ihn abweisen würden, nachdem sie selbst
ihn zu sich eingeladen und sich mit ihm verbrüdert hätten und er zudem viel
Eifer und Bereitschaft, die gemeinsamen Gefahren auf sich zu nehmen, an
den Tag gelegt hätte. Sie entschieden sich also, auf Gottes Hilfe zu ver-
trauen und ein kleines Risiko dem Gefährten zuliebe in Kauf zu nehmen
und Adrianopel den Vorzug zu geben. So beendeten sie ihre Beratung; sie
gaben dem Protostrator ihren Entschluß kund und beflügelten ihn zum
Handeln derart, daß er dadurch an Eifer sich selbst übertraf.
So gingen sie ihren Vorbereitungen nach. Der alte Kaiser aber steigerte
seine Wut gegen den Enkel über die Maßen. Weder begrüßte er ihn bei
dessen täglichen Besuchen, noch würdigte er ihn einer Anrede, wenn er
wieder nach Hause ging. Vier Monate 59 lang gab er dem Enkel kein gutes
oder schlechtes Wort, bis auf den Satz «geh nun endlich nach Hause»,
welchen er, ohne etwas hinzuzufügen, sozusagen gezwungen durch die
unpassende Anwesenheit des jungen Kaisers an ihn richtete; dieser begab
sich nämlich absichtlich Tag für Tag in den Palast und weilte dort übermä-
ßig lang. Auch wenn der junge Kaiser mit Mitgliedern des Senats 60 und
anderen Würdenträgern beim Großvater war, forderte er ihn niemals auf,
sich zu setzen, sondern er nahm gezwungenermaßen Platz, wenn der Kaiser
die anderen dazu aufgefordert hatte, weil die Anwesenden den Blick auf ihn
richteten und durch ihre Mienen offenkundig machten, daß auch sie nicht
Platz nähmen, solange er stünde. Dies verletzte den jungen Kaiser noch
mehr, und er sagte denjenigen, denen er vertraute, daß er, solange sein
Gebieter und Kaiser / (denn in dieser Weise erwähnte er immer den Namen
des Großvaters und Kaisers) den anderen Platz zu nehmen erlaube, ihm

36
41/42 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 8-9

aber nicht, grundsätzlich stehen bleiben wolle; und wenn die anderen ihn
aufforderten, Platz zu nehmen, sagte er: «Euch hat mein Gebieter und
Kaiser erlaubt, euch zu setzen, mir aber nicht; daher geziemt sich, daß ihr
Piatz nehmt, und sein Geheiß ausführt, ich aber muß stehen, bis ein Befehl
des Kaisers auch mich erreicht.» Solche Worte richtete er an diejenigen,
denen er sich anvertrauen konnte, und schaffte so dem Schmerz seines
Herzens Luft. Bei dem Versuch, ihn zu trösten und seinen Kummer zu
lindern, empfahl ihm der Großdomestikos unter anderem jenen Spruch
Salomons 61 [?] zu befolgen, indem er Ausdauer und Geduld, wie es die
Zeiten erforderten, an den Tag lege.
In der Folgezeit ließen der junge Kaiser und seine Umgebung durch einen
Gefolgsmann dem Syrgiannes bestellen, er solle so schnell wie möglich
unter einem glaubhaften Vorwand nach Konstantinopel zurückkehren;
denn ihre Angelegenheiten entwickelten sich in einer Hinsicht zum Besse-
ren, in anderer aber zum Nachteil. Als er nun in großer Eile in die Haupt-
stadt zurückkehrte und den Mitkaiser und seine Freunde traf, erfuhr er,
daß mit der Verbesserung ihrer Sache der Beitritt des Protostrators Synade-
nos, mit der Verschlechterung die immer stärkere Feindseligkeit des Kaisers
gegen seinen Enkel gemeint war. Man setzte ihn anschließend über alle
übrigen Begebenheiten, die sich nach seinem Fortgang nach Thrakien ereig-
net hatten, in Kenntnis, und dann berieten sie miteinander über ihr künfti-
ges Vorgehen / sowie über die Art und Weise, wie sie sich ohne Gefahr aus
der kaiserlichen Stadt entfernen könnten. Als erster sprach der Protostrator
Synadenos wie folgt:
9. «Die gegenwärtige Lage läßt mich eine große und deutliche Gefahr
erkennen. Denn wenn wir uns wie auch immer aus der Stadt entfernen und
der Kaiser uns mit einer Streitmacht auf dem Fuße folgt, wie können wir
verhindern, nicht sofort in äußerste Gefahr zu geraten? Wer besonnen ist
und gerettet werden will, so scheint mir, zieht keineswegs die offensichtli-
chen Gefahren der sicheren Rettung vor. Viel sicherer und gefahrloser also
als die heimliche Entfernung aus der Stadt, die uns in so starken Verdacht
bringt und bei der wir einen sehr starken Gegner zurücklassen, den Kaiser,
scheint es mir, diesen zu verhaften und in eine Festung einzusperren, was
wir, wie ich glaube, leicht vollbringen können. Denn so werden wir keinen
Gegner haben und ohne Mühe alles in die Hand bekommen.»
Gleich nach ihm sprach Syrgiannes: «Auch das, was du vorgeschlagen
hast», sagte er, «erweist sich als sehr gefährlich, wenn man es genau über-

37
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 9 42/44

legt. Zunächst ist es keineswegs leicht für uns, den Kaiser in unsere Gewalt
zu bringen, da viele St;natoren und Würdenträger in seiner Umgebung ihm
ergeben sind und eine Menge Söldner sich dauernd im Palast aufhält. Fer-
ner aber werden wir, auch wenn wir das Risiko eingehen und unser Ziel
erreichen, dann erst in ·ernste Gefahren geraten, / da wir den Wächtern kein
Vertrauen schenken können und die Lage sich plötzlich ändern könnte. Um
also diese beiden Gefahrenquellen auszuschalten, ist es besser, ihn so
schnell wie möglich des Lebens zu berauben, denn so werden wir gefahrlos
Herren der Lage, da weder er imstande sein wird, sich zu rächen, noch
andere sich für ihn in Gefahr werden begeben wollen, wenn er dahinge-
schieden ist.»
Dieses Vorgehen gegen den Kaiser schlug Syrgiannes zwar von sich aus
vor, doch wurde es ihm maßgeblich von Apokaukos suggeriert. Dieser
hatte sich ohne triftigen Grund 62 mit dem Kaiser verfeindet und konnte von
sich aus den Vorschlag nicht unterbreiten (denn er war mit dem Mitkaiser
noch nicht so eng befreundet, um an den Beratungen teilnehmen zu dür-
fen); seine Ansicht aber ließ er seinen Freund Syrgiannes wissen in der
Annahme, daß dieser bei den Beratungen freimütig sprechen würde. Dazu
nahm der Großdomestikos Stellung: «Während ich», sagte er, «den erste-
ren Vorschlag als unmenschlich beurteile, ist der letztere geradezu der Gip-
fel der Brutalität und Unmenschlichkeit. Deshalb erachte ich es für nütz-
lich, dies alles fallenzulassen und uns an unseren ursprünglichen Plan zu
halten und nicht zu überlegen, wie wir offen den Untergang des Kaisers
herbeiführen, sondern danach, uns selber von Unheil unberührt zu erhal-
ten. Dies ist auch der Grund unseres Zusammenschlusses, daß wir dem
einen Herrscher, welchem Unrecht zugefügt wird, mit Gottes Hilfe Leben
und Ehre retten, dem anderen aber ohne zwingende Notwendigkeit weder
dieses noch jene antasten.»
So berieten sie ihre einander widersprechenden Meinungen, während der
Mitkaiser schweigend daneben saß und zuhörte. Dann ergriff Syrgiannes
wieder das Wort / und erhob gegen den Vorschlag des Großdomestikos
folgende Einwände: «Da die menschliche Natur unzulänglich ist», sagte er,
«und jeder nur unvollkommene Kenntnis der Dinge hat, glaube ich, daß
keiner auf einem bereits gefaßten Entschluß beharren darf, wenn nachträg-
lich das Gegenteil sich als richtig erweist; denn sollte dies tatsächlich zur
Norm werden, dann würde überall ein unvorstellbares Durcheinander ein-
treten. Wenn nämlich weder der Handelsmann noch der Landwirt noch der

38
44/45 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 9

Steuermann 63 sich nach dem offenkundigen Nutzen orientiert, sondern


zwanghaft an seinem ursprünglichen Plan festhält, dann wird der Steuer-
mann rasch sich selbst und das Schiff zum Sinken bringen, sobald widrige
Winde aufkommen, der Handelsmann wird mit leeren Taschen nach Hause
zurückkehren und der Landwirt wird nicht nur der Früchte seines Fleißes
beraubt, sondern dazu noch schallendes Gelächter ernten. Fügen wir Bei-
spiele aus uns vertrauteren Gebieten hinzu! Auch ein Feldherr, der auf
seinem ursprünglichen Vorsatz beharrt, wird niemals einen Sieg über den
Feind erringen können, sondern wird eine schmähliche, demütigende Nie-
derlage einstecken müssen und zusammen mit seinen Soldaten in große
Gefahr geraten. Falls er nämlich zunächst sein Heer für zahlenmäßig über-
legen erachtet und ihm größere Kriegserfahrung zuschreibt und aus diesen
Gründen sich für einen Zusammenstoß mit dem Feind entscheidet, dann
aber, wenn es darauf ankommt, die große Überlegenheit des Feindes nach
Zahl, Drill und Waffen erkennt und trotzdem unüberlegt und töricht die
Schlacht riskiert, nur um seine ursprüngliche Entscheidung nicht zu annul-
lieren, würden wir nicht darin einig sein, daß dieser Feldherr sich nahe der
Grenzen des Wahnsinns bewegt? Dies ist jedem klar. Deshalb wundere ich
mich, daß du erklärt hast, wir sollten bei unseren ursprünglichen Beschlüs-
sen bleiben, du, ein Mann, der seit seiner frühen Jugend bis heute nur
Feldzüge und die damit / verbundenen Mühen kennt und vergessen zu
haben scheint, daß ein günstiger Augenblick Veränderungen in vielen An-
gelegenheiten herbeiführen kann.»
Darauf erwiderte der Großdomestikos: «Ich glaube nicht, daß irgend
jemand, der auch nur über das geringste Denkvermögen verfügt, so beharr-
lich an seinen ursprünglichen Plänen festhält, daß er sie nicht ändern möch-
te, falls später andere Gesichtspunkte besser erscheinen. Du selbst hättest
keinen Grund gehabt, diesen übertriebenen Vorwurf gegen mich zum Aus-
druck zu bringen oder in dieser Weise über unsere Probleme zu sprechen,
wenn du einer anderen Meinung gewesen wärest. Ich bin weit davon ent-
fernt, der Mensch zu sein, den du beschrieben hast, da ich oft sowohl in
öffentlichen Angelegenheiten als auch in meinem Privatleben, obwohl ich
bereits einen Entschluß gefaßt hatte, der mir richtig dünkte und ein Höchst-
maß an Nützlichkeit zu garantieren schien, und sogar dabei war, ihn in die
Tat umzusetzen, dann doch das Gegenteil ausführte, überredet entweder
von einem anderen, der mir unterlegen schien im Denken, oder von mir
selbst. Was nun unsere gegenwärtige Beratung betrifft, so glaube ich, daß

39
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,9 45/47

wir aus vielerlei Gründen von euren Vorschlägen Abstand nehmen und an
dem meinigen festhalten sollten. Erstens findet das Wagnis, die Hand an
den Kaiser, den von Gott Gesalbten, zu legen und ihn der Rettung seiner
Seele zu berauben, nicht nur bei den Menschen keine Entschuldigung, son-
dern wir wissen, daß auch Gott solche Taten auf das Strengste vergilt.
Ferner war es keineswegs unser ursprünglicher Vorsatz, den einen zu töten
und den anderen auf den kaiserlichen Thron zu erheben, sondern wir über-
nahmen, auf Grund langer Diskussionen über die Gerechtigkeit, die Vertei-
digung / des jungen Mitkaisers, welchen man der Thronfolge berauben
wollte und der für sein Leben fürchten mußte. Es wäre also absurd, wenn
der eine sich die Herrschaft mit Hilfe des Rechts erobert, während der
andere dabei ungerechterweise sogar das Leben verliert. Und wenn die
Machenschaften anderer gegen den einen völlig widersinnig erscheinen, so
würden wir selbst uns dabei als Leute entpuppen, die dem anderen noch
viel Schlimmeres zufügen. Dies wäre dasselbe, wie wenn man bei einer
Waage, die auf der einen Seite stärker belastet wird, durch Druck dasselbe
Ungleichgewicht auf der anderen Seite herbeiführte, statt das Gleichge-
wicht wiederherzustellen. Auch ist die Verhaftung und Bewachung keines-
wegs milder als ein rascher Tod; für diejenigen nämlich, die gewöhnt sind,
Diener und Wachen um sich zu haben, ist, ihrer Würde beraubt im Elend zu
vegetieren, schrecklicher als der Tod. Deshalb haben viele der besungenen
Kaiser der Rhomäer, die im Krieg Mißgeschick gehabt hatten, den Tod dem
schmachvollen Leben in Knechtschaft vorgezogen. Und außerdem sind die
Schmähungen und der Spott der Wärter, die die betreffende Person als
gemeinen Gefangenen betrachten, viel bitterer als das Wasser des Styx 64 •
Dazu kommt noch, daß die Gefangennahme und Bewachung uns keines-
wegs Sicherheit bietet; wenn er nämlich irgendwie aus der Haft entkommt,
dann wird das, was heute unser Vorteil ist, nämlich das Wohlwollen aller
Menschen wegen des Unrechts, das uns angetan wird, jenem sich zuwen-
den, und er wird uns mit noch größerer Kraft bekämpfen, da umwohnende
Barbaren und Rhomäer sich bereitwillig mit ihm verbünden werden. Da
nun die Tötung nicht nur uns den Ruf von Mördern und Verbrechern
einbringen, sondern auch unseren Kindern / in der Zukunft anhaften wird,
während die Einkerkerung und Bewachung außer der Schande auch die
größten Gefahren für uns mit sich bringt, so erachte ich es für nützlich und
zugleich gerecht, daß wir uns an die früheren Überlegungen halten und für
das Heil des Mitkaisers sorgen, indem wir seine Angreifer abwehren. Du

40
47/48 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,9-10

wirst vielleicht sagen: 'Wie nun? Wenn der Kaiser gegen uns zu Felde zieht,
werden wir nicht gegen ihn kämpfen oder ihn sogar töten, falls es sich so
zufällig ergibt?) Gewiß werden wir uns verteidigen, und zwar mit allen
Kräften, doch ist es keineswegs das gleiche, ob man den Krieg anfängt oder
den Angreifer abwehrt; ersteres ist neben der Schande außerdem mit Un-
recht verknüpft, letzteres hat das Recht auf seiner Seite und außerdem den
Ruhm der Taten. Sollte nämlich dem Angreifer etwas zustoßen, dann ist es
gerecht, den Ausgang der Ereignisse nicht dem Angegriffenen, sondern ihm
zuzuschreiben. Nun ist bereits von beiden Seiten vieles gesagt worden, da
wir uns rhetorisch üben, die verschiedenen Möglichkeiten zu erörtern. Jetzt
ist der Mitkaiser an der Reihe, der allem zugehört hat; er soll wie ein
Fischer aus dem Netz, das vieles enthält, das Nützliche herauslesen und das
Nutzlose wegwerfen.» Mit diesem Vorschlag waren auch die anderen ein-
verstanden und überließen dem Mitkaiser die Entscheidung über die vorge-
brachten Ansichten. Er sagte folgendes:
10. «Diejenigen, die sich über wichtige Dinge beraten, müssen, glaube
ich, auch zahlreich sein. Aus diesem Grunde setzten im Altertum die Grie-
chen und Römer in Zeiten der Demokratie, oder auch der Aristokratie, ihre
beratenden Gremien aus einem weiteren Personenkreis zusammen in der
Überzeugung, daß sie so das / Gute und Nutzbringende schwerlich verfeh-
len würden, was durchaus richtig ist. Auch ein alter weiser Mann aus
unserer Herde hat gesagt: 'wo Ratgeber sind, da gehet es wohl zu) [Proverb.
11,14] und machte damit deutlich, daß, wer keine Beratungen kennt, ein
Feind seine~ selbst ist. Nachdem nun ihr, die ihr eine Vielzahl darstellt und
in solchen Dingen tüchtig seid, in vielen Reden die Lage erörtert habt, steht
es nun auch mir frei, nach Art der Fischer, wie ihr gesagt habt, aus dem
schweren Netz das Nützliche herauszulesen und das übrige wegzuwerfen.
Ich werde also gleichfalls, was mich das Beste dünkt, darlegen, und jeder
von euch wird die Möglichkeit haben, daraus auszuwählen, was ihm nütz-
lich scheint. Nicht immer erscheinen allen Menschen dieselben Dinge vor-
teilhaft oder schädlich, angenehm oder unangenehm, sondern je nach ihrer
Einstellung fällen sie ihr Urteil. So werde auch ich jetzt sagen, wie ich die
gegenwärtige Situation auffasse. Ich bin weit davon entfernt zu wünschen,
daß meinem Gebieter und Kaiser ein Unheil wider Leben und Ehre zustößt,
so weit, daß ich, auch wenn er mit gezücktem Schwert auf mich
losginge, um mich zu töten, meine Rettung lieber in der Flucht suchen
würde; sollte mir aber auf der Flucht ein Hindernis in den Weg treten, wäre

41
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 10 48/50

ich abermals weit davon entfernt, mich umzudrehen und zu wehren, viel-
mehr würde ich mein Haupt verhüllen und die Schwerthiebe ertragen 65 , da,
wenn ich ihm ins Gesicht blickte, die Gefahr bestünde, daß ich durch das
Leiden den Verstand verlöre und dazu gebracht würde, ihm das Schwert zu
entreißen und es wegzuwerfen; denn auch diese Tat, bei der ich irgendwie
die Hand gegen meinen Vater erheben würde, beurteile ich als frevelhaft.
Daß dies meine Meinung über die Achtung, die ich meinem Großvater /
schulde, ist, dafür rufe ich das Auge Gottes, das alles sieht, zum Zeugen an.
Deshalb will ich, daß auch ihr dieser Meinung und Überzeugung seid und
keinesfalls dieses Thema zur Diskussion stellt oder mich umzustimmen
versucht; denn ihr werdet überhaupt nichts erreichen. Wenn ihr nun an den
ursprünglichen Überlegungen festhalten und der lauernden Gefahr entkom-
men und euch durch Flucht die Rettung verschaffen wollt, so ist alles in
Ordnung, und ich werde dabei eure Teilnahme begrüßen und die Gefahr
mit euch teilen; wenn ihr aber eure erste Entscheidung als feige und un-
männlich verwerft und ohne meine Zustimmung an der zweiten festhalten
wollt und als schädlich für euch erachtet, was ich will, dann werde ich mich
niemals an solchen Taten beteiligen und überlasse es euch, frei zu wählen,
was eurer lvieinung nach eure Sache unbeschadet rettet. Ich bin Gott zu
großem Dank verpflichtet, daß euch wegen eures Wohlwollens mir gegen-
über bis zum heutigen Tage keine Schwierigkeiten erwachsen sind, und daß
keiner außer euch über den Gegenstand unserer Beratungen etwas erfahren
hat. Was mich angeht, so werde ich, so gut ich kann und wie Gott es will,
die auf mich zukommende Gefahr zu meistern suchen. Ich bin sicher, daß
ihr, falls ich im Kampfe falle, meinen Tod sehr beklagen und den Freund oft
und oft beweinen werdet, sofern ich euch Beweise meiner Freundschaft
gegen euch geliefert habe, die eine Erinnerung verdienen. Sollte ich jedoch
überleben und ihr zu mir zurückkommen wollen, soll unsere augenblickli-
che Trennung keineswegs ein Hindernis dafür sein; denn ihr werdet mich
unverändert, wie jetzt euch stets zugeneigt, finden. Denkt / dabei nicht, daß
ich leichten Herzens Abschied von euch nehme oder euch ohne viel Federle-
sens als nichtswürdige Kerle von mir stoße. Seit ich nämlich angefangen
habe, darüber zu sprechen, spüre ich, wenn ich nur an unsere Trennung
denke, großen Schmerz; ich weiß, daß es mich nachher noch viel stärker
schmerzen wird, doch das muß ich ertragen, da die Sache keinen Kompro-
miß zuläßt. Wenn ihr nun, wie gesagt, beim ursprünglichen Plan bleiben
und für unsere Rettung Sorge tragen wollt, ohne Ungebührliches gegen den

42
50151 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 10

Kaiser zu ersinnen, könnt ihr mit mir als Genossen eures Handelns rech-
nen; wenn ihr aber anderer Meinung seid, bleibt mir nichts anderes übrig,
als euch wegen eurer Freundschaft zu mir viel Glück zu wünschen und
allein auf mich gestellt das zu tun, was mir als nützlich erscheint.»
Nachdem der Mitkaiser in dieser Weise gesprochen hatte, sahen seine
Gesprächspartner lange einander an und bewunderten seine Einstellung,
die so nobel war, daß er nichts von seiner Ehrfurcht gegenüber dem Groß-
vater und Kaiser preisgab, obwohl dieser es ihm mit vielen Verdrießlichkei-
ten dankte. Dann' gab ihm der Protostrator folgende Antwort:
«Wir haben vorgeschlagen, 0 Kaiser, was uns als vorteilhaft erschien, als
wir dein und unser Interesse gegeneinander wogen. Was wir über den
Kaiser sprachen, das sagten wir nicht in dem Wunsch, daß ihm etwas
Schlimmes zustieße, sondern nur damit du, falls es zum offenen Krieg
kommen sollte, nicht irgendeinen Schein von Gefahr zu erwarten hast; dies
ist nämlich unsere Hauptsorge. Da wir nun aber von dir gehört haben, wie
du die / eigene Rettung und Sicherheit der Sicherheit und Ehre des Kaisers
und Großvaters hintanstellst, bewundern wir deinen Edelmut und Gerech-
tigkeitssin~ und sind bereit, deinen Vorschlägen Folge zu leisten und das als
gerecht und nützlich zu betrachten, was auch dir als solches erscheint. Der
Mißklang, der unsere Beratung vor kurzem beschlich, entstand nicht etwa,
weil wir uns zerstritten hätten, sondern weil wir nichts ungeprüft lassen
wollten. Da wir nun aber übereinstimmen und jeder Zweifel ausgeräumt
worden ist, bleibt uns nichts anderes mehr übrig, als die Worte zu beenden
und die Beschlüsse in die Tat umzusetzen.»
Als Syrgiannes daraufhin sagte, der Protostrator habe ihm nach dem
Herzen gesprochen, und hinzufügte: «Für deine Ehrfurcht und Sorge dem
Kaiser und Großvater gegenüber wird dich der große König des Himmels
belohnen und dazu noch die Meinung derer ändern, die Arges gegen uns
planen, oder er wird, wenn sie ihre bösen Absichten in die Tat umsetzen,
selber auf unserer Seite kämpfen», da brachte ihnen der Mitkaiser für ihr
Wohlwollen und ihre Ergebenheit seinen tiefen Dank zum Ausdruck. Dann
machten sie sich an die Beratung, ob sie fliehen sollten oder nicht. Da sie
aber feststellten, daß jeder Tag größeres Unglück brachte und daß der Zorn
des Großvaters und Kaisers gegen den Mitkaiser immer stärker wurde, wie
sie daraus schlossen, daß er bei keiner Gelegenheit auch nur das geringste
Wqrt an ihn richtete, und sie somit befürchten mußten, daß etwas Uner-
wartetes plötzlich hereinbrechen könne und ihnen nicht einmal die Flucht

43
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 10-11 51/53

mehr möglich wäre, kamen sie zu der Überzeugung, Byzanz jetzt verlassen
zu müssen, solange sie noch Zeit und Gelegenheit dazu hätten. Der Mitkai-
ser räumte ihnen zwar ein, daß sie die Lage realistisch beurteilt und / sich
sachgerecht geäußert hätten, meinte aber, daß auch Ausdauer und Edelmut
vonnöten seien und man warten müsse, bis die Gefahr ihren Höhepunkt
erreiche. Er hoffte nämlich immer noch, daß der Kaiser seine Meinung
ändern und seine Pläne aufgeben würde. «Im Augenblick sollten wir uns
darüber Gedanken machen», sagte er, «ob meine Gattin uns auf der Flucht
begleiten soll.» Diese [Irene-Adelheid]66 stammte aus Deutschland und war
die Tochter des Herzogs von Braunschweig, der in seiner Heimat sehr
angesehen war und alle seine Stammes genossen an Vornehmheit des Ge-
schlechts übertraf. Zweien von ihnen schien es nun notwendig, die Gattin
des Mitkaisers mitzunehmen, da auch sie ihre Frauen bei sich hatten, und
hielten es deshalb für nötig, alles daranzusetzen, damit die Kaiserin den
Mitkaiser auf der Flucht begleite.
11. Der Großdomestikos Kantakuzenos freilich war anderer Meinung
und brachte auch die Gründe dafür vor. «Erstens wird», sagte er, «wenn
unser Abgang heimlich und in Eile vor sich gehen soll, sich dies als sehr
gefährlich für die Frauen erweisen, weil sie schwach und solchen Situatio-
nen nicht gewachsen sind. Auch' für uns selbst liegt darin eine nicht zu
unterschätzende Gefahr, falls wir bei der Ausführung unseres Planes er-
tappt werden. Zweitens wird, selbst wenn wir Glück haben und unser
Unternehmen glatt abläuft, das Weitere keineswegs ebenso hinausgehen. /
Denn, sollte der Kaiser eine Streitmacht zu unserer Verfolgung schicken,
werden wir uns in dem Dilemma befinden, entweder die Frauen verlassen
und die Flucht ergreifen zu müssen, was uns den Vorwurf der Feigheit und
Unmännlichkeit sowie der Torheit und Unbesonnenheit einbringen wird-
von der Unehre ganz abzusehen, die wir der Kaiserin zufügen würden,
wenn sie wie eine Kriegsgefangene weggeschleppt wird -, oder aber wir'
müßten ihretwegen, zahlenmäßig eine kleine Schar, gegen eine weit überle-
gene Streitmacht kämpfen und sterben, beides Möglichkeiten, die für be-
sonnene Männer nicht in Frage kommen. Dazu kommt noch, daß wir den
Leuten, zu welchen wir uns begeben, kein allzu großes Vertrauen schenken
dürfen; deshalb dürfen wir unterwegs keine Zeit vergeuden durch gleich-
mäßige, gemächliche Tagesmärsche, sondern wir müssen unseren Marsch
mit großer Schnelligkeit fortsetzen, damit man nicht vor unserer Ankunft
von unserem Kommen erfährt und sich womöglich entschließt, uns nicht in

44
53/55 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 11

die Stadt aufzunehmen, und so den anderen Städten als Beispiel dient, das
gleiche zu tun; wir müssen also selbst unsere Ankunft melden und auch
schon im Besitz der Stadt sein. Indes wird die Kaiserin auch wegen ihrer
Schwangerschaft67 kaum in der Lage sein, Männern, die auf der Flucht
sind, zu folgen. Aus all diesen Gründen erachte ich es für sinnvoll, die
Kaiserin in ihrer Ruhe zu belassen, während wir die Gefahr auf uns neh-
men. Sollte unser Vorhaben mit Hilfe Gottes gemäß unseren Erwartungen
ausgehen, dann können wir die Kaiserin dorthin holen, wo der junge Kaiser
sich aufhält; sollte aber das Unternehmen entgegen unseren Hoffnungen
ausgehen, dann wird wenigstens sie in Sicherheit sein.»
Nachdem nun der Mitkaiser und die anderen diesem Vorschlag als ver-
nünftig zugestimmt hatten, berieten sie sich über den rechten Zeitpunkt
und die Art ihres Abganges. Da sie aber feststellten, daß die übrigen Mit-
glieder / des Senats und die hohen Amtsträger den Streit der Kaiser als
ernste Gefahr betrachteten und gewaltige Stürme des Unheils für den Staat
der Rhomäer erwarteten und dauernd miteinander darüber redeten, und da
man erwartete, daß sie bald auch auf den Kaiser einwirkten, keine politi-
schen Umwälzungen herbeizuführen, sondern seinen Enkel in seiner Stel-
lung zu belassen, da ein solcher Versuch großes Unheil und große Unruhen
entstehen ließe, faßten sie den Entschluß, die künftigen Entwicklungen
abzuwarten, und schickten Syrgiannes nach Thrakien, damit er sich seiner
Statthalterschaft annehme, während sie in Konstantinopel ausharrten.
So weit waren die Dinge gediehen, als der Großkonnetabel Michael Tor-
nikes 68 , ein Mann, der mütterlicherseits mit dem älteren Kaiser verwandt
war und bei ihm große Gunst und hohes Ansehen genoß, nicht nur wegen
der Verwandtschaft, sondern auch, weil er für einen grundgescheiten, laute-
ren Mann galt und bei der Verwaltung der Provinzen, die ihm der Kaiser
anvertraut hatte, sich als äußerst gerechter und tüchtiger Statthalter erwie-
sen hatte - als dieser Mann also im Vertrauen auf die Gunst des Kaisers zu
ihm ging und mit ihm insgeheim über den jungen Kaiser sprach; er wies ihn
dabei selbstverständlich auf den Widersinn seiner Pläne gegen letzteren hin
und führte ihm vor Augen, daß diese Pläne sich als verderblich für das
Kaiserreich der Rhomäer erweisen würden, gleichgültig, ob sie verwirklicht
würden oder nicht. Das gleiche tat auch der Großlogothet [Theodoros]
Metochites 69 , der damals die Funktion eines Leiters der kaiserlichen Regie-
rungsgeschäfte / ausübte und der auch ansonsten scharfsinnig und ein pro-
funder Kenner nicht nur der christlichen, sondern auch der weltlichen Phi-

45
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 11-12 55/56

losophie war. Er hatte nämlich von einem Mann namens Bryennios70 ein
triviales und nicht exaktes Grundwissen in der Astronomie empfangen und
dieses durch eigenes Studium korrigiert, so daß in der Folgezeit viele in
dieser Wissenschaft mit der gebührenden Exaktheit von ihm unterwiesen
werden konnten. Als dies die Bewunderung des Kaisers weckte und er einen
seiner Schüler, den [Nikephoros] Gregoras 71 , fragte, wie es möglich sei, daß
Metochites von fehlerhaften Leitsätzen aus in dieser Wissenschaft zu einer
solchen Vollendung gelangen konnte, antwortete dieser: «Es ist keineswegs
verwunderlich, mein Kaiser, daß mit einer kleinen Flamme ein großes Feuer
entfacht wird» 72, woraufhin der Kaiser den Scharfsinn seines Gesprächs-
partners lobte und die treffende Metapher bewunderte. Dieser Großlogo-
thet also, welcher in hohem Maße die Vertrautheit und die Gunst des
Kaisers wegen seiner Einsicht und Weisheit und seiner Erfahrung in der
Erledigung politischer Geschäfte genoß, faßte gleichfalls den Mut, zum
Kaiser zu gehen und ihn wegen des Enkels anzusprechen, und versuchte,
ihn davon zu überzeugen, daß er an der gegenwärtigen Situation nicht
rütteln dürfe, indem er seinen Enkel der Kaiserherrschaft beraube und diese
einem anderen zuspiele, der dafür keinesfalls geeignet sei, und sei es auch
nur, daß er davon aus Furcht vor den darob zu erwartenden Unruhen
Abstand nähme 73 •
Dies und noch anderes erörterten die bei den Männer mit dem Kaiser; es
war jedoch, als ob sie versuchten, Steine zu kochen 74 . Der Kaiser hatte sich
nämlich auf seinen ursprünglich gefaßten Entschluß versteift und bekunde-
te / seine Feindschaft gegen den Enkel auch in seinem Handeln. Man sagt,
daß der Kaiser einmal während dieser Zeit in sich gekehrt und wie von
einer Sorge geplagt erschien und, ohne mit jemandem zu sprechen, mehr-
fach vor sich selbst hinflüsterte, als ob er sich fragte: «Soll sich der Haß
stärker als die (Bande der) Natur erweisen?» Keiner hat genau erfahren
können, ob diese Frage sich auf einen anderen Gedankengang des Kaisers
bezog oder ob damit der Haß gegen seinen Enkel gemeint war. Alle haben
jedenfalls diesen Worten die letztgenannte Bedeutung beigemessen und be-
trachteten sie als Indiz für das kommende Unheil. Mit diesen Begebenheiten
ging der Winter zu Ende 75 •
12. Der Frühling hatte kaum begonnen, man schrieb den 5. April
[1321f6, einen Sonntag vor dem Palmsonntag, als der Kaiser dem Enkel
und Mitkaiser mitteilen ließ, er dürfe sich nirgendwo andershin begeben,
sondern habe zu ihm zu kommen und zwar augenblicklich. Der Mitkaiser

46
56/57 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 12

überlegte daraufhin hin und her und grübelte, was diese Aufforderung
bedeute, und da er sich nirgends einen Anlaß für sie zusammenreimen
konnte, fragte er den Boten und verlangte sogar von ihm, falls auch er
etwas davon wüßte, es ihm mitzuteilen. Dieser antwortete, Sicheres ver-
möchte er nicht zu sagen, er vermute jedoch, daß der Großvater den Mit-
kaiser in Anwesenheit des Patriarchen und anderer geistlicher Würdenträ-
ger zu sprechen wünsche. Welcher Gesprächsgegenstand dies sei und wor-
auf er abziele, wisse er nicht genau. Dann machte er eine kleine Pause und
fügte hinzu: «Wie gesagt, ich kann über den Gegenstand der Unterredung
nichts Genaues sagen, doch ich vermute, daß es keine milden und freundli-
chen Worte sein werden, sondern du gleichsam vor Gericht geladen wirst.»
Er riet dem Mitkaiser, sich etwas Zeit zu nehmen und eine kurze Überle-
gung anzustellen, / da er dort Rechenschaft ablegen solle und zu seiner
Verteidigung bereit sein müsse. Der Mitkaiser dankte dem Boten, lobte
seine Lauterkeit und wünschte ihm, daß Gott ihn dafür belohnen möge;
dann fügte er hinzu, es sei in seinem Sinne, daß er in Anwesenheit vieler vor
Gericht stehen werde und die Vorwürfe widerlegen könne, und forderte
den Boten auf, dem Großvater und Kaiser mitzuteilen, daß er unverzüglich
kommen werde.
Der Bote wünschte dem Kaiser die Hilfe Gottes in den gegenwärtigen
Widrigkeiten, erwies ihm Reverenz und entfernte sich. Der Mitkaiser rief
sofort seine Gefolgsleute zu sich. Der Großdomestikos freilich hielt sich
damals bei der Familie seines gerade verstorbenen Onkels Uohannes] Tar-
chaneiotes 77 auf, des Sohnes einer Schwester des ersten Palaiologenkaisers
Michael [VII!.], um an den Trauerfeierlichkeiten für seinen Verwandten
teilzunehmen. Der Protostrator jedoch, der zu Hause weilte, kam unver-
züglich zum Mitkaiser und wollte den Grund der Einladung wissen. Der
Mitkaiser teilte ihm die Botschaft des Kaisers mit und erklärte, daß er sich
zu verantworten habe und zugesagt habe, eilends zu erscheinen; er fügte
noch hinzu, daß er damit einverstanden sei, daß ein Prozeß stattfinde, da er
leicht werde beweisen können, daß er keines der ihm gemachten Vorwürfe
schuldig sei und daß sein Gebieter und Kaiser nur seinen privaten Wunsch
vollstrecken lassen wolle. Der Protostrator sagte daraufhin: «Mir scheint,
daß du die Lage sehr unrichtig beurteilst, mein Kaiser, und daß du offen-
sichtlich vergessen hast, was der Großdomestikos bezüglich eines solchen
Gerichtsverfahrens gesagt hat, eine Meinung, die du damals gleich uns
gutgeheißen hast. Als du nämlich sagtest 'ich möchte vom Großvater und

47
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 12 57/59

Kaiser gerichtet werden und dabei entweder die Beschuldigungen widerle-


gen oder, falls ich dies nicht kann, nicht nur den Thron, / sondern auch das
Leben verlieren), wünschte jener, daß er niemals einen solchen Tag erleben
werde, an welchem dir vor dem Großvater und Kaiser der Prozeß gemacht
wird; denn genau genommen wäre dieser Tag kein Tag des Rechts, sondern
ein Tag der Verurteilung. Man kann nämlich nichts anderes erwarten,
wenn Richter und Ankläger ein und dieselbe Person sind. Außerdem ist der
Kaiser kein törichter Mensch, der unbesonnen einen Prozeß in Gang setzt
und dir dabei sogar Gelegenheit gibt, dich zu verteidigen und entweder die
Beschuldigungen zu widerlegen oder gar zu beweisen, daß man dir Unrecht
tut; sondern, da er klug und einsichtig ist, wie wir wissen, und dazu noch
fähig Situationen auszunutzen, wird er dir erst dann den Prozeß machen,
wenn er alle Vorbereitungen in seinem Sinne getroffen hat, so daß nichts
anderes mehr übrigbleibt als das Urteil gegen dich zu fällen; dies aber
braucht er, um bei den Außenstehenden den Eindruck zu erwecken, daß er
gerecht handelt und daß du zweifelsfrei als Urheber ruchlosester Taten
überführt bist und deshalb gerechterweise was immer auch erleidest.»
Während sie sich in solcher Weise unterhielten, kam ein zweiter Bote
vom Kaiser, um das Eintreffen des Enkels im Palast zu beschleunigen. Da
diesem nichts anderes übrig blieb, begab er sich zu seinem Großvater und
Kaiser 78 , tiefbetrübten Herzens, weil er wegen der Abwesenheit des Groß-
domestikos keine Gelegenheit gehabt hatte, die Lage mit ihm zu beraten.
Kurz darauf kam jedoch auch der Großdomestikos geradewegs zum Palast;
der Mitkaiser zwar befand sich bereits drinnen beim Kaiser und Großvater,
er traf jedoch den Protostrator, der vor der Tür saß und dessen innere
Erregung und Sorge von seinem Gesicht / abzulesen war. Er sprach zu ihm:
«Du scheinst mir über ein großes Problem nachzudenken, nach deiner
besorgten Miene zu urteilen.» Der Protostrator gab zu, zu überlegen und
fügte hinzu, er befasse sich mit der riskanten Situation. Als der Großdome-
stikos fragte, welche diese sei, antwortete jener: «Der Mitkaiser wollte
dich unbedingt treffen, von seinem Großvater und Kaiser vor Gericht gela-
den, hatte aber keine Möglichkeit dazu; da aber die Zeit keinen Aufschub
duldete, ging er zum Kaiser hinein, während ich hier mächtig um ihn bange,
insbesondere, wenn ich an deine Worte denke, die du uns damals über
diesen Prozeß gesagt hast.» Als der Großdomestikos wieder fragte: «Was
ist unsererseits bis jetzt geschehen, was der augenblicklichen Situation ge-
recht wird?», antwortete der Protostrator: «Gar nichts; denn da die Zeit

48
59/61 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 12

zwischen den beiden Depeschen sehr kurz, der Gang zum Kaiser dringend
war, haben wir nichts getan, was nötig wäre.» «Wieso ist aber von den
Gefolgsleuten des Mitkaisers oder von den deinigen niemand hier?», fragte
jener wieder. «Es waren einige da», sagte der Protostrator, «ich schickte sie
jedoch weg, da ich fürchtete, daß ihre Anwesenheit hier Anlaß zu allerlei
Mutmaßungen geben und dadurch Mißtrauen und Schaden entstehen
könnte.» Der Großdomestikos schimpfte heftig über diese Ratlosigkeit und
meinte, man könne sich keine gefährlichere Lage denken als die gegenwär-
tige und keine, die mehr zum Handeln zwinge, um dem Mitkaiser ihre
aufrichtige Treue und Zuneigung zu beweisen, indem sie ihn aus den all-
seits drohenden Gefahren befreiten. «Geh hin», sagte er, «und bringe von
deinen Gefolgsleuten und Freunden zusammen, so viele du kannst, und laß
sie hierher kommen und warten; ich meinerseits werde hinausgehen / und
meine Leute 79 sowie die des Mitkaisers zusammenrufen. Dann werden wir
uns vereinigen und den jungen Kaiser von hier, wozu, wie ich glaube, wir
imstande sein werden, herausholen und uns anschließend zum heiligen
Tempel der Weisheit Gottes [Hagia Sophia]80 begeben, um Rettung im dort
gewährten Asyl zu erwirken; von dort aus werden wir eine Botschaft an
den Kaiser schicken und Amnestie wegen unseres Wagnisses erbitten; die-
ser aber wird gewiß aus Furcht vor dem Aufstand dem Mitkaiser und uns
Unversehrtheit und Straffreiheit für unsere Taten eidlich zusichern. Sobald
nun der junge Kaiser von dieser plötzlich umdräuenden Gefahr befreit ist,
können wir uns endlich über die Lage beraten und, was uns als bessere
Alternative erscheint, nach Belieben in die Tat umsetzen. Denn entweder
werden wir zu Lande eines der Tore nachts aufbrechen und so entkommen,
oder wir lassen eines oder zwei Schiffe von den genuesischen Freunden des
Mitkaisers bemannen und gehen an Bord und retten uns in die Küstenstäd-
te Thrakiens - diese stehen ja auf unserer Seite, da Syrgiannes dort Statthal-
ter ist. Und wenn wir so fernab der Gefahren sind, werden wir späterhin
tun, was unser Interesse erheischt. Im gegenwärtigen Augenblick müssen
wir indes notfalls unter williger Aufopferung des Lebens unsere ganze Tap-
ferkeit und Bereitwilligkeit einsetzen, um den Mitkaiser aus den dräuenden
Gefahren zu retten, und dürfen nicht zusehen, wie er und seine gerechte
Sache untergeht; denn auch die erfahreneren Ärzte und Feldherren nehmen
sich der herausfordernden Krankheiten und Kriegssituationen mit größe-
rem Einsatz an.» Da nun dieser Plan auch dem Protostrator der beste zu
sein schien, / entschlossen sie sich, ihn auszuführen. Der Protostrator

49
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,12-13 61/62

schickte sofort Boten und rief von seinem Gefolge und seinen Freunden so
viele er konnte herbei; sie waren eilends zu Stelle. Der Großdomestikos
seinerseits ging fort und sammelte eine möglichst große Zahl seiner Anhän-
ger sowie derer des Mitkaisers; er ließ denjenigen, die irgendwohin unter-
wegs waren, bestellen, sie sollten sofort nach ihrer Rückkehr zum Palast
kommen, und kehrte selbst eilig dorthin zurück. Zum Zeitpunkt, da diese
Maßnahmen in Eile getroffen wurden, war gerade Sonntag, und es hatte
sich seit langem die Sitte eingebürgert, daß an diesem ersten Tag der Woche
die Lateiner aus Genua und Venedig sich zum Palast begaben, um dem
Kaiser der Rhomäer zu huldigen und zugleich zum Ausdruck zu bringen,
daß sie seiner Souveränität unterstanden; einzig und allein die Huldigung
erwiesen sie und kehrten danach, ohne anderes zu bezwecken, nach Hause
zurück. Um dem Brauche Genüge zu tun, kamen also auch damals die
Genuesen, unter welchen der Großdomestikos zwei der obengenannten
Freunde s1 des Mitkaisers erkannte; er erinnerte sie an ihre Versprechungen
und belehrte sie über die absolute Notwendigkeit ihrer Hilfe; dann schickte
er sie nach Hause, die Schiffe zu rüsten. Diese gingen und handelten in einer
dem Gebot des Augenblicks geziemenden Eile; innerhalb von zwanzig
Stunden bemannten sie drei Schiffe. Als der Protostrator dies sah, faßte er
gute Hoffnungen, freute sich darob über die Maßen und war voller Taten-
drang, zumal er in der Umgebung viele Leute aus seiner und des Mitkaisers
Gefolgschaft zusammenströmen sah. Keiner der Versammelten wußte je-
doch über den Grund der Versammlung Bescheid außer Apokaukos; ihm
als einzigem hatte man nämlich den Grund / der Maßnahmen mitgeteilt.
Die anderen vermuteten zwar, daß der Appell aus wichtigem Grund erfolgt
sei, und erschlossen dies aus dem Umstand, daß sie mit ihren Pferden zum
Palast zitiert worden waren, konnten jedoch nichts Konkretes erfahren,
außer einem Gerücht über [Michael] Katharos, das inzwischen aller Ohren
erreicht hatte; sie erwarteten daher über seine Person etwas reichlich Unge-
wöhnliches zu sehen und zu hören. In dieser Situation befanden sich die
Leute.
13. Der junge Kaiser gelangte in die Nebengemächer des Palastes, indem
er vortäuschte, von heftigen Leibschmerzen befallen zu sein, und suchte
nach dem Großdomestikos; als er ihn gefunden hatte, fragte er voller Kum-
mer und Verdrossenheit: «Mein Lieber, wo bist du nur so lange gewesen?»
Dieser antwortete noch leidenschaftlicher: «Ich war dort, wo ich nicht sein
wollte und wohin mich die Not der Stunde gedrängt hat.»; dann teilte er

50
62/63 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 13

dem Mitkaiser mit, was sie bis dahin beschlossen und ausgeführt hatten.
Dieser dankte ihm für ihren Entschluß und ihre Maßnahmen, und als er
gefragt wurde, was sie tun sollten, meinte er, es bestehe kein Zweifel, daß
ihm der Prozeß gemacht werden würde; bisher sei jedoch keinem der Besu-
cher des Großvaters und Kaisers darüber etwas gesagt worden. «Es ist
möglich, daß der Kaiser seinen Plan auch dieses Mal zurückstellen und
aufgeben wird, weil ihn mein Erscheinen durcheinandergebracht hat, wie es
schon vor wenigen Tagen der Fall war, als wir wie üblich die Liturgie des
Großkanons 82 feierten.»
Das damalige Vorkommnis ist ebenfalls erwähnenswert. Der Großlogo-
thet [Theodoros] Metochites pflegte vornehmlich im Winter, wenn der Tag
kurz ist, nicht zweimal, sondern lediglich einmal/am Tage zum Palast zu
gehen und dort den Tag zu verbringen; so verbrachte er auch den Tag des
Großkanons im Palast. Als er bei Einbruch der Nacht nach Hause zurück-
kehrte, rief ihn der Kaiser entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit eilig zu
sich. Als die Söhne des Großlogotheten, Demetrios und Nikephoros 83 , dies
bemerkten, rechneten sie verständlicherweise damit, daß hinter der unge-
wöhnlichen Ladung des Vaters etwas Unerwartetes stecke - denn auch sie
waren wohlunterrichtet über die Absichten des Kaisers gegen den Mitkai-
ser. Aus diesem Grunde kamen sie zu dem jungen Kaiser, setzten ihn über
den Vorfall in Kenntnis und rieten ihm, die als notwendig erachteten Maß-
nahmen zu ergreifen. Der Mitkaiser lobte die beiden und schickte sie nach
Hause; er beriet sich dann mit seinen Freunden über die Lage und faßte den
Entschluß, da es ohnehin bald an der Zeit war, sich wegen der kirchlichen
Feier zum Palast zu begeben - denn sonst hätte sein Erscheinen dort Ver-
dacht erregt -, sich vorzeitig dorthin auf den Weg zu machen. «Sollte nun
die Beratung des Kaisers mit dem Großlogotheten etwas anderes betreffen,
dann wird man den Eindruck haben, daß wir wegen der Feier gekommen
sind; falls aber die Beratung uns betrifft, dann wird sie durch unsere Anwe-
senheit gesprengt werden.» Und so geschah es. Bei seinem Gespräch mit
dem Großlogotheten hatte der alte Kaiser nur soviel gesagt, daß man sich
Gedanken einzig darüber machen müsse, wie die Beratung vor sich gehen
sollte, nicht aber darüber, ob es überhaupt zu einer Beratung kommen solle
oder nicht (wie man später in aller Einzelheit von den Bediensteten des
Kaisers erfahren konnte, die dabei gewesen waren); als aber der junge
Kaiser erschien, wurde die Beratung abgebrochen, und es war keineswegs
ersichtlich, ob es um das vorliegende Thema oder um etwas anderes ging.

51
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 13 63/65

Dieser Vorfall kam damals dem Mitkaiser in Erinnerung und er sagte zu /


seinen Gefährten, der Kaiser werde vielleicht auch jetzt den Prozeß auf-
schieben, wie er damals die Beratung aufgeschoben habe. Die Sache verhielt
sich aber anders, da nun alles unmißverständlich für den Prozeß vorbereitet
war. Denn während der Mitkaiser noch mit dem Großdomestikos sprach
und die Zahl der versammelten Männer erfahren wollte, worauf dieser ihm
antwortete: «Bisher sind es hundert, nach einiger Zeit werden sie sich
jedoch auf an die dreihundert belaufen, alle tapfer und kriegserfahren; falls
wir uns durchschlagen müssen, werden noch viel mehr, Leute, von denen
wir keine Ahnung haben, mitlaufen», - während sie sich nun darüber
unterhielten und zu Gott beteten, daß die Stunde des Prozesses hinausgezö-
gert werden möge, damit sich alle Männer sammeln könnten, von denen
man erwartete, daß sie für die Sache des Mitkaisers kämpften, erschien,
vom alten zum jungen Kaiser geschickt, der Eunuch Michael Kallikreni-
tes 84, und, bevor er etwas verlauten ließ, machte er durch die Tränen und
Seufzer deutlich, daß er als Unglücks bote gekommen war; es wäre ihm
lieber, beteuerte er, daß die Erde sich zuvor öffnete und ihn verschlinge und
er seines teuren Lebens beraubt würde, als daß er eine so schlimme Bot-
schaft zum Mitkaiser bringe; «der Gebieter und Kaiser», sagte er, «dein
Großvater, mein Kaiser, lädt dich vor Gericht.» Und als der Mitkaiser
darauf sagte: «Deine Tränen zeugen unmißverständlich von deinem Wohl-
wollen mir gegenüber. Warum aber jammerst du so, obgleich das Ergebnis
des Prozesses noch ungewiß ist? Vielleicht gehe ich doch aus dem Verfahren
als Sieger hervor», antwortete Kallikrenites: «Die Sachlage selbst gibt An-
laß zur Klage, mein Kaiser; während nämlich dein Großvater, der Kaiser,
wie üblich auf einem Thron sitzt und der Patriarch / auf einem Sessel neben
ihm, während die Zuhörer des Prozesses rechts und links Platz genommen
haben, hat man für dich, auf Befehl des Kaisers, nur einen Schemel dem
Kaiser gegenüber, und diesen in beträchtlicher Distanz, aufgestellt. Als ich
dies sah, wünschte ich mir, wie gesagt, daß die Erde mich heute verschlinge,
da ich diese Sitzgelegenheit als Ort der Verurteilung betrachte. Möge derje-
nige, der Daniel, seinen Propheten, aus der Löwengrube unversehrt heraus-
geholt [Dan. 6,19], der die drei Männer dem babylonischen Feuerofen als
überlegen erwiesen [Dan. 3,49-50] und die ungerechten Richter der Susan-
na 85 falscher Anschuldigung überführt hat [Sus. 52 f.], auch dich aus der
gegenwärtigen Notlage als Sieger hervorgehen lassen und seinen Engel sen-
den, damit er vor dir hergeht [Exod. 32,34]; ferner möge er dir Weisheit

52
65/66 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 13

und Einsicht einflößen, damit du die Beschuldigungen leicht wie Spinnen-


netze zerpflücken kannst.»
Auf diesen Wunsch des Eunuchen sagte der Mitkaiser: «Möge der Wille
Christi geschehen», und er ließ dem Großvater melden, daß er bereit sei,
seinen Befehl auszuführen; «jetzt ist es an der Zeit», sagte er, wieder zu
seinen Freunden gewandt, «daß wir Tapferkeit und Eifer, Einsicht und
Standhaftigkeit in dieser schweren Stunde an den Tag legen. Es gibt viele
Fälle, in welchen 1-1änner, die uns der Zahl und den anderen Eigenschaften
nach unterlegen waren, weil sie Eintracht übten, wunderbare und unerhör-
te Taten vollbracht haben. Wenn wir jetzt so zahlreiche und so tüchtige
Männer sind, dann gebührt es noch viel mehr, daß wir uns auch in unserem
Handeln unserer selbst würdig erweisen, indem wir lobenswerte, edle Ta-
ten vollbringen und danach trachten, entweder in Ehren zu leben oder
ruhmvoll zu sterben, und dies als unser einzig würdiges Streben betrachten.
Ich mache mich nunmehr auf den Weg zum Gericht. / Sollte es der Wille
Gottes sein, daß wir uns noch einmal treffen und einer des anderen ersehn-
tes Gesicht wieder erblickt, sei Gott Dank dafür; sollte aber sein Wille
anders über uns verfügen, dann entbiete ich euch hiermit meinen letzten
Gruß; erweist euch als würdig eurer edlen Abstammung und eures Mannes-
muts.»
Beide wollten auf diese Ansprache etwas erwidern, der Protostrator hielt
sich jedoch zurück, und so sprach der Großdomestikos: «Wenn die ver-
nunftbegabten Menschen den vernunftlosen Tieren dadurch überlegen
sind, daß sie sich ihrer Vernunft bedienen und sich für das jeweils Richtige
entschließen können, so gibt es meines Erachtens nichts, was mehr not tut
oder nützlicher ist, als sich zu einer Freundschaft zu entschließen. Zu deiner
Freundschaft, mein Kaiser, habe ich mich seit der Zeit meiner Kindheit
entschlossen und sie bis zur Gegenwart bewahrt und gedeihen lassen; so
hoffe ich, sie bis zum Ende meines Lebens unversehrt und rein zu erhalten.
Sei daher zuversichtlich, mein Kaiser, daß dir nichts Unerwünschtes zusto-
ßen wird, solange ich nicht von meinem eigenen Blut getränkt gefallen bin.
So gehe du jetzt deines Weges, gewappnet durch die Hilfe des Heilands und
der Mutter Gottes sowie durch die Wünsche des kürzlich vom Kaiser ge-
sandten Boten. Wir werden in dem Vorbau des Gebäudes, in dem der
Prozeß stattfinden wird, warten und wir sind bereit, zu deiner Verteidigung
auch das Leben aufzuopfern, falls dir Gewalt angetan wird.» Der Proto-
strator brachte seine Zustimmung in gleicher Weise zum Ausdruck, und

53
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,13-14 66/68

dann nahmen sie Abschied voneinander; man umarmte einander, als ob es


das letzte Mal wäre, und man wappnete sich mit dem Zeichen des Kreuzes
und trat in unerschütterlicher und standhafter Haltung und Gesinnung vor
Gericht. /
14. Die Gefährten des Mitkaisers blieben außerhalb; er selbst aber betrat
das Gebäude des Gerichts, wo sein Großvater und Kaiser auf dem Thron
saß, und nahm auf dem oben erwähnten Hocker 86 Platz. Die als Zuhörer
zum Prozeß geladenen Gäste setzten sich ebenfalls auf die für sie vorgesehe-
nen Plätze. Eingeladen waren folgende: Der Patriarch Gerasimos
[1320-1321]87, ein von göttlichen Gnaden erfüllter Mann, der in Mönchs-
kreisen höchstes Ansehen genoß, der aber in politischen und öffentlichen
Angelegenheiten völlig ahnungslos war; ferner der Inhaber des Metropoli-
tenthrones von Philadelpheia, Theoleptos 88 , ein moralisch ebenfalls hoch-
geschätzter Mann, der nicht nur den Gipfel des asketischen Lebens erklom-
men hatte, sondern auch in der Lage war, andere darin einzuführen, und
der außerdem ein besonnener und in der weltlichen Bildung bewanderter
Mann war. Von den Mitgliedern des Senats waren der Großlogothet Meto-
chites, über welchen wir bereits gesprochen haben, und der Chef der kaiser-
lichen Kanzlei, Nikephoros Chumnos 89 , anwesend, ein weiser Mann, der
ob seiner Einsicht bewundert wurde und beim Kaiser in Gunst und Ehren
stand; daher hatte der Kaiser denn auch seinen Sohn, den Despoten Johan-
nes 90 , mit Chumnos' Tochter Irene verheiratet. Bis kurz davor fungierte
Chumnos beim Kaiser als Mesazon für die Regierungsangelegenheiten, da-
mals war er aber von dieser Funktion wegen Krankheit - es handelte sich
um Gicht91 - bereits entbunden worden; nichtsdestoweniger genoß er in
hohem Maße die Gunst des Kaisers. Außerdem war noch / Konstantin
Akropolites 92 da, der ebenfalls den Titel des Großlogotheten führte.
Als es nun langsam still wurde, ergriff der ältere Kaiser Andronikos das
Wort und sprach in folgender Weise: «Herr Patriarch und ihr anderen·
Anwesenden, dieser Mensch» - er meinte damit seinen Enkel - «ist nicht
nur hart und vermessen in seiner Art, sondern dazu noch widerspenstig und
nicht willens, meine Autorität anzuerkennen; er macht ständig, was er will,
und mißachtet unseren Willen ganz und gar. Deshalb ... » Bis zu diesem
Zeitpunkt saß der Mitkaiser schweigend da; da er nun glaubte, daß mit
«deshalb» eine Entscheidung des Kaisers begann, fiel er ihm ins Wort:
«Gottgefälliger Gebieter und Kaiser, ich bitte dich, unterbrich einen Augen-
blick deine Rede und erlaube mir für kurze Zeit weniges zu sagen; ich

54
68/70 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,14

werde mich mit dem, was ich sagen will, kurz fassen, dann kannst du deine
Rede zu Ende bringen.» Als nun der Kaiser ihm erlaubte, zu sprechen, sagte
der junge Andronikos: «Ich rufe Gott zum Zeugen meiner Worte an, daß
ich mich in allem, was man mir vorwirft, unschuldig fühle. Dasselbe habe
ich deiner Majestät erklärt, als mir der bewunderungswürdige Joseph als
Mittler diente. Dies behaupte ich auch jetzt und bekräftige es durch Eid,
daß ich mir weder jetzt noch damals irgendeiner Schuld bewußt war. Na-
türlich habe ich mir Dinge zuschulden kommen lassen, wie etwa, als du
nicht wolltest, daß ich zur Jagd ginge, und ich es trotzdem tat, oder, als ich
längere Zeit, als du vielleicht gut geheißen hättest, ein Pferd benutzte, und
dergleichen mehr. Und dabei / war es nicht so, daß ich einen Befehl von dir
erhalten und diesen mißachtet hätte, sondern ich tat es nicht wissentlich,
und dann schien es dir vielleicht eine Verfehlung. Da ich nun davon über-
zeugt war, daß ich nichts Unrechtes getan habe, sagte ich zu meinen jeweili-
gen Gesprächspartnern, daß es auch in meinem Sinne sei, wenn ich vor
meinem Gebieter und Kaiser mich vor Gericht rechtfertige, denn, wenn dies
zustande käme, hätte ich Gelegenheit zu zeigen, daß mich keine der Be-
schuldigungen trifft, und der Kaiser würde seinen Verdacht wegen meiner
angeblichen Verfehlungen fallenlassen, und sein Zorn würde verebben. Du
weißt ja selbst, mein Kaiser, daß du seit dem Tode meines kaiserlichen
Vaters bis heute einen derartigen Zorn gegen mich an den Tag legtest, daß
du mich während dieser langen Zeit nicht einmal eines einzigen Wortes
gewürdigt hast. Dies war für mich schlimmer als der Tod, und ich führte
solche Gespräche, weil ich glaubte, daß ich Gelegenheit haben würde, mich
zu verteidigen, wie es bei Prozessen üblich ist. Meine Gesprächspartner
freilich glaubten, daß ich mit meiner Einschätzung der Lage völlig in die
Irre gehe, wenn ich nicht einsähe, daß ich wie in einem Kontumazialverfah-
ren abgeurteilt werde, da Ankläger und Richter ein und dieselbe Person
sind, sondern mir einbilde, daß man überzeugende Beweise zu meiner Ver-
urteilung benötigen werde. Ich wollte aber nicht hören. Jetzt hingegen, da
ich in der Tat das eintreten sehe, was sie mir damals voraussagten - denn
von dir als Richter bin ich bereits einstimmig verurteilt, noch ehe es zur
mündlichen Verhandlung kam,\untrüglicher Beweis dafür ist der Hocker,
auf welchen man mich verwies~? hat -, habe ich endlich die Einsicht ge-
wonnen, daß jene einsichtiger ~aren als ich; besser wäre es jedoch, wenn
ich jenen Ausgang der Angelegenheiten erleben könnte, den ich mir vorge-
stellt hatte, / um nicht zu sagen, das gerechte Ende. Da nun der Wind des

55
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,14--15 70/71

Mißgeschickes mir so sehr ins Gesicht bläst und mein Vater so feindliche
Gesinnung gegen mich hegt, daß mir nicht einmal das jedem zustehende
Recht gewährt wird, die Beschuldigungen zu entkräften, bitte ich deine
kaiserliche Majestät, kein Urteil gegen mich zu fällen, ehe die Delikte, die
du mir vorwirfst, einer eingehenden Prüfung unterzogen worden sind. Und
wenn sich ergibt, daß ich eine dieser Taten begangen habe, dann laß mich
zur schwersten Strafe, zum Tod, verurteilen; wenn ich mich aber aus allem
als unschuldig erweise, was, wie ich glaube, auch dein Wille und Wunsch -
ist, dann wird es dir als Vater und Herrscher freistehen, das Weitere nach
deinem Gutdünken zu regeln.»
Diese Worte versetzten den alten Kaiser in noch heftigeren Zorn; er
sprach in ungewöhnlich scharfem Tone und sagte, er halte seinen Enkel
nicht für einen Christen. Daraufhin antwortete der jüngere Andronikos
sogleich: «Mächtiger Kaiser, die gegenwärtigen Beschuldigungen wider
meine Person sind zahlreich und ernster Natur, ich hätte jedoch noch weite-
re und ernstere schweigend hingenommen, wenn dies dein Wunsch wäre;
was du aber eben gesagt hast, daß ich kein Christ sei, das kann ich nicht
schweigend hinnehmen 93 und mich auch nur angesprochen fühlen, sondern
mir scheint, daß dies der Laut einer Mücke oder wer weiß was für einer
Kreatur war. Aber ich sage dir: Auch wenn du mich nicht für einen Chri-
sten hältst, wird derjenige, der sein ehrwürdiges Blut barmherzig für mich
vergossen hat, Christus, für den auch ich bereit bin, mein Blut zu vergießen,
er wird, wenn die Zeit kommt, desse~ bin ich sicher, mich für einen der
Seinen halten und auch so nennen. Was / sollen denn diese Redensarten?
Wenn du richten willst, so richte nach den Gesetzen, wenn du aber schon
vorher dein Urteil gefällt hast, dann brauchst du mir nur noch die Strafe
aufzuerlegen. Tu also, wie dir beliebt. Ich bin dir dankbar, daß du in
Anwesenheit dieser Männer hier sagst und tust, was du eben gesagt und
getan hast. Denn wenn jetzt etwas Unerwartetes mich trifft, schmerzt es .
mich weniger, da mir vor vielen Zeugen Unrecht getan wird.»
15. Solche Worte wechselten drinnen die beiden Kaiser. Den Großdome-
stikos und den Protostrator aber, die sich, wie bereits erwähnt, in dem
Vorbau aufhielten, riß es, als sie den älteren Kaiser mit schneidender Stim-
me sprechen hörten, von ihren Sitzen und sie machten sich sogleich ein
Stück auf den Weg, um dem Mitkaiser Hilfe zu bringen, da sie glaubten,
daß die Schärfe des Tones Schlimmes für den jungen Kaiser bedeute; als
sich jedoch der Lärm gelegt hatte, beruhigten auch sie sich. In demselben

56
71/73 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 15

Raum saßen mit ihnen noch drei Männer aus dem Kreis der engsten Ver-
trauten des alten Kaisers, Ioannes Meliteniotes 94 , Andronikos Exotrochos 95
und als dritter Bardas 96 ; diese vermuteten nun, daß die Hilfsbereitschaft der
beiden dem jungen Andronikos galt, kamen zu ihnen und sagten: «Die
Kaiser unterhalten sich drinnen über verschwiegene Dinge; macht daher,
daß Ihr hier wegkommt, und begebt Euch zum Hof des Palastes.» Diese
aber sahen sie grimmig an und bekundeten ihren Zorn mit Blicken und
Worten, und forderten jene auf, sich zu entfrrnen und sie in Ruhe zu lassen.
Daraufhin verhielten sich zwei von ihnen / ruhig und setzten sich wieder,
während der dritte, Meliteniotes, zum alten Kaiser hineinging und ihm ins
Ohr flüsterte: «Du mußt gut überlegen, mein Kaiser, was dein nächster
Schritt sein wird; denn vor deiner Tür stehen ein paar Leute vom Senat, die
entschlossen sind, für den jungen Kaiser alles zu tun oder zu erleiden.» Als
der Kaiser diese Worte vernahm, stand er sogleich von seinem Thron auf
und schritt in das innere Gemach und ließ den Mitkaiser und die Zuhörer
des Prozesses im äußeren Gebäude zurück. Dann bat er den Großlogothe-
ten Metochites zu sich und, nachdem er alles, woran ihm lag, mit ihm
erörtert hatte, ließ er durch ihn seinem Enkel und Kaiser folgendes mittei-
len: «Dich belastet all das, was ich dargelegt habe, und noch anderes; ich
werde jedoch dies alles vergessen,und dir verzeihen 97 , vorausgesetzt, daß du
tust, was ich dir sage, nämlich folgendes: Zunächst mußt du eidlich versi-
chern, daß du deinen Glauben an Christus rein erhältst; dann, daß du auch
mir gegenüber loyal bleiben wirst; drittens, daß du mir deine Helfershelfer
und Anhänger nennen wirst 98 ; viertens aber mußt du dich eidlich dafür
verbürgen, nicht zu entweichen.»
Darauf gab der junge Kaiser folgende Antwort: «Mächtiger Kaiser, deine
Forderung, daß ich meinen Glauben durch Eid bekräftigen soll, erscheint
mir hart und versetzt mich in große Unruhe; und außerdem widerspricht sie
sich selbst. Wenn du mich nämlich aufforderst, bei dem heiligen Evange-
lium und den ehrwürdigen Ikonen zu schwören und dadurch meinen Eid
glaubwürdig zu machen, so zeigst du eben damit, daß ich an Gott glaube
und Christus in mir wohnt. Falls du aber / der Meinung bist, daß ich einem
anderen Glauben diene, dann ist es völlig sinnlos, mich bei dem schwören
zu lassen, woran ich längst nicht mehr glaube; denn ohne weiteres würde
ich einen Meineid schwören bei dem, was nicht Gegenstand meiner Vereh-
rung ist. Deshalb bitte ich dich, mein Kaiser, nicht über solche Dinge ver-
handeln zu wollen; durch die Gnade Christi bin ich nämlich ein rechtgläu-

57
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 15 73/74

biger Christ. Daß ich gegen dich nichts Böses tue oder plane, schwöre ich
dir nunmehr beim Schöpfer des Himmels und der Erde, sowie, daß ich
weder bisher zu solchen Gedanken verlockt worden bin noch mich in der
Zukunft böse gegen dich erweisen werde; und, falls du es befiehlst, werde
ich den Schwur wiederholen. Was nun deine Forderung betrifft, daß ich dir
meine Gefährten und Gesinnungsgenossen nennen soll, sage ich nur dies,
daß du selbst besser wissen dürftest, was für Leute meine Anhänger sein
dürften. Da ich nämlich über keine Geldquelle verfüge, mit der ich viel-
leicht einige wichtige Leute dazu bringen könnte, ihre Aufmerksamkeit auf
mich zu richten, und keinen Zugang habe zu dir, durch dessen Hilfe ich
mich einigen bedürftigen Menschen nützlich erweisen und sie zu meinen
Freunden machen könnte, kann jedermann aus der Sache selbst erkennen,
was für Leute sich um mich gesammelt haben. Falls nun einige von ihnen
mir wohlgesonnen sind, so schulden sie mir dieses Wohlwollen nicht, son-
dern sie schenken es mir. Da sie mir so ihre höchste Gunst aus freien
Stücken erwiesen haben, wäre meine Verworfenheit unübertroffen, falls ich
mich gegenüber meinen Freunden so gen'ein und verräterisch erweisen
sollte. Kommen sie doch selbst zu mir und suchen nichts anderes mir einzu-
reden, als daß ich mich dir, / dem Kaiser und Vater, unterordnen und
unterwerfen und deiner Durchlaucht keinen Anlaß zum Zorne geben soll.
Und obwohl ich versichere, daß ich mir keiner derartigen Schuld bewußt
bin und viele Argumente zu meiner Verteidigung vorbringe, vermag ich
damit meine Freunde nicht zu überzeugen, da sie natürlich denken, daß,
was die Bande der Natur verbinden, sich niemals mit sich selbst so sehr
verfeinden kann, es sei denn, es sind gewichtige Gründe im Spiel; denn
nicht einmal die wildesten Tiere haben je gegen ihren Nachwuchs Böses
ersonnen. Sollten aber unter meinen Freunden einige sein, die nicht so
denken, glaubst du, daß ich ihnen gegenüber so schlecht und undankbar
sein kann, ihre Zuneigung mit Verrat zu vergelten? Das kommt nicht in
Frage. Eher werde ich, nicht nur für sie alle, sondern schon für einen
einzigen von ihnen mein persönliches Heil aufs Spiel setzen, als daß ich
zuließe, daß ihnen um meinetwillen auch nur eine geringe Unbill zustößt.
Schließlich hast du auch befohlen, daß ich mich eidlich verpflichten soll,
nicht aus der Stadt zu fliehen. Ich schwöre dir beim Herrn des Alls, dem
allmächtigen Gott, daß ich, sollten sich deine Pläne als gefährlich für mich
entpuppen, mit all meiner Kraft und so schnell ich kann, die Flucht ergrei-
fen werde.»

58
74/76 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 16

16. Während nun der junge Kaiser dies sprach, stand der alte Kaiser an
der Tür des inneren Gemaches und hörte jedem Wort zu. Alles andere
nahm er schweigend zur Kenntnis, als er aber von der Flucht hörte, sagte
er: «Du willst fliehen, he du? Du wirst sofort verhaftet und in Ketten
abgeführt werden und das Schicksal eines Gefangenen erleiden. Und ich /
werde keine drei Heller für deine Freilassung erlegen.» Dann trat er ein
paar Schritte vor und sagte zu den Anwesenden: «Seht ihr, wie er meine
Worte bestätigt, indem er sich hart und frech und überaus arrogant gibt?
Jetzt könnt auch ihr es aus seinem Verhalten einwandfrei erkennen.» Dar-
aufhin sagte der junge Andronikos: «In Wahrheit bin ich weder hart noch
frech, mein Kaiser, sondern es ist das Trugbild meiner unzähligen Verge-
hen, das mich in deinen Augen so erscheinen läßt. Ich rufe den allwissenden
Gott zum Zeugen an, daß ich mir keines einzigen Vergehens bewußt bin,
welches einen solchen Groll rechtfertigen würde. Deshalb bitte ich deine
Majestät, mir Vergebung zu gewähren, ganz gleich, ob ich gefehlt habe
oder nicht. Ich will hier vor deinen Füßen sterben ... » - mit diesen letzten
Worten wollte er andeuten, er sei nur mit Gewalt von der Stelle zu bewe-
gen, und zugleich warf er sich auf die Erde nieder um den Fuß des Kaisers
zu küssen 99 • Dieser aber faßte ihn an der Schulter, hielt ihn hoch und verbat
sich auch durch Worte diese Geste; als aber der Mitkaiser seinen Vorsatz zu
erzwingen suchte, ließ er die Schulter los und packte ihn an den Haaren,
und da jener trotz allem darauf bestand, ohne auf sich selbst zu achten, gab
der Großvater nach und ließ ihn auf die Erde gleiten, aus Angst, durch die
gewaltsame Bewegung des Kopfes könnten seine Haare ausgerissen wer-
den. Er legte sich hin und küßte den Fuß des Kaisers. Als er sich erhob,
faßte der Kaiser seinen Kopf und küßte sein Antlitz. Bei diesem Anblick
erhoben der Patriarch und die anwesenden Mitglieder des Senats in dem
Glauben, sie seien eben Zeugen einer endgültigen Versöhnung der Kaiser
geworden, laut ihre / Stimmen und dankten Gott als dem Spender des
Friedens. Auch der junge Kaiser und seine Gefolgschaft glaubten, daß der
Kaiser sich mit seinem Enkel versöhnt habe, und freuten sich darüber und
betrachteten jenen Tag als einen Tag des höchsten GlÜcks lOo • Nachdem nun
der junge Kaiser sich vom Palast nach Hause begeben hatte, erzählte er
seinen Freunden von dem Wortwechsel vor Gericht, und alle Anwesenden
feierten miteinander und freuten sich über den Ausgang. Sie ließen auch
den Syrgiannes über die Ereignisse unterrichten, damit auch er sich zusam-
men mit seinen Freunden freue und seine Seele nicht vor Kummer verzehre

59
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 16 76/77

[Ps. 106,26], da nun die vorher beabsichtigten Beschlüsse überholt seien


und ein sicherer Friede zwischen den Kaisern eingetreten sei, und die Lage
sich nach ihrem Wunsch entwickelt habe; denn dies hätten sie ja immer
gewünscht, daß der Kaiser seine feindselige Haltung dem Enkel gegenüber
ändere und sie in Ruhe leben könnten, fern von jeder Gefahr.
Diese Deutung maßen sie den Begebenheiten bei; doch verhielt es sich,
wie spätere Ereignisse für die meisten Menschen deutlich machten, anders.
Man hat nämlich das Geschehene folgendermaßen gedeutet: Unter den
Kaisern der Rhomäer hatte sich der Brauch eingebürgert, daß, wenn einer
aus der kaiserlichen Familie oder sonst ein hoher Würdenträger bei der
Verehrung des Kaisers dessen Fuß küßte, der Kaiser dies mit einem Kuß auf
die Augen erwiderte. Als nun damals der Mitkaiser dem Großvater den Fuß
küßte, erwiderte dieser mit einem Kuß auf die Augen, um nicht den Ein-
druck zu erwecken, daß ein unversöhnlicher Haß ihn erfülle und er den
Enkel und Kaiser nicht einmal dessen würdige, was sonst auch Privatleuten
zuteil werde.
Die Auseinandersetzung der Kaiser / während jenes Prozesses nahm also
dieses Ende. Zwei Tage später schickte der ältere Kaiser jemanden an den
Großdomestikos und legte ihm nahe, sich zur Peloponnes zu begeben, um
dort die Statthalterschaft zu übernehmen. Diese Meldung schien von An-
fang an kein gutes Vorzeichen zu sein; um also Zeit zu gewinnen und den
jungen Kaiser über die Botschaft des Kaisers informieren zu können,
schickte der Großdomestikos dem letzteren folgende Antwort: «Von deiner
Fürsorge und Gunst, mein Kaiser, habe ich auch sonst viele Beweise, am
deutlichsten zeugt davon jedoch die Tatsache, daß ich sozusagen von frühe-
ster Kindheit an zu hohen militärischen Ämtern und zivilen Statthalter-
schaften 101 ausgewählt wurde, wozu ich freilich von Haus aus eine Neigung
hatte. Deine jetzige Bevorzugung verpflichtet mich deiner Herrschaft ge-
genüber zu tiefem Dank, mein Kaiser. Ich bitte dich nun, mir auch diese·
Gunst noch zu erweisen, daß mir der heutige Tag noch gewährt wird, damit
ich mir die Sache überlegen und dir morgen diesbezüglich Bericht erstatten
kann.»
Eine solche Antwort schickte der Großdomestikos dem älteren Kaiser;
andererseits ging er, so schnell er konnte, zum jungen Kaiser und berichtete
in Anwesenheit des Protostrators Synadenos über den Befehl des Kaisers.
Sie hielten eine neue Beratung über die Gesamtlage für erforderlich; denn
die Gefahr drohe nicht nur einem allein, sondern allen zusammen. Als

60
77/79 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 16

erster trug der Mitkaiser seine Meinung vor, indem er folgendermaßen


sprach: «Wir können es uns selbst bezeugen, und Gott, der unsere Beratun-
gen mitangehört hat, weiß, daß wir weder von Kummer überwältigt noch
von unangebrachtem und widerwitzigem Übermut uns hinreißen ließen,
etwas Unschickliches zu tun oder zu / beschließen, sondern wir haben eine
derartige Seelengröße und Selbstbeherrschung an den Tag gelegt, um dem
Kaiser keinen Vorwand zu liefern, seine Pläne gegen uns zu verwirklichen,
daß wir, hätte Gott seine schützende Hand nicht über uns ausgestreckt, uns
schon jetzt nicht fern der Tore des Todes befänden [Ps. 106,18]. Bisher
habe ich selbst euch empfohlen, in der Gefahr standhaft zu sein und habe
euch dafür gelobt; denn solange unser Bündnis geheim war, glaubte der
Kaiser, mit mir allein den Streit führen zu müssen und ging daher lässiger
vor, da es ihm ein Leichtes schien, sein Vorhaben auszuführen, wann im-
mer er wollte. Jetzt aber, da bekannt ist, daß ich Helfer habe 102 , wird er
nicht bei seinen alten Überlegungen bleiben, sondern zunächst euch unter
dem Vorwand neuer Ämter mir entzweien und dann jeden einzelnen von
uns, die wir so des gegenseitigen Beistandes beraubt und in der Isolierung
sehr schwach sein werden, nach Belieben bestrafen. Dir befahl er jetzt, nach
der Peloponnes überzusiedeln; morgen wird er den Protostrator um irgend-
eines anderen Amtes willen in die entlegensten Winkel des Rhomäerlandes
schicken und ihn zwingen, sich so schnell wie möglich auf den Weg zu
machen. Wenn er so euch beide, die Angesehensten, aus dem Weg geräumt
hat, wird er nach weiteren Helfern von mir Ausschau halten. In dieser
Weise wird er alles nach seinen Vorstellungen arrangieren, um sich dann
um so leichter gegen mich wenden zu können und meinen Untergang zu
bereiten. Vielleicht wird jemand einwenden, daß der Kaiser, statt deinen
Freunden in den entlegensten Winkeln des Rhomäerreiches Ämter zu ver-
schaffen, um, wie du meinst, dich ihres Beistandes zu berauben, viel leichter
und wirkungsvoller / sie verhaften und einsperren lassen könnte, um der
Sorge ihretwegen ledig zu sein. Was würde den Kaiser daran hindern, so
etwas auszuführen? Die Frage ist berechtigt, denn nichts würde ihn daran
hindern; der Kaiser ist aber einsichtig genug und verfügt über zu große
Erfahrung in der Politik, als daß ihm entgangen sein könnte, daß es äußerst
unzweckmäßig ist, mit offenen Feindseligkeiten zu beginnen, bevor er ge-
nau weiß, wieviele und was für Leute auf meiner Seite stehen. Es wäre
nämlich in diesem Fall zu befürchten, daß viele und mächtige Leute mich
unterstützen und daß er durch die Verhaftung von ein oder zwei Männern

61
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,16 79/80

die anderen dazu bringen würde, sich gegen ihn zwangsläufig zusammenzu-
tun, und die Sache nicht in seinem Sinne ausgehen würde. Es ist nur natür-
lich, daß er viele und mächtige Leute auf meiner Seite vermutet; denn die
Tatsache, daß ich beim vorgestrigen Gericht, obwohl ich allein dastand,
nicht nachgab oder irgendwie von Furcht ergriffen wurde, sondern mit
ungebrochenem Willen und fester Haltung sehr selbstsicher widersprach,
sowie der Bericht des Meliteniotes, daß einige vornehme Leute draußen
warteten und bereit seien, alles für mich zu tun, haben die Pläne des Kaisers
weitgehend vereitelt. Deshalb stand er damals auf und tat sogleich, was ihm
persönliche Sicherheit zu gewährleisten schien und verließ den richterlichen
Thron. Jetzt aber hält er es für das Beste, euch, deren wahre Gesinnung er
erkannt hat, unter dem Vorwand einer Beförderung zu entfernen, und
danach wird er wiederum in Angriff nehmen, was ihm nach Lage der Dinge
nützlich erscheint. Aus all diesen Gründen, glaube ich, dürfen wir nicht
mehr zögern und nicht die / deutlich sichtbare Gefahr unterschätzen, als ob
die Größe des Unheils uns unserer Sinne beraubt hätte, sondern wir müssen
uns selbst retten, so gut wir können. Ich will euch jetzt jedoch auch eine
andere Überlegung zur gegenwärtigen Situation mitteilen und, wenn ihr
einverstanden seid, diese näher erläutern: Mein Großvater und Kaiser hat,
wie ihr selbst wohl wißt, verlangt, daß ich ihm meine Gefolgsleute nenne.
Ich habe ihm damals die für den Augenblick passende Antwort gegeben,
indem ich behauptete, weder Gefolgsleute zu haben noch sie benennen zu
wollen, sollten einige da sein. Jetzt scheint es mir aber zweckmäßig, eine
Gesandtschaft zu ihm zu schicken und die Existenz meiner Anhänger zuzu-
geben sowie von ihm eine eidliche Versicherung zu verlangen, daß er ihnen
nichts nachtragen und sich wegen ihrer Zuneigung zu mir nicht an ihnen
rächen wird. Sollte er nun meine Worte freundlich und wohlwollend auf-
nehmen und die Immunität meiner Freunde unter Eid garantieren, wäre
dies ein klares Zeugnis dafür, daß er sich mit mir wirklich versöhnt hat und·
daß er euch nich t ohne sachlichen Grund oder mit Hintergedanken zur
Übernahme von Ämtern fortschickt, sondern einfach, weil er diese euch
zugedacht hat. Falls er sich aber darüber empört und die Botschaft zurück-
weist, dann braucht man keinen deutlicheren Beweis dafür zu suchen, daß
er alles gegen uns ins Werk setzt. Als Boten werde ich mich des Großlogo-
theten Metochites bedienen, da er auch früher eine Vermittlerrolle zwi-
schen mir und dem Kaiser ausgeübt hat und vor ihm freimütig zu sprechen
vermag, so daß er guten Muts Botschaften solcher Art übermitteln kann.»

62
80/82 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 17

17. Diese Überlegung stellte deT junge Kaiser ihnen anheim; der Großdo-
mestikos und der Protostrator hießen sie gut und stimmten zu, dann mach-
te sich jeder auf den Weg nach Hause. Der junge Kaiser / aber bat den
Großlogotheten zu sich 103 und übergab ihm folgende Botschaft an den
Großvater: «Die Wohltat, mein Kaiser, die deine Majestät mir vorgestern
erwiesen hat, veranlaßt mich, deiner Hoheit den gebührenden tiefen Dank
abzustatten. Auch wenn deine Worte mit Streit und Zorn begannen, sind
sie schließlich zu einem freundlichen und einvernehmlichen Ende gelangt
und gaben so mehr zur Freude Anlaß als vorher zum Kummer. Deshalb will
ich, was du anfangs sagtest, als väterliche erzieherische Maßnahme und
Sorge betrachten und nicht mehr daran denken; was aber danach gesche-
hen ist, das zeugt von dem Edelmut und Wohlwollen eines Vaters und
Kaisers, und daher glaube ich, es unauslöschlich in meinem Gedächtnis
bewahren zu müssen. Insoweit jedoch eine deiner damaligen Aufforderun-
gen sowohl mich stark beunruhigt und mit quälenden Sorgen erfüllt, als
auch bei anderen nicht geringe Befürchtungen hervorgerufen hat, bitte ich
deine Majestät, auch diesen Schmerz aus der Welt zu schaffen. Ich meine
folgendes: Du hast mir, mein Kaiser, durch die Vermittlung des Großlogo-
theten befohlen, dir die Namen meiner Freunde und Anhänger zu nennen,
worauf ich damals zwar die Existenz von solchen nicht gänzlich in Abrede
stellte, wohl aber versuchte, durch folgerichtige Darlegungen zu zeigen, daß
es derlei Leute nicht geben könne: mit anderen Worten, ich habe dir klarge-
macht, daß ich weder über Geldquellen verfüge, wodurch ich vielleicht die
Gefolgschaft einiger Leute für mich gewinnen könnte, noch über die Macht
und den Einfluß bei dir, wie er dem Sohn eines Kaisers zusteht, und um
dessentwillen diejenigen, die meine Hilfe brauchen, mit mir liebäugeln
könnten. Jetzt aber offenbarte die Lage der Dinge von allein / meine Anhän-
ger und ich gebe auch selbst zu, daß solche existieren, obgleich sie mir, was
ich auch damals sagte, keine Gefälligkeit schuldig sind; sie haben mich
vielmehr als erste verpflichtet. Deshalb, mein Kaiser, bitte ich eure Majestät
mir und meinen Gefährten eidlich zu garantieren, daß wir völlig straflos
bleiben. Dann werden wir zuversichtlich einem Leben frei von Angst entge-
gensehen und deiner Hoheit großen Dank bezeigen.»
Eine solche Botschaft ließ der junge Kaiser den Großlogotheten an seinen
Großvater und Kaiser ausrichten, und er bat ihn, seine Forderung zu unter-
stützen und dem Kaiser nahezulegen, daß eine eidliche Zusicherung viele
günstige Folgen haben würde. Dieser aber sagte sogleich: «Ich hatte ange-

63
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 17 82/83

nommen, mein Kaiser, daß deine Einladung an mich eine gute Wende
herbeiführen würde; ich hatte nämlich gedacht, daß du ehrfurchtsvolle und
schmeichelnde Worte durch mich dem Kaiser übermitteln wollest, um sein
Herz sanftmütiger und gnädiger zu stimmen. In Wirklichkeit geschieht aber
das Gegenteil dessen, was ich erwartet hatte. Deshalb bin ich nicht bereit,
eine Botschaft solchen Inhaltes zu überbringen, und habe keinesfalls vor,
durch solche Worte den ohnehin zornigen Kaiser noch mehr in Wut zu
versetzen. Auf der anderen Seite ist mir nicht einmal vom Hörensagen ein
Fall bekannt, daß sich die Herrscher ihren Untertanen gegenüber durch Eid
verpflichteten 104 ; das Gegenteil ist vielmehr üblich. In einem solchen Fall
würde nämlich der Herrscher seinen Untertanen das schulden, wozu nor-
malerweise die Untertanen dem Herrscher verpflichtet sind, und das wäre
gewiß absurd. Ich bin sogar in großer Ratlosigkeit für den Fall, daß der
Kaiser fragt, warum ich zu dir gekommen bin, da ich keine schickliche
Antwort darauf wüßte. Dem Kaiser gegenüber / werde ich also irgend einen
Vorwand für meinen Besuch erdichten, dir aber rate ich und ich bitte dich
darum, unter keinen Umständen noch einmal davon zu sprechen. Ich sehe
nämlich voraus, daß ein nicht wiedergutzumachendes Unheil das Resultat
sein wird, falls der Kaiser davon erfährt.»
Daraufhin sagte der junge Kaiser: «Mir steht der Sinn danach, ganz
anders darüber zu denken und zu reden; denn ich betrachte diese meine
Worte keineswegs als Ursache von Unheil, sondern von unermeßlichem
Glück, falls es so kommt, wie ich es verlange. Daß es bei den früheren
Kaisern Präzedenzfälle gegeben hat, kann ich beweisen, ohne weit zurück-
greifen zu müssen. Mein Ahnherr nämlich, der Kaiser Michael [VIII. Pa-
laiologos], ist, als er noch das Leben eines Privatmannes und Untertans des
Kaisers Johannes [lU. Dukas] Vatatzes führte, zum Herrscher der Perser
'[Seldschuken], dem Sultan von Ikonion, übergelaufen 105, da er von seiten
des Kaisers für sich Gefahr befürchtete; von dort schickte er eine Botschaft,
zum Kaiser und verlangte, daß dieser sich eidlich verpflichte, ihm die Flucht
zu verzeihen und auch künftig keine Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen.
Der Kaiser empfing die Botschaft mit Wohlwollen und, obgleich ein Herr-
scher, leistete er den Eid, wie sein Untertan es verlangte. Er ist nicht das
einzige Beispiel; bereits viele Kaiser vor ihm gewährten ihren Untertanen
eine eidliche Zusicherung, wenn irgendein Zweck es erheischte. Drum, bei
der Wahrheit, sag, wenn diese Leute, für welche ich jetzt den Eid verlange,
aus Angst vor der Gefahr zu irgendeinem der uns benachbarten Barbaren

64
83/85 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,17

überlaufen und von dort aus eine Botschaft schicken und vom Kaiser ein
eidliches Versprechen verlangen, daß er sie bei ihrer Rückkehr nicht bestra-
fen werde, glaubst du, daß der Kaiser diesem Begehren nicht nachgeben
wird? Ich glaube schon. / Was also zu einem anderen Zeitpunkt, wie du
zugeben wirst, einer Notlage wegen stattfindet, das soll auch jetzt gesche-
hen um der vielen Vorteile willen, die es mit sich bringt.»
Daraufhin gab der Großlogothet eine Antwort, in welcher er seine frühe-
ren Ausführungen wiederholte und zusätzliche Argumente vorbrachte, um
zu zeigen, daß die Forderung des Mitkaisers nachteilig und unmöglich sei;
er weigerte sich mit Nachdruck, eine solche Botschaft zu überbringen, und
ging nach Hause. Als später der Friede hergestellt wurde, behauptete der
alte Kaiser, wenn die diesbezügliche Botschaft ihm überbracht worden wä-
re, hätte er den Eid geleistet und kein Wagnis wäre dabei einzugehen gewe-
sen; deshalb gab er für den Bürgerkrieg dem Großlogotheten die Schuld 106 .
Seinen Freunden, die ihn gleich danach aufsuchten, erzählte der Mitkaiser,
was er dem Großlogotheten sagte und dieser darauf antwortete, und fügte
am Ende hinzu: «Wer kennt schon den Willen und den Sinn Gottes?»
[Horn. Od. 4,267]. Er forderte seine Freunde auf, ihre Geduld noch eine
Weile zu bewahren. «Denn der heutige Tag wird uns etwas Unbekanntes
offenbaren; heute nämlich endet die vereinbarte Frist für die Antwort des
Großdomestikos an den Kaiser, und von seiner Stellungnahme sind unsere
künftigen Beschlüsse und unser weiteres Handeln abhängig.»
Nach dieser Beratung gingen sie auseinander. Der Bote des Kaisers vom
vergangenen Tag kam aber wieder zum Großdomestikos und verlangte
seine Antwort. Dieser nahm folgenderweise Stellung: «Wie ich bereits ge-
sagt habe, mächtigster Kaiser, kommt zu den unzähligen Beweisen deines
Wohlwollens nun die gegenwärtige Gunsterweisung hinzu und veranlaßt
mich, dir noch mehr und inniger dankbar zu sein als bisher. Ich bitte dich
jetzt, mir noch eine / Gunst zu erweisen, die ich keineswegs für weniger
wichtig als die anderen erachte, nämlich zu gestatten, daß ich nicht auf die
Peloponnes versetzt werde. Es ist nicht Trägheit, was mich zurückhält, oder
daß ich dieses Amt für meiner unwürdig hielte, sondern ich würde den
Aufenthalt in jener Gegend, in der mein Vater gestorben ist, nicht ertragen
können. Denn du weißt besser als ich, mein Kaiser, daß mein Vater einund-
zwanzig Jahre alt war, als er von dir zum Statthalter der Peloponnes er-
nannt wurde und daß er dieses Amt acht Jahre lang ausübte, ehe er dort
starb 107 . Seinem Gedächtnis zuliebe ist mir allein schon die Erwähnung des

65
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 17 85/86

Namens Peloponnes zuwider, und meine Mutter hat mir oft und oft gesagt,
sie würde es ungern hören, daß ich Statthalter jenes Landes würde, das
mich eines so geschätzten Vaters beraubt hat. Deshalb bitte ich um Verge-
bung dafür, daß ich dorthin nicht gehen will.»
Di~s war nur ein Vorwand und nicht der wirkliche Grund für ihn, die
Statthalterschaft der Insel des Pelops abzuschlagen. Als der Kaiser dies
hörte, äußerte er in leichtem Spott, das seien nicht die Worte eines einsichti-
gen Mannes, und wenn er wegen des Todes seines Vaters Angst vor dem
Ort habe, so sei das eine unmännliche Furcht. Er ließ durch denselben
Boten dem Großdomestikos folgende Antwort bestellen: «Es wäre wohl
besser gewesen, ohne Widerspruch den Befehl sofort auszuführen. Da du
nun aber einen Grund hast - zwar keinen zwingenden, immerhin aber
einen Grund -, die Peloponnes zu meiden, entbinde ich dich von jener
Aufgabe, befehle dir aber, nach Thessalien zu gehen und dort die Statthal-
terschaft zu übernehmen, da die benachbarten Katalanen 108 es angegriffen
haben und schweren Druck auf dieses Land ausüben, / und es daher Hilfe
und einen fähigen und einsichtigen Strategen braucht.»
Der Großdomestikos konnte diesem Befehl nicht widersprechen, deshalb
tat er so, als ob er das angebotene Amt annehmen würde. Er nützte jedoch
das Wort des Kaisers, Thessalien stehe unter dem Druck der Katalanen und
brauche beträchtliche Militärhilfe, aus wie einen glücklichen Fund; so ließ
er den Kaiser wissen, daß er nach Thessalien gehen werde, wie ihm befoh-
len, er müsse aber prüfen und der Kaiser gewähren, was er zur Abwehr der
Feinde und zur Sicherung seiner Herrschaft für notwendig erachte. Er dach-
te sich nämlich, daß entweder der Kaiser vor seinen unmöglichen Forderun-
gen erschrecken und ihn von dieser Mission freistellen werde, oder daß
anderenfalls bis zum Abschluß der Vorbereitungen viel Zeit verfließen und
er Gelegenheit haben werde, sich mit dem jungen Kaiser zu treffen und über
das weitere Vorgehen zu entscheiden, da die schroffe Zuspitzung der Situa-
tion unwillkürlich zu einem Entschluß dränge. Als nun der alte Kaiser den
Großdomestikos aufforderte, seine Wünsche zu äußern, und dieser sie ihm
brieflich mitteilte - er forderte eine kampfbereite Armee und hinreichende
Gelder für den Unterhalt der Soldaten -, schlug der Kaiser ihm keinen
dieser Wünsche ab, sondern gab Befehl, alles umgehend bereitzustellen. Da
nun der Kaiser den Abgang des Großdomestikos beschleunigte und ihm
keine Zeit ließ, zu Atem zu kommen, versprach dieser, sich nach Ablauf
von fünf Tagen auf den Weg zu machen; dieser Tag war der Montag

66
86/88 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,17-18

[13. April 1321] der bei uns so genannten 'großen Woche) [Karwoche]. Der
Kaiser war damit einverstanden und beruhigte sich. An demselben Tag
erhielt auch der Protostrator vom / Kaiser den Befehl, sich in die Provinz
Prillapos109, die er bereits früher betreut hatte, zu begeben, um ihre Statt-
halterschaft wieder zu übernehmen. Dieser versprach, den Befehl des Kai-
sers auszuführen und gab, als man eine Frist für seinen Weggang verlangte,
den sechsten Tag der Karwoche [d. i. Karfreitag] als Termin an. Solche
Botschaften und Erklärungen gaben sie gegenüber dem älteren Kaiser ab.
18. Zugleich trafen sich die beiden wieder mit dem jungen Kaiser und
berichteten ihm über das Vorgefallene; sie faßten den Entschluß, nicht
mehr zu warten, sondern die Vorbereitungen zu treffen, um aus Byzanz zu
fliehen. Sie sandten auch einen Brief an Syrgiannes und forderten ihn auf,
die von ihm befehligte Streitmacht in Bereitschaft zu halten und sich am
Ostertag in der Nähe der Hauptstadt einzufinden; denn für diesen Tag
hatten sie ihren Abgang vereinbart. Als nun der Montag der Karwoche
kam, an welchem Tag der Großdomestikos seinem Versprechen gemäß
Konstantinopel verlassen wollte, drängten ihn die Verantwortlichen, sein
Versprechen einzulösen; er verschob jedoch unter verschiedenen Vorwän-
den seine Abreise. Am nächsten Tag erhielt er einen Befehl des Kaisers, so
schnell wie möglich die Stadt zu verlassen. Er antwortete darauf, er könne
nicht eher aus der Stadt aufbrechen, als ihm die Gelder ausgezahlt seien,
die er für die Söldner seiner Truppe sowie für die Garnisonen der kleinen
thessalischen Städte benötige. Sobald dieser Wunsch erfüllt sei, gebe es
keinen Aufschub mehr und werde man ihn am nächsten Tag außerhalb der
Mauern Konstantinopels sehen. Auf Befehl des Kaisers zahlten die Verwal-
ter der kaiserlichen / Kasse Ho d~s Geld, einen Betrag von 50 000 Goldmünzen,
noch am selben Tage aus. Die Kassierer des Großdomestikos nahmen die
Summe in Empfang, beließen sie aber gleich wieder, gemäß den Anweisun-
gen ihres Herrn, in der kaiserlichen Kasse zur Aufbewahrung. Sie gaben als
Grund für diese Maßnahme an, eine der unter dem Kommando des Groß-
domestikos stehenden Abteilungen sei von einem anderen Feldzug eben
zurückgekehrt und habe um einen kurzen Aufenthalt zu Hause gebeten;
nachdem nun der Feldherr sein Bestes getan habe, um die Soldaten aus
ihren Häusern zu vertreiben, und dabei nichts habe erreichen können, da
der eine hierhin, der andere dorthin entkommen sei, habe er wider Willen
den Männern erlaubt, das Osterfest mit ihren Familien zu verbringen, ih-
nen aber befohlen, sich gleich darauf auf den Weg zu machen; dieses Kon-

67
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,18 88/89

tingent sei beauftragt worden, das Geld abzuholen und damit beim Feld-
herrn zu erscheinen.
Dies alles war nur eine Ausrede; man holte das Geld nicht ab, einer-
seits, um einen hinreichenden Vorwand zu haben, sich in der Nähe von
Konstantinopel aufzuhalten - denn dort verweilte der Großdomestikos nach
seinem Aufbruch bereits fünf Tage, um die Ankunft des jungen Kaisers abzu-
warten -, andererseits, weil er es für gemein und für seiner unwürdig hielt,
den Eindruck zu erwecken, er wolle mit Trug und List aus Geldgier den
Kaiser bestehlen; eine solche Tat, so meinte er, würde für alle Zeit seinem
Ruf und seinem Ansehen erheblichen Abbruch tun. Es gab viele, die, der
Geldgier erlegen, seine Handlungsweise als sonderbar betrachteten, weil er
eine so große Menge Geldes bei so akutem Geldbedarf leichtfertig als etwas
Nichtiges verachtet habe, obwohl er, wenn er nur gewollt hätte, es mit
großer Leichtigkeit an sich hätte bringen können.
Der Großdomestikos verließ also am vierten Tag der Karwoche [Mitt-
woch, den 15. April 1321] / Konstantinopel und hielt sich vor der Haupt-
stadt auf, dem Vorgeben nach, weil er auf die Soldaten und das Geld
wartete. Am sechsten Tag derselben Woche [Karfreitag] stand auch der
Protostrator vor der Notwendigkeit, die Hauptstadt zu verlassen. Er verließ
sie jedoch nicht, sondern versprach, es nach Ablauf von drei Tagen zu tun,
wobei er seine noch nicht abgeschlossenen Vorbereitungen und etliche an-
dere Gründe vorschob. An diesem sechsten Tag der Karwoche fand man
neben dem Bett des jungen Kaisers ein Buch, in dem folgendes geschrieben
war: «Wer dies schrieb oder wie er heißt, kannst du im Augenblick nicht
erfahren; ich glaube jedoch, wahrlich, daß heute der Spruch in Erfüllung
geht: 'die Stunde ist gekommen, daß ihr alle zerstreut werdet, und mich
allein lassee Uoh. 16,32]. Da du einsichtig bist, wirst du diese Worte keines-
wegs ignorieren 111 .» Was dieses Zitat bedeutete, war eben das, was auch
der Mitkaiser vermutete, daß nämlich die Zerstreuung seiner Freunde
nichts anderes bezweckte, als ihn leicht angreifbar zu machen. Den Schrei-
ber dieser Notiz suchte der Mitkaiser auch später in der Zeit des Friedens
lange, ohne ihn finden zu können; man nahm an, daß er in der Zwischen-
zeit gestorben war.
So war es mit dieser Geschichte. Nun verließ der junge Kaiser im gleichen
Frühjahr am 19. April des Jahres 6829 [1321], des vierten Jahres der Indik-
tion 112, nach Mitternacht 113 , gerade als die Sonne zum zweiten Tag der
neuen Woche aufgehen wollte, nachdem er sich das sogenannte Tor der

68
89/91 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,18

Gyrolimne l14 / hatte öffnen lassen, die Stadt, angeblich zur Jagd, in Beglei-
tung weniger seiner Diener, welche sich auf Jagdhunde und Vogelbeize
verstanden 1l5 . Solche Jagdpartien, die er nach Wunsch veranstaltete, waren
bei ihm nichts Ungewöhnliches, so daß sein Aufbruch kein Aufsehen erreg-
te und keine Unruhe stiftete. Der Mehrzahl seiner Leute und Freunde hatte
er bereits am Tage zuvor befohlen, durch die verschiedenen Tore der Stadt
in voller Rüstung einzeln hinauszugehen, sich an einem bestimmten Ort
zusammenzufinden und dort zu warten. Dorthin begab er sich denn auch,
vereinigte sich mit seinen Leuten und schlug in Begleitung des Protostrators
den Weg nach Adrianopel ein. Als er nun an den fluß Melas 1l6 kam und
Herden von zahlreichen Pferden traf, die am Fluß weideten - es handelte
sich dabei um Pferde, die der in Konstantinopel stationierten Streitmacht
sowie den dort verbliebenen Senatsmitgliedern und anderen weltlichen
Würdenträgern gehörten -, wollte er kein Unrecht begehen und warnte
deshalb seine Leute vor eigenmächtigen Handlungen und forderte die
Pferdehirten auf, sich mit ihren Pferden in die Stadt zu begeben, damit es
nicht zu einem Aufruhr komme und die Pferde womöglich geraubt würden.
Bald darauf traf er sich mit dem Großdomestikos und Syrgiannes und setzte
seinen Marsch so schnell wie möglich fort. So gelang es ihnen, am Dienstag
[21. April 1321] nach Mittag in Adrianopel einzuziehen; die Einwohner
empfingen sie freundlich und betrachteten die Ankunft des Mitkaisers als
ein gutes Omen.
Als nun der ältere Kaiser von der Flucht des Mitkaisers erfuhr, war er für
eine kleine Weile völlig ratlos; dann faßte er sich und, da er es für ein
Leichtes hielt, des Enkels wieder habhaft zu werden, zumal er die Streit-
kräfte befehligte / und die volle Herrschaft ausübte, rief er einen der Senato-
ren, den Großstratopedarchen Manuel Tagaris 1l7 zu sich. Dieser stammte
zwar aus einer niedrigen und unbekannten Familie, hatte sich aber durch
seine Tapferkeit und seinen Mut im Krieg großen Ruf erworben; er hatte
sich nämlich während der Belagerung von Philadelpheia [1310-1311] in
Lydien 118 durch persönliche Bravour, Kühnheit wie auch durch strategische
Erfahrung glänzend hervorgetan, wofür er bewundert wurde und eine vor-
nehme Ehe eingehen durfte: Er erlangte die Nichte des Kaisers, Theodora
Asanina 119 , zur Frau. Diesen Mann also rief der Kaiser zu sich und sagte zu
ihm: «Mein Enkel ist in der vergangenen Nacht aus der Stadt entwichen.
Wo er sich jetzt aufhält, kann man nicht genau wissen, ich bin aber davon
fest überzeugt, daß er innerhalb von wenigen Tagen als Gefangener zurück-

69
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 18 91/93

gebracht werden wird. Du wirst also jetzt mit so vielen Soldaten, als du für
diese Aufgabe für ausreichend erachtest, aufbrechen und die Verfolgung
dieser Menschen aufnehmen. Und sobald du sie einholst, brauchst du
nichts weiter zu tun als den ganzen Haufen gefangenzunehmen und zurück-
zukommen; sie werden nicht nur keinen Widerstand leisten, sondern es
wird ihnen nicht einmal einfallen, dir ins Angesicht zu blicken.»
Tagaris aber, der einsichtig und im Kampf erfahren war, erwiderte dar-
auf: «Mächtigster Kaiser, dir scheint es eine leichte Aufgabe zu sein, deinen
Enkel gefangenzunehmen und in Fesseln hierher zu bringen, mich hingegen
dünkt dies alles andere als leicht. Und ich möchte freilich lieber, daß ich
Lügen / gestraft werde, als daß deine Hoffnung enttäuscht wird, mein Kai-
ser. Nun, wie dies ausgeht, das wird sich zeigen. Da du aber mir befohlen
hast, mit einer Streitmacht die Verfolgung aufzunehmen, in der Erwartung,
daß die Verfolgten bei einer Konfrontation nicht nur keinen Widerstand
leisten, sondern nicht einmal wagen werden, uns ins Angesicht zu blicken,
werde ich dir meine Meinung darüber sagen. Dein Enkel und seine Männer
sind über die Anzahl der hier stationierten Soldaten sowie über deren
Kampferfahrung und Mut genau informiert, und daher hätten sie nie ge-
wagt, die Flucht zu ergreifen, wenn sie ihr Leben nicht den Spitzen ihrer
Lanzen anvertraut hätten und entschlossen wären, bis zum letzten gegen
ihre Angreifer zu kämpfen. Denn sie wissen genau, daß im Fall einer Gefan-
gennahme kaum eine mildere Strafe als der Tod sie erwartet. Deshalb
werden sie als dem Tod geweihte Männer über ihre Kräfte kämpfen, ohne
sich selbst zu schonen. Gegen Menschen also, die entschlossen sind zu
sterben, mit einer zahlenmäßig gleichen Streitmacht zu kämpfen, scheint
mir beinahe Wahnsinn. Denn diejenigen, die gegen solche Leute zu Felde
ziehen, müssen zahlenmäßig weit überlegen sein und dürfen in ihrem Ein-
satz nicht nachstehen. Beides ist fraglich bei uns; wir wissen nämlich weder
über die Größe ihrer Streitmacht Bescheid noch über die Gesinnung unserer·
eigenen Soldaten, auf welche Seite sie sich schlagen werden. Hinzu kommt,
daß sie gegen Mitternacht entwichen sind, wie wir von den Torwächtern
erfahren konnten, und da wir bis spät am Abend die Verfolgung nicht
aufnehmen können, werden sie sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, wäh-
rend wir uns in ein aussichtsloses / Unternehmen einlassen werden. Es wird
also eins von beidem geschehen: entweder wir werden uns verspäten und
unverrichteter Dinge zurückkehren, was auch einer Niederlage gleich-
kommt, oder wir werden sie zwar erreichen, aber auf dem Schlachtfeld den

70
93/94 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,18-19

kürzeren ziehen und fallen. Aus diesen Gründen, glaube ich, sollten wir sie
nicht gleich jetzt verfolgen und angreifen, sondern auf andere Weise den
Krieg gegen sie führen.» '
19. Aufgrund dieser Darlegungen, denen auch die anwesenden Senatoren
beipflichteten, sah der Kaiser von der geplanten Verfolgung ab; er gab
jedoch den· Befehl, daß alle seine Untertanen schwören sollten, sich nicht
die Sache des Andronikos Palaiologos - auf diese Weise war befohlen, ihn
nicht mehr «Kaiser» zu nennen - zu eigen zu machen, sondern ihn als Feind
zu betrachten, da er vom Kaiser abgefallen war. Der Eid wurde geleistet,
mehr aber erreichten sie nicht; denn nicht nur aus Konstantinopel liefen
Tag für Tag viele Senatoren und Angehörige der Streitkräfte zum jüngeren
Andronikos über, sondern auch von den anderen Städten und Provinzen
des Rhomäerreiches strömten die Leute in Scharen bei ihm zusammen 120, so
daß sich in kurzer Zeit eine starke Streitmacht um ihn sammelte. Dieser
Aufruhr brachte außerdem in erheblichem Maße Raub und Zerstörung mit
sich; die Steuereintreiber wurden nämlich teils von anderen ihrer Gelder
beraubt, sofern sie nicht im voraus den Raub kommen sahen und die
Steuereinnahmen versteckten, teils unterschlugen sie selbst die Gelder des
Kaisers und gaben an, von anderen beraubt worden zu sein. Und wenn
jemand mit einem Anhänger des alten Kaisers / wegen privaten Forderun-
gen im Streite lag, nahm er jetzt, da die Zeit günstig war, seine Rache,
indem er den Feind seiner Feldfrüchte, Rinder und Schafe beraubte.
Als nun der ältere Kaiser feststellte, daß die Dinge einen anderen Lauf
nahmen, als er erwartet hatte, rief er die Bischöfe, die sich in Konstanti-
nopel aufhielten, zu sich - der Patriarch Gerasimos war kurz zuvor in eben
der Nacht, als der Mitkaiser die Hauptstadt verließ, gestorben 121 -, legte
ihnen dar, was er für rechtens hielt, und überredete sie, den Bann über
jeden auszusprechen, der Anhänger seines Enkels war oder künftig sein
würde. Als nun auch diese Maßnahme den Strom der Abtrünnigen nicht
einzudämmen vermochte, fürchtete der ältere Kaiser, daß die Geschichte
ein übles Ende nehmen könnte, da sie so ganz anders verlief, als er erwartet
hatte; daher schickte er den Metropoliten von Philadelpheia, Theoleptos,
sowie den Vorsteher des Koiton 122 , [Michael] Kallikrenites, als Vermittler
zu seinem Enkel und schlug einen Ausgleich vor, indem er versprach, daß er
jeden ihm brieflich mitgeteilten Wunsch seines Enkels erfüllen werde.
Die Gesandten 123 kamen nach Adrianopel und trafen den jungen Kaiser
vor der Stadt bei der Inspektion seiner Truppen; sie gingen zu ihm, um ihm

71
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,19 94/96

ihre Verehrung zu erweisen und den Grund ihrer Gesandtschaft mitzutei-


len. Die Menge der Soldaten aber umstellte sie mit gezückten Schwertern
und, als bekannt wurde, daß das Ziel ihrer Mission der Friede war, forder-
ten sie einander auf, sie niederzumachen. Kallikrenites wurde zutiefst von
Furcht ergriffen: Er sprang vom Pferd, umfaßte mit beiden / Händen das
Bein des Mitkaisers und lag angsterfüllt da in der Meinung, nunmehr ster-
ben zu müssen. Der Metropolit von Philadelpheia hingegen stand bei allem
unerschrocken da, als ob er von leblosen Dingen umgeben wäre und schales
Geräusch im Ohr hätte [Eur. Rh. 565]. Als er nun den Kallikrenites erblick-
te, der vor Angst fast gestorben war, sagte er: «Du sollst aber nicht, mein
Bester, solche Angst vor dem Tode bekommen, da wir gewiß, wenn nicht
jetzt, so doch eines Tages sterben werden. Da also der Tod unvermeidlich
ist, ist es viel besser, wir sterben, wenn sich eine Gelegenheit bietet, uns
dabei nützlich zu machen, als wenn dies nicht der Fall ist. Da dem aber so
ist, welche Gelegenheit wäre rühmlicher als bei einer Friedensgesandtschaft
zu sterben?» Dann wandte er sich zum Großdomestikos, dem Syrgiannes
und dem Protostrator (diese hatten ihn nämlich umringt, damit keiner
etwas gegen seine Person wagte) und sagte: «Falls es euch möglich ist, diese
törichten und frechen Menschen zu besänftigen, tut, was notwendig ist;
wenn nicht, lasset sie ihr Vorhaben ausführen. Auf jeden Fall wird nichts
geschehen, was Gott nicht wollte.» Diese Worte brachten dem Mann große
Bewunderung ein wegen seines Edelmutes und seiner Standhaftigkeit in der
Gefahr.
Eine Zeitlang hallte lärmendes Geschrei durch die Menge; als es ruhiger
wurde, nahm der Kaiser die Gesandten beiseite, und nachdem er ihre Bot-
schaft erfahren hatte, schickte er durch dieselben an seinen Großvater und
Kaiser folgende Nachricht: «Im Unglück zusammenzubrechen und sich zu
unedlen Worten und Taten hinreißen zu lassen, scheint mir gemeinen und
kleinmütigen Menschen eigen, / sich im Glück aufzuplustern und über das
schickliche Maß überheblich zu sein, ist die Art der Ungebildeten und
Rücksichtslosen, während tapfere und einsichtige Männer sich im Glück
wie im Unglück gleich verhalten. So war ich weder damals, als ich unter
deinem Vorsitz, mein Kaiser, vor Gericht saß, durch Feigheit bewogen, zu
sagen, was ich sagte, indem ich die Wahrheit verhehlte, noch werde ich
jetzt, da ich glaube, in Sicherheit zu sein, anderes als damals verlauten
lassen, sondern ich werde wiederum Gott als Zeugen anrufen und erklären,
daß ich mir keines einzigen der mir zur Last gelegten Vergehen bewußt bin

72
96/98 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,19-20

noch eine Sünde begangen habe, die deine Sanftmut zu einem solchen
Übermaß an Zorn hätte reizen müssen. Zu einem Vergleich zu kommen
und dein väterliches Wohlwollen wiederzugewinnen, ist mein Wunsch. Da
es mir aber wegen des außerordentlich zuchtlosen Verhaltens der Truppe,
von dem dir deine Gesandten berichten werden, zur Zeit unmöglich er-
scheint, etwas Nützliches zu sagen oder zu unternehmen, werde ich versu-
chen, so zu handeln, wie es auch dir am angenehmsten scheinen wird,
zumal ich jetzt deinen Willen kenne 124 .»
So unterredete sich der Kaiser mit den Gesandten; er flößte ihnen gute
Hoffnungen ein und forderte sie auf, nach Konstantinopel zurückzukehren.
Diese kamen zum Kaiser zurück und erzählten von dem Eifer und dem
Einsatz der Truppe für den jungen Kaiser sowie von ihrem Aufbegehren
und ihrer Raserei gegen sie, eine Mitteilung, die freilich keine geringe Auf-
regung verursachte; auf der anderen Seite übermittelten sie auch die Bot-
schaft des jungen Kaisers und gaben dem alten Kaiser Anlaß zu größeren
Hoffnungen. Auch innerhalb Konstantinopels gewann die Partei des jungen
Kaisers jetzt großen Zulauf, und / erlangte ungewöhnliche Macht, während
die Anhängerschaft des alten Kaisers allmählich verlor und schwächer wur-
de. Soviel über die Lage in der Hauptstadt.
20. Am nächsten Tag rief der junge Kaiser alle Würdenträger und militä-
rischen Kommandeure zu sich und erteilte der Truppe eine Rüge für die Diszi-
plinlosigkeit am vorigen Tage, die keine lauteren Gründe hatte und keines-
wegs gerechtfertigt war, denn aus Schlechtem könne sich nichts Gutes ent-
wickeln; dann fügte er hinzu, daß er für den Augenblick bereit sei, den
Urhebern der Unruhe zu verzeihen, da sie nicht hätten wissen können, daß
er solche Vorgänge ungern sehe, für den Fall aber, daß sie nochmals ähnli-
ches wagen würden, werde er den Disziplinlosen eine gebührende Strafe
auferlegen. Er regte eine gemeinsame Beratung an mit den Worten: «In
seiner Botschaft hat mein Großvater und Kaiser kundgetan, daß er für den
Frieden sei, und uns aufgefordert, ebenso zu denken; dafür sei er bereit, uns
jeden Wunsch, den wir ihm vortragen würden, mit Vergnügen zu erfüllen.
Nun also kann jeder von euch vortragen, was ihm nützlich scheint.» Dar-
aufhin lehnten alle einmütig, als ob sie es vereinbart hätten, mit einer
Zunge zu sprechen, den Frieden ab und erklärten, sie wollten nicht einmal
darüber beraten. «Sieh doch, Kaiser», sagten sie, «du bist gerade, wie wir
hören, in die äußerste Gefahr geraten und allein durch Gottes Hilfe dem
Tod entkommen und nun bist du erpicht darauf, in dieselbe / oder sogar

73
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 20 98/99

eine noch schlimmere Lage zu geraten. Deshalb bitten wir dich, von solchen
Gedanken Abstand zu nehmen. Da nun aber dein Großvater und Kaiser
erklärt hat, er sei bereit, dir jeden möglichen Wunsch zu erfüllen, schlagen
wir vor, er solle auf den Kaiserthron verzichten, sich als Privatmann zu-
rückziehen, wohin er will, und dir die Herrschaft über die Rhomäer über-
lassen. Wenn er nicht einwilligt, dann müssen wir nach Konstantinopel
marschieren, gegen ihn; wir glauben nämlich, daß die Einwohner der
Hauptstadt gar nicht warten werden, bis wir die Mauern erreicht haben,
sondern, während wir noch in der Ferne sind, herauskommen werden, um
dich zu begrüßen und wohl dir die Stadt zu übergeben. Falls nun, Majestät,
dies auch deine Meinung ist, dürfen wir nicht länger zögern, sondern müs-
sen uns sofort auf den Weg machen. Falls du aber anderer Meinung bist,
sag es offen, damit jeder von uns, so gut er kann, sich selbst rettet.»
Nachdem nun alle Anwesenden wie mit einer Zunge diese Meinung zum
Ausdruck gebracht hatten, erkannte der Mitkaiser, daß jeder Versuch, sie
umzustimmen, denkbar unpassend sei; denn einerseits war die Truppe in
ihrem Ungestüm ungehalten, allen voran die abendländischen Söldner aus
Deutschland 125 , unter welchen sich auch einige Adlige befanden, anderer-
seits war er selber mit den Leuten, bis auf wenige Ausnahmen, noch nicht
vertraut genug, um mit ihnen einen improvisierten Dialog zu führen, wie
die Situation es verlangte. Deshalb bedankte er sich mehrmals für ihr Wohl-
wollen und sagte, man müsse die Angelegenheit zum Gegenstand einer
eingehenderen Beratung machen und sich nicht unbesonnen in ein so ge-
wichtiges Unternehmen stürzen; «denn wir beraten uns nicht über irgend-
welche Kleinigkeiten, sondern nahezu über das Ganze». / Mit diesen Wor-
ten löste er die Versammlung auf und kündigte eine Entscheidung für den
nächsten Tag an.
Nachdem nun die Versammelten auseinandergegangen waren, beriet sich
der Mitkaiser mit den dreien erneut über die Lage und forderte einen jeden
auf, sich darüber zu äußern. Als erster ergriff Syrgiannes das Wort: «Was
wir bereits früher vorgeschlagen haben, mein Kaiser, als wir in Konstanti-
nopel waren, haben wir nicht aus persönlichem Haß gegen deinen Großva-
ter und Kaiser gesagt, noch weil wir darauf erpicht waren, daß ihm Übles
widerfährt, sondern weil die Lage uns solches Handeln diktierte, besorgt
wie wir waren um dein Heil; denn der Ruhm des einen scheint die Vernich-
tung des anderen zu sein, wie es auch jetzt der Fall ist. Wenn nun die ganze
Truppe bereit ist, gegen ihn zu Felde zu ziehen - dafür aber gibt es triftige

74
99/101 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 20

Gründe, gegen die kein vernünftiger Mensch etwas sagen kann -, und wenn
dabei jenen [d. i. den alten Kaiser] ein Mißgeschick trifft, dann sind keines-
wegs wir, die dazu gezwungen waren, daran schuld, sondern eher diejeni-
gen, die uns in diese Notlage gebracht haben. Da also von der ganzen
Truppe diese Ansicht einmütig als vorteilhaft vorgebracht wurde, und wir
keinen Grund haben, diesen Entschluß zu kritisieren, muß, was gemeinsam
beschlossen wurde, ausgeführt werden.» Dieser Meinung stimmte auch der
Protostrator zu. Der Großdomestikos sagte, er halte sich nicht für soviel
einsichtiger als alle anderen, um allein gegen das gemeinsam Beschlossene
zu sprechen. Daraufhin gingen sie auseinander.
Zu später Stunde in der Nacht aber bat der Mitkaiser den Großdomesti-
kos zu sich und beriet sich mit ihm unter vier Augen abermals über dassel-
be. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß die Überlegungen / der Truppe richtig
seien. Nachdem nämlich der Aufstand schon hell aufgelodert war, waren
alle auf die weitere Entwicklung der Lage gespannt und wünschten zutiefst
eine Veränderung. Marschierten sie nun nach Konstantinopel, würde dies
eine akute Gefahr für den [älteren] Kaiser bedeuten, da alle sich sofort auf
die Seite des jungen [Kaisers] stellen würden. Damit dies nicht geschehe,
machten sie sich viele Gedanken und überprüften viele Möglichkeiten;
schließlich dünkte es ihnen die beste Lösung, nach Thessalonike zu mar-
schieren, damit der Kaiser in der Zwischenzeit in aller Ruhe die nötigen
Maßnahmen zum Krieg ergreife und nicht durch einen Überraschungsan-
griff zugrunde gehe.
Nachdem sie nun diesen Entschluß als richtig befunden hatten, gingen sie
schlafen. Am nächsten Tag kamen wieder alle Würdenträger und Mitglie-
der des Senats sowie die oben erwähnten Lateiner [Abendländer] zusam-
men. Von der Versammlung wollte der junge Kaiser wissen, ob jemand
noch einen neuen Vorschlag, der anders laute als der vom Vortag, zu
machen hätte; «da unsere Beratung», sagte er, «nicht zum Abschluß kam,
ist zu erwarten, daß sich jemand neue Gedanken gemacht hat, zumal ihr
alle mit diesem Thema beschäftigt seid». Der Großstratopedarch [Androni-
kos] Palaiologos 126 sagte aber, daß weder er sich neue Gedanken gemacht
habe noch der Vorschlag eines anderen ihm zu Ohren gekommen sei, wor-
auf der Ritter Fra Pietro de Pignoli 127 , der / für die Lateiner sprach, hinzu-
fügte, daß es nichts gebe, was der Wahrheit oder der Notwendigkeit besser
entspreche als das, was am Vortage beschlossen worden sei. Als nun alle
übrigen diesen Äußerungen zustimmten und zum Aufbruch nach Konstan-

