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Kantonsgericht 1 9. Okt. 2023 ,

1. Abteilung

Präsidentin Fankhauser-Feitknecht, Kantonsrichter Wiegandt, Kantonsrichterin Windlin,


Gerichtsschreiber Huser

Beschluss vom 20. September 2023

Pascal N aj ad i, Bahnhofstrasse 21, 6003 Luzern, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Wal-
ter M. Haefelin, Bellevue Rechtsanwälte, Rämistrasse 3, Postfach 1030, 8024 Zürich, Beschwer-
deführer

gegen

1. Staatsanwaltschaft Abteilung 3 Sursee, Centralstrasse 35, Postfach,


6210 Sursee, Anklagebehörde und Beschwerdegegnerin

2. Dr. med. Pius Jakob Ester man n, geb. 29. Juli 1950, von Schötz und Hildisrieden, Fa-
denwegring 19, 6247 Schötz, Beschuldigter und Beschwerdegegner

betreffend Körperverletzungsdelikte

Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Abteilung 3 Sur-


see vom 14. April 2023 (SA3 23 1698 35)

2N 23 69 ES410
-2-

Erwägungen

1.
1.1.
Am 4. März 2023 erstattete Pascal Najadi (nachstehend: Beschwerdeführer) gegen Dr. med.
Pius Jakob Estermann (nachstehend: Beschuldigter) wegen einfacher Körperverletzung, allen-
falls qualifizierter einfacher oder schwerer Körperverletzung Strafanzeige bei der Bundesanwalt-
schaft in Bern. Diese ersuchte die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern mit Schreiben
vom 14. März 2023 um Verfahrensübernahme, welcher stattgegeben wurde. Zuständig für die
Untersuchung war die Staatsanwaltschaft Abteilung 3 Sursee, die am 14. April 2023 die Nicht-
anhandnahme verfügte (Untersuchungsakten [UA] Reg. 3 Bel. 1-6; KG bf.Bel. 2).

1.2.
Der Beschwerdeführer erhob am 6. Mai 2023 mit folgenden Anträgen fristgerecht beim Kantons-
gericht Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom
14. April 2023 (KG amtl.Bel. 1 S. 2):

1. Die beschwerdegegnerische Verfügung vom 14. April 2023 betreffend die Nicht-
anhandnahme des Strafverfahrens sei aufzuheben und es sei die Staatsanwalt-
schaft anzuweisen, eine Strafuntersuchung i.S.v. Art. 300 Abs. 1 lit. b i.V.m.
Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO gemäss der beschwerdeführerischen Strafanzeige
vom 4. März 2023 wegen qualifizierter einfacher Körperverletzung i.S.v. Art. 123
Ziff. 2 StGB sowie wegen schwerer Körperverletzung i.S.v. Art. 122 StGB zu
eröffnen und durchzuführen.

2. Die Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen.

3. Dem Beschwerdeführer sei eine angemessene Entschädigung i.S.v. Art. 429


Abs. 1 lit. a StPO zuzusprechen.

1.3.
Die Oberstaatsanwaltschaft liess sich mit Eingabe vom 26. Mai 2023 vernehmen und beantragte
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Beschwerdeführers die Abweisung der
Beschwerde, worüber dieser orientiert wurde. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine ei-
gene Stellungnahme und schloss sich der Vernehmlassung der Oberstaatsanwaltschaft an (KG
amtl.Bel. 9-11).

1.4.
Die Akten des Beschwerdeverfahrens sind durch die vorinstanzlichen Akten und die vom Be-
schwerdeführer aufgelegten Urkunden ergänzt worden (KG amtl.Bel. 2, 5, 9 S. 4, bf.Bel. 1-7).
Damit ist der vom Beschwerdeführer beantragte Beizug der Vorakten vollzogen (KG amtl.Bel. 1
S. 3 Ziff. 5).

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1.5.
Der Beschwerdeführer ist als Partei des zugrunde liegenden Verfahrens, mit einem rechtlich
geschützten Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids zur vorliegenden Be-
schwerde legitimiert (Art. 382 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO;
SR 312.0]). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten, zumal die weiteren Eintretensvorausset-
zungen zu keinen Bemerkungen Anlass geben.

