Seite 15 Samstag, 16.
September 2023
Renaturierung –
Auf Seite 20:
Schwarze Elster soll
langsam und stetig fließen.
Ein letzter Blick in den Kohlebunker
Tag der offenen Tür Das noch stehende Gebäude des alten Kraftwerks Lübbenau konnte besichtigt werden, bevor
es zurückgebaut wird. Ein historisches Ereignis, besonders für die ehemaligen Mitarbeiter. Von Alexandra Leibmann
S
o umstritten Braunkohle-
kraftwerke heute auch sein
mögen – nicht wegzuden-
ken waren sie damals. Am
30. Juni 1996 aber wurde das
Kraftwerk Lübbenau aufgrund
von unzureichender Ertragsfähig-
keit stillgelegt. 25 Prozent höher
lag der Kohleverbrauch im Ver-
gleich zu den modernen Anlagen.
Die damaligen Helden der Indus-
trie, die Kraftwerksarbeiter, wur-
den größtenteils versetzt. Zum
Beispiel in das heute immer noch
aktive Braunkohlekraftwerk
Schwarze Pumpe.
Es ist der 9. September, als das
Kraftwerk zum letzten Mal seine
Pforten öffnet, bevor die letzten
großen Altlasten der Kraftwerks-
zeit beseitigt werden und das
heutige Industrie- und Gewerbe-
gebiet auf dem Gelände erweitert
wird. Geschätzt 120 Menschen ha-
ben sich am Tag der offenen Tür
auf dem Gelände versammelt.
Es ist die letzte Möglichkeit, ei-
nes der zwei übrig gebliebenen
Industriegebäude von innen zu
besichtigen. In dem großen Koh-
leentladebunker zu sehen sind
Güterzüge aus den 60er-Jahren,
auf Gleisen schwebend. Unter ih-
nen, wo jetzt nur noch ein stau-
biger Abgrund ist, verlief damals
ein Förderband, auf dem die Koh-
le weiter bis ins Maschinenhaus
transportiert wurde.
Aufgrund des hohen Andrangs
ist Schlangestehen angesagt.
Während ein Großteil der Masse
ungeduldig in der heißen Som-
mersonne ansteht, um ins Gebäu-
de zu kommen, sitzen einige Män-
ner am Rande des Geschehens,
erfreuen sich an Bier und Brat-
wurst und sind vertieft in Gesprä-
che. Für sie lohnt sich das Anste-
hen nicht, stellen sie fest, denn
sie kennen das Kraftwerk, als es
noch in Betrieb war. Aus nostal-
gischen Gründen sind sie noch-
mal für diesen Tag angereist.
Durch die Gespräche der ehe-
maligen Arbeiter wird schnell
deutlich: Die Zeit damals war ge-
prägt durch ein starkes Zusam-
mengehörigkeitsgefühl und die
Entstehung einer Gemeinschaft.
Denn parallel zur Errichtung des
Kraftwerks und der nahe gelege-
nen Wohnstadt wurde auch der
Bau sozialer und medizinischer
Anlage im Februar 1980.
Bye, Bye für „kultur.lokal.machen“ im Skatepark in Lübbenau
Lübbenau. Nach dem großen Er-
folg im letzten Jahr lädt das Kul-
turhof-Projekt „kultur.lokal.ma-
chen“ gemeinsam mit der Stadt
Lübbenau/Spreewald und der
AWO Jugendarbeit erneut auf den
Skatepark der Spreewaldstadt ein.
Dieses Jahr stehen der Nachmit-
tag und Abend unter einem ganz
besonderen Motto: Bye, Bye „kul-
tur.lokal.machen“, denn die Pro-
jektförderung neigt sich dem
Ende. Dieses soll mit einem bun-
ten Knall gebührend gefeiert wer-
den, teilt die Projektleitung des
Kulturhof e.V. mit.
Am heutigen Samstag, 16. Sep-
tember, von 15 bis 22 Uhr werden
Zwei neugierige Besucher am Tag der offenen Tür im Kohleentlade-
bunker vom Kraftwerk in Lübbenau.
Einrichtungen sowie das kulturel-
le Leben der Einwohner geför-
dert. Gudat (78), ehemaliger Ar-
beiter des Kraftwerks Lübbenau,
und Wagner (74), damals tätig in
Vetschau, hatten ihre Ausbildung
gemeinsam im Kraftwerk Lübbe-
nau, einem der größten Braun-
kohlekraftwerke der Region, an-
gefangen.
Die ehemaligen
Betreiber
erinnern sich.