75
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 20-21 1011102

tinopel drängten, da die Stadt sich bei ihrem bloßen Erscheinen ergeben
würde, und als sie schließlich um Annahme ihrer Forderung baten, überleg-
te der Mitkaiser eine Weile und sagte dann: «Mir scheint, daß der Spruch
Salomons zutrifft: 'wo viel Ratgeber sind, da gehet es wohl zu) [Provo
11,14]. Obwohl ich mich mehrmals und lange über diese Sache beraten
habe, ist mir doch etwas Neues eingefallen, was ich jetzt zur Diskussion
stellen möchte, damit geprüft wird, inwieweit es richtig ist. Als ich in dieser
Stadt Hadrians ankam, brachten mir sämtliche Einwohner der Stadt ge-
meinsam ihr Wohlwollen zum Ausdruck, aber auch alle anderen Städte
Thrakiens bis hin nach Christupolis öffneten mir ihre Tore; indes auch alle
Soldaten, die in den Dörfern Thrakiens stationiert waren, schlossen sich
mir an, wofür ich mich ihnen zutiefst verpflichtet fühle, da sie mir selbstlos
ihre Gunst erwiesen haben. Keine der vielen und berühmten Städte des
Rhomäerreiches aber, die unterhalb von Christupolis bis hin nach Akarna-
nien und Dalmatien 128 liegen und die über eine nicht zu unterschätzende
Militärmacht und viele und tüchtige Feldherren verfügen, schlug sich bisher
auf unsere Seite. Das ist es, was mich jetzt stark beunruhigt und meine
Erwartungen enttäuscht. Ich halte es keineswegs für vorteilhaft, diese Städ-
te als unbedeutend zu verachten, sondern / glaube vielmehr, daß ihre Bun-
desgenossenschaft und ihre Teilnahme viel für uns bedeutet. Aus diesem
Grunde scheint es mir notwendig, zunächst den Weg in jene Gegend zu
nehmen, und wenn die dortigen Einwohner auf unsere Seite träten, könnten
wir uns getrost mit einer doppelt so großen Macht und ohne im Rücken
Feinde zurückzulassen auf den Weg nach Konstantinopel machen.»
So sprach der Mitkaiser, in der Absicht, seine Gefolgsleute zu überzeu-
gen, den Weg nach dem Westen einzuschlagen; diese aber hielten an ihren
früheren Entschlüssen fest und behaupteten, man müsse nach Konstanti-
nopel marschieren und nirgendwohin sonst, da man sich der Stadt mühelos
bemächtigen könne, und man solle den Krieg nicht in die Länge ziehen,
sondern ihn abkürzen.
21. Währenddessen schwieg der Großdomestikos. «Warum sagst nicht
auch du deine Meinung über die vorliegenden Fragen, sondern hüllst dich
in Schweigen, als ob kein neuer Vorschlag uns hier beschäftigte?», fragte
man ihn. «Weil ich sehe», erwiderte er, «daß ihr nicht bei einer Beratung
sitzt, sondern das bereits Beschlossene bestätigt. Wenn ihr euch beraten
hättet, hätte ich vielleicht auch etwas Nützliches gesagt. Nichtsdestoweni-
ger, da ihr ja mich gefragt habt, werde ich euch sagen, was nach meiner

76
102/104 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 21

Meinung unsere Sache fördert. Zunächst wundere ich mich darüber, woher
ihr die Zuversicht gewonnen habt, ihr könntet durch euer bloßes Erschei-
nen ohne jede Mühe die Stadt Konstantins erobern. Solltet ihr mehr wissen
oder in Erfahrung gebracht haben, als ich weiß, dann möchte ich erfahren,
was das ist, wenn nicht, geht ihr in allem von ganz anderen Überlegungen
aus als ich. Ich betrachte es nämlich nicht als die leichteste, sondern als
äußerst schwierige Aufgabe, eine Stadt zu erobern, die so groß und volk-
reich, so mächtig an Geldmitteln, Waffen und Soldaten ist und innerhalb
derer / ein so einsichtiger Kaiser residiert, der so viele Jahre die Herrschaft
ausgeübt hat und der von einer Menge ihm ergebener Würdenträger umge-
ben ist, ein Kaiser, der über viel Geld verfügt, mit dem er seine Truppen
dazu bringen wird, ihm zu folgen. Und außerdem ermahnt uns ein alter
griechischer Philosoph, nicht leichtfertig derartige Hoffnungen zu hegen,
denn es liege oft vieles zwischen Lippen und Becher 129 [Apostol. cent.
14,46]. Es gibt auch einen Grundsatz für den Feldherrn, ebenso wie mit
dem Erfolg auch mit dem Mißerfolg zu rechnen, und es gilt derjenige als der
beste Heerführer, der beim Erfolg den Sieg erringt, beim Mißerfolg das
Vorhandene nicht verliert. Überlegt euch nun, in welche mißliche Lage wir
geraten werden, wenn wir die Stadt Konstantins angreifen und sie nicht
erobern können. Die unmittelbare Folge wird notwendigerweise die sein,
daß die Anhänger des älteren Kaisers, wenn wir uns unverrichteter Dinge
zurückziehen, wieder Mut fassen und in der Hoffnung auf den Sieg uns mit
desto größerem Eifer angreifen werden, ein Mißgeschick, das wir uns selber
durch fehlerhafte Planung einhandeln würden. Und da wir von beiden
Seiten die Feinde haben werden - denn es ist möglich, daß in den östlichen
Städten des Rhomäerreiches und in Konstantinopel selbst eine der unsrigen
ebenbürtige Armee gebildet wird sowie im Westen ebenfalls eine gleiche-,
werden wir in die Mitte genommen und dabei entweder zwischen den
beiden Fronten aufgerieben werden, oder aber unter Verlusten davonkom-
men, wenn die Feinde von beiden Seiten sich auf uns stürzen und die
Ve~bündeten von uns abfallen, in der Erwartung, daß wir bald vernichtet
werden. Dazu kommt noch, daß wir mehr Waffen und Gelder brauchen
werden, um gegen die bereits / Abgefallenen zu kämpfen und in den Städten
der Verbündeten Garnisonen einzurichten, damit nicht auch sie abfallen;
welche Schwierigkeiten uns aus dieser Taktik entstehen werden, muß man
miterwägen. Ich denke jetzt an noch etwas: Sowohl der Herrscher der
Triballer [Serben, Stephan Uros 11. Milutin] als auch der König der Myser

77
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 21 104/105

[Bulgarenzar, Theodor] Svetoslav 130 , die mit dem Kaiser verschwägert sind,
sind zwar mit ihm jetzt wegen persönlicher Differenzen im Streit, wenn er
sich aber wegen des Krieges gegen uns mit ihnen versöhnt und sie um Hilfe
bittet, werden wir gegen die furchtbarsten Gegner zu kämpfen haben.
Solche und noch schlimmere Gefahren werden uns drohen, wenn wir die
Hauptstadt nicht im ersten Ansturm erobern~ wie ihr behauptet. Falls wir
uns aber nach dem Westen wenden, wird erstens uns niemand daran hin-
dern, den ganzen Westen innerhalb kurzer Zeit unter unsere Herrschaft zu
bringen; denn die Bewohner des westlichen Reichsteiles, die immer bereit
sind abzufallen und sich auf solche Machtwechsel freuen, werden sich
sogleich unter die Fahne des jungen Kaisers stellen, und die Anführer jener
Städte werden von den eigenen Bürgern unter Druck gesetzt werden, und
da sie die Unberechenbarkeit des Schicksals befürchten und nicht wissen
werden, welcher von beiden Kaisern die Oberhand gewinnen wird, werden
sie demjenigen, der zur Zeit als der Mächtigere erscheint und sie in Be-
drängnis bringt, ihre Städte übergeben; zudem wird der Mitkaiser diejeni-
gen, die für ihn Partei ergreifen, durch Geld, Ehren und andere Geschenke
belohnen und in dieser Weise auch die anderen auf seine Seite ziehen, die
zuvor nicht wollten. Dazu kommt noch, daß die obengenannten Herrscher
der benachbarten Länder starke Bedenken haben werden, gegen unsere
vermeintliche starke Macht Krieg zu führen, oder sie werden unser Bündnis
suchen; wenn die Barbaren nämlich einen Gegenschlag befürchten, sind sie
eher geneigt, / den Weg der Freundschaft zu beschreiten. Wenn wir so den
Westen, der uns an Stärke gewachsen ist, unter unsere Fahne gebracht und
unsere Macht verdoppelt haben, werden wir dann in einer sicheren Lage
nach Konstantinopel marschieren. Ergibt sich die Stadt, ist alles in bester
Ordnung; wenn nicht, werden wir sie belagern und schließlich zur Über-
gabe zwingen, ohne daß jemand uns unser Vorhaben abzubrechen zwingen
könnte. Aus all diesen Günden unterstütze ich den Plan seiner Majestät als
äußerst vorteilhaft und verzichte freiwillig auf weitere Argumentation, ob-
wohl ich noch einiges vorzubringen hätte; denn wenn ihr in der Lage seid,
eure Meinung zu ändern, wird das Gesagte schon genügen, wenn nicht,
erübrigt sich auch jede weitere Ausführung.»
So argumentierte vor der Truppe der junge Kaiser und nach ihm der
Großdomestikos, obgleich sie ihren Plan nicht für nützlich hielten. Denn
von Überläufern sowie von Einwohnern der Hauptstadt, mit denen sie
geheimen Kontakt unterhielten, wußten sie sehr wohl, daß, sobald sie vor

78
105/107 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 21

Konstantinopel erscheinen würden, die Einwohner die Tore öffnen und sie
empfangen würden 13 l, teils von Angst ergriffen, weil der junge Kaiser in
kurzer Zeit das obere sowie das am Meer gelegene Thrakien bis zur Haupt-
stadt unter seine Herrschaft gebracht und eine starke Armee zusammenge-
stellt hatte, teils weil sie ihm wohlgesonnen waren. Da sie aber fürchteten,
daß der ältere Kaiser bei einer Eroberung Konstantinopels in Gefahr gera-
ten würde, taten sie so, als ob sie einen Westfeldzug für vorteilhafter hiel-
ten. Denn es schien ihnen keineswegs klug, die wahren Gründe des Verzich-
tes auf einen augenblicklichen Marsch nach Konstantinopel bekanntzuma-
chen, da / die Truppe dem jungen Kaiser noch nicht völlig ergeben war und
wahrscheinlich auseinandergegangen wäre, wenn sie solches erfahren
hätte.
Auf diese Ausführungen erwiderten die Unterführer wie auch die gesam-
te Truppe: «Auch wir geben zu, Majestät, daß alles gut besprochen wurde
und getreu der strategischen Erfahrung; denn der Westteil des Reiches ist
groß und enthält viele bedeutende Städte und ein nicht zu unterschätzendes
Truppenkontingent mit überaus fähigen Feldherren und wird leicht auf
unsere Seite schwenken, wie ihr selbst gesagt habt. Was uns jedoch bei den
Ausführungen des Großdomestikos stutzig gemacht hat, ist die Tatsache,
daß er zu beweisen suchte, die Eroberung des Westens durch uns sei außer-
ordentlich leicht, unser Einzug dagegen in die Stadt Konstantins schwierig.
Wenn jenes leicht ist, wie er selbst behauptet hat, dann scheint uns dieses
bei weitem leichter zu sein. Da wir aber feststellen, daß du, Majestät,
unwiderruflich die Entscheidung getroffen hast, einen Feldzug in den west-
lichen Teil des Reiches zu unternehmen, werden an dieser von dir angeord-
neten Expedition alle diejenigen von uns teilnehmen, die selbst dazu bereit
sind; ihr Eifer dabei wird nicht der gleiche sein, da sie es notgedrungen tun.
Sollte aber der Weg nach Konstantinopel gehen, wie wir fordern, werden
wir alle folgen und großen Eifer an den Tag legen. Deshalb bitten wir dich,
unserer Forderung nachzugeben, die gerechtfertigt und für die augenblick-
liche Lage sehr vorteilhaft ist.»
Dies war auch die Ansicht der oberen Truppenanführer. Da nun der
Mitkaiser feststellte, daß sie noch immer drängten, nach Konstantinopel zu
ziehen, und er sonst sie nicht zwingen konnte, lobte er sie wegen ihres
Wohlwollens und ihres Gehorsams,den sie in ihrem Einverständnis, den
Westfeldzug gegen ihren Willen mitzumachen, / erwiesen hatten, und wil-
ligte ein, daß die Truppe nach Konstantinopel marschiere. Den Befehl des

79
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 21 107/108

Mitkaisers nahmen die Männer mit großer Freude zur Kenntnis und, wäh-
rend sie sich für den Marsch auf die Hauptstadt vorbereiteten, erweckten
sie geradezu den Eindruck, als hätten sie sie bereits eingenommen.
Da sie nun die Truppe nicht dazu bringen konnten, nach Thessalonike zu
marschieren, und bereits erkannt hatten, daß der ältere Kaiser in eine pre-
käre Lage geraten würde, entschlossen sich der Kaiser und der Großdome-
stikos, dem älteren Kaiser insgeheim einen Brief zu schicken und ihren
Anmarsch bekanntzumachen. Wäre dieser Schritt unter den Soldaten be-
kannt geworden, hätte er eine nicht geringe Bestürzung hervorgerufen, da
sie sich von ihren Befehlshabern verraten gefühlt hätten. Der junge Kaiser
diktierte nun dem Großdomestikos folgenden Brief an seinen Großvater 132 :
«Göttlichster Kaiser! Wie bislang oft, rufe ich auch jetzt Gott zum Zeugen
an und sage, daß ich mir weder während meines Aufenthaltes in der Haupt-
stadt eines Vergehens bewußt war, das deine Feindschaft hervorrufen
hätte müssen, noch von dir abfiel, um deiner Herrschaft mit allen Mitteln
Abbruch zu tun, sondern nur, um der Gefahr zu entgehen, die mir drohte.
Jetzt aber, nachdem ich dies erreicht habe und in Sicherheit bin, droht
Gefahr ganz gegen meinen Willen für dich. Denn siehe, ich habe mit allen
Mitteln versucht, meine Truppen zu überzeugen, daß man gegen den We-
sten ziehen müsse, doch ohne Erfolg. Also ist es unvermeidlich, daß ich
gegen euch ziehe. Doch werde ich langsamer marschieren und vorgeben,
daß ich krank sei. Sobald ich in die Hauptstadt eingedrungen bin, werde ich
versuchen, mich so schnell wie möglich wieder zurückzuziehen. Du wirst in
der Zwischenzeit die Gelegenheit haben, / den Palast durch Wachposten
abzusichern und an den Toren Konstantinopels deine zuverlässigsten Söld-
ner aufzustellen mit Schwerbewaffneten, die in der Lage sind, gegen über-
raschende Attacken Widerstand zu leisten. Sollte die Übergabe der Stadt
auf nur eine einzige Schwierigkeit stoßen, werde ich die Truppe wie vor
einem unausführbaren Unternehmen zurückziehen. Ich bitte Dich, meinen .
Worten auf keinen Fall wie dem Ratschlag eines Gegners zu mißtrauen und
die Sicherheitsvorkehrungen etwa aus Kleinmut zu unterlassen. Ich bin
nämlich von meinen Leuten in der Hauptstadt genau informiert, daß man
uns, sobald wir dort erscheinen, in die Stadt einlassen wird.»
Eine solche Botschaft schickte der junge Kaiser seinem Großvater, wobei
er einen der treuesten Diener 133 des Großdomestikos mit der Überbringung
des Briefes beauftragte. Er selbst brach vom Land der Odrysen [Thrakien]
mit schätzungsweise fünfzigtausend [?] Reitern 134 oder etwas weniger,

80
108/110 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 21-22

(denn die genaue Zahl war nicht auszumachen, da ja viele, die nicht der
eigentlichen Armee angehörten, dem Mitkaiser zuliebe mitzogen) auf und
marschierte auf der Straße nach Konstantinopel, wobei er des öfteren und
lange Lager schlug, als wäre er krank.
22. Um diese Zeit traf als Gesandter Svetoslavs, des Königs der Myser
[Bulgarenzaren], der seine [des jungen Kaisers] Schwester Theodora zur
Frau genommen hatte, Martinos im Lager ein, mit 300 gepanzerten mysi-
schen [bulgarischen] Reitern im Gefolge. Er gab vor, als Bundesgenosse im
Kriege gegen seinen Großvater gekommen zu sein und versprach sogar,
falls er einer größeren Streitmacht bedürfe, / sei sein Schwager gerne bereit,
sie zur Verfügung zu stellen; in Wirklichkeit beabsichtigte er jedoch für den
Fall, daß es dem [jungen] Kaiser an Soldaten mangelte, ihn festzunehmen
und ihn zu seinem Schwager zu bringen, wie aus dem weiteren Verlauf
deutlich wurde. Als Martinos nämlich die Truppen sah, die dem Kaiser
folgten, machte er sich sofort auf den Weg nach Hause 13s •
Der [junge] Kaiser nun, der den Weg in kurzen Tagesmärschen zurück-
legte, schlug am Tage vor Pfingsten [Samstag, den 6. Juni 1321] sein Lager
am Fluß Melas auf 136 • Hier traf ihn die Großdomestikissa Eugenia 137 Pa-
laiologina, eine Nonne, Tochter einer Schwester [Eirene-Eulogia] des Ahn-
herrn der Palaiologen Michael [VIII.]. Sie überbrachte folgende Botschaft
des älteren Kaisers:
«Über unsere früheren Meinungsverschiedenheiten und über ihre Ursa-
chen jetzt sprechen zu wollen, halte ich für unzeitgemäß; für das aber, was
du mir vor kurzem geschrieben hast, bin ich dir zutiefst verpflichtet und
lobe deine Sorge um mich und deinen guten Vorsatz. Ich bitte dich nun
noch um einen einzigen Gefallen, nämlich deine Streitmacht dort, wo du
jetzt gerade bist, zurückzuhalten, bis ich in einem Kloster, mit dessen Wahl
du auch einverstanden bist, Unterschlupf gefunden habe und so außer Ge-
fahr bin. Denn sobald hier die Nachricht eintrifft, daß du mit deiner Armee
aufgebrochen bist und dich der Hauptstadt näherst, gibt es keine Hoffnung
für mich, dem Untergang zu entrinnen. Und doch habe ich all deine Forde-
rungen erfüllt, aber es stellt sich heraus, daß alles umsonst war. Sobald ich
nun, wie gesagt, außer Lebensgefahr bin, kannst du hierher kommen und
die Stadt übernehmen. Denn was würde es nützen, wenn ich dabei den Tod
fände 138 ?»
Durch diese Worte ließ der junge Kaiser, der bereits zuvor von sich aus
darauf bedacht war, alles zu sagen und zu tun, damit / seinem Großvater

81
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 22 110/111

und Kaiser nichts zustieße, sich noch mehr zu Milde stimmen. Er bat die
Überbringerin, mit niemandem über den Inhalt dieser Botschaft zu spre-
chen, es sei denn mit dem Großdomestikos, und fügte hinzu, er werde dafür
Sorge tragen, daß das nach seinem Gutdünken Beste daraus werde. Dann
berief er eine Heeresversammlung ein und, nachdem alle Offiziere und
Unterführer der Truppe zusammengekommen waren, trat er in ihre Mitte
und hielt folgende Ansprache:
«J eder von euch, glaube ich, weiß, daß zwischen mir und meinem Groß-
vater und Kaiser ein Zwist entstanden ist und daß vieles getan oder geplant
wurde, was mich in äußerste Gefahr brachte. Aus diesem Grunde bin ich
nicht so sehr vor dem Kaiser als vor der Gefahr geflohen, und ihr seid
herbeigeeilt, um mir, der ich Unrecht erleide, zu helfen. Jetzt aber, nachdem
ich das Ziel erreicht habe, das ich mir von Anfang an gesteckt hatte, und ihr
dabei die angemessene Hilfe geleistet habt, würde das Unrechttun auf mei-
ne Seite, die Beteiligung an einer ungerechten Sache auf die eure fallen,
sollten wir in diesem Sinne weitermachen wollen. Das Ziel, das ich mir von
Anfang an gesteckt hatte, war, nach Möglichkeit weder den Großvater als
Feind zu töten noch ihn vom Thron zu entfernen, sondern ich wollte mich
aus der Gefahr retten, ohne den Großvater in der Ausübung der Herrschaft
zu belästigen. Nun hat Gott selbst mich durch seine Hilfe aus der Gefahr
gerettet, die künftige Sicherheit aber und den Frieden, den uns der Kaiser
angeboten hat, haben wir zu unserem Nachteil abgelehnt. Denn ihr erinnert
euch wohl an eure Meuterei in Adrianopel, wie ihr die Gesandten des
Kaisers, die mit Friedensvorschlägen gekommen waren, / unverrichteter
Dinge zurückgeschickt und sie sogar in Lebensgefahr gebracht habt. Dies
habe ich sogleich als etwas sehr Schlimmes verurteilt und am nächsten Tag
während unserer Versammlung habe ich ausführlich darüber gesprochen,
daß Zuchtlosigkeit und Unordnung die Quelle manchen Übels seien, und
habe euch zugleich eindringlich ermahnt, solche Handlungen künftig zu
unterlassen. Nachdem er nun wieder zum gleichen Zweck meine Tante 139
entsandt, uns unsere Verfehlungen vergeben und einen Vergleich angeboten
hat, wäre es weder gottfällig noch vernünftig, den Frieden abzulehnen.
Denn von den drei Möglichkeiten, einen Krieg zu beenden, nämlich erstens,
die Gefahr für sich selbst zu bannen, zweitens, den Gegnern die Macht zu
entreißen, und drittens, die Gegner selbst zu vernichten, können wir die
beiden ersten ruhmvoll erreichen, während die dritte uns erspart und stets
unerwünscht bleiben möge. Daß die Gefahr für uns gebannt ist, hat Gott

82
111/113 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 22

gewährt und wird der Kaiser selbst durch Eid verbürgen; wäre dies uns
früher vergönnt gewesen, hätten wir von Anfang an gar nicht die Waffen zu
ergreifen brauchen. Was die Herrschaft über die Rhomäer betrifft, hat sie·
mir der Vater und Kaiser gleich nach der Geburt übertragen, indem er mich
zum Mitkaiser erhob, und ich kann sie auch jetzt ohne Gefahr behalten, da
sie keinem anderen, sondern mir allein auf Grund des Nachfolgerechts
zufallen wird. Für einen Feind habe ich meinen Großvater und Kaiser
niemals gehalten und möge niemals dem Wahnsinn verfallen, ihn dafür zu
halten oder ihm nach dem Leben zu trachten. Und ganz gewiß würdet auch
ihr, meine Freunde, es keineswegs gerne dulden, / daß ich in ein solches
Unheil verstrickt und von der ganzen Welt als verruchter Vatermörder 140
verurteilt werde. Wenn nun die Möglichkeiten, dem Krieg ein Ende zu
setzen, großenteils auf unserer Seite liegen - bis auf eine, deren Nicht-
vorhandensein uns sehr glücklich macht - und da diese Entscheidungen uns
außerdem Ruhm bringen, müssen wir den Krieg beilegen. Es wäre nicht die
Tat vernünftiger Menschen, wenn wir uns weigerten, den Krieg zu been-
den. Wenn wir jetzt marschieren und die Hauptstadt einnehmen, werden
wir nicht mehr gewinnen, als wir schon haben. Es wäre also eine Tat von
Wahnsinnigen und keineswegs von vernünftigen Menschen, wenn wir das,
was wir mit Ruhm, Gerechtigkeit und dem väterlichen Segen haben kön-
nen, uns durch Raub, Ungerechtigkeit und fast schon Vatermord aneignen
wollten. Gelingt es uns aber nicht, die Hauptstadt einzunehmen, werden
wir obendrein mit Recht bei allen Menschen Haß ernten und verwerflich
erscheinen, weil wir aus Ungerechtigkeit und Habsucht der Aufforderung,
Frieden zu schließen, nicht Folge geleistet haben. Und außerdem werden
wir uns nutzlosen Gefahren aussetzen und vielen Städten und Ländern
unheilbares Leid zufügen. Aus diesen Gründen begrüße ich den Frieden mit
dem Kaiser und habe ich euch zugeredet, da ich glaube, daß der Friede für
euch vorteilhaft ist. Ihr werdet euch gleichermaßen den Ruf der Tapferkeit,
Gerechtigkeit und Besonnenheit erwerben, wenn ihr, nachdem ihr durch·
eure Waffen den Widerstand eurer Gegner gebrochen habt, nun auch euch
selbst bezwingt, indem ihr das Recht verteidigt, ohne Unrecht zu tun, und
Mäßigung zeigt und nicht im Glück übermütig werdet, sondern Besonnen-
heit zeigt.»
Nachdem der Mitkaiser / so für den Frieden mit dem Kaiser gesprochen
hatte, ergriff der Großdomestikos das Wort: «Was du gesagt hast, mein
Kaiser, ist gerecht und vorteilhaft und wird uns zu großem Ruhme gerei-

83
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 22-23 113/114

chen. Deshalb glaube ich, daß kein Mensch gegen deine Darlegung einwen-
den kann, sie sei unziemlich. Denn wenn etwas Falsches darin wäre, würde
ich selbst Einspruch erheben. Da aber alles angemessen und vom Stand-
punkt der Gerechtigkeit aus wie auch von dem der militärischen Erfahrung
aus richtig ist, brauchen wir nur noch die Beschlüsse zu vollziehen.»
Daraufhin spendeten einige Würdenträger und Offiziere, die bereits vor-
her vom Mitkaiser und vom .Großdomestikos eigens dafür vorbereitet wor-
den waren, den Vorschlag des Mitkaisers zu unterstützen, dem Vorschlag
des letzteren Lob und meinten, der Friede müßte akzeptiert werden, da er
viele Vorteile mit sich bringe. Nachdem nun auch Syrgiannes und der Pro-
tostrator sich sogleich für diesen Vorschlag äußerten, stimmte auch die
ganze Menge der Anwesenden zu und der Friede war so bekräftigt..Denn,
wenn auch einige noch für den Krieg waren, damit der ältere Kaiser seinen
Untergang fände, so wurden sie doch von der großen Mehrheit wie von
einem Strom mitgerissen.
23. Nachdem dem so geschehen war, sandte der Mitkaiser durch seine
Tante, die zu ihm als Gesandte gekommen war, an seinen Großvater und
Kaiser nach Konstantinopel folgende Botschaft:
« Von dem, was geschehen ist, mächtigster Kaiser, hätte von Anfang an
nichts ins Rollen kommen dürfen. Wie ich bereits des öfteren gesagt habe,
rufe
t.
ich das allgegenwärtige Auge Gottes zum Zeugen an, daß ich mir
keines Vergehens bewußt bin, es sei denn, / es handelt sich dabei um Sünden
der Jugend, die nicht der Rede wert sind. Da aber Gott wegen meiner
unermeßlichen Sünden den Ablauf der Ereignisse so gefügt hat, bin ich ihm
meinerseits unendlich dankbar, daß ich nicht aus dem Leben geschieden
bin, ehe ich die passende Gelegenheit erhielt, meine Ehrlichkeit sowie mei-
nen Gehorsam und meine Unterwürfigkeit dir gegenüber unter Beweis zu
stellen. Du hast nun, mein Kaiser, durch die Entsendung deiner Cousine
und meiner Tante verlangt, was dir wohlbekannt ist. Ich bitte den großen
Kaiser und Gott, daß du noch viele Jahre unter den Lebenden weilen und
das Reich der Rhomäer lenken mögest, ferner, daß ich, dein Sklave und
Sohn, deine Anordnungen ausführen möge, wie du es befiehlst. Und in der
Folgezeit möge Gott mit uns tun, was ihm lieb ist. Wenn ich zuerst aus dem
Leben scheide, dann soll die ganze Herrschaft dir verbleiben, so daß du
handeln kannst, wie es dir vorteilhaft erscheint. Wenn du aber zuvor in die
Ewigkeit abberufen wirst, dann soll die Herrschaft über die Rhomäer mir
hinterlassen werden. Das möge Gott fügen, wie es ihm recht ist. Jetzt aber,

84
114/116 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 23

da man zwischen Notwendigkeit und Ehrfurcht wählen muß, gewinnt die


erstere die Oberhand und zwingt uns, etwas Ungebührendes und Schroffes
zu sagen und zu tun. Obwohl wir dir nämlich alles, uns selbst, unsere
Städte und unsere Gelder übergeben sollten, waren wir aus zweierlei Grün-
den gezwungen, anders vorzl)gehen. Zum einen habe ich, wie Gott, dem
nichts verborgen bleibt, weiß meinen Vorsatz, dir gefällig zu sein, sowie
meine Ehrfurcht und Verehrung dir gegenüber, wenn sich mir die Gelegen-
heit bot, einwandfrei unter Beweis gestellt. Ich bin also davon überzeugt,
daß auch du die gleiche Haltung mir gegenüber einnehmen und deine väter-
liche Gunst und naturgemäße Liebe frei von List und rein erhalten wirst.
Da sich aber die Gelegenheit, dies unter Beweis zu stellen, noch
nicht dargeboten hat, kann keiner dir deswegen Feigheit vorwerfen. Zwei-
tens aber, was noch gewichtiger ist als das erste, weil ich feststellte, daß
meine sämtlichen Gefolgsleute, die einen aus Feigheit, die anderen aus
Unbesonnenheit, einige sogar aus Schadenfreude, den Krieg dem Frieden
vorzuziehen gedachten und sich gegenüber diesem stocktaub stellten, sah
ich mich gezwungen, ein bißchen von den guten und gerechten Prinzipien
abzuweichen, um den Frieden allen schmackhaft zu machen. Das bedeutet,
daß ich die Verwaltung der Länder und Städte zwischen Selymbria 141 und
Christupolis 142 sowie das Kommando über die ebenda stationierten Solda-
ten und die Steuereinnahmen dieser Gegend beanspruche; du wirst, mein
Kaiser, Konstantinopel und seine Umgebung bis Selybria, die Städte des
Rhomäerreiches im Osten und alle Inseln sowie die makedonischen und
westlichen Provinzen, die sich von Christupolis bis Epidamnos 143 und Dal-
matien, den äußersten Grenzen der Rhomäerherrschaft, hin erstrecken,
behalten. Ich hoffe, mit der Zeit sowohl mich selbst als auch die Länder, die
ich jetzt zu usurpieren scheine, deiner Herrschaft wieder unterstellen zu
können, zumal ich auch jetzt nicht vorsätzlich, sondern notgedrungen die-
sen Schritt tue.»
Diese Botschaft schickte der junge Kaiser dem älteren Kaiser und dazu
noch zwei Bücher mit schriftlichen Eiden 144, / die sie beide das eidlich
Gelobte einzuhalten verpflichteten, sowie der Einteilung der Städte, über
welche jeder Kaiser zu gebieten hätte. Falls der ältere Kaiser auch diese
Einteilung billigte, sollte er beim heiligen Evangelium und durch seine ei-
genhändige rote Unterschrift 145 die Schwurtexte bestätigen und an den Mit-
kaiser zurückschicken, damit auch er das nämliche vollziehe. Da nun je-
mand vom Gefolge des jungen Kaisers dabei sein sollte, um die Eiddoku-

85
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,23 116/117

mente zurückzubringen, wurde vom Großdomestikos auf Vorschlag des


Syrgiannes der Parakoimomenos Apokaukos entsandt.
Als nun die Cousine des Kaisers nach Konstantinopel kam und dem
Kaiser die Botschaft des Enkels und Kaisers sowie die Bedingungen für den
Frieden überbrachte, war der alte Kaiser zunächst so außer Fassung, daß er
den Worten seiner Cousine nicht glauben wollte. Als er sich überzeugen
ließ, daß die Botschaft wahr sei, nahm er den Frieden mit Freude an und
brachte seine tiefe Dankbarkeit seinem Enkel gegenüber zum Ausdruck. Er
ließ sogleich die in der Hauptstadt weilenden hohen Geistlichen zu sich
kommen, bestätigte die Schwurtexte und machte den über den Mitkaiser
und seine Anhänger zuvor verhängten Bann wieder rückgängig, indem er
befahl, sein Enkel dürfe wieder Kaiser sein und als solcher angeredet wer-
den. Bevor er nun seine Cousine abermals zum jungen Kaiser schickte,
damit sie von diesem den seinerseits geleisteten Eid entgegennehme, brachte
er sein Mißfallen darüber zum Ausdruck, daß kein Mann von vornehmer
Abstammung, sondern Apokaukos zu ihm gesandt worden sei, um den Eid
entgegenzunehmen, und er sagte zu ihr:
«Wegen seiner Ehrfurcht / und Fürsorge und Verehrung für mich wün-
sche ich dem Mitkaiser, meinem Enkel, reichliche Belohnung von Gott,
nicht nur in diesem, sondern auch in dem künftigen, dem ewigen Leben.
Was ich noch an ihm bewundere, ist sein maßvoller Sinn, die Geradheit
seines Charakters und sein Weg zum Guten; statt wie zu erwarten vor
Ehrgeiz überheblich zu werden und sich aufzuplustern oder auch rück-
sichtslos gegen mich vorzugehen, ein junger Kaiser, wie er ist und gewaltige
Überlegenheit über seine Gegner gewonnen hat, oder statt wenigstens mei-
ne Bitten an ihn bekanntzumachen, damit hernach seine Großzügigkeit mir
gegenüber von allen bewundert werde, hat er von diesen Möglichkeiten
keinen Gebrauch gemacht, sondern meine Botschaft geheimgehalten und
keinen außer einzig den Großdomestikos eingeweiht. Er hat meine Bot-
schaft in überaus einsichtiger und anständiger Weise behandelt. Er hat sich
damit doppelten Dank um mich verdient, nicht nur dadurch, daß er nur
einen kleinen Teil des Rhomäerreiches für sich behalten und alles übrige
mir belassen hat, obwohl sich bereits das ganze Reich ihm zuneigte, son-
dern auch dadurch, daß er meine äußerst prekäre Lage nicht zu seinem
Triumph ausnutzen wollte. Aus diesem Grunde habe ich mich klar über-
zeugen können, daß mir gegenüber nicht einmal eine Spur von Verachtung
zu beweisen ihm in den Sinn kam, sondern er die frühere Ehrfurcht und

86
117/119 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 23

Zurückhaltung wahrt. Was ich aber außerordentlich bedauere, ist dies, daß
er, obwohl ihm viele edle und gute Verwandte zur Verfügung standen,
keinen von diesen entsandt hat, um die Eide entgegenzunehmen, sondern
Apokaukos, einen unbedeutenden Mann aus einer unbedeutenden Fami-
lie 146 , der vor kurzem noch als Sekretär / der Steuereintreiber fungierte. Und
das Schlimmste habe ich noch nicht gesagt, da es unglaublich klingt. Dieser
Mann nämlich hatte mich durch viele Versprechungen dazu verleitet, ihn
als Aufseher der Salzvorräte des Staates anzustellen. Dann erfüllte er keine
von seinen Versprechungen, sondern verpraßte alle Einnahmen aus dem
Verkauf des Salzes, und als ich unter diesen Gegebenheiten von dem vielen
Geld nur einen kleinen Teil haben wollte, nutzte er die günstige Gelegenheit
aus und floh zu meinem Enkel. Wenn nun jemand sieht, wie er bei ihm so in
Ehren steht, daß er mit Aufgaben betraut wird, die eigentlich die Alleredel-
sten übernehmen sollten - würde er nicht glauben, daß dies alles von
meinem Enkel und Mitkaiser absichtlich zu meiner Kränkung ersonnen
wurde? Auch wenn jener wirklich ohne solche Absicht gehandelt hat, wer-
den doch die meisten Menschen so denken.» Als seine Cousine daraufhin
erwiderte, auch sie glaube nicht, daß der junge Kaiser Apokaukos aus
Mißachtung entsandt habe, und hinzufügte, «seinen Respekt und seine
Ehrfurcht dir gegenüber, mein Kaiser, hat er des öfteren unter Beweis ge-
stellt», entsandte der Kaiser den Protoasekretis Bardales 147 sowie Kallikre-
nites mit ihr zu seinem Enkel.
Als sie angekommen waren und der junge Kaiser die Worte des Kaisers
über Apokaukos erfuhr, sagte er: «Möge ich niemals in solchen Wahnsinn
geraten, daß ich Großes oder Kleines zum Verdruß oder zur Verachtung
meines Gebieters und Kaisers tue. Denn sich grundsätzlich mutwillig gegen
ihn zu vergehen, scheint mir gleichermaßen verwerflich, ob es sich dabei
um eine größere oder kleinere Verfehlung handelt. Apokaukos ist freilich
nicht als Gesandter und um den Frieden zu bestätigen - das war die Auf-
gabe meiner Tante -, sondern nur als Überbringer des Briefes / entsandt
worden. Es ist ja bekannt, daß man zur Beförderung der Briefe, auch wenn
deren Inhalt äußerst wichtig und lebensnotwendig ist, sogar die unbedeu-
tendsten Diener benutzt. Aber wenn auch dabei etwas zu tadeln ist, sollte
der Kaiser von dem Großdomestikos, nicht von mir, Rechenschaft verlan-
gen; denn von ihm ist Apokaukos entsandt worden.» Daraufhin bestätigte
er die Schwurtexte und gab sie den Gesandten, die sich mit Freuden auf den
Weg machten.

87
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 24 119/120

24. Er selbst aber brach nach Pfingsten, Anfang Juni [1321], in Richtung
Adrianopel auf. Auch sandte er Boten nach Konstantinopel und ließ seine
Gattin Irene abholen und zu sich bringen 148 • Nach der Ankunft bei ihrem
Mann gebar sie ihm ein männliches Kind, das nach acht Monaten starb.
Der, Mitkaiser verbrachte nun den Sommer damit, die Städte seines Herr-
schaftsgebietes zu besuchen und die vornehmsten seiner Anhänger durch
Ehren und Geschenke sowie durch Ämter in der Provinz- oder Stadtverwal-
tung, die anderen aber durch Gelder und jährliche Renten zu beschenken.
Als der Hochsommer sich zu seinem Ende neigte, gegen Anfang des Monats
August, teilten ihm seine Freunde, die in der Nähe der Hauptstadt weilten,
in einem Brief folgendes mit: «Syrgiannes hat mit deinem Großvater eine
Vereinbarung getroffen und wird in kürzester Zeit bei ihm erscheinen.» Als
der Mitkaiser und der Großdomestikos diesen Brief gelesen hatten, schien
es ihnen zunächst zweckmäßig, seinen Inhalt geheimzuhalten und zugleich
jemanden zu ihren Freunden zu schicken und sich informieren zu lassen, ob
es überhaupt stimme, was sie über Syrgiannes geschrieben hatten. Denn der
Mitkaiser betrachtete als unbillig und hart, bevor er die genaue Wahrheit
erfahre, etwas Unangemessenes vorzunehmen / oder zu sagen. Er schickte
also sogleich Boten zu seinen Leuten und versuchte, sich Klarheit zu ver-
schaffen. Diese berichteten ihm, sie wären der Sache gründlich nachgegan-
gen und hätten in allen Einzelheiten erfahren, daß Syrgiannes und der
Kaiser einander große Versprechungen gegeben und einen Vertrag abge-
schlossen hätten. Aus diesem Grunde seien sie außerordentlich betroffen
und hätten ihm jenen Brief geschickt. «Du aber», sagten sie, «mußt jetzt
dafür sorgen, daß du dich richtig berätst und die geeigneten Maßnahmen
ergreifst. »
Sobald der Mitkaiser diese Nachricht über Syrgiannes erhalten hatte, bat
er ihn zu einer Unterredung unter vier Augen und sagte zu ihm: «Ich habe
erfahren, daß du mit meinem Großvater und Kaiser einen Vertrag abge ..
schlossen hast und bald zu ihm übertreten willst. Ob du zuerst den Kontakt
aufgenommen hast, in der Hoffnung, mehr Nutzen daraus zu ziehen, oder
ob du durch viele Versprechungen von der anderen Seite dazu verleitet
worden bist 149 , kann ich nicht genau wissen. Sollte diese Information un-
wahr sein, dann verdienen die Denunzianten eine gerechte Strafe, und ich
bin zu tadeln, da ich ihnen geglaubt habe. Wenn du aber, wie ich bereits
sagte, dich zu diesem Schritt entschlossen hast, sei es, weil du Vorteile
erwartet hast, sei es, weil du dich überreden ließest, so wirst du dennoch,

88
120/122 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,24

wenn du meinen Worten folgst und solche Absichten aufgibst und die
Treue und Freundschaft zu mir aufrichtig und rein wie bisher bewahrst,
meinerseits die gleiche Zuneigung und Gunst genießen, da ich diese Vor-
gänge sofort vergessen werde, als ob sie gar nicht stattgefunden hätten,
zumal nur ich und der Großdomestikos Kenntnis davon haben, sonst aber
niemand. Wenn du mich jedoch als undankbaren und schlechten Menschen
aufgibst und / den Umgang mit mir für unerträglich hältst und dich unwi-
derruflich entschlossen hast, auf die Seite meines Großvaters und Kaisers
überzutreten, weil du ein großzügiges Entgegenkommen von ihm erwartest,
bedaure ich natürlich dein Ausscheiden, da ich einen Freund und Gefährten
verliere, werde jedoch keine Gewalt anwenden und nicht versuchen, dich
gegen deinen Willen zurückzuhalten, weil ich dich auch anfangs weder
aufgrund des Kriegsrechts noch irgendwie sonst mit Gewalt in meinen
Dienst genommen habe, sondern du freiwillig zu mir gekommen bist und
dich aus freien Stücken entschlossen hast, an meiner Seite die Gefahr zu
teilen, und versprochen hast, alles über dich ergehen zu lassen oder für
mich zu tun. Dieses Versprechen hast du lobenswerterweise ehrlich in die
Tat umgesetzt. So habe ich meinerseits mich keineswegs undankbar oder
des Guten uneingedenk erwiesen, sondern ich habe, solange mir Gott nicht
nur Zuneigung, sondern auch die Macht gab, meine Freunde zu belohnen,
wie es sich geziemte, sowohl die anderen als auch dich durch Ehrungen und
angemessene Geschenke für deine Mühen und deine Ergebenheit entschä-
digt. Da du nun freiwillig zu mir gekommen bist, ist es nicht schön, dich
heimlich davonzuschleichen, sondern es wäre besser, dich offen zu verab-
schieden. Ich glaube jedenfalls nicht, daß mein Großvater und Kaiser einen
Krieg gegen mich vorbereitet und dich in seinen Dienst nehmen will, um
dadurch mich zu schädigen, sondern ich nehme an, daß er den Frieden und
unsere Vereinbarungen aufrechterhalten will und einfach den Wunsch hegt,
daß du unter seinem Kommando Dienst tust. Freilich finde ich auch dies
unbegreiflich, daß er, wider meine Erwartungen, mir keine Geste der
Freundschaft gezeigt hat, während mein Wohlwollen zu ihm und mein
Gehorsam durch die Entwicklung der Lage deutlich gemacht wurde. Sollte
er wirklich die Absicht haben, Krieg gegen mich zu führen, dann wird mich
Gott / in seine Obhut nehmen. Ich möchte dich noch an die Worte erinnern,
die du selbst gesprochen hast, als wir uns in Kon~tantinopel über unser
Vorgehen berieten. Als du nämlich gemeinsam mit dem Protostrator bezüg-
lich des Kaisers vorgeschlagen hattest, was dir selbst wohlbekannt ist, und

89
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 24 122/123

als ich diesem Vorschlag widersprochen hatte, hast du mit Erstaunen ge-
sagt: 'Ich bin fest davon überzeugt, daß, solange du deinem Großvater und
Kaiser gegenüber so eingestellt bist, Gott selbst für uns kämpfen und uns
l
alle unsere Sorgen abnehmen wird. Überleg nun gut, was du tun willst;
denn diese Worte hast du ausgesprochen.»
Als der Mitkaiser so gesprochen hatte, protestierte Syrgiannes heftig und
behauptete, daß er verleumdet worden sei und daß kein Wort von der
Anklage gegen ihn wahr sei. Da er aber keinen glaubhaften und deutlichen
Beweis gegen die Anklage vorbringen konnte, ließen seine Worte denjeni-
gen, der die Situation richtig beurteilen konnte, erheblichen Verdacht
schöpfen, daß er keineswegs ein reines Gewissen hatte.
Syrgiannes zog sich nun zurück, als der Mitkaiser seine Worte an ihn
wiederholte und ihn durch die Zusicherung ermutigte, seine Zuneigung zu
ihm werde durch diese Affäre keineswegs Abbruch erleiden. Aus der
Hauptstadt kamen jedoch Tag für Tag weitere Nachrichten von den Freun-
den des jungen Kaisers, die die Anzeige gegen Syrgiannes als wahr bestätig-
ten und besagten, daß der ältere Kaiser sic l1 für einen Krieg rüste und daß
dieser ausbrechen werde, sobald Syrgiannes bei ihm ankomme. Bei Ein-
bruch des Winters, am 5. Oktober [1321], sprach der Mitkaiser wieder
unter vier Augen mit Syrgiannes und sagte:
«Ich glaube nicht, daß du vergessen hast, was ich kürzlich mit dir bespro-
chen habe. Seitdem / bis heute wird mir täglich über dich gemeldet, daß du
dich vorbereitest, zu meinem Großvater überzugehen, ja überdies, daß die-
ser zum Krieg aufrüstet, um gleich nach deiner Ankunft den Krieg gegen
mich zu beginnen. Alle, die mir zugetan sind, geben mir den Rat, dich ins
Gefängnis zu stecken, weil mit deiner Inhaftierung auch die Gefahr eines
Krieges gebannt sein werde. Ich wiederhole jetzt, was ich auch damals
gesagt habe: wenn du dich durch meine Worte überzeugen läßt und von
solchen Plänen und Taten Abstand nimmst, wäre das eine willkommene
Wendung; wenn du aber deinen Entschluß nicht mehr ändern kannst, tu,
wie du willst. Ich habe nämlich nicht nur nicht die Absicht, dich einzusper-
ren, obwohl es mir ein Leichtes wäre, wie du zugeben müßtest, sondern
werde dich nicht einmal aus deinem Amt entfernen. Ich sage dir dies alles
im voraus, damit du bei deinem Abgang darüber im klaren bist, daß du
nicht etwa unbemerkt geblieben, sondern bei deinem Vorhaben ertappt
worden bist, und daß ich darüber hinweggesehen habe 15 0.»
Nach diesen Vorhaltungen behauptete Syrgiannes wieder, daß er ver-

90
123/125 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 24

leumdet worden und sich keiner Schuld bewußt sei. Anschließend reiste er
mit Erlaubnis des Mitkaisers zu jenen thrakischen Städten ab, die seinem
Amtsbereich untergeordnet waren. Er sicherte zwei dieser Städte, Apros 151
und Garella 152 , durch Garnisonen und andere Mittel, damit sie im Falle
einer Belagerung standhalten könnten, und ging dann im November zum
älteren Kaiser über. Sobald er in Konstantinopel angekommen war, wurde
der Krieg zwischen den beiden Kaisern wieder offen geschürt. Der junge
Kaiser ließ daraufhin seine gesamten Truppen kurzerhand versammeln und
hielt vor ihnen folgende Ansprache:
«Daß der Friede Gutes und Nutzen bringt, ist nicht nur den Untertanen, /
sondern auch den Anführern bekannt, wie auf der anderen Seite die Übel
des Krieges euch allen offenkundig sind. Was aber meine Person betrifft, so
wäre mir die Aufrechterhaltung des Friedens weit mehr wert gewesen als
mein ganzes Vermögen. Da jedoch mein Großvater und Kaiser, was ich
vorher nicht für möglich gehalten hätte, den Vertrag mit uns gebrochen hat
und zum offenen Krieg übergegangen ist, ohne daß wir einen Grund oder
Anlaß zu diesem Vertragsbruch gegeben hätten, vielmehr wider Willen und
notgedrungen jetzt in den Krieg fortgerissen werden, während wir in all
unseren Entschlüssen für den Frieden eintraten, so bleibt uns offenbar
kaum etwas anderes übrig, als Gott, den Zeugen unserer Eide, anzurufen
und gegen die Schuldigen vorzugehen, nicht so sehr, um ihnen Leid zuzufü-
gen, als vielmehr, um ihnen zuvorzukommen und nicht selbst Leid zu erfah-
ren. Denn auf unserem Gebiet abwarten und die Angreifer hier abwehren
zu wollen, würde nicht nur von Feigheit, sondern fast schon von Unver-
stand zeugen. Ich glaube, daß auch Gott, bei dessen Namen wir aufrichtig
geschworen haben, uns nicht verlassen, sondern unterstützen und unsere
Sache verteidigen wird.»
Nach dieser Ansprache des Mitkaisers riefen die Soldaten alle wie mit
einer Zunge: «Wir danken dem allmächtigen Gott, unserem König, daß wir
nicht einem ungerechten und habgierigen Gebieter folgen, sondern einem,
der sogar auf seine verbrieften Rechte verzichten würde zugunsten eines
Friedens mit seinen Landsleuten. Und da nach den Worten des Propheten
der Herr gerecht ist und Gerechtigkeit lieb hat [Ps. 10,7], wird er daran
denken, daß du dem Unrecht entgegentrittst, und daß wir / für das Recht zu
Felde ziehen. Da wir nun alle bereit sind, für dich selbst wieder und wieder
zu sterben, so laßt uns nicht zögern oder das Unternehmen aufschieben,
sondern, auf Gott vertrauend, sofort handeln.»

91
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 2~25 125/126

Daraufhin sprach der Mitkaiser ihnen für ihr Wohlwollen und ihre Be-
reitwilligkeit den gebührenden Dank aus und entließ die Truppenversamm-
lung. Anschließend beriet er sich privat mit dem Großdomestikos und dem
Protostrator über denselben Gegenstand; sie kamen zu dem gleichen Ent-
schluß, daß das Gesagte richtig und keines Zusatzes bedürftig sei. Am
nächsten Tag machte sich der Protostrator auf den Weg nach Adrianopel,
um seine Tochter Anna mit Manuel Asanes 153 , dem Bruder der Gattin des
Großdomestikos, zu verehelichen.
25. Der Mitkaiser aber befahl seinen Truppen, sich für den Feldzug
vorzubereiten, und machte sich auch selbst bereit. Er ließ allerorts die
Angelegenheiten in Ordnung bringen. In Didymoteichon l54 hinterließ er
zusammen mit seiner Gattin seine Tante Theodora Palaiologina, die Mutter
des Großdomestikos 155 , die ihm eine ganze Garnison ersetzte; denn sie
hatte Erfahrung in administrativen und politischen Angelegenheiten und
verfügte über einen Verstand, der die weibliche Natur bei weitem übertraf.
Er befahl den Behörden und Verwaltungs beamten der Städte, allen ihren
Anordnungen Folge zu leisten, und befreite sich so von seinen Sorgen um
sie. Als nun auch seine Armee innerhalb von acht Tagen die nötigen Vorbe-
reitungen getroffen hatte, brach er von dort auf und marschierte bis Tzuru-
loe 156 • Dort schlug er sein Lager auf / und blieb einige Tage, einerseits, weil
ein außerordentlich strenger Winter begonnen hatte, war doch die kalte
Jahreszeit bereits da, denn der Feldzug begann im Dezember, andererseits,
damit auch der Rest seiner Armee sich sammeln könnte; was aber noch
schwerer wog: die thrakische Stadt Herakleia 157 war vom jungen Kaiser
abgefallen und auf die Seite des älteren Kaisers übergetreten, und in ihr
hatte sich bereits Syrgiannes mit den Truppen aus Konstantinopel festge-
setzt. Man entschloß sich also, zuerst den Versuch zu machen, diese Stadt
einzunehmen. Als dabei einige Zeit verstrichen war, beschlossen alle Wür-
denträger und Heerführer in einer Versammlung, dem älteren Kaiser eine
Botschaft zu übermitteln und ein Friedensabkommen vorzuschlagen. Nach-
dem man nun diesen Beschluß dem jungen Kaiser vorgelegt hatte und dieser
einverstanden war, entsandte man einen Mann aus der Truppe namens
Kalochairetes 158 mit einem Schreiben; denn die Botschaft bestand aus dem
Schreiben, und Kalochairetes war lediglich als Überbringer ausgewählt.
Das Schreiben teilte folgendes mit:
«Mächtigster Kaiser! Wir sind Sprößlinge rhomäischer Familien, unsere
Vorfahren waren Rhomäer, und wir betrachten das Wohlergehen der Rho-

92
126/128 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 25

mäer als unser eigenes Glück; ihre Not sehen wir in gleicher Weise als unser
eigenes Unglück an. Aus diesem Grunde legen wir größten Wert darauf,
daß ihr beide, unsere Kaiser, einander wohlgesinnt seid und nicht Krieg
gegeneinander führt, da wir uns mit dem Blick auf die unleugbaren Tatsa-
chen bewußt sind, daß, solange ihr freundlich zueinander steht, auch unser
Staat naturgemäß gedeiht oder zumindest nicht Schaden nimmt, wenn ihr
euch aber bekämpft, eure Herrschaft nicht nur durch die benachbarten
Barbaren, sondern auch durch euch selbst zugrunde gehen wird. / Als vor
einiger Zeit dieser Streit entbrannt und der junge Kaiser gegen dich zu Felde
gezogen war, hattest du kaum das Wort 'Frieden) erwähnt, als dein Enkel,
obschon er im Kriege die Oberhand zu gewinnen schien, als ob er selber um
Frieden gebeten hätte, gerne deine Vorschläge annahm und sich mit dir
sogleich versöhnte, als ob es von allem Anfang an nie Krieg gegeben hätte.
Dies war für uns, eure Untertanen, ein Grund der Freude und Zuversicht,
da wir jenen Tag als den Anfang von Glück für die Rhomäer betrachteten.
Jetzt aber, da wir feststellen, daß du, von dem man eher erwartet hätte, daß
du den Krieg beilegen würdest, auch wenn dein Enkel, ein junger Mann,
sich etwas Verwegenes vorgenommen hätte, ohne ersichtlichen Grund 159
den Vertrag aufgelöst hast und zum offenen Krieg übergegangen bist, sind
wir natürlich beunruhigt und betrachten die Auflösung des Vertrages als
den Anfang vom Unglück. Deshalb bitten wir dich, Majestät, im Namen
Gottes, der die Eide überwacht und der ein Gott des Friedens ist und als
solcher anerkannt wird, den Krieg beizulegen und nicht zu dulden, daß
deine Untertanen wegen eures Streits von heillosem Leid heimgesucht wer-
den. Wenn du dich nun von unseren Worten überzeugen läßt und statt des
Krieges den Frieden gutheißt und die Eintracht und Gemeinschaft mit dei-
nem Enkel vorziehst, dann sind auch wir bereit, unseren Leib und womög-
lich sogar unsere Seelen jederzeit für deine Interessen und die deines Enkels
aufzuopfern. Wenn du aber, was wir nicht wünschen, kraft des Zaubers
eines neidischen Dämons, unsere Botschaft zurückweisen und dich / von
bösen und schadenfrohen Menschen in den Krieg treiben lassen solltest,
schwören wir dir bei Gott, der alles überschaut und jede Tat richtet, daß
wir entweder alle auf dem Schlachtfeld fallen oder durch unsere Taten
deutlich machen werden, daß wir verdient haben, mit unserer Friedensbot-
schaft ernst genommen zu werden. Du wirst nämlich dann selbst eine Bot-
schaft zu uns schicken, wenn du feststellst, daß es viel bes~er gewesen wäre,
überhaupt keinen Krieg gegen uns zu beginnen. Du sollst dich ferner kei-

93
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 25-26 128/129

neswegs in dem Gedanken wiegen oder von anderen dazu überreden lassen,
daß du durch Geschenke und Versprechungen oder durch unsere Furcht
und Feigheit oder durch Ränke oder wie immer einige von uns zum Abfall
vom jungen Kaiser und auf deine Seite bringen kannst. Denn wir haben
selbst das schlimmste Verderben auf jeden von uns herabgewünscht, der
nicht bis zum Tode seinem Eid treu bleiben, sondern vom jungen Kaiser
abfallen wird. Angesichts dieser unserer Haltung fordern wir dich auf, die
erforderlichen Maßnahmen zu beschließen und auszuführen und nicht, von
leeren Mutmaßungen verleitet, dich in Handlungen einzulassen, die du
später bereuen wirst.»
So lautete die Botschaft, die die Anführer des Heeres und alle Mitglieder
des Senats gemeinsam an den älteren Kaiser schriftlich adressierten 16o • Sie
bestätigten das Dokument durch die eigene Unterschrift, damit es überzeu-
gend wirke, und händigten es dem oben erwähnten Kalochairetes ein, der
sich damit auf den Weg nach Konstantinopel machte. Als er im Palast
eintraf, entstand ein Lärm und ein schrilles Geschrei, der Enkel des Kaisers,
der Palaiologos / (man erachtete es nämlich wieder für unwürdig, ihn mit
seinem Titel zu nennen), habe eine Botschaft an den Kaiser geschickt und
bitte ihn um Vergebung, die er jedoch nicht erreichen werde, es sei denn, er
stelle sich selbst als Gefangener des Kaisers und werfe sich ihm zu Füßen;
auch so werde ihm kaum verziehen werden. Der Kaiser fragte nach dem
Grunde des Aufruhrs und befahl den undisziplinierten Schreihälsen zu
schweigen; zugleich ließ er den Kalochairetes wissen, er solle ihm die Bot-
schaft seines Enkels zuschicken, da er zur Zeit mit einer dringenden Angele-
genheit beschäftigt sei und keine Zeit habe, ihn zu empfangen. Kalochaire-
tes antwortete darauf, er werde keinem anderen als dem Kaiser persönlich
den Brief aushändigen; denn so lauteten seine Instruktionen.
26. Der Kaiser war freilich zu jener Zeit damit beschäftigt, seinen Sohn,
den Despotes Konstantinos 16 1, mit einem Geschwader von Kriegsschiffen
nach dem Westen zu entsenden, damit er die Aufsicht über Thessalonike
und die anderen westlichen Städte übernehme und die Reise der Kaiserin
[Maria-XeneJ, der Gattin des Mitkaisers Michael und Mutter des jüngeren
Andronikos, von dort nach Konstantinopel veranlasse. Daß dies geschah,
wie der Kaiser befohlen hatte, versetzte ihren Sohn, den Mitkaiser Androni-
kos, in nicht geringe Betrübnis, da er hörte, daß seine Mutter mit Gewalt
verschleppt worden sei. Als nämlich die Kaiserin den Grund erfuhr, warum
der Despotes angekommen war, und der Tag kam, an welchem sie die

94
129/131 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 26

Fahrt antreten mußte, ging sie in die Kirche hinein, klammerte sich an die
Ikone der Mutter Gottes und wollte sie auf keinen Fall loslassen, komme,
was da wolle. Der Despotes kam herbei und versuchte zunächst, mit Wor-
ten auf sie einzuwirken. Als / er aber damit nichts erreichte, wurde er
handgreiflich. Da er auch so nichts erreichte, befahl er dem Großpapias
[Konstantin] Palaiologos 162 , dem Protallagator Senachereim 163 und Johan-
nes Zarides 164, die Kaiserin von der Kirche wegzuschleppen. Diese rissen sie
mit Gewalt von der Ikone weg, brachten sie ans Meer und übergaben sie
den Schiffsoffizieren, damit sie nach Konstantinopel gebracht werde. Ihrem
Sohn, dem jungen Kaiser, schien auch dies schrecklich, daß der Despotes
persönlich Hand an seine Mutter gelegt hatte; obwohl sie nämlich die
Gattin seines Bruders gewesen war, galt sie doch nach der Etikette des
Hofes als seine Vorgesetzte. Daß er aber andere mit dieser Aufgabe beauf-
tragt hatte, erschien als Übermaß von Frevel, das seinesgleichen suchte.
Doch davon mehr im folgenden.
Als nun der ältere Kaiser von den Sorgen um den Westen frei war, ließ er
Kalochairetes zu sich bitten und forderte ihn auf, ihm den Brief seines
Enkels zu übergeben und, falls er etwas mündlich mitzuteilen hätte, dies
kundzutun. Er antwortete ihm, daß er weder einen Brief noch sonstige
Vorschläge des jungen Kaisers mitgebracht habe, sondern solche von den
anwesenden Senatsmitgliedern und Anführern des Heeres; und damit hän-
digte er das Dokument aus. Nachdem nun der Kaiser den Text gelesen und
zugleich auch die Unterschriften gesehen hatte, sagte er: «Diese Leute dro-
hen mir nach Lust und Laune, ich aber sage, daß sie, was sie jetzt wagen,
mit der höchsten Strafe bezahlen werden.» «Sie drohen nicht, mein Kai-
sen>, sagte Kalochairetes, «sondern zunächst bitten sie; sodann kündigen
sie an, was geschehen wird, falls ihre Bitten abgelehnt werden. / Ich selbst
bitte dich auch und gebe dir den Rat, mächtigster Kaiser, ihre inständige
Bitte nicht abzuschlagen, sondern den Frieden anzunehmen, der nicht nur
den Untertanen, sondern auch dir Nutzen bringt, da er wesentlich dazu
beiträgt, daß nicht die ganze Welt über dich herzieht. Als nämlich dein
Enkel, der junge Kaiser, von dir das erste Mal abfiel und in Adrianopel
eintraf, gaben einige ihm, andere dir die Schuld an der Rebellion; die Men-
schen zweifelten also, wer schuld sei. Als jener jedoch gegen dich zu Felde
zog und du den Frieden anbotest, den er mit Freuden und ohne Zögern
annahm, und so der Waffenstillstand zustande kam, spendeten euch alle
Lob für die Einsicht und die Wende zum Besseren und betrachteten jenen

95
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 26 131/133

Tag als einen Festtag, weil sie glaubten, von den Übeln des Bürgerkrieges
befreit zu sein. Jetzt aber, da der Kaiser, dein Enkel, in dem ihm zugefalle-
nen Bereich der Herrschaft die Runde machte, für sein Heer eine außeror-
dentliche Fürsorge an den Tag legte, die Mauern der Städte wieder instand-
setzen ließ, die mit der Zeit schadhaft geworden waren, und, soviel es
möglich war, für Ordnung in den Städten und ihr allgemeines Gedeihen
Sorge trug, wurde der Krieg plötzlich wieder angefacht, ohne daß er oder
seine Gefolgsleute einen Anlaß dazu gegeben hätten. Es wird also so weit
kommen, daß er nicht nur für die frühere Rebellion von jeder Schuld freige-
sprochen, sondern auch ob der gegenwärtigen Situation Lob ernten wird,
da er nicht zuerst angegriffen hat, sondern sich zu verteidigen sucht; und so
wird er das Wohlwollen aller / gewinnen, da man ihm als einem Unrecht
Leidenden Sympathie bekunden wird; dich hingegen wird man einhellig
verurteilen, als habest du dich jetzt und früher eines Unrechts schuldig
gemacht. Überlege dir also, wie groß die Strafe Gottes und der Tadel der
Menschen für das so entstehende Leid sein werden. Aus diesem Grunde
bitte ich dich nochmals, mein Kaiser, dich deiner Untertanen, deines kaiser-
lichen Sohnes und nicht zuletzt deiner selbst, den alle Rhomäer loben und
wie ein überirdisches Wesen bewundern, zu erbarmen, den Frieden anzu-
nehmen und so den Krieg zu beenden. Dulde nicht, daß deine Untertanen
vom Krieg vernichtet werden und daß dein kaiserlicher Enkel entweder
einen Sieg davonträgt, der schmählicher ist als jede Niederlage - wird er
doch seinen Vater besiegen -, oder aber besiegt wird und ungerechterweise
und von der Hand seines Vaters stirbt, wobei dein Name, den bisher alle
lobpreisen, aus entgegengesetzter Sicht in den Schmutz gezogen wird 165 .»
So sprach Kalochairetes und stand anschließend dem Kaiser und den
anderen Anwesenden Rede und Antwort; er entkräftete in sehr vernünfti-
ger Weise ihre Einwände und warf sich zuletzt dem Kaiser zu Füßen und
flehte inbrünstig, den Frieden nicht von sich zu weisen, damit nicht der .
Urheber des Mordes und des Neids, sondern Christus, der Friedensstifter,
welcher das Getrennte zusammenfüge, die Oberhand gewinne. Der Kaiser
richtete ihn wieder auf und brachte seinen Dank zum Ausdruck, «weil du»,
sagte er, «hierher gekommen bist und uns über diese Dinge hinreichend
unterrichtet hast». Dann hieß er ihn seinen Auftraggebern bestellen, daß er
für ihre unvernünftigen Vorschläge keine Antwort habe, aber zu einer sol-
chen bereit sei, wenn sie ihm eine vernünftige Botschaft schickten. /
So verließ Kalochairetes unverrichteter Dinge Konstantinopel. Der junge

96
133/134 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 26-27

Kaiser brach inzwischen von Tzuruloe auf und kam zu dem thrakischen
Herakleia, wo er Syrgiannes samt den Truppen aus Byzanz einschloß und
für einen Tag belagerte. Anschließend verließ er diesen Ort und errichtete
sein Lager in der Nähe von Daneion 166 , am nächsten Tag schlug er den Weg
ein, der zur Hauptstadt führt. Bei Rhegion 167 traf er Kalochairetes, der ihm
über den Mißerfolg seiner Mission berichtete.
27. Daraufhin schlug er sein Lager auf, und es schien ihm zweckmäßig,
auch selbst eine Friedensbotschaft an den Großvater und Kaiser zu senden.
Er entsandte also den Großkonnetabel J ohannes Palaiologos 168, den Bruder
des Protostrators, sowie Johannes Aplesphares 169 an den Großvater und
Kaiser mit einem Schreiben folgenden Inhalts:
«Nachdem nun die Senatoren des Reiches, die in meinem Lager sind,
sowie die Anführer des Heeres mit meinem Wissen ein Friedensangebot an
dich gerichtet haben, das abgeschlagen wurde, sende ich abermals mit ih-
nen Unterhändler in derselben Angelegenheit an dich, mein Kaiser, und bitten
wir alle dich gemeinsam, uns nicht wie ehrlose Lumpen fortzustoßen, son-
dern uns deiner Gnade und deiner Nachsicht teilhaftig werden zu lassen, da
es unser inniger Wunsch ist, deine Knechte zu sein und als solche betrachtet
zu werden, und da wir statt vieler anderer Vorteile als Wohltat den Frieden
von dir erflehen.»
Er entsandte also diese Unterhändler zum Kaiser und befahl ihnen, bin-
nen acht Tagen zurückzukehren, in der Annahme, daß diese Zeit dem
Kaiser hinreichen würde, sich über den Frieden zu beraten. Er selbst warte-
te in Rhegion. / Als nun zwölf Tage verstrichen waren und die Gesandten
nicht zurückgekehrt waren, brach er von Rhegion auf und gelangte bis vor
die Mauern von Konstantinopel, in einem Abstand, daß seine Soldaten
gerade noch außerhalb der Reichweite von Pfeilschüssen waren. Er schickte
einige seiner Gefolgsleute weiter vor mit dem Befehl, den Soldaten auf der
Mauer folgende Botschaft an den Kaiser auszurichten: «Da die Gesandten
innerhalb der Frist nicht zurückgekehrt sind, ist dein Enkel selbst angekom-
men und bittet um Vergebung.» Jene aber wollten von der Botschaft nichts
wissen, sondern zwangen die Leute des jungen Kaisers durch Wurfgeschos-
se von der Mauer zur Flucht. Dieser wartete nun ebendort bis zum Abend,
dann marschierte er eine kurze Strecke und schlug sein Lager in der Gegend
des Lympidarios, unweit von Kosmidion 17o , auf, wo er drei Tage blieb. Als
nun eine außerordentliche Kälte mit Regengüssen hereinbrach, woran
sogar zwei Soldaten im Lager starben, und da keine Hoffnung auf Frie-

97
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 27 134/135

den mehr war und der Winter arg zusetzte und es der Truppe an Lebens-
mitteln mangelte, weil der junge Kaiser die Plünderung der Umgegend
den Soldaten - es waren etwa vierzig Heeresabteilungen - nicht gestat-
tete, kehrte er nach Didymoteichon zurück und löste dort seine Armee
auf 171 •
Während er noch bei Konstantinopel lagerte, lief Vojslav 172 , der Bruder
des Königs der Myser [Bulgarenzaren] vom jungen Kaiser zum älteren
Kaiser über. Nach seiner Ankunft in Didymoteichon erkrankte der junge
Kaiser an Schüttelfrost, der ihn vierzig Tage hindurch nicht verließ. Und als
dies vorbei war, bekam er Nasenbluten, das zwölf Tage andauerte, wobei
er eine Unmenge Blut verlor. Nachdem auch dieses Übel nachgelassen hat-
te, / packte ihn wieder elf Monate lang jeden vierten Tag der Schüttel-
frost 173 • Diese Krankheit griff Herz und Lunge und die Milz besonders
stark an, so daß er sich bis zu seinem Lebensende davon nicht mehr erholen
konnte. Durch Arbeit und tägliche Gymnastik gelang es ihm immerhin, das
Übel soweit zu lindern, daß es ihn sich erholen ließ.
Der ältere Kaiser auf der anderen Seite, so sehr er seiner Einsicht wegen
bewundert wurde und seiner scheinbar großen Kunst, die jeweils richtige
Entscheidung zu treffen, und obwohl er einsah, daß sein Enkel Truppen
hatte, die an Zahl, Kampfbereitschaft und Tapferkeit den seinigen weit
überlegen waren, und daß die Gelegenheit günstig war, unter guten Bedin-
gungen den Frieden anzunehmen, da die andere Seite darum bat, würdigte
gleichwohl die Gesandten, die um des Friedens willen gekommen waren,
lange Zeit keiner Antwort, und schickte sie dann endlich unverrichteter
Dinge zurück. In seiner Entscheidung, den Krieg vorzuziehen, wurde er vor
allem durch den Übertritt des Syrgiannes ermutigt, von welchem man er-
wartete, daß er große und denkwürdige Taten vollbringen werde; nicht
zuletzt wurde er jedoch durch die Aufstandsbewegungen von Rhodope
dazu bewogen. Der Großstratopedarch Andronikos Palaiologos 174 näm-
lich, den der junge Kaiser zum Statthalter der Provinzen von Rhodope
ernannt hatte sowie der Städte Stenimachos 175 und Tzepaina 176 und vieler
anderer Festungen und zum Befehlshaber der ebendort stationierten Trup-
pen, die stark und äußerst kampfgeschult waren, hatte teils durch Ge-
schenke und Versprechungen, teils durch Gewalt erreicht, daß das ihm
anvertraute Gebiet zum älteren Kaiser abfiel. Dieses Ereignis erweckte bei
letzterem keine geringe Hoffnung, daß er aus dem Krieg als Sieger hervor-
gehen würde.

98
135/137 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 27-28

Während_n~m der junge Kaiser sich in Didymoteichon / aufhielt, begab


sich Syrgiannes im selben Winter von Herakleia nach Konstantinopel,
übernahm die ganze dortige Armee und zog gegen die auf der Seite des
jungen Kaisers stehenden thrakischen Städte zu Felde. Zunächst schickte er
eine aus Fußvolk und Reitern bestehende Garnison nach Apros und Garel-
la l77 , aus Furcht, daß diese Städte zum jungen Kaiser abfielen, und damit
seine Truppen den von Didymoteichon aus unternommenen Angriffen
standhalten könnten. Dann kam er nach Rhaidestos 178 und nahm die Stadt
in Besitz, nachdem er die Besatzung durch Überredung gewonnen hatte; er
war nämlich in solchen Dingen unübertrefflich. Von dort aus griff er Bi-
zye 179 an und plünderte die Umgegend und kam dann nach Sergentzion 180
und nahm die Stadt, die sich ergab, in Besitz. Anschließend kehrte er nach
Konstantinopel zurück und hielt sich dort einige Tage auf; dann verließ er
an der Spitze der Armee wieder die Hauptstadt und zog nach Selymbria.
Als die dortigen Einwohner ihm den Einzug in die Stadt verwehrten, besetz-
te er eine Festung bei Selymbria, namens Sakkoi 18 1, die die einheimischen
Bauern ihm übergaben. Er ließ dort eine Truppe zurück, die die Liegen-
schaften der Selymbrianer verwüsten sollte, und kehrte nach Konstantin-
opel zurück. Die Selymbrianer bekamen in der Folgezeit die offenen und
heimlichen Angriffe von Sakkoi her hart zu spüren. Damit ging im fünften
Jahr der Indiktion [1322] der Winter zu Ende. Mit dem Beginn des Früh-
jahrs, Anfang März, schickte der junge Kaiser Rundschreiben in die von
ihm verwalteten Provinzen mit der Aufforderung, die Truppe solle sich bis
zum 15. des Monats in Didymoteichon melden. Und es fanden sich an dem
vereinbarten Tage alle Angehörigen der Truppe in Didymoteichon ein.
28. Der Mitkaiser wußte nun keinen Rat, woher er das Geld für die
Besoldung der Truppe / beschaffen solle. Denn die öffentlichen Einnahmen
waren nicht eingegangen, teils wegen des Durcheinanders im Kriege, teils
weil die Bauern, welche für die Steuern hauptsächlich aufkommen, ihre
Dörfer verlassen hatten, die nicht nur von den Soldaten des älteren Kaisers
geplündert wurden, sondern auch von den Garnisonen, die der junge Kaiser
zum Schutze dorthin schickte, aus Habgier der Soldateska ausgeraubt und
keineswegs besser als die feindlichen Äcker behandelt wurden 182 • Der Mit-
kaiser war also in Verlegenheit und von der Sorge geplagt, wo er Gelder
beschaffen könne. Der Großdomestikos aber sah, daß er grübelte, und da
er den Grund seiner Besorgnis nicht kannte, fragte er ihn danach. Und als er
antwortete, daß seine Sorge von dem Geldmangel herrühre, weil keine

99
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,28-29 137/139

Steuern eingegangen seien, und daß die Truppe Bedürfnisse habe, die be-
friedigt werden müßten, sagte der Großdomestikos: «Über diesen Geld-
mangel war auch ich mir im klaren und brachte, als dein Rundschreiben
ankam, einiges von meinem Privatvermögen zusammen, soviel für die Be-
dürfnisse der Truppe genügen würde. Es bleibt nur noch übrig, daß jeder
Soldat kommt und den für ihn festgesetzten Sold in Empfang nimmt. Die
Auszahlung des Soldes wird innerhalb der nächsten zwei oder drei Tage
abgeschlossen sein. Mache du dir keine Sorgen mehr deshalb 183 .» Darauf-
hin antwortete der Mitkaiser: «Über deine Liebe zu mir brauche ich nichts
zu sagen, da, was ich auch sagen möchte, hinter der Wirklichkeit weit
zurückbliebe. Mir ist aber nicht eben wohl dabei, wenn ich daran denke,
wieviel Geld du von deinem Privatvermögen für die gemeinsamen Bedürf-
nisse ausgegeben hast, seitdem wir nach Adrianopel gekommen sind, und
wieviel du jetzt / bereit bist auszugeben, insgesamt etliche zehntausend
Goldstücke, wie du selbst genau weißt. Deshalb bereitet mir der Verlust,
den du dabei erleidest, keineswegs weniger Kummer als der Geldmangel
zuvor.»
Bei dieser Unterhaltung war auch die Mutter des Großdomestikos, Theo-
dora Palaiologina, anwesend, die nun das Wort ergriff. «Ich glaube nicht»,
sagte sie, «daß eine solche Ausgabe als Verlust, sondern eher als der vorteil-
hafteste und klügste aller Gewinne zu betrachten ist. Wenn nämlich einer
mit Reichtum sein Leben erretten kann [Provo 13,8], dann muß er den
Aufwand, sei es für seine Sünden, sei es für sein Leben, nicht als Verlust,
sondern als Gewinn ansehen. Im übrigen sagt uns auch die Heilige Schrift:
l
'wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz [Matth. 6,21]. Bei dir also, mein
Kaiser, wird das Herz des Großdomestikos sein, da du sein Schatz bist. Ist
dem so, so wird er sein ganzes übriges Vermögen als nichtig betrachten.
Und außerdem, wenn ihr jetzt eure Gelder schont und euer Leben in Gefahr
bringt, ist es nicht klar, daß eure Gelder, falls ihr eines entehrenden Todes·
gestorben seid, anderen, vielleicht sogar euren erbittertsten Feinden zufal-
len werden? Schont also weder euch selbst noch eure Gelder, bis der in
Gang gesetzte Krieg eine für euch günstige Wendung genommen hat 184 .»
29. Der Mitkaiser dankte ihr nun für diese Ermunterung und ging weg,
um sich mit seinen Würdenträgern zu beraten, ob man zunächst nach
Apros und Garella oder gegen die abgefallenen / Städte, die in größerer
Entfernung lagen, marschieren solle. Letztere konnten wegen der entfernte-
ren Lage zwar weniger schaden, waren dafür aber leichter einzunehmen,

100
139/140 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 29

während erstere größeren Schaden verursachen konnten und eine sehr star-
ke Befestigung aufwiesen sowohl hinsichtlich der Konstruktion ihrer Mau-
ern als auch hinsichtlich ihrer Besatzung. Man beschloß, zunächst gegen
Apros vorzugehen. Nachdem nun alles vorbereitet war und die Söldner
ihren Lohn bekommen hatten, marschierte man von Didymoteichon nach
Apros. Man schlug ein Lager bei der Stadt auf, und der Mitkaiser schickte
einige Leute voraus, die Soldaten auf den Mauern zu begrüßen. Er versuch-
te, sie zu überreden, daß sie ihm die Stadt kampflos übergeben sollten, und
versicherte, weder hätten sie etwas verbrochen noch sei er gegen sie erzürnt,
sondern die Schuld für den Abfall treffe denjenigen, der die Stadt mit
Gewalt unter sich gebracht habe, nicht sie, die dazu gezwungen worden
seien. Sollten sie sich kampflos ergeben, so sehe er sich verpflichtet, sie mit
vielen Wohltaten zu überhäufen. Die Leute auf den Zinnen aber warteten
nicht einmal, bis die Bekanntmachung des Mitkaisers zu Ende gesprochen
wurde, sondern antworteten ihm, daß er keineswegs mit guten Absichten
gekommen sei und daß er solche betrügerischen Worte nicht an sie, die
weder Angst hätten noch sonst leicht zu täuschen seien, sondern an andere
hätte richten sollen. Sie hätten jedenfalls vor, jenem die Treue zu halten, der
ihnen die Festung anvertraut habe, und diese sicher zu schützen. Daraufhin
schickte der Mitkaiser andere Leute und belehrte sie, sie sollten nicht aus
Unbesonnenheit Unheil auf sich ziehen, wo es in ihrer Hand liege, sich
außer Gefahr zu bringen und Gutes zu erfahren. Als sie diese Aufforderung
durch Schmähungen beantworteten und die Leute des Mitkaisers mit Stei-
nen und Pfeilen fortjagten und ihm ausrichten ließen, er solle keinen Unter-
händler mehr zu ihnen schicken, weil sie ihn töten würden, sah der Mitkai-
ser ein, daß er sie mit Worten nicht überzeugen könne. / Deshalb ließ er
Leitern herrichten, um am nächsten Tag die Mauern anzugreifen. Als nun
die Verteidiger von der Mauer die Anfertigung der Leitern bemerkten,
machten sie sich lustig über den Versuch ihrer Gegner, Unerreichbares zu
erreichen, da sie glaubten, der Sieg wäre auf ihrer Seite, nicht nur wegen der
Festigkeit der Mauern, sondern auch wegen der größeren Zahl ihrer Solda-
ten. Denn es waren einmal ihre Kampfgefährten aus der Hauptstadt da,
zweihundertzwanzig Reiter, zweihundert Bogenschützen zu Fuß, die mit
dem Bogen ausgezeichnet umgehen konnten, und dreißig Soldaten, die Ge-
schosse aus den Schleudermaschinen schießen konnten, von ihnen einer
besonders für seine Treffsicherheit bekannt, dazu von den Einheimischen
hundert bewaffnete Reiter und eine Menge Bogenschützen und Schleuderer

101
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 29 140/141

- viele unter den letzteren waren zusätzlich zu den Einheimischen aus der
Umgegend des Krieges wegen dazugestoßen - sowie viele Leichtbewaffnete.
Daher hofften sie zuversichtlich, wenn nicht auf mehr, so wenigstens dar-
auf, ihre Stadt ohne Mühe verteidigen zu kö"nnen.
Am nächsten Tag stellten sich bei Tagesanbruch die Belagerer sowie die
Soldaten auf den Mauern zum Kampfe auf. Es kam zu einem gewaltigen
Mauerkampf, in dem sich die Verteidiger bis zur siebten Stunde tapfer
schlugen und standhielten. Dann aber brachen die Soldaten des jungen
Kaisers durch ihre Tapferkeit und Kühnheit den Widerstand ihrer Gegner,
lehnten die Leitern an die Mauern an, drangen in das Städtchen ein und
plünderten es. Der Mitkaiser, der befürchtete, daß Apros unbewohnbar
werde, wenn alles zerstört werde, befahl, die Ernte zu schonen, damit die
Aprier nicht, ihrer Lebensgrundlage beraubt, die Stadt verließen. Außer
einem Schwerbewaffneten des Konstantinopler Kontingents gab es wäh-
rend des Mauerkampfes / auf beiden Seiten keine Toten. Den Soldaten aber
tötete ein Lateiner nach der Schlacht, weil jener ihn sowie mehrere andere
verwundet hatte. Verwundete gab es auf beiden Seiten viele. Die Reiter und
das Fußvolk aus Konstantinopel wurden von den Soldaten des Mitkaisers
in Fesseln gelegt und in Gewahrsam gehalten. Am dritten Tage aber ließ der
Mitkaiser die Gefangenen vorführen und sprach zu ihnen wie folgt:
«Es war gewiß nicht klug und für euch selbst keineswegs nützlich, daß
ihr uns mit Schmähungen und Schimpfworten geantwortet habt, als wir
euch freundlich anredeten. Sich von den Angreifern nicht einschüchtern zu
lassen, sondern heftigen Widerstand zu leisten, das gilt für Tapferkeit; aber
von den Mauern herab zu schimpfen und übermütig zu sein, das ist ein
Zeichen von Frechheit und Verrücktheit. Deshalb rate ich euch, sofern ihr
auf mich hören wollt, euch durch Tapferkeit, Mut und die Taten eurer
Hand zur Wehr zu setzen, mit Worten aber zurückzuhalten. Denn nicht die
Zügellosigkeit der Zunge, sondern nur die tatsächliche Erfahrung beein- .
druckt die Angreifer. Da wir euch nun gefangengenommen haben, dürfen
wir mit euch nach Gutdünken verfahren, gemäß dem Gesetz des Krieges.
Ich bin aber nicht zu Felde gezogen, um Rhomäer zu mißhandeln, und
deshalb lasse ich euch frei. Falls ihr in meine Reihen eintreten wollt, werde
ich es an der gebührenden Fürsorge nicht fehlen lassen und euch in mein
engstes Gefolge aufnehmen. Wollt ihr aber nach Hause gehen, werde ich
euch auch so wohlwollend entlassen.»
Die Soldaten huldigten dem Mitkaiser und· brachten ihre Dankbarkeit

102
141/143 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 29

für seine Wohltat lebhaft zum Ausdruck 185 , dann erbaten sie sich Bedenk-
zeit. Nachdem sie sich nun beraten hatten, blieben von den Reitern einige
beim Mitkaiser, während die meisten / weggingen. Das Fußvolk aber trat,
bis auf wenige, geschlossen in die Reihen des Mitkaisers ein. Er ließ ihnen
einen Jahressold auszahlen und nahm sie in seine enge Gefolgschaft
auf. Denjenigen aber, die weggehen wollten, ließ er Reisegeld auszahlen.
Als er nun sah, daß auch das übrige Volk der Aprier, Männer, Frauen und
Kinder, hilflos und unbekleidet hin und her liefen und den Verlust ihrer
Habe beklagten, rief er alle Offiziere und Würdenträger der Armee zu sich
und sprach zu ihnen folgendermaßen:
«Da Gott uns heute viele und große Wohltaten erwiesen hat, ist es rech-
tens, daß wir uns seiner Gnade würdig erweisen. Denn, daß uns weder die
zahlreichen und kriegserfahrenen Verteidiger noch die sicheren und hohen
Mauern noch sonst etwas daran gehindert haben, diese frechen und über-
mütigen Menschen zu bestrafen, kann man gerechterweise kaum einer an-
deren Ursache als dem Gnadenerweis einer höheren Macht zuschreiben.
Und wiederum, daß wir bei einem so gewaltigen Mauerkampf und der
Eroberung einer Stadt weder einen der Unsrigen verloren haben, womit wir
doch rechnen mußten, noch einen der Verteidiger getötet und uns so mit
Brudermord befleckt haben, das können wir nur der Vorsehung und dem
sicheren Beistand Gottes verdanken. Wir müssen also auch unsererseits, da
wir gesiegt haben, mit dem Leid der Unglücklichen Mitleid haben - denn
gegen die Barbaren muß man bis zum Ende kämpfen, gegen Stammesgenos-
sen dagegen bis zum Sieg - und den Besiegten etwas von der Beute zurück-
geben, jeder nach seinem Belieben. Dabei werdet ihr dreifachen größten
Gewinn haben: Erstens werdet ihr euch Gott gnädig stimmen, der sich das
Mitleid mit den Unglücklichen zu eigen macht und / sowohl in dieser Welt
als auch nach dem Tode mehrfachen Lohn dafür verheißt. Ferner werdet
ihr mein Wohlwollen gewinnen, da ich Wohltaten an Gefangenen beson-
ders zu schätzen weiß. Und drittens werdet ihr euch den Ruf der Tapferkeit
und zugleich des Edelmutes erwerben, da ihr durch Tapferkeit eure Gegner
besiegt habt, durch Edelmut und Großherzigkeit aber ihnen nicht wie Fein-
den begegnet seid, sondern ihnen wie Stammesgenossen und Opfern des
Schicksals die bestmögliche Fürsorge habt angedeihen lassen.»
Durch diese Aufforderung des Mitkaisers wurden die Angehörigen seines
Heeres so beeindruckt, daß jeder einen Teil der Beute den Apriern zurück-
gab. Diejenigen von ihnen, die den Ehrgeiz hatten, Wohltäter zu werden,

103
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 29-30 143/144

machten sogar die Eigentümer der von ihnen geraubten Güter ausfindig
und gaben ihnen die gesamte Beute zurück, ohne etwas für sich zu behalten.
30. Nachdem sie nun nach der Eroberung von Apros sechs Tage eben-
dort geblieben waren, machten sie sich am siebten Tag auf den Marsch und
schlugen ihr Lager bei Garella auf. Die Einwohner dieser Stadt, sei es, daß
sie dem jungen Kaiser wohlgesonnen waren, sei es, weil sie durch den Fall
von Apros zur Klugheit belehrt waren, schlugen sich gleich bei der ersten
Aufforderung auf die Seite des Mitkaisers und ergaben sich kampflos. Der
Mitkaiser überhäufte sie dafür mit Wohltaten, brach dann von dort auf
und gelangte nach Rhaidestos. Nachdem nun auch die dortigen Einwohner
eine Probe seiner Freigebigkeit erfahren hatten, schlugen auch sie sich auf
seine Seite. Anschließend gelangte er nach Sergentzion. Als nun auch diese
Stadt sich ergeben hatte, schlug er die Straße nach Selymbria ein. Er wollte
die Selymbrianer wegen der Verwüstungen, die ihr Land durch die Überfäl-
le des Konstantinopler Heeres ob ihrer freundlichen Haltung gegenüber
ihm während des Winters erlitten hatte, mit Wohltaten / und Dankerweisen
belohnen. Als sie in der Nähe von Selymbria angekommen waren, stiegen
sie von den Pferden ab und wollten eine Weile ausruhen. Der Platz, an dem
sie lagerten, lag nahe der Festung Sakkoi, die dem Mitkaiser feindlich war,
weil sie sich auf die Seite des Syrgiannes gestellt und die Soldaten aus
Konstantinopel aufgenommen hatte, damit sie die Äcker der Selymbrianer
verwüsteten. Ansonsten handelte es sich um ein unbedeutendes Fleckchen,
das wegen der Kriegsunerfahrenheit seiner Einwohner - diese waren näm-
lich alle Bauern, die auf den Feldern arbeiteten - sowie wegen des schlech-
ten Zustandes seiner Mauern gering geachtet wurde. Die Besatzung der
Festung jedoch begann, da sie sich selbst vergaß und den Feind vor den
Mauern verachtete, von der Mauer herab zu höhnen, und den Mitkaiser
und seine Soldaten mit Schmähungen zu überhäufen. Der Mitkaiser lachte
über ihren Spott und fragte die Umstehenden, ob die Sakkier viel Wein
hätten. Als man ihm nun antwortete, daß nicht einmal genug Wasser dort
vorhanden sei, sagte er: «Dann haben sie sich sicher mit jenem Kraut
angefüllt, das die Seele umnachtet 186 .» Daraufhin ließ er sie durch einen
seiner Leute auffordern, vernünftig zu sein und zu schweigen, und verließ
mit seinen Offizieren das Lager, um die Wachen zu inspizieren. Die un-
glücklichen Sakkier ließen jedoch nicht nach, sondern schrien und schimpf-
ten nach Leibeskräften weiter. Das von der Truppe mitgeführte dienende
Gesinde, das sich über die maßlosen Beleidigungen ärgerte, bat ihre Herren,

104
144/146 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 30

ihnen die Sache zu überlassen. Als diese einwilligten, griffen sie an und
überrannten gleich -beim ersten Ansturm die Mauern - sie waren leicht
einzunehmen -, indem sie statt Leitern zufällig vorhandenes Holz / benutz-
ten, und machten sich dann an die Plünderung. Als nun viele Angreifer auf
ein Haus stiegen, in dessen Innerem offenes Feuer brannte, stürzte das
Dach, das aus Stroh bestand, auf das Feuer nieder. Sogleich loderte eine
grelle Flamme empor, die schnell auf die übrigen Häuser übergriff. Diese
waren nämlich auf die gleiche Art gebaut. Da nun die Festung nur über ein
einziges Tor verfügte, welches obendrein von den Einwohnern aus Furcht
zugemauert worden war, und das zuerst in Brand geratene Haus in der
Nähe dieses Tores lag, stiegen einige Angreifer und Einwohner des Dorfes,
so schnell sie nur konnten, auf die Mauer und stürzten sich von dort, halb
in Flammen, hinab. Die übrigen Angreifer, zusammen mit den verbliebenen
Einwohnern des Dorfes und dem Vieh, wußten nicht, was sie tun sollten, da
sie von den Flammen umzingelt waren, und brachen in Wehklagen und
Jammergeschrei aus. Es war ein bemitleidenswerter Anblick, wie Menschen
zusammen mit dem Vieh schreiend und jammernd verbrannten. Das Heer,
der Kaiser und die Offiziere ließen alles andere sein und eilten hilfsbereit
zur Festung; da sie aber nicht helfen konnten - denn das Feuer hatte bereits
alles in seine Gewalt gebracht -, brachen sie aus Mitgefühl ebenfalls in
Wehklagen aus. In den Flammen kamen sechs der Eindringlinge und hun-
dertdreiundzwanzig Einwohner, Frauen, Kinder und Greise, um. Außer-
dem wurde das Vieh und was noch an Sachwerten vorhanden war ver-
nichtet.
Dieses Unglück erschütterte den Kaiser tief; er brach von dort auf und
gelangte nach Selymbria. Und nachdem er / dort alles geregelt hatte, um
dessentwillen er gekommen war, begab er sich weiter nach Chariupolis 187
und löste dort die Armee auf, bis auf tausend Mann, denen er befahl, ihm
zu folgen; den übrigen gebot er, sich ohne weitere Aufforderung zum ver-
abredeten Termin wieder bei ihm einzufinden. Der Großstratopedarch [An-
dronikos] Palaiologos jedoch, Statthalter der Distrikte in der Region Rho-
dope 187a, hatte, wie berichtet, alle ihm unterstellten Städte und das dort
befindliche Heer dazu gebracht, von der Partei des jüngeren Kaisers zu der
des älteren überzuwechseln. Es war ihm gelungen, alle für die Sache des
älteren Kaisers zu gewinnen, einen Nomaden jedoch mit Namen Syrba-
nos 188 , einen gebürtigen Daker [Walachen], hatte er seiner Güter beraubt,
weil er dem jüngeren Kaiser anhing, zahlreichen Mißhandlungen ausge-

105
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 30 146/147

setzt, ihm zwei Zähne ausgebrochen sowie mit einem glühenden Eisen die
Wange gebrandmarkt und, da er ihn gleichwohl nicht zum Abfall von dem
jüngeren Kaiser bewegen konnte, in ein Halseisen gesteckt und hielt ihn
gefangen. Dieser Mann nun entfloh damals aus dem Gefängnis, sammelte
viele· andere leichtbewaffnete Nomaden um sich und vereinigte sich mit
dem Heer des jungen Kaisers, welches hierher ausgesandt worden war, um
gegen [Andronikos] Palaiologos zu kämpfen, und griff die Truppen im
Gebiet von Rhodope an. Als aber die Einwohner der Städte sahen, daß die
Landbewohner allesamt gegen sie zu Felde zogen und daß ein Heer im
Anmarsch sei, fürchteten sie, daß Zwistigkeiten hinter den Mauern ihr
Verderben werden könnten und schlossen sich dem jungeren Kaiser an.
Den Feldherrn aber legten sie in Fesseln und ließen ihn bewachen, bis der
Mitkaiser von der Sache erführe und ein Urteil über ihn fälle. Sie selbst
begaben sich mit Syrbanos zum Kaiser, die einen, um eine Belohnung für
ihre Treue zu erhalten, die andern, die / vorher auf der Seite des älteren
Kaisers gestanden hatten, um Vergebung zu erlangen. Der Mitkaiser aber
wies die Abtrünnigen als Leute, die seinen Wohltaten gegenüber undankbar
waren, in milder Form zurecht und ermahnte sie, künftig nicht mehr so
leichtfertig abzufallen und ihren Eid zu brechen. Dann verzieh er ihnen,
indem er sagte, daß er ihre Schuld vergessen wolle; kurze Zeit später be-
schenkte er sie sogar und hieß sie nach Hause gehen. Jene aber, die ihm die
Treue bewahrt hatten, lobte er und vergalt sie ihnen mit den gebührenden
Geschenken und entließ sie, indem er ihnen den Domestikos Uohannes]
Tarchaneiotes 189 zum Anführer gab, der den Auftrag hatte, den Großstra-
topedarchen in Fesseln zum Kaiser zu schicken. Am folgenden Tage aber
trat Syrbanos vor den Kaiser, und es schien, daß er etwas sagen wolle. Der
Mitkaiser bemerkte es und hieß ihn sein Anliegen vortragen. Kaum hatte
jener diese Aufforderung vernommen, da warf er sich zu Boden und bat um
Vergebung dafür, daß er, ein gänzlich ungebildeter Schweinehirt und Aus-
länder, es wage, den Kaiser anzusprechen. Als dieser ihm gebot, ohne
Furcht zu sprechen, da setzte er sich für den Großstratopedarchen ein und
bat, daß auch er für sein Vergehen gegen den Mitkaiser, das darin be-
stand, daß er Rhodope zum Abfall gebracht habe, Vergebung erlange. Als
nun der Mitkaiser fragte, ob das Ironie oder Ernst sei, antwortete er, es sei
ihm ernst damit und fügte zur Bekräftigung einen Eid hinzu. Als Verwand-
ter des Kaisers müsse jener trotz seiner Schuld Vergebung erlangen. «Du
vergißt», erwiderte der Mitkaiser, «was er dir Schlimmes angetan hat, /

106
148/149 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 30-31

indem er dir deinen Besitz, deine Kinder, deine Frau und selbst deine Zähne
entrissen hat, daß er deinen Körper mit Schlägen verunstaltet und dir
schließlich wie einem Schwerverbrecher die Wange mit glühendem Eisen
gebrandmarkt hat, so daß nicht einmal die Narben verschwinden können?
Was ist es überhaupt, das dich bewogen hat, für ihn einzutreten?» «Was
könnte es Größeres sein, mein Kaiser», sagte er, «als daß einer, der noch
unlängst zu den Sklaven jenes Mannes zählte, heute durch Gottes und deine
Gunst zu solcher Höhe aufgestiegen ist, daß er sogar für die Verwandten
des Kaisers Abbitte leisten und die Abwendung erwarteter Strafen erwirken
kann?» Der Kaiser wunderte sich, daß jener Ausländer das ihm angetane
Unrecht so völlig vergessen könne, und sprach: «Wenn du, ein Ausländer
und niedern Standes, deinen Feinden das schwere Unrecht, das dir angetan
wurde, mit Wohltaten vergiltst, so sehr du nur kannst, dann ist es nicht
billig, wenn ich, der Kaiser, dem geringeres Unrecht geschah, unnachgiebig
erscheine in meinem Zorn. Also will ich, um deiner Fürbitte willen, das
Unrecht vergessen und ihm verzeihen.» Der Ausländer dankte dafür, lobte
den Kaiser vielmals und fügte eine zweite Bitte hinzu des Inhalts, daß jener
weder seinen Rang noch seine Einkünfte noch seine kaiserlichen Ehrenge-
schenke einbüßen solle. Noch mehr bewunderte da der Mitkaiser sein Ein-
treten für seinen Peiniger und erfüllte auch diese Bitte. Während Syrbanos
noch dem Mitkaiser zu Füßen lag, ließ dieser den Gnadenerlaß ausferti-
gen 190 , unterschrieb ihn eigenhändig und reichte ihn ihm. Der Mann nahm
ihn entgegen, / küßte den Boden, auf dem der Kaiser stand, und entfernte
sich frohen Herzens.
31. Am gleichen Tage kam ein Bote aus Thessalonike und meldete dem
Mitkaiser, daß es in der Stadt einen Aufstand 191 gegeben habe, bei dem
seine Anhänger die Oberhand gewonnen und ihm die Stadt zugeschanzt
hätten. Der Despotes Konstantinos sei zum Kloster Chortaites entkom-
men l92 , dort aber ergriffen und in Gewahrsam genommen worden. Darauf-
hin schickte der Kaiser sogleich Leute nach Thessalonike, die ihn herbei-
schaffen sollten; sie wurden zuvor eidlich verpflichtet, den Despotes weder
selbst zu töten noch dieses anderen zu gestatten. Diese machten sich auf den
Weg und brachten ihn, der Mönchskleidung angelegt hatte, nach Didymo-
teichon. Das Gewand aber hatte er angelegt, noch ehe sie nach Thessaloni-
ke kamen, aus Angst, man werde ihn töten. Mit ihnen aber zogen aus
Thessalonike zum jungen Kaiser viele Mitglieder des Senats wie des Heeres,
ferner das Oberhaupt der dortigen Kirche, Jeremias, und der Abt des Klo-

107
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 31 149/151

sters Lavra auf dem Heiligen Berg Athos, Gerasimos 193 • Da hätte freilich
das um den jüngeren Kaiser versammelte Heer, undiszipliniert wie Soldaten
nun einmal sind, beinahe den Despotes erschlagen, nur die persönliche
Anwesenheit des Mitkaisers vermochte ihn zu retten; der befahl ihn einzu-
kerkern 194 . Einige Tage danach aber stattete der Despotes durch einen
Mittelsmann dem jüngeren Kaiser seinen Dank ab, weil er ihm das Leben
gerettet habe; außerdem aber bat er, da er aus gegebenem Anlaß das
Mönchsgewand angelegt habe, nun auch noch die herkömmlichen /Weihen
alle erlangen zu dürfen, damit er für einen Mann gelte, der freiwillig die
Kutte angezogen habe und nicht aus Not. Da der Mitkaiser jedoch arg-
wöhnte, daß er dies erbitte, nicht um sein Leben zu ändern, sondern um aus
der Haft freizukommen, sandte er den Metropoliten von Thessalonike und
Gerasimos, den Abt der Lavra, zu ihm mit dem Bescheid, daß er Dinge
fordere, die zur gegenwärtigen Lage nicht recht paßten. Er werde keine
Unbill von seiten seiner Bewacher zu erdulden haben, sondern sich der
Ruhe erfreuen können, aber eine Entlassung aus der Haft komme gegen-
wärtig nicht in Frage; also solle er auch keine derartigen Bitten vortragen.
Er aber trug nur um so inständiger dieselbe Bitte vor, indem er sich an jene
heiligen Männer klammerte, und versicherte, daß er nicht aus Verstellung
und nicht aus Zwang, sondern in aufrichtiger Gesinnung jene Umkehr
seines Lebens beschlossen habe. Als der Kaiser dies von ihnen erfuhr, ge-
stattete er, mit ihm zu verfahren, wie er verlangte. Zur gleichen Zeit aber
wurden auch jene Männer aus Thessalonike in Fesseln vor den Kaiser
geführt, die die Kaiserinmutter [Maria]-Xene, wie bereits berichtet, gewalt-
sam fortgeschleppt hatten, Konstantinos Palaiologos und Johannes Zarides
sowie der Protallagator Senachereim. Von ihnen wurden zwei auf Befehl
des Mitkaisers mit abrasiertem Bart und kahlgeschorenem Schädel auf dem
Markt öffentlich zur Schau gestellt 195 , den Palaiologos aber bewahrte die
Fürsprache des Protostrators, der sein Cousin 196 war, vor dem gleichen
Schicksal, doch wurde auch er eingesperrt. Wenig später indessen begna-
digte der Mitkaiser sowohl ihn als auch die anderen.
Zur gleichen Zeit aber fielen auch die Lemnier vom älteren Kaiser ab,
wandten sich an / den jüngeren und, indem sie den Abfall meldeten, erbaten
sie einen neuen Statthalter für Lemnos. Der Mitkaiser überhäufte sie mit
seiner Gunst, gab ihnen den geforderten Vorgesetzten und entließ sie nach
Hause. Während dies geschah, erhielt der Mitkaiser aus Selymbria die
Nachricht, zur Unterstützung seines kaiserlichen Großvaters habe von

108
151/152 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 31-32

Osten her ein persisches [türkisches] Heer den Bosporos überschritten, sich
mit den Truppen aus Konstantinopel vereinigt und werde in Kürze gegen
ihn vorrücken. Als er dies hörte, wunderte er sich, daß sein Großvater
gegen die eigenen Stammesgenossen die feindlichen Perser [Türken] zu Hil-
fe gerufen habe; er selbst aber brach in aller Hast von Didymoteichon auf
und eilte dem heranziehenden Heer entgegen, um ihm bei der ersten Begeg-
nung eine Schlacht zu liefern. Am dritten Tage nun stießen zwischen Tzuru-
loe und Selymbria das Heer aus Konstantinopel, vereinigt mit den Persern
[Türken], und der jüngere Kaiser aufeinander. Als aber die Perser und die
Rhomäer aus Konstantinopel gewahr wurden, daß sie dem Heer des Mit-
kaisers nicht einmal ins Angesicht blicken könnten, da wagten sie es nicht,
sich in Schlachtordnung aufzustellen und vorzurücken, sondern noch in
beträchtlicher Entfernung machten sie kehrt und flohen, so gut sie konnten,
die Perser hierhin, die Rhomäer dorthin. Da der Mitkaiser sie fliehen sah,
teilte auch er sein Heer in zwei Teile und befahl, die Verfolgung aufzuneh-
men. Als die Verfolgung sich hinzog und die Verfolger nichts ausrichteten-
denn den Fliehenden war nicht beizukommen -, da machten sie kehrt,
nachdem die einen drei Perser gefangengenommen hatten, die anderen fünf
Rhomäer; die übrigen waren entkommen. Troßpferde jedoch, die dem flie-
henden Heer nicht folgen konnten, Kriegsmaterial und Gefolgsleute wurden
in großer Menge erbeutet. Der Mitkaiser aber zog weiter und schlug bei
Selymbria sein Lager auf. Jene indessen, die sich / durch die Flucht retten
konnten, Rhomäer wie Perser, zogen nach Konstantinopel zum älteren
Kaiser und meldeten ihre Niederlage. Zugleich aber verlangten die Perser
Schiffe, um übersetzen zu können. Der Kaiser jedoch versuchte, sie zum
Verbleib in Konstantinopel zu bewegen. Sie aber ließen sich nicht überre-
den und erklärten, sie selbst würden sinnlos aufgerieben werden, und dem
Kaiser werde es nichts nützen, wenn sie zusammen mit den anderen in der
Hauptstadt belagert würden. Denn außerhalb der Mauern könne sich nicht
einmal der Obersatrap [Emir] mit der gesamten Heeresmacht dem jüngeren
Kaiser entgegenstellen, geschweige denn sie. Und da die anwesenden Rho-
mäer erklärten, daß jene die Wahrheit sagten, erhielten sie Schiffe 197 und
setzten über in Richtung Osten.
32. Als dem älteren Kaiser die Hoffnungen, die er auf das Bündnis mit
den Persern [Türken] gesetzt hatte, zerronnen waren und die Lage auf den
Inseln ungünstig war, da Lemnos bereits offen abgefallen war und auf den
übrigen Inseln Verwirrung herrschte und auch sie fast schon abzufallen

109
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,32 152/154

drohten, und von den Städten auf dem Festland, die dem älteren Kaiser
vordem untertan gewesen waren, die meisten bereits zum jüngeren Kaiser
übergegangen waren und seine Situation rundum ausweglos war, beschloß er,
abermals eine Gesandtschaft an seinen kaiserlichen Enkel zu schicken. Er
entsandte Isaak 198 , das Oberhaupt des Heiligen Berges Athos, einen Mann
von Einsicht und vor allem von großem Tugendeifer. Seinem kaiserlichen
Enkel ließ er folgendes mitteilen: «Hätte Gott die Menschen von vornher-
ein unbeeinflußbar vom Bösen geschaffen oder wären sie, zur gebührenden
/ Selbstverantwortung gelangt, im Guten verharrt, dann wäre von den
späteren Verfehlungen keine begangen worden. Da aber seit jener ersten
Verfehlung die menschliche Natur leicht dem Schlechteren anheimfällt,
geht seit jener Zeit bis heute alles drunter und drüber durch die Mitwirkung
unseres ewigen Erzfeindes. Und so ist es auch uns jetzt gegangen.
Hätte ich doch dein Wohlwollen gegen mich und die geziemende Rücksicht
und Ehrerbietung des Sohnes gegenüber dem Vater aus deinen Werken
erkennen sollen und jene, die dich zu verleumden suchten, indem sie be-
haupteten, du plantest eine Verschwörung gegen mich, als meine Feinde
von mir stoßen sollen. Ich aber ließ mich täuschen, schenkte deinen unmiß-
verständlichen Taten keine Beachtung, sondern stiftete, verleitet durch die
Lügen der Verleumder, Krieg, da Frieden herrschte. Jetzt aber haben die
Tatsachen mir meine Unvernunft sichtbar gemacht, und, wie es rechtens ist,
klage ich mich selbst an. Du jedoch, anständig wie du bist und nach wie vor
voll Wohlwollen und Respekt gegen mich, wirst dafür Sorge tragen, daß
statt des Krieges wieder Friede kommen wird.»
So sprach er, der junge Kaiser aber erwiderte: «Dank sage ich zunächst
Gott, dem König der Könige, daß er in seiner Güte mich gegen meinen
Herrn und Kaiser nichts planen noch unternehmen ließ, daß er das Treiben
der Verleumder nicht bis zum Ende unentdeckt bleiben ließ, sondern den
Kaiser selbst zum Zeugen dafür machte, daß ich kein Unrecht begangen
habe, die Verleumder aber es an keinem Unrecht haben fehlen lassen. Doch
während selbst der Kaiser, von / schlechten Menschen verleitet, getan hat,
was er nicht tun sollte, werden wir, die wir die Eltern zu ehren wissen und
auch ein Unrecht ertragen können, mit Gottes Hilfe über die Lage zu Rate
gehen und handeln 199.»
Mit dieser Antwort des Mitkaisers machte sich der Gesandte auf den
Weg zum Heerlager, um dort zu warten, bis der Mitkaiser bezüglich des
Friedensschlusses Antwort gäbe. Dieser beriet sich mit dem Großdomesti-

110
154/155 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 32

kos, was in der gegenwärtigen Lage zu tun sei, damit ein Friede solcher Art
eintrete, daß kein Verleumder einen Vorwand habe, die beiden Kaiser ge-
geneinander aufzuhetzen und zum Schaden des Gemeinwesens einen Krieg
zu entfachen. Da schien es ihnen denn das Beste, wenn sie das Heer, die
Städte und die gesamte Verwaltung des Gemeinwesens dem älteren Kaiser
unterstellten, sich selbst ihm unterordneten und als Untergebene seine Be-
fehle ausführten. So hätten nämlich die Verleumder keinen Ansatzpunkt,
da alles von dem älteren Kaiser regiert werde. Am folgenden Tage berief
der junge Kaiser die Würdenträger, Heerführer und Offiziere zu einer Ver-
sammlung ein und sprach zu ihnen folgendermaßen:
«Die Übel, die durch einen Krieg entstehen, besonders durch einen Bür-
gerkrieg, kann man aus vielen anderen Bei~pielen kennenlernen, vor allem
aber, wenn man sie betrachtet anhand des Krieges, der jetzt zwischen mir
und dem Kaiser ausgebrochen ist20o • Denn in kurzer Zeit haben wir selber
durch uns selbst soviel von unserer Macht zerstört, / wie nicht einmal alle
angrenzenden Barbaren zusammen ausrichten könnten, wenn wir vereint
wären und sie gegen uns gemeinsam zu Felde zögen. Dies habt ihr selbst
klar erkannt und darum ganz zu Anfang dieses Krieges eine Gesandtschaft
an den Kaiser geschickt und ihn mit meinem Wissen um Frieden gebeten.
Da ihr nichts ausrichtetet, habe auch ich in der gleichen Angelegenheit eine
Botschaft an den Kaiser gerichtet und ihn dringend gebeten, er möge nicht
zulassen, daß wir einander im Bürgerkrieg zugrunde richten. Um Frieden
habe ich gebeten wie um eine der größten Wohltaten. Damals freilich, als
wir ihn baten, hat er unsere Friedensbotschaft nicht entgegengenommen,
jetzt aber hat Gott eine Wende herbeigeführt, derart, daß jene, die den
Frieden nicht annahmen, nunmehr selbst in der gleichen Sache sich mit
Bitten an uns wenden. Deshalb müssen wir erstens, so meine ich, Gott innig
für seine Wohltat danken, da er uns stets stärker sein ließ als unsere Geg-
ner. Ferner aber müssen wir freudig den Frieden akzeptieren und dürfen
uns nicht wegen dieses geringen Glücksfalles überheblich und anmaßend
zeigen. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, als sei es jener Augenblick,
da wir in der Beratung den Frieden für notwendig hielten, und müssen jetzt
wiederum ebenso darüber beraten und beschließen.»
Nachdem der Mitkaiser so gesprochen hatte, äußerte sich anschließend
der Großdomestikos folgendermaßen: «Der Kaiser hat euch gesagt, was
nötig ist, und nichts ausgelassen, was ein anderer seinen Worten hinzufü-
gen könnte. Denn er hat gezeigt, daß es ein Zeichen von Vernunft und

111
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,32 155/157

Tapferkeit ist, sich im Glück nicht aufzublasen, und daß die Erzeuger / zu
achten und zu ehren rechtens ist und notwendig. Jedoch sich der Stammes-
genossen anzunehmen und sich ganz für ihr Wohl einzusetzen und nicht
zuzulassen, daß sie durch Streitsucht zugrunde gehen, sondern um ihrer
Rettung willen notfalls auch auf Eigenes zu verzichten, das ist nach seinen
überzeugenden Worten die Handlungsweise von Menschen, die nicht nur
rechtschaffen sind, sondern auch Einsicht besitzen. Denn woran man die
Verwandten und Stammesgenossen zugrunde gehen ließe, eben daran kön-
ne man auch selbst ahnungslos zugrunde gehen. Ein Sieg aber über die
Stammesgenossen sei die schimpflichste Niederlage und könne nicht als
Sieg gelten. Das Wichtigste von allem aber ist, daß Gott, der alles über-
blickt, wenn er sieht, daß unser Verhalten im gegenwärtigen Glück recht-
schaffen und geziemend ist sowie frei von Überheblichkeit, daß wir nicht
roh und unmenschlich und widernatürlich geworden sind, uns auch vieler
anderer derartiger und noch zahlreicherer und noch großartigerer Wohlta-
ten für würdig erachtet. Wenn also unsere Pläne gerecht und notwendig
sind und unserem Ruhme wie unserem Heile dienen, dann fehlt nichts
weiter, als daß auch ihr zustimmt. Ich selbst meine, daß die Vorschläge gut
sind und schließe mich ihnen an und spreche mich für den Frieden aus, und
soweit es an mir liegt, tritt dieser bereits in Kraft 201 .»
Nachdem sich der Großdomestikos solchermaßen geäußert hatte, sprach
sich auch der Protostrator für die Annahme des Friedens aus, indem er
erklärte, daß der Mitkaiser und, ihm folgend, der Großdomestikos das
Richtige gesagt hätten. Als dies die anderen hörten, stimmten sie, wenn
auch widerwillig, alle sogleich zu. Da nun alle sich für den Frieden entschie-
den hatten, stellte / der Mitkaiser wieder die Frage, ob der Friede nicht
solcherart sein müsse, daß er für immer sicher sei und späterhin keinen
Argwohn und keinen Vorwand zum Kriege aufkommen lasse. Der Großdo-
mestikos, der ja schon vorher mit dem Mitkaiser über die Bestimmungen .
des Friedens gesprochen hatte, äußerte sich nun in der Weise, daß es schien,
als komme er nicht absichtlich, sondern gezwungenermaßen auf die not-
wendigen Zugeständnisse zu sprechen. «Mein Kaiser», sagte er, «die Frie-
densvereinbarungen müssen solcherart sein, daß die Intriganten keine
schönklingenden Vorwände haben, euch, die Kaiser, gegenseitig zu ver-
leumden und zum Kriege aufzuhetzen, welcher doch nicht nur euch Unehre
und den Verlust der wichtigsten Positionen bringen würde, sondern oben-
drein allen Untertanen jede Art von Leiden. Denn zwischen euch würde sich

1f2
157/158 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 32

etwas ereignen, ganz ähnlich dem, was geschehen würde im Falle, es gerie-
ten zwei wilde Tiere von wunderbarer Größe und Stärke aneinander. Wenn
sie einander angreifen und zusammenstoßen, wird natürlicherweise alles,
was im Wege steht, zertrampelt und zerstört, obwohl es kein Unrecht getan
hat; so gehen, wenn ihr miteinander kämpft, die Untertanen mit zugrunde.
Deswegen muß man nicht nur danach streben, daß ein Friede geschlossen
wird, sondern es geht darum, daß dieser fest und unauflöslich bestehen
bleibt. Sollten wir aber, wie früher, nicht einen gesicherten Frieden, son-
dern gleichsam einen Waffenstillstand schließen, so wäre es besser, von
vornherein darauf zu verzichten. Denn es wird nichts anderes geschehen,
als daß der, der zuerst den Vertrag bricht, sich des Meineides schuldig
macht.»
Als die Vertreter des Senats und des / Heeres diese Worte hörten, ahnten
sie nicht im geringsten, daß der Großdomestikos mit seiner Rede solches im
Schilde führte. Glaubten sie doch, daß er seine Anspielungen auf die Be-
ständigkeit des Friedens auf nichts anderes gründe als darauf, daß der
jüngere Kaiser außerordentlich mächtig sein werde, indem er das von An-
fang an ihm gehörige Stück des Reiches und das im Kriege hinzugewonnene
zum überwiegenden Teil behalte, während der ältere Kaiser, geschwächt
durch die Verkleinerung seines Reiches viel weniger Mut zu einem Umsturz
haben werde. Daher stimmten alle zu, daß der Großdomestikos recht und
nützlich gesprochen habe, und unter Lärmen verlangten sie, solcherart
müsse der Friede sein.
Da der Mitkaiser aber merkte, daß sie alle bereits durch die geeigneten
Worte gewonnen waren, sprach er: «Auch ich bin der gleichen Meinung.
Denn wenn wir gegeneinander Krieg führen, so bringt das weder uns selbst
noch unseren Untertanen Nutzen, und das Gleichnis, mit dem der Großdo-
mestikos einen gegenseitigen Krieg versinnbildlichte, ist sehr passend. Denn
zwangsläufig werdet ihr, die ihr unter den beiden Kaisern zu Felde zieht,
einander im Kampf töten, und die Besitztümer, aus denen die öffentlichen
und privaten Einkünfte fließen, werden zerstört. Am wenigsten nützlich
aber ist uns ein unsicherer Friede, von dem man annehmen muß, daß jeder,
der will, ihn bricht. Daher müssen wir uns die Sache überlegen und zu-
nächst jeden möglichen Anlaß zum Kriege beseitigen. Ein möglicher Anlaß
zum Kriege aber besteht für alle Menschen entweder darin, daß sie ihre
Rechte verletzt glauben und sich verteidigen wollen, oder darin, daß sie
selbst ein Unrecht begehen wollen und mit dem Krieg beginnen. Wenn aber

113
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 32 1581160

jemand / sich selbst der kriegführenden Partei ausliefert, dann beseitigt er


jeden möglichen Anlaß zum Kriege. Glaubt nämlich die kriegführende Sei-
te, ihr sei Unrecht geschehen, so hat sie nunmehr den Übeltäter in ihrer
Hand und wird sich beruhigen; wenn sie sich aber Gewinn verschaffen
wollte, so hat sie mehr gewonnen, als sie hoffen konnte, und wird auch in
diesem Falle den Krieg beenden. Daher müssen auch wir nach einem gesi-
cherten Frieden streben und, im Vertrauen auf Gott und auf unsere gerech-
te Sache, die gesamte Herrschaft über uns selbst und die Städte und die
Einkünfte dem Kaiser anvertrauen. Wenn wir so handeln, werden wir den
Intriganten jede Gelegenheit zur Hetze nehmen. Sobald aber ihrem schlim-
men Treiben Einhalt geboten ist, haben alle die Möglichkeit, einen tiefen
Frieden zu genießen. Wenn wir aber wiederum zur Teilung schreiten, dann
wird die Tatsache, daß er zweiundsechzig Jahre lang der Herrscher aller
war, jetzt aber seiner Macht über alle beraubt wird, ein ausreichender
Grund zur Unruhe sein, und die Intriganten werden Glauben finden mit
ihrer Behauptung, daß wir ihm nach dem Leben trachten. Ferner aber
würden wir ebendiesen Leuten viel Stoff geben, um Ränke zu schmieden;
wenn aber sie die Möglichkeit zu ihren Machenschaften haben, wird es
nicht lange dauern, bis wir gezwungen sind, abermals Krieg zu führen.
Denn sie werden nicht ruhen, bis sie mit allerlei Verleumdungen den Kaiser
zum Kriege getrieben haben. Doch wundert euch nicht, wenn ich behaupte,
daß von diesen verderbenbringenden Aufrührern der Kaiser verleitet wer-
de, während ich mich selbst ausklammere, als könne mir nicht das gleiche
passieren. Freilich ist dies meine Haltung und Gesinnung, nicht einmal /
aufgrund von Geschehnissen und Reden, die der Wahrheit entsprechen,
geschweige denn aufgrund von Verleumdungen, als erster den Krieg zu
beginnen, es sei denn, ich würde durch die Tatsachen gezwungen, die Waf-
fen zu ergreifen, um den Krieg abzuwehren. Doch ihm gegenüber besitzt die
Verleumdung genügend Faustpfänder. Denn der Herrschende, der fürchtet,·
seine Herrschaft zu verlieren, läßt sich leicht überzeugen, daß er Nachstel-
lungen ausgesetzt sei; hingegen läßt einer, der dient, sich davon nicht leicht
überzeugen. Aus den angeführten Gründen also bin ich nach langem Nach-
denken zu der Erkenntnis gelangt, daß wir nicht abermals zur Teilung
schreiten dürfen, sondern uns selbst und alles, was wir haben, dem Kaiser
anvertrauen müssen. Denn so wird sich der gesicherte Friede einstellen,
nach dem wir uns sehnen.»
Nachdem der Mitkaiser so über den Frieden gesprochen hatte, herrschte

