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Bienenhaltung und Imkerei

in Deutschland
Bestandsaufnahme und Perspektiven
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

INHALT 1 Einleitung 4

2 Bienenhaltung 6
2.1 Bedeutung der Bienenhaltung und Imkerei in Deutschland 7
2.2 Honigproduktion in Deutschland 7
2.3 Bestäubungsleistung 7
2.4 Wildbienen und weitere heimische Bestäuberarten 7

3 Rechtlicher Rahmen 8

4 Länder-Aufgaben und Bienen-Institute 10

5 Aktuelle Probleme der Imkerei in ­Deutschland 12


5.1 Bienenverluste / Bienengesundheit 13
5.2 Pflanzenschutz 13
5.3 Bienenernährung 13
5.4 Nachwuchsförderung 14
5.5 Berufliche Aus- und Fortbildung 14
5.6 Belastung von Honig und Pollen durch ­Schadstoffe 14

6 Laufende Maßnahmen 16
6.1 Bienenerzeugnisse /-produkte – Markt 17
6.2 Förderung 17
6.3 G
 emeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
(GAK) 17
6.4 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 18
6.5 Bienenmonitoring / Bienengesundheit / Bekämpfung von Parasiten 18
6.6 Tierarzneimittel (TAM) 18
6.7 Impfung 19
6.8 Bienen und neue genomische Techniken 19
6.9 Bienenzucht / Bienenhaltung 19
6.10 Ökologischer Landbau 20
6.11 Pflanzenschutz / Bienenschutz 20
6.12 Nationales Fachprogramm Mikroorganismen und Invertebraten des BMEL 21
6.13 Forschung 21
6.14 Innovations-Forschung über die Landwirtschaftliche Rentenbank 21

2
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

7 Neue Maßnahmen und Lösungsvorschläge 22


7.1 Vorbemerkung 23
7.2 Pflanzenschutzmittel 23
7.3 Bienenforschung / Bienengesundheit 23
7.4 Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) 24
7.5 I nsektenschutzgesetz und Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der ­Agrarstruktur
und des Küstenschutzes (GAK) 24
7.6 Sonn- und Feiertagsfahrverbot 24
7.7 Förderung von Honigbienen und Wildbienen 25
7.8 Bienen als Bestäuber 26

8 Öffentlichkeitsarbeit 28
Initiative „Bienen füttern!“ 29

9 Fazit 30

Impressum 32

3
1
Einleitung
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Einleitung
Honig- und Wildbienen sind von großer Bedeutung für den
Obst-, Gemüse- und Ackerbau und für die Artenvielfalt
unserer Ökosysteme. Durch ihre Bestäubungsleistung sorgen
sie für wichtige Erträge in der Landwirtschaft und tragen dazu
bei, dass auch viele Wildpflanzen Früchte tragen und sich ver­
mehren. Eine nachhaltige Bienenhaltung und Imkerei sowie
eine nachhaltige und insektenfreundliche Landwirtschaft mit
weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz sind essenziell, um Honig-
und Wildbienen gesund zu halten und wichtige Lebensräume
zu bieten. Gemeinsam mit Bund und Ländern unterstützt das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
verschiedene Maßnahmen zum Bienenschutz.

Die vorliegende Broschüre analysiert insbesondere die aktuelle Situation der Bienen-
haltung und Imkerei in Deutschland, fasst bisher Erreichtes zusammen, beschreibt
Problembereiche und formuliert Maßnahmen für die Zukunft, damit eine nachhaltige
Bienenhaltung und Imkerei in Deutschland dauerhaft gesichert werden kann. Imke-
rinnen und Imker, Landwirtinnen und Landwirte sowie interessierte Bürgerinnen und
Bürger erhalten einen Überblick über Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten,
um Honigbienen, aber auch Wildbienen zu schützen und zu erhalten.

Auch wenn der Fokus auf der Honigbiene liegt, werden auch Auswirkungen auf die
teilweise stark gefährdeten Bestände an Wildbienen inklusive Hummeln betrachtet.
Sie tragen neben der Honigbiene erheblich zur Bestäubung bei. Untersuchungen
zeigen, dass der Wert der Bestäubungsleistung aller Bienenarten den der Honigpro-
duktion durch die Honigbiene um ein Vielfaches übersteigt. Außerdem wächst die
Sicherheit der Bestäubungsleistung deutlich mit der Anzahl der an der Bestäubung
beteiligten Arten.

Neben der domestizierten Honigbiene existieren in Deutschland weit über 500 ver-
schiedene Wildbienenarten. Dank dieser großen Vielfalt, die mit unterschiedlichen
Präferenzen, Flugzeiten und Witterungsabhängigkeiten einhergeht, sind bestimmte
Insektenarten, wie zum Beispiel Wildbienen, oftmals die effizienteren, teilweise die
einzigen Bestäuber bestimmter Blütenpflanzen. Sie tragen somit zusätzlich und
erheblich zur landwirtschaftlichen Wertschöpfung bei.

Die Wissenschaft schätzt den ökonomischen Wert der Bestäubung durch Honig-,
Wildbienen und andere Insekten weltweit auf 70 bis 100 Milliarden Euro und in
Deutschland auf etwa 2,5 Milliarden Euro. Zu den wichtigsten Nutzpflanzen, die
bestäubt werden, gehören Obstbäume, Raps, Sonnenblumen, Erbsen, Bohnen, Paprika,
Tomaten, Gewürzkräuter, Wein und Getreide. Neben Rind und Schwein gehört die
Biene also zu den drei wichtigsten „Nutztierarten“. Um so wichtiger ist es, sie gesund
zu erhalten und zu schützen.

5
2
Bienenhaltung
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

2.1 Bedeutung der


den Wert der Honigproduktion um das 10- bis 15-Fache.

­Bienenhaltung und
Ohne die Insektenbestäubung würde sich die Weltagrar-
produktion stark verändern, mit entsprechenden Konse-

­Imkerei in Deutschland
quenzen für die Ernährung der Bevölkerung. Die Bedeu-
tung der Insektenbestäubung für die landwirtschaftliche
Wertschöpfung variiert zwischen angebauten Kulturen
und weist somit regionale Unterschiede auf: Während
In Deutschland bewirtschaften rund 135.000 Imker über die Produktion vieler Grundnahrungsmittel wie Getreide
950.000 Bienenvölker. Für die wenigsten Imker allerdings und Reis nicht von der Insektenbestäubung abhängig ist,
lohnt sich eine Haupt- oder Nebenerwerbstätigkeit. Etwa bedürfen aber vor allem wertvolle vitamin- und mineral-
99 Prozent der Bienenhaltenden betreiben die Imkerei als stoffreiche Nahrungsmittel wie Obst, Nüsse und Gemüse
Hobby. Dagegen sind etwa 1 Prozent hauptberuflich als eine Bestäubung durch Insekten.
Imker tätig.
Dem geschätzten wirtschaftlichen Wert der Bestäubung
Der Deutsche Imkerbund e.V. (D.I.B.) ist als Vertreter der steht vielfach keine entsprechende Honorierung gegen-
Freizeit- und Nebenerwerbsimker mit 132.000 Mitgliedern über. Die Vergütung der Imkerinnen und Imker findet
mit 880.000 Bienenvölkern der größte Verband in diesem also weit überwiegend über den Verkauf des Honigs statt.
Bereich. Als bundesweiter Dachverband gliedert er sich in Nur in ganz wenigen Regionen Deutschlands findet auch
19 Landesverbände. eine Vergütung der Bestäubungsleistung durch Honig-
bienen über Bestäubungsprämien statt. Im Vergleich zu
Daneben vertritt der Deutsche Berufs- und Erwerbsimker- anderen europäischen Ländern spielt die reine Bestäu-
bund e.V. (DBIB) schwerpunktmäßig die Interessen der etwa bungsimkerei hierzulande nur eine untergeordnete Rolle.
1.200 Berufs- und Nebenerwerbsimker in Deutschland.
Aufgrund der sich stetig verändernden Umweltbedingun-
gen ist die Bienenhaltung mit neuen Problemen konfron-

2.2 Honigproduktion
tiert, die für eine zukunftsfähige Imkerei gelöst werden
müssen (siehe Kap. 7.6 und 7.7).

in Deutschland
2.4 Wildbienen und
­weitere heimische
Die Imkerei hat sich in Deutschland in den letzten Jah-
ren konsolidiert und zeigt einen stetigen Aufwärtstrend.

