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Physik
für Mediziner
16. Auflage
Physik für Mediziner
Ulrich Harten
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Physik für Mediziner: Das Layout
Einleitung: Rechenbeispiele: Schritt für Schritt
Kurzer Einstieg ins Thema physikalische Zusammenhänge und
Berechnungen nachvollziehen
Merke:
das Wichtigste auf
den Punkt gebracht . Abb. 2.25 (Video 2.2) Ein mikroskopischer Blick auf
die Reibung (https://doi.org/10.1007/000-07w)
Praktikum:
Grundlagen für typische Versuche
Übungsaufgaben: nach
Schwierigkeitsgrad
geordnete Fragen mit
Lösungen
Blick
Exkurs:
Hintergründe und
vertiefte Informationen
Vorwort
Die Physik handelt von den Naturgesetzen, und die galten schon, als die Erde noch
wüst und leer war. Verstöße gegen die Naturgesetze werden nicht bestraft, sie sind
gar nicht erst möglich. Das gilt auch für organisches Leben und ärztliche Kunst.
Herz und Lunge, Magen und Darm, Auge, Ohr und das ganze Nervensystem, ob
gesund, ob krank, agieren im Rahmen der Naturgesetze. Ärzte ebenso.
Deshalb muss sich ein Medizinstudent, auch wenn es nicht seine Leidenschaft ist,
mit Physik befassen. Dieses Buch versucht, das Notwendige verständlich zu präsen-
tieren, Hilfen für das Physikpraktikum zu geben und die medizinischen Anwendun-
gen aufzuzeigen.
Das Buch erläutert weiterhin alle im Gegenstandskatalog aufgeführten Lernin-
halte. Welche Sie davon in der Prüfung an Ihrer Universität tatsächlich brauchen,
müssen Sie selbst herausfinden. In der zentralen 1. ärztlichen Vorprüfung des IMPP
wird keineswegs alles gebraucht. Im Inhaltsverzeichnis und an den Kapitelüber-
schriften habe ich die besonders Vorprüfungs-relevanten Kapitel (aus den letzten 5
Jahren) für Sie mit Ausrufezeichen markiert. Die Lerntabellen, die Verständnisfragen
und die Übungsaufgaben orientieren sich ebenfalls an der Vorprüfung und an Klau-
suren an den Hochschulen. Ich möchte auch auf mein „Übungsbuch Physik für
Mediziner“ verweisen. Dort sind für die unmittelbare Prüfungsvorbereitung die
wichtigsten Themen zusammengefasst und Sie können mithilfe von Verständnisfra-
gen überprüfen, ob Sie alles verstanden haben.
Etliche Abbildungen in dieser neuen Auflage sind nun mit Videos hinterlegt, die
solche Themen behandeln, die am besten mit bewegten Bildern erklärt werden kön-
nen. Im E-Book können Sie den Link in der Legende der entsprechend markierten
Bilder direkt anklicken, beim Printbuch bekommen Sie die Videos mit der More
Media App auf ihr Smartphone. Neben den allfälligen Korrekturen gibt es in der
neuen Auflage ein paar Umstellen und Aktualisierungen auf neue Normen.
Ich danke allen Lesern, die Fehlerhinweise gegeben haben. Die Betreuung dieses
Buches im Verlag lag wieder in den Händen von Rose-Marie Doyon und Christine
Ströhla. Ihnen gilt mein besonderer Dank für die vielfältigen Hilfen.
Ulrich Harten
Frühjahr 2020
IX
Wichtige Zahlenwerte
π (Pi) π = 3,141592...
e (Euler-Zahl) e = 2,718281...
√2 √2 = 1,4142…
ln2 ln2 = 0,6931…
Fallbeschleunigung g = 9,81 m/s2
Lichtgeschwindigkeit (Vakuum) c = 299.792.458 m/s ≈3.108 m/s
Avogadro-Konstante NA = 6,022 · 1023 mol–1
Gaskonstante R = 8,31 J/(mol · K)
Volumen eines Mol Gas (0° C, 105 Pa) 22,4 l/mol
Dichte von Wasser ρw = 1,0 kg/l
Spez. Wärmekapazität von Wasser 4,18 J/(g · K)
Schallgeschwindigkeit in Wasser 1480 m/s
Schallgeschwindigkeit in Luft 330 m/s
Elementarladung e0 = 1,602 · 1019 As
Faraday-Konstante F = 96.484 As/mol
zz Energieeinheiten
55 1 Joule = 1 Newtonmeter = 1 Wattsekunde = 1 J = 1 N · m = 1 W · s
55 Kilowattstunde = 1 kWh = 3,600 · 106 J
55 Elektronvolt = 1 eV = 1,602 · 10–19 J
55 Kalorie = 1 cal = 4,184 J
zz Druckeinheiten
55 Pascal = 1 Pa = 1 N/m2; Luftdruck: 1,013 · 105 Pa = 760 mmHg ≈ 10 Meter H2O
55 Bar = 1 bar = 1,000 · 105 Pa
55 mm-Quecksilber = 1 mmHg = 133,3 Pa
55 mm-Wasser = 1 mmH2O = 9,81 Pa
55 Atmosphäre = 1 atm = 1,013 · 105 Pa
X Wichtige Zahlenwerte
Inhaltsverzeichnis
1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Physikalische Größen und ihre Einheiten ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2 Mengenangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.2.1 Masse und Stoffmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.2.2 Dichten und Gehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.3 Statistik und Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.1 Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.2 Mittelwert und Streumaß !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.3 Messunsicherheit !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3.4 Fehlerfortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.4 Vektoren und Skalare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.5 Wichtige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
1.5.1 Winkelfunktionen ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
1.5.2 Exponentialfunktion und Logarithmus !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.5.3 Potenzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.5.4 Algebraische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.6 In Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.7 Fragen und Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.7.1 Verständnisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.7.2 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.4 In Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
2.5 Fragen und Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
2.5.1 Verständnisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
2.5.2 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5 Wärmelehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
5.1 Grundlegende Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
5.1.1 Wärme ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
5.1.2 Temperatur ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
5.1.3 Temperaturmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
5.1.4 Wahrscheinlichkeit und Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
5.1.5 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
5.1.6 Wärmekapazität !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
5.2 Ideales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
5.2.1 Zustandsgleichung !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
5.2.2 Partialdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
5.2.3 Energie im Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
5.3 Transportphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
5.3.1 Wärmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
5.3.2 Konvektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
5.3.3 Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
5.3.4 Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
5.3.5 Osmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
5.4 Phasenumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
5.4.1 Umwandlungswärmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
5.4.2 Schmelzen oder Aufweichen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
5.4.3 Schmelzen und Gefrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
5.4.4 Lösungs- und Solvatationswärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
5.4.5 Verdampfen und Kondensieren !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
5.4.6 Luftfeuchtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
5.4.7 Zustandsdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
5.4.8 Absorption und Adsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
5.5 Wärmenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
5.5.1 Wärmehaushalt des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
5.5.2 Warum kostet Energie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
5.5.3 Wärme- und Entropiehaushalt der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
5.6 In Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
5.7 Fragen und Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
5.7.1 Verständnisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
5.7.2 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
6 Elektrizitätslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
6.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
6.1.1 Ladung und Strom ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
6.1.2 Kräfte zwischen geladenen Teilchen ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
6.1.3 Elektrisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
6.1.4 Feld und Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
6.1.5 Elektrisches Potenzial ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
XIV
Inhaltsverzeichnis
7 Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
7.1 Elektromagnetische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
7.1.1 Strahlender Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
7.1.2 Spektralbereiche !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
7.1.3 Wellenausbreitung ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
7.2 Geometrische Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
7.2.1 Lichtbündel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
7.2.2 Spiegelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
7.2.3 Brechung ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
7.2.4 Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
7.2.5 Linsen ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
7.2.6 Abbildung mit Linsen ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
7.2.7 Abbildungsgleichungen !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
7.2.8 Abbildung durch einfache Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
7.2.9 Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
7.2.10 Fehlsichtigkeit und Brillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
7.2.11 Optische Instrumente ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
7.3 Intensität und Farbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
7.3.1 Strahlungs- und Lichtmessgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
7.3.2 Optische Absorption !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
7.3.3 Farbsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
7.4 Wellenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
7.4.1 Polarisiertes Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
7.4.2 Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
7.4.3 Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
7.4.4 Dünne Schichten und Beugungsgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
7.4.5 Beugungsfiguren und Auflösungsvermögen !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
7.5 Quantenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
7.5.1 Lichtquant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
7.5.2 Energiezustände und Spektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
7.5.3 Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
7.5.4 Röntgenstrahlen !! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
7.5.5 Compton-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
7.5.6 Röntgendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
7.6 Elektronenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
7.6.1 Elektronenbeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
7.6.2 Elektronenmikroskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
7.6.3 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
7.7 In Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
7.8 Fragen und Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
7.8.1 Verständnisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
7.8.2 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
XVI
Inhaltsverzeichnis
Serviceteil
Physikalische Formelsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
XVII
Grundbegriffe
Inhaltsverzeichnis
1.2 Mengenangaben – 6
1.2.1 asse und Stoffmenge – 6
M
1.2.2 Dichten und Gehalte – 7
Die Physik ist eine empirische und quantita- Man muss freilich sorgfältig und genau hin-
1 tive Wissenschaft; sie beruht auf Messung sehen, wenn man eine solche Darstellung
und Experiment. Daraus folgt eine intensive richtig interpretieren will.
Nutzung mathematischer Überlegungen, Die Abbildung ist einem Lehrbuch der
denn Messungen ergeben Zahlenwerte und Physiologie entnommen. Sein Verfasser setzt
die Mathematik ist primär für den Umgang als selbstverständlich voraus, dass jeder, der
mit Zahlen erfunden worden. Die Natur ist zu diesem Buch greift, ein solches ja nicht
damit einverstanden. Selbst rechnet sie zwar ganz einfache Diagramm auch „lesen“
nicht, aber wenn der Mensch ihre Gesetzmä- kann. Dazu gehören räumliches Vorstel-
ßigkeiten einfach und korrekt beschreiben lungsvermögen und einige Kenntnisse der
will, dann tut er dies am besten mithilfe ma- elementaren Geometrie. Vor allem aber
thematischer Formeln und Kalküle. muss man wissen, was mit den Worten
Druck, Volumen und Zeit gemeint ist.
Die drei Vokabeln werden hier natürlich
1.1 hysikalische Größen und
P im Sinne der Physik benutzt, sie bezeichnen
physikalische Größen. Physikalische Grö-
ihre Einheiten !
ßen sind messbare Eigenschaften von Ge-
genständen, Abläufen (wie dem Herz-
Des Menschen liebster Muskel ist das Herz;
schlag) und Materialien. Eine Messung
kein anderes Organ wird ähnlich mit Ge-
kann man sich wie einen Vergleich vorstel-
fühlswerten befrachtet. Anatomisch handelt
len: Um welchen Faktor ist der Tisch länger
es sich um einen Hohlmuskel, der ganz nach
als ein Metermaßstab? Den Faktor nennt
Art einer Kolbenpumpe durch periodische
man die Maßzahl. Sie ist das Ergebnis der
Änderung seines Kammervolumens den
Messung. Den Metermaßstab nennt man
Blutkreislauf aufrechterhält. Vom Herzen
die Einheit. Von ihrer Wahl hängt die Maß-
eines erwachsenen Menschen wird verlangt,
zahl natürlich ab. Da die englische Längen-
dass es in der Minute etwa 6 Liter Blut um-
einheit Fuß (Kürzel „ft“) nur ungefähr ein
pumpt – bei körperlicher Belastung auch
Drittel so lang ist wie ein Meter (Kürzel
noch mehr – und dazu in der Aorta eben
„m“), gilt z. B.: 2 m = 6,56 ft. Man sagt des-
jenen Druck aufrechterhält, der gebraucht
halb auch:
wird, um den Blutstrom durch die Gefäße
und Kapillaren des Blutkreislaufs hindurch-
>>Merke
zubekommen. Nach diesen Anforderungen
Größenwert = Zahl · Einheit.
müssen sich Konstruktion und Betriebsbe-
dingungen des Herzens richten, also Mus- Rechenoperationen wie Malnehmen und
kelkraft, Schlagvolumen und -frequenz. Teilen sind ursprünglich nur für den Um-
Präziser und anschaulicher als mit Wor- gang mit Zahlen erfunden worden. Dass
ten lässt sich der Herzzyklus durch eine man sie auch auf Einheiten anwenden kann,
Raumkurve beschreiben, und zwar in einem mag überraschen, doch es ist so. Das Addie-
dreidimensionalen Diagramm, das z. B. den ren und Subtrahieren von Einheiten würde
Druck der Herzkammer nach oben, das allerdings keinen Sinn machen.
Kammervolumen nach rechts und die Zeit Die Festlegung von Einheiten ist reine
nach hinten aufträgt. Dem geschulten Be- Willkür. Heute werden die Einheiten über
trachter braucht ein solches Diagramm einige Naturkonstanten wie die Lichtge-
nicht einmal als räumliches Modell präsen- schwindigkeit und die Elektronenladung
tiert zu werden, ihm genügt eine perspektivi- festgelegt. Früher hat man gern Prototypen
sche Zeichnung nach Art der . Abb. 1.1. genommen („Urmeter“, „Urkilogramm“).
1.1 · Physikalische Größen und ihre Einheiten!
3 1
.. Abb. 1.1 Druck-Volumen-Zeit-Diagramm eines mer bei weiter steigendem Druck. Die Austreibung
Herzzyklus (linker Ventrikel eines Hundes). Die rote endet, wenn der Maximaldruck erreicht ist und die
Kurve beginnt mit der Füllungszeit: Zunahme des Vo- Klappe zur Aorta sich schließt. Es folgt die Entspan-
lumens bei geringem Druck. Es folgt die Anspan- nungszeit: Druckabnahme bei konstantem Volumen.
nungszeit: rascher Druckanstieg bei konstantem Volu- Das Diagramm enthält noch die nächste Füllungszeit.
men (Herzklappen geschlossen). Sobald der Die drei gestrichelten Linien sind flächige Projektio-
diastolische Aortendruck überschritten wird, beginnt nen der räumlichen Kurven. (Adaptiert nach R. Ja-
die Austreibungszeit: Volumenabnahme der Herzkam- cob)
Es geht um Zweckmäßigkeit, nicht um Phy- 55 die Masse mit der Einheit Kilogramm
sik. Es empfiehlt sich aber, System in diese (kg)
Willkür zu bringen. Am zweckmäßigsten ist 55 die elektrische Stromstärke mit der
aber dasjenige System, das von den meisten Einheit Ampere (A)
Staaten akzeptiert wird. Es heißt Système 55 die Temperatur mit der Einheit Kelvin
International d’Unités, abgekürzt SI; seine (K)
Einheiten sind die SI-Einheiten. Es umfasst 55 die Stoffmenge mit der Einheit Mol
die sieben Grundgrößen Länge, Zeit, Masse, (mol)
elektrische Stromstärke, Temperatur, Stoff- 55 die Lichtstärke mit der Einheit Candela
menge und Lichtstärke. (cd)
Dezi d 10−1
Einige häufiger gebrauchte SI-Einheiten be-
kommen eigene Namen, wie z. B. die Kraft- Hekto h 102
einheit Newton = 1 N = 1 kg·m/s2 oder die Kilo k 103
Druckeinheit Pascal = 1 Pa = 1 kg/(m·s2). Mega M 106
Auch durch Vorsilbe erweiterte SI-Einheiten
wie Mikrogramm (μg) und Kilometer (km) Giga G 109
gehören zu den SI-Einheiten. Tera T 1012
Die internationale Einigung auf das SI
schließt die Empfehlung ein, tunlichst nur
noch SI-Einheiten zu verwenden. Trotzdem
Wollte man physikalische Größen mit ih-
wird man auch weiterhin 86.400 Sekunden
rem vollen Namen in Formeln einsetzen,
einen Tag nennen und diesen in 24 Stunden
so würden die Formeln unhandlich. Des-
unterteilen. Der Wetterbericht hat seine An-
halb verwendet man einzelne Buchstaben
gaben zum Luftdruck längst vom altehrwür-
als Symbole, etwa p für den Druck, V für
digen mmHg auf Hektopascal umgestellt;
das Volumen und t für die Zeit. Leider gibt
die Medizin bleibt da konservativer. Der
es aber weit mehr physikalische Größen als
Blutdruck wird immer noch in mmHg ange-
Buchstaben, selbst wenn man das griechi-
geben, weil er früher mit Quecksilber-Druck-
sche Alphabet hinzunimmt. Eine in jeder
messgeräten gemessen wurde. Einen Druck
Beziehung eindeutige Zuordnung ist darum
kümmert das nicht. Er ist wie jede physikali-
nicht möglich. Internationale Empfehlun-
sche Größe unabhängig von der Einheit, in
gen helfen, sind aber nicht zwingend. Eine
der er gemessen wird. Ob 110 mmHg oder
internationale Konvention empfiehlt auch,
146 hPa, der Blutdruck ist der gleiche.
Buchstaben, die für Größen stehen, kursiv
zu schreiben und Buchstaben, die für Ein-
>>Merke
heiten stehen, gerade. Die in diesem Buch
Der Wert einer physikalischen Größe ist
verwendeten Formelzeichen sind im An-
unabhängig von der Wahl der Einheit.
hang (Liste der Formelzeichen) aufgelistet.
Zuweilen sind die SI-Einheiten unhandlich Wenn man eine physikalische Größe
groß, wenn es z. B. um Körperzellen geht, durch ihre Einheit teilt, bleibt eine reine Zahl
die wenige Millionstelmeter klein sind, oder übrig. Das erlaubt, die Achsen von Dia-
auch zu klein, wenn z. B. das Kraftwerk eine grammen zu Zahlengeraden zu machen. Die
elektrische Leistung von einer Milliarde Volumenachse der . Abb. 1.1 wäre dann so
Watt hat. Dafür gibt es Vorsilben zu den zu beschriften, wie . Abb. 1.2 zeigt. Auf
Einheiten wie Mikrometer (1 μm) und Giga- diese Weise vorzugehen hat einige Vorteile
watt (1 GW). Diese sind ebenfalls internati- und das vorliegende Buch verfährt so. In an-
onal festgelegt und in . Tab. 1.1 aufgeführt. deren Büchern findet man es aber auch an-
1.1 · Physikalische Größen und ihre Einheiten!
