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Boll: Entstehung des Gender Pay Gaps im Lebensverlauf NZFam 2015, 1089
I. Einleitung
Abbildung 1
Dieser Beitrag trägt die wesentlichen Determinanten der Verdienstlücke zusammen und ordnet
diese aus der Lebensverlaufsperspektive ein. Bezugspunkt soll eine Analyse der Verdienstlücke
sein, die das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) auf Basis der Daten des Sozio-
oekonomischen Panels (SOEP) erstellt hat.4 Mit diesem Datensatz ist es insbesondere möglich, die
Bedeutung erwerbsbiografischer Entscheidungen für die Lohnlücke zu quantifizieren. Anhand der
Befragung aus dem Jahr 2011 ermitteln wir eine unbereinigte Lohnlücke von 20,9 %
(entsprechend 22,8 Log-Punkten), die der vom Statistischen Bundesamt auf Basis der
Verdienststrukturerhebung gemessenen Lücke recht nahekommt.5 Mittels statistischer
Zerlegungsverfahren wird die Verdienstlücke sodann nicht nur in einen erklärten und unerklärten
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Abbildung 2
Abbildung 2: Gender Pay Gap 2011 (22,82 Log-Punkte) auf Basis des Sozio-oekonomischen
Panels (SOEP) und Zerlegung nach Einflusskategorien (Quellen: SOEP v29, 2011; HWWI
(Boll/Leppin 2015)
Der unerklärte Anteil an der Lücke liegt bei 2,3 Prozentpunkten; 20,5 Prozentpunkte der Lücke
werden auf Unterschiede in den Merkmalsausstattungen der Personen zurückgeführt. Der
unerklärte Teil ist damit deutlich geringer als in den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes
und ist dem Erklärungsmehrwert des Faktors „Biografie“ geschuldet. Allerdings ist darauf
hinzuweisen, dass weder der statistisch erklärte Teil der Lücke zwingend frei von potenzieller
Diskriminierung noch der unerklärte Teil mit Diskriminierung gleichzusetzen ist. Im sog. erklärten
Teil können unterschiedliche Zugangschancen von Frauen und Männern zu lohnrelevanten
Jobmerkmalen verborgen sein (etwa zu Führungspositionen). Der unerklärte Teil kann Messfehler,
unbeobachtete Unterschiede zwischen Frauen und Männern sowie unterschiedliche
Lohnbewertungen der gemessenen Merkmale enthalten. Detaillierte Zerlegungsergebnisse für den
unerklärten Teil der Lücke werden von den Autoren auf Anfrage gern zur Verfügung gestellt. Auf
die einzelnen Einflussfaktoren der Lücke wird im Folgenden jeweils Bezug genommen.
Unterschiede der Geschlechter in der formalen Bildung tragen heutzutage kaum noch zur
Lohnlücke bei. Der Wert beträgt nach unseren Berechnungen 0,5 Prozentpunkte (s. Abbildung 2).
So erwerben Frauen inzwischen sogar häufiger einen Hochschulabschluss als Männer: Bei den 30-
bis unter 35-Jährigen haben 24 % der Frauen und 22 % der Männer einen Hochschulabschluss.6
Allerdings wählen Frauen nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule noch immer überwiegend
andere Berufe als Männer. Die horizontale Segregation der Geschlechter in Berufe ist ein
persistentes Phänomen. Hohe Frauenanteile von 70 % und mehr finden sich insbesondere in
Sozial- und Gesundheitsberufen, in erzieherischen und Reinigungsberufen sowie in
Verkaufsberufen.7 Ähnlich persistent ist die Segregation auch in europäischen Ländern8 oder in
den USA.9 Die Lohnlücke öffnet sich teilweise schon in der beruflichen Ausbildung. Junge Frauen
ergreifen häufiger als junge Männer vollschulische Berufe, für die sie Schulgeld zahlen müssen,
während junge Männer in dualen Ausbildungen bereits eine Ausbildungsvergütung erhalten.10 Der
Beruf wiederum hängt eng mit dem Wirtschaftszweig zusammen, da bestimmte Berufe nur in
bestimmten Branchen vorkommen. 3,4 Prozentpunkte der Lohnlücke werden nach unseren
Berechnungen dadurch erklärt, dass Frauen in anderen Branchen tätig sind als Männer und
frauendominierte Branchen wie der Einzelhandel weniger attraktive Vergütungen aufweisen (s.