1976 beendeten die Männer ihr
Abendstudium, das sie im An-
schluss an den täglichen Schicht-
betrieb ausübten. Heute, viele
Jahre später, sitzen sie gemeinsam
am Tisch und erinnern sich zu-
rück. Über „acht Stunden am Tag,
drei Wochenenden im Monat ar-
Foto: AG Zeitgeschichte
die Besucherinnen und Besucher
des Skateparks in der Friedrich-
Engels-Straße deshalb eine ein-
zigartige Party erleben. Es wartet
ein vielfältiges Programm, das für
jeden Gast etwas zu bieten hat.
Bunte Kreativangebote wie Tex-
tilgestaltung und Siebdruck, But-
tonherstellung und Kunst mit
buntem Klebeband sind nur eini-
ge der Angebote, die ausprobiert
werden können.
Eine große Besonderheit wird
der Besuch der Künstlerinnen
und Künstler der Selfmadecrew
aus Berlin sein. Im Rahmen eines
Tape-Art-Workshops haben alle
Interessierten die Möglichkeit,
LÜBBENAUER
RUNDSCHAU
Fotos (3): Alexanda Leibmann
beiten und dafür 32 Mark Lehr-
lingsgehalt“ – darüber können die
Männer heute lachen. „Porsche in
Leipzig zahlt heute 1400 Euro im
ersten Lehrjahr, habe ich gehört“,
vergleicht Wagner die heutige In-
dustrie mit Humor.
Muckwar (84) und Noack (82)
sitzen auch mit in der Runde. Sie
waren am Aufbau des Kraftwerks
mit beteiligt. Muckwar baute am
Dach des Gebäudes, Noack er-
richtete die Förderbrücke vom
nahegelegenen Tagebau.
Memoiren eines Arbeiters
Die Beförderung der Kohle am
Laufen zu halten, war besonders
in den Wintermonaten herausfor-
dernd. Hans-Joachim Nemitz war
als Einsatzkraft im Winter mit da-
bei und gibt uns einen Einblick in
seine niedergeschriebenen Erin-
nerungen: „Sobald sich die
Quecksilbersäule dem Nullpunkt
näherte oder Wettervorhersagen
Schlimmes befürchten ließen,
wurden betriebliche Einsatz-
trupps in Bereitschaft versetzt
oder vor Ort gerufen.“ Weiter be-
schreibt der 80-Jährige, wie mit
ohrenbetäubendem Lärm die an
den Innenwänden des Zuges ein-
gefrorene Kohle aus den Waggons
auf den Entladebunker herausge-
drückt wurde.
„Es kam am 1. Januar 1979 zu
einem Stillstand in der Kohlean-
fuhr aus den Tagebauen. Bedingt
durch extremen Frost, Sturm und
mit buntem Klebeband eigene
Kunstwerke zu gestalten. Es war-
ten außerdem tolle Lichtbilder
(Videomapping), ein multimedia-
les Angebot der Makerkutsche
Der Kulturhof in Lübbenau lädt ein.
Kostenlose Publikationen lieg
en aus und
fassen die Geschichte des Kra
ftwerks mit
Text und Bildern zusammen.
Die alten Güterzüge, die noch stehen, werden bald über die noch
intakten Gleise hinaustransportiert.
Schneemassen bewegte sich fast gen: Lübbenau ist am vorbildli-
nichts mehr. Das Kraftwerk Lüb- chen Zahn der Zeit – mit dem
benau-Vetschau fuhr seine Koh- Abriss des Kraftwerks und der zu-
lereserven bis auf Bestand null. künftigen Weiterentwicklung des
Das gesamte Kraftwerk war kurz- Industrie- und Gewerbegebiets
zeitig schwarz, das heißt außer „Spreewalddreieck“.
Betrieb, bis es nach größeren Be-
mühungen am 8. Januar 1979 wie-
der mit allen Blöcken am Netz Wärme von Ferne
war. Einsatztrupps rückten letzt-
malig im Winter 1989/1990 aus.“ 16 Waggons mit einer Gesamtladung
Blick in die Zukunft
von 960 Tonnen Rohbraunkohle wur-
den durch eine Zugeinheit damals
Ein Stück Identität und Zeitge- vom Tagebau Seese-Ost hin zum
schichte der Lausitz sagt ade. Kraftwerk befördert.