5 1
ders. Wenn man ein Tabellenkalkulations- Das geht natürlich nicht beliebig genau. Es
programm (z. B. Excel) verwendet, hat man gibt also Messfehler und Messunsicherhei-
Schwierigkeiten, Brüche in die Achsenbe- ten. Diesen Themen ist 7 Abschn. 1.3 ge-
schriftung zu bekommen. Dann kann man widmet. Manchmal will man es gar nicht so
z. B. auch „Volumen V in m3“ schreiben. genau wissen, aber ein ungefähres Gefühl für
Zahlen ohne Einheiten bezeichnet man eine Größe bekommen. Dann schätzt man
als „dimensionslos“. Physikalische Größen ab. Lungenbläschen z. B. sind nahezu Ku-
sind deshalb durchweg „dimensioniert“; die geln mit leidlich einheitlichem Radius (ca.
Flughöhe des Flugzeugs hat ebenso die Di- 0,14 mm beim Menschen, natürlich abhängig
mension einer Länge wie der Durchmesser davon, ob man gerade ein- oder ausgeatmet
eines Haares. hat). Kennt man ihre Anzahl n (beim Men-
Die mittlere Volumenstromstärke I des schen ca. 3 · 108) und unterschlägt man all die
Blutes in der Aorta ist der Quotient aus dem Röhrchen, die sie miteinander verbinden, so
durchgeflossenen Volumen ΔV und der dazu darf man für die gesamte Lungenoberfläche
benötigten Zeitspanne Δt als Formel: AL näherungsweise setzen:
DV AL » 4p r 2 × n.
I= .
Dt
Beim Menschen gibt das rund 70 m2; mit
Hier stehen die Buchstaben für physikalische hinreichend feiner Unterteilung lässt sich
Größen. Darum bezeichnet man eine solche auf wenig Raum viel Fläche unterbringen.
Formel als Größengleichung. Sie beschreibt Riskanter ist schon die folgende Abschät-
einen physikalischen Zusammenhang und zung: Ein erwachsener Mensch ist etwa
macht keine Vorschriften über die Einheiten, 1,75 m groß (hM) und hat einen Brust- und
die bei einer konkreten Rechnung benutzt Hüftumfang UM von ungefähr 95 cm. Die
werden. Ob man die Zeit in Sekunden, Mi- Oberfläche seines Körpers wird dann wohl
nuten oder Stunden misst, spielt für die Grö- nicht wesentlich von der eines entsprechen-
ßengleichung keine Rolle. Zuweilen werden den Kreiszylinders abweichen (. Abb. 1.3).
aber auch sog. Zahlenwertgleichungen auf-
geschrieben. Bei ihnen stehen die Buchstaben
nur für Zahlenwerte, weshalb eine Zahlen-
wertgleichung ohne Angabe der Einheiten,
für die sie gilt, sinnlos ist.
Wir hatten schon gesagt:
>>Merke
Messen heißt, die Messgröße mit ihrer
Einheit vergleichen.
>>Merke
In der Umgangssprache ist mit „Ge-
wicht“ die physikalische Größe Masse
gemeint.
Masse m kg
Dichte = r=
Volumen V m3
Stoffmenge n mol
Stoffmengendichte = rn =
Volumen V m3
Teilchenanzahl N 1
Teilchenanzahldichte = rN =
Volumen V m3
Volumen 1 V m3
spezifisches Volumen = = VS =
Masse Dichte m kg
Volumen V m3
Molvolumen = Vn =
Stoffmenge n mol
wird zuweilen als „Gew.%“ bezeichnet, als Stoffmengengehalten verwendet (und nach
„Gewichtsprozent“ – und der neuester Empfehlung am besten gar nicht).
Volumen des gelosten
Stoffes Rechenbeispiel 1.1: Schnaps
Volumengehalt = Aufgabe. Wie groß ist die Stoffmengen-
ng
Volumen der Losu
dichte des Alkohols in einem Schnaps
mit 40 Vol.%? Die Dichte des Ethylalko-
als „Vol.%“, als „Volumenprozent“ also.
hols (C2H5OH) ist 0,79 g/ml.
Wenn man es ganz genau nimmt, muss man
Lösung. Die Stoffmengendichte des
ein wenig aufpassen: Die Teilmassen einer
reinen Alkohols kann z. B. als Anzahl
Mischung addieren sich präzise zur Ge-
der Alkoholmoleküle in Mol pro Liter
samtmasse; die Volumina tun dies nicht un-
Alkohol angegeben werden. Dazu muss
bedingt. Allerdings ist die Volumenkontrak-
die Massendichte durch die Molmasse
tion oder -dilatation beim Mischen meist
M des Ethylalkohols geteilt werden.
gering. Der
Laut Anhang ergibt sich die Molmasse
Stoffmenge des gelosten zu:
Stoffes M(C2H5OH) = 2 · M(C) + 6 · M(H)
Stoffmengengehalt = + M(O) ≈ 24 g/mol + 6 g/mol + 16 g/
Stoffmenge der Losung
mol = 46 g/mol
Die Stoffmengendichte des reinen
ist dem Teilchenanzahlgehalt gleich, denn
Alkohols ist dann:
die Avogadro-Konstante steht im Zähler
wie im Nenner, kürzt sich also weg. Einen g
790
n l = 17,18 mol .
Stoffmengengehalt bezeichnet man auch als =
V 46 g l
Molalität oder als „At.%“ (Atomprozent).
mol
ppm und ppb werden üblicherweise nur bei
1.3 · Statistik und Messunsicherheit
9 1
lässt, macht einen systematischen Fehler,
Im Schnaps ist aber nur 40 % des Vo- weil die Skala nicht genau stimmt. Grund-
lumens Alkohol, also ist hier die Stoff- sätzlich gilt das für jede Längenmessung, für
mengendichte um den Faktor 0,4 kleiner: jede Messung überhaupt.
g Auch Präzisionsmessinstrumente kön-
790
n l = 6, 87 mol . nen Eichfehler ihrer Skalen nicht vollständig
= 0, 4 ×
V 46
g l vermeiden. Um sie in Grenzen zu halten,
mol müssen z. B. Händler ihre Waagen von Zeit
zu Zeit eichen lassen. Aber auch in Messver-
fahren können systematische Fehler implizit
1.3 Statistik und eingebaut sein. Hohe Temperaturen wird
Messunsicherheit man oft etwas zu niedrig messen, da der
Messfühler seine Temperatur erst anglei-
chen muss und der Benutzer vielleicht nicht
1.3.1 Messfehler die Geduld aufbringt, lange genug zu war-
ten.
Kein Messergebnis kann absolute Genau-
igkeit für sich in Anspruch nehmen. Oft ist
>>Merke
schon die Messgröße selbst gar nicht präzise
Systematischer Fehler: prinzipieller Feh-
definiert. Wenn ein Straßenschild in Niko-
ler des Messverfahrens oder Messinstru-
lausberg behauptet, bis Göttingen seien es
ments, z. B. Eichfehler – reproduzierbar.
4 km, dann genügt das für die Zwecke des
Straßenverkehrs vollauf. Gemeint ist so Systematische Fehler sind schwer zu erken-
etwas wie „Fahrstrecke von Ortsmitte bis nen; man muss sich sein Messverfahren sehr
Stadtzentrum“. Wollte man die Entfernung genau und kritisch ansehen.
auf 1 mm genau angeben, müsste man zu- Der zufällige Fehler meldet sich selbst,
nächst die beiden Ortsangaben präzisieren, wenn man eine Messung wiederholt: Die Er-
z. B. „Luftlinie von der Spitze der Wetter- gebnisse weichen voneinander ab. Letzten
fahne auf der Klosterkirche von Nikolaus- Endes rührt diese Streuung von Störeffekten
berg bis zur Nasenspitze des Gänseliesels her, die man nicht beherrscht und zum gro-
auf dem Brunnen vor dem alten Rathaus in ßen Teil nicht einmal kennt.
Göttingen“. Der messtechnische Aufwand
stiege beträchtlich und niemand hätte etwas >>Merke
davon. Bei allen Messungen muss man Auf- Zufällige Fehler verraten sich durch
wand und Nutzen gegeneinander abwägen. Streuung der Messwerte.
>>Merke
Messfehler: Differenz zwischen Mess-
1.3.2 Mittelwert und Streumaß !!
wert und grundsätzlich unbekanntem
wahren Wert der Messgröße.
Wie groß ist eine Erbse? Diese Frage zielt
Messfehler lassen sich in zwei große Grup- auf die „Erbse an sich“, nicht auf ein ganz
pen einteilen: die systematischen und die zu- bestimmtes Einzelexemplar. Dabei spielt die
fälligen Fehler. Wenn man sein Lineal auf Sorte eine Rolle, der Boden, die Düngung,
ein Blatt Millimeterpapier legt, sieht man das Wetter. Aber auch innerhalb einer Ernte
zumeist eine deutliche Diskrepanz zwischen von einem ganz bestimmten Feld streuen die
den beiden Skalen; Papier ist kein gutes Ma- Durchmesser verschiedener Erbsen deut-
terial für Längenmaßstäbe. Wer sich trotz- lich. Deshalb kann nur nach einer mittleren
dem auf sein Blatt Millimeterpapier ver- Größe gefragt werden.
10 Kapitel 1 · Grundbegriffe
Nach alter Regel bestimmt man den Mit- wird niemand alle zigtausend Erbsen einer
1 telwert <x> einer Reihe von Messwerten xj da- Ernte einzeln ausmessen, um den wahren
durch, dass man sie alle zusammenzählt und Mittelwert <dw> des Durchmessers zu be-
das Resultat durch ihre Anzahl n dividiert: stimmen. Man begnügt sich mit einer Stich-
probe. Zum Beispiel wurden bei n = 12 will-
1 1 n kürlich aus einer Tüte herausgegriffenen
x = ( x1 +¼+ xn ) = åx j .
n n j =1 Erbsen die Quotienten xj = dj /mm gemes-
sen und in der folgenden Wertetabelle zu-
Der Index j läuft von 1 bis n, er kenn- sammengestellt:
zeichnet den einzelnen Messwert. Nun
7,5 7,9 7,6 8,2 7,4 8,0 8,0 7,9 7,6 7,7 7,2 7,5
Daraus errechnet sich der Mittelwert der wie alle Quadratzahlen grundsätzlich posi-
Stichprobe zu <x> = 92,5/12 = 7,71. tiv. Wenn man sie addiert und durch n – 1
teilt, bekommt man die sog.
>>Merke
( )
2
Mittelwert = Quotient aus Summe und å xj - x
Anzahl der Messwerte: Varianzs =2
;
n -1
1 1 n
x = ( x1 + ¼ + xn ) = åx j ; der Einfachheit halber sind hier die Grenzen
n n j =1
der Summe nicht mitgeschrieben worden.
bester Schätzwert des unbekannten wah-
Dass durch n – 1 und nicht durch n dividiert
ren Wertes.
wird, liegt daran, dass man mindestens zwei
Wie zuverlässig ist ein Mittelwert? Genau Messwerte braucht, um einen Mittelwert
lässt sich das nicht sagen, aber die Wahr- ausrechnen zu können. Ein eigenes Buchsta-
scheinlichkeitsrechnung hilft weiter. So viel bensymbol bekommt die Varianz nicht; sie
leuchtet ein: Der Mittelwert der Stichprobe ist das Quadrat der
wird umso zuverlässiger sein, je größer man
den Umfang n der Stichprobe, also die Zahl Standardabweichung s = Varianz.
der Erbsen, macht und je weniger die ein-
zelnen Messwerte streuen. n hat man selbst Manche Taschenrechner erlauben, s mit
in der Hand, seine Größe ist eine Frage des einem einzigen Tastendruck auszurechnen.
Aufwands, den man treiben will. Benötigt s2 und s lassen sich grundsätzlich für jede
wird aber noch eine Größe, die sagt, wie Messreihe angeben. In Diagrammen wie
stark die Messwerte streuen, ein sogenann- . Abb. 1.5 wird man zunächst die Mittel-
tes Streumaß. Die Differenzen xj – <x> zwi- werte (rote Kreise) auftragen. Weiterhin
schen den einzelnen Messwerten und dem kann man zu jedem Messpunkt einen Feh-
Mittelwert können dieses Maß nicht unmit- lerbalken zeichnen, der die Standardabwei-
telbar liefern, weil sie positive wie negative chung angibt.
Vorzeichen haben und sich zu null aufaddie- Bei Untersuchungen wie der in
ren; so ist letzten Endes der Mittelwert de- . Abb 1.5 erwartet man, dass sich die Mess-
finiert. Die Quadrate (xj – <x>)2 sind aber werte entsprechend der sog. Normalvertei-
1.3 · Statistik und Messunsicherheit
11 1
lung (7 Praktikum 1.1) um ihren Mittelwert Pλ(n) ist in unserem Fall die Wahrschein-
scharen. Dann können präzise Aussagen lichkeit, dass in einer bestimmten Sekunde
über die Messunsicherheit formuliert wer- n Klicks auftreten, wenn λ die mittlere
den. Darum geht es im nächsten Abschnitt.
0,4
0,35
Praktikum 1.1: Statistik λ=1
Wahrscheinlichkeit
0,3
λ = 13
Recht häufig finden sich im Mediziner- 0,25
praktikum Versuche, bei denen zufällig 0,2
variierende Größen wie die Reaktions- 0,15
zeit oder radioaktive Zerfälle untersucht 0,1
werden. Es wird dann ein Mittelwert, 0,05
eine Standardabweichung und oft auch 0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
eine Zufallsverteilung bestimmt. Wir
Zahl der Klicks pro Messung
wollen hier das Beispiel einer Messung
radioaktiver Zerfälle mit dem Gei-
ger-Müller-Zählrohr betrachten: .. Abb. 1.6 Poisson-Verteilung. Mit welcher
Jedes Mal, wenn ein ionisierendes Wahrscheinlichkeit macht es wie oft pro Se-
kunde „Klick“? Dunkelblau: mittlere Zählrate
Teilen in das Zählrohr eindringt, macht 1; hellblau: mittlere Zählrate 13
12 Kapitel 1 · Grundbegriffe
1.3.3 Messunsicherheit !!
1 Zählrate ist. e ist die Euler-Zahl
(7 Abschn. 1.5.2) n ! = 1 ⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ … ⋅ n und Wurde z. B. im Physikpraktikum für Medi-
die sog. Fakultät von n. Schon für eine ziner ein bestimmter Messwert x gemessen,
mittlere Zählrate von 13 sieht diese Vertei- so ist die Frage zu stellen: Wie zuverlässig
lung fast symmetrisch aus (hellblaue Bal- ist der nun? Beantwortet wird diese Frage
ken in . Abb. 1.6). Man nennt das dann mit der Angabe einer Messunsicherheit u(x).
zuweilen auch eine „Glockenkurve“. Tat- Damit sagt man Folgendes: Der unbekannte
sächlich nähert sich die Poisson-Verteilung wahre Wert der Größe liegt mit hoher
für größer werdende λ immer mehr der Wahrscheinlichkeit zwischen x − u(x) und
Normalverteilung an, die sich für zufällig x + u(x). Deshalb schreibt man z. B. für eine
verteile Messwerte ergibt, die nicht nur na- Längenmessung: Der Abstand d beträgt
türliche Zahlen sind (wie bei Zerfällen pro
d = (10,4 ± 0,2cm ) .
Sekunde), sondern die beliebige Zahlen-
werte annehmen können (wie die Durch-
messer unserer Erbsen). Diese Normal- 12,4 cm ist der Messwert und 0,2 cm die
verteilung hat eine andere Formel: absolute Messunsicherheit. Man kann die
Messunsicherheit auch auf den Messwert
beziehen und bekommt dann die relative
2
æ x- x ö
-çç ÷
1 2 s 2 ÷ø
P ( x) = e è . Messunsicherheit:
s × 2p
u ( d ) 0, 2
P(x) ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei = = 0, 019.
einer Erbse der Durchmesser x gemessen d 10, 4
wird, wenn sich bei der Vermessung vie-
ler Erbsen der Mittelwert <x> ergibt mit Diese wiederum kann man in Prozent aus-
einer Standardabweichung s. In Zusam- drücken und dann schreiben:
menhang mit der Normalverteilung wer-
den gern mal folgende Werte erfragt: Im
d = 10, 4 × (1 ± 1,9% )cm.
Intervall Mittelwert plus/minus Stan-
dardabweichung landen 68 % aller Fälle >>Merke
(Erbsen), links davon oder rechts davon Messunsicherheit: Abschätzung des In-
also jeweils 16 % aller Fälle (. Abb. 1.7). tervalls, in dem der unbekannte wahre
Wert wahrscheinlich liegt.
55 Absolute Messunsicherheit u(x).
55 Relative Messunsicherheit: absolute
Messunsicherheit geteilt durch Mess-
Wendepunkt Wendepunkt
wert:
68 % aller
Messwerte
w u ( x)
.
x
g g
u ( r ) = 0, 0253 × 0, 73 = 0, 019 3 .
cm3 cm
So erhalten wir das Endergebnis:
g
r = ( 0,73 ± 0,02 ) 3 .
cm
Die Dichte ist also kleiner als die von
Wasser.
.. Abb. 1.9 (Video 1.2) Stadtplan von Manhattan
(https://doi.org/10.1007/000-07s)
nuse der Länge A0 eines rechtwinkligen macht verständlich, dass ω auch Kreisfre-
Dreiecks mit dem Winkel α am Zentrum, quenz genannt wird.
der Ankathete x2 und einer Gegenkathete
mit der Länge x1 auffassen:
1.5.2 Exponentialfunktion und
x1 (a ) = A0 × sin a und x2 (a ) = A0 × cos a . Logarithmus !!