­Bestäuberarten
Die seit 2013 kontinuierliche Zunahme der Anzahl der
Bienenvölker befindet sich aktuell auf dem höchsten
Stand seit 2002.

Auch die Honigproduktion hat in Deutschland seit 2008 Neben der Honigbiene kommen in Deutschland
stetig zugenommen und erreicht aktuell einen Höchst- ca. 590 Wildbienenarten, einschließlich der rund 40 Hum-
stand seit 1995. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von nun- melarten, vor. Zusammen mit weiteren Insektenarten
mehr etwa einem Kilogramm ist der Selbstversorgungs- wie Schmetterlingen und Fliegen sorgen sie für die
grad im letzten Jahr auf ca. 30 Prozent gestiegen. Bestäubung wilder und in der Landwirtschaft kultivierter
Blühpflanzen. Die verschiedenen Bestäuberarten haben
z.T. ganz unterschiedliche Habitatansprüche, insbeson-

2.3 Bestäubungsleistung
dere im Hinblick auf Nist- und Nahrungsressourcen. Um
eine Insektengemeinschaft von hoher Biodiversität und
mit hoher Bestäubungsleistung zu erhalten, ist eine konti-
nuierliche Verfügbarkeit vielfältiger Blühressourcen über
Rund 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanze- die gesamte Bienensaison essenziell.
narten sind auf Honigbienen, Wildbienen und andere In-
sekten als Bestäuber angewiesen. In Deutschland beträgt Teilweise werden Hummel- und Wildbienenarten bereits
nach Angaben des Deutschen Imkerbundes e.V. (D.I.B.) als Bestäuber in landwirtschaftlichen Kulturen kommer-
der ökonomische Nutzen der Bestäubungsleistung durch ziell genutzt. Sie stellen Forschungsschwerpunkte der Bie-
Insekten etwa 2 Milliarden Euro im Jahr. Damit übersteigt nenforschungsinstitute der Länder und des Bundes dar.
der volkswirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung
7
3
Rechtlicher
Rahmen
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Maßnahmen zur Verbesserung der Erzeugungs- und


Vermarktungsbedingungen von Bienenzuchterzeugnis-
sen werden in einem EU-Programm gefördert.

Das EU-Tiergesundheitsrecht und das nationale Tierge-


sundheitsrecht enthalten Maßnahmen zur Vorbeugung
und Bekämpfung von Tierseuchen, darunter die Regis-
trierungspflicht für Tierhaltungsbetriebe, einschließ-
lich Imkereien. Die Bienenseuchenverordnung enthält
zudem spezifische Maßnahmen zur Vorbeugung und
Bekämpfung bestimmter Bienenkrankheiten.

Bei der EU-einheitlichen Zulassung von Pflanzenschutz-


mitteln werden die Umwelt- und auch die Bienenver-
träglichkeit geprüft.

Die Aus- und Fortbildung von Fach- und Führungskräf-


ten in der Imkerei (Tierwirt/in – Fachrichtung Imkerei
bzw. Tierwirtschaftsmeister/in – Fachrichtung Imkerei)
ist in Verordnungen, die auf dem Berufsbildungsgesetz
aufbauen, festgelegt. Das neue EU-Tiergesundheitsrecht
verpflichtet im Übrigen alle Tierhalter zum Sach-
kundeerwerb in Bezug auf die gehaltenen Tiere, ohne
Unterscheidung hinsichtlich des Zwecks der Haltung.

Im Rahmen der Entwicklung eines Bienenprogramms


ist das EU-Beihilferecht zu berücksichtigen. Die beihilfe­
rechtliche Zulässigkeit der denkbaren Maßnahmen ist
jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen.

9
4
Länder-
Aufgaben und
Bienen-
Institute
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Auf Grund der enorm steigenden auch politischen Be-


deutung des Bienenschutzes für die Biodiversität wurde
auf Bundesebene im Jahr 2016 beim Julius-Kühn-Insti-
tut (JKI) in Braunschweig das Institut für Bienenschutz
gegründet. Dieses Institut hat die Aufgabe, alle mit dem
Schutz der Bienen (einschließlich der Wildbienen)
zusammenhängenden Fragen – mit Ausnahme der Bie-
nengesundheit, wofür weiterhin das Friedrich-Loeffler-
Institut (FLI) zuständig bleibt – wissenschaftlich zu VON DIESEN 22 INSTITUTIONEN
bearbeiten und das BMEL zu diesen Themen fachlich zu SIND ACHT LÄNDER-BIENEN­
beraten. INSTITUTE. ES SIND DIES:

Entsprechend der nach dem Grundgesetz bestehenden → L AVES Bienenkunde Celle im Niedersäch-
Zuständigkeitsteilung zwischen Bund und Ländern fällt sischen Landesamt für Verbraucherschutz
die Überwachung der Umsetzung der Aus- und Fort- und Lebensmittelsicherheit
bildungsregelungen sowie die Organisation der Durch- Postfach 3949
führung von Aus-, Fort- und Weiterbildung aber in die 26029 Oldenburg
Verantwortung der Länder (Zuständige Stellen und
Behörden). → Bieneninstitut Kirchhain des Landes­
betriebs Landwirtschaft Hessen
Dies trifft auch für Fragen der Beratung und Information Erlenstr. 9
von Personen, die die Imkerei als Beruf oder Hobby 35274 Kirchhain
betreiben, sowie für weitere potenzielle Interessenten an
der Imkerei zu. → Institut für Bienenkunde Oberursel der
Goethe-Universität Frankfurt / M.
Als EU-Anteil des EU-Förderprogramms „zur Verbesse- Karl-von-Frisch-Weg 2
rung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen 61440 Oberursel
für Bienenerzeugnisse“ werden in Deutschland im
Rahmen des aktuellen 3-Jahres-Programms (2020, → Landesanstalt für Bienenkunde der
2021, und 2022) rd. 1,6 Mio. Euro jährlich zur Verfügung ­Universität Hohenheim
gestellt. Zusammen mit der Kofinanzierung der Länder Erna-Hruschka-Weg 6
steht im nationalen Programm ein Finanzvolumen 70599 Stuttgart
von insgesamt rund 3,2 Mio. Euro zur Verfügung. Die
Bundesländer, die auch die erforderliche Kofinanzierung → Länderinstitut für Bienenkunde
erbringen, führen die Maßnahmen durch. Hohen Neuendorf e.V.
Friedrich-Engels-Str. 32
In der „Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenfor- 16540 Hohen Neuendorf
schung e.V.“ sind 22 staatliche und private Forschungs-,
Beratungs- und Untersuchungseinrichtungen im → Fachzentrum für Bienen und Imkerei
Bereich der Bienenkunde zusammengeschlossen. Diese Mayen des DLR Westerwald-Osteifel
Einrichtungen sind über das gesamte Gebiet der Bun- Im Bannen 38–54
desrepublik Deutschland verteilt und widmen sich der 56727 Mayen
Grundlagen- und angewandten Forschung, der Beratung
und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Aus- und Weiterbil- → Landwirtschaftskammer NRW
dung von Personen, die Imkerei betreiben. ­Aufgabengebiet Bienenkunde
Nevinghoff 40
48147 Münster

→ Bayerisches Institut für Bienenkunde


Veitshöchheim der Bayer. Landesanstalt
für Wein- und Gartenbau
An der Steige 15
97209 Veitshöchheim

11
5
Aktuelle
Probleme der
Imkerei in
Deutschland
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Die Imkerei hat sowohl eine hohe ökologische als auch gefährlich eingestufte Pflanzenschutzmittel (Stufe B 1)
ökonomische Bedeutung. Um diese Bedeutung zu erhal- nicht auf blühende Pflanzen ausgebracht werden. In die
ten, haben die Imker erhebliche Probleme zu bewältigen: Klasse B 2 eigestufte Mittel dürfen nur nach dem Ende
des täglichen Bienenfluges in dem zu behandelnden Be-
stand bis 23.00 Uhr (MEZ) angewendet werden. Aufgrund

5.1 Bienenverluste/­
der durch die Zulassung festgelegten Anwendung (z. B.
Beizen) werden bei B 3-Mitteln Bienen nicht gefährdet.

Bienengesundheit
Pflanzenschutzmittel mit der Kennzeichnung B 4 sind
nicht bienengefährlich.