114
160/162 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 32

tiefes Schweigen in der Versammlung, da alle erschrocken waren über seine


Rede. Denn sie hatten nicht geglaubt, daß der Friede jemals unter solchen
Bedingungen zustande kommen werde 202 • Doch da sie nichts erwiderten,
wandte sich der Mitkaiser an den Großdomestikos mit den Worten: «Jetzt
gilt es nicht zu schweigen, sondern ihr müßt erklären, wie ihr über meine
Worte denkt, du und die andern.» Darauf sagte der Großdomestikos:
«Mein Kaiser, wenn wir gegen die Barbaren Krieg führten, die von Natur
unsere Feinde sind, dann müßten wir auf nichts anderes achten als darauf,
wie wir sie, wenn wir siegen, angreifen und niedermetzeln, bis wir sie ganz
aufgerieben haben, oder aber, und das ist die zweite Möglichkeit, wie wir
sie unterwerfen und zinsbar machen; stünde der Kampf aber unentschie-
den, so müßten wir zusehen, wie wir uns selbst an die Lage und den Gegner
/ anpassen. Da wir aber nicht gegen Barbaren Krieg führen, die von Natur
unsere Feinde sind, und nicht gegen Leute, die zwar unsere Religion ange-
nommen haben, ansonsten aber Feinde sind und ihre eigene Führung haben
(gegen sie dürfte man wohl auch Gewalt anwenden), sondern gegen unsere
Stammesgenossen und engsten Verwandten - welcher vernünftige Mensch,
der sich nur ein wenig darum sorgt, nach dem Tode nicht zu den Verdamm-
ten zu gehören, würde hier den Krieg dem Frieden vorziehen? Und dabei ist
die Herrschaft nicht solchermaßen unter euch, den Kaisern, verteilt, daß
der eine das Heer aus dem Osten führt, der andere das aus dem Westen.
Dieser Fall wäre nämlich der günstigere, da zwar auch unter diesen Um-
ständen Rhomäer auf Rhomäer stoßen und einander töten würden, aber sie
würden es doch für einen gewissen Trost halten, daß nicht die Blutsver-
wandten einander töten. So aber hat das gemeinsame Unglück der Rhomä-
er es mit sich gebracht, daß selbst die Häuser und erst recht die Städte so
aufgeteilt sind, daß Brüder gegen ihre Brüder im Kriege stehen, Väter gegen
ihre Söhne, Freunde gegen ihre engsten Freunde, und das nicht aufgrund
eigener Feindschaft, sondern wegen der Feindschaft der Kaiser. Und ver-
mutlich wird mancher in der Schlacht den eigenen Vater oder Bruder oder
Freund töten, und wenn er dem Toten die Rüstung abnimmt, wird er seines
wahrhaft unglücklichen Sieges gewahr werden. Was könnte es Schlimmeres
als das geben? Deswegen also glaube ich, daß der Friede uns nützt, und die
anderen stimmen alle zu. Da wir aber jetzt zu prüfen haben, unter welchen
Bedingungen der Friede geschlossen werden soll, damit er gesichert ist und
nicht wiederum / vielfältigen Anlaß zum Kriege gibt, möchte ich feststellen:
wenn ich, mein Kaiser, anderes, als was du vorgetragen hast, für nützlich

115
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 32-33 162/163

hielte, so würde ich es ohne Zögern sagen. Da aber deine Vorschläge ge-
recht sind und nützlich für die Gemeinschaft der Rhomäer und dir wie uns
ungeschmälerten Ruhm bringen, so wollen wir im Vertrauen auf Gott, den
Schützer der Guten, diese Worte in die Tat umsetzen.»
So sprach der Großdomestikos, und als danach auch der Protostrator
Gelegenheit erhielt zu sagen, was er für nützlich halte, da sprach er: «Daß
der Friede für uns und für die Gesamtheit der Rhomäer gut und nützlich ist,
dies, ich leugne es nicht, denke auch ich und bin von euch überzeugt wor-
den. Doch muß ich zugeben, daß ich auch nicht entfernt daran gedacht
habe, er könne so ausfallen, wie du, mein Kaiser, es dargelegt hast. Dachte
ich mir doch, daß wir den Friedensvertrag schließen im Besitz all dessen,
was wir vorher hatten, und eines großen Teiles von dem, was uns jetzt
zugefallen ist. Deshalb habe ich die Reden über den Friedensschluß mit
großer Erwartung verfolgt. Da es aber dir so besser scheint, kann ich nicht
umhin, mich anzuschließen. Denn seit ich mich dir angeschlossen und un-
terstellt habe, habe ich mich darauf eingestellt, mit dir zu leben und zu
sterben. Obwohl ich also meinte, daß der Friede anders zustande kommen
werde, soll es, da du dich für diesen Weg entschiedest, so geschehen, wie du
es für richtig hältst.»
Nachdem sich der Protostrator solchermaßen geäußert hatte, dankte ihm
der Mitkaiser und befragte die anderen; nach kurzem Zögern antworteten
sie: «Dir steht es zu, zu handeln; du bist der Herrscher, tu wie dir gut
scheint.» Diese / Antwort gaben sie nicht etwa, weil sie von den Argumen-
ten überzeugt worden wären, sondern eher bekümmerten Herzens. Der
Mitkaiser aber tat so, als verstünde er den Sinn ihrer Antwort nicht, dankte
ihnen und entließ die Versammlung. Von diesem Tag an bemühten sich der
Mitkaiser und der Großdomestikos und der Protostrator sieben Tage lang,
die Würdenträger und die Offiziere des Heeres und durch sie das gesamte
Heer zu überzeugen, und schließlich gelang es ihnen doch, einen Friedens- .
schluß unter den genannten Bedingungen allen akzeptabel erscheinen zu
lassen. Dem Mitkaiser stand es natürlich frei, gemeinsam mit nur wenigen
hochgestellten Persönlichkeiten den Friedensvertrag zu schließen, doch
wollte er sich lieber auf ein allgemeines Votum stützen. Deshalb wurde die
Sache so behandelt.
33. Nachdem alle dem Frieden zugestimmt hatten, rief der Mitkaiser den
Vorsteher [Protos] des Heiligen Berges, welcher damals als Gesandter dien-
te, zu sich und sprach zu ihm folgendermaßen: «Den Widerstand, den das

116
163/165 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,33

Heer dem Frieden entgegengebracht hat und meine Bemühungen um ihn


und die Mittel und Überlegungen, durch die ich ihn für alle annehmbar
machte, wirst du selbst als Augenzeuge meinem Herrn und Kaiser berich-
ten. In meinem Namen aber sprich so zu ihm 203 : Das allgegenwärtige Auge
Gottes und das unbestechliche Urteil meines Gewissens rufe ich zum Zeu-
gen an, daß ich mir keines vergangenen oder gegenwärtigen Tuns bewußt
bin, welches dich, meinen Herren und Vater, mir hätte zum Feind machen
können. Deshalb habe ich schon früher, kaum daß du den Frieden erwähn-
test, keinerlei Einwände erhoben und nichts unternommen, / sondern über-
zeugt, Gutes zu empfangen, deinen Befehl ausgeführt. Und auch jetzt habe
ich, obwohl die Soldaten sehr ungehalten waren über das, wozu ich sie zu
überreden suchte, wie du in allen Einzelheiten von dem Gesandten erfahren
wirst, dennoch mit Gottes Hilfe zum Ziele gebracht, was du mich geheißen.
In den Verträgen nun, die den früheren Krieg beendeten, habe ich das
Gebiet zwischen Christupolis und Selymbria meinem Herrschaftsbereich
hinzugefügt, nicht weil ich dessen bedurfte, sondern aus Gründen, die ich
dir nannte und die damals zwingend waren. Jetzt aber sehe ich ein, daß der
unter solchen Bedingungen geschlossene Friede zur Ursache eines neuen
Krieges wurde. Denn die Intriganten, unsere gemeinsamen Feinde, die das
Glück der Rhomäer heimlich untergraben, haben reichlich Stoff gefunden
und viele Beschuldigungen und Verleumdungen ersonnen, mit denen sie
dich aufhetzten gegen mich und ohne ersichtlichen Grund den Krieg begin-
nen ließen. Wenn ich also wiederum den früheren Anteil an der Herrschaft
für mich beanspruche oder auch einen größeren, so ist zu befürchten, daß
ich damit aufs Neue denen, die intrigieren wollen, eine Handhabe gebe und
sie mit ihren Lügen dich wiederum zum Kriege gegen mich reizen, was mir
verhaßter ist als der Tod. Daher unterstelle ich alles deiner Befehlsgewalt,
nicht nur die Städte und das Land und die öffentlichen Einkünfte, sondern
auch mich selbst mit meiner gesamten Anhängerschaft, so daß es hinfort
deiner Sorge obliegt, alles zu bedenken und alles zu verwalten. Den Söld-
nern in meinem Heere habe ich freilich den Sold erhöht und jedem ein
Stück Land gegeben, im Werte von zehn Goldstücken 203a • Über die / Erhö-
hung des Soldes magst du selbst das weitere bestimmen. Was aber das Land
anlangt, so bitte ich dich, es den Soldaten nicht wegzunehmen204, einerseits
weil die Staatseinkünfte durch diese Verteilung nicht geschmälert werden,
andererseits weil es als nützlich erscheint, daß der Landbesitz geringen
Umfanges ist und den einzelnen Soldaten nicht zu sehr beschäftigt und ihn

117
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 33-34 165/166

nicht hindert, jederzeit zum Feldzug bereit zu sein. Ferner muß das für den
Sold reservierte Gold mir zugeteilt werden und soll von mir an die Soldaten
verteilt werden. Denn so habe ich es festgelegt, als ich über den Frieden zu
ihnen sprach und sie sich nicht leicht überzeugen ließen. Mein eigenes Haus
aber wird verwaltet werden, wie es dir richtig scheint, denn ich muß gehor-
chen. Mein Onkel jedoch, der Despotes, wird im Augenblick noch nicht aus
dem Gefängnis entlassen, das schien mir aus mehreren Gründen nützlich.
Binnen kurzem aber wird er freigelassen werden und bei mir in Ehren
leben. Deswegen bitte ich dich auch in dieser Hinsicht um Vergebung.»
Mit dieser Botschaft an den Kaiser, seinen Großvater, schickte der junge
Kaiser den als Botschafter fungierenden Pro tos Isaak nach Konstantinopel.
Als dieser ankam, berichtete er, daß der Friede beschlossen sei und unter
welchen Bedingungen, ferner, daß das Heer darüber unwillig gewesen sei
und daß der junge Kaiser es nicht an Bemühungen und Kompromißbereit-
schaft205 habe fehlen lassen und sie dadurch alle dazu gebracht habe, dem
Frieden zuzustimmen. Als der ältere Kaiser dies hörte, war er zunächst
völlig überwältigt und traute seinen Ohren nicht, wegen des Ausmaßes
dessen, was ihm gemeldet wurde. Vermutete er doch nicht im geringsten,
daß der junge Kaiser ihm das ganze Reich überlassen werde, vielmehr wäre
er auch / zufrieden gewesen, wenn er von Berrhoia oder einem noch entfern-
teren Punkt bis nach Selymbria alles behalten und ihm nur den Rest belas-
sen hätte. Überhaupt schickte er eine Gesandtschaft, um den Frieden anzu-
nehmen, nicht etwa im Vertrauen auf die gute Sache, sondern im Vertrauen
auf den guten Charakter seines kaiserlichen Enkels. Er war schon zufrie-
den, wenn er diesen irgendwie dazu bringen konnte, den Krieg zu beenden.
Danach aber waren er selbst und die vornehmsten seiner Anhänger von
Freude und Glück erfüllt, die übrigen Rhomäer aber feierten das
allerschönste Freudenfest.
34. Der ältere Kaiser befahl nun, in aller Eile zwei Trieren zu bemannen,·
und als sie bemannt waren, schickte er eilends und von Eifer erfüllt Kaiserin
Xene, die Mutter des jungen Andronikos, zu ihrem Sohn. Sie sollte
einerseits ihm danken für sein rechtschaffenes und ehrerbietiges Verhalten
ihm gegenüber und seinen Gehorsam, andererseits sollte sie den vereinbar-
ten Frieden durch einen schriftlich fixierten Eid festigen. Als sie zu dem
Epibatai 206 genannten Dorf nahe Selymbria kam, das damals noch nicht
befestigt war, eilte der Mitkaiser, ihr Sohn, ihr entgegen und begrüßte sie
ehrerbietig. Zugleich brachen sie beide für geraume Zeit in Wehklagen aus,

118
166/168 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,34

sie über ihr Witwentum, er aber klagte über den Verlust seines Vaters, denn
nach dem Tode dieses Kaisers hatten sich der junge Kaiser und die Kaiserin-
mutter noch nicht getroffen 207 • Danach aber überbrachte die Kaiserinmut-
ter ihrem Sohn den Dank des älteren Kaisers, seines Großvaters, unterhielt
sich mit ihm über verschiedene Gegenstände, nahm von ihrem Sohn, dem
Mitkaiser, das Dokument über den beschworenen Frieden / entgegen und
kehrte zurück zu ihrem Schwiegervater, dem älteren Kaiser. Dieser be-
schwor nun, daß er den Frieden fest und unauflöslich einhalten werde und
daß dieses die Bedingungen seien: das gesamte Reich und seine Verwaltung
falle ihm zu, dem kaiserlichen Enkel aber sei lediglich die Besoldung des
Heeres übertragen, wie denn in den Verträgen festgelegt sei, daß er die
Soldaten entlohnen solle. Ferner aber sollten wegen des Landes, das an die
Söldner verteilt worden sei, von seiten der Verwaltung keinerlei Schwierig-
keiten gemacht werden, sondern sie sollten es unbehelligt behalten. Für
seinen eigenen Haushalt aber und für seine Gattin, die Kaiserin, sollten aus
der kaiserlichen Kasse sechsunddreißigtausend Goldstücke gezahlt werden.
Nachdem über diese Vereinbarungen schriftliche Eide an den jungen
Kaiser geschickt worden waren, brach dieser von dem Ort, an dem sein
Heer lagerte, nach Konstantinopel auf, um dem Kaiser die Ehre zu erwei-
sen. Dieser aber kam seinem kaiserlichen Enkel zur Begrüßung aus der
Stadt entgegen 208 • Als sie einander nahe waren, sprang der junge Kaiser
vom Pferde, um wie ein Sklave den Kaiser zu Fuß zu begrüßen. Der ältere
Kaiser aber trieb mit gestrafftem Zügel sein Pferd zurück. Damit wollte er
deutlich machen, daß es rechtens sei, wenn der Mitkaiser nicht zu Fuß,
sondern zu Pferde die Begrüßung vornehme. Denn es bestand seit alters die
Sitte bei den Kaisern der Rhomäer, daß, wenn sie einander träfen, das
beiderseitige Gefolge von den Pferden absteige und zu Fuß folge, sie selbst
aber beritten einander begegneten, und zwar so, daß der jüngere Kaiser
geneigten Hauptes des älteren Kaisers / Hand umfasse und küsse, nachdem
er den Hut abgenommen hat, während der Vater ihm, wenn er sich wieder
aufrichtet, zur Erwiderung das Gesicht küßt. Damals aber stieg der junge
Kaiser nicht etwa in Unkenntnis des Brauches vom Pferd, sondern um
seinem Großvater größte Ehrerbietung und Gehorsam zu zeigen, mehr als
Pflicht und Sitte verlangte. Da er aber zu Fuß folgte und nicht abließ, war
der ältere Kaiser gezwungen anzuhalten, und als der junge Kaiser sich
genähert hatte, küßte er ihm vor aller Augen den Fuß. Als dies geschah,
erhob sich für einige Zeit im ganzen Heer Wehklagen vermischt mit Freude,

119
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 34--35 168/170

wie es bei sehr großen, unverhofft eintretenden Glücksfällen zu geschehen


pflegt, oder aber sie gaben sich der Wehklage hin, als sie das unpretentiöse,
bescheidene Auftreten 209 des jungen Kaisers sahen. Danach aber bestieg
auch der junge Kaiser sein Pferd, und sie gelangten zum Stadttor. Als hier
der ältere Kaiser dem jüngeren anheimstellte, sich zu seinem Heer210 zu
begeben, willigte dieser nicht ein, sondern gab der Menge durch eine Hand-
bewegung zu verstehen, daß sie außerhalb der Mauer warten solle, betrat
mit einigen seiner vornehmsten Begleiter die Stadt und gab dem Großvater
bis zur Mese 211 das Geleit; dann verabschiedete er sich und kehrte zu
seinem Heer zurück. Am folgenden Tage begab er sich in die Stadt, suchte
die Kirche der Hodegetria [wegweisenden Gottesmutter f12 auf und stattete
Gott, dem Spender des Friedens, und seiner keuschen Mutter innigen Dank
ab. Von dort begab er sich zum Palast und verbrachte die Zeit bei seinem
Großvater und Kaiser. Aus dem ganzen umliegenden Lande aber und allen
Städten sowie aus Konstantinopel selbst strömten unzählige Menschen zum
Palast, / sei es um den Friedensschluß mitzufeiern, sei es um den jungen
Kaiser zu sehen, welcher der eigentliche Urheber des gegenwärtigen Glük-
kes zu sein schien. Und als sie seinen Gehorsam gegenüber dem Kaiser und
die maßvolle Bescheidenheit seines Auftretens bewundert hatten, begaben
sie sich froh nach Hause. Der jüngere Kaiser aber verbrachte zusammen mit
dem älteren fünfzehn Tage in Konstantinopel, übergab ihm alle die von ihm
regierten Provinzen und kehrte so dann mit Erlaubnis des Kaisers nach
Didymoteichon zurück, wo sich auch seine Gattin, die Kaiserin, befand.
Dies geschah Anfang August der fünften Indiktion [1322f13.
35. Nachdem der ältere Kaiser die Herrschaft über alle Rhomäer, die sein
Enkel ihm überlassen hatte, fest in seiner Hand hatte, sandte er Verwalter
in alle Provinzen, ganz wie es ihm am besten dünkte; auch ernannte er
Beamte, die für die Eintreibung der Staatseinkünfte Sorge tragen sollten. Er
entbot auch Vermessungsbeamte 214 und ließ die Einnahmen gen au schät-
zen, die Angehörigen des Militärs sowie Senatoren aus Ländereien zuflos-
sen, und verwaltete mit deren Hilfe das Reich.
Zu eben dieser Zeit war Svetoslav, der König der Myser [Bulgarenzar],
der mit einer Schwester des jungen Kaisers verheiratet war, erkrankt und
gestorben. Seine Nachfolge als Herrscher der Myser [Bulgaren] trat sein
Sohn Georgios [11.] Terter 215 an. Noch während des Krieges der beiden
Kaiser, als gerade Andronikos Palaiologos 216 , dem die / zum Rhomäerreich
gehörigen Provinzen von Rhodope unterstellt waren, vom jüngeren Kaiser

120
1701171 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 35

zum älteren überwechselte, zog Terter gegen jene Städte zu Felde, zerstörte
die meisten und nahm Philippupolis 217 ein, obwohl das eine große und
volkreiche Stadt war, die durch viel Fußvolk und Reiterei verstärkt war und
an einem Platz lag, der sehr geeignet war, sie autark zu machen im Krieg
wie im Frieden, weit mehr als alle anderen Städte des Festlandes. Folgen-
dermaßen nahm er die Stadt ein: Von einem seiner Anhänger in Konstan-
tinopel, der sich ihm aus Haß gegen den jungen Kaiser angeschlossen hatte,
erhielt er einen vertraulichen Hinweis, daß er Philippupolis leicht besetzen
könne, wenn er es plötzlich angreife, da die Stadt fast menschenleer sei,
indem die Einwohner teils mit dem jüngeren Kaiser im Felde stünden, teils
mit dem Einbringen der Ernte beschäftigt seien. Diesem Hinweis folgte er
und rückte an und bemächtigte sich ohne Mühe der Stadt, die von Verteidi-
gern entblößt war. Als aber nach dem Friedensschluß der junge Kaiser nach
Didymoteichon kam, schickte Terter ein Heer, das die kleineren Städte in
der Gegend von Adrianopel überfiel und plünderte. Der Mitkaiser aber
setzte ihnen nach und erreichte sie an der mysischen [bulgarischen] Grenze.
Bei einem überraschenden Angriff konnte er einen Teil von ihnen töten,
einen Teil gefangennehmen. Nur wenige entkamen beim Einbruch der
Nacht. Die Soldaten plünderten das Lager und brachten die Beute zurück.
Nach dieser Schlacht aber war dem Mitkaiser klar, daß es nicht ausreiche,
die Angriffe der Myser [Bulgaren] abzuwehren, sondern daß er selbst gegen
sie zu Felde ziehen müsse. Daher sammelte er ein beträchtliches Heer, fiel
dreißig Tage später / in Mysien [Bulgarien] ein und verwüstete den größten
Teil des Landes. Gefangene machte er nicht, denn es war bei den Mysern
und Rhomäern üblich, bei den wechselseitigen Überfällen keine Gefange-
nen zu machen. Herden aber und andere Kriegsbeute schleppten sie in
großer Menge fort. Von dort aber kehrte er nach Konstantinopel zurück,
um mit seinem Großvater und Kaiser den Sieg zu feiern. Dies war sein
erster Feldzug ins Gebiet der Barbaren.
Als er ankam, erfuhr er, daß Syrgiannes vom älteren Kaiser ins Gefängnis
geworfen worden war. Einige Tage später aber saß in Anwesenheit aller
hohen Beamten der Rhomäer der ältere Kaiser mit dem jüngeren als Beisit-
zer zu Gericht 218 • Er befahl, daß Syrgiannes vortreten solle, um sich gegen
die Anklage zu verteidigen. Er wurde angeklagt, mit einigen Rhomäern eine
Verschwörung angezettelt zu haben, um den älteren Kaiser zu ermorden
und sich selbst zum Kaiser der Rhomäer machen zu lassen. Die Ankläger
gingen hart vor und versicherten, daß ihre Anklage der Wahrheit entspre-

121
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 35-36 171/173

che; einen eindeutigen Beweis konnten sie jedoch nicht erbringen. Er aber
bestand in gleicher Weise darauf, daß die Anklage auf Verleumdungen
beruhe, konnte jedoch nicht durch sichere Beweise den Freispruch errei-
chen. Als sie aber so längere Zeit miteinander stritten, er und die Ankläger,
und das Verfahren unentschieden blieb, da überließ es der ältere Kaiser
dem jüngeren, die Entscheidung über die vorgebrachten Argumente zu tref-
fen. Als dieser ablehnte, um nicht in den Verdacht zu geraten, er nehme die
Gelegenheit wahr, sich an ihm für seinen Abfall zu rächen, da trug der
ältere Kaiser heftige Anklagen gegen Syrgiannes vor, erklärte, daß die An-
kläger / wahr gesprochen hätten, verurteilte ihn zu Gefängnishaft und be-
fahl, ihn mit Hals- und Fußeisen zu fesseln, die an einem einzigen Balken
angebracht waren, und zu bewachen. Man redete freilich, daß bei dem
Friedensschluß der beiden Kaiser auf Betreiben des jungen Kaisers auch
dies verabredet worden sei, daß Syrgiannes in sicheren Gewahrsam genom-
men werden solle. Das war aber offenkundig und unbestreitbar eine Ver-
leumdung.
36. Noch während der junge Kaiser sich it Konstantinopel aufhielt, starb
Terter, der König der Myser [Bulgarenzar]. Nach seinem Tode aber wand-
ten sich alle Städte zwischen Mesembria 219 und Stilbnos 220 , die den Mysern
[Bulgaren] untertan waren, spontan den Kaisern der Rhomäer zu. Der
ältere Kaiser aber schickte in diese neu hinzugewonnenen Städte Statthal-
ter, die er selbst auswählte. Doch als Boesilas [Vojslav], der Bruder des
früheren Königs der M yser, der sich als Überläufer bei den Rhomäern
befand, vom Tode des Königs erfuhr, machte er sich auf und bemächtigte
sich der restlichen Städte Mysiens zwischen Stilbnos und Kopsis 221 , die sich
ihm wegen seiner Verwandtschaft mit dem Königsgeschlecht ohne Kampf
anschlossen. Nun schickte er zum Kaiser und tat ihm kund, daß er sich und
die Städte und sein Heer ihm unterstelle, und dafür verlieh ihm der Kaiser
den Titel «Despotes von Mysien». Der junge Kaiser aber sammelte mit
Billigung seines Großvaters und Kaisers das in Konstantinopel und Thra-
kien stehende Heer und zog nach Philippupolis, um die Stadt zu belagern.
Als er dort war, traf auch Boesilas [Vojslav] mit seinem Heer ein, um sich
an dem Krieg zu beteiligen. Sie kreisten die Stadt ein / und belagerten sie,
doch da ein starkes Heer drinnen war, konnten sie nichts ausrichten, son-
dern erlitten Verluste. Nach der Eroberung von Philippupolis hatte nämlich
Terter in der Besorgnis, die Rhomäer könnten wiederkommen und die von
Verteidigern entblößte Stadt, wie er selbst es getan, einnehmen, zumal sie.

122
173/174 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 36

im Grenzgebiet zwischen seinem Reich und dem der Rhomäer lag, eine
Eliteeinheit von tausend alanischen und mysischen Reitern sowie eine dop-
pelt so starke Truppe von Leichtbewaffneten zu Fuß, die bei ihnen für die
tapfersten Kriegergelten, als Besatzung in die Stadt gelegt. Ihre Anführer
waren die Alanen 222 Itiles [Attila] und Terneres sowie der Ungar Inas 223 ,
ihrer aller gemeinsamer Feldherr aber war der Russe Ivan 22 4, ein tüchtiger
Kämpfer und erfahrener Heerführer. Diese Männer verließen auch nach
dem Tode ihres Königs die Stadt nicht, sondern harrten aus zu ihrem
Schutz. Als sie nun von dem Mitkaiser belagert wurden, rückten sie niemals
aus, um sich vor den Toren zur Schlacht zu formieren, sondern sie verram-
melten die Tore, verteidigten sich nach Kräften von der Mauer herab und
fügten so dem Heer des Mitkaisers großen Schaden zu. Der Mitkaiser
indessen hielt die Belagerung vier Monate hindurch aufrecht und rang
jeden Tag um die Mauer. Als er aber bereits an der Einnahme verzweifelte,
machte ihm ein Germane [Deutscher], der ein Fachmann in der Belage-
rungstechnik war, große Hoffnungen auf eine Eroberung, indem er erklär-
te, daß die Stadt für einen Handstreich günstig gelegen sei. Auf Geheiß des
Mitkaisers baute er nun eine Vorrichtung225 folgender Art: Auf sechzehn
Rädern / errichtete er ein hölzernes Haus, welches hundert Mann aufneh-
men konnte, die es von innen vorwärts schieben sollten. Oben auf diesem
Hause aber hatte er einen hölzernen Turm mit fünf Stockwerken errichtet,
so daß von jedem Stockwerk aus acht Mann mit lateinischen Bogen, welche
man Tzangrai 226 nennt, Geschosse abschießen konnten, um so die Verteidi-
ger von der Mauer zu vertreiben. Als diese Vorrichtung bereits fertig war
und die Schützen sowie die Leute, die schieben sollten, auf ihren Posten
standen, da wurden die Feldzeichen erhoben, die Trompeten erschallten,
und das ganze Heer begann den Angriff auf die Mauer. Der Turm wurde
von den Leuten, die drinnen waren, vorwärts geschoben und bewegte sich
im Schritt, ganz wie ein Lebewesen. Denn keiner von den Männern drinnen
war von irgendeiner Seite her zu sehen, und daher konnte auch keiner
getroffen werden. Als sie in Schußweite kamen, schossen die Leute auf dem
hölzernen Turm auf die Verteidiger der Mauern. Diese aber konnten sich
nicht wehren, und weil die von den Tzangrai kommenden Geschosse mit
ihrer Stärke und Wucht alle Rüstungen durchschlugen, wurden sie teils
verwundet, teils getötet, und daher hielten sie nur kurze Zeit stand, dann
gaben sie auf und ließen die Mauer ungeschützt. Als es fast soweit war, daß
der hölzerne Turm die Stadtmauer berührte, ereignete sich folgendes: Vor

123
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,36 174/176

den Mauern der Stadt lag seit alters eine Zisterne als Wasserreservoir. Mit
Balken und Brettern bedeckt, / darüber aufgeschüttete Erde, war sie un-
sichtbar, und selbst von den Einheimischen wußte keiner um sie, da sie seit
alters verborgen war. Wagen freilich und Lasten, die darüber transportiert
wurden, hielten die Stützen aus. Als aber der Turm sich darüber befand,
brachen sie infolge des Gewichts, und die Vorrichtung versank in der Zi-
sterne. Von den Leuten, die drinnen waren, kam niemand um, sondern alle
konnten sich retten. Philippupolis jedoch entging mit knapper Not der
Eroberung227 • Denn die Verteidiger schöpften wieder Mut und besetzten
abwehrbereit die Mauern, während das übrige Heer des Mitkaisers von
dem Angriff auf die Mauer abließ.
Etwa zur gleichen Zeit riefen die Anführer der Myser, da ihr König
Terter gestorben war, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen, Michael 228 ,
den Herrscher von Bidyne [Vidin], Sohn des Streantzimeres [Stratzimir],
eines ihrer Anführer, der seine Abstammung von den Mysern und den
Komanen herleitete, zu sich und machten ihn zu ihrem König. Zugleich
übergaben sie ihm Trnovo 229 , wo sich ihr Königspalast befand, und das
übrige Reich. Dieser zog sein eigenes Heer zusammen und von den verbün-
deten Ungrovlachen eine nicht geringe Streitmacht und eine weitere von
den Skythen. Gegen den Kaiser der Rhomäer, der Philippupolis belagerte,
wollte er nicht vorgehen, da er wußte, daß sein Heer dafür nicht stark
genug war. Vielmehr wandte er sich gegen jene Städte, die sich nach dem
Tode des Terter auf die Seite der Rhomäer geschlagen hatten. Lagen sie
doch in den Bergen und konnten den mit ihm verbündeten Skythen 230 sowie
seinen übrigen Bundesgenossen, die alle Bogenschützen waren, Schutz ge-
währen. Also setzte er sich dort fest, verwüstete das Land und belagerte die
Städte. Als / dies dem Mitkaiser gemeldet wurde, beriet er sich mit seinen
Würdenträgern und beschloß, die Belagerung von Philippupolis aufzuge-
ben und gegen Michael zu Felde zu ziehen.
Nachdem dies beschlossen war, befahl der Mitkaiser dem Despotes der
Myser Boesilas [Vojslav), sich in seine Heimat zu begeben, die nicht weit
entfernt war, sein Heer mit allem, was für den Kampf nötig ist, auszurüsten
und sich nach Ablauf von drei Tagen in Potuka 231 einzufinden, wo er ihn
erwarten werde. Potuka war eine kleine Stadt, völlig zerstört - offenbar in
einem Kriege - und nur einen Tagesmarsch von dem Ort entfernt, wo
Michael sein Lager aufgeschlagen hatte. Vojslav also begab sich nach Kop-
sis, in seine Heimat, um sein Heer für den Kampf zu rüsten, der Mitkaiser

124
176/178 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 36-37

aber machte Georgios Bryennios zum Statthalter der Städte Stenimachos


und Tzepaina und überließ ihm zu ihrem Schutz ein ausreichendes Heer,
damit das Land nicht unter den heimlichen Überfällen der Einwohner von
Philippupolis zu leiden hätte. Der Mitkaiser selbst begab sich mit seinem
gesamten Heer nach Potuka, um gemäß der Verabredung Vojslav dort zu
erwarten. Während er aber dort lagerte, kam jemand und meldete, daß
Boesilas [Vojslav] plötzlich verstorben sei. Zunächst glaubte man, daß der
Mensch lüge und Unsinn rede. Nach kurzer Zeit aber kam ein zweiter, der
dasselbe berichtete und der ebensowenig für glaubwürdig gehalten wurde.
Nach ihnen kam ein dritter Mann, der erklärte, Boesilas [Vojslav] sei wirk-
lich gestorben, er selbst habe gesehen, wie seine Leiche auf einer Bahre von
den Berghängen nach Kopsis zur Bestattung getragen wurde. Diesem Mann
glaubte man, weil er ein Rhomäer war und sich auf den Augenschein als
sicheren Beweis berief. / Daraufhin beschloß der Mitkaiser, nicht gegen
Michael zu kämpfen. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich das Heer der
Rhomäer dem Feind nicht gewachsen, zum einen weil sie im Gebirge lager-
ten, umgeben von tiefen Schluchten, so daß der Feind, der viele Bogen-
schützen hatte, in dem unwegsamen Gelände ihnen großen Schaden zufü-
gen konnte. Zum anderen fehlte ein nicht geringer Teil des Heeres, das zur
Schlacht antreten sollte. Wegen des Todes des Boesilas [Vojslav] war näm-
lich nicht zu erwarten, daß seine Truppen, etwa dreitausend Mann, sich
einfinden würden, und zudem hatte es bei der Belagerung von Philippupolis
viele Verwundete gegeben (Tote nicht mehr als drei), die zur ärztlichen
Pflege heimgeschickt worden waren. Schließlich aber hatte man unter
Bryennios eine starke Truppe zum Schutz von Stenimachos und der ande-
ren Städte zurückgelassen. Aus allen diesen Gründen schien es dem Mitkai-
ser besser, sich kampflos zurückzuziehen. Also begab er sich nach Adria-
nopel, voller Unmut, daß es ihm nicht gelungen war, den Gegner zu bestra-
fen. Nach acht Tagen jedoch erhielt der Mitkaiser einen Brief, in dem
stand, daß Boesilas [Vojslav] lebe. Er habe giftige Pilze gegessen, woraufhin
die Herzgefäße versagten und er sich drei Tage lang bei völliger Bewußtlo-
sigkeit in einem tiefen Koma befand, so daß man glaubte, er sei schon aus
dem Leben geschieden. Schließlich aber sei es den Leuten in seiner Umge-
bung mit Mühe und Not gelungen, ihn mit Schlangenserum und dem, was
die Ärzte «Gegengifte» nennen, wieder zu Bewußtsein zu bringen 232 •
37. Diese Gründe waren es, die den jungen Kaiser hinderten, / Michael,
dem König der Myser, und seinen Verbündeten eine Schlacht zu liefern.

125
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 37 178/179

Michael selbst aber zwang die Städte, die er belagerte und die keine Hoff-
nung auf Hilfe von seiten des Kaisers der Rhomäer mehr hatten, zur Über-
gabe. Nach Philippupolis sandte er zum Schutze der Stadt ein anderes
starkes Heer mit einem Feldherrn. Den Ivan aber und die Soldaten, die die
Stadt verteidigt hatten, hieß er mitsamt ihren Anführern zu sich kommen,
um sie für ihre Anstrengungen und die Tapferkeit, die sie während der
Belagerung an den Tag gelegt hatten, zu belohnen. Als nun der Feldherr des
entbotenen Heeres in der Nähe von Philippupolis anlangte, benachrichtigte
er Ivan und teilte ihm seine Ankunft und den Zweck seines Kommens mit.
Ivan aber zog mit den ihm unterstellten Anführern und allen Wachmann-
schaften zur Begrüßung der Ankommenden hinaus und übernachtete bei
ihnen, um ihnen am nächsten Tag die Stadt zu übergeben. In der gleichen
Nacht indessen gelangte auch Bryennios eines heimlichen Anschlags wegen
nach Philippupolis: Er wollte bei Tagesanbruch das der Stadt gehörige
Weidevieh wegtreiben. Als er nun erfuhr, daß Ivan und die Besatzung mit
ihren Anführern zur Begrüßung ihrer Ablösung hinausgezogen waren,
brach er auf und rückte vor bis zur Stadtmauer. Da glaubten die Einwohner
der Stadt, die Gelegenheit sei gekommen, sich von den Mysern zu befreien,
öffneten die Tore und ließen Bryennios mit dem Heer der Rhomäer herein.
Was der Mitkaiser durch eine lange Belagerung und die zahlreichen, unun-
terbrochenen Mauerkämpfe nicht erreicht hatte, das gelang Bryennios mit
Gottes Hilfe mühelos, und so gewann er Philippupolis / für die Rhomäer
zurück. Als aber Ivan und die übrigen bei Tagesanbruch von der Einnahme
der Stadt erfuhren, zogen sie sich in ihre Heimat zurück.
Nach dem Ereignis setzte Michael, der König der Myser, Boesilas [Voj-
slav], der sich auf Kopsis und vier andere befestigte Plätze stützte, schwer
zu und entbot ein Belagerungsheer. Mehr als ein Jahr konnte Boesilas [Voj-
slav] mit äußerster Anstrengung diesem Krieg Widerstand leisten, wobei
auch der Mitkaiser ihn mit Geld, Reiterei und Fußvolk kraftvoll unterstütz-
te. Danach aber mußte er feststellen, daß seine Leute wegen der dauernden
Angriffe und der totalen Unterbrechung der Lebensmittelversorgung sich
auf Michaels Seite schlugen, und so verließ er sie und begab sich zum
Mitkaiser. Jene lieferten nun sich selbst und die Festungen Michael aus.
Kaum hatte dieser das Land besetzt, fiel er mit seiner gesamten Streitmacht
ins Gebiet der Rhomäer ein und plünderte die nördlichen Teile Thrakiens,
wobei er innerhalb von höchstens zwölf Tagen bis Bera233 alles überfiel. Er
machte jedoch keine große Beute, da die Bauern sich vorsorglich in den

126
179/181 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 37

Schutz der befestigten Plätze und Städte begeben hatten. Der junge Kaiser
indessen, der sich in Didymoteichon aufhielt, zog den Mysern nicht entge-
gen, weil er kein ausreichendes Heer zur Hand hatte. Es bereitete ihm
großen Schmerz, daß er die Feinde nicht abwehren konnte. Wutentbrannt
und auf den Boden stampfend, ließ er Michael bei seiner Rückkehr mittei-
len: «Mit Vorbedacht hast du dein gesamtes Heer um dich versammelt, bist
in unser Land eingefallen und hast Schaden angerichtet, so viel du nur
konntest. Ich aber bin zwar im Augenblick nicht in der Lage, dir eine
Schlacht zu liefern, doch würde ich mich mit Vergnügen im Duell mit dir
messen.» Jener antwortete, ohne Verstand sei / ein Schmied, der das glühen-
de Eisen mit der Hand anfasse, statt die Feuerzange zu gebrauchen 234 . Auch
er werde sich lächerlich machen, wenn er nicht mit seinem großen und
streitbaren Heer, sondern ganz allein die Gefahr auf sich nehme. Deshalb
werde er selbst nicht tun, wozu er ihn auffordere. Im Übermaß seines
Zornes habe er sich dazu hinreißen lassen. Binnen kurzem aber würden sie
eine beständige Freundschaft schließen und gemeinsam gegen andere Fein-
de kämpfen. So antwortete Michael und setzte seinen Marsch nach Mysien
[Bulgarien] fort.
Der junge Kaiser begab sich nun von Didymoteichon nach Byzanz, und
schmerzerfüllt ob des Überfalls sprach er zu seinem Großvater: «Es ist nicht
rechtens, daß wir, die wir ein großes und starkes Heer haben und in der
Lage sind, ins Gebiet der Feinde einzufallen und siein gleicher Weise zu
schädigen, statt dessen gänzlich träge und untätig herumsitzen oder zum Frie-
densvertrag schreiten und Gesandte schicken und durch unsere Handlungs-
weise zugeben, daß wir nur noch zum Leiden fähig sind, aber nicht mehr
dazu, den Gegnern ihre Taten zu vergelten. Deswegen bitte ich dich, mein
Kaiser, mir auch den Feldzug gegen sie zu übertragen. Haben wir aber erst
einmal die Feinde für das Unrecht, das sie uns angetan haben, bestraft,
dann wird es an der Zeit sein, sofern wir es für nützlich erachten, Frieden
mit ihnen zu schließen, nachdem sie klar erkannt haben, daß es ihnen
keinen Nutzen bringt, Feindseligkeiten gegen uns zu beginnen.»
So sprach der junge Kaiser, um den älteren Kaiser zu einem Krieg gegen
die Barbaren zu bewegen. Bei ihrem Gespräch aber war auch der Großdo-
mestikos zugegen. Er meinte: «Unrecht erleiden / und mißhandelt werden,
von wem auch immer, ist allemal das gleiche, doch schmerzt es mehr oder
minder, je nach dem Range dessen, der das Unrecht begeht. Darum pflegen
die Menschen den Mächtigen ohne Murren zu dienen, geschieht ihnen aber

127
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 37-38 181/182

von seiten der Gleichrangigen ein Unrecht, so sind sie entschlossen, sich zu
wehren; und aus Furcht, womöglich noch Schlimmeres zu erdulden, ziehen
sie den Annehmlichkeiten des Augenblickes die Gefahr um der Freiheit und
Ehre willen vor. Die Myser nun, die jetzt gegen uns Krieg führen, stehen
kein~swegs über uns, sondern vielmehr weit unter uns. Denn ihr, unsere
Kaiser, seid ihren Königen an Einsicht und Tapferkeit und Kriegserfahrung
weit überlegen, und Feldherren stehen euch zu Diensten, weit mehr und
bessere als jenen und ihr regiert ein Land, das dem ihrigen in jeder Hinsicht
überlegen ist, durch die Masse seines Heeresaufgebotes, durch die Größe
und Zahl seiner Städte, die jährlichen Einkünfte und das gesamte sonstige
Potential. Daher geht es nicht an, daß sie von der schwächeren Position aus
uns schädigen, ihr aber eure Macht nicht gebraucht und sie ungestraft laßt.
Hier also, so meine ich, liegt eure Pflicht als Kaiser. Was mich anlangt, so
bin ich stets bestrebt, eure Befehle auszuführen, und ich gebe zu, daß dies
rechtens ist. Zu dem jetzt bevorstehenden Krieg aber will ich nicht nur
durch meiner Hände Kraft beitragen, sondern auch durch mein Vermögen
und meine Gefolgschaft, und ich will mich mit höchstem Eifer und Ent-
schlossenheit einsetzen zum Nutzen meiner Mitbürger und zu eurem Ruh-
me, meine Kaiser. Und ich glaube, daß nicht ich allein es bin, der so denkt,
sondern ebenso wie ich auch die anderen / Männer von Rang. Wenn es euch
so richtig scheint, gebt Befehl, und wir, die Mitglieder des Senats, werden
eine interne Konferenz einberufen und beraten, was getan werden muß für
diesen Krieg.»
3 8. Da der ältere Kaiser zustimmte und die Senatssitzung genehmigte,
nahmen auf Geheiß der Kaiser die Vornehmen, sowohl jene, die mit dem
jungen Kaiser gekommen waren, als auch jene, die beim älteren Kaiser in
Konstantinopel geblieben waren, in der Mitte der Palasthalle Platz, um
über den Krieg zu beraten. Nachdem für einen Moment Stille eingetreten
war, forderten die Senatoren aus Konstantinopel jene, die mit dem jungen
Kaiser gekommen waren, auf, zu erklären, warum sie die Sitzung einberu-
fen hätten; sie wollten hören, was jene sagten. Doch jene baten den Groß-
domestikos zu sprechen, da sie ebenso gesonnen seien und dächten wie er;
der Großdomestikos sprach folgendermaßen 235 : «Kameraden, die Men-
schen pflegen nicht minder jenen zu tadeln, der aus Feigheit hinter seinem
Ansehen zurückbleibt, als sie jenen hassen, der aus Frechheit nach Ehren
strebt, die ihm nicht zustehen. Daher bin auch ich nicht hierher gekommen,
um dafür einzutreten, daß wir nach Ehren streben, die uns nicht zustehen,

128
182/184 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 38

sondern vielmehr dafür, daß wir nicht aus Angst vor Gefahren schmälern,
was unsere Vorfahren in Mühen und Kämpfen bewahrt haben. Wundert
euch nicht, wenn ich in Fragen, deren Beratung den Kaisern zusteht, eine
Sitzung anberaulTIt habe. Ich bin nämlich der Überzeugung, daß eine freie
Stadt / und nicht minder ein Kaiserreich, wenn sie in ihrer Gesamtheit
gesund sind, dem einzelnen Bürger mehr Nutzen bringen, als wenn das
Gemeinwesen dahinkränkelt, während es dem einzelnen Bürger gut geht.
Denn wenn in einem blühenden Vaterland der einzelne ins Unglück gerät,
kann er gerettet werden; gerät aber das Vaterland ins Unglück, so geht der
einzelne, und mag es ihm noch so gut gehen, gleichwohl mit zugrunde.
Wenn also Stadt wie Kaiserreich dem privaten Unglück wehren können,
der einzelne aber, was ihnen zustößt, nicht verhindern kann, muß da nicht
jeder auf jede Weise sie [d.h. Stadt und Reich] verteidigen?
Welche Gewalttaten aber der König der Myser gegen uns begangen hat,
das habt ihr alle selbst vernommen. Denn wenn andere Raubzüge unter-
nehmen oder auch mit dem Heer einfallen, so ziehen sie sich, sobald sie die
Grenze überschritten haben und ihre Anwesenheit bemerkt wird, eilends in
ihre Heimat zurück. Er aber hat sich in aller Ruhe festgesetzt, als schlage er
ein Heerlager nicht in Feindesland, sondern im eigenen Land auf, und hat
zwölf Tage lang unser Gebiet geplündert. Bis nach Bera und Traianupo-
lis 236 ist er brandschatzend vorgerückt. Wenn aber einer glaubt, weil die
Menschen sich und ihr Vieh in den Festungen in Sicherheit gebracht hätten,
sei der Schaden geringer geblieben, als er andernfalls hätte ausfallen müs-
sen, und sei daher noch zu ertragen, so möge er wissen, daß er sich selbst
täuscht. Wenn wir sie nämlich jetzt nicht gebührend bestrafen, so werden
sie ein zweites Mal einfallen und auch ein drittes Mal. Und sie werden nicht
nur der Bevölkerung in den Städten, die über geringere Mittel verfügt,
selbst diese wegnehmen, sondern auch uns, die Vermögenden, die wir viele
schöne Besitztümer auf dem Lande haben, schwer schädigen. Deswegen
also / rate ich euch, vereint die Feinde anzugreifen, erfüllt nicht nur von dem
Stolz unserer Vorfahren, sondern auch von ihrer Verachtung. Sie waren
nämlich aufgrund ihrer ständigen Siege über die Myser von zuversichtliche-
rem Mut erfüllt und sind voller Verachtung gegen sie zu Felde gezogen, was
auch uns freisteht, sofern wir nur der Tapferkeit und Bereitschaft unserer
Vorfahren nacheifern. Für den kriegerischen Erfolg gegen sie aber haben
wir viele sichere Unterpfänder. Denn einmal ist unser Heer größer und
schlagkräftiger als das ihre, und sodann sind von euch, Senatoren, viele

129
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 38 184/185

ihren Königen weit überlegen, nicht nur an Einsicht, sondern auch an


Tapferkeit und Erfahrung in der Heerführung. Auch sind unsere Geldmit-
tel, nicht nur die öffentlichen, sondern auch die privaten, reicher als die
ihrigen. Und wenn wir diese jetzt nicht gebrauchen, so weiß ich nicht, wann
wir je Nutzen davon haben sollten. Da wir ihnen somit in allem überlegen
sind, wollen wir ihnen beibringen, daß es sich für sie nicht lohnt, in unser
Gebiet einzufallen, daß sie vielmehr zufrieden sein müssen, wenn sie die
Erträge ihres Landes unbehelligt genießen können. Voller Eifer wollen wir
in diesem Kriege unsere Kaiser unterstützen, mit Geld und Gefolge und
dem eigenen Leben, und wir wollen die Ehre des rhomäischen Reiches, auf
die wir alle stolz sind, ohne eine Mühe zu scheuen, verteidigen, daß sie
nicht den Barbaren zum Gespött wird. Was ich euch hier riet, mit Eifer den
Krieg zu betreiben, das werdet ihr selbst, so meine ich, nicht anders beurtei-
len und als mißlich ablehnen. Doch daß ich selbst von dem gleichen Eifer
und der gleichen Bereitschaft erfüllt bin, dafür werdet ihr in meinen Taten /
den Beweis finden. Denn daß viele von euch an Tapferkeit und Einsicht und
Kriegserfahrung mir voraus sind, gebe ich gerne zu. In meiner Bereitschaft
zur Tat jedoch und meinem Willen, zum Nutzen meiner Mitbürger und für
die Ehre unserer Kaiser und unser aller Ruhm Geld und Gefolgschaft und
mein eigenes Leben in die Waagschale zu werfen, darin, so möchte ich
behaupten, stehe ich hinter keinem zurück. Also laßt uns unseren Beschluß
fassen und den Krieg betreiben, nicht nur um unserer Ehre willen, sondern
auch wegen unserer künftigen Sicherheit. Wir wollen zeigen, daß wir nicht
weniger tüchtig sind als unsere Vorfahren, die unter Mühen und Gefahren
es erreicht und uns hinterlassen haben, nicht von jenen verachtet zu wer-
den. Es muß uns viel sc;hlimmer erscheinen, den erworbenen Ruhm durch
Tatenlosigkeit zu verlieren, als bei dem Bemühen, Ruhm zu erlangen, ein
Mißgeschick zu erleiden.»
So sprach der Großdomestikos. Nach ihm äußerte sich der Protostrator
folgendermaßen: «Glaubt nicht, Anwesende, daß der Großdomestikos
allein diese Pläne und diese Gesinnung vertritt, sondern vielmehr, daß wir
alle ebenso denken und daß unser Staatswesen nicht in Ordnung kommen
kann, wenn wir nicht einen Eifer und einen Wagemut an den Tag legen, der
des Ruhmes unserer Vorfahren wie unseres eigenen würdig ist.» Dem
stimmten alle Anhänger des jungen Kaisers zu. Den Konstantinopler An-
hängern des älteren Kaisers indessen schien das Gesagte nicht zwingend,
doch wagten sie nicht, es offen für unnütz zu erklären, sondern häuften

130
185/187 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,38-39

viele Argumente an, die sie im Verborgenen vorbereitet hatten, daß man
sich doch lieber für Untätigkeit entscheiden solle. Schließlich erhob man
sich ohne / Einigung, wobei der Anschein erweckt wurde, daß man in
ausweglose Probleme geraten sei, in Wahrheit aber waren sie nicht auf den
Nutzen des Gemeinwesens bedacht, sondern auf ihren privaten Vorteil.
Vom inneren Gemach aus konnten die beiden Kaiser verfolgen, was
gesprochen wurde, da sie sich nicht weitab befanden. Der junge Kaiser
sagte gar nichts, der ältere aber verurteilte die große Feigheit und Unent-
schlossenheit seiner Anhänger, staunte hingegen über die Klugheit der An-
hänger seines Enkels und lobte ihren Eifer für die gemeinsame Sache. Vor
allem aber lobte er den Großdomestikos, der sehr verständige und treffende
Vorschläge unterbreitet hatte, und erklärte, er erkenne in ihm genau die
Züge seines Großvaters mütterlicherseits 237 , der in gleicher Weise rasch
gewesen sei im Erfassen des Notwendigen, fähig, es klarzumachen und es
mit großer Tatkraft durchzusetzen. «Denn um mein Urteil abzugeben:
Wenn ich stürbe ohne einen Nachfolger aus eigenem Fleisch und Blut auf
dem Thron zu hinterlassen, so würde ich den Rhomäern empfehlen, ihn zu
ihrem Anführer zu machen 238 .» So verurteilte der Kaiser die einen und
würdigte die anderen des Lobes. Er selbst aber beriet mit dem jungen
Kaiser, was zu tun sei im Hinblick auf den bevorstehenden Krieg. Dabei
prüften sie die Worte, die Michael, der König der Myser, dem jungen
Kaiser hatte kundtun lassen (daß sie binnen kurzem Freundschaft schließen
und gegen anderweitige Feinde zu Felde ziehen würden) und sie konnten
sich darauf keinen anderen Vers machen, als daß Michael die Schwester des
Mitkaisers, [TheodoraJ, welche die Gattin des vormaligen Königs der My-
ser gewesen war, heiraten wolle. So beschlossen sie denn, daß der junge
Kaiser Konstantinopel verlassen / und Truppen ausheben solle, um in My-
sien einzufallen. Falls innerhalb der Frist für diese Vorbereitungen der Kö-
nig der Myser eine Gesandtschaft schicke und sich zum Friedensschluß
bequeme, um die Schwester des Mitkaisers zu heiraten, dann solle er das
Heer garnisonsweise wieder nach Hause schicken. Wenn jener aber keine
Gesandten entbiete, dann solle er in Mysien einfallen. Gemäß diesen Ver-
einbarungen verließ nun der junge Kaiser Konstantinopel und sammelte
das Heer.
39. Während das Heer sich sammelte, kamen Gesandte des Königs der
Myser, namens Gridos und Pantzos 239 , zum jungen Kaiser und erklärten,
ihr König wolle mit den Kaisern der Rhomäer Freundschaft schließen, da er

131
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 39 187/188

die Schwester des Mitkaisers, welche die Gattin des früheren Myserkönigs
gewesen sei, geheiratet habe und die üblichen Hochzeitszeremonien vollzo-
gen worden seien 240 • Daher müßten alle Differenzen und alle Anlässe zum
Krieg aus der Welt geschafft werden; sie selbst müßten einen Friedensver-
trag schließen, damit in aller Zukunft Myser und Rhomäer miteinander
verkehren könnten, ohne sich gegenseitig Leid zuzufügen; vielmehr sollten
sie gleichsam einem Reich angehören. Erfreut empfing der Mitkaiser die
Gesandten, belohnte sie königlich und erklärte, daß die vollzogene Ehe-
schließung ganz nach seinem Sinne sei. Sodann schickte er seinerseits den
Großstratopedarchen Andronikos Palaiologos sowie Johannes Aplesphares
als Gesandte 241 zusammen mit den mysischen Gesandten zu dem König,
seinem Schwager, um den Frieden durch einen Vertrag zu besiegeln. Lange
Zeit hindurch bestanden nun vertraglich geregelte Beziehungen zwischen
den Rhomäern und den Mysern. Sein Heer aber schickte der Mitkaiser
nach Hause und teilte seinem Großvater / und Kaiser das Geschehene brief-
lich mit. So trug sich also dieses zu.
Die Skythen indessen aus dem Lande der Hyperboreer, ein schier uner-
meßlich großes Volk und das stärkste aller Völker überhaupt, pflegten in
früheren Zeiten 242 alljährlich ins Gebiet der Rhomäer einzufallen und riesi-
gen Schaden anzurichten, wobei sie alle Menschen, die ihnen in die Hände
fielen, zu Sklaven machten. Da nun die Kaiser der Rhomäer sahen, daß sie
im Kampf nichts gegen sie ausrichten konnten, wandten sie sich mit Ge-
schenken und Freundschaftserweisen an ihre regierenden Satrapen und er-
reichten, daß sie von ihren Plünderungen verschont blieben. Was sie aber
am meisten besänftigte und in freundschaftliche Beziehungen zu den Rho-
mäern treten ließ, war, daß man ihnen Frauen aus dem Kaiserhause zur Ehe
gab. Um diese Ehre stritten sie sich, weil der Kaiser der Rhomäer als Nach-
folger Alexanders von Makedonien sowie des Großkönigs der Perser galt.
Da nun die Kaiser der Rhomäer dies wußten, zogen sie Mädchen von
besonderer Schönheit, nicht nur aus adligen Familien, sondern auch von
unbedeutender Herkunft, im Palast auf, um sie, wann immer es nötig wäre,
wie eigene Töchter mit den Satrapen der Skythen zu verheiraten 243 • Diese
aber fielen, da man ihnen mit solchen Listen und Mitteln schmeichelte,
über viele Jahre nicht ins Gebiet der Rhomäer ein.
In dem Jahre nun, als der Rhomäerkaiser Michael [IX.], der zweite Pa-
laiologe, starb 24 4, drang ein skythisches Heer in Mysien ein, durchzog einen
Teil des Landes sowie das Gebiet der Odrysen bis Adrianopel, richtete aber

132
188/190 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 39

keinen großen Schaden an, da auch das Heer begrenzt war. Im folgenden
Jahr aber, als der junge Kaiser wegen des Krieges gegen seinen Großvater
vor Konstantinopel Heerlager / hielt245 , fiel ein beträchtliches Heer der
Skythen ins Gebiet der Rhomäer ein und überschwemmte ganz Thrakien,
konnte aber keinen großen Schaden anrichten, weil die Behörden der Städte
Thrakiens vorher von dem Einfall erfahren hatten und die auf dem Lande
verstreut lebenden Menschen gesammelt und in die Städte verbracht
hatten.
Zu Beginn der siebten Indiktion[1323]246 jedoch fielen 120000 Skythen
in das Gebiet der Rhomäer ein. Ihre Anführer waren, je nach der Größe der
einzelnen Truppen, Myriarchen und Chiliarchen, das oberste Feldherrnamt
aber nahmen zwei Männer, Taitach und Toglu Torgan 247 , wahr. Dieser
Einfall der Skythen dauerte besonders lange, denn noch am vierzigsten
Tage lagerten sie mitten in Thrakien und verwüsteten das Land. Sie ver-
sklavten eine Menge Menschen, machten unermeßliche Beute und verheer-
ten insbesondere das dem Kaiser gehörige Land. Der junge Kaiser indessen
war nicht in der Lage, das gesamte Heer der Rhomäer zu versammeln, weil
die Soldaten verstreut waren und jeder seine Heimatstadt verteidigte; so
viele wie möglich sammelte er jedoch um sich, durchstreifte das Land und
wo immer. er einem Teil des skythischen Heeres begegnete, schlug er sie
zurück, so gut er konnte. Dies tat er fünfzehn Tage hindurch ohne Unter-
brechung, doch da er seine Ziele nicht erreichen konnte, begab er sich nach
Adrianopel, und da die Stadt mit Lebensmitteln gut versorgt war, ließ er
das Gros seines Heeres dort und zog mit einer kleinen Truppe und dem
Großdomestikos nach Didymoteichon. Auf dem Wege zwischen diesen hei-
den Städten, bei einem Dorf namens Promusulu 248 , / stieß er auf ein skythi-
sches Heer, welches Sklaven und andere Beute in großer Menge mit sich
führte. Durch die Natur des Ortes bedingt, konnten die Rhomäer die Sky-
then sehen, nicht aber umgekehrt. Der Mitkaiser beriet sich nun mit dem
Großdomestikos, und sie beschlossen, den Feind anzugreifen, obwohl er
dreimal oder noch stärker zu sein schien als das eigene Heer. Tatsächlich
aber waren sie nicht dreimal, sonder zehnmal so stark. Es befand sich
nämlich in der Nähe noch ein weiteres Heer, welches der Hebros, an dessen
Ufer es lagerte, verdeckte; diese Truppen eilten, als die Schlacht begann,
den Ihren zu Hilfe. Nachdem also der Mitkaiser und der Großdomestikos
ihren Beschluß gefaßt hatten, teilten sie ihn den Soldaten mit. Da auch sie
für den Kampf waren, sogar mit noch größerem Eifer als der Mitkaiser,

133
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 39 1901192

stiegen sie von ihren Pferden, flehten zu Gott, daß er die Angreifer für ihr
Unrecht bestrafen und ihrer eigenen gerechten Sache beistehen möge,
wappneten sich mit dem Kreuz und bestiegen ihre Pferde, um unbeugsamen
und kühnen Herzens dem Feind entgegenzuziehen. Als die Skythen das
sahen, rückten auch sie den Rhomäern entgegen, und die in der Nähe
lagernden Truppen eilten ihnen zu Hilfe. Es kam zu einer heftigen Schlacht,
und da Gott auf seiten der Rhomäer stand, schlugen sie die Barbaren und
errangen einen großen Sieg. Die Skythen wurden teils getötet, teils in den
Hebros geworfen und ertranken dort. Retten konnten sich von ihnen nicht
mehr als achtundzwanzig, denen es gelang, den Fluß zu durchschwimmen.
Die Rhomäer aber nahmen den Leichen der Feinde die Rüstungen ab,
plünderten das Marschgepäck und zogen mit der Beute und den Gefange-
nen unter Führung des Mitkaisers nach Didymoteichon. Diejenigen aber
von den Barbaren, die entkommen waren, / begaben sich in das Hauptheer-
lager, und als den Feldherren das Geschehene gemeldet wurde, stellten sie
ein großes Heer aus den besten Kriegern zusammen und schickten es an
eben den Ort, an dem die Schlacht stattgefunden hatte, um bei der ersten
Begegnung mit den siegreichen Rhomäern die Niederlage wieder wettzu-
machen oder wenigstens die eigenen Toten zu begraben und, falls sie noch
einige Verwundete am Leben fänden, diese mitzunehmen und zu versorgen.
Nachdem diese Truppen angekommen waren und die Toten bestattet hat-
ten (denn Lebende fanden sie nicht mehr vor), kehrten sie nicht mehr zum
Heerlager zurück, sondern setzten den Weg in ihre Heimat fort. Als nun
dem Mitkaiser gemeldet wurde, daß sich bei Morrha 249 ein skythisches
Heer befinde, verließ er Didymoteichon und zog ihm in größter Eile entge-
gen. Die Skythen aber hatten bei der Stadt Tzernomianon 25o den Hebros
überschritten, und als der Mitkaiser an ebenderselben Furt sein Heer hin-
überführte, stieß das Heer, das der Mitkaiser in Adrianopel zurückgelassen
hatte, mitsamt seinen Anführern dort zu ihm. Man gratulierte dem Mitkai-
ser zu seinem Sieg über die Barbaren und bedauerte, nicht selbst dabei
gewesen zu sein, sondern die Schlacht verpaßt zu haben. Nun setzte man
gemeinsam die Verfolgung fort. Als sie an den Fluß Tundza251 kamen,
stellten sie fest, daß das skythische Heer ihn soeben überschritten hatte.
Und ganz wie beim vorigen Mal gab die Natur des Ortes den Rhomäern die
Sicht frei auf das gesamte Heer der Skythen, während sie selbst nicht sicht-
bar waren, mit Ausnahme eines Vortrupps von knapp hundert Mann, unter
denen sich auch der Mitkaiser befand. / Als die Skythen diese erblickten,

134
192/193 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,39

machten auch sie halt, rückten aber nicht zum Kampf vor, einerseits, weil
der fluß (es war gerade Frühlingsanfang) Hochwasser führte, andererseits,
weil sie den Feind nicht sehen konnten und fürchteten, daß die Begegnung
ungünstig verlaufe, wenn der Feind stärker wäre als sie. Den Rhomäern
schien es ebenfalls nicht vorteilhaft, gegen die Skythen vorzurücken, die
nicht nur zehnmal so viele waren wie sie selbst, sondern noch weit zahlrei-
cher. Gleichwohl standen der Mitkaiser mit seiner Truppe, die den Skythen
sichtbar war, sowie Taspugas 252 , einer der skythischen Anführer, mit einer
gleich starken Truppe an beiden Ufern des Flusses einander gegenüber und
führten einen kurzen Wortwechsel. Als nämlich der Barbar fragte, wer sie
seien, ließ der Mitkaiser ihm durch einen Dolmetscher antworten, auch sie
seien, wie jene, Menschen, die etwas erjagen wollten. Auch erklärte der
Mitkaiser, daß jene nicht anständig und nicht wie tapfere Männer, sondern
wie Räuber handelten, da sie ohne Kriegserklärung ins Land einfielen und
die Bauern versklavten, Menschen, die das Kriegshandwerk nicht verstün-
den. Sie hätten vielmehr ihren Angriff vorher bekannt machen müssen, um
gegen kriegskundige Soldaten zu kämpfen. «Und wenn ihr diese besiegt»,
sagte er, «dann wird sich niemand wundern, wenn ihr auch jene unkriegeri-
schen Menschen zu Sklaven macht, als Preis für eure Tapferkeit.» Taspugas
antwortete, das hinge nicht von ihrem Willen ab. Sie seien Untergebene und
würden auf Befehl angreifen oder abziehen oder bleiben. Auch fragte er die
Rhomäer, ob sie es seien, die kürzlich ein skythisches Heer besiegt / und
vernichtet hätten. Der Mitkaiser antwortete, sie seien es nicht und hätten
auch nichts davon gehört. Es sei jedoch möglich, daß, so wie es ihnen jetzt
erginge, wenn nicht der Fluß dazwischen wäre, auch jene auf eine andere
Truppe gestoßen und besiegt und vernichtet worden seien. So sei es wahr-
scheinlich, sagte der Barbar. Jene Soldaten hätten freilich ein Unrecht be-
gangen, da sie keinen geschont, sondern alle teils im Fluß ertränkt, teils
erbarmungslos mit ihren Speeren getötet hätten. Nach diesen Worten ging
er weg, ohne bemerkt zu haben, daß sein Gesprächspartner der Kaiser der
Rhomäer war. Die Hauptmasse des Heeres verweilte noch eine Reihe von
Tagen im Gebiet der Rhomäer und brach dann gleichfalls auf. Es entstand
indessen allenthalben ein hartnäckiges Gerücht, daß der ältere Kaiser schon
früher aus Haß gegen seinen Enkel die Skythen ins Gebiet der Rhomäer
gezogen habe und jetzt wiederum, indem er heimlich Gesandte zu ihnen
geschickt habe, um Thrakien zu zerstören, weil es sich dem jüngeren Kaiser
angeschlossen habe. Daran war jedoch nichts Wahres, obwohl das Gerücht

135
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 39-40 193/195

von vielen verbreitet wurde, sondern es waren alles reine Lügen. Denn erwar
weder früher noch später schuld an dem Einfall der Skythen [Tatarenf53.
40. Der junge Kaiser hielt sich währenddessen in Didymoteichon und
Adrianopel auf. Etwa um die Zeit der Getreideernte aber wurde seine Frau
von einer Krankheit heimgesucht. Da auch er die Absicht hatte, sich nach
Konstantinopel zu begeben, sandte er sie voraus, nicht zuletzt ob ihrer
Krankheit. Als sie nach Rhaidestos gelangt war, erlag sie ihrem Leiden und
starb am 16. August der siebten Indiktion [1324]254, ohne dem Mitkaiser
ein Kind geboren zu haben. Ihr Leichnam wurde nach Konstantinopel
gebracht und im / Kloster des LipS255 mit Pomp und kaiserlichen Ehren
bestattet. Ihr Mann, der Mitkaiser , befand sich indessen auf dem Wege
nach Konstantinopel und erkrankte in denselben Tagen gleichfalls, nach-
dem er bis Bizye gelangt war, wo er wegen seiner Krankheit einige Tage
blieb. Nachdem er wiederhergestellt war, setzte er seine Reise fort. Als er
nach Herakleia in Thrakien gelangt war, geschah es, daß er plötzlich vom
Tode der Kaiserin erfuhr, und er hielt an jenem Ort fünfzehn Tage lang
Trauer. Sodann begab er sich in die Stadt Konstantins und blieb dort bei
dem älteren Kaiser bis zum November der achten Indiktion [1324]256. Der
ältere Kaiser aber hielt es für notwendig, für seinen Enkel um eine Frau zu
werben, einmal, weil dieser in den besten Mannesjahren stand (er war zu
jener Zeit siebenundzwanzig Jahre alt), zum anderen aber, weil er noch
keinen Nachkommen hatte, was für einen Kaiser wegen der Nachfolge in
der Herrschaft etwas vom Wichtigsten zu sein pflegt257 . So teilte er dem jungen
Kaiser seine Absicht mit und suchte ihn zu überreden, indem er ihn von
seiner Trauer um die Verstorbene ablenkte und ihm zugleich darlegte, aus
welchen Gründen eine zweite Heirat notwendig sei. Der junge Kaiser aber
überließ in allem die Entscheidung seinem Großvater und erklärte, daß er
auf jeden Fall tun werde, was immer jenem nützlich scheine. Als sie nun
gemeinsam überlegten, wo sie um eine neue Kaiserin werben könnten,
erfuhren sie, daß der Herzog von Savoyen258 , den man in der Sprache der
Lateiner «conte» nennt, unter Hinterlassung eines Sohnes und einer Toch-
ter gestorben sei; / der Sohn habe die Herrschaft des Vaters übernommen,
während die Tochter noch unverheiratet bei ihrem Bruder lebe. Sogleich
wählte man Gesandte aus, den Parakoimomenos Andronikos Tornikes 259
und den epi tou stratou [d.i. Träger des Titels «Heerführer»] Jean de
Tzeplet [Gibeletf60, einen gebürtigen Zyprioten aus dem Geschlecht des
dortigen Königs in rhomäischen Diensten. Sie wurden nach Savoyen entbo-

136
195/196 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 40--41

ten mit dem Auftrag, das Mädchen, falls es noch nicht mit einem anderen
Manne verlobt sei und falls der Bruder zustimme, dem jüngeren Kaiser als
Gattin zuzuführen. Als die Gesandten dort ankamen, trafen sie jene, um
derentwillen sie gekommen waren, noch unverlobt an, doch waren kurz
vor ihnen auch andere Gesandte aus Frankreich gekommen mit dem glei-
chen Auftrag, nämlich für ihren König um das Mädchen zu werben 261 • Der
Herzog von Savoyen, der Bruder des umworbenen Mädchens, zog es indes-
sen vor, seine Schwester dem Kaiser der Rhomäer zu verloben und behan-
delte die Gesandten der Rhomäer mit großer Freundlichkeit und Ehrerbie-
tung und versprach, seine Schwester zum Kaiser zu schicken. So hat der
Bruder seiner Schwester nicht nur den Titel einer Kaiserin der Rhomäer
verschafft, sondern obendrein ihrem ganzen Lebensstil einen großartigen
Zuschnitt gegeben; auch er selbst verhielt sich ihr gegenüber anders als
früher. Denn zuvor hatte er geglaubt, als der ältere und weil ihm die Herr-
schaft zugefallen sei, auch über seine Schwester bestimmen zu können.
Nachdem sie aber mit dem Kaiser verlobt war, hielt er sie für seine Herrin
und redete sie auch so an, und den Gesandten der Rhomäer gegenüber
äußerte er sich rühmend, daß ihm zwar aufgrund seines Alters und seiner
Herrschaft der / Vorrang zustehe, doch nachdem durch die Fügung Gottes
seiner Schwester eine größere Ehre und Herrschaft zugefallen sei, müsse er
sich mit dem Ratschluß Gottes abfinden und die Kaiserin der Rhomäer als
seine Herrin anerkennen. Denn nicht nur die Barbaren, sondern auch die
Fürsten Italiens und wer immer über andere herrschte, sie alle hielten die
Herrschaft des Kaisers der Rhomäer für größer und bedeutender als ihre
eigene und jede andere 262 •
41. Zur selben Zeit, am 2. Februar der achten Indiktion [1325] wurde
zur Zeit des Patriarchen Esaias der junge Kaiser von seinem Großvater und
Kaiser in der Hagia Sophia gekrönt263 • Eine solche Kaiserkrönung aber
wird folgendermaßen vollzogen: Wenn der festgesetzte Tag gekommen ist,
an dem der Kaiser mit der heiligen Salbe gesalbt werden soll, müssen alle
Würdenträger und alle Vornehmen und das Heer und nicht zuletzt auch
jener, der das heilige Steuerruder der Kirche in diesem neuen Rom führt,
und schließlich das ganze Stadtvolk sich bei Tagesanbruch vor dem kaiser-
lichen Palast einfinden. Um die zweite Stunde 264 desselben Tages wird er,
der zum Kaiser gesalbt werden soll, auf einen Schild gesetzt, und der Vater
des Designierten, der Kaiser, sofern er noch lebt, sowie der Patriarch fassen
am vorderen Teil des Schildes an, an den anderen Seiten aber die höchsten

137
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 41 196/198

Würdenträger, Despotai und Sebastokratores, wenn es solche gibt, anson-


sten die vornehmsten Mitglieder des Senates. Sie heben ihn auf dem Schild
in die Höhe 265 , so weit es geht, / und zeigen der ringsum versammelten
Volksmenge den Kaiser. Nach den gebührenden Akklamationen setzen sie
ihn ab und geleiten ihn zu der Kirche, in der die Zeremonie stattfinden soll.
In der Kirche aber hat man zuvor zu eben diesem Zweck ein kleines hölzer-
nes Haus errichtet, in welches nun der Kaiser hineingeführt wird. Dort legt
man ihm den Purpurmantel und das Diadem an, die vorher von den Erz-
priestern geweiht wurden. Auf sein Haupt aber setzt man nicht eine der
üblichen Kopfbedeckungen, sondern einen Kranz oder was immer man für
gut hält. Danach wird das heilige Meßopfer gefeiert. Vor dem kleinen Haus
aber hat man eine Tribüne errichtet, gleichfalls aus Holz, die ganz mit roter
Seide ausgeschlagen ist. Auf ihr werden, je nach der Zahl der Kaiser, golde-
ne Throne errichtet, nicht von der üblichen Art, sondern weit höher, mit
vier oder fünf Stufen. Die Kaiser (sofern es nicht nur einer ist, sondern
deren mehrere sind) steigen, sobald sie das kleine Haus verlassen, diese
Stufen hinauf und nehmen auf den Thronen Platz. Mit ihnen aber steigen
auch die Kaiserinnen hinauf und nehmen Platz, wobei jene, die bereits
gekrönt sind, ihre Kronen tragen, während die zu krönende einen Kranz
trägt. Vor dem heiligen Hymnus auf die Dreifaltigkeit [Trisagionf66 verläßt
der Patriarch das Adyton und steigt hinauf auf die Kanzel, mit ihm die
obersten Würdenträger der Kirche, auch sie in ihren heiligen Gewändern.
Dann entläßt der Patriarch sie und ruft die Kaiser. Diese erheben sich
sogleich von ihren Thronen und / begeben sich zur Kanzel. Tiefes Schwei-
gen und völlige Stille herrscht in der Menge. Der Patriarch liest die für die
Salbung der Kaiser vorgesehenen Gebete, teils leise für sich, teils laut, so
daß alle es hören können, und erwirkt so die Gnade Gottes für den zu
Salbenden. Danach nimmt der zu salbende Kaiser seine Kopfbedeckung ab,
welcher Art sie auch sei, und es ist Sitte, daß jetzt alle in der Kirche Anwe-
senden entblößten Hauptes stehen. Nun zeichnet der Patriarch mit der
geweihten Salbe 267 ein Kreuz auf das Haupt des Kaisers und ruft mit lauter
Stimme: Heilig! Diesem Ruf schließen sich die auf der Kanzel Stehenden an,
indem sie dreimal rufen: Heilig! Danach stimmt die versammelte Menge
ebensooft in den gleichen Ruf ein. Daraufhin bringen die Diakone, in ihre
heiligen Gewänder gehüllt, die Krone, die sie im Adyton verwahrt haben (sie
liegt nämlich nicht, wie manche behaupten 268 , auf dem Altar), zur Kanzel.
Wenn nun ein bereits gekrönter Kaiser zugegen ist, so ergreift er gemeinsam

138
198/200 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 41

mit dem Patriarchen die Krone, und sie setzen sie dem jungen Kaiser aufs
Haupt, wobei der Patriarch ruft: Würdig! In diesen Ruf stimmen die auf
der Kanzel Befindlichen ein, dreimal, danach das gesamte Volk, wie bei der
Salbung. Nun spricht wiederum der Patriarch Gebete, und der Kaiser steigt
von der Kanzel herab, jedoch nicht auf der Seite, auf der er hinaufgestiegen
ist, sondern zum Soleas 269 gewandt. Falls nun der Kaiser zu jenem Zeit-
punkt nicht verheiratet ist, steigt er nunmehr wiederum auf die Tribüne /
und nimmt wieder auf dem Thron Platz; hat er aber eine Gattin, so muß
nunmehr auch sie gekrönt werden. Zu diesem Zweck erhebt sie sich von
ihrem Thron, zwei ihrer nächsten Verwandten oder, wenn sie keine Ver-
wandten hat, zwei Eunuchen ergreifen sie von beiden Seiten, führen sie die
Stufen hinunter und geleiten sie zum Soleas. Nun steigt der Kaiser vom
Thron herab, nimmt aus den Händen der Verwandten oder Eunuchen die
für sie vorbereitete Krone entgegen und setzt sie seiner Frau aufs Haupt. Sie
aber erweist ihrem Gatten und Kaiser ihre Reverenz und gelobt ihm Gehor-
sam. Der Patriarch indessen, der gleichfalls am Soleas steht, spricht ein
Gebet für den Kaiser und die Kaiserin und alle Untertanen. So also krönt
der Kaiser seine Gattin. Falls jedoch der Kaiser bereits gekrönt ist, krönt er
bei der Hochzeitsfeier auf dieselbe Weise seine Gattin. Auch dabei steigen
beide auf die Tribüne und sitzen auf den Thronen, während die Messe
gefeiert wird. Während das Trisagion gesungen wird oder die Schriften der
Apostel oder die Herrenworte verlesen werden, erheben auch sie sich. Auf
beiden Seiten der Kirche aber stehen auf hölzernen Tribünen, die eigens
dazu angefertigt wurden, die Vorsänger, die auch Domestikoj270 heißen,
und andere kirchliche Würdenträger, die zu singen verstehen und die man
bei dieser Feier die «Rufer» [Kraktai]271 zu nennen pflegt. Sie singen be-
stimmte Lieder, die eigens für diesen Zweck verfaßt wurden und zu dem
Fest passen. Wenn aber / beim heiligen Meßopfer der sogenannte große
Introitus 272 bereits begonnen hat, gehen die höheren Diakone der Kirche
und rufen den Kaiser; dieser geht nun mit ihnen zur sogenannten Prothe-
sis 273 , wo Brot und Wein für die heilige Handlung ausgestellt sind. Noch
vor der Prothesis stehend, legt er den goldbestickt~n Mandyas 273a an, zu-
sätzlich zu Diadem und Purpurmantel. In der Rechten hält er das Kreuz,
das er nach der Sitte stets hält, solange er die Krone trägt; in die Linke legt
man ihm einen Narthex, so daß er den kirchlichen Rang, welcher «Depo-
tatos»274 heißt, innehat. Dies beides in Händen haltend führt er die heilige
Prozession an. Zu beiden Seiten die Prozession entlang geben, mit Beilen

139
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 41 200/202

bewaffnet, jene Männer das Geleit, die man Varäger 275 nennt, sowie etwa
hundert Söhne vornehmer Familien in prächtigen Waffen oder auch unbe-
waffnet. Direkt hinter ihm aber folgen die Diakone und Priester, in heiligen
Gewändern und mit Gerätschaften des Gottesdienstes und mit dem
Allerheiligsten selbst in Händen. Der Sitte gemäß umschreiten sie nun die
Kirche, und wenn sie zum Soleas kommen, bleiben die anderen alle drau-
ßen stehen, er selbst aber geht allein in den Soleas hinein und trifft dabei
den Patriarchen an, der an den heiligen Schranken steht. Sie begrüßen
einander und warten sodann stehend, der Patriarch innerhalb der Schran-
ken, der Kaiser außerhalb. Nunmehr tritt von den Diakonen derjenige, der
dem Kaiser als nächster gefolgt war und die anderen angeführt hatte, mit
der Rechten das Weihrauchfaß haltend, mit der Linken / das sogenannte
Maphorion 276 des Patriarchen, an den Kaiser heran und beräuchert ihn mit
Weihrauch. Während dieser nun das Haupt neigt, ruft der Diakon, so daß
alle es hören können: « Gott der Herr möge in seinem Reich eures Reiches
gedenken, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit». Und er fügt hinzu:
«Amen». Der Reihe nach treten nun auch alle übrigen Diakone und Priester
vor ihn und sprechen die gleichen Worte. Wenn dies geschehen ist, grüßt
der Kaiser den Patriarchen und legt den Mandyas ab. Dieser wird nun von
dem Referendar 277 der Kirche weggetragen - so verlangt es die Sitte -, der
Kaiser aber steigt wiederum die Tribüne hinauf und nimmt wieder auf
seinem Thron Platz, während das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser
gesprochen werden und wenn der heilige Leib des Herren emporgehalten
wird, steht er auf. Ist die Erhebung der Eucharistie beendet, bleibt der
Kaiser, falls er zur heiligen Kommunion nicht vorbereitet ist, bis zum Ab-
schluß des heiligen Meßopfers auf seinem Thron sitzen. Ist er aber vorberei-
tet, so kommen wiederum die Diakone und rufen ihn. Sogleich geht er mit
ihnen ins Adyton, und nachdem man ihm ein Weihrauchfaß ausgehändigt
hat, hüllt er den heiligen Tisch in Weihrauch, wobei er zunächst nach Osten
gewandt ist, dann nach Norden, dann nach Westen und schließlich nach
Süden. Wenn er das Weihrauchfaß wiederum nach Osten schwenkt, hüllt
er auch den Patriarchen in Weihrauch. Dieser begrüßt ihn, nimmt aus
seiner Hand das / Weihrauchfaß entgegen und hüllt auch seinerseits den
Kaiser in Weihrauch. Danach setzt der Kaiser die Krone ab und gibt sie den
Diakonen, der Patriarch aber gibt ihm ein Stück vom Leibe des Herrn in die
Hand. Hat er dies zu sich genommen, so genießt er auch von dem leben-
spendenden Blute, nicht mit dem Löffel, wie die Menge, sondern aus dem

140
202/203 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 41

Kelch selbst, wie die Priester278 • Nun setzt er seine Krone wieder auf und
verläßt das Adyton. Nachdem das Meßopfer beendet ist, erhält er wieder-
um von dem an die Menge verteilten Antidoron 279 Anteil, wird von dem
Patriarchen und den anwesenden Erzpriestern gesegnet, küßt ihnen' die
Hand und steigt sodann auf jene Empore hinauf, welche Katechumena 280
genannt wird, um an einem gut sichtbaren Platz aus der Distanz die Huldi-
gung aller entgegenzunehmen. Ist auch dies beendet, so steigen Kaiser und
Kaiserin von dort herab und begeben sich in den Palast, sie allein zu Pferde,
während alle anderen zu Fuß folgen.
Im Palast aber ist die Tafel bereitet, und das Kaiserpaar nimmt, die
Krone tragend, Platz und genießt das Mahl. Der Großdomestikos bedient
sie und sorgt für alles Nötige, falls es aber keinen Großdomestikos gibt, der
Despotes. Die folgenden zehn Tage hindurch oder etwas länger oder kürzer
- es gibt für die Dauer des Festes keine bestimmte Regel, sondern alles
hängt vom Willen des Kaisers ab - feiern sie aufs Prächtigste, wobei jedoch
Diadem, Krone und Purpurmantel in der Schatzkammer bleiben und das
Kaiserpaar andere prächtige und seiner würdige Gewänder trägt. Aufwen-
dige Mähler werden gereicht, an denen alle Senatoren teilnehmen, in Ge-
genwart der Kaiser, welche an einem gesonderten Tische schmausen. Be-
dient werden sie dabei von dem kaiserlichen / Mundschenk 281 . Der Großdo-
mestikos jedoch speist an dem ihm zukommenden Platz mit den übrigen
Senatoren.
Erwähnung verdient auch ein Detail der Feier, welches wir übergangen
haben. An jenem Tage nämlich, an dem der Kaiser gesalbt die Kirche
verläßt, werden von einem der Senatoren, welchen der Kaiser selbst aus-
wählt, die sogenannten Epikombia 282 ins Volk geworfen. Dies können
Päckchen sein, aus Lappen zusammengewickelt, die drei kaiserliche Gold-
stücke enthalten und ebenso viele oder auch mehr Silberstücke und die
gleiche Anzahl kupferner Obolen. Von diesen Päckchen werden rund ge-
rechnet zehntausend unter das Volk geworfen, zumeist auf dem Vorplatz
der Kirche. Noch am gleichen Tage aber versammelt sich das ganze Volk
vor dem Palast, und dann werden wiederum von demselben Senator wie
vorher ebenso viele Päckchen geworfen oder noch mehr. Am folgenden
Tage jedoch kommen nicht die Bürger, sondern das gesamte Heer und alle
kaiserlichen Bediensteten. Der Kaiser tritt hinaus in den Hof des Palastes,
und neben ihm steht sein Schatzmeister, der sein Gewand bis zum Saum mit
Goldstücken aus der kaiserlichen Kasse gefüllt hat; der Kaiser aber greift

141
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 41-42 203/205

hinein und streut die Münzen ringsum unter die Anwesenden. Ist alles
verbraucht, so füllt der Schatzmeister wiederum sein Gewand, und das
geschieht nicht nur drei- oder viermal, sondern noch öfter. Mit dieser Ver-
teilung von Goldstücken aber will der Kaiser erreichen, daß alle auf seine
Kosten schwelgen und sich mit ihm freuen und mit ihm feiern. Solcherart
also ist die / bei der Kaiserkrönung stattfindende Feier, und entsprechend
fand sie auch im Falle des jungen Kaisers Andronikos statt, Anfang Februar
der achten Indiktion.
42. Im Februar des darauffolgenden Jahres in der neunten Indiktion
[1326f83 kam die Kaiserin Anna von Savoyen nach Konstantinopel mit
einem großen und einer Kaiserin würdigen Gefolge von Männern und
Frauen. Denn sie brachte von den bei den Lateinern «Ritter» und «Knap-
pen» [Skuterioi]284 genannten Leuten viele mit aus vornehmem Geschlecht;
und so übertraf sie die zu früheren Zeiten aus fremden Ländern ins Reich
der Rhomäer gekommenen Kaiserinnen 285 durch die Größe ihres Aufwan-
des. Entsprechend wurde sie von dem Kaiser, ihrem Schwiegervater, aufs
Prächtigste empfangen, ganz wie es sich gebührt für die Gattin eines Kaisers
und Kaisersohnes. Es traf sich, daß zu eben dieser Zeit sich auch der junge
Kaiser in Konstantinopel aufhielt. Der Kaiserin Anna freilich machten die
Anstrengungen der Seereise und der Wechsel des Klimas gesundheitlich zu
schaffen, und so erkrankte sie wenige· Tage nach ihrer Ankunft. Der junge
Andronikos zog, teils wegen der Krankheit der Kaiserin, teils wegen unauf-
schiebbarer Verpflichtungen, in die Städte Thrakiens und hielt sich bis zum
Herbst dort auf. Anfang Oktober jedoch der zehnten Indiktion [1326]
kehrte er nach Konstantinopel zurück. Da wurde die Hochzeit in Glanz
und Pracht gefeiert, und wie es bei den Kaisern Sitte ist, wurde nach /
Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten auch die Kaiserin Anna von dem
Kaiser, ihrem Gatten, gekrönt286 . Nachdem das Hochzeitsfest vorüber war,
kehrten von den Männern und Frauen, die mit der Kaiserin aus Savoyen
gekommen waren, die meisten in ihre Heimat zurück. Einige aber blieben
bei ihr, unter ihnen eine Frau namens Zampea mit ihren Söhnen. Sie über-
traf die anderen Frauen an Klugheit, und aufgrund ihrer Bildung und ihrer
übrigen Fähigkeiten stand es ihr wohl an, im kaiserlichen Palast zu verkeh-
ren. Es kamen aber aus Savoyen noch viele Adlige ins Land der Rhomäer,
die nach Belieben mit dem Mitkaiser verkehrten und vieler Gunstbeweise
gewürdigt wurden. Sie waren nämlich nicht nur tapfer und tollkühn im
Kampf, sondern sie verstanden sich auch auf die Unterhaltung durch vieler-

142
205/207 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 42

lei Spiele. Nahmen sie doch mit dem Mitkaiser an Jagden teil, und sie
waren es, die als erste die Rhomäer die sogenannte Giostra lehrten und die
Turniere 287 , Spiele, von denen man hier vorher nichts wußte. Kehrten diese
Männer in ihre Heimat zurück, so kamen andere, gleichsam als Ablösung,
zum Mitkaiser, und so waren nahezu immer einige Männer aus Savoyen in
der Umgebung des jungen Kaisers. So kam es denn, daß nicht wenige
Rhomäer sich aus Ehrgeiz in diesen Spielen übten, vor allen anderen aber
der Kaiser, der seine Lehrmeister sogar übertraf, so daß nicht nur die aus
Savoyen ihre Unterlegenheit zugeben mußten, sondern auch die aus Frank-
reich, Deutschland und Burgund, bei denen dergleichen doch am meisten
geübt wird. Sie alle bewunderten das Talent des Kaisers und gaben zu, daß
er diejenigen, die bei ihnen solcher Spiele wegen / in Ehren standen, über-
traf.
Nur kurze Zeit hielt sich der junge Kaiser nach seiner Hochzeit in Kon-
stantinopel auf, dann verabschiedete er sich von dem Kaiser, seinem Groß-
vater, und verließ mit der Kaiserin die Stadt, um sich nach Didymoteichon
zu begeben. Als er zu dem Ort gelangte, welcher Megale Karya heißt, in der
Nähe des Berges Lipex 288 , wurde ihm gemeldet, daß persische [türkische]
Fußtruppen die Gegend durchzögen und verwüsteten. Die Soldaten indes,
die mit dem Kaiser zogen, waren bei Tagesanbruch aufgebrochen und leg-
ten ihren Weg, so schnell sie konnten, zurück, während der Kaiser mit dem
Großdomestikos und einigen wenigen anderen zurückblieb und sich unter-
wegs der Jagd hingab. Als der Anmarsch der Barbaren gemeldet wurde,
schickte er einen Boten zu den Soldaten und befahl ihnen, daß sie umkehren
sollten, um gegen die Barbaren zu kämpfen. Er selbst und der Großdome-
stikos beschlossen, sich mit ihrem Gefolge dorthin zu begeben, wo sich die
Perser [Türken] befinden sollten, da sie glaubten, bei einem Zusammentref-
fen mit den Barbaren in jedem Falle außer Gefahr zu sein. Sollte sich
nämlich zeigen, daß diese leicht angreifbar wären, dann würden sie leicht
Herr der Lage sein; sollten die Gegner ihnen aber an Zahl weit überlegen
sein, so daß ein Kampf nicht ungefährlich erschiene, dann könnten sie sich
als Berittene von dem Fußvolk gefahrlos zurückziehen. Also schickten sie
einige ihrer Leute als Späher voraus und rückten in voller Rüstung nach.
Die Barbaren jedoch mieden die begangenen Wege ganz und gar und zogen
durch unwegsames Gebiet, um die dortigen Einwohner zu überfallen; so
kamen sie an den Spähern vorbei, ohne bemerkt zu werden, und stießen
plötzlich, ohne es selbst zu merken, / auf den Kaiser. Es kam zu einer

143
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 42 207/208

heftigen Schlacht, in welcher die Barbaren tollkühn kämpften und schließ-


lich alle fielen, während die Soldaten des Kaisers, nur wenige ausgenom-
men, mitsamt ihren Pferden verwundet wurden, aber alle am Leben blie-
ben. Von den Pferden jedoch verloren sie viele. Auch der Mitkaiser wurde
am Fuß durch einen Pfeil verwundet, sein Pferd wurde sogar siebenmal
getroffen, es starb bald nach der Schlacht. Der Großdomestikos aber wäre
beinahe in der Schlacht gefallen. Viele Barbaren umringten ihn nämlich und
verwundeten sein Pferd, so daß es sich nicht mehr bewegen konnte, wäh-
rend sie ihn selbst mit Pfeilen, Speeren und Steinen oftmals trafen. Keines
dieser Geschosse aber konnte durchdringen, da der Panzer sie abhielt; seine
Schenkel und Arme freilich waren ungeschützt. Man riß ihm den Säbel vom
Gürtel, zerrte an seiner Kleidung, daß die Säume abrissen, und es ist kaum
zu glauben: er wehrte sich, konnte sich retten und wurde nicht einmal
verwundet. Nachdem dann der Sieg errungen war, erklärte er, er habe von
Jugend an viele schwere Kämpfe durchgefochten und sei nicht ein einziges
Mal so sehr in Lebensgefahr geraten. So also fielen alle Barbaren in der
Schlacht. Der Mitkaiser aber begab sich nach Didymoteichon und litt lange
Zeit schwer an seiner Verwundung289 •
Zur Zeit der Getreideernte in demselben Jahr wollte der Myserkönig
[Bulgarenzar] Michael sich mit dem jungen Kaiser Andronikos treffen.
Dieser hatte wenig Lust dazu, weil ihn aufgrund der Verwundung noch
immer der Fuß schmerzte. Gleichwohl stellte er die Sache dem Kaiser,
seinem Großvater, / anheim, und als dieser sie ihm selbst überließ, traf er
sich in Tzernomianoi 290 mit Michael und dessen Frau, und sie verbrachten
dort acht Tage miteinander. Die beiden Herrscher fanden Gefallen anein-
ander und begaben sich danach jeder in seine Heimat. Als Kaiser Androni-
kos nach Didymoteichon kam, traf er dort einen Boten von seinen Freun-
den in Konstantinopel an, der ihm berichtete, daß der ältere Kaiser, wie
man aus gewissen Indizien und Reden schließen könne, offenbar Krieg
gegen ihn führen wolle 291 • Als der Mitkaiser dies hörte, erschrak er zu-
nächst über das Ungeheuerliche dieser Botschaft, schenkte ihr aber keinen
Glauben. Seinen Freunden aber ließ er mitteilen, daß er ihnen sehr dankbar
sei für ihr Wohlwollen ihm gegenüber, daß er aber ihrer Nachricht nicht
glauben könne, weil er das einfach nicht wahrhaben wolle. Als gute Freun-
de sollten sie die Angelegenheit aufs Genaueste prüfen und, sobald sie ein
sicheres Ergebnis hätten, ihm dieses mitteilen. Seinen Freunden in Konstan-
tinopel also trug der Mitkaiser dieses auf. Mit dem Großdomestikos aber

144
208/210 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 42-43

und dem Protostrator traf er sich, um gemeinsam zu erforschen, ob sie sich


irgendeiner Handlung bewußt wären, welche ein Kriegsgrund sein und den
älteren Kaiser bewogen haben könne, den Frieden zu brechen. Immer wie-
der gingen sie die Zeit vom Friedensschluß bis zur Gegenwart durch und
stellten fest, daß sie den älteren Kaiser weder offen noch hinter seinem
Rücken verletzt hätten. Sie nahmen jedoch an, daß etwa folgendes Anlaß
zum Kriege bieten konnte.
43. Kaiser Michael [VIII.]292, der erste der Palaiologen, hatte drei Söhne,
Andronikos, von dem hier die Rede ist und der ihm als / Kaiser nachfolgte,
ferner Konstantinos, den Purpurgeborenen, und als dritten Theodoros;
Töchter waren es ebenso viele. Von den Söhnen nun hatten die beiden
anderen mehrere Söhne, wie zu Beginn unserer Geschichte bereits dargelegt
wurde, Konstantin aber, der Purpurgeborene, hatte als einzigen Sohn Jo-
hannes Palaiologos 293 . Diesem gab der Großlogothet Metochites seine
Tochter Irene zur Frau, nachdem ihm zuvor von dem Kaiser, seinem Onkel,
die Würde eines Panhypersebastos verliehen worden war. Dieser Panhyper-
sebastos nun war nicht nur einmal, sondern mehrfach Statthalter von Thes-
salonike und den übrigen westlichen Städten, die er nach Gutdünken ver-
waltete. Auch gab er seine Tochter Maria dem Herrscher der Triballer
[Serben], dem Kral Stephan [Uros 111.], zur Frau 294 . Nachdem dies gesche-
hen war, beabsichtigte er, sich mit dem Herrscher der Triballer, seinem
Schwiegersohn, zu verbünden, um mit seiner Unterstützung von den Städ-
ten, deren Statthalter er war, möglichst viele zu besetzen und in seine
Gewalt zu bringen und so, vom Kaiser abgefallen, eine eigene Herrschaft zu
gründen. Solches also beabsichtigte er und setzte es bereits in die Tat um,
indem er mit seiner gesamten Haushaltung zu den Triballern zog. Dennoch
war er nicht in der Lage, etwas von seinem Ziel zu erreichen. Denn alle die
ihm unterstellten Städte bemerkten seinen Abfall und behandelten ihn als
Gegner. Dies aber versetzte die westlichen Städte in beträchtliche Unruhe.
Zur gleichen Zeit aber war von den Söhnen des Großlogotheten der eine,
Demetrios, mit Beinamen Angelos 295 , Statthalter von Strumitza296 , / Micha-
el aber, mit Beinamen Laskaris, Statthalter von Melenikon 297 , beides make-
donische Städte. Diese beiden Männer, die Brüder der Frau des Panhyperse-
bastos, schickten an ihn und an ihre Schwester einen Brief, aus dem ein
Abfall zwar nicht herauszulesen war, der aber zahlreiche Verdachtsmo-
mente bot. Denn er war übervoll von zweideutigen Wendungen, erinnerte
an die alte Freundschaft und die gemeinsam verbrachte Zeit und deutete

145
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 43 210/211

an, daß man einander das Wohlwollen bewahren müsse aus vielerlei sonsti-
gen Gründen, vor allem aber wegen der Bande der Verwandtschaft. Die
Überbringer dieses Briefes wurden unterwegs von Soldaten abgefangen,
welche die Wege zu bewachen hatten wegen des Krieges 298 gegen den Pan-
hypersebastos. Diese beschlagnahmten den Brief und beschlossen, ihn nicht
an den älteren Kaiser nach Konstantinopel zu schicken, da sie den Großlo-
gotheten fürchteten, der bei dem Kaiser viel vermochte, sie begaben sich
vielmehr mit dem Brief nach Didymoteichon zu dem jungen Kaiser. Dieser
lobte sie für ihr verständiges Verhalten und entließ sie mit einer Belohnung.
Den Brief indessen sandte er nach Konstantinopel an den Großlogotheten
und teilte ihm mit freundschaftlichen Ermahnungen mit299 , daß diesen
Brief, der voller Verdachtsmomente stecke, seine Söhne an ihren Schwager
geschickt hätten. Er als ihr Vater, der zugleich dem Reich der Rhomäer alle
nur denkbare Unterstützung schulde, da er selbst dessen Angelegenheiten
verwalte, müsse jene vor einem Unglück bewahren und den von ihnen zu
erwartenden Schaden im voraus abwenden. Dies / könne geschehen, indem
er ihnen die Statthalterschaft über jene Städte nehme und dort andere,
unverdächtige Leute einsetze, den Söhnen aber andere Statthalterschaften
zuteile, wie immer es ihm nützlich schiene. «Mir selbst», schrieb er, «schien
es angebracht, dem Kaiser diesen Brief nicht zur Kenntnis zu bringen, son-
dern nur dir, damit du als ein verständiger Mensch die Maßnahmen er-
greifst, die das Gemeinwohl erfordert und die im Interesse deiner Söhne
liegen.»
Diesen Rat also gab der Mitkaiser dem Großlogotheten. Der aber befolg-
te weder wie erforderlich den Rat, noch auch erwies er den geschuldeten
Dank für die fürsorgliche Behandlung seiner Söhne, sondern tat genau das
Gegenteil. Frostig und barsch antwortete er und schloß mit den Worten,
daß nach dem Sprichwort ein Esel, der gekratzt werde, auch seinerseits
kratze 300 • Als die beiden sich erforschten und darüber nachdachten, wel-
chen Anlaß zum Kriege sie gegeben hätten, da vermuteten sie, daß der
Großlogothet eben deshalb erzürnt war und deswegen den älteren Kaiser
zum Krieg getrieben habe. Sicherheit hierüber konnten sie jedoch nicht
erlangen.
Es verdient indessen auch kurz berichtet zu werden, welche Wohltaten
der junge Kaiser dem Großlogotheten und dem Protovestiarios Andronikos
Palaiologos 30 1 erwiesen hat, den Männern, die an diesem dritten Kriege am
meisten Schuld haben, damit man weiß, welchem Wohltäter sie den Dank

146
211/213 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 43

schuldig geblieben sind. Denn dieser Protovestiarios Andronikos Palaiolo-


gos war der Sohn der Anna, der Schwester des älteren Kaisers Andronikos
die verheiratet war mit dem Dux Michael [Kutrules], einem der Herrsche;
von [Neai] Patrai und dem benachbarten Thessalien. Aufgrund irgendwel-
cher Streitigkeiten haßte er den Großlogotheten, begab sich zu dem jungen
Kaiser, / redete viel Ungereimtes über seinen Feind und fügte endlich hinzu,
daß er es satt habe, ihn ewig nur zu hassen, er wolle nun mit aller Kraft auf
ihn dreinschlagen, auch wenn er selbst dafür den Tod erleiden müsse.
Daher bat er um Hilfe für den Fall, daß er wegen seines waghalsigen
Unternehmens in Gefahr geraten sollte. Als der Mitkaiser dies hörte, ver-
suchte er mit vielen Ermahnungen und gütlichem Zureden den Protovestia-
rios von seinem waghalsigen Unternehmen abzubringen, doch da er ihn
nicht überreden konnte, drohte er ihm das Schlimmste an, falls er nicht von
derartigen Vorhaben Abstand nehme. Er sagte zu ihm, wenn er etwas
derart Unglaubliches unternehme, ohne ihm vorher etwas davon zu sagen,
so sei das zwar schlimm, gehe ihn selbst aber nichts an. Da er aber ihm
seine Absicht kundgetan habe, könne der Plan unmöglich in die Tat umge-
setzt werden. Denn die Verunglimpfung des Großlogotheten müsse, da
dieser Vorsteher der Regierung des Kaisers sei, zu einer Beleidigung des
Kaisers werden, und das könne er nicht zulassen. Dies flößte dem Protove-
stiarios Furcht ein, so daß er nachgab und davon Abstand nahm, dem
Großlogotheten die schlimmste Schmach zuzufügen. Einige Tage später
jedoch packte den älteren Kaiser, sei es aufgrund einer Verleumdung oder
weshalb immer, ein solcher Zorn gegen den Protovestiarios, daß er ihn
sogar einsperren wollte. Also schickte er den Großlogotheten 302 zum jun-
gen Kaiser und erhob neben anderen Klagen über den Protovestiarios auch
diese, daß er ständig Schmähungen und Spott über ihn verbreite; allein
dafür verdiene er schon die höchste Strafe, aber dies sei nicht das einzige,
sondern er plane obendrein, abtrünnig zu werden. / Aus allen diesen Grün-
den halte er es für nötig, ihn ins Gefängnis zu werfen, und er teile ihm [dem
Mitkaiser] diesen Entschluß mit, damit er Bescheid wisse und selbst zur
Verwirklichung beitragen könne. Darauf erwiderte der junge Kaiser fol-
gendes:
«Erhabenster Kaiser, daß der Protovestiarios, mein Onkel, ein loses
Mundwerk hat und zum Spott neigt, gebe auch ich gerne zu. Deswegen bin
auch ich der Meinung, daß er die gebührende Strafe verdient hat. Denn
hochgestellte Männer und Verwandte des Kaisers müssen sich verständig

147
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 43 213/215

zeigen und auf Schicklichkeit achten und nach höchster vorstellbarer Tu-
gend streben; vor allem aber müssen sie ihre Zunge zügeln können, da sie
für die niedriger Gestellten öffentliches Beispiel und Muster sind, damit die
Menge auf sie schaut und sich zum Besseren wandelt 303 . Abtrünnigkeit
jedoch habe ich selbst ihm niemals vorwerfen können und dergleichen auch
nicht von einem anderen, der genau Bescheid wußte, gehört. Also ist es
auch nicht rechtens, den, der mit Worten gesündigt hat, mit Taten zu
bestrafen; vielmehr sollte man ihm seine Verfehlung verzeihen, ihn aber mit
Worten zurechtweisen und ihm für die Zukunft androhen, daß er, wenn er
nicht aufhöre mit derartigen Verfehlungen, sowohl für das, was ihm jetzt
erlassen wird, wie für alles andere seinerzeit seine Strafe empfangen wird.»
So werde nämlich der Protovestiarios vernünftiger werden und er, der Kai-
ser, brauche nicht einen hochgestellten Mann, der ein Blutsverwandter sei,
zu bestrafen. Solches riet er und bat ihn, seinem Rat zu folgen und den
Zorn gegen den Protovestiarios zu besänftigen. Wenn / er jedoch unnach-
giebig sei und nicht bereit zu verzeihen, so stehe es ihm als dem Herrscher
über alle frei, zu tun, was ihm beliebe. Hätte der Kaiser nicht die Macht,
seinen Willen durchzusetzen, so würde er selbst gewiß mitwirken, den
Übeltäter zu bestrafen. Da der Kaiser aber durchsetzen könne, was immer
ihm beliebe, möge er seinen Plan selbst ausführen.
Als der Großlogothet dies dem älteren Kaiser berichtete, da nahm dieser
von einer Bestrafung des Protovestiarios Abstand, sei es, daß er merkte, wie
nützlich die Ratschläge des jungen Kaisers waren, sei es, daß er seine Recht-
schaffenheit respektierte. So wurde der junge Kaiser für beide zum Wohltä-
ter, indem er den einen vor Entehrung und Schlägen bewahrte, den anderen
aber vor lebenslänglichem Gefängnis. Sie aber wurden bald darauf aus den
schlimmsten Feinden die besten Freunde, verschworen sich miteinander
und rüsteten zum Kriege gegen den jungen Kaiser und suchten mit List und
Tücke den älteren hineinzuziehen, und ihr Dank für die Wohltat war ein
Kampf auf Leben und ~od.
So also handelten jene. Der ältere Kaiser aber machte den Protovestiarios
zum Statthalter von Balagrada304 • Er behandelte ihn freundlich und gütig,
machte ihm große Versprechungen und entließ ihn mit dem Auftrag, sich
mit allem, was für den Krieg nötig sei, zu rüsten und, sobald er eine entspre-
chende Nachricht von ihm erhalte, die Truppen aus dem Westen gegen den
jungen Kaiser / zu führen. Der junge Andronikos indessen erhielt von seinen
Freunden in Konstantinopel einen Brief, in welchem mit aller Deutlichkeit

148
215/216 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 43-44

berichtet wurde, daß der ältere Kaiser zum Kriege rüste. Daher hielt er es
denn für nötig, sich mit dem Großdomestikos und dem Protostrator über
den Krieg zu beraten. Dabei beschlossen sie, die gleiche Großherzigkeit an
den Tag zu legen wie bei den früheren Kriegen, sich nicht als erste zu
erheben, sondern den Ausgang der Dinge abzuwarten, zumal sie hofften,
den Krieg zu gewinnen, da Gott ihnen als den Verratenen beistehen werde,
da sie selbst nicht den leisesten Vorwand zum Bruch der Verträge gegeben
hätten. Um sich zu vergewissern, wollten sie jedoch nach Konstantinopel
ziehen, damit durch ihre Ankunft der Krieg entweder offen ausbreche oder
vereitelt werde, wenn diejenigen, die ihn schürten, es mit der Angst zu tun
bekämen. So also beschlossen es der junge Kaiser und seine Freunde.
44. Wenige Tage später, Anfang Oktober der elften Indiktion [1327],
begaben sie sich von Didymoteichon nach Selymbria. Ein Heer führten sie
nicht mit sich, damit es nicht so aussähe, als hätten sie die Absicht, in den Krieg
zu ziehen, aber Gefolgsleute und Freunde begleiteten sie in nicht geringer
Zahl. Als der ältere Kaiser dies erfuhr, schickte er den Dikaiophylax Grego-
rios Kieidas 305 und Niphon, den Bischof von Moglaina 306 , zu seinem Enkel
nach Selymbria mit dem Verbot, nach Konstantinopel zu kommen; er wer-
de ihm nämlich den Zutritt nicht gestatten, da er den Vertrag und den Eid
gebrochen habe 307 • Wenn ihm also etwas Unerwünschtes widerfahre, / solle
er die Schuld nicht ihm zurechnen, sondern sich selbst, da er vertragsbrü-
chig sei. Als der junge Kaiser dies vernahm, schmerzte ihn die Botschaft
nicht wenig, doch nach kurzem Zögern antwortete er: «Ich würde es begrü-
ßen, wenn mein Herr und Kaiser sich jetzt der Loyalität und Ergebenheit,
die ich ihm durch Taten erwiesen habe, eingedenk zeigte. Da aber die
Menge meiner Sünden ihn bewogen hat, mich für meineidig und vertrags-
brüchig zu halten und zu erklären, wo er mich doch für rechtschaffen und
erfüllt von Sohnesliebe und ihm in allem ergeben halten sollte, glaube ich,
daß eure Ankunft hier ein Glück ist, da ihr verständige Männer seid und in
meinen Worten die Wahrheit und das Pflichtgemäße zu erkennen vermögt.
Sodann frage ich, ob mein Herr und Kaiser es euch erlaubt hat, mir meine
Verfehlungen vorzuhalten und meine Verteidigung gegen die Vorwürfe ent-
gegenzunehmen. Ich hoffe nämlich, mit einer Fülle von Argumenten die
Vorhaltungen widerlegen zu können.» Als jene erklärten, daß sie keinen
weiteren Auftrag hätten, als ihm das Betreten der Hauptstadt zu verbieten und
wieder umzukehren, erwiderte er: «So meldet 308 denn meinem Herrn und
Kaiser, daß ich Gott, den Hüter der Wahrheit, der selbst Wahrheit genannt

149
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 44 216/218

wird und es in der Tat auch ist, zum Zeugen dafür anrufe, daß ich mir nicht
bewußt bin, sei es früher, sei es jetzt in diesem zu Unrecht gegen mich
entfachten Kriege, sei es mit Taten oder auch nur mit Worten etwas gegen
ihn unternommen zu haben. Deshalb flehe ich ihn bei Gott an, von seinem
Zorn abzulassen, Huld und Milde walten zu lassen und nichts zu tun, was
dem Recht und dem Nutzen zuwiderläuft. Wenn also / die Bosheit des
Teufels, die mich schon oft ins Unglück stürzte, bewirkt hat, daß er meine
Ergebenheit und Loyalität, die ich bei jeder Gelegenheit an den Tag gelegt
habe, vergißt und statt dessen den Verleumdern und Intriganten sein Ohr
leiht und diesen Krieg gegen mich entfacht, so bitte ich abermals, mich
nicht ohne Anhörung zu verurteilen, sondern seine Vorwürfe offen auszu-
sprechen und mir Gelegenheit zur Verteidigung zu geben. Kann ich in
diesem Prozeß die Vorhaltungen widerlegen und werde freigesprochen, so ist
alles in Ordnung; weist man mir aber Meineid und Vertragsbruch nach, so
will ich nichts von Vergebung hören, sondern beantrage gegen mich selbst
die schwerste aller Strafen.»
Der junge Kaiser beauftragte die Gesandten, dieses seinem Großvater zu
berichten. Diese aber fragten erneut, ob er sich denn wirklich keines Eid-
bruches gegenüber seinem Kaiser und Großvater bewußt sei, da sie glaub-
ten, es sei ein Leichtes, den älteren Kaiser mit seinem Enkel zu versöhnen,
wenn er nur erführe, daß dieser den Eid nicht gebrochen habe. Als nun der
jüngere Kaiser versicherte, daß er bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Eid
in keiner Weise gebrochen habe, kehrten sie froh nach Konstantinopel
zurück in der Hoffnung, daß es ihnen gelingen werde, den Krieg der beiden
Kaiser zu verhindern. Es kam aber ganz anders, als sie erwarteten. Als sie
nämlich berichteten, mit welchen Gründen sich der junge Kaiser gegen den
Vorwurf des Eidbruches verwahrte, ließ der ältere Kaiser nicht im minde-
sten von seinem Zorn ab und gab ihnen keinerlei Antwort. Den Patriarchen
Esaias aber wies er an, den Namen seines Enkels bei der heiligen Handlung
weder in der Hagia Sophia noch in den anderen Kirchen fortan nennen zu
lassen. Denn selbst aus den Kirchen des kaiserlichen Paiastes 309 habe er das
Gedächtnis / seines Namens verbannt. Der Patriarch aber fragte, aus wel-
chem Grunde das Gedächtnis des Mitkaisers aus den Kirchen verbannt
werde. Denn selbst wenn er sich in eine der Kirche fremde Irrlehre verstrik-
ke, dann dürfe er nicht ohne jede vorherige Ermahnung und jeden Versuch,
ihn zurückzugewinnen, aus den Kirchen verbannt werden. Er selbst sei von
Gott zum Hüter der heiligen Dogmen der Kirche bestellt worden und zum

150
218/219 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 44--45

Hirten der Seelen und er sei verpflichtet und auch willens, nicht nur bis
nach Rhegion 31O , wo sich der junge Kaiser gerade aufhalte, sondern bis ans
Ende der Welt zu gehen, um eine gefährdete Seele zu retten. Deswegen
müsse er sich zunächst zu ihm begeben; und wenn er mit Gottes Hilfe nach
vielen Belehrungen und Ermahnungen seinen Irrglauben ablege, die Wahr-
heit annehme und die Heilsamkeit der kirchlichen Lehre erkenne, dann sei
aus jeder Sicht alles in Ordnung, da die Kirche ihren geistlichen Sohn
wiedergewonnen habe, er selbst seinen leiblichen Nachkommen und die
Rhomäer ihren Kaiser. Falls er sich aber verstockt zeige und dem Licht der
Wahrheit willentlich die Augen verschließe und nicht die mindeste Hoff-
nung auf eine Besserung irgendwann aufkommen lasse, dann «werde ich
nicht nur aus den Kirchen Konstantinopels sein Gedächtnis verbannen,
sondern ich werde ihn aus der Gemeinschaft der Christen in aller Welt
ausschließen». Der Kaiser antwortete, daß er seinem Enkel nicht Irrglauben
vorwerfe, sondern Bruch der eidlich beschworenen Verträge, dazu Eigen-
mächtigkeit und Ungehorsam; ebendeswegen sei er, der Ermahnung und
Erziehung halber, auf diese Maßnahmen verfallen, und er werde, wenn
jener seine Verfehlungen in angemessener Weise öffentlich wiedergutma-
che, das Entsprechende veranlassen. «Darum», erwiderte der Patriarch,
«bitte ich dich, erhabenster Kaiser, mir diese eine allergrößte Gunst zu
gewähren, / nämlich die Erlaubnis, mich in deinem Auftrag zu ihm begeben
zu dürfen.» Er hoffe nämlich, den jungen Kaiser überreden zu können,
wiedergutzumachen, was er früher etwa an Verfehlungen begangen habe,
künftig unbeirrt seine Pflicht zu tun und die inzwischen geschehenen Ver-
fehlungen und Anlässe zum Krieg aus der Welt zu schaffen. Über diese
Worte wurde der Kaiser unwillig und sagte: «Du solltest ohne viel Getue
meinen Worten Folge leisten und meine Befehle ohne Widerrede ausführen.
Da es dir aber aus einem mir unbekannten Grunde immer beliebt, das
Gegenteil zu sagen und zu tun, statt mich zu unterstützen, so magst du
selbst wissen, was du zu tun hast.» So waren denn der Kaiser und der
Patriarch verschiedener Meinung, und deswegen war es in den Kirchen des
kaiserlichen Palastes verboten, den Namen des jungen Kaisers zu nennen,
in den übrigen Kirchen Konstantinopels jedoch und auch im Heiligtum der
Weisheit Gottes [Hagia Sophia] wurde der Sitte gemäß das Gedächtnis
beider Kaiser in der heiligen Handlung bewahrt.
45. Der junge Kaiser, der sich von Anfang Oktober bis Dezember in der
bei Rhegion gelegenen Ortschaft namens Ennakosia 311 aufhielt, bat den

151
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 45 219/221

älteren Kaiser, den Staat der Rhomäer nicht wiederum in Verderben und
Wirren zu stürzen, sondern Mitleid zu haben mit den Untertanen und den
Krieg nicht weiter voranzutreiben. Um ihn aber besser für den Frieden
gewinnen zu können, schickte er durch Gesandte 312 folgende Botschaft an ihn:
«Meinen Eifer, Kaiser, / und meine Bereitschaft, für den Nutzen des
gesamten Reiches der Rhomäer einzutreten, kann niemand besser bezeugen
als du. Denn du weißt: Als Prusa von den Persern [Türken] belagert wurde
und wegen des gänzlichen Mangels an Lebensmitteln der Eroberung nahe
war, da bin ich, auf die Kunde hin, ungerufen nach Konstantinopel gekom-
men und bin mit Bitten und Ratschlägen dafür eingetreten, die Belagerten
mit dem Nötigen zu versorgen. Die Hilfe aber sollte darin bestehen, daß ich
mit dem Heer bei Trigleia 313 - nicht weit von Prusa - zu Schiff übersetze,
die Barbaren, so gut ich kann, angreife und die Einwohner mit Lebensmit-
teln versorge. Daraufhin hätten sie die Belagerung gewiß lange Zeit über-
stehen können, denn mit allem anderen war die Stadt bestens ausgerüstet.
Solche Bereitschaft habe ich gezeigt, unter Lebensgefahr den Bewohnern
von Prusa zu Hilfe zu .eilen, und da du nicht einverstanden warst, hast du
mich gegen meinen Willen zurückgehalten. Ebendies aber dürfte der Grund
gewesen sein, daß Prusa den Barbaren in die Hände fiel 314 • Ich rede davon
nicht lediglich, um mich zu brüsten, sondern um durch eines von vielen
Beispielen zu zeigen, wie sehr ich mich für eine einzige Stadt, die in Gefahr
war, ereiferte und entschlossen war, ihr Hilfe zu bringen oder ihre Gefahr
zu teilen. Um wieviel mehr muß es mich jetzt schmerzen, das gesamte Reich
der Rhomäer in Gefahr zu sehen! Denn daß wir beide, die wir gegen Feinde
von außen für unser Land Krieg führen sollten, nun aufeinander prallen,
das muß für die vollendete Katastrophe des Reiches / gelten. Daher bitte ich
dich inständig, mein Kaiser, wenn möglich, die Feindschaft zu beenden und
den Frieden dem Krieg vorzuziehen. Wenn aber die Worte der Intriganten
so viel vermochten, daß ich mit meiner inständigen Bitte um Frieden nichts
ausrichte, so erbitte ich mir wenigstens dieses, mit zwei oder drei Gefährten
zu dir kommen zu dürfen, um mich deinem Richterspruch zu unterwerfen.
Und wenn es mir gelingt, die Vorwürfe zu entkräften, so ist alles in Ord-
nung; zeigt sich aber, daß ich Unrecht begangen und den Eid gebrochen
habe, so haben für dich alle die vielen Belastungen ein Ende, denn du hast
den Übeltäter in der Hand und wirst ihn, bei Gott, nicht schonen, sondern
ihn so bestrafen, wie es seinen Verfehlungen angemessen ist. Wenn es dir
aber nicht zusagt, daß ich vor deinem Gericht erscheine, so möge an meiner

152
221/222 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 45

Stelle der Großdomestikos vor dir zu Gericht erscheinen. Ist er aber


schuldig, so mag er die höchste Strafe erleiden. Mich wird dies jedenfalls
nicht weniger schmerzen, als wenn mir am eigenen Leibe das Äußerste
widerführe. »
Eine solche Botschaft schickte der jüngere Kaiser an seinen Großvater
und Kaiser.· Auch der Großdomestikos verfaßte ein solches Schreiben, das
die gleiche Bitte enthielt: «Mächtigster Kaiser, was mich angeht, hast du,
glaube ich, von beidem genaue Kenntnis, einmal, daß ich dir von Herzen
ergeben bin und nichts höher schätze, als dir zu dienen (denn davon haben
die Ereignisse viele deutliche Beweise geliefert), und ferner, daß ich für das
allgemeine Wohl der Rhomäer nicht nur meinen Besitz, sondern auch mein
Leben bereitwillig opfern würde. Da ich aber jetzt sehen muß, daß du ohne
jeden Grund den Vertrag brichst und zum Kriege rüstest, bin ich von
Schmerz erfüllt und geradezu dem Tode nahe, wenn ich das Unglück be-
denke, welches / auf die Rhomäer zukommt durch diesen euren Bruder-
krieg. Daher bitte ich dich, nicht zuzulassen, daß deine Untertanen in sol-
ches Unglück gestürzt werden, sondern vielmehr dem Unheil zu wehren
und dich mit dem Mitkaiser, deinem Enkel, zu versöhnen, der sich meines
Wissens weder durch Worte noch durch Taten, weder früher noch jetzt
irgend etwas hat zuschulden kommen lassen - und du weißt sehr wohl, daß
er nichts sagt und nichts tut, von dem ich ·nicht wüßte. Laß nicht die
Intrigen derer, die sich an dem Untergang aller erfreuen, obsiegen über das
Allgemeinwohl und folge nicht denen, die zum Kriege treiben, da die Erfah-
rung dich klar gelehrt hat, daß sie Unmögliches versuchen und eine Last
heben wollen, die die Kraft ihrer Schultern übersteigt. Beendest du den
Krieg, so bist du gut beraten und tust, was dir und uns nützt; tust du aber
das Gegenteil, so weiß ich nicht, welcher von beiden Parteien deine Ent-
scheidung weniger zuträglich ist. Der Mitkaiser, dein Enkel, fordert, daß
die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gerichtlich widerlegt werden und daß du
der Richter bist - eine gerechte Forderung, wie jedermann zugeben wird.
Sagt es dir aber nicht zu, mit ihm zur Verhandlung zusammenzutreffen, so
sollte ich über alle Streitpunkte Rechenschaft ablegen. Befiehlst du also,
daß er kommt, so bin ich fest überzeugt, daß sein bloßer Anblick genügt,
um zu zeigen, dag die Lügengewebe der Verleumder leichter als Spinnenge-
webe zerreißen. Im anderen Falle, wenn du mich kommen läßt, so hoffe ich
~\..l beweisen, daß er nicht nur kein Unrecht getan, sondern die Liebe eines
Sohnes gezeigt hat u~d es niemals an -der nötigen Ehrfurcht und Loyalität