Läuft der Punkt mit konstanter Geschwin- Wer die Exponentialfunktion kennt, begeg-
digkeit um, so wächst α proportional zur net ihr in der Natur immer wieder. Sie ist
Zeit t: die Funktion des (ungestörten) Wachstums,
etwa eines Embryos vor der Zelldifferenzie-
a (t ) = w × t rung oder eines unberührten Sparguthabens
mit Zins und Zinseszins; sie ist aber auch die
20 Kapitel 1 · Grundbegriffe
y ( x ) = e x = exp ( x ) .
.. Abb. 1.18 Exponentialfunktion
Die zweite empfiehlt sich vor allem dann,
wenn der physikalische Zusammenhang die
Zahl x zu einem komplizierten Ausdruck
werden lässt; die erste Schreibweise lässt
leichter erkennen, worum es sich eigentlich
handelt. Der Buchstabe e steht für eine ganz
bestimmte Irrationalzahl, die Euler-Zahl:
e = 2, 718281828¼.
kommt man das linke Teilbild der ihrem Exponenten und damit auch dessen
1 . Abb. 1.21. pD steigt ab 50° C rasch an, unabhängiger Variablen:
löst sich aber bei tieferen Temperaturen
kaum von der Abszisse. In solchen Fällen lg e ax = a × x × lg e = a × x × 0, 434.
empfiehlt es sich, längs der Ordinate nicht
die Dampfdrücke pD selbst aufzutragen, Trägt man aber z = x Konstante linear gegen
sondern die (z. B. dekadischen) Logarith- x auf, so erhält man eine Gerade. Folglich
men ihrer Maßzahlen {pD} (. Abb. 1.21 ergibt eine Exponentialfunktion in einfach-
rechts, rechte Skala). logarithmischer Darstellung ebenfalls eine
Nun kann man nicht verlangen, dass je- Gerade.
dermann die Werte des dekadischen Loga- Wie in einschlägigen Schulbüchern nach-
rithmus im Kopf hat. Deshalb ist es üblich, zulesen, gilt ganz allgemein für alle Loga-
nicht sie an die Ordinate zu schreiben, son- rithmen, also auch für die natürlichen zur
dern die Messwerte selbst (. Abb. 1.21 Basis e:
rechts, linke Skala). Man spricht dann von
einer logarithmischen Skala und von einem ln ( a × b ) = ln a + ln b.
Diagramm in einfach-logarithmischer Dar-
stellung, im Gegensatz zur doppelt-logarith- einer Multiplikation zweier Zahlen ent-
mischen, bei der beide Achsen logarithmisch spricht die Addition ihrer Logarithmen.
geteilt sind.
>>Merke
>>Merke Wichtige Rechenregeln für den Loga-
Kennzeichen der Exponentialfunktion: rithmus:
Änderungsgeschwindigkeit proportional ( )
ln e a = a
zum Momentanwert. ln ( a·b ) = ln ( a ) + ln ( b )
In einfach-logarithmischer Darstellung wird
die Dampfdruckkurve des Wassers fast zur
( )
ln a b = b × ln ( a )
a = AQ = AQ1/ 2 = 3 VW = VW
1/ 3
. (Auflösung nach I). Etwas schwieriger wird
es, wenn die Größe, nach der aufgelöst wer-
den soll, nicht nur in der 1., sondern auch in
Kehrwerte ganzer Zahlen im Exponenten
der 2. Potenz vorkommt. Eine solche quad-
entsprechen Wurzeln. Nehmen wir an, wir
ratische Gleichung bringt man zunächst in
haben einen Exponenten 0,425 = 17/40. Das
ihre Normalform:
bedeutet die 40. Wurzel der 17. Potenz:
x 2 + p × x + q = 0.
m0,425 = m17 / 40 = 40 m17 .
Sodann subtrahiert man q:
Da muss man schon einen Taschenrechner
zu Hilfe nehmen. x 2 + p × x = -q.
>>Merke und addiert die sogenannte quadratische Er-
Wichtige Rechenregeln für Potenzen: gänzung p2/4:
an × am = an+m
p2 p2
(a )n m
= a n×m x2 + p × x + = - q.
4 4
1
a-n =
an Jetzt kann man nämlich nach dem Schema
a1/ n = n a
( a + b )2 = a 2 + 2ab + b2
1.5.4 Algebraische Gleichungen die Gleichung auf der linken Seite umschrei-
ben zu
Eine Gleichung bleibt als Gleichung erhal- 2
ten, wenn man auf beiden Seiten das Glei- æ pö p2
che tut, die gleichen Größen addiert oder çx+ ÷ = -q
è 2ø 4
subtrahiert, mit den gleichen Größen mul-
tipliziert oder potenziert usw. Nach diesem und anschließend die Wurzel ziehen
Schema lassen sich Gleichungen umformen
und nach einer gewünschten Größe auf- p p2
lösen. Definitionsgemäß ist der elektrische x+ =± -q
2 4
Widerstand R der Quotient aus elektrischer
Spannung U und elektrischem Strom I: (auch negative Größen liefern positive Qua-
drate; bei Quadratwurzeln sind deshalb
U
R= . beide Vorzeichen erlaubt). Jetzt lässt sich
I nach x auflösen:
Multiplikation mit I führt zu:
1 p2
x=- p± - q.
U = I ×R 2 4
(Auflösung nach U), anschließende Division Eine quadratische Gleichung hat demnach
durch R zu: 55 zwei Lösungen, wenn p2 > 4q,
55 eine Lösung, wenn p2 = 4q,
U
I= 55 keine Lösung, wenn p2 < 4q (jedenfalls
R keine reelle).
24 Kapitel 1 · Grundbegriffe
1
diese Streuung ist die Standardabweichung s ( x) = × i =1
n n -1
s, eine Schätzung für die Messunsicherheit
die Standardabweichung des Mittelwertes.
Rechenregeln ea ⋅ x = (ea)x;ex + y = ex ⋅ ey
Halblogarithmische 1
Auftragung ln N ( t ) = - × t
t
In der halblogarithmischen Auftragung ergibt sich eine fallende Gerade
mit der Steigung −1/τ.
1.7 · Fragen und Übungen
25 1
Logarithmusfunktion (zur y = ln x Umkehrfunktion zu ex
Basis e)
2.1 Bewegung – 29
2.1.1 F ahrstrecke und Geschwindigkeit !! – 29
2.1.2 Überlagerung von Geschwindigkeiten – 32
2.1.3 Beschleunigung ! – 33
2.1.4 Kreisbewegung ! – 38
2.1.5 Bewegung von Gelenken – 39
2.1.6 Relativ oder absolut? – 40
2.1.1 Fahrstrecke und Die Position als Funktion der Zeit ist
Geschwindigkeit !! eine Gerade mit konstanter Steigung
(. Abb. 2.1). Die Steigung einer Geraden
Dem motorisierten Menschen ist die Voka- ist die Geschwindigkeit und man bestimmt
bel „Geschwindigkeit“ geläufig, vom Tacho- sie mithilfe des Steigungsdreiecks, eines
meter seines Autos nämlich; Lastwagen rechtwinkligen Dreiecks, dessen Hypote-
registrieren sie sogar mit einem Fahrten- nuse ein Stück der Geraden ist und dessen
schreiber. Wie solche Geräte im Einzelnen Katheten parallel zu den Achsen des Dia-
funktionieren, interessiert hier nicht. Im gramms liegen. Dabei spielt die Größe des
Grunde sind sie Drehzahlmesser: Sie ver- Dreiecks keine Rolle, denn der Quotient der
melden, wie oft sich die Hinterachse des Katheten, eben die (mathematisch defi-
Fahrzeugs in der Sekunde, in der Minute nierte) Steigung, ist davon unabhängig. Alle
herumdreht. Physikalisch korrekter: Dreh-
zahlmesser messen die
Drehfrequenz f = DN / Dt.
zur gleichen Geraden gezeichneten Dreiecke zialquotienten ds/dt über. Die momentane
sind einander „ähnlich“ im Sinn der Mathe- und zeitabhängige
matik (. Abb. 2.1). Diese Steigung ist im-
ds ( t )
2 mer die Geschwindigkeit:
Geschwindigkeit v ( t ) =
dt
Ds
v0 = .
Dt ist als Differenzialquotient definiert. In der
Mathematik wird Differenziationen oft durch
einen nachgesetzten Strich (y’ = dy/dx) ge-
>>Merke kennzeichnet. In diesem Buch wird diese
Konstante Geschwindigkeit Kurzform aber nicht verwendet.
Ds
v= ; >>Merke
Dt
Ungleichförmige Bewegung momentane
Fahrstrecke: Δs = v ⋅ Δt. Geschwindigkeit
Das gilt aber nur bei konstanter Geschwin- ds ( t )
v (t ) = .
digkeit, in der Gleichung durch den Index 0 dt
gekennzeichnet. Im Verkehr kommt das
nicht vor. Dort ändert sich die Geschwindig- Differenziell kleine Dreiecke kann man we-
keit ständig, sie wird eine Funktion der Zeit: der zeichnen noch ausmessen. Die Richtung
v = v(t). Das Weg-Zeit-Diagramm ergibt in der differenziell kleinen Hypotenuse stimmt
diesem Fall eine gekrümmte Kurve aber mit der Richtung einer Tangente über-
(. Abb. 2.2). ein, die am Ort des Dreiecks an der Kurve
Bei einer gekrümmten Kurve muss man anliegt. Die Tangente ist eine Gerade, ihre
die Steigungsdreiecke so klein zeichnen, Steigung kann also wie besprochen mit ei-
dass die Krümmung ihrer „Hypotenusen“ nem Steigungsdreieck bestimmt werden
nicht mehr auffällt, streng genommen also (. Abb. 2.2). Auf diese Weise lässt sich das
unendlich klein. Lässt man Δt zum Diffe- ganze s(t)-Diagramm grundsätzlich Punkt
renzial dt schrumpfen, so schrumpft auch für Punkt in seine Ableitung, das v(t)-Dia-
Δs zu ds. Das Verhältnis der beiden bleibt gramm, überführen.
dabei als endlicher Wert erhalten: Der Diffe- . Abb. 2.3 gibt ein Beispiel hierfür: Ein
renzenquotient Δs/Δd einer zeitlich konstan- Vorortzug startet um 7:48 Uhr und be-
ten Geschwindigkeit v0 geht in den Differen- schleunigt auf 60 km/h. Um 7:55 Uhr bremst
er wegen einer Baustelle ab auf 30 km/h und
bleibt um 8:00 Uhr am nächsten Bahnhof
stehen. Das obere Teilbild zeigt die Position
des Zuges als Funktion der Zeit, das untere
Teilbild geometrisch betrachtet die Steigung
des Graphen des oberen Teilbilds zu jedem
Zeitpunkt. Den Verlauf der Geschwindig-
keit kann man daraus im Prinzip ungefähr
mit Lineal und Bleistift ermitteln. Man
nennt so etwas grafisches Ableiten und
manchmal ist das ganz nützlich. Will man es
.. Abb. 2.2 Momentane Geschwindigkeit: Die Stei-
genau wissen, muss man natürlich zur Ma-
gung einer Kurve ist die Steigung ihrer Tangente; Ein- thematik und formalen Differenziation
zelheiten im Text greifen.
2.1 · Bewegung
31 2
im Zeitintervall Δt2, in dem die Geschwin-
digkeit konstant 60 km/h beträgt. Die in die-
sem Zeitintervall zurückgelegte Strecke be-
trägt:
v ( t ) = - g × t + v0 .
gebraucht. Beim freien Fall aus der Ruhe .. Abb. 2.11 (Video 2.1) Wurfparabel. Geschwindig-
keit v und Beschleunigung a haben verschiedene
und beim senkrechten Wurf liegen alle drei Richtungen (https://doi.org/10.1007/000-07x)
Vektoren parallel. Aber wer wirft schon im-
mer nur vertikal?
Sportler wie Artilleristen geben ein v0 vernachlässigen darf, gilt a = g = kon
vor, das mit einem Winkel α gegenüber der stant, unabhängig von den willkürlichen An-
Horizontalen schräg nach oben zeigt (schie- fangsbedingungen v0 und s0 (. Abb. 2.11).
fer Wurf; . Abb. 2.10). Dann addieren sich Regentropfen fallen nicht frei. Das ist
zwei Geschwindigkeiten vektoriell und un- gut so, denn sie können aus einigen Kilome-
abhängig voneinander: tern Höhe kommen und würden uns schier
55 eine konstante horizontale v0 x mit erschlagen. Sie werden durch die Reibung
v0 x = v0 × cos a (keine beschleunigende der Luft so stark gebremst, dass sie
Kraft in horizontaler Richtung) und schließlich mit konstanter Geschwindigkeit
55 eine vertikale, die mit v0 z v0 z = v0 ×sin a (ca. 30 km/h) am Boden ankommen.
beginnt und den Fallgesetzen unterliegt. Schwere Tropfen fallen schneller als leichte
(7 Abschn. 3.5.3, Stokes-Gesetz). Unter
Als Bahnkurve kommt eine Wurfparabel he- idealisierenden Annahmen kann man das
raus (. Abb. 2.10). Auch der schiefe Wurf berechnen, aber es ist mühsam und lohnt
gehört zu den gleichförmig beschleunigten hier nicht. Es gilt: Die Wirkung der Reibung
Bewegungen; solange man die Luftreibung wächst mit der Geschwindigkeit und ver-
2.1 · Bewegung
37 2
2 × 10 m
also t = = 1, 43 s.
9, 81 m / s 2
Die Geschwindigkeit ist dann:
m
v = -9, 81 × 1, 43 s = -14, 0 m / s.
s2
2.1.4 Kreisbewegung !
Radiusvektor r und Bahngeschwindig-
keit v eines kreisenden Massenpunkts ste-
Die reine Bahnbeschleunigung ändert nur hen stets senkrecht aufeinander und rotieren
2 den Betrag der Geschwindigkeit, nicht ihre darum mit der gleichen Winkelgeschwindig-
Richtung. Der freie Fall lieferte ein Beispiel. keit ω. Beide drehen sich in der (kleinen)
Die reine Radialbeschleunigung steht senk- Zeitspanne Δt um den gleichen (kleinen)
recht zur Geschwindigkeit und ändert nur
Winkel Δφ (. Abb. 2.13). Um r in seine
die Richtung einer Geschwindigkeit, nicht neue Lage zu bringen, muss ihm das (kleine)
den Betrag; sie muss sich, wenn sie Radial-
Wegstück Ds vektoriell addiert werden. Ds
beschleunigung bleiben will, exakt mit dem
steht im Wesentlichen senkrecht auf r ; es
Vektor der Geschwindigkeit mitdrehen, um tut dies sogar streng, wenn man es differen-
stets senkrecht auf ihm zu stehen. Für den ziell klein werden lässt. Dann fällt es auch
Sonderfall einer Radialbeschleunigung mit mit dem ebenfalls differenziell kleinen Kreis-
konstantem Betrag lässt sich das leicht bogen zusammen, sodass man für den Be-
erreichen. Sie führt nämlich zu einer Bahn trag
mit konstanter Krümmung, zu einer
Kreisbahn also, wie beim Kettenkarussell ds = r × dj
(. Abb. 2.51). Wie dessen Fahrgäste zur
notwendigen Beschleunigung kommen,
kann erst in 7 Abschn. 2.3.4 besprochen
werden.
Läuft ein Körper mit konstantem Be-
trag v seiner Geschwindigkeit v auf einer
Kreisbahn mit dem Radius r um, so legt er
in der Umlaufzeit T den Kreisumfang 2π ⋅ r
zurück und durchläuft den Drehwinkel 2π
(in Bogenmaß, vgl. 7 Abschn. 1.5.1):
Winkelgeschwindigkeit
2p
w= = konstant,
T
BetragderBahngeschwindigkeit
2pr
v = = w × r = konstant,
T
2.2.1 Kräfte !
F = D × Dl
oder auch
F
l ( F ) = l0 + .
D .. Abb. 2.17 Lineares Kraftgesetz. Schraubenfeder:
Proportionalität zwischen Längenänderung Δl und
Hier bezeichnet D die Federkonstante, eine damit auch zwischen Dehnung Δl/l0 und Kraft F.
Grundsätzlich kann eine Schraubenfeder auch ge-
Kenngröße der jeweiligen Schraubenfeder. staucht werden (gestrichelter Teil)
Federkonstante D; Einheit: 1 N/m.
Längenänderung Δl und ihre Dehnung
Δl/l0 der Feder sind also über die Federkon-
stante D der angreifenden Kraft F proporti-
onal; im Diagramm gibt jede Proportionali-
tät eine Gerade durch den Nullpunkt des
Achsenkreuzes (. Abb. 2.17). Zwischen F
und der gesamten Länge l der Feder besteht
hingegen keine Proportionalität, sondern
nur ein linearer Zusammenhang. Er gibt im
Diagramm ebenfalls eine Gerade; sie läuft
aber nicht durch den Nullpunkt, besitzt viel-
.. Abb. 2.18 Lineares Kraftgesetz. Linearer Zusam-
mehr einen Achsenabschnitt (. Abb. 2.18).
menhang zwischen Federlänge l und Kraft F
Die Schwerkraft (Gewichtskraft) zieht
immer nach unten; so ist „unten“ definiert.
Durch Seil und Rolle kann ihre Wirkung
aber leicht in jede gewünschte Richtung um-
gelenkt werden, wie . Abb. 2.19 zeigt.
Kräfte sind eben Vektoren.
Zwei entgegengesetzt gleiche horizontale
Kräfte, nach . Abb. 2.20, erzeugt durch
zwei gleiche Gewichte an den Enden eines
Seiles, heben sich auf; das System bleibt in
Ruhe, es herrscht Gleichgewicht. Das Sys-
tem bleibt auch dann in Ruhe, wenn man
das eine Gewicht durch einen Haken in der
Wand ersetzt (. Abb. 2.21). Jetzt müssen
Haken und Wand die zum Gleichgewicht
nötige Ausgleichskraft aufbringen, durch
elastische Verformung.
Seile lassen sich nur auf Dehnung bean-
.. Abb. 2.19 Umlenken der Gewichtskraft FG :
spruchen, nicht auf Stauchung. Infolgedes- durch Seil und Rolle in eine beliebige Richtung. Der
sen können sie Kräfte nur in ihrer Längs- Betrag der Kraft bleibt unverändert
44 Kapitel 2 · Mechanik starrer Körper
– F und Fh bilden aneinandergefügt ein ge-
schlossenes Dreieck, sie summieren sich also
zu null, wie es im Gleichgewicht eben sein
muss.