Im Julius-Kühn-Institut ist seit langem eine spezielle


Die Gesundheit der Honigbienen ist Voraussetzung für Arbeitsgruppe eingerichtet, die Schäden bei Bienenvöl-
eine ertragreiche und nachhaltige Honigproduktion. Sie kern untersucht (Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesfor-
wird durch eine Vielzahl von Krankheiten beeinflusst, schungsinstitut für Kulturpflanzen, Messeweg 11/12,
verursacht durch Bakterien, Pilze, Parasiten und Viren, 38104 Braunschweig. Organisatorisch ist die „Bienenver-
die weltweit erhebliche wirtschaftliche Verluste her- giftungsstelle“ im JKI an das Bienenschutzinstitut ange-
vorrufen. Vor allem Fehler bei der Haltung, aber auch bunden. Die konsequente Meldung von Verdachtsfällen
bestimmte Umweltbelastungen können einen negativen auf Vergiftung durch Imker sollte auch eine möglichst
Einfluss auf die Bienengesundheit haben. regelgerechte Beprobung und Zurverfügungstellung der
Proben und Angaben zum Sachverhalt umfassen. Im
Seit 2004 wird ein vom BMEL gefördertes bundesweites direkten Kontakt mit der Vergiftungsstelle, die ebenfalls
Bienenmonitoring (DeBiMo) von den Bieneninstituten in Braunschweig ansässig ist, können Fragen zu Proben
durchgeführt, um die Ursachen für Bienenvölkerverluste und Transport zeitnah geklärt werden
aufzuklären und einen umfassenden jährlichen Über- → bienenuntersuchung.julius-kuehn.de/
blick über die Situation der Bienenhaltung und den Zu-
stand der Bienenvölker zu geben, u. a. über das Auftreten Es ist überaus wichtig, dass alle Schadensfälle mit
von Parasiten und Bienenkrankheiten. Deutschlandweit Verdacht auf Vergiftungen von den Imkern an das JKI
werden ca. 110 Imker*innen regelmäßig aufgesucht und gemeldet werden. Nur so ist es möglich, die Ursache
Daten zur Entwicklung der Völker, zu Parasiten, Krank- der Schäden zu ergründen und konsequent gegen diese
heiten, Pflanzenschutz- und Biozidmaßnahmen, Tracht, vorzugehen.
Klima etc. erfasst und mit eventuellen Bienenvölkerver-
lusten in Beziehung gesetzt. Dabei wurde u.a. festgestellt,

5.3 Bienenernährung
dass der Befallsgrad der Bienenvölker mit der Milbe
Varroa destructor und mit dieser Milbe assoziierten
Viren – insbesondere das Flügeldeformationsvirus (DWV
= Deformed Wing Virus) – den Hauptfaktor für die Höhe
der Überwinterungsverluste darstellt. Seit etwa 30 Jahren ist ein signifikanter Rückgang bei
vielen Wildbienenarten in Mitteleuropa insgesamt
zu beobachten. Bei den Honigbienen (Zahl der Völker

5.2 Pflanzenschutz
und Bienen) ist seit 2007 erfreulicherweise wieder eine
Zunahme der Zahlen zu beobachten. Hier hatten die
vielfältigen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, die
seither – u.a. durch das BMEL – ergriffen wurden (Aktion
Nicht nur zum Schutz der Bienen müssen Anwender Bienen füttern, Blühpflanzenbroschüre, aber auch
von Pflanzenschutzmitteln bestimmte Vorkehrungen GAP-Reform) zum Erfolg beigetragen. Dennoch klagen
treffen, um u. a. Bienen vor unerwünschten Wirkun- Imker vereinzelt noch immer über Schwierigkeiten, ihre
gen zu schützen. So wird bereits bei der Zulassung von Völker nach Abblühen der landwirtschaftlichen Haupt-
Pflanzenschutzmitteln die Gefährdungsklasse hinsicht- trachten zu ernähren.
lich der Bienengefährlichkeit festgelegt. Einzuhaltende
Risikominderungsmaßnahmen verhindern, dass Bienen Mit der Eiweißpflanzenstrategie (EPS) soll der Legumi-
in Kontakt mit den Pflanzenschutzmitteln kommen nosenanbau in Deutschland gefördert und die Anbauflä-
oder gar Schäden erleiden. Die Bienengefährdungsstu- chen wieder ausgedehnt werden. Ein verstärkter Anbau
fen werden durch die Verordnung über die Anwendung von Leguminosen leistet einen wichtigen Beitrag zum
bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel (Bienenschutz- Schutz, zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der
verordnung) geregelt. Grundsätzlich dürfen als bienen- biologischen und genetischen Vielfalt sowie der Vielfalt

13
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

der Agrarökosysteme. Durch ihr großes Blütenange- auf der Basis des durch die Kultusministerkonferenz
bot liefern sie Nahrung für die Generalisten unter den beschlossenen Rahmenlehrplans für den Ausbildungs­
bestäubenden Insektenarten wie Honigbienen oder beruf Tierwirt/Tierwirtin.
Hummeln.
Für die weitere berufliche, aber auch unternehmerische
Fortbildung gibt es die Möglichkeit, einen Meisterab-

5.4 Nachwuchsförderung
schluss (Tierwirtschaftsmeister oder Tierwirtschafts-
meisterin – Fachrichtung Imkerei) zu erwerben. Das BMEL
ist auch das für die diesem Abschluss zugrundeliegende
Fortbildungsregelung zuständige Fachressort. Die
Nach Darstellung des Deutschen Imkerbundes e.V. ist Regelungen zur Aus- und Fortbildung werden in enger
aktuell ein zunehmendes Interesse junger Menschen Zusammenarbeit mit den zuständigen Sozialpartnern an
an der Imkerei festzustellen. Allerdings fehlten in der geänderte Anforderungen des Arbeitsmarktes angepasst.
Vergangenheit vielfach Kapazitäten des Verbandes zur Aktuell besteht hierfür kein Bedarf.
Aus- und Weiterbildung von Nachwuchskräften.
Die Überwachung und Organisation von Aus-, Fort- und
Neben den bienenwissenschaftlichen Instituten der Weiterbildung fällt in die Verantwortung der Länder.
Länder, die ein umfassendes Programm zur Aus- und
Weiterbildung im Bereich der Imkerei anbieten, haben Dies trifft auch für Fragen der Information und Bera-
inzwischen auch die Imkerverbände und mittlerweile tung von Berufs- und Freizeitimkern sowie potenzieller
auch viele Ortsvereine entsprechende Angebote entwi- Interessenten an der Imkerei zu.
ckelt. Schnupperkurse kosten rund 40 Euro, Einsteiger-
kurse zwischen 70 und 180 Euro. Anfänger werden von

5.6 Belastung von


den Vereinen durch sogenannte Bienenpaten unter-
stützt. Dies sind in der Imkerei erfahrene Personen, die

Honig und Pollen durch


die Neulinge beraten und betreuen.

Schadstoffe
Initiativen zur Gewinnung und Schulung von Nach-
wuchskräften seitens der Imkervereine im städtischen
wie im ländlichen Bereich sind sehr zu begrüßen und
waren in den vergangenen Jahren auch sehr erfolgreich.
Besonders wichtig ist auch eine fundierte Qualifizie- Das vermehrte Auftreten des Jakobs-Kreuzkrauts und
rung aller bienenhaltenden Personen in den Bereichen seiner verwandten Arten in Deutschland wird allgemein
Ernährung der Bienen und korrekte Bekämpfung von mit großer Sorge beobachtet. Das Jakobs-Kreuzkraut
Bienenkrankheiten. (Senecio jacobaea) ist eine zwei- bis mehrjährige Pflanze
und kommt in ganz Deutschland auf den verschiedens-
ten Standorten, wie u.a. Brachflächen, Weg- und Straßen-

5.5 Berufliche Aus- und


böschungen sowie Grünland, vor. Das Jakobs-Kreuzkraut
enthält in allen Pflanzenteilen giftige, sich in der Leber

Fortbildung
des Menschen anreichernde und sie schädigende Pyr-
rolizidinalkaloide (PA), die letztendlich zu akuten oder
chronischen Vergiftungen von Mensch und Tier führen
können. PA kommen auch in anderen Pflanzen, insbe-
Das qualitativ hochwertige Aus- und Fortbildungsan- sondere aus der Familie der Korbblütler, der Borretschge-
gebot in Deutschland bietet zum einen die Möglichkeit, wächse und Hülsenfrüchtler vor. PA wurden als Verunrei-
mit einer dualen Berufsausbildung an Berufsschulen nigungen in Honigen und Pollen nachgewiesen.
und im Ausbildungsbetrieb (ggf. ergänzt durch Besuche
einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte) den Ab- Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Ge-
schluss „Tierwirt/Tierwirtin – Fachrichtung Imkerei“ zu schäftsbereich des BMEL führt daher Untersuchungen
erwerben. hinsichtlich der Toxizität der verschiedenen PA und des
gesundheitlichen Risikos durch deren Vorkommen in
Für die Ausbildung im Betrieb wurde die entsprechen- Honig und anderen Lebensmitteln durch. Insbesondere
de Rechtsgrundlage durch das BMEL auf der Basis des wird auch an der Methodenentwicklung geeigneter
Berufsbildungsgesetzes geschaffen. Die inhaltliche Ge- und standardisierter Messmethoden der PA-Gehalte
staltung des ergänzenden Berufsschulunterrichts erfolgt gearbeitet.

