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Günther Weiss: Die internationale Stellung Jerusalems.


Abdruck aus : Festschrift zum 75. Geburtstag von Carl Bilfinger.
Köln-Berlin: Carl Heymanns Verlag 1954. 47 S. DM 3, 80.
Seit der Balfour-Erkldrungvom 2. November1917(WI VIII 145)ist die Palastina-Frage
zu einem der schwierigstenv6lkerreebtlichenProblemegeworden,das nach dem V61ker-
bund nun auch die VereintenNationen laufend beschaftigt,ohne dass bisher die M6glich-
keit einer allbefriedigendenL6sungsichtbar gewordenist. Einen Sonderfallstellt die recht-
liche Lage der Stadt Jerusaleminnerhalb des Problemsdar. Der Verf.,derbereits mit Ab-
handlungeniiber "Die Entwicklungder Palastinafrageseit dem Peel-Bericht"(Z. ausl. off.
R. u. VR. IX 382 ff.) und iiber "Die Entstehung des Staates Israel" (ebenda,XIII 146ff.,
786 ff.) hervorgetretenist, untersucht in der vorliegendenSchrift mit grosserGriindlichkeit
und sorgfaltigsterDokumentationdie politischeund rechtlicheStellungJerusalems,ausge-
hend von der Frage, warum dieseStadt Juden, Christenund Muhammedanern(AI-Kuds!)
heiligist. Daher lag es nahe, ihre Internationalisierungzu erstreben, wie dies schon in der
Proklamationdes GeneralsAllenby vom 9. Dczember1917zum Ausdruck kam. Llberalle
entsprechendenVorschlageund Entschliessungenging jedoch die tatsachlicheEntwicklung
brutal hinweg. Was die Peel-Kommission im Juli 1937von ganz Palastina feststellte (Cmd.
5479),das galt auch fur Jerusalem: "Eine unuberbriickbareKluft hat sich zwischenzweina-
tionalen Bevolkerungsgruppen.... aufgetan". Unter diesen Umstanden musste es zur
Teilungdes Landesund auch der Stadt kommen,die von dem dritten Beteiligten,der Chris-
tenheit, mit Trauer hingenommenwurde.
Der Verf.erwahnt,dass der Wortlaut der Waffenstillstandsabkommen von 1949in United
NationsTreaty Series,Vol.42, 251ff. abgedrucktist, woman auch eine Karte von Jerusalem
mit der Waffenstillstandsliniefindet (vgl. WI, N.S., III 268; Stewart Perowne, The One
Remains,London 1953;E. J. Finbert, Israel, London1955und Karl Loewy, Jerusalem,
die zweigeteilteStadt in Z.f. GeopolitikXXV 529).
G. Jäschke

Richard F. Kreutel und Otto Spies : Leben und Abenteuer


des Dolmetschers Osman Aga. Eine türkische Auto-
biographie aus der Zeit der grossen Kriege gegen Österreich.
Unter Benutzung von Vorarbeiten von Heinz Griesbach
ins Deutsche übertragen und erläutert. Bonn: Selbstverlag
des Orientalischen Seminars der Universität 1954. XXX,
188 S., 1 Karte. 12.- DM. (= Bonner Orientalistische
Studien, N. S., Bd. 2).
Das vorliegende,auf einer Bonner Dissertation von 1950 aufgebaute Buch erschliesst
nach dem Vorwort"die einzigeumfangreichereAutobiographieaus der alteren osmanischen
Literatur". Diese enthalt nicht nur eine unterhaltsame Darstellung des wechselvollen
Schicksalseines Kriegsgefangenen,sondern zugleich aus der bewegten Epoche von der
zweiten BelagerungWiens (1683)bis zur Einnahme Belgrads durch den Prinzen Eugen
(1717) "ein Zeitbild von unmittelbarer Lebendigkeit", besonders vom Leben in der
Kaiserstadt Win, gesehen mit den Augen eines Tfrken. Alle Angaben Osmans wurden
bei sehr sorgfaltigen Nachforschungenin Bibliotheken und Archiven nachgepriift ; sie
haben in 385 Anmerkungenihren Niederschlaggefunden. Eine Faksimile-Probeseitedes
einzigen,im British Museumverwahrten Manuskriptsgewahrt einen Einblick in gewisse
Eigentümlichkeitender Sprache des Autors. In einer kurzen Einfuhrung werden die Aus-
wertungsmoglichkeitenseines Erlebnisberichtes auf den verschiedensten Gebieten an-
gedeutet. Dann wird der geschichtlicheHintergrund skizziert und ein dberblick uber das
Leben Osmans und seine vier in nur je einem Ms. erhaltenen Werke geboten, von denen
die Biographie am 18. Mai 1724 vollendet wurde. Einigen Bermerkungeniiber die bei
der deutschen Übertragung befolgten Richtlinien schliesstsich der auch fiir unbefangene
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Leser hochst anregende Text an. Verzeichnisseder vorkommenden Personen, geogra-