37 Jahre Elektroenergie und die
Entstehung der Neustadt Lübbe- Neben Schulen, Turnhallen, Betrie-
nau sind der Errichtung und dem ben und Handelseinrichtungen waren
Erfolg dieses Werks zu verdan- es vor allem nahezu 7000 Wohnungen,
ken. die durch das Werk über mehrere
Aufgrund ihrer geringen Effi- Jahrzehnte mit Wärme versorgt wur-
zienz und der damit verbundenen den.
höheren Umweltauswirkungen
stehen Braunkohlekraftwerke So heißt es in einer Publikation von
heutzutage in der Kritik, insbe- der VEAG – Vereinigte Energiewerke
sondere in Bezug auf den Klima- AG, die am Tag der offenen Tür für alle
wandel und die Luftverschmut- zum Mitnehmen ausliegt. lex
zung. Dahingehend kann man sa-
und eine Kritzelwand zum groß- derzeit zum Skaten, und das mu-
flächigen Zeichnen und Schreiben sikalische Programm lädt zum
auf die Gäste. Ein Airsoccer-Feld Tanzen ein. Die Trendsportanla-
sorgt für den Thrill beim Bolzen, ge wird den ganzen Nachmittag
FOTO: PROJEKTLEITUNG KULTURHOF LÜBBENAU
die Rampen des Platzes laden je- über mit passender Musik be-
schallt. Während am Nachmittag
die Kleinen bei einer Kinderdis-
co von 15 bis 17 Uhr auf ihre Kos-
ten kommen, nehmen später die
Großen das Zepter in die Hand.
Der krönende Abschluss der
Fete wird von 20 bis 22 Uhr von
DJ Thft aus Lübbenau geboten.
Alle Angebote sind, dank der För-
derung des Kulturhofprojektes im
Modellprogramm UTOPOLIS
und des städtischen Kultursom-
mers kostenfrei. red
Lübbenau
Vetschau
Calau
Altdöbern
Ausstellung
wandert
nach Lübben
Kultur Im Oktober ist
im Rathaus die Schau
„Demokratie stärken –
Rechtsextremismus
bekämpfen“ zu sehen.
Lübben. Vom 9. bis 20. Oktober
gastiert die Wanderausstellung
„Demokratie stärken – Rechtsex-
tremismus bekämpfen“ im Rat-
haus der Stadt Lübben. Die inter-
aktive Ausstellung ist in Koope-
ration mit der Friedrich-Ebert
Stiftung und RAA Trebbin Demo-
kratie und Integration Branden-
burg entstanden, teilt Bettina Mö-
bes von der Stadtverwaltung in
Lübben mit.
Sie zeigt die Bedeutung der De-
mokratie für die Gesellschaft und
thematisiert die Gefahr, die vom
Rechtsextremismus für Demokra-
tie und Menschenwürde ausgeht.
Ziel der Ausstellung ist es, junge
Menschen für die Thematik zu
sensibilisieren und Lehrkräften
die Möglichkeit zu bieten, ihre
Schülerinnen und Schüler an zen-
trale Begriffe und Probleme he-
ranzuführen.
Ausstellung wird begleitet
Die Ausstellung wird von der
Spreewald-Schule sowie den
Schulsozialarbeitern unterstützt
und begleitet. Acht bis zehn Schü-
lerinnen und Schüler der Schule
werden in einem Workshop als
Peerguides ausgebildet, um Klas-
sen der Spreewald-Schule durch
die Ausstellung zu führen. Schu-
len und Bürgerinnen und Bürger
haben die Möglichkeit, die Aus-
stellung zu den regulären Öff-
nungszeiten des Rathauses zu be-
suchen.
Die Eröffnung findet am 9. Ok-
tober um 10 Uhr im Rathaus
durch Peter Schneider, stellver-
tretender Bürgermeister der
Stadt, sowie Vertretern der Fried-
rich-Ebert-Stiftung sowie der Re-
gionalen Arbeitsstelle für Bil-
dung, Integration und Demokra-
tie statt.
Um 10.30 Uhr startet die öffent-
liche Führung. Eine Anmeldung
ist nicht notwendig. red
Vortrag in der
Darre fällt aus
Lieberose. Der im Rahmen zum
Symposion „Lausitzer Fototage in
Lieberose“ geplante Vortag von
Ulrike Kremeier, Direktorin des
Brandenburgischen Landesmuse-
ums für moderne Kunst (BLmK),
zur fotografischen Sammlung im
Dieselkraftwerk Cottbus am Mon-
tag, 18. September, in der Darre
findet nicht statt, teilt Herbert
Schirmer, Kurator der Lausitzer
Fototage, mit. red
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Redaktions-Hotline: 0355 481 777
✆@
Montag bis Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr
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Reporter: Terence Lee
Mobil: 0151 40224138
Reporterin: Alexandra Leibmann
Mobil: 0151 17423825
Reporter: Daniel Preikschat
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