14
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Die Imker müssen deshalb die Gefährdung durch


das Jakobs-Kreuzkraut und andere kritische
pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen bei der Auswahl
ihrer Bienentrachten beachten. Seit dem 1. Juli 2022 gilt
ein Höchstgehalt für PA in Nahrungsergänzungsmitteln
auf Pollenbasis sowie in Pollen und Pollenprodukten
von 500 µg/kg.

15
6
Laufende
Maßnahmen
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

6.1 Bienenerzeugnisse/
rd. 1,6 Mio. Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Die
Durchführung des nationalen Programms mit einem

-produkte – Markt
Finanzvolumen von insgesamt rund 3,2 Mio. Euro liegt
in Deutschland verfassungsgemäß in der Zuständigkeit
der Bundesländer. Diese haben Finanzierungspläne
erstellt, aus denen die Höhe der Landesmittel, die Höhe
Die aktuelle Marktsituation für Honig in Deutschland der beantragten EU-Kofinanzierung und die finanzielle
lässt sich kurz wie folgt beschreiben: Selbstbeteiligung der Imkerorganisationen ersichtlich
sind. Die Länderprogramme sind im engen Zusammen-
→ Wurden im Jahr 2008 20 Prozent des Honigbedarfs wirken mit den repräsentativen Imkerverbänden des
aus heimischer Produktion gedeckt, konnte dieser jeweiligen Bundeslandes erstellt worden.
Anteil auf nun 30 Prozent des Honigbedarfs erhöht
werden. Damit kommen jetzt ca. 70 Prozent der Im Zusammenhang mit der GAP-Reform stellt die EU
Honige aus dem Ausland. für das Programmjahr 2022 einen erhöhten Kofinan-
→ Hauptabsatzwege für deutschen Honig sind zierungsanteil für Deutschland in Höhe von nunmehr
→ die Direktvermarktung, rd. 2,8 Mio. Euro bereit, so dass – ein entsprechender
→ der Absatz über Erzeugergemeinschaften und Länder­finanzmittelansatz vorausgesetzt – nunmehr ein
­nachrangig Gesamt­budget in Höhe von rd. 5,6 Mio. Euro genutzt
→ die Vermarktung über den Einzelhandel. werden könnte.

Die besten Erlöse können mit der Direktvermarktung – mit Ab dem Jahr 2023 soll das Programm inhaltsgleich und
Abstrichen auch über Erzeugergemeinschaften realisiert mit gleicher Finanzausstattung in die Förderung des
werden. GAP-Strategieplans überführt werden.

6.2 Förderung 6.3 Gemeinschaftsaufgabe


zur Verbesserung der
EU-Förderprogramm „Verbesserung der
­Erzeugung und Vermarktung von Bienen­ Agrarstruktur und des
erzeugnissen“
Einen Anteil an der Erhöhung der Eigenerzeugung in der Küstenschutzes (GAK)
Honigproduktion (siehe oben) hat das EU-Förderpro-
gramm zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermark-
tungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse. Die EU Ein wichtiges Instrument zur Förderung der landwirt-
beteiligt sich mit 50 Prozent an Maßnahmen zur schaftlichen biologischen Vielfalt und insbesondere
der Bienen und anderen Bestäuber sind die Agrarum-
→ technischen Hilfe für Imker und Imkervereinigungen welt- und Klimamaßnahmen (AUKM) im Rahmen der
→ Bekämpfung der Varroose GAK. Hier werden u. a. die Anlage von Blühflächen bzw.
→ Rationalisierung der Wanderimkereien -streifen sowie Schon- und Schutzstreifen, die extensive
→ Förderung der Analyse physikalisch-chemischer Grünlandbewirtschaftung, die Pflege und Unterhaltung
Merkmale des Honigs durch Labors von Hecken, Knicks, Baumreihen, Feldgehölzen und
→ Unterstützung der Wiederauffüllung des gemein- Streuobstwiesen sowie der Vertragsnaturschutz gefördert.
schaftlichen Bienenbestandes
→ Zusammenarbeit mit Organisationen, die auf die Darüber hinaus wird im Rahmen der GAK der
Durchführung von Programmen der angewandten Öko-Landbau gefördert, der einen wichtigen Beitrag zur
Forschung auf dem Gebiet der Bienenzucht und der Förderung der Biodiversität leistet.
Bienenzuchterzeugnisse spezialisiert sind,
→ Marktbeobachtung und Zur Verbesserung der nationalen Finanzierung von
→ Qualitätsverbesserung für eine bessere Ausschöpfung Maßnahmen des Insektenschutzes wurde in der GAK
der Marktpotenziale. der Sonderrahmenplan „Maßnahmen zum Insekten-
schutz in der Agrarlandschaft“ eingerichtet. Über diesen
Als EU-Anteil werden in Deutschland im Rahmen des Sonder­rahmenplan wurden im Jahr 2020 erstmals
aktuellen 3-Jahres-Programms (2020, 2021, und 2022) 50 Mio. Euro seitens des Bundes bereitgestellt. Darüber

17
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

hinaus sind aus dem Investitions- und Zukunftspro-


gramm der Bundesregierung für diesen Sonderrahmen­
plan im Haushalt 2021 zusätzlich 35 Mio. Euro Bundes­
mittel verfügbar und für die Jahre von 2022 bis 2024
ebenfalls jährlich zusätzlich in der Finanzplanung
vorgesehen. 2021 standen somit hier insgesamt 85 Mio.
Euro Bundesmittel zur Verfügung.

Im weiteren Schritt wurden bereits bestehende insekten­


fördernde GAK-Maßnahmen aus dem Förderbereich 4
wie z. B. Blühstreifen oder artenreiches Dauergrünland
in den Sonderrahmenplan übernommen. Hierdurch
erhalten die Länder die Möglichkeit, diese Maßnahmen
in größerem Umfang anzuwenden. Zu Beginn des Jahres
2021 wurde die Maßnahme „Altgrasstreifen und Altgras­ vom Bund (BMEL) und von den Ländern finanziert.
inseln im Dauergrünland“ neu in den Sonderrahmen- Bienenvölkerverluste werden systematisch erfasst und
plan aufgenommen. dokumentiert. Anhand der erhobenen Daten soll für die
Varroose, die wichtigsten Bienenviren und für Infektio-
Damit sind eine Vielzahl die Bienen fördernder Agrarum- nen mit Nosema spp. die Notwendigkeit seuchenrecht-
weltmaßnahmen in den sog. Agrarumweltprogrammen licher Maßnahmen beurteilt werden. Langfristig sollen
von Bund und Ländern förderfähig. Im Rahmen des anhand der Prävalenzen und Bienenschäden differen-
Arbeitskreises Bienen sind diese Maßnahmen seinerzeit zierte Schadschwellen für Pathogene abgeleitet werden.
im Detail dokumentiert worden. Zudem sind auch land- Ein weiteres Ziel ist die Optimierung der imkerlichen
wirtschaftliche Betriebe mit Bienenhaltung, unter den Praxis durch Empfehlungen für die Imkerinnen und Im-
geltenden Zuwendungsvoraussetzungen, im Rahmen des ker zur Vermeidung von Schäden oder zur nachhaltigen
Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) förderfähig. Bekämpfung der Krankheiten und Parasiten in Verbin-
dung mit zuverlässigen Diagnoseverfahren.

6.4 Erneuerbare-­
Im Deutschen Bienenmonitoring wird auch der mög-
liche Kontakt von Bienen mit Pflanzenschutzmitteln

Energien-Gesetz (EEG)
in Abhängigkeit von Standort, Jahreszeit und Untersu-
chungsjahr systematisch erfasst.