phischen Namen und wichtigsten Fachausdrucke sowie der benutzten Literatur bilden
den Abschlussdieser in jeder BeziehungmustergiltigenArbeit.
Die Herausgeberheben mit Recht die Vaterlandsliebedes Verfassershervor. Beachtlich
ist aber auch seine echte Fr6m m i gkei t ,die ihm eine geradezuerstaunliche Charakter-
starke verlieh. So bittet er im Angesicht des Todes um Vergebungseiner Sunden und
um ein Ende im Glauben; er befiehlt sich "in die Hand Allahs" (S. 23, 151).Sein fester
Glaube an das "vorherbestimmte Schicksal" und Allahs "unerforschlichenRatschluss"
gewahrt ihm ein hohes Mass von Geduld (vgl. EI und HI s.v. sabr) und Dankbarkeit
gegen Gott (S. 45, 61, 71, 100, 125, 155).In der Armut, die ihm nach glucklichemUmzug
in die Hauptstadt beschieden war, gedenkt er im Streben nach dem Frieden der Seele
der Tradition "Fur den wahren Glaubigenist die irdischenWelt ein Hollenpfuhl"(S. I7I).
In Anm. 376wird die heutigeoffizielleSchreibungIstanbul "mit der etymologisierenden
Beibehaltungvon nb" (statt mb) als "ein krasser Ausnahmefall"der weitgehendphone-
tischen Orthographiebezeichnet. Ubrigens ist der seit Juli 1932 amtlich allgemeinvor-
geschriebeneGebrauch von "Istanbul" an Stelle von "Constantinople" (WI XV 21) im
Sinne von "Gross-Stambul" verhdltnismdssigjungen Datums. Noch die Munzen des
Sultans MehmedV. Resad weisen Qostantiniye auf, das schon Ibn Battuta hat-neben
Istanbul (Esthamboul) fur "Klein-Stambul" (II 393, 431)1, zu dem noch im 19. Jahr-
hundert die sog. bilad-i seldse(lskiidar, Galata, Eyiib) nicht gehbrten. G. J äschke

Herman H. Kreider: Essentials of Modern Turkish. Wash-


ington: The Middle East Institute, 1954. XII, 328 pp. $ 5.00.
-
DiegrosseZahl von Amerikanernin der Tiirkei Ende 1952allein bei The Joint Military
Aid Missionetwa 1400- und das zunehmendeInteresseder ganzen angelsachsischenWelt
an der Tiirkei machen es erklarlich, dass kurz nach Erscheinenvon "TeachyourselfTurk-
ish" von G. L. Lewis (Bespr. in OMXXXIV 139f.) ein weiteresLehrbuch in englischer
Sprache vorliegt. Es beruht auf Erfahrungen, die der Verf. im Laufe von 15 Jahren im
Unterricht am Robert Collegeund am American Collegefor Girls in Istanbul gesammelt
hat. In 42 Stiickenwerdendie wesentlichenTeile der turkischen GrammatikSchulernohne
sprachliche Vorkenntnisse in mbglichst praktischer Weise nahegebracht. Gedrdngten
Erkldrungen an Hand von Beispielenfolgen ein paar einfache Sdtze aus der Umgangs-
sprache mit einem Verzeichnisder wichtigsten W6rter, Übungen zum Übersetzen ins
Tiirkischebzw. Englische(mit Schlusselfur die Stucke IV-XIX am Ende des Textteiles)
und kurze Lesestiickeaus guten modernen Schriftstellern. Die Halfte des Buches fiillen
ein tiirkisch-englischesund ein engliseh-tiirkischesVokabular aus, die die Benutzung von
Worterbiicherneriibrigen. Den Schluss bildet ein Verzeichnisder bedeutendsten Lander.
Der Druck (von J. J. Augustinin Gliickstadt)und die Ausstattung sind vorziiglich.
Ausser einigen wenigenDruckfehlernsei folgendesbemerkt: (S. i) Das neue Alphabet
wurde 1928 angenommen; (Z. 2 v. u.) lies: between two back vowels ..., between two
front vowelssounds as y in yes; (S. 2-3)1 (sometimeswritten i) resemblingthe vowelsound
in done, son ? ;(S. 3) zum Akzentproblemsei auf die reiche Literatur der letzten Jahrzehnte
verwiesen;(S. 25) besser: absolute case; (S. 59) hinzuzufugen:var ol! may you live long,
welldone!,bravo! (Hony); (S. 71) the adjectiveis seldompluralized?; (S. 135)lies: ?eviyiy;
(S. 163)lies: AmerikaBirlesikDevletleri(richtig :S. 327,vgl. DzsisleriVekdletiYzllagi1953);§
(S. 170)lies: deruhte(so: Sözlük);(S. 173)lies: fayrap, fazilet; (S. 222) lies: mensesehadet-
namesi ;(S. 263) lies: English ingilizcc(richtig: S. 184); (S. 327) lies: Endonezya,Israil,
Kore,Suudi Arabistan.Uneinheitlichist die Grossschreibung:(S. 8) Tiirkfe,(S. 231)tiirkve;
(S. 174) franuz, (S. 269) Fransu. G. J äschke

1 Vorher schon bei den arabischen Geographen, vgl. z.B. Géographie d'Aboulféda,
texte arabe publié ... par M. Reinaud ... et M. le Bon Mac Guckin de Slane (Paris
1840), S. 32, und Atif Erzen, Istanbul �ehrininKurulusu ve Isimleri in : Belleten,
Nr. 70 (April 1954), S. 131 ff.

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