153
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,45-46 222/224

hat fehlen lassen. Folgst du aber den Intriganten und lehnst beide Vorschlä-
ge ab, so wird Gott nicht zulassen, daß uns / ein Unrecht geschieht. Wie
aber die Sache .für euch ausgeht, das will ich lieber verschweigen, die Erfah-
rung wird es dir deutlich zeigen. Nur darum bitte ich dich, diesen Brief gut
aufzubewahren, damit du am Ende erkennst, ob ich ein guter Ratgeber
war. »315
46. Solches also schrieben sie dem älteren Kaiser, doch dieser las die
Briefe und antwortete nichts weiter, als daß es ihm nicht leicht falle, den
Enkel oder den Kantakuzenos zu einem Prozeß in Konstantinopel zu laden.
Als der junge Kaiser diese Antwort 316 vernahm, schmerzte es ihn sehr, daß
ihm so wider alles geltende Recht sogar die Verteidigung verwehrt wurde.
Er machte keinen Versuch mehr, den älteren Kaiser zu überreden, und
schrieb an den Patriarchen folgendes: «Mächtiger Patriarch und erlauchte
heilige Synode, die ihm zur Seite steht, ihr seid bestens unterrichtet über die
Dinge, die vor einiger Zeit zwischen dem älteren Kaiser und mir vorgefallen
sind, durch meine Schuld, wie ich gern zugebe. Doch dies hat die weise
Vorsehung Gottes mit leichter Hand aus d,'r Welt geschafft und uns tiefen
Frieden geschenkt. Nachdem jedoch allf Allstöße und Hindernisse zwi-
schen uns aus dem Weg geräumt waren und wir uns einer tiefen Ruhe
erfreuten, ohne auch nur im geringsten an einen Bürgerkrieg zu denken, da
schäumte plötzlich eine schwere Woge empor und ein schlimmer Orkan
drohte das Reich der Rhomäer mit allen Einwohnern untergehen zu lassen,
und es erging uns ähnlich wie denen, die von einer Krankheit befallen sind.
Auch sie leisten dem ersten Anfall der Krankheit, auch wenn er sehr heftig
ist, kräftig Widerstand; kommt es aber nach vorübergehender Erholung zu
einem zweiten / oder gar dritten Anfall, so trifft er die Menschen ge-
schwächt und rafft sie leicht dahin. Dasselbe ist jetzt auch uns widerfahren.
Denn durch die früheren Bürgerkriege und jene Kriege, mit denen uns die
Barbaren von außen überzogen haben, sind wir weitgehend erschöpft und
werden nicht einmal die Kraft haben, dem aufkeimenden Unheil ins Auge
zu sehen, sondern werden daran zugrunde gehen. Dies alles sehe auch ich
mit an und erkenne sehr wohl, daß die Gefahr nicht mich alleine bedroht
(was nicht so schlimm wäre), sondern alle Rhomäer zusammen; daher sitze
ich seit etwa sechzig Tagen 31 ?, wie ihr selbst wißt, in der Nähe von Rhegion
und bitte jeden Tag mit der gebührenden Ehrfurcht, Bescheidenheit und
~rgebenheit den Kaiser, mir zu verzeihen, wenngleich ich mir selbst keiner
Handlung bewußt bin, die seinen Zorn verdiente. Da ich aber sah, daß

154
224/226 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 46

meine viele Mühe vergebens war, schlug ich einen anderen Weg ein und
bat, mit einigen wenigen Begleitern vor dem Kaiser erscheinen zu dürfen,
um über das, was mir vorgeworfen wird, Rechenschaft abzulegen. Falls
aber dies dem Kaiser nicht genehm wäre, sollte der Großdomestikos hinge-
hen und meine Verteidigung übernehmen. Mit keinem meiner Vorschläge
fand ich Gehör, sondern ich werde gegen jedes ~echt in contumaciam
verurteilt. Dabei hätte ich jede Strafe, zu der mich der Kaiser für die mir zur
Last gelegten Vergehen verurteilt hätte, akzeptiert und mit großer Bereit-
willigkeit auf mich genommen. So aber muß ich mitansehen, daß sein Zorn
gegen mich allen Rhomäern Schaden bringt, / und das schmerzt mich uner-
träglich. Deshalb richte ich brieflich diese Bitte an Eure Heiligkeit: wenn ihr
denn ein Mann Gottes seid, so setzt Euch ein für den Frieden und laßt nicht
zu, daß wir uns mit Bruderblut beflecken, sondern überredet entweder den
Kaiser, mich zu Euch kommen zu lassen, damit ich Rechenschaft ablege
über die mir zur Last gelegten Vergehen, oder kommt selbst hierher, um
mir Gelegenheit zu geben, mich in der gleichen Sache zu verteidigen.»
Diese Bitte richtete der junge Kaiser um des Friedens willen an den
Patriarchen und die übrigen Erzpriester, und der Überbringer des Schrei-
bens händigte es dem Patriarchen aus. Da versammelten sich die Erzprie-
ster, lasen den Brief, und, da ihnen die Forderung des jungen Kaisers be-
rechtigt schien, begaben sie sich allesamt unverzüglich zum älteren Kaiser,
wiesen ihm den Brief seines Enkels vor und stellten sich auf den Stand-
punkt, daß seine Forderung gerecht sei. Sie erklärten, ebendies, daß er so
großen Wert darauf lege, entweder selbst zu kommen, um sich gegen die
Vorwürfe zu verteidigen oder aber sich zu dem gleichen Zweck mit dem
Patriarchen zu treffen, sei ein deutlicher Beweis für seine Unschuld oder,
falls er doch einen Fehler begangen habe, für seinen Willen, ihn wieder
gutzumachen. Da dies also durch diese Tatsachen bewiesen werde, sei es
rechtens, nützlich und notwendig, eine der beiden Forderungen zu erfüllen.
Als der Kaiser sah, daß er diesem Verlangen nichts entgegenzusetzen
hatte und daß der Patriarch und die Erzpriester dafür eintraten, da verbot
er zwar, daß der junge Kaiser zu jenem [dem Patriarchen] komme und
ebenso, daß der Patriarch sich zu ihm begebe, indem er erklärte, daß beides
nicht förderlich sei; er gestattete jedoch, daß einige der Erzpriester und der
Senatoren, / aber auch einige kirchliche Würdenträger und Archimandri-
teD31~sich_zu s~illem Enkel begäben, ihm die Vorwiirfe unter~reiteten und
seine Verteidigung gegen diese forderten. Es wurden also sechs Erzpriester

155
ÜBERSETZUNG: BUCH l, 46-47 226/227

auf den Weg geschickt und ebensoviele Senatoren, ferner jeweils die gleiche
Anzahl von kirchlichen Würdenträgern und von jenen gottesfürchtigen
Männern, die man Archimandriten nennt319 • Mit ihnen gingen auch jene,
die der ältere Kaiser bereits früher abgesandt hatte, Niphon, der Bischof
von Moglaina, und der Dikaiophylax Kleidas, denen denn auch der ältere
Kaiser die Anklageschrift gegen den jungen Kaiser aushändigte. Diesen
allen wurden fernerhin beigesellt Gregorios 320 , der Erzbischof von Bulga-
rien, ein geschickter Redner, der eine bewundernswerte Einsicht besaß und
die höchste Stufe der wahren Weisheit erreicht hatte, sowie Theodoros
Xanthopulos 321 , auch er ein Mann, der sich durch Tugend, Einsicht und
Bildung auszeichnete.
Alle diese Männer also kamen nach Rhegion, um die Streitpunkte, die
zwischen den beiden Kaisern bestanden, zu untersuchen. Als der junge
Kaiser sie erblickte, war er sogleich von Freude und Genugtuung erfüllt, da
er nunmehr Gelegenheit haben durfte, sich gegen die erhobenen Anklagen
zu verteidigen. Er begrüßte die Ankömmlinge und hieß sie sich ausruhen,
da am nächsten Tage frühmorgens die Versammlung stattfinden sollte.
Diese taten so, und der Mitkaiser berief bei Tagesanbruch die vornehmsten
seiner eigenen Gefolgsleute sowie die Gesandten des älteren Kaisers zur
Zusammenkunft. Als alle versammelt waren, herrschte eine Weile Schweigen
unter den Anwesenden, und alle lauschten gespannt, wie bei Neuigkeiten.
Als erster ließ sich der Erzbischof folgendermaßen vernehmen: «Mächtig-
ster Kaiser, / wegen der Differenzen, die zwischen euch Kaisern kürzlich
aufgetreten sind, hast du selbst gebeten, nach Konstantinopel kommen und
vor dem [älteren] Kaiser Rechenschaft ablegen zu dürfen oder, wenn schon
nicht dies, daß der Patriarch hierher komme, um die Vorwürfe gerichtlich
zu klären. Dieses beides konnte jedoch nicht ohne weiteres so geschehen,
wie du es gefordert hast. Doch kommen wir auf Befehl des Kaisers und des
Patriarchen hierher, um zu hören, wie du dich gegen das, was dir zur Last
gelegt wird, verteidigst. Also schickt es sich für dich, wenn du etwas dazu
zu sagen hast, es vorzubringen.» Darauf antwortete der Mitkaiser:
47. «Eure Ankunft ist mir sehr willkommen 322 , und es ist mein innigster
Wunschtraum 322a , eine wie immer beschaffene Gelegenheit zu erhalten,
mich gegen die Anklagen, die gegen mich erhoben werden, verteidigen zu
können. Nicht recht aber scheint es mir und wider alle Vernunft, daß,
während ich oftmals meine Ehrfurcht und Ergebenheit gegenüber dem älte-
ren Kaiser durch die Tat deutlich bewies, er mich emes gleichen Wohlwol-

156
227/229 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 47

lens nicht einmal in dürren Worten würdig erachtete. Und dabei hätte er
das Geschwätz der Intriganten und meine Taten miteinander vergleichen
sollen und dann jene für ihre Missetat entweder gebührend bestrafen sol-
len, damit sie aufhörten zu intrigieren und anderen ein Vorbild der Mäßigung
wären, oder er hätte sie wenigstens heftig schelten und für ihre Frechheit
zurechtweisen sollen. Sein Wohlwollen gegen mich aber hätte er fest und
unvermindert bewahren sollen, da er, wie gesagt, in meinen Taten die
deutlichsten Beweise dafür besitzt, daß ich ihm aufs äußerste zugetan bin
und stets jene Ehrfurcht sowie Loyalität und Ergebenheit bewahre, die ein
guter Sohn seinem Vater schuldet. Da aber / dies einen ganz anderen Lauf
nahm, als es sollte, sind auch meine Taten dem Gedächtnis des Kaisers
völlig entfallen. Und da er gänzlich eingenommen wurde von den Reden
derer, die es darauf anlegen, uns zu entzweien und dem Gemeinwohl der
Rhomäer zu schaden - was bleibt mir anderes übrig, als, in großem Kum-
mer dessenwegen, was mir unverdient widerfährt, den Vater entweder um
Vergebung zu bitten für die Früchte der Verleumdung oder aber um eine
peinliche Untersuchung dessen, was mir zu Unrecht zur Last gelegt wird?
Eben dies aber tue ich schon lange, und sechzig Tage oder schon mehr sind
es nunmehr, daß ich mit diesen meinen Gefolgsleuten unter freiem Himmel
die Unbill des winterlichen Wetters auf mich nehme, wie ihr selbst wißt.
Am besten wäre es, wenn ich mich vor dem Kaiser in Gegenwart des
Patriarchen und aller Rhomäer verteidigen könnte, damit ich entweder die
Anklage widerlegen und für alle deutlich machen kann, daß ich von den
Intriganten schwerstes Unrecht erleide, oder aber, von allen des Unrechts
schuldig befunden, nichts mehr verzögern und keine Berufung einlegen kann
wegen Parteilichkeit und Streitsucht der Richter, sondern die verdiente Strafe
erleide. Da aber der Kaiser entschieden hat, daß man so verfahren müsse,
danke ich zutiefst Gott, dem Herrscher des Alls, daß er mir eine Gelegenheit
zur Verteidigung gab, nicht weniger aber dem Kaiser und Patriarchen,
diesem, weil er die Untersuchung empfohlen hat, jenem, weil er sie
gebilligt hat, euch aber, die ihr gekommen seid, für eure Mühen. Und ich
bitte euch, nicht auf mich als Kaiser Rücksicht zu nehmen bei / diesem
Prozeß und mir nicht um meiner Stellung willen Dinge zu konzedieren, die
ihr ablehnt, sondern, wo immer ihr glaubt, daß ich im Unrecht bin, mich
unerbittlich zu verurteilen. Wenn ich aber bei meiner Verteidigung gezwun-
gen bin (und freiwillig würde ich von so etwas niemals sprechen), dem
Kaiser, meinem Großvater, Unrecht und Meineid nachzuweisen, so bitte

157
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,47 229/230

ich, für diese Worte nicht mich verantwortlich zu machen, sondern die
Natur der Sache, und denkt daran, daß ihr sie nicht selbst zu beurteilen
habt, sondern ·daß ihr, was mich betrifft, Richter seid, was ihn betrifft,
lediglich Zuhörer. Doch da ich mich verteidigen soll, müssen zunächst die
Ankläger die Anklagepunkte vortragen, damit ich mich anschließend ver-
teidigen kann.»
So sprach der Mitkaiser. Die Richter aber stimmten ihm zu und hießen
diejenigen, denen dieses oblag, die Anklagepunkte vortragen. Da traten der
Dikaiophylax und der Bischof von Moglaina vor und zählten alles einzeln
auf323 • Als aber der Mitkaiser seine Verteidigungsrede hielt, da zeigte sich,
daß die Anklage keinen festen Grund hatte und daß kein deutlicher Beweis
vorhanden war, weder aufgrund von Tatsachen noch von Zeugenaussagen.
Vielmehr schien, daß alles, statt auf Wahrheit zu beruhen, aufgrund von
Verdachtsmomenten zusammengetragen war. Schließlich aber sagten die
Ankläger folgendes: «In dem durch Eid bekräftigten Friedensvertrag ist
auch dies festgelegt, daß dem Kaiser, deinem Großvater, die gesamte Ver-
waltung und Leitung des Reiches zusteht, während du ihm unterstellt bist
und seine Befehle auszuführen hast und daß, wer dem zuwiderhandelt, den
Eid bricht und Unrecht tut. Du aber hast ohne Erlaubnis und Wissen des
Kaisers / den staatlichen Steuereintreibern mit Gewalt viertausend Gold-
stücke weggenommen.» «Daß ich ihnen das Geld weggenommen habe,
leugne ich nicht», erwiderte der Mitkaiser, betonte jedoch, daß er deswegen
nicht für meineidig gelten dürfe noch für einen, der schamlos den Kaiser
mißachte. «Du sprichst rätselhaft», wandten die Richter da ein, «da du,
obwohl in dem Eid festgelegt ist, daß du nichts gegen den Willen des
Kaisers tun darfst, gegen seinen Willen das Geld genommen hast und
gleichwohl behauptest, den Eid nicht gebrochen zu haben. Denn entweder
ist nicht festgelegt, daß die gesamte Verwaltung des Staates dem Kaiser
zusteht und daß du seinem Willen nicht zuwiderhandeln darfst, oder aber;
wenn dem so ist, dann hast du dich des Meineides schuldig gemacht, da du
selbst zugibst, gegen den Willen des Kaisers das Geld genommen zu ha-
ben.» Xanthopulos aber, einer derer, die aus Konstantinopel angekommen
waren, sagte: «Es ist nicht recht, den Mitkaiser zu verurteilen, bevor er sich
für das, was ihm zur Last gelegt wird, gerechtfertigt hat. Erst dann erken-
nen wir nämlich aus seinen Worten, ob wir ihn von Schuld freizusprechen
oder zu verurteilen haben.» Da die übrigen dem beipflichteten, rechtfertigte
sich der Mitkaiser folgendermaßen 324 :

158
230/232 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 48

48. «Wenn der Kaiser, wie es rechtens ist und wie ich es wünschte, die
Ereignisse mit der nötigen Sorgfalt prüfte, dann hätte er mich nicht der
Unverschämtheit und Dreistigkeit und, was das schlimmste ist, des Meinei-
des angeklagt. Denn wenn der Richter frei ist von Vorurteilen, dann fallen
die Entscheidungen am ehesten gerecht aus; im anderen Falle müssen sie in
der Regel zwangsläufig falsch werden. Hätte er aber bei den früheren /
Kriegen untersucht, weshalb und warum die Verträge geschlossen und die
Eide geleistet wurden, ferner, welche Sorge, welchen Eifer und Einsatz ich
darauf verwendet habe, den Krieg zu beenden und welche Fürsorge und
Ergebenheit und Liebe ich ihm gegenüber bei jeder Gelegenheit an den Tag
gelegt habe, so wäre nicht nur keine derartige Anklage gegen mich erhoben
worden, sondern ich selbst wäre befreit von den gegenwärtigen Mißhellig-
keiten und die Rhomäer allesamt von den zu erwartenden, der Kaiser aber
sähe sich außerhalb jeder Bedrängnis und des üblen Rufes, freiwillig zum
Verderben der Rhomäer einen Krieg begonnen zu haben. Nun aber hat er dies
alles, wie es scheint, vergessen und jene vielen schweren Anklagen, die ihr
alle vernommen habt, gegen mich erhoben. Ich aber hätte die übrigen
Vorwürfe, so schwer sie auch sein mögen, schweigend ertragen aus Ehr-
furcht vor dem Kaiser und ich weil nicht in die Zwangslage geraten wollte, zu
meiner Verteidigung Dinge sagen zu müssen, die ihm Unehre bringen; da er
mir aber den Stempel des Meineides aufdrückt, wäre es ruchlos und unan-
nehmbar, wenn ich mich dem Prozeß entzöge, wenngleich ich das ohne
Risiko und Mühe tun könnte. Daher werde ich zu zeigen suchen, daß ich
mich bis heute nach Kräften bemüht habe, die Verträge und Eide unangeta-
stet einzuhalten. Wenn ich aber dabei nachweise, daß er die Eide und
Verträge gebrochen hat, dann werft mir bitte nicht Dreistigkeit und Frech-
heit vor, sondern bedenkt, daß dieser Vorwurf notwendig in der Natur der
Sache liegt.
Zunächst also möchte ich dies hervorheben, daß der Eid, der den Vertrag
besiegelt hat, nicht allein von mir geleistet wurde, sondern auch vom Kai-
ser, und daß folglich beide Parteien ihn in gleicher Weise unverbrüchlich /
einhalten müssen; wird er aber von einer Seite gebrochen, so trifft die
andere Seite, wenn sie sich zur Wehr setzt, daran keine Schuld mehr. Der
Kaiser selbst hat vor mir ganz richtig so geurteilt. Sagt er doch, daß ihn, da
ich eides- und vertragsbrüchig sei, keine Schuld treffe, wenn er sich zur
Wehr setze und dabei die Abmachungen verletze. Und dieser meiner Auf-
fassung würdet auch ihr, so meine ich, nach Recht und Billigkeit zustim-

159
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 48 232/233

men. Mit besonderer Freude aber habe ich es aufgenommen, daß auch der
Großlogariastes Kokalas 325 unter euch anwesend ist. Denn er wird durch sein
Zeugnis meine Verteidigung nicht wenig stützen, da er sich ärgern wird
über das, was ich sagen will. Ist er doch der Schwiegervater des Protovestia-
rios, meines Onkels, und ist hierhergekommen, um meine Anklage wie
meine Verteidigung anzuhören und alles, so gut er kann, seinem Schwieger-
sohn wahrheitsgemäß brieflich mitzuteilen. Ich aber hätte es außerordent-
lich begrüßt, wenn auch jener anwesend wäre.
Wägt also ab, welche Partei als erste den Eid gebrochen hat. Zu meiner
Verteidigung aber will ich mich nicht auf schönklingende Worte stützen
und auf bestochene Zeugen, die Mißtrauen und Ablehnungsanträge verdie-
nen, sondern des Kaisers eigene Briefe mögen bezeugen, daß er von langer
Hand und mit Vorbedacht den Krieg gegen mich ins Werk gesetzt hat.
Zunächst also möge der Befehl verlesen werden, den der Kaiser im Juli der
zehnten Indiktion an den Protovestiarios, meinen Onkel, geschickt hat, und
der folgendermaßen lautet 326 :
'Geliebter Neffe meiner kaiserlichen Majestät und Protovestiarios An-
dronikos Palaiologos! Der Bericht, den du an meine Majestät geschickt
hast, / ist wohlbehalten angekommen, und ich habe gelesen, was du darin
schreibst und vorträgst. Deinen Eifer und deine Gewissenhaftigkeit und
deinen Einsatz in dieser Angelegenheit heiße ich gut. Sorge auch in Zukunft
dafür, daß sie zum Ziel kommt. Denn du weißt wohl, daß du aus keinem
anderen Grunde gesandt wurdest, diesen Statthalterbezirk 327 zu verwalten,
als eben um dieses Dienstes willen. Denn schon ehe dein Bericht kam, hat
der Kral 328 seinen Gesandten hierher geschickt und meiner Majestät kund-
getan, daß er mit dir Kontakt aufgenommen habe und daß er bereit sei, uns
mit allem, was ihm zu Gebote steht, zu unterstützen, nicht nur mit seiner
Truppe, sondern auch in eigener Person. Nun erhält meine Majestät dar-
über noch zuverlässige Kunde durch deinen Bericht. Erledige also deine
Aufgabe so schnell wie möglich, denn auch meine Majestät ist mit Eifer bei
der Sache, und sieh zu, daß wir euch nicht zuvorkommen. l

So weit also dieses Schreiben. Als zweites Zeugnis will ich einen kaiserli-
chen Befehl329 an denselben Adressaten vorlegen, geschrieben im September
der elften Indiktion. 'Geliebter Neffe, Herr Protovestiarios Andronikos Pa-
laiologos! Du weißt, was meine Majestät im Punkte der Aufgaben an Dich
verfügt hat, die dir übertragen wurden, und daß du dich beeilen mußt,
damit meine Majestät euch nicht zuvorkommt. Und siehe, es wird gesche-

160
233/235 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 48

hen, wie ich es sehe. Denn ich warte auf nichts anderes als auf eine Nach-
richt von denen, die an Ort und Stelle sind. Wie steht es also mit deiner
Gewissenhaftigkeit? Wie steht es mit deinem Versprechen? Denn seit Juli
habe ich nichts Genaues von den dortigen Leuten erfahren, / sondern nur
Gerüchte, und ich möchte dir in aller Kürze kundtun, daß ich, wie gesagt,
auf nichts anderes warte als auf eure Nachricht.)
Auch er hier, Kokalas, schreibt dem Protovestiarios, seinem Schwieger-
sohn, und wirft ihm große Nachlässigkeit und Sorglosigkeit vor und schilt
ihn, weil er sein Versprechen nicht erfüllt habe, und sagt, daß der Kaiser
darüber betrübt sei und daß er selbst sich seiner schäme, weil er verspro-
chen habe, aufs gewissenhafteste und schnellste das Versprochene zu erfül-
len. Weil aber die verlesenen Briefe nicht offen von mir sprechen, könnte
man glauben, daß sie sich auf andere Leute beziehen; deswegen werde ich
einen weiteren Befehl vorlegen, welcher unumstößlich macht, daß die vor-
herigen sich auf mich bezogen haben, und welcher offen den Krieg gegen
mich verkündet, geschrieben im Oktober der elften Indiktion 330 :
'Geliebter Neffe meiner kaiserlicher Majestät, Herr Protovestiarios An-
dronikos Palaiologos! Die Berichte von euch allen sind bei meiner Majestät
angekommen und wurden verlesen, und ich habe euch in allen Punkten,
über die ih)' berichtet, zugestimmt. Die Antworten und Befehle meiner
Majestät ergehen einzeln an jeden von euch per Schiff, und zwar durch den
geliebten Neffen meiner Majestät, Herrn Michael Asanes 33 \ deinen Vetter.
Von ihm wird ein jeder von euch / ausführlicher den Auftrag meiner Maje-
stät erfahren. Damit ihr aber, falls das Schiff sich wegen unruhiger See
verspätet, wenigstens im allgemeinen die Order meiner kaiserlichen Maje-
stät kennt, siehe, deswegen tut euch meine Majestät durch einen Boten zu
Lande kund, daß ihr an Ort und Stelle so viele und so tüchtige Männer seid,
daß selbst ein einziger von euch, der im dortigen Gebiet weilt, ausreichend
wäre zum Kampf gegen meinen Enkel. Um wieviel mehr also, da ihr euch
dort befindet, so viele und so tüchtige Männer. Kein Problem! Jetzt lasse
ich meinen Panther los, der gefesselt war 332 ; handelt, wie eure Klugheit es
euch gebietet, denn nunmehr lege auch ich los.)
Solches trug der Kaiser seinem Neffen auf, obwohl er mir nichts vorzu-
werfen hatte; vielmehr brach er selbst als erster den Vertrag und den Eid.
Damit ihr aber wißt, daß er viele Helfershelfer benützte zu diesem Krieg
gegen mich und ihn von langer Hand vorbereitete, möchte ich euch als
weiteres Zeugnis einen Brief vorlegen, den dieser Mann hier, Kokalas, an

161
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 48 235/237

seinen Schwiegersohn, den Protovestiarios, geschickt hat und der folgen-


dermaßen lautet:
'Zunächst war unser Herr, der Kaiser, erzürnt über euch, vor allem über
dich, weil ihr nicht schreibt und nicht berichtet, was ihr tut und wie es euch
geht. Jetzt aber ist er zwar zufrieden, daß ihr geschrieben habt, tadelt euch
jedoch, weil ihr euren Bericht so unvorsichtig geschickt habt. Wäre nämlich
das Schreiben zufällig seinem Enkel, dem Mitkaiser, in die Hände gefallen,
so wäre unzweifelhaft bekannt geworden, daß seit einiger Zeit und mit
voller Absicht / der gegenwärtige Krieg in die Wege geleitet wurde. Dies
habt ihr nicht gut gemacht. Doch wie ich gegenwärtig den kaiserlichen
Befehl und diesen Brief in einer Spange 333 versteckt habe (und wer würde in
einer Spange etwas vermuten?), so macht auch ihr es. Jetzt aber macht
einen Anfang, denn wie du aus seinem Befehl erfahren wirst, setzt nun auch
der Kaiser den Beginn. Gleichwohl glaube ich, daß ihr das Ende sehen
werdet, ehe ihr von dem Anfang gehört habt. Denn alle Amtsträger und
deren Gehilfen, die sich bei seinem Enkel, dem Mitkaiser, befinden, sind
vom Kaiser eingesetzt worden und sie genießen seine Wohltaten in Form
von Einkünften und Schenkungsurkunden; und sie sind alle bereit undharren
der Befehle unseres Herrn, des ehrwürdigen Kaisers, um, wann immer er
ihnen befiehlt, ihm den Enkel in Fesseln auszuliefern. Daher werde auch du
ab jetzt tätig und zeige eine Leistung, wie sie deiner Einsicht und deiner
politischen Erfahrung ansteht. l

Aus all diesen Zeugnissen könnt Ihr selbst entnehmen, wer von uns
beiden den Eid gebrochen hat. Wenn also nach dieser offenkundigen Ver-
letzung der beschworenen Abmachungen auch ich etwas getan habe, was
den Verträgen zuwiderläuft, so ist es weder Rechtens noch vernünftig, mir
Meineid vorzuwerfen. Auch wenn ich also, wie jene behaupten, vertrags-
widrig Geld vereinnahmt habe, verdiene ich deswegen noch keine Strafe, da
der Vertrag gebrochen ist. Aber auch davon abgesehen, werde ich euch
beweisen, daß die Vereinnahmung der Gelder mit dem Eid in Einklang
steht. In dem / Eid ist nämlich festgelegt, daß mir für meinen Haushalt und
den meiner Gattin, der Kaiserin, sowie für den Sold des Heeres aus der
Staatskasse Gelder zugewiesen werden in dem Umfange, in dem der Ver-
trag es bestimmt. Dies aber wurde nicht formlos vereinbart, sondern durch
einen schriftlich festgehaltenen Eid, wie aus dem Chrysobull zu entnehmen
ist, welches der Kaiser an mich adressiert hat. Seit jener Zeit sind bis heute
vier Jahre und vier Monate verstrichen, für welche mir nach meiner Berech-

162
237/238 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,48

nung aufgrund des Vertrages ein Fehlbetrag von 350000 Goldstücken zu-
steht334 . Dies läßt sich eindeutig beweisen aufgrund der Quittungen, welche
als Belege ausgestellt wurden von denen, die das Geld auf Befehl des Kaisers
eingetrieben haben. Welches Unrecht habe ich also begangen, wenn ich, da
diese Summe mir geschuldet wird, einen Bruchteil davon vereinnahmt ha-
be? Oder ist es etwa recht und billig, daß der Kaiser, der mir so viel
wegnimmt, nicht einmal vermutet, daß er Unrecht tut oder den Eid bricht,
mich aber, der ich von dem vielen, was mir geschuldet wird, nur einen
Bruchteil genommen habe, vor Gericht zu schleppen und des Meineides
anzuklagen und fortzujagen und ins schwerste Unglück zu stürzen? In-
dessen, wäre ich nur des für meinen Haushalt bestimmten Geldes beraubt
worden, so wäre zwar auch das Unrecht gewesen, aber ich hätte es schwei-
gend ertragen aus Ehrfurcht vor dem Kaiser und weil ich der Überzeugung
bin, daß ich als Sohn verpflichtet bin, Schmerzen, die mir vom Vater zuge-
fügt werden, welcher Art sie auch seien, zu ertragen, ohne ihm Vorwürfe zu
machen und ohne viel Lärmens; vielmehr ihn zu bitten, mir mehr Freund-
lichkeit und Milde zu bezeigen und mich von dem zu befreien, was mich
schmerzt und kränkt. Da er / mir aber den jährlichen Sold für das Heer
weggenommen hat, den die Soldaten als einzigen Lebensunterhalt benöti-
gen, schien es mir nicht akzeptabel, das Unglück anderer großmütig hinzu-
nehmen. Seht nur, welches Unrecht ihnen geschieht. Zunächst einmal ha-
ben wir es ihnen nicht gestattet, dem Handel oder dem Ackerbau oder einer
anderen Betätigung nachzugehen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen,
weil sie immer für einen Feldzug bereit sein müssen und nicht in die
Zwangslage geraten dürfen, aus irgendwelchen Gründen zu Hause bleiben
zu müssen. Und dann wurden sie vom Kaiser des festgesetzten Soldes be-
raubt, den jährlich zu zahlen er sich nicht so obenhin verpflichtet hat,
sondern eidlich. Drittens aber habe ich diesen Zustand lange Zeit gleichmü-
tig hingenommen, um nicht dem Kaiser Last und Ärger zu schaffen. Dabei
hätte ich mich zwar in meinen eigenen Angelegenheiten großmütig zeigen
müssen, gleichgültig gegenüber dem Geld und nur darauf bedacht, dem
Willen des Vaters zu folgen, was aber die Soldaten betrifft, hätte ich besorgt
sein müssen und unerbittlich; alles hätte ich ersinnen und tun müssen,
damit sie nicht ihren Sold einbüßen, und ich hätte nicht aus lauter Wohl-
wollen für den Kaiser sie in die äußerste Not bringen dürfen. Denn das ist
nicht Wohlwollen, sondern Grausamkeit und die schlimmste Unmensch-
lichkeit, wenn man, während andere beinahe Hungers sterben, sich selbst

163
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 48-49 238/240

großmütig zeigt. Freilich habe ich es nicht unterlassen, den Kaiser immer
wieder um den Sold für das Heer zu bitten. Viele der Soldaten gerieten
nämlich in solche Not, daß sie es ertrugen, daß ihre Frauen bei Anbruch /
der Nacht (damit ihre Bekannten sie nicht erkennen könnten) von Haus zu
Haus zogen, um für sich und ihre Männer durch kümmerliche Bettelei
etwas Nahrung zu beschaffen. Da mir dies das Herz gebrochen hat, habe
ich mir das Geld, dessentwegen ich angeklagt werde, genommen und ihnen
damit eine kleine Erleichterung verschafft. Ob ich aber deswegen meineidig
bin und ungerecht und meinen Vater mißachtet habe, das möget ihr beur-
teilen. Zunächst habe ich bewiesen, daß ich in keiner Weise den Vertrag
gebrochen habe, sondern selbst unter offenkundigem Vertragsbruch zu lei-
den hatte; und obwohl ich, wie ihr gesehen habt, den Beweis in der Hand
habe, daß der Kaiser als erster den Eid gebrochen hat, bleibe ich hier um
des lieben Friedens willen und bitte nun schon so lange Zeit den Kaiser,
keinen Krieg zu beginnen. Sollte aber jemand einen Beweis dafür haben,
daß ich als erster den Eid gebrochen habe, so trete er vor und zeige ihn. Und
was schließlich das Geld betrifft: Wenn ich von der mir geschuldeten Sum-
me von 350000 Goldstücken eine so kleine Summe an mich genommen
habe und das ein Unrecht war, möget ihr mich verurteilen.»
49. Solches brachte der jüngere Kaiser zu seiner Verteidigung vor. Aber
noch während er sich verteidigte, und zwar ehe der Brief an den Protove-
stiarios verlesen worden war, setzte ihm Kokalas gewaltig zu, indem er
erklärte, daß er die Schuld habe an dem Kriege, da er sich von Intriganten
habe verleiten lassen, die den Kaiser verleumdeten und den Protovestiarios
und die anderen führenden Männer, daß sie entschlossen seien, Krieg vom
Zaun zu brechen. Nachdem aber der Brief verlesen worden war und sich
gezeigt hatte, daß Kokalas selbst nicht weniger dazu beitrug, den Frieden zu
beenden, da hatte er nichts zu / entgegnen, sondern saß schweigend da; so
eindeutig war er überführt worden. Der Mitkaiser aber wandte sich ihm zu
und sprach: «Großlogariastes, daß einer schuldig wird und seinem Näch-
sten Unrecht tut und sich Vorteile zu verschaffen sucht, ist nicht verwun-
derlich; denn wir sind alle Menschen und unterliegen den gleichen Leiden-
schaften und sind zum Schlechten eher geneigt als zum Guten. Daß aber
einer, der Unrecht tut und Meineide schwört und lügt, hernach auch noch
Machenschaften und Intrigen anzettelt und mit aller Kraft versucht, die
Schuld auf die Unschuldigen abzuwälzen, um selbst nach einem Mord noch
als redlicher Mann dazustehen, das ist nicht mehr die Art eines Menschen,

164
240/241 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 49

sondern ganz und gar die des Erzfeindes und Verderbers der Menschheit.»
Unter den Anwesenden befand sich aber als Abgesandter des Kaisers der
Logothet des Stratiotikon Theodoros Kabasilas 335 , ein verständiger und
weiser Mann, der die Gunst und das Vertrauen des älteren Kaisers genoß,
nicht weniger aber des jüngeren; er war eng befreundet mit Kokalas und da
er sah, daß der junge Kaiser aufgebracht war gegen die Verleumder, wollte
er ihn durch einen geistreichen Witz besänftigen und sagte: «Mein Kaiser,
hier gibt es nichts zu verwundern; solcherart sind nun einmal die Hinterhal-
te und Fallgruben des PIanos [Verführers]335a.» Denn in seiner Jugend hatte
Kokalas beim Spiel von den Altersgenossen den Spitznamen «PIanos» be-
kommen. Die Bemerkung kam offenbar im rechten Augenblick, denn sie
bewirkte, daß der Zorn des Kaisers in ein joviales Lächeln umschlug.
Soviel dazu. Den Erzpriestern aber gebot der Mitkaiser, ihn zu verurtei-
len, wenn er ihnen des Unrechts und des Meineides schuldig schiene. Sie /
entgegneten, daß sie an ihm nichts zu verurteilen hätten und ihn lediglich
darum bäten, wie bisher Mittel und Wege zu finden, um das zu erwartende
Übel abzuwenden. «Von Anfang an», erwiderte der Mitkaiser, «hätte ich
nichts mehr gewünscht, als daß der Krieg gar nicht erst ausgebrochen wäre
oder, wenn er einmal ausgebrochen war, möglichst schnell beendet würde.
Daß aber dies keine Heuchelei und Verstellung ist, dafür geben die Tatsa-
chen selbst einen deutlichen Beweis. Schon ist es nämlich der dritte Monat,
daß ich hier sitze und den Kaiser um Beilegung des Konflikts bitte und daß
er nicht zulassen möge, daß unserer Zwietracht wegen heilloses Leid über
das Reich der Rhomäer hereinbreche. Aber niemand will auf mich hören.
Und dabei bin ich ganz sicher, daß man mir nachstellt, obwohl ich kein
Unrecht begehe. Denn ich weiß sehr wohl, daß man nicht nur diese Briefe,
deren Inhalt ihr vernommen habt, verschickt hat, um gegen mich zu arbei-
ten, sondern daß viele ihr Ziel erreichten und ich nur wenige abgefangen
habe. Meiner starken Friedensliebe wegen setze ich mein eigenes Wohl und
das meiner Anhänger hintan, vertraue allein auf Gott, bei dessen Namen
ich die Wahrheit schwöre, und versuche aus eigener Kraft, die zu erwarten-
den Übel abzuwenden. Wenn aber der Kaiser von dem Geld, das er schul-
det, auch nur die Hälfte 336 dem Heer gibt, so werden die Soldaten, des bin
ich sicher, zufrieden sein und Ruhe halten, und wir werden befreit sein von
dem Leiden, das der Krieg mit sich zu bringen verspricht.»
Die Erzpriester erklärten, daß es bei der gegenwärtigen Geldnot nicht
leicht sei, eine solche Summe aufzubringen, daß die Soldaten aber, was

165
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 49 241/243

möglich sei, sogleich bekommen sollten, den Rest / zu einem vereinbarten


Termin. «Nun, wenn das Schwierigkeiten bereitet», sagte da der Mitkaiser,
«so verzichten wir auf die Hälfte dieses Betrages und geben uns mit einem
Viertel des Ganzen zufrieden, um des Friedens und der Eintracht willen.»
Als sie dies hörten, lobten sie den Mitkaiser für seine Uneigennützigkeit
und erklärten, daß ihm die genannte Summe zweifellos gegeben werde. Als
der Mitkaiser sah, daß sie darauf eingingen, wollte er deutlich machen, daß
er, um den Krieg zu beenden, auch auf die von allen als höchst maßvolle
empfundenen Forderungen verzichte, und sagte: «Ihr habt die beschwerli-
che Reise, mit Entbehrungen und Hunger den ganzen Tag lang, auf euch
genommen; daher ziemt es sich, euch einen Gefallen zu tun. Darum verzich-
te ich euch zuliebe 337 auch auf das Viertel der geschuldeten Summe und
fordere vom Kaiser nichts weiter als das, was die Verwalter der öffentlichen
Einnahmen unter falschen Vorwänden dem Kaiser vorenthalten und für
sich selbst behalten. Aufgrund deutlicher Beweise will ich dieses Geld neh-
men und an das Heer verteilen als kleinen Trost. Wundert euch indessen
nicht, daß ich erst mit Nachdruck erklärt habe, man könne sich angesichts
der Not anderer nicht großmütig und auf die eigene Ehre bedacht zeigen,
jetzt aber so leicht das den Soldaten geschuldete Geld ausschlage. Wenn
ihnen nämlich in Zukunft der vereinbarte Sold gemäß den Eiden und den
Verträgen gewährt wird, werden sie mir zuliebe gerne auf das aus früherer
Zeit Geschuldete verzichten. Andernfalls aber fürchte ich, daß wegen des
Geldes der Friede hinausgeschoben wird und wir als Leute erscheinen, die
aus freien Stücken den Krieg vorziehen. / Deswegen hielt ich es denn auch
für nötig, jede Unklarheit und jeden Zweifel zu beseitigen und lieber den
eigenen Leuten zur Last zu fallen als einen Vorwand zum Kriege zu lie-
fern.»
So sprach der junge Kaiser. Die Abgesandten des älteren Kaisers aber, die
Erzpriester und Senatoren, bewunderten den Mitkaiser um seiner Großher-
zigkeit willen und seiner starken Liebe zum Frieden; sie dankten ihm herz-
lich und voller Freude baten sie ihn, heimkehren zu dürfen, da sie glaubten,
daß der Verwirklichung des Friedens nichts mehr im Wege stehe, sobald sie
nur dem Kaiser das Geschehene gemeldet hätten. Da gestattete er ihnen auf
ihren Wunsch hin die Heimkehr; dem Kaiser aber, seinem Großvater, ließ
er durch sie folgendes mitteilen 338 :
«Meinen Eifer und meine Bereitwilligkeit, dir die Herrschaft über die
Rhomäer zu überlassen, kennt Gott, der Allwissende, sehr wohl, und du

166
243/244 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 49

selbst kannst dafür Zeugnis ablegen. Denn obwohl ich dir in den früheren
Kriegen übel hätte mitspielen können, wenn ich gewollt hätte, und über das
ganze Reich oder den größten Teil hätte herrschen können, habe ich frei-
willig davon Abstand genommen, und es vielmehr für richtig gehalten, dir,
dem Vater, zuliebe darauf zu verzichten, solange du lebst; und so habe ich,
was ich mir aneignen konnte, freiwillig dir überlassen, und dies nicht ohne
Mühen und Gefahren. Alle nämlich, die auf meiner Seite gestanden und die
Plagen und Fährnisse des Krieges auf sich genommen haben, sind der
Vorteile und Ehren des Sieges verlustig gegangen, weil ich auf deinen Befehl
hin sogleich bereitwillig Frieden geschlossen und dir alles überlassen habe,
was sie im Kriege als Sieger gewonnen hatten, und deswegen war ich dann
von zwei Seiten in Bedrängnis. Sie zur Beendigung des Krieges zu überre-
den, / war schwierig, da sie behaupteten, im Recht zu sein, und forderten,
man müsse nach dem Gesetz des Krieges dem Gegner mit allen Mitteln zu
Leibe rücken; und gegen ihren Willen etwas zu unternehmen, war nicht
unbedenklich. Denn da der größte Teil meiner Gefolgschaft sich mir aus
Freundschaft angeschlossen hatte und in der Hoffnung, daß ich, einmal an
die Macht gelangt, mich erkenntlich zeige, war zu erwarten, daß sie, wenn
der Friede nicht nach ihren Vorstellungen ausfiele, verzweifelt sich dem
Gegner zuwandten, was für mich nicht ungefährlich gewesen wäre. Doch
dir zuliebe habe ich allen Gefahren zum Trotz die Mühe, sie zu überreden,
auf mich genommen, unterstützt von einem vielleicht oder zweien, da ich
glaubte, wenn ich mein außerordentliches Wohlwollen gegen dich durch
die Tat bewiese und mich in schwierigen Zeiten nicht als Feind, sondern als
Freund erwiese, dann würdest du mir vert~auen und die Feindschaft beile-
gen. Doch jetzt zeigt sich, daß das Gegenteil von dem, was ich annahm, der
Fall ist. Denn all jenes und, was das Höchste ist, selbst die Wahrheit hast du
für nichts erachtet und, verleitet von korrupteri und verlogenen Menschen,
die nicht das Gemeinwohl im Auge haben, sondern nur ihren eigenen Vor-
teil, hast du es vorgezogen, Krieg gegen mich zu führen. Ich indessen, dem
man mit Ränken und Vertragsbruch begegnet ist und der gewiß das Recht
hätte, eher bereitwillig in den Krieg zu ziehen, ich sitze aus Ehrfurcht vor
dir und aus unstillbarer Sehnsucht nach dem Frieden schon den dritten
Monat hier und flehe dich an und suche deinen Zorn zu besänftigen. Doch
jetzt, da die Erzpriester und die Senatoren abgesandt wurden und ange-
kommen sind, um die gegen mich erhobenen Vorwürfe zu untersuchen, hat
es mich mit großer Freude erfüllt, eine Gelegenheit zur Verteidigung gefun-

167
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 49 244/246

den zu haben. / Es hat eine Versammlung stattgefunden, in der ich eine


wahrheitsgemäße und berechtigte Verteidigung gegen die erhobenen Vor-
würfe vorgebracht habe. Was ich auf diese Anschuldigungen erwidert habe,
werden sie selbst bei ihrer Ankunft berichten. Ich aber bitte dich abermals,
mein Kaiser, laß nicht zu, daß wir und die übrigen Rhomäer an unserem
Bruderkrieg zugrunde gehen, sondern überlege dir innerhalb von acht
Tagen, was zu tun ist und laß uns wissen, wie du denkst. Solltest du mit der
Zustimmung Gottes, des Friedensstifters, milder gegen uns gesonnen sein
und den Frieden vorziehen, so ist in jeder Hinsicht alles in Ordnung. Sollten
aber die Vielzahl unserer Verfehlungen und dein fester Wille, uns vernichtet
zu sehen, dich zum Kriege veranlassen, so will ich dir auch in diesem Falle
den sichersten Weg für den Krieg zeigen, auf dem du schnellstens und
ungefährdet allen Schwierigkeiten entrinnst. Gott, der Spender alles Guten,
der Vater aller und Gebieter der Kaiser, hat dir eine unbezwingliche und
wunderbare Macht verliehen, der ich, wie ich gestehe, mich nicht nur nicht
zu widersetzen, sondern nicht einmal ins Angesicht zu schauen vermag. Sie
besteht darin, daß du mein Gebieter und Vater bist, ich aber dein Sohn und,
genau gesagt, dein Sklave339 . Wenn du diese Macht gebrauchst, wirst du in
kurzer Zeit und ohne Mühe alles, was du willst, erreichen. Gebietest du mir
nämlich als Vater, den Block um meinen Hals zu legen und zu dir ins
Gefängnis zu wandern und dort zu bleiben, so werde ich bereitwilligst das
Befohlene tun. Doch was rede ich vom Gefängnis und vom Block? Auch
wenn du mir etwas anderes, noch Schmachvolleres abverlangst, werde ich
es auf dein Geheiß bereitwillig ertragen. Gibst du aber diese Macht auf und
wendest dich jener anderen zu, die du dir seit langem, unbemerkt / wie du
glaubst, geschaffen hast in der Hoffnung, mich im Kriege zu überwältigen,
dann - ich zögere, es zu sagen, aber es muß gesagt werden - fürchte ich,
daß, wie schon früher, aus den Folgen deutlich wird, wie nachteilig du
beraten warst. Damals wurde mit Gottes Hilfe und Unterstützung der
Männer hier bei mir, die mich innig lieben, unter vielem Schweiß und
Mühen etwas vollbracht, von dem du nicht etwa dachtest, es seien fromme
Wünsche, dies zu verwirklichen, sondern woran du überhaupt nicht dach-
test, während ich, mich darum bemühte. Jetzt aber fürchte ich, daß dir auch
diese Hoffnung genommen wird, falls die Dinge einen anderen Verlauf
nehmen, als du ihn erhoffst. Daher bitte ich dich abermals und rate dir,
dich entweder für den Frieden zu entscheiden oder aber, wenn es dich
unbedingt zum Kriege treibt, dann jene große Macht zu gebrauchen, die du

168
246/247 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 49-50

als Vater besitzt und mit der du leicht alles durchsetzen kannst, was du
willst - Gott rufe ich zum Zeugen an, daß diese meine Worte wahr sind.
Vertraue nicht auf die «Feigenhilfe»340, jene Anführer nämlich, die du in
den Westen geschickt hast, den Krieg gegen mich vorzubereiten. Du
glaubst, viele bewundernswerte Feldherren zu haben, doch solltest du wis-
sen, daß ich und meine Helfer bei weitem überlegen sind. Befolgst du
meinen Rat und entscheidest du dich für den Frieden, so wirst du Gott und
seine guten Engel erfreuen und uns von Krieg und Gefahren befreien. Ent-
scheidest du dich aber anders, so rufe ich das allsehende Auge [Gottes] und
die himmlischen Mächte, die unsere Geschicke lenken, zu Zeugen an, daß
ich trotz des Unrechts und des Vertragsbruches, unter dem ich zu leiden
habe, gleichwohl den Frieden liebe. Du selbst mögest wissen, welcher / Rat
und welche Tat für dich selbst und die übrigen Rhomäer nützlich ist.» Eine
solche Botschaft schickte der junge Kaiser an den Kaiser, seinen Großvater.
50. Als die Gesandten in Konstantinopel ankamen, begab sich als erster
Kokalas zum Kaiser und berichtete alles in allen Einzelheiten: was sie selbst
dem jungen Kaiser zum Vorwurf gemacht hätten und was er jeweils zu
seiner Verteidigung vorgebracht habe und schließlich auch, welche Bot-
schaft an ihn er ihnen mitgegeben habe. Es dünkte ihnen, daß die Reise der
Erzpriester. und der übrigen Gesandten nicht vorteilhaft gewesen sei, da
man nunmehr vor der Notwendigkeit stehe, entweder Frieden zu machen
oder, falls man zum Kriege entschlossen sei, vor allen offen als Rechtsbre-
cher dazustehen. Als nach kurzer Zeit auch die übrigen Gesandten kamen
und dem Kaiser ihre Reverenz erwiesen, erhielten sie nicht die Erlaubnis,
irgend etwas aus der Botschaft vorzutragen, sondern wurden angewiesen,
daß ein jeder nach Hause gehen und sich ruhig verhalten solle, bis der
Kaiser ihnen befehle, über ihre Gesandtschaft zu berichten. Dies war ein
schönklingender Vorwand. Dem Kaiser schien es nämlich vorteilhafter, die
Angelegenheit mit Schweigen zu übergehen, da er fürchtete, wenn die Bot-
schaft öffentlich bekannt gemacht würde, werde er entweder von allen
Seiten zum Friedensschluß gedrängt, da alle überze,ugt seien, daß der junge
Kaiser fordere, was Rechtens und von Nutzen sei, oder aber, wenn er nicht
nachgebe, werde er dastehen als einer, der offenkundig das Recht verletze.
So vergingen sechs Tage, während derer von der Botschaft überhaupt nicht
gesprochen wurde, bis schließlich der Patriarch, aufgebracht über die stän-
dige Verzögerung, dem Kaiser mitteilen 341 ließ: «Sechs Tage sind nun ver-
gangen, ohne daß du die an den Mitkaiser, deinen Enkel, abgesandten /

169
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 50 248/249

Erzpriester befragt hast. Zeit zum Überlegen hattest du genug; nun mußt
du sie fragen, was sie zu berichten haben.» Der Kaiser stellte in Aussicht, es
zu tun; doch als abermals sechs Tage vergangen waren, während derer die
Gesandten mit keinem Wort erwähnt wurden, schickte der Patriarch wie-
derum zum Kaiser und bat ihn, er solle nicht die gute Zeit nutzlos verstrei-
chen lassen, sondern den Erzbischof und die übrigen Erzpriester zu sich
rufen, anhören, was sein Enkel zu seiner Verteidigung vorbringe, und dar-
aufhin selbst erwägen, was darob für das Wohl der Rhomäer zu tun sei.
Der Kaiser erwiderte, daß es niemandem gestattet sei, Nachforschungen
darüber anzustellen, wie er die Angelegenheiten seines Hauses regele. Er
selbst habe darüber zu befinden, wann welche Maßnahmen getroffen wer-
den müßten. Er aber sei Patriarch und solle sich um die Probleme der
Kirche kümmern, sich aus den Angelegenheiten des Staates jedoch und des
Kaiserhauses heraushalten. So sprach der Kaiser in dem Glauben, der Pa-
triarch werde angesichts dieser Worte zurückschrecken und sich lieber in
Schweigen hüllen. Er aber schickte am nächsten Tag folgende Botschaft an
den Kaiser: «Mächtigster Kaiser, dir die nötigen Ermahnungen und Rat-
schläge zu geben und dich sogar zum Handeln zu zwingen, werde ich weder
freiwillig noch unfreiwillig aus Furcht unterlassen. Verlangst du aber, daß
ich mein Leben solchermaßen in Untätigkeit verbringe, ohne zu reden, ohne
zu hören und ohne zu sehen, so hättest du das vor meiner Wahl zum
Oberhaupt der Kirche sagen sollen. Und wäre es mir richtig und nützlich
erschienen, so müßte ich mich auch jetzt damit zufrieden geben; hätte ich
aber eine andere Vorstellung gehabt / von den Aufgaben des Patriarchen, so
hätte ich einem anderen, der zu einem solchen Leben entschlossen ist, den
Thron überlassen. Da ich aber durch Gottes Gnade nicht nur Hüter der
rechten Lehre der Kirche geworden, sondern auch gezwungen bin, mich vor
jene zu stellen, denen Unrecht geschieht, und für sie zu kämpfen, werde ich
ohne Unterlaß streitbar auftreten gegen jene, die das Recht verletzen und
sich bereichern, ob sie nun niederster Herkunft oder aus erlauchtem Hause
und zum Gipfel des Glückes gelangt sind. Und ich streite mehr gegen diese,
da ihre ungerechten Handlungen mehr Gewicht haben und mehr Menschen
darunter leiden müssen. Wollten wir nämlich nur die kleinen Leute für ihre
kleinen Vergehen anklagen und des Unrechts zeihen, bei den ganz Großen
aber, die den ganz großen Schaden anrichten, ihrer Stellung wegen wissent-
lich alles verschweigen und uns nicht zu mucksen wagen, dann würden wir
Tierärzten gleichen, die sich mit dem Fell und den Klauen beschäftigen und

170
249/251 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 50

daran ihre Kunst demonstrieren, die aber, wenn eine Krankheit das ganze
Tier erfaßt, sich gar nicht darum kümmern, sondern meinen, es sei genug,
wenn sie mit anderen dasitzen und den Tod des Tieres mitansehen 341a •
Mich hingegen verwundert es sehr, wenn ich daran denke, daß du mich
geheißen hast, mich um die Angelegenheiten der Kirche zu kümmern und
mich darauf zu beschränken, dich aber das Amt des Kaisers ausüben zu
lassen, wie immer es dir beliebt. Das ist ungefähr so, wie wenn der Körper
zur Seele spräche: 'Ich brauche die Gemeinschaft und Verbindung mit dir
nicht und möchte keinen Helfer beim Handeln haben, sondern meine Ange-
legenheiten erledigen, so gut ich kann und wie mir es beliebt; du aber
kümmere dich um ,deine eigenen Angelegenheiten.) Allen Sündern wurde,
gleichsam als eine Medizin, die für alle gut ist, die Reue über / ihre Verfeh-
lungen gegeben, ob es sich nun um eine Verfehlung gegen Gott oder gegen
die Menschen handelt. Aber niemand bereut, wenn er nicht zuvor sich
selbst Rechenschaft ablegt, beherrschter wird und sich dem unterwirft, der
glaubt, daß ihm von seiner Seite Unrecht geschehen ist. Dies aber hat der
Mitkaiser, dein Enkel, offenbar schon früher getan, und zwar mehr als
nötig, und jetzt nicht minder. Denn damals hätte er, wenn er gewollt hätte,
das halbe Reich der Rhomäer an sich ziehen und behalten können, aber er
wollte nicht, sondern er hat sich dir untergeordnet, und das, obwohl er
keinen Anlaß zu jenem Kriege gegeben hatte. Und was das Größte ist: als er
nach dem Friedensschluß zu dir kam, wollte er nicht zu Pferde dich begrü-
ßen, wie es sich unter Kaisern ziemt, sondern zu Fuß machte er dir seine
Reverenz und küßte deinen Fuß 342 , was ein Zeichen der völligen Unterwer-
fung war. Und neuerdings, nachdem dieser Krieg entfacht wurde, wartet er
schon lange und bittet dich, nicht den Frieden zu zerstören. Und als auf
dein Geheiß die Erzpriester und Senatoren zu ihm kamen, da hat er zu-
nächst einmal mit einer Fülle von Beweisen gezeigt, daß er kein Unrecht
getan hat, sondern selbst das Opfer von Unrecht und Intrigen ist. Dann
aber hat er, um den Frieden zu erhalten, vieles gesagt und getan, was
erwähnenswert ist, und er hat dir vieles ausrichten lassen, wofür ich, als ich
es hörte, Gott dankte, daß er ihm so viel Einsicht gegeben habe, und ich
ihn gelobt habe für seine Rechtschaffenheit. Von dir aber glaubte ich, daß
du, wenn du dies hörst, Gott danken und nach dem Sohn schicken wirst, /
damit er schnellstens zu dir gebracht werde, auf daß die erwarteten Schwie-
rigkeiten sich lösen und alle Herzen von Freude und Wonne erfüllt werden
über den baldigen Frieden zwischen unseren Kaisern. Du aber hast nicht

171
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 50 251/252

nur nichts dergleichen getan, sondern obendrein hast du mich, der ich dir
riet, was die Pflicht gebietet, von dir gestoßen und mir befohlen zu schwei-
gen und mich nicht in Dinge einzumischen, die mich nichts angingen. Doch
ich muß mich vor jene stellen, die Unrecht erleiden, und ihnen helfen nach
Kräften. Und dies werde ich auch für den Mitkaiser tun und vor allem für
ihn, weil ihm das größte Unrecht geschieht und dieses Unrecht nicht ihn
allein trifft, sondern auf alle Rhomäer übergreift. Doch was mich nicht
schweigen läßt, ist insbesondere dies, daß ich ihn selbst vor kurzem auf
deinen Befehl zum Kaiser gesalbt habe. Da er aber so nach Recht und
Gesetz und nach deinem Willen Kaiser geworden ist, wie kann es rechtens
sein, ihn jetzt zu vertreiben, und dies ohne jeden Grund? Hätte ich nicht
verdient, von vielen Blitzen getroffen zu werden, wenn ich zu solchem
Gesetzesbruch schwiege? Deshalb bitte ich dich erneut bei der Wahrheit
selbst: wenn du, von schlechten Menschen verleitet, vom rechten Wege
abgekommen bist, mach es rasch wieder gut und gib nicht der Lüge die
Kraft, über die Wahrheit zu obsiegen.»
Eine solche Botschaft schickte der Patriarch dem Kaiser; überbracht wur-
de sie von dem Chartophylax Gregorios Kutales 343 und dem Vorsteher der
Klöster Kyberiotes 344 . Als der Kaiser die Botschaft vernahm, wurde er von
einem unbezähmbaren Zorn ergriffen und gab sofort den Befehl, die Über-
bringer der Botschaft ins Gefängnis zu werfen und außerdem Makarios 345 ,
den Metropoliten von Serrai, im Palast unter Arrest zu / stellen. Der Pa-
triarch solle von seinem Amtssitz entfernt werden und sich i~ Mangana-
kloster 346 aufhalten und dieses nicht verlassen dürfen; die Erzpriester, die
als Gesandte bei dem jungen Kaiser gewesen waren, sollten ihre Häuser
nicht verlassen, und niemand dürfe sie besuchen. Dies geschah nun, wie der
Kaiser befohlen hatte.
Als aber seit der Abreise der Gesandten von dem jungen Kaiser fünfzehn
Tage vergangen waren und weder von dem älteren Kaiser noch vom Pa-
triarchen eine Antwort bei ihm eingetroffen war, da vermutete er, daß das
Schweigen nichts Gutes zu bedeuten habe, und beriet sich mit dem Großdo-
mestikos und dem Protostrator, was zu tun sei. Da sprach der Großdome-
stikos: «Mein Kaiser, jetzt ist es an der Zeit, nicht mehr untätig hier herum-
zusitzen, sondern zur Tat zu schreiten. Nichts können wir mehr tun, was
uns eine Hoffnung gäbe, den Krieg zu beenden. Die Zeit, die wir hier sitzen
und den Kaiser bitten, hat so weit das angebrachte Maß überschritten, daß
man jedes weitere Hinauszögern mit Recht nicht für Großherzigkeit und

172
252/254 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 50

Geduld, sondern für Angst vor der Gefahr und für Feigheit halten wird.
Dem Kaiser gegenüber hast du nichts von dem, was deine Pflicht war,
unterlassen, sondern du hast zuvor häufig Botschaften an ihn geschickt mit
der Bitte, den Frieden nicht zu zerstören, und jetzt hast du dich den Gesand-
ten, die von ihm gekommen sind, gezeigt als ein Mann, der Frieden
wünscht: so hast du hier zu ihnen gesprochen und solche Botschaft hast du
ihnen mit auf den Weg gegeben. Die Zeit aber, die verstrichen ist, seit die
Gesandten / von hier aufgebrochen sind, wäre für den Kaiser ausreichend
gewesen, die Lage zu überdenken und eine Antwort zu geben, wenn ihm
der Sinn nach Mäßigung stände. Doch daß in so langer Zeit keine Antwort
vom Kaiser gekommen ist, ist ein deutliches Zeichen, daß er den Frieden
nicht akzeptiert hat, sondern nunmehr offen zum Krieg schreitet. Dies kann
man mit einiger Sicherheit den Tatsachen selbst entnehmen. Denn wer sich
so lange zum Krieg gerüstet und so viele Leute zu diesem Zweck in den
Westen geschickt hat, um sich im Ernstfall auf große Zurüstungen stützen
zu können, der dürfte die darauf gegründeten Hoffnungen nicht leicht
aufgeben. Deswegen dürfen auch wir nicht untätig dasitzen, sondern müs-
sen die Hoffnung auf den Frieden fahrenlassen und uns nach allen Seiten
wappnen, um den Angreifer abwehren zu können.»
Nachdem der Großdomestikos so gesprochen hatte, riet auch der Proto-
strator, zur Tat zu schreiten. «Wenn wir nicht wüßten», sprach er, «daß
der Kaiser seit langem auf den Krieg mit uns hinarbeitet, indem er überall
Truppen aushebt gegen uns, dann müßten wir uns die Sache reiflich überle-
gen, damit nicht am Ende er als Bewahrer des Friedens erscheint und wir als
Leute, die aus Torheit den Krieg begonnen haben. Da aber dies aus vielen
Anzeichen deutlich wurde und der Kaiser selbst nicht leugnen könnte, der
Urheber des gegenwärtigen Krieges zu sein, müssen unbedingt auch wir das
tun, was uns Nutzen verspricht.»
Auch der Mitkaiser selbst sprach sich dafür aus, nicht länger zu zögern,
sondern aufzubrechen und zum Kriege zu rüsten, doch riet er, noch nicht
die letzte Hoffnung auf den Frieden / aufzugeben, sondern vielmehr sich
nach Konstantinopel zu begeben und persönlich um Frieden zu bitten. Falls
nun die andere Seite Respekt zeige und den Krieg beende, sei das Ziel
erreicht. Andernfalls würden sie Gott und die Einwohner von Konstanti-
nopel selber zu Zeugen dafür anrufen, daß sie auf jede Weise um Frieden
gebeten hätten und von ihnen abgewiesen worden seien; danach würden sie
umkehren. Darauf antwortete der Großdomestikos: «Nach Konstantino-

173
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,50--51 254/255

pel, mein Kaiser, werden wir uns begeben, wie du es befiehlst. Ich wundere
mich allerdings, daß du, nachdem wir uns solchermaßen um die Erhaltung
des Friedens bemüht und nichts weiter erreicht haben, hoffen kannst, der
bloße Respekt werde die nötige Wirkung haben. Doch deine Worte sind
verzeihlich, da es dir geht wie einem, der von heftigem Fieber gepackt ist.
Denn in Gedanken durchwaten diese ständig Quellen und Flüsse und ver-
langen, daß alle Dinge Wasser hervorsprudeln lassen, und zürnen, wenn
dies nicht geschieht, obwohl sie genau wissen, daß sie Unmögliches for-
dern 346a . So ist es denn nicht verwunderlich, daß du in deinem heftigen
Verlangen nach Frieden auch das Unerreichbare für erreichbar hältst und,
wie es heißt, im Weglosen Wege ersinnst [Aischylos, Prom. 59]. Ich aber
habe die Hoffnung auf den Frieden aus vielen Gründen aufgegeben, nicht
zuletzt, weil der Patriarch so viele Tage hindurch keine Botschaft an dich
geleitet hat. Da nun die- Tore der Stadt streng bewacht werden, ist zu
vermuten, daß es auch ihm nicht erlaubt ist, jemanden an uns zu schicken.
Mir scheint indessen, daß der Grund seines Schweigens nicht dieser ist,
sondern vielmehr der, daß er nicht zum Unglücks boten werden möchte.»
So berieten sie sich untereinander. /
51. Da beschlossen war, zunächst nach Konstantinopel zu marschieren,
brachen sie von Rhegion auf und zogen mit einer dreizehnhundert Mann
starken Elitetruppe 347 in Richtung Konstantinopel. Nachdem sie aber die
auf diesem Weg liegende Brücke 348 überschritten hatten, traf ein Brief an
den Mitkaiser von seinen Freunden in der Hauptstadt ein, der in allen
Einzelheiten berichtete, wie die Gesandten nach ihrer Ankunft vom älteren
Kaiser nicht einmal einer Frage gewürdigt wurden und was der Patriarch in
seinem Zorn darüber zum Kaiser sagte und welche Antwort er erhielt und
schließlich, wie er und diejenigen, die dem Kaiser gegenüber ein freies Wort
gewagt hatten, unter Arrest gestellt wurden. Der Mitkaiser ließ dem Absen-
der des Briefes durch den Überbringer vielmals danken für sein Wohlwollen
und befahl sodann seinen Leuten, die Rüstung anzulegen, da er der Mei-
nung war, daß es nicht dem Gebot der Sicherheit und der militärischen
Erfahrung entspreche, beim Marsch durch feindliches Land ungeschützt zu
marschieren. Sie wappneten sich also, wie ihnen befohlen worden war. Als
sie sich aber den Mauern von Konstantinopel näherten, ließ der Mitkaiser
das Heer in einiger Entfernung haltmachen; er selbst aber ging mit dem
Großdomestikos und dem Protostrator und noch dreißig Soldaten bei dem
sogenannten Gyrolimne-Tor an die Mauer heran. Auf der Mauer befanden

174
255/257 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 51

sich viele Bewaffnete, unter ihnen auch ihr Anführer, der Domestikos der
kaiserlichen Tafel Phokas Marules 349 , den der Mitkaiser von sich aus be-
grüßte. Dieser antwortete nichts, sondern erwies schweigend seine Reve-
renz. Denn er fürchtete sich nicht wenig, ihn als seinen Kaiser und Herrn zu
begrüßen, da er vermutete, daß der ältere Kaiser / ihn dafür bestrafen
werde; doch ihn als Privatmann zu behandeln, schien ihm nicht n,ur als
große Frechheit, sondern auch seiner selbst unwürdig, da er in solchen
Dingen hinreichend gebildet war. Der Mitkaiser befahl ihm nun, zu dem
Kaiser, seinem Großvater, zu gehen und ihm folgende Botschaft zu über-
bringen: «Der Mitkaiser, dein Enkel, bittet dich, entweder ihn zu dir kom-
men zu lassen oder aber, wenn dies auf Schwierigkeiten stoßen sollte, ihm
als besondere Wohltat die Gunst zu erweisen, auf diesem Turm ein kurzes
Gespräch mit dir führen zu dürfen. Sollte aber auch dies nicht möglich sein,
so erbitte er als dritte Alternative, daß sein Onkel, der Landgraf, der kürz-
lich aus der Lombardei gekommen sei, zu ihm gesandt werde, da er nach
dessen langer Abwesenheit das Verlangen habe, ihn zu treffen und da jener
zugleich die Rolle eines Mittelsmannes übernehmen könne.»
Marules erklärte, daß er den Auftrag ausführen werde, und entfernte
sich. Nun war der Markgraf Theodoros 35o ein Sohn des älteren Kaisers und
der Kaiserin Eirene, der Tochter des Markgrafen von Montferrat, welcher
über einen Teil der Lombardei geherrscht hatte. Der Markgraf [TheodorosJ
aber war in die Lombardei gegangen und übte dort die Herrschaft aus, die
ihm als Erbe von seiner Mutter zugefallen war. Damals aber war er gerade
nach Konstantinopel gekommen, teils um seine Verwandten wiederzuse-
hen, teils um sich der Wohltaten des Kaisers, seines Vaters, zu erfreuen.
Dies pflegte er regelmäßig alle paar Jahre zu tun.
Nach kurzer Zeit nun kam Marules vom Kaiser zurück und meldete dem
jungen Kaiser, / daß der Kaiser, sein Großvater, ihm ausrichten lasse, er
solle das Gebiet verlassen und nicht seinen Aufenthalt am Ort dazu benut-
zen, seine [des älteren Kaisers] Stadt für sich zu gewinnen, indem er jeden,
dem er begegne, zu hintergehen und umzustimmen versuche. Denn weder
könne er selbst auf die Mauer kommen noch ihm den Zutritt gewähren und
schließlich werde er auch nicht den Landgrafen, seinen Onkel, zu ihm
schicken. Neben Marules aber stand ein gewisser Markos, mit Beinamen
Kaballarios, der Sohn des Bardas Kaballarios 351 , ein Diener des älteren
Kaisers. Dieser sagte auf linkische und unhöfliche Weise zu dem jungen
Kaiser, er solle hier verschwinden, ehe er «sein eigenes Haupt verschlungen

175
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 51 257/258

habe»352. Der Mitkaiser lachte herzlich über dieses Wort und sagte: «Mein
lieber Markos, das dürfte wohl unmöglich sein. Denn lebend kann ich
meinen eigenen Kopf nicht verzehren, und wenn ich gestorben bin, dürfte
es mir noch weniger möglich sein, das zu tun; du hast dich also in beiderlei
Hinsicht getäuscht.» So sprach der Mitkaiser im Scherz zu Markos, dem
Marules aber trug er folgende Botschaft an den Kaiser auf: « Gott selbst
dürfte wissen, wie auch ich es weiß und wie die Tatsachen es mitbezeugen,
daß ich es nicht an Bereitschaft und Eifer fehlen ließ, zu tun, was du
befahlst und was dir gefiel; hatte ich doch damit gerechnet, daß du besser
als die anderen darüber Bescheid weißt. Denn so müßte es sein. Aber ein
neidischer Dämon hat die Lage so eingerichtet und du hast den ergebenen
Gehorsam, den ich dir bei jeder Gelegenheit durch die Tat bewies, verges-
sen, und hast verleumderischen und korrupten Menschen dich anvertraut
und aufs neue Krieg gegen mich entfesselt, nachdem du schon vorher vieles
wider mich geplant und angezettelt hattest, wie / aus den Briefen deutlich
wurde, die ich abgefangen und dir durch die Erzpriester, die bei mir waren,
zugeschickt habe. Und obwohl ich dich immer wieder darum gebeten habe,
hast du den Frieden nicht akzeptiert und jetzt, da ich hierhergekommen
bin, um deine Knie zu umfassen, und alles tue, nur damit Frieden wird, hast
du gleichwohl nicht von deinem Zorn abgelassen, sondern hast mich unver-
richteter Dinge weggeschickt, wie man unbrauchbares Gerät wegwirft. Dei-
ne Hoffnung hast du auf jenen gefesselten Panther gesetzt, den du auf mich
losgelassen hast. Doch siehe, den Frieden und die um seinetwillen geschwo-
renen Eide vertraue ich Gott an, der meine Eidestreue kennt. Und da ich
alle meine Angelegenheiten ihm anheimgestellt habe, der alles gerecht rich-
tet, schreite ich nunmehr notgedrungen zum Kriege. Doch ich bin über-
zeugt, daß binnen kurzem du selbst deine jetzige Torheit einsehen wirst und
daß du aus den Tatsachen selbst deutlich erfahren wirst, daß du eben das
gewählt hast, was du hättest meiden sollen, und daß du besser mit aller
Kraft das festgehalten hättest, was du beschlossen hast aufzugeben.»
So sprach der junge Kaiser, stieg vom Pferde und erwies seinem Großva-
ter, dem Kaiser, auch in Abwesenheit seine Reverenz. Auch Marules erwies,
ebenso wie zuvor, von der Mauer herab dem jüngeren Kaiser schweigend
seine Reverenz. Dann grüßte der Mitkaiser auch die übrigen Männer auf
der Mauer, entfernte sich und zog nach Selymbria 353 . Nachdem er dort alles
so, wie es ihm am besten schien, geordnet und den Selymbrianern einen
Statthalter gegeben hatte, begab er sich nach Didymoteichon. Den Para-

176
258/260 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,51-52

koimomenos Apokaukos ließ er in Selymbria zurück, mit dem Auftrag,


wenn die Sicherheit / der Stadt es erfordere, Maßnahmen zu ergreifen und
so dann zu ihm zu kommen. Dies tat er denn auch innerhalb weniger Tage.
Der Mitkaiser aber befahl, daß das Heer sich in Didymoteichon sammeln
solle. Wenige Tage darauf kamen alle in Thrakien befindlichen Truppen
zusammen außer den Kumanen 354 • Diese, an Zahl knapp zweitausend
Mann - es waren eben jene Leute, die sich von Dalmatien aus dem Kaiser
Michael 11. [IX.] angeschlossen hatten -, waren auf Befehl des älteren
Kaisers von Andronikos Tornikes 355 und Manuel Laskaris 356 aus Thrakien
weggeführt und auf den Inseln Lemnos, Thasos und Lesbos angesiedelt
worden. Ein Grund für diese Maßnahme war nicht zu erkennen, angeblich
hatte jedoch der ältere Kaiser erfahren, daß sie heimlich mit den Satrapen
der Skythen [Tataren] verabredet hatten, daß diese ein Heer schicken soll-
ten, um zusammen mit der Kriegsbeute auch sie selbst als Bundesgenossen
ins Skythenland mitzunehmen, mitsamt ihren Frauen und Kindern. Bewei-
sen ließ sich dieser Vorwurf indessen nicht. Daher war denn auch der junge
Kaiser nicht wenig ungehalten über ihre Umsiedlung, duldete sie jedoch
schweigend, um nicht den Eindruck zu erwecken, als seien seine Absichten
denen des Kaisers entgegengesetzt.
52. Als das Heer sich versammelt hatte, machte der Mitkaiser den Pro-
tostrator zum Befehlshaber über ganz Thrakien und überließ ihm einen Teil
des Heeres, damit er den Truppen aus Konstantinopel standhalten könne.
Er selbst nahm den Rest des Heeres und zog mit dem Großdomestikos nach
Makedonien, um dort gegen die Feldherren zu kämpfen, die der ältere
Kaiser im Westen stationiert hatte. Er hatte nämlich erfahren, daß diese in
den westlichen Städten / ein beträchtliches Heer zusammengezogen hätten
und gemeinsam mit einem nicht geringen Kontingent verbündeter Triballer
[Serben] gegen ihn vorrückten. Die Kaiserin, seine Frau, ließ er mit seiner
Tante Theodora Kantakuzene, der Mutter des Großdomestikos, in Didy-
moteichon zurück. Als er aber nach Gratianupolis 357 an der Grenze von
Thrakien kam, traf er dort seine Mutter, die Kaiserin Xene, an, die dort
seine Rückkehr aus Konstantinopel erwartete. Diese hatte nämlich, als
noch Frieden herrschte zwischen den Kaisern, ihren Schwiegervater, den
Kaiser, gebeten, nach Thessalonike in jenes Kloster zurückkehren zu dür-
fen, in welchem sie das Nonnengewand angelegt hatte, und es wurde ihr
gestattet. Als aber während ihrer Reise der Krieg zwischen den Kaisern
ausbrach, blieb sie in Gratianupolis, da sie sich vor der Zügellosigkeit derer

177
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,52 260/262

aus dem Westen fürchtete. Als nämlich dort gemeldet worden war, daß der
Vertragszustand nicht mehr bestehe, sperrten sie alle Anhänger des jungen
Kaisers ein und hielten sie in Gewahrsam. Der jüngere Kaiser also hielt sich
dort einige Tage bei seiner Mutter auf, doch als ihm gemeldet wurde, daß
das, Heer aus dem Westen bei den makedonischen Städten Drama und
Philippoi 358 lagere, betete er zu Gott und seiner allerheiligsten Mutter und
brachte ihnen Lobpreis dar 359 ; sodann befahl er, die Eide, die der ältere
Kaiser bei Abschluß des Vertrages geschworen hatte und die er selbst gehal-
ten zu haben glaubte, auf die Fahne zu schreiben und geradenwegs gegen
den Feind zu marschieren. Die Anführer des feindlichen Heeres aber waren
der Neffe des älteren Kaisers, Michael Asanes und der Präfekt Monoma-
chos 360 , ferner der Protovestiarios / Andronikos Palaiologos sowie der De-
spotes Demetrios 361 , der Sohn des älteren Kaisers. Anführer des verbünde-
ten Heeres der Triballer [Serben] aber, welches aus zwölf Zügen bestand,
war Chreles 362 , welcher bei den Triballern in dem Rufe stand, von allen
Adligen derjenige mit der größten Tapferkeit und Erfahrung in der Heer-
führung zu sein. Als der Mitkaiser den Weg zu ihnen einschlug, schickte er
ein Schreiben [Prostagma]363 folgenden Inhalts voraus:
«Onkel Despotes und ihr, meine Onkel und ihr übrigen Anführer des
Heeres! Mit wieviel Ergebenheit, Respekt und Liebe ich meinem Großvater
und Kaiser in der Vergang~nheit stets begegnet bin und daß ich ihm keinen
Grund zum Krieg geliefert, sondern vielmehr mit Rat und Tat alles unter-
nommen habe, diesen Krieg von Anfang an zu vermeiden, das wissen Gott,
der Allwissende, und ich selbst. Gleichwohl ist es mir durch noch so viel
Bitten nicht gelungen, den Kaiser zur Einhaltung des Vertrages zu bewegen,
da er der Hetze, die ihr gegen mich entfachtet, Vertrauen schenkte. Da ich
aber erfahre, daß ihr, nachdem ihr im Westen alles zu eurem Besten geregelt
habt, jetzt bis nach Drama und Philippoi gekommen seid, nehme ich an,
wie es ja auch den Tatsachen entspricht, daß ihr, um mich zu verfolgen, bis
hierher vorgerückt seid. Da ich aber der Meinung bin, daß es mir als dem
Jüngeren nicht ansteht, euch durch mein Verbleiben in Thrakien zusätzli-
che Mühe zu bereiten, habe ich die Eide, die der Kaiser bei Abschluß des
Vertrages geschworen hat, auf meine Fahnen geschrieben und den Weg zu
euch eingeschlagen, um mit euch zu kämpfen, wo immer ich euch treffe.
Weil auch ihr dies nunmehr wißt, rüstet euch zum Kampf.»
So lautete der Brief. Da aber jene / merkten, daß sie zu schwach waren,
um sich ihm zur Schlacht zu stellen, und erfuhren, daß der Mitkaiser bereits

178
262/263 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 52

bis Xantheia 364 vorgedrungen war, hielten sie es nicht für vorteilhaft, im
gleichen Lager zu bleiben, sondern brachen auf und zogen nach Pherai 365 ,
einerseits weil diese Stadt durch ihre überaus starken Mauern ihnen Schutz
bot und zudem imstande war, ein so großes Heer reichlich mit Lebensmit-
teln zu versorgen, andererseits weil sie hofften, daß der Mitkaiser, wenn er
erführe, daß sie sich in Pherai eingenistet hätten und mit Lebensmitteln
reichlich versorgt seien, fürchten werde, sie könnten von ihrem befestigten
Lager aus einen Angriff unternehmen, und deshalb in der Nähe von Chri-
stupolis bleiben werde. Als der Mitkaiser nach Christupolis kam und er-
fuhr, daß sie in Pherai angelangt waren, zog er ihnen nach und schlug in
einem Städtchen namens Zichna 366 , nahe bei Pherai, sein Lager auf. Die
Einwohner von Zichna aber hatten bereits früher beschlossen, zum jungen
Kaiser überzugehen, und zwar auf Betreiben des Großpapias Alexios
Tzamplakon 367 , der von Christupolis aus insgeheim mit ihm verhandelte,
und jetzt, da sie sahen, daß die Unterstützung für sie nicht eine vage Hoff-
nung, sondern ihnen sicher war, fielen sie offen vom älteren Kaiser
ab, schlossen sich dem jungen an und übergaben ihm die Stadt. Der Mitkai-
ser lagerte nun zwei Tage lang in Zichna, damit das Heer sich von den
Strapazen des Marsches, vom Regen und den Unwettern erholen könne. Es
war nämlich Januar, die Zeit des Winters. Am dritten / Tage aber ließ er bei
Morgengrauen mit der Trompete dem Heer das Zeichen geben, sich zu
rüsten. Als sie die Waffen angelegt und sich in Schlachtordnung formiert
hatten, rückten sie wohlgeordnet und leise vor. Sie marschierten bis vor
Pherai, überquerten einen Wasserlauf namens Libobiston 368 und stellten
sich in Schlachtreihe auf, um mit dem Gegner zu kämpfen. Nachdem sie
aber den ganzen Tag so verbracht hatten und niemand ihnen entgegenge-
rückt war, schlugen sie an Ort und Stelle ihr Nachtlager auf. Die Anführer
der Truppen aus dem Westen indessen versammelten sich in eben jener
Nacht, zusammen mit Chreles, dem Anführer der mit ihnen verbündeten
Triballer [Serben], und berieten, ob sie dem Mitkaiser eine Schlacht liefern
sollten. Und sie kamen zu dem Schluß, daß eine solche Schlacht weder für
die Rhomäer noch für ihre Verbündeten von Nutzen sei; hatte doch das
Heer des Mitkaisers mit seiner Disziplin, seiner Lautlosigkeit und seiner
Ausdauer ihnen eine nicht geringe Furcht eingejagt, denn niemals hätten sie
einen so unwiderstehlichen Drang gespürt, mit einem überlegenen Gegner,
vor dessen Stadt sie lagerten, zu kämpfen, wenn sie sich nicht vorher darauf
eingeschworen hätten, zu siegen oder im Kampf zu fallen. Es schien ihnen

179
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 52 263/265

jedoch vorteilhaft, das Heer innerhalb der Mauern zu lassen, die Stadt zu
schützen und die Belagerung auszuhalten, da sie überzeugt waren, daß der
Mitkaiser nicht am Ort ausharren, sondern in Bälde wieder umkehren
werde.
Am Morgen des folgenden Tages ließ der Mitkaiser wiederum das Heer
gewappnet in Schlachtordnung antreten und bis Mittag vor den Mauern
ausharren, da er hoffte, die Truppen in der Stadt zur Schlacht herauslocken
zu können. Da ihnen aber niemand entgegenrückte, schickte der Mitkaiser
Georgios Lukas 369 zu ihnen, einen seiner Gefolgsleute, der verständig war
und in Gesandtschaften erfahren. Als dieser an / den Toren anlangte, waren
die einen dafür, ihm Einlaß in die Stadt zu gewähren, die anderen waren
dagegen. Da aber auch Chreles, der Anführer der Triballer, forderte, den
Abgesandten des Mitkaisers zu empfangen, ließen sie ihn herein, um nicht
den Anschein zu erwecken, als wollten sie ihren Bundesgenossen absicht-
lich kränken. Als Lukas nun bei ihnen war, grüßte er sie alle im Namen des
Mitkaisers und sprach folgendermaßen zu ihnen:
«Der Mitkaiser, meIn Herr, verurteilt eure Mitleidlosigkeit, daß ihr euch
nicht im geringsten um ihn kümmert, obwohl er in der winterlichen Jahres-
zeit schon zwei Tage vor den Toren steht und, wie es in dieser Jahreszeit
nicht anders zu erwarten ist, unter der Kälte viel zu leiden hat. Daher hat er
mich zu euch geschickt, eure Engherzigkeit zu tadeln und zugleich euch
aufzufordern, entweder den Mitkaiser, meinen Herrn, aus Freundlichkeit
in die Stadt hereinzubitten oder aber selbst aus dem gleichen Grunde zu
ihm herauszukommen. Doch das habe ich eher im Scherz gesagt, um euch
versöhnlicher zu stimmen. Der Mitkaiser indessen läßt euch folgendes mit-
teilen: ' ... Mein Großvater, der Kaiser, hat sich von jenen, die bei ihm
gegen mich intrigieren, hinreißen lassen, den Vertrag zu brechen, den wir
um des Friedens willen miteinander geschlossen haben, und er hat diesen
Krieg gegen mich entfesselt, obwohl ich weder ein Unrecht begangen noch
den Vertrag gebrochen habe. Und obwohl ich ihn immer wieder gebeten
und alle Hebel in Bewegung gesetzt habe 370 , den Frieden zu erhalten, war er
dazu nicht bereit, wie mir scheint, da er euch im Auge hatte und zuversicht-
lich war, daß ihr mich im Kriegsfalle leicht besiegen würdet. Da aber die
Ereignisse, wie ihr seht, nicht den Verlauf genommen haben, den er erwar-
tete, und da die Hoffnungen, die er auf euch setzte, bereits gründlich zer-
stört sind, bitte ich euch, mit dem Gemeinwesen / der Rhomäer Mitleid zu
haben, da es durch unseren gegenseitigen Krieg derart schrecklich in Mitlei-

180
265/266 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 52

denschaft gezogen wird, und zu dem Kaiser einen Boten zu schicken, der
ihm die Wahrheit über die hiesige Lage berichtet. Denn ich glaube, wenn er
erfährt, wie sich hier die Dinge entwickelt haben, wird er eher von seinem
Zorn ablassen und bereit sein, den Krieg zu beenden, da seine vormaligen
Hoffnungen auf einen Erfolg im Kampf schwinden. Ich aber werde zu-
nächst hier stillsitzen und während einer zu vereinbarenden Zeitspanne
nichts unternehmen, bis der an den Kaiser abgesandte Bote zurückkehrt.
Und wenn der Kaiser abermals den Frieden nicht akzeptiert, werde ich den
Krieg vorantreiben. Wenn er aber mit Gottes Beistand sich entschließt, den·
Krieg zu beenden, werde ich mich zu eidlichen Zusicherungen verpflichten,
niemandem etwas nachzutragen, auch wenn er noch so große Schuld trägt
an diesem Krieg, sondern werde allen mein Wohlwollen entgegenbringen,
Sicherheit sowie Amnestie für alle Vergehen gewähren.'»
So sprach Lukas zu ihnen im Auftrag des jungen Kaisers. Sie aber hießen
ihn sich vorübergehend entfernen, damit sie sich unter sich beraten könn-
ten; dann ließen sie ihn wieder kommen und erklärten, daß sie nichts von
alle dem tun könnten, wozu sie der Mitkaiser auffordere. Denn ihn in die
Stadt hereinzulassen, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig unange-
bracht. Auch würden sie selbst nicht aus der Stadt herauskommen, um ihm
eine entscheidende Schlacht zu liefern. Denn wenn das ihre Absicht wäre,
dann hätte am Vortage bei seiner Ankunft die Schlacht stattgefunden.
Wenn aber jemand sie angreife, dann müßten sie sich notgedrungen von der
Mauer aus zur Wehr setzen. Und gar einen Boten nach Konstantinopel zu
schicken, um dem Kaiser über / die Lage am Ort zu berichten, das sei nicht
ihre Sache. Da sie Untertanen des Kaisers seien, würden sie gegenwärtig
ausführen, was ihnen befohlen worden sei, und in Zukunft tun, was die
jeweilige Lage erfordere. Ihm aber stehe frei zu tun, was er wolle und was
ihm nützlich erscheine. So antworteten die Feldherren des älteren Kaisers.
Als aber Lukas dem jungen Kaiser die Botschaft ausgerichtet hatte, berief
dieser alle Würdenträger zur Versammlung ein und beriet mit ihnen, was zu
tun sei. Der Großdomestikos empfahl, abzuziehen und keine unüberlegten
und nutzlosen Strapazen auf sich zu nehmen, während derer die notwendi-
gen Maßnahmen unerledigt blieben. Denn durch eine Belagerung könnten
sie Pherai nicht einnehmen, und daß das in der Stadt befindliche Heer nicht
wagen werde, sich in offener Schlacht mit ihnen zu messen, hätten diese
selbst nicht bestritten. Gleichwohl könnte man einwenden, daß man den
Worten des Gegners nicht trauen dürfe, da er stets das Gegenteil von dem

181
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,52-53 266/268

sage, was er zu tun beabsichtige. «Doch ich entnehme den Tatsachen und
nicht ihren Reden, daß sie eine Belagerung der offenen Feldschlacht gegen
uns vorziehen. Da wir sie aber in ihrer Verschanzung nicht überwältigen
und sie auch nicht durch List und Strategie aus den Mauern herauslocken
und .so zur Schlacht zwingen können, ist es unnötig, hier, statt die erforder-
lichen Maßnahmen zu ergreifen, die Zeit zu vergeuden und das Heer un-
nützen Strapazen auszusetzen. Vielmehr müssen wir die Truppen von hier
wegführen zu einem Lagerplatz, an dem die Versorgung mit Lebensmitteln
keine Schwierigkeiten bereitet. Danach können wir der Reihe nach tun, was
uns aufgrund der Lage nützlich erscheint.» Dies waren die Ratschläge des
Großdomestikos, und der Mitkaiser / billigte sie, und alle Würdenträger
stimmten ebenso zu. Also kehrten sie um und schlugen abermals in Zichna
für zwei Tage ihr Lager auf.
53. So standen die Dinge, als aus Thessalonike als Abgesandter der dorti-
gen Anhänger des jungen Kaisers Philommates 371 kam, der Gutes über die
Lage zu berichten wußte und insbesondere, daß die Situation für ihn sehr
günstig sei, um, falls er komme, die Stadt ohne Mühe einzunehmen. Als der
Mitkaiser dies erfuhr, sonderte er die Lasttiere und das Gepäck sowie von
den Soldaten alle diejenigen aus, die keine kräftigen und kriegstüchtigen
Pferde hatten; diese ließ er mit dem Großpapias Tzamplakon und einigen
anderen in Zichna zurück, während er selbst mit dem Großdomestikos und
den übrigen Anführern und der ausgewählten Truppe aufbrach, vorgeblich
in Richtung Drama, um dieses zu belagern. Als es aber Nacht wurde,
änderte er seine Marschroute und wandte sich über den Strymon gegen
Thessalonike. Nachdem er den Fluß überschritten hatte, ließ er bei einem
Ort namens Marmarion 372 seine Soldaten absitzen und sich ein wenig aus-
ruhen. Nach dieser Ruhepause setzten sie den eingeschlagenen Weg fort,
zogen den darauffolgenden Tag und die folgende Nacht hindurch weiter
und kamen bei Anbruch des dritten Tages in Chorta'itu373 an. Bereits am
vorausgehenden Tage hatte sich in Thessalonike ein Gerücht verbreitet,
daß der Mitkaiser Zichna ohne Gewalt eingenommen habe, nach Pherai
gezogen sei und das Heer aus dem Westen mitsamt den verbündeten /
Triballern in den Stadtmauern eingeschlossen habe und daß man ihm nicht
einmal ins Angesicht zu blicken wagte. Bei der Rückkehr nach Zichna habe
er den Parakoimomenos Apokaukos und Alexios Palaiologos 374 herge-
schickt, angeblich mit einer Botschaft an den Statthalter von Thessalonike,
den Großstratopedarchen Chumnos 375 , sowie an den Metropoliten; in

182
268/269 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 53

Wahrheit aber sollten sie mit den Anhängern ihrer Partei Kontakt aufneh-
men und erforschen, ob es möglich sein werde, Thessalonike auf ihre Seite
zu bringen.
So ging das Gerucht. Chumnos stellte viele Nachforschungen an, um den
Urheber dieser Nachrichten ausfindig zu machen, doch es gelang ihm nicht.
Gleichwohl erschien es ihm und dem Metropoliten 376 nützlich, daß letzterer
sich am folgenden Tage nach Chorta'itu begebe, um, falls das Gerücht sich
als wahr herausstelle, dem Alexios Palaiologos sowie dem Parakoimome-
nos Apokaukos zu befehlen, zum Mitkaiser zuruckzukehren, da ihnen der
Zutritt nach Thessalonike nicht gestattet werde. Falls diese dem Befehl
nicht Folge leisteten und den Zutritt zu erzwingen versuchten, sollten sie
ihnen verkünden, daß sie als heimliche Unruhestifter und Leute, die ver-
suchten, Thessalonike vom Kaiser abtrunnig zu machen, ins Gefängnis
geworfen wurden. Diese Maßnahmen also beschlossen sie aufgrund der
vernommenen Gerüchte.
Bei Anbruch des folgenden Tages' nun begab sich der Metropolit, wie
verabredet, nach Chortaltu. Chumnos aber durchschritt mit seinem Gefol-
ge das Tor, welches Asomaton 377 genannt wird, und wartete vor der Stadt
ab, welchen Ausgang die Sache nehmen werde, und die ganze Stadt war in
Hinblick auf das Gerucht voller Erwartungen. Indessen war jenen, die für
Anhänger des jungen Kaisers galten, / befohlen worden, sich weder in Waf-
fen noch zu Pferde zu zeigen, sondern entweder zu Hause zu bleiben oder
zu Fuß und unbewaffnet auszugehen. Daraufhin bestiegen diese, da von
allen Seiten Gerüchte über den Mitkaiser einliefen, bei demselben Tor die
Stadtmauer und warteten unbewaffnet den Ausgang der Ereignisse ab.
Als nun der Metropolit sich Chortaltu näherte, stieß er nichts ahnend auf
den jungen Kaiser, erschrak uber dessen Ankunft und beklagte sich über die
Ungunst der Stunde. Als der Mitkaiser ihn begrußte, erwiderte er, verwirrt
durch die plötzliche Gefahr, seinen Gruß nicht, sondern eilte, so schnell er
konnte, zur Stadt, um die Ankunft des Mitkaisers zu melden. Der Mitkaiser
aber folgte ihm beschleunigteren Schrittes. Als nun seine Anhänger, die auf
den Mauern standen, an den Fahnen merkten, daß der Mitkaiser heran-
ruckte, faßten sie Mut und griffen die Leute außerhalb des Tores an, indem
sie sie von der Mauer herab mit Steinen bewarfen. Diese aber wußten nicht
mehr, was sie tun sollten, da von außen die Feinde anrückten und die Leute
drinnen zum offenen Krieg ubergegangen waren; daher begaben sie sich
hinter die Mauern und schlossen das Tor. Doch da sie jenen, die sie von der

183
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,53 269/271

Mauer herab bewarfen, keinen Widerpart leisten konnten, wandten sie sich
zur Flucht und besetzten die Akropolis, um sich dort zu verteidigen. Kom-
mandant der Festung war Georgios Lyzikos 378 aus Berrhoia. Die Leute auf
der Mauer aber stiegen herab, öffneten das Tor und ließen den Mitkaiser
herein. Zugleich schloß sich ihm die ganze Stadt an, und das Volk strömte
in Scharen herbei, ihn zu begrüßen. Da der Mitkaiser indessen fürchtete,
daß von Pherai aus ein Heer zur Akropolis vorstoßen und so deren Erobe-
rung erschweren / könne, wählte er von seinem Heer eine nach seinem
Dafürhalten für das Unternehmen hinreichend starke Truppe aus und be-
fahl ihr, die Akropolis von außen zu bewachen, damit niemand hineinge-
langen könne.
Als die Kunde von dem Marsch des Mitkaisers nach Thessalonike in
Pherai anlangte, fürchteten die Anführer ebendas, was tatsächlich gesche-
hen war, daß nämlich die Stadt sich dem Mitkaiser anschließen könne;
daher schickten sie eine Elitetruppe von dreihundert Mann aus, um die
Akropolis zu besetzen und den Einwohnern der Stadt Mut zu machen zum
Widerstand gegen den Mitkaiser. Als sie nun auf die Wache stießen, die der
Mitkaiser zum Schutze der Akropolis postiert hatte, wurden sie völlig be-
siegt und teils von den Wachen getötet, teils gefangengenommen.
Der Mitkaiser indessen begab sich nach der erfolgreich aufrechterhalte-
nen Blockade der Akropolis zum heiligen Schrein des Märtyrers Demetrios
M yroblytes [des salbenverströmenden Märtyrers] 379, den er von seiner frÜhe-
sten Jugend an schätzte und in den er sein Vertrauen setzte, mehr als in alle
anderen Märtyrer, und den er geradezu glühend verehrte; ihm wollte er
seine Reverenz erweisen und zugleich seinen Dank abstatten für den gegen-
wärtigen Erfolg. Nun war er aber im Kampf gegen die Perser [Türken] am
Fuß verletzt worden, und diese Wunde war trotz intensiver Bemühungen
der Ärzte' selbst in vierzehn Monaten nicht geheilt, sondern immer noch
entzündet und bereitete ihm unerträgliche Schmerzen. Also löste er nach
der Reverenz und der Danksagung seinen Schuh, um den Fuß mit dem
Balsam des Heiligen zu salben 380 , da er glaubte, was Kunst und Eifer der
Menschen nicht zustande bringe, das zu vollbringen habe Gott seinen heili-
gen Märtyrern gewährt. Als er nun den Fuß / entblößt und die Binden, mit
denen er umwickelt war, abgenommen hatte - 0 der reichen Gnade, die
Gott seinen Märtyrern zuteil werden läßt! - da zeigte sich, daß der Ver-
bandsmull abgefallen und der Fuß gesund war, derart, daß nicht ein-
mal die Spur einer Narbe oder Wunde zu erkennen war und niemand

184
271/272 ÜBERSETZUNG: BUCH l, 53

merken konnte, ob er jemals eine Verletzung erlitt. Als der Mitkaiser dies
sah, freute er sich darüber mehr als über die Einnahme von Thessalonike,
und entsprechend waren auch seine Dankgebete inniger und zahlreicher.
Da die Kunde von dem Wunder, das an dem Mitkaiser geschehen war, sich
verbreitete, sang die ganze Stadt Lobeshymnen auf Gott und seinen Diener
Demetrios. Als der Tag sich neigte, verließ der Mitkaiser das Heiligtum und
begab sich zum kaiserlichen Palast 381 , wo er die Nacht verbrachte.
Bei Anbruch des folgenden Tages wappnete er sich und ließ das Heer sich
gleichfalls rüsten, und unter eifriger Beteiligung des Volkes von Thessaloni-
ke zog man zur Akropolis, um sie mit Waffengewalt einzunehmen, falls die
Besatzung sie nicht freiwillig übergebe. Zunächst schickte der Mitkaiser
einen Boten, ließ die Besatzung grüßen und versprach ihr eine Amnestie
und gute Behandlung, falls sie die Akropolis ohne Kampf übergebe. Als sie
davon nichts wissen wollten und hart blieben, bezogen die Soldaten ihre
Posten und begannen den Sturm auf die Mauer. Drei oder vier Stunden lang
hielten die Verteidiger auf den Mauern tapfer stand. Dann aber entzweiten
sich die Bewohner der Akropolis sowie diejenigen Einwohner von Thessa-
lonike, die dem älteren Kaiser weniger fest verbunden waren, mit den
übrigen, forderten / vom Mitkaiser einen Waffenstillstand und begannen,
mit den Kameraden, die mit ihnen belagert wurden, zu verhandeln. Dem
Lyzikos indessen, dem Befehlshaber der Akropolis, gestatteten sie nicht,
über ihre Vaterstadt mitzuberaten, da er Bürger einer anderen Stadt sei
und, wenn Berrhoia sich dem Mitkaiser anschließe, seine eigenen Verwand-
ten seine Auslieferung fordern würden, falls er sich feindselige Handlungen
zuschulden kommen lasse. Für die anderen jedoch, so erklärten sie, sei es,
da die ganze übrige Stadt sich dem Mitkaiser angeschlossen habe, weder
billig noch vorteilhaft, Widerstand zu leisten und den Krieg fortzusetzen.
Denn alleine eingeschlossen, könnten sie weder sich selbst noch die Festung
retten, da die aus Pherai eingetroffenen Verbündeten geschlagen seien und
andere nicht wagen würden zu kommen. «Das Heer des Mitkaisers aber ist
groß und stark, und zudem wird die ganze Stadt bis auf den letzten Mann
uns belagern und erobern. Und wenn wir uns auch für kurze Zeit halten
können, so werden uns zwei gegensätzliche Übel zusetzen: solange wir sieg-
reich sind, töten wir unsere Freunde und engsten Verwandten, und wenn
wir unterliegen, so müssen wir sterben. Dies alles ist nicht zu unserem
Vorteil. Wenn auch ihr dieser Meinung seid, wohlan, wenn nicht, so wollen
wenigstens wir uns und die Akropolis dem Mitkaiser ausliefern!»

185
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,53-54 272/274

So sprachen sie. Lyzikos aber und die übrigen Anhänger des älteren
Kaisers hatten keine andere Wahl und baten mit allen anderen um Straffrei-
heit, falls sie etwas gegen den Mitkaiser verbrochen hätten; und als diese
ihnen gewährt wurde, übergaben sie Qie Akropolis.
54. Der Mitkaiser ging hinein, nahm die dort befindlichen / Anhänger des
älteren Kaisers in seine Reihen auf und entfernte sich sofort wieder. Er
begab sich zum kaiserlichen Palast und beriet sich mit den Würdenträgern,
sowohl jenen, die mit ihm gekommen waren, als auch jenen aus Thessaloni-
ke, wohin man sich nunmehr wenden solle, da die Lage es nicht gestatte zu
rasten. Während nun die anderen alle rieten, nach Berrhoia 382 zu ziehen,
schlug der Großdomestikos vor, Berrhoia zu lassen und lieber nach Edes-
sa 383 zu ziehen und von dort nach Kastoria 384 . Er gab auch die Gründe
dafür an, indem er sprach: «Der Despotes Demetrios und der Präfekt Mo-
nomachos und Isaakios Raul 385 haben ihre Frauen und Kinder in Edessa;
daher werden sie keine Mühe scheuen und jedes Mittel versuchen, um die
Stadt in ihre Hand zu bekommen, teils der Frauen und Kinder wegen, teils
weil die Stadt leicht zu verteidigen ist weg ~n ihres geringen Umfangs und
der Stärke ihrer Mauern und der vorteilhaften Lage. Gelingt es ihnen, uns
zuvorzukommen, so wird zwar die Stadt der Eroberung durch uns nicht
entgehen, aber die Belagerung wird uns viel Ärger und Zeit und Mühe
kosten. Sind wir aber augenblicklich zur Stelle, so werden die dortigen
Machthaber, weil sie die anderen nach Belieben leiten und lenken, nicht die
geringste Mühe haben, uns die Stadt zu übergeben, und meine Anhänger
sind sie schon seit langem. Ja noch vor unserer Ankunft werden sie, wenn
sie schriftliche Befehle des Mitkaisers und meine Briefe erhalten, sich auf
alle Weise bemühen, zu tun, was ihnen befohlen wird. Und wenn von den
soeben genannten Männern einer zu ihnen kommt, werden sie ihn kaum
hereinlassen. Kastoria aber ist gleichfalls ein felsenfester Stützpunkt für
uns, da es von allen / Seiten vom See umspült wird und weil dort Angelos 386 ,
der Schwiegersohn des Protovestiarios, Statthalter ist, ein Mann, der mir
durch verwandtschaftliche Bande engstens verbunden ist und mir großes
Wohlwollen und Gehorsam schuldet, da ich ihn aufgezogen und in die
Kriegskunst eingeführt habe. Und wegen der Freundschaft zu mir dürfte er
ohne weiteres bereit sein, den Protovestiarios, seinen Schwiegervater, fallen
zu lassen und uns die Stadt zu übergeben. Haben wir aber dies erreicht, so
werden sich die Einwohner von Berrhoia von selbst auf unsere Seite
schlagen. Ich glaube sogar, daß sie, noch ehe es so weit kommt, morgen

186
274/275 ÜBERSETZUNG: BUCH T, 54

oder übermorgen kommen werden, um uns die Stadt zu übergeben.»


Als der Großdomestikos dies vorgeschlagen hatte, pflichtete ihm der
Mitkaiser sogleich bei, und auch die übrigen stimmten zu und lobten den
Rat, und so wurde beschlossen, den Weg nach Edessa einzuschlagen. Un-
verzüglich wurden ein Befehp87 des Mitkaisers und ein Brief des Großdo-
mestikos durch berittene Eilboten nach Edessa und Kastoria geschickt. Da
ließ Angelos, der Statthalter von Kastoria, sogleich die Stadt bewachen, um
sie dem jüngeren Kaiser bei seiner Ankunft zu übergeben. Als aber die
Mächtigen von Edessa, die Angeloi mit dem Zunamen Radiporoi, drei
Brüder, sowie [... ] Laskaris 388 die Befehle des Mitkaisers erhielten, ließen
sie unverzüglich, da das Volk von Edessa von ihnen abhängig war, die
Basilissa und Gemahlin 389 des Despotes Demetrios, sowie die Gemahlin des
Präfekten Monomachos und die des Raul unter Hausarrest stellen und
bewachen. Als kurz darauf ihre Ehemänner kamen und sahen, daß Edessa
von ihnen abgefallen war und daß / ihre Frauen gefangen gesetzt waren,
suchten sie bei dem Herrscher der Triballer Zuflucht. Sie hatten nämlich,
als sie noch in Pherai erfuhren, daß der Mitkaiser den Weg nach Thessalo-
nike eingeschlagen hatte, nicht im geringsten erwartet, daß die Stadt sich
ihm anschließen werde, jedoch der Sicherheit halber die dreihundert
Mann 390 ausgeschickt, um die Akropolis zu besetzen. Als sie jedoch erfuh-
ren, daß Thessalonike sich dem Mitkaiser angeschlossen hatte und die
dreihundert teils gefallen, teils von den Truppen des Mitkaisers gefangenge-
nommen worden waren, da waren sie bereits aller Hoffnungen auf Rettung
beraubt und brachen, noch ehe die Ereignisse allgemein bekannt wurden,
mit ihrem gesamten Heer auf. Um nicht den Anschein zu erwecken, als
würden sie aus Pherai und den übrigen makedonischen Städten fliehen,
gaben sie vor, nach Thessalonike zu ziehen, um die Stadt vor der Eroberung
zu bewahren. In Wahrheit aber wollte sich ein jeder dorthin begeben, wo er
Frau und Kinder hatte. Doch als sie Pherai hinter sich gelassen hatten und
unterwegs waren und die Soldaten aus Thessalonike erfuhren, daß die Stadt
eingenommen worden war, da fielen sie von ihnen ab und schlugen sich auf
die Seite des Mitkaisers. Dasselbe taten auch die Soldaten aus Berrhoia, als
sie erfuhren, was in Vodena 391 [Edessa] geschehen war. Die bei ihnen be-
findlichen mysischen [bulgarischen] Truppen aber, die in rhomäischen
Diensten standen, gingen gar zur offenen Meuterei über. Als sie nämlich
auf große Herden des Protovestiarios stießen, raubten sie sie und eigneten
sie sich vor seinen Augen an. Und als er versuchte, das Geraubte zurückzu-

187
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 54 275/277

gewinnen, / da versagten sie ihm nicht nur den Gehorsam, sondern nahmen
auch einem seiner Troßknechte das Pferd weg und machten so durch die
Tat deutlich, daß sie sich auch gegen ihn selbst wenden würden, wenn er
sich nicht damit abfinde. Das gesamte übrige Heer und die führenden
Minner aus den westlichen Städten, die anwesend waren, ließen, als deut-
lich wurde, wie die Sache des Mitkaisers stand, die Feldherren im Stich und
schlugen sich geschlossen auf seine Seite. Der Provestiarios aber, der sich
gefürchtet hatte, nach Achrida zu ziehen, wo er seine Frau und seine Kinder
gelassen hatte, als er noch mit einem Heer gegen den Mitkaiser marschierte,
begab sich nunmehr mit dem Despotes und den übrigen, zusammen etwa
hundertfünfzig Mann, zum Kral, dem Herrscher der Triballer [Serben].
In Pherai indessen waren die aus Konstantinopel stammenden Gefolgs-
leute des Despotes und der übrigen Feldherren bei deren Abzug zurückge-
blieben; ihrer aller bemächtigten sich die Einwohner der Stadt, plünderten
ihre Habe und führten sie selbst in Fesseln zum Mitkaiser. Der Mitkaiser
selbst aber verließ, nachdem man beschlossen hatte, nach Edessa zu ziehen,
Thessalonike und traf am zweiten Tage dort ein. Die Bewohner von Edessa
zogen ihm in Scharen entgegen, erwiesen ihm ihre Reverenz als Kaiser und
übergaben ihm die Stadt. In allen übrigen Fragen verfuhr der Mitkaiser, wie
es ihm richtig erschien; was aber das Vermögen anlangte, das, dem Despo-
tes und den übrigen Feldherren gehörig, am Ort zurückgeblieben war, so
befahl er, daß die Frauen, was ihnen gehörte, behalten sollten und daß
niemand sich daran vergreifen solle; was aber den Ehemännern gehörte,
solle ihm angezeigt werden, damit er selbst darüber befinde. Da zeigten die
übrigen Frauen ihren eigenen Besitz und den ihrer Männer an, die Basilis-
sa 391a aber, die Gattin des Despotes, fürchtete, daß ihr das Geld weggenom-
men werde, und zeigte daher von dem Vorhandenen nur weniges an, das /
meiste aber übergab sie einem Mönch zur Aufbewahrung. Dort blieb es bis
zu einem bestimmten Zeitpunkt verborgen. Als aber nach einiger Zeit der
Mönch von den Herrschenden jener Gegend entdeckt wurde, da wurde das
Geld geplündert und in alle Winde zerstreut. Als aber dem Mitkaiser über
die Vermögenswerte Bericht erstattet wurde, da befahl er, daß die Frauen
ihr eigenes Geld und das ihrer Männer behalten sollten, damit sie ihre
Männer, die sich im fremden Land aufhielten, versorgen könnten. Sie selbst
[die Frauen] aber ließ er von Vodena [Edessa] nach Thessalonike bringen
und von dort nach Didymoteichon, damit sie zusammen mit der Kaiserin
dort ihren Aufenthalt nähmen 393 • Und so wurden seine Befehle ausgeführt.