6.6 Tierarzneimittel
Um dem zunehmenden Anbau von Mais entgegenzu­
wirken, ist im Rahmen der Novellierung des EEG 2021

(TAM)
der Maisdeckel weiter abgesenkt worden, auf max.
40 Masseprozent im Gärsubstrat je Kalenderjahr. Eine
spezifische Förderung der Verstromung von bienen-
freundlichen Blühpflanzen ist jedoch nicht vorgesehen.
Von großer Bedeutung für die Bienengesundheit ist
auch die Situation der für Bienen zugelassenen Tierarz-

6.5 Bienenmonitoring/
neimittel in Deutschland:

Bienengesundheit/Be-
In Deutschland sind mehr Tierarzneimittel zur Behand-
lung von Bienen zugelassen als in den meisten anderen

kämpfung von Parasiten


EU-Mitgliedstaaten. Die langjährigen Versuche, eine
Standardzulassung der 85prozentigen Ameisensäure zur
Bekämpfung der Varroose zu erreichen, mussten trotz
Unterstützung der Wissenschaftler durch das Bundes-
Das Deutsche Bienenmonitoring (DeBiMo) ist ein institut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicher-
Kooperationsprojekt von Industrie, Landwirtschaft und heit aufgrund unzureichender Wirksamkeitsnachweise
Imkern, das zum Zweck der Datenerhebung und Ursa- eingestellt werden. Das Verfahren zur Entlassung von
chenforschung für Bienenvölkerverluste während der Thymol zur Anwendung bei Bienen aus der Apothe-
Überwinterung entwickelt wurde. Es wird jeweils hälftig kenpflicht wurde dagegen noch in 2021 zum Abschluss

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BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

gebracht. Dadurch wird für Imker die Verfügbarkeit von te GE-Anwendungen in Pflanzen in der Entwicklung,
Tierarzneimitteln mit diesem Wirkstoff, mit dem eben- die u. a. auf veränderte Inhaltsstoffe, Toleranz gegenüber
falls die Varroose bekämpft wird, verbessert. biotischen und abiotischen Faktoren oder Herbizidtole-
ranz abzielen.
Eine Firma hat kürzlich einen neuen Ansatz zur Anwen-
dung von Perizin bei Bienenvölkern auf den Markt ge- Im Jahre 2018 entschied der Europäische Gerichtshof,
bracht (Bienenfalle getränkt mit Perizin, die die Bienen dass diese Techniken als Gentechnik eingestuft werden.
beim Ein- oder Ausflug aus dem Stock behandelt). Im Insofern müssen Feldfrüchte, die mit GE verändert
Innovationstitel wurden bereits Projekte zur Entwick- werden, eine Zulassung nach EU-Recht erhalten. Diese
lung von Tierarzneimitteln für Bienen gefördert (z.B. zur sieht, vor allem zu Zwecken des Anbaus, eine Umweltri-
Behandlung der Nosemose). sikoprüfung vor, bei der u. a. auch Auswirkungen auf Bie-
nen untersucht werden. Derzeit sind keine gentechnisch
Grundsätzlich ist es wünschenswert, Innovationen im veränderten Pflanzen, auch nicht mittels GE gezüchtete,
Bereich Prophylaxe und Behandlung von Bienenkrank- für den Anbau in Deutschland zugelassen. Sollten über
heiten künftig stärker zu fördern. Dies gilt insbesondere, GE gezüchtete Pflanzen eine Zulassung zum Anbau er-
um imkergerechte Produkte zu entwickeln, die einfach halten, gilt in Bezug auf Transparenz und Deklaration
und effektiv anzuwenden sind. bei Honig der aktuelle Rechtsrahmen, der auch für
herkömmliche Gentechnik im Zuge der Koexistenz für
Der Umgang mit Tierarzneimitteln oder die Lagerung einen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen
von Tierarzneimitteln weist nach wie vor einen zusätz- einschlägig ist.
lichen Weiterbildungsbedarf aus, damit die Qualität und
Wirksamkeit der Mittel optimal bleibt. Davon unberührt Die Europäische Kommission hat in ihrer jüngsten
bleibt die hohe Relevanz, die die Qualifizierung der Im- Studie zum Status von neuen genomischen Techni-
kerschaft zur Nutzung biotechnischer Maßnahmen – ken im EU-Recht (2021) Probleme bei der Umsetzung
einschließlich der Verstärkung der Varroaresistenz- des EuGH-Urteils festgestellt: So sind zum Beispiel bei
zucht - mit dem Ziel der Verringerung des Einsatzes von GE-Verfahren, die keine artfremde Erbsubstanz über-
Varroaziden einnimmt. tragen, nach Stand der Wissenschaft die entstehenden
Veränderungen nicht von solchen durch klassische
Pflanzenzüchtung zu unterscheiden. In Konsequenz hat

6.7 Impfung
die Europäische Kommission eine Initiative zur „Recht­
setzung für Pflanzen, die mit bestimmten neuen genomi­
schen Techniken hergestellt werden“ angestoßen.

Innovative Ansätze z.B. für die „Impfung“ von Bienen Das BMEL wird sich bei den Verhandlungen dafür einset-
gegen die Varroa-Milbe waren in der Vergangenheit als zen, dass es beim Sicherheitsniveau und der Transparenz
fachlich notwendig, nicht aber als prioritär eingestuft keine Abstriche geben wird. Das Vorsorgeprinzip, die
worden. Gerade bei Projekten zu Tierarzneimitteln / Wahlfreiheit der Verbraucher*innen und die Koexistenz
Impfstoffen für Bienen gibt es jedoch mit Blick auf den verschiedener Anbausysteme müssen gewahrt bleiben.
zu gewinnenden Honig, der keine Rückstände von TAM
aufweisen soll, noch Nachholbedarf.

6.9 Bienenzucht/­
6.8 Bienen und neue Bienenhaltung
­genomische Techniken
Zur Bekämpfung eines der Hauptprobleme der Bienen-
haltung in Deutschland, die Varroamilbe, kann neben
Mit den neuen genomischen Techniken der Genomedi- der bereits oben beschriebenen korrekten Behandlung
tierung (GE), wie beispielsweise CRISPR/CAS, kann das mit Tierarzneimitteln eine langfristige Abhilfe nur durch
Erbgut von Pflanzen gezielt verändert werden. Oft wird eine gezielte züchterische Bearbeitung der Honigbiene
dabei, anders als bei vielen bisherigen gentechnischen erreicht werden.
Eingriffen, keine artfremde DNA übertragen. Die Ein-
satzmöglichkeiten dieser Technik sind vielfältig. Welt- Das BMEL unterstützt mit Forschungsprojekten seit dem
weit befinden sich z. B. mehrere hundert marktorientier- Jahr 2003 verstärkt und gezielt die Zucht Varroa toleranter

19
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Bienen. Erst im August 2020 ist zu der Thematik ein wei- Das BMEL fördert den ökologischen Landbau als beson-
terführendes Forschungsprojekt abgeschlossen worden. ders ressourcenschonende Wirtschaftsweise mit dem
Ziel, 30 Prozent der Landwirtschaftsfläche bis zum Jahr
Das Vorhaben hat im Ergebnis dazu geführt, dass den 2030 ökologisch zu bewirtschaften.
Imkern für sachgerechte Selektionsentscheidungen ein
anwenderfreundliches Instrument der Zuchtplanung

6.11 Pflanzenschutz/­
zur Verfügung gestellt werden kann. Erstmalig können
gut zu erfassende Hilfsmerkmale in einen Varroa-In-