Abbildung 2).11 Zudem arbeiten Frauen häufiger als Männer in kleineren Betrieben, auch dies
ergibt sich teilweise aus der Berufswahl. Die Betriebsgröße trägt nach unseren Analysen 2,7
Prozentpunkte zur Lohnlücke bei (s. Abbildung 2).
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1. Teilzeit
Frauen und Männer unterscheiden sich ferner in ihren Erwerbsmustern. Noch immer gehen
Geburten für die meisten Mütter mit beruflichen Auszeiten und einer reduzierten
Wochenarbeitszeit einher. Mütter waren im Jahr 2013 beim ersten Kind durchschnittlich 29 Jahre
alt und damit fünf Jahre älter als Frauen, die 1970 Mutter wurden.12 Im Durchschnitt kehrten
Mütter, die in den Jahren 2008 bis 2010 ein Kind bekamen, nach 19 Monaten in den Beruf zurück
und arbeiteten 24 Wochenstunden. In den Jahren nach dem 2007 eingeführten Elterngeld ist die
Erwerbstätigenquote von Müttern kleiner Kinder von unter einem Jahr gesunken, jene von
Müttern mit Kindern zwischen einem und unter drei Jahren aber gestiegen.13 Die 1992
verlängerten Erziehungszeiten haben hingegen das Erwerbsverhalten von Müttern kaum
verändert. Die zusätzlichen Rentenentgeltpunkte führen also nicht dazu, dass Mütter ihre
Erwerbspausen verlängern.14 Allerdings kompensiert die staatliche Förderung bei Weitem nicht
die entstehenden Verdienstausfälle.
Erwerbstätige Frauen arbeiten heutzutage mit bundesdurchschnittlich 30,8 Stunden pro Woche
etwa drei Stunden weniger als vor 20 Jahren (33,5 Stunden). Das Stundenniveau liegt dabei in
Ostdeutschland fast vier Stunden höher als in Westdeutschland.15 Die unterschiedlichen
Wochenarbeitszeiten zwischen West und Ost sind einer der Hauptgründe für die niedrigere
ostdeutsche Lohnlücke. In unseren Berechnungen gehen 3,8 Prozentpunkte der Lohnlücke auf das
Konto des Erwerbsumfangs (s. Abbildung 2). Im europäischen Vergleich stellt die Teilzeitquote
deutscher erwerbstätiger Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren mit 45,9 % einen recht hohen
Wert dar (EU-28: 31,4 %). Mehr als jede zweite erwerbstätige deutsche Mutter (58,3 %) arbeitet
noch Teilzeit, wenn das jüngste Kind bereits das Teenageralter erreicht hat (EU-28: 32,1 %).16
Dabei wünscht sich ein Teil dieser Frauen höhere Arbeitszeiten. 2014 waren 6,1 % der 15- bis 74-
jährigen weiblichen Erwerbspersonen17 bzw. 12,4 % der weiblichen Teilzeitbeschäftigten
unfreiwillig teilzeitbeschäftigt.18
2. Geburtsbedingte Erwerbsunterbrechungen
Dass Erwerbsunterbrechungen mit Lohnstrafen verbunden sind, ist ein robuster Befund der
Literatur.19 Eigene Berechnungen zeigen, wie viel Geld Frauen in verschiedenen Szenarien mit
unterschiedlichen Kombinationen von Unterbrechungs- und Teilzeitmustern verlieren.20 Die
Lohnverluste werden hierbei als Differenz in den Bruttolöhnen von Frauen gleichen Bildungstyps
berechnet. Dieser Ansatz folgt dem ökonomischen Konzept der Opportunitätskosten. Das
entgangene Einkommen einer Frau, die von einer kontinuierlichen Vollzeiterwerbstätigkeit
abweicht, wird mit dem Einkommen einer Referenzfrau verglichen, die kontinuierlich in Vollzeit
arbeitet.21 Abbildung 3 verdeutlicht Höhe und Zusammensetzung der Lohneinbußen am Beispiel
einer Akademikerin, die im Alter von 30 Jahren ihr erstes Kind bekommt.