2.
Nichtanhandnahmeverfügungen nach Art. 31 0 StPO können wie Einstellungsverfügungen von
den Parteien mit Beschwerde gemäss Art. 393 ff. StPO angefochten werden (Art. 382 Abs. 1,
Art. 310 Abs. 2 und Art. 322 Abs. 2 StPO). Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen, die
unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts und Unangemessenheit gerügt
werden (Art. 393 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeinstanz verfügt über volle Kognition. Neue Tat-
sachenbehauptungen und Beweise sind zulässig (BGE 141 IV 396 E. 4.4; BGer-Urteil
18_258/2017 vom 2.3.2018 E. 6).

3.
Der Beschwerdeführer verlangt in der Sache die Eröffnung und Durchführung einer Strafunter-
suchung durch die Staatsanwaltschaft wegen qualifizierter einfacher Körperverletzung und Kör-
perverletzung im Sinn von Art. 123 Ziff. 2 bzw. Art. 122 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs
(StGB; SR 311.0; KG amtl.Bel. 1 S. 2). Dabei handelt es sich um Vorwürfe, die von Amtes we-
gen verfolgt werden.

Nicht angefochten ist die Nichtanhandnahme betreffend die einfache Körperverletzung (KG
amtl.Bel. 1 S. 2), womit es sein Bewenden hat.

3.1.
3.1.1.
Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich
aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen
Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie
sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO).
Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald
aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbe-
stände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a), wenn Verfahrenshin-
dernisse bestehen (lit. b) oder wenn aus den in Art. 8 StPO genannten Gründen auf eine Straf-
verfolgung zu verzichten ist (lit. c). Die Frage, ob ein Strafverfahren über eine Nichtanhand-
nahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip abgeleiteten
Grundsatz "in dubio pro duriore" (Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eid-
genossenschaft [BV; SR 101] und Art. 2 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 310 Abs. 2, Art. 319
Abs. 1 und Art. 324 Abs. 1 StPO). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwalt-
schaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren

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Fällen ergehen. Das ändert nichts daran, dass die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erfor-
derlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung erheblich und konkreter Natur sein
müssen und blasse Gerüchte oder Vermutungen nicht genügen; der Anfangsverdacht soll eine
plausible Tatsachengrundlage haben, aus der sich die konkrete Möglichkeit ergibt, dass eine
Straftat begangen worden ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.2; BGer-Urteile 68_724/2021 vom
10.1.2022 E. 3.1, 68_700/2020 vom 17.8.2021 E. 3.3, 68_472/2020 vom 13.7.2021 E. 2.2.1).
Erforderlich ist gemäss Bundesgericht ein "mittlerer Verdacht" (BGer-Urteil 68_726/2021 vom
25.5.2022 E. 2.1 ). Im Zweifelsfall, wenn die Gründe der Nichtanhandnahme nicht mit hinreichen-
der Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden. Der Grundsatz "in dubio pro
duriore" ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände zu handhaben. Die Staats-
anwaltschaft und die Beschwerdeinstanz verfügen insoweit über einen gewissen Spielraum, den
das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung überprüft (E. 4.1.2; BGer-Urteile 68_67/2022 vom
24.10.2022 E. 2.3.1, 68_291/2022 vom 4.5.2022 E. 3.1).

3.1.2.
Gemäss Art. 123 Ziff. 2 StGB wird wegen einfacher Körperverletzung von Amtes wegen unter
anderem verfolgt, wer die Tat unter Verwendung von Gift begeht.

Den Tatbestand der schweren Körperverletzung von Art. 122 StGB erfüllt, wer vorsätzlich einen
Menschen lebensgefährlich verletzt (Abs. 1 ), den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines
Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Men-
schen bleibend arbeitsunfähig, gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Men-
schen arg und bleibend entstellt (Abs. 2), eine andere schwere Schädigung des Körpers oder
der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verursacht (Abs. 3).

Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt.
Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt
(Art. 12 Abs. 2 StGB). Nach ständiger Rechtsprechung ist Eventualvorsatz gegeben, wenn der
Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält,
aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm
abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 147 IV 439 E. 7.3.1; BGer-Urteil 6B_ 1104/2022
vom 19.4.2023 E. 1.1.2).

3.2.
Soweit sich der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht mit den konkreten Ausführungen in
der angefochtenen Verfügung auseinandersetzt, ist darauf nicht einzutreten (KG amtl.Bel. 1
Ziff. 10-12, 14-17).

