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Streuexperiment | LEIFIphysik 16.01.

24, 16:01

Kernphysik - Grundlagen
Grundwissen
Streuexperiment
Das Wichtigste auf einen Blick

Mit Streuexperimenten kann man den Aufbau und die Struktur von kleinsten Teilchen untersuchen.
Das zu untersuchende Objekt wir mit schnellen Teilchen beschossen, die am Objekt gestreut werden.
Aus der räumlichen Verteilung der gestreuten Teilchen werden Rückschlüsse auf die Struktur des Objektes gezogen.

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Idee von Streuexperimenten


Eine Herausforderung für die Atom- und Kernphysik ist experimentell
gesicherte Aussagen über die Struktur von Mikroobjekten wie Atomen,
Atomkernen, Protonen und Neutronen zu gewinnen. Die Teilchen in
der Atom- und Kernphysik sind so klein, dass man mit klassischen
optischen Hilfsmitteln keine Informationen gewinnen kann. Daher
haben sich seit Beginn des 20. Jh. sogenannte Streuexperimente in der
Forschung etabliert. Dabei wird das zu untersuchende Objekt wie in
Abb. 1 mit schnellen, energiereichen Teilchen beschossen. Diese
Teilchen treffen auf das Objekt und durchdringen das Objekt einfach, Joachim Herz Stiftung
werden vom Objekt etwas abgelenkt oder vom Objekt sogar Abb. 1 Prinzipieller Versuchsaufbau bei Streuversuchen
zurückgestreut. Diese Verteilung der gestreuten Teilchen (wie viele
Teilchen unter einem Winkel ϑ gestreut werden) wird mit speziellen Detektoren beobachtet. Aus dem Wissen, wie die Teilchen von
untersuchten Objekt gestreut werden, können dann Rückschlüsse auf den Aufbau des untersuchten Objektes gezogen werden.

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Streuexperiment | LEIFIphysik 16.01.24, 16:01

Ablauf der Streuexperimente

Zunächst wird bei Streuversuchen dafür gesorgt, dass ein relativ


geradliniger Teilchenstrahl auf das zu untersuchende Objekt, das
sogenannte Target (engl.: Ziel) trifft. Dies kann auf verschiedene Arten
und Weisen erreicht werden - z.B. einfach über Blenden, die
divergierende Teilchen absorbieren oder mithilfe von elektrischen und
magnetischen Feldern, die die Teilchenbahnen beeinflussen. Diesen
Prozess nennt man Kollimation.

Der kollimierte Teilchenstrahl trifft anschließen auf das Target, das


Objekt, das untersucht werden soll. Am Target wird der kollimierte
Teilchenstrahl entsprechend den Eigenschaften und dem inneren
Aufbau des Targets gestreut. Aus der Winkelverteilung der gestreuten
Teilchen kann man daher auf die Struktur des Targets und auf die Art
der Kräfte zwischen den Geschossen und den Bausteinen des Targets
schließen.

Abb. 2 Aufbau eines Streuexperiments mit Kollimator und Target

RUTHERFORDscher Streuversuch mit α-Teilchen


Der erste Streuversuch, der die Vorstellungen des Atomaufbaus
grundlegend veränderte und bis heute prägt, war der
RUTHERFORDsche Streuversuch. Hier wurden Goldatome einer sehr
dünnen Goldfolie mit α-Teilchen, die aus dem Zerfall von radioaktiven
Radium stammten, beschossen. Anhand der
überraschenden Beobachtung, dass die Goldfolie einige wenige
energiereichen α-Teilchen sogar zurückstreut, entwickelte Rutherford
die Kern-Hülle-Struktur des Atoms: Ein Atom hat einen sehr kleinen,
positiv geladenen Atomkern, in dem jedoch nahezu die gesamte Masse
des Atoms vereint ist. In der sehr großen Atomhülle um den Kern
Abb. 3 Streuung von Alphateilchen an einem Goldkern
herum sind lediglich die Elektronen, die die Ladung des Kerns nach
außen abschirmen.

Streuversuch mit schnellen Elektronen


Nach der Theorie von Gell-Mann sollten ein Proton aus noch kleineren
Teilchen, den Quarks bestehen. Diese Theorie konnte experimentell
ebenfalls durch Streuversuche bestätigt werden. Um die Strukturen von
so kleinen Teilchen wie die eines einzelnen Protons zu untersuchen,
waren jedoch große, schwere Alphateilchen ungeeignet. Es wurden
hierzu wie in Abb. 4 sehr viel kleinere und leichtere Elektronen
genutzt, die mithilfe des Stanford Linearbeschleunigers 1969 auf sehr
hohe Geschwindigkeiten gebracht wurden. Mit diesen Elektronen
Abb. 4 Streuung von Elektronen an den Quarks eines Protons
wurde flüssiger Wasserstoff beschossen und die Streuung der
Elektronen detektiert.

Mit diesem Experiment konnten J. Friedman, H. Kendall und R. Taylor die Theorie von Gell-Mann bestätigen und den Aufbau von Protonen aus
noch kleineren Teilchen, den Quarks nachweisen. Für diesen Nachweis erhielten sie 1990 den Physik-Nobelpreis.

Einfaches mechanisches Analogiemodell (nach Hilscher)

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Streuexperiment | LEIFIphysik 16.01.24, 16:01

Stelle dir einen Sack vor, von dessen Inhalt die Masse bekannt sei. Du sollst feststellen, wie sich die
Masse über das Sackinnere verteilt, ohne in ihn hineinschauen zu dürfen. Der Sack könnte z.B.
gleichmäßig mit einem Stoff verhältnismäßig kleiner Dichte - etwa Holzspäne - gefüllt sein, oder es
könnten sich nur an einigen Stellen kleine Körper großer Dichte, z.B. Bleikugeln, befinden. Wie kannst
du herausfinden, welcher dieser beiden Fälle vorliegt?
Eine Möglichkeit ist es, kleine Kugeln mit hinreichender Geschwindigkeit in den Sack zu schießen und
zu beobachten, wo und wie sie wieder aus ihm herauskommen. Treten alle Kugeln in Schussrichtung,
jedoch mit verminderter Geschwindigkeit aus dem Sack aus, dann kann man schließen, dass der Sack
gleichmäßig mit Materie geringer Dichte gefüllt ist. Findet man dagegen, dass einige Kugeln stark
abgelenkt werden, dann kann man annehmen, dass sie mit kleinen, starren massiven Körpern
zusammengestoßen sein müssen.

Je energiereicher die Projektile, desto mehr verraten sie über den Aufbau des Objekts: Aus der
Ablenkung der Bälle kann man auf die Form des Sacks schließen; die Pfeile lassen die Kugeln in Streuung in der Mechanik
seinem Inneren erkennen; die hochenergetischen Geschosse lassen die Kugeln zerplatzen und
offenbaren so deren innere Struktur (aus "Welt der Physik").

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