Bienenschutz
dexzuchtwert integriert werden. Wird die genetische
Korrelation bei den neu definierten Varroatoleranzmerk-
malen zukünftig berücksichtigt, könnte möglicherweise
der Zuchtfortschritt auch bei den klassischen Leistungs-
merkmalen deutlich verbessert werden. Im Rahmen der EU-harmonisierten Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln sind die Auswirkungen auf
Für die zügige Überführung der Forschungsergebnisse beispielsweise Larven, aber auch auf das Überleben und
wurden im Rahmen des Projekts 10 über das ganze Ge- Verhalten von Bienenvölkern auf der Ebene von Labor-
biet der Bundesrepublik verteilte Toleranzbelegstellen bis hin zu Freilanduntersuchungen zu untersuchen.
konzipiert und in Betrieb genommen. Diese werden
auch nach dem Ende des Projekts weiter betrieben und Mögliche Auswirkungen von Wirkstoffen und Pflanzen-
werden den Markt mit leistungsfähigen und Varroa schutzmitteln werden im Rahmen der Bewertung, die vor
toleranten Königinnen und Drohnen beliefern. der Genehmigung bzw. Zulassung stattfindet, sorgfältig
und umfassend geprüft. Der Schutz der Honigbiene hat in
Langfristiges Ziel muss es sein, die Zucht von Bienen der Zulassung eine lange Tradition: schon seit Jahrzehnten
zu ermöglichen, die trotz Varroa, Nosema, Faulbrut wird jedes Pflanzenschutzmittel hinsichtlich seiner Bie-
und anderer krankmachender Faktoren überlebensfähig nengefährlichkeit und seines Risikos für Bienen eingestuft
sind und somit eine langfristige Absicherung der (s. Kapitel 5.2). Dabei ist zu unterscheiden zwischen Gefahr
Bestäubung von Nutzpflanzen sowie der Produktion und Risiko; die Gefahr ist die Eigenschaft eines Stoffes,
und Rückstandsfreiheit von Honig und anderer Bienen­ das Risiko ergibt sich aus der Exposition mit einem
erzeugnisse zu ermöglichen. gefährlichen Stoff. Die Anforderungen an Pflanzenschutz-
mittel und ihre Wirkstoffe werden beständig verfeinert,
Derzeit wird mit Unterstützung öffentlicher For- beispielsweise werden auch die subletalen Effekte eines
schungsgelder von Bund und Ländern mit Hochdruck Wirkstoffes sowie die Weitergabe des Wirkstoffes über
daran gearbeitet, neue, wesentlich effektivere Selekti- die Guttationstropfen der Pflanzen stärker berücksichtigt
onsverfahren zur Auslese varroatoleranterer Bienen- (Guttation = Vorgang, bei der die Pflanze Wassertropfen
völker zu entwickeln und praxisverfügbar zu machen.
Insbesondere die mit der Einführung der genetischen
Selektion verbundenen erweiterten Möglichkeiten für
die beschleunigte Generierung von Zuchtfortschritten
sollen bei der Zucht einer sanftmütigen, leistungsfähigen
und Varroa toleranteren Biene verstärkt genutzt werden.

6.10 Ökologischer
­Landbau
Der ökologische Landbau leistet einen wichtigen Beitrag
zur Förderung der Biodiversität. Nach einer Studie des
Thünen-Instituts wiesen ökologisch bewirtschaftete Flä-
chen Artenzahlen auf, die im Vergleich zur konventionellen
Wirtschaftsweise bei der Ackerflora durchschnittlich um
95 Prozent, bei Feldvögeln bis zu 35 Prozent und bei blüten­
besuchenden Insekten bis zu 23 Prozent höher liegen.

20
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

über die vegetativen Pflanzenteile abgibt, damit trotz Gremienarbeit zur weiteren Ausgestaltung des Konzepts
Wassersättigung der Nährstofftransport in die Blätter und des Fachprogramms sollen genutzt werden.
gewährleistet ist). Weitere Expositionspfade wie beispiels-
weise das Pfützenwasser werden in die Risikobewertung

6.13 Forschung
einbezogen. Neue Anwendungsbestimmungen schützen
auch Wildbestäuber vor Risiken, die bei der Anwendung
von Pflanzenschutzmitteln entstehen könnten.

Die Bekanntmachung über die Förderung von For-

6.12 Nationales
schungsvorhaben zum Schutz von Bienen und weiteren
Bestäuberinsekten in der Agrarlandschaft wurde im

­Fachprogramm Mikro­
Juli 2019 veröffentlicht. Ziel ist es, die Verbesserung des
Nahrungsangebotes und der Lebensbedingungen für

organismen und
Bestäuberinsekten zu erforschen. Das BMEL fördert im
Rahmen des Programms zur Innovationsförderung, des

Invertebraten des BMEL


Bundesprogramms ökologischer Landbau (BÖL) und der
Ackerbaustrategie insgesamt 16 Verbundprojekte mit
insgesamt 50 Teilprojekten.

Aktuell läuft die Entwicklung eines Nationalen Fach- Darüber hinaus fördert das BMEL über das BÖL Projekte,
programms zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung mit denen innovative, ökologische sowie nachhaltige
genetischer Ressourcen der Mikroorganismen und Lösungen für eine die Bestäuber fördernde Bewirt-
Invertebraten im BMEL und der BLE. Das Nationale schaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen entwickelt
Fachprogramm adressiert acht Themenbereiche, eines werden.
davon sind die Bestäuber (Honigbiene, Wildbienen,
Hummeln und sonstige Bestäuber). Der Handlungsbe-

6.14 Innovations-­
darf und notwendige Maßnahmen für die Erhaltung und
die nachhaltige Nutzung der Bestäuberarten wurden

Forschung über die


im Ressortkreis mit weiteren Bundesministerien, mit
den einschlägigen Verbänden und Interessenvertretern

Landwirtschaftliche
im Fachgespräch „Bestäuber“ erörtert. Das Konzept zur
„Förderung der heimischen Bienenhaltung und Imkerei

­Rentenbank
in Deutschland“ ist somit auch in den Rahmen dieses
Fachprogramms des BMEL zu stellen. Synergien bei der

Bis zum 30. Juni 2021 wurden innovative Projekte, insbe-


sondere aus dem Bereich der experimentellen Entwick-
lung, auch über das Zweckvermögen des Bundes bei der
Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert.

Dies betrifft insgesamt 16 Projekte mit einem summari-


schen Fördervolumen von fast 2 Mio. Euro.

21
Neue
7
­Maßnahmen
und Lösungs-
vorschläge
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

7.1 Vorbemerkung
making) testen Forscher den Prototypen eines digitalen
Bienenstocks. Hierbei befindet sich eine Stockwaage mit
verschiedenen Sensoren unter einem Bienenstock. Die
eingebauten Sensoren messen permanent Temperatur
Um die heimische Bienenhaltung zu stärken, wird ein sowie Gewicht des Bienenstocks und zeichnen die Ge-
Bündel an Maßnahmen verfolgt. Die für einzelne Maß- räusche aus dem Inneren auf. Die erhobenen Daten wer-
nahmen benötigten Bundesmittel werden im Rahmen den via App beispielsweise auf ein Smartphone gesendet.
der Haushaltsansätze zur Verfügung gestellt. Es gelten Den Imker*innen könnte somit ein Entscheidungsinst-
die verfassungsmäßigen Kompetenzen und Finanzie- rument zur Verfügung stehen, das umfassende Analysen
rungsverantwortungen der bundesstaatlichen Ordnung. und Ratschläge auf Grundlage der gesammelten Daten
aus den Bienenstöcken und ihrer Umgebung bietet.
Dabei ist sicherzustellen, dass Das nationale Referenzlabor für Bienenkrankheiten
a) keine Doppelförderung sowie eine Vermischung von am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems
Maßnahmen der 1. und 2. Säule erfolgt, weil dies nach untersucht im B-GOOD Projekt auch Bienenproben aus
EU-Recht in Bezug auf die oben genannten Maßnah- ganz Europa auf Parasiten sowie bakterielle und virale
men ausdrücklich verboten ist und Krankheitserreger.
b) jede staatliche Ebene und private Akteure ihre Verant-
wortung wahrnehmen. Eine frühzeitige Diagnose von Infektionen in einzelnen
Bienenvölkern – im besten Fall vor dem Auftreten von
Symptomen oder sich abzeichnenden Völkerverlusten –

7.2 Pflanzenschutzmittel
eröffnet den Imker*innen die Möglichkeit, gesundheits-
erhaltende Maßnahmen bei betroffenen Völkern und
Präventivmaßnahmen bei nicht betroffenen Völkern zu
treffen. Beispielsweise durch gezielte Quarantänemaß-
DeBiMo nahmen, um die Ausbreitung einer Infektion einzudäm-
Die Auswirkungen der Anwendung von Pflanzenschutz- men. Dieser Ansatz erfordert die Verfügbarkeit schnell
mitteln werden künftig auch im DeBiMo noch stärkere durchzuführender, spezifischer und kostengünstiger
Berücksichtigung finden. Nachweisverfahren für relevante Bienenkrankheiten.