Abbildung 3
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Die Bruttojahreslohnverluste summieren sich bis zum 46. Lebensjahr beispielsweise auf rund
181.000 Euro auf, wenn die Frau mit der Geburt ihres ersten Kindes ihre Erwerbstätigkeit für drei
Jahre unterbricht und anschließend drei Jahre in Teilzeit arbeitet (25 Wochenstunden), bevor sie,
wenn ihr Kind im Alter von sechs Jahren in die Schule kommt, auf ihre Vollzeitstelle zurückkehrt.
Die Verluste fallen umso niedriger aus, je kürzer die Zeitspanne insgesamt ist, in der nicht in
Vollzeit gearbeitet wird. Zusätzlich sind die Verluste umso niedriger, je kürzer die Auszeitspanne
innerhalb dieser Phase ist. Gravierend erscheinen insbesondere die Verluste, die nach der
Rückkehr zu Vollzeit und bis zum 46. Lebensjahr entstehen. Der Lohnvorsprung der Referenzfrau
mit gleicher Bildung kann nicht annähernd eingeholt werden. Dieser hat sich vor allem durch
deren kontinuierlich wachsende Erwerbserfahrung und Vollzeittätigkeit ergeben. Von den oben
genannten Gesamtverlusten von rund 181.000 Euro entfallen knapp 70.000 Euro auf die
Vollzeitphase nach dem Wiedereinstieg.
Die Zahlen veranschaulichen, warum die Einkommensschere von Frauen und Männern ab der
Geburt des ersten Kindes auseinandergeht. In unserer obigen Analyse (s. Abbildung 2) entfallen
5,6 Prozentpunkte der Lohnlücke allein auf die unterschiedlich häufigen Erwerbsunterbrechungen
von Männern und Frauen. Neuere Studien deuten darauf hin, dass die mit zunehmender
Auszeitdauer steigenden Lohnstrafen auch damit zusammenhängen, dass sich lange
Unterbrechungen über den „geschützten Rahmen“ im Sinne der Arbeitsplatzsicherheit
hinausbewegen.22
Wie viel Zeit und Energie Mütter in den Job investieren können, hängt auch vom Engagement des
Partners ab. Daher kommt familienaktiven Vätern eine wichtige Rolle dabei zu, die
geschlechtsspezifische Lohnlücke zu vermindern. Während sich die Erwerbstätigkeit von Männern
bisher weitgehend unabhängig von der Familiengründung gestaltete, zeigen sich aktuell
Veränderungen. So reduzieren Männer insbesondere im ersten Lebensjahr des Kindes ihre
Arbeitsstunden.23 Viele Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Familienpolitik das
Väterengagement insbesondere mit der Ausgestaltung des Elternzeitregimes beeinflusst. Nach
eigenen Analysen wirken sich die exklusiven Väterwochen im Elterngeld und die Höhe der
Lohnersatzrate messbar positiv auf die Zeitverwendung von Vätern für ihre Kinder aus. Hoch
qualifizierte Väter reagieren auf diese Instrumente dabei besonders sensibel. Dies konnte in
einem Vergleich von acht Ländern mit Daten der Multinational Time Use Study gezeigt werden.24
Allerdings blockiert teilweise noch ein tradiertes Rollenverständnis bei Müttern eine stärkere
Einbindung von Vätern im Haushalt: Die Hilfe des Partners wird oft gar nicht eingefordert und
haushaltsnahe Dienstleistungen werden ebenso wenig in Anspruch genommen – auch, weil der
Zuverdienst nicht die hierdurch entstehenden Kosten deckt.25
Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit nicht nur bei der Geburt von Kindern. Sie tragen auch
die Hauptlast der Angehörigenpflege. Frauen pflegen eher ihre Eltern und Schwiegereltern,
Männer eher ihre Partnerinnen. Dementsprechend sind die Geschlechter in unterschiedlichen
Lebensphasen gefordert: Die höchste Pflegewahrscheinlichkeit besteht bei Frauen in der
Altersgruppe 50 bis 54 Jahre, bei Männern in der Altersgruppe 80 bis 84 Jahre.26 Der Umfang der
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Pflege erreicht bei erwerbstätigen Frauen nicht selten ein Ausmaß, das eine Erwerbstätigkeit nur
mit reduzierter Stundenzahl zulässt. Eigene Analysen auf Basis von SOEP-Daten der Jahre 1984
bis 2011 zeigen, dass der Frauenanteil unter erwerbstätigen Pflegenden mit einem Pflegeumfang
von mehr als 19 Stunden pro Woche 76 %, unter nichterwerbstätigen Pflegenden gleichen
Umfangs hingegen „nur“ 63 % beträgt.27 Die umfangreich pflegenden Erwerbstätigen sind im
Durchschnitt 50 Jahre alt. Frauen, die bereits eine längere Auszeit-Biografie aufweisen, sind dabei
auch häufiger diejenigen, die im Pflegefall ihre Erwerbstätigkeit wiederum aufgeben bzw. ihre
Nichterwerbstätigkeit verlängern. So weisen nichterwerbstätige pflegende Frauen 6,6 Auszeitjahre
auf, erwerbstätige nichtpflegende Frauen nur 4,7 Jahre und erwerbstätige pflegende Frauen sogar
nur 3,7 Jahre. Die Einbindung von Frauen in die Pflege erklärt zum Teil, warum sich die
Einkommen von Frauen bis weit in ihr 50. Lebensjahr hinein nicht dynamischer entwickeln (s.
Abbildung 1).
5. Überqualifikation
Eine Untersuchung weist darauf hin, dass 30 bis 40 % der Frauen mit einer mindestens
dreijährigen Pause in dem Job, auf den sie zurückkehren, formal überqualifiziert sind.28 Auch
eigene Berechnungen auf Basis von SOEP-Daten aus den Jahren 1984 bis 2011 belegen ein
erhöhtes Risiko, dass mittel qualifizierte westdeutsche Frauen beim Wiedereinstieg überqualifiziert
sind. Das Risiko, in subjektiver Selbsteinschätzung überqualifiziert zu sein, steigt zu diesem
Zeitpunkt um 5,9 %, das Risiko für statistische Überqualifikation um 2,6 % und das Risiko,
zweifach überqualifiziert zu sein, um 1,7 %. Der Risikofaktor „Wiedereinstieg“ bleibt auch in einem
dynamischen Schätzmodell bestehen, das den bisherigen Erwerbspfad berücksichtigt. Für
ostdeutsche Frauen und Akademikerinnen im Allgemeinen besteht hingegen kein messbares
Risiko.29 Hinzu kommt: Frauen erleiden mitunter geringere Lohnstrafen aus Überqualifikation als
Männer. Daher trägt nach unseren Untersuchungen Überqualifikation nicht zur Höhe der
geschlechtsspezifischen Lohnlücke bei.30
Die geschlechtsspezifische Kontinuität und Intensität der Erwerbsbeteiligung setzen zugleich den
Rahmen für die unterschiedlichen beruflichen Aufstiegschancen von Frauen und Männern, die die
Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern verstärken. Die unterschiedliche Positionierung von
Frauen und Männern in der betrieblichen Hierarchie trägt mit 3,4 Prozentpunkten zur Lohnlücke
bei (s. Abbildung 2).