3.3.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 6) befasste sich die Staats-
anwaltschaft in der angefochtenen Verfügung nicht blass mit dem Vorwurf der einfachen Kör-
perverletzung, sondern setzte sich auch mit den übrigen Tatvorwürfen auseinander. Aus der

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Nichtanhandnahmeverfügung geht deutlich hervor, dass dem Vorfall zudem kein strafrechtlich
relevantes Verhalten zugrunde liege bzw. die beanzeigten qualifizierten Körperverletzungstat-
bestände eindeutig nicht erfüllt seien. Dazu lieferte die Staatsanwaltschaft eine hinreichende
Begründung. Dem Merkblatt über allgemeine Informationen zur Covid-19-lmpfung des Bundes-
amtes für Gesundheit (BAG) sei eindeutig zu entnehmen, dass Impfungen in der Schweiz frei-
willig seien und eine Impfpflicht nicht vorgesehen sei. Es bestehe somit kein sogenannter Impf-
zwang. Zudem brauche jeder Impfstoff in der Schweiz eine Zulassung und Empfehlung. So hät-
ten auch die Impfstoffe gegen Covid-19 ein Überprüfungs- und Zulassungsverfahren beim
Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic (nachfolgend: Swissmedic) durchlaufen. Die lege
artis durchgeführte Impfung als solche sei zwar ein Eingriff in die körperliche Integrität, der je-
doch durch die Einwilligung des Patienten gerechtfertigt sei. Praxisgemäss seien die impfwilligen
Personen vor der Covid-19-lmpfung von ausgebildeten Fachpersonen über allfällige Nebenwir-
kungen aufgeklärt worden. Anschliessend sei die Identität und Freiwilligkeit bestätigt und die
Einwilligungserklärung abgegeben worden (KG bf.Bel. 2 E. 2). Die Rüge des Beschwerdefüh-
rers ist somit unberechtigt.

3.4.
3.4.1.
Weiter beanstandet der Beschwerdeführer, abgesehen von der Frage nach bestehenden Aller-
gien und eingenommenen Medikamenten habe kein Informationsaustausch zwischen dem für
die Impfung verantwortlichen Arzt und ihm stattgefunden. Von der zwingend vorgeschriebenen
informierten Einwilligung (informed consent) in den invasiven Körpereingriff, mithin in eine Kör-
perverletzung, könne vorliegend keine Rede sein. Weiter sei der Beschwerdeführer weder über
die Wirksamkeit der Covid-lmpfung, also die Immunisierung und Infektiosität, noch über poten-
zielle Nebenwirkungen bzw. allfällige Gesundheitsschädigungen informiert worden - weder
mündlich noch schriftlich. Schon gar nicht habe der Beschuldigte nach Aufklärung vom Be-
schwerdeführer eine schriftliche Zustimmung verlangt (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 8). Damit macht die-
ser geltend, er sei nicht ausreichend über die Risiken der Cpvid-19-lmpfung aufgeklärt worden
und nach seiner Aufklärung sei durch den Beschuldigten keine schriftliche Zustimmung einge-
holt worden.

Die Oberstaatsanwaltschaft hält in ihrer Stellungnahme diesen Ausführungen unwidersprochen


entgegen, dass die in den Impfzentren des Kantons Luzern durchgeführten Covid-lmpfungen
nach einem durch die Dienststelle Gesundheit und Sport vorgegebenen Konzept erfolgt seien,
in welchem im Rahmen des standardisierten Ablaufs insbesondere gestützt auf Informationen
des BAG eine Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen sowie eine Abklärung besonderer
individueller Risiken durch ausgebildete Fachpersonen integriert gewesen sei. Die Bestätigung
der Freiwilligkeit ergebe sich im Übrigen vor dem Hintergrund des fehlenden Impfzwangs aus
der Abgabe der Einverständniserklärung (KG amtl.Bel. 9 Zu Ziff. 8).