Im Rahmen des DeBiMo ist insbesondere die vertiefte In einem Verbundprojekt hat sich das Länderinstitut
Untersuchung des Bienenbrots (Blütenpollen, der von den für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. zusammen
Stockbienen bei der Einlagerung in die Wabenzellen mit mit Partnern aus der Privatwirtschaft das Ziel gesetzt,
dem Speichel der bearbeitenden Bienen vermischt und Untersuchungstechniken zum Nachweis von viral
dadurch fermentiert und haltbar gemacht wurde) fortzu- bedingten Bienenkrankheiten: Akuter Bienen-Paralyse-
führen. Dies ist auch im nationalen Aktionsplan zur nach- Virus [ABPV], Schwarze-Königinnenzellen-Virus [BQCV],
haltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) so Chronischer Bienen-Paralyse-Virus [CBPV] und Flügel-
vorgesehen. Diese Untersuchungen sind um Analysen zu deformationsvirus [DWV] zu entwickeln.
erweitern, die die Auswirkungen der im Bienenbrot fest-
gestellten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe auf die Bienen- Im einem weiteren Verbundprojekt entwickelte das FLI
gesundheit aufklären. Dabei wird den subletalen Effekten gemeinsam mit einem Partner aus der Privatwirtschaft
künftig eine noch größere Aufmerksamkeit gewidmet. ein Vor-Ort-Analysekit (LFA) zur sicheren Diagnose der
Europäischen und der Amerikanischen Faulbrut.

7.3 Bienenforschung/
Die Ergebnisse aus den Projekten können dazu beitra-
gen, die Diagnostik und Behandlung der Bienenkrank-

Bienengesundheit
heiten zu verbessern. Zusätzlich ermöglicht die einfache
Handhabung der LFAs eine schnelle Selbstkontrolle für
die Imker*innen sowie für die zuständigen Behörden
die Möglichkeit, bei Verdachtsfällen von Faulbrut schnell
Der technologische Fortschritt führt in vielen Bereichen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Bekämpfung und
des Lebens zu Veränderungen und diese Veränderungen Eindämmung der Krankheiten notwendig sind, um wirt-
erfassen mittlerweile verstärkt auch die Imkerei. schaftliche Schäden für die Imker*innen zu reduzieren.

Im europaweiten Forschungsprojekt B-GOOD (Giving


Beekeeping Guidance by cOmputatiOnal-driven Decision

23
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

7.4 Gemeinsame
­Agrarpolitik (GAP)
Je nach Ausgang der GAP-Verhandlungen und deren
nationaler Ausgestaltung sollten im Rahmen der
Umsetzung von Greening-Maßnahmen (Ökologische
Vorrangflächen) oder von Agrarumweltmaßnahmen
Flächen – z. B. durch Bereitstellung mit Eiweißpflanzen
oder als Hecken, Blüh-, Schon- oder Ackerrandstreifen –
so gestaltet werden, dass diese von Bienen verstärkt als
Nahrungsgrundlage genutzt werden können.

7.5 Insektenschutzge-
setz und Gemeinschafts-
aufgabe zur Verbesse-
rung der Agrarstruktur
und des Küstenschutzes
(GAK)
Der Bundestag hat im Juni 2021 in Umsetzung des Schutzkonzepts „Natur auf Zeit“ – wie im Gesetz vorge-
­„Aktionsprogramms Insektenschutz“ der BReg vom sehen – und durch die Änderung der Vorschriften zur
­September 2019 das Gesetz zum Schutz der Insekten­ Landschaftsplanung direkt oder indirekt profitieren.
vielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer
­Vorschriften („Insektenschutzgesetz“) beschlossen. Im Übrigen wird die Erhaltung und Erhöhung der
Durch dieses Gesetz werden u. a. das Bundesnatur- Agro-Biodiversität zusammen mit dem Öko-Landbau im
schutzgesetz (BNatSchG) und die Pflanzenschutz­ Rahmen der GAK gefördert.
anwendungsverordnung geändert.
Zur Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte
So wird die Liste der gesetzlich geschützten Biotope bei der Förderung der Bestäuber sollen der Förderbe-
des § 30 des BNatSchG um magere Flächen, Flachland- reich 4 der GAK sowie der Sonderrahmenplan „Maß-
Mähwiesen, Berg-Mähwiesen, Streuobstwiesen, Stein­ nahmen zum Insektenschutz in der Agrarlandschaft“
riegel und Trockenmauern in der freien Landschaft sukzessive um weitere insektenfördernde Maßnahmen
erweitert. Dies sind insbesondere für bestäubende ergänzt werden.
Insekten besonders geeignete Lebensräume. Weitere
neue Vorgaben, die auch dem Schutz von Bienen dienen,

7.6 Sonn- und


finden sich zum neuen Verbot bestimmter Biozide in
besonders schutzbedürftigen Gebieten. Dabei geht es

­Feiertagsfahrverbot
auch um eine geringere Gefährdung von Bienen.

Darüber hinaus enthält das Gesetz Regelungen zur


Eindämmung der sog. Lichtverschmutzung, so dass
Insekten aller Art durch bestimmte Lichtquellen (z.B. Mit der Änderung der Straßenverkehrsordnung vom
Himmelsstrahler) nicht irritiert werden. Schließlich 6. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3549), die am 19. Oktober
kann auch die Bienenhaltung von der Stärkung des 2017 in Kraft getreten ist, gilt gemäß § 30 Absatz 3 Satz 2

24
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Nummer 5 der Straßenverkehrs-Ordnung das Lkw- etwas größer (wenige hundert Meter bis zu mehreren
Sonn- und Feiertagsfahrverbot nicht für Transporte von ­Kilometern).
lebenden Bienen.
Grundsätzlich profitieren Honigbienen und Wildbie-
nen von den gleichen Maßnahmen zur Verbesserung

7.7 Förderung von


des Nahrungsangebotes. Zu bestimmten Jahreszeiten
zeichnen sich Honigbienen und einige andere unspezi-

­Honigbienen und
alisierte Wildbienenarten mit sozialer Lebensweise wie
Hummeln zwar durch eine vornehmliche Nutzung von

­Wildbienen
Massentrachten (z.B. Raps- und Obstblüten) aus. Gerade
in den Zeiträumen, in denen diese Massentrachten
nicht vorhanden sind, nutzen sie aber auch vielfältigere
und weniger ergiebige Blühbestände in der Agrarland-
Die Verbesserung der Lebensraumqualität für Bienen schaft wie Blühflächen, Ackerrandstreifen und Beikräu-
ist der zentrale Ansatz des Bienenschutzes. Für Honig- ter. Für eine erfolgreiche Entwicklung von Honigbie-
bienen bedeutet dies in erster Linie eine Verbesserung nenvölkern und den Staaten anderer Bienenarten ist
des Nahrungsangebotes, während für Wildbienen ein kontinuierliches Angebot von Nektar und Pollen
auch das Angebot an Nistmöglichkeiten bedeutsam ist. spendenden Pflanzen essenziell. Dieses Trachtfließband
Artspezifische Flugradien und die Nutzung verschie- ermöglicht auch die Förderung einer großen Vielfalt
dener Habitate führen dazu, dass für die Förderung von Wildbienenarten, die häufig kurze Flugzeiten von
von Wildbienenbeständen alle Lebensraumansprüche wenigen Wochen aufweisen. Aufgrund der Speziali-
(v.a. Nahrung und Nistgelegenheiten) in der Land- sierung vieler Wildbienenarten auf bestimmte pol-
schaft innerhalb von wenigen hundert Metern erfüllt lenspendende, in geringem Umfang auch ölspendende
sein müssen. Für Honigbienen liegt dieser Maßstab Pflanzenarten sollten die Maßnahmen eine möglichst
für die Nahrungssuche, abhängig von der Jahreszeit, große Vielfalt von Nahrungspflanzenarten umfassen.

25
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

7.8 Bienen als Bestäuber


Hier ist eine kritische Betrachtung der angebotenen
Blühmischungen unbedingt notwendig.