188
277/278 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,55

55. Am folgenden Tage brach er von Edessa auf und begab sich nach
Kastoria, wo ihn der Befehlshaber des Ortes, Angelos, mit Freuden empfing
und ihm die Stadt übergab. Er hatte nämlich schon vorher seine Ankunft
erwartet und seinetwegen, seit er Befehle von ihm und Briefe vom Groß-
domestikos erhalten hatte, die Stadt unter Bewachung gestellt. Der Mitkai-
ser aber hatte noch während des Marsches nach Kastoria Vojslav, den
Despotes der Myser [Bulgaren] und den Großdrungarios Bryennios 394 so-
wie den Großhetaireiarchen Exotrochos 395 mit zweitausend Mann beritte-
ner Stratioten auf den Weg nach Achrida in Marsch gesetzt; sie sollten
versuchen, wenn möglich noch vor dem Protovestiarios in die Stadt einzu-
dringen. Also legten sie in Eilmärschen ihren Weg zurück, und da sie einen
Tag früher ankamen, öffneten die Bewohner von Achrida die Tore und
ließen sie ein; längst war nämlich alles zum jüngeren Kaiser übergegangen,
ohne daß irgend ein Zwang ausgeübt wurde. Als der Protovestiarios ankam
und erfuhr, daß Achrida eingenommen worden war, / gab er alle Hoffnun-
gen, an die er sich geklammert hatte, auf und trat mit den anderen über
zum SerbenkraI396 • Sie versuchten, ihn zu einem Krieg gegen den Mitkaiser
zu bewegen, um mit seiner Hilfe womöglich ihre Niederlage wettzuma-
chen. Er ließ sich überreden und zog mit einem starken Heer in das Grenz-
gebiet zwischen seinem Land und dem der Rhomäer.
Der Mitkaiser indessen rastete einen Tag in Kastoria und brach dann auf
nach Achrida. Dort befahl er, daß die Gemahlin des Protovestiarios sich
mit ihrer gesamten Habe nach Thessalonike begeben solle und von dort
zusammen mit den übrigen Frauen nach Didymoteichon. Sie aber hatte den
Verdacht, daß man sie hinters Licht führe, und fürchtete um ihr Vermögen,
gab es Freunden zur Aufbewahrung und erklärte, sie hätte nichts. Darauf-
hin wurde sie so, wie sie war, zusammen mit den übrigen Frauen nach
Thessalonike gebracht. Kurze Zeit später aber wurde bei irgendjemandem
entdeckt, was sie versteckt hatte, Schmuck und vieles andere im Wert von
zwanzigtausend Goldstücken. Einige Tage darauf aber kam ein Mann zum
Großdomestikos, erinnerte ihn an eine Wohltat, die dieser ihm einst erwie-
sen hatte, und erklärte, es sei billig, wenn er sich nunmehr nach Kräften
dafür revanchiere; dann erklärte er, daß er wisse, wo der Protovestiarios
eine große Menge Geld versteckt habe. Der Großdomestikos schickte einen
seiner treuesten Diener mit, und unter Führung jenes Mannes, der die
Anzeige erstattet hatte, wurde nun das Geld zu ihm gebracht, zwei Kisten,
in denen sich ein kupfernes Gef~iß mit zwölftausend Goldstücken befand,

189
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 55 278/280

ferner Gürtel und Becher aus Gold, / sowie ungemünztes Silber, Frauen-
schmuck und vieles sonst im Werte von insgesamt vierzigtausend Goldstük-
ken.
Der Großdomestikos dankte dem· Mann, der über das Geld Anzeige
erstattet hatte, in Wort und Tat, dann trat er vor den Mitkaiser, zeigte ihm
den Fund des Geldes an und berichtete, wieviel es sei. Der Mitkaiser aber
sagte: «Es ist nur recht und billig, daß du, der du es gefunden hast, es auch
behältst.» Daraufhin erwiderte jener: «Ich habe auch früher, wenn der
Krieg mir eine Gelegenheit dazu bot, niemals irgend jemandem Geld weg-
genommen, weder größere noch kleinere Summen, wie du selbst weißt, und
so will ich auch jetzt der Versuchung nicht erliegen.» «Aber es wäre doch
nichts dabei», erwiderte der Mitkaiser, «wenn du, der du soviel Geld durch
diese Leute verloren hast und insbesondere durch diesen Protovestiarios 397 ,
nun auch aus seinem Besitz einiges wenige erstattet bekommst.» «Aber es
wäre doch gewiß sonderbar», entgegnete jener, «wenn ich, nachdem ich so
großen Schaden durch sie erlitten habe, besonders in diesem zweiten Krieg,
und trotz der günstigen Gelegenheiten niemals mit gleicher Münze heim-
zahlen wollte, jetzt um einer geringen Summe willen meine gewohnte Cha-
rakterfestigkeit verraten und offen der Versuchung unredlicher Bereiche-
rung erliegen sollte. Laß es lieber an die Soldaten und wen immer du willst
verteilen.» Der Mitkaiser folgte seinen Worten und befahl, das gemünzte
Geld samt und sonders an das Heer zu verteilen. Die Gewänder 397a jedoch
und einige Gerätschaften verteilte er an hochgestellte Persönlichkeiten, den
Rest schlug er der kaiserlichen Kasse zu.
Als der Mitkaiser sich so acht Tage in Achrida aufgehalten hatte, kamen
die Albanischen Nomaden, die in der Gegend von Deabolis 398 hausten,
sowie / die aus Koloneia 399 und die aus der näheren Umgebung von Achri-
da, huldigten dem Mitkaiser und boten ihm bereitwillig ihre Dienste an.
Jene aber, die weiter entfernt an den Grenzen des rhomäischen Reiches
wohnten, wurden durch Briefe400 des Mitkaisers nach Thessalonike beor-
dert, damit sie ihm dort ihre Huldigung erwiesen, und sie stellten sich kurz
darauf ein. Der Serbenkral jedoch lagerte indessen mit seinem gesamten
Heer an der Grenze 401 zwischen seinem Reich und dem der Rhomäer.
Täglich baten ihn die rhomäischen Flüchtlinge, gegen den Mitkaiser zu
ziehen und ihm eine Schlacht anzubieten, doch folgte er ihnen keineswegs,
da er fürchtete, das Unternehmen würde ihm nicht nach Wunsch verlaufen.
Er wartete vielmehr auf Chreles, der sich als Bundesgenosse der Rhomäer

190
280/282 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 55

im Kampf gegen den Mitkaiser in Pherai befand und noch nicht zurückge-
kehrt war. Von ihm wollte er Näheres erfahren über den Mitkaiser und sein
Heer, ob man es angreifen könne oder nicht. Als Chreles nun ankam, fragte
ihn der Kral, ob er gegen den Mitkaiser zu Felde ziehen solle. Er aber riet,
lieber den Frieden zu bewahren und nicht sich und seine Untertanen in
einen Krieg zu stürzen. Er habe selbst in Pherai den Mitkaiser an der Spitze
eines Heeres gesehen, das zwar nicht groß gewesen sei, aber derart erfahren
im Kriegshandwerk und mit Pferden und Waffen so glänzend ausgestattet,
daß es durch seinen bloßen Anblick Furcht einflößte. So leise und diszipli-
niert sei es seinen Anführern gefolgt, daß man glauben konnte, es sei nicht
eine Menge, sondern ein einzelner Mann, der hier auf die Kommandos höre
und die Befehle mit Eifer befolge. «Ihre Tapferkeit», sagte er, «und ihr
Wagemut sind so groß, daß sie, obwohl weit geringer an Zahl als ihre
Gegner, ohne Furcht und Murren gegen ein Heer anrückten, das sich in
einer befreundeten Stadt verschanzt hatte. / Und als sie so nahe an Pherai
herangerückt waren, daß der Kampf beginnen konnte, blieben sie erfüllt
von Kampfeseifer stehen und forderten uns den ganzen Tag über zum
Kampf heraus. Da aber niemand ihnen entgegenzog, wichen sie ein wenig
zurück und schlugen ihr Nachtlager auf, wappneten sich jedoch bei An-
bruch des folgenden Tages erneut und stellten sich in Schlachtreihe auf und
schickten einen Herold, der uns zum Kampf herausforderte. Da wir aber
nicht einmal ihnen ins Angesicht zu blicken wagten und offenkundig zu
einer Begegnung nicht bereit waren, kehrten sie um und begaben sich in
vollendeter Disziplin in ihr Lager in Zichna. Mit einem Heer, das solcher-
maßen allseitig geschult ist und viele tüchtige Anführer hat, solltest du
meines Erachtens ohne Not den Kampf nicht aufnehmen. Jetzt aber ist
obendrein das gesamte Heer des Westens, das gleichfalls groß und tüchtig
ist, zum Mitkaiser übergegangen, so daß es noch schwieriger geworden ist,
ihnen im Kriege zu begegnen.»
So sprach Chreles, und der Kral und die anderen Anführer des Heeres
hörten auf ihn und gaben jeden Gedanken an einen Krieg gegen den Mit-
kaiser auf, behielten jedoch ihr Heerlager bei. Der Mitkaiser indessen brach
acht Tage danach von Achrida auf und bog von dem Wege nach Kastoria
ab, in Richtung Pelagonia402 • Einerseits wollte er nämlich die dortigen klei-
nen Städte und das umliegende Land auf seine Seite bringen; andererseits
aber hatte er gehört, daß der Kral sich an der Grenze seines Reiches befin-
de, und wollte nicht den Eindruck erwecken, / aus Furcht vor ihm ausgewi-

191
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 55 282/283

chen ZU sein. Als jedoch die rhomäischen Flüchtlinge erfuhren, daß der
Mitkaiser durch Pelagonia marschiere, wandten sie sich an den Kral und
versuchten mit allen Mitteln, ihn zum Kampf gegen den Mitkaiser zu bewe-
gen, der ja nicht mehr weit von ihnen entfernt war. Der Kral aber entgegne-
te, daß er weder jetzt noch später freiwillig gegen den Mitkaiser Krieg
führen werde, es sei denn, daß dieser selbst angreife; ihnen aber habe er
jede nur mögliche Hilfe gewährt, da er zwölf Abteilungen mit ihren Anfüh-
rern nach Pherai geschickt habe zu ihrer Unterstützung. Jetzt aber empfinde
er auch deswegen Reue, da er ohne jeden Grund gegen jemanden, der kein
Unrecht begangen habe, Krieg angefangen habe. Wenn die Kaiser der Rho-
mäer untereinander Streit hätten, sollten sie sich selbst überlegen, wie sie
ihren Krieg führen und unter welchen Bedingungen sie sich versöhnen; er
selbst habe von keiner Seite Unrecht erlitten und werde auch gegen nieman-
den Krieg führen, solange ihm kein Unrecht geschehe.
Diese Antwort also erhielten sie, und da ihnen die einzige noch verbliebe-
ne Hoffnung zerrann, murrten sie sehr. Sie hörten indessen keineswegs auf,
so gut sie nur konnten, den Kral zum Krieg gegen den Mitkaiser zu drän-
gen. Und da sie ihn zu überreden suchten und baten, er möge sie nicht
ungerächt lassen, sagten einige vornehme Triballer [Serben], die gerade
zugegen waren, folgendes: «Was müht ihr Toren euch blindlings und er-
folglos mit eurem Streben nach Unternehmen ab, die ihr doch nicht ausfüh-
ren könnt, und quält uns mit Bitten, die niemand gewähren kann? Früher,
als der Krieg unter den Kaisern, euren Herren, ausbrach, hättet ihr jeden
Anlaß zur Verärgerung beseitigen und euch auf jede Weise um Frieden für
euch und die anderen bemühen sollen, da ihr wißt, daß einzig und allein
dies den Kaisern, / euch selbst und dem Gemeinwesen der Rhomäer Nutzen
bringt. Doch was ihr offenkundig tatsächlich getan und den anderen gera-
ten habt, ist davon das gen aue Gegenteil. Seid ihr doch in allen Städten
umhergelaufen und habt diejenigen, die den älteren Kaiser im Kriege gegen
den jüngeren unterstützten, gelobt und ihnen alle erdenklichen Wunder
versprochen; jene aber, die sich für den Frieden entschieden hatten und die
anderen dafür gewinnen wollten, behandeltet ihr als Anhänger des jünge-
ren Kaisers nicht anders als Feinde, und so habt ihr euch auf jede Weise
bemüht, den Krieg zu schüren. Worum ihr euch aber damals bemüht habt,
das müßt ihr euch jetzt zu Recht gefallen lassen. Wir jedoch raten dem Kral,
unserem Herren, keinen Krieg gegen den Mitkaiser zu beginnen und nicht
als erster Unrecht zu begehen, sich vielmehr bewußt zu sein, daß Menschen,

192
283/285 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 55

die Unrecht tun, auch von Gott bestraft werden. Sollte jener aber angreifen,
so werde der Kral sich mit aller Kraft zur Wehr setzen. Folge er [der Kral]
unseren Ratschlägen, so ist es gut; wenn nicht, mag er ausziehen und den
Krieg alleine durchstehen, nur von euch unterstützt, denn von uns wird
keiner teilnehmen.»
So sprachen die Triballer [Serben], und der Kral folgte ihrem Rat und
sprach zu den rhomäischen Flüchtlingen: «Wie die Mächtigen in meinem
Lande über den Krieg denken, seht ihr; ich aber würde, selbst wenn ich den
Krieg mit Eifer betriebe wegen persönlicher Zwistigkeiten mit dem Mitkai-
ser, davon abstehen, wenn ich sähe, daß diese Männer so denken, wie sie es
gegenwärtig tun. Tatsächlich aber beurteile ich die Lage nicht im geringsten
anders als sie. Da es mir freisteht, ohne Gefahr in Sicherheit mein Land zu
regieren, habe ich kein Verlangen, als Aggressor zu erscheinen und ein
unberechenbares / Risiko auf mich zu nehmen, zumal ich noch nicht einmal
mein gesamtes Heer versammelt habe. Zu eurem Wohle aber werde ich tun,
was immer ich kann, und wenn ihr wollt, werde ich selbst eine Gesandt-
schaft an den Mitkaiser schicken und ihn bitten, von seinem Zorn gegen
euch abzulassen. Wie ich höre, ist er milde gesinnt und bereit zur Versöh-
nung mit denen, die ihn verletzt haben, so daß er gewiß auch euch verzei-
hen und eure unglückliche Lage ganz erheblich erleichtern wird. Wenn
euch aber dies nicht annehmbar erscheint, werde ich euch zu Michael, dem
König der Myser [Bulgarenzaren], meinem Schwager, schicken, damit ihr
mit seiner Hilfe nach Konstantinopel gelangt. Sagt euch aber auch dieser
Vorschlag nicht zu, so gibt es noch einen weiteren Weg, den ihr einschlagen
könnt. Seid ihr nämlich einmal nach Venedig gelangt, so wird es euch nicht
schwer fallen, mit Kriegs- oder Frachtschiffen nach Konstantinopel zu ge-
langen. Und schließlich kann ich euch noch eine andere Hoffnung auf
Rettung machen: Da ihr Prosekos 4 0 3 , Prillapos und Strimbitza [Strumitza]
besetzt haltet, Städte, die ob der Stärke ihrer Mauern schwer einnehmbar
sind, so verteilt sie unter euch und haltet in ihnen aus, bis der Bruderkrieg
der bei den Kaiser ein Ende findet.»
Diese Worte versetzten die Flüchtlinge in Ratlosigkeit, und es zeigte sich
kein Ausweg aus ihrer schlimmen Lage. Nachdem sie aber die gegenwärtige
Situation überdacht hatten, zogen sie es dennoch vor, sich in den genannten
Städten zu verschanzen und die Belagerung / durchzustehen. Der Protove-
stiarios mit einigen anderen erhielt Prillapos, Michael Asanes aber Prosekos
und die übrigen wurden Herren von Strimbitza [Strumitza]. Zur gleichen

193
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 55-56 285/286

Zeit errichtete Nikephoros Basilikos 40 4, der Statthalter von Melenikos, eine


eigene Herrschaft, indem er erklärte, sich keinem der beiden Kaiser anzu-
schließen, bis der Krieg beendet sei.
56. Der Protovestiarios starb bald darauf, dem Vernehmen nach, weil
ihn das unerwartete Mißgeschick hart getroffen und er die schlimme Lage
nicht ertragen hatte 405 • Als er gestorben war, übergaben die Leute aus
seiner Umgebung sich selbst und Prillapos dem Mitkaiser. Dem Asanes
aber entrissen die Triballer [Serben] Prosekos durch List406 • Der Mitkaiser
aber begab sich von dort nach Thessalonike, und nachdem er sich gewisser
dringender Geschäfte wegen einige Tage in der Stadt aufgehalten hatte,
schien ihm seine Anwesenheit in Strimbitza [Strumitza] erforderlich, und er
machte sich abermals mit seinem Heer auf den Weg. Als er vor der Stadt
ankam, versuchte er die Besatzung zu überreden, sich und die Stadt zu
übergeben, denn militärisch zwingen konnte er sie wegen der Stärke der
Mauern nicht. Jene aber ließen sich nicht überreden, sondern erklärten, sie
würden die Stadt besetzt halten, bis der Bruderkrieg der beiden Kaiser ein
Ende nehme. Da der Mitkaiser hier nicht weiterkam, brach er auf und
begab sich nach Melenikos. Als ihm dort Nikephoros Basilikos die gleiche
Antwort gab und er nicht in der Lage war, zur Belagerung zu schreiten,
kehrte er, da andere wichtige Aufgaben drängten, nach Thessalonike zu-
rück. Als er dort ankam, wurde ihm von dem Protostrator, dem Statthalter
von Thrakien, gemeldet, daß der ältere Kaiser / sowohl das Heer aus Kon-
stantinopel als auch ein anderes, zusätzlich ausgehobenes, von beträchtli-
cher Größe unter der Führung des Konstantinos Asanes 407 gegen ihn, des-
sen Truppen zur Zeit am Fluß Melas lagerten, ausgesandt habe. Dort stie-
ßen denn die Heere aufeinander, und es kam zu einer Schlacht, die lange
unentschieden blieb, doch schließlich behielten die Truppen des jüngeren
Kaisers die Oberhand, schlugen den Gegner in die Flucht und verfolgten
ihn bis nach Konstantinopel. Einen Teil der Soldaten töteten sie, die ande-
ren nahmen sie gefangen, und nur wenige konnten sich in die Stadt retten.
Auch der Feldherr wurde gefangengenommen. Nach diesem strahlenden
Sieg machten sie sich auf den Heimweg408 • Als diese Ereignisse gemeldet
wurden, sprach der Mitkaiser des Sieges wegen ein Dankgebet zu Gott;
dann wandte er sich zu den Anwesenden - und dies war eine große Schar-
und sagte, daß seine Freude über den Sieg der eigenen Leute nicht größer sei
als seine Trauer über die Niederlage der Gegner. «Trauern muß man», so
sagte er, «nicht nur, weil die Gefallenen Rhomäer sind, welche nicht im

194
286/288 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 56

Kampf gegeneinander, sondern im gemeinsamen Kampf gegen die Barba-


ren hätten fallen sollen, sondern auch, weil zu befürchten ist, daß einige der
Gefallenen unsere nächsten Verwandten oder Freunde waren; drittens
aber, weil sie nicht durch die Barbaren, welche naturgemäß unsere Feinde
sind, getötet wurden, sondern durch uns, ihre nächsten Freunde. Ich glau-
be, wir gleichen Leuten, die sich aus Wahnsinn von ihrem eigenen Fleisch
den Bauch füllen und die man nicht loben sollte um dieser seltsamen Nah-
rung willen, sondern bedauern. Was aber schwerer wiegt, man muß trau-
ern, weil wir nicht nur von den Hellenen und den Barbaren, die davon
hören, / gehaßt zu werden verdienen um unseres gegenseitigen Unrechtes
willen, sondern weil fraglich ist, ob Gott an dem Geschehenen Wohlgefal-
len findet und ob nicht vielmehr vor seinem Richterstuhl in gleicher Weise
die Verteidiger wie die Angreifer strafwürdig erscheinen. So wäre es mir
denn lieber, wenn die Unsrigen nicht über Rhomäer, sondern über Barba-
ren gesiegt hätten, damit sie an dem Sieg eine ungetrübte Freude hätten. Da
aber ein neidischer Dämon unsere Lage so eingerichtet hat, daß uns selbst
der Sieg Grund zum Schmerz wird, sage ich dem Allermächtigsten meinen
besonderen Dank nicht nur dafür, daß er den Unsrigen zum Siege verholfen
hat, sondern auch dafür, daß ich selbst nicht nur keinen Anlaß zu diesem
Kriege gegeben habe, sondern gleich bei seinem Ausbruch mit Wort und
Tat vieles versucht habe, um diejenigen, die den Krieg schürten, davon
abzubringen, wenngleich dies alles, wie das Sprichwort sagt, ins Wasser
geschrieben war 409 .»
Die Zuhörer bewunderten den Mitkaiser nicht nur ob seines Scharfsinns,
sondern auch deshalb, weil er im Glück nicht aufgeblasen und überheblich
war, sondern sich im Wechsel des Geschickes gleichmütig zeigte. Der Mit-
kaiser aber dankte dem Protostrator brieflich 410 und bedachte die bei ihm
befindlichen Senatoren mit Ehren und anderen Gunstbeweisen, die Solda-
ten mit einer Erhöhung ihres Soldes, und die übrigen bestärkte und ermun-
terte er durch eine Erhöhung ihrer jährlichen Einkünfte, sich im Kriege für
ihn einzusetzen. Er selbst setzte in Thessalonike Vermessungsbeamte 411 ein
und ließ durch sie den Westen des Reiches verwalten und schätzen; auch
ordnete er an, / daß neben den vorhandenen Truppen weitere ausgehoben
würden, damit das Heer stärker würde.
Während er damit beschäftigt war, kam abermals ein Brief von dem
Protostrator des Inhalts, daß der ältere Kaiser mit dem König der Myser
[Bulgarenzaren] Michael, mit dem er zuvor zerstritten gewesen war, jetzt

195
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,56 288/289

einen Friedensvertrag und ein Bündnis abzuschließen im Begriffe sei412 • Er


(der Protostrator) wisse freilich nicht, worauf dieses ihr Bündnis abziele,
und habe es deswegen für nötig erachtet, ihm anzuzeigen, was sich tue. Als
der Mitkaiser dies erfuhr, begriff er sofort, daß das Bündnis seines Großva-
ters mit den Mysern [Bulgaren] wegen des Krieges gegen ihn selbst abge-
schlossen worden sei, doch entschied er, noch nicht auf die erste Kunde hin
vom Westen aus aufzubrechen, sondern abzuwarten und sich um die Lage
und das Heer zu kümmern, bis sicherere Nachrichten einträfen. Wenige
Tage später indessen traf abermals ein Brief des Protostrators an den Mit-
kaiser ein mit dem Inhalt, daß Friedensvertrag und Bündnis des älteren
Kaisers mit den Mysern [Bulgaren] bereits abgeschlossen seien und daß die
rhomäischen Überläufer, die bei den Mysern jenes Bündnis vermittelt hät-
ten, sich noch in Konstantinopel aufhielten. Der Mitkaiser beriet sich mit
den Würdenträgern, und man beschloß, nicht mehr in Thessalonike zu
verweilen, sondern schnellstens nach Konstantinopel zu eilen, bevor eine
neue Situation eintrete. Zum Befehlshaber des Westens machte er Guy de
Lusignan413 aus Zypern, der später König / von Armenien wurde und sein
Vetter mütterlicherseits war. Dann brach er mit seinem Heer von Thessalo-
nike auf und begab sich nach Didymoteichon. Nachdem er sich dort wenige
Tage aufgehalten hatte, verließ er die Stadt in Richtung Konstantinopel. Als
er am sogenannten Gyrolimne-Tor anlangte, traf er einen gewissen Pepa-
nos 414 , der im kaiserlichen Blachernenpalast die Wache befehligte und der
den dortigen Teil der Stadtmauer zu bewachen hatte, denn da der Mitkaiser
heranrückte, ließ der ältere Kaiser die Mauern von Byzanz bewachen. Die-
sem Pepanos also befahl er, zu seinem Großvater, dem Kaiser, zu gehen und
ihm zu melden 415 , daß er vor den Mauern stehe und ihn um Verzeihung
bitte. Er solle doch nicht wegen der Ereignisse im Westen die schlimme
Situation für heillos halten. Wenn er wolle 416 , stehe es ihm auch jetzt frei,
den Krieg zu beenden und mit ihm selbst zu verfahren, wie es ihm beliebe~
Da inzwischen nur kurze Zeit verstrichen sei, habe er gewi1~ nicht verges-
sen, wie er selbst gekommen sei und um den Frieden gebeten habe und ihm
geraten habe, diesen dem Krieg vorzuziehen und nicht den Kriegstreibern
zu folgen, die ihm nichts nützten bei jenen Geschehnissen, deren Ausgang
er selbst lieber nicht prophezeien wollte. Gleichwohl sei alles so ausgegan-
gen, wie er es ihm vorausgesagt habe. Wolle er aber gegenwärtig den Krieg
wiederum beenden, so werde er selbst jene Begebenheiten als nicht gesche-
hen erachten und sich ganz darauf einrichten, alles zu tun, was er befehle.

196
289/291 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 56

Daraufhin begab sich Pepanos zum / älteren Kaiser und meldete ihm, was
ihm der junge Kaiser aufgetragen hatte. Kurz darauf kehrte er zurück und
berichtete dem jungen Kaiser, daß der Kaiser ihm befehle, sich zu entfernen,
wohin er wolle, und nicht sinnlos die Zeit zu vergeuden, da er nichts von
dem erreichen werde, was er im Sinn habe. Als aber der junge Kaiser fragte,
ob ihm denn der Kaiser nichts weiter aufgetragen habe, antwortete Pepa-
nos: «Nichts.» «Also», erwiderte jener, «werde ich den Befehl des Kaisers
ausführen und gehen, wohin mich Gott führt.» Damit verließ er den Platz
und schlug auf den Wiesen bei der Brücke des Kamels [Kamelogephyra]417
sein Nachtlager auf. Am folgenden Tage aber begab er sich wieder zu dem
gleichen Tor und bat den Kaiser, den Frieden anzunehmen und den Krieg
zu beenden. Da aber niemand auf ihn hörte, kehrte er um und zog zum fluß
Melas, wo der Protostrator mit dem restlichen Teil des Heeres lagerte.
Der Mitkaiser zog nun an der Spitze seines Heeres weiter, der Großdo-
mestikos aber blieb aus irgendeinem Grunde zurück. Da kam zu ihm ein
Mann in zerrissenen Kleidern, wie arme Leute sie tragen, und sagte, er habe
etwas heimlich mit ihm zu besprechen. Also entfernte sich der Großdome-
stikos hinreichend, um nicht mehr von der Mauer aus gesehen zu werden
und hieß ihn sagen, was er mitzuteilen habe. Der aber rief noch einen
anderen herbei, der in seine Pläne eingeweiht war, und als niemand sonst
mehr zugegen war, erklärten sie, daß sie seit langem die engsten Freunde
und Hausnachbarn seien. Mitansehen zu müssen, wie der junge Kaiser
ohne jeden Grund Unrecht erlitte und vertrieben werde, bereite ihnen uner-
träglichen Schmerz und erwecke ihnen den Drang, wenn / möglich, dem
Unrecht zu wehren, besonders, seit der Mitkaiser sich in Rhegion von aller
Schuld reingewaschen habe - sie selbst seien dabei gewesen - und dann
hierher gekommen sei und seinen Großvater flehentlich gebeten habe, kei-
nen Krieg zu beginnen.
Dies also, erklärten sie, sei ihre Einstellung und Gesinnung. Da aber ihre
Möglichkeiten geringer seien als ihr guter Wille, suchten sie eine passende
Gelegenheit, die es ihnen ermögliche, ihre Absichten auch in die Tat umzu-
. setzen; diese habe sich nun zu ihrem Glück geboten. Denn nachdem der
junge Kaiser in den Westen gezogen sei, hätten die Befehlshaber der Wach-
truppen - so habe Gott es frühzeitig zu ihrem Nutzen eingerichtet - ihnen
den Mauerabschnitt am Tor des Heiligen Romanos 418 zugewiesen, so daß
sie mit acht anderen im Wechsel nachts dort zu wachen hätten. Kaum sei
dies geschehen, sei ihnen der Gedanke gekommen, daß sie sich dem Mitkai-

197
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 56-57 291/293

ser einmal nützlich erweisen könnten. Als sie erfahren hätten, daß sein
Erscheinen vor Konstantinopel unmittelbar bevorstehe, seien sozusagen die
Würfel gefallen 419 , und sie hätten mit den Gefährten beraten, wie sie dem
jungen Kaiser die Stadt in die Hände spielen könnten. Sie hätten sie davon
überzeugt, daß ihre Vorschläge gerecht seien und nützlich für alle Rhomä-
er. Nun sei alles vorbereitet, um den Mitkaiser mit Leitern auf die Mauer zu
führen, man brauche nur die Nacht abzuwarten, in welcher sie mit der
Wache an der Reihe seien.
So sprachen jene, der Großdomestikos aber ließ sogleich durch einen
Boten dem Mitkaiser mitteilen, er möge warten; dann fragte er seine Ge-
sprächspartner, wie sie hießen und was sie von dem Mitkaiser forderten, da
sie einen Anspruch / auf eine Belohnung für ihr Wohlwollen gegenüber dem
Mitkaiser hätten. Sie antworteten, daß sie Kamaris und Kastelianos 42o hie-
ßen und nichts forderten, sondern die Unternehmung umsonst auf sich
nähmen, um der guten Sache willen und des allgemeinen Nutzens. Als er
ihnen abermals einen Wunsch freistellte und sie versicherten, daß sie nichts
begehrten, führte er sie zum Mitkaiser. Bei diesem angelangt, sagte er:
«Gott, dem du kürzlich alles, was dein ist, anheimgestellt hast, erweist dir
nun, wie es ihm gut dünkt, seine Gnade.» Zugleich erinnerte er ihn an eine
Tat, die er kurz zuvor vollbracht hatte.
57. Denn noch während er sich in Thessalonike aufhielt, schickten sechs
Senatoren aus Konstantinopel, welche sich im Gefolge des älteren Kaisers
befanden, sich aber gegen ihn verschworen hatten, heimlich nach Thessalo-
nike an den Mitkaiser eine Botschaft, in der sie erklärten, wenn er Konstan-
tinopel einnehmen wolle, würden sie ihm die Stadt ausliefern, wozu sie
durchaus in der Lage waren. Dafür müsse er sich aber erstens einmal eidlich
verpflichten, den Großlogotheten Metochites seines gegenwärtigen Amtes
zu entheben, ihn auf Lebenszeit in Ungnade fallen zu lassen und ihm nie-
mals zu verzeihen 421 • Zum anderen sollte der Mitkaiser ihnen noch einige
andere Forderungen erfüllen. Wenn er sich dazu eidlich verpflichte, solle er
unverzüglich kommen, und man werde ihm bei seiner Ankunft die Stadt in
die Hände spielen. Darauf antwortete der Mitkaiser, daß er weder an dem
gegenwärtigen Kriege schuld sei noch auch gewünscht habe, daß ein ande-
rer ihn beginne; und nachdem er begonnen worden sei, habe er jedes er-
denkliche Mittel angewandt, durch welches / er glaubte, ihn beenden zu
können. Gott, dem alles im voraus bekannt sei, wisse dies und die Ereignis-
se selbst, wenn sie Stimme hätten, könnten davon Zeugnis ablegen. «Auch

198
293/294 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 57

ihr», fuhr er fort, «könnt mir dies bezeugen, sofern ihr die Wahrheit sagen
wollt. Da unsere Lage sich nun einmal so entwickelt hat, daß zwangsläufig,
weil der Kaiser keinen Frieden akzeptiert, entweder einer von uns beiden
seine Herrschaft verliert oder aber die Untertanen sich für eine der beiden
Seiten entscheiden und dabei zugrunde gehen müssen, ist es notwendiger-
weise mein Wunsch, entweder mit eurer Hilfe oder mit anderer Unterstüt-
zung Byzanz in meine Gewalt zu bekommen, denn solange dies nicht ge-
schieht, wird der Bürgerkrieg kein Ende nehmen. Zu den Bedingungen
allerdings, die ihr stellt, möchte ich nicht nur Byzanz nicht einnehmen,
sondern nicht einmal so viele Städte, wie Konstantinopel Türme hat. Zwar
hätte ich den Großlogotheten, wenn ich die Macht besäße, seines gegen-
wärtigen Amtes auch ohne eure Forderung enthoben, um selbst allen Ärger
los zu sein. Doch ihn unerbittlich dazu zu verurteilen, daß er zeitlebens in
Ungnade stehen soll, das ist mir von allem am wenigsten möglich. Möge ich
niemals so sehr dem Wahn verfallen, daß ich, um ihn unerbittlich in Ungna-
de fallen zu lassen, mich selbst von dem liebenden Erbarmen der Güte
Gottes ausschließe. Denn er hat uns kundgetan, daß er uns mit eben dem
Maße messen wird, mit dem wir selbst unsere Mitknechte messen [Ev. Luc.
6,38]. Und dabei sind meine Sünden gegen Gott nicht etwa ebenso groß wie
die meiner Mitmenschen gegen mich, sondern unendlich größer. Freilich,
Byzanz in meine Gewalt bekommen / möchte ich um des gemeinen Nutzens
willen sehr wohl, jedoch ohne diese Bedingung zu erfüllen. Seid ihr damit
einverstanden, so will ich mir gerne eure übrigen Forderungen anhören.»
Daran also erinnerte der Großdomestikos den Mitkaiser, besprach noch
einige andere Dinge mit ihm und führte ihm dann die beiden Männer vor.
Diese wiederholten vor dem Kaiser ihre Aussagen und versicherten, sie
seien wahrlich imstande, ihm die Stadt auszuliefern. Der Mitkaiser lobte sie
und fragte sie, ob sie etwas forderten. Sie aber wollten nichts fordern, doch
als der Mitkaiser sie immer wieder drängte, baten sie um zwanzig Ple-
thren 421a Land. Der Kaiser lachte über diese Bitte und sagte: «Ja, ich werde
euch, so Gott will, für eure guten Dienste eine angemessene Belohnung
zukommen lassen.»
Während sie noch darüber sprachen, kam aus Skopelos 422 ein Bote des
Statthalters, welcher meldete, daß Michael, der Zar der Myser [Bulgaren-
zar], an der Grenze zwischen seinem Reich und dem der Rhomäer nahe bei
der ihm zugehörigen Stadt Diampolis 423 mit einem Heer lagere und ein
verbündetes Heer von Skythen [Tataren] mit sich führe, welche bei Rhoso-

199
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 57 294/296

kastron 424 ihr Lager aufgeschlagen hätten. Als der Mitkaiser dies hörte,
beriet er sich mit dem Großdomestikos, was zu tun sei, und sie kamen zu
dem Schluß, daß man zu der Bergfestung Logus 425 ziehen müsse. Dieser
Platz war nämlich einerseits nahe bei Konstantinopel gelegen, so daß man
von hier aus die Übergabe der Stadt vorbereiten konnte; andererseits aber
war der Ort schwer zugänglich und ließ sich nicht umzingeln, so daß man
sich, wenn / jemand angriff, verteidigen, anderenfalls aber sich an die unzu-
gänglichste Stelle zurückziehen und ausruhen konnte. Nachdem sie sich
solchermaßen beraten hatten, befahlen sie dem Kamaris, ihnen zu folgen,
damit er wisse, wo sich das Heerlager des Mitkaisers befinde; den anderen
aber hießen sie nach Byzanz gehen, damit er seinen Gefährten das Gesche-
hene melde.
Als sie aber zu dem Fluß Melas kamen, wo der Protostrator mit dem
übrigen Heer lagerte, berichteten sie diesem über die Helfershelfer, welche
die Einnahme von Konstantinopel vorbereiteten, ferner über die Myser
[Bulgaren] und über das beabsichtigte Heerlager in Logus, wobei sie auch
die Gründe erläuterten. Da auch der Protostrator den Plan guthieß, bra-
chen sie auf nach Logus und lagerten dort. Am folgenden Tage wurde ihnen
gemeldet, daß ein mysisches [bulgarisches] Heer von etwa dreitausend Rei-
tern in Konstantinopel angekommen sei, getreu dem Bündnis mit dem
älteren Kaiser. Ihr Anführer sei Ivan der Russe 426 • Diese Nachricht versetzte
den jungen Kaiser in außerordentliche Aufregung. Und da er mit dem
Großdomestikos und dem Protostrator überlegte, was den Zaren der My-
ser [Bulgarenzaren] wohl bewogen habe, den eidlich besiegelten Vertrag
mit ihm, dessen Schwester er zur Frau habe, zu annullieren und sich statt-
dessen mit dem älteren Kaiser zu verbünden, da vermutete er, daß der mit
jenem geschlossene Vertrag und das Bündnis nicht ehrlich gemeint seien.
Vielmehr sei sich der Myser [Bulgare] bewußt, daß der ältere Kaiser, teils
aus Haß gegen seinen Enkel, teils aus Furcht davor, daß die Rhomäer in
seiner Umgebung von jenem bestochen seien und sich gegen ihn verschwö-
ren könnten, lieber eine mysische Wache in den Kaiserpalast nehmen wer-
de, in der Annahme, daß die verbündeten Fremden ihm eher ergeben sein
würden; daher habe er ein Heer geschickt, angeblich um gegen / uns [den
Mitkaiser] für den älteren Kaiser zu kämpfen, in Wahrheit aber um mit
kleinen Abteilungen einzudringen und wenn möglich den Kaiserpalast in
seine Gewalt zu bekommen. Danach aber werde er selbst mit seinem ge-
samten Heer anrücken, um die Byzantiner in seine Gewalt zu bringen und

200
296/297 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 57

in der Folge auch auf das übrige Reich der Rhomäer seine Hand zu legen.
Als Beweis aber galt ihnen, daß er die Skythen [Tataren] als Bundesgenos-
sen mitführte, und zwar aus Furcht, daß sie, wenn etwas derartiges gesche-
he, ihnen [dem Mitkaiser und seinem Heer] gegen Byzanz zu Hilfe eilen
könnten. Zu solchen Vermutungen über das Waffenbündnis gelangten sie
aufgrund ihrer Überlegungen; und in der Tat trafen sie zu, wie sich später
sehr deutlich zeigen sollte 427 • Den Ratschlag aber hatte dem Zaren der
Myser [Bulgarenzaren] einer der rhomäischen Überläufer gegeben, der sich
auch anheischig machte, ihn selbst auszuführen. Daher wurde er denn auch
zum Beauftragten für die Bündnisverhandlungen gewählt.
Der Mitkaiser aber schickte, um Ivan auf die Probe zu stellen, einen
Boten zu ihm und befahl ihm, das Gebiet der Rhomäer zu räumen. Denn er
sei verbündet mit dem Zaren der Myser [Bulgarenzaren], seinem Schwager,
er aber sei mit einem Heer ins Gebiet der Rhomäer eingedrungen. Wenn er
zu seiner [des Mitkaisers] Unterstützung gekommen sei, solle er in seine
Heimat zurü<rkkehren, denn er bedürfe seiner nicht. Wenn er aber Krieg
gegen ihn führen wolle, werde er ihn auf dem Schlachtfeld erwarten. So
äußerte sich der Mitkaiser, um Ivan auf die Probe zu stellen. Er glaubte
nämlich, daß es nicht vorteilhaft für ihn sei, zum gegenwärtigen Zeitpunkt
einen Krieg gegen die Myser [Bulgaren] zu führen. Ivan aber versicherte
dem Mitkaiser durch einen schriftlich festgehaltenen Eid, daß weder sein
Gebieter den Vertrag gebrochen habe, vielmehr im Bündnis mit ihm bleibe,
noch er selbst das Heer gegen ihn herangeführt habe. Als der Mitkaiser
diesen Eid las, wurde er bestärkt in der Annahme, daß seine Vermutungen
bezüglich / des Bündnisses der Myser richtig seien 428 • Und sogleich schickte
er Georgios Pepagomenos 429 zu dem Kaiser, seinem Großvater, und bat
ihn, er möge nicht gegen seine Worte Verdacht schöpfen wie gegen die eines
Feindes, sondern ihnen vertrauen, da er Ratschläge gebe, die den Rhomä-
ern und ihm nützten. Die aufgrund des Waffenbündnisses angekommenen
Myser [Bulgaren] möge er in dem Krieg gegen ihn selbst einsetzen, wie es
ihm beliebe, in den Kaiserpalast aber solle er niemals mehrere Myser zu-
gleich hereinlassen und nicht bewaffnet; vielmehr sollten sie, wenn sie
wirklich, um sich als Bundesgenossen nicht vor den Kopf gestoßen zu
fühlen, Einlaß erhielten, in geringer Anzahl und im Wechsel hereinkommen
und ohne Waffen; insbesondere solle er zur Zeit des Morgenmahls auf der
Hut sein. Auf jeden Fall aber solle er innerhalb des Palastes eine starke
Abteilung von Rhomäern postieren und für sich und die Stadt alle erdenkli-

201
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 57-58 297/298

chen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Er selbst nämlich hege aufgrund der


Ereignisse den Verdacht, daß den mysischen Truppen von ihrem Zaren
befohlen worden sei, nach Möglichkeit den Palast durch List einzunehmen;
aus ebendiesem Grunde lagere dieser mit seinem gesamten Heer und den
verbündeten Skythen [Tataren] in dem Grenzgebiet zwischen seinem Reich
und dem der Rhomäer, um binnen kurzem selbst zu Hilfe eilen zu können,
sobald Ivan seinen Auftrag ausgeführt habe.
Als der Kaiser vernommen hatte, was der Mitkaiser, sein Enkel, ihm
ausrichten ließ, befahl er dem Pepagomenos, ihm zu melden, daß er sich um
seine eigenen Angelegenheiten kümmern und nicht den Ehrgeiz haben solle,
andere schulmeistern zu wollen. Er selbst habe nicht weniger Erfahrung, /
als der Mitkaiser für sich in Anspruch nehme. Zugleich aber legte er eine
Wach truppe in den Palast, ließ ihn in sicherer Obhut und tat alles, was sein
Enkel ihm geraten hatte.
58. Der junge Kaiser schickte indessen Johannes Roger 43U als Gesandten
zu Michael, dem Zaren der Myser [Bulgarenzaren] und ließ ihm mitteilen,
er habe gehört, daß er an der Grenze des rhomäischen Reiches mit einem
Heer lagere. Er wisse jedoch nicht, was sein Anmarsch zu bedeuten habe.
Er wolle erfahren, ob Michael unter Bruch des mit ihm unter Eid geschlos-
senen Vertrages einen Krieg entfesseln wolle, damit auch er sich entspre-
chend rüsten könne. Wenn aber der Feldzug aus einem anderen Grunde
unternommen worden sei, so wolle er darüber Klarheit haben. Daß Micha-
el ungerufen komme, halte er für einen Beweis, daß der Zug sich gegen ihn
richte; und daß er den Konstantinopolitanern, seinen Feinden, dreitausend
Soldaten unter der Führung des Ivan zur Unterstützung geschickt habe, sei
offensichtlich eine feindliche Handlung gegen ihn. Er wundere sich, wie
Michael, nachdem er erfahren habe, daß er selbst sich in der Nähe von
Konstantinopel aufhalte, diese Soldaten zur Unterstützung seiner Gegner nur
habe schicken können. Oder wisse er nicht, daß er, Andronikos, nicht
einmal ausgebildete Soldaten gegen ihn einsetzen müsse, sondern nur den
Bauern Befehl zu geben brauche, und sie würden dafür sorgen, daß die
Rückkehr für seine Leute schwieriger würde als eine Rückkehr aus den
Toren des Hades. Dies also ließ der Mitkaiser durch seine Gesandten aus-
richten.
Als nun Michael erfuhr, daß der Mitkaiser bei Konstantinopel angekom-
men sei und nicht weit von seinem Heere lagere, geriet er um seiner Solda-
ten willen in nicht geringe Unruhe und sah für sie keine Hoffnung auf

202
298/300 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 58

Rettung, es sei denn, er überzeugte den Mitkaiser schnellstens, daß er den


mit ihm geschlossenen Vertrag nicht gebrochen habe und / daß das ausge-
schickte Heer nicht mit ihm Krieg führen solle, sondern aus einem anderen
Grunde nach Byzanz gekommen sei. Und sogleich zog er vor den Augen des
Gesandten die heiligen Gegenstände, die er an seiner Brust verborgen trug,
heraus. Unter diesen befand sich ein Kreuz, welches er ihm aushändigte mit
den Worten: «Bring dies dem Mitkaiser und sag ihm, daß ich bei Ihm,
dessen Leib um unseretwillen an dieses Kreuz geheftet wurde, schwöre, daß
ich weder den Vertrag mit ihm gebrochen noch das Heer gegen ihn ausge-
sandt habe. Daher wünsche ich sehr, daß ihnen kein Leid widerfährt. Daß
ich dir aber keine kostbare Halskette mitgebe, obwohl ich deren, wie du
siehst, viele besitze, sondern dies aus wohlfeilem Material hergestellte
Kreuz (es bestand nämlich aus Bronze), darüber soll er sich nicht verwun-
dern. Ist es doch berühmt bei allen Mysern um seiner Wundertaten willen,
die es in großer Zahl zu Lebzeiten meines Vaters vollbracht hat und in
großer Zahl noch heute in meiner Lebenszeit wirkt. Also schicke ich es,
weil es ein zuverlässigerer Garant meiner Treue ist. Wenn er mich bei einem
Betrug oder einer Lüge ertappt, soll er dieses Kreuz ergreifen und gegen
mich zu Felde ziehen, denn mit diesem Bundesgenossen wird er siegen und
mich vernichten. Zum Beweise aber, daß dies keine Ausrede ist und kein
passender Vorwand, will ich sogleich einen Boten entsenden, der dafür
sorgt, daß das Heer das Gebiet der Rhomäer unverzüglich verläßt.» Und
sogleich gab er dem Gesandten Pferde, welche bei ihm als Postpferde gehal-
ten wurden, und befahl ihm, den Weg in größter Eile zurückzulegen, damit
nicht der Mitkaiser in der Zwischenzeit seinem Heere Schaden zufüge.
Zusammen mit dem Gesandten aber schickte er einen seiner Diener mit
einem Brief, in dem Ivan aufgefordert wurde, das Heer zurückzuführen,
und mit einer angesengten Feder; dies ist nämlich bei den Mysern das
Symbol der Eile. Als sie nun / mit dem Kreuz bei dem Mitkaiser ankamen
und ihm ausrichteten, was Michael zu seiner Verteidigung vorgetragen
hatte, da schickte der Mitkaiser an Ivan und die Myser den Brief431 ihres
Zaren und die Feder. Als jene die Nachricht erhielten, machten sie sich
schleunigst auf den Heimweg. So also endete jenes Unternehmen.
Der Mitkaiser aber hatte in eben jenen Tagen, als seine Gesandten auf
dem Weg zu den Mysern waren, Leitern und anderes Gerät, das für den
Sturm auf Konstantinopel nötig war, anfertigen lassen, und als alles fertig
war, hatte sich Kamaris nach Byzanz begeben, um seinen Gefährten Nach-

203
ÜBERSETZUNG: BUCH 1,58 3001301

richt ZU geben. Verabredungsgemäß paßten sie auf, in welcher Nacht sie


die Wache auf der Mauer haben würden; man schrieb den ersten Tag der
Woche, in welcher die Herabkunft des Heiligen Geistes gefeiert wird 432
[Sonntag, 22. Mai 1328]. Nun begab sich Kamaris wiederum zum Mitkai-
ser und rief ihn zu Werke. Nachdem das heilige Meßopfer gefeiert wor-
den war und auch die abendlichen Hymnen erklungen waren, brachen sie
von dem Heerlager in Logus auf, marschierten den Rest des Tages und den
größten Teil der Nacht und gelangten zu einem Dorf, welches von den
Einwohnern Klepta 433 genannt wird. Dort verbrachten sie den Rest der
Nacht, bis zum Anbruch des Tages. Dann brachen sie auf und gelangten bei
Anbruch der Nacht zu einem Dorf, welches nicht weit von Konstantinopel
entfernt ist und Amblyopos434 genannt wird. Dort warteten sie und ordne-
ten das Heer. Zwei aus Stricken und hölzernen Sprossen gefertigte Leitern
hatten sie, von denen die eine dem Kommando des Mitkaisers unterstand,
die andere dem des Großdomestikos. Jeder Leiter wiesen sie zwölf / Solda-
ten zu, von denen acht Rhomäer waren, die übrigen «Lateiner» [Abendlän-
der] aus Deutschland435 . Als der Mitkaiser hörte, daß auch «Alemannen»
[Deutsche] für diese Aufgabe eingeteilt worden waren, rief er den Großdo-
mestikos zu sich und befahl ihm, die für die Leitern eingeteilten «Aleman-
nen» auszuwechseln und Rhomäer an ihre Stelle zu setzen. Von den Vor-
nehmen aber solle keiner unter denen sein, die als erste die Mauer zu
ersteigen hätten, damit diese sich nicht über die niedriger Gestellten erhö-
ben und andererseits die Ehre auch nicht den «Alemannen» zufalle, son-
dern allein die Rhomäer die Tat vollbrächten. Dies alles wurde ausgeführt,
wie es befohlen worden war, und so wurde jede der beiden Leitern zwölf
Rhomäern von durchschnittlicher Herkunft ausgehändigt, welche den Auf-
trag hatten, sobald sie die Mauer erreicht und die im Mauerinneren befind-
lichen Helfershelfer die Leitern mit Hilfe von Stricken hinaufgezogen hät-
ten, selbst als erste hinaufzusteigen und jeden Angreifer abzuwehren, damit
die nach ihnen Kommenden in Ruhe hinaufsteigen könnten. In geringem
Abstand zu ihnen folgte der Mitkaiser zu Fuß an der Spitze von hundert
Elitesoldaten und hinter ihnen, doch so, daß sie getrennt blieben, weitere
hundert, die der Großdomestikos anführte. Die Pferde dieser zweihundert
Soldaten wurden von ebensovielen Berittenen geführt, so daß jeder eines
hielt; sie folgten in gebührendem Abstand, damit die Männer auf der Mau-
er nicht den Hufschlag hörten. Sie sollten, falls etwas Unerwartetes geschä-
he, herbeieilen, den zweihundert ihre Pferde geben und sich selbst nach

204
3011303 ÜBERSETZUNG: BUCH 1,58-59

Kräften für sie einsetzen. Weitere fünfhundert folgten in mäßigem Abstand,


auch sie aus dem gleichen Grunde. In / Amblyopos befand sich der P~oto­
strator mit dem gesamten übrigen Heer, das gewappnet, in Reih und Glied
bereitstand. So also hatten sie das Heer geordnet und rückten leise vor,
um nicht die Aufmerksamkeit der Wachen auf der Mauer auf sich zu
lenken.
59. Die vierundzwanzig Mann mit den Leitern gelangten unbemerkt von
den Wachen ohne Schwierigkeiten zur Mauer, da Kamaris sie zu den Leu-
ten führte, die die Einnahme der Stadt vorbereiteten. Und diese, die sie
erwarteten und natürlich bemerkten, ließen Stricke herab, zogen die Leitern
herauf und befestigten sie an den Zinnen. So stiegen denn zunächst jeweils
die zwölf auf den beiden Leitern empor. Nun war gerade Vollmond, der
alles hell erleuchtete, doch zogen die Wolken wegen des durch den Voll-
mond bedingten Witterungsumschlages nicht zusammenhängend, sondern
in abgerissenen Fetzen vorüber, so daß der Mitkaiser und der Großdome-
stikos mit ihren Leuten immer, wenn eine Wolke über ihnen war, im Schat-
ten vorrückten; war sie aber vorübergezogen, so duckten sie sich auf die
Erde und warteten auf die nächste. So gelangten sie, immer nur ein paar
Schritte in Bewegung, in die Nähe der Mauer. Als sie nur mehr einen
Pfeilschußweit von ihr entfernt waren, wurden sie jedoch von den Wäch-
tern auf der Mauer bemerkt436 , und diese erhoben ein wildes Geschrei und
riefen die Einwohner der Stadt zu den Mauern, da Feinde erschienen seien.
Die Männer außerhalb der Mauer liefen nun in Eile zu den Leitern, ohne
weiterhin auf das Verursachen von Geräuschen Rücksicht zu nehmen, da
sie von drinnen ohnehin bemerkt worden waren. Als sie bei diesen anlang-
ten, wollte der Mitkaiser als erster mutig emporsteigen und hieß den Groß-
domestikos, / ihm zu folgen. Glaubte er doch, wenn sie selbst auf der Mauer
seien und es nahe einer der Gegner, so werde er es nicht wagen, sich mit
ihnen ins Handgemenge zu stürzen, sondern sich, sobald er gemerkt habe,
mit wem er es zu tun habe, zurückziehen. 5.0 würden sie selbst viele ihrer
eigenen Leute aufwiegen. Der Großdomestikos aber ließ es nicht zu, sondern
erklärte, daß sie ihre Pflicht versäumten, wenn sie dies täten. «Denn von
den übrigen», sagte er, «wird dann keiner hinaufsteigen, und zwar nicht
etwa aus Angst vor der Gefahr oder weil sie böswillig wären, sondern ihres
Ehrgeizes wegen; denn da jeder als erster hinaufsteigen will, werden sie sich
gegenseitig behindern, und es wird nicht nur keiner hinaufsteigen, sondern
zusammengedrängt werden sie aneinandergeraten und sich gegenseitig tö-

205
ÜBERSETZUNG: BUCH I, 59 303/304

ten, ohne noch an die Feinde zu denken. Deswegen müssen wir unten
bleiben, sie geordnet hinaufsteigen lassen und jeden Streit schlichten.»
Diesem Rat des Großdomestikos folgte der Mitkaiser und befahl den
Männern in seiner Umgebung hinaufzusteigen. Doch da viele zugleich sich
anklammerten und hinaufsteigen wollten, stürzte infolge des übergroßen
Gewichtes die Leiter des Mitkaisers zu Boden, da die Taue rissen. Es blieb
also nur die Leiter des Großdomestikos übrig, und auf ihr stiegen sie einer
nach dem anderen in Ruhe hinauf, während der Mitkaiser und der Großdo-
mestikos am Zugang standen und nicht nur mit Drohungen, sondern auch
mit Schlägen dem allzu starken Drängen Einhalt geboten. Doch nachdem
knapp hundert Mann hinaufgestiegen waren, eilte der Anführer der Wa-
chen, Synadenos, der Sohn des Marules 437, auf den Hilferuf hin mit zwei-
hundert Mann schnellstens herbei, und da er glaubte, daß die Feinde noch
nicht auf der Mauer seien, / sondern von außen angriffen, stieg er mit
einigen wenigen, die er bei sich hatte, auf die Mauer, um zu erfahren, wie
die Lage stehe. Da wurden er selbst und alle, die mit ihm hinaufgestiegen
waren, von den oben Stehenden gefangengenommen. Doch als sie merk-
ten, daß er selbst das Heer führte, riefen sie den unten Stehenden zu, sie
sollten zurückweichen und dem jungen Kaiser, der sich bereits innerhalb
der Mauern befinde, keinen Widerstand leisten. Vor allem aber würden sie,
da auch ihr Anführer gefangen sei, am folgenden Tage der Strafe nicht
entgehen, wenn sie versuchten, dem Mitkaiser Schaden zuzufügen. Als die
unten Stehenden hörten, daß ihr Anführer gefangen sei und der junge Kai-
ser sich innerhalb der Mauern befinde, da änderten sie sogleich ihre Hal-
tung, akklamierten dem jungen Kaiser und waren bereit, ihn nach Kräften
zu unterstützen. Und nach und nach verbreitete sich die ganze übrige Mau-
er entlang die Akklamation für den jungen Kaiser. Als dieser und der
Großdomestikos das hörten, erklärten sie, es sei nicht mehr nötig, den
mühsamen Weg über die Leiter zu nehmen, und befahlen den oben Stehen-
den, ihnen das Tor zu öffnen. Als es geöffnet wurde, zog der Mitkaiser mit
den restlichen Truppen ein und in kurzem Abstand hinter ihm auch der
Protostrator mit dem gesamten Heer. Der junge Kaiser aber begab sich zum
Palast und huldigte, wie er es gewohnt war, dem Kaiser, seinem Großvater.
Als sie sich ein wenig setzten, erklärte der ältere Kaiser, als ob er wegen des
Vorgefallenen sich selbst tadelte, er habe die Worte des Mitkaisers sehr
wohl im Gedächtnis behalten. Auf diese Weise deutete er an, daß jener ihm
das Nützliche und Richtige geraten habe und er selbst ihm gleichwohl nicht

206
304/306 ÜBERSETZUNG: BUCH I, 59

gefolgt sei. Seit eh und je habe der Teufel immer das gleiche / Bestreben, den
Menschen zu schaden und ihnen immerzu übel mitzuspielen. Zwar scheite-
re er meistens, doch komme es auch vor, daß er Erfolg habe, wie bei den
jüngsten Ereignissen. Dem pflichtete der Mitkaiser bei, doch der Großlogo-
thet Metochites, der bei ihrer Unterredung zugegen war, meinte: «Wie
lange soll das noch dauern? Wenn ihr euch nicht einig werdet, geschieht
von dem, was not tut, nichts 438 .» Der junge Kaiser erwiderte nichts, doch
fragte er sich verwundert, was das zu bedeuten habe, daß er so tat, als ob er
bei den Ereignissen nicht selbst zugegen gewesen wäre und nicht genauer
darüber Bescheid wüßte als andere. Indessen fragte er den Kaiser, seinen
Großvater, ob er damit einverstanden sei, wenn er sich entferne, um der
Gottesmutter Hodegetria zu huldigen. Da der Kaiser keine Einwendungen
machte, begab er sich zur Kirche der Hodegetria439 , huldigte ihr und statte-
te ihr seinen innigen Dank ab für ihre Wohltaten. Von hier machte er sich
auf zum Manganen-Kloster und huldigte den dort aufbewahrten Reliquien
des heilbringenden Leidens Christi. Auch dankte er, so gut die Gelegenheit
es zuließ, dem Patriarchen Esaias, der seinetwegen unter Arrest gestellt
worden war, und führte ihn auf einem mit den kaiserlichen Insignien ge-
schmückten Pferd 440 zum Patriarchensitz. Anschließend kehrte er zurück
zum Palast und nächtigte ganz in der Nähe im Palast des Porphyrogenne-
tos 441 • Das Heer aber zeltete teils innerhalb der Stadt, der größere Teil aber
zog auf Befehl des Mitkaisers zu den Wiesen bei der Kamelsbrücke [Kame-
logephyra] und schlug dort sein Lager auf. Zu Plünderungen kam es nicht,
außer / im Hause des Großlogotheten442 , und dies gegen den Willen des
Mitkaisers.
So also kam es zu dem Bruderkrieg der beiden Kaiser der Rhomäer, so
gewaltige Wechselfälle brachte er mit sich, und dieses war schließlich sein
Ausgang. Das alles wurde beschrieben mit aller Gewissenhaftigkeit und
Wahrhaftigkeit, wie wir es eingangs angekündigt haben. Die Dauer des
Krieges aber betrug sieben Jahre und einen Monat, da er am 19. April des
Jahres 6829 [a.D. 1321] in der vierten Indiktion begann und bis zum
19. Mai [24. Mai] des Jahres 6836 [a.D. 1328] in der elften Indiktion
währte 443 .

207
ANMERKUNGEN ZUR ÜBERSETZUNG

Zum Vorwort

1 Jedes Geschichtswerk mit einem Proömium zu versehen, stellt eine altherge-


brachte, zur literarischen Gattung gehörige Sitte dar, welcher alle byzantini-
schen Geschichtsschreiber folgen. Kantakuzenos weicht vom üblichen Schema
des Proömiums insofern ab, als er es in der Form zweier aufeinander bezogener
Briefe gestaltet; vgl. LIEBERICH, Heinrich: Studien zu den Proömien in der
griechischen und byzantinischen Geschichtsschreibung. II. München 1900, 42 f.
Nichts spricht dafür, daß die als Proömium des vorliegenden Werkes dienenden
Briefe echt sind, wie DRÄSEKE, Johannes: Zu Johannes Kantakuzenos. BZ 9
(1900) 80 f. zu glauben scheint. DRÄSEKE hat jedoch recht, wenn er gegen die
Meinung KRUMBACHERS: Litteratur 298 Neilos nicht als fingierte, sondern als
existente Person betrachtet. Dies hatte bereits PARISOT, Cantacuzene 30 A.2
vermutet. Neilos wird abermals am Schluß des Geschichtswerkes (4,50[III 365])
und wahrscheinlich auch am Anfang des dritten Buches (3,1[II 12]), wo aller-
dings der Plural der Anrede nicht dem Singular der Widmung an Anfang und
Ende entspricht, angeredet, so daß man annehmen kann, daß das Geschichts-
werk ihm gewidmet ist. Außerdem erweckt Kantak. II,12,2-3 den Eindruck, als
gehe er jetzt über sein ursprüngliches Ziel hinaus, was aber nicht gut zu 1,8 'ta 'tf
Ecp' ~!l&v paßt. DRÄSEKE a.a.O. 81f. hält ihn für identisch mit Neilos Kabasilas
(ca. 1300-1363), dem Lehrer des Demetrios Kydones und Metropoliten von
Thessalonike, eine Ansicht, die auch HUNGER: Literatur I 467 sich zu eigen
gemacht hat. Sollte jedoch in dem Neilos zugeschriebenen Brief ein Mönch
sprechen, dann steckt hinter diesem Namen nicht Neilos, sondern sein Neffe
Nikolaos Kabasilas, der bekannte Mystiker und Freund des Kantakuzenos (geb.
ca. 1320), welcher nach Aussage des Geschichtsschreibers (4,16[III 107f.], vgl.
LOENERTZ: Cabasilas 209; DENNIS: Manuel II,XXXI) bereits einmal den Wunsch
geäußert hatte, mit ihm in ein Kloster einzutreten; so schon PARISOT, a.a.O.·
Neilos wäre demnach der Mönchsname des Nikolaos Kabasilas. Hinter dem
Namen Christodulos verbirgt sich natürlich der Geschichtsschreiber selbst.
Vielleicht stellt dieser Name ein etymologisches Spiel dar (ÖOÜAOC; XQLO'tOÜ =
Mönch). Den Gebrauch des Pseudonyms sieht IRMscHER, Johannes: Autobio-
graphien in der byzantinischen Literatur, in: Studia byzantina II 4 als durch den
autobiographischen Charakter des Werkes bedingt an. Dasselbe Pseudoriym hat
jedenfalls Kantakuzenos bei einigen seiner theologischen Abhandlungen be-
nutzt; vgl. oben S. 13 und NICOL: Kantakouzenos 86 A. 125. Im übrigen hat

208
ANMERKUNGEN: 1-4

Kantakuzenos bei der Ausgestaltung seines Proömiums vielleicht Photios' Bi-


bliothek vor Augen gehabt: Auch in diesem Werk dient ein Widmungsbrief als
Proömium, in welchem der Wunsch des Bruders des Autors, Tarasios, als Ent-
stehungsgrund des Werkes angegeben wird. Auch hier wird der Adressat der
Widmung am Schluß des Werkes wieder angeredet. Der spätbyzantinische Hi-
storiker Kritobulos von Imbros (t ca. 1470) stellt seinem Geschichtswerk be-
kanntlichebenfalls einen Widmungsbrief voran. Vgl. auch die Briefsammlung
des Michael Choni<ites 'für seinen Bruder' Niketas Choniates (J. VAN DIETEN:
Erläuterungen usw. 35), und den Thesauros tes orthodoxou pfsteos des Niketas
Choniates für einen Freund (ebda. 46). Ein Widmungsbrief an Kantak. begleite-
te den Kommentar des Gregoras zu Synesios' Traumbuch (VAN DIETEN: Grego-
ras I 52 Nr. 39), und Eustathios von Thessalonike widmet einen seiner gelehrten
Kommentare einem Angehörigen des Kaiserhauses (dazu schon KRUMBACHER:
Litteratur unter dem Stichwort. Vgl. ferner HUNGER: Literatur 1,205).
2 Gemeint ist nicht Eukleides der Mathematiker, sondern Eukleides von Megara
(ca. 450-380 v.Chr.), ein Schüler des Sokrates. Nach Diogenes Laertios 2,106 f.
bekamen seine Jünger den Beinamen EQLO'tLXOL, weil sie unterschiedliche Inter-
pretationen über ein und dasselbe Objekt in der Diskussion vorbrachten. Die
gegensätzliche Betrachtung von Ereignissen des von Kantakuzenos behandelten
Zeitalters beruht natürlich auf den widersprechenden Ansichten der streitenden
Parteien und läßt sich bei einem Vergleich der Geschichtswerke von Kantakuze-
nos und Nikephoros Gregoras des öfteren feststellen.
3 Euripos, die bekannte Meerenge zwischen Euböa und Böotien, die eine viermal
täglich wechselnde Strömung au~eist, wurde von den alten Griechen, die Me-
taphern und Redewendungen mit Vorliebe dem Meer entliehen, als Bezeich-
nung für unbeständige Menschen verwendet. Der Ausdruck kommt bei byzanti-
nischen Autoren sehr oft vor. Der Historiker wendet ihn hier an, um das unstete
Leben seiner Zeitgenossen zu bezeichnen. Zu der Redewendung: Diogenian
3,39 (I 222 LEUTSCH-SCHNEIDEWIN); KARATHANASIS: Sprichwörter 52; PAPA-
GEORGIU, Petros N., in: BZ 12 (1903) 265 f. Zu Euripos: KODER, Johannes:
Negroponte. Wien 1973, 63 f. Zu\ den Beteuerungen des' Historikers über die
Wahrhaftigkeit seiner Berichte vgl. Kant. 1368 f., ferner KAZDAN: Cantacuzene
298 f.; HUNGER: Literatur I 469.
4 Kaiser Theodoros 1. Laskaris (1205-1222) ist der Gründer des Kaiserreichs von
Nikaia nach der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner im Jahre 1204.
Um ihn sammelten sich die zersplitterten byzantinischen Kräfte in Kleinasien.
Theodoros hatte Anfang Februar 1200 Anna, die verwitwete zweite Tochter
ih
Alexios' III. geheiratet. Sie war erster Ehe mit dem Sevastokrator Isaakios
Komnenos verheiratet gewesen. Nach dem Tode Annas verheiratete sich Theo-
doros Laskaris noch zweimal. Kantak. irrt, wenn er sagt, Theodoros Laskaris

209
ANMERKUNGEN: 4-7

habe die Herrschaft von seinem Schwiegervater Alexios III. übertragen bekom-
men. Er wurde erst etwa im Sommer 1205 von den kleinasiatischen Städten
zum Kaiser ausgerufen. Seine Heirat hat er nie als Titel seiner Herrschaft be-
trachtet (vgl. ANGOLD [A.5] 37). Zu Theodoros I. Laskaris: OSTROGORSKY:
Gesch. 351 f.; GARDNER, Alice: The Lascarids of Nicaea. The Story of an Empi-
re'in Exile. London 1912 (Nachdr. Amsterdam 1964), 53f.
5 Es stimmt nicht, daß Theodoros I. keinen männlichen Nachkommen hatte;
richtig ist, daß ein Sohn bereits gestorben war und ein anderer bei der Nachfol-
ge übergangen wurde; vgl. ANGOLD, Michael: A Byzantine Government in
Exile. Government and Society under the Laskarids of Nicaea (1204-1261).
Oxford 1975, 41f.; VAN DIETEN: Gregoras I 218 A.29. Irene war die älteste
Tochter des Theodoros und war Witwe von Konstantinos Dukas Palaiologos,
als sie 1212 oder kurz darauf Johannes Vatatzes heiratete. Sie war eine kluge
Frau und hatte eine vorzügliche Bildung genossen. Johannes III. Vatatzes
(1222-1254), dessen Vater Basileios einer unbedeutenden Familie entstammte
(:Niketas Choniates 400 [VAN DIETEN]), ist der größte Staatsmann der nikäi-
schen Periode und gilt als einer der bedeutendsten byzantinischen Herrscher;
vgl. OSTROGORSKY: Geschichte 359 f.; POLEMIS: Doukai 107 f.
6 Theodoros II. Laskaris (1254-1258) war, wie einst Konstantinos Porphyrogen-
netos, als gekröntes Haupt Gelehrter und Schriftsteller, zeichnete sich aber auch
als tatkräftiger Kaiser aus. Während seiner Herrschaft erlebte das Reich von
Nikaia eine kulturelle Blüte. Der Kaiser litt wie sein Vater an Epilepsie. Zu
seinem Leben und Werk: PAPPADOPOULOS, Johannes B.: Theodore Lascaris.
Paris 1908; GARDNER a.a.O. 197f.; DRÄSEKE, Johannes: Theodoros Laskaris.
BZ 3 (1894) 498f.; OSTROGORSKY: Geschichte 367f.; POLEMIS: Doukai 109f.
7 Johannes IV. Laskaris (1258-1261) war sieben oder acht Jahre alt, als sein
Vater im August 1258 im Alter von 36 Jahren starb. Vgl. SCHREINER: Klein-
chroniken II 196, A.76; VAN DIETEN: Gregoras I 232 A.100. Als Regenten für
seinen Sohn hatte Theodoros II. seinen Freund Georgios Muzalon bestimmt,
dieser fiel aber 9 Tage nach dem Tode des Kaisers einer Verschwörung des
Adels zum Opfer. Die Regentschaft übernahm daraufhin einer der prominente-
sten Vertreter der Adligen, Michael Palaiologos, der sich bald zum Kaiser pro-
klamieren ließ (1258; zum Datum P. WIRTH: Die Begründung der Kaisermacht
Michaels VIII. Palaiologos, JÖBG 10 (1961) 87f.; LOENERTZ: Chronique breve
342). Als es Michael gelang, Konstantinopel von den Lateinern zurückzuer-
obern (1261), wodurch er höchste Popularität erreichte, ließ er Johannes IV.
blenden, obwohl er zuvor mehrmals eidlich versprochen hatte, die legitimen
Thronrechte des jungen Kaisers zu respektieren. «Wie Andronikos Komnenos
sich des Sohnes Manuels», schreibt OSTROGORSKY: Geschichte 372, «so entle-
digte sich Michael Palaiologos des letzten Laskariden, dessen Rechte zu wahren

210
ANMERKUNGEN: 7-11

er eidlich gelobt hatte. Doch während Andronikos selbst einen furchtbaren


Untergang fand, vermochte der vielgewandte Palaiologe eine dauerhafte Herr-
schaft zu errichten und die längstlebige Dynastie der byzantinischen Geschichte
zu begründen: die Dynastie, die das Reich bis zu seinem letzten Tage regieren
sollte». Zu Johannes IV. Laskaris: GARDNER a.a.O. 233 f.; POLEMIS: Doukai
111. Zu Michael VIII. Palaiologos: GEANAKOPLOS, Deno John: Emperor Mi-
chael Palaeologus and the West 1258-1282: A Study in Byzantine-Latin Rela-
tions. Cambridge, Mass. 1959; vgl. auch C. CHAPMAN, Michel Paleologue,
restaurateur de l'empire byzantin (1261-1282). Paris 1936; OSTROGORSKY:
Geschichte 370 f.
8 Konstantin war der dritte Sohn des Kaisers Michael Palaiologos (ein Sohn Ma-
nuel verstarb noch vor der Geburt des Sohnes Andronikos, weshalb ihn Kantak.
hier nicht mitzählt). Er wird als Purpurgeborener bezeichnet, weil er der erste
Sohn Michaels war, der nach dessen Thronbesteigung im sog. Purpurgemach
des Palastes kurz nach 1260 geboren wurde. Um 1290 heiratete er Irene, Toch-
ter des Protovestiarios Johannes Raul. Wie wir aus Nikephoros Gregoras, Hist.
6,6 f. (I 186 SCHOPEN) erfahren, fiel Konstantin dem Neide seines Bruders, des
Kaisers Andronikos, zum Opfer und verbrachte mehrere Jahre im Kerker. Gre-
goras vergleicht ihn (ebenda S. 189) mit Kyros, dem Bruder des Artaxerxes. Er
starb als Mönch am 5. Mai 1306. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 23; POLE-
MIS: Doukai 160 f.; AHRWEILER: Smyrne 174 f.; CHATZES: 'PaouA 23 f.
9 Theodoros war der jüngste Sohn Michaels VIII., geboren um 1263. Er starb als
Privatmann nach 1310, nachdem sein Bruder, der Kaiser Andronikos, sich
geweigert hatte, ihm die Würde eines Despotes zu verleihen, woraufhin er alle
anderen Würden ausschlug. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 27. Zur Despotes-
würde vgl. unten, A.17.
10 Außer Irene, Eudokia und Anna (PAPADOPULOS a.a.O. 27f.) hatte Michael
Palaiologos noch zwei uneheliche Töchter, Euphrosyne und Maria: Ebenda 33.
11 Man versuchte zunächst, Isabella, die Tochter Villehardouins, des Herrschers
von Achaia, als Braut für Andronikos zu gewinnen, die Verhandlungen scheiter-
ten jedoch an dem Widerstand der Vasallen Villehardouins: ZAKYTHINOS: Des-
potat I 44; BON, Moree 135. Die Ehe mit Anna, der Tochter Belas IV. von
Ungarn, wurde vor November 1272 geschlossen. Anna war bereits die dritte
ungarische Prinzessin auf dem byzantinischen Thron. Ihre Mutter war Tochter
Theodoros' I. Laskaris. Sie starb schon vor der Alleinherrschaft ihres Gatten.
Nach DÖLGER: Ungarn in der byzantinischen Reichspolitik. Archivum Europae
Centro-Orientalis 8 (= rrAPA~rrOPA 175) beabsichtigte Michael mit dieser
Verbindung seines Sohnes, freie Hand gegen Serbien und Bulgarien zu erhalten.
Vgl. ferner GEANAKOPLOS, Deno John: Michael a.a.O. 233; VAN DIETEN: Gre-
goras I 250 A. 195 (mit der Berichtigung A. FAILLERS in: RSBS 1 [1980] 245).

211
ANMERKUNGEN: 12-16

12 Die Ehe des Andronikos mit Jolante, der Tochter Wilhelms VI. von Montferrat,
die in Byzanz den Namen Eirene erhielt, wurde 1284 geschlossen: DÖLGER:
Regesten IV 2087,2098. Die Braut war zu dieser Zeit elf Jahre alt. Zur Kaiserin:
DIEHL, Charles: Figures byzantines 11. Paris 6 1921,234 f.; CONSTANTINIDI-BIBI-
eou, Helene: Yolande de Montferrat, imperatrice de Byzance. L'Hellenisme
co~temporain 4 (1950) 425 f.
13 Außer Simonis hatte Andronikos II. zwei uneheliche Töchter, Maria und Irene:
PAPADOPULOS: Genealogie 42. Zu Simonis s. unten A. 49 und HEAD: Twilight
38f.
14 Michael (1277-1320) war der älteste Sohn Andronikos' II. Er wurde bereits zu
Lebzeiten seines Großvaters, Michael VIII., im Alter von 4 Jahren (1281), zum
Mitkaiser erhoben (vgl. dazu DÖLGER: I1APA~I10PA 187). Gekrönt wurde er
erst am 12. Mai 1294: VERPEAUX, Jean: Notes chronologiques sur les livres II et
III du de Andronico Palaeologo de Georges Pachymere. REB 17 (1959) 170 f.
Sein Vater versuchte zunächst, ihn mit Katharina von Courtenay, der Enkelin
Balduins II., die im Westen als Titularkaiserin von Konstantinopel galt, zu
vermählen; als jedoch seine Bemühungen fehlschlugen, heiratete Michael am
16. Januar 1295 die Schwester des Königs von Armenien, Rita, die in Byzanz
den Namen Maria erhielt und später als Nonne den Namen Xene trug. Vgl. G.
BRÄTIANU, Notes sur le projet de mariage entre l'empereur Michel IX Paleolo-
gue et Catherine de Courtenay (1288-1294). Revue historique du Sud-Est eu-
ropeen 1 (1924) 59 f.; VAN DIETEN: Gregoras I 275 f. A.338; II 1,101 A.2. Drei
Epigramme des codex Mare. gr. 464 könnten sich auf den Tod Michaels bezie-
hen: GEANAKOPLOS a.a.O. 381 f. Zu Michael IX. vgl. ferner FERJANCIc, Bozi-
dar: Michael IX. Palaiologos (1277-1320). ZRVI XII-1 (Festschrift Ostrogor-
sky). Belgrad 1974, 333f. (serb. mit dt. Zusammenfassung); PAPADOPULOS:
Genealogie 36f.; POLEMIS: Doukai 159f. Ein Gedicht auf den Tod Michaels
schrieb Theodoros Metochites: GUILLAND: Etudes byzantines 189 f. Abbildung
bei SPATHARAKIS: Portrait Nr. 119i.
15 Er meint in erster Linie Georgios Akropolites, dessen Geschichtswerk die Ereig-
nisse von 1203 bis 1261 behandelt, und Georgios Pachymeres, der das Ge-
schichtswerk des Akropolites bis zum Jahr 1308 fortgesetzt hat; vielleicht denkt
er außerdem noch an Nikephoros Gregoras.
16 Hier ist, wie es scheint, Gregoras gemeint. Ohne seinen Namen zu nennen, wirft
Kantakuzenos am Anfang des 3. Buches (II 12f.) Gregoras vor, er entstelle aus
Unkenntnis der Tatsachen die Wahrheit. Vgl. DRÄSEKE, Johannes: Kantakuze-
nos' Urteil über Gregoras. BZ 10 (1901) 115 f. Das Geschichtswerk des Kanta-
kuzenos hat der inzwischen verstorbene Gregoras nie zu Gesicht bekommen.

212
ANMERKUNGEN: 17-19

Zu BUCH I

17 Thomas Angelos folgte seinem Vater Nikephoros als Herrscher von Epiros
(Akarnanien) um 1296. Er regierte dieses Land, bis er von seinem Neffen und
Nachfolger Nicolo Orsini 1318 in Jannina ermordet wurde. Seine Witwe Anna
verehelichte sich anschließend mit dem Mörder ihres Gatten. Vgl. NICOL: Last
Centuries 183 f.; POLEMIS: Doukai 97 f. Thomas' Unterschrift in Dokumenten
lautete: 8w!-taC; ÖEoJt61llC; KO!-tVllvoÖouxac;; vgl. LEMERLE, Paul: Le privilege
du Despote d'Epire Thomas I pour le Venitien Jacgues Contareno. BZ 44
(1951) 391. Vgl. ferner NICOL in: RSBS 1 (1980) 256f.
Die Würde des Despoten wurde 1163 von Manuel 1. Komnenos für seinen
präsumptiven Nachfolger, den ungarischen Prinzen Bela-Alexios, eingeführt.
Der Kaiser wollte damit ein Pendant zum ungarischen Thronfolgertitel Urum
(= mein Herr, vgl. franz. monsieur) schaffen. Seitdem galt der Ehrentitel des
Despotes als die höchste Würde nach der des Kaisers und vor der des Sebasto-
krators. Vgl. OSTROGORSKY, Georg: Urum-Despotes. Die Anfänge der Despo-
teswürde in Byzanz. BZ 44 (1951) 448 f.; GUILLAND, Rodolphe: Etudes sur
l'histoire administrative de l'empire byzantin. REB 17 (1959) 52 f. (= Recher-
ches II lf.); STEIN: Untersuchungen 31; WIRTH, Peter: Die Genesis der byzanti-
nischen Despoteswürde im Lichte der zeitgenössischen höfischen Titulatur. By-
zantina 5 (1973) 42lf. Kantakuzenos beginnt im übrigen seine Erzählung wie
Gregoras sein 8. Buch, das er wahrscheinlich hier vor Augen hatte. Vgl. VAN
DIETEN: Gregoras II 1,101 A.2.
18 Zum Zaren Theodor Svetoslav (1300-1322) vgl. JIRECEK: Bulgaren 285 f. Un-
ter seiner Herrschaft erlebte Bulgarien bessere Tage als unter seinen Vorgän-
gern: OSTROGORSKY: Geschichte 407; Histoire du moyen age IX 267. Zu den
Formen seines Namens bei den byzantinischen Geschichtsschreibern: MORAv-
CSIK: Byzantinoturcica II 294. Seine Gattin Theodora, geboren um 1296, wurde
als Zwölfjährige mit dem Zaren vermählt. Als Svetoslav im Sommer 1322 an
einer Krankheit starb, blieb die Zarenwitwe eine Weile in Trnovo, der Residenz
der bulgarischen Zaren. In Jahre 1324 heiratete sie den Nachfolger Svetoslavs,
den Zaren Michael Sisman (vgl. unten A.240). Nachdem ihr zweiter Gemahl
am 18. Juli 1330 in der Schlacht bei Velbuzd (Kant. I 428 f.) gefallen war,
kehrte Theodora nach Konstantinopel zurück und trat als Nonne Theodosia in
ein Kloster ein. Vgl. Kant. 3,36(II 222) und die Interpretation dieser Stelle von
LOENERTZ: Ordre et desordre 223 A.6 und VAN DIETEN a.a.O. 119; DÖLGER,
Franz: Einiges über Theodora, die Griechin, Zarin der Bulgaren (1308-1330).
Melanges H. Gregoire 1(= IIAPALIIOPA 222f.); PAPADOPULOS: Genealogie
45.
19 In attizistischer Manier bezeichnen die byzantinischen Geschichtsschreiber die

213
ANMERKUNGEN: 19-21

Fremdvölker ihrer Zeit mit antiken Namen. So werden die Türken als Perser,
die Bulgaren als Myser, die Serben als Triballer, die Tataren als Skythen usw.
erwähnt. Diese Eigentümlichkeit beruht nicht, wie MORAVCSIK behauptet, auf
dem irrtümlichen Glauben der Byzantiner, die damit bezeichneten Völker seien
mit den Trägern der entsprechenden Namen in der Antike identisch (diese
Theorie bewahrheitet sich nur in Ausnahmefällen), sondern eher auf dem Prin-
zip des Attizismus, keinen Namen zu benutzen, der nicht in den klassischen
Texten belegt ist (: Aristeides, Rhetorik 2,10,1[II 537 SPENGEL]). Vgl. MORAv-
CSIK, Gyula: Klassizismus in der byzantinischen Geschichtsschreibung, in: Poly-
chronion 37lf.; DERs.: Byzantinoturcica II 13f.; AMANTOS: 'Ov6!-tU1:u 97f.
Vgl. ferner unten A.230.
20 Daß Michael aus der Hauptstadt entfernt wurde, war das Resultat von Span-
nungen zwischen ihm und seinem Vater, die auf die Zeit der Türkenfeldzüge
Michaels in Kleinasien (1302, vgl. ÜSTROGORSKY: Geschichte 406) zurückgin-
gen. Michael wird von der Hauptstadt ferngehalten, damit er nicht mit den
politischen Gegnern des Andronikos gegen seinen Vater konspirieren kann:
BOSCH: Andronikos III. 9 f. In der Umgebung Thessalonikes besaß Michael
Ländereien; vgl. THEOCHARIDES: '!01:ogCu 375.
21 Kantakuzenos verschweigt hier geflissentlich, wie Manuel starb, obgleich die
Episode als der Hauptgrund für den Ausbruch des angestauten Zornes des
Kaisers gegen seinen Enkel angesehen wurde. Die Umstände von Manuels Tod
erfahren wir aus Gregoras, Hist. 8,1(1285 f. SCHOPEN): Er wurde ermordet von
den Gefolgsleuten seines Bruders, des jüngeren Andronikos, die vor dem Haus
einer Dame, für die sich der junge Prinz interessierte, einem Rivalen ihres Herrn
auflauerten. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um einen vorsätzlichen Bru-
dermord, wie BoscH a.a.Ü. 15 A.4 vermutet. VAN DIETEN: Gregoras II 1,110
hält einen Mord durch Anhänger Andronikos' III. nicht für ausgeschlossen,
verneint aber ein Mitwissen des Prinzen. Es war wohl ein tragisches Versehen
der Gefolgsleute Andronikos' d.]., die Manuel nicht erkannten und ihrem
Herrn einen Dienst erweisen wollten, indem sie ihn von einem lästigen Rivalen
befreiten. Die «maßlose Trauer» Michaels, von der an unserer Stelle die Rede
ist, rührt hauptsächlich von diesem Ereignis her und brachte ihn letztlich ins
Grab. Vgl. GIBBON: Decline VI 490; ÜSTROGORSKY: Geschichte 412; PARISOT:
Cantacuzene 30 f.; BOSCH: Andronikos III. 12f.; NICOL: Last Centuries 161;
VAN DIETEN: Gregoras II 1,104 A.5. Im übrigen ist das Todesdatum Michaels
auch durch Kurzchroniken überliefert, die mit der Angabe des Kantakuzenos
übereinstimmen; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken I 76 Nr. 11c, 92 Nr. 2, 351
Nr. 2; LOENERTz: Chronique breve 349. Gregoras, Hist. 7,13(1 278) erzählt
von einem merkwürdigen Zeichen im Palast von Adrianopel, das angeblich den
Tod Michaels vorangekündigt habe. Vgl. ferner HEAD: Twilight 45 f.

214
ANMERKUNGEN: 22-25

22 Es handelt sich hier um eine Jahreszahl der byzantinischen Zeitrechnung, die


von der Gründung der Welt an zählt. Nach ihr war der erste Tag der Schöpfung
der Sonntag, 31. März (sie!) 5508 v. Chr. Das Jahr fing am 1. September an. Die
praktische Regel, nach der das byzantinische Jahr in ein Jahr unserer Zeitrech-
nung umgerechnet wird, lautet: Vom 1. Januar bis zum 31. August 5508, vom
1. September bis zum 31. Dezember 5509 abziehen. In unserem Fall: 6829 -
5509 = 1320. Zur byzantinischen Zeitrechnung: GRUMEL, Venance: La Chro-
nologie (Bibliotheque byzantine, 1). Paris 1958, 111 f.
23 Der vom Kaiser angegebene Grund für die Amtsenthebung des jüngeren Andro-
nikos war natürlich die Schuld an der Ermordung seines Bruders sowie seine
unsolide Lebensweise im allgemeinen, was Kantakuzenos hier wieder ver-
schweigt; in Wirklichkeit hatte jedoch der alte Kaiser angefangen, die ständig
wachsende Macht seines Enkels zu fürchten, da dieser eine starke Anhänger-
schaft von Adligen und Genuesen um sich gesammelt hatte. Vgl. BOSCH a.a.O.
13; BALARD: Romanie I 67 f. Vgl. auch VAN DIETEN: Gregoras II 1,138 f.
24 Der Despotes Konstantin darf nicht mit dem gleichnamigen Sohn Michaels VIII.
(vgl. oben, A.8) verwechselt werden. Er war der zweite Sohn von Andronikos II.
und Anna von Ungarn, geboren um 1280. Obgleich zweimal verheiratet, blie-
ben seine Ehen kinderlos. Den unehelichen Sohn Michael Katharos zeugte Kon-
stantin mit einer Kammerzofe seiner zweiten Gemahlin Eudokia, die den Na-
men Kathara trug. 1322 wurde er auf Befehl seines Neffen, des jüngeren Andro-
nikos, verhaftet und eingekerkert. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 37; DÖLGER,
Franz: Epikritisches zu den Facsimiles byzantinischer Kaiserurkunden. Archiv
für Urkundenforschung 13 (1933) 63f. (= Diplomatik 95f.) (Korrekturen zu
den Angaben dieser Autoren bei VAN DIETEN: Gregoras II 1,109 f. A.20 und
21).
25 Nach BOSCH: Andronikos III. 15 AA verfolgt Kantakuzenos mit der Disqualifi-
zierung des Katharos an dieser Stelle den Zweck, das Fehlen jeder Erwähnung
des Jungen (er war damals 15) in der folgenden Schilderung der Ereignisse auf
seine Bedeutungslosigkeit zurückzuführen und den möglichen Verdacht des Le-
sers, Katharos könne liquidiert worden sein (was die genannte Autorin für sehr
wahrscheinlich hält), abzuwenden. Dies alles bleibt jedoch im Bereich der Spe-
kulation, zum al auch Gregoras von einem gewaltsamen Ende des Katharos
nichts weiß. Nach KYRRIS, Kostas P.: <0 KunQLo<; aQXLEnLoxono<; 8WOUAO-
VLWYj<; <YaxLV'fro<; (1345-6) xui Ö Q6AO<; 10U d<; 10V aV1LnUAUf..LLlLXOV ay&vu.
KunQLuxui ~nouÖuL 25 (1961) 110 ist Katharos mit dem späteren Anführer
der Zelotenpartei in Thessalonike, Michael Palaiologos (vgl. OSTROGORSKY:
Geschichte 428), identisch. Im übrigen hat Andronikos d.Ä. Michael Katharos
vermutlich lange vor dem Tode Michaels IX. zu sich genommen, und zwar nicht
in der Absicht, ihn zum Kaiser der Rhomäer zu erheben, wie Kantakuzenos uns

215
ANMERKUNGEN: 25-28

ausdrücklich versichert, sondern um ihn zu erziehen und später eventuell mit


einer ausländischen Prinzessin zu verheiraten, wie wir von Gregoras, Hist. 8,3(1
294 f.) glaubwürdig erfahren; dies letztere hätte eine Anwartschaft des Katharos
auf den Thron ausgeschlossen: VAN DIETEN: Gregoras 11 1,110,114 und 115.
26 Der Treueid der hohen Würdenträger und Funktionäre des Reiches dem Kaiser
gegenüber, der nach dem Tode eines Kaisers abgenommen wurde, stellt eine
byzantinische Institution dar, die vom Römischen Reich übernommen wurde.
Die Statthalter der Provinzen wurden erst, wenn sie den Treueid dem neuen
Kaiser geleistet hatten, wieder eingestellt, falls dieser damit einverstanden war.
Der Treueid wurde schriftlich geleistet und das diesbezügliche Dokument im
Archiv des Palastes registriert und aufbewahrt. Ein Teil eines solchen Eides
aus der Zeit Manuels I. ist uns im Geschichtswerk des Niketas Choniates
(S. 228,36-39, VAN DIETEN) erhalten geblieben. Den Text einer Eidesformel aus
der Zeit Justinians hat uns Codex Paris. suppl. gr. 538 aufbewahrt (veröffent-
licht von EUSTRATIADES, Sophronios in: <POJllavo~ 6 MEAcpö6~ 1 [1932] 14f.).
Vgl. SVORONOS, Nicolas: Le serment de fidelite a l'empereur byzantin et sa
signification constitutionelle. REB 9 (1951) 106f. (= DERs.: Etudes sur l'orga-
nisation interieure, la societe et l'economie de l'Empire byzantin. Variorum
Reprints. London 1973, VI); (vgl. dazu VAN DIETEN: Gregoras 11 1,113); DÖL-
GER: Regesten 2444. Zur Bedeutung des Wortes bWQXLa bei Kantakuzenos:
MAKSIMOVIC: Uprava 29f.; vgl. WEISS, Günter in: Byzantina 7 (1975) 405.
27 Seit Michael VIII. wird der Institution des Mitkaisertums erhöhte Bedeutung
beigemessen, indem man dem ersten Mitkaiser Rechte einräumt, die bisher nur
der Kaiser hatte. So darf ersterer z. B. von nun an außer dem Basileus- auch den
Autokratortitel führen, der bis dahin ausschließlich dem letzteren vorbehalten
war. Offensichtlich bezweckte Michael, der in den Augen vieler Zeitgenossen
ein Usurpator war, damit, die Thronrechte seines Hauses zu sichern und eine
neue Dynastie zu gründen, was ihm auch gelang. Vgl. DÖLGER, Franz: Die
dynastische Familienpolitik des Kaisers Michael Palaiologos (1258-1282).
Festschrift E. Eichmann zum 70. Geburtstag (= IIAPA~IIOPA 178f.); OST-
ROGORSKY: Geschichte 395. - Der «Brauch» indes, von welchem Kantak. hier
spricht, ist das Vorlegen der auf einen Hauptkaiser und zwei Mitkaiser laufen-
den Eidesformel. Er suchte daraus direkte Nachfolgerechte für den zweiten
Mitkaiser abzuleiten. Dafür fehlte ein Präzedenzfall. Vgl. VAN DIETEN: Grego-
ras 11 1,113.
28 Andronikos Kamakuzenos war offensichtlich ein Verwandter (nach BOSCH
a.a.O. 14 ein Cousin) des Geschichtsschreibers. In Dokumenten aus den Jahren
1322 und 1325 wird er als Megas Chartularios bzw. Protovestiarites erwähnt.
Vielleicht starb er als Mönch. Vgl. NICOL: Kantakouzenos 152f.; ASDRACHA:
Rhodopes 188 f. Nach Gregoras, Hist. 8,3(1 296 SCHOPEN) verweigerten da-

216
ANMERKUNGEN: 28-29

mals viele Würdenträger den Treueid, nicht nur ein einziger, wie Kantakuzenos
an unserer Stelle versichert. Völlig in die Irre geht PARISOT: Cantacuzene 38, der
unsere Stelle auf den Geschichtsschreiber selbst bezieht, dem er auch das Amt
des Parakoimomenos zuschreibt (paracemomene d'Andronic). Vgl. NICOL:
Kantakouzenos 36 A.3; MARTINI: Philae carm. 111.
Das Amt des Parakoimomenos stellte einst eine der höchsten Hofwürden dar.
Der Träger dieses Amtes schlief in der Nähe des Kaisers und war für dessen
Sicherheit verantwortlich. Er begegnet wahrscheinlich erstmals im 7. Jahrhun-
dert. In der frühesten Zeit war das Amt ausschließlich von Eunuchen besetzt
und galt als der höchste Rang, den ein Eunuch erreichen konnte. Unter den
Palaiologen wird das Amt geteilt. Nun gibt es den Parakoimomenos 't~~ acpEV-
ö6vrl~, der das Privatsiegel des Kaisers bewahrt, und den 'tou XOL'tWVo~, den
Vorsteher des sacrum cubiculum. Vgl. GUILLAND, Rodolphe: Fonctions et di-
gnites des eunuques. Etudes byzantines 2 (1944) 191f. (= Recherches 1202f.);
BURY: Administrative System 124 f.; STEIN; Untersuchungen 44.
29 Syrgiannes Palaiologos Philanthropenos entstammte einer adligen Familie. Sei-
ne Mutter war Eugenia Palaiologina (:PAPADOPULOS: Genealogie 21), eine
Nichte Michaels VIII., sein Vater der Großdomestikos Syrgiannes, der kumani-
scher Abstammung war (vgl. VAN DIETEN: Gregoras II 1,118). Syrgiannes ge-
noß eine gute militärische Ausbildung. Als Fünfundzwanzigjähriger wurde er
um 1315 mit einer Cousine des Kaisers Andronikos verheiratet, dessen Gunst er
sich zu dieser Zeit in hohem Maße erfreute. Biographisches über Syrgiannes:
BINON: Prostagma 138 f.; GUILLAND, Rodolphe: Fonctions et dignites des eu-
nuques. Etudes byzantines 3 (1945) 197f. (= Recherches I 247f.); WEIss:
Kantakuzenos 23 f. VAN DIETEN: Gregoras II 1,118 f. bestreitet, daß Syrgiannes'
Mutter Eugenia Palaiologina war und daß sein Vater den Titel des Groß dome-
stikos geführt habe. Diese Annahme gründe sich auf die falsche Interpretation
einer Stelle des Gregoras (I 320), in welcher die Mutter des Syrgiannes (ohne
Namen) als Gesandte des Kaisers an Andronikos d.]. erwähnt wird, und die
man mit Eugenia Palaiologina, die nach Kantakuzenos (I 109) ebenfalls als
Gesandte an Andronikos d.J. entsandt wird, identifiziert habe. Es ist wahr, daß
einige Präzisierungen bezüglich der Elternschaft des Syrgiannes hypothetisch
sind, auf der anderen Seite setzt VAN DIETENS Theorie voraus, daß Kantak. eine
der Gesandtschaften Andronikos' d. Ä., durch welche die erste Runde des Bür-
gerkrieges beigelegt wurde, verschweigt, was nicht sehr wahrscheinlich ist; s..
unten A.123. PARISOT: Cantacuzene 37 A.l analysiert Syrgiannes' Namen in
'sir Ianni l ; vgl. dazu BINON a.a.O. 138 A.4. Im übrigen dürfte es kaum stimmen,
daß Syrgiannes' Vater ein Zeitgenosse des Kaisers Johannes III. Vatatzes
(1222-1254) war, wie Kantakuzenos an unserer Stelle sowie Gregoras (I 296)
angeben. VAN DIETEN a.a.O. 118 will diese Stellen in einer Weise verstehen, die

217
ANMERKUNGEN: 29-33

der Wortlaut des Textes kaum zuliißt. Die ziemlich ähnliche Ausdrucksweise
beider Historiker muß hier bedenklich stimmen (oder meint Kantakuzenos un-
ter Jtm{)6~ den Großvater, wie auch an anderen Stellen? Vgl. 129 und passim).
Dies gilt auch für den Fall, daß Kantakuzenos hier Gregoras vor Augen hatte.
Ungenau interpretiert unsere Stelle AHRWEILER, Helene in: Polychronion 37.
Über die Übersiedlung der Kumanen erfahren wir aus Gregoras (I 36f.): Es
seien nicht weniger als 10000 Mann gewesen und wurden von Johannes Vatat-
zes in Thrakien und Makedonien sowie in Phrygien angesiedelt; vgl. dazu WIT-
TEK: Mentesche 13f. Zu den Kumanen im allgemeinen: RASSOVSKIJ, D. A.:
Polovcy. Seminarium Kondakovianum 7 (1935) 245 f. und 8 (1936) 161 f. (russ.
mit sehr knapper franz. Zusammenfassung); MORAVCSIK: Byzantinoturcica II
167f.
30 Nach Gregoras (I 299 f.) hatte Andronikos d. Ä. Syrgiannes beauftragt, seinen
Enkel heimlich zu überwachen, Syrgiannes verriet dies jedoch dem jüngeren
Andronikos und stachelte ihn zur Rebellion gegen seinen Großvater an. Nach
dem genannten Historiker war Syrgiannes einige Zeit aus dem Kerker entlassen,
als er zum jüngeren Andronikos in Verbindung trat. Vgl. FLORINSKIJ: Andronik
96; VAN DIETEN a.a.O. 123f.
31 Syrgiannes gibt hier für sein Mithandeln re~n idealistische Motive an. In der
Rede jedoch, die er bei Gregoras (I 300) vor Andronikos d.]. hält, verlangt er
als Gegenleistung für seine Unterstützung Ämter und große, ertragreiche Lände-
reien (sogenannte Pronoiagüter) sowie die Stelle des «ersten Ministers», was
ihm der Mitkaiser auch eidlich verspricht. Kantakuzenos verschleiert hier
etwas, wie WElss: Kantakuzenos 24 zu Recht annimmt. Er hatte allen Grund zu
verschweigen, daß Andronikos III. die später ihm selbst verliehene Stellung
ursprünglich dem Syrgiannes eidlich versprochen hatte. Vgl. dazu VAN DIETEN
a.a.O. 126f.
32 In diesem Sinne äußert sich auch Gregoras (1301) bezüglich der engen Freund-
schaft zwischen Andronikos d.]. und Johannes Kantakuzenos, welche er gleich-
altrig nennt. Mit Sicherheit kennen wir jedoch nur das Geburtsdatum des An-
dronikos (25.3.1297): SCHREINER: Kleinchroniken I 76 Nr. 11a (statt '1296)
lies ebenda '1297)); LOENERTZ: Chronique breve 348. Zu den überschwengli-
ehen Beteuerungen der Freundschaft zwischen Andronikos d.]. und Johannes
Kantakuzenos im Geschichtswerk vgl. DÖLGER: IIAP ALIIOP A 197 f.
33 Mehr vielleicht als jeder andere byzantinische Geschichtsschreiber legt Kanta-
kuzenos in sein Geschichtswerk direkte Reden ein, eine Stileigentümlichkeit, die
die Geschichtsschreibung der Byzantiner bekanntlich vom Altertum geerbt hat.
Bei unserem Historiker dienen diese Reden nicht nur rhetorisch-stilistischen
Zwecken, der Autor beabsichtigt vielmehr, durch sie sein Verhalten zu rechtfer-
tigen. Sie stellen nach den Worten PARISOTS ein Plädoyer für die Tugenden und

218
ANMERKUNGEN: 33-36

die Macht ihres Verfassers dar, sie tragen seine angebliche Selbstlosigkeit, Ge-
rechtigkeit, Einsicht und Hingabe an seine Freunde zur Schau. Auch wenn einer
seiner Gegner spricht, schlägt der Verfasser daraus für sich Kapital, indem er
ihn durch das, was er ihm in den Mund legt, als hinterlistig, ungerecht und
verleumderisch erscheinen läßt. Zusammengenommen machen diese Reden
dem Umfang nach mehr als die Hälfte des Geschichtswerkes aus. Vgl. PARISOT:
Cantacuz~ne 10f.; GIBBON: Decline VI 489; HUNGER: Literatur I 472f. Eine
literarische Spannung und einen dramatischen Effekt erzeugt nach KAZDAN:
Cantacuzene 301 der das Werk beherrschende Gegensatz zwischen der Schilde-
rung der Tugenden des Autors und seiner Freunde und der im lexikalischen
Ausdruck hervorgehobenen negativen Eigenschaften der Menschen überhaupt.
Schließlich erreicht die Nachahmung des Thukydides durch den Autor, die auch
sonst teilweise sehr stark hervortritt, bei den Reden einen Höhepunkt. Sie be-
zweckt natürlich keine Zurschaustellung der Kenntnisse des Autors, sondern
scheint eine innere Funktion des Werkes zu erfüllen. Es wäre diesbezüglich nicht
abwegig anzunehmen, daß der Historiker durch die Anlehnung seiner Diktion
an Thukydides das Ziel verfolgt, seinen Leser in die Atmosphäre seines großen
Vorbildes einzuführen und ihn auf den Verfall des byzantinischen Reiches auf-
merksam zu machen sowie sich selbst als einen Untergangshelden zu schildern.
Vgl. unten A.200; 322. Anders SCOTT, R. in: Byzantium and the Classical
Tradition. Birmingham 1981, 72.
34 Er spielt auf die Geschichte der Bibel (2 Reg. 15 f.) an, wonach Absalom, der
dritte Sohn Davids, sich gegen seinen Vater empörte, während Ahitophel sein
Bundesgenosse und Ratgeber war.
35 Adrianopel, türk. Edirne, bulg. Odrin, die bekannte, am Zusammenfluß von
Tonzos und Hebros 215 Kilometer nordwestlich von Konstantinopel gelegene
Stadt, wird bei den byzantinischen Historikern zumeist mit ihrem älteren Na-
men Orestias genannt. In spätgriechischer sowie in byzantinischer Zeit bekam
die Stadt dank ihrer außerordentlichen Lage erhöhte Bedeutung. Vgl. EYICE,
Semavi: Adrianopel in der byzantinischen Zeit und das zugehörige Schrifttum
(Sonderdruck aus dem Jubiläumsband für Adrianopel). Ankara 1964 (in türk.
Sprache, uns unzugänglich); MATSCHKE: Reaktion 52f.; SAMOTHRAKES, A.
TH.: AESLXOV YEWyg. xui taL. Li)c; 8gux'Y]C;. Athen 1963, 23 f.; ASDRACHA:
Region 13 7 f.
36 Christupolis (bzw. Christopolis) heißt in byzantinischer Zeit das antike Neapo-
lis, eine Gründung der Thasier an der gegenüberliegenden Küste, heute Kavalla.
Nachdem König Philipp 11. von Mazedonien die Stadt Philippoi gegründet hat-
te, diente Neapolis als Hafen dieser Stadt. Ihre Bedeutung wuchs mit dem Bau
der via Egnatia. An unserer Stelle ist wohl die Befestigung gemeint, die in spät-
byzantinischer Zeit oberhalb der Stadt gebaut wurde mit dem Ziel, den Paß

219
ANMERKUNGEN: 36-39

oberhalb von Christupolis zu kontrollieren: G. BAKALAKES, Ta 1taQ<l 't~V XQL-


O'tOUJtOALV 'tElXLO!!a. 'EAA'Y]VLItU 10 (1937-1938) 307 f.; JIRECEK: Heerstraße
60. Vgl. ferner OBERHUMMER, E.: RE XVI 2124f.; TAFEL: Via Egnatia orienta-
lis 12f.; SAMOTHRAKES a.a.O. 550. LEMERLE: Philippes I 192f.; G. BAKALAKES,
NEUJtOAL~ - XQLO'tOUJtOAL~ - KaßuAa. 'AQXaLOAOYLIt~ 'ECP'Y]!!EQL~ 1936, 1 f. In
Neapolis landeten Ende des Jahres 49 der Apostel Paulus und seine Begleiter auf
dem Weg nach Philippoi: LEMERLE a.a.O. 7.
37 Der Großdomestikos war der Oberbefehlshaber der Streitkräfte und galt als
einer der höchsten Würdenträger des byzantinischen Reiches. Das Amt begeg-
net zum ersten Mal im 9. Jahrhundert. Vgl. GUILLAND, Rodolphe: Le grand
domesticat a Byzance. EO 37 (1938) 53f. (= Recherehes I 405f.); LAURENT,
Vitalien: Le grand domesticat. Notes comph~mentaires. EO 37 (1938) 65 f.
GUILLAND a.a.O. (= Recherehes I 412 Nr. 27) ermittelt, daß Kantakuzenos erst
1328 zum Großdomestikos ernannt worden ist. VgL dazu detailliert NICOL,
Kantakouzenos 37, A.5. Gregoras betitelt ihn um diese Zeit (1321) als Megas
Papias, bald danach wurde er offensichtlich befördert. Gregoras bezeichnet ihn
gleich nach dem Frieden von Epibatai als Großdomestikos (1363); Gregoras ist
bei den Titeln genauer als Kantak.; Kantak. bezeugt außerdem nicht ausdrück-
lich, daß er schon seinerzeit Großdomestikos war. Gregoras sagt klar, daß er es
damals noch nicht war und er hat hierbei keinen Grund zu lügen. Vgl. dazu
auch VAN DIETEN: Gregoras 1I1,129f.140. Die Beförderung des Kantak., Syn-
adenos u.a. erwähnt, ohne Namen zu nennen, Kantak. I 119,13-15. Vgl. auch
NICOL: Kantakouzenos 36f. (der sich jedoch S. 139 fälschlich widerspricht).
Vgl. ferner WEISS: Kantakuzenos 10 A.50; VERPEAUX: Hierarchie 424.
38 Kallipolis (bzw. Kalliupolis) lag an der Stelle des heutigen Gelibolu am Helles-
pont gegenüber von Lampsakos. Bei den spätbyzantinischen Historikern wird
die Stadt oft, wie an unserer Stelle, als KaAAL01J Jt6AL~ erwähnt, eine Umschrei-
bung, die eine falsche Ableitung des Namens vorausgesetzt. Vgl. OBERHUM-
MER, E.: RE X 1659f.; SAMOTHRAKES a.a.O. 291f.
39 Die Matrosen waren seit dem Altertum für ihre Disziplinlosigkeit berüchtigt.
Außer der von Kantakuzenos angeführten Euripidesstelle vgl. Libanios, or.
11,38 (1449 FOERsTER): «eine am Meere gelegene Stadt ist zwangsläufig ange-
füllt von der den Seeleuten eigenen Roheit». Vgl. ferner die detaillierte Beschrei-
bung der Disziplinlosigkeit der byzantinischen Matrosen in Ägypten während
des Feldzuges von 1169 bei Niketas Choniates 167,52f. (der gleichfalls Euripi-
des zitiert!). Nach MATSCHKE: Reaktion 141f. sind hier von Kantakuzenos
Gasmulen, d.h. 'Mischlinge' gemeint, welche das Hauptreservoir für die Aushe-
bung der Marine darstellten und die ausschließlich betroffen waren, als die
Flotte unter Andronikos 11. reduziert wurde, und daher zu Ausschreitungen
neigten. S. noch MATSCHKE: Kantakuzenos 195 A.8.

220
ANMERKUNGEN: 40-44

40 Kantakuzenos' Gattin war Eirene Asanina, Tochter des Andronikos Palaiologos


Asan. Das Jahr der Vermählung ist nicht bekannt, es fällt auf jeden Fall vor
Oktober 1320. Eirene gebar Kantakuzenos sechs Kinder: Matthaios, Manuel,
Andronikos, Maria, Theodora und Helene. Sie nahm am politischen Geschehen
ihrer Zeit aktiven Anteil. Vgl. NlcoL: Kantakouzenos 104f.; TRAPP: Asanen
168f.
41 Apokauchos (bzw. Apokaukos, welche Form seines Namens wahrscheinlich die
richtige ist, vgl. Prosop. Lexikon Nr. 1180) war ein Mann von unbedeutender
Herkunft. Er stammte aus Bithynien. Nachdem er nach Konstantinopel gekom-
men war und bei Theodoros Hyrtakenos, dem bekannten Lehrer und Epistolo-
graphen, studiert hatte, gelang es ihm durch List (vgl. Kant. 3,14[II 89]) Ver-
walter der staatlichen Salinen zu werden und sich großen Reichtum zu erwer-
ben. Kantakuzenos und Syrgiannes weihten ihn in ihre Pläne ein, da er als
Geldgeber von großem Nutzen sein konnte. Zu Apokaukos: GUILLAND, Rodol-
phe: Etudes de civilisation et de litterature byzantines I: Alexios Apocaucos.
Revue du Lyonnais 1921,523 f.; DERS.: Correspondance 299 f.; WEIss: Kanta-
kuzenos 25 f.; EYlcE: Apocauque 92f.; Prosop. Lexikon a. O. MATSCHKE: Re-
aktion 133 f. Ein Bild des Apokaukos hat STAMULES, A. K. in: DIEE 9 (1926) zu
S. 588 sowie MEYENDORFF, Jean: St. Gregoire Palamas, S. 104 veröffentlicht.
Vgl. ferner SPATHARAKIS: Portrait Nr. 96 und 97. Zur Verwaltung der Salinen
in Byzanz vgl. die vortrefflichen Ausführungen von MATSCHKE, Klaus-Peter:
Bemerkungen zum spätbyzantinischen Salzmonopol, in: Studia byzantina II
37f.
42 Nach VAN DIETEN: Gregoras II 1,103 geht aus dieser Stelle hervor, daß für den
jüngeren Andronikos nach seinem Verzicht auf die Thronfolge eine Stellung
vorgesehen war, die unmittelbar nach der des designierten Thronfolgers ran-
gierte; eine ähnliche Würde wird später Matthaios Kantakuzenos angeboten,
ebenfalls als Tausch für einen entsprechenden Verzicht: Kant. 4,49(III 356).
43 Aus Gregoras, Hist. 8,1(1 285) erfahren wir, daß Andronikos d. J. den Plan
hegte, sich auf der Peloponnes, auf einer der ägäischen Inseln oder anderwärts
unabhängig zu machen und einen eigenen Herrschaftsbereich zu gründen. Es ist
daher unfair, wenn Kantakuzenos hier das Verbot für den jungen Andronikos,
Konstantinopel zu verlassen, als reine Schikane des Kaisers darstellt: VAN DIE-
TEN a.a.O. 102 AA. Einundzwanzig Jahre wurde Andronikos d. J. 1318, da er
1297 geboren wurde; vgl. oben A.32. Die hier erzählten Ereignisse gehen also in
die Zeit vor dem Tode Michaels IX. zurück. Vgl. VAN DIETEN: Gregoras II
1,102f., ferner unten AA7; THEOCHARIDES: <IatogLa 378 A.1.
44 Mit «Ehrerbietung» ist das griechische Wort :Ttgoaxuv'YJaLC; übersetzt worden,
welches ein Terminus technicus des byzantinischen Hofzeremoniells ist. Kon-
stantinos Porphyrogennetos, De cerim. 1,29 (I 161f. REIsKE) erwähnt zwei

221
ANMERKUNGEN: 44-46

Arten der Proskynese, «Fallen auf den Boden» (wobei wahrscheinlich Kniefall
und Berührung des Bodens mit dem Kopf gemeint ist) und «Fallen auf die
Knie». Eine Variante der letzteren ist der Kniefall mit gleichzeitigem Küssen des
Knies oder Fußes der zu verehrenden Person. Es gab auch noch einfache Formen
der Proskynese, wie Neigen des Kopfes, Verbeugung des Oberkörpers usw. Die
Art der Proskynese, die Andronikos d. ]. hier seinem Großvater erweist, ist
gewiß nicht das «Fallen auf den Boden»: Wenn er es unten 1,16(175) versucht,
verbietet es sich sein Großvater. Bei Gregoras 8,11(1359) küßt Andronikos d. J.
Hand und Fuß des Kaisers, der zu Pferde sitzt. Nach einem Kuß des Fußes küßte
der Kaiser seinen Verwandten auf die Augen: Kant. 1,16(176). Der Kuß auf die
Augen war auch im Altertum praktiziert, vgl. z. B. Libanios, or. 2,6 (I 241
FOERSTER). Vgl. ferner GUILLAND, Rodolphe: Autour du livre des ceremonies
de Constantin VII Porphyrogenete. La ceremonie de la 1tQoaxuvY]m~. Revue des
Etudes Grecques 59/60 (1946/47) 258f. (= Recherches 1147) sowie RAYBAUD:
Gouvernement 87f.
45 Aus der Tatsache, daß das Diadem des Mitkaisers gegen den Türsturz stößt,
darf man nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß er von außerordentlich langer
Statur war, da es sich wohl um ein kleines Anwesen innerhalb des Palastgelän-
des handelt, in welchem sich der alte Kaiser gerne aufzuhalten pflegte. Im
übrigen werden bereits bei antiken Historikern zufällige Begebenheiten um das
Diadem eines Königs oder Kaisers als außerordentlich wichtige Omina aufge-
faßt; vgl. Diodor 17,116; Arrian, An. 7,22,3 (Alexander d. Gr.); Appian, Syr.
56 (Seleukos); Dio Cassius 56,29 (Cäsar) usw. Ansonsten darf man aus dem
Singular TOV AL80V des Textes nicht schließen, daß nur ein Stein vorhanden war
und es sich daher evtl. um kein Diadem handelte; denn gemeint ist der wichtig-
ste (größte) Stein des Diadems. Ähnlich spricht Gregoras (I 258) über das
Diadem Michaels: «Die Kopfbedeckung des Kaisers, geschmückt, wie üblich,
mit dem Stein (nicht «mit Steinen», wie VAN DIETEN: Gregoras I, 197 über-
setzt) und den Reihen der Perlen».
46 Joseph der Philosoph, der sich wie viele Mönche auch Rhakendytes nannte,
geboren um 1280 auf Ithaka, kam zunächst nach Thessalonike, wo er Philoso-
phie studierte. Anschließend lebte er als Einsiedler in verschiedenen Gegenden
Griechenlands, und kam dann nach Konstantinopel, vermutlich vor dem Früh-
jahr 1308. Es gibt kaum einen Zeitgenossen, der über ]oseph spricht, ohne ihm
höchstes Lob zu spenden, wie es Kantakuzenos an unserer Stelle tut. Die Wahl
zum Patriarchen soll er viermal abgelehnt haben. ]oseph starb wahrscheinlich
um 1330 in Thessalonike. Vgl. TREU, Maximilian: Der Philosoph ]oseph. BZ 8
(1899) 42f.; DRÄsEKE, ]ohannes: Zum Philosophen ]oseph. Zeitschrift für wis-
senschaftliche Theologie 42 (1899) 612f.; GUILLAND: Correspondance 338 f.;
HUNGER: Palaiologenzeit 150f. Offensichtlich beauftragt Andronikos d. J. Jo-

222
ANMERKUNGEN: 46-50

seph mit der Botschaft an seinen Großvater, weil der fromme Mann die Gunst
des Kaisers genießt.
46a Zur Bedeutung von cpLAoaocp(a = «Frömmigkeit» vgl. DÖLGER, Franz: Zur
Bedeutung von cpLAoaocpo<; und cpLAoaocp(a in byzantinischer Zeit, in: Byzanz
und die europäische Staatenwelt2 , Darmstadt 1976, S. 197-208; HUNGER, H.:
Reich der neuen Mitte 284 f.
47 Die zeitliche Angabe weist ebenfalls auf das Jahr 1318 hin; vgl. oben
A.43.
47a X{}E<; /taL ngwYjv ist eine häufige Redensart, die so viel wie «vor kurzem»
bedeutet.
48 An der Stelle, an der Hadrian später Adrianopel gründete, bestand in älterer
Zeit die Siedlung Uscudama (= Wasserburg), die die Hauptstadt des Odryser-
reiches war. In seiner attizistischen Manier nennt nun Kantakuzenos die zeitge-
nössischen Einwohner jener Gegend Odryser. Desgleichen werden ein paar Zei-
len weiter die Serben Triballer genannt. Vgl. oben A.19.
49 König Stephan Uros II. Milutin (1282-1321) von Serbien folgte seinem Bruder
Stephan Dragutin auf dem Thron, als dieser infolge eines Unfalls abdankte. Er
war ein schöner, freundlicher und tapferer Mann. Er hatte sich bereits mehr-
mals vermählt, bevor er Simonis heiratete. Seine erste Gattin war die Tochter
des Sevastokrators Johannes 1. von Thessalien, seine zweite Elisabeth von Un-
garn, eine Schwester des Königs Ladislaus IV., die bereits als Kind in ein Kloster
eingetreten war und von Uros als Nonne verführt und dann zu seiner Gattin
gemacht wurde. Nachdem er sich auch von dieser Frau getrennt hatte, heiratete
er als dritte Frau Anna, die Schwester des bulgarischen Zaren Svetoslav. Simo-
nis wurde also seine vierte Gattin - sie war im Jahr der Vermählung (1299) nur
sechs Jahre alt -, nachdem Eudokia, eine Schwester Andronikos' II., abgelehnt
worden war (Greg. I, 202f.). Diese Heiratsverbindung bezweckte nebenbei die
Befestigung eines Friedensvertrages, welchen die Byzantiner soeben mit den
Serben geschlossen hatten. Die dritte Frau des Krals wurde zugleich den Byzan-
tinern übergeben. Vgl. DÖLGER: Regesten 2209. Zu Uros II.: JIRECEK: Serben I
332f. Zu Simonis: LASKARIS, Michael: Vizantiske princeze u srednjevekovnoj
Srbiji. Prilog istoriji vizantisko-srpskie odnosa od kraja XII do sredine XV veka.
Belgrad 1926,53 f.; HUNGER, H./KRESTEN, O. in: JÖB 29 (1980) 223 f. Im
übrigen stellt das Wort /tgUAYj<; das byzantinische Pendant zum serbischen Kral
dar, das wiederum aus dem Königsnamen Carolus stammt. Zum Gebrauch des
Wortes bei Kantakuzenos vgl. TEOTEOI: Conception 175.
50 Obwohl Kantakuzenos hier die Allianz mit dem Kral befürwortet, warnt er
nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges Andronikos d. J. vor den Gefahren einer
Bundesgenossenschaft mit den Serben oder den Bulgaren: Kant. 1,21(1 104),
dazu JIRECEK a.a.O. 353. Der serbische Mönch Kallinik ist noch aus einem

223
ANMERKUNGEN: 50--53

Chrysobullos Logos des Kaisers Andronikos II. vom Januar 1318 bekannt; vgl.
DÖLGER: Aus den Schatzkammern 140; DERs.: Regesten 2468, 2665.
51 Theodoros Synadenos Komnenos Dukas Palaiologos entstammte einem alten
Adelsgeschlecht. Seine Mutter war Theodora Palaiologina (: PAPADOPULOS:
Genealogie 9), eine Tochter des Bruders Michaels VIII., Konstantinos. Sein
Vater Johannes Synadenos schloß sich als Toparch (= Feudalherr, vgl. unten
A.53, VAN DIETEN a.a.O. 131) von Pologos, das im Herrschaftsbereich der
Angeloi lag, dem Kaiser Michael VIII. an, wofür er geehrt wurde und die Nichte
des Kaisers zur Frau erhielt. Theodoros wurde wahrscheinlich im Zuge der
allgemeinen Entlassungen nach dem Tode des ersten Mitkaisers Michael IX.
(vgl. oben S. 21) seines Amtes als Statthalter von Prillapos (Prilep) und Umge-
bung enthoben. Der Kaiser stellt ihn wieder ein, doch nimmt er die Statthalter-
schaft nicht an: oben S. 67. Er scheint bereits damals den Titel des Protostrators
geführt zu haben, da Kantakuzenos ihn unentwegt so nennt; anders Gregoras I
301,8. VAN DIETEN a.a.O. 130 betitelt ihn als 'Domestikos des ksl. Tisches'.
Vgl. HANNICKISCHMALZBAUER: Die Synadenoi 136f. (mit vollständiger Litera-
tur); VAN DIETEN: Gregoras II 1,120f. LEMERLE, Paul: Actes de Kutlumus. Paris
1946,68 f. Abbildung des Theodoros bei SPATHARAKIS : Portrait Nr. 146 (vgl.
ebenda 195). Das Amt des Protostrators - er war Adjutant des Kaisers - begeg-
net erst im 8. Jahrhundert. Diesem Posten kommt unter den Palaiologen erhöh-
te Bedeutung zu. Außer als Adjutant fungiert der Protostrator seit dem
12. Jh. als höherer Befehlshaber der Streitkräfte (etwa General der Kavallerie)
und nimmt in der Hierarchie der Ämter den 8. Rang ein. Trotz dieser Einstu-
fung gibt es wahrscheinlich zu jener Zeit mehrere Träger dieses Amtes. Vgl.
GUILLAND, Rodolphe: Etudes de titulature et de prosopographie byzantines. Le
Protostrator. REB 7 (1949) 156f. (= Recherches I 478f.); BURY: Administrati-
ve System 117 f.
52 Die Festung Prillapos (Prilep) lag am Rande der Ebene von Pelagonia, 41 Kilo-
meter nordöstlich von Monastir. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
war sie die Residenz des legendenumwobenen Königs Marko; vgl. JIRECEK:
Serben II 104. Zum Begriff <MaxEoovLa' bei Kantakuzenos vgl. AMANTos,
Konstantinos in: EEBS 1 (1924) 44.
53 Pologos war eine Landschaft am oberen Vardar; vgl. JIRECEK, Serben I 372.
Anders NICOL, Donald M. in: BZ 49 (1956) 102 A.8, der sie unweit von
Kastoria lokalisiert. Der Ortsname ist slavischer Herkunft (bulg. Polog = Tal-
senke); vgl. VASMER: Slaven 117 Nr. 38. Das Wort 'toJtaQXy]~, das im sog.
Strategikon des Kekaumenos häufig vorkommt, bedeutet einen unabhängigen
Feudalherren, dessen Ländereien irgend wo an der Grenze des byzantinischen
Reiches liegen. Vgl. LITAVRIN, G. G.: Sovety i rasskasy Kekavmena. SoCinenie
vizantijskogo polkovodca XI veka. Moskau 1972,405 A.369; LEMERLE, Paul:

224
ANMERKUNGEN: 53-60

Prolegomenes a une edition critique et commentee des «Conseils et Recits» de


Kekaumenos (Academie royale de Belgique, Classe des Lettres et de Sciences
morales et politiques. Memoires, 54/1). Brüssel 1960,80f.
54 Aus dem hier Gesagten geht hervor, daß Apokaukos nicht dem engeren Kreis
der Verschwörer, den PARISOT «Triumvirat» nennt, angehörte.
55 Es handelt sich offensichtlich um ein Mitglied des berühmten, vielverzweigten
genuesischen Adelsgeschlechts der Doria. Der hier erwähnte Raffo Doria ist
höchstwahrscheinlich mit dem gleichnamigen Gesandten identisch, der im Ok-
tober 1300 von Genua an den Konstantinopler Hof entsandt wurde: CARO:
Genua II 304f. Vgl. ferner BALARD: Romanie I 68.
56 Mit der genuesischen Familie der Spinola war Andronikos d. J. in gewissem
Sinne verwandt, da sein Onkel Theodoros Palaiologos, der Markgraf von
Montferrat, mit Argentina Spinola, einer Tochter des prominentesten Mitglie-
des dieses Geschlechts, Opizino Spinola, verheiratet war; vgl. LAIOU: A Byzan-
tine Prince 400 f. Der hier erwähnte Frederico Spinola ist aus anderen Quellen
nicht bekannt.
57 Die Demari waren ebenfalls eins der bekanntesten genuesischen Adelsgeschlech-
ter um diese Zeit. Ein Raffo Demari ist anderwärts nicht bekannt.
58 Die Gattin des Theodoros Synadenos war Eudokia, Tochter des Theodoros
Dukas Muzakios, seine Töchter hießen Theodora und Anna: HANNICKI
SCHMALZBAUER a.a.O. 137. Abbildung der Eudokia: SPATHARAKIS: Portrait
Nr. 146, der Anna ebenda Nr. 148. Aus dem Text ist nicht ersichtlich, warum
die Familie des Synadenos in Adrianopel weilte. Nach VAN DIETEN: Gregoras II
1,129 war er dort zu Hause.
59 Diese vier Monate dürften etwa November 1320 bis März 1321 gewesen sein;
vgl. Kant. I 69,9 f.
60 Der Senat von Konstantinopel, gleich nach der Gründung der Stadt von Kon-
stantin d. Gr. ins Leben gerufen, stellt eines der wichtigsten Verfassungsorgane
des byzantinischen Staates dar. Mit Ausnahme der nachkonstantinischen Zeit
ist der Senat von Konstantinopel während der früh- und mittelbyzantinischen
Periode an der Wahl des Kaisers fast immer beteiligt. Unter der Herrschaft der
Komnenen verlor er an Bedeutung, lebte jedoch unter den Angeloi und Laskari-
den wieder auf. Er lebt auch unter den Palaiologen weiter, die Senatoren sind
freilich nunmehr fast ausschließlich Mitglieder der herrschenden Dynastie oder
enge Freunde des Kaisers. Wie aus dem Geschichtswerk des Kantakuzenos
hervorgeht, versuchte der Senat während der Bürgerkriege eine schiedsrichterli-
che Rolle zwischen den beiden Andronikoi zu spielen. Eine knappe Übersicht
über die historische Entwicklung des Konstantinopler Senats bietet BECK, Hans-
Georg: Senat und Volk von Konstantinopel. Probleme der byzantinischen Ver-
fassungsgeschichte (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philos.-Hist.