Auch mehr als drei Kräfte können sich
die Waage halten, dann nämlich, wenn sich
ihr Kräftepolygon schließt: Zeichnet man
.. Abb. 2.21 Gleichgewicht. Erzeugung der zum
die Kraftpfeile hintereinander, so muss die
Gleichgewicht notwendigen Ausgleichskraft durch Fh Spitze des letzten mit dem Anfang des ersten
Verformung von Haken und Wand zusammenfallen. Die erste Bedingung dafür,
dass sich nichts bewegt, lässt sich demnach
kurz und allgemein schreiben als:
åFi = 0.
i
>>Merke
2.2.2 Gewichtskraft und Gravitation: Massen ziehen sich an (Na-
Gravitation ! turgesetz).
Gravitationskraft:
Die Behauptung, eine Federwaage kompen-
m ×m
siere mit der elastischen Kraft ihrer Schrau- FG = G × 1 2 2 .
benfeder die Gewichtskraft der angehängten r
Last, enthält nur die halbe Wahrheit. Um
eine Feder zu dehnen, muss man an beiden Die Gravitation der Erde wirkt weit hinaus
Enden ziehen. Die Federwaage funktioniert in den Weltraum, sie wirkt aber auch auf
nur, wenn sie am oberen Ende festgehalten alle Gegenstände im Lebensraum des Men-
wird. Dort überträgt sie ihre Federkraft schen. Dadurch wird jeder Stein, jeder
(plus die eigene Gewichtskraft) auf die Hal- Mensch, jeder Kartoffelsack von der Erde
terung. Diese stützt sich ihrerseits über Ge- mit seiner jeweiligen Gewichtskraft FG an-
stell, Tischplatte, Fußboden und Mauer- gezogen und zieht seinerseits die Erde mit
werk auf den Baugrund, überträgt also mit der gleichen starken, aber entgegengesetzten
all den zugehörigen Gewichtskräften auch Kraft an! Das scheint auf den ersten Blick
die der Last an der Federwaage auf die Erde. unplausibel. Aber die Erde hat ja eine viel
Woher nimmt die Erde jetzt die Gegenkraft? größere Masse als der Sack und reagiert des-
Ursache aller Gewichtskräfte ist die Gra- halb auf die Anziehungskraft praktisch
vitation, eine in ihren Details noch nicht völ- nicht.
lig erforschte Eigenschaft der Materie. Die Die Gewichtskräfte, an die der Mensch
Gravitation ist nur mit der Masse verknüpft, sich gewöhnt hat, werden durch Masse und
also mit der in Kilogramm gemessenen phy- Radius der Erdkugel bestimmt und sind,
sikalischen Größe, und nicht mit der chemi- dem Gravitationsgesetz zufolge, der Masse
schen Natur der Materie oder mit ihrem Ag- m des Probekörpers streng proportional.
gregatzustand. Die Gravitation beherrscht Einsetzen der Größen liefert im Mittel:
die Himmelsmechanik, den Lauf der Plane-
ten um die Sonne, den Lauf der Sonne um FG = m × 9, 81N / kg.
das Zentrum der Milchstraße, den Lauf der
Wettersatelliten um die Erde. Ihre Wirkung Die Konstante ist genau die Fallbeschleuni-
sind durch nichts beeinflussbare Kräfte, mit gung g aus 7 Abschn. 2.1.3. Das ergibt sich
denen sich alle materiellen Gegenstände ge- aus dem 2. Newton’schen Gesetz, das aber
genseitig anziehen. erst in 7 Abschn. 2.3 drankommt.
46 Kapitel 2 · Mechanik starrer Körper
.. Abb. 2.25 (Video 2.2) Ein mikroskopischer Blick auf die Reibung (https://doi.org/10.1007/000-07w)
2.2 · Kraft, Drehmoment, Energie
47 2
>>Merke rungsweise proportional zur senkrecht wirkenden Ge-
Reibung behindert Bewegungen; wichtskraft FN:
Arten der Reibung: Haftreibung, FR = mGl × FN .
Gleitreibung, Rollreibung, innere Rei- μGl ist der sogenannte Gleitreibungskoeffizient. Wenn
bung. der Schuh schon rutscht, ist es oft schon zu spät. Er
soll nicht rutschen, die Reibungskräfte sollen alle z. B.
Verschiedene Reibungsarten können gleich- beim Gehen auftretenden horizontalen Kräfte auffan-
zeitig auftreten. Ein Auto lässt sich nur des- gen. Dazu muss die maximale Haftreibungskraft FH
halb lenken, weil seine Räder in Fahrtrich- immer größer sein als diese horizontalen Kräfte. Auch
tung mit geringer Rollreibung rollen, quer die Haftreibungskraft hängt von der Gewichtskraft
ab:
dazu aber von der sehr viel größeren Haft-
reibung in der Spur gehalten werden. Tritt FH = mH × FN .
der Fahrer so heftig auf die Bremse, dass die Der Haftreibungskoeffizient μH ist in der Regel etwas
Räder blockieren, dann gibt es nur noch höher als der Gleitreibungskoeffizient: Wenn man erst
Gleitreibung ohne Vorzugsrichtung und das einmal rutscht, gibt es kein Halten mehr. Diese Rei-
Fahrzeug bricht aus. bungskoeffizienten hängen natürlich von den Oberflä-
cheneigenschaften der aneinander reibenden Flächen
Für grobe Abschätzungen darf man so ab, aber kaum von der Geschwindigkeit (im Falle von
tun, als sei die Kraft der Flüssigkeitsreibung μGl) und erstaunlicherweise auch kaum von der Aufla-
ungefähr proportional zur Geschwindigkeit gefläche.
und die der Gleitreibung ungefähr konstant. Beispiel 2 – eine Kugel fällt durch Sirup: Der Sirup
Wenn ein Auto anfährt, dann wird die umströmt hierbei die Kugel laminar (7 Abschn. 3.5.1
und 3.5.2). Aufgrund der inneren Reibung im Sirup
vom Motor entwickelte Antriebskraft FA wirkt eine Reibungskraft auf die Kugel, die in diesem
zur Beschleunigung des Wagens verwendet. Fall proportional zur Geschwindigkeit v ist:
Mit wachsender Geschwindigkeit
wächst
FR = m × v = ( 6p × h × r ) × v.
aber die Reibungskraft FR undlässt immer
weniger Beschleunigungskraft FB übrig: Auch dieser Proportionalitätsfaktor μ wird zuweilen
Reibungskoeffizient genannt. Er hängt von der Visko-
sität η und dem Kugelradius r ab. Diese Formel ist die
FB = FA - FR .
Grundlage für das Stokes-Gesetz (7 Abschn. 3.5.3).
Fällt die Kugel statt in Sirup in Wasser, wird die Strö-
Auf freier Strecke, bei konstanter Geschwin- mung turbulent und die Formel komplizierter.
digkeit, kompensiert der Motor nur noch
die Reibung. Beim Regentropfen ersetzt die
Gewichtskraft den Motor. Weil FG rascher 2.2.4 Arbeit und Energie !!
mit dem Durchmesser wächst als FR ,
fallen dicke Tropfen schneller als kleine Es macht Mühe, eine Last zu heben; herun-
(Stokes-Gesetz im Kleingedruckten). ter fällt sie von allein. Aber auch, wenn die
Last wieder herunterfällt, war doch die
Reibung genauer Mühe des Anhebens nicht ganz vergebens,
Reibungskräfte sind immer abhängig von weiteren denn beim Herunterfallen kann etwas be-
Größen wie der Geschwindigkeit oder dem Anpress-
wirkt werden und sei es nur, dass die Last
druck. In diesen Zusammenhängen tauchen Konstan-
ten auf, die Reibungskoeffizienten genannt werden. kaputtgeht. Die Physik beschreibt diese
Zwei Beispiele werden hier besprochen, da der Gegen- Vorgänge mit den Größen Arbeit und Ener-
standskatalog dies fordert (ob Sie das für eine Prüfung gie. Mensch oder Kran leisten beim Heben
wirklich brauchen, müssen Sie selbst entscheiden): der Last Arbeit oder Hubarbeit, die von der
Beispiel 1 – trockene Reibung zwischen Festkör-
Last als potenzielle Energie gespeichert
pern: „Trocken“ meint, dass keine Schmiermittel wie
Öl zwischen den aneinander reibenden Flächen sind. wird. Beim Herabfallen, -rollen oder -glei-
Rutscht also z. B. die Schuhsohle über den Fußboden, ten wird dann diese Energie wieder freige-
so ist die auftretende Gleitreibungskraft FR nähe- setzt.
48 Kapitel 2 · Mechanik starrer Körper
Der Begriff Arbeit ist in der Physik eine Im Flaschenzug verteilt sich die Gewichts-
recht klar und einfach definierte Größe und kraft FG der Last gleichmäßig auf die n Teil-
wird viel enger verstanden als in der Um- stücke des Seiles. Die Ausgleichskraftkraft F
2 gangssprache. Die zu leistende Hubarbeit ist braucht deshalb nur die Teilkraft FG/n zu
umso größer, je höher die Hubhöhe Δh ist, kompensieren. Zum Heben der Last um Δh
um die die Last gehoben wird. Das Heben muss freilich jedes Teilstück des Seiles ent-
einer schwereren Last mit größerer Ge- sprechend verkürzt werden, das gesamte Seil
wichtskraft FG bedarf auch einer größeren also um s = n · Δh.
Arbeit. Es liegt also nahe, die Hubarbeit W Die durch das Heben der Last hinzuge-
als das Produkt aus beidem festzulegen: wonnene potenzielle Energie ΔWpot ent-
spricht gerade dieser geleisteten Hubarbeit.
W = FG × Dh. Man kann also auch schreiben:
>>Merke
SI-Einheit der Energie:
Newtonmeter (Nm) = Joule (J) = Watt-
sekunde (Ws)
Weitere Einheiten:
Tatsächlich ist die Festlegung der Höhe, riert werden, und zwar über dieses skalare
bei der die Lageenergie null sein soll, will- Produkt zweier Vektoren. Es ergibt sich ein
kürlich. Das überrascht wahrscheinlich, sogenanntes Linienintegral, das man sich
2 denn eigentlich erwarten wir auf die Frage nicht mehr so ohne Weiteres als eine Fläche
„Wie viel Energie hat mein Rucksack?“ eine unter einem Funktionsgraphen vorstellen
klare Antwort. Habe ich den Fußboden als kann. Es bedeutet, dass man den Gesamt-
Nullpunkt für die Lageenergie festgelegt, weg in viele kurze, fast gerade Wegstücke
wird es noch schlimmer: Im zehn Meter tie- zerlegt und dann die auf diesen Wegstücken
fen Loch ist die Energie dann negativ! Wir geleistete Arbeit summiert.
werden sehen: Man kann damit leben. Es ist Ohne Weg keine Arbeit! Als „Weg“ zählt
sogar zuweilen praktisch, den Nullpunkt aber nur dessen Komponente in Richtung der
der potenziellen Energie frei wählen zu kön- Kraft. Wer sich einen Mehlsack auf die Schul-
nen. Änderungen der potenziellen Energie tern lädt, leistet Arbeit, Hubarbeit nämlich.
werden von der Wahl des Nullpunkts nicht Wer den Sack dann aber streng horizontal
beeinflusst. über den Hof trägt (. Abb. 2.29), leistet im
Kräfte sind Vektoren, die Energie ist ein Sinn der Mechanik keine Arbeit mehr. Dass
Skalar. Wer sich nach Art der . Abb. 2.28 er trotzdem ermüdet, ist seine Ungeschick-
vor einen Wagen spannt, zieht um den Win- lichkeit: Hätte er einen Wagen gebaut und
kel α schräg nach oben. Mit der vertikalen sorgfältig alle Reibung vermieden, so hätte er
Komponente seiner Zugkraft F entlastet er den Sack, einmal aufgeladen, mit dem kleinen
lediglich die Vorderachse seines Wagens; nur Finger über den Hof schieben können, ohne
die horizontale Komponente mit dem Betrag Arbeit, weil (praktisch) ohne Kraft. Weg und
Gewichtskraft stehen senkrecht aufeinander,
Fh = F × cos a ihr skalares Produkt ist null.
W = F × Ds × cos a . 77Halten macht auch Mühe
Reine Haltebetätigung leistet keine mechani-
Diese Formel lässt offen, ob man die Kom- sche Arbeit; der Weg fehlt. Für sie Energie
ponente der Kraft in Richtung des Weges in einzusetzen, ist Verschwendung, lässt sich
sie eingesetzt hat oder die Komponente des aber manchmal nicht verhindern. Das gilt
Weges in Richtung der Kraft. Mathematisch z. B. für Muskeln. Sie können sich unter
handelt es sich um das skalare
Produkt der Kraftentwicklung zusammenziehen und da-
beidenVektoren F und s (7 Abschn. 1.4). bei mechanische Arbeit leisten, beim Klimm-
Sind F und α nicht konstant, muss integ-
Energie dW
LeistungP = ,
Zeitspanne dt
>>Merke
dW
Leistung P = .
dt
SI-Einheit 1 J/s = 1 Watt = 1 W. .. Abb. 2.30 Leistung beim Treppensteigen
52 Kapitel 2 · Mechanik starrer Körper
1 DWpot = m × g × Dh.
kinetische Energie Wkin = m × v2 .
2 Dieser Betrag ist dann voll in kinetische
Energie umgewandelt worden, wenn das
Begründung Pendel durch seine Ruhelage schwingt; es
Dass diese Definition zumindest insofern vernünftig tut dies mit der Geschwindigkeit v0:
ist, als sie sich mit Energiesatz und Fallgesetz v erträgt,
sieht man leicht: Nach der Fallzeit Δt hat der Stein die 1
Geschwindigkeit v = g ⋅ Δt erreicht, die Strecke Wkin = m × v02 = DWpot .
2
Δs = 1/2g ⋅ Δt2 durchfallen und die potenzielle Energie
m × g × Ds = m × g × 1 / 2 g × Dt 2 = 1 / 2m × g 2 × Dt 2 = 1 / 2m × v 2 Daraus folgt:
>>Merke
Fv = FF × sin b ; Fh = FF × cos b .
In der einfachsten Form des Hebelgeset-
zes stehen entweder „Kraft“ und „Last“
Dadurch bekommt das Hebelgesetz die Ge-
2 stalt
für deren Komponenten senkrecht zum
Hebelarm oder „Kraftarm“ und „Last-
arm“ für die effektiven Hebelarme.
l1 × Fv1 = l2 × Fv 2
Unabhängig von diesen beiden Deutungen
bietet die Mathematik ihr vektorielles Pro-
und ausmultipliziert die Form
dukt zweier Vektoren an. Die Physik folgt
dem Angebot und definiert eine neue physi-
l1 × F1 × sin b1 = l2 × F2 × sin b 2 .
kalische Größe, das
Man kann den Sinus des Winkels zwischen Drehmoment T = l ´ F .
Kraft und Hebelarm auch anders deuten, Es steht senkrecht auf l und F und liegt
nämlich durch die Definition eines sog. ef- demzufolge parallel zur Drehachse.
fektiven Hebelarms leff. Er ist der kürzeste
Abstand zwischen der Drehachse und der >>Merke
Kraftwirkungslinie (. Abb. 2.40), steht also Drehmoment: Vektorprodukt aus He-
senkrecht auf beiden: belarm und Kraft.
l = leff × sin b . T = I ´ F.
Muskeln. Regen Gebrauch macht aber auch Hängt man irgendeinen Körper nachein-
die Technik, z. B. bei den Balkenwaagen, die ander an verschiedenen Punkten auf und
zwei von massenproportionalen Gewichts- zieht man von jedem Aufhängepunkt eine
2 kräften erzeugte Drehmomente miteinander Gerade senkrecht nach unten, so treffen sich
vergleichen. Die Waage der Justitia, auch alle Geraden in einem Punkt, dem Schwer-
Apothekerwaage genannt (. Abb. 2.41), punkt S (. Abb. 2.42). Bei der Gewichts-
besitzt einen genau in der Mitte gelagerten kraft darf man so tun, als sei die gesamte
zweiarmigen Hebel, den Waagebalken. Die Masse eines Körpers in diesem konzentriert;
Gleichheit der Hebelarme ist hier unerläss- man bezeichnet ihn deshalb auch als Mas-
lich; jede Abweichung würde zu einem sys- senmittelpunkt.
tematischen Fehler führen. Das zu wiegende Der Schwerpunkt kann außerhalb des
Gut wird dann mit passenden Stücken aus Körpers liegen, z. B. beim Hufeisen. Der
einem Gewichtssatz verglichen. Moderne Mensch kann seinen Schwerpunkt sogar
Waagen freilich zeigen ihren Messwert elek- durch Körperbewegungen verlagern, auch
tronisch an und verraten nicht, wie sie das nach außen. Einem vorzüglichen Hoch-
machen. springer gelingt es möglicherweise, ihn unter
Im Gleichgewicht geht die Apotheker- der Latte hindurchzumogeln (. Abb. 2.43);
waage in Ruhestellung, Waagebalken hori- das spart Hubarbeit.
zontal. Unbelastet tut sie dies auch. Wieso Wenn es die Halterung erlaubt, versucht
eigentlich? jeder Schwerpunkt von sich aus, unter den
Punkt zu kommen, an dem das Objekt ge-
halten wird. Dann hat die Gewichtskraft
keinen effektiven Hebelarm mehr und er-
.. Abb. 2.43 Fosbury-Flop. Bei einem optimal ausgeführten Fosbury-Flop rutscht der Schwerpunkt des Sprin-
gers knapp unter der Latte hindurch
2.2 · Kraft, Drehmoment, Energie
59 2
>>Merke
Gleichgewichte:
55 Stabil: Verrückung erfordert Energie-
2 erhöhung
55 Labil: Verrückung vermindert die
Energie
55 Indifferent: Verrückung lässt Energie
unverändert
.. Abb. 2.46 Indifferentes Gleichgewicht. Beim Rol-
len bewegt sich der Schwerpunkt S exakt horizontal: >>Merke
kein Umsatz potenzieller Energie
Jedes „System“ versucht, die potenzielle
Energie zu minimieren.