Um einer Beeinträchtigung von Wildbienenbeständen


durch die individuenstarken Honigbienenvölker aufgrund Die Steigerung von Erträgen durch eine Förderung der
eines verknappten Nahrungsangebot vorzubeugen, ist die Bestäubungsleistung ist für etliche landwirtschaftliche
Förderung des Nahrungsangebots in den Landschaften Kulturen in Deutschland belegt. Honigbienen kommt als
entscheidend. Eine Beschränkung von Besatzdichten für staatenbildenden Insekten mit einer hohen Individuen-
Honigbienenvölker zum Schutz von Wildbienen sollte auf zahl pro Volk und ihrer hohen Blütenstetigkeit (Beflug
Einzelfallprüfungen beschränkt bleiben, die auf wissen- einer einzigen Pflanzenart während eines Sammelflugs)
schaftlicher Grundlage die örtliche Situation bewerten. eine Sonderrolle unter den Bienen zu. Für mehrere
Hierbei ist u.a. die Nahrungsverfügbarkeit, die nachgewie- Kulturen (z.B. Tomate, Erdbeere, Apfel) ist eine Ertrags-
sene Bestandssituation der Wildbienen sowie die Besatz- steigerung durch die Bestäubung durch Wildbienenar-
dichte von Honigbienen zu berücksichtigen. ten belegt (Hummeln und Mauerbienen), die seit vielen
Jahren in Deutschland z.T. kommerziell vermehrt und
Die verschiedenen Wildbienenarten nutzen unterschied- zu Bestäubungszwecken zur Blütezeit in Kulturen (z.B.
lichste Strukturen zur Anlage von Nestern, darunter Obstplantagen, Gewächshäuser) verbracht werden.
verschiedene Bodensubstrate, Totholzstrukturen und
Pflanzenmaterialien. Häufig werden Baumaterialien aus Der Einsatz von Honigbienen und anderen kommerziell
anderen Teilhabitaten zum Nisthabitat transportiert. für Bestäubungszwecke genutzten Bienenarten lässt sich
Generell ist daher die Ausstattung der Landschaften mit v.a. über Fördermaßnahmen stimulieren. So sind Maß-
Kleinstrukturen für die Ansiedlung artenreicher Wild- nahmen zur Erhaltung und Förderung der Imkerei in
bienengemeinschaften entscheidend. Ein Großteil der Regionen mit insektenbestäubungsabhängigen Kulturen
Wildbienenarten nistet im Boden, und für diese Arten ist der Sicherung der Bestäubungsleistung und damit der
häufig eine Besonnung des Bodens wichtig. Grundsätz- Ertragssicherung zuträglich. Neben allgemeinen Maß-
lich wirken sich Maßnahmen, die zu einer Offenhaltung nahmen zur finanziellen und edukativen Förderung der
der Landschaft führen (Verhinderung der vollständigen Imker und der Imkerei sowie des nationalen Marktes für
Verbuschung), positiv auf Wildbienengemeinschaften Bienenprodukte wäre die Zahlung von Bestäubungsprä-
aus, wenngleich ein räumlicher Bezug zu Waldrändern mien eine gezielte Maßnahme, die zu einer Verbesserung
die Bestände einiger Arten ebenfalls positiv beeinflusst. der Bestäubungssicherung durch Honigbienen beitragen
könnte. Rechtliche Regelungen, die eine Inbesitznahme,
Nachzucht und Verbringung von Bienenarten zu Bestäu-
bungszwecken ermöglicht, zählen ebenfalls zu gezielten
Maßnahmen der Sicherung der Bestäubungsleistung.
In Bezug auf eine mögliche Beeinflussung wildlebender
(nicht in menschlicher Obhut befindlicher) Bienen­
populationen in Deutschland durch gezüchtete Bestäu-
berorganismen (Krankheitsübertragung, genetische
Überformung) lässt sich bislang kein wissenschaftlich
begründetes Fazit ziehen.

Neben diesen Bestäubungsleistungen, die durch Men-


schenhand geführte Bienenvölker bzw. -bestände
erbringen, wird ein maßgeblicher Anteil der Bestäu-
bungsleistung in vielen Kulturen durch wildlebende
Bienenbestände erbracht. Mehrfach wurde eine Komple-
mentarität der Bestäubungsleistungen von wildlebenden
und kommerziell genutzten Bienenbeständen doku-
mentiert, d.h. diese beiden Bienengruppen ergänzen sich
gegenseitig in der Ertragssicherung. Die Maßnahmen zur
Förderung der Bestäubungsleistung durch wildlebende
Bienenbestände entsprechen den oben beschriebenen
Fördermaßnahmen. Ein positiver Einfluss der bienen-
freundlichen Ausgestaltung von Agrarlandschaften,
insbesondere durch Etablierung nicht bewirtschafteter

26
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Flächen in räumlichem Bezug zu Agrarflächen, auf die


realisierte Bestäubungsleistung, ist für mehrere Kultu-
ren hinreichend belegt. Auch Honigbienen profitieren
von einer entsprechend strukturreichen Gestaltung der
Agrarlandschaft, nicht zuletzt da Honigbienenvölker
mitunter auch während der Blüte einer Massentracht für
eine gesunde Volksentwicklung auf weitere Pollenquel-
len angewiesen sind.

Ein gezieltes, regional und kulturspezifisch angepasstes


Bestäubermanagement adressiert u.a. ein kontinuierli-
ches Nahrungsangebot über die Blütezeit von Massen-
trachten hinaus (z.B. durch geeignete Zwischenfrüchte,
Intercropping und Blühflächen mit räumlichem Bezug),
das Auftreten möglicher Ablenktrachten, sowie Lücken
im lokal vorhandenen Artinventar. Für ein standortan-
gepasstes Bestäubermanagement bedarf es eines hohen
Wissensstandes innerhalb der Landwirtschaft zu den In-
teraktionen zwischen den Bestäubern, den Kulturpflan-
zen sowie den abiotischen Faktoren der landwirtschaft-
lich genutzten Flächen (z.B. die Wasserverfügbarkeit der
Böden). Zudem wirkt sich für den Bestäuberschutz eine
Stärkung des regionalen Marktes für landwirtschaftliche
Produkte sowie des ökologischen Landbaus positiv aus.

27
8
Öffentlichkeits-
arbeit
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Initiative „Bienen füttern!“


Der Schutz von Bienen und anderen bestäubenden
Insekten ist in erster Linie eine Aufgabe von Politik und
Landwirtschaft. Aber auch jede und jeder Einzelne sowie
Kommunen und Unternehmen mit freien Grünflächen
können einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Honig-
und Wildbienen genug Nahrung und Rückzugsräume
finden – in der Stadt und auf dem Land. Deshalb gibt
es seit 2014 die Initiative „Bienen füttern!“ des Bundes-
ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Ziel ist
es, möglichst viele Menschen über die Bedeutung von
Bienen und anderen Bestäuberinsekten zu informieren
und Tipps zu geben für eine bienenfreundliche Bepflan-
zung von Balkonen, Gärten und anderen Flächen. Die
Website www.bienenfuettern.de sowie die Broschüre
„Bienenfreundliche Pflanzen“ bieten Interessierten
wichtige Fakten und Tipps. Die Initiative des BMEL
wird von zahlreichen Verbänden unterstützt, darunter
Imkerinnen und Imker, Einzelhandelsgärtnereien,
Gartencenter und Baumärkte sowie Kleingartenvereine.

29
9
Fazit
BIENENHALTUNG UND IMKEREI IN DEUTSCHLAND

Bienen erbringen wertvolle Leistungen für Umwelt und


Landwirtschaft durch ihre Bestäubungsleistung. Sie
produzieren Honig. Rund 135.000 Imker in Deutschland
halten Bienen. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass sich
Krankheiten nicht weiter ausbreiten, sondern einge-
dämmt werden.

In Deutschland werden derzeit etwa 30 Prozent des


Bedarfs an Honig aus einheimischer Produktion gedeckt.
Die Honigbiene ist in hohem Maße von der Witterung
und einer ausreichenden Ernährung über die gesamte
Vegetationsperiode angewiesen. Unzureichende Ernährung
erhöht die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern
und Parasiten.

Um die Ursachen für die festgestellten hohen Winter-


verluste zu erkennen und möglichst abzustellen, haben
Bund, Länder und Verbände (z.B. der Deutsche Bauern-
verband – DBV) vielfältige Maßnahmen ergriffen. Diese
zeigen Wirkung, sollen aber noch weiter verstärkt und
ausgebaut werden. Mit der vorgelegten Bestandsaufnahme
werden die eingeschlagenen Wege dargestellt und weitere
Schritte für eine Kooperation von Bund, Ländern und
Verbänden aufgezeigt.

In der Bestandsaufnahme wurde auch den teilweise stark


gefährdeten Beständen an Wildbienen, inkl. Hummeln,
und anderen Bestäubern die nötige Aufmerksamkeit
geschenkt. Diese tragen neben der Honigbiene erheblich
zur Bestäubung bei. Auch ihr Schutz hat mittlerweile
einen hohen politischen Stellenwert und wird im Ein-
zelnen mit dem neuen Insektenschutzgesetz sowie den
damit korrespondierenden Förderrichtlinien adressiert.

31
HERAUSGEBER
Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft (BMEL)
Referat 715
11055 Berlin

STAND
September 2022

GESTALTUNG
Serviceplan Solutions 1 GmbH & Co. KG

TEXT
BMEL

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