225
ANMERKUNGEN: 60--68

Klasse, Jahrgang 1966, Heft 6). München 1966. Vgl. auch RAYBAUD: Gouver-
nement 112 f.
61 Aus dem Wortlaut des Zitats ist nicht ersichtlich, welcher Spruch Salomons
gemeint ist. Geduld wird jedenfalls an ihm des öfteren gepriesen; vgl. z. B. 14,
17; 19,11 usw.
62 Statt der Lesart unseres Textes E~ uttLWV JtUQUAOYWV, scheint Pontanus E~
uttLWV JtuQUVO!lWV gelesen zu haben. Gemeint ist der Bruch des Kaisers mit
Apokaukos, nachdem dieser staatliche Gelder veruntreut hatte. Vgl. GUILLAND:
Correspondance 299 und oben AAL
63 Die Beispiele aus den verschiedenen Berufen nach sokratisch-platonischer Art;
vgl. z.B. Plat., Polit. 28ge.f. usw.
64 Als 'Wasser der Styx' galt im Altertum ein Wasserfall am Hang des Berges
Helmos in Nordarkadien. Homer hat daraus einen Unterweltfluß gemacht, bei
welchem die Götter schwören. Das Wasser der Styx heißt hier 'bitter" weil es
angeblich als Gift wirken konnte.
65 Dem Geschichtsschreiber schwebt hier wahrscheinlich die Erzählung Plutarchs
über Cäsar vor, wonach dieser sich den Kopf verhüllte, als er sah, daß seine
vermeintlichen Freunde ihn ermordeten: Plut. Caes. 66,6.
66 Die Gattin Andronikos' d. J. war Adelheid von Braunschweig-Grubenhagen,
eine Tochter Heinrichs 1. des «Wunderlichen» und Schwester des Herzogs
Heinrich H., geboren um 1293. Das Datum der Vermählung erfahren wir aus
der Kurzchronik von 1352: 23. Oktober 1317; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken
I 76 Nr. Ilb; LOENERTZ: Chronique breve 348. Die Gattin des Mitkaisers, die
in Byzanz den Namen Irene (Eirene) erhielt, starb bereits am 16. August 1324.
Vgl. OHNSORGE, Werner: Eine verschollene Urkunde des Kaisers Andronikos
III. Palaiologos für Heinrich, dictus de Graecia, Herzog zu Braunschweig
(-Grubenhagen), vorn 6. Januar 1330. BZ 44 (1951) 437f. (= Abendland und
Byzanz 492f.); GIBBON: Decline VI 494f.
67 Adelheid erwartete um diese Zeit ein Kind, das sie noch im Jahr 1321 gebar; es
war ein Sohn, der nur acht Monate lebte; vgl. Kant 1,24(1 119) und OHNSORGE
a.a.O. (= Abendland und Byzanz 493).
68 Michael Tornikes Komnenos Asan Palaiologos, geboren um 1280, war der erste
Sohn des bulgarischen Zaren Ivan HI. Asan und der Irene Palaiologina, einer
Schwester des Kaisers Andronikos H. Er genoß die Gunst des Kaisers nicht nur
als Verwandter, sondern auch wegen der Reinheit seines Charakters. Gestorben
ist er vermutlich im serbischen Exil nach 1328. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie
28; SCHMALZBAUER: Tornikioi 131f.; Prosop. Lexikon Nr. 1513; VAN DIETEN:
Gregoras H 1,182. Abbildung Michaels mit seiner Gattin Eirene bei NICOL:
Kantakouzenos Nr. 4 sowie SPATHARAKIS: Portrait Nr. 151 (vgl. ebenda 198).
Obgleich der Entwicklung nach ein Nachfolger des früh- und mittelbyzantini-

226
ANMERKUNGEN: 68-69

schen XOfl'Y)<; 1:0U 01:a'lJAOU, hat der Großkonnetabel (flEya<; xovomauAo<;) mit
den kaiserlichen Ställen nichts mehr zu tun. Er ist ein hoher militärischer Wür-
denträger, unter dessen Befehl die ausländischen Söldner gestellt sind. Nach
STEIN, Untersuchungen 54 stellt das Amt eine Nachbildung des normannischen
comestabulus dar. Der erste nachweisbare Großkonnetabel begegnet unter dem
Kaiser Johannes III. Vatatzes und ist der spätere Kaiser Michael VIII. Vgl.
GUILLAND, Rodolphe: Etudes sur l'histoire administrative de l'empire byzantin.
Le grand connetable. Byzantion 19 (1949) 99f. (= Recherches 1469f.).
69 Theodoros Metochites ist einer der größten Literaten der Palaiologenzeit und
zugleich der Mann, der im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts in der byzantini-
schen Politik die wichtigste Rolle spielte. In den letzten 30 Jahren ist er wie
keine andere spätbyzantinische Persönlichkeit Gegenstand der Forschung ge-
worden. Zwei wichtige Korrekturen zu seiner Biographie hat SEVCENKO: Pole-
mique 129 f. beigebracht: Das bis dahin angenommene Geburtsjahr 1260 hat er
zu 1269/70 korrigiert und zugleich erwiesen, daß sein Vater Georgios Metochi-
tes, der beim Kaiser in Ungnade gefallen war, nicht gestorben ist, als Theodoros
13 Jahre alt war, sondern viel länger gelebt hat. Die Familie stammte aus
Nikaia. Theodoros hat philosophische, astronomische und rhetorische Werke
sowie Gedichte hinterlassen. Ein großer Teil seiner Schriften ist noch unediert.
Er starb am 13. März 1332, einen Monat nach dem Tod des Kaisers Androni-
kos II. Von den zahlreichen Arbeiten zu seinem Leben und Werk (vgl. SEVCEN-
KO a.a.O. 3 A.l) seien hier erwähnt: SEVCENKO: Metochites 25 f.; BEcK, Hans-
Georg: Theodoros Metochites. Die Krise des byzantinischen Weltbildes im
14. Jahrhundert. München 1952; HUNGER, Herbert: Theodoros Metochites als
Vorläufer des Humanismus in Byzanz. BZ 45 (1952) 4f.; GUILLAND: Corres-
pondance 358 f. Vgl. ferner VERPEAUX, Jean: Le cursus honorum de Theodore
Metochite. REB 18 (1960) 195 f. (mit der Berichtigung VAN DIETENs: Gregoras
II 1,140). Mit «Vorsteher der kaiserlichen Regierung)) ist der byzantinische
Ausdruck flEm1:EUWV (sonst zumeist in der Form flEa<l~WV geläufig) 1:n
ÖLOLX~OEL nj)v ßaaLALXWV :rtgaYfl<lLwv übersetzt worden, der eine Funktion
bezeichnet, die in etwa der des Ministerpräsidenten von heute entspricht. Genau
genommen bedeutet der Terminus «Vermittlep); gemeint ist derjenige, der den
Willen des Kaisers an die Untertanen weiterleitet und für seine Ausführung
Sorge trägt. Entsprechend drückt sich Michael Attaleiates 66 (BEKKER) über
Konstantin Leichudes aus: flEaa~WV EV 1:0t:<; ßamAELOL<; 1:~V 1:WV ÖAWV ÖLO(X'Y)-
aLV. Die Stelle stellt zugleich den ersten Beleg für den Terminus flEoa~wv dar,
während in früherer Zeit meistens das synonyme Partizip :rtagaöuVa01:EUWV für
diese Funktion gebraucht wurde. Gregoras 7,11(1271) gebraucht beide Termini
für Metochites: ~v YE fl~V 1:'Y)vLXaU1:a 1:0 ßamAEl :rtagaöuVa01:EUWV xai :rtaoav
xa1:a01:amv ÖAOL<; flEaL1:EUWV 1:0t:<; :rtgaYflamv. In den meisten Fällen übten die

227
ANMERKUNGEN: 69-71

!lEau~OVTE~ (bzw. rcaQaöuvaaTEuovTE~) die Regierungsgeschäfte aus. Vgl. VER-


PEAUX, Jean: Contribution a l'etude de l'administration byzantine: 6 !lEaU~wv.
BSL 16 (1955) 270f.; BEcK, Hans-Georg: Der byzantinische «Ministerpräsi-
dent». BZ 48 (1955) 309 f.; LOENERTz, Raymond Jean: Le chancelier imperial a
Byzance au XIVe et au XIII e siede. OCP 26 (1960) 275 f. Erwähnenswert ist
diesbezüglich noch, daß Christus bei Origenes, Klemens, Irenaios, Hippolytos
und anderen Kirchenvätern des öfteren als !lEa(T'Y]~ (d.h. Vermittler zwischen
Gott und den Menschen) bezeichnet wird (zu den von LAMPE: Lexicon s.v. 1,a,i
angegebenen Stellen füge noch hinzu: 1 ep.Ti. 2,5; Theodor Studites epp.
2,1[PG 99,1117CJ, 199[Ebenda 1601C], 204[Ebenda 1620D] usw.). Mög-
licherweise liegt hier das Vorbild für die Benennung des byzantinischen «Mini-
sterpräsidenten» als eines Vermittlers zwischen Kaiser und Volk.
Theodoros Metochites hatte außerdem das Amt des Großlogotheten (!lEya~
A.oyo8ET'Y]~) inne. Dieser Beamte erledigte seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert
die Geschäfte, welche früher der Logothet der Sekreta wahrnahm: er ist der
Vorsteher sämtlicher zivilen Behörden des Staates. In spätbyzantinischer Zeit
sind das Amt des Großlogotheten und die Funktionen des Mesazon des öfteren
in einer und derselben Hand vereinigt; deshalb entstand bisweilen der falsche
Eindruck, der Großlogothet übe die Regierungsgeschäfte aus. Vgl. BECK a.a.O.
321 f.j OSTROGORSKY: Geschichte 304.
70 Der Astronom, Musiktheoretiker und Mathematiker Manuel Bryennios wird
zwar in den Quellen des öfteren erwähnt, über sein Leben wissen wir jedoch
kaum etwas. Von ihm ist eine musiktheoretische Schrift mit dem Titel <AQ!lOVL-
/tu in 3 Büchern aus dem Anfang des 14. Jahrh. erhalten. Die Nachrichten über
ihn hat TREu: Planudes 226f. zusammengestellt. Vgl. ferner KRUMBACHER:
Litteratur 599. Metochites lernte bei Bryennios in vorgerücktem Alter Astrono-
mie. Zur Blüte der Astronomie zu dieser Zeit in Byzanz: HUNGER: Palaiologen-
zeit 148 f.; DERs.: Literatur II 248 f.; MOGENET, JosephlTIHoN, Anne: Barlaam
de Seminara, Traites sur les edipses de soleil de 1333 et 1337. Louvain 1977,
150f.; KOTsAKEs, Demetrios D. in: EEBS 24 (1954) 212f.
71 Nikephoros Gregoras (1293/94-ca. 1359), ein Grieche aus dem pontischen
Herakleia, ist der prominenteste Schüler des Theodoros Metochites und einer
der größten Literaten der spätbyzantinischen Zeit. Bei Metochites lernte er
Philosophie und Astronomie, bei Johannes Glykys Logik und Rhetorik. Er
genoß die Gunst des älteren Andronikos. Gregoras engagierte sich später als
Gegner des Palamas in dem sog. Hesychastenstreit, wofür die Palamiten nach
seinem Tode seine sterblichen Überreste schändeten; außerdem wurde im
15. Jahrhundert sein Andenken mit dem Bann belegt. Sein hervorragendstes
Werk ist die «Rhomäische Geschichte» in 37 Büchern, herausgegeben in drei
Bänden (Bd. 1-2 ed. L. SCHOPEN, Bonn 1829-1830, Bd. 3 ed. 1. BEKKER, Bonn

228
ANMERKUNGEN: 71-77

1855). Zu seinem Leben und Werk: GUILLAND, Rodolphe: Essai sur Nicephore
Gregoras. L'homme et l'reuvre. Paris 1926; DERS.: Correspondance If.; VAN
DIETEN: Gregoras I 1 f.; BEYER, Hans-Veit: Eine Chronologie der Lebensge-
schichte des Nikephoros Gregoras. JÖB 27 (1978) 127 f.
72 Das Bild von der kleinen Flamme, die sich zum großen Feuer entfacht, begegnet
in einfacherer Form, ebenfalls auf die Astronomie bezogen, auch im Prooimion
des astronomischen Werkes des Metochites; vgl. SATHAS, Konstantinos: ME-
amWVLlttl ßLßAL08~1t'YJ, I. Venedig 1872, QLU' und HUNGER: Metochites 5 A.5.
Urheber der Metapher ist der von den Byzantinern häufig imitierte Synesios;
vgl. z.B. ep. 139 (S. 243 Garzya) amv8iiQu ItEltQWt~EVOV Esu'4Jm ItUL JtBQ
AU~JtQOV avuöELsm. Vgl. ferner VAN DIETEN: Gregoras 11 2,334 A.353.
73 Was Kantakuzenos hier berichtet, ist nicht als Rechtfertigungsversuch abzutun,
sondern scheint der Wirklichkeit zu entsprechen: Metochites (ganz im Gegen-
satz zu unserem Geschichtsschreiber!) hatte die große Katastrophe kommen
sehen und empfahl deswegen dem Kaiser Zurückhaltung seinem Enkel gegen-
über; vgl. BECK: Metochites 14 f. Nichtsdestoweniger versucht Kantakuzenos
unten 1,17(184), den Schwarzen Peter Metochites zuzuschieben und ihn für den
Ausbruch des Bürgerkrieges verantwortlich zu machen: MATSCHKE: Reak-
tion 45.
74 'Steine weich kochen' (A({}OU~ E'4JELV) ist einer der vielen sprichwörtlichen Aus-
drücke der alten Griechen für das Unmögliche. Die ältesten Belege begegnen bei
Aristophanes, Vesp. 280 und Platon, Erx. 405b; am häufigsten kommt das
Sprichwort jedoch bei spätgriechischen und byzantinischen Autoren vor: Aristi-
des, or. 46,230(11 302 DINDORF); Libanios, ep. 346,2; Julian, or. 8,249a; Theo-
doros Metochites, Miscellanea phil. et hist. 46 (S. 275 KIESSLING) usw. Vgl.
Apostolios 10,68(11 505 LEuTscH). Andere Ausdrücke für das Unmögliche sind
«auf Wasser schreiben», «einen Neger weiß waschen wollen», «Flügel des Wol-
fes», «Vogelmilch» u.a. Vgl. Plutarchs Auswahl über die Adynata (CPG I 343 f.
LEUTSCH-SCHNEIDEWIN) und SALZMANN: Sprichwörter 91.
75 Obwohl Kantakuzenos in seinem Geschichtswerk des öfteren ziemlich gen aue
chronologische Angaben macht, folgt er gelegentlich seiner Tendenz zur Thuky-
dides-Nachahmung und nimmt eine chronologische Zäsur nach den Jahreszei-
ten vor. Vgl. Kant. 1,27(1 136); 2,26(1458) und HUNGER: Beobachtungen 182.
76 Die Ereignisse des 5. April 1321 werden bei Gregoras, Hist. 8,6(1 312 f.) (vgl.
dazu VAN DIETEN: Gregoras 11 1,137f.) in einer knapperen Form und in recht
unterschiedlicher Weise, vor allem was die Motive der handelnden Personen
angeht, dargestellt. Auf die Unterschiede wird im einzelnen im folgenden hinge-
wiesen werden.
77 J ohannes T archaneiotes war der Sohn des Nikephoros T archaneiotes und der
Maria-Martha Palaiologina, einer Schwester Michaels VIII. Als Anhänger des

229
ANMERKUNGEN: 77-83

Patriarchen Arsenios (: BECK: Kirche 702f.) verbrachte Johannes einen Teil


seines Lebens im Gefängnis. Vgl. BINON: Prostagma 148 und A.1; NICOL:
Kantakouzenos 138 I.; PAPADOPULOS: Genealogie 17 Nr. 27 (wo jedoch der
Satz «starb nach dem 29. September 1309» aufgrund unserer Stelle in «starb in
den ersten Apriltagen 132h präzisiert werden muß). Nach PARISOT: Cantacu-
z'ene 42 A.3 nutzte der alte Kaiser die Abwesenheit des Kantakuzenos aus, um
gegen seinen Enkel rigoros vorzugehen; vgl. VAN DIETEN: Gregoras II 1,137.
Zu_r Etymologie des Namens 'Tarchaneiotes' vgl. AMANTOS, Konstantinos in:
'EAAYJVLxc12 (1929) 435 I. S. noch NICOL in: DOP 27 (1973) 31l.
78 Nach Gregoras, Hist. 8,6(1 312f.) begab sich Andronikos d.]. keineswegs so
hilflos und unvorbereitet, wie Kantakuzenos uns berichtet, zum Palast, sondern
hatte ein Gefolge von Bewaffneten und trug selbst ebenfalls eine Waffe. Die
Waffen wurden aber von allen versteckt getragen. Seine Leute hatten den Auf-
trag, falls der alte Kaiser etwas gegen den Mitkaiser unternehmen sollte, jenen
zu überfallen und zu töten und dann seinen Enkel zum Kaiser auszurufen. Es sei
jedoch nicht dazu gekommen, da die Begegnung der bei den Kaiser ruhig verlief
und der alte Kaiser sich auf väterliche Ermahnungen beschränkte.
79 Nach WEISS: Kantakuzenos 27, der einen großen Teil seiner Studie der Untersu-
chung des Gefolgschaftswesens im 14. Jahrhundert widmet, sind die hier erzähl-
ten Vorgänge in dieser Hinsicht sehr aufschlußreich. Was die Gefolgschaft des
Johannes Kantakuzenos betrifft, tritt sie hier zum ersten Mal in Erscheinung.
80 'Ay(a ~ocp(a ist der umgangssprachliche Name der berühmten Kirche, wäh-
rend sie bei den hochsprachlichen Autoren zumeist als 'Große Kirche', Tempel
der Weisheit Gottes (bzw. des «Logos» Gottes), wie an unserer Stelle, umschrie-
ben wird. Mit «Weisheit Gottes» ist der Sohn und «Logos» Gottes, Jesus Chri-
stus, gemeint.
81 Vgl. oben Kap. 8 und A.55-57.
82 Der Großkanon wird am Donnerstag der 5. Fastenwoche, der im Jahre 1321
auf den 2. April fiel, gesungen. Es handelt sich um ein aus 250 Strophen beste-
hendes liturgisches Gedicht des berühmten Predigers und Kirchendichters An-
dreas, Metropoliten von Kreta (ca. 660-740). Dieses ist bei MIGNE: PG
97,1329 I. ediert und beginnt mit dem Satz: :rt6{tEV äQ~o!lm {tQYJVELV 'ta~ 'tou
a{tA(ou !l0U ßCou :rtQa~EL~. Vgl. BECK: Kirche 500I.
83 Theodoros Metochites hatte fünf Söhne, von denen uns vier mit Namen be-
kannt sind: Nikephoros, Demetrios, Alexios und Michael. Nikephoros und
seine Schwester Irene waren die Lieblingsschüler des Nikephoros Gregoras.
Letzterer adressiert ep. 26 an Nikephoros, während er in ep. 16 den fleiß und
die Gelehrigkeit seines Schülers lobt; vgl. GUILLAND: Correspondance 8 u. 14;
VAN DIETEN: Gregoras II 1,135. Demetrios war Schüler des Theodoros Hyrta-
kenos, der in ep. 19 (S. 738 LA PORTE-DU THEIL) an Theodoros Metochites die

230
ANMERKUNGEN: 83-87

Nachlässigkeit seines Schülers verewigt hat. Hyrtakenos schreibt auch an Nike-


phoros Metochites vier Briefe (epp. 42,44,49 u. 71), in welchen der Adressat als
Philosoph apostrophiert wird. Vgl. GUILLAND: Correspondance 357 f.; LAU-
RENT: Dernier Gouverneur 201 f. Nikephoros Metochites fungierte später eben-
falls als Großlogothet, während sein Bruder Demetrios mit dem Großstratoped-
archen Demetrios Angelos Metochites (vgl. Kantak. 1209/211) identisch ist. Ihr
Bruder Alexios wird in späteren Quellen als Großdomestikos erwähnt. Vgl.
DÖLGER: Neues zu Alexios Metochites 241f. VAN DIETEN: Gregoras II 1,137
nimmt an, daß die Söhne des Metochites den jüngeren Andronikos nicht auf-
grund einer Vermutung, wie Kantakuzenos es hier darstellt, warnten, sondern
nachdem sie von ihrem Vater einen entsprechenden Wink bekommen hatten.
Denn bei Gregoras, Hist. 8,6(1314) erinnert Theodoros Metochites Andronikos
d. J. dar an, daß er ihm und seinen Söhnen zu großem Dank verpflichtet sei und
daß er sein Leben ihnen zu verdanken habe. Angesichts des späteren Schicksals
des Großlogotheten war es Kantakuzenos an dieser Stelle möglicherweise pein-
lich, zuzugeben, daß der Mitkaiser Theodoros Metochites seine Rettung ver-
dankte. V gl. ferner SEVCENKO: Metochites 29 A.81.
84 Außer von Kantakuzenos ist uns Michael Kallikrenites nur als Adressat von
zwei kurzen Briefen des Michael Gabras (epp. 48 u. 214) bekannt. In ep. 214,
geschrieben nach 1320, wird er als :rtQoxa{}~!lEVO~ 'tOU XOL't&VO~ angeredet,
und so betitelt ihn auch Kantakuzenos unten 1,19(I 94). Vgl. FATOUROS: Ga-
bras I 56 Nr. 78.
85 Die Geschichte der Susanna ist uns durch das apokryphe Kapitel 13 des Buches
Daniel im Alten Testament überliefert worden. Es handelt sich um eine durch
Schönheit und Frömmigkeit hervorragende Jüdin aus BabyIon, die von zwei
Richtern, die sie beim Baden überrascht hatten, zu Unrecht des Ehebruchs
angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Daniel entlarvte die falschen Anklä-
ger, die daraufhin mit dem Tode bestraft wurden.
86 Nach Gregoras, Hist. 8,6(1 313) nahm Andronikos d. J. auf dem gewohnten
Thron neben seinem Großvater Platz. Die ausdrückliche Erwähnung dieses
Details in einer so kurz gefaßten Wiedergabe der Episode erweckt den Ein-
druck, daß Gregoras dies nachdrücklich betont, um die Version mit dem Hok-
ker zu widerlegen. Vielleicht war ursprünglich beabsichtigt, während dieser
Versammlung Andronikos d. J. auf einem Hocker sitzen zu lassen, ein Vorsatz,
der jedoch später nach reiflicher Überlegung fallengelassen wurde. Zum Prozeß
vgl. ferner VAN DIETEN a.a.O. 136f.; HEAD: Twilight 49f.
87 Der Patriarch Gerasimos I. von Konstantinopel (1320-1321) stand im Ruf eines
äußerst sittsamen Menschen, der aber nicht nur in Sachen der Politik, wie
Kantakuzenos uns hier versichert, sondern auch in der Verwaltung der Kirche
völlig unerfahren war. Gregoras, Hist. 8,2(I 292) bezeichnet Gerasimos als

231
ANMERKUNGEN: 87-89

einfältig und der griechischen Bildung völlig unkundig. Er soll in der Nacht, als
Andronikos d. J. mit seinem Gefolge Konstantinopel heimlich verließ, d. h. am
19. April 1321, gestorben sein. Vgl. GEDEON: IIaLQLaQXLltOL Jt(valtE~ 417;
LAuRENT: Patriarches 151 f.
88 Theoleptos, Metropolit von Philadelpheia (ca. 1250-1322), war während der
'Regierung Andronikos' II. eine der einflußreichsten Persönlichkeiten in Byzanz.
Als 1274 in Lyon die Union der Kirchen abgeschlossen wurde, verließ Theolep-
tos seine junge Frau in Nikaia und organisierte den Widerstand gegen die
Anhänger der Union. Nachdem diese mit dem Tode Michaels VIII. aufgelöst
wurde, wurde Theoleptos 1284 zum Metropoliten von Philadelpheia ernannt.
Während der ersten Jahre des 14. Jahrhunderts machte er von sich reden wegen
seiner Bemühungen um die Verteidigung Philadelpheias gegen die Türken; vgl.
Gregoras, Hist. 7,3(1221). Die ein paar Zeilen weiter erwähnte Irene Chumnai-
na war seine Protegee und geistige Tochter. Als Todesjahr des Theoleptos wur-
de bis vor kurzem 1324/1325 angenommen, KURUSEs: raßaAä~ 335 f. hat
jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit seinen Tod auf Ende 1322 bestimmen
können. Zu dem Metropoliten von Philadelpheia: BEcK: Kirche 693 f.; MEYEN-
DORFF: Introduction 30f.; GUILLAND: Correspondance 379f.; LAuRENT, Vita-
lien: Les crises religieuses a Byzance. Le schisme anti arsenite du metropolite de
Philadelphie Theolepte. REB 18 (1960) 45 f. Im übrigen werden an unserer
Stelle die Namen der verschiedenen Würdenträger strikt nach der Hierarchie
der Ämter genannt: VERPEAUX: Hierarchie 436.
89 Obwohl Nikephoros Chumnos einer der bekanntesten byzantinischen Autoren
und Politiker unter Andronikos II. war, besitzen wir über ihn nur spärliche
biographische Nachrichten. Er wurde wahrscheinlich zwischen 1250 und 1255
geboren und entstammte einer adligen Familie, die bereits mehrere hohe Wür-
denträger hervorgebracht hatte. Sein Lehrer war der spätere Patriarch Grego-
rios II. Kyprios (1283-1289), ein bekannter Literat der Palaiologenära. Chum-
nos hatte bereits unter Michael VIII. ein politisches Amt inne. Berühmt ist sein
literarischer Streit mit Theodoros Metochites geworden: SEVCENKO: Polemique,
pas~m. Chumnos hinterließIIl~hrer~ theologiscEe, pti1o~ophische und physik(l-
lische Traktate sowie eine umfangreiche Briefsammlung. Er betrachtete den
Kampf der Byzantiner gegen die Türken als kulturelle Mission; vgl. WERNER:
Osmanen 130. Er starb als Mönch Nathanael am 16. Januar 1327. Vgl. VERPE-
AUX: Choumnos, passim; DERs.: Notes prosopographiques sur la familIe
Choumnos. Byzantinoslavica 20 (1959) 252f.; GUILLAND: Correspondance
317 f. Der Träger des Titels EJtL LOU ltaVLltAdou (wörtlich: der Bewahrer des
kaiserlichen Tintenfasses), seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar, ist immer an-
wesend, wenn wichtige Dokumente vom Kaiser unterschrieben werden, und
darf die Übereinstimmung des Urkundentextes mit dem Willen des Kaisers

232
ANMERKUNGEN: 89-93

beglaubigen. Die Würde, die an sich keinem Officium entspricht, setzt ein be-
sonderes Vertrauensverhältnis mit dem Kaiser voraus und wird oft mit anderen
Ämtern kombiniert. Vgl. DÖLGER, Franz: Der Kodikellos des Christodulos in
Palermo. Archiv für Urkundenforschung 11 (1929) 44f. (= Diplomatik 50f.);
BURY: Administrative System 117; DÖLGERIKARAYANNOPuLos: Urk. 62 und
passim.
90 Johannes Palaiologos wurde 1286 als erster Sohn Andronikos' II. und seiner
zweiten Gattin Irene von Montferrat (: oben A.12) geboren. Die Ehe mit der
1292 geborenen Tochter des Chumnos, Irene, wurde im Jahr 1303 geschlossen.
Johannes starb kinderlos Ende 1307. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 38; VER-
PEAUX: Choumnos 48 u. A.4. Wahrscheinlich unter dem Einfuß des Theoleptos
ließ die 15-jährige Witwe das Kloster des Philanthrop os Soter östlich der Hagia
Sophia in Konstantinopel restaurieren und verbrachte den Rest ihres Lebens
(mehr als drei Jahrzehnte) dort als Nonne Eulogia. Vgl. LAuRENT, Vitalien: Une
princesse byzantine au cloitre. EO 29 (1930) 29 f. Nach dem Tode des Theolep-
tos hatte sie einen hochgebildeten Mönch als geistlichen Vater, der nicht mit
Sicherheit identifiziert werden kann: DERs.: La direction spirituelle cl Byzance.
La correspondance d'Irene-Eulogie Choumnaina Paleologine avec son second
directeur. REB 14 (1956) 48f.
91 Einen akuten Gichtanfall beschreibt Nikephoros Chumnos in einem Brief (ep.
67) an Georgios Muzalon: BOISSONADE, Jean Fran<.;:ois: Anecdota nova. Paris
1844 (Nachdr. Hildesheim 1962), 81f. Im Amt des Mesazon (: oben A.69) war
Nikephoros der Vorgänger des Theodoros Metochites; vgl. VERPEAUX, Jean:
Contribution cl l'etude de l'administration byzantine: 6 !!Eaa~wv. Byzantinosla-
vica 16 (1955) 281.
92 Der Großlogothet Konstantinos Akropolites, Sohn des Geschichtsschreibers
Georgios Akropolites, der unter Theodor II. und Michael VIII. dasselbe Amt
innegehabt hatte, war der Vorgänger des Theodoros Metochites. Konstantinos
war mit Maria Komnene Tornikaina verheiratet und hatte drei Kinder. Wenn
Kantakuzenos hier seinen Titel erwähnt, so bedeutet das keineswegs, daß er
noch aktiv ist und das Amt kollegial mit Metochites wahrnimmt, sondern ein-
fach, daß die Bezeichnung ehrenhalber beibehalten wird: BECK: Metochites 14
A.3. Sein Werk umfaßt mehr als 30 Titel, fast die Hälfte davon ist noch un-
ediert. Vgl. NICOL, Donald M.: Constantine Akropolites. A Prosopographical
Note. DOP 19 (1965) 249f.; BECK: Kirche 698f.; TREu, Maximilian: Maximi
monachi Planudis epistulae. Breslau 1890 (Nachdr. Amsterdam 1960),248 f.;
Prosop. Lexikon Nr. 520.
93 BOSCH: Andronikos III. 18 macht mit Recht darauf aufmerksam, daß der An-
griff auf seinen Glauben für den Mitkaiser gefährlich werden konnte, da in
Byzanz zu allen Zeiten die Orthodoxie eines Kaisers wesentlicher Bestandteil

233
ANMERKUNGEN: 93-100

der Legitimität seiner Herrschaft war. Zutreffender formuliert H.-G. BECK:


Senat und Volk. Mchn. 1966, 39 f.
94 Über Johannes Meliteniotes wissen wir noch, daß er Empfänger von ep. 142
von Michael Gabras ist; vgl. FATOUROS: Gabras I 47 Nr. 46. Unten Kant.
3,15(II 99) wird er als Mesazon bezeichnet. Vgl. ferner MERCATI: Notizie 188.
95 Andronikos Exotrochos ist höchstwahrscheinlich mit dem Kant. 1,55(1 277)
und 2,6(1 347) erwähnten Megas Hetaireiarches Exotrochos identisch. Er fiel
im Juni 1329 in der Schlacht bei Philokrene gegen die Türken: Kant. 2,8(1 362).
Vgl. ferner BOSCH: Andronikos III. 152f.
96 Über Bardas wissen wir kaum etwas. Ob er mit dem 1,51(1 257) erwähnten
Bardas Kaballarios identisch ist, bleibt dahingestellt.
97 Kantakuzenos verschweigt hier, daß der alte Kaiser seinem Enkel die Nachfolge
eidlich zusicherte, wie wir aus Gregoras, Hist. 8,6 (I 313) erfahren. Unser Histo-
riker will nicht zugeben, daß der Mitkaiser von seinen Anhängern gezwungen
wurde, diese Versöhnung wieder aufzukündigen, da es für diese kein Zurück
mehr gab und sie vom Kaiser keine Straffreiheit erhielten: VAN DIETEN: Grego-
ras II 1,138 u. 139 f.
98 Von einer Forderung des alten Kaisers an seinen Enkel, die Namen seiner Gefolgs-
leute und Anhänger preiszugeben, weiß Gregoras nichts. Überhaupt scheint
diese angebliche Bedingung des Kaisers suspekt. Denn es ist unwahrscheinlich,
daß er von den geheimen Plänen des Mitkaisers mit Kantakuzenos und den
anderen bereits wußte, wie VAN DIETEN a.a.O. 138 f. annimmt. (Dagegen
scheint allerdings dessen Forderung nach einem eidlichen Versprechen, nicht zu
flüchten, zu sprechen, ein Umstand, auf welchen schon Parisot hinweist; der
alte Kaiser hatte andererseits, wie es scheint, Zeit genug, um Vermutungen nach
allen Richtungen anzustellen). Und falls in dieser Klausel lediglich die Anhän-
gerschaft des Mitkaisers gemeint ist, so war sie zu bekannt, als daß es einer
Auskunft des letzteren bedurft hätte. Deshalb liegt die Vermutung nahe, daß
Kantakuzenos diese Bedingung des Kaisers, die eventuell vereinzelte Anhänger
des Mitkaisers betraf, verallgemeinert, um die gerechte Empörung des jüngeren
Andronikos sowie dessen spätere Forderung nach Straffreiheit für seine Gefähr-
ten zu rechtfertigen, ohne zugeben zu müssen, daß diese Forderung von den
Gefährten selbst erzwungen wurde. Vgl. die vorige Anmerkung.
99 Zu dem hier geschilderten Fußfall vgl. oben A.44.
100 Hinsichtlich der Reaktion der Anhänger Andronikos' d. J. auf die Versöhnung
des Kaisers mit seinem Enkel geh.en die Berichte des Kantakuzenos und des
Gregoras weit auseinander. Während unser Historiker behauptet, die Freunde
des Mitkaisers betrachteten den Tag der Versöhnung als einen Freuden- und
Glückstag, schreibt Gregoras a.a.O.: «Als aber Andronikos von dort heraus-
kam, umringte ihn die Gefolgschaft, die sich mit ihm verschworen hatte; sie

234
ANMERKUNGEN: 100-105

fühlten sich von ihm betrogen und warfen ihm laut vor, er habe die schreckli-
chen Eide ihnen gegenüber gebrochen und sie offensichtlich verraten. 'Denn auf
welchen Weg der Ungerechtigkeit führt das', sagten sie, 'wenn du durch uns
Furcht einflößt und unüberwindlich dastehst und deswegen leicht deinen Willen
durchsetzen kannst, wir aber so offensichtlich dem Mund des Schwertes und
den Abgründen der Unterwelt überlassen werden'» (nach der Übersetzung VAN
DIETENS). Da Kantakuzenos einen Grund hat, eine negative Einstellung der
Freunde des Mitkaisers zu verschweigen (vgl. A.97 u. 98), ist Gregoras an
diesem Punkt mehr Glauben zu schenken. Vgl. ferner Kant. 1,26(1 131,12f.).
101 Nach Gregoras, Hist. 8,4(1 302) hatten sowohl Syragiannes als auch Kantaku-
zenos ihre Statthalterschaften in Thrakien nicht vom Kaiser erhalten, sondern
«von mächtigen Männern um den Kaiser gekauft». MATSCHKE: Reaktion 45
vermutet, daß diesen Ämterverkauf u.a. Theodoros Metochites beging, der
nach allen Mitteln griff, um seine Kasse und die des Staates zu füllen. Diese
Vermutung geht auf Gregoras (I 426) zurück; der Historiker schildert dies als
Gerücht, wohl weil er seinen Freund nicht selbst belasten wollte. Vgl. auch VAN
DIETEN: Gregoras II 1,132, unten A.442.
102 Die Mitarbeiter des jüngeren Andronikos sind dadurch bekannt geworden, daß
sie während der Ereignisse des 5. April offen bereit waren, ihn zu verteidigen.
103 In der Erzählung des Gregoras, Hist. 8,6(1 314) scheint das Treffen des Mitkai-
sers mit Metochites am selben 5. April stattgefunden zu haben, während es nach
Kantakuzenos zwei Tage später zustande kommt (vgl. Kant. I 77,1). Dieser
Unterschied ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß Gregoras einen sehr kom-
primierten Bericht der Ereignisse gibt.
104 Die Weigerung des Theodoros Metochites, dem Kaiser eine eidliche Zusiche-
rung für die Indemnität der Anhänger Andronikos' d .J. vorzuschlagen, inter-
pretiert MATSCHKE: Reaktion 45 als Ablehnung des bilateralen Treueids und
Bejahung des zentralistischen Staatsgedankens von seiten des Großlogotheten;
desgleichen SVORONOS, Nicolas: Serment de fidelite, a.a.O. 141 (der versehent-
lich Andronikos 11. als Gesprächspartner des Mitkaisers annimmt). Diese An-
sicht stellt jedoch eine Überinterpretation unserer Stelle dar, da der jüngere
Andronikos vom Kaiser keinen Eid im Sinne eines Feudalverhältnisses verlangt,
sondern einfach eine Zusicherung der Straffreiheit, wofür es, wie er richtig sagt,
bereits Präzedenzfälle in Byzanz gibt.
105 Im Jahre 1257 floh der damalige Statthalter von Mesothynien, Michael Palaio-
logos, zu dem Sultan von Rum (Ikonion) Izz al-Din Kaikaus 11., da er sein Leben
durch Kaiser Theodoros 11. bedroht fühlte. Er kam 1258 nach Byzanz zurück,
nachdem der Kaiser eine eidliche Garantie für seine Sicherheit abgegeben und
Michael jeder Usurpationsabsicht abgeschworen hatte; vgl. DÖLGER: Regesten
1842. An unserer Stelle verwechselt Kantakuzenos Theodoros 11. mit Johannes

235
ANMERKUNGEN: 105-107

III., und zwar wahrscheinlich deshalb, weil Michael auch unter diesem Kaiser
wegen angeblichen Verrats verfolgt wurde. Vgl. Gregoras, Hist. 3,2(1 57 f.);
GEANAKOPLOS: Michael 26f.; CHAPMAN, Conrad: Michel Paleologue, restaura-
teur de l'empire byzantin (1261-1282). Paris 1926, 27 f.; VAN DIETEN: Grego-
ras I 230 f.
106 Auch diese Aussage des Kaisers, falls sie der Wirklichkeit entspricht, erhärtet
die Vermutung, daß er nicht die Absicht hatte, die Freunde des Mitkaisers zu
bestrafen, und daher ihre Namen nicht zu wissen brauchte: Oben A.98. Vgl.
ferner MATSCHKE a.a.O.
107 Die Angaben, die Kantakuzenos an dieser Stelle über seinen Vater macht, wer-
fen ein Problem auf, das bisher keine befriedigende Lösung gefunden hat. Von
ZAKYTHINOS: Despotat I 68 f., ist behauptet worden, der 21jährige Vater des
Johannes Kantakuzenos sei im Jahre 1308 zum Statthalter der Peloponnes er-
nannt worden und habe die Halbinsel bis zu seinem Tode auf dem Schlachtfeld
im Jahr 1316 regiert. Diese Chronologie, die auch BOSCH: Andronikos III. 19
A.3 sowie LAIOU: Latins 255 (unter Vorbehalt: ebenda A.52) annehmen, ist
jedoch unhaltbar, da in diesem Fall bei der Geburt des Johannes (um 1295) sein
Vater weniger als 10 Jahre alt gewesen sein müßte. ZAKYTHINOS ist zu dieser
Ansicht gekommen, weil der Nachfolger von Kantakuzenos d. Ä. in der Statt-
halterschaft der Peloponnes, Andronikos Asan, erst 1316 begegnet; vgl. NICOL:
Kantakouzenos 29 A.52. Einen ganz anderen Weg schlägt NICOL: Kantakouze-
nos 28 f. ein. Er geht davon aus, daß der Großvater des Johannes ein Kantaku-
zene war, welcher gestorben im März 1264, ebenfalls Verwalter (xEcpaA~) der
Peloponnes war. Die Gleichsetzung dieses Mannes mit einem Michael Kantaku-
zenos wird von NICOL, a.a.O. 13 angezweifelt. Der Vater des Johannes, dessen
Vorname uns nicht überliefert ist, müsse also spätestens (und auch frühestens,
sollte man hinzufügen, wegen des Geburtsjahres des Johannes!) 1265 (oder
richtiger: Dezember 1264) geboren sein. Statthalter der Peloponnes müsse er
den Angaben unserer Stelle gemäß zwischen 1286 und 1294 gewesen sein, in
welchem Jahre er starb. Diese Theorie, die Vater und Sohn jeweils nach dem
Tode des eigenen Vaters geboren werden läßt, ist auch deshalb unwahrschein-
lich, weil die Ereignisse auf der Peloponnes, an welchen der Vater des Johannes
als Statthalter beteiligt gewesen sein soll, einer viel späteren Zeit anzugehören
scheinen; vgl. ZAKYTHINOS a.a.O. Zudem ist 1295 als Geburtsjahr für Johannes
Kantakuzenos keineswegs gesichert. Außerdem hätte Johannes hier vor dem
Kaiser schwerlich sentimentale Gründe geltend machen können, was die Erin-
nerung an den Vater betraf, der vor 27 Jahren gestorben sei und den er gar nicht
gekannt habe. Die Angabe «einundzwanzig Jahre alt» an unserer Stelle wird
schließlich von WEIss: Kantakuzenos 14, vermutlich nach PAPADOPOULOS:
Genealogie 17 A.120, auf Johannes selbst bezogen, was außer der syntaktischen

236
ANMERKUNGEN: 107-108

Härte auch wegen der Chronologie unmöglich ist. Vgl. dazu auch VAN DIETEN:
Gregoras II 1,130. Aus all diesen Gründen bleibt uns kaum etwas anderes übrig,
als an eine falsche Überlieferung der Zahl 21 zu denken. Es wäre z. B. durchaus
möglich, daß die ursprüngliche Zahl im Text 41 war, die ein Schreiber verse-
hentlich als 21 gelesen hat (xa' st. !-ta'). Wenn man somit als sein Geburtsjahr
1265 annimmt, wäre die Ernennung des Vaters des Johannes zum Statthalter
der Peloponnes 1306, sein Tod 1314 anzusetzen. Dagegen spricht jedoch der
Umstand, daß Kantakuzenos wahrscheinlich einziger Sohn war. Alles in allem:
Das Problem bleibt ungelöst, da der Historiker an unserer Stelle nicht nur
spärliche, sondern dazu noch tendenziöse Angaben macht: Er sucht einen Vor-
wand, um nicht auf die Peloponnes geschickt zu werden. Vgl. ferner BON:
Moree 203 und A.5, der zu glauben scheint, daß Kantakuzenos für eine Weile
den Titel des Statthalters der Peloponnes geführt haben muß.
108 Es handelt sich um jene berüchtigte katalanische Kompanie (la Companya cata-
lana), die unter Roger de Flor im September 1303 in Konstantinopel eintraf, um
im Auftrage des byzantinischen Kaisers in Kleinasien zu kämpfen. Nach einigen
ersten Erfolgen gegen die Türken kam es zu Spannungen zwischen der kaiserli-
chen Regierung und den Katalanen, worauf diese sich daran machten, Raubzü-
ge quer durch das byzantinische Reich zu unternehmen. Die Plünderungen und
Ausschreitungen erreichten einen Höhepunkt, als der Anführer der Katalanen,
Roger de Flor, im April 1305 im Palast Michaels IX. ermordet und die katalani-
sche Kompanie durch neue Kontingente aus der Heimat sowie durch türkische
Truppen verstärkt wurde. Schließlich wandten sich die Katalanen, zur Erleich-
terung des byzantinischen Kaisers, nach Mittelgriechenland, wo sie im März
1311 in einer blutigen Schlacht bei Kephisos in Böotien die Streitmacht der
Franken vernichteten und deren Anführer, den Herzog Gautier de Brienne,
töteten. Die Blüte der fränkischen Ritterschaft von ganz Griechenland fand in
dem Kampf den Tod. Nun gründeten die Katalanen in Athen und Theben ein
eigenes Fürstentum. Um die Erforschung der Aktivitäten der katalanischen
Kompanie im byzantinischen Reich hat sich vor allem A. RUBIO y LLUCH mit
einer Reihe von wertvollen Arbeiten verdient gemacht. Außerdem hat er alle
diesbezüglichen archivalischen Quellen in einer monumentalen Edition gesam-
melt: Diplomatari de l'Orient catalä. (1301-1409). Barcelona 1947. Vgl.
LAIau: Latins 134f. (die Titel der Schriften Rubi6s ebenda 377); SCHLUMBER-
GER, Gustave: Expedition des «Almugavares» ou routiers Catalans en Orient de
l'an 1302 ä. l'an 1311. Paris 1925; VAN DIETEN: Gregoras I 284f.; 292f. Wenn
nun an unserer Stelle vom Druck der Katalanen in Thessalien die Rede ist, dann
sind damit folgende Ereignisse gemeint: Im Jahre 1319 fielen die Katalanen von
Athen unter Don Alfonso Fadrique d' Aragon in Südthessalien ein und eroberten
die wichtigen Festungen von Neai Patrai (heut. Hypate), Siderokastron, Domo-

237
ANMERKUNGEN: 108-112

kos, Pharsala, Lamia und Gardiki. Von dort aus unternahm Don AHonso, der
nunmehr den Titel vicarius generalis ducatus Athenarum et Neopatriae führte,
Streifzüge bis zum Norden Thessaliens. Vgl. SETTON, Kenneth Meyer: Catalan
Domination of Athens, 1311-1388. Cambridge, Mass. 1948, 29f.; BOGIATZI-
DES: XQovLx6v I 152; BON: Moree 225 f.; KouTouLAs, J.: Les Catalans en
"Thessalie et en Phthiotide (1309-1363). Athen 1959 (uns nicht zugänglich).
Kantakuzenos macht sich also hier beim Kaiser durchaus glaubhaft, wenn er
von ihm eine starke Streitmacht verlangt, um gegen die unbesiegbaren Katala-
nen zu kämpfen; der Kaiser andererseits, der sich dieser Tatsache ebenfalls
bewußt ist, gibt jeder Forderung von Kantakuzenos statt, insgeheim wohl auch
deshalb, weil er sich auf diese Weise Kantakuzenos' unter Umständen entledi-
gen zu können hoffte.
109 Über Prillapos vgl. oben A.52.
110 Die zentrale Finanzinstitution des Reiches war das ßEOTUIQLOV, dessen Vor-
stand Erd TOU ßEOTLUQLOU oder :7tQOXUe~[.tEVO<; TOU ßEonuQLou hieß. Wenn
Kantakuzenos an unserer Stelle von Tu[.tLm oder unten 1,55(1279) von ßumAL-
xüv TU[.tElOV spricht, dann ist diese Ausdrucksweise auf seinen Attizismus zu-
rückzuführen. Vgl. DÖLGER: Beiträge 30f.; STEIN: Untersuchungen 32f.; MIL-
LER: Basilika 175.
111 Den Sinn dieses geheimnisvollen Textes hat Kantakuzenos im folgenden richtig
erfaßt: Der Kaiser wolle seinen Enkel von seinen Freunden isolieren, um mit
ihm dann um so leichter abrechnen zu können. Der Text mahnt Andronikos III.
zur Flucht, weil für ihn nach der Zerstreuung seiner Anhänger wie bei Christus
eine Festnahme erfolgen wird. Indirekt war es also eine Aufforderung an den
Mitkaiser, schleunigst Konstantinopel zu verlassen. Laut Gregoras (1315) hatte
der Kaiser die Absicht, in den nächsten Tagen seinen Enkel festnehmen zu
lassen, und weihte den Patriarchen Gerasimos in diesen Plan ein. Dieser benach-
richtigte aber sofort den Mitkaiser, der seine Flucht aus Konstantinopel be-
schleunigte. Vgl. VAN DIETEN: Gregoras II 1,141. Nach Gregoras benachrichtig-
te Gerasimos den Mitkaiser mündlich, nicht durch einen Zettel, wie VAN DIE-
TEN a.O. schreibt. Wahrscheinlich haben beide Historiker dasselbe Ereignis vor
Augen. Es ist jedoch auch möglich, daß der Zettel aus der Umgebung d~s
Metochites stammte. Vgl. oben A.83.
112 Unter Indiktion ist ein Zyklus von 15 Jahren (älter: 5 Jahren) zu verstehen,
welcher, ursprünglich aus steuertechnischen Gründen verwendet, zum wichtig-
sten Element der byzantinischen Chronologie wurde. Die Indiktionenzyklen
beginnen mit dem Jahre 312 (oder nach O. SEECK 297) und werden bereits im
4. Jahrhundert bei Datierungen verwendet. Danach erwähnte man das Jahr der
Indiktion (1-15), ohne die Reihenfolge der wiederkehrenden Indiktionen durch
eine Zahl zu bezeichnen, so daß die Indiktionszahl heute nur hilfsweise zur

238
ANMERKUNGEN: 112-116

Festsetzung der Datierung benutzt werden kann. Viele byzantinische Urkunden


sind nur durch Indiktionsjahr und Monat (= sog. Men%gern) datiert. Das
Indiktionssystem wurde bis in die neuere Zeit verwendet. V gl. GRUMEL: Chro-
nologie 193 f.; SE ECK, Otto: RE IX 1327 f. Eine Indiktionentafel bietet Ku BIT-
SCHEK: RE 1666; vgl. LIEBENAM, Willy: Fasti consulares imperii Romani. Bonn
1909,125.
113 Daß die zweite Hälfte der Nacht noch zum 19. April gerechnet wird, kommt
daher, daß die Byzantiner den anbrechenden Lichttag als Tagesanfang betrach-
teten. Ob dies nur volkstümliche Gewohnheit war oder auch offiziell akzeptiert
wurde, bleibt dahingestellt; denn die Römer hatten bereits Mitternacht zum
Anfang des Kalendertages gemacht (: SONTHEIMER, Walther in: RE IV A 2013).
Wenn nun Gregoras (I 315) schreibt, der Mitkaiser habe Konstantinopel am
20. April verlassen, dann läßt er höchstwahrscheinlich, im Gegensatz zu Kanta-
kuzenos, diesen Tag in der Mitte der vorhergehenden Nacht beginnen. Zu den
verschiedenen Auffassungen der Byzantiner über den Tagesanfang: ANAsTos,
Milton V. in: DOP 4 (1948) 234f. VAN DIETEN a.a.O. 142 führt die unter-
schiedliche Datierung beider Historiker darauf zurück, daß die Flucht um Mit-
ternacht erfolgte. Das Datum ist ferner durch Kurzchroniken überliefert; vgl.
SCHREINER: Kleinchroniken I 77 und 92; MIONI, E. in: RSBS 1 (1980) 73 Nr. 3
(ungenau).
114 Das Gyrolimne-Tor, an der nördlichen Mauer Konstantinopels neben dem
Turm des Isaakios Angelos, diente als Eingang zum Blachernenpalast von au-
ßerhalb der Stadt. Es verdankte seinen Namen der im innersten Winkel des
Goldenen Hornes gebildeten Lagune rUQOAL~Vll (der Name aus uQyuQä ALIlVll
wegen der reflektierenden Sonne). Vgl. JANIN: Constantinople 283 f.; 355;
BYZANTlos: K(J)va'taVtLVOUJWAL~ I 610; MÜLLER-WIENER: Bildlexikon 303.
115 Die Jagd war die große Leidenschaft des jüngeren Andronikos. Laut Gregoras,
Hist. 11,11(1566) hielt er große Scharen von Hunden und Jagdfalken, die einen
Aufwand von 15000 Goldmünzen erforderlich machten. Wer bei ihm etwas
erreichen wollte, brachte ein Jagdtier als Geschenk mit. Aus einer anderen Stelle
des Gregoras (1404) erfahren wir sogar Zahlen: 1000 Hunde und 1000 Jagdfal-
ken sowie eine fast gleiche Anzahl von Betreuern. Ps. -Phrantzes, Chron. 1,8 (S. 182
ed. Grecu), der offensichtlich Gregoras vor Augen hat, erwähnt die gleichen Zah-
len für Falken und Betreuer, mehr aber als 1400 Hunde, welche Zahl wahr-
scheinlich fehlerhaft ist. Das negative Urteil des Gregoras über die aus dem
Westen eingeführte Falkenjagd spiegelt sicherlich die Meinung des Durch-
schnittsbyzantiners wider. S. BOSCH: Andronikos IH. 11 A.3 und PARISOT:
Cantacuzene 60 A.2; VAN DIETEN: Gregoras H 1 A.213.
116 Der Fluß Melas ist ein von den Türken Kara Su genannter Wasserlauf auf der
Halbinsel von Konstantinopel, der sich mit dem fluß Athyras vereinigt und in

239
ANMERKUNGEN: 116-118

die Lagune von Büjük Tschekmedsche mündet. Vgl. Niketas Choniates 64f.
(VAN DIETEN) (an welcher Stelle geschildert wird, wie der kleine Bach nach
einem heftigen Regenguß anschwillt und großen Schaden verursacht); K:inI1a.~
mos 2,14 (S. 74 MEINEKE); PASPATES: ITQoam:na 37; ]IRECEK: Heerstraße 53;
102. Unser Melas darf nicht mit dem von Herodot 7,58 erwähnten gleichnami-
gen fluß Thrakiens verwechselt werden, der in den ebenso benannten Golfmünde-
te. Es gab im Altertum in Griechenland und Kleinasien mehr als 10 Flüsse dieses
Namens. Nach KAZDAN: Otnosenija 48 war die Gegend um den Melas für die
Pferdezucht besonders geeignet.
117 Dem Emporkömmling Manuel Tagaris (sein Vater war nach Matthaios von
Ephesos einfacher Bauer, zeitweise sogar Bandit: KURUSES: raßaAa~ 280) ge-
lang der Aufstieg erst, als er eine Ehe mit einer Adligen einging. Zu hohem
Ansehen brachte er es, nachdem er sich bei der Verteidigung Philadelpheias
gegen die Türken ausgezeichnet hatte, wofür ihn der Kaiser mit der Würde eines
Großstratopedarchen belohnte und ihm seine Nichte zur Frau gab. Sehr viele
Einzelheiten aus seinem Leben, vor allem Details aus seinem Streit mit dem
Metropoliten von Philadelpheia, Theoleptos, hat KURUSES a.a.O. 280f., 342f.
an den Tag gebracht. Vgl. ferner NICOL, Donald M.: Philadelphia and the
Tagaris Family. Neo-Hellenika 1 (1970) 10f.; WEIss: Kantakuzenos 58;
REINSCH: Matthaios 5 A.1; LAIOU: Aristocracy 139. Ein Verwandter von ihm,
vielleicht sogar sein Sohn, war der berüchtigte Hochstapler Paulos Tagaris,
lateinischer Patriarch von Konstantinopel: LOENERTz, Raymond ]ean: Cardi-
nale Morosini et Paul Paleologue Tagaris, Patriarch es, et Antoine Ballester,
vicaire du Pape, dans le Patriarchat de Constantinople (1332-34 et 1380-87).
REB 24 (1966) 227f. NICOL, Donald M.: The Confessions of a bogus Pa-
triarch: Paul Tagaris Palaiologos usw., ]ourn. Eccl. Hist. 21 (1970) 289-299.
Die Würde des Großstratopedarchen (IlEya~ al'Qal'oJ"[EöaQXl1~) begegnet zum
erstenmal im 13. Jahrhundert in Nikaia. Er repräsentiert die höchste Instanz,
die für die Verproviantierung der Truppe zu sorgen hat. Ihm unterstehen vier
einfache Stratopedarchen. Vgl. GUILLAND, Rodolphe: Etudes sur l'histoire ad-
ministrative de l'empire byzantin. Le stratopedarque et le grand stratopedarque.
BZ 46 (1953) 70f. (= Recherches I 502f.); STEIN: Untersuchungen 54f.
118 Philadelpheia in Lydien, die von Attalos 11. Philadelphos im 2. Jahrhundert
v.Chr. gegründete Stadt, war um diese Zeit das wichtigste Zentrum des spät-
byzantinischen Reiches in Kleinasien. Wegen ihrer Nachbarschaft zu dem Sul-
tanat von Ikonion war sie ständig dem Druck der Türken ausgesetzt. Anfang
1304 wurde sie von den Katalanen (: oben A.108) entsetzt, einige Jahre später,
vermutlich 1310-1311 oder 1314 (: KURUSES a.a.O. 285), dank der erfolgrei-
chen Verteidigung durch Manuel Tagaris vor einer Einnahme durch die Türken
bewahrt. Trotz ihrer prekären Lage fiel die Stadt erst 1390 in die Hände der

240
ANMERKUNGEN: 118-123

Türken. Vgl. KURUSES a.a.O. 295 f.; SCHREINER, Peter: Zur Geschichte Phila-
delpheias im 14. Jahrhundert (1293-1390). OCP 35 (1969) 375f.
119 Theodora Asanina war Tochter der Irene Palaiologina, einer Schwester Andro-
nikos' II., und des bulgarischen Zaren Ivan III. Asan; vgl. PAPADOPULOS: Ge-
nealogie 28. Sie war die zweite Gattin des Manuel Tagaris, der in erster Ehe mit
einer Dukaina Monomachina verheiratet war: NICOL a.a.O. 11 (sie fehlt bei
POLEMIS: Doukai).
120 Nach Gregoras (1319) hatte der Mitkaiser bei den Thrakern so großen Zulauf,
weil er in Thrakien Steuerfreiheit verkündet hatte, ein Detail, das Kantakuzenos
zwar nicht erwähnt, das aber aus der im folgenden geschilderten Jagd auf die
Steuereintreiber erschlossen werden kann. Unter den letzteren befand sich, nach
der Vermutung von KURUSES a.a.O. 29 f., ein Bruder des Michael Gabras, der
wahrscheinlich unter dem Verdacht der Unterschlagung von öffentlichen Gel-
dern inhaftiert wurde. Vgl. FATOUROS: Gabras II 576f. (ep. 369) und dazu VAN
DIETEN: Gregoras II 1,143 A.68; MATSCHKE: Reaktion 64 A.43. Zu den Steuer-
eintreibern (J[Qa%LoQE~) im allgemeinen: DÖLGER: Beiträge 71 f. Vgl. ferner
HEISENBERG: Palaiologenzeit 78; ZAKYTHINOS: Crise monetaire 85 A.2.
121 Nach Gregoras a.a.O. starb Gerasimos einen Tag vor der Flucht des jüngeren
Andronikos. Wir haben aber oben (A.113) gesehen, daß Gregoras höchstwahr-
scheinlich von einem anderen Tagesanfang ausgeht und deshalb die Flucht auf
den 20. April ansetzt. LAURENT: Patriarches 152 erklärt die Diskrepanz da-
durch, daß der Patriarch in der Nacht vom 19. zum 20. April starb. Aus der
Kurzchronik von 1352, die ebenfalls den 20. April als Todestag des Gerasimos
nennt (vgl. SCHREINER: Kleinchroniken I 77 Nr. 12b), erfahren wir als einziger
Quelle, daß der Patriarch im Manganenkloster bestattet wurde. Vgl. LOE-
NERTZ: Chronique breve 349.
122 Die Aufgaben des Eunuchen Kallikrenites, der den Titel des Vorstehers des Koi-
ton (J[QO%a8~!lEVO~ LOU %OLLWVO~) innehatte, sind nicht leicht definierbar.
Nach STEIN: Untersuchungen 44 handelt es sich um einen dem Parakoimome-
nos untergeordneten Hofbediensteten. Da jedoch seit dem 12. Jahrhundert un-
ter Koiton auch die Staatskasse gemeint ist (: DÖLGER: Beiträge 25 A.3), ist es
durchaus möglich, daß Kallikrenites mit der Aufsicht über die Staatsgelder
beauftragt war. Über Theoleptos vgl. oben A.88, über Kallikrenites A.84. Zu
den Ausschreitungen der Soldaten gegen die Gesandten des Kaisers vgl.
MATSCHKE: Reaktion 48, zur Reaktion des Kallikrenites darauf vgl. KAZDAN:
Cantacuzene 297.
123 Im Gegensatz zu Kantakuzenos, der zwischen dem 19. April und dem 6. Juni
1321 zwei Gesandtschaften des alten Kaisers an seinen Enkel ansetzt, läßt der in
äußerst kurzer Form abgefaßte Bericht des Gregoras in diesem Punkt Unklar-
heit; bei ihm ist von «Gesandtschaften» des Theoleptos und der Mutter des

241
ANMERKUNGEN: 123

Syrgiannes die Rede. Die herrschende Meinung unter den Forschern war früher
die, Gregoras habe wegen der Knappheit seines Berichts die beiden Gesandt-
schaften des Kantakuzenos zu einer verschmolzen; deshalb nahm man an, daß
die von Gregoras erwähnte Mutter des Syrgiannes mit der in der zweiten Bot-
schaft bei Kantakuzenos (I 109) genannten Großdomestikissa Eugenia Palaiolo-
gina identisch sei. Gegen diese Meinung setzt VAN DIETEN: Gregoras II 1,144 f.
die Hypothese, die bei Gregoras erwähnte Gesandtschaft stelle eine dritte dar,
die bei Kantakuzenos absichtlich verschwiegen werde (dies hatte bereits BOSCH:
Andronikos III. 24 A.2 unter Hinweis auf PARISOT: Cantacuzene 49 vermutet).
Gregoras (I 320) spreche nämlich im Zusammenhang mit der Gesandtschaft des
alten Kaisers von einem Vormarsch des Syrgiannes in Richtung Konstantinopel,
und diesen Vormarsch wolle Kantakuzenos ebenfalls verschweigen. Gegen die
Hypothese VAN DIETENS sind jedoch folgende Bedenken geltend zu machen:
a) Es ist sehr wahrscheinlich, daß Gregoras in seinem stark verkürzten Bericht
zwei Gesandtschaften (a) Theoleptos, b) Mutter des Syrgiannes) vor Augen hat.
Darauf weist jedenfalls der Plural JtQEoßdm (I 320,23) hin; denn Gregoras
benutzt sonst das Wort im Singular, auch wenn es sich um Gesandtschaften von
mehreren Personen handelt: I 193,21; 194,18; 205,1; 10; 254,22; 374,7; 16;
411,12; 417,23; 418,2; II 642,15; 654,10; 666,17; 834,9; 853,23. Der Plural
des Wortes kommt noch einmal in seinem Geschichtswerk vor (II 850,18), an
welcher Stelle mehrere Gesandtschaften gemeint sind. In gleicher Weise macht
übrigens Gregoras unten (I 430 f.) aus den beiden Einfällen des Zaren Michael
ins byzantinische Reich einen; vgl. VAN DIETEN a.a.O. II 2,303 f.
b) Das Motiv, das VAN DIETEN Kantakuzenos für das Verschweigen der
Gesandtschaft zuschreibt (: wie der Vormarsch des Syrgiannes zeige, wolle
Kantakuzenos nicht wahrhaben, daß der junge Kaiser ursprünglich mit Syrgian-
nes für die Eroberung der Stadt war und erst nach dem Verhandlungs angebot
seines Großvaters darauf verzichtete), ist nicht überzeugend; denn auch Grego-
ras sagt nicht, daß der Mitkaiser für einen Marsch gegen die Hauptstadt war,
sondern führt diesen ausschließlich auf die Bestrebungen des Syrgiannes zurück
(wobei allerdings dem Aufmarsch des Syrgiannes die Aufwiegelung Thrakiens
durch Andronikos den Jüngeren und seine Anhänger gegen den alten Kaiser
vorausgeht: Greg. 1319 f.). Es ist auch kaum plausibel anzunehmen, daß Kanta-
kuzenos den ganzen Verlauf der Beratung von Adrianopel retuschiert habe, um
diese angebliche erste Gesandtschaft des Kaisers zu verschweigen; denn im
Bericht über diese Beratung, die nach VAN DIETEN im letzten Drittel des Mai
(wahrscheinlich wohl früher, vgl. unten A.13 6) anzusetzen ist, ist nicht nur
keine Spur dieser «ersten» Gesandtschaft zu bemerken, sondern außerdem tritt
hier Syrgiannes, der Ende April auf die Bitten des Theoleptos und seiner Mutter
hin eingelenkt, den Vormarsch gegen Konstantinopel abgebrochen haben und

242
ANMERKUNGEN: 123-128

nach Adrianopel zurückgekehrt sein soll, als eifriger Unterstützer der Idee eines
Feldzuges gegen Konstantinopel auf (Kant. I 99; seine Haltung nennt VAN
DJETEN a.a.O. 160 einfach widersprüchlich).
c) Man kann sich schwer vorstellen, daß die von Gregoras als Gesandte des
alten Kaisers erwähnte Personen nur mit Syrgiannes verhandelten; denn das von
Gregoras erwähnte Treffen dieser Gesandten mit dem Mitkaiser in Adrianopel
stellt VAN bIETEN in Abrede.
Aus diesen Gründen scheint die Hypothese VAN DIETENS die Unterschiede in
den Berichten der beiden Historiker hinsichtlich der oben genannten Gesandt-
schaften des alten Kaisers an seinen Enkel nicht befriedigend zu erklären. Dies
bedeutet allerdings nicht, daß die Annahme BINONS und anderer, Eugenia Pa-
laiologina sei mit der Mutter des Syrgiannes identisch, mehr als reine Hypothese
ist.
124 Zu dieser Botschaft des Mitkaisers an seinen Großvater vgl. DÖLGER: Regesten
2453.
125 Zu dieser Ausdrucksweise vgl. Kant. 1,58(1301,1) und BOSCH: Andronikos III.
49 A.2.
126 Der Großstratopedarch Andronikos Palaiologos begegnet im Geschichtswerk
des Kantakuzenos des öfteren. Eifriger Anhänger des Mitkaisers zu Beginn des
Bürgerkrieges, wechselte er später zur Partei des älteren Andronikos über. Als
die Anhänger des Mitkaisers ihn gefangennahmen, wurde er von diesem begna-
digt. Vgl. GUILLAND a.a.O. 77 (= Recherches I 507); ASDRAcHA: Rhodopes
196f. (mit den Berichtigungen von VAN DIETEN a.a.O. 159). PAPADOPULOS:
Genealogie 30 Nr. 49 macht aus unserem Andronikos Palaiologos und einem
späteren Namensvetter von ihm, der ebenfalls den Titel des Großstratopedar-
chen trug, eine Person. Er darf auch nicht mit dem Protovestiarios Andronikos
Palaiologos (Kant. 1,43[1211]) verwechselt werden. Den Titel des Großstrato-
pedarchen trägt Andronikos zu dieser Zeit wohl ehrenhalber, da der aktive
Großstratopedarch des alten Kaisers Manuel Tagaris ist.
127 Aus der unverständlichen Lesart des Textes cpQallnEQLv tEllmvLO'" hat Pontanus
den Namen fra Pietro de Pignolo herausgelesen mit der Bemerkung: familiam
quaerant queis otium est! Es handelt sich wahrscheinlich um einen Angehörigen
des genuesischen Adelsgeschlechts de Pignoli namens Pietro. Vgl. CARO: Genua
II 216.
128 Unter Dalmatien versteht der Mitkaiser hier Nordepiros. Natürlich meint er mit
dieser Ausdrucksweise nicht die Städte von Nordepiros und Akarnanien selbst,
die damals noch dem Despotat von Epiros zugehörten (erst nach 1337 wurde
das Despotat dem Reich angegliedert: OSTROGORSKY: Geschichte 419), son-
dern an diese Länder angrenzende Städte des byzantinischen Reiches, wie Pri-
lep, Kastoria usw.

243
ANMERKUNGEN: 129-135

129 Das Sprichwort will sagen, daß etwas ganz Unerwartetes innerhalb kürzester
Zeit eintreten könne. Es geht auf eine Anekdote zurück, die in der verlorenen
Po/iteia Samiorum des Aristoteles erzählt wurde. Danach wurde einem gewis-
sen Angaios, der sich bei der Anpflanzung eines Weinberges seinen Sklaven
gegenüber unmenschlich benommen hatte, von einem dieser Sklaven vorausge-
sagt, er werde nicht in den Genuß seines Weinberges kommen. Als nun der
Wein fertig war, befahl Angaios eben diesem Sklaven, ihm Wein einzuschenken,
und erinnerte ihn an seine Weissagung; dieser antwortete seinem Herrn mit
besagtem Sprichwort. Im gleichen Augenblick kam ein anderer Sklave herein
und brachte die Nachricht, ein wilder Eber zerstöre den Weinberg. Angaios
rannte sofort hinaus und wurde von dem wütenden Tier getötet. Vgl. Aristote-
les fr. 176 (FHG II 159 MÜLLER).
130 Zu Uros II. Milutin vgl. oben A.49, zu Theodor Svetoslav A.18.
131 An diesem Punkt erhebt sich die Frage, warum der jüngere Andronikos und
Kantakuzenos es unterlassen haben, sich der Hauptstadt zu bemächtigen und
den alten Kaiser abzusetzen, zumal sie davon überzeugt waren, daß das Unter-
nehmen für sie ein leichtes wäre. Durch ein solches Eingreifen hätten sie, retro-
spektiv betrachtet, das byzantinische Reich vor viel Blutvergießen bewahrt. Die
Frage hat bisher keine befriedigende Antwort erfahren. Nach VAN DIETEN
a.a.O. 148 hatte der jüngere Andronikos kein Interesse daran, die Herrschaft
sofort zu übernehmen. Nach BOSCH: Andronikos III. 25 wollte er lieber einen
Teil der Provinz fest in der Hand haben als Herr über die Hauptstadt sein.
Deshalb ist der Verdacht berechtigt, daß Kantakuzenos an dieser Stelle die
Einnahme Konstantinopels als unproblematisch hinstellt, um seine und des
Mitkaisers Großherzigkeit zur Schau zu stellen. Zumindest in diesem Stadium
des Bürgerkrieges dürften die beiden an die Schwierigkeiten, die kurz zuvor als
«angebliche» Gegenargumente von unserem Historiker dargestellt werden,
wirklich geglaubt haben. Daß der folgende Brief an den Kaiser dem zu wider-
sprechen scheint, ist nur natürlich; denn man rechnete mit seinem psychologi-
schen Effekt, und der Brief zielte darauf ab, den alten Kaiser einzuschüchtern.
Vgl. PARISOT: Cantacuzene 51 und unten A. 171.
132 Zu diesem Brief des Mitkaisers an seinen Großvater vgl. DÖLGER: Reg. 2653.
133 Zu den «Dienern» des Großdomestikos und Andronikos' d. ]., die oft hochge-
stellte Personen waren, vgl. WEISS: Kantakuzenos 147 f.
134 Die Zahl von 50000 Reitern ist stark übertrieben. Vielleicht entspricht diese
Zahl der Gesamttruppe des Mitkaisers. PARISOT: Cantacuzene 50 schreibt 5000
nach der Konjektur des Pontanus. Vgl. ferner LAIOU: Latins 289; Histoire du
moyen age 238.
135 Zu dieser Episode vgl. BoscH: Andronikos III. 23 u. 55; VAN DIETEN: Gregoras
II 1,147.

244
ANMERKUNGEN: 136-142

136 Aus dem Text des Kantakuzenos ist weder ersichtlich, wieviel Tage der Mitkai-
ser mit seiner Armee von Adrianopel bis zum fluß Melas (außerhalb von Kon-
stantinopel, vgl. oben A.116) benötigte, noch wann er von dort aufbrach. Nach
VAN DIETEN a.a.O. 146 soll er sich frühestens im letzten Drittel des Mai auf den
Weg gemacht haben, da man auch bei kurzen Tagesmärschen und häufigen
Stationen kaum mehr als zwei Wochen für diese Strecke brauchen könne. Es ist
jedoch kaum möglich, diesbezüglich eine zuverlässige Schätzung vorzunehmen,
da man die Dauer der Aufenthalte nicht kennt, die der Mitkaiser wegen seiner
angeblichen Krankheit benötigte.
137 Nach BINON: Prostagma 144 f. ist die Großdomestikissa Eugenia Palaiologina
die Mutter des Syrgiannes und die Gattin des Großdomestikos Syrgiannes, eine
Hypothese, die von DÖLGER, PAPADOPULOS und anderen übernommen wurde.
Dieser Auffassung ist VAN DIETEN a.a.O. 123 mit einer, wie er meint, plausible-
ren Hypothese entgegengetreten: Eugenia Palaiologina sei die Gattin des Groß-
domestikos Johannes Senachereim Angelos und die Mutter des Großstratoped-
archen Angelos Senachereim. Ausgangspunkt für beide Hypothesen sind die
oben erwähnten (A.123) unterschiedlichen Ausführungen von Gregoras und
Kantakuzenos über die Kontakte zwischen den beiden Andronikoi während der
ersten Runde des Bürgerkrieges.
138 Zu dieser Botschaft des alten Kaisers an seinen Enkel vgl. DÖLGER: Regesten
246l.
139 Eugenia ist eine Tante Michaels IX., also eine Großtante des Mitkaisers: BINoN
a.a.O. 145 f. Sie wird unten, Kant. 2,4(1333,23), wie es scheint, auch als Tante
des Kantakuzenos erwähnt. Anders VAN DIETEN a.a.O., wonach an dieser Stelle
von einer anderen Person die Rede sei.
140 Bei den Römern (aber auch bei anderen Völkern) galt der Vatermord als das
scheußlichste aller Verbrechen. Dafür war die poena cullei (Strafe der Einsak-
kung) vorgesehen: Der Mörder wurde mit Ottern und anderen Tieren in einen
Ledersack lebendig eingepackt und ins Meer geworfen. Vgl. Cicero, pro Sex.
Roscio 24f.; Dionys. Halikarn. Ant. Rom. 4,62; Diodor 1,77 usw.
141 Selymbria C~:llA.1J!!ßQLa, LllA.1JßQLa, türk. Siliwri), eine 60 Kilometer westlich
von Konstantinopel an der Propontis gelegene Stadt, war, wie Byzanz, im
6. Jahrhundert v.Chr. von Megara aus kolonisiert worden. Sie wird von vielen
antiken Autoren erwähnt. Erhöhte Bedeutung kommt ihr seit der Gründung
Konstantinopels zu. Für eine Weile hieß sie zu Ehren der Gattin des Arkadios
Eudoxiupolis. 813 von Krum dem Erdboden gleichgemacht, wurde sie bald
wiederaufgebaut. Während der Bürgerkriege im 14. Jahrhundert spielte Selym-
bria eine wichtige Rolle. Vgl. OBERHUMMER, E.: RE II A 1324f.; EYlcE: Apo-
cauque 77f.; Samothrakes a.a.O. 475-77.
142 Zu Christupolis s. oben A.36.

245
ANMERKUNGEN: 143-147

143 Gemeint ist die nordepirotische Hafenstadt Dyrrhachion (Durazzo, heut. Dur-
rhes, die der Historiker mit ihrem altgriechischen Namen, Epidamnos, nennt.
Sie bildete den einen Endpunkt der via Egnatia. Die Stadt geriet zeitweise in
Verfall, nachdem sie 1273 von einem heftigen Erdbeben zerstört worden war.
Vgl. TAFEL: Via Egnatia occidentalis 16f.; PHILIPPSON, RE V 1882f.; NICOL,
Epiros 223; JIRECEK, K. in: THALLOCZY: Illyrisch-Albanische Forschungen I
152f.
144 Zu dem von Andronikos d. J. vorbereiteten Vertragsentwurf sowie zu den
Schwurtexten vgl. DÖLGER: Regesten 2660 u. 2661. Die Länder, die der Mit-
kaiser für sich beanspruchte, sind auf der Karte bei BoscH: Andronikos III.
nach S. 24 verzeichnet. Mit der Besetzung Thrakiens durch den Mitkaiser wird
der alte Kaiser von seinen westlichen Provinzen abgeschnitten, ein Zustand, den
er nicht lange erdulden konnte, wie die genannte Autorin, ebenda 26, richtig
bemerkt. Die Entsendung der Eugenia und des Apokaukos an den alten Kaiser
ist als ein Akt anzusehen: DÖLGER: ebenda 2660.
145 Die rote Tinte wird auf Schriftstücken der kaiserlichen Kanzlei seit der Zeit
Leons I. (470) verwendet. Das Privileg, mit roter Tinte zu unterschreiben, hat
nicht nur der Kaiser, sondern mitunter haben es auch Mitglieder der kaiserli-
chen Familie sowie hochgestellte Beamte des Reiches. Vgl. DÖLGER, Franz: Der
Kodikellos des Christodulos in Palermo. Archiv für Urkundenforschung 11
(1929) 12f. (= Diplomatik 13f.); DÖLGERIKARAYANNOPULOS: Urk. 28-30 u.ö.
Kantak. spricht von der Namensunterschrift des Herrschers (zum Unterschied
zum Menologem, d. h. der bloßen Bezeichnung mit Monat und Indiktion).
146 Sowohl bei Kantakuzenos als auch bei Gregoras werden immer wieder abfällige
Bemerkungen über Apokaukos ob seiner niedrigen Herkunft gemacht: WEISS:
Kantakuzenos 26. Kantakuzenos haßt ihn wegen seines Aufstiegs und versucht
immer wieder, ihn gesellschaftlich und politisch zu disqualifizieren: MATSCHKE:
Kantakuzenos 204. Zum Porträt des Apokaukos bei Kantakuzenos vgl. KAz-
DAN: Cantacuzene 316f. Vgl. ferner DÖLGER: Kantakuzenos 29 A.44 (= IIA-
PALIIOPA 207 A.44); LAIOU: Aristocracy 138 u. A.31.
147 Der Protoasekretis Leon Bardales ist auch aus einer Rede (Bittgesuch) an den
Kaiser Andronikos III. aus dem Jahr 1337 bekannt. Wahrscheinlich war er ein
Neffe des Theodoros Metochites. Biographisches über Bardales: SEVCENKO,
Ihor: Leon Bardales et les juges generaux ou la corruption des incorruptibles.
Byzantion 19 (1949) 254f. Der Protoasekretis war der Leiter der kaiserlichen
Kanzlei, die in einem eigenen Gebäude in der Nähe des Hippodroms unterge-
bracht war. Der früheste sichere Beleg für dieses Amt (mit Artemios als Inhaber)
stammt aus dem Jahre 713. Der Protoasekretis ersetzt den älteren primicerius
notariorum. Hervorragende Männer, unter ihnen Photios, haben das hohe und
angesehene Amt bekleidet. Vgl. DÖLGER, Franz: Kodikellos a.a.O. 55 f. (=

246
ANMERKUNGEN: 147-151

Diplomatik 62f.); DÖLGERIKARAYANNOPULOS: Urk. 60ff.; BURY: Administra-


tive System 97 f.
148 Der Mitkaiser ist in die Hauptstadt nicht eingezogen, um der eben erfolgten
Teilung des Reiches Nachdruck zu verleihen. Deshalb läßt er seine Gattin von
dort abholen. Über Irene-Adelheid s. oben A.66. Vgl. ferner DÖLGER: Regesten
2463.
149 Im Gegensatz zu Gregoras, der eine Reihe von Beweggründen für den Abfall des
Syrgiannes anzuführen weiß, nennt Kantakuzenos keinen eindeutigen Grund
dafür und läßt den Leser zwischen den Zeilen verstehen, daß die Bosheit und
charakterliche Verderbtheit des Syrgiannes als Ursache anzusehen ist. Nach
Gregoras, Hist. 8,11(1 351f.) fiel Syrgiannes vom jüngeren Andronikos ab, weil
dieser erstens nicht erfüllte, was er ihm vor dem Bürgerkrieg versprochen hatte,
weil er zweitens Kantakuzenos mehr Gehör schenkte als ihm und weil er drit-
tens ihn nicht mehr zu seinen Beratungen hinzuzog, sondern als einfachen An-
hänger betrachtete. Syrgiannes machte vor dem alten Kaiser hingegen als Grund
seines Übertrittes geltend, daß der jüngere Andronikos seine Frau belästige.
Dies letztere könnte man als Erfindung des Syrgiannes abtun: Er sprach damit
das Bild an, das der alte Kaiser sich von seinem Enkel gemacht hatte (PARISOT:
Cantacuzene 53 u. AA glaubt der Geschichte und ist der Meinung, die Initiative
für diesen Flirt sei vom Ehepaar Syrgiannes ausgegangen und habe dem Ehe-
mann die Gunst des Mitkaisers wiederverschaffen sollen; dies hätte aber Kanta-
kuzenosnicht unerwähnt gelassen). Das erste der oben genannten Motive des
Syrgiannes, sollte es der Wirklichkeit entsprechen, dürfte Kantakuzenos ver-
schwiegen haben, weil er für das Bündnis Syrgiannes - Andronikos d.]. niemals
unlautere Gründe auf seiten Andronikos' eingestanden hätte, das zweite wahr-
scheinlich deshalb, weil er durch seine eigene Rivalität gegen Syrgiannes wohl
selber zu dessen Abfall und dem Wieder aufflammen des Krieges beigetragen
hat. Gregoras' Ausführungen dürften, was die Motivation des Syrgiannes anbe-
langt, wohl eher zutreffen, weil er keinen Grund hatte, irgendetwas zu vertu-
schen, auf jeden Fall fällt bei unserem Historiker auf, daß er keine Motive für
das Handeln des Syrgiannes erwähnt.
150 Die hier von Kantakuzenos herausgestellte Großherzigkeit des jüngeren Andro-
nikos gegenüber Syrgiannes könnte der Wirklichkeit entsprechen; denn einige
Jahre später verzeiht er Syrgiannes wieder und akzeptiert ihn sogar als Statthal-
ter von Thessalonike (Vgl. jedoch auch VAN DIETEN: Gregoras II 2,315 f.).
151 Apros war eine wichtige Stadt Thrakiens an dem Punkte, wo die Straßen nach
Ainos und nach dem thrakischen Chersones sich teilten. In römischer Zeit wird
sie als colonia Claudia Aprensis erwähnt. Ammian. Mare. 27,4,12 betrachtet
sie als Stadt der Provinz Europa. In der Zeit Theodosios' d. Gr. wurde sie
ausgebaut und in Theodosiupolis umbenannt, ein Name, der bald vergessen

247
ANMERKUNGEN: 151-155

wurde. Apros ist nahe dem heutigen Ainardjik zu lokalisieren. Vgl. ZAKYTHINOS:
MEAE1:aL II 167f.; HIRSCHFELD in: RE II 272 (Aproi). Das antike Olynthos hieß
in der Zeit der Andronikoi ebenfalls Apros: LEMERLE: Kutlumus 243.
152 Zur thrakischen Stadt Garella, die unweit von Apros zu lokalisieren ist, s.
ZAKYTHINOS a.a.O. 167.
153 Manuel Komnenos Raul Asanes war ein Sohn des Andronikos Asanes und
Enkel des bulgarischen Zaren Ivan III. Asan. Er hatte den Titel eines Sebastokra-
tors inne. Vgl. FASSOULAKIS: RaouI73f.; TRAPP: Asanen 168; Prosop. Lexikon
Nr. 1506. Abbildung Manuels mit seiner Gattin bei SPATHARAKIS: Portrait Nr.
148 (vgl. ebenda 196f.). Die Versammlung der Truppe fand offensichtlich au-
ßerhalb von Didymoteichon statt.
154 Didymoteichon (volks sprachlich 'Dimotika'), die bekannte Stadt Westthrakiens,
so genannt (= die «Zwillingsmauer») wegen einer doppelten Mauer, die über
ihr lag. Sie spielte eine bedeutende Rolle während der Bürgerkriege des 14. J ahr-
hunderts. Hier ließ sich am 26. Oktober 1341 Johannes Kantakuzenos zum
Kaiser ausrufen. Schon 1361 fiel die Stadt in die Hände der Türken. In Didymo-
teichon wurden der Kaiser Johannes Vatatzes sowie der Sultan Bajezid 1. gebo-
ren, später wurde hier der König von Schweden Karl XII. von den Osmanen in
Haft gehalten. Vgl. GIANNOPOULOS, Philippos Adonis: Didymoteichon. Ge-
schichte einer byzantinischen Festung. Diss. Köln 1975. In der Umgebung der
Stadt besaß Johannes Kantakuzenos große Ländereien; vgl. FRANCES, E.: La
feodalite et les villes byzantines. BSL 16 (1955) 87. Vgl. ferner ASDRACHA:
Region 130 f.
155 Über die Abstammung von Kantakuzenos' Mutter, Theodora Palaiologina Kan-
takuzene, sind wir nur fragmentarisch unterrichtet. FlUTTI, J. c.: Notice sur les
Cantacuzene du XI e au XVIIe siecles. Bukarest 1936,5 (uns nicht zugänglich)
hatte nach Du CANGE angenommen, daß Theodora-Theodosia Palaiologina,
die Tochter der Maria-Martha Tarchaneiotissa (: PAPADOPULOS: Genealogie
Nr. 22), mit der Mutter des Kantakuzenos identisch sei; dies ist jedoch unmög-
lich, da Theodora-Theodosia bereits 1266 ihren zweiten Mann verloren hatte
und Nonne war: Ebenda 16 A.115. Ein kleiner Fortschritt ist neuerdings erzielt
worden, nachdem LOENERTZ: Ordre et desordre 223 A.6 und unabhängig von
ihm VAN DIETEN: Gregoras II 1,119 (der offensichtlich die Anmerkung von
LOENERTz nicht kennt) die bisher mißverstandene Stelle Kant. 3,36(II 222,14f.)
richtig interpretiert haben. Dort ist nicht von der Mutter Andronikos' d. j., wie
DÖLGER: IIAPA~IIOPA 229f. (nach PAPADOPULOS: Genealogie a.a.O.) und
andere angenommen haben, die Rede, sondern von der Mutter des Kantakuze-
nos. Demnach muß nach VAN DIETEN Theodora Kantakuzene die Tochter einer
Tochter der oben erwähnten Maria-Martha gewesen sein. Da nun kaum wahr-
scheinlich ist, daß Theodora-Theodosia die Mutter der Theodora Kantakuzene

248
ANMERKUNGEN: 155-159

war, muß man eine unbekannte Tochter der Maria-Martha und ihren ebenfalls
unbekannten Ehemann als die Eltern der Mutter des Johannes Kantakuzenos
annehmen. Nach PAPADOPULOS a.a.O. 16 f. war die Kantakuzene vielleicht eine
Tochter der Theodote Glabaina und des Dux Chandrenos, des Schwiegersohnes
des Michael Glabas, doch ist diese Annahme durch Kantak. II 222,14f. ausge-
schlossen; vgl. auch den von VAN DIETEN: Greg. II 1,124 erarbeiteten Stamm-
baum. Kantakuzenos spendet keineswegs als einziger Autor seiner Mutter Lob.
Gregoras 11,2(1530) sagt ähnliches über sie: «Sie zeichnete sich durch Erhaben-
heit des Charakters und äußerste Einsicht aus, und war in aussichtslosen Situa-
tionen sehr einfallsreich.» Theodora muß eine sehr energische und politisch
begabte Frau gewesen sein. Sie starb am 6. Januar 1342 im Gefängnis. Johannes
war wahrscheinlich ihr einziges Kind. Vgl. NICOL: Kantakouzenos 30 f.; LE-
MERLE: Kutlumus 84 f. Als Beispiel einer emanzipierten Frau ihrer Zeit betrach-
tet Theodora Kantakuzene WEISS: Kantakuzenos 13 f.
156 Die thrakische Festung Tzuruloe (heut. (:orlu) kommt sonst bei den byzantini-
schen Historikern in der Form T~OUQOUAO~ (bzw. T~OUQOUAOV) vor. In nikäi-
scher Zeit diente sie als Hauptstützpunkt des Kaiserreichs von Nikäa in Thra-
kien. Die Festung lag auf einem Hügel beim fluß Xerogypsos, zwischen Bizye
und Selymbria; hier fügte man 1090 den Kumanen eine Niederlage zu, indem
man schwere Wagen vom Hügel herunterließ. Vgl. JIRECEK: Heerstraße 101;
ZAKYTHINOS: MEAf1;m 154.
157 Herakleia, das antike Perinthos (bzw. Peirinthos), samische Kolonie an der
thrakischen Küste der Propontis. Wegen ihrer Nachbarschaft zu Konstanti-
nopel hat die Stadt in der Spätantike sowie in byzantinischer Zeit in mancher
Situation eine Schlüsselrolle gespielt. Perinthos diente als Stützpunkt der Trup-
pen des Septimius Severus während des Krieges gegen Pescennius Niger, der sich
in Byzanz verschanzt hatte. Nach der Niederlage des letzteren (195/96) büßte
Byzanz sein Stadtrecht ein und wurde als Dorf Perinthos unterstellt. Auf dem
Weg von Perinthos nach Byzanz wurde 275 Kaiser Aurelian ermordet. Ende des
3. Jahrhunderts wurde die Stadt in Herakleia umbenannt, wahrscheinlich zu
Ehren des Maximianus Herculius, obgleich der antike Name bei byzantinischen
Autoren noch bis zum 15. Jahrhundert gebraucht wird. Im Jahr 1352 wurde
Herakleia von Johannes Kantakuzenos an die Genuesen abgetreten. Vgl. OBER-
HUMMER, E.: RE XIX 802f.; JIRECEK a.a.O. 101; SAMOTHRAKIS a.a.O., s.v.
TUQaAoll (529 f.).
158 Kalochairetes ist ansonsten nicht bekannt. Als einen Vertreter des niederen
Militäradels bezeichnet ihn MATSCHKE: Reaktion 48; nach PARISOT: Cantacu-
zene 57 war er einfacher Soldat.
159 Als Grund für die Eröffnung der Feindseligkeiten von seiten des alten Kaisers
nennt Gregoras (I 352) den Umstand, daß er nicht länger zusehen konnte, wie

249
ANMERKUNGEN: 159-163

die Grundbesitzer Thrakiens, die als seine Anhänger galten, vom jungen Kaiser
ihrer Ländereien beraubt wurden.
160 Diese Botschaft beweist nach PARISOT a.a.O. 56f. die unabhängige Stellung der
Armee, die bisher an den Tag getreten sei. Möglicherweise hat aber der jüngere
Andronikos eine Botschaft, die nicht von seiner Person ausging, nur begrüßt,
um nicht die Schwierigkeiten zugestehen zu müssen, in die er geraten war. Oder
aber Kantakuzenos nennt die Armee als Absender der Botschaft, weil er es
vermeiden will, über den unglücklichen Verlauf der Operationen des Mitkaisers
zu sprechen. Andronikos d. J. bzw. Kantakuzenos wollten eben den Eindruck
vermeiden, der bei der Ankunft des Kalochairetes in Konstantinopel doch ent-
stand, daß nämlich der Enkel seinen Großvater um Frieden bitte. Von einer
solchen Botschaft weiß Gregoras nichts.
161 Zum Despotes Konstantinos s. oben A.24. Der Grund der Rückführung der
Kaiserinmutter nach Konstantinopel dürfte wohl die Befürchtung des alten Kai-
sers gewesen sein, Xene könnte durch ihren Einfluß auf die Thessalonizenser die
Stadt für ihren Sohn gewinnen. Vgl. TAFRALI: Thessalonique 211 u. unten
A.191; BINON: Prostagma 381 A.1; VAN DIETEN: Greg. II 1,163; THEOCHARI-
DES: 'Iatogla 379.
162 Der Megas Papias Konstantinos Palaiologos war ein Sohn des Michael Kutrules
und der Anna Palaiologina, einer Tochter Michaels VIII. Während der Bürger-
kriege befand er sich stets auf der Seite der Partei, die Johannes Kantakuzenos
bekämpfte. Er starb nach 1345. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 30 (mit ver-
worrenen Angaben); richtiger VAN DIETEN: Gregoras II 1, 163. Das Amt des
Megas Papias entspricht dem eines neuzeitlichen Hofmarschalls: Er ist für alles,
was den Kaiserpalast angeht (Sicherheit, Beleuchtung, Reinigung usw.), verant-
wortlich. Ihm sind viele Hofbedienstete unterstellt. Vgl. GUILLAND, Rodolphe:
Fonctions et dignites des eunuques. Etudes byzantines 3 (1945) 202f. (= Re-
cherehes I 25lf.); BURY: Administrative System 126f.
163 Der Protallagator Manuel Senachereim entstammte einer angesehenen Familie,
die schon vor ihm mehrere hohe Würdenträger aufzuweisen hatte. Die Senache-
reim gehörten ursprünglich einer in Vaspurakan herrschenden Dynastie an, die
den gleichnamigen König von Assyrien als ihren Ahnherrn betrachtete. Im Jahre
1021 trat der Herrscher von Vaspurakan Johannes Senachereim angesichts der
Bedrohung durch die Türken seinen gesamten Besitz an Kaiser Basileios II. ab
(: Johannes Skylitzes 435 THURN). Vgl. SCHLUMBERGER. Gustave: L'epopee
byzantine a la fin du dixieme siede. II. Basile II, le tueur de Bulgares. Paris
1900, 500t.; DÖLGER: Aus den Schatzkammern 64. Den Titel des Protallaga-
tors trägt der Kommandant der aAAayal (= Abteilungen der kaiserlichen Gar-
de). Vgl. STEIN: Untersuchungen 48; GUILLAND, Rodolphe: Etudes sur l'histoi-
re administrative de l'empire byz. REB 18 (1960) 83f. (= Recherehes I 524f.).

250
ANMERKUNGEN: 164-170

164 Johannes Zarides sowie sein Bruder Andronikos sind aus den Briefstellern des
14. Jahrhunderts hinreichend bekannt. Johannes Zarides trägt auch den Fami-
liennamen Dukas. Wir wissen nicht, in welcher Funktion Johannes nach Thes-
salonike geschickt wurde. Vgl. TREU: Planudes 224 f.; POLEMIS: Doukai 187 f.;
KURusEs, Stavros I. in: 'A8YJvä 77 (1978-9) 349 f.
165 Vieles von dem, was Kalochairetes hier in den Mund gelegt wird, stellt eine
retrospektive Betrachtung des Geschichtsschreibers dar. Als verantwortlich für
alles wurde natürlich der ältere Andronikos nach seiner Absetzung abgestem-
pelt.
166 Daneion ist wohl das von Niketas Choniates und anderen Autoren in der Form
Daonion erwähnte Städtchen in Thrakien. Es lag an der Küste zwischen Hera-
kleia und Selymbria und wird bereits im 6. Jahrhundert erwähnt. Vgl. JIRECEK:
Heerstraße 101; SAMOTHRAKIS 139.
167 Die Hafenstadt Rhegion (heut. Kütschük Tschekmedsche) lag an der Propontis,
20 Kilometer westlich von Konstantinopel, an der Mündung des Flusses Bathy-
nias. Im dortigen Palast machten die Kaiser Station, wenn sie nach Konstanti-
nopel zurückkehrten. Vgl. JIRECEK a.a.O. 55; PASPATES: IIQoa01:ELa 39; SAMO-
THRAKIS, a.a.O., 449.
168 Es handelt sich um Johannes Synadenos Komnenos Dukas Palaiologos, einen
Sohn des Großstratopedarchen Johannes Synadenos (: oben A.51) und der
Theodora Palaiologina (: PAPADOPULOS: Genealogie 9 Nr. 11), und somit einen
Bruder des Theodoros Synadenos. Vgl. HANNICKISCHMALZBAUER: Die Synade-
noi 135 f. Nr. 23; POLEMIS: Doukai 180 Nr. 194 (zu korrigieren ist PAPADOPU-
LOS: Genealogie 79 f. Nr. 128).
169 Johannes Aplesphares ist nur aus Kantakuzenos bekannt. Im Sommer 1324
kommt er als Gesandter des jüngeren Andronikos zum Bulgarenzaren Michael
Sisman. Vgl. Kant. 1,39(1 187). Zu der Botschaft des jüngeren Andronikos an
seinen Großvater vgl. DÖLGER: Regesten 2666 (an welcher Stelle die Datierung
korrigiert werden muß: unten A.171). Vgl. ferner Prosop. Lexikon Nr. 1170.
170 Unter Kosmidion ist die Gegend des berühmten, bereits in der Zeit Justinians
bekannten Klosters der Heiligen Anargyroi Kosmas und Damianos zu verste-
hen. Der Bezirk des Lympidarios ('ta Au~1tLÖaQ(ou), der aus anderen Quellen
nicht bekannt ist, lag offensichtlich in der Nähe des Kosmidion. Der Ort ist
außerhalb der Mauer gegenüber dem Blachernenpalast (nach Gregoras ca. 5
Kilometer davon entfernt), unweit des Goldenen Hornes, zu lokalisieren. Bei
Kosmidion hatten auch 822 der aufständische Thomas, 1076 Johannes Bryen-
nios und 1096 Godefroy de Bouillon ihr Lager aufgeschlagen. Am 14. August
1261 übernachtete hier Michael VIII. vor seinem Einzug in Konstantinopel. Am
5. Juni 626 wurde das Kloster von den Avaren geplündert, bei der Eroberung
Konstantinopels durch die Türken existierte es wahrscheinlich noch. Der Mit-

251
ANMERKUNGEN: 170-175

kaiser, der von der Küste kommt, schlägt sein Lager in Kosmidion auf, offen-
sichtlich aus strategischen Motiven. Vgl. JANIN: Geographie 286f.; DERs.: Con-
stan tinople 461 f., Samothrakis 314.
171 Der ansonsten sehr ausführliche Kantakuzenos verschweigt hier einiges, wenn
wir Gregoras Glauben schenken dürfen. Laut diesem Historiker (I 3530 kam
'der jüngere Andronikos nach Kosmidion in der Hoffnung, sich mit Hilfe seiner
Konstantinopler Freunde der Hauptstadt zu bemächtigen, nachdem er an den
umliegenden Wegen Wachposten aufgestellt hatte, um seinen Rücken gegen
einen Überraschungs angriff des Syrgiannes zu sichern. Diesem gelang es jedoch
in der dritten Nacht nach dem Eintreffen des Mitkaisers dessen Wachposten
gefangenzunehmen und somit die Soldaten des jüngeren Andronikos derartig
einzuschüchtern, daß sie die Flucht ergriffen. Es war also nicht nur die Strenge
des Winters, die übrigens auch von Gregoras bestätigt wird, der Grund für den
Rückzug des Mitkaisers. Das Datum der Ankunft des jüngeren Andronikos vor
die Mauern Konstantinopels ist durch eine Kurzchronik überliefert worden:
«Im Jahre 6830 (= 1321), am 24. Dezember, kam er (d. h. Andronikos d. J.) zur
Hauptstadt, im Bunde mit einem großen Heere» (: SCHREINER: Kleinchroniken
192; vgl. I! 2280. Diese wichtige Notiz wurde sowohl von BOSCH a.a.O. 28 f.
als auch von DÖLGER: Regesten 2666, dessen chronologische Angaben entspre-
chend korrigiert werden müssen, außer Acht gelassen. Der Mitkaiser erschien
also vor den Mauern Konstantinopels am Heiligen Abend und nicht im Januar
des folgenden Jahres, wie man bisher angenommen hat. Vgl. VAN DIETEN:
Gregoras I! 1,162. Falls wir mit Gregoras unterstellen wollen, daß er mit Hilfe
seiner Freunde innerhalb der Mauern die Stadt einzunehmen beabsichtigte,
dann hatte er sich vielleicht eine Lockerung ihrer Bewachung während der
Weihnachtsfeierlichkeiten erhofft.
172 Über Vojslav, den Bruder des Zaren Smiletz, s. JIRECEK: Bulgaren 283; BUR-
MOV: Istorija I 8 f.; NIKOV, Peter in: St. byz. e neoell. 5 (1939) 238.
173 Das hier dargelegte Krankheitsbild weist auf Malaria hin; vgl. das vortreffliche
Expose bei BOSCH: Andronikos II!. 177 A.4, die als erste die Krankheit des
Mitkaisers als Malaria erkannt hat. Das Anschwellen der Milz und der Schüttel-
frost sowie das jeden vierten Tag eintretende Fieber stellen einwandfreie Symp-
tome dieser Krankheit dar. Schauplatz des Bürgerkrieges waren u.a. die sumpfi-
gen Gebiete Thrakiens, die die Malaria begünstigten. Die Krankheit war in
Griechenland noch bis zum zweiten Weltkrieg sehr verbreitet. Bekannt ist die
Theorie, die die Ausmerzung der alten Hellenen zum Teil der Malaria zu-
schreibt. Vgl. ferner GUILLAND, Rodolphe: La destinee des empereurs de Byzan-
ce. EEBS 24 (1954) 46 (= Etudes byzantines 10).
174 Über den Großstratopedarchen s. oben A.126.
175 Die Festung Stenimachos, auf einer antiken Ansiedlung gegründet, lag 15 Kilo-

252
ANMERKUNGEN: 175-183

meter südöstlich von Philippupolis. Noch bis vor 100 Jahren war sie von grie-
chischsprechenden Einwohnern bewohnt. Mit Rhodope ist an unserer Stelle die
Gegend von Philippupolis schlechthin gemeint (die Niketas Choniates ~ <l>lAlJt-
Jtou EJtaQXta nennt). Vgl. JIRECEK: Heerstraße 96f.; ApOSTOLIDES, M.: <0
~'tEVtflaxo~. Athen 2 1962; TSUKALAS, G.: <Iat"oQLOYE(J)YQacplx~ JtEQlYQacp~
t"ri~ EJtaQXta~ <l>lAlJtJtouJt6AE(J)~. Wien 1851,50 (beide letztgenannte Titel uns
nicht zugänglich). Zur Etymologie des Namens: GEORGAKAS, Demetrios J. in:
BZ 42 (1943-49) 408f. Vgl. auch Samothrakis 500-503; ASDRACHA: Region
162f.
176 Die Festung Tzepaina (Cepina) lag zwischen Hebros und dem Quellbecken des
Flusses Nestos und kontrollierte den Zugang von Bulgarien nach Thrakien. Vgl.
JIRECEK a.a.O. 96; CONCEV, D. in: BSL 20 (1959) 285 f.; ASDRACHA a.a.O.
170f.
177 Über diese thrakischen Städte s. oben A.151 u. 152.
178 Rhaidestos, das in der Antike von den Samiern gegründete Bisanthe, war eine
der wichtigsten Städte Thrakiens an der Küste der Propontis (heut. Tekirdag).
Sie war ein Umschlagzentrum für Getreide. Ihre Bedeutung als Handelsstadt
hebt bereits Prokopios, de aedif. 4,9(1V 139 HAURY) hervor. Zweimal wurde sie
von den Bulgaren zerstört (813 und 1206), im Jahr 1307 fiel sie nach tapferer
Gegenwehr in die Hände der Katalanen. Vgl. ZAKYTHINOS: MEAEt"aL II 175 f.;
SAMOTHRAKIS 445 f.
179 Eine Stadt im thrakischen Binnenland (heut. Vizeh), die bereits in der Antike
eine wichtige Rolle gespielt hat. Sie galt als der Wohnsitz des mythischen Te-
reus. Vgl. ZAKYTHINOS a.a.O. 169 f.; MANSEL, A. M.: Grabhügelforschung in
Ostthrakien. Isvestija Bulg. Archaeol. Inst. 13 (1939) 154f. (uns nicht zugäng-
lich); SAMOTHRAKIS 104-106; BABINGER: Beiträge 55 A.80.
180 Stadt am Hange des Strandzagebirges (heut. IstrandZa). In ihrer Nähe wurde
das Schiffbauholz für die byzantinische Flotte gefällt. Vgl. JIRECEK: Heerstraße
102; MILLER: Cantacuzenus 338. Heute liegt an dieser Stelle die Stadt Sergen.
181 Die bei Selymbria gelegene Festung Sakkoi (heut. Cande?) ist mit der aus einer
lateinischen Quelle bekannten Ortschaft Tinsaccos identisch: ZAKYTHINOS
a.a.O. 178f. Vgl. ASDRACHA: Region 176.
182 Dieser Abschnitt weist auf die katastrophalen Folgen hin, die der Bürgerkrieg
für die Landwirtschaft hatte; vgl. TAFRALI: Thessalonique 103; AHRWEILER: La
mer 379. Zur Flucht der Bauern aus dem Lande: KAZDAN: Otnosenija 106f.
Vgl. ferner MAKSIMOVIC, L. in: JÖB 31/1 (1981) 154.
183 Die Großzügigkeit des Kantakuzenos an unserer Stelle legt einen Zug der im
späten Byzanz herrschenden Mentalität an den Tag: Der Staatsmann muß ein
reicher Grandseigneur sein, damit er im entscheidenden Moment dem Staats-
säckel aus eigenen Mitteln zu Hilfe kommen kann: WEISS, Kantakuzenos 13

253
ANMERKUNGEN: 183-188

(unter Berufung auf BECK: Metochites 85); vgl. KAZDAN: Cantacuzene 289. Zur
Einberufung des Heeres durch den jüngeren Andronikos vgl. DÖLGER: Regesten
2667.
184 Ähnliche Gedanken wie hier kommen in einer von Theodora unterschriebenen
Schenkungsurkunde für das Kloster Kutlumus aus dem Jahre 1338 zum Aus-
druck: LEMERLE: Kutlumus 85. Unter Berufung auf unsere Stelle meint NICOL:
Kantakouzenos 31, Theodora habe dem Mitkaiser ihre finanzielle Unterstüt-
zung angeboten, was freilich aus dem Wortlaut ihrer Rede nicht hervorgeht,
faktisch aber der Fall ist, wenn man nicht zwischen ihr und ihrem Sohn Vermö-
genstrennung voraussetzen will. Die genannte Schenkungsurkunde wird von
beiden unterschrieben. Zu Theodora Palaiologina Kantakuzene s. oben A.155,
zu ihrer Rede vgi. KAZDAN: Cantacuzene 294 f. Vgi. ferner FLORINSKIJ: Andro-
nik 100 A.3; LAIOU, A. in: JÖB 31/1 (1981) 242f.
185 Der Leser kann sich des Eindruckes nicht erwehren, Kantakuzenos verweile mit
aller Ausführlichkeit bei der Eroberung von Apros, einer an sich unbedeutenden
Episode des Krieges, weil sie ihm die Möglichkeit bietet, die Menschlichkeit und
Großherzigkeit seines Herrn in den glänzendsten Farben zu schildern. Ähnli-
chen Zwecken scheint weiter unten die detaillierte Beschreibung der Eroberung
und Zerstörung des Fleckens Sakkoi zu dienen: Der Mitkaiser weint dort über
das Schicksal seiner Gegner. Vgi. jedoch unten A.194. Zur Dienstbarmachung
der Gefangenen: KÖPSTEIN: Sklaverei 67.
186 Der Glaube, der Genuß von gewissen Kräutern bringe Wahnsinn hervor, geht
auf die Antike zurück. Vielleicht denkt der Mitkaiser hier an Mandragoras, jene
wunderwirkende Pflanze, die bei übermäßigem Gebrauch Wahnsinn verursa-
chen konnte; vgi. KRETIKOS, P. G.: '0 MavÖQay6Qa~. AaoyQacp(a 19 (1960)
421.
187 Die thrakische Stadt Chariupolis (heut. Hairebolü) lag an einer Fernstraße vom
Hellespont zu den Donaumündungen, 45 Kilometer nordwestlich von Rhaide-
stos (: oben A.178). 1206 wurde sie von den Bulgaren zerstört, 1357 fiel sie in
die Hände der Türken. Vgi. Samothrakis 548 f.
187a Zur Erklärung der Stelle vgi. ASDRACHA: Region 246. 258, welche diese Stelle
zitiert. Kantakuzenos umschreibt hier recht umständlich die kleinen Verwal-
tungseinheiten des Gebietes, welche die älteren Themenorganisation ablösten.
188 Nach MATSCHKE: Reaktion 60 entwirft hier Kantakuzenos, indem er die Treue
des vlachischen Hirten Syrbanos gegenüber dem jüngeren Andronikos verherr-
licht, ein Bild des Mannes aus dem Volke, «so wie es die herrschende Klasse
haben wollte», das aber keineswegs als allgemeingültig angesehen werden müs-
se. Syrbanos ist aus anderen Quellen nicht bekannt. Über den Großstratopedar-
chen Andronikos Palaiologos s. oben A.126. Zur Episode des Syrbanos vgi.
ferner ASDRACHA: Region 70 f.

254
ANMERKUNGEN: 189-192

189 Der Domestikos des Westens Johannes Tarchaneiotes ist auch aus Urkunden
bekannt; vgl. DÖLGER, Franz: Die Urkunden des Johannes-Prodromos-Klosters
bei Serrai (Sitzungsb. d. bayer. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Abt., Jahrg. 1935,
Heft 9). München 1935,35. Die Aufgaben des Domestikos des Westens sowie
des Ostens sind um diese Zeit nicht mehr militärischer, sondern finanztechni-
scher Natur.
190 Zu dieser Urkunde vgl. DÖLGER: Regesten 2669 (wo jedoch 'Konstantinos' in
'Andronikos' korrigiert werden muß); GUILLAND: Recherches I, 507 mit A.15 5.
191 Die Hintergründe dieses Aufstandes erfahren wir von Gregoras (5. 356): Als
nun der Despotes Konstantinos seine Operation gegen den Mitkaiser (vgl. die
folgende Anmerkung) abgeblasen hatte und nach Thessalonike zurückgekehrt
war, erhielt er vom älteren Kaiser den geheimen Befehl, 25 angebliche Unruhe-
stifter in Thessalonike festzunehmen und nach Konstantinopel zu schicken. Der
Inhalt des Geheimbefehls sickerte jedoch irgendwie durch, und bevor Konstan-
tinos ihn ausführen konnte, riefen die durch Festnahme Bedrohten durch Glok-
kengeläute das Volk von Thessalonike zum Aufstand auf und setzten sich an die
Spitze der ganzen Bewegung. Man eilte zur Residenz des Despotes, doch dieser
war bereits in die Burg geflohen. Seine Leute wurden gefangengenommen und
teils getötet, teils eingekerkert. Als man nun die Tore der Burg in Brand steckte,
entkam der Despotes zum Chortai'tes-Kloster, wo er gleich darauf als Mönch in
die Hände der Aufständischen fiel. Ihre Wut gegen den Despotes Konstantinos
dürfte wohl in dessen brutalem Vorgehen gegen die Kaiserinmutter Xene ihren
Grund gehabt haben; diese erfreute sich nämlich beim Volk von Thessalonike
großer Sympathien. Vgl. TAFRALI: Thessalonique 212f.; DÖLGER: Regesten
2475.
192 Während Kantakuzenos oben I, 26 (5. 129 f.) als Hauptziel der Mission des
Despotes Konstantinos nach Thessalonike die Rückführung der Kaiserinmutter
Xene in die Hauptstadt nennt, erzählt Gregoras (5. 354 f.) über eine großange-
legte Operation des Despotes gegen den Mitkaiser, worauf unser Historiker mit
keinem Wort eingeht. Demzufolge stieß Konstantinos an der Spitze der gesam-
ten regierungstreuen Truppen Makedoniens bis nach Christupolis vor. Ziel der
Operation war, im Einvernehmen mit der Armee des Syrgiannes, der in Ostthra-
kien operierte, die Streitmacht des jüngeren Andronikos einzuschließen und
gefangenzunehmen. Gegen Syrgiannes setzte nun der Mitkaiser ein Aufgebot
seines Heeres mit dem Protostrator Synadenos an der Spitze ein; den Angriff
seines Onkels aber brachte er durch besonders raffinierte und unlautere Mittel
zum Scheitern, wie uns Gregoras erzählt (5. 355): «Er selbst [d.h. der Mitkaiser]
entschloß sich, mit gewissermaßen teuflischen Tricks und Listen seinen Onkel,
den Despoten, zu bekämpfen. Zu allererst befahl er eilends, viele schriftliche
Befehle auszustellen, mit eidlichen Versprechungen von Geld und Besitzungen

255
ANMERKUNGEN: 192-193

und Verteilung von angemessenen Ehrenämtern für die, die seinen Onkel, den
Despoten, festnähmen. Diese gab er vorbeiziehenden Leuten aus dem Volk und
befahl ihnen, sie absichtlich beim Lager des Despoten und überall auf den
Wegen auszustreuen. Dann befahl er außerdem, den Tod seines Großvaters, des
Kaisers, zu verkünden, den die Einwohner von Byzanz bei einem Aufruhr getö-
tet hätten. Leute, geschickt im Vortäuschen solcher Geschichten, verkündeten
dies, überall herumziehend, und die meisten beschworen auch noch, sie seien
Augenzeugen seines bitteren Endes gewesen. Um die Sache zu beweisen, zeigten
sie weiße Haare, die freilich von Schafen waren, aber für Haare vom Haupt und
vom Bart des alten Kaisers ausgegeben wurden und die vom Volk eigenhändig
(ausgerupft und) ausgestreut wären. Diese Nachrichten ließen die Menschen in
den Städten und Dörfern und vor allem das Heer des Despoten nicht zu sicheren
Schlüssen gelangen. Bald auch wurden jene ausgestreuten kaiserlichen Befehls-
schriften gefunden und dem Despoten übergeben, der darauf von einer ver-
ständlichen Angst und Furcht ergriffen wurde. Auch seine engsten Vertrauten
rieten ihm zur Flucht mit den Worten: 'Du wirst deiner Auslieferung durch das
Heer kaum entrinnen: So flüchtete er nach Thessalonike» (in Anlehnung an die
Übersetzung VAN DIETENS). Daß Kantakuzenos die militärische Operation des
Despotes verschweigt, liegt vielleicht auch daran, daß er nicht von diesen «teuf-
lischen Tricks» des Mitkaisers (womöglich seiner selbst, da er dessen wichtig-
ster Berater war) sprechen wollte.
Das Kloster des Chortai"tes lag auf dem gleichnamigen Berg außerhalb von
Thessalonike. Es gab in der Stadt noch ein Kloster gleichen Namens, wahr-
scheinlich eine Dependance (/-tELOXLOV) des erstgenannten, bezeugt u. a. durch
Ignatios von Smolensk und den Historiker Johannes Anagnostes. Vgl. BAKALO-
PULOS, Apostolos: 'H nUQ<l 't~Y E>EOOUAOYLX'YJY ßu~UY'tLY~ /-tOY~ 't0'Ü XOQ'tuC-
'tou. EEBS 15 (1939) 280f.j TAFEL: Thessalonica 252f.; JANIN: Eglises 414f.
193 Den Metropoliten von Thessalonike, Jeremias, sowie den Abt des Lavra-Klo-
sters, Gerasimos, betrachten BOMPAIRE/MAVROMATIS: Querelle 189 als Weg-
bereiter des Anschlusses von Thessalonike an den jüngeren Andronikos. Dies
wird jedoch von den Quellen nicht bestätigt. Wahrscheinlicher ist vielmehr, da
der Despotes Konstantinos mehrfach als Wohltäter der Klöster auf dem Athos
aufgetreten war (: DÖLGER: Diplomatik 950, daß die beiden Geistlichen die
Reise nach Didymoteichon mitmachten, um den Despotes zu schützen. Nach
DÖLGER a.a.O. 95 rettete ihn Gerasimos vor der Hinrichtung. Beide geistliche
Würdenträger sind uns auch aus Urkunden bekannt. Zu Jeremias: PETIT, Louis:
Les eveques de Thessalonique. EO 5(1901/1902) 90j TAFRALI, 0.: Thessaloni-
que des origines au XIVe siede. Paris 1919,292. Die Jeremias und Gerasimos
begleitenden Senatoren gehören natürlich dem Senat von Thessalonike an; vgl.
TAFRALI: Thessalonique 7lf.; TSIRPANLIS: Parliaments 44lf. (ebenda 443 A.2

256
ANMERKUNGEN: 193-195

wird jedoch unsere Stelle als Beleg für die Benennung YEQouo(a versehentlich
angeführt). Vgl. ferner MAKSIMOVIC, 1. in: lÖB 31/1 (1981) 184.
194 Angaben über die unmenschlichen Bedingungen, unter welchen der Despotes
Konstantinos gefangengehalten wurde, macht natürlich wieder nur Gregoras
(S. 357 f.): «Im Felsen nämlich, auf dem Didymoteichon liegt, haben die Bewoh-
ner, da er sich, wie sie feststellten, zum Aushöhlen eignete, unterirdische Behäl-
ter und ßrunnen ausgehauen, um darin das Regenwasser aufzufangen. Aus
einem dieser Brunnen nun schöpften sie das ganze Wasser heraus und ließen
darin über eine Leiter den Despoten mit einem Knaben aus seiner Dienerschaft
hinab. Sonst ließen sie niemanden dort hineinschauen, sondern sie legten einen
Deckel darauf und hielten beide dort, von der Enge des Raumes erdrückt, in
einem höchst bejammernswerten Zustand gefangen. Um über die übrigen fürch-
terlichen Dinge zu schweigen, ich meine die Dunkelheit und die schlechte Luft,
wie kann ich das Größte und Schrecklichste darstellen? Da der Raum äußerst
eng war, lagen notwendigerweise das Gefäß mit den Exkrementen und dem
Urin und das Brot zum Stillen des Hungers nebeneinander. Wie glauben Sie,
meine Leser, daß es ihnen zumute war, wenn sie essen mußten, während ein
solcher Gestank sich neben ihrem Tisch befand? Außerdem, wenn abends der
Eimer von den Bewachern an einem Seil in die Höhe gezogen wurde, entleerten
sie ihn oft auf das Haupt des Despoten, sei es, daß die Bewacher ihm absichtlich
diesen Streich spielten, sei es, daß der Eimer gegen ihren Willen umkippte. Als
aber viele geistliche Männer auf den Kaiser einredeten, wurde der Despot später
in ein anderes, milderes Gefängnis gebracht» (nach der Übersetzung VAN DIE-
TENS). Die Episode zeigt, daß Rachsucht doch ein Charakterzug des jüngeren
Andronikos war, trotz der Bemühungen seines Freundes, ihn als äußerst groß-
herzig darzustellen. Grund für den Haß des Mitkaisers gegen seinen Onkel war
nicht nur dessen grobes Benehmen gegenüber der Kaiserinmutter, sondern
wahrscheinlich auch der Umstand, daß der uneheliche Sohn des Despotes, Mi-
chael Katharos, dem jüngeren Andronikos die Nachfolge streitig gemacht hatte.
Gregoras hingegen charakterisiert Andronikos III. selbst als human; seine An-
hänger hätten ihn jedoch zu härterem Vorgehen überredet.
195 Es handelt sich offensichtlich um eine Anprangerung, wie sie in Byzanz als
zusätzliche Strafe für fast alle Delikte seit eh und je praktiziert wurde. Dem
Delinquenten wurden Haare und Bart abrasiert, dann wurde er, in Lumpen
gekleidet oder sogar nackt, auf ein Lasttier (meist einen Esel) gesetzt und her-
umgeführt, während die Zuschauer ihn mit allerlei Dreck bewarfen. Vgl. KUKU-
LES: BB III 193 f.; DERS. in: Byzantina-Metabyzantina 1,2(1949) 75 f.; HUN-
GER, H.: Reich der neuen Mitte. Graz-Wien-Köln 1965, 199f. Eine detaillierte
Beschreibung eines solchen Schandritts bietet u.a. Niketas Choniates (S.
349,10f. VAN DIETEN). Das Verbum {}Ea'tQ(~ELV, das Kantakuzenos an unserer

257
ANMERKUNGEN: 195-200

Stelle benutzt, gehört dem Vokabular der Anprangerung an: KUKULES a.a.O.
186. Im übrigen ist eine große Anzahl von Redewendungen und Ausdrücken im
Neugriechischen sowie eine Schimpfgeste auf die Anprangerung zurückzufüh-
ren: POLITES, Nikolaos G.: <YßQLOtLXa ax~~ata. AaoyQmp(a 4 (1912-1914)
640f.
196 Der Großpapias Konstantinos Palaiologos war ein Cousin zweiten Grades (=
Anepsios) von Theodoros Synadenos; denn bei der Mütter, Anna und Theodora
Palaiologina, waren Töchter zweier Brüder, Michaels VIII. und des Sebastokra-
tors Konstantinos. In einem Chrysobull aus dem Jahr 1324 (: DÖLGER: Rege-
sten 2515) wird der Großpapias als Anepsios des Kaisers Andronikos II. be-
zeichnet. Dort ist das Wort als 'Neffe' aufzufassen; denn seine Mutter Anna
Palaiologina ist die Schwester Andronikos' II. Vgl. oben A.162.
197 Daß die Türken mit kaiserlichen Schiffen nach Kleinasien übersetzten, weist
nach BOSCH: Andronikos III. 32 AA darauf hin, daß es sich um Osmanen
handelte; denn die Türken aus den kleinasiatischen Emiraten verfügten zu die-
ser Zeit über eigene Flotten. Vgl. JORGA: Geschichte 163.
198 Der Pro tos des Heiligen Berges Isaak scheint sowohl während des Bürgerkrieges
der beiden Andronikoi als auch später während des sog. Hesychastenstreits eine
wichtige Rolle gespielt zu haben. Athos-Mönch seit den ersten Jahren des 14.
Jahrhunderts (oder sogar früher), mußte er 1306 vor dem drohenden Einfall der
Katalanen nach Thessalonike fliehen. Dort machte er die Bekanntschaft des
noch ganz jungen Gregorios Palamas und anderer Persönlichkeiten, bevor er
1309 auf den Heiligen Berg zurückkehrte. Isaak fungierte als Pro tos (d.h. von
den Mönchen gewähltes Oberhaupt des Heiligen Berges, vgl. HUNGER, in: BZ
45 (1952) 360f.) von 1316 bis 1342. Vgl. MAMALAKEs, Ioannes P.: <03tQWtOc;
tOU <Ay(ou "OQOUC; "ASO) 'Iaaax. EEBS 36 (1968) 70f.; DARRouzEs, Jean:
Liste des Prötes de l'Athos, in: Le Millenaire du Mont Athos, I 423f.; KTENAS,
Christophoros in: EEBS 6(1929) 233f.; PAPACHRYSSANTHOU, Denise: Actes du
Prötaton, Paris 1975, passim. Isaak wurde wahrscheinlich als Vermittler ausge-
wählt, weil er sich des Vertrauens beider Seiten erfreute. Im Vergleich zur ersten
'Runde' des Bürgerkrieges, die durch die Vermittlung von Personen aus der
Umgebung des alten Kaisers beigelegt wurde, zeigt die Wahl Isaaks als Vermitt~
ler den Ernst der Situation sowie die prekäre Lage, in die der alte Kaiser hinein-
geraten war. Der Vermittlung Isaaks gingen zwei Briefe des Kaisers an ihn und
den Mönch Nikodemos voran, die der Vertrauensmann des Kaisers Manuel
Meliteniotes auf den Athos überbrachte. Vgl. BOMPAIRE/MAVROMATIS: Querel-
le 190 f. (die Brieftexte ebendort veröffentlicht). Zur Botschaft des Kaisers an
seinen Enkel vgl. DÖLGER: Regesten 2477.
199 Zu dieser Antwort des Mitkaisers vgl. ebenda 2670.
200 Der Anfang dieser Rede des Mitkaisers ist nach der Volksrede Kleons bei Thu-

258
ANMERKUNGEN: 200-202

kydides 3,37,1 modelliert; vgl. besonders den dritten Satz dort, !laAL01:U Ö'fV 1:n
VUV U!lE1:EQ<;:t JTEQI. MU1:LAllVULWV !lE1:U!lEAEL<;:t, mit dem dritten Satz der Rede des
Mitkaisers. Wenn dieser ein paar Zeilen weiter (155,7f.) sagt !l~ JTEQUÖElV
~!lä~ UU1:0U~ ÖLaCP{}UQEV1:U~, so ist das ebenfalls Thukydides-Nachahmung:
1,25,2 (den gleichen Satz benutzt auch der Großdomestikos in seiner darauffol-
genden Rede). In kaum vorstellbarem Maße stimmen Vokabular und Wendun-
gen des Kantakuzenos in seinen Reden mit denen des Thukydides überein. Zur
Nachahmung des Thukydides durch Kantakuzenos vgl. HUNGER: Beobachtun-
gen 182f.
201 VAN DIETEN: Gregoras II 1,168 A.129 glaubt einen Widerspruch entdeckt zu
haben zwischen den Ausführungen des Kantakuzenos hier und einer späteren
Rede von ihm aus dem Jahr 1329 (I 423); er bemerkt dazu: «Kantakuzenos
erweckt in seinem Bericht über den Frieden von Epibatai ... den Eindruck, er sei
der Urheber dieses Friedensmodells gewesen. Später aber, S. 423,4-12, macht
er (wie bei «Rhegion») Andronikos allein verantwortlich und stellt den Frie-
densschluß als die Dummheit eines Unbelehrbaren dar ... » VAN DIETEN hat aber
übersehen, daß an der letztgenannten Stelle Kantakuzenos, obwohl er die Rede
selbst fixierte, eigentlich nicht der Sprecher ist, sondern zusammen mit dem
jüngeren Andronikos der Adressat einer fingierten Ansprache seiner Anhänger
und der des jungen Kaisers (vgl. S. 421,23f. und 424,12f.) und daß dort nicht
nur Andronikos d.]., sondern auch Kantakuzenos selbst von seinen Anhängern
für den Frieden von Epibatai verantwortlich gemacht und als unbelehrbar hin-
gestellt wird. Desgleichen gehören die kurz zuvor gemachten Vorhaltungen
über den Vertrag von Rhegion (S. 422,10 f.) ebenfalls der fingierten Ansprache
an und stehen somit nicht im Widerspruch zu dem Plädoyer des Großdomesti-
kos für diesen Vertrag (S. 113,2f.). Mit anderen Worten, Kantakuzenos, der
neben dem jungen Kaiser zweifelsohne die Hauptverantwortung für die Frie-
densverträge von Rhegion und Epibatai trägt, erkennt später an, daß seine und
des Mitkaisers Politik zu jener Zeit nicht die richtige war, ohne jedoch die ganze
Verantwortung auf den jungen Kaiser abwälzen zu wollen. Im übrigen bestätigt
die Erwähnung von 62 Regierungsjahren (Kant. 159, Ilf.) die Ansicht DÖL-
GERS: IIAPALIIOPA 185, wonach Andronikos 1261 zum Mitkaiser erhoben
wurde.
202 Die Anhänger des jüngeren Andronikos hatten natürlich erwartet, daß nunmehr
der alte Kaiser abgesetzt und ihr oberster Herr den Thron von Byzanz besteigen
würde. Über die Motive des Mitkaisers bezüglich seiner Bedingungen, bei deren
Bekanntmachung sich eine Welle der Enttäuschung unter seinem Heer ausbrei-
tete, läßt sich nur spekulieren. Einer der Gründe dürfte wohl auch der von ihm
selbst bzw. Kantakuzenos angegebene gewesen sein, man wolle einen erneuten
Ausbruch der Feindseligkeiten verhindern; denn ohne territoriale Abgrenzung

259
ANMERKUNGEN: 202-208

der beiden Rivalen entfällt das Ziel eines künftigen Angriffs. Auf der anderen
Seite hatte der Mitkaiser durch die Erweiterung und Konsolidierung seiner
Anhängerschaft seine Position so stark ausgebaut, daß ihm der Thron von
Byzanz jetzt gesichert schien. Vielleicht glaubte er noch zu dieser Zeit, daß ein
rigoroses Vorgehen gegen seinen Großvater ihm nur Prestigeverlust eingebracht
hätte. Zu den folgenden Ausführungen des Großdomestikos vgl. KÖPSTEIN:
Sklaverei 59.
203 Zu dieser mündlichen Botschaft des jüngeren Andronikos an seinen Großvater
vgl. DÖLGER: Regesten 2671.
2
203a Wörtlich 'Plethren' (das sind je nach Messung ca. 1200-2600 m ; SCHILBACH:
Metrologie 80/82); vom Ertrag ist hier sicherlich nicht die Rede, da eine Anbau-
fläche, die jährlich 10 Goldstücke abwirft, dem Gegenwert von 10 konstantino-
politanischen Scheffeln a 307 Litern entspräche. Ginge man vom Durchschnitts-
ertrag eines Ackers der Zeit aus (38,4 kg Weizen je 841 m 2 ), so käme man auf
60000 m 2 Bodenfläche. Da im 14. Jh. 1 modios (841 m2 ) Ackerland ca. 1h
Goldstück kostete (oder offiziell 1 Goldstück), hatte der junge Kaiser Grund-
stücke im Umfang zwischen 8500-17000 m2 an die Soldaten verteilt.
204 Diese ausdrückliche Bitte, die als Bedingung für den Frieden gemeint ist, zeigt,
daß diese Ländereien aus dem Grundbesitz von Anhängern des alten Kaisers
bzw. von Klöstern enteignet worden waren. Die Versicherung, der Fiskus würde
dadurch keinen Einnahmeverlust erleiden, bedeutet, daß die verteilten Lände-
reien bereits früher steuerfrei waren. Vgl. Kant. 1,34(1 167,8 f.) und VAN DIETEN
a.a.O. 167; MATSCHKE: Reaktion 48; KAZDAN, Otnosenija 217.
205 Das Wort OLxovo/-tLa des Textes ist hier durch «Kompromißbereitschaft» über-
setzt worden; vgl. S. 163,11 'ta row'Ü'ta 0XOVOI-tEt't0. Andere Interpretationen
sind jedoch nicht ausgeschlossen.
206 Die kleine Stadt Epibatai, die dem ebendort vom jüngeren Kaiser unterschriebe-
nen Friedensvertrag den Namen gab, lag zwischen Selymbria und Konstanti-
nopel, an der längs der Küste verlaufenden Reichsstraße. Zu dieser Zeit war sie
noch unbefestigt, später ließ hier Apokaukos einen großen Turm bauen, wie wir
aus Kant. 3,10(II 70f.) erfahren (an welcher Stelle der Turm selbst Epibatai
genannt wird). Vgl. noch Gregoras Hist. 12,4(II 585) und PASPATES: IlQo-
CW'tEW 33 f. Letzterer hat diesen Turm, der bis 1878 erhalten blieb, noch gese-
hen. Vgl. auch SAMOTHRAKIS 183-185.
207 Der jüngere Andronikos konnte bei der Beisetzung seines Vaters nicht zugegen
sein, da er sich in Konstantinopel aufhielt; vgl. Kant. 1,1(113 f.). Nach Gregoras
(I 358 f.) fand das Treffen des Mitkaisers mit seiner Mutter nicht in Epibatai,
sondern in Rhegion statt, wo die bei den sich über den künftigen Verlauf der
Dinge gründlich berieten.
208 Wenn man die Berichte über die Zusammenkunft der beiden Andronikoi außer-