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Diese Ausführungen erachtet das Kantonsgericht als zutreffend. Die Covid-19-lmpfung war und
ist freiwillig. Allerdings bedarf es auch bei einer freiwilligen Impfung einer hinreichenden Risiko-
aufklärung, selbst wenn die Impfung öffentlich empfohlen ist, damit die Einwilligung in eine Imp-
fung wirksam ist. Grundsätzlich muss der Betroffene über die Art und die Risiken der in Aussicht
gestellten Impfung so aufgeklärt werden, dass er in Kenntnis der Sachlage einwilligen kann. Es
sei denn, es handle sich um alltägliche Massnahmen, die keine besondere Gefahr und keine
endgültige oder länger dauernde Beeinträchtigung der körperlichen Integrität mit sich bringen
(BGE 117 lb 197 E. 3b). Letzteres ist zwar vorliegend nicht der Fall. Im Zusammenhang mit der
Aufklärung des Beschwerdeführers im Impfzentrum Willisau stellt dieser aber lediglich seine
Sicht des Impfverlaufs jener in der angefochtenen Verfügung gegenüber, was nicht ausreicht.
Denn inwiefern die Begründung in der angefochtenen Verfügung, wonach impfwillige Personen
vor der Covid-19-lmpfung von ausgebildeten Fachpersonen - zum Beispiel vorgängig bei der
Registrierung am Schalter - über allfällige Nebenwirkungen aufgeklärt worden seien, worauf die
Identität und Freiwilligkeit bestätigt sowie die Einwilligungserklärung abgegeben worden seien,
unzutreffend sein soll, wird in der Beschwerde nicht konkret aufgezeigt (KG amtl. Bel. 1 Ziff. 8,
15).

Der mRNA-lmpfstoff, auf den sich der Beschwerdeführer bezieht (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 12), wurde
unter anderem auch von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen. Nach sorg-
fältiger Abwägung von Nutzen und Risiken in der rollenden Begutachtung erteilte auch die
Swissmedic am 19. Dezember 2020 die Zulassung für den ersten Covid-19-lmpfstoff. Ob die
Voraussetzungen für die befristete Zulassung der Covid-19-lmpfstoffe nie gegeben gewesen
seien bzw. die Erteilung und Aufrechterhaltung derselben durch die Swissmedic schlichtwegs
gesetzeswidrig sei, wie in der Beschwerde ausgeführt wird (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 11, 15), ist vor-
liegend für die Beurteilung der Strafbarkeit des Beschuldigten nicht von Belang, da sich Ärzte
auf Empfehlungen und Informationen des BAG und der Swissmedic verlassen durften bzw. dür-
fen. Sie wollen in erster Linie schwere Erkrankungen verhindern und nicht Schaden zufügen.
Das Gleiche gilt auch für die Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Covid-19-lmpfung
als mRNA-Gentherapie und Menschenexperiment sowie Wissensstand betreffend mRNA-lmpf-
stoffe (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 12, 14).

Der Beschwerdeführer scheint davon auszugehen, dass der impfende Arzt mit jeder sich für die
Impfung angemeldeten Person ein obligatorisches ausführliches ärztliches Aufklärungsge-
spräch hätte führen müssen (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 13, 15). Neben der Fachinformation gab und
gibt es weitere, in der Öffentlichkeit verfügbare Dokumente zum Thema Covid-19-lmpfung, die
nicht nur vom BAG, sondern auch von verschiedenen Fachstellen wie den kantonalen Gesund-
heitsabteilungen erarbeitet wurden. Insbesondere ist das in der angefochtenen Verfügung er-
wähnte Merkblatt über allgemeine Informationen zur Covid-19-lmpfung des BAG und dessen
ausführliche Homepage zu nennen. Solche schriftlichen Hinweise haben den Vorteil einer prä-
zisen, ausführlichen und vorliegend auch jeweils aktualisierten Umschreibung des Aufklärungs-
gegenstands. Die Studien und Untersuchungen betreffend Covid-19-lmpfung liefen parallel zu
den Corona-Wellen. Die Forschungsgremien hatten dementsprechend gute Bedingungen und

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konnten untersuchen, ob Erkrankungen mit Beschwerden verhindert bzw. die Schwere vermin-
dert wird. Im Vergleich zu anderen Medikamenten und Impfungen besteht bei der Covid-19-
lmpfung, zusammen mit der nachfolgenden Erfahrung mit sehr vielen Geimpften, eine gute wis-
senschaftliche Grundlage, wobei naturgemäss am Anfang noch nicht alle seltenen Nebenwir-
kungen im Detail bekannt sein konnten. Angesichts der einfach zugänglichen und in den Medien
intensiv verbreiteten Informationen durfte davon ausgegangen werden, dass die sich freiwillig
Impfenden bereits ein gewisses Mass an Informationen hatten.