Auch der freie Fall hält sich an die Grund- auf: Weil die Masse der Erde sehr viel größer
gleichung: ist als die des Mondes, liegt der gemeinsame
FG = m × g . Schwerpunkt noch innerhalb der Erdkugel.
2 Warum aber hat die Masse eines fallenden
Bei dem Mann mit dem Bollerwagen in
7 Abschn. 2.2.3 muss man schon etwas ge-
Körpers keinen Einfluss auf die Fallbe-
nauer nachdenken.
In . Abb. 2.28 ist nur
schleunigung? Je schwerer ein Körper, umso
die Kraft F (zusammen mit ihren Kompo-
größer die Gewichtskraft; eine umso höhere
nenten), die der Mann auf den Wagen aus-
Kraft wird aber auch gebraucht, ihn zu be-
übt, eingetragen. Dass der
Wagen die entge-
schleunigen. Das kompensiert sich gerade.
gengesetzte Kraft - F auf den Mann
Man sagt auch „schwere Masse gleich träge
ausübt, erkennt man allenfalls
an dessen
Masse“ und meint damit, dass im Gravita-
Schräglage; nähme man - F plötzlich weg,
tionsgesetz und im 2. Newton’schen Gesetz
indem man das Zugseil kappt, so fiele der
die gleiche Masse steht.
Mann vornüber.
Es gibt noch einen weiteren, keineswegs
selbstverständlichen Tatbestand, den man
beachten muss, wenn man sich mit Kräften
Rechenbeispiel 2.9: Die Kraft auf den
befasst. Zu einer Kraft gehören immer zwei:
Kleinwagen
ein Gegenstand, auf den sie ausgeübt wird,
Aufgabe. Unser Kleinwagen aus 7 Re-
und einer, der sie ausübt. Wenn ein
chenbeispiel 2.6 (m = 1000 kg) beschleu-
Gegenstand auf einen anderen eine Kraft
nigt in 10 Sekunden von null auf
ausübt, nach welchem Mechanismus auch
130,8 km/h. Welche Kraft wirkt dabei
immer, so gibt ihm das keine Vorrechte:
auf ihn?
Notwendigerweise übt nämlich der andere
Lösung. Nach der Grundgleichung
Gegenstand auf den einen die gleiche Kraft
der Mechanik ist:
aus, nur in entgegengesetzter Richtung (Ge-
genkraft). Man bezeichnet diesen Tatbe- 130, 8 km / h
F = m×a = m×
stand als 3. Newton’sches Gesetz und sub- 10 s
sumiert ihn zuweilen unter dem Kürzel 36, 3 m / s
= m× = 3633 N.
actio = reactio. 10 s
sich diese selbst dreht. Warum Äquator, wa- F = G ⋅ m ⋅ M/r2 bemühen (7 Abschn. 2.2.2,
rum 3,6 · 107 m? G = Gravitationskonstante, M = Masse der
Wer auf einer Kreisbahn laufen will, Erde). Vom geostationären Satelliten wird die
2 braucht eine Zentripetalbeschleunigung az , Kreisfrequenz ωE = 2π/24h verlangt, mit der
die ständig zum Mittelpunkt des Kreises die Erde rotiert. Daraus folgt für den Betrag
zeigt, sich also mitdreht. 7 Abschn. 2.1.4 der Zentripetalkraft:
hatte für ihren Betrag
m×M
Fz = m × wE2 × r = G × .
2 v2 r2
az = w × r =
r
Dies ist eine Bestimmungsgleichung für r,
ergeben (ω = Winkelgeschwindigkeit, denn sie lässt sich nach r3 auflösen:
v = Bahngeschwindigkeit, r = Radius der
Kreisbahn). Nach der Grundgleichung der G×M
r3 = .
Mechanik muss aZ von einer ebenfalls stän- wE2
dig zum Mittelpunkt des Kreises zeigenden
Kraft geliefert werden. Sie heißt Zentripe- G ist eine Naturkonstante, M und ωE sind
talkraft und hat den Betrag fest vorgegeben, also kann die Bedingung
„geostationär“ nur von einem einzigen
v2 Bahnradius erfüllt werden. Die Satelliten
Fz = m × az = m × w 2 × r = m × .
r müssen sich drängeln.
Mit weniger Aufwand als eine Raumfähre
Der Hammerwerfer auf dem Sportplatz dreht ein Kettenkarussell seine Passagiere im
muss sie mit seinen Muskeln aufbringen und Kreis herum. Dabei schwenken die Gondeln
über das Seil des „Hammers“ auf diesen nach außen; die Ketten, an denen sie hängen,
übertragen. können wie Seile nur Zugkräfte in ihrer eige-
nen Richtung übertragen (. Abb. 2.52).
>>Merke
55 Der ruhende außenstehende Beobachter
Kreisbahn: Zur Zentripetalbeschleunigung
sagt dazu: „Die Passagiere brauchen für
az gehört eine zum Zentrum gerichtete
ihre Kreisbahn
eine horizontale Zentri-
Zentripetalkraft mit dem Betrag:
petalkraft Fz ; die Ketten müssen sie lie-
v2 fern, mit der waagerechten Komponente
Fz = m × az = m × = m × w 2 × r. ihrer Zugkraft. Diese Komponente exis-
r
tiert nur, wenn die Gondeln nach außen
Die geostationären Satelliten können sich schwenken und die Ketten schräg nach
ihre Zentripetalkraft nur von der Gravita- oben ziehen (. Abb. 2.52, rechtes Kräf-
tion holen. Die aber zeigt zum Zentrum der tedreieck).“
Erde; deren Mittelpunkt ist Mittelpunkt der 55 Der Passagier hingegen sagt: „Ich sitze
Kreisbahn, ob der Satellit nun über die Pole in einem rotierenden, also beschleunig-
läuft oder anderswo. Geostationär kann er ten Bezugssystem, auf mich wirkt die
sich freilich nur in einer Äquatorbahn auf- vertikale Gewichtskraft FG und für die
halten; bei allen anderen Bahnen würde er horizontale Richtung nehme ich eine
nicht konstant über einem Punkt der Erd- horizontale Trägheitskraft, die Zentri-
oberfläche bleiben. fugalkraft Ff , an. Beide addieren sich
In Satellitenhöhe darf man für die Fallbe- zu einer schräg nach unten und außen
schleunigung nicht mehr den erdnahen Wert gerichteten Gesamtkraft, der die Ket-
g ansetzen, man muss das Gravitationsgesetz ten folgen müssen (. Abb. 2.52, linkes
2.3 · Kraft und Bewegung
69 2
Kräftedreieck). Außerdem wirkt auf dreht sich ja mit, er gibt sein rotierendes
mich noch die Kraft der Ketten (rech- Bezugssystem selbst vor. Aber da ist er der
tes Kräftedreieck). Beides kompensiert Einzige im ganzen Stadion. Alle anderen
sich gerade, sodass ich in meinem be- müssen sagen: Da hält einer mit seinen
schleunigten Bezugssystem in Ruhe Muskeln den Hammer auf einer Kreisbahn
bin. und plötzlich lässt er los; folglich fliegt der
Hammer mit seiner momentanen Bahnge-
Fz und Ff haben die gleichen Beträge, nach schwindigkeit ab, tangential zum Kreis, wie
der gleichen Formel zu berechnen. die Funken von einer Schleifscheibe
(. Abb. 2.53).
>>Merke Von hohen Beschleunigungen in rotie-
Zentripetalkraft: nach innen gerichtete renden Bezugssystemen macht die Technik
Zentralkraft; eifrig Gebrauch, auch im ärztlichen Labor.
Zentrifugalkraft: nach außen gerichtete Die Bestandteile einer Suspension lassen
Trägheitskraft im rotierenden Bezugs- sich im Schwerefeld der Erde voneinander
system. trennen, wie z. B. die Blutsenkung zeigt
(7 Abschn. 3.3.3). Das braucht aber Zeit
Wieder gilt: Neben dem Karussell steht
und geht viel schneller, wenn man für seine
niemand, der die Passagiere nach außen
Probe die Gewichtskraft durch die hohen
zieht. Die Zentrifugalkraft ist nur eine fik-
Beschleunigungskräfte (Zentrifugalkraft)
tive Kraft im beschleunigten Bezugssys-
einer Zentrifuge ersetzt. Auch sie sind mas-
tem. Wenn man das nicht beachtet, kann
senproportional. Mit hohen Drehzahlen
man Fehlschlüssen aufsitzen. In welcher
können durchaus handliche Geräte Radial-
Richtung fliegt der „Hammer“ weg, den
beschleunigungen von mehr als 1000 g er-
der Hammerwerfer erst im Kreis herum-
zielen. Die eingesetzten Reagenzgläser ste-
schleudert und dann loslässt? Radial nach
hen dann bei laufender Zentrifuge
außen, in Richtung der Zentrifugalkraft.
horizontal und sind nicht ganz ungefähr-
Der Werfer darf das in der Tat sagen; er
lich. 1000 g bedeuten tausendfache Ge-
wichtskraft; da darf es keine mechanischen
Schwachstellen geben, sonst fliegt die Zent-
rifuge auseinander.
Lösung. Das kann man anhand des und wird in kg.m2 gemessen. Leider hängt
Bildes natürlich nur grob schätzen. Der es nicht nur von der Masseverteilung des
horizontale Abstand der Passagiere von rotierenden Körpers ab, sondern auch von
der senkrechten Drehachse ist vielleicht der Lage der Drehachse. Immerhin führt
etwa 6 m. Das ist also unser Radius der seine Definition aber zu der einfachen Be-
Kreisbewegung. Die Sitze haben eine ziehung:
Schräglage von etwa 45°. Das heißt:
Zentripetalkraft und Schwerkraft sind 1
Wkin = I •w 2 .
etwa gleich groß. Dann sind auch die Ra- 2
dialbeschleunigung ar und die Fallbe-
schleunigung g gleich groß. Die Radial- Demnach bedeuten Trägheitsmoment und
beschleunigung ist also ca. ar = 10 m/s2. Winkelgeschwindigkeit für die Rotation,
Wie wir in 7 Abschn. 2.1.4 gelernt ha- was Masse und Geschwindigkeit für die
ben, ist Translation bedeuten. Die Analogie reicht
v2 weiter. So kann die Grundgleichung der Me-
ar = = r × w 2. chanik bei Drehbewegungen in der Form
r
Damit ergibt sich für die
dw
ar T =I×
Winkelgeschwindigkeit w = = 1, 3 s -1. dt
r
Das entspricht etwa 12 Umdrehungen geschrieben
werden; Drehmoment T und
pro Minute. Kraft F entsprechen einander. Auch wenn
es bisher nicht erwähnt wurde: Winkelge-
schwindigkeit w und Winkelbeschleunigung
dw / dt sind Vektoren, die in Richtung der
2.3.5 Trägheitsmoment und Drehachse zeigen. Ganz allgemein kommt
Drehimpuls man von den Formeln der Translation zu
denen der Rotation, wenn man die Größen
Auch in der Drehbewegung steckt kineti- in der linken Spalte der Tabelle durch die in
sche Energie. Zwar rotieren alle Masseteil- der rechten Spalte ersetzt:
chen dm eines Rades mit der gleichen Win-
kelgeschwindigkeit ω, ihres unterschiedlichen
Translation Rotation
Abstands r(m) von der Drehachse wegen
aber mit verschiedenen Bahngeschwindig- Wegstrecke s Drehwinkel α
keiten v(m) = ω ⋅ r(m). Es hilft also nichts,
Wkin lässt sich nur durch Summieren der Bei- Geschwindigkeit s Winkelgeschwindigkeit w
träge aller Masseteilchen dm ermitteln. Ma- Beschleunigung Winkelbeschleunigung
thematisch läuft dies auf eine Integration a dw
heraus: dt
1 1
Wkin = × ò v 2 ( m ) × dm = w 2 × ò r 2 ( m ) × dm. Kraft F Drehmoment T
2 2
Masse m Trägheitsmoment I
2.3 · Kraft und Bewegung
71 2
Wie nach dieser Aufstellung zu erwarten, Weil achsenferne Körperteile mehr zum
gibt es als Gegenstück zum Impuls p und Trägheitsmoment beitragen als achsennahe,
dem Impulserhaltungssatz auch den gehen z. B. Pferde auf Zehenspitzen: Ihre
kleinen und schmalen Hufe entsprechen
Drehimpuls L = I × w anatomisch Finger- und Fußnägeln. Das ist
schlecht im Sumpf, aber gut zum raschen
mit dem Drehimpulserhaltungssatz. Er sorgt Laufen auf festem Boden: Die Beine lassen
z. B. dafür, dass ein Kinderkreisel nicht um- sich rasch bewegen, ohne viel Muskelkraft
fällt und ein Frisbee
stabil in der Luft liegt; für hohe Drehmomente aufbringen zu müs-
mit dem Vektor L muss auch die ihm paral- sen, die bei hohen Trägheitsmomenten not-
lele Richtung der Drehachse erhalten blei- wendig würden.
ben. Wer einen Salto springt, rotiert um eine
Ob sie ihn nun kennen oder nicht – Eis- sog. freie Achse, im Gegensatz zum Geräte-
tänzerinnen und Kunstspringer nutzen den turner, der sich bei einer Riesenwelle die Reck-
Drehimpulserhaltungssatz auf recht raffi- stange als Drehachse vorgibt. Freie Achsen
nierte Weise. Achsenferne Massen tragen ja müssen immer durch den Schwerpunkt lau-
in weit höherem Maß zum Trägheitsmoment fen, denn täten sie es nicht, so durchliefe der
bei als achsennahe; der Radius r geht qua Massenmittelpunkt eine Kreisbahn: Eine
dratisch ein. Deshalb kann der Mensch Zentrifugalkraft wäre die Folge. Die aber
sein Trägheitsmoment (im Gegensatz zu kann nur von einer festen Achse aufgefangen
seiner Masse) beträchtlich verändern, wie werden. (Bei einer Riesenwelle biegt sich die
. Abb. 2.54 an drei Beispielen zeigt. Reckstange ja auch ganz schön durch.)
Will die Eistänzerin eine Pirouette dre- Jedes Rad eines Autos muss durch eine
hen, so besorgt sie sich zunächst mit dem kleine Zusatzmasse „ausgewuchtet“ werden
Fuß
ein
Drehmoment T , das ihr wegen (. Abb. 2.55), bis sein Schwerpunkt auf der
T = dL / dt einen Drehimpuls verschafft. konstruktiv vorgeschriebenen „Mechaniker-
Diesen übernimmt sie in einer Stellung mit achse“ liegt. Andernfalls „schlägt“ das Rad
hohem Trägheitsmoment (. Abb. 2.54 ganz und reißt an seinem Lager. Der Springer im
rechts) und relativ kleiner Winkelgeschwin- Salto hat kein Lager, ihm bleibt nur eine
digkeit. Wenn sie sich jetzt aufrichtet und die freie Achse. Beim Rad des Autos soll sie mit
Arme an den Körper und damit an die verti- der Mechanikerachse zusammenfallen.
kale Drehachse heranholt, nimmt ihre Win-
kelgeschwindigkeit merklich zu, denn anders
kann der Drehimpuls bei vermindertem
Trägheitsmoment nicht erhalten bleiben.
Ähnliches tut der Kunstspringer beim
Salto, nur rotiert er um eine horizontale
Achse. Nach dem Absprung geht er in die
Hocke, um I zu verringern und w zu er-
höhen; am Ende des Sprunges streckt er
sich wieder, um bei kleinerem w mit den
Händen zuerst sicher ins Wasser einzutau-
chen. Dort gibt er dann seinen Drehim-
puls an die Erde zurück, von der er ihn .. Abb. 2.54 Eistänzerin. Trägheitsmomente (An-
beim Absprung vom Turm ausgeborgt haltswerte) des Menschen in verschiedenen Körper-
hatte. haltungen bei Drehung um die vertikale freie Achse
72 Kapitel 2 · Mechanik starrer Körper
Geschwindigkeit v(t) = a ⋅ t + v0
Weg a 2
s (t ) = × t + v0 × t + s0
2
2.4 · In Kürze
73 2
zz Kreisbewegung mit konstanter Ge-
schwindigkeit
Zentripetalkraft
v2
Fz = m ×
r
2.4 ⧫ Aus welcher Höhe muss man einen 2.12 ⧫⧫ Sie machen auf einer Personen-
Dummy zu Boden fallen lassen, wenn man waage schwungvolle Kniebeugen. Wie än-
den Aufprall eines Motorradfahrers simulie- dert das die Anzeige am Ende der Abwärts-
2 ren will, der mit 50 km/h auf eine Mauer bewegung?
fährt? 2.13 ⧫ Ein Kind ist doppelt so schwer
2.5 ⧫ Ein Mensch gleitet aus und schlägt wie ein anderes. In welchem Abstand von
mit dem Hinterkopf auf den Boden. Dem der Drehachse einer Wippe setzen sie sich
Wievielfachen der Erdbeschleunigung ist am besten, um gemeinsam gut wippen zu
der Schädel ausgesetzt? Zur Abschätzung können?
sei angenommen: freier Fall aus 1,5 m Höhe;
konstante Verzögerung beim Aufschlag auf zz Energie und Leistung
einer Strecke von 5 mm. 2.14 ⧫ Wie viel Zeit hat man, um seine 70 kg
die 16 Stufen jeweils 17 cm eines Stockwer-
zz Zusammengesetzte Bewegung kes hochzuschleppen, wenn man dabei
2.6 ⧫ Wie muss der Bootsführer in 500 W umsetzen will? Wer leichter ist, muss
. Abb. 2.5 steuern, wenn er möglichst schneller sein.
schnell ans andere Ufer kommen will? 2.15 ⧫ Welche mechanische Arbeit leis-
2.7 ⧫⧫ Regentropfen, die auf die Seiten- ten Sie ungefähr, wenn Sie ein Stockwerk
fenster eines fahrenden Zuges treffen, hin- hinaufsteigen?
terlassen eine schräg laufende Spur auf dem 2.16 ⧫ Ein Klotz mit 1 kg Masse und
Fenster. Ein durchschnittlicher Regentrop- 1 m/s Startgeschwindigkeit kommt durch
fen fällt senkrecht mit etwa 8 m/s und die Reibung zur Ruhe. Welche Wärme entsteht
Spur auf dem Fenster habe einen Winkel dabei?
von 60° zur Senkrechten. Wie schnell fährt 2.17 ⧫⧫ Jane, nach Tarzan Ausschau hal-
der Zug, Windstille vorausgesetzt? tend, rennt so schnell sie kann (5,6 m/s),
2.8 ⧫⧫ Ein Känguru auf der Flucht greift sich eine senkrecht herunterhängende
macht 6 m weite und 1,5 m hohe Sprünge. Liane und schwingt nach oben. Wie hoch
Wie groß ist seine horizontale Fluchtge- schwingt sie? Spielt die Länge der Liane eine
schwindigkeit? Rolle?