260
ANMERKUNGEN: 208-213

halb der Mauern von Konstantinopel bei Gregoras und Kantakuzenos liest,
kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, daß letzterer den ersteren vor
Augen hatte, als er darüber schrieb. Darauf deutet die Ähnlichkeit des Vokabu-
lars sowie der Gesamtdarstellung. Vielleicht war Kantakuzenos bei diesem Tref-
fen nicht zugegen. Zum Zeremoniell vgl. GUILLAND: Recherches I 147.
209 Unter «unpretentiöses, bescheidenes Auftreten» ist hier die Verachtung des
Protokolls von seiten des jüngeren Andronikos zu verstehen, wodurch er die
Zuneigung vieler Byzantiner gewonnen hatte. Er hatte dies mit Julian und Ma-
nuel 1. gemeinsam. Über den Jubel und die Ovationen des Volkes für den
jüngeren Andronikos sagt Gregoras nichts, wie bereits Pontanus bemerkt hat.
210 Das Lager des Mitkaisers befand sich nach Gregoras (I 359) beim Kloster der
Theotokos Pege, in der Nähe des gleichnamigen Tores von Konstantinopel.
Dort hielten sich auch seine Mutter und seine Tante Simonis (: oben A.49) auf.
211 Mit Mese (d. h. 6ö6~ oder AEWcp6Qo~) ist der zentrale Boulevard von Konstan-
tinopel gemeint, der vom Augustaion über das Forum Konstantins und das
Philadelphion, wo er sich teilte, einerseits zum Goldnen Tor (im Süden der
Landmauer), andererseits zum Tor von Adrianopel (im Norden) führte. Vgl.
JANIN: Constantinople 88.
212 Es handelt sich um das Kloster der Theotokos Hodegetria, das östlich der Hagia
Sophia unweit des Meeres lag und eine berühmte Ikone der Muttergottes besaß,
die angeblich vom Apostel Lukas eigenhändig gemalt worden war. Der Beiname
bezog sich ursprünglich auf die Führung von Blinden, die in einer beim Kloster
emporsprudelnden Quelle durch die wunderwirkende Theotokos geheilt wur-
den, später haben jedoch die Byzantiner sie offensichtlich als «Führerin» im
Krieg verstanden. So wurde die Ikone in mancher kritischen Situation aus ihrer
Kirche geholt und in Prozessionen umhergetragen. In das Heiligtum der Hode-
getria begab sich 1296 Andronikos H., um sich für die Niederschlagung des
Aufstands des Philanthropenos zu bedanken. Kurz vor seiner Absetzung ließ der
alte Kaiser die Ikone zum Palast bringen, da er sich in ihrer Nähe sicher fühlte:
Greg. 9,6(1422) und unten A.439. Außer nach dem Frieden von Epibatai erwies
der jüngere Andronikos im Mai 1328 nach der Absetzung seines Großvaters
(Kant. 1305, richtiger Greg. 1424) sowie im August 1337 nach einem Sieg über
die Türken bei Rhegion (Greg. I 541f.) der Ikone der Hodegetria seine Vereh-
rung. Im Kloster der Hodegetria ist der jüngere Andronikos auch gestorben,
nachdem er sich einige Zeit zuvor als Schwerkranker dorthin begeben hatte, um
Heilung oder Tod zu erbitten (: Greg. 1555 i 559 f.). Das Kloster wurde nach der
Eroberung Konstantinopels von den Türken geplündert und die Ikone von den
Janitscharen zerstört. S. JANIN: Geographie 208 f'i BYZANTIos: KWV01:UVLLVOU-
JtOAL~ I 184f., ferner POUTIS, Linos in: BZ 51 (1958) 264; 271f.
213 Die Kurzchronik von 1352 datiert das Treffen. der beiden Kaiser auf den 18. Juli

261
ANMERKUNGEN: 213-218

1322: «Am 18. Juli der 5. Indiktion des Jahres 6830 traf er sich [d. h. Androni-
kos d. J.] mit seinem Großvater beim Tor des heiligen Romanos außerhalb der
Mauer und versöhnte sich mit ihm»; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken I 77 Nr.
13b; LOENERTZ: Chronique breve 350. Dasselbe Ereignis verlegt eine andere
Kurzchronik (: SCHREINER: Ebenda I 92 Nr. 5) auf den 17. Juli. Bei DÖLGER:
Regesten 2478-2479 sowie 2671-2672 muß die Chronologie korrigiert
werden.
214 Unter (moYQacpEL~ sind hier Vermessungs beamte zu verstehen, die mittels eines
eigens dafür verfertigten Seiles die Feldmessungen vornahmen, zwecks Festle-
gung der zu entrichtenden bzw. bei Steuerimmunität der nicht zu entrichtenden
Steuern. Vgl. DÖLGER: Beiträge 88f.; TAFRALI: Thessalonique 59 (mit der un-
ten A.411 gemachten Einschränkung). Das Verbum E~(aa~E (= ließ vermessen)
ist an unserer Stelle Terminus technicus für die Arbeit der Apographeis. Früher
scheinen diese Beamten E~LGWta( geheißen zu haben: DÖLGER a.a.O. 81;
MATSCHKE: Reaktion 136 (Gregoras I 392,15 nennt sie noch so). Vgl. ferner
MAKSIMOVIC: Uprava 112 f.
215 Der bulgarische Zar Georg H. Terter folgte seinem Vater Theodor Svetoslav
nach dessen Tode im Sommer 1322 auf den Thron. Er starb gegen Ende dessel-
ben Jahres. Vgl. JIRECEK: Bulgaren 289.
216 Über den Großstratopedarchen Andronikos Palaiologos s. oben A.126.
217 Eine der berühmtesten Städte Thrakiens (heute Plovdiv), gegründet 341 v.Chr.
von Philipp H., dem Vater Alexanders d. Gr., dessen Namen sie über 22 Jahr-
hunderte unverändert trug. Sie liegt auf drei Hügeln in einer geographisch
äußerst günstigen Lage am rechten Ufer des Hebros. Hier kreuzte sich die
Straße von Oescus (Gigen) an der Donau zur Ägäis mit der von Singidunum
(Belgrad) nach Konstantinopel. S. JIRECEK: Heerstraße 4lf.; DANOFF, Christo
M. in: RE XIX 2244f. sowie das oben A.175 erwähnte Werk von G. TSUKALAS.
Vgl. auch SAMOTHRAKIS a.a.O. 538f. Zur Einstellung Andronikos' d. J., von
den Bulgaren keine Gefangenen zu nehmen, vgl. KYRRIS: Andronicus IH 297.
218 Von Gregoras (I 362f.) erfahren wir Einzelheiten über den Hintergrund dieses
Prozesses. Syrgiannes sei nach der Versöhnung der beiden Kaiser sehr unzufrie-
den gewesen. Er habe sich von beiden vernachlässigt und auf die Seite gescho-
ben gefühlt, nachdem er von ihnen während des Krieges zur Erreichung ihrer
privaten Ziele ausgenutzt worden war. Er habe geglaubt, in der Person des
Andronikos Asan, des Schwiegervaters des Johannes Kantakuzenos, einen Lei-
densgenossen und Freund gefunden zu haben. Er habe mit ihm offen gespro-
chen und auf die beiden Kaiser geschimpft. Asan aber sei ihm mit Hinterlist
begegnet. Nachdem er genug Geheimnisse von ihm erfahren hatte, habe er
Syrgiannes beim alten Kaiser denunziert mit den Worten: «Syrgiannes plant
einen Anschlag auf den Thron; wenn du ihn nicht sofort festnimmst, wird er dir

262
ANMERKUNGEN: 218-225

zuvorkommen und dich töten.» Daraufhin ließ der ältere Andronikos Syrgian-
nes festnehmen und einkerkern. Aus verständlichen Gründen verschweigt Kan-
takuzenos hier die Rolle, die sein Schwiegervater in dieser Affäre gespielt hat.
Vgl. BOSCH: Andronikos II1. 90f.; VAN DIETEN: Gregoras II 1,174f. PARISOT:
Cantacuzene 66f. vermutet sogar, daß hinter Andronikos Asan Kantakuzenos
selber steckt, der durch diese Machenschaft den Untergang seines Rivalen be-
zweckte.
219 Stadt an der Westküste des Schwarzen Meeres, an den Ausläufern des Balkange-
birges, im 6. Jahrhundert v.ehr. von Megarensern und Kalchedoniern gegrün-
det. Der Name ist thrakischer Herkunft (bria = Stadt). S. LENK in: RE XV
1072f. Vgl. auch SAMOTHRAKIS 360f.; GJUZELEV, V.: Die mittelalterliche Stadt
Mesembria (Nesebar) im 6.-15. Jh., Bulg. Hist. Rev. 6 (1977) 50-59. Die Städte
Mesembria und Anchialos wurden von Byzanz dem Bulgarenherrscher Sveto-
slav als Mitgift seiner Gattin Theodora abgetreten; vgl. DÖLGER: Regesten
2303. Sie waren bereits 1271 als Mitgift der Gattin des Bulgarenzaren Konstan-
tin Tich, Maria, vorgesehen worden; vgl. OSTROGORSKY: Geschichte 378. Die
Frage, welche Städte noch hier von Kantakuzenos gemeint sind, erörtert BUR-
MOV: Istorija 1 6f.
220 Die Festung Stilbnos (Sliven, Stlifanos) lag im thrakischen Binnenland und kon-
trollierte zwei Balkanübergänge von Bulgarien nach Thrakien. Sie war seit dem
12. Jahrhundert in der Hand der Bulgaren und diente als Ausgangspunkt für
ihre Einfälle in Thrakien. Vgl. JIRECEK: Heerstraße 151; SAMOTHRAKIS 504.
221 Die Grenzfestung Kopsis ist vermutlich zwischen Sopot und Karlovo zu lokali-
sieren. Sie wird noch von Pachymeres erwähnt. Der gleiche Ortsname kommt in
Westmakedonien vor. Vgl. BURMOV: Istorija I 11; die Städte zwischen Sliven
und Kopsis: Ebenda 12.
222 Die Namen Itiles (= Itil) und Temeres (= Temir) sind sicherlich türkischer
Herkunft. Temeres (bzw. Temires) wird bei den spätbyzantinischen Histo-
rikern und Chronisten der mongolische Herrscher Timur (1369-1404) ge-
nannt. Aus diesem Grunde fragt sich MORAVCSIK: Byzantinoturcica II 142 mit
Recht, ob unter Alanen hier Tataren zu verstehen sind oder ob diese Alanen
Namen türkischer Herkunft führten. Vgl. ebenda 304f.; JIRECEK: Bulgaren
418.
223 Vielleicht ungarisch Ina: MORAVCSIK a.a.O. 139.
224 Ivan der Russe ist vielleicht mit dem Moskauer Großfürsten Ivan 1. Kalita
(1328-1341) identisch. Vgl. BOSCH: Andronikos III. 63 A.3; G. STÖKL: Russi-
sche Geschichte. Stuttgarr2 1965, 159f. Bei den Ereignissen des Jahres 1328
spielte er ebenfalls eine Rolle: Kant. 1,57(1 295 f.); vgl. JIRECEK: Bulgaren
418f., ferner BURMOV a.a.O. 12 A.70.
225 Bei der hier beschriebenen Belagerungsmaschine handelt es sich um eine Hele-

263
ANMERKUNGEN: 225-230

polis, wie sie bereits im Altertum im Einsatz war; vgl. KROMAYERIVEITH: Heer-
wesen 236f. Eine der Beschreibung des Kantakuzenos genau entsprechende
Helepolis wird ebenda Abb. 75 abgebildet. Ihre Höhe dürfte ungefähr der des
Brandenburger Tores zu Berlin bis zur Höhe der Quadriga entsprechen: Ebenda
237. Auf die eindrucksvolle Schilderung des Einbruchs dieser Belagerungsma-
schine macht HUNGER: Literatur I 474 aufmerksam. Vgl. ferner BURMOV
a.a.O. 13.
226 Es handelt sich um Armbrüste, die viel stärkere Geschosse bzw. eine viel größe-
re Schußweite als die normalen Bogen hatten. Außer der umgangssprachlichen
Benennung, die Kantakuzenos hier verwendet (l~6.YYQaL), heißen sie bei den
Byzantinern 10~oßaAALolQaL bzw. XELQoßaAALolQaL. Vgl. KROMAYERIVEITH
a.a.O. 227 f.; HARMuTH, Egon in: LdM I 965 f., ferner die Schilderung dieser
Waffe bei Anna Komnena 10,8 und dazu DIETERICH: Quellen 11 130f.
227 Thukydides-Nachahmung: 3,49,4 1taQ<l 1000Ül0V I-lEV ~ MU1LA~Vll ~A8E %LV-
oUvou. Desgl. Kritob. 1,40,6.
228 Mit dem Zaren Michael Sisman (1323-1330) kommt eine neue Dynastie auf
den Thron von Bulgarien. Er war bis dahin Fürst von Vidin (: Festung am
rechten Ufer der Donau) und führte, wie Vojslav, den byzantinischen Titel eines
Despotes (: oben A.17). Vgl. JIRECEK: Bulgarien 290 f. (Stammbaum der Sisma-
niden ebenda 321); BURMOV, Istorija I 14f. Streantzimeres (Stracimir) wird von
Kantakuzenos hier irrtümlich der Vater Michaels genannt: Er war der Vater des
bulgarischen Zaren Ivan Alexander (1331-1371); vgl. MORAVCSIK a.a.O. 292.
229 Trnovo an der Jantra in Zentralbulgarien, die Hauptstadt des zweiten Bulgaren-
reiches. Niketas Choniates 470,75 f. (VAN DIETEN) nennt sie die wichtigste Stadt
und stärkste Festung auf dem Hairnos. Vgl. MIJATEV, K.: Die Zarenstadt Tar-
novo, in: Antike und Mittelalter in Bulgarien, hrsg. von V. BESEVLIEV und J.
IRMSCHER. Berlin 1960, 272f. Als Ungrovlachen sind diejenigen Einwohner der
Walachei zu verstehen, die in der nach Ungarn zu gelegenen Walachei beheima-
tet waren. Das Kompositum begegnet zum ersten Mal hier: MÜHLPFoRDT,
Günter: Graeco-romanica, in: Studia byzantina 11 82. Vgl. ferner STANESCU,
Eugen: Byzance et les Pays roumaines aux Ixe-xve siecles, in: Actes Bucarest I
414. .
230 Unter «Skythen» sind bei den spätbyzantinischen Autoren, vorwiegend bei Gre-
goras und Kantakuzenos, fast immer Mongolen bzw. Tataren zu verstehen. Der
Name «Skythen» stellt im übrigen das markanteste Beispiel attizistischer Alter-
tümelei dar: Bei Libanios bedeutet er die Goten, bei Priskos, Zosimos und
anderen früh byzantinischen Historikern die Hunnen, bei Theophylaktos die
Frühtürken oder die Avaren, bei Theophanes die Chazaren, bei Theodoros
Studites und Theophanes continuatus die Bulgaren, bei Leon Diakonos die
Ungarn, bei Johannes Skylitzes die Petschenegen, bei Anna Komnena gleichfalls

264
ANMERKUNGEN: 230-236

die Petschenegen (vgl. Index der Bryenniosedition von P. Gautier); Laonikos


Chalkokondyles hält die 'Skythen' für die Ahnväter der Osmanen; diese selbst
heißen aber bei ihm niemals 'Skythen', vgl. H. DITTEN, Der Rußlandexkurs etc.
237. Vgl. MORAVCSIK a.a.O. 279 f. und oben A.19; CAMERON, Averil und Alan
in: The Classical Quarterly 14 (1964) 321.
231 Potuka ist. wahrscheinlich zwischen Philippupolis und Sliven zu lokalisieren;
vgl. BOSCH a.a.O. 58 A.4; BURMOV a.a.O. 18 A.99.
232 In der antiken Literatur werden gelegentlich Fälle von Vergiftung durch Pilze
erwähnt; die Stellen hat LENZ: Botanik 753 f. gesammelt. Der berühmteste Fall
ist Kaiser Claudius, bei dem aber seine Gemahlin Agrippina mit Gift nachgehol-
fen zu haben scheint (: Sueton., de Claudio 44). Als Gegenmittel (Antidoton) bei
Pilzvergiftung empfehlen die antiken Mediziner Asche mit Salzwasser und Es-
sig, Hühnermist in Essig aufgelöst, Honig in großer Menge, rohen Rettich u. a.;
vgl. STEIER in: RE XX 1375. Vielleicht übertreibt Kantakuzenos mit dem drei-
tägigen Scheintod des Vojslav ein wenig, um seinen Herrn zu rechtfertigen, dem
die Streitmacht Michaels Furcht eingeflößt hatte.
233 Aus Kant. 4,42(III 310) erfahren wir, daß die Festung Bera ursprünglich ein (der
Theotokos Kosmosoteira geweihtes) Kloster war, das allmählich wegen der
ständigen Kriege zu einem Städtchen wuchs, welches den Bauern aus der Umge-
gend vor den Barbareneinfällen Schutz gewährte. Das Kloster wurde
1151-1152 von Isaakios Komnenos, dem Vater Andronikos' 1., gegründet.
Dort besuchte dieser 1183 das Grab seines Vaters. Im selben Kloster wurde
1195 Kaiser Isaakios Angelos geblendet. Die Festung lag am rechten Ufer des
Hebros, ca. 30 Kilometer vom Meer entfernt. 1361 fiel sie in die Hände der
Türken. Vgl. TAFEL: Via Egnatia orientalis 51f.; BURMov: Istorija I 21 A.114;
ASDRACHA: Region 124 f.
234 Hinter dieser Antwort Michaels steckt wahrscheinlich ein (byzantinisches?)
Sprichwort: «Benutze die Feuerzange, nicht die Hand» oder ähnlich. Vgl. Man-
tissa, provo 3,47 (CPG II 779 LEUTSCH). Ein Regest für diese Botschaft des
jungen Kaisers an Michael fehlt übrigens bei DÖLGER: Regesten IV. Vgl. ferner
BURMOV a.a.O. 21.
235 Große Teile dieser Rede des Großdomestikos sind mit kleinen Modifikationen
aus einer Rede des Perikles bei Thukydides 2,60f. übernommen. Vgl. HUNGER:
Beobachtungen 183 und unten A.322.
236 Eine von Trajan westlich des Hebros (ca. 15 Kilometer von der Küste entfernt)
an der Stelle der antiken Festung Doriskos gegründete Stadt (heute Therma
Lutra). Sie lag an der Via Egnatia. Aus Kant. 3,67(II 415) erfahren wir, daß
Trajanupolis seit langer Zeit nur noch aus Ruinen bestand. Sie wurde Anfang
des 13. Jahrhunderts von den Bulgaren zerstört. Vgl. TAFEL a.a.O. 34f.; ZAKY-
THINOS: MEAE'taL II 161f.; SAMOTHRAKES, A.: 'OALya 'tLva :n:q~L Tgai:avou:n:o-

265
ANMERKUNGEN: 236-240

AEWe;, 8QaxLxa 18 (1943) 177f. (uns nicht zugänglich); DERs., AESLXOV x'tA.,
S. 525; ASDRACHA a.a.O. 118 f.
237 Sowohl die Mutter als auch der Vater der Theodora Kantakuzene, von welchem
hier die Rede ist, sind uns unbekannt. Den Worten des alten Kaisers kann man
~ntnehmen, daß der uns unbekannte Vater der Theodora, der seine (des Kaisers)
Cousine geheiratet hatte (vgl. oben A.155), eine hochgestellte Persönliclikeit
und wahrscheinlich etwa gleichaltrig mit dem älteren Andronikos gewesen war.
238 Das wörtlich wiedergegebene Urteil des alten Kaisers über den Großvater des
]ohannes Kantakuzenos klingt wie ein indirekter Legitimierungsversuch für
dessen spätere Thronbesteigung. Alle Festredner der Familie machen übrigens
den Eindruck, als seien sie sich dessen bewußt, daß ]ohannes Kantakuzenos
oder sein Sohn Matthaios den Anschein der Legitimität bitter nötig haben;
deshalb heben sie in ihren Reden die Abstammung der Kantakuzenoi aus kaiser-
lichem Geblüt hervor. Vgl. die Stellen bei NICOL: Kantakouzenos 27 f.
239 Grid und Pance, vornehme Bulgaren; vgl. MORAVCSIK: Byzantinoturcica II 115;
245; ]IRECEK: Bulgaren 290.
240 Nach der Chronologie des Kantakuzenos fällt die Hochzeit Michael Sismans
mit der Witwe Svetoslavs Theodora vor den 16. August 1324, das Datum des
Todes der Gattin Andronikos' d. ]. (Kant. I 193,23). Diese Datierung hat BUR-
MOV, Alexander: Kum dokument No. XXVlot «Actes de Zographou». Izves-
tija na Bulg. Istor. Drustvo 22 (1947) 3 (uns nicht zugänglich) (und nach ihm
DÖLGER: IIAPALIIOPA 227 A.17) in Frage gestellt, weil die protokollarisch
korrekte Erwähnung Michaels als Schwiegersohn des alten Kaisers erst in der
im obigen Titel genannten Urkunde vom September 1327 erfolgt, während in
der Urkunde Nr. 23 desselben Klosters vom September 1325 in der Titulatur
Michaels das Wort «Schwiegersohn» fehlt. Aus diesem Grunde kommen BUR-
MOV und DÖLGER zu der Schlußfolgerung, die Hochzeit Michaels mit Theodora
müsse zwischen September 1325 und September 1327 stattgefunden haben.
Nach DÖLGER hat Kantakuzenos wahrscheinlich das Projekt einer Heirat mit
der Heirat selbst verwechselt. Aus dem Text des Kantakuzenos geht jedoch
hervor, daß der Bulgarenzar seine Vermählung mit Theodora als Abwehrmittel
gegen den Druck der Byzantiner benutzte, und dieses Mittel wäre natürlich viel
wirksamer gewesen, wenn die Heirat als Fait accompli präsentiert worden wäre
und nicht als ein Projekt, das von den Byzantinern hätte verworfen werden
können. Das Zeugnis des Kantakuzenos scheint auch von Gregoras (I 391)
bestätigt zu werden: «Gleich nach der Übernahme der Herrschaft über die
Bulgaren bemühte sich [Michael] um eine vornehmere Ehe». Das Adverb
«gleich» in diesem Zusammenhang weist auf ein Datum hin, das der Thronbe-
steigung Michaels (1323) sehr nahe liegt. So kann das aus den genannten Ur-
kunden gewonnene argumentum ex silentio gegen das implizite Zeugnis beider

266
ANMERKUNGEN: 240-246

Historiker nicht den Vorrang habeo. Nach VAN DIETEN: Gregoras II 1,191 ist
die Ehe Michaels mit Theodora zeitlich nach der Ehe des Serbenkrals Stephan
Uros III. mit Maria Palaiologina (: unten A.294) anzusetzen. Dies stellt jedoch
eine reine Hypothese dar.
241 Zu dieser Botschaft vgl. DÖLGER: Regesten 2674, an welcher Stelle der Bericht
des Kantakuzenos wegen der obengenannten Einwände DÖLGERS als «irrefüh-
rend» bezeichnet wird.
242 Nach einem kurzen Überblick über die bisherigen Einfälle der Tataren in Thra-
kien beschreibt Kantakuzenos im folgenden den tatarischen Einfall des Jahres
1323/1324. Vgl. dazu BOSCH: Andronikos III. 64f.
243 Diese zum staatslenkenden Prinzip erhobene Diplomatie, die in moderner Zeit
mit dem bekannten Spruch bella gerant alii, tu, felix Austria, nube in die Ge-
schichte eingegangen ist, betrieb in byzantinischer Zeit mehr als jeder andere
Kaiser der Begründer der Palaiologendynastie Michael VIII. Unter anderem gab
Michael 1272 seine uneheliche Tochter Euphrosyne dem tatarischen Heerfüh-
rer Nogaj zur Frau und machte so die Tataren zu seinen Verbündeten"nachdem
sie 1264 und 1271 zwei fürchterliche Einfälle in das byzantinische Reich unter-
nommen hatten. Bereits vorher (1265) hatte der mongolische Fürst Abaka die
Tochter Michaels geehelicht, die ursprünglich für seinen Vater, den Khan Hula-
gu, bestimmt war. Zusammen mit wertvollen Geschenken des byzantinischen
Kaisers kam sie zu den Mongolen, aber vor ihrer Ankunft starb der Khan. Auch
die uneheliche Tochter des Kaisers Andronikos II., Maria, wurde dem tatari-
schen Khan Toktaj zur Frau gegeben. Vgl. OSTRO~ORSKY: Geschichte 379f.;
MORAVCSIK: Byzantinoturcica I 102; RUNCIMAN, Steven: Despina Khatun, in:
Actes du xe Congres international d' etudes byzantines. Istanbul 1957 (ohne
Seitenzahlen). Bei Konstantinos Porphyrogennetos, de adm. imp. 13 (S.
72,147f. MORAVCSIKIJENKINS) hingegen wird Romanos 1. noch als einfältig
und ungebildet bezeichnet, weil er, den Regeln der Kirche und dem ausdrückli-
chen Verbot Konstantins d. Gr. zum Trotz, die byzantinische Prinzessin Maria
dem Bulgarenzaren Peter zur Frau gab; vgl. DÖLGER: IIAPALIIOPA 223. Wie
an unserer Stelle Kantakuzenos, berief sich auf Alexander d. Gr. gerne auch
Andronikos d. J.; vgl. Gregoras I 401 und dazu BOSCH a.a.O. 3 A.5; GLEIXNER,
H. J.: Das Alexanderbild der Byzantiner. Diss. München 1961,15 (uns nicht
zugänglich).
244 D.h. 1320; Vgl. Kant. 1,1(1 14,1f.).
245 Der Einfall ist also auf Dezember 1321 zu datieren; vgl. oben A.171.
246 D.h. im Herbst 1323. Dieser Einfall reicht bis ins Jahr 1324 hinein. PARISOT:
Cantacuzene 65 A.1 (S. 66) datiert den Einfall in das Frühjahr oder den Sommer
1324, weil er das Wort taLa~EVTJ<; (vgl. oben 169,10) im Text des Kantakuze-
nos übersehen hat. Statt 8. muß ebenda 7. Indiktion (= 1. September 1323 -

267
ANMERKUNGEN: 246-254

31. August 1324) gelesen werden. Nach einer Notiz des Codex Vaticanus gr.
170, fol. 172v , auf welche P. WIRTH aufmerksam gemacht hat (der Text bei
BOSCH a.a.O. 64 A.3, er fehlt bei SCHREINER: Kleinchroniken II 609 nach Nr.
26), erschienen am 3. April des Jahres 6831 (= 1323) 80000 Azaren (? gemeint
sind wahrscheinlich die Tataren) vor Konstantinopel. Die Jahreszahl muß je-
doch offensichtlich in 6832 (= 1324) korrigiert werden. Vgl. ferner BEYER:
Chronol. 132 A.30.
247 Mongolische Feldherren; vgl. MORAVCSIK: Byzantinoturcica II 296; 315.
248 Der Genetiv des Namens weist darauf hin, daß es sich um ein großes Landgut
handelt. Das Wort XOOQLOV würde in diesem Fall die Grundherrschaft bedeuten;
vgl. DÖLGER: Beiträge 126; KAZDAN: Otnosenija 54 f. und A.l. Der gleiche
Ausdruck in diesem Sinne in: BNJ 13 (1937) ~' 62 (nach S. 308). Ob der Name
mit nQo!-'-ooEAAa (= alter Gaul) verwandt ist oder aus dem Slavischen stammt,
sei hier dahingestellt. Vgl. ferner ASDRACHA: Region 136.
249 Morrha ist die spätbyzantinische Bezeichnung einer Provinz, die das Tal der
Arda in der Zentralrhodope umfaßte und die in früheren Jahrhunderten Achri-
do hieß; vgl. JIRECEK: Heerstraße 97; ASDRACHA a.a.O. 148f.
250 Tzernomianon (Cernomen, Cirmen, Zeirinia) lag am rechten Ufer des südlichen
Hebros, nördlich der Mündung des Nebenflusses Arda, wie es scheint zwischen
Adrianopel und Neutzikon. Bereits im Altertun führte an dieser Stelle eine
steinerne Brücke über den Hebros. Vgl. JIRECEK a.a.O. 99. SAMOTHRAKIS, AE-
~Lx6v s.v. ZELQl1VLa. Hier erlitt am 26. September 1371 der Serbenkönig Vuka-
sin eine vernichtende Niederlage durch die Türken: JIRECEK: Serben I 437f.
Vgl. ferner ASDRACHA a.a.O. 149.
251 Tundza (Tonzus), der größte Nebenfluß des Hebros, 416 Kilometer lang. Er
entspringt am Fuße des höchsten Balkangipfels Maragedik bei Kalofer. Er bildet
viele kleine Inseln, bevor er in der Höhe von Adrianopel in den Hebros mündet.
Vgl. JIRECEK: Heerstraße 47. Nach Kantakuzenos unterredete sich der jüngere
Andronikos mit dem mongolischen Anführer von Ufer zu Ufer (vgl. Kant. I
514,8f.), nach BOSCH a.a.O. 67 trafen sie sich auf einer Insel der Tundza (ohne
Quellennachweis). Vgl. ferner PARISOT: Cantacuzene 10.
252 Zu dem mongolischen Anführer Taspugas vgl. MORAVCSIK: Byzantinoturcica II
300. PARISOT a.a.O. versteht den Namen als Tachbou-khan.
253 BOSCH a.a.O. 67 vermutet in diesem Gerücht doch einen Wahrheitskern: es
hätte der alte Kaiser während des Bürgerkrieges tatarische Truppen angefor-
dert, von denen er sich distanzieren mußte, als sie nach dem Abschluß des
Friedensvertrages mit seinem Enkel eintrafen. Zu den byzantinisch-tatarischen
Beziehungen vgl. oben A.243.
254 Das Todesdatum der Irene-Adelheid ist auch durch eine Kurzchronik überlie-
fert: Donnerstag, 16. August 6832 (= 1324); vgl. LAMPRos in: NE 7 (1910)

268
ANMERKUNGEN: 254-258

139 Nr. 47 (sie fehlt bei SCHREINER: Kleinchroniken II, 609 vor Nr. 27; bei
OHNSORGE: Abendland und Byzanz 493 wird der 17. August angegeben); VAN
DIETEN: Gregoras II 1,186.
255 Das Kloster des Konstantinos Lips, vom gleichnamigen Drungarios der Flotte
im 10. Jahrhundert gegründet, lag östlich der Apostelkirche in KonstantinopeL
Im 13. Jahrhundert wurde es von der Kaiserin Theodora, der Mutter Androni-
kos' II., restauriert und diente seitdem als letzte Ruhestätte prominenter Mit-
glieder der Palaiologendynastie: In der Kirche des Klosters wurden Theodora,
ihr Sohn Konstantin, Irene-Adelheid, Andronikos II. und die russische Prinzes-
sin Anna, die erste Gattin Johannes' VIII., begraben. Vgl. JANIN: Geographie
307f.; MÜLLER-WIENER: Bildlexikon (mit reicher Literatur); MACRIDY, T. /
MEGAW, A. H. S. / MANGo, C. / HAWKINS, E. J. W.: The Monastery of Lips
(Fenari Isa Camii) at Istanbul. DOP 18 (1964) 249 f.
256 D.h. bis November 1324; die Jahreszahl muß bei VAN DIETEN a.a.O. korrigiert
werden.
257 Nach VAN DIETEN: ebenda bestätigt hier Kantakuzenos, daß der alte Kaiser
nicht mehr daran dachte, seinem Enkel die Nachfolge zu verweigern. Dies findet
natürlich durch die im folgenden berichtete Krönung des jüngeren Andronikos
durch seinen Großvater eine feierliche Bestätigung.
258 Es handelt sich um den Grafen Amedeo V. d. Gr. von Savoyen (1249-1323). In
einer Anmerkung zu unserer Stelle wundert sich Pontanus, was aus den übrigen
Kindern des Grafen geworden ist; er schreibt ihm allerdings irrtümlicherweise
neun Töchter und drei Söhne zu. In Wirklichkeit hatte der Graf von seiner
ersten Gattin, Sibille di Bage, die 1294 starb, zwei Söhne und zwei Töchter und
von seiner zweiten, Maria von Brabant, die er 1297 heiratete, drei Töchter. Eine
dieser letzteren war Giovanna-Anna, die künftige Kaiserin von Byzanz. Sie
dürfte um 1305 geboren sein. Der Antilateiner Gregoras vermittelt uns das Bild
einer jähzornigen, abergläubischen, leicht beeinflußbaren Frau von mittelmäßi-
ger Intelligenz. Der von Kantakuzenos erwähnte Sohn des Grafen ist ihr Halb-
bruder Eduard. Zu Anna von Savoyen: MURAToRE, Dino: Una principessa
sabauda sul trono di Bisanzio. Giovanna di Savoia, imperatrice Anna Palaiolo-
gina (Memoires de l'Academie de sciences, belles-Iettres et arts de Savoie, IV
11). Chambery 1906 (der sie 247f. gegen die negativen Urteile des Gregoras
verteidigt); DIEHL, Charles: Figures byzantines II. Paris 1921,245 f. Abbildung
Annas bei SPATHARAKIS: Portrait Nr. 181 (vgl. eben da 238f.). Vgl. ferner
HEAD: Twilight 53f.
Die byzantinische Gesandtschaft machte sich etwa im Juli 1325 auf den Weg
nach Savoyen: DÖLGER: Regesten 2533. Für den byzantinischen Kaiser ging es
dabei nicht nur um die Heirat des jüngeren Andronikos, der noch keinen Sohn
hatte, sondern auch um die Verstärkung der Verbindungen des alten Kaisers zu

269
ANMERKUNGEN: 258-263

den Ghibellinen Norditaliens, was mit seiner bisherigen Außenpolitik konform


war und seine außenpolitische Position verbessern konnte; vgl. LAIOU: Latins
302. Auch für Eduard von Savoyen, der im selben Jahr eine Schlacht gegen seine
westlichen Nachbarn verloren hatte, kam diese Allianz mit Byzanz nicht ungele-
gen. Eine Vermittlerrolle bei der Heirat hat, wie es scheint, Theodoros Palaiolo-
gos, der Markgraf von Montferrat (: unten A.350) gespielt: DÖLGER: Ebehda;
LAIOU: Ebenda 302f. Zum Ausdruck «conte» des Textes vgl. TEOTEOI: Con-
ception 175.
259 Andronikos Tornikes Komnenos Dukas Palaiologos, einziger Sohn des Isaakios
Tornikes und der Maria Tornikaina Palaiologina. Er muß um diese Zeit bereits
ein Mann im vorgerückten Alter gewesen sein. Er starb als Mönch Antonios an
Schwindsucht. Die Familie stammte aus dem armenischen Herrscherhaus von
Taron. Vgl. SCHMALZBAUER: Tornikioi 126f.; THEOCHARIDES: T~a!l1tAa%(j)vE<;
173 f. Zum Amt des Parakoimomenos s. oben A.28.
260 Jean de Gibelet war auf Zypern beheimatet. Die Familie stammte aus Syrien.
Während des 13. und des 14. Jahrhunderts tauchen mehrere Personen mit dem
Namen Jean de Gibelet auf, so daß nicht immer mit Sicherheit ~nter ihnen
unterschieden werden kann. Vgl. DE MAS LATRIE, M. L.: Histoire de l'ile de
Chypre. III. Paris 1855,700 A.4; LAIOU: Latins 303 A.79. Derselben Familie
entstammte Ernoul de Gibelet, der gegen Ende des 12. Jahrhunderts das Ge-
schichtswerk Wilhelms von Tyros fortgesetzt hat.
261 Es handelt sich, wie es scheint, um den französischen König Karl den Schönen
(1322-1328), den letzten der Dynastie der Kapetinger, der um diese Zeit seit
dem Tod seiner zweiten Frau, Marie de Luxembourg, Witwer war. Für diese
Nachricht, daß der König von Frankreich um Anna von Savoyen warb, stellt
unser Text die einzige Quelle dar: PARISOT a.a.O. 69 A.4. Vgl. ferner TEOTEOI:
Conception 176.
262 Kantakuzenos schwebt hier das Dogma von der ökumenischen Mission des
byzantinischen Kaisers vor: Als Nachfolger des ersten christlichen Herrschers,
Konstantins d. Gr., ist der byzantinische Basileus der einzige rechtmäßige Kai-
ser. So beansprucht Byzanz den ersten Rang gegenüber anderen Staaten, seine
Oberhoheit ist jedoch ideeller Natur: OSTROGORSKY, Georg: Die byzantinische
Staatenhierarchie. Seminarium Kondakovianum 8 (1936) 4lf. (= DERs.: Zur
byzantinischen Geschichte 119 f.); F. DÖLGER: Die «Familie der Könige» im
Mittelalter, Hist. Jahrb. 60 (1940) 397-420 = DERs.: Byzanz und die europäi-
sche Staatenwelt, 2. Aufl., Dar~stadt 1964, S. 34-69.
263 Das im folgenden in aller Einzelheit dargelegte Krönungszeremoniell eines spät-
byzantinischen Kaisers stimmt fast wörtlich mit dem entsprechenden Expose
bei Pseudo-Kodinos, de offic. 7 (S. 255 f. VERPEAUX) überein. Es erhebt sich
daher die Frage, ob die beiden Texte in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinan-

270
ANMERKUNGEN: 263

der stehen. Po nt anus (in einer Notiz zu unserer Stelle) sowie HEISENBERG:
Palaiologenzeit 89 und PARISOT a.a.O. 20 haben angenommen, daß Pseudo-
Kodinos diesen Abschnitt unseres Historikers im großen und ganzen abge-
schrieben habe, zumal sie den Traktat de officiis für jünger als das Geschichts-
werk des Kantakuzenos hielten. Heute wissen wir, daß beide Werke fast gleich-
zeitig entstanden sind (der Traktat des Pseudo-Kodinos, dessen Text übrigens
mehr umgangssprachlich ist als der des Kantakuzenos, ist wahrscheinlich sogar
etwas früher als das Geschichtswerk des Kantakuzenos anzusetzen), so daß die
Möglichkeit erwogen werden kann, daß letzterer aus Pseudo-Kodinos geschöpft
hat. Dies wird von VERPEAUX: Pseudo-Kodinos 34 aus verschiedenen inneren
Gründen für unwahrscheinlich gehalten. Man muß also annehmen, daß beide
Darlegungen des Krönungszeremoniells unabhängig voneinander entstanden
sind und daß beide Autoren das einschlägige Protokoll des Hofes benutzt ha-
ben. Kantakuzenos beschreibt also hier nicht speziell die Zeremonie der Krö-
nung Andronikos' III. (wie VAN DIETEN a.a.O. 178 A.155 meint), sondern das
zu seiner Zeit allgemeingültige Krönungszeremoniell, welches auch in dem Fall
des jüngeren Andronikos zur Anwendung kam (vgl. den Schlußsatz des Kanta-
kuzenos [1204,1] «ähnlich verlief auch die Feierlichkeit der Krönung des jünge-
ren Kaisers Andronikos»). Unter diesem Aspekt sind eben jene Partien des
Historikers zu sehen, in welchen von der Gemahlin oder dem Vater des gekrön-
ten Kaisers die Rede ist, Personen, die beide im Fall des jüngeren Andronikos
fehlen: VERPEAUX a.a.O. 33. Ein Krönungsprotokoll aus mittelbyzantinischer
Zeit hat sich bei Konstantinos Prophyrogennetos, de cerim. I 38 f. (I 191f.
REISKE) erhalten, von welchem das Expose des Kantakuzenos beträchtlich ab-
weicht. Kaisersalbung und Schilderhebung z. B. kennt das mittelbyzantinische
Protokoll nicht (vgl. unter A.265 und 267). Nach TREITINGER: Reichsidee 27 f.
galt die kirchliche Krönung des Kaisers in Byzanz als separater Akt, durch den
die Autorität sowie die staatsrechtliche Stellung des Kaisers nicht berührt wur-
den. Als erster Kaiser wurde Phokas 602 in einer Kirche gekrönt, Konstans II.
641 als erster in der Hagia Sophia. Bei der kirchlichen Krönung wirkte der
Patriarch von Konstantinopel seit eh und je mit, seine Mitwirkung wurde je-
doch niemals so aufgefaßt, als verliehe sie der Krönung rechtliche Gültigkeit.
Vgl. ENSSLIN, Wilhelm in: BZ 42 (1943-49) 370f., ferner SICKEL, W.: Das
byzantinische Krönungsrecht bis zum 10. Jahrhundert. BZ 7 (1898) 524 f. Zum
Patriarchen Esaias (30. November 1323 - Ende 1334), der nach über 30-
monatiger Vakanz des Patriarchenthrones nach dem Tode des Gerasimos (:
oben A.87) die Leitung der Kirche übernahm, s. GEDEON: IIa'tQwQXLxoL rtLva-
XEe; 417f.; LAURENT: Patriarches 152f.; VAN DIETEN: Gregoras II 1,171f. Die
Chronologie der Krönung ist auch durch eine Kurzchronik überliefert (:
SCHREINER: Kleinchroniken I 77 Nr. 15), wobei aber die Indiktionszahl (9 in 8)

271
ANMERKUNGEN: 263-267

korrigiert werden muß: LOENERTZ: Chronique breve 35lf. Vgl. ferner RAY-
BAUD: Gouvernment 69f.; CHRISTOPHILOPULU: 'E%AOY~ 189. Das Datum ist
auch durch eine Notiz im Cod. Ath. Iviron 302 überliefert (= SCHREINER:
Kleinchroniken II 609 Nr. 27) mit der richtigen Indiktionszahl.
264 Die Byzantiner übernahmen vom Altertum die Zwölfteilung des Tages, die seit
dem 2. Jahrhundert n. Chr. üblich war und in der je nach der Jahreszeit die
Stunden ungleich lang waren. So fing die erste Stunde des Tages mit dem
Sonnenaufgang an, drei Uhr war gegen Mitte des Vormittags, sechs Uhr am
Mittag usw. Zwei Uhr als hora plena fiel, je nach der Jahreszeit, zwischen 7.30
und 8.30 unserer Tageszeit. Vgl. GRUMEL: Chronologie 163.
265 Die Schilderhebung als Bestandteil des Rituals der Kaiserernennung wurde un-
ter Juli an eingeführt: Seine meuternden Soldaten riefen ihn im Februar 360 zum
Kaiser aus, indem sie ihn auf einem Schild erhoben und mit einem Torques
krönten. Diese Sitte der Schilderhebung, die zweifellos von den Germanen über-
nommen wurde, lebt in Byzanz während der nächsten Jahrhunderte fort, und
wir hören von ihr noch im J. 602 bei der Thronbesteigung des Phokas. Dann
brechen die Nachrichten über sie ab, und erst im 13. Jahrhundert mit der
Krönung der nikäischen Kaiser taucht sie wieder auf. Wahrscheinlich wurde sie
bei der Thronbesteigung Theodoros' I. Laskaris wieder aufgenommen. Die
spätbyzantinische Schilderhebung unterscheidet sich aber in mehreren Punkten
von der frühbyzantinischen: Der Kaiser steht nicht mehr aufrecht, sondern sitzt
auf dem Schild, sie wird nunmehr vor der Kirche vorgenommen, außerdem wird
sie nicht nur beim Hauptkaiser, sondern auch bei den Mitkaisern angewandt
usw. Vgl. ENSSLIN, Wilhelm: Zur Torqueskrönung und Schilderhebung bei der
Kaiserwahl. Klio 35 (1942) 293 f.; OSTROGORSKY: Kaisersalbung 252f.; TREI-
TINGER a.a.O. 22f.; WALTER, Christopher: Raising on a Shield in Byzantine
Iconography. REB 33 (1975) 160f.
266 Nach der von Theophanes a. m. 5930 (193 DE BooR) vertretenen Überlieferung
entstand das sog. 'tQLoaywv (bzw. 'tQLmiyw~ [ ü~vo~]) in der Zeit des Patriar-
chen Proklos (434-446), als die Einwohner von Konstantinopel infolge ständi-
ger Erdbeben die Stadt verlassen hatten und sich im Freien aufhielten. Dabei soll
ein gottesfürchtiger junger Mann eine Stimme vernommen haben, die ihn das
Trisagion singen hieß. Nachdem Proklos es in die Litanei eingeführt hatte,
hörten die Erschütterungen der Erde sofort auf. Daraufhin ordneten Theodo-
sios und Pulcheria an, es in die alltägliche Doxologie aufzunehmen. Zum Text
des Trisagions s. JANIN: Eglises orientales 46 sowie die Anm. des Pontanus zu
unserer Stelle.
267 Wichtigster Bestandteil der spätbyzantinischen Krönung war die Kaisersalbung.
Sie wurde in nikäischer Zeit eingeführt, und Theodoros I. Laskaris ist wahr-
scheinlich der erste Kaiser, der sich krönen und salben ließ. Anlaß zur Einfüh-

272
ANMERKUNGEN: 267-271

rung dieses Brauchs war vermutlich das Beispiel Balduins 1. von Flandern, des
ersten lateinischen Herrschers von Konstantinopel, der sich bei seiner Krönung
salben ließ (vgl. LONGNON: Empire Latin 49): Die byzantinischen Kaiser von
Nikaia wollten in jeder Hinsicht ihren lateinischen Rivalen gleichwertig sein. So
wurde die Salbung auch in ihr Krönungsprotokoll aufgenommen. Vgl. OSTRO-
GORSKY: Kaisersalbung 246f.; TREITINGER: Reichsidee 29; HENDRICKX, B.: Les
institutions de l'empire byzantin de Constantinople (1204-1261); le pouvoir
imperial, BYZANTINA 6 (1974) 100f.; NICOL, Donald M.: Kaisersalbung. The
Unction of Emperors in Late Byzantine Coronation Ritual. Byzantine and Mo-
dern Greek Studies 2 (1976) 37 f. (in welchem Artikel behauptet wird, die
Kaisersalbung sei bereits vor Nikaia Bestandteil des byzantinischen Zeremo-
niells gewesen und stelle keineswegs eine Nachahmung des lateinischen Ritus
dar, was bereits Mare Bloch vermutet hatte; vgl. OSTROGORSKY, G.: Zur byzan-
tinischen Geschichte. Darmstadt 1973,143 A.l); ferner WALTER, Christopher:
The Significance of Unction in Byzantine lconography. Ebenda 66 f.
268 Wahrscheinlich hat Kantakuzenos hier den Text des Konstantinos Porphyro-
gennetos über die Kaiserkrönung vor Augen; dort steht nämlich (I 194,5-6
REISKE), daß die Chlamys und die Kronen auf einem provisorischen Altar (=
Antimision) ausgestellt werden.
269 Unter Soleas ((bzw. Solea) ist ein erhöhter Platz zwischen Kanzel und Altarraum
zu verstehen; vgl. REISKE zu Konst. Porph., de cerim. 15,5(11 102). SOTERlU, G.
A., in: 'AgxmoAoYL%~ 'ECPllIlEgLS; (1929) 226 A.1. Leo Allatius hat dem
Soleas eine spezielle Abhandlung gewidmet. Vgl. ferner die Anmerkung des
Possinus in der Bonner Ausgabe des Pachymeres (I 606 f.).
270 Bei Pseudo-Kodinos, de offic. 7 (S. 263 VERPEAUX) werden die Domestikoi als
getrennte Gruppe aufgeführt und sind von den Vorsängern (Protopsaltai) offen-
bar zu unterscheiden. Richtiger scheint jedoch die Formulierung des Kantakuze-
nos zu sein, wonach 'Domestikoi' eine andere Benennung für 'Protopsaltai' ist;
denn dies wird auch von Johannes Kitros, de offic. 30 bestätigt: «Der Domesti-
kos der Ps alten, den einige Protopsaltes nennen». Vgl. DARROUZES: Recherehes
539.
271 Nach Pseudo-Kodinos, ebenda, stellt das Wort 'Kraktai' eine ältere Bezeichnung
für die Lektoren der Kirche dar. Nach REISKE a.a.O. 11 89 und HEISENBERG:
Palaiologenzeit 106 f. waren die Kraktai Sänger weltlicher Lieder, im Gegensatz
zu den Kirchensängern, die dem Klerus angehörten und kirchliche Lieder san-
gen. Beide Erklärungen widersprechen einander nicht, sondern sind mit einan-
der zu kombinieren. Vgl. ferner HANDSCHIN, Jacques: Das Zeremonienwerk
Kaiser Konstantins und die sangbare Dichtung. Rektoratsprogramm Basel
1940-41, 72f. und 105. Wertvolle Notizen bringt mitunter VERPEAUX zum
Text des Pseudo-Kodinos, er geht jedoch damit äußerst sparsam um.

273
ANMERKUNGEN: 272-275

272 Unter 'großem Introitus' (IlEyaATJ EtooÖot;) ist jene Phase der sog. Messe der
Gläubigen, d.h. des dritten Teils der orthodoxen Liturgie, zu verstehen, in
welcher der Priester und der Diakon mit dem Abendmahlkelch bzw. Abend-
mahlteller in der Hand durch die nördliche Pforte des Ikonostasion (= Ikonen-
wand) das Kirchenschiff betreten, während eine Eskorte von Kreuzträgern usw.
ihnen vorangeht. Ziel der Prozession ist der Altar, an den sie durch die zentrale
Pforte der Ikonostase gelangt. Die Prozession heißt großer Introitus zur Unter-
scheidung vom sog. kleinen Introitus oder Introitus des Evangeliums. Vgl. JA-
NIN: Eglises orientales 47; TAFT, Robert F.: The Great Entrance (Orientalia
Christiana Analecta, 200). Rom 1978.
273 'Prothesis' nennt man in der orthodoxen Kirche jenen Teil des Altarraumes,
links vom Altar, der zumeist die Form einer Nische hat und wo auf einem Tisch
der Abendmahlkelch und -teller sowie der Wein und das Brot aufbewahrt wer-
den, bevor sie auf den Altar gebracht werden. An der Pro thesis wird die Messe
vorbereitet, deshalb heißt der erste Teil der orthodoxen Liturgie ebenfalls Pro-
thesis. Vgl. JANIN a.a.O. 42f.; ENGDAHL, Richard: Beiträge zur Kenntnis der
byzantinischen Liturgie. Berlin 1908 (Nachdr. Aalen 1973), 130f. SCHULZ, H.-
J.: Die byzantinische Liturgie. Freiburg i.Br. 1964, 113f. Zu der Prothesis der
Hagia Sophia s. ANTONIADES: "ExcpQaat<; II 138 f.
273a Zur Ersatzfunktion des hier genannten Prunkmantels für die ältere Chlamys:

TREITINGER: Reichsidee 26 A. 76.


274 Die Aufgabe des Depotatos, der ein Officium der Kirche bekleidete, bestand
u. a. darin, bei Prozessionen vor dem Patriarchen zu gehen. So fungiert hier der
Kaiser als Depotatos, indem er bei der Prozession des großen Introitus an der
Spitze geht. Der Brauch hat den Sinn, daß der Kaiser durch Einnahme dieser
freilich bescheidenen Stelle der Hierarchie Mitglied des geistlichen Standes
wird. Es konnte bisher nicht ermittet werden, wann dieser Brauch ins Krö-
nungszeremoniell eingeführt wurde. Vgl. DARROUZES: Recherches 215 f.; SIK-
KEL, W.: Das byzantinische Krönungsrecht bis zum 10. Jahrhundert. BZ 7
(1898) 524 und 550; WESSEL, Klaus: Die Kultur von Byzanz. Frankfurt/M.
1970, 464f.
275 Die Varäger waren ursprünglich skandinavische Krieger, die seit dem 9. Jahr-
hundert in Byzanz als Söldner, vorwiegend als Leibgarde des Kaisers, dienten.
Mit Hilfe der berühmten varägisch-russischen DruZina, die 988 vom Fürsten
Vladimir von Kiev nach Byzanz geschickt wurde, gelang es Basileios II., den
Aufstand des Bardas Phokas niederzuschlagen. Nach VASILJEVSKIJ, Vasilij G.:
Varjago-russkaja i varjago-anglijskaja druzina v Konstantinopole XI i XII
vekov, in: Trudy I 176 f. wurden seit den siebziger Jahren des
11. Jahrhunderts in Byzanz die Varäger aus Rußland durch solche aus England
ersetzt; vgl. VASILIEV, Alexander A.: The opening Stages of the Anglo-Saxon

274
ANMERKUNGEN: 275-280

Immigration to Byzantium in the Eleventh Century. Seminarium Kondakovia-


num 9 (1937) 39 f. Trotz umfangreicher Literatur bleiben hinsichtlich der Varä-
ger viele Probleme ungelöst, da die Rolle, die das skandinavische Element im
antiken russischen Staat gespielt hat, noch nicht erhellt bzw. äußerst umstritten
ist; vgl. KARLIN-HAYTER, Patricia: Oli en est la question varegue? Byzantion 42
(1972) 245 f.; BLÖNDAL, S.: The Varangians of Byzantium, translated, revised
and rewritten by B. S. Benedikz, Cambridge 1978, S. 191 ff. Der Name stammt
wahrscheinlich vom normannischen wara (= Pakt) und bedeutet den Söldner:
DENDIAS, Michael A.: ot BUQuyym xui L0 BU~UVLLOV. DIEE 9 (1926) 149 f.
In der Zeit des Kantakuzenos bedeutet der Name wahrscheinlich einfach die
Leibwächter des Kaisers. Bei Gregoras (1303,22 und 566,15) ist von den «kai-
serlichen Beilträgern» die Rede. Vgl. ferner DIETERICH: Quellen II 125 f. und
166 sowie TINNEFELD, Franz: Demetrios Kydones Briefe I, 1, Stgt. 1981, 273,
A.8.
276 Maphorion ist ein Kleidungsstück aus Seide, das der Patriarch bzw. die Bischöfe
um die Schultern tragen. Es war in der Regel mit Kreuzen, Bildern usw. deko-
riert. Das Wort betrachtet REISKE a.a.O. II 612 als eine Verderbnis des richtigen
W!!OqJOQLOV. Wahrscheinlich war 'Maphorion' ursprünglich ein selbständiges
Wort und bezeichnete ein Kopf tuch (vgl. DU CANGE: Glossarium s. v.), später
aber wurde es mit dem Omophorion verwechselt. Letzteres kommt auch an der
entsprechenden Stelle des Pseudo-Kodinos vor. Vgl. JANIN a.a.O. 36. Zur sym-
bolischen Deutung des Omophorion: ENGDAHL a.a.O. 128 f. Ein vorzügliches
blaues Maphorion (Schleiergewand) trägt die Muttergottes auf der berühmten
Kreuzigung von Thessalonike (14. Jahrhundert), die im Athener Byzantinischen
Museum aufbewahrt wird.
277 Der Referendar war ein Diakon, der als Bote des Patriarchen zwischen Palast
und Patriarchat diente. Vgl. REISKE a.a.O. II 60; DARRouzEs: Recherehes 373 f.
278 Die orthodoxen Priester nehmen das Abendmahl nach der Art der alten Chri-
sten, direkt aus dem Kelch. Es ist nicht bekannt, wann der Löffel eingeführt
'Yurde. Vgl. GOAR, Jakob: Euchologion sive rituale Graecorum. Venedig 1730
(Nachdr. Graz 1960), 128 A.161 sowie die Anm. J. Gretsers (Kant. III 427f.).
279 Pseudo-Kodinos fügt hier hinzu: «was wir Antidoron nennen». Unter 'Antido-
ron' versteht man die Brotstücke, die nicht für das Abendmahl benutzt wurden
und die am Ende der Liturgie an die Anwesenden verteilt werden. V gl. JANIN
a.a.O.50.
280 Unter 'Katechumena' sind Emporen an der nördlichen, südlichen und west-
lichen Seite der Kirche zu verstehen (heute zumeist yuvmxwvLLy\<; [= Frauen-
gestühl] genannt). Ein Platz auf den Emporen war für den Kaiser reserviert. Der
Name entstand wahrscheinlich dadurch, daß ursprünglich diese Räume den
Katechumenen vorbehalten waren. Vgl. REISKE a.a.O. II 165. Beim feierlichen

275
ANMERKUNGEN: 280-286

Erscheinen des Kaisers auf den Emporen handelt es sich im übrigen um die
Zeremonie der sog. Prokypsis: HEISENBERG: Palaiologenzeit 89 f. Zu den Em-
poren der Hagia Sophia s. ANTONIADES: "ExcpQaau; II 256f.
281 Der mit diesem Amt beauftragte Beamte trägt den Titel des Domestikos der
kaiserlichen Tafel oder heißt einfach 6 Erd LfJ~ LQaJ[E~'YI~. Aus Kant. 1,51(1255)
erfahren wir, daß 1327 Phokas Marules dieses Amt innehatte. Vgl. GUILLAND,
Rodolphe: Fonctions et dignites des eunuques. III. Le maltre d'hötel de l'empe-
reur. Etudes byzantines 3 (1945) 179f. (= Recherches I237f.).
282 Die hier beschriebene Sitte des Auswerfens von Geld unters Volk haben die
byzantinischen Kaiser vom Altertum übernommen: Im römischen Kaiserreich
war es üblich, daß der Kaiser bzw. hochgestellte Persönlichkeiten die sog. missi-
lia in die Menge auswarfen. Das Wort, das bei Pachymeres in der Form EmX0I-l-
ma vorkommt, ist mit neugr. Xol-lJtoöqta (= Geldbörse aus Tuch, Ersparnisse)
in Verbindung zu setzen. Vgl. DU CANGE: Glossarium s.v. XOI-lßo~, ferner DEL
MEDlco, H. E.: Le couronnement d'un empereur byzantin vu par un Juif de
Constantinople. BSL 16 (1955) 60 f.
283 Anna und ihre Begleitung reisten von der Residenz des Grafen von Savoyen in
Chambery über den Alpenpaß Mont Cenis nach Savona am Golf von Genua,
wo die künftige Kaiserin sich einige Wochen aufhielt und von den genuesischen
Ghibellinen sich feiern ließ; dann traten sie im Herbst 1325 die Seereise nach
Konstantinopel an. Kein Wunder, daß die junge Prinzessin nach einer so strapa-
ziösen Reise, die fast ein halbes Jahr dauerte und zum großen Teil im Winter
stattfand, nach ihrer Ankunft in Konstantinopel krank wurde. Wenn sie unter-
wegs auch noch seekrank war, wie VAN DIETEN a.a.O. 186 will, dann war die
Fahrt von Italien nach Konstantinopel vielleicht eins der schlimmsten Erlebnisse
ihres Lebens.
284 Pontanus und du Cange belehren uns, daß das Wort axouLEQLO~ als äquivalent
mit axouLaQLo~ zu betrachten ist, daß es dem franz. e[s]cuyer entspricht und
den Schildträger eines Ritters (xaßaA.A.aQLo~) bezeichnet. Dem ist hinzuzufügen,
daß die Bezeichnung e[s]cuyer an sich als Titel für junge Adlige diente, die noch
nicht zum Ritter geschlagen worden waren.
285 Kantakuzenos denkt hier an die Ankunft von Irene-Adelheid in Konstantinopel
(Sommer 1317), die er wahrscheinlich als Augenzeuge erlebte, sowie an die der
Gattinnen des älteren Andronikos, die er vom Hörensagen seiner Zeitgenossen
kannte.
286 Die Prozedur der Krönung der Kaiserin durch ihren Gemahl hat Kantakuzenos
bereits oben, S. 139, dargelegt. Die Kammerzofe Zambea erwähnt er an anderer
Stelle (III 54,19) in der Form 'Zampaia'. Es handelt sich wahrscheinlich um
Isabella de La Rochette; vgl. MILLER: Cantacuzenus 313; TEoTEOI: Concep-
tion 171. Ihr Sohn Artotos scheint später gegen Kantakuzenos Partei genom-

276
ANMERKUNGEN: 286--289

men zu haben; vgl. Kant. 3,19(11 123 f.); 3,20(II 126) und NICOL: Kantakouze-
nos 47.
287 Darunter sind ritterliche Wettkämpfe zu verstehen, bei welchen man mit langen
Stangen oder Lanzen ohne Spitze kämpft und versucht, den Gegenspieler vom
Pferd zu stürzen. Gregoras (I 482f.) bietet eine ausführliche Beschreibung dieser
Spiele. Bei der 't~ou01;Q(a ('t~oua'tQa, 't~6a'tQa, ital. giostra) kämpften zwei
gepanzerte Ritter, die zwei rivalisierende Gruppen vertraten, während bei dem
'tEQVEI-tEV'tOV ('tOQVEI-tEV'tOV, torneamentum, ital. torneo) zwei Gruppen, die je-
weils von einem Anführer geführt wurden, mit Keulen (nach Niketas Choniates
S. 108,55 109,74 ebenfalls mit hölzernen Stangen [Lanzen]) gegeneinander
kämpften. Die Spiele stellten einen Bestandteil von Feierlichkeiten anläßlich
wichtiger Ereignisse wie z.B. einer Geburt im Kaiserhause dar; nach der obener-
wähnten Beschreibung des Gregoras war die Geburt des Sohnes Andronikos'
III. der Anlaß ihrer Durchführung. Die Behauptung des Kantakuzenos, die
Ritter aus dem Gefolge der jungen Kaiserin hätten den Byzantinern zum ersten
Mal diese Spiele beigebracht, scheint nicht zu stimmen, da wir aus Johannes
Kinnamos und Niketas Choniates wissen, daß sie bereits in der Zeit Manuels I.
aus dem Westen in Byzanz eingeführt wurden. Vielleicht muß man der Behaup-
tung des Kantakuzenos jedoch nur soviel entnehmen, daß die Spiele nach langer
Zeit wieder aufgenommen wurden. Nach KUKULES: BB III 147 hatten diese
Spiele in Byzanz ihren Ursprung und wurden von dort in Westeuropa einge-
führt! Eine von LAMPROS, Spyridon in: NE 5 (1908) 15 f. herausgegebene Ek-
phrasis schildert solche Spiele. Vgl. ferner DIETERICH: Quellen II 129 f.; Po LI-
TES, Nikolaos G.: <0 'EQw't6xQL'tO~. AaoyQacp(a 1 (1909) 61 f.; GUILLAND:
Etudes byzantines 92; VAN DIETEN: Gregoras II 2,336. Zu 'Frantza l vgl. TEO-
TEOI: Conception 174 A.27.
288 Die von Kantakuzenos hier erwähnten Landstriche Thrakiens kommen unseres
Wissens in anderen Quellen nicht vor.
In epp. 54 und 55 (S. 18 f. LA PORTE-DU THEIL) gratuliert Theodoros Hyrtake-
nos Johannes Kantakuzenos, den er als Großdomestikos anredet, zu seinen
erfolgreichen Operationen gegen die Türken in Kleinasien. Ein Feldzug des
Großdomestikos nach Kleinasien wird jedoch weder von Gregoras noch von
Kantakuzenos selbst erwähnt. Für den Fall, daß der genannte Epistolograph in
den erwähnten Briefen, die sich leider nicht präzise datieren lassen, nicht einer
Verwechslung zum Opfer gefallen ist, könnte man den erwähnten Feldzug des
Kantakuzenos irgendwann zwischen der Krönung des jüngeren Andronikos
(Februar 1325) und der hier im folgenden erwähnten Episode (November 1326)
ansetzen. Vgl. NICOL: Kantakouzenos 37 A.5 und 39.
289 Den hier erzählten Zwischenfall mit den Türken erwähnt auch Gregoras (1384)
in Kürze. Er beziffert die Türken auf 70 und bezeichnet sie als Schiffbrüchige,

277
ANMERKUNGEN: 289-290

mit welcher Bezeichnung auch Michael Gabras in dem unten erwähnten Brief
übereinzustimmen scheint. Die Berichte beider Historiker stimmen darin über-
ein, daß alle Türken beim Gefecht getötet wurden. Die Episode kann datiert
werden, denn Kantakuzenos berichtet unten (I 270f.), die Fuß verletzung des
jungen Kaisers sei erst nach vierzehn Monaten, als er die Kirche des Heiligen
Demetrios in Thessalonike besuchte, durch ein Wunder geheilt worden. Dies
geschah Januar 1328, das Scharmützel mit den Türken muß sich also im No-
vember 1326 ereignet haben. Vgl. VAN DIETEN: Gregoras II 1,187 und unten
A.400. In ep. 411 (II 637 FATOUROS), die an Johannes Kantakuzenos adressiert
ist, gratuliert Michael Gabras dem Großdomestikos zu seiner Rettung; «die
Hand Gottes» habe ihn der Gefahr entzogen. Vgl. KURUSES: rUßUAÜC; 16f.;
FATOUROS: Gabras I 15 f.; JORGA: Geschichte 162f. Rückschlüsse auf die Tap-
ferkeit des Kantakuzenos zieht aus der Episode WEIss: Kantakuzenos 15. Un-
verdientes Unrecht tut wohl LAIOU: Latins 304 Andronikos d.]. und seinem
Freund, wenn sie behauptet, der Mitkaiser sei bei diesem Zusammenstoß von
den Türken geschlagen worden. Eine Wunde am Schenkel von einem türkischen
Pfeil trug Andronikos d.J. auch in der Schlacht bei Pelekanon im Juni 1329
davon.
290 Was Kantakuzenos hier ausschließlic~ als Familientreffen zwischen dem Bulga-
renzaren Michael Sisman und Andronikos d. J. in Cernomen schildert, war in
Wirklichkeit ein diplomatischer Zug des letzteren, um angesichts der zu erwar-
tenden Auseinandersetzung mit seinem Großvater den Zaren auf seine Seite zu
ziehen. Dabei kam es zwischen den bei den Herrschern zu einem Geheimabkom-
men, in welchem Michael dem jungen Kaiser seine Hilfe anbot, während An-
dronikos d.]. einer Allianz mit Michael gegen den Serbenkral zustimmte. Dies
erfahren wir aus Gregoras (I 391f.), der andererseits den familiären Charakter
des Treffens grundsätzlich nicht bestreitet, zum al der junge Kaiser, wie der
Historiker uns versichert, seine Schwester Theodora (die Gattin Michaels) noch
nicht zu Gesicht bekommen und die Kaiserinmutter Xene ihre Tochter seit mehr
als dreiundzwanzig Jahren nicht gesehen hatte. Gregoras weiß noch zu berich-
ten, daß Andronikos dem bulgarischen Zaren Geldzahlungen sowie territoriale
Abtretungen in Aussicht stellte, die teils als «Mitgift», teils als Ergebnis der
Allianz gelten sollten. Unter diesen Umständen ist es nicht übertrieben, wenn
DÖLGER: Regesten 2680 den «Vertrag von Cernomen» ein Offensivbündnis
gegen Andronlkos II. bzw. gegen Stephan Uros III. Decanski nennt. Vgl. BUR-
MOV: Istorija I 33. Im Gegensatz zu Kantakuzenos, der das Zustandekommen
des Treffens auf die Initiative des bulgarischen Zaren zurückführt und Androni-
kos d.]. sogar als zögernd darstellt, versichert uns Gregoras, daß das Treffen
von Cernomen auf die Initiative des letzteren hin stattfand. Da Kantakuzenos
gleich danach auf die Gründe des erneuten Ausbruchs des Bürgerkrieges zu

278
ANMERKUNGEN: 290-293

sprechen kommt, liegt ihm vor allem daran, das Zustandekommen eines Bünd-
nisses zwischen Michael und Andronikos d.). zu verschweigen, obwohl er im
weiteren Verlauf seiner Erzählung diese Vertuschung nicht mehr aufrechterhal-
ten kann; vgl. Kant. 2,3(1 324f.), an welcher Stelle Andronikos d.). den Zaren
Michael «an die Vereinbarungen» erinnert, «die unter Eid zwischen den beiden
getroffen wurden, als sie in Tzernomianon zusammengekommen waren» (wei-
tere Stellen bei VAN DIETEN: Gregoras II 1,193). Der Umstand, daß der junge
Kaiser vor dem Treffen von Cernomen die Zustimmung seines Großvaters ein-
holt, verleiht entweder seinem Handeln einen hämischen Zug, falls dies wirklich
stimmt und nicht eine Erfindung des Kantakuzenos ist - Gregoras erwähnt
dieses Detail nicht -, der den plumpen Versuch macht, die Verantwortung für
das Treffen dem älteren Kaiser aufzubürden. Oder aber es will Kantak. zeigen,
daß der junge Kaiser nichts Heimliches unternahm und nicht gegen die Abma-
chung verstieß, die Außenpolitik stehe dem alten Kaiser zu.
Das Datum des Treffens von Cernomen ist durch die Kurzchronik von 1352
überliefert: 13. Mai 1327; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken I 78 Nr. 18;
LOENERTz: Chronique breve 335 und 355 f. (damit ist wahrscheinlich entweder
der erste oder der letzte Tag der achttägigen Zusammenkunft der beiden Herr-
scher gemeint). DÖLGER a.a.O., durch die unvollständige Ausgabe des Textes
der Kurzchronik bei GORJANOV in: VV 27 (1949) 282 verleitet, datiert das
Treffen auf den 13. Mai 1326, desgleichen BOSCH a.a.O. 62; vgl. LOENERTz
a.a.O. 356; VAN DIETEN a.a.O. 192; BURMOV a.a.O. 34.
Gregoras gibt als Ort der Zusammenkunft Didymoteichon an. Im übrigen
scheint der unbekannte Autor der genannten Kurzchronik mit Gregoras darin
übereinzustimmen, daß der Vertrag von Cernomen der friedlichen Koexistenz
zwischen Andronikos d.J. und seinem Großvater ein Ende setzt.
291 Ähnliches weiß Gregoras (1393) von der anderen Seite zu berichten: Einer von
den Vertrauensleuten des jüngeren Andronikos kam heimlich zu dessen Groß-
vater und gab an, sein Enkel schmiede mit seinen Anhängern Pläne für den Sturz
des Kaisers, wobei sogar dessen Tod in Kauf genommen werde usw. Daraufhin
ordnete der alte Kaiser Maßnahmen gegen seinen Enkel an und schickte an den
Serbenkral eine Botschaft in der Absicht, ein Bündnis mit ihm einzugehen.
292 Über die Familie Michaels VIII. Palaiologos hat Kantakuzenos bereits im Pro-
ömium, oben S. 17, gesprochen. Hier nimmt er jedoch diese Genealogie wieder
auf, um seinem Leser die Abstammung des Johannes Palaiologos möglichst
genau vor Augen zu führen.
293 Johannes Palaiologos wurde um 1290 geboren. Seine Mutter war Irene Raul
(: CHATZES: <PaouA. 23 f.). Im Gegensatz zu seinem Vater, der dem Neid seines
Bruders zum Opfer fiel und mehrere Jahre im Kerker verbringen mußte (: oben
A.8), genoß Johannes anscheinend die Gunst des alten Kaisers, der ihn zum

279
ANMERKUNGEN: 293-297

Panhypersebastos ernannte und mit der Statthalterschaft der Städte Makedo-


niens betraute. Das Jahr seiner Eheschließung mit Irene Metochites läßt sich
nicht genau ermitteln, auf jeden Fall fällt es zwischen 1305 und 1311; vgl.
Sevcenko: Polemique 150 und A.3. Aus der Ehe sind einerseits ein Sohn, ande-
rerseits die unten erwähnte Tochter Maria hervorgegangen; vgl. VAN DIETEN:
Gregoras I 298 AA64. Zu Johannes Palaiologos s. PAPADOPULOS: Genealogie
23f.
Der Titel des Panhypersebastos nahm im Hofzeremoniell der Palaiologenzeit
den 4. Rang ein hinter dem des Despotes, des Sebastokrators und des Kaisars;
vgl. GUILLAND: Recherches I 416; VERPEAUX: Hierarchie 425. Er wurde Johan-
nes im April 1305 verliehen: SEVCENKO a.a.O.; GUILLAND: Ebenda 140 A.98.
Um diese Zeit rangierte der Titel des Panhypersebastos noch höher als der des
Großdomestikos, um 1328 wurde jedoch der Großdomestikos auf den 4. Rang
der Hierarchie vorgerückt, während der Panhypersebastos den 5. Rang ein-
nahm. Zusammen mit dem Titel erhielt Johannes die gelben Insignien des
Stadteparchen vom Kaiser; vgl. VERPEAUX: Ebenda 422f.
294 Die Hochzeit der Maria Palaiologina mit dem 50jährigen Stephan Uros III.
(1322-1331) fand 1325-1326, nach VAN DIETEN a.a.O. 191 vermutlich kurz
nach dem 1. September 1325, statt; vgl. SEVCENKO a.a.O. 149. Maria dürfte
1313/14 geboren sein: Ebenda; DÖLGER: Neues zu Alexios Metochites 243
A.I2. Zum Kral Stephan Uros III. s. JIRECEK: Serben I 355.
295 Zu den Söhnen des Theodoros Metochites s. oben A.83. In Urkunden aus
späterer Zeit wird Demetrios Angelos Metochites als Gouverneur von Serrai
erwähnt; vgl. GUILLOU: Saint-Jean-Prodrome 85.
296 Strumitza (Strumbitza, Strimbitza, früher Tiberiupolis) lag am Fluß Strymon
(Struma) in Nordrnakedonien, in einer geographisch und strategisch günstigen
Lage. Vgl. TAFEL: Thessalonica 294f.; LEMERLE: Philippes I 73; SAMOTHRAKES
a.a.O. 517 S.V. TLßEQLO{JJtOAL~. In dem unten (A.298) erwähnten Bericht des
Gregoras über die Gesandtschaft nach Serbien wird Strumitza als «Städtchen
über den Wolken» bezeichnet. Mit dem antiken Astraion identifiziert Strumitza
LEAKE: Northern Greece III 465 f., was jedoch nicht sicher ist. Vgl. ferner
DIETERICH: Quellen I 139.
297 Melenikos (Melenikon, Melnik), Festung am oberen Strymon, bekannt vor
allem als uneinnehmbarer Sitz des Bandenführers Strez am Anfang des 13.
Jahrhunderts. 1247 war Michael Palaiologos, der spätere Kaiser, Statthalter der
Stadt. Nachfolger des an unserer Stelle erwähnten Statthalters wurde Nikepho-
ros Basilikos (: unten AA04), der erst nach dem Tode des alten Kaisers die
Festung übergab. Vgl. VLACHOS, Theodoros N.: Die Geschichte der byzantini-
schen Stadt Melenikon. Diss. Köln, Thessalonike 1969; LEMERLE a.a.O. I 194;
SAMOTHRAKIS 358 S.V. MEAEVOL'XOV; ILIEV, Jordan: Melnik. Sofia 1965 (uns

280
ANMERKUNGEN: 297-298

nicht zugänglich). Der Name stammt aus dem Slavischen: KYRIAKIDES, Stilpon
P. in: MaxEÖovLxa 3 (1953-1955) 404f.
298 Über diesen Krieg des Panhypersebastos erfahren wir etwas mehr von Gregoras
(I 373 f.). Johannes Palaiologos wollte nicht mehr dem alten Kaiser unterstellt
sein, sondern erstrebte ein eigenes Reich, da er die Kaiserwürde als ein von
seinem Vater ererbtes Gut betrachtete. Seinen Anspruch führte er offensichtlich
auf die Absichten Michaels VIII. zurück, in Makedonien eine eigene Herrschaft
für den Vater des Panhypersebastos zu schaffen (: Gregoras I 187; vgl. LAIOU:
Aristocracy 146 und A.71). Mit Hilfe des Serbenkrals versucht Johannes nun,
diese Herrschaft in der Gegend des Strymon zu gründen. Der alte Kaiser begeg-
nete diesem Streich seines Neffen mit einer Gesandtschaft, die ihm in Skoplje
seine Ernennung zum Kaisar, der dritthöchsten Würde nach der des Kaisers,
sowie die zugehörigen Insignien überbrachte. Der neuernannte Kaisar konnte
dadurch beschwichtigt werden, es blieb ihm jedoch kaum Zeit, seine Beförde-
rung zu genießen, da er bald darauf starb. Die Episode führt uns den tiefsten
Stand des geistigen und moralischen Niveaus vor Augen, das zu jener Zeit die
führende Klasse in Byzanz aufwies und das den Untergang des byzantinischen
Reiches beschleunigte. Die Rolle, die die Söhne des Metochites Demetrios und
Michael in dieser Rebellion spielten, ist nicht klar. Der Erzählung des Kantaku-
zenos könnte man entnehmen, daß sie dem Rebellen gegenüber eine abwartende
Haltung eingenommen hatten und daß sie in dem erwähnten Briefe ihm versi-
cherten, daß er mit einem Gegenangriff aus den von ihnen kommandierten
Festungen nicht zu rechnen brauche. Zur Rebellion des Panhyersebastos vgl.
VAN DIETEN: Gregoras II 1,178 f.; JIRECEK: Serben I 360 (der aber die Rebellion
in die Zeit nach dem Ausbruch der dritten Phase des Bürgerkrieges verlegt);
DÖLGER: Regesten 2552.
Mit dem Tod des Panhypersebastos hängt eine Gesandtschaft zusammen, die
von Kantakuzenos nicht erwähnt wird und die das Ziel hatte, die Witwe des
Panhypersebastos und Metochites-Tochter, die Kaisarissa Maria, von Skoplje
zur Rückkehr nach Konstantinopel zu bewegen und zugleich Kontakt mit dem
Kral aufzunehmen. An der Gesandtschaft nahm auch Gregoras teil, der dann
einen ausführlichen Bericht, in welchem hauptsächlich der Reiseweg beschrie-
ben wird, in der Form eines Briefes abfaßte und an seinen Freund Andronikos
Zaridas sandte (vgl. GUILLAND: Correspondance 31-51). Später nahm er die-
sen Bericht in sein Geschichtswerk auf (I 374-383) (mehr dazu bei VAN DIE-
TEN: Gregoras II 1,180f.). Teilnehmer an der Gesandtschaft waren außerdem
ein Tornikes (Andronikos? Vgl. SCHMALZ BAUER: Tornikioi 126 und A.71), ein
Kassandrenos, ein Meliteniotes Uohannes?) und wahrscheinlich Demetrios An-
gelos Metochites, der Bruder der Kaisarissa, der in Strumitza zu den Gesandten
stieß. Die Gesandtschaft ging im Frühjahr 1327 ab (die Gesandten begingen das

281
ANMERKUNGEN: 298-304

Osterfest, das auf den 12. April fiel, in Strumitza). Vgl. DÖLGER: Regesten
2562; VAN DIETEN a.a.O. 180f., 182f., 186f. und besonders BEYER: Chronol.
132f. (welche die Gesandtschaft ein Jahr früher datieren; dies hatte bereits
REIN, E.: Florent. Briefsamml. 29 f. vermutet).
299 Zum Begleitschreiben des jüngeren Andronikos an Theodoros Metochites vgl.
DÖLGER: Regesten 2681 (mit Literatur zu den Söhnen des Metochites). Korrek- -
turen hierzu bei VAN DIETEN: Gregoras II 1,135.
300 Das Sprichwort wird bei Apostolios 17,20 (CPG II 689 LEUTSCH) erklärt: «Den
Kratzenden muß man wiederkratzen. Es wird auf diejenigen angewandt, die
jemandem nützen oder schaden. Die Metapher kommt von den Eseln, die einan-
der kratzen» (es heißt ebenda 'tov I;uov'ta av'tll;uELv). Vgl. ferner BEYER: An-
tirrhetika I 362 A.14.
301 Der Protovestiarios Andronikos Palaiologos darf mit keinem der bei den Groß-
stratopedarchen gleichen Namens verwechselt werden (vgl. oben A. 126). Sein
Vater war Demetrios-Michael Kutrules, der Statthalter von Patrai (gemeint ist
Neai Patrai, heute Hypate) und Thessalien. Das Geburtsjahr des Protovestiarios
wird mit 1282 angegeben. Er war mit der Tochter des Georgios Kokalas
(: unten A.325) verheiratet. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 31 Nr. 50; GUIL-
LAND: Recherches I 225; VAN DIETEN a.a.O. 159 f. Bei ASDRACHA: Rhodopes
196f. wird er mit dem gleichnamigen Großstratopedarchen verwechselt. Vgl.
ferner ZAKYTHINOS, Dionysios A. in: EEBS 14 (1938) 281 f.
Der Protovestiarios war der Nachfolger des comes sacrae vestis der frühbyzanti-
nischen Zeit. Ursprünglich war dieser der Vorsteher der kaiserlichen Garderobe
und Privatschatulle, in spätbyzantinischer Zeit gilt er jedoch als einer der höch-
sten Würdenträger des Hofes ohne spezifische Aufgaben. Vgl. GUILLAND, Ro-
dolphe: Fonctions et dignites des Eunuques. Le Protovestiaire. Etudes byzanti-
nes 2 (1944) 202f. (= Recherches I 216f.); STEIN: Untersuchungen 32f.
302 Die Tatsache, daß der Großlogothet persönlich zum Mitkaiser geschickt wird,
deutet darauf hin, daß er maßgeblich daran beteiligt war, den alten Kaiser gegen
den Protovestiarios aufzubringen.
303 Mit diesen Worten umreißt der jüngere Andronikos hier die Pflichten der Hoch-
geborenen seiner Zeit: WEISS: Kantakuzenos 18; LAIOU: Aristocracy 139. Zu
dem Ausdruck «Herrscher über alle» (: Kant. 1214,2) vgl. MICHEL, Anton: Die
Kaisermacht in der Ostkirche, in: Das byzantinische Herrscherbild, hrsg. von
H. HUNGER, 220 und A.58.
304 Balagrada (Belegrada, Berat), Stadt in Nordepirus, gegründet im 5. Jahrhun-
dert, Metropolitensitz. Wegen ihrer hohen Lage nennt sie Gregoras (173) «eine
gleichsam in die Wolken ragende Feste». Vgl. TAFEL: Via Egnatia occidentalis
20; LEAKE: Northern Greece I 359; NICOL: Epiros 223; RU<AKES, E.: To BEQa-
'tLOV. Athen 1910.

282
ANMERKUNGEN: 305-308

305 Der Dikaiophylax Gregorios Kleidas ist auch als Adressat eines Briefes des
Manuel Gabalas aus dem Jahre 1313 bekannt. 1329 wurde er zum Katholikos
Krites ernannt, 1332 fungierte er als Gesandter Andronikos' In. an den Dogen
von Venedig. Vgl. KURUSEs: raßaAa~ 157f.; LEMERLE, Paul: Le juge general
des Grecs et la reforme judiciaire d' Andronic In, in: Memorial Louis Petit.
Bukarest 1948, 308 f.
Das Amt des Dikaiophylax, ursprünglich ein ziviles Amt, gehört um diese Zeit
dem Hofklerus an; wahrscheinlich war dieser Beamte mit der Lösung schwieri-
ger Rechtsfragen beauftragt. Träger dieses Amtes war u. a. der Geschichts-
schreiber Georgios Pachymeres gewesen. Vgl. STEIN: Untersuchungen 46; DAR-
ROUZES: Recherches 109f.; BECK: Kirche 115.
306 Niphon ist mit einem Bischof von Moglaina identisch, der in einem Brief Grego-
rios' von Bulgarien erwähnt wird und dessen Identität LAMPROS nicht ermitteln
konnte: NE 14 (1917) 343f. Ein Bischof Nimphon (?) ließ im Jahre 1360 in
Nordepirus eine Kirche erbauen: Ebenda 16 (1922) 119 f.
Moglaina (bzw. Moglena) ist die geographische Bezeichnung sowohl für eine
westmakedonische Landschaft (= die antiken Landschaften Lynkestis und Eor-
daia) als auch für eine nördlich von Edessa, am fluß Moglenitza liegende Stadt.
Vgl. TAFEL: Via Egnatia occidentalis 47; LEAKE a.a.O. In 270; NICOL a.a.O.
224. Der Name ist slavischer Herkunft: VASMER: Slaven 199 Nr. 39.
307 Über diese Gesandtschaft berichtet auch Gregoras (1393 f.), ohne allerdings die
Namen der Gesandten zu nennen. Im Bericht des Gregoras werden außer dem
Pauschalvorwurf, der Mitkaiser habe den Vertrag und den Eid gebrochen, auch
einzelne Anschuldigungen des alten Kaisers gegen seinen Enkel aufgezählt: Er
habe die Steuerbeamten des Kaisers in seine Gewalt gebracht und ihnen die
eingezogenen Steuergelder abgenommen, er habe die von seinem Großvater
eingesetzten höheren Verwaltungsbeamten ihrer Ämter enthoben und ihre Po-
sten mit eigenen Leuten besetzt, schließlich habe er sich seiner Tante Simonis
unsittlich genähert. Außerdem gab es eine Menge anderer Anschuldigungen von
untergeordneter Bedeutung, die Gregoras für nicht erwähnenswert hält. Die
erste dieser Anschuldigungen erkennt auch Kantakuzenos an (I 230), kurz be-
vor er den jüngeren Andronikos in einer langen Rechtfertigungsrede dazu Stel-
lung nehmen läßt. Zu der Gesandtschaft des alten Kaisers vgl. DÖLGER: Rege-
sten 2583. Nach PARISOT: Cantacuzene 74 bezweckte Andronikos d.]. mit
seinem Marsch nach Konstantinopel, einen Aufstand seiner dortigen Freunde in
Bewegung zu setzen. Dies war nach Gregoras (1398) indessen die Befürchtung
des alten Kaisers.
308 Zu dieser Botschaft des Mitkaisers vgl. DÖLGER: Regesten 2687. Bei Gregoras
ist anläßlich der Gesandtschaft vom Oktober 1327 von keiner Antwort des
jüngeren Andronikos an seinen Großvater die Rede.

283
ANMERKUNGEN: 309-314

309 Für die Kirchen im Blachernenpalast sowie für die Apostelkirche, deren Gottes-
dienst der Hofklerus versah, war offensichtlich nicht der Patriarch, sondern der
Kaiser zuständig. Im übrigen vgl. DÖLGER: Regesten 2584.
310 In der Zwischenzeit war der jüngere Andronikos bis nach Rhegion vorgerückt;
vgl. Kant. 1,45 (I 219) und Gregoras 9,2 (I 397).
311 Die Festung Ennakosia lag bei Rhegion (: oben A. 167), südlich der Straße, die
nach Konstantinopel führte. Es gab dort ein Metochion des Lipsklosters. VgL
JANIN: Constantinople 449 f. (der 'Hennakosia ' schreibt). Nach PARISOT a.a.O.
75 A.1 bedeutet die als Ortsname benutzte Zahl die Entfernung des Ortes von
Konstantinopel, und zwar nicht in Meilen( !), sondern in Stadien. Dies würde ca.
170 Kilometer ausmachen. PARISOT kommt allerdings auf das Richtige, ca. 17
Kilometer, da er mit 90 (statt 900) multipliziert! Ähnliche Bezeichnungen tru-
gen die Ortschaften Enaton und Hebdomon zwischen Rhegion und Konstanti-
nopel (in diesem Fall sind Meilen gemeint).
312 Diese Gesandtschaft des jüngeren Andronikos an seinen Großvater erwähnt
auch Gregoras (I 397); seine Kurzfassung der Botschaft des Mitkaisers deckt
sich zum Teil mit deren Inhalt bei Kantakuzenos, ohne daß dort Prusa erwähnt
wird. Von einer Botschaft des Großdomestikos an den Kaiser weiß Gregoras
nichts. Vgl. ferner DÖLGER: Regesten 2688.
313 Kleine Stadt in Bithynien an der Propontis. Vgl. EVANGELIDES, Tryphon: BQUA-
AELOV - TQ(yAELa. Athen 1934 (uns nicht zugänglich). Aus Trigleia stammt die
berühmte Mosaik-Ikone der Muttergottes «Glykophilusa» (14. Jahrhundert),
die im Athener Byzantinischen Museum aufbewahrt wird. Im übrigen hat AR-
NAKES: '08wllavo( 94 A.70 unsere Stelle mißverstanden.
314 Das Datum des Falls von Prusa ist durch eine Kurzchronik überliefert worden:
6. April 1326; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken I 64 Nr. 6; CHARANIS: Short
Chronicle 341f. und dazu VAN DIETEN: Gregoras II 1,188. Aus dem Wortlaut
der Botschaft des jüngeren Andronikos (<<ich kam unaufgefordert nach By-
zanz») geht hervor, daß er nicht erst im Oktober (Kant. I 204,21), sondern
bereits im Frühjahr 1326 in die Hauptstadt zurückgekehrt war. Die Einnahme
Prusas durch die Türken wird auch von Gregoras (I 384) erwähnt. Aus dem
Verlauf seiner Erzählung kann man jedoch nicht schließen, wie CHARANIs,
ebenda 342 es tut, daß der Historiker dieses Ereignis ebenfalls auf Frühjahr
1326 ansetzt; denn kurz davor berichtet Gregoras über den Zwischenfall des
Mitkaisers mit den Türken, welcher im November 1326 anzusetzen ist (vgl.
oben A.289); vgl. LOENERTZ: Chronique breve 352f. Eine eventuelle Anspie-
lung auf die Belagerung von Prusa sieht KYRRIS: Andronicus III 299 A.2 in
Thomas Magistros ep. 9 (PG 145,444D f.) (an Joseph den Philosophen); nach
dem Titel des Briefes zu urteilen, handelt es sich dabei jedoch um die Überfälle
der katalanischen Kompanie und ihrer türkischen Hilfstruppe ca. zwei Jahr-

284
ANMERKUNGEN: 314-319

zehnte früher; vgl. KRUMBACHER: Litteratur I 549 f. Zu Prusa vgl. ferner


SÖLCH, J. in: BNJ 1 (1920) 292f.; KANDES, Basileios 1.: eH IIQouaa. Athen
1883 (die Eroberung ebenda 74f.).
315 Im letzten Passus dieser Botschaft gibt Kantakuzenos ex eventu einen Ausblick
auf den späteren Ausgang des Krieges. Es scheint sehr unwahrscheinlich, daß
sein Schreiben an den Kaiser einen solchen Hinweis enthielt.
316 Nach Gregoras (1398) hüllte sich der alte Kaiser lange Zeit in Schweigen, bevor
er eine Antwort auf diese Botschaft seines Enkels gab; denn nach seinen Erwä-
gungen würden sowohl die Einladung seines Enkels in die Hauptstadt als auch
die Entsendung einer Abordnung von hochgestellten Persönlichkeiten nach
Rhegion nur negative Folgen für ihn haben. Schließlich entschied er sich für das
kleinere Übel und schickte die Abordnung zu seinem Enkel. Mit anderen Wor-
ten, der alte Kaiser war sich offenbar darüber im klaren, daß die Vorschläge
seines Enkels einen wohlbedachten, gegen ihn gerichteten politischen Schachzug
darstellten und daß die Erforschung der Wahrheit und die Wiederherstellung
des Rechts dabei nur als Vorwand dienten. An diesem Vorstoß des Mitkaisers
war Kantakuzenos sicher beteiligt, falls er nicht dessen eigentlicher Initiator
war. Zum Vergleich des Staates mit dem Schiff im Meeressturm vgl. KAz-
DAN: Cantacuzene 312.
317 Nach der Chronologie des Kantakuzenos (vgl. den Eingang von Kapitel 45) ist
also dieses Schreiben des Mitkaisers an den Patriarchen und die Synode Anfang
Dezember 1327 abgeschickt worden, da Andronikos Anfang Oktober in Rhe-
gion ankam (Kant. I 219,15-17) und der Brief sagt, er weile schon 60 Tage dort
(ebda. 224,9 f.). Nach DÖLGER: Regesten 2690, der sich auf die Chronologie
von Gregoras stützt, ist das Dokument etwas früher zu datieren (im übrigen
gehört die Angabe ebenda «D: Greg. IX, 2: I 3975 18» zum Regest 2688).
Gregoras weiß von diesem Schreiben des Mitkaisers nichts. Zur Chronologie
vgl. jedoch auch VAN DIETEN: Gregoras II 1,200.
318 Der Titel des Archimandriten wurde ursprünglich dem Primas einer Klosterge-
meinde verliehen und entsprach damit dem Protostitel auf dem Heiligen Berg
(vgl. oben A.198). Später bezeichnete er eine höhere Stellung in der Hierarchie
des Klerus. Vgl. BECK: Kirche 137f.
319 Die Abordnung an den Mitkaiser bestand also nach Kantakuzenos im ganzen
aus 28 Personen. Nach Gregoras (I 398) wurden im ganzen 10 Männer ge-
schickt (2 Senatoren, 2 Bischöfe, 2 höhere Würdenträger der Kirche und 4
vornehme Bürger). Den Unterschied versucht VAN DIETEN: Gregoras II 1,200
dahingehend zu erklären, daß Gregoras die vom Kaiser persönlich ausgewähl-
ten Mitglieder der Abordnung, die sein Vertrauen genossen, erwähnt, während
die übrigen 18 vom Patriarchen und der Synode entsandt wurden. Vgl. auch
DÖLGER: Regesten 2585, ferner Kant. 227,6.

285
ANMERKUNGEN: 320-324

320 Der Erzbischof von Bulgarien Gregorios ist auch als Adressat von drei Briefen
des Michael Gabras bekannt. Mit dem Lobe, das Kantakuzenos an unserer
Stelle Gregorios spendet, scheint auch Gabras übereinzustimmen. Gregorios ist
wahrscheinlich um 1332 gestorben. Vgl. KURUSES: rUßUAä.C; 125 A.4; FATOU-
ROS: Gabras I 42; GUILLAND, Rodolphe: Les Poesies inedites de Theodore
Metochite. Byzantion 3 (1926) 267 f. (an welcher Stelle das Jahr der Gesandt-
schaft korrigiert werden muß). Drei Briefe des Gregorios hat LAMPROS, Spyri-
don in: NE 14 (1917) 342f. herausgegeben.
321 Der Bruder des Kirchenhistorikers Nikephoros Kallistos Xanthopulos. Er war
ein enger Freund des Nikephoros Gregoras, der einen Brief an ihn richtete.
Auch Nikephoros Chumnos, Maximos Planudes, Manuel Gabalas und Michael
Gabras richteten Briefe an ihn; Manuel Philes und Theodoros Metochites haben
ihm Gedichte gewidmet. Er wird des öfteren wegen seiner Erudition und seiner
Rednergabe gelobt. Vgl. GUILLAND: Correspondance 386f.; TREU: Planudes
217.
322 Er fängt seine Rede bewußt an wie Perikles seine Volksrede vor den Athenern
bei Thukydides 2,60,1; vgl. oben A.235. Dies ist wahrscheinlich nicht zufällig,
sondern der Historiker bezweckt damit, seinem Leser den Vergleich Androni-
kos-Perikles zu suggerieren: Wie dem großen Politiker des Altertums von den
Athenern, so wird Andronikos d.]. von den Byzantinern Unrecht getan.
323 Zu den Anschuldigungen des älteren Andronikos gegen seinen Enkel vgl. oben
A.307
324 Die Rede des jüngeren Andronikos vor den Gesandten des Kaisers bringt auch
Gregoras (I 398,15-402,20). Die beiden Texte differieren jedoch stark von-
einander. Gregoras läßt Andronikos d.]. zunächst über sein hartes Leben und
seine Verdienste im Krieg gegen die Feinde des Reiches sprechen. Er wirft dann
seinem Großvater Untätigkeit vor und macht ihn für den Verlust der griechi-
schen Städte in Kleinasien verantwortlich. Dann läßt er sich in allgemeine Fest-
stellungen ein, in welchen als Leitmotiv immer wieder der Gedanke auftaucht,
die Regierungszeit seines Großvaters habe zu lange gedauert. Die von seinem
Großvater in Thrakien eingesetzten Statthalter habe er entlassen, weil sie die
Thraker wie ihre Sklaven behandelt hätten. Nur in einem Punkt stimmen beide
Texte überein, nämlich in der Widerlegung der Anschuldigung, er habe die
Steuergelder des Kaisers an sich gebracht: Dies sei nur geschehen, um das Elend
seiner Soldaten zu lindern, denen sein Großvater den Sold verweigert habe. Bei
Gregoras geht der Mitkaiser in seiner Rede mitunter auf philosophische Überle-
gungen ein, die eher den Autor selbst als den Sprecher verraten. Wer beide
Reden liest, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Apologie des
jüngeren Andronikos bei Kantakuzenos zu der realistischen Gesinnung des
Sprechenden besser paßt und den Eindruck einer wahrheitsgetreuen Wiederga-

286
ANMERKUNGEN: 324-326

be hinterläßt, und dies nicht nur wegen der eingeschobenen Dokumente, die auf
jeden Fall echt wirken. Allerdings wäre es nicht undenkbar, daß das Argument
über die Vernachlässigung Kleinasiens durch Andronikos H. und die Expansion
der Türken, das Gregoras in den Mund des jüngeren Andronikos legt, von
diesem tatsächlich vorgebracht wurde, da es mit seiner späteren Politik im
Einklang steht; vgl. WERNER: Osmanen 118; KYRRIS: Urban Classes 23. Wie
einst in dem Fall von Philanthropenos, hatte Andronikos d. Ä. die militärischen
Fähigkeiten seines Enkels nicht anerkennen und dienstbar machen können oder
wollen. Von einem anderen Gesichtspunkt könnte man die Unterschiede beider
Texte der unterschiedlichen Betrachtungsweise sowie dem unterschiedlichen
Stil beider Autoren zuschreiben.
325 Es handelt sich um Georgios Kokalas, den Schwiegervater des uns bekannten
Protovestiarios Andronikos Palaiologos (: oben A.301). Bei GUILLAND: Recher-
ches I 225 wird ihm versehentlich der Titel des Großlogotheten gegeben. Der
zehn Jahre später auftauchende Großadnumiastes Georgios Kokalas (: ebenda I
595) ist wahrscheinlich ein anderer. Anders HUNGER, Herbert: Anonymes
Pamphlet gegen eine byzantinische «Mafia». Revue des etudes sud-est euro-
peennes 7 (1969) 102f. Vgl. MARTINI: Philae carm. 27.
Das Amt des Megas Logariastes taucht erst im 11. Jahrhundert auf. Der Träger
dieses Amtes ist wahrscheinlich der Rechnungsprüfer aller Finanzbehörden. Im
14. Jahrhundert aber stellt dieses Amt nur noch eine bloße Würde ohne Funk-
tion dar. Vgl. GUILLAND a.a.O. H 279; STEIN: Untersuchungen 33.
326 Zu diesem Schreiben des Kaisers an den Protovestiarios vgl. DÖLGER: Regesten
2567. Alle drei Schriftstücke, die Andronikos in dieser Rede zu seiner Verteidi-
gung anbringt, heben sich vom übrigen Text des Kantakuzenos durch ihren
volkssprachlichen Stil ab. Viele Wörter und Wendungen stimmen mit denen der
heutigen neugriechischen Demotike überein. Im übrigen handelt es sich um
Geheimdokumente des Kaisers, die von den Soldaten des jüngeren Andronikos
abgefangen wurden. Ihre Beweiskraft für die Argumentation des Mitkaisers ist
jedoch sehr zweifelhaft (dies gilt vor allem für das zweite und das dritte Schrift-
stück), da der vom alten Kaiser seinem Enkel vorgeworfene Vertragsbruch
wahrscheinlich in die Zeit vor dem Juli 1327 zurückgeht. Andronikos d.].
möchte mit der Verlesung dieser Dokumente seine Zuhörer beeindrucken, die
ihre Aufmerksamkeit nicht so sehr auf das Datum als vielmehr auf den Inhalt
gerichtet haben dürften. Unter Berufung auf PARISOT meint VERPEAUX: Pseudo-
Kodinos 34, die Wiedergabe dieser Schriftstücke beweise, daß Kantakuzenos
Zugang zur Privatkanzlei Andronikos' H. hatte. Quelle des Geschichtsschrei-
bers scheinen jedoch im vorliegenden Fall Kopien der abgefangenen Briefe des
alten Kaisers gewesen zu sein, die Kantakuzenos und der Mitkaiser gemacht
haben müssen, bevor sie die Originale dem alten Kaiser zurückschickten

287
ANMERKUNGEN: 326-334

(: Kant. 1258,1 f.) Zur Anrede der Briefe vgl. DÖLGERIKARAYANNOPULOS: Urk.
110 A.3.
327 Unter 'Kephalatikion' ist sowohl die Statthalterschaft als auch die dem Statthal-
ter in seiner Eigenschaft als Oberhaupt (xEcpaA~) zukommende Steuer zu verste-
hen. Vgl. Kant. 3,53 (II 321,24) und DÖLGER: Beiträge 50f.; HEISENBERG:
Palaiologenzeit 69f.; DRÄsEKE]. in: Neue Jahrb. 33 (1914) 499.
328 Die Kontakte des alten Kaisers mit dem Serbenkral Stephan Uros III. d.]. 1327
zwecks eines Bündnisses stellen nach VAN DIETEN: Gregoras II 1,195 die Reak-
tion des ersteren auf die Allianz seines Enkels mit dem Bulgarenzaren in Cerno-
men (: oben A.290) dar. Nach Gregoras (I 390) war das Gegenteil der Fall.
Kontakte unterhielt Andronikos d. Ä. mit dem Serbenkral schon seit der Rebel-
lion des Johannes Palaiologos, wobei das Treffen von Cernomen (Mai 1327) die
Reaktion des jüngeren Andronikos darauf darstellte. Der alte Kaiser verstärkte,
wie es scheint, seine Kontakte mit Uros III. nach Cernomen.
329 Zu diesem Prostagma des Kaisers vgl. DÖLGER: Regesten 2572.
330 Ebenda 2578.
331 Michael Asanes war der älteste Sohn des bulgarischen Zaren Ivan III. Asan und
der Irene Palaiologina, einer Schwester Andronikos' II. Vgl. TRAPP: Asanen
166; Prosop. Lexikon Nr. 1514. Stammbaum der Familie auch bei KREKIC,
Barisa: Contribution a l'etude des Asanes a Byzance. TM 5 (1973) 348.
332 Entweder handelt es sich um einen chiffrierten Ausdruck (= «ich fange mit den
Feindseligkeiten sofort an») oder um ein unbekanntes Sprichwort, etwa in dem
Sinne: «ich lasse die Katze aus dem Sack». Vgl. Kant. I 258,7.
333 Es ist nicht bekannt, was der Ausdruck des Textes E.VLO~ 1tOUXAOU bedeutet.
Nach Du CANGE muß das Wort in ßaxAou korrigiert und der Ausdruck so
verstanden werden, daß der Brief in einem hohlen Stock versteckt wurde. Viel-
leicht kann jedoch das Wort als gleichbedeutend mit 1tOUXAa aufgefaßt werden:
Nach einem Scholion zum Geschichtswerk des Niketas Choniates (S. 142 BEK-
KER) bedeutet 1tOUXAa 'Spange, Agraffe' (vgl. KUKuLEs: BB II 2,56f.; LAMPROS,
Spyridon in: NE 9 [1912] 482). Demgemäß wäre der Brief in einer großen
Spange versteckt worden. Auf ein raffiniertes Versteck deutet auch der Satz hin:
«Wer kann auf die Idee kommen, daß etwas in dem 1tOUXAO~ steckt?» (Der
Stock hingegen war als Versteck nicht unbekannt: Theophanes von Byzanz frm.
3 [FHG IV 270 MÜLLER]). S. noch DRÄsEKE a.a.O. 499 (Becher!).
334 Durch den Vertrag von Epibatai wurde zwischen den beiden Andronikoi verein-
bart, daß Andronikos d.]. jährlich 36000 Goldmünzen als Apanage sowie eine
unbekannte Summe als Sold für seine Soldaten vom Fiskus erhalten sollte (vgl.
oben S. 119). Seit dem Abschluß dieses Vertrages (Juli 1322) bis zur Anhörung
von Rhegion (Dezember 1327) waren 5 Jahre und 4-5 Monate vergangen.
Wenn der jüngere Andronikos hier nur 4 Jahre und 4 Monate erwähnt, dann ist

288
ANMERKUNGEN: 334-336

dies so zu verstehen, daß er nur die Zeitspanne berücksichtigt, für die ihm noch
Geld geschuldet wird. Es ist für den Sprechenden hier unnötig, den ganzen
Zeitraum zwischen Epibatai und dem gegenwärtigen Zeitpunkt zu erwähnen,
falls ihm für einen Teil dieses Zeitraumes die vereinbarte Summe gezahlt wor-
den war. Da es nun äußerst unwahrscheinlich ist, daß der Mitkaiser damals
Epibatai mit leeren Taschen verließ, drängt sich die Vermutung auf, daß er
damals die erste Zahlung seiner Apanage (36000 Goldmünzen) sowie den Sold
seiner Truppen für ein Jahr erhielt. Aus diesem Grunde bedarf die Stelle keiner
Emendation, wie DÖLGER: Regesten 2672 (5 Jahre und 4 Monate) und VAN
DIETEN: Gregoras II 1,203 (5 Jahre und 5 Monate) vorschlagen. Der Wortlaut
des Textes widerspricht einer solchen Interpretation nicht. Offenbar besteht die
Forderung von 350000 Goldmünzen, die der jüngere Andronikos hier anmel-
det, aus einem Apanagerückstand von 156000 und einem Soldrückstand von
194000 Goldmünzen. Die hohen Rückstände versucht PARISOT: Cantacuzene
62 f. so zu erklären, daß der alte Kaiser für die Ausgaben der Hochzeit seines
Enkels aufkommen mußte, die Riesensummen verschlang (nur für die sog. Epi-
kombia müssen schätzungsweise mehr als 100000 Goldmünzen ausgegeben
worden sein, vgl. oben S. 141f.).
335 Theodoros Kabasilas ist auch aus Briefen des Michael Gabras, Theodoros Hyr-
takenos und Johannes Chumnos bekannt. Bei den Epistolographen wird er als
Megas Dioiketes apostrophiert, es handelt sich jedoch um dieselbe Person. Vgl.
KURUSES, Stavros 1. in: EEBS 42 (1975-76) 412f.; FATouRos: Gabras 161. Im
übrigen liegt die Pointe des Witzes darin, daß der Spitzname «PIanos» an den
Satan erinnert, mit welchem der Mitkaiser kurz zuvor Leute wie Kokalas ver-
glich.
Das Amt des Logotheten des Heeres begegnet bereits im 7. Jahrhundert. Der
Träger dieses Amtes fungiert als Vorsteher der Heereskasse. In der Palaiologen-
zeit ist dieses Amt jedoch zu einem bloßen Titel verfallen. Vgl. STEIN: Untersu-
chungen 33; GUILLAND: Recherehes II 283.
335a In der christlichen Überlieferung gewann das Wort «PIanos» den Sinn von
{(Teufel», «Antichrist», vgl. A Patristic Greek Lexicon s.v.
336 Der jüngere Andronikos scheint sich dessen bewußt zu sein, daß die von ihm
genannte Höhe der Schuld eine Riesensumme darstellt, die der alte Kaiser nie-
mals aufbringen kann. Deshalb gibt er sich prompt zunächst mit der Hälfte,
dann mit einem Viertel der Schuld zufrieden, um schließlich auf seine Forderung
.völlig zu verzichten. Mag die bei Gregoras (I 402) vom Mitkaiser geforderte
" Zahlung von 8000 Goldmünzen, mit der er sich dort zufrieden gibt, im Ver-
gleich zu der in der vorliegenden Rede genannten Summe als ein lächerlicher
Betrag erscheinen, so ist doch jene Forderung realistischer und kann daher der
historischen Wahrheit entsprechen.

289
ANMERKUNGEN: 337-343

337 VAN DIETEN a.a.O. 204 scheint diese Stelle mißverstanden zu haben: Androni-
kos d.]. schenkt nicht das Geld den Gesandten, sondern er verzichtet ihnen zu
Liebe darauf. In anderer Hinsicht hat GIBBON: Dedine VI 492 A.9 unsere Stelle
ebenfalls mißverstanden, wenn er schreibt: «Y et he [i. e. Andronikos d.].]
would have remitted the debt, if he might have been allowed to squeeze the
farmers of the revenue.»
338 Zu dieser Botschaft des jüngeren Andronikos an seinen Großvater vgl. DÖLGER:
Regesten 2691.
339 Von der Bezeichnung 'Sklave' (ÖOUAO~) wird kein Untertan des byzantinischen
Kaisers ausgenommen, nicht einmal der Mitkaiser. Dieses Formelwort des by-
zantinischen Protokolls macht einen charakteristischen Zug des byzantinischen
Kaisertums wie des daraus resultierenden Hofzeremoniells deutlich: KÖPSTEIN:
Sklaverei 34 (die Stelle bei Gregoras I 427,1 wird jedoch ebenda A.6 unscharf
in terp reti ert).
340 Der sprichwörtliche Ausdruck bedeutet eine wertlose Hilfe, ähnlich dem Fei-
genbaumholz, welches zerbrechlich und zu nichts nutze ist. Das Sprichwort ist
bei den spätgriechischen und byzantinischen Autoren sehr beliebt. Vgl. Liba-
nios, ep. 52,4; 228,2; 530,2; 701,2; 1439,4 (FÖRSTER); Lukian, Ind. 6; Alki-
phron 4,14,2; Synesios ep. 125 (S. 714 HERCHER); Niketas Choniates 590,71
(VAN DIETEN) usw., ferner Makarios 7,83 (CPG 11 210 LEUTSCH); KARATHANA-
SIS: Sprichwörter 101; SALZMANN: Sprichwörter 86.
341 Der Terminus technicus für eine offizielle Botschaft des Patriarchen an den
Kaiser, die normalerweise vom Referendar (: oben A. 277) überbracht wird,
lautet ~~vu~a (Menyma, d. h. 'Benachrichtigung'). Vgl. DARROUZES: Recher-
ehes 373 A.3; DRÄSEKE a.a.O. 505.
341a Zur Kritik an den (Tier-)Ärzten vgl. TINNEFELD, Franz: Demetrios Kydones
Briefe 1,1. Stgt. 1981, T 14, A.5: S. 146; T 15: S.150/51-
342 Diese Szene wurde oben S. 119 ausführlich geschildert.
343 Gregorios Kutales ist auch aus Urkunden der Zeit bekannt. Er erhielt von
Andronikos 111., um dessentwillen er ins Gefängnis geworfen wurde, nach dem
Sturz des alten Kaisers den eigens für ihn geschaffenen Titel eines 'Megas' ('gro-
ßen') Chartophylax (: Kant. 1313). Später wurde er Erzbischof von Thessaloni~
ke, wo er 1335 starb. Das Amt des Chartophylax trat er als Nachfolger seines
Verwandten Manuel Kutales an. Vgl. DARROUZES a.a.O. 254; 503; KURusEs:
e
raßaAa~ 362f.; TAFRALI, 0.: Thessalonique des origines au XIV siede. Paris
1919, 293 (mit zum Teil fehlerhaften Angaben).
Der Chartophylax, eines der wichtigsten Patriarch al ämter, fungierte in Kon-
stantinopel als Archivar des Patriarchen. Er ist sein erster Sekretär sowie der der
Synode und vertritt den Patriarchen in vielen Angelegenheiten der Kirche. Das
Amt begegnet bereits im 6. Jahrhundert. Vgl. DARROUZES a.a.O. 334f. BECK:

290
ANMERKUNGEN: 343-347

Kirche 109 f. Nach DARROUZES: Ebenda 374 wurde die Botschaft des Patriar-
chen Esaias an den Kaiser durch Kutales und Kyberiotes überbracht, entweder
weil der Posten des Referendars zur Zeit vakant war oder weil seine Funktionen
nicht mehr als so wichtig betrachtet wurden. In unserem Fall ist es jedoch
naheliegend, daß der Patriarch seinen Stellvertreter an den Kaiser schickt, um
seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen.
344 Kyberiote~ ist ansonsten nicht bekannt. Der Archon der Klöster fungierte als
Stellvertreter des Megas Sakellarios, der mit der Aufsicht über die Klöster be-
auftragt war. VgI. DARROUZES a.a.O. 550.
345 Makarios ist auch aus Urkunden bekannt. Sein Name kommt ebenfalls in einem
Antipalamitenverzeichnis vor (: MERCATI: Notizie 223). VgI. Kant. 3,37 (II
228) und WEISS: Kantakuzenos 115. Im übrigen ist unsere Stelle die einzige im
Geschichtswerk, an welcher Kantakuzenos für die ostmakedonische Stadt den
Namen 'Serrai' benutzt; sie wird von ihm sonst stets 'Pherai' genannt, einschließ-
lich der Stelle, wo derselbe Metropolit wieder erwähnt wird (I 313). Deshalb
muß erwogen werden, ob an unserer Stelle LEQQWV in <I>EQWV zu korrigieren ist.
VgI. unten A.365.
346 Das berühmte Kloster des Heiligen Georg zu den Mangana, im südöstlichen
Teil der Stadt, wurde in der Mitte des 11. Jahrhunderts von Konstantin Mono-
machos gegründet. Das Kloster wird in den Quellen des öfteren mit verschiede-
nen historischen Ereignissen der letzten byzantinischen Jahrhunderte in Bezie-
hung gebracht. Auf dem Weg vom Manganen- zum Großen Palast wurde beim
Passieren des Manganenklosters am 15. August 1118 Johannes (11.) Komnenos
vom Volke zugejubelt. Ins Klöster des Heiligen Georg von Mangana zog sich
Johannes Kantakuzenos nach seiner Abdankung im Dezember 1354 als Mönch
zurück (vgl. oben S. 8 f.). In der Kirche des Klosters waren Reliquien von Heili-
gen und Märtyrern sowie die angeblichen Werkzeuge der Passion Christi (vgI.
Kant. 1305) aufbewahrt. Aus der Bibliothek des Klosters stammen bedeutende
Handschriften. Nach der Eroberung Konstantinopels ließ Mohammed II. das
Kloster niederreißen und das Material für die Errichtung seines Serails verwen-
den. Zur Geschichte des Klosters: JANIN: Geographie 70f.; MAMBOURY, E.: Le
quartier des Manganes et la premiere region de Constantinople. Paris 1939,
19 f .. Zum Hausarrest des Esaias vgI. DÖLGER: Regesten 2587. Der Bericht des
Kantakuzenos verschweigt in diesen Zusammenhängen einiges, vgI. VAN DIE-
TEN: Gregoras II 1,205.
346a Besonders die Malariakranken träumen vom Wasser. Zum sprichw. Ausdruck
«Unmögliches verlangen» vgI. Eur. HF 318; Aristid. or. 43,66 (II 90 K.); Dion.
HaI. 9,34.
347 Die dreizehnhundert ausgewählten Soldaten müssen in der Zwischenzeit nach
Rhegion beordert worden sein; denn als der jüngere Andronikos mit Kantaku-

291
ANMERKUNGEN: 347-350

zenos in Selymbria und dann in Rhegion anlangte, war er zunächst nur von
seinen Dienern und seinen Freunden begleitet, um den Eindruck zu vermeiden,
daß er mit einem Heer gegen die Hauptstadt marschiere (: Kant. 1215).
348 Diese Brücke lag östlich von Rhegion und führte über den Kanal, der den
dortigen See mit dem Meere verband. Bereits in frühbyzantinischer Zeit stand
dort eine Brücke aus Holz, die Justinian durch eine steinerne Brücke ersetzen
ließ. Vgl. PASPATES: IIQoao"[ELa 39; Kritob., Hist. 2,10,l.
349 Der Domestikos der Tafel Phokas Marules ist auch aus einem Synodaldekret
des Jahres 1341 bekannt, in welchem er als Gründer einer Theotokos-Kirche in
der Nähe des Romanos-Tores in Konstantinopel erwähnt wird. Vgl. MM I 221;
LAURENT, Vitalien: Legendes sigillographiques et familles byzantines. EO 30
(1931) 484; DERs., in: REB 10 (1953) 116. Der Megas Archon Marules, dessen
Aktivitäten wir aus Pachymeres kennen, ist offensichtlich davon zu trennen;
vgl. Pachymeres 5,21 (11 417 BEKKER). Phokas Marules ist der Vater des eben-
falls bekannten Johannes Synadenos Marules (vgl. unten A.437). Zum Amt des
Marules vgl. oben A.281. Zum Gyrolimne-Tor s. A.114.
350 Theodoros Dukas Komnenos Angelos Palaiologos, der zweite Sohn Androni-
kos' 11. und Irene-Jolantes, der Tochter Wilhelms VI. von Montferrat (vgl. oben
A.12). 1305/1306 trat Theodoros die Nachfolge seines Onkels Johannes I. als
Markgraf von Montferrat an und regierte bis zu seinem Tode im Jahr 1338. Er
gründete damit eine eigene Dynastie, die bis zum Jahr 1533 über Montferrat
herrschte. Zu Theodoros: LAIOU: A Byzantine Prince 386 f.; PAPADOPULOS:
Genealogie 39. Aus unserer Stelle geht hervor, daß Theodoros des öfteren sei-
nen Vater in Konstantinopel besuchte und damals nicht lange zuvor angekom-
men war; anderen Quellen jedoch, über die SEVCENKO: Polemique 163 A.l kurz
berichtet, ist zu entnehmen, daß Theodoros nach seiner Auswanderung nach
Montferrat nur zweimal Konstantinopel besuchte und sich das zweite Mal von
1325/26 bis 1328 dort aufhielt. Gregoras (I 396) fällt ein sehr negatives Urteil
über Theodoros: Obwohl er in Konstantinopel auf Kosten des alten Kaisers
lebte, der sogar seine Schulden bezahlte, spionierte er dort zugunsten des jünge-
ren Andronikos. Deshalb vergleicht ihn der Historiker mit Judas. Aus derselben
Stelle erfahren wir noch, daß Theodoros versuchte, seinen Vater zu überreden,
ihn zu seinem Nachfolger zu machen; als jedoch der alte Kaiser dies ablehnte,
wechselte Theodoros auf die Seite des Mitkaisers über, um sich zu rächen. Vgl.
Kant. 4,1 (111 12) und VAN DIETEN: Gregoras 11 1,198 f. Während seines Aufent-
haltes in Konstantinopel schrieb Theodoros einen Traktat, der uns in einer
französischen Übersetzung mit dem Titel «Enseignemens» erhalten ist. Er
spricht darin über die schlimmen Zustände in Byzanz und schwärzt Theodoros
Metochites gründlich an. Vgl. SEVCENKO a.a.O. 163f. (dessen Datierung jedoch
fragwürdig ist, vgl. VAN DIETEN: Gregoras 11 1,198). An diesen Traktat scheint

292
ANMERKUNGEN: 350-353

Michael Gabras zu denken, wenn er in einem Brief an Theodoros aus dem Jahre
1327 über dessen literarische Tätigkeit spricht: ep. 417,42 f. (II 646 FATouRos).
Zur mündlichen Botschaft des Mitkaisers an seinen Großvater vgl. DÖLGER:
Regesten 2692; die Antwort des alten Kaisers fehlt bei Dölger, vgl. VAN DIETEN:
Gregoras II 1,206.
351 Über diese Personen wissen wir ansonsten nichts. Bardas Kaballarios ist wahr-
scheinlich mit dem oben, Kapitel 15 (I 71) erwähnten Bardas identisch. Vgl.
A.96. Zu der aus Genua stammenden Familie der Kaballarioi s. BANESCU:
Zamblacus 32f.; THEOCHARIDES: T~a~1tAa%(J)vE~ 175.
352 Natürlich bringt Markos seine Drohung gegen den Mitkaiser nicht durch den
altgriechisch formulierten Satz des Kantakuzenos, sondern in mittelgriechischer
Volkssprache zum Ausdruck: Er ruft ihm zu: Ba cpä~ LO %EcpaAL GOU! Die
Redewendung gilt einem, der aus purem Starrsinn seinen eigenen Tod herbei-
führt. Andronikos versteht natürlich, was gemeint ist, versucht aber, sich da-
durch zu revanchieren, daß er die Redewendung auseinandernimmt und ad
absurdum führt. Die spätere Abrechnung des jüngeren Andronikos mit Markos
beschreibt Kantakuzenos sehr anschaulich 2,1 (I 313f.). Zur folgenden Kriegs-
erklärung des Mitkaisers vgl. DÖLGER: Regesten 2693.
353 Gregoras (I 408 f.) berichtet über einen anderen Zwischenfall, der sich in der
darauffolgenden Nacht ereignet haben soll: Der jüngere Andronikos habe von
seinen Anhängern in der Hauptstadt eine Geheimbotschaft erhalten, daß diese
bereit seien, ihn gegen Mitternacht mit Hilfe eines Seils die Mauer heraufzuzie-
hen und daß, sobald er in der Stadt wäre, alles sich leicht zu seinen Gunsten
entscheiden würde, da die Gesamtheit der Bürger Konstantinopels auf seiner
Seite stehe. Daraufhin habe der Mitkaiser versucht, an die Landmauer heranzu-
kommen; als er aber gewahrte, daß sie lückenlos und aufmerksam bewacht
werde, sei er mit Kantakuzenos und Synadenos in ein Boot gestiegen und habe
nunmehr versucht, eine Lücke an der Seemauer zu entdecken; stattdessen sei er
aber mit seinen Begleitern von den Wachen entdeckt und mit Steinen beworfen
worden, woraufhin er habe umkehren müssen. Diese Episode, vor allem die
Bootsfahrt der drei Anführer, hat viel Unwahrscheinliches an sich und wirft
viele Fragen auf. Wollten z.B. alle drei auf die Mauer heraufgezogen werden?
Und wenn die Lage in der Stadt sich anders verhielt als ihre Konstantinopler
Freunde meinten? Die Tatsache, daß Kantakuzenos davon nichts weiß, ver-
stärkt den Verdacht, daß diese Episode dem Bereich der Legende angehört,
einer Legende, die nicht Gregoras selbst schuf, sondern welche wahrscheinlich
in jenen Tagen als Gerücht in der Hauptstadt umlief. Im übrigen läßt Gregoras
im folgenden (I 410) den Mitkaiser in ähnlicher Weise (verkleidet und unbe-
merkt) in Thessalonike einziehen, was nach dem glaubwürdigeren Bericht des
Kantakuzenos den Tatsachen nicht entsprechen kann (vgl. unten A.373).