Der Anteil der Frauen in Führungspositionen ist auch auf der zweiten Führungsebene noch
deutlich niedriger als ihr Beschäftigtenanteil. Zudem haben Frauen weiterhin Schwierigkeiten, in
die erste Ebene vorzustoßen.31 Der Frauenanteil in den Vorständen der 200 größten deutschen
Unternehmen lag Ende 2014 bei gut 5 %, jener in den DAX-30-Unternehmen bei gut 7 %.32
Dieses Phänomen der gläsernen Decke erklärt auch, warum die Verdienstlücke in den oberen
Quantilen der Einkommensverteilung ausgeprägter ist als im Mittel. So beträgt die Lücke am 90-
Prozent-Quantil 25,2 %, am 50-Prozent-Quantil (Medianlohn) jedoch nur 21,8 %.33 Mit dem
Phänomen der gläsernen Decke steht Deutschland nicht allein, auch im OECD-Durchschnitt
besetzen Frauen weniger als ein Drittel der Führungspositionen, die höchsten Frauenquoten
werden dabei in Frankreich, den USA und Polen erreicht.34 Daher zeigt sich wenig überraschend
auch in den meisten anderen Ländern eine höhere Lücke unter den oberen 10 % der Verdienste
im Vergleich zum Median.35
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2. Weiterbildung
Für die Lohnentwicklung von Frauen und Männern im weiteren Erwerbsverlauf sind schließlich
auch die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung und deren Erträge relevant. Für 18- bis 64-
jährige Beschäftigte zeigt der Trendbericht Weiterbildung 2014, dass zwar Frauen unter allen
Beschäftigten mit 48 % eine etwas geringere Beteiligungsquote an betrieblicher Weiterbildung
aufweisen als Männer mit 51 % und dass dies ähnlich auch unter Vollzeitbeschäftigten gilt (50 %
zu 52 %). Jedoch engagieren sich Frauen deutlich stärker in der individuellen berufsbezogenen
Weiterbildung. Dies gilt wiederum für Vollzeitbeschäftigte (12 % zu 8 %) und alle Beschäftigten
(11 % zu 7 %).36 Allerdings zeigt der Bericht auch auf, dass sich Führungskräfte weitaus stärker
in Weiterbildung engagieren als Beschäftigte mit geringerer beruflicher Position. Ob Weiterbildung
als Scharnier dienen kann, die geschlechtsspezifischen Einkommen im weiteren Erwerbsverlauf
anzugleichen, wird somit davon abhängen, inwiefern es gelingt, Frauen in diejenigen
Weiterbildungen einzubinden, die attraktive Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten nach sich
ziehen.
V. Fazit
Nach Jahrzehnten der Bildungsaufholung starten Frauen heutzutage überwiegend gleich, oft sogar
besser qualifiziert als Männer in das Berufsleben. Dazu passend sind die Verdienste in den ersten
Erwerbsjahren annähernd gleich. In den folgenden Erwerbsjahren setzen Frauen ihre formale
Qualifikation am Markt jedoch weiterhin weniger um als Männer. So konzentrieren sich Frauen
nach wie vor in den klassischen Frauenberufen und -branchen mit durchschnittlich niedrigeren
Gehältern und geringeren Aufstiegsperspektiven. Mit Beginn der Familienphase zeigen sich
überwiegend tradierte Rollenzuweisungen, die Verdienstschere öffnet sich. Die Lohnlücke
verstärkt sich durch die mit diskontinuierlichen Erwerbsverläufen und reduzierten
Wochenarbeitsstunden verringerten Aufstiegsperspektiven von Frauen. Schließlich übernehmen
Frauen in der „Familienphase 2“ die Hauptlast der Angehörigenpflege. Somit stellt sich der Gender
Pay Gap über den Lebensverlauf als Resultat sich gegenseitig verstärkender Effekte dar. Am Ende
der Erwerbskarriere steht eine Rentenlücke (Gender Pension Gap), die den Gender Pay Gap noch
um ein Vielfaches übersteigt.37
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Unternehmen und die Politik gefordert. Denn erwerbsbiografische Entscheidungen werden nicht
zuletzt auch im Kontext politisch-institutioneller und betrieblicher Rahmenbedingungen – v. a.
monetärer Anreize der Steuer-, Sozial- Arbeitsmarkt- und Familienpolitik sowie verfügbarer
institutioneller Betreuungsangebote für Kinder und pflegebedürftige Angehörige – getroffen. Hier
stehen nach wie vor einzelne Instrumente einer umfassenden Erwerbsintegration von Frauen
entgegen.
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