Zudem kommt vorliegend hinzu, dass der Beschwerdeführer damals im Impfzentrum von Wil-
lisau im Gespräch mit dem Beschuldigten weitere Covid-19-lnformationen hätte erhalten kön-
nen. Jedenfalls behauptet er nicht, diesem Fragen gestellt zu haben (KG amtl. Bel. 1 ). Es er-
scheint lebensnah, dass ein Arzt mit einem impfbetroffenen Patienten kurz spricht, bevor er die
Impfung verabreicht, und diesem die Möglichkeit gibt, Fragen zu stellen. Mit Blick auf die damals
breit geführte öffentliche Diskussion, die Hotlines von Bund und Kantonen, den hohen Informa-
tionsstand über die Covid-19-I mpfung in der Öffentlichkeit und die öffentliche Empfehlung der
Covid-19-lmpfung durfte der Beschuldigte aus dem Schweigen des Beschwerdeführers schlies-
sen, dass kein Bedürfnis nach weiterer Aufklärung bestand. Gesamthaft betrachtet ist erstellt,
dass der Beschwerdeführer auch aufgrund der damals breit abgestützten öffentlichen Covid-
lnformationskampagne hinreichend über die Covid-19-lmpfung aufgeklärt gewesen sein muss
und er die Möglichkeit hatte, Fachpersonen oder dem Beschuldigten weitere Fragen zu stellen,
weshalb die Behauptung des Beschwerdeführers, seine Einwilligung beruhe auf einem Sach-
verhaltsirrtum, entkräftet ist (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 13). Dem Beschuldigten ist somit kein strafba-
res Verhalten vorzuwerfen.

3.4.2.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Verschlechterung seines Gesundheitszustands im
Jahr 2022 sei auf die Covid-19-lmpfung zurückzuführen. Dabei beruft er sich auf Prof. em. Dr.
med. Sucharit Bhakdi, der sich zu den Blutanalysen betreffend den Beschwerdeführer äussert
und aufgrund der mRNA-Substanz, die aus lebensgefährlichen toxischen Eigenschaften be-
stehe, auf dessen lebensgefährliche Verletzung schliesst. Die Testergebnisse würden eindeutig
darauf hinweisen, dass der Beschwerdeführer an einer irreparablen Langzeiterkrankung leide,
die durch das injizierte, von Pfizer/Biontech hergestellte mRNA-Produkt hervorgerufen worden
sei. Alle verfügbaren wissenschaftlichen Beweise - namentlich die deutliche Reduktion des
ATP-Spiegels sowie eine Erhöhung des Markers für eine systemische Entzündung (CRP) - wie-
sen darauf hin, dass die Covid-lnjektionen von Pfizer/Biontech die Lebenserwartung des Be-
schwerdeführers verkürzt hätten (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 9 f., bf.Bel. 4-7).

Vorab ist festzuhalten, dass die Stellungnahme von Prof. em. Dr. med. Sucharit Bhakdi vom
19. März 2023 über weite Strecken eine Beurteilung der mRNA-lmpfung aus seiner Sicht und
ohne konkreten Bezug zum Beschwerdeführer enthält und nicht dargetan ist, dass ihm Gesund-
heitsdaten des Beschwerdeführers aus der Zeit vor der Impfung zur Verfügung standen. Prof.

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em. Dr. med. Sucharit Bhakdi vermag einen kausalen Zusammenhang zwischen der gesund-
heitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers und der Covid-19-lmpfung nicht mit Sicher-
heit zu belegen. Selbst wenn kein Anlass besteht, die Richtigkeit der erhobenen Labordaten
anzuzweifeln, lässt sich doch dem Bericht von Prof. em. Dr. med. Sucharit Bhakdi kein ursäch-
licher Konnex zwischen dem verabreichten Impfstoff und den festgestellten Laborwerten ent-
nehmen. Er beschränkt sich stattdessen auf die Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten, die
mögliche andere Ursachen für die geltend gemachte Erkrankung des Beschwerdeführers zulas-
sen. Bekannt ist, dass Long-Covid-Symptome nicht nur durch die Impfung, sondern auch durch
die Infektion selber ausgelöst werden können. Diesen Aspekt beleuchtet der Beschwerdeführer
in der Beschwerde nicht (KG amtl.Bel. 1 ). Entsprechend ist nicht bekannt, ob er die Infektion
trotz Covid-19-lmpfung erlitten hat und die Long-Covid-Symptome allenfalls auf eine Covid-Er-
krankung zurückzuführen sind. Eine Auseinandersetzung damit erfolgt auch nicht in der Stel-
lungnahme von Prof. em. Dr. med. Sucharit Bhakdi, sondern dessen Ausführungen beziehen
sich einseitig auf die Covid-19-lmpfung als Ursache für die behauptete Long-Covid-Erkrankung
des Beschwerdeführers, was gegen eine objektive Betrachtungsweise der Krankheitssituation
bei diesem spricht. Zudem handelt es sich bei der Stellungnahme nach der konstanten Recht-
sprechung des Bundesgerichts um ein Parteigutachten, das nicht die Qualität von Beweismit-
teln, sondern von einer blassen Parteibehauptung hat (BGE 141 IV 305 E. 6.6.1; BGer-Urteile
68_310/2021 vom 5.10.2022 E. 3.4.2, 68_1424/2020 vom 31.1.2022 E. 1.2). Gemäss unwider-
sprochener Darstellung der Oberstaatsanwaltschaft in deren Vernehmlassung (KG amtl.Bel. 9
Zu Ziff. 9) sind die Thesen von Prof. em. Dr. med. Sucharit Bhakdi in der ärztlichen Wissenschaft
sehr umstritten und mithin entsprechend fragwürdig. Als Bestandteil der Parteivorbringen ist die
erwähnte Stellungnahme so oder anders von geringem Beweiswert, da einerseits private Exper-
tenpersonen regelmässig durch eine Partei instruiert werden, zu dieser in einem Auftragsver-
hältnis stehen und mithin deren Interessen zu wahren haben. Anderseits unterstehen sie auch
nicht den Straffolgen gemäss Art. 307 StGB in Verbindung mit Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO. Vorlie-
gend ist zudem, wie erwähnt, nicht dargetan, gestützt auf welche Informationen die Stellung-
nahme verfasst worden ist.