293
ANMERKUNGEN: 354-360

354 Die Übersiedlung der Kumanen auf die Inseln muß irgendwann zwischen 1322
und Oktober 1327 stattgefunden haben. Es ist unwahrscheinlich, daß diese
Kumanen an der Schlacht von Apros Uuli 1305) teilgenommen hatten, wie
DÖLGER: Regesten 2586 meint. Es handelt sich eher, wie VAN DIETEN a.a.O.
207 richtig bemerkt, um jene Kumanen, die nach Kantakuzenos 1,7 (135) vom
Serbenkral an den byzantinischen Kaiser geschickt worden waren und vom Kral
im J. 1320 vergeblich zurückgefordert wurden.
355 Zu Andronikos Tornikes s. oben A.259.
356 Laut einer Urkunde des Klosters Chilandar (Nr. 54, S. 131f. PETIT) führte
Manuel Dukas Laskaris im Jahre 1320 den Titel des Domestikos der Scholen
des Westens (ein funktionsloser Hof titel) und war zugleich als Gouverneur
('Kephale') von Thessalonike tätig. VgI. DÖLGER: Regesten 2436; GUILLAND:
Recherches I 455 f.; LEMERLE: Philippes I 224 A.8.
357 Gratianupolis (Gratzianupolis, Gratziana) lag an der Via Egnatia(?) beim heuti-
gen Gratine, ca. 70 Kilometer westlich des Hebros. Gratianupolis begegnet in
den Quellen zum ersten Mal im 13. Jahrhundert. VgI. TAFEL: Via Egnatia
orientalis 381. Der Name ist wahrscheinlich slavischer Herkunft, wurde aber
von den byzantinischen Autoren paretymologisiert und mit Gratian in Bezie-
hung gebracht; vgI. VASMER: Slaven 30 Nr. 93; AMANTos, K. in: EEBS 1 (1924)
50. Nach VAN DIETEN a.a.O. 208 verließ die Kaiserinmutter Xene Konstantin-
opel, um einer erneuten Inhaftierung angesichts des bevorstehenden Ausbruchs
des Bürgerkriegs zuvorzukommen. VgI. BINON: Prostagma 381 A.l,ferner As-
DRACHA: Region 113 f .
. 358
Die von Philipp II. von Makedonien umbenannte Stadt, früher Krenides. Sie lag
am nordöstlichen Abhang des Berges Pangaion, an einem von Natur aus befe-
stigten Platz. Vgl. Kant. 4,45 (lU 28); TAFEL a.a.O. 10f.; LEMERLE: Philippes,
passim.
359 Ein biblischer Ausdruck für die Lobpreisung Gottes; er wird ep. Hebr. 13,15
erklärt: Es sei die Frucht der Lippen, Gottes Namen zu preisen.
360 Es handelt sich um Michael Monomachos, der auch den Namen Senachereim
führte. Er wird zumeist als Statthalter von Thessalien erwähnt. Achtmal wird er
bei Kantakuzenos ohne Vornamen genannt, einmal mit diesem. Vgl. BARISJ(~;,
Franjo: Mihailo Monomah, eparh i veliki konostavl. ZRVI 11 (1968) 2151.;
SOLOVJEV, A. V.: Fessalijskie archonty v XIV veke. BSL 4 (1932) 163f.; Bo-
GIATZIDES: XQovLx6v I 1561.; DÖLGER: Regesten 2791; 2872; DERS.: Diplo-
matik 201; VAN DIETEN a.a.O. 126 A.28. Die Titel EJtaQXo~ und ü3taQXo~, mit
welchen Monomachos bei Kantakuzenos versehen wird, scheinen gleichwertig
zu sein und stellen um diese Zeit Würdebezeichnungen dar; vgl. BARISIC: Eben-
da 216; LEMERLE, Paul: Les plus anciens recueils des miracles de Saint Deme-
trius, 1. Paris 1979, 39 f.

294
ANMERKUNGEN: 361-368

361 Der jüngste Sohn Andronikos' II. und Irenes von Montferrat, geboren nach
1294, gestorben nach 1343. Wie wir aus Kant. 2,38 (I 534) erfahren, wurde
1339 die Tochter des Despotes Demetrios, Irene, mit dem Sohn des Johannes
Kantakuzenos, Matthaios, vermählt. Demetrios ist auch aus Urkunden be-
kannt. Jeweils ein Brief des Michael Gabras und des Georgios Oinaiotes (noch
unediert) sind an ihn adressiert. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 40; ZAKYTHI-
NOS: Despotat I 102; DÖLGER: Diplomatik 95; FATouRos: Gabras I 39.
362 Chreles (Hrelja) ist auch aus Gregoras sowie aus Urkunden bekannt. In einer
von Andronikos III. erlassenen Urkunde (Actes de Chilandar Nr. 131) wird er
als Großdomestikos Stephanos Chreles bezeichnet; vgl. LEMERLE: Philippes 196
A.1. Wie wir aus Gregoras (II 626f.) erfahren, machte sich Chreles später vom
Serbenkral unabhängig und gründete eine eigene Herrschaft in und um Strumit-
za. Vgl. ferner JIRECEK: Serben I 360 f.; DINIe in: ZRVI 9 (1966) 95 f.
363 Zu diesem Prostagma vgl. DÖLGER: Regesten 2695 (es ist wahrscheinlich noch
in den Dezember 1327 zu datieren).
364 Xantheia, das heut. Xanthe, östlich von Drama, am Südfuß der Rhodope '
365 Pherai, eine Stadt in Ostmakedonien, die bekannter ist unter dem Namen Serrai
(so immer bei Gregoras). Bei Kantakuzenos kommt sie, bis auf eine Stelle (vgl.
oben A.345), stets in der Form 'Pherai' vor. Gregoras (II 746) nennt sie «eine
große und wundervolle Stadt». In der Gegend von Serrai besaß Kantakuzenos
große Ländereien. Über die Stadt s. PAPAGEORGIU, Petros N.: At ~EQQm xat LU
JtQoao'tELa, 'tU JtEQt 'tU~ ~EQQa~ xai ~ !!Ov~ '!wavvou 'toü IIQobQO!!ou. BZ 3
(1894) 225-329.
366 Eine kleine Stadt östlich von Serrai; vgl. LEMERLE: Philippes I 194; PAPAGEOR-
GIU a.a.O. 300f.; LEAKE: Northern Greece III 198.
367 In einem Prostagma Andronikos' II. vom Juli 1326 (: DÖLGER: Regesten 2554)
wird Alexios Tzamplakon zum Gouverneur von Serral ernannt. Kurz darauf
muß ihm dann die Würde eines Megas Papias verliehen worden sein. Er ist
wahrscheinlich mit dem einige Jahre später auftauchenden Antonios Tzampla-
kon identisch, wobei Antonios der Mönchsname des Alexios zu sein scheint.
Alexios darf nicht mit Arsenios Tzamplakon, der ebenfalls Megas Papias war,
identifiziert werden (dies tut DÖLGER, Franz in: BZ 31 (1931) 450f.). Aller-
dings heißt ein Enkel des Arsenios Alexios Kaballarios Tzamplakon. Vgl. THE-
OCHARIDES: T~a!!JtAaxwvE~ 160f.; GUILLAND: Recherches I 254f.; CHIONI-
DES: BEQOLa 135; VAN DIETEN: Gregoras II 2,346 mit weiterer Lit. Zum Amt
des Megas Papias s. oben A.162.
368 Der kleine fluß Libobiston ist ansonsten nicht bekannt. LEMERLE a.a.O. 194
A.4 verweist auf MM V 112, dort ist aber das Dorf Libobistos (: PAPAGEORGIU
a.a.O. 302) gemeint. Bei DÖLGER: Schatzkammern Nr. 37,91 könnte der Fluß
gemeint sein. Der Name ist slavischer Herkunft: VASMER: Slaven 218 Nr. 48.

295
ANMERKUNGEN: 369-373

369 Georgios Lukas ist ansonsten nicht bekannt. Ein Lukas wird als erster Abt des
Choraklosters und Freund von Theodoros Metochites überliefert: SEVCENKO:
Metochites 33 A.116. Zur Dienerschaft des jüngeren Andronikos vgl. WEIss:
Kantakuzenos 146f. Zur Botschaft: DÖLGER: Regesten 2697.
370 Das Sprichwort Jtav1:a %aAWV %LVELV stammt aus der Seemannssprache (= alle
Taue in Bewegung setzen, d.h. alle Mittel daransetzen). Vgl. Apostolios 13,88
(CPG II 600 LEuTscH). Das Sprichwort begegnet unter verschiedenen Formen;
vgl. SALZMANN: Sprichwörter 91 f.; KARATHANASIS: Sprichwörter 80.
371 Philommates könnte mit dem aus Urkunden bekannten hohen kaiserlichen Be-
amten Andronikos Philommates identisch sein: DÖLGER: Neues zu Alexios
Metochites 240 A.5. Etymologisch bedeutet der Familienname denjenigen, der
gern auf die Augen küßt; vgl. oben A.44 und KUKuLEs, Phaidon in: EEBS 5
(1928) 17 f.
372 Kleine Stadt nahe Amphipolis; S. LEMERLE: Philippes 1172 A.1; LEAKE a.a.O.
III 183 f.
373 Gemeint ist das Chortai'teskloster auf dem gleichnamigen Berg (vgl. oben
A.192). Über die Einnahme von Thessalonike durch den jüngeren Andronikos
bietet Gregoras (I 409 f.) einen weit kürzeren Bericht, der sich von der Erzäh-
lung des Kantakuzenos in einigen Punkten unterscheidet. Den wesentlichsten
Unterschied stellt die Behauptung des Gregoras dar, der Mitkaiser habe sich
unbemerkt und verkleidet in die Stadt begeben und sich dann der Menge als
Kaiser gezeigt, wobei er von einer großen Anzahl von Menschen umringt und
umjubelt wurde. Auch chronologisch differiert Gregoras von Kantakuzenos: Er
scheint die Einnahme der Stadt noch in den Dezember 1327 anzusetzen, wäh-
rend nach Kantakuzenos sie gegen Mitte Januar 1328 erfolgt sein muß (vgl. VAN
DIETEN a.a.O. 209f.; bei BURMov: Istorija I 35 muß die Jahreszahl 1328 in
1327 korrigiert werden). Im allgemeinen könnte man behaupten, daß Gregoras
bezüglich dieser ersten Operationen in Makedonien sehr mangelhaft informiert
ist. Vgl. ferner oben A.353. Im übrigen stimmen beide Historiker darin überein,
daß die Einnahme von Thessalonike durch den Mitkaiser ohne Schwierigkeiten
vor sich ging; dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß der Gouverneur
Chumnos angesichts der großen Anhängerschaft des Mitkaisers in der Stadt auf
ernsthaften Widerstand verzichtete. Den Anschluß der Stadt an den jüngeren
Andronikos führt VAN DIETEN a.a.O. 209 darauf zurück, daß man eine Politik
von ihm erhoffte, die den handelspolitischen Interessen der Stadt förderlicher
sein würde als die seines Großvaters. Dies ist zweifellos richtig, betrifft aber nur
die Erwartungen und die Mitwirkung einiger weniger Anhänger des Mitkaisers
aus der Ober- oder Mittelschicht. In Thessalonike gab es jedoch auch ein star-
kes Proletariat, welches organisiert war und dem Regime des alten Kaisers
grundsätzlich feindlich gegenüberstand. Daher die große Masse der Anhänger-

296
ANMERKUNGEN: 373-378

schaft des jüngeren Andronikos, der Befreiung vom verhaßten Regime ver-
sprach. Beide Historiker lassen kaum einen Zweifel daran, daß es das Volk von
Thessalonike war, welches dem Mitkaiser die Stadt übergab.
374 Alexios Palaiologos ist wahrscheinlich mit Alexios Palaiologos Chortatzes iden-
tisch, der aus Urkunden bekannt ist und im Oktober 1353 als verstorben er-
wähnt wird. Vgl. PAPADOPULOS: Genealogie 76 Nr. 121.
375 Die Identität des Großstratopedarchen Chumnos, der um diese Zeit die Garni-
son von Thessalonike befehligt, ist nicht mit Sicherheit geklärt. Nach GUIL-
LAND: Recherches I 507 f. handelt es sich um den zweiten Sohn des Nikephoros
Chumnos, also um Georgios Chumnos, welcher später auf der Seite des Apo-
kaukos gegen Kantakuzenos agierte. Dagegen meint der Chumnos-Kenner VER-
PEAUX: Notes prosopographiques 262 Nr. 21, der Großstratopedarch und da-
malige Gouverneur von Thessalonike könnte Theodoros Chumnos sein, der
Bruder des Nikephoros, der bereits bei Pachymeres begegnet. Nach GUILLAND
a.a.O. 518 A.166 findet diese Hypothese in den Quellen keine Stütze, das
gleiche gilt aber auch für die Identifizierung des Großstratopedarchen mit Geor-
gios Chumnos, die GUILLAND vertritt.
376 Ist dieser Metropolit noch Jeremias (vgl. oben A.193) oder sein Nachfolger?
Der Umstand, daß Kantakuzenos ihn nicht mit Namen nennt, spricht für erstere
Annahme; vgl. PETIT, Louis: Les eveques de Thessalonique. EO 5 (1901-1902)
90.
377 Das Asomaton-Tor lag an der östlichen Seite der Mauer von Thessalonike. Es
wird von nur zwei Autoren, Eustathios und Kantakuzenos, erwähnt. Während
der Türkenzeit wurde es zugemauert, 1874 jedoch wieder geöffnet und Neues
Goldenes Tor genannt. TAFEL: Thessalonica 104f. lokalisiert das Asomaton-
Tor an der Nordmauer; dies kann jedoch weder mit dem Zeugnis des Eusta-
'thios (S. 94,7 ed. Kyriakides) noch mit dem des Kantakuzenos (das Chortaltes-
kloster lag im Osten der Stadt) in Einklang gebracht werden. Vgl. TAFRALI:
Topographie 97f.
378 Sproß einer bekannten byzantinischen Familie aus Berrhoia, die ihren Ursprung
auf den seldschukischen Sultan Kaikaus II. (1246-1257) zurückführte. Unten
4,19(III 129f.) wird Lyzikos von Kantakuzenos als einsichtig und in der Kriegs-
kunst sehr erfahren beurteilt. Später wurde er von ihm als Kommandant von
Edessa eingesetzt. Vgl. CHIONIDES: BEQOLa 127f.; NICOL: Kantakouzenos 73.
Die Akropolis von Thessalonike lag an der nordöstlichen Ecke der Stadt und
verfügte über eigene Befestigungen, eine Zisterne und ein Schloß (Heptapyr-
gion). Aus Kant. 3,94(II 579) erfahren wir, daß die Akropolis einer kleinen
Stadt glich, da sie permanente Einwohner hatte. Sie wurde durch ihre Südwest-
mauer von der Stadt getrennt, in welcher drei Tore den Zugang von der Stadt in
die Akropolis ermöglichten. Mit der Außenwelt war die Akropolis durch ein

297
ANMERKUNGEN: 378-379

Tor an der Ostmauer verbunden. Durch dieses Tor konnte die Besatzung der
Akropolis entlastet werden, daher ließ der Mitkaiser deren Ostmauer von
außen bewachen. Vgl. TAFRALI a.a.O. 112f.; TAFEL a.a.O. 202f. Zu Thessalo-
nike vgl. noch THEOCHARIDES, G. I.: TonoyQmpLa xat nOAL'tLx~ lG1;oQLa 't~~
eEaaaAov(xYJ~ xa'ta 'tOV I~' aLwva. Thessalonike 1959; ADAMANTlU, A.: eH
ß'U~aVLLV~ eEaaaAov(xYJ. Athen 1914 (uns nicht zugänglich).
379 Der heilige Demetrios war einer der am meisten verehrten und populärsten
byzantinischen Heiligen. Seine Verehrung erreichte in Thessalonike ein solches
Ausmaß, daß einige byzantinische Quellen (z.B. MM 1175) behaupten, er habe
dort sogar vor Christus den Vorrang gehabt. Bereits in der Zeit Justinians
waren die Einwohner von Thessalonike stolz auf ihren Patron. Nach der byzan-
tinischen Tradition erlitt er den Märtyrertod unter Galerios um 306 in Thessa-
lonike an der Stelle, an der später seine Kirche errichtet wurde. Diese Tradition
ist in moderner Zeit angefochten worden, die archäologische Forschung der
letzten Jahrzehnte scheint sie jedoch bestätigt zu haben (s. unten).
Die Hagios-Demetrios-Kirche wurde im 5. Jahrhundert als prachtvoller Bau an
der Stelle eines bereits existierenden Martyriums im Zentrum der Stadt errich-
tet. Sie wurde im 7. Jahrhundert, wahrscheinlich zwischen den Jahren 629 und
634, durch Feuer zerstört, bald darauf aber wiederaufgebaut. Seitdem wurden
im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Änderungen am Bau der Kirche vorge-
nommen. Der hausförmige Schrein (XLßWQLOV) des Großmärtyrers, der mitten
in der Kirche aufgestellt war und von welchem man glaubte, daß er einen
Sarkophag mit den sterblichen Überresten des Heiligen enthalte, war zunächst
aus Silber und wurde, nachdem er bei der Eroberung der Stadt durch die Saraze-
nen (904) ausgeplündert worden war, aus Marmor gebaut. Sein Schmuck wur-
de ein zweites Mal durch die Normannen (1185) geraubt. Als die Kirche bei
einem Großfeuer im August 1917 vernichtet wurde, bot sich die Möglichkeit,
sie mit Hilfe von Ausgrabungen archäologisch zu untersuchen. Diese Aufgabe
wurde in vorbildlicher Weise von G. A. und M. SOTERIU ausgeführt, welche die
Ergebnisse ihrer Forschung in dem zweibändigen Werk: eH ßamALX~ 'tO'Ü
eAy(o'U ~YJI-tYJ'tQ(o'U eEaaaAov(xYJ~. Athen 1952 vorgelegt haben. Die Ausgra-
bungen von SOTERIU haben eine Krypta an den Tag gebracht, und es scheint, daß
die Verehrung des Märtyrers sich auf diese Krypta konzentrierte (: SOTERlU:
Ebenda I 47f.). In der Krypta entdeckten die genannten Forscher ein zweites
Gehäuse aus Marmor und bewiesen, anhand eines vorhandenen Bassins und
zweier Rohre, daß aus diesem Gehäuse das Myron ausströmte (vgl. die nächste
Anmerkung; das Öl wurde dorthin durch eine Vorrichtung geleitet, die vom
Altarraum der Kirche durch eine Treppe erreichbar war). Das Ehepaar SOTERIU
entdeckte außerdem die Spuren des urprünglichen Martyriums sowie das 'Grab'
des Märtyrers, welches ein Fläschchen mit einer Substanz enthielt, die trockenes

298
ANMERKUNGEN: 379-380

Blut sein könnte (ebenda 58 f.). Die archäologischen Entdeckungen von SOTE-
RIU scheinen die Theorie von DELEHAYE, Hippolyte: Les legendes grecques des
saints militaires. Paris 1909,107f., wonach der Kult des Märtyrers im 5. Jahr-
hundert aus Sirmium nach Thessalonike gebracht wurde, zu widerlegen. Ange-
sichts der Tatsache, daß der Name Demetrios in der Spätantike sehr verbreitet
war, ist es durchaus möglich, daß in Sirmium ein anderer Märtyrer gleichen
Namens verehrt wurde, zumal sein Festtag ein anderer ist als der des Märtyrers
in Thessalonike (9. April bzw. 26. Oktober). Die Theorie von DELEHAYE hat
vor einiger Zeit VICKERS, M.: Sirmium or Thessalonike? A critical Examination
of the St. Demetrius Legend. BZ 67 (1974) 33 f. wiederzubeleben versucht. Vgl.
dazu jedoch die Antwort von THEOCHARIDES, G. I. in: MaxEöovLxa 16 (1976)
269 f. Vgl. ferner LEMERLE, Paul: Les plus anciens recueils des miracles de Saint
Demerrius. H. Commentaire. Paris 1981,205 f. (der sich an DELEHAYE anlehnt).
Das besondere Verhältnis Andronikos' d.]. zu dem Patron von Thessalonike,
über das Kantakuzenos an unserer Stelle spricht, rührt daher, daß sein Vater,
Michael IX., die Kirche renovieren ließ; wie wir aus einer Inschrift, die im
Altarraum der Kirche gefunden wurde, erfahren, ließ Michael das Dach sowie
beschädigte Säulen der Kirche gänzlich erneuern. Dies muß in den Jahren
1319-1320, während des letzten Aufenthaltes Michaels in Thessalonike, vor
sich gegangen sein. Vgl. SOTERIU a.a.O. 1222; THEOCHARIDES: <IotogLa 375
A.2.
Der Wiederaufbau der Hagios-Demetrios-Kirche nach der Zerstörung von
1917 begann im Jahre 1926, mußte aber ein paar Jahre später wegen finanziel-
ler Schwierigkeiten eingestellt werden. Er wurde im]. 1945 wieder aufgenom-
men und dauerte bis 1949; am 26. Oktober letztgenannten Jahres wurde die
neu aufgebaute Kirche eingeweiht. Vgl. JANIN: Eglises 365 f.; XYNGOPOULOS,
A.: <H ßamALx~ tOV <AyCou ß'YH..tY]tgCou 8EooaAovLxY]~. Thessalonike 1946
(uns nicht zugänglich).
380 Laut einer Überlieferung, die erst im 10. Jahrhundert erscheint, soll aus dem
Körper des Heiligen Demetrios ein duftendes Öl (= Myron, daher sein Beiname
Myroblytes, d.i. 'Salbölspender') ausgeströmt sein, das geeignet gewesen sein
soll, jede Krankheit, einschließlich seelischer Leiden, zu heilen. Das Myron,
welches in großen Mengen floß, wurde in speziellen Vasen, die man Kutruvia
nannte, gesammelt und als kostbares Medikament exportiert. Im J. 1185 miß-
brauchten die Normannen es, um ihre Fische damit zu braten. Zu der Art und
Weise, wie es zu dem Myronfluß kam und in welchem Teil der Kirche er
stattfand, vgl. die vorige Anmerkung. Nach dem Zeugnis eines jakobitischen
Synaxariums floß das Myron besonders reichlich am Festtag des Heiligen
(26. Oktober): Man sah es an den Wänden und Säulen der Kirche regelrecht
herunterströmen. Als die Türken im]. 1430 Thessalonike einnahmen, sollen sie

299
ANMERKUNGEN: 380-384

tagelang um das Gehäuse des Märtyrers Myron entnommen haben, ohne es


ausschöpfen zu können. Vgl. TAFRALI: Thessalonique 136f.; TAFEL: Thessalo-
nica 118f.
Unter den vornehmsten Besuchern des Grabes des Großmärtyrers war einst
auch der an Epilepsie leidende Kaiser Michael IV. Paphlagon (1034-1041), der,
wie Andronikos d.]., ebenfalls durch das Myron Heilung von seiner Krankheit
suchte. Vgl. Johannes Skylitzes, Synopsis hist. S. 408 (THURN). Im übrigen
macht GRABAR, Andre in: DOP 5 (1950) 11 darauf aufmerksam, daß man
bereits in frühchristlicher Zeit Öl auf die Gebeine von Märtyrern goß und es
anschließend als Heilmittel benutzte.
381 Es ist nicht bekannt, wo in Thessalonike dieser Palast lag. Nach CHATZIIOAN-
NU, Michael: 'Aa'tuYQacpCa E>Eaaat..ov(,<,'l1~. Thessalonike 1880 (Nachdruck
ebenda 1978), 50 (uns nicht zugänglich) wurde dieser Palast in Thessalonike
von Bonifaz von Montferrat in den Jahren nach 1204 errichtet. Dies findet
jedoch in den Quellen keine Stütze. Vgl. TAFRALI: Topographie 131. Im übrigen
hatte Galerius um 306 einen Palast im südöstlichen Tei! der Stadt bauen lassen:
Ebenda 130f.; TAFEL: Thessalonica 160.
382 Eine Stadt in der westmakedonischen Landschaft Bottiaia, am östlichen Abhang
des Berges Bermion. Im Altertum gegründet, spielte sie bereits während des
peloponnesischen Krieges eine Rolle (vgl. Thukydides 1,61,4). In byzantinischer
Zeit wurde sie wiederholt von den Bulgaren eingenommen. Vgl. CHIONIDES:
BEQOLa, passim; LEAKE: Northern Greece III 290 f. Natürlich wollen die mei-
sten Berater des Mitkaisers nach Berrhoia marschieren, da es Thessalonike
näher ist als Edessa.
383 Edessa (Vodena), im Gebiet von Aigai, der alten Hauptstadt Makedoniens,
erbaut, lag in einer geographisch-strategisch wichtigen Position an der Via
Egnatia. Sie war durch ihren Reichtum an Wasser gekennzeichnet. Vgl. TAFEL:
Via Egnatia occidentalis 46f.; DERS.: Thessalonica 309 f. und A.22; LEAKE
a.a.O. III 272f. Der Name aus dem phrygischen vedy (= Wasser): OBERHUM-
MER, E. in: RE V 1933. Nach VASMER: Slaven 197 Nr. 5 gehört er zu jener
Kategorie von Toponymika, die in neuerer Zeit «durch künstliche Aufwärmung
wieder in Gebrauch gekommen» sind. In der literarischen Tradition hatte sich
jedoch neben dem Namen Vodena (vgl. unten A.391) die antike Benennung
erhalten; vgl. LEAKE: Ebenda 273 (der 1808 schreibt): «The bishopric is still
known by the name of Edessa as weIl as Vodhena».
384 Kastoria wurde von Justinian auf einer Insel des gleichnamigen Sees erbaut,
nahe dem älteren Diokletianupolis, das am See lag: Prokop, de aedif. 4,3 (IV
112 HAURY). In der Folgezeit begegnet Kastoria in den Quellen erst im
10. Jahrhundert wieder. Vgl. TAFEL: Via Egnatia occidentalis 43 f.; KERAMo-
PULLOS, Antonios D.: 'OQEa'tLx.ov "AQYo~ - ~LOx.t..'l1'tLaV01J1tOAL~ - Kaa'toQCa.

300
ANMERKUNGEN: 384-393

BNT 9 (1930-32) 55 f.; LEAKE a.a.O. J 322f.; TSAMISIS, Panteles: <H KaU'tOQLa
'Xat 'ta I.,I,vy]!!ELa 'tYl~. Athen 1949 (uns nicht zugänglich).
385 Der hier erwähnte Isaakios Raul ist mit seinem Namensvetter bei Pachymeres (I
483 L, vgl. DÖLGER: Regesten 2199) nicht identisch. Zu unserem Raul vgl.
CHATZES: <PaouA 26f.; FASSOULAKIS: Raoul Nr. 25.
386 Es handelt sich um Johannes Angelos, der später mit der Würde eines Pinkernes
ausgezeichnet wurde. Er wird von Kantakuzenos (unten 1 350,1 und noch
11mal) als sein Cousin bezeichnet (desgleichen bei Gregoras 11 628,7). Die
Verwandtschaft rührt wahrscheinlich daher, daß Angelos' Mutter eine Kanta-
kuzene, vermutlich eine Schwester des Vaters des Großdomestikos, war. Johan-
nes Angelos hatte eine Tochter des Protovestiarios Andronikos Palaiologos
geheiratet. Gregoras (11 657) bezeichnet ihn als «äußerst erfahren in der Kriegs-
kunst». Er wird auch in Urkunden des öfteren erwähnt. Er muß um 1348 als
Statthalter von Thessalien gestorben sein. Vgl. NICOL: Kantakouzenos 147f.;
BINON: Prostagma 149 L; BOGIATZIDES: XQOVL'XOV 1 151; 165 f.; VAN DIETEN:
Gregoras 11 1,210; Prosopogr. Lexikon Nr. 204, ferner FERJANCIc: Tesalija
217.
387 Zu diesen Prostagmata vgl. DÖLGER: Regesten 2698 (das dort gegebene Datum
ist nach VAN DIETEN: Gregoras 11 1,210 zu korrigieren).
388 Es ist nicht bekannt, um welchen Laskaris es sich hier handelt. Vielleicht ist er
mit dem oben (1259) erwähnten Manuel Laskaris identisch, und als dem Leser
bereits bekannt hier ohne Vornamen erwähnt (vgl. A.356). Dies setzt allerdings
eine syntaktische Härte im Text voraus: Die Bezeichnung «die Mächtigen von
Edessa» würde sich nur auf die Brüder Radiporoi beziehen. Letztere sind anson-
sten unbekannt; vgl. Prosop. Lexikon Nr. 157.
389 Der Name der Gattin des Despotes Demetrios ist nicht bekannt. Zu Demetrios
s. A.361; zum Titel «Basilissa» vgl. LAMPROS in: NE 1 (1904) 39 f.; VAN DIE-
TEN: Greg. 11 2, S. 377, A.475.
390 Gemeint ist das oben (1270,5) erwähnte Aufgebot von 300 ausgewählten Sol-
daten. Kantakuzenos scheint die Zahl mit einer gewissen Ironie zu wiederholen,
da sie an die dreihundert Spartaner des Leonidas erinnert.
391 'Vodena' ist eine andere Bezeichnung für Edessa (vgl. A.383). Der Name
stammt aus dem Phrygischen und ähnelt dem späteren slavischen Stammwort
für 'Wasser': VASMER: Slaven 197 Nr. 5; ZAKYTHINOS, Dionysios, in: NEa
<Eu"da 35 (1944) 538 und oben A.383.
391a Zu ihrer Person vgl. oben A.389.
392 Achrida (Ochrid), wichtige Stadt Westmakedoniens im Gebiet des antiken

Lychnidos, am gleichnamigen See an der Via Egnatia. Vgl. TAFEL: Via Egnatia
occidentalis 28 f.; LEAKE a.a.O. 1 342; 111 273.
393 Anders Gregoras (1413): Die festgenommenen Familien der hohen Würdenträ-

301
ANMERKUNGEN: 393-400

ger des alten Kaisers füllten sämtliche Gefängnisse von Thessalonike und Didy-
moteichon an.
394 Es gab zwei Würdenträger mit dem Titel eines Großdrungarios: den Großdrun-
garios der Wache und den Großdrungarios der Flotte (= Vizeadmiral). Beide
Titel sind um diese Zeit wahrscheinlich leere Namen. Bryennios, der ansonsten
unbekannt ist, trug den Titel des Großdrungarios der Wache. Vgl. GUILLAND:
Recherehes I 542.
395 Der Großhetaireiarches, der um diese Zeit ebenfalls einen bloßen Titel ohne
Funktion trägt, war einst der Kommandant der Hetaireia, einer Leibgarde des
Kaisers; vgl. BURY: Administrative System 106f.; KARLIN-HAYTER, P. in: JÖB
23 (1974) lOH. Der erwähnte Exotrochos ist wahrscheinlich mit Andronikos
Exotrochos (: oben A.95) identisch.
396 Als er an sein Werk die letzte Hand anlegte, hat Kantakuzenos wahrscheinlich
übersehen, daß er kurz vorher davon gesprochen hatte, daß der Protovestiarios,
während seine drei Gefährten nach Edessa ritten, nach Achrida eilte. Zu deren
Mißerfolg kam sein Mißgeschick hinzu: er konnte in die eigene Stadt nicht
eindringen und flüchtete zum Serbenkral gleich den anderen; und so blieb dieser
Passus im Buch stehen. Im Bericht über die Übergabe von Achrida präzisiert
Kantakuzenos dann die Vorgänge.
397 Während der Stationierung der Regierungstruppen in Serrai hatte wahrschein-

lich der Protovestiarios seine Soldaten die Landgüter des Kantakuzenos, die in
der Umgebung dieser Stadt lagen, ausplündern lassen. Zu der hier zur Schau
getragenen Großzügigkeit des letzteren vgl. KAZDAN: Cantacuzene 289.
397a Zur Bedeutung von E1tLnAU vgl. Nik. Chon. II 117 f. ed. VAN DIETEN sowie
Demetrios Kydones, ep. 57 ed. LOENERTZ und dazu den Kommentar von TIN-
NEFELD, Franz: Demetrios Kydones Briefe I 1, Stuttgart 1981, S. 232, AA.
398 Deabolis (Debole, Devol), Stadt in Nordepiros beim späteren Dorf Svesde,
nördlich von Korytsa. Sie begegnet zum ersten Mal im 9. Jahrhundert. Ur-
sprünglich hieß sie Selasphoros. Vgl. GELZER, Heinrich in: BZ 2 (1893) 42;
STADTMÜLLER, Georg: Forschungen zur albanischen Frühgeschichte. Wiesba-
den 2 1966, 135. NICOL: Epiros 224; 226 A.13; LEAKE: Northern Greece I
339 f., ferner DUCELLIER, Alain: Les Albanais du XIe au XIIIe siede: Nomades
ou sedentaires? Byzantin. Forschungen 7 (1979) 34; DIETERICH: Quellen II 9l.
399 Koloneia (Kolone), Landschaft in Nordepiros, die im Altertum wahrscheinlich
Kaulonia hieß. Sie umfaßte mehrere Dörfer. Vgl. LEAKE a.a.O. I 342; NICOL
a.a.O. 224; DERS. in: BZ 49 (1956) 102 A.8. Der Plural im Text steht deshalb,
weil der Historiker mehrere Städte wie Deabolis und Koloneia meint.
400 Zu diesen Briefen des Mitkaisers vgl. DÖLGER: Regesten 2700. Als Chronologie
\Virdebenda Januar - März 1328 vorgeschlagen (genauer wäre vielleicht Febru-
ar - März). Es ist keine präzise Datierung für diese Ereignisse überliefert wor-

302
ANMERKUNGEN: 400-404

den (die nächste Datierung ist die der Schlacht am Fluß Melas, die Gregoras [I
415] um den 21. März 1328 ansetzt). VAN DIETEN: Gregoras II 1,211 schlägt
als Zeitpunkt für die Absendung der obengenannten Briefe Januar - Februar
vor (2698 muß ebenda zu 2700 korrigiert werden). Er stützt sich dabei auf eine
Berechnung der Dauer des Feldzuges des jüngeren Andronikos, die er aufgrund
der Erzählung des Kantakuzenos aufgestellt hat (ebenda 210), die aber drei
Unbekannte aufweist: die Dauer des Aufenthaltes des Mitkaisers in Thessaloni-
ke, die Dauer seines Marsches von Edessa nach Kastoria (Kantakuzenos sagt
nicht, wie VAN DIETEN interpretiert, daß der Mitkaiser einen Tag von Edessa bis
Kastoria brauchte, sondern, daß er sich einen Tag in Edessa aufhielt) sowie die
Dauer seines Marsches von Kastoria nach Achrida. Trotz der Kürze dieses
«Blitzkrieges» muß man berücksichtigen, daß der jüngere Andronikos von
Thessalonike bis Achrida einen Weg von annähernd 300 Kilometern, der zum
größten Teil durch gebirgiges Gelände verlief, im Winter (<<mitten im Schnee»:
JIRECEK: Serben I 360) zurückzulegen hatte. Der Bericht soll im übrigen illu-
strieren, wie großartig der Plan des Kantak. durchgeführt wurde.
401 Die Grenze des Serbenreiches zum byzantinischen Reich verlief um diese Zeit
ca. 30 Kilometer nördlich von Achrida und Prilep.
402 Pelagoni~ heißt die westmakedonische Landschaft in der Mitte des Dreiecks
Achrida - Prilep - Edessa. Aus dem weiteren Verlauf der Erzählung geht jedoch
hervor, daß Kantakuzenos hier besonders den Rand dieser Landschaft zwischen
Achrida. und Prilep meint.
403 Die Festung Prosekos (Prosakos, Prosek) lag am rechten Ufer des Axios in
Nordmakedonien. Sie war auf hohen und steilen Felsen erbaut und nur durch
einen schmalen Pfad zugänglich. Der Name stammt aus dem Slavischen: VAS-
MER: Slaven 200 A.65. Zu Prillapos s. oben A.52, zu Strumitza A.296. Die Lage
von Prosekos beschreibt Niketas Choniates, hist. 502 (VAN DIETEN). Vgl. TA-
FEL: Thessalonica 295 f.
404 Über die Person des Nikephoros Basilikos erfahren wir mehr aus Gregoras (I
413f.): Man habe ihn für einfältig und politisch unerfahren gehalten, er aber
habe sich in jener turbulenten Zeit als der einsichtigste von allen erwiesen: Er
habe sich in seiner Festung verschanzt und dem alten Kaiser die Treue gehalten,
indem er den weiteren Verlauf der Dinge Gott anvertraute. Als Andronikos II.
starb, habe er diese Haltung nicht mehr als gerechtfertigt angesehen und die
Festung dem jungen Kaiser übergeben, der ihn auf seinem Posten beließ und mit
Ehren überhäufte. In einem Prostagma Andronikos' III. aus den Jahren
1333-1338 sowie in einer Urkunde Johannes' V. von 1362 wird Nikephoros
Basilikos als Großprimikerios erwähnt; vgl. GUILLOU: Saint-Jean-Prodrome
95f.; MM III 114. S. ferner GUILLAND: Recherches I 317. VAN DIETEN: Grego-
ras II 1,212, A.228. Zu Melenikos s. oben A.297.

303
ANMERKUNGEN: 405-411

405 Ähnlich, aber ausführlicher, spricht Gregoras (1413) über den Tod des Protove-
stiarios: «Der Protovestiarios ... überlegte sich, welcher Reichtum, wieviel
Vieh, Besitz und Ruhm ihm plötzlich wider alle Erwartungen verloren gegangen
waren, machte sich auch Sorgen um seine Frau, wissend, welche unehrenvolle
Behandlungen gefangengenommene Frauen von den Feinden zu erdulden ha-
ben; er gab sich ganz der Verzweiflung und grenzenlosem Schmerz hin, so daß
er in kurzer Zeit, in fremden und einsamen Gegenden umherirrend, auf traurige
Weise sein Leben beendete» (nach der Übersetzung VAN DIETENs). Die Vermu-
tung liegt nahe, daß Kantakuzenos diese Stelle des Gregoras vor Augen hatte,
als er diese Zeilen über den Protovestiarios schrieb, und daß er mit dem Satz
«wie man sagte» Gregoras meint. Vgl. ferner ZAKYTHINOS: Crise monetaire
76f.; MARTINI: Philae carm. 130f.
406 Nach Gregoras (ebenda) unterstellte Asanes freiwillig die Festung Prosek einer
serbischen Garnison, da er unter seinen Leuten Verrat witterte. Zu Strumitza
vgl. SEVCENKO: Metochites 29 A.81.
407 Konstantinos Asanes war der Sohn des bulgarischen Zaren Ivan IH. Asan und
Irene Palaiologinas, der Schwester Andronikos' H. Er wird auch in Urkunden
erwähnt. Vgl. TRAPP: Asanen 166f.; DÖLGER: Regesten 2515; Prosop. Lexikon
Nr. 1504.
408 Die Chronologie der Schlacht am fluß Melas (: oben A.116) ist von Gregoras (I
415) überliefert worden: Am Anfang des Frühlings bzw. in der sechsten Woche
der Tessarakoste (= 21. - 27. März 1328, vgl. oben A.400). Gregoras berichtet
über die Schlacht und ihren Ausgang in ähnlicher Weise wie Kantakuzenos, so
daß hier wieder der Eindruck entsteht, daß letzterer die Stelle von Gregoras vor
Augen hatte, als er darüber schrieb. Natürlich lesen wir bei Gregoras nichts
über die Reaktion des Mitkaisers auf die Siegesnachricht. Im übrigen nennt
Gregoras den fluß mit seinem volkstümlichen Namen, Mavropotamos.
409 «Auf Wasser schreiben», ein sprichwörtlicher Ausdruck der alten Griechen für
das Unmögliche (vgl. oben A.74). Er ist bei spätgriechischen und byzantinischen
Autoren sehr beliebt; vgl. Lukian, Cat. 21; Philostr. im. 2,8,3; Julian or. 8,249 a
usw., ferner Diogenian. 5,83; Makarios 5,50; Apostolios 6,56. Zum Bild des
das eigene Fleisch verzehrenden Menschen, das ein paar Zeilen davor begegnet
und letzten Endes auf die Bibel (Ecdes. 4,5) zurückgeht, vgl. BEYER: Antirrheti-
ka 185,1 (und den Testimonienapparat dazu).
410 Zu diesem Gratulationsschreiben des Mitkaisers an Theodoros Synadenos vgl.
DÖLGER: Regesten 2705.
411 Zu diesem Passus vgl. Kant. 1,35(1 169,17f.) und A.214. Dort heißen jedoch die
Vermessungsbeamten aJtoYQucpEL<; (= die Nachfolger der mittelbyzantinischen
avuYQucpEL<;: HEISENBERG: Palaiologenzeit 75 f.), während llJtoYQuCPEL<;, entge-
gen der Meinung von TAFRALI: Thessalonique 59, nicht Vermessungsbeamte,

304
ANMERKUNGEN: 411-415

sondern Beamte der kaiserlichen Kanzlei waren. Aus diesem Grunde muß das
uj[oYQa<pEa~ unserer Stelle in (moYQa<pEa~ korrigiert werden. Zu E;Laa~fLv
vgl. oben A.214.
412 Nach Gregoras (1411) nahm der Bulgarenzar Michael bereits vor der Schlacht
am Melas mit dem älteren Kaiser Kontakt auf. Demnach ging die Initiative für
dieses Bündnis von Michael aus, während aus dem Wortlaut des Kantakuzenos
der Eindruck entsteht, daß der ältere Kaiser als erster sich darum bemüht hatte.
Da laut Gregoras die Verhandlungen der bei den Herrscher streng geheim
durchgeführt wurden, ist es nur natürlich, daß Andronikos d.]. erst nach der
Schlacht am Melas, etwa im April (<<Ende April»: VAN DIETEN: Gregoras II
1,213) durch Synadenos davon erfuhr. Vgl. PARISOT: Cantacuzene 81 und
DÖLGER: Regesten 2596.
413 Guy de Lusignan (LVQY~~ VtE AE~Lavo im Text des Kantakuzenos), Sproß eines
bekannten französischen Adelsgeschlechts, das 1186 den Thron von Jerusalem
und 1192 den Thron von Zypern bestiegen hatte, war der Sohn von Amaury de
Lusignan, Prinzen von Tyros, und Isabelle, einer Tochter des Königs von Arme-
nien Leon V. und Schwester der Rita-Xene, daher Cousin Andronikos' III. Er
war aber zugleich mit Kantakuzenos verschwägert, da er dessen Cousine gehei-
ratet hatte. Nach dem Tode der letzteren nahm er eine Tochter des Syrgiannes
zur Frau. Vgl. Gregoras 12,15(II 623), der ihn r~!l 6 'AQ!lEvLO~ nennt. Den
Thron von Armenien bestieg Guy de Lusignan 1342 nach dem Tode Leons V.,
der keinen männlichen Erben hinterlassen hatte. Die Tochter Guys und Enkelin
des Syrgiannes, Isabelle, wurde mit Kantakuzenos' Sohn Manuel vor 1341
verlobt. Nach 1341 wandte sich Guy gegen Kantakuzenos, deshalb wurde die
Verlobung aufgelöst. Nachdem aber Manuel Despotes von Morea geworden
war (1348), heiratete er Isabelle. Guy de Lusignan wurde am 17. November
1344 ermordet. Er ist von seinem Namensvetter, dem Prinzen von Galiläa, zu
unterscheiden. S. BINON, Stephane: Guy d'Armenie et Guy de Chypre; Isabelle
de Lusignan a la cour de Mistra, in: Universite libre de Bruxelles. Annuaire de
l'institut de philologie et d'histoire orientales et slaves 5 (1937) 125 f. (= Melan-
ges Emile Boisacq); NERANTZE-BARMAZE, B. in: Byzantina 10 (1980) 193f.
414 Der hier erwähnte Pepanos ist ansonsten nicht bekannt, der Familienname
begegnet jedoch bereits im 12. Jahrhundert. Ein Theodoros Pepanos war in der
ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Dux und Anagrapheus von Mylasa: AHR-
WEILER: Smyrne 128 f. Bekannt ist ferner der Dichter Demetrios Pepanos aus
Chios, der im 17. Jahrhundert schriftstellerisch tätig war; vgl. BZ 10 (1901)
373f. Zum Gyrolimne-Tor: Oben A.114. Zum Amt des Prokathemenos: MAK-
SIMOVIC: Uprava 101 f.; vgl. WEISS, Günter in: Byzantina 7 (1975) 407.
415 DÖLGER: Regesten 2706 datiert diese Botschaft des Mitkaisers an seinen Groß-
vater «ca. märz ende». Da jedoch die Schlacht am Melas zwischen dem 21. und

305
ANMERKUNGEN: 415-420

dem 27. März stattfand, kann der junge Kaiser unmöglich noch im März vor
Konstantinopel angekommen sein, wie VAN DIETEN: Gregoras II 1,213 A.234
mit Recht bemerkt. Auf der anderen Seite braucht der Austausch von Botschaf-
ten zwischen den beiden Andronikoi, zumindest nach dem Bericht des Kantaku-
zenos, nicht unbedingt im Mai vor sich gegangen sein, sondern könnte wohl
noch im April stattgefunden haben. Aus Gregoras (I 418) erfahren wir, daß
Andronikos d.]. mit seiner Ankunft vor Konstantinopel in erster Linie bezweck-
te, durch einen überraschenden Coup in die Stadt einzudringen, und daß er sich
zu Verhandlungen gezwungen sah, als er feststellte, daß die Mauern gut be-
wacht waren. Dies ist nicht so grundverschieden von dem Bericht des Kantaku-
zenos, wie VAN DIETEN a.a.O. 214 meint; Kantakuzenos schildert das primäre
Ziel des Mitkaisers bloß in verhüllter Form (289,7 f.): «Da der ältere Kaiser
angesichts des Anmarsches seines Enkels die Bewachung der Mauern angeord-
net hatte, befahl Andronikos d. J. Pepanos, folgende Botschaft an seinen Groß-
vater zu überbringen» usw.
416 Dieser Satz steht im Text in direkter Rede. Die indirekte Rede, die bald unver-
mittelt in direkte Rede mit Apostrophierung des Partners übergeht, stellt ein
Merkmal des Geschichtswerks des Kantakuzenos dar: HUNGER: Literatur I
473. Vgl. Kant. I 282,12; 293,3; 338,22; 365,5 und passim (die Stellen bei
HUNGER: Ebenda A.143). Diese Stileigentümlichkeit findet man bereits bei
Libanios, den Kantakuzenos gut zu kennen scheint; vgl. z. B. Lib. or. 1,82 (I 123
FOERSTER). Formal handelt es sich um eine Tempusverschiebung von der Ver-
gangenheit zur Gegenwart, die auch in der dritten Person gelegentlich vor-
kommt; vgl. z. B. Kant. I 476,15 f.
417 Die «Kamelsbrücke» (Ka~'Y]AoYEcpuQa) war über den Fluß Barbyses geschlagen,
der am innersten Teil des Goldenen Horns mündete (heute Kagithanesu). Sie ist
mit der von Kant. 3,85(II 525,8) erwähnten «Steinsbrücke» (IIE'tQoYEcpuQa)
keineswegs identisch, wie BYZANTlOS: Kwvo'tav'tLvouJtOALC; I 615 meint. Vgl.
JANIN, Raymond: Les ponts byzantins de la Corne d'Or, in: Melanges H.
Gregoire,1. Brüssel 1949,251f.; DERS.: Constantinople 460.
418 Das Tor des Heiligen Romanos, von den Türken später Topkapi genannt,
befand sich an der Landmauer zwischen dem Tor Polyandriu und dem von
Adrianopel. Der Name stammt von der gleichnamigen Kirche, die in der Nähe
lag: JANIN: Constantinople 420.
419 Zum sprichwörtlichen Ausdruck vgl. Apostolios 17,63 (CPG II 702 LEUTSCH).
420 Über dieses Geheimtreffen mit den bei den Wächtern berichtet auch Gregoras (I
419), jedoch in wesentlich kürzerer Fassung. Demnach waren die beiden «Ver-
räter» keineswegs so bescheiden in ihren Forderungen, wie Kantakuzenos be-
hauptet, sondern sie verlangten, daß der Mitkaiser «ihnen schriftlich reichlich
Geld und Besitz versprechen solle». Es ist nicht leicht zu entscheiden, welche der

306
ANMERKUNGEN: 420-427

beiden Varianten der Wahrheit entspricht. Wenn man davon ausgehen sollte,
daß Kantakuzenos einen Grund hatte, ihnen Uneigennützigkeit zuzuschreiben -
etwa um zum Ausdruck zu bringen, daß die Leute aus dem Volk die Sache des
jüngeren Andronikos für die gerechte hielten -, würde man geneigt sein, Grego-
ras mehr Glauben zu schenken. Auf der anderen Seite war Kantakuzenos bei
dem Geheimgespräch zugegen, während Gregoras die Episode nur aus zweiter
Hand kennt. Vgl. auch DÖLGER: Regesten 2712. Die Form des Familiennamens
'Kastellanos' , wie sie bei Gregoras vorkommt, ist wahrscheinlich die richtige
(Kantakuzenos schreibt 'Kastelianos'). Ihr Beruf wird bei Gregoras mit 'Mau-
rer' angegeben. Beide Familiennamen kommen immer noch in Griechenland
vor.
421 Nach SEVCENKO: Metochites 30 wird durch die euphemistisch vorgebrachte
Forderung der Senatoren die Blendung, vielleicht sogar die Hinrichtung des
Großlogotheten gefordert. Dies ist wahrscheinlich richtig, denn sonst ist die
nachdrückliche Ablehnung dieser Bedingung von seiten des jüngeren Androni-
kos nicht leicht verständlich. Vgl. VAN DIETEN a.a.O. 215 A.237. Auf die vielen
Feinde des Theodoros Metochites weist MATSCHKE: Reaktion 43 f. hin.
421a Der Umfang eines byzantinischen Plethrons schwankt zwischen 1200 und
2800 m 2 : SCHILBACH, Metrologie 80-83. Die Verräter begehrten demnach
24000-56000 m 2 Land; vgl. damit auch die in unserem Text weiter oben, S. 117,
eingestreute Flächenangabe.
422 Das thrakische Städtchen Skopelos lag unweit von Adrianopel; vgl. FRANGULAs,
Ioannes N. in: EEBS 11 (1935) 106 AA.; BABINGER: Beiträge 52.
423 Diampolis (heute ]ambol) lag am Fluß Tonzos, an der Stelle des älteren Diospo-
lis. Vgl. ]IRECEK: Heerstraße 145. Zum Namen vgl. VASMER: Slaven 256.
424 Zu Rhosokastron vgl. ]IRECEK a.a.O. 147. Es lag am Südhang des kleinen
Balkan, unweit vom heutigen Ajtos.
425 Nach einer Notiz des Codex Monacensis 106 war Logus eine Festung unweit
der Küste des Schwarzen Meeres, nordöstlich von Konstantinopel. Dies kann
jedoch nicht stimmen, da in der nachfolgenden Beschreibung (300,15 f.) des
Anmarsches gegen die Hauptstadt Logus als unweit von Klepta lokalisiert zu
sein scheint, das westlich von Konstantinopel lag (vgl. unten AA33). Im übrigen
lautet die richtige Bezeichnung des Ortes vielleicht A6yym (bzw. A6yyor;), ein
Ortsname, der aus dem Slavischen stammt und in Griechenland vor allem bei
Dörfern, die an Schluchten liegen, des öfteren begegnet. Vgl. VASMER: Slaven
312; GEORGAKAS, Demetrios J. in BZ 42 (1943-49) 401 f.
426 Zu Ivan dem Russen vgl. oben A.224.
427 Den Plan der Einnahme von Konstantinopel, den Kantakuzenos hier dem Bul-
garenzaren zuschreibt, dürfte dieser tatsächlich gehegt haben: ]IRECEK: Bulga-
ren 291f.; VAN DIETEN a.a.O. 214 A.234j BURMov: Istorija I 38f. Sobald

307
ANMERKUNGEN: 427-432

Michael, der Eroberungen ohne Blutvergießen wollte (: PARISOT), feststellte,


daß seine Pläne durchschaut worden waren, rief er Ivan und seine Streitmacht
nach Bulgarien zurück.
428 Mit anderen Worten, Andronikos d.]. sah sich in seiner Ansicht über die Pläne
des Bulgarenzaren bestätigt, nachdem er der Antwort Ivans entnommen hatte,
daß dieser und seine Soldaten nicht gegen ihn zu Felde gezogen seien; vgl.
PARISOT: Cantacuzene 81 A.8. Zur Botschaft des jüngeren Andronikos an Ivan
vgl. DÖLGER: Regesten 2708.
429 Georgios Pepagomenos ist auch aus anderen Quellen bekannt. In ep. 409 (11
635 FATOUROS) aus dem Jahr 1326 nennt ihn Michael Gabras einen vielbe-
schäftigten Mann. Er begegnet noch zweimal im Geschichtswerk des Kantaku-
zenos, als Vorsteher der Staatskasse (11 99) und als Gesandter Annas von Savoy-
en an Kantakuzenos nach Didymoteichon (11 44f.). Vielleicht ist er mit dem
Megas Ekklesiarches Pepagomenos identisch. Vgl. SCHREINER, Peter: Eine grie-
chische Grabinschrift aus dem Jahr 1186 in Corridonia. Mit einem Anhang
über die Pepagomenoi. JÖB 20 (1971) 158 f.; DARROUZES: Recherehes 136;
FATOUROS: Gabras I 41f. Nr. 30. Vgl. zuletzt TINNEFELD, Franz: Demetrios
Kydones Briefe I, 1, Stgt. 1981, 172. Zur Botschaft des jüngeren Andronikos an
seinen Großvater vgl. DÖLGER: Regesten 2709, der die Gesandtschaft des Pepa-
gomenos mindestens vier Tage vor der Einnahme Konstantinopels durch An-
dronikos d.J.(24. Mai) ansetzt.
430 Johannes Roger, ansonsten nicht bekannt. Die Botschaft Andronikos' d.J. an
den Bulgarenzaren kennt Gregoras nicht. Vgl. DÖLGER a.a.O. 2710. VAN DIE-
TEN: Gregoras 11 1,215 setzt die Gesandtschaften des jüngeren Andronikos an
den Bulgarenzaren und an Ivan zwischen den 18. und den 22. Mai 1328. Diese
Zeit ist zu knapp, wenn man berücksichtigt, daß die Lager der beiden Herr-
scher, Andronikos und Michael, schätzungsweise 250-300 Kilometer vonein-
ander entfernt waren.
431 Nach Gregoras (I 419) schickte Andronikos d.]. selbst an den bulgarischen
Feldherrn Ivan (der Name wird ebenda nicht erwähnt) eine Botschaft sowie
viele Geschenke, um ihn zum Rückzug zu bewegen. Vgl. DÖLGER: Regesten
2713 (der jedoch unsere Stelle mißverstanden zu haben scheint und das Schrei-
ben Michaels an Ivan als Schreiben des Andronikos an den letzteren vermerkt).
Außerdem erfahren wir von Gregoras, daß Andronikos Ivan und seine Offiziere
zu einem Abschiedsessen einlud. Zur angesengten Feder vgl. die Vermutungen
des Pontanus (Kant. 111 449).
432 D.h. am Pfingstsonntag, den 22. Mai 1328; vgl. GRUMEL: Chronologie 312-3;
LOENERTZ: Chronique breve 43. Im Gegensatz zu Gregoras, der dem ganzen
Unternehmen nur 12 Zeilen widmet, bietet Kantakuzenos im folgenden eine

308
ANMERKUNGEN: 432-437

sehr anschauliche Beschreibung der Einnahme der Hauptstadt durch den jünge-
ren Andronikos. Vgl. KYRRIS: Andronicus III 289 f.
433 Die Ortschaft Klepta, die nur an unserer Stelle belegt ist, lag an einer Schlucht
zwischen Rhegion und Konstantinopel, sechs Stunden Fußmarsch von der
Hauptstadt entfernt; s. PASPATES: I1Qoaa1:ELa 35 f., der ansonsten unsere Stelle
völlig mißverstanden hat. Vielleicht ist Klepta mit dem von Enveri, Düsturnäme
V.1646 (S. 103 MELIKOFF-SAYAR) erwähnten Qolba identisch; vgl. KYRIAKI-
DES, Stilpon P. in: <EAAYlVLXa 13 (1954) 396.
434 Es ist nicht bekannt, wo dieses Dorf des Amblyopos (= «Schwachsichtiger»)
lag.
435 Nach BOSCH: Andronikos III. 49 A.2 handelt es sich hier wahrscheinlich um
deutsche Söldner, die Kaiser Ludwig IV. der Baier geschickt hatte. Dies kann
jedoch nicht der Fall sein, da Ludwig kurze Zeit davor aller Wahrscheinlichkeit
nach einen Bündnisvertrag mit dem alten Kaiser geschlossen hatte; vgl. LAIOU:
Latins 306f. Es handelt sich eher um katalanische Söldner, wie unten Kant.
2,21 (I 429), an welcher Stelle die Katalanen ebenfalls 'Alemannen' genannt
werden: vgl. DINIe, 1\1. in: ZRVI 6 (1960) 16f.; BOSCH a.a.O. 74 A.3. Im
übrigen bemerkt BOSCH: Ebenda 49 mit Recht, die Ersetzung der ausländischen
Söldner durch Rhomäer sei eine Vorsichtsmaßnahme des jüngeren Andronikos
gewesen, der den nationalen Stolz der Byzantiner, unter welchen ein großer
Lateinerhaß herrschte, nicht verletzen wollte. Zum Ausdruck !lEam (301,10)
vgl. SEVCENKO, Ihor in: ZRVI 6 (1960) 200; MATSCHKE, K.-P. in: JÖB 31/1
(1981) 201 (sowie den ebenda A.71 zitierten Aufsatz von ZAVRASIN).
436 Diese Stelle haben BOSCH a.a.O. 51 und KYRRIS a.a.O. 290 mißverstanden. Das
Geschrei auf der Mauer wird nicht von den Leuten des jüngeren Andronikos,
sondern von den regierungstreuen Mauerwächtern erhoben,- die plötzlich den
Ansturm bemerken. Vgl. VAN DIETEN a.a.O. 216 A.237. Nach Gregoras (I
420 f.) wurde der ältere Andronikos vor dem Anmarsch seines Enkels rechtzei-
tig gewarnt, Theodoros Metochites riet jedoch ab, Verteidigungsmaßnahmen
zu treffen. Dies erklärt man teils mit der Unerfahrenheit des Großlogotheten auf
militärischem Gebiet teils durch seinen Wunsch, die Sympathien des jüngeren
Andronikos zu gewinnen. KYRRIS a.a.O. 292 weist jedoch mit Recht darauf hin,
daß Metochites zu dieser Zeit wahrscheinlich noch nicht wußte, daß das bulga-
rische Kontingent die Umgegend von Konstantinopel bereits verlassen hatte. Im
übrigen erklären sich die Unterschiede in der Schilderung der Einnahme Kon-
stantinopels zwischen den beiden Historikern zum Teil durch ihren unterschied-
lichen Betrachtungswinkel: Kantakuzenos erlebte die Einnahme hauptsächlich
von außerhalb, Gregoras von innerhalb der Stadt.
437 Es handelt sich um Johannes Synadenos Marules, den Sohn des Domestikos
Phokas Marules (: oben A.349). Mit den Synadenoi war er durch seine Mutter

309
ANMERKUNGEN: 437-442

verwandt. Während der Regierungszeit Andronikos' III. scheint er ebenfalls mit


wichtigen Ämtern betraut worden zu sein. S. HANNICKISCHMALZBAUER: Die
Synadenoi 146f. Nr. 46.
438 Die Worte, die Theodoros Metochites hier an den jüngeren Andronikos richtet,
zeigen, daß der Großlogothet sich der Lage, in die er und der alte Kaiser hinein-
geraten waren, noch nicht völlig bewußt war und daß er eine erneute Versöh-
nung der beiden Kaiser erhoffte. Im übrigen wollte Metochites damit Androni-
kos d.]. daran erinnern, daß er von Anfang an für eine Aussöhnung der beiden
Andronikoi war; vgl. VAN DIETEN a.a.O. 217 A.240.
439 Nach Gregoras (I 422f.) hatte Andronikos d.Ä. die Ikone der Muttergottes
Hodegetria vor einiger Zeit zum Palast bringen lassen, um in seinen schweren
Stunden vor ihr Trost zu finden. Zu ihr habe er auch Zuflucht genommen, als er
das Getöse der eingedrungenen Soldaten vor dem Palasttor hörte; er habe die
Muttergottes unter heißen Tränen angefleht, sie möge ihn jetzt beschützen und
ihm das Leben retten. Die allmächtige Theotokos habe dann sein Gebet erhört
und sofortige Hilfe geleistet; denn noch während des Gebets habe der jüngere
Andronikos seine Offiziere vor dem Palasttor versammelt und ihnen mit Nach-
druck klargemacht, daß sie sich von der Person seines Großvaters zurückhalten
sollten. Als er nun in den Palast eintrat und seinen Großvater bei der Ikone der
Hodegetria traf, betete er vor der Ikone ehrfurchtsvoll, und umarmte und küßte
dann seinen Großvater. Kantakuzenos ist also hier im Irrtum, wenn er behaup-
tet, Andronikos d.]. habe sich zum Heiligtum der Muttergottes Hodegetria
begeben, um ihr seine Verehrung zu erweisen. Dies war nach Epibatai der Fall:
oben A.212.
440 Nach Gregoras (I 424f.) ließ Andronikos d.]. Esaias auf ein mit einer roten
Decke geschmücktes Pferd steigen und ritt mit ihm zum Patriarchat. Zum
Manganakloster vgl. oben A.346.
441 Der sog. Palast des Konstantinos Porphyrogennetos lag südlich des Blachernen-
palastes. Er wurde während der Palaiologenzeit errichtet. Wenn die Bezeich-
nung richtig ist, dann war er dem Andenken des dritten Sohnes Michaels VIII.,
Konstantinos Porphyrogennetos (: oben A.8) gewidmet. Vgl. ]ANIN: Constanti-
nople 129 f. (der unsere Stelle übersehen hat und daher irrtümlich meint, der an
anderer Stelle des Kantakuzenos erwähnte Palast des Porphyrogennetos müsse
dem Komplex des Großpalastes angehört haben). Vgl. ferner Kritobulos, hist.
1,27.
442 Theodoros Metochites wohnte in Konstantinopel in einem palastähnlichen
Haus. In einem seiner Gedichte, die er später in der Muße des Klosters schrieb,
beschreibt er die Pracht und luxuriöse Einrichtung seines Hauses, freilich in
nicht leicht verständlichen Versen. Vgl. GUILLAND, Rodolphe: Le palais de
Theodore Metochite. REG 35 (1922) 82f. Aus Gregoras (1425 f.) erfahren wir

310
ANMERKUNGEN: 442--443

weitere Einzelheiten über die Zerstörung des Hauses des Metochites, auf wel-
chen, wie es scheint, die ganze Wucht des Zornes des jüngeren Andronikos und
seiner Anhänger sich entlud: «Von frühmorgens bis spätabends sah man an
jenem ganzen Tag, wie der Reichtum der herrlichen Häuser geplündert und
diese sofort zu Trümmerhaufen und zum Spielball des Volkes gemacht wurden,
vor allem das herrliche Haus des Großlogotheten, sowie alle Reichtümer, die in
dem Hause aufbewahrt wurden, und die, welche er zuvor bei einigen seiner
Freunde deponiert hatte. Man fand nämlich die Liste der Freunde, die die
Sachen in Verwahrung genommen hatten, und so wurde alles zur Beute, und
nichts von seinem ganzen Besitz blieb ihm. Ein Teil wurde in die kaiserliche
Schatzkammer gebracht, einen Teil eigneten sich Leute aus dem Volk an. Er
selbst wurde plötzlich zum Bettler samt seinen Kindern, der Mann, der nach
dem Kaiser der glücklichste aller Menschen zu sein schien. Er hatte viele Tage
ein ungeschmälertes Glück genossen, nun mußte er an einem Tag den unver-
mischten Kelch des Schmerzes trinken. Und man konnte hören, wie Kritiker
unter anderem behaupteten, daß Blut und Tränen der Armen sein Vermögen
sei, zusammengetragen und dargebracht von denen, die mit der Verwaltung der
Städte und Landstriche der Rhomäer betraut waren, damit sie unbarmherzig die
unglückseligen Rhomäer wie gekaufte Sklaven ausbeuten konnten ... » (nach
der Übersetzung VAN DIETENS). Kantakuzenos verschweigt also hier, daß meh-
rere Häuser geplündert wurden und daß ein Teil des Vermögens des Großlogo-
theten in die Kasse Andronikos' d.]. wanderte. Vgl. KYRRIS a.a.O. 3021. (wel-
cher als durchaus der Wirklichkeit entsprechend betrachtet, was Gregoras hier
als böswillige Gerüchte über die Herkunft des Vermögens des Großlogotheten
mitteilt); DERs., in: Actes Bucarest II 1831.
443 Das Datum der Einnahme Konstantinopels durch den jüngeren Andronikos ist
auch durch Kurzchroniken überliefert worden; vgl. SCHREINER: Kleinchroniken
I 78 Nr. 19; 92 Nr. 6. Das Datum «19. Mai» unserer Stelle ist offensichtlich
falsch und widerspricht der obigen Angabe des Kantakuzenos (300,11), daß
Andronikos d.]. sich am Pfingstsonntag auf den Weg machte, um die Haupt-
stadt einzunehmen. Den Fehler erklärt LOENERTZ: Chronique breve 43 so, daß
ein Kopist, der die Angabe des Kantakuzenos, der Krieg habe sieben Jahre und
einen Monat gedauert, zu wörtlich nahm und das Datum änderte, damit es mit
dem Anfang des Krieges am 19. April genau übereinstimme. LOENERTz schlägt
daher vor, statt EVVU1:tl Erd ÖExa lieber EVVU1:tl qJ8(vov1:0~ zu lesen. Die Art und
Weise der Entstehung des Fehlers befreit uns aber von der Pflicht, uns an die
überlieferte Zahl zu halten und entsprechend einen seltenen Ausdruck für das
Datum in den Text einzuführen. Statt EVVU1:tl Erd ÖExa mufS man also 1:E1:UQ1:tl
Erd ELXOaLV lesen. Vgl. ferner VAN DIETEN: Gregoras II 2,300 A.254 sowie die
Kurzchronik bei MIONI, E. in: RSBS 1 (1980) 74 Nr. 4.

311
VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN LITERATUR

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SCHILBACH: Metrologie = SCHILBACH, Erich: Byzantinische Metrologie (Byzantinisches
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SCHMALZBAUER: Tornikioi = SCHMALZBAUER, Gudrun: Die Tornikioi in der Palaiologenzeit.
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SCHREINER: Kleinchroniken I,II,III = SCHREINER, Peter: Die byzantinischen Kleinchroniken.
1. Teil: Einleitung und Text. 2. Teil: Historischer Kommentar. 3. Teil: Teilübersetzungen,
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and its Intellectual Background. Princeton 1975.
SEVCENKO: Polemique = SEVCENKO, Ihor: Etudes sur la polemique entre Theodore Metochite
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VERPEAUX: Hierarchie = VERPEAUX, lean: Hierarchie et preseances sous les Paleologues. TM
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319
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WERNER: Kantakuzenos = WERNER, Ernst: Johannes Kantakuzenos, Um ur Pasa und Orhan.
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WERNER: Osmanen = WERNER, Ernst: Die Geburt einer Großmacht - Die Osmanen (For-
schungen zur mittelalterlichen Geschichte, 13). Berlin 1966.
WI1TEK: Mentesche = WITIEK, Paul: Das Fürstentum Mentesche. Studie zur Geschichte
Westkleinasiens im 13.-15. Jh. (Istanbuler Mitteilungen, 2). Istanbul 1934 (Nachdr. Am-
. sterdarn 1967).
ZAKYTHINOS: Crise rnonetaire = ZAKYTHINOS, Dionysios A.: Crise rnonetaire et crise econo-
mique a Byzance du XlIIe au xve siede. L'Hellenisrne conternporain
1947,162-192,259-277,386-399,483-497,564-591; 1948,57-81,150-167 (Die Seiten-
zahlen nach DERs.: Byzance: Etat - Societe - Econornie. London 1973,XI).
ZAKYTHINOS: Despotat I = ZAKYTHINOS, Dionysios A.: Le despotat grec de Moree. Torne I:
Histoire politique (Collection de l'institut neo-hellenique de l'universite de Paris, I). Paris
1932.
ZAKYTHINOS: MEAE-tm Il = ZAKYTHINOS, Dionysios A.: MEAEtm 3tEel. tiiC; OWLXl1tLXiic;
oLmQEoEwc; xal. tiic; rnaQXLaxiic; OWLXYtOEWC; Ev t(!> ßu~aVtLv(!> xQutEL: II. E>QQ.xl1. EEBS
22 (1952) 159-182.
ZRVI = Zbornik Radova Vizantoloskog Instituta 1 (1952).

320
REGISTER

Die kursiv gesetzten Zahlen verweisen auf den Übersetzungstext (S. 15-207), die in Klammern
gesetzten Zahlen auf die Nummern der Fußnoten (zu S. 1-14) bzw. der Anmerkungen
(S. 208-311).

EB. Erzbischof Kg. König


Gern. Gemahlin Kpl. Konstantinopel
Hz. Herzog Mtp. Metropolit
K. Kaiser Ptr. Patriarch

Abaka, mongoI. Fürst 267 (243) Allatius, Leo 273 (269)


Absalom, israel. Königssohn 25 m. (34) Amblyopos 204 m. (434),205
Achrida 188 m. (392), 189 m. (396), 190 Amedeo V., d. Gr., Graf v. Savoyen 136 m.
m. (399), 191, 303 (40lf.) (258)
Adelheid v. Braunschweig-Grubenhagen, Amphipolis 296 (372)
Gern. Andronikos' III. (= Irene Palaiologi- Anagrapheus 305 (414)
na) 44 m. (66),45 m. (67),88 m. (148), Andreas, Mtp. v. Kreta 230 (82)
92,120,136 m. (254), 162, 177, 188 Andronikos I. s. Komnenos
Adrianopel 6, 8, 19, 25, 33 m. (48), 35{., Andronikos 11. s. Palaiologos
69, 71, 76, 82, 88, 92, 95, 100, 121, 125, Andronikos III. s. Palaiologos
132{.,134, 136,243 (123),245 (136),268 Andronikos IV. s. Palaiologos
(250), 307 (422) Angaios 244 (129)
Agrippina, Gern. Claudius' 265 (232) Angelina, Anna, Tochter Alexios' III. 17
Ahitophel 25 m. (34) Angelos, Alexios III. 17 m. (4)
Aigai 300 (383) Angelos, Isaakios 11. 239 (114),265 (233)
Ainardjik 248 (151) Angelos, Johannes, Statthalter v. Kasto-
Aischylos 174 ria 186 m. (386), 187, 189
Ajtos 307 (424) Angelos, Nikephoros 1., Herrscher v.
Akarnanien 19, 76 m. (128) Epiros 19
Akindynos, Gregorios 7, 14 Angelos, Thomas, Sohn Nikephoros' I. 19
Akklamation 138, 206 m. (17)
Akropolites, Georgios, Großlogothet 212 Angelos vgl. auch Metochites
(15), 233 (92) Anna, Gern. des Stephan Uros 11. Milutin v.
Akropolites, Konstantin, Großlogothet 54 Serbien 223 (49)
m. (92) Anna (v. Savoyen) 4f., 6, 8, 136{., 142{.,
Alanen 123 m. (222) 269 (258)
Albaner 190 Anna v. Ungarn, Gern. Andronikos' 11. 17
Alemannen s. Deutsche m. (11),215 (24)
Alexander, Ivan, bulgar. Zar 264 (228) Antidoron 141 m. (279)
Alexander d. Gr. 132 Apanage 3
Alexios III. s. Angelos Aplesphares, Johannes 97 m. (169), 132
Alfonso Fadrique de Aragon 237 (108) Apographeus 120 m. (214), 195 m. (411)

321
REGISTER

Apokaukos, Alexios, Parakoimomenos Aurelian, röm. K. 249 (157)


4-6, 26 m. (41), 38, 50, 86 m. (146), 87, Autokratortitel 216 (27)
177, 182{. Autoreianos, Arsenios, Ptr. v. Kpl. 230
Apros 91 m. (151), 99-102, 104, 248 (77)
(152), 254 (185), 294 (354) Avaren 251 (170), 264 (230)
Aragon 237 (108) Axios s. Vardar
Archimandrit 155 m. (318), 156 Aydin s. Umur
Archon vgl. Megas Archon
Arda, Fluß 268 (249 f.) Bajezid 1., türk. Sultan 248 (154)
Argyros, Isaakios 13 Balagrada 148 m. (304)
Aristoteles 14, 244 (129) Balduin 1., lat. K. v. Kpl. 273 (267)
Armenien 18, 196 Barbysos, Fluß 306 (417)
Arsenios, Ptr. von Kpl. s. Autoreianos Bardales, Leon, Protoasekretis 87 m. (147)
Artaxerxes 211 (8) Bardas, N. N. 57 m. (96)
Artotos 276 (286) Barlaam v. Kalabrien 7, 14
Asan, Andronikos, Schwiegervater des Kan- Basileios 11. 250 (163)
takuzenos, Johannes 262 (218) Basileustitel 9, 216 (27), 270 (262)
Asan, Andronikos, Statthalter der Pelopon- Basilikos, Nikephoros, Statthalter v. Meleni-
nes 236 (107) kon 194 m. (404), 280 (297)
Asan, Ivan 111., bulgar. Zar 226 (68), 241 Batatzes, Johannes 111. Dukas 17 m. (5),22
(119),248 (153),288 (331),304 (407) m. (29), 64, 227 (68), 235 (105), 248
Asanes, Andronikos 248 (153) (154)
Asanes, Konstantinos 194 m. (406f.) Bathynias, Fluß 251 (167)
Asanes, Manuel Komnenos Raul 92 m. Bela IV. v. Ungarn 17 m. (11)
(153) Bera, thrak. Festung 126 m. (233), 129
Asanes, Michael 161 m. (331), 178, 193{. Bermion, Berg 300 (382)
Asanina, Irene, Gern. Johannes VI. Kantaku- Berrhoia 5-7,118,184 m. (378), 185-187
zenos 2, 5, 8, 26 m. (40) Bidyne 124 m. (228)
Asanina, Theodora 69 m. (119) Bizye 99, 136, 249 (156)
Astraion 280 (296) Böotien 237 (108)
Astronomie 46, 228 (71 f.) Boesilas s. Vojslav
Athen 237 (108) Bonifaz v. Montferrat 300 (381)
Athos 9, 108 m. (198), 110 Bottiaia 300 (382)
Klöster Bouillon vgl. Godefroy
Chilandar 294 (356) Brabant s. Maria
Kutlumus 254 (184) Braunschweig( -Grubenhagen) vgl. Adelheid,
Lavra 108 Heinrich 1., Heinrich 11.
Vatopedi 9 (15) Brienne vgl. Gautier
Protos vgl. Isaak Bryennios, N. N., Großdrungarios 189 m.
Athyras, Fluß 239 (116) (394)
Attalos 11. Philadelphos 240 (118) Bryennios, Georgios 125 (.
Attila s. Itiles Bryennios, J ohannes 251 (170)
Attizismus 214 (19) Bryennios, Manuel 46 m. (70)
Atumanos, Simon 1 Büjük Tschekmedsche 240 (116)

322
REGISTER

Bulgaren, -ien 3, 77, 81,98,120-129,132, (112),99, 120 m. (213), 133, 137(., 142,
156,196,200(.,203,214 (19),254 (187), 149, 160(., 207, 267 (246)
264 (230), 265 (236) - vgl. auch Grego- Deabolis 190 m. (398)
nos Demari, Raffo 35 m. (57)
Burgund 143 Demetrios v. Thessalonike, Märtyrer 184
m. (379)
Cäsar, Gailis Julius 1 (2), 226 (65) Depotatos, kirchl. Rang 139 m. (274)
Cernomen 134 m. (250), 144 m. (290), Despotes 9, 17, 138, 141, 213 (17),280
(293)
288 (328)
Chambery 276 (283) Deutsche, Deutschland 44, 74, 123, 143,
Chandrenos, Dux, Schwiegersohn des Mi- 204
chael Glabas 249 (155) Diadem 138(., 141, 222 (45)
Chariupolis 105 m. (187) Diakon 138, 139 m. (272), 140,275 (277)
Chartophylax 172 m. (343) Diampolis 199 m. (423)
Chartularios vgl. Megas Chartularios Didymoteichon 5f., 92 m. (154),98(.,101,
Chazaren 264 (230) 107, 109, 120(., 127, 133, 134, 136,
Chiliarch 133 143(., 146, 149, 176(., 188(., 196,248
Chios 4,7 (153), 256 (193 f.), 279 (290), 302 (393)
Chlamys 273 (268) Dikaiophylax 149 m. (305)
Choniates, Michael 209 (1) Dioiketes vgl. Megas Dioiketes
Choniates, Niketas 209 (1), 216 (26), 220 Diokletianupolis 300 (384)
(39),251 (166), 277 (287) Domestikos 106 m. (189), 139 m. (270),
Chortatzes, Alexios Palaiologos 182 m. 177 m. (356),301 (388) - vgl. auch Groß-
(374), 183 domestikos
Chreles, Stephanos, Großdomestikos 178 Domestikos der kaiserl. Tafel 175
m. (362), 179(., 190(. Domestikos der Scholen des Westens 294
Christodulos 15 m. (1) (356)
Christupolis 26 m. (36), 33, 35, 76, 85, Domokos 237 (108)
117, 179,255 (192) Doria, Ratio 35 m. (55)
Chumnaina,lrene 54 m. (88), 233 (90) Doriskos 265 (236)
Chumnos, N. N., Großstratopedarch 182 Dragutin, Stephan, Bruder des Uros 11. 223
m. (375), 183, 296 (373) (49)
Chumnos, Johannes 289 (335) Drama 178 m. (364),182
Chumnos, Nikephoros 2, 54 m. (89), 286 Drungarios 269 (255) - vgl. auch Groß-
(321), 297 (375) drungarios
Chumnos, Theodoros 297 (375)
Druzina 274 (275)
Claudius, röm. K. 265 (232)
Dukaina, Theodora, Tochter des Johannes
Courtenay s. Katharina
Dukas 269 (255)
Dukas vgl. auch Laskaris, Monomachina,
Daker s. Walachen Muzakios, Palaiologos
Dalmatien 34, 76 m. (128), 85, 177 Dusan, Stephan 5, 6
Daneion 97 m. (166) Dux 147,305 (414)
Datumsangaben im Geschichtswerk 68 m. Dyrrachion s. Epidamnos

323
REGISTER

Edessa 7, 186f. m. (383), 188, 198 ffi. Genua, -esen 4, 7, 8, 35, 50, 225 (55),249
(378), 301 (391), 303 (399), 303 (402) (157),293 (351)
Eduard v. Savoyen 136f. m. (258) Georgios 11. vgl. Terter
Ekklesiarches vgl. Megas Ekklesiarches Gerasimos, Abt 108 m. (193)
Elisabeth v. Ungarn, Gern. des Stephan Uros Gerasimos 1., Ptr. v. Kpl. 54 m. (87), 71 m.
H. ·223 (49) (121),238 (111)
Ennakosia 151 m. (311) Germanen s. Deutsche
Epibatai 3, 118 m. (206), 220 (37), 259 Ghibellinen 270 (258), 276 (283)
(201), 260 (207), 261 (212), 288 (334), Gibilet s. Jean de Tzeplet
310 (439) Giostra 143 m. (287)
Epidamnos 85 m. (143) Glabaina, Theodote 249 (155)
Epikombia 141 m. (282) Glabas, Michael 249 (155)
Epiros 4, 6, 243 (128) Glykys, Johannes 228 (71)
Ernoul de Tzeplet 270 (260) Godefroy de Bouillon 251 (170)
Esaias, Ptr. v. Kpl. 150f., 154-156,157 m. Goten 264 (230)
(263), 169f., 172, 174, 291 (343), 310 Gratianupolis 177 m. (357)
(440) Gratine 294 (357)
Eudoxiupolis 245 (141) Gregoras, Nikephoros 1-3, 7, 46 m. (71),
Eugenia, Nonnenname der Kantakuzene, 209 (H.), 212 (16), 230 (83), 234 (100),
Irene 9 281 (298), 286 (321)
Eukleides v. Megara 15 m. (2) Gregorios 11., Ptr. v. Kpl. 232 (89)
Euripos 16 m. (3) Gregorios, EB. v. Bulgarien 156 m. (320)
Eustathios, Mtp. v. Thessalonike 209 (1), Gn;tser, Jakob 12
297 (377) Gridos, bulgar. Gesandter 131 m. (239)
Exotrochos, Andronikos 57 m. (95), 189 Großdomestikissa 81
m. (395) Großdomestikos 2, 141, 190, 220 (37),
295 (362)
Flor (Blum), Roger de 237 (108) Großdrungarios 189 m. (394)
Frankreich 137, 143 - vgl. auch Karl der Großhetaireiarches 189 m. (395)
Schöne Großkanon 51 m. (82)
Großkonnetabel 45 m. (68)
Großlogariastes 160 m. (325) - vgl. auch
Gabalas, Manuel (= Matthaios, Mtp. v. Kokalas
Ephesos) 7,9 (11),240 (117), 283 (305), Großlogothet 45 m. (69), 212 (15), 233
286 (321) (92) .
Gabras, Michael 2,278 (289),286 (320f.), Großpapias 2, 95 m. (162), 220 (37), 295
289 (335), 293 (350), 295 (361), 308 (367)
(429) Großprimikerios 303 (404)
Galerius, röm. K. 298 (379), 300 (381) Großstratopedarch 69 m. (117), 75, 182,
Gardiki 238 (108) 297 (375)
Garella 91 m. (152), 99 f, 104
Gasmulen 220 (39) Hairnos 264 (229)
Gautier de Brienne, Hz. 237 (108) Hebros, Fluß 133 f, 219 (35), 262 (217),
Gelibolu s. Kallipolis 265 (233),268 (25Of.), 294 (357)

324
REGISTER

Heinrich 1., Hz. v. Braunschweig 44 rn. Johannes I. v. Thessalien, Sevastokra-


(66) tor 223 (49)
Heinrich II., Hz. v. Braunschweig 226 (66) Johannes 111. s. Batatzes
Helepolis, Belagerungsmaschine 264 (225,) Johannes IV. s. Laskaris
Helmos, Berg 226 (64) Johannes V. s. Palaiologos
Herakleia 92 m. (157), 97, 99, 228 (71) J~hannes VI. s. Kantakuzenos
Herculius, Maximianus, rörn. K. 249 (157) Johannes XIV. Ptr. v. Kp/. s. Kalekas
Hesychasmus, -sten 7, 228 (71) Johannes Anagnostes 256 (192)
Hetaireiarches vg/. Großhetaireiarches Joseph v. Ganos 7
Hetaireia, Palastgarde 302 (395) Joseph der Philosoph 28 rn. (46), 29, 55
Hulagu, mongo/. Khan 267 (243) Judas, Apostel 292 (350)
Hunnen 264 (230) Julian, rörn. K. 261 (208), 272 (265)
Hyperboreer 132 Justinian I. 216 (26), 251 (170),298 (379),
Hyrtakenos, Theodoros 2f., 221 (41),277 300 (384)
(288), 289 (335)
Kaballarios, Bardas 175 rn. (351),234 (96)
Ignatios von Srnolensk 256 (192) Kaballarios, Markos 175m. (352), 176
Ikonion 64 rn. (105) Kabasilas, Neilos, Mtp. v. Thessaloni-
Inas, ungar. Heerführer 123 ke 208 (1)
Introitus 139 rn. (272) Kabasilas, Nikolaos 2, 208 (1)
Irene v. Montferrat, Gern. Andronikos' Kabasilas, Theodoros, Logothet 165 rn.
II. 17 rn. (12), 175 rn. (350), 233 (90), (335)
295 (361) Kaikaus II., Izz al-Din, türk. Sultan 64 rn.
Isaak, Pro tos des Athos 110 rn. (198), 116, (105), 297 (378)
118 Kaisar 281 (298)
Isaak 1., s. Komnenos Kaiserinsignien 21, 281 (298)
Isaak 11. s. Angelos Kalchedonier 263 (219)
Isidoros, Ptr. v. Kp/. 6 Kalekas, Johannes XIV., Ptr.v. Kp/. 4 f., 7
Ithaka 222 (46) Kalita, Ivan 1., russ. Großfürst 263 (224)
Itiles 123 rn. (222) Kallikrenites, Michael 52 rn. (84), 71 rn.
Ivan 1., russ. Fürst s. Kalita (122), 72, 87
Ivan 111., Zar von Bulgarien s. Asan Kallinikos, Mönch 33 rn. (50), 34
Ivan, russ. Heerführer 123 rn. (224), 126, Kallipolis 26 rn. (38)
200 rn. (426), 201, 203 Kallistos, Ptr. v. Kp/. 7
Kalochairetes, N.N. 92 m. (158), 94, 97,
250 (160), 261 (165)
Jannina 213 (17) Kalothetos, Leon 4
Jantra, Fluß 262 (229) Karnaris 198, 200f., 203 f., 205 rn. (420)
Jean de Tzeplet, Heerführer 136 rn. (260) Kautakuzene, Helene, Gern. Johannes'
Jeremias, Mtp. v. Thessalonike 107 rn. V. 6, 221 (40)
(193), 108, 297 (376) Kantakuzene, Irene 9
Jo,asaph, Kopist 14 Kantakuzene, Maria 4 m. (9), 221 (40)
Joasaph, Mönchsname des Kantakuzenos, Kantakuzene, N.N., Großmutter des Kanta-
Johannes 8 kuzenos, Johannes 226 (237)

325
REGISTER

Kantakuzene, Theodora, Tochter des Kanta- Komnene vgl. Tornikaina


kuzenos, Johannes 6, 221 (40) Komnenos, Andronikos I. 265 (233)
Kantakuzene, Theodora Palaiologina, Mut- Komnenos, Isaakios, Sebastokrator 209 (4)
ter des Kantakuzenos, Johannes 2, 66, Komnenos, Isaakios, Vater Andronikos'
92 m. (155), 100, 177, 254 (184), 266 I. 265 (233)
(237) Komnenos, Johannes 11. 291 (346)
Kantakuzenos, Andronikos, Sohn des Kanta- Komnenos, Manuell. 213 (17),216 (26)
kuzenos, Johannes 221 (40) Komnenos vgl. auch Palaiologos, Raul
Kantakuzenos, Andronikos, Parakoimome- Komotine 6
nos 21 m. (28) Konstans 11., röm. K. 271 (263)
Kantakuzenos, Johannes VI. passim Konstantin d. GI. 267 (243), 270 (262)
Kantakuzenos, Manuel 221 (40),305 (413) Konstantin VII. Porphyrogennetos 210 (6),
Kantakuzenos, Matthaios 8,221 (40),221 221 (44)
(42), 266 (238), 295 (361) Konstantin 111., PtI. s. Leichudes
Kantakuzenos, N.N., Großvater des Kanta- Konstantin IX. s. Monomachos
kuzenos, Johannes 266 (237) Konstantinopel passim
Kantakuzenos, N. N., Vater des Kantakuze- Örtlichkeiten
nos, J ohannes 2, 65 m. (107), 66 Augustaion 261 (211)
Kapetinger 270 (261) Forum Konstantins 261 (211)
Karl der Schöne, französ. König 270 (261) Galata 7, 10
Karlovo 263 (221) Goldenes Horn 239 (114),251 (170),
Kastelianos (Kastellanos) 198 m. (420), 306 (417)
200, 203 Hippodrom 246 (147)
Kastoria 186 m. (384), 187, 189, 191,224 Kamelogephyra 197 m. (417),207
(53), 303 (399) Kirchen
Katalanen 3, 66 m. (108), 240 (118), 253 Apostel- 269 (255)
(178), 258 (198) Hagia Sophia 49 m. (80), 137,
Katharina v. Courtenay 212 (14) 150f, 233 (90), 261 212)
Katharos s. Palaiologos, Michael Adyton 138, 140 f.
Kaulonia s. Kolonia Katechumena 141 m. (280)
Kavalla s. Christupolis Prothesis 139 m. (273)
Kephalatikion 288 (327) Hodegetria- 207 m. (439)
Kephisos 237 (108) Theotokos- 292 (349)
Kirchenbann 71, 228 (71) Klöster
Kirchenunion 9, 232 (88) Charsianites- 9
Kleidas, Gregorios 149 m. (305), 156, 158 Chora- 296 (369)
Kleidung vgl. Mandyas, Maphorion, Omo- Hodegetria- 14
phorion Lips- 136 m. (255),284 (311)
Klepta 204 m. (433), 307 (425) Mangana- 172 m. (346), 207
Koiton s. Prokathemenos tou koitonos Martha- 9
Kokalas, Georgios, Großlogariastes 160 m. Philanthropos Soter 233 (90)
(325),161, 164f, 169,282 (301) Theotokos Hodegetria 120 m.
Kokkinos, Philotheos, Ptr. v. Kpl. 8 (212),207
Koloneia 190 m. (399) Theotokos Pege 261 (210)

326
REGISTER

(Konstantinopel, Fortsetzung) Ladislaus IV., Kg. v. Ungarn 223 (49)


Mese 120 m. (211) Lamia 238 (108)
Paläste Lampsakos 220 (38)
Blachernen-, ausdrücklich 6,8,196, Laskarina, Irene 17 m. (5, 11)
239 (114),251 (170),310 (441) Laskaris, N.N. 187 m. (388)
«Palast» allgemein 50{., 57, 80, 94, Laskaris, Johannes IV. 17 m. (7)
120,141, 150 m. (309), 151, 172, Laskaris, Manuel Dukas, Domestikos 177
206, 230 (78) m. (356), 301 (388)
des Konstantin Porphyrogennetos Laskaris, Theodoros I. 17 m. (4), 18, 211
207 m. (441) (11),272 (265, 267)
Philadelphion 261 (211) Laskaris, Theodoros II. 17 m. (6), 210 (7),
Stadttore 235 (105)
v. Adrianopel 261 (211) Laskaris - vgl. auch Metochites
Goldenes- 261 (211) Lazaros, Ptr. v. Jerusalem 6
Gyrolimne- 69 m. (114), 174, 196 Leichudes, Konstantin III., Ptr. v. Kpl. 227
Polyandriu- 306 (418) (69)
Romanos- 197 m. (418),262 (213), Lemnos 108 (., 177
291 (349) Leon I. 246 (145)
Turm des Isaakios Angelos 239 (114) Leonidas, Kg. v. Sparta 301 (190)
Konnetabel vgl. Großkonnetabel Lesbos 4, 177
Kontumazialverfahren 55 Libanios 12
Kopsis 122 m. (221), 124-126 Libobiston 179 m. (368)
Korytsa 302 (398) Lipex, Berg 143
Kosmidion 97 m. (170), 252 (171) Lips, Konstantinos, Drungarios 269 (255)
Anargyroikloster 251 (170) Logariastes vgl. Großlogariastes
Kraktes 139 m. (273) Logothet des Stratiotikon 165 m. (335) vgl.
Krenides s. Philippoi auch Großlogothet
Kreta 230 (82) Logus 200 m. (425), 204
Kritobulos v. Imbros 209 (1) Lombardei 175
Krönungszeremoniell 137 ({. m. (263) Ludwig IV. der Baier, K. 309 (435)
Krum, Bulgarenherrscher 245 (141) Lukas, Georgios 180 m. (369), 181
Kumanen 22, 33, 124, 177 m. (354) Lusignan, Amaury de 305 (413)
Kutales, Manuel 290 (343) Lusignan, Guy de 196 m. (413)
Kutales, Gregorios, Chartophylax 172 m. Lusignan, Isabelle de 305 (413)
(343) Luxemburg s. Maria
Kutrules, Demet;ios-Michael 147, 250 Lychnidos 301 (392)
(162), 282 (301) Lydien 69 m. (118)
Kutruvion 299 (380) Lympidarios 97 m. (170)
Kyberiotes, N.N. 172 m. (343f.) Lyon 232 (88)
Kydones, Demetrios 2, 13,208 (1) Lyzikos, Georgios 184 m. (378), 185f
Kydones, Prochoros 13
Kyparissiotes, Johannes 13 Makarios, Mtp. v. Serrai 172 m. (345)
Kypros s. Zypern Makedonien 4, 6, 34, 177, 280 (293), 281
Kyros, Bruder des Artaxerxes 211 (8) (298), 300 (383)

327
REGISTER

Malaria 252 (173) Metochites, Nikephoros 51 m. (83)


Mandragoras 254 (186) Metochites, Theodoros, Großlogothet 45
Mandyas, Prunkmantel 139 m. (273a), m. (69), 46, 51 m. (83), 54, 57, 62(, 65,
140 145-148,198 m. (421), 199, 207 m (438),
Manuell. s. Komnenos 207 m. (442), 212 (14), 228 (70L), 229
Maphorion, Kleidungsstück 140 m. (276) (nL), 232 (89), 233 (91f.), 235 (101),
Maragedik 268 (251) 235 (103 f.), 246 (147), 280 (295), 281
Maria v. Brabant 269 (258) (298), 282 (299), 286 (321), 292 (350),
Marie de Luxembourg 270 (261) 296 (369), 309 (436).
Marko, serb. Kg. 224 (52) Metochitissa,Irene 145 m. (293)
Marmarion 182 Michael IV. Paphlagon 300 (380)
Martinos, bulg. Gesandter 81 Michael VIII. s. Palaiologos
Marules, Johannes Synadenos 206 m. Michael IX. s. Palaiologos
(437), 292 (349) Mistra 10, 11 (20)
Marules, Phokas, Domestikos der kaiserl. Moglaina 149 m. (306) - vgl. auch Niphon
Tafel 175 m. (349), 176,206,276 (281), Mohammed 11. (=Mehmed 11.) 291 (346)
309 (437) Monastir 224 (52)
Matthaios, Mtp. v. Ephesos s. Gabalas, Ma- Mongolen 3,267 (243) - vgl. auch Hulagu
nuel Monomachina, Dukaina 241 (119)
Mavropotamos, fluß 304 (408) Monomachos, Konstantin IX. 291 (346)
Megale Karya 143 Monomachos, Michael, Statthalter v. Thes-
Megara, -enser 15 m. (2),245 (141),263 salien 178 m. (360), 186(
(219) Montferrat s. Bonifaz, Irene, Wilhelm
Megas Archon 292 (349) Morea 305 (413) - vgl. auch Peloponnes
Megas Chartularios 216 (28) Morrha 134 m. (249)
Megas Dioikeres 289 (335) Muzakios, Theodoros Dukas 225 (58)
Megas Ekklesiarches 308 (429) Muzalon, Georgios 210 (7), 233 (91)
Megas Sakellarios 291 (344) Myriarch 133
Megas vgl. auch Großmegas Myroblytes, Demetrios s. Demetrios v. Thes-
Melas, Fluß 69 m. (119),81 m. (136),194, salonike
200,304 (408),305 (412), 305 (415) Myron 298 (379 f.)
Melenikon 145 m. (297), 194 Myser s. Bulgaren
Meliteniotes, Joannes 57 m. (94), 62
Meliteniotes, Manuel 258 (198) Narthex, Abzeichen einer kir chI. Würde
Melnik vgl. Melenikon 139
Mesazon 4, 54, 228 (69), 233 (91), 234 Neai Patrai 237 (108)
(94) Neapolis s. Christupolis
Mesembria 122 m. (219) Neilos 15 m. (1)
Metochites, Alexios 230 (83) Nestos, fluß 253 (176)
Metochites, Demetrios Angelos 51 m. (83), Neutzikon 268 (250)
145 m. (295), 146, 281 (298) Nikaia 232 (88), 240 (117), 273 (267)
Metochites, Georgios 227 (69) Nikaia, Reich v. 210 (6)
Metochites, Michael Laskaris 145(, 230 Nikephoros 1., Herrscher von Epiros 19
(83), 281 (298) Nikephoros 11., Herrscher v. Epiros 4

328
REGISTER

Nikodernos, Mönch 258 (198) Palaiologina, Maria, unehel. Tochter Andro-


Niphon, Bischof v. Moglaina 149 rn. (306), nikos' 11. 267 (243)
156, 158 Palaiologina, Maria-Martha, Schwester Mi-
Nogaj, tatar. Heerführer 267 (243) chaels VIII. 229 (77)
Normannen 298 (379) Palaiologina, Maria-Xene, Gern. Michaels
IX. s. Rita v. Arrnenien
Palaiologina, Maria vgl. auch Tornikaina
Ochrid s. Achrida
Palaiologina, Sirnonis 18 rn. (13), 33, 223
Odryserland (=Thrakien) 33 rn. (48), 80,
(49), 261 (210)
132
Palaiologina, Theodora, Gern. Michaels VIII.
Oinaiotes, Georgios 295 (361)
s. Dukaina, Theodora
Ornophorion, Kleidungsstück 275 (276)
Palaiologina, Theodora, Nichte Michaels
Orchan, türk. Emir 6, 8
VIII. 224 (51), 251 (168)
Orestias s. Adrianopel
Palaiologina, Theodora, Tochter Michaels
Orsini, Nicolo 213 (17)
IX., Gern. Svetoslavs v. Bulgarien 213
(18), 263 (219), 266 (240)
Pachyrneres, Georgios 212 (15), 263 (221), Palaiologina, Theodora, Schwester Androni-
276 (282), 291 (349) kos' III. 18(., 81, 131(.
Palaiologina, Anna, Schwester Andronikos' Palaiologina, Theodora-Theodosia 248
11. 17 rn. (10), 147,250 (162),258 (196) (155)
Palaiologina, Anna, Gern. Andronikos' 111. Palaiologina, Theodora vgl. auch Kantaku-
s. Anna v. Savoyen zene
Palaiologina, Anna, Schwester Andronikos' Palaiologos, Alexios Chortatzes 182 (. rn.
111. 18(. (374)
Palaiologina, Anna, Gern. Andronikos' 11. Palaiologos, Andronikos, Protovestia-
s. Anna v. Ungarn rios 146 rn. (301), 147-149, 160-164,
Palaiologina, Eudokia 17 rn. (10),223 (49) 178, 186-188, 189 rn. (396), 190 rn.
Palaiologina, Eugenia 81 rn. (137), 82, 84, (397), 193, 194 rn. (405),243 (126),282
86(., 217 (29),242 (123) (302), 287 (325), 301 (386)
Palaiologina, Euphrosyne 267 (243) Palaiologos, Andronikos, Großstratope-
Palaiologina, Irene, Gern. des Johannes (En- darch 75 rn. (126),98, 105(., 120, 132,
kel Michaels VIII.) s. Metochitissa 282 (301)
Palaiologina, Irene, Gern. Konstantin Palaio- Palaiologos, Andronikos 11.
logos (Sohn Michaels VIII.) s. Raulaina allgemein 2f., 17-25, 29, 32-38, 41-49,
Palaiologina, Irene, Gern. Andronikos' 11. 51-53, 55(., 58, 60-65, 76, 70-80,
s. Irene v. Montferrat 82-85, 88-94, 105-109, 111-114,
Palaiologina, Irene, Gern. Andronikos' 111. 117-124, 128, 130, 132(., 135-137,
s. Adelheid v. Braunschweig 143-150,152-181,186,193(.,196-198,
Palaiologina, Irene, Schwester Andronikos' 200, 202, 206(., 215 (24)
11. 17 rn. (10),226 (68),241 (119),288 Reden 27(., 30(., 54, 57, 59, 66, 69,
(331),304 (407) 86(.,95(.,110,131,151
Palaiologina, Maria, Tochter des Johannes Palaiologos, Andronikos III.
Palaiologos, Panhypersebastos 145 rn. allgemein 2-5, 10, 18-25, 28, 30,
(294) 34-40,44-47,49,60, 66(., 70, 78(., 81,

329
REGISTER

86,105,106(.,108(.,112,119,121-126, (51), 227 (68), 229 (77), 232 (88 f.), 233
128-132, 137, 142-145, 151, 170-174, (92),250 (162),251 (170),267 (243), 279
177,179,182, 185, 187-189,191-193, (292),281 (198),310 (441)
197 (., 200-207 Palaiologos, Michael IX. 17, 18 m. (14),
in Adrianopel 69, 71, 88, 125, 133, 136 19, 21, 25, 35, 94, 119, 132, 177, 214
in Didymoteichon 92, 98(., 101, 109, (20f.), 215 (23), 215 (25), 221 (43), 224
120, 127, 133 (., 136, 146, 149, 196 (51), 237 (108), 299 (379)
in Thessalonike 183 (., 186, 194, 196 Palaiologos, Michael Katharos 20, 50, 215
Krönung 137 (24f.)
Reden 26(., 29, 31-33, 41-43, 48, 50, Palaiologos, Raul 13
51, 52, 53, 54, 55-56, 57(., 59, 61 (., 63, Palaiologos, Syrgiannes d. Ä. 22 m. (29),
64(., 68, 72(., 74, 75, 76, 80, 82(., 84(., 245 (137)
87, 88-90, 91, 93-96, 97, 100, 102, 103, Palaiologos, Syrgiannes d. J. 3, 22 m.
104,110,111,113(.,115,116-118,127, (29f.), 23, 25(., 34-38, 43, 45, 49, 59, 67,
135, 146, 147(., 149(., 152(., 154(., 69, 72, 74, 84, 86, 88, 90, 92, 97, 98(.,
156(.,159-164,165,166,167,169,175, 104, 121(., 221 (41), 234 (101), 242
176, 178, 180(., 190, 194(., 199 (123), 245 (137), 247 (149 f.), 252 (171),
Palaiologos, Andronikos IV. 10 255 (192),262 (218), 305 (413)
Palaiologos, Demetrios, Sohn Andronikos' Palaiologos, Theodoros, Sohn Andronikos'
11. 18, 178 m. (361), 186, 187 m. (389), 11.17, 175 m. (350),225 (56)
188 Palaiologos, Theodoros, Sohn Michaels
Palaiologos, Johannes, Panhyperseba- VIII. 17 m. (9), 145
stos 145 m. (292f.), 146 m. (298) Palamas, Gregorios 7, 13, 228 (71), 258
Palaiologos, Johannes, Sohn Andronikos' (198)
11. 17 m. (13), 54 m. (90) Palamismus 13
Palaiologos, Johannes V. 5, 8f., 303 (404) Pangaion, Berg 294 (358)
Palaiologos, Johannes Synadenos Komnenos Panhypersebastos 145m. (293)
Dukas, Großkonnetabel 97 m. (168) Pantzos, bulgar. Gesandter 131 m. (239)
Palaiologos, Konstantinos, Sohn Michaels Papias vgl. Großpapias
VIII. 17 m. (8), 145, 215 (24) Parakoimomenos 21 m. (28), 86
Palaiologos, Konstantinos, Bruder Michaels Patrai 147
VIII. 224 (51) Paulus, Apostel 220 (36)
Palaiologos, Konstantinos, Sohn Androni- Paulus, lat. Ptr. v. Kpl. 13, 14
kos' 11. 17, 20 m. (24),94, 95, 107 m. Pelagonia 191 m. (402), 192
(192),108, 118,255 (191),256 (193f.) Pelekanon 278 (289)
Palaiologos, Konstantinos, Großpapias 95 Peloponnes 2, 7, 9f., 60(., 65 m. (107), 66,
m. (162), 108 m. (196) 221 (43),236 (107) - vgl. auch Morea
Palaiologos, Manuel, Bruder Andronikos' Pepagomenos, Georgios 201 m. (429),202
III. 18,19 m. (21) Pepanos, N.N., Befehlshaber der Wache
Palaiologos, Manuel, Sohn Johannes' V. 196 m. (414), 197
8 f. Pepanos, Demetrios 305 (414)
Palaiologos, Michael VIII. 17, 21 m. (27), Pepanos, Theodoros 304 (414)
34,47,64 m. (105),81, 145,210 (7),211 Perikles v. Athen 265 (235), 286 (322)
(8), 211 (9 f.), 214 (20), 215 (24), 224 Perinthos s. Herakleia

330
REGISTER

Perser s. Türken Protoasekretis 87 m. (147)


Pescennius Niger 249 (157) Protopsaltes 273 (270)
Petschenegen 264 (230) Protos (des Athos) 116, 258 (198), 285
Pharsala 238 (108) (318)
Pherai (=Serrai) 5 f., 172 m. (345), 179 m. Protostrator 34 m. (51)
(365),181(.,184(.,187(.,191(.,280 Protovestiarios 146
(295) Protovestiarites 216 (28)
Philadelpheia 54 m. (88), 69 m. (117 f.), Prusa 152 m. (312),284 (314)
71(. Pseudo-Kodinos 271 (263),273 (271),275
Philanthropenos, Alexios 261 (212) (279)
Philes, Manuel 1, 286 (321)
Philipp 11. v. Makedonien 219 (36), 262 Qolba 309 (433)
(217), 294 (358)
Philippoi 178 m. (358), 219 (36) Radiporoi, N.N. 187
Philippupolis 121 m. (217), 122-126, 265 Raul,Isaakios 186 m. (385), 187
(231) Raul, Johannes, Protovestiarios 211 (8)
Philokrene 234 (95) Raul, Manuel 2
Philommates, Andronikos 182 m. (371) Raul vgl. auch Palaiologos
Philotheos, Ptr. v. Kpl. vgl. Kokkinos Raulaina, Irene 211 (8), 279 (293)
Phokaia 7 Referendar 140 m. (277),290 (341)
Phokas, byz. K. 271 (263),272 (265) Rhaidestos 99 m. (178), 104, 136, 254
Phokas, Bardas 274 (275) (187)
Phokas vgl. auch Marules Rhakendytes s. Joseph der Philosoph
Photios, Ptr. v. Kpl. 209 (1),246 (147) Rhegion 97 m. (167)" 151, 154, 156, 174,
Pignoli, Fra Pietro de 75 m. (127) 197,260 (207), 261 (212),284 (310),285
Pinkernes, Titel 301 (386) (316f.), 288 (334),291 (347),309 (433)
Pianos (= Teufel) 165 m'. (335) Rhegion, Vertrag von 3, 259 (201)
Planudes, Maximos 2, 286 (321) Rhodope 98 m. (175), 105(., 120
Pie thron 199 m. (421a) Rhosokastron 199 m. (424)
Plutarch 226 (65) Rita v. Armenien, Gern. Michael., IX. (=
Pologos 34 m. (51), 224 (53) Maria-Xene) 94 m. (161), 95, 108,
Pontanus, Jakob 11 f., 226 (62), 261 (209), 118(.,177(.,212 (14)
269 (258), 276 (284) Rhomäer passim
Potuka 124 m. (231), 125 Ricoldo da Monte Croce 13
Prillapos 34 m. (5lf.), 67 m. (109), 193 (., Roger vgl. Flor
303 (40lf.) Roger, Johannes 202 m. (430)
Primikerios vgl. Großprimikerios Romanos I. 267 (243)
Prokathemenos tou koitonos 241 (122),
305 (414) Sakellarios vgl. Megas Sakellarios
Proklos, Ptr. v. Kpl. 272 (266) Sakkoi 99 m. (181), 104,254 (185)
Prokypsis, Zeremonie 276 (280) Sarazenen 298 (379)
Promosulu 133 Saruchan, türk. Emir 4
Proskynese 28m. (44) Satrap 132
Protallagator 95 Savona 276 (283)

331
REGISTER

Savoyen 136, (258); vgl. auch Amedeo, 160 m. (328), 188-193, 267 (240), 278
Anna, Eduard 142f. (290)
Schilderhebung (des Kaisers) 138 m. (265) Stilbnos 122 m. (220)
Sebastokrator s. Sevastokrator StrandZagebirge 253 (180)
Seldschuken 64 Stratopedarch 240 (117) - vgl. auch Groß-
Selymbria 6,85 m. (141),99, 104f, 108f, stratopedarch
117f, 149, 176f, 249 (156),260 (206) Stratzimir s. Streantzimeres
Senachereim, Johannes 250 (163) . Streantzimeres, Vater des bulgar. Zaren Mi-
Senachereim, Manuel, Protallagator 95 m. chael 124
(163), 108 Strez 280 (297)
Senat, -oren 28,36 m. (60),45, 59, 75, 94, Strumitza 145 m. (296), 193 f., 295 (362)
107,113,138,141, 155f, 166, 171, 195, Strymon, Fluß 182, 280 (297f.)
198 Styx, Fluß 40 m. (64)
Serben, -ien 5,7,77, 145, 177-180, 182, Suleiman, Sohn des Emirs Orchan 8
192-194, 214 (19) Svesde 302 (398)
Sergentzion 99, 104 Svetoslav, Theodor, bulgar. Zar 19 m.
Serrai s. Pherai (18), 78 m. (130), 81, 120, 132, 262
Sevastokrator 138,213 (17),223 (49),248 (215), 263 (219), 266 (240)
(153),280 (293) Synadena, Anna 92
Severus, Septimius, röm. K. 249 (157) Synadena, Eudokia 225 (58)
Sibylle di Bäge, Gern. Amedeos V. v. Sa- Synadenos, Johannes 224 (51), 251 (168)
voyen 269 (258) Synadenos, Theodoros, Protostrator 3, 5,
Siderokastron 237 (108) 34 m. (51),35,36 m. (58),37,43,47-50,
Singidunum (= Belgrad) 262 (217) 53, 56, 60f, 63, 67-69, 72, 75, 84, 89,
Sipylon, Berg 1 (1) 92,97,108 m. (196), 112, 116, 130, 145,
Sirmium 299 (379) 149,172-174, 177, 195-197,200,206,
Sisman, Michael, bulgar. Zar 124 m. 224 (51),251 (168),255 (192),293 (353),
(228), 125-127, 131 f., 144, 193, 195 m. 304 (410)
(412), 199f., 201 m. (427),202 m. (430), Synadenos vgl. auch Marules, Palaiologos
213 (18),251 (169),265 (234),266 (240), Synesios v. Kyrene 209 (1)
278 (290), 308 (428) Syrbanos, Walache 105 m. (188), 106f
Skopelos 199 m. 422) Syrgiannes Palaiologos s. Palaiologos, Syr-
Skoplje 281 (298) giannes d. Ä., d. J.
Skuterioi 142 m. (284) Syrien 270 (260)
Skythen 264 (230), s. a. Tataren Syrigos, Meletios 13
Sliven 265 (231) Sytzigan s. Palaiologos, Syrgiannes d. J.
Soleas 139 m. (269), 140
Sopot 263 (221) Taborlicht 13
Spinola, Argentina 225 (56) Tagaris, Manuel, Großstratopedarch 69 m.
Spinola, Frederico 35 m. (56) (117), 70, 240 (118 f.)
Stenimachos 98 m. (175), 125 Tagaris, Paulos, lat. Ptr. v. Kpl. 240 (117)
Stephan Uros II. Milutin, serb. Zar 33 m. Taitach, mongol. Feldherr 133
(49), 34f., 77 m. (130),223 (50) Tarchaneiotes, Johannes, Domestikos 47
Stephan Uros III., serb. Zar 145 m. (294), m. (77), 106 m. (189)

332
REGISTER

Tarchaneiotes, Nikephoros 229 (77) Toktaj, tatar. Khan 267 (243)


Tarchaneiotissa, Maria-Martha 248 (155) Tonzos, Fluß 219 (35), 306 (423)
Taspugas, mongo!. Feldherr 135 m. (252) Toparch 34,224 (51)
Tataren 124 m. (230), 132-135, 177, 199, Torgan, Toglu, mongo!. Feldherr 133 m.
201 (., 214 (19), 267 (242) - vgl. auch (247)
Skythen Tornikaina, Maria Komnene 233 (92)
Terneres 123m. (222) Tornikaina, Maria Palaiologina 270 (259)
Tenedos 8 Tornikes, Andronikos, Parakoimome-
Terter, Georgios 11., bulgar. Zar 120 m. nos 136 m. (259), 177 m. (355)
(215), 121 (., 124 Tornikes, Isaakios 270 (259)
Thasos 177 Tornikes, Michael 45 m. (68)
Theben 237 (108) Trajan, röm. K. 265 (236)
Theodora v. Bulgarien, Gern. des Theodor Trajanupolis 129 m. (236)
Svetoslav s. Palaiologina Treueid 21 m. (26), 217 (28)
Theodoros I. Laskaris s. Laskaris Triballer s. Serben
Theodoros 11. Laskaris s. Laskaris Trigleia 152 m. (313)
Theodoros Studites 264 (230) Trisagion 138 m. (266), 139
Theodosios d. Gr. 247 (151) Trnovo 124 m. (229),213 (18)
Theodosiupolis s. Apros Türken 2-4, 7, 10, 19 m. (19), 64, 109,
Theoleptos, Mtp. v. Philadelpheia 54 m. 143, 152, 184, 232 (88),237 (108),240
(88),71 m. (122), 72,233 (90),240 (117), (118), 254 (187), 258 (197), 261 (212),
241 (123) 264 (230), 277 (288f.), 284 (314), 299
Thessalien 3, 6, 66, 147, 237 (108), 294 (380),306 (418)
(360) - vg!. auch Johanries Tundza, Fluß 134 m. (251)
Thessalonike passim Turnier 143 m. (287)
Örtlichkeiten Tzamplakon, Alexios, Großpapias 179 m.
Asomatontor 183 m. (377) (367), 182
Chortatteskloster 107 m. (191), 182 Tzamplakon, Arsenios 295 (367)
m. (373), 183, 256 (192) Tzangrai 123 m. (226)
Hagios Demetrios Kirche 278 (289), Tzepaina 98 m. (176), 125
298 (379) Tzeplet s. Ernoul, Jean
Heptapyrgion 297 (378) Tzernomianon s. Cernomen
kaiser!. Palast 185 m. (381), 186-vg!. Tzuruloe (= Tzurulos) 92 m. (156), 97,
auch Demetrios, Eustathios, Jeremias, 109
Neilos Tzykandyles, Manuel 11
Thrakien 3-6,8,23,26,32(.,36(.,45,49,
Umur, Emir v. Aydin 4-6
76,79(.,122,126,133,135(.,177(.,194,
Ungarn (Volk) 264 (230)
235 (101), 241 (120), 246 (144), 247
Ungrovlachen 124 m. (229)
(151), 250 (159), 267 (242), 277 (288),
Uros vgl. Stephan II., Stephan 111.
286 (324) - vgl. auch Odryserland
Uscudama 223 (48)
Thukydides 12, 219 (33), 229 (75), 259
(200) Varäger 140 m. (275)
Tich, Konstantin, bulgar. Zar 263 (219) Vardar (= Axios), fluß 224 (53), 303
Timur, alan. Feldherr 263 (222) (403)

333
REGISTER

Vaspurakan 250 (163) Xantheia 179 m. (364)


Velbuzd 213 (18) Xanthopulos, Nikephoros Kallistos 286
Venedig 12, 50, 193 (321)
Villehardouin, Guillaume 211 (11) Xanthopulos, Theodoros 156 m. (321),
Vladimir v. Kiev 274 (275) 158
Vodena s. Edessa Xerogypsos, fluß 249 (156)
Vojslav 98 m. (172), 122, 124-126, 189,
264 (228), 265 (232)
Vukasin, serb. Kg. 268 (250) Zampea 142 m. (286)
Zarides, Andronikos 251 (164),281 (298)
Walachen, -ei 105, 264 (229) Zarides, Johannes 95 m. (164), 108
Wilhelm IV. v. Montferrat 17 m. (12) Zypern 270 (260)

334
Subskriptionseräffnung:

QUELLEN UND UNTERSUCHUNGEN


ZUR LATEINISCHEN PHILOLOGIE DES
MITTELALTERS
Diese Serie wurde seinerzeit begründet von Ludwig Traube und fortgeführt von
Paul Lehmann in München. In den Jahren 1905-1920 erschienen bei der C. H.
Beck'schen Verlagsbuchhandlung 5 Bände. Unter den Autoren befanden sich be-
deutende Gelehrte. Der letzte Herausgeber, Paul Lehmann, wurde später mit seiner
Parodie im Mittelalter und der fünfbändigen Sammlung Erforschung des Mittelalters
Autor des Verlages Hiersemann. Dieser mittellateinische Akzent im Verlagspro-
gramm wurde späterhin verstärkt durch die jetzt dreibändige Sammlung Mittelalter-
liche Studien von Bernhard Bischoff und eine Festschrift zu Bernhard Bischoffs 65.
Geburtstag, so dann durch die 1980 erfolgte Verlagsübernahme des M ittellateini-
sehen Jahrbuches.
Die Fortführung der Quellen und Untersuchungen nach einer Pause von 60 Jahren
mag zunächst ungewöhnlich erscheinen, sie erfolgt aber auf Anregung aus Fachkrei-
sen und geschieht im Einvernehmen mit dem Verleger der früheren Bände 1-5.
Diese Serie wird nicht mit einer Neuen Folge fortgesetzt, sondern aus praktischen
Gründen im Anschluß an die alten Bände fortgezählt, so daß als erster Band der
Fortsetzung Band 6 erscheinen ist.
Die Serie ist bestimmt zur Aufnahme kritischer Editionen von Werken mittellateini-
scher Literatur und zur Veröffentlichung von monographischen Darstellungen und
Sammelwerken mit Beiträgen aus dem Fachgebiet. - Die Veröffentlichung erfolgt
im Format der früheren Bände (16X24 cm). Der wissenschaftlich hohen Qualität
der Inhalte wird eine angemessene und gediegene Ausstattung in Satz, Druck, Pa-
pier und Einband entsprechen. Für Subskribenten der Reihe ist ein gegenüber dem
Einzelpreis reduzierter Serienpreis festgelegt.

Im Mai 1982 erschien:


Bd. 6 Metellus von Tegernsee: Expeditio Ierosolimitana. Erstausgabe von
Peter Christian Jacobsen. - 1982. XXVI, 247 Seiten. Großoktav (24 cm).
Leinen. ISBN 3-7772-8148-4.
Me.tellus von Tegernsee ist als Verfasser der Quirinalien, einer umfangreichen
Sammlung von Oden und Eklogen zu Ehren des hl. Quirinus und hexametrisch-
satirischer Dichtungen zur Tegernseer Klostergeschichte seit langem bekannt; daß
er sich auch als Epiker versucht hat, zeigt eine bisher nicht veröffentlichte, nicht
minder umfangreiche Dichtung über den 1. Kreuzzug, die anonym in einer Admon-
ter Handschrift des 12. Jahrhunderts erhalten ist. Die von Prof. Dr. J acobsen (Uni-
versität Köln) hier vorgelegte textkritische Erstausgabe der lateinischen Vers dich-
tung ist begleitet von einer Einleitung des Herausgebers zu Person und Werk des
Autors sowie von verschiedenen Indices.

In Vorbereitung (Bandnumerierung in der Reihenfolge des Erscheinens):


Bd. 7 Bischoff, Bernhard: Anecdota novissima. Erscheint 1983. Circa 300
Seiten und 4 Tafeln. Leinenband.
Das lange erwartete Werk des Gelehrten (Prof. emeritus der Univ. München) ent-
hält die Edition von vierundvierzig überwiegend latein!schen, bedeutenden Texten
des 4. bis 15. Jahrhunderts.

Bd.8 Berschin, Walter: Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter.


Erscheint in drei Teilen ab 1984.
Dieses mehrbändige Werk von Prof. Dr. Walter Berschin (Univ. Heidelberg) ent-
hält in Teil I die historische Darstellung der Biographie von der Passio Perpetuae
(202 n. Chr.) bis zu den Gesta Lamberti Stephans von Lüttich (ca. 910 n. Chr.), Teil
II reicht von der Vita S. Geraldi Odos von Cluny (ca. 940) bis zu der Biographie
Thomas Mores. Teil III enthält den Grundriß einer historischen Topik und Herme-
nf'utik mittelalterlicher Biographie, eine Auswahl wichtiger lateinischer Biographien
des Mittelalters in Gruppen, die Bibliographie sowie das Handschriften- und Na-
menregister.

Weitere Bände sind geplant.

Anton Hiersemann, Postfach 723, D-7000 Stuttgart 1

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