Mechanik deformierbarer
Körper
Inhaltsverzeichnis
3.1 Aggregatzustände – 81
3.2 Festkörper – 82
3.2.1 S truktur der Festkörper – 82
3.2.2 Verformung von Festkörpern – 83
3.2.3 Viskoelastizität – 86
3.3 Druck – 87
3.3.1 S tempeldruck – 87
3.3.2 Schweredruck ! – 88
3.3.3 Auftrieb – 91
3.3.4 Manometer – 93
3.3.5 Pumpen – 94
3.3.6 Kompressibilität – 96
3.3.7 Blutdruckmessung – 97
3.4 Grenzflächen – 98
3.4.1 ohäsion – 98
K
3.4.2 Adhäsion – 102
3.2 Festkörper
.. Abb. 3.3 Diamant und Graphit. Zwei unterschiedliche Kristallmodifikationen des Kohlenstoffs
84 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
nehmen. Der Quotient Δl/l0 bekommt den dehnt. Dem sind aber Grenzen gesetzt; ir
Namen Dehnung, der Quotient F/A = σ gendwann reißt der Draht. Manche
heißt (mechanische) Spannung. Substanzen lassen sich fast gar nicht plas
Sind Spannung und Dehnung einander tisch verformen; wird ihre Elastizitäts
proportional, so erfüllen sie das grenze überschritten, so brechen sie wie
Glas. Man nennt sie spröde.
3 , Dl
Hooke sche Gesetz s = E × ,
l0 >>Merke
Elastische Verformungen sind reversibel,
die Proportionalitätskonstante E heißt Elas- plastische irreversibel.
tizitätsmodul σ. σ und E haben die gleiche
Einheit N/m2, denn die Dehnung ist eine di Bei plastischer Verformung müssen ganze
mensionslose Zahl. Die Elastizitätsmodule Bereiche eines Kristalls gegeneinander ver
gängiger Metalle liegen in der Größenord schoben werden. Das geht nur, wenn Gitter
nung 1011 N/m2. nachbarn sich voneinander trennen und mit
neuen Nachbarn wieder zusammenlegen,
>>Merke ein schier unmöglicher Vorgang, wäre der
55 Mechanische Spannung: Kristall perfekt gebaut. Tatsächlich springt
F ein Baustein innen nur in eine benachbarte
s= (Kraft durch Querschnittsfläche).
A Leerstelle, in einen aus irgendwelchen Grün
Dehnung = relative Längenänderung den gerade nicht besetzten Gitterplatz. Be
Dl
. sondere Bedeutung haben hier linienförmige
l0
55 Hooke’sches Gesetz: Anordnungen gleichartiger Leerstellen der
Dehnung ist zur Spannung proportio Art, wie sie . Abb. 3.5 skizziert (man nennt
nal: das Stufenversetzung). Dort kann eine
F Dl
= E× .
A l0
Erhöht man die Spannung über die sog.
Elastizitätsgrenze hinaus, so nimmt die
Dehnung überproportional zu (. Abb.
3.4): Der Draht beginnt zu fließen und
kehrt nach Entlastung nicht zur alten Aus
gangslänge zurück, er hat sich plastisch ge
3.2.3 Viskoelastizität
3.3.2 Schweredruck !
.. Abb. 3.12 Pumpspeicherwerk. Nachts wird über menarbeit des Wassers wieder in elektrische Energie
schüssige elektrische Energie als Hubarbeit gespei zurückverwandelt werden, freilich nur mit begrenztem
chert, indem Wasser in den oberen See gepumpt wird; Wirkungsgrad
sie kann in der Leistungsspitze am Tag durch Volu
p ( h ) = r·g·h,
>>Merke
Schweredruck:
von der Gewichtskraft einer Flüssigkeit
(Dichte ρ) erzeugter Druck; er steigt mit
der Tauchtiefe h:
p ( h ) = r·g·h.
77Druck im Körper
Auch die Blutgefäße des Menschen bilden
eine „geschlossene Dose“ im Sinn der Über
lagerung von Schwere- und Stempeldruck.
Steht der Mensch aufrecht, so ist der Blut
druck in den Füßen notwendigerweise höher
.. Abb. 3.15 Regelstörungen beim Blutdruck. Die
als im Kopf; liegt er horizontal, so sind beide Versuchsperson wird auf eine horizontale Liege fest
Drücke ungefähr gleich. Das Gehirn braucht geschnallt und ohne eigene Muskelarbeit in die Verti
für seine Funktion aber unbedingt eine gleich kale gekippt. Da nimmt der Blutdruck im Oberkörper
mäßige Durchblutung; folglich muss ein Re zunächst ab („das Blut sackt in die Füße“). Beim Ge
gelsystem dafür sorgen, dass Druckschwan sunden wird der Druck im Gehirn in weniger als einer
halben Minute wieder auf den Normalwert eingeregelt
kungen im Kopf, wie sie Lageänderungen a. Ein krankhaft gestörter Regelkreis kann durch diese
zunächst hervorrufen, in wenigen Sekunden Belastung in eine ge b und sogar in eine nahezu unge
aufgefangen werden. Krankhafte Störungen dämpfte Regelschwingung c geraten
3.3 · Druck
91 3
Schwerkraft. Insofern bilden die Meere ohne Begründung einfach nur festgestellt
keine ebenen Oberflächen aus, sondern Aus werden. Für geometrisch einfache Sonder
schnitte aus einer Kugeloberfläche. Seeleute fälle lässt es sich leicht nachrechnen; es all
wissen das: Von einem entgegenkommenden gemein herzuleiten, bedarf allerdings einer
Schiff tauchen zuerst die Mastspitzen über Integration.
der Kimm auf, und der Mann im Mastkorb
entdeckt sie früher. >>Merke
Auftrieb
FA = g·mf = Vk ·rf ·g .
Rechenbeispiel 3.2: Wasserturm
Aufgabe. In flachen Gegenden steht zu
Ein Körper, der mehr wiegt als die von ihm
weilen ein Wasserturm in der Land
verdrängte Flüssigkeit, sinkt unter: Der
schaft. Er enthält im oberen Teil einen
Auftrieb kann das Gewicht nicht tragen,
großen Wassertank. Zweck der Konst
wenn die (mittlere) Dichte des Körpers grö
ruktion ist es, am Fuße des Turms in den
ßer ist als die der Flüssigkeit. Ist sie dagegen
umgebenden Häusern einen Überdruck
kleiner, so schwimmt der Körper; er taucht
des Wassers am Wasserhahn zu erzeu
gerade so tief ein, dass die verdrängte Flüs
gen. Wie hoch muss der Turm in etwa
sigkeit ebenso viel wiegt wie er: Ein leeres
sein, damit der Überdruck das Dreifache
Schiff liegt höher im Wasser als ein belade
des Luftdrucks beträgt?
nes. Außerdem hat es auf hoher See einen
Lösung. Es gilt die Faustformel: Alle
etwas geringeren Tiefgang als im Hafen,
10 m Wassertiefe steigt der Druck um ein
denn der Salzgehalt gibt dem Meerwasser
Bar bzw. 1000 hPa. Genaues Nachrech
eine höhere Dichte.
nen liefert:
Die Tauchtiefe eines Aräometers
Dp = r w × g × 10 m (. Abb. 3.16) misst die Dichte der Flüssig
keit, in der es schwimmt. Man muss das Ge
= 1000 kg / m3 × 9, 81 m / s 2 × 10 m
rät nicht in g/cm3 eichen; teilt man es in
= 9, 81 × 104 Pa = 981 hPa „Grad Öchsle“, so misst es als „Gleukome
Der Wasserturm muss also etwa 30 m ter“ das Mostgewicht zukünftiger Weine; es
hoch sein. Man kann den Druck am heißt „Laktometer“, wenn man mit ihm den
Wasserhahn aber auch mit einer Pumpe Fettgehalt der Milch bestimmt, und „Uro
aufrechterhalten. meter“ beim entsprechenden Facharzt. Jede
Branche entwickelt ihre Fachsprache.
Jeder unter Wasser getauchte Körper wird Dichtebestimmung von Flüssigkeiten und
von allen Seiten zusammengedrückt. Weil Festkörpern
aber der Schweredruck mit der Wassertiefe Zur Dichte siehe auch 7 Abschn. 1.2.2,
zunimmt, übt er von unten eine größere zum Hebelgesetz und Balkenwaage vgl.
Kraft auf den Körper aus als von oben: Die 7 Abschn. 2.2.6, 2.2.7 und 2.2.8.
Differenz liefert den Auftrieb, eine der Ge Flüssigkeiten:
wichtskraft entgegen, also aufwärts gerich Eine beliebte Methode ist die Mohr’sche
tete Kraft FA. Ihr Betrag entspricht der Ge Waage. Das ist eine Balkenwaage, an de
wichtskraft g · mf der vom Tauchkörper ren einer Seite ein Glaskörper (Volumen
verdrängten Flüssigkeit (archimedisches VK, Masse mK) hängt, dessen Dichte ρK
Prinzip), ist also seinem Volumen Vk und ih- bekannt sein muss. Taucht man diesen
rer Dichte ρf proportional. Dies soll hier
92 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
Dann ist:
FL - FFl Vk × r Fl × g r Fl
= =
FL mk × g rk
und so erhält man die gesuchte Dichte
der Flüssigkeit:
F - FFl
r Fl = L × rK
FL
Diese Formel hat noch den Reiz, dass die
.. Abb. 3.16 Aräometer. Es taucht umso tiefer ein, je
Gewichtskräfte gar nicht absolut be geringer die Dichte der Flüssigkeit
stimmt werden müssen, da es nur auf ein
Verhältnis ankommt. Es reichen abgele
sene Skalenteile. weit mit Gas aufblähen können. Damit än
Eine andere Methode ist der einfache dern sie Volumen und Auftrieb, nicht aber
Gewichtsvergleich zweier Flüssigkeiten Masse und Gewicht.
gleichen Volumens mit der Balkenwaage. Der Mensch besteht im Wesentlichen aus
Ist die Dichte der einen Flüssigkeit be Wasser; seine mittlere Dichte liegt nur wenig
kannt, so kann die Dichte der anderen über 1 g/cm3. Das erlaubt ihm, mit geringen
berechnet werden. Schwimmbewegungen den Kopf über Was
ser zu halten. Der Auftrieb trägt den Körper
Festkörper:
und entlastet das Rückgrat.
Nimmt man eine Flüssigkeit bekannter
Dichte (in der Regel Wasser mit 77Blut ist eine Suspension
g
r W = 1 3 , so kann man die obige In der Grundflüssigkeit Wasser befinden
cm
Formel auch umdrehen und die Dichte sich viele nichtgelöste Bestandteile wie
ρK des eingetauchten Körpers bestim z. B. die Blutkörperchen. Blut bleibt des
men). halb gut durchmischt, weil sich die Dichten
dieser Bestandteile und des Wassers nicht
allzu sehr unterscheiden. Auftriebskraft
Wer schwimmen will „wie ein Fisch im Was und Schwerkraft halten sich in etwa die
ser“, muss seine mittlere Dichte der Umge Waage. Aber nicht ganz. Blutkörperchen
bung genau anpassen, sonst treibt er auf haben eine etwas höhere Dichte und sinken
oder geht unter. Fische besitzen dafür eine deshalb ganz langsam nach unten (Blut
Schwimmblase, die sie mehr oder weniger senkung). ◄
3.3 · Druck
93 3
Formel dazu
Einen solchen Vorgang nennt man Sedimentation. Die Krone des Hiëron
Die Sinkgeschwindigkeit v ist proportional zur Fall
Der Sage nach hat Archimedes mithilfe sei
beschleunigung g oder der Beschleunigung a, der
man das Reagenzglas aussetzt, z. B. in einer Zentri nes Prinzips den Goldschmied des Betrugs
fuge: überführt, bei dem König Hiëron von Syra
n = sk ·a. kus eine Krone in Auftrag gegeben hatte.
Hiëron ließ dafür einen abgewogenen
Den Proportionalitätsfaktor sk nennt man Sedimenta-
tionskonstante. Sie hängt vor allem vom Dichteunter Klumpen reinen Goldes aus seiner Schatz
schied zwischen Teilchen und Flüssigkeit ab. Ihre Ein kammer holen und überzeugte sich später
heit ist grundsätzlich die Sekunde, sie wird aber in 10−13 durch Nachwiegen, dass die fertige Krone
Sekunden = 1 Svedberg (S) angegeben. das richtige Gewicht besaß. Trotzdem hatte
der Schmied einen guten Teil des Goldes für
Will man die Bestandteile des Blutes schnell sich behalten und durch zulegiertes Silber
trennen und nicht lange warten, so bedient ersetzt; der Krone sah man das nicht an.
man sich einer Zentrifuge. Die Sinkge Wie Archimedes wusste, ist Silber „leichter“
schwindigkeit vs ist proportional zur Dichte als Gold, d. h. es besitzt eine geringere
differenz Δρ und zur Fallbeschleunigung g: Dichte. Er wies den Betrug nach mit einer
Waage, einem hinreichend großen, wasser
vs ~ Dr × g gefüllten Bottich und einem zweiten Klum
pen Gold, der so schwer war wie die Krone.
In der Zentrifuge wird nun die Fallbeschleuni Frage. Wie machte er das?
gung durch die Radialbeschleunigung der Antwort. Klumpen und Krone haben
Drehbewegung bzw. die Schwerkraft durch gleiche Masse und bringen eine Waage
die Zentrifugalkraft ersetzt (7 Abschn. 2.3.4). ins Gleichgewicht. Die Krone hat wegen
Diese kann mehr als 1000- mal höher sein. des Silbers eine geringere Dichte und ein
Dann geht es 1000-mal schneller. größeres Volumen; folglich ist ihr Auf
trieb im Wasser größer. Taucht man
Klumpen und Krone, während sie an der
Rechenbeispiel 3.3: Mondgestein
Waage hängen, ins Wasser, so kommt die
Aufgabe. Ein Geologe findet heraus, dass
Waage aus dem Gleichgewicht: Die
ein Mondstein mit 8,2 kg Masse einge
Krone erscheint leichter.
taucht in Wasser nur noch eine schein
bare Masse von 6,18 kg hat. Wie groß ist
die Dichte des Steins?
3.3.4 Manometer
Lösung. Die Auftriebskraft ergibt
sich aus der Differenz zwischen realer
Der Schweredruck erlaubt die Konstruk
und scheinbarer Masse:
tion technisch besonders einfacher Druck
FA = 2, 02 kg × g = 19, 8 N messer, sog. Flüssigkeitsmanometer. Steht
Damit ergibt sich sein Volumen: Wasser in einem zum U gebogenen Glasrohr
(. Abb. 3.17), muss der Gasdruck über dem
FA 2, 02 kg
V= = = 2020 cm3 linken Meniskus höher sein als über dem
r Wasser × g 0, 001 kg / cm3
rechten, und zwar um einen Betrag Δp, der
genauso groß ist wie der Schweredruck einer
und die Dichte zu
m Wassersäule der Höhe Δh:
r = = 4, 06 g / cm3
V Dp = r × g × Dh
94 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
.. Abb. 3.17 Flüssigkeitsmanometer. Auf dem linken .. Abb. 3.18 Dosenbarometer. Der äußere Luftdruck
Schenkel lastet ein Überdruck biegt den gewellten Deckel durch und staucht die
Schraubenfeder; nach ähnlichen Prinzipien lassen sich
Ein Flüssigkeitsmanometer lässt sich mit auch Manometer für hohe Drücke herstellen
dem Lineal oder hinterlegtem Millimeter
papier ablesen; in die Eichung gehen dann
noch die Dichte ρ der Manometerflüssigkeit
und die Fallbeschleunigung g ein.
Wollte man den Luftdruck mit einem
wassergefüllten U-Rohr messen, bräuchte
man ein 10 m hohes Gerät, nimmt man hin
gegen das flüssige Metall Quecksilber, so ent
spricht der Luftdruck nur 76 cm Höhenun
terschied der Flüssigkeitsstände. Misst man .. Abb. 3.19 Kolbenpumpe
mit einem solchen Quecksilbermanometer
den Blutdruck, so erhält man Werte um 3.3.5 Pumpen
100 mm „Quecksilbersäule“. Auch wenn die
SI-Einheit für Druck auf das Pascal umge Mit einer Kammer, die periodisch ihr Volu
stellt wurde, wollte man die Patienten wohl men ändert, kann man pumpen; zwei Ventile
nicht mit neuen Blutdruckwerten um die braucht man noch dazu. Technisch einfach
10.000 Pa schocken und blieb bei der ge ist die Kolbenpumpe (. Abb. 3.19), die sich
wohnten Blutdruckangabe in „Millimeter abgesehen von notwendigen Dichtungen
Quecksilbersäule“ (mmHg). Mit Quecksilber ganz aus Metall fertigen lässt. Die Ventile ha
aber misst selbstverständlich keiner mehr. ben den zunächst nur pendelnden Strom der
Das heute übliche Messprinzip lässt sich Flüssigkeit oder des Gases in eine Vorzugs
gut bei alten „Dosenbarometern“ erkennen richtung zu steuern. Dazu muss ihre Bewe
(. Abb. 3.18). Man verwendet eine Dose gung mit der des Kolbens koordiniert wer
mit dünnem Deckel, der sich verbiegt, wenn den, zwangsweise durch eine entsprechende
eine Druckdifferenz zwischen innen und Mechanik oder eleganter dadurch, dass die
außen besteht. Die Verbiegung wird dann entsprechend konstruierten Ventile vom
mechanisch oder auch elektrisch übertragen Strom des Fördergutes im richtigen Takt
und gleich als Druck(differenz) angezeigt. mitgenommen werden wie die Herzklappen.