3.4.3.
Schliesslich erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer gemachten
Ausführungen zum Erfüllen der Tatbestandselemente betreffend die angerufenen Körperverlet-
zungsdelikte (KG amtl.Bel. 1 Ziff. 16 f.), da es vorliegend einzig um die Thematik geht, ob die
angefochtene Verfügung aufzuheben und die Strafsache zwecks Eröffnung einer Strafuntersu-
chung gegen den Beschuldigten an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen sei. Ohnehin be-
stünde kein Anlass zur Prüfung der Tatbestandsmässigkeit, da kein strafbares Verhalten des
Beschuldigten erstellt ist.

3.5.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

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4.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens
oder Unterliegens. (Art. 428 Abs. 1 StPO; BGer-Urteil 6B_ 1496/2020 vom 16.12.2021 E. 5.2 mit
Hinweisen).

Die Gebühr vor Kantonsgericht wird in Anwendung von§ 1 Abs. 1 und§ 21 lit. b der Verordnung
über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (JusKV; SRL Nr. 265;
Kostenrahmen: Fr. 500.-- bis Fr. 5'000.--) und unter Berücksichtigung, dass zwei praktisch iden-
tische Fälle zu beurteilen waren, auf Fr. 1'800.-- festgesetzt. Sie wird ausgangsgemäss dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt.

Der Kostenentscheid präjudiziert die Entschädigungsfrage. Wer im Beschwerdeverfahren ob-


siegt, hat demnach grundsätzlich Anspruch auf eine Parteientschädigung; wer unterliegt, hat
seine Aufwendungen selber zu tragen (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2; Wehrenberg/Frank, Basler
Komm., 3. Aufl. 2023, Art. 436 StPO N 6).

Ausgangsgemäss hat daher der Beschwerdeführer seine Aufwendungen selber zu tragen.

Dem Beschuldigten entstanden im Beschwerdeverfahren keine Aufwendungen.

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Demnach beschliesst das Kantonsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Gerichtsgebühr im Beschwerdeverfahren von Fr. 1 '800.-- wird mit der vom Beschwerdefüh-
rer geleisteten Sicherheitsleistung in gleicher Höhe verrechnet.

Es werden keine Entschädigungen ausgerichtet.

Der vorinstanzliche Kostenspruch wird bestätigt, wonach die Kosten zulasten des Staats gehen.

3.
Gegen diesen Beschluss kann innert 30 Tagen nach den Bestimmungen des Bundesgerichts-
gesetzes beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerdeschrift ist im Doppel einzureichen. Sie muss einen Antrag und dessen Begrün-
dung enthalten. Der angefochtene Beschluss und die Beweisurkunden sind beizulegen.

4.
Dieser Beschluss wird zugestellt an:
- Parteien
- Oberstaatsanwaltschaft

Kantonsgericht
1. Abteilung

ankhauser-Feitknecht Huser
Präsidentin Gerichtsschreiber

Versand: 1 ß, Okt, L023

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