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Gemeinschaftskunde Zuwanderung nach Deutschland Am

So funktioniert das Asylverfahren

Tausende Flüchtlinge schlagen sich jeden Monat nach Deutschland durch. Und was passiert
dann?
Von Katharina Brunner (Süddeutsche Zeitung, 2015)

5 Schritt 1: Nach Deutschland kommen

Als erstes kommt das Zauberwort. Wenn die Flüchtlinge, die seit Monaten zu Tausenden nach
Deutschland kommen, auf Polizisten treffen, dann sagen sie ein Wort: "Asyl". Das ist aber
noch kein Antrag, sondern lediglich eine Bitte, die das Verfahren in Gang bringt.

Flüchtlinge kommen auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland, oft haben


10 sie keine gültigen Papiere bei sich.

Schritt 2: Nach Bundesländern aufteilen

Kommen Menschen nach ihrer Flucht in Deutschland an, ist erst einmal alles easy, zumindest
angeblich. Denn Easy - Erstverteilung von Asylbegehren - heißt das System, nach dem ein
Platz in einer Erstaufnahme-Einrichtung ermittelt wird. Dahinter steht der "Königsteiner
15 Schlüssel", der den Anteil jedes Bundeslandes festlegt. Reiche Bundesländer und solche mit
vielen Einwohnern nehmen mehr Flüchtlinge auf als andere.

Nach der Registrierung wird entschieden, in welchem Bundesland die Prozedur


weitergeht.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge orientiert sich bei der Verteilung aber nicht nur
20 an der offiziellen Quote, es haben sich auch gewisse Schwerpunkte herausgebildet: Menschen
aus dem Libanon etwa kommen meist nach Niedersachsen und Sachsen, Flüchtlinge aus dem
Kongo nach München.

Schritt 3: Den Antrag stellen

Fingerabdrücke, Fotos, Personenangaben: Wer in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellen
25 will, wird von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt. Im Gegensatz zu vielen anderen
Anträgen bei Behörden gibt es dafür kein Formular, das mit der Post geschickt werden kann:
Flüchtlinge müssen den Asylantrag persönlich in ihrer Erstaufnahme-Einrichtung stellen. Dort
gibt es Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, deren Mitarbeiter über
die Anträge entscheiden.

30 Der Asylantrag kann nur persönlich beim Amt gestellt werden.

Schritt 4: Das Dublin-Verfahren überstehen

Die EU-Länder haben unter sich ausgemacht, wer für Asylanträge zuständig ist, wenn
Flüchtlinge beispielsweise mit einem Boot nach Italien kommen und dann weiter nach
Deutschland reisen. Die Regel: das Land, das die Person zuerst betreten hat. Die
35 Bootsflüchtlinge müssten ihren Antrag also meist in Griechenland oder Italien stellen. Mit einer
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EU-weiten Datenbank können Mitarbeiter des BAMF überprüfen, ob das zutrifft. Wenn ja, so
heißt es im offiziellen Sprachgebrauch, werden die Menschen überführt, also ausgewiesen.

Tatsächlich tritt dieser Fall aber immer seltener ein: Im zweiten Quartal dieses Jahres wurden
lediglich 931 Asylbewerber tatsächlich überstellt - also nur jeder dreizehnte Flüchtling, für
40 dessen Asylantrag das BAMF eigentlich ein anderes EU-Land für zuständig hielt.

Schritt 5: Wichtige Fragen in der Anhörung beantworten

Der wichtigste Termin ist die Anhörung. Der BAMF-Mitarbeiter, der über den Antrag
entscheidet, stellt entscheidende Fragen: Was sind die Gründe der Flucht? Welche Verfolgung
und Bedrohung gab es konkret? Gibt es dafür Beweise wie Briefe oder Medienberichte? Was
45 würde bei einer Rückkehr passieren?

Diese Anhörungen sind nicht öffentlich. Neben dem BAMF-Mitarbeiter dürfen zwei weitere
Personen anwesend sein: ein Dolmetscher und eine Vertrauensperson.

Während der Anhörung entsteht ein schriftliches Protokoll, auf dessen Basis entschieden wird.
Tonaufnahmen oder Wortprotokolle gibt es nicht. Fallen dem Asylbewerber später noch
50 wichtige Dinge ein, kann es sein, dass sie wegen "verspäteten Vorbringens" ignoriert werden.

Das Protokoll sollte geprüft werden.

Es ist vorgesehen, dass dieses Gespräch kurz nach dem Antrag stattfinden soll. Aufgrund der
großen Anzahl an Asylsuchenden kann es aber auch Monate dauern, bis ein Termin
gefunden ist.

55 Das Asylrecht ist ein Grundrecht, garantiert im Artikel 16a des Grundgesetzes. Doch in der
Praxis kommt dieses Grundrecht kaum zur Anwendung, im ersten Halbjahr nur in einem
Prozent der Fälle. Denn auf das Asylrecht kann sich laut Artikel 16a nicht berufen, wer über
ein sicheres Drittland - etwa Österreich - einreist.

Ist ein Asylantrag erfolgreich, dann in den meisten Fällen auf Grundlage des §3
60 Asylverfahrensgesetz, weil der Asylsuchende den BAMF-Mitarbeiter von einer "begründeten
Furcht vor Verfolgung" überzeugen kann. Gründe, die anerkannt werden, sind Verfolgung auf
Grund von:

• Rasse
• Religion
65 • Nationalität
• politischer Überzeugung oder
• der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Homosexualität)

Bleiben darf auch, wem das Amt "subsidiären Schutz" nach §4 Asylverfahrensgesetz zubilligt,
weil im Heimatland etwa die Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung drohen.

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Asylheime sind keine Bleibe auf Dauer.

Schritt 7: Asyl - ja oder nein?

75 Die Entscheidung des Bundesamt-Mitarbeiters bekommt ein Asylsuchender als Bescheid per
Brief. Ist der Bescheid negativ, fordert der Staat die Person auf, auszureisen. Passiert das
nicht freiwillig, droht Abschiebung.

Gegen die Entscheidung kann ein abgelehnter Asylsuchender innerhalb von zwei Wochen
klagen - allerdings nur, wenn der Antrag nicht "offensichtlich unbegründet", also vollkommen
80 unglaubwürdig, oder "unzulässig" ist, weil ein anderer EU-Staat für die Person zuständig ist.

Genehmigt das BAMF den Antrag, bekommt die Person eine Aufenthaltserlaubnis. Sie gilt bei
anerkannten Flüchtlingen für drei Jahre, anschließend bekommt sie eine unbefristete
Niederlassungserlaubnis, falls sich die Verhältnisse in ihrem Heimatland nicht geändert haben.
Wer einen subsidiären Schutzstatus hat, darf mindestens ein Jahr bleiben. Die
85 Aufenthaltserlaubnis wird danach um jeweils zwei Jahre verlängert, wenn die Schutzgründe
noch bestehen.

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-so-funktioniert-das-asylverfahren-1.2622761

Aufgaben:

1. Stelle in einem Flussdiagramm das Asylverfahren der BRD dar.


2. Beschreibe, welche Schwierigkeiten auftreten können.

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