Solche Dosen lassen sich auch nur einige Jeder Kolben braucht eine Dichtung ge
Mikrometer groß in Silizium hineinätzen genüber seinem Zylinder, ein technisch kei
und die Verbiegung als Veränderung einer neswegs einfach zu lösendes Problem. Da
elektrischen Kapazität messen. Dann passt rum ersetzt man zuweilen den Kolben durch
das Messgerät problemlos auch in ein eine biegsame Membran, die hin und her ge
Smartphonegehäuse. bogen wird (Membranpumpe, . Abb. 3.20).
3.3 · Druck
95 3
dass man den Operationssaal so belassen enten bestimmen will und der Druck im Spi
kann wie bei anderen Eingriffen auch. Das rometer nicht mit dem in der Lunge überein
vereinfacht das technische Problem der stimmt. Wie hat man zu rechnen? Man darf
Dichtung und verringert die Gefahr für den dem Gesetz von Boyle-Mariotte auch die
Patienten. ◄ folgenden Formen geben:
.. Abb. 3.22 Windkesseleffekt. Die starken Druckschwankungen in der Herzkammer werden zum großen Teil
durch die Windkesselfunktion der Aorta aufgefangen
98 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
3.4 Grenzflächen
3
3.4.1 Kohäsion
Moleküle halten zusammen; zwischen ihnen
.. Abb. 3.23 Blutdruckmessung nach Riva-Rocci herrschen „zwischenmolekulare Kräfte“ kur
(Einzel im Text, Zeichnung nach Rein-Schneider)
zer Reichweite, mit denen sie sich gegenseitig
anziehen. Dies nenn man Kohäsion. Diese
Kräfte gewinnen an den Grenz- und Oberflä
früher mit einem Gummibällchen von Hand chen der Flüssigkeiten besondere Bedeutung.
auf (. Abb. 3.23), heute bevorzugt man Wenn ein Kristall schmilzt, nimmt norma
eine Motorpumpe. Der Schlauch drückt lerweise die Dichte ab, aber nicht sehr stark.
dann Arm und Ärmel des Patienten zusam Auch in der Schmelze liegen die Moleküle
men und mit ihnen die Arteria brachialis. noch „dicht an dicht“; die zwischenmolekula
Übersteigt der Manschettendruck p den ren Kräfte existieren nach wie vor, die Wärme
systolischen Druck ps, so wird die Arterie bewegung ist allerdings so heftig geworden,
völlig zugedrückt und die Blutversorgung dass sich die Bindung an feste Gitterplätze
des Unterarms unterbrochen: In der Beuge nicht länger aufrechterhalten lässt: Die Mole
des Ellbogengelenks, wo das Gefäß dicht küle sind jetzt frei verschiebbar; die Flüssigkeit
unter der Haut verläuft, ist mit Stethoskop hat keine Schubfestigkeit, für eine Zerreißfes
oder Mikrofon nun kein Pulsgeräusch mehr tigkeit reichen die Kräfte der Kohäsion aber
wahrzunehmen. Lässt man jetzt über ein noch. Ein Ölfilm zwischen zwei Aluminium
kleines Ventil Luft aus der Manschette ent platten mit etwa 20 cm Durchmesser vermag
weichen, so kann von dem Moment an, in ein Kilogramm zu tragen (. Abb. 3.24); herz
dem der Druck p den systolischen Blutdruck lich wenig, wenn man an den Kupferdraht in
ps unterschreitet, dieser für kurze Zeit 7 Rechenbeispiel 3.1 denkt.
die Arterie öffnen. Deren anschließendes Am deutlichsten verspüren die oberflä
Zu sammenschlagen unter dem Druck chennahen Teilchen die zwischenmolekula
der Manschette liefert ein unverkennbares ren Kräfte der Kohäsion. Denn oberflä
Geräusch im Ellbogengelenk. Es verstummt chennahe Teilchen versuchen nicht nur,
wieder, wenn p den diastolischen Druck pd Moleküle zurückzuhalten, die in den Gas
unterschreitet, weil die Arterie jetzt ständig raum ausbrechen möchten, sie behindern
offenbleibt. Über das akustische Signal las
sen sich auf dem Manometer der Man
schette die beiden Grenzwerte ps und pd ab
lesen (Blutdruckmessung nach Riva-Rocci).
Dabei lässt sich allerdings ein systemati
scher Fehler nicht vermeiden. Das Herz
schlägt ja nicht gerade in dem Moment, wenn
der Manschettendruck den systolischen un
terschreitet. Beim ersten hörbaren Pulsge .. Abb. 3.24 Zerreißfestigkeit eines Ölfilms zwischen
räusch liegt deshalb p bereits etwas unter ps zwei Metallplatten. Die obere trägt einen Randwulst,
und entsprechend beim letzten Geräusch um ein Abgleiten der unteren zur Seite zu verhindern
3.4 · Grenzflächen
99 3
Oberflachenspannung
Oberflachenenergie WA
s= .
Oberflache A .. Abb. 3.27 Wasserläufer. Die Wirkung der Oberflä
chenspannung erscheint wie eine Haut auf dem Wasser,
Sie hat die SI-Einheit 1 J/m2 = 1 N/m = 1 kg/s2. die das Insekt trägt (© focus finder – Fotolia.com)
100 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
FG = r × g × VT
Der Faktor 2 rührt daher, dass die Haut
eine Haut ist: Sie hat nicht nur eine Ober
(ρ = Dichte der Flüssigkeit) den gleichen
fläche „nach außen“, sondern auch eine
Betrag wie die haltende Kraft Fσ erreicht
zweite (praktisch ebenso große) „nach in
hat. Ein vorgegebenes Volumen V0 der
nen“, d. h. mit Blickrichtung zur Zylinder
Flüssigkeit bildet also n = V0/VT Trop
achse. Die zur Schaffung der neuen Ober
fen:
fläche ΔA nötige Energie ΔW beträgt
g r
DW = s × DA = 2p × s × d × Dx. n= × V0 × .
p ×d s
Für die Waage bedeutet dies eine Zusatz Kennt man ρ und d, lässt auf diese Weise
kraft die Oberflächenspannung bestimmen:
DW
Fs = 2p × s × d = . g × V0 × r
Dx s=
p ×d ×n
Die Messung von Fσ erlaubt also die
Oberflächenspannung σ zu bestimmen. Messung der Steighöhe in einer Kapillare:
Die Rechnung zeigt zugleich, dass sich Vgl. 7 Abschn. 3.4.2. Die Kräfte zwischen
eine gespannte Flüssigkeitslamelle nicht Flüssigkeit und Rohrwand (Adhäsions
so verhält wie eine Gummihaut oder eine kräfte) heben die Flüssigkeit um eine Steig
Feder: Fσ ist unabhängig von x, die Kraft höhe h an. Für eine kreisrunde Kapillare
wächst nicht mit der Dehnung. mit dem Innendurchmesser 2r lässt sich h
leicht angeben. Angenommen, das Wasser
Stalagmometer:
benetze die Kapillarwand vollkommen,
Tropfen aus einem Rohr wie bei dem
dann bildet seine Oberfläche in der Kapil
„Tropf“. An einem Röhrchen mit dem Au
lare im Wesentlichen eine Halbkugel mit
ßendurchmesser d kann sich ein Tropfen
dem Radius r (. Abb. 3.33). Die Folge ist
festhalten, weil er beim Abfallen erst einmal
ein Druck mit Kräften in Richtung Kugel
zusätzliche Oberfläche schaffen muss, und
mittelpunkt, erzeugt von der Oberflächen
zwar für einen Zylinder mit dem Umfang d
spannung σ:
· π (. Abb. 3.30). Dazu gehört die Kraft:
2 ×s
Fs = p × d × s ps =
r
Der Tropfen reißt ab, sobald sein Volu An diesen Kräften kann sich der Flüssig
men VT so groß geworden ist, dass seine keitsfaden so lange aufhängen, wie sein
Gewichtskraft Schweredruck
pS = r × g × h
In einem Tropfen vom Radius r erzeugt die über den Molekülen in der festen Oberflä
Oberflächenspannung einen Binnendruck: che: Die Adhäsion muss die Kohäsion
übertreffen.
2 ×s Das tut sie oft, aber keineswegs immer.
p=
r Man braucht eine Glasplatte nur hauch
dünn einzufetten und schon perlt das Was
3 In einer Seifenblase ist er doppelt so hoch, ser, das vorher noch benetzte, in dicken
da sie eine Außen- und eine Innenoberfläche Tropfen ab: Die zunächst hydrophile Ober
hat. Allgemein gilt: Je kleiner Tropfen oder fläche ist hydrophob geworden. Ob eine
Blase, desto größer der Binnendruck. Flüssigkeit benetzt oder nicht, sieht man an
der Form ihrer Oberfläche: Zieht sie sich an
Rechenbeispiel 3.4 einer Gefäßwand hoch, so überwiegt die
Aufgabe. Wie groß ist der Binnendruck Adhäsion; wird die Oberfläche herunterge
in einem kugelförmigen Wassertropfen drückt wie beim Quecksilber, so ist die Ko
mit 1 cm Radius? Die Oberflächenspan häsion stärker (. Abb. 3.31). Sind Benet
nung sauberen Wassers beträgt ca. zung oder Nichtbenetzung vollkommen, so
72 mN/m. Ist der Binnendruck in einer kommt die Oberfläche asymptotisch an die
gleich großen Seifenblase kleiner oder Gefäßwand heran, wenn nicht, so stoßen
größer? beide in einem bestimmten Winkel aufein
Lösung. Die Oberflächenspannung ander (. Abb. 3.32).
trägt folgenden Anteil bei: Stehen sich zwei Gefäßwände auf hinrei
chend kurzem Abstand gegenüber, so kann
144 × 10-3 N / m sich eine benetzende Flüssigkeit an beiden
ps = = 14, 4 Pa
0, 01 m zugleich „hinaufhangeln“ und so im Gefäß
aufsteigen. Besonders wirksam funktioniert
Dazu kommt noch der äußere Luftdruck
dies in feinen Röhren: Bäume transportieren
von ca. 1000 hPa. Bei der Seifenblase
mithilfe der Kapillarwirkung Wasser von
trägt die Oberflächenspannung zwar dop
den Wurzeln zu den Blättern.
pelt bei, da sie eine innere und eine äußere
Oberfläche hat. Durch die Seife im Was
ser ist aber die Oberflächenspannung auf
etwa 30 mN/m herabgesetzt, sodass in der
Summe der Binnenüberdruck in der Sei
fenblase niedriger ist. Deshalb geht das
„Seifenblasenblasen“ mit reinem Wasser
sehr schlecht: Der Binnenüberdruck ist
viel höher und die Blase platzt zu leicht.
.. Abb. 3.31 a, b. Benetzung. Benetzende a und
nichtbenetzende Flüssigkeit b an einer Gefäßwand
3.4.2 Adhäsion
Jedes Gerät zur Bestimmung der Oberflä
chenspannung enthält einen Bauteil aus ei
nem festen Körper, an dem die Flüssigkeit
haftet: Sie muss ihn „benetzen“. Eine Flüs
sigkeit benetzt, wenn die Kohäsionskräfte,
die ihre Moleküle aufeinander ausüben, ge .. Abb. 3.32 Unvollkommene Benetzung. Die Flüs
ringer sind als die Adhäsionskräfte gegen sigkeit bildet einen Winkel φ mit der Gefäßwand
3.5 · Strömung
103 3
dV
Volumenstrom I = = A × Vm
dt
.. Abb. 3.35 Stromfäden laminarer Strömung um ein Hindernis (adaptiert nach R. W. Pohl)
>>Merke
Zähigkeit = Viskosität; Maß für die in
nere Reibung eines Fluids; Messung in
geeichten Viskosimetern; Einheit: Ns/m2.
Im Fall laminarer Strömung ist R oft vom Das hat zwei Konsequenzen:
Druck unabhängig. Dann ist I proportional 55 Ein elektrischer Widerstand hängt von ei
zu Δp und es besteht eine formale Analogie ner Materialkenngröße (der Resistivität)
zum Ohm’schen Gesetz der Elektrizitäts des Drahtes ab, in dem die Elektronen
lehre (7 Abschn. 6.2.2). Einen elektrischen sich bewegen, ein Strömungswiderstand
Widerstand, definiert als Quotient aus elek aber nicht von einer Materialeigenschaft
trischer Spannung und elektrischer Strom der Röhre, sondern der Flüssigkeit (von
stärke, nennt man ohmsch, wenn er von der Viskosität nämlich).
Strom und Spannung unabhängig ist. Flüs 55 Im Draht driften alle Elektronen mit
sigkeiten, die das Ohm’sche Gesetz der Hyd gleicher Geschwindigkeit (ebenes Ge
rodynamik erfüllen, heißen newtonsch. Blut schwindigkeitsprofil); die elektrische
gehört nicht zu ihnen; schließlich enthält es Stromstärke ist darum der Elektronen
rote Blutkörperchen mit einem beträchtli anzahl direkt proportional und damit
chen Volumengehalt (Hämatokrit genannt). auch der Querschnittsfläche des Drahtes,
Folge: Δp wächst überproportional zu I unabhängig von dessen Form; Flüssig
(. Abb. 3.42). keitsmoleküle haften an der Wand und
In zwei Punkten unterscheiden sich die driften umso schneller, je weiter sie von
wandernden Teilchen in der Flüssigkeits dieser entfernt sind: Die Strömungsge
strömungen allerdings markant von den schwindigkeit wächst mit dem Wandab
Elektronen des elektrischen Stroms: stand, d. h. mit dem Rohrdurchmesser.
55 Elektronen sind sehr viel kleiner als Mo
leküle und es gibt nur eine Sorte von ih Im einfachen Fall eines Rohres mit der
nen. Auf ihrem Marsch durch den Draht Länge l und einer kreisförmigen Quer
stoßen sie kaum mit ihresgleichen zu schnittsfläche mit dem Radius r gilt bei la
minarer Strömung das Gesetz von Hagen-
Poiseuille:
p × r 4 Dp A2 Dp
I= × = × .
8h l 8 × p ·h l
.. Abb. 3.44 Fliegen. Das Ablösen eines Anfahrwirbels verändert drastisch die Strömung um die Tragfläche
und bedingt den Auftrieb
Nun kann die Luft an der hinteren Tragflä 3.6 In Kürze
chenkante glatt abströmen. Eine gewisse
kontinuierliche Wirbelbildung gibt es dort zz Elastische Verformung eines Festkörpers
trotzdem, die der Übersichtlichkeit halber in Um einen Festkörper zu verformen, muss
der Zeichnung weggelassen wurde. man eine mechanische Spannung (Einheit:
Entscheidend ist, dass die Luft im Be Kraft durch Fläche) ausüben. Das führt zu
reich der Tragfläche jetzt nach unten abge einer Dehnung des Festkörpers. Ist dieser
lenkt wird. Der Rückstoß treibt das Flug elastisch, gilt das Hooke-Gesetz: Spannung
zeug nach oben. Der nun vorhandenen und Dehnung sind einander proportional.
Auftriebskraft entsprechen die Druckver Dehnt man einen Körper zu stark, wird er
hältnisse an der Tragfläche. Ein gekrümmter plastisch, d. h. dauerhaft verformt, oder er
Stromlinienverlauf erfordert wie gesagt ein reißt.
Druckgefälle senkrecht zur Strömung, das
die Kraft zum Umlenken der Luft aufbringt. Mecha Dl Δl: Längenände
An der Außenseite der Krümmung ist der nische rung [m]
l0
Dehnung l0: Anfangslänge [m]
Druck höher als an der Innenseite. Die
Oberseite der Tragfläche liegt an der Innen Mecha F σ: mechanische
nische s= Spannung
seite der Stromlinienkrümmung. Der Druck A
Span éNù
oben an der Tragfläche ist deshalb kleiner nung êë m 2 úû
als der umgebende Luftdruck. An der Un
F: Kraft auf A [N]
terseite, die außen an der Krümmung liegt, A: Querschnittsflä
ist der Druck höher. Das passt auch mit dem che [m2]
Bernoulli-Effekt zusammen, denn oberhalb
Hooke’ Dl E: Elastizitätsmo
der Tragfläche strömt die Luft schneller als sches s = E× dul é N ù
unterhalb: Das ergibt der Wirbel um die l0
Gesetz êë m 2 úû
Tragfläche. Weiter hinten hinter der Tragflä
che und schon außerhalb der Zeichnungen
von . Abb. 3.44 krümmen sich die Strom zz Druck
linien wieder zurück nach oben in ihre alte Druck kann durch einen Stempel (Kolben)
Bahn vor der Tragfläche. Man kann also sa in einer Pumpe erzeugt werden, entsteht
gen, dass die Luft das Flugzeug „trägt“. aber auch durch das Eigengewicht der Flüs
114 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
sigkeit (Schweredruck). Je tiefer man im tiefe bewirken etwa 1 bar Schweredruck. Be
Wasser taucht, umso höher wird der Schwe merkenswerterweise hängt der Schweredruck
redruck. Für Wasser gilt: Je 10 m Wasser nicht von der Gefäßform ab.
Druck F
p= p: Druck é N = Pa,Pascal ù
A êë m 2 úû
3 10 Pa ≈ 1 bar = 760 mmHg.
5
F: Kraft [N]
A: Stempelfläche [m2]
Schweredruck p=ρ⋅g⋅h
é kg ù
ρ: Dichte der Flüssigkeit ê 3 ú
ëm û
émù
g: Fallbeschleunigung ê 2 ú
ës û
h: Tiefe unter Oberfläche [m]
émù
g: Fallbeschleunigung ê 2 ú
ës û
Volumenstromstärke DV 3
I= I: Volumenstromstärke éê m ùú
Dt
ë s û
Gesetz von Hagen- l: Rohrlänge [m]
p × r 4 × Dp
Poiseuille I= r: Rohrradius [m]
8 ×h × l
(laminare Strömung
é Ns ù
durch ein Rohr) oder η: Viskosität ê 2 ú
ëm û
8 × l ×h Δp: Druckdifferenz [Pa]
Dp = × vm
r2 vm: mittlere Strömungsgeschwindigkeit
3.7 · Fragen und Übungen
115 3
Strömungswiderstand Dp R: Strömungswiderstand
R=
I é Ns ù
êë m5 úû
3.7 Fragen und Übungen größerer Tiefe befindet. Ist die Auftriebs
kraft bei A und B gleich?
3.7.1 Verständnisfragen 3.4 Zwei identische Gläser sind bis zur
gleichen Höhe mit Wasser gefüllt. Ein Glas
3.1 Warum sind die größeren Knochen röh enthält Eiswürfel, die im Wasser schwim
renförmig? men. Welches Glas wiegt mehr? Wenn nun
3.2 Die horizontale Querschnittsfläche die Eiswürfel schmelzen, in welchem Glas
Ihres Kopfes sei 100 cm2. Wie groß ist das steht dann der Wasserspiegel höher?
Gewicht der Luft über Ihrem Kopf ? 3.5 Stellen Sie sich einen Gegenstand
3.3 Stellen Sie sich vor, Sie halten zwei vor, der in einem Wasserbehälter schwimmt.
identische Ziegelsteine unter Wasser. Ziegel Ändert sich seine Position, wenn der Behäl
stein A befindet sich genau unter der Was ter in einem Fahrstuhl platziert wird, der
seroberfläche, während sich Ziegelstein B in nach oben beschleunigt?
116 Kapitel 3 · Mechanik deformierbarer Körper
3.6 Kleine Seifenblasen sind immer ex 3.7 ⧫⧫ Ein Eimer Wasser wird mit
akt rund. Große Seifenblasen können durch 3,5-
facher Fallbeschleunigung nach oben
Wind oder Anpusten verformt werden. beschleunigt. Wie groß ist die Auftriebskraft
Warum? auf einen 3-kg-Granitstein? Wird er schwim
3.7 Wenn man in die Seite eines mit Was men? Die Dichte von Granit ist 2,7 g/cm3.
ser gefüllten Behälters ein Loch sticht, dann
3 fließt Wasser heraus und folgt einer parabo zz Oberflächenspannung
lischen Bahn. Was geschieht mit dem Was 3.8 ⧫⧫ Ein Aluminiumring (50 mm Durch
serstrom, wenn man den Behälter im freien messer, Masse 3,1 g) wird entsprechend
Fall fallen lässt? . Abb. 3.30 in Wasser getaucht und lang
3.8 Der Wasserstrahl aus einem Wasser sam herausgezogen. In dem Moment, wenn
hahn wird nach unten hin dünner der Wasserfilm reißt, zeigt die Waage 53 mN
(. Abb. 3.34). Warum? an. Wie groß ist die Oberflächenspannung
3.9 Rauch steigt in einem Schornstein des Wassers?
schneller auf, wenn Wind über den Schorn 3.9 ⧫⧫ Wenn die „Füße“ eines Insekts
stein weht. Warum? einen Radius von 0,03 mm haben und das
Insekt 0,016 g wiegt, würden Sie erwarten,
dass es mit seinen sechs Beinen (wie ein
3.7.2 Übungsaufgaben Wasserläufer) auf der Wasseroberfläche ste
hen kann?
(⧫ leicht; ⧫⧫ mittel; ⧫⧫⧫ schwer)
zz Strömung
zz Elastizität 3.10 ⧫ Wie ist der Strömungswiderstand ei
3.1 ⧫ Ein Stahldraht mit einer 1 cm2 Quer nes Rohres definiert?
schnittsfläche wird mit einer Kraft von 1 kN 3.11 ⧫ Wie erhöht sich die Volumen
gedehnt. Welche Zugspannung in der Ein stromstärke einer laminar strömenden Flüs
heit N/m2 herrscht im Draht? sigkeit in einem Rohr, wenn man den Radius
3.2 ⧫ Wie groß ist der Elastizitätsmodul verdoppelt?
des Kupfers? Siehe dazu . Abb. 3.4. 3.12 ⧫⧫⧫ Die mechanische Leistung P,
3.3 ⧫ Eine 1,6 m lange Klaviersaite aus die benötigt wird, um einen Volumenstrom I
Stahl habe einen Durchmesser von 0,2 cm. durch ein Rohr zu drücken, ist P = I · Δp.
Wie groß ist die Zugkraft, wenn sich die Dabei ist Δp die Druckdifferenz zwischen
Saite beim Spannen um 3 mm dehnt? Der Rohranfang und -ende. Begründen Sie dies.
Elastizitätsmodul von Stahl sei 2 · 1011 N/ 3.13 ⧫⧫ Welche mittlere mechanische
m2. Leistung muss das Herz eines Menschen er
bringen, wenn es bei 174 hPa Druck am
zz Druck und Auftrieb Auslauf (Aorta) eine mittlere Blutstrom
3.4 ⧫⧫ In einer Injektionsspritze muss man stärke von 6 l/min aufrechterhalten soll?
den Kolben 15 mm vorschieben, um 1 ml zu Das Blut tritt ohne nennenswerten Druck in
injizieren. Der Arzt drückt mit 15 N auf den das Herz ein.
Kolben. Mit welchem Druck wird injiziert? 3.14 ⧫⧫ Wie hoch stehen die Flüssig
3.5 ⧫⧫ Wie groß ist der Gesamtdruck in keitssäulen in den Röhrchen (. Abb. 3.45),
1 m Wassertiefe? wenn eine zähe Flüssigkeit das untere Rohr
3.6 ⧫ Die Dichte von Eis beträgt 917 kg/ von links nach rechts durchströmt?
m3, die von Seewasser 1,025 kg/m3. Wie viel 3.15 ⧫⧫⧫ Wasser fließe mit 0,65 m/s durch
Prozent des Volumens eines Eisbergs ragen einen Schlauch mit dem Innendurchmesser
aus dem Wasser? 3 cm. Der Durchmesser einer Düse am Ende
3.7 · Fragen und Übungen
117 3
des Schlauchs betrage 0,3 cm. Mit welcher
Geschwindigkeit tritt das Wasser aus der
Düse aus? Die Pumpe auf der einen Seite
und die Düse auf der anderen Seite des
Schlauchs befinden sich auf gleicher Höhe,
der Strom wird also nicht durch einen Schwe
redruck unterstützt. An der Ausgangsseite
der Düse herrsche Atmosphärendruck. Wel
chen Druck muss die Pumpe erzeugen (rei
.. Abb. 3.45 Zu Frage 3.14 bungsfreie Strömung angenommen)?
119 4
Mechanische Schwingungen
und Wellen
Inhaltsverzeichnis
Der Mensch informiert sich über den mo Wenn ein Pendel schwingt, kommt es in
mentanen Zustand seiner Umwelt mithilfe regelmäßigen Zeitabständen an seiner Ru
seiner fünf Sinne. Die beiden bestentwickel helage vorbei. Die Bewegung wiederholt
ten Sinne benutzen zur Informationsüber sich periodisch, die Zeitabstände der Wie
tragung Wellen: der Gesichtssinn die elek derholung heißen Periode der Schwingung.
tromagnetischen des Lichts, das Gehör die Uhren werden auf Konstanz dieser Zeitab
mechanischen des Schalls. Wellen transpor stände hin getrimmt, mit beachtlichem Er
tieren Energie, aber keine Materie. Ein Emp folg. Eine Armbanduhr, die am Tag um
4 fänger nimmt diese Energie auf und beginnt nicht mehr als eine Zehntelsekunde falsch
dann zu schwingen. geht, ist gar nicht mal so sehr gut. Aber sie
hält ihren relativen Fehler bei ≈ 10−6. Ein
1 m langer Zollstock müsste bei gleicher
4.1 Mechanische Schwingungen Präzision auf ein Tausendstelmillimeter
(1 μm) genau sein.
4.1.1 Alles, was schwingt
Folge: Die Auslenkung x wird kleiner, der Man könnte auch die Kosinusfunktion neh
Betrag der rücktreibenden Kraft F(x) auch. men. Eine solche Bewegung, die durch Ko
Aber die nach links gerichtete Geschwindig sinus oder Sinus beschrieben wird, nennt
keit v(t) wird größer, bis der Klotz seine Ru man harmonische Schwingung.
122 Kapitel 4 · Mechanische Schwingungen und Wellen
>>Merke >>Merke
Die Winkelfunktionen Sinus und Kosi Kenngrößen der harmonischen Schwin
nus beschreiben harmonische Schwin gung:
gungen. 55 Amplitude = Maximalausschlag
55 Schwingungsdauer T
Für die Schwingungsdauer T eines Pendels
55 Frequenz f = 1/T
ist es gleichgültig, ob man sie von Umkehr
55 Kreisfrequenz ω = 2π · f
punkt zu Umkehrpunkt (auf der gleichen
Seite), von Nulldurchgang zu Nulldurch
4 gang (in gleicher Richtung) oder von irgend
Die Amplitude, mit der das Federpendel
schwingt, kann man offenbar frei wählen.
einer Auslenkung dazwischen zur nächsten Man startet die Bewegung eben mit einer
gleichen danach zählt. Den Kehrwert der mehr oder weniger starken Auslenkung.
Schwingungsdauer f = 1/T nennt man die Auch der Startpunkt der Schwingung, also
Frequenz der Schwingung. Sie gibt an, wie der Phasenwinkel, ist frei wählbar. Die
viele Perioden in einer Sekunde ablaufen Schwingungsdauer sucht sich das Pendel
und hat die SI-Einheit 1/s = s−1. Es ist üb aber selbst. Wie lange dauert nun eine
lich, diese Einheit Hertz zu nennen und mit Schwingungsdauer T? So viel kann man sich
Hz abzukürzen. denken: Je größer die Masse m des Pendel
körpers, desto langsamer kommt sie in Bewe
>>Merke gung und wieder heraus. In einer Formel für
Einheit der Frequenz: Hertz = Hz = 1/s. T wird man m über dem Bruchstrich erwar
Da die Mathematiker der Sinusfunktion ten. Umgekehrt, je stärker die Feder, desto
schneller die Schwingung: In der Formel für
æ 2p ö
x ( t ) = A0 × sin ç × t + j0 ÷ T wird man die Federkonstante D unter dem
è T ø Bruchstrich vermuten. Dass freilich
= A0 × sin (w × t + j0 )
m
T = 2p ×
eine Periode von 2π gegeben haben, steht in D
der Klammer (im Argument) nicht einfach
die Frequenz vor der Zeitvariablen t, son herauskommt, kann man sich auf solche
dern Frequenz mal 2π: ω = 2π ∙ f; ω wird Weise nicht überlegen; dazu muss man rech
Kreisfrequenz genannt. Dieser Name kommt nen.
daher, dass eine Kreisbewegung mit der Die Schwingungsgleichung
Winkelgeschwindigkeit ω, auf eine Bewe Definitionsgemäß ist beim Federpendel die Beschleu
gungsrichtung projiziert, eine Schwingung nigung a gleich der 2. Ableitung d2x/dt2 der Auslen
mit der Kreisfrequenz ω ergibt (. Abb. 1.17). kung nach der Zeit. Die Formel für die rücktreibende
Vor der Sinusfunktion steht die Ampli Kraft F = –D·x führt zusammen mit der Grundglei
chung der Dynamik (2. Newton’sches Gesetz) auf die
tude A0. Sie entspricht gerade der maxi Gleichung:
malen Auslenkung aus der Ruhelage
x = 0, denn die Sinusfunktion nimmt ma d2 x F D
= = - × x (t ).
ximal den Wert 1 an. In der Klammer dt 2 m m
steht noch der Phasenwinkel φ0, der be
Eine Gleichung, die neben der Variablen (hier x) auch
stimmt, wo die Schwingung zur Zeit t = 0 einen ihrer Differenzialquotienten enthält, heißt Dif
startet. Meistens interessiert dieser Pha ferenzialgleichung. Die Lösung einer solchen Glei
senwinkel nicht. chung ist nicht einfach eine Zahl, sondern eine Funk
4.1 · Mechanische Schwingungen
123 4
tion x(t). Diese Lösungsfunktion beschreibt eben
gerade die Bewegung des Pendels. Der Mathematiker
löst eine Differenzialgleichung mit Scharfsinn, Phan
tasie und festen Regeln; der mathematische Laie, auch
der Physiker, schlägt die Lösung in entsprechenden
Büchern nach.
Im vorliegenden Fall geht es um die Schwingungs
differenzialgleichung in ihrer einfachsten Form. Sie
wird durch eine Sinusfunktion x(t) = A0·sin(ω·t) ge
löst. (Es darf auch der Kosinus sein und es darf auch
noch ein Phasenwinkel φ0 in der Klammer stehen.)
Davon überzeugt man sich durch Ableiten und Ein
setzen. Es gilt:
Wenn
x ( t ) = A0 × sin (w × t ) ,
dann
dx ( t )
= v ( t ) = A0 × w × cos (w × t )
dt
und
d2 x (t )
= a ( t ) = - A0 × w 2 × sin (w × t ) = -w 2 × x ( t ) .
dt 2
.. Abb. 4.3 Fadenpendel. Die Gewichtskraft FG
Den Faktor ω bei jeder Ableitung schleppt die Ketten kann in zwei zueinander senkrechte Komponenten
regel der Differenziation herein. In der letzten Glei zerlegt werden, von denen die eine ( F ) rücktreibend
chung muss nun nur noch ω2 = D/m gesetzt werden wirkt und die andere vom Faden aufgefangen wird.
und die Schwingungsdifferenzialgleichung steht da. Bei kleinen Ausschlägen kann sin α = α gesetzt wer
Also löst die Sinusfunktion die Differenzialgleichung den. Dann schwingt das Pendel harmonisch mit der
wenn Schwingungsdauer T = 2p × l / g . Siehe Auch Video
zu . Abb. 4.1
2p D
w= = w0 =
T m
Bei sehr kleinen Winkeln macht das freilich
gesetzt wird. ω0 nennt man Eigenkreisfrequenz oder nichts aus; sin(4,4°) = 0,076719 ist gegen
charakteristische Kreisfrequenz des Pendels. über 4,4° im Bogenmaß (= 0,076794) erst
um ein Promille zurückgeblieben, da darf
Das Federpendel schwingt gemäß einer Si man noch sin α = α setzen, vorausgesetzt,
nusfunktion, also harmonisch, weil die man drückt den Winkel α in Bogenmaß aus
rücktreibende Kraft proportional zur Aus (. Abb. 1.15). Für kleine Winkel schwingt
lenkung ist. Ohne diese Proportionalität das Fadenpendel doch fast harmonisch und
funktioniert die ganze Rechnung nicht. Eine eine Rechnung entsprechend der obigen lie
Schwingung kann immer noch herauskom fert:
men, aber keine harmonische.
Eben deswegen ist das technisch so ein g
w0 = .
fache Fadenpendel, also ein mit langem Fa l
den aufgehängter Stein, genau betrachtet,
kein harmonisch schwingendes Gebilde. Bemerkenswerterweise hängt die Kreisfre
Das Fadenpendel zweigt seine rücktreibende quenz also nur von der Pendellänge l und
Kraft F von der Gewichtskraft FG der Pen der Fallbeschleunigung g ab, aber nicht von
delmasse ab und da besteht keine Proportio der Masse m.
nalität zum Auslenkwinkel α, sondern zu Experimentell kann man sich leicht über
dessen Winkelfunktion sin α (. Abb. 4.3). zeugen, dass die Schwingungsdauer bei gro
124 Kapitel 4 · Mechanische Schwingungen und Wellen
ßen Auslenkungswinkeln aber auch noch folglich spielt die Richtung der Geschwin
von der Amplitude abhängt. Dies ist ein un digkeit keine Rolle. In den Umkehrpunkten
trügliches Zeichen für eine nichtharmoni ist der Pendelkörper momentan in Ruhe:
sche Schwingung, denn bei der Sinusfunk Wkin = 0. Folglich muss die Feder die Schwin
tion sind Amplitude und Frequenz völlig gungsenergie allein tragen. Das kann sie
unabhängig voneinander. auch, denn sie ist ja mit der Amplitude ±A0
maximal gedehnt oder gestaucht. A0 geht
quadratisch in Wpot ein, folglich spielt das
Rechenbeispiel 4.1: Fahrwerksfeder
4 Aufgabe. Eine vierköpfige Familie mit
Vorzeichen keine Rolle. Für die vier genann
ten Positionen darf man also schreiben:
200 kg Gesamtmasse steigt ins Auto mit
1200 kg Masse. Das Auto senkt sich um m 2 D 2
3 cm. Wie groß ist die Federkonstante Schwingungsenergie Ws0 = × v0 = A0 .
2 2
der vier Fahrwerksfedern zusammenge
nommen? Mit welcher Frequenz beginnt Eine harmonische Schwingung erreicht im
das Auto zu schwingen, wenn es durch mer wieder die gleiche Amplitude A0; dem
ein Schlagloch fährt? nach hat die Schwingungsenergie Ws zumin
Lösung. Die zusätzlich Gewichtskraft dest alle halbe Schwingungsdauer den
beträgt 200 kg·9,81 m/s2 = 1962 N. Die genannten Wert. Da darf man erwarten,
Federkonstante ist also: dass es zwischendurch nicht anders ist und
1962 N sich Wpot und Wkin bei jeder momentanen
D= = 6, 54 × 104 N / m.
3 × 10-2 m Auslenkung x(t) ständig zum gleichen Ws
Bei einer Gesamtmasse von 1400 kg ist addieren:
dann die Eigenfrequenz des Autos:
Ws = Wkin ( t ) + Wpot ( t )
1 D
f0 = = 1,1Hz. m D
2p m = × v 2 ( t ) + × x 2 ( t ) = konstant.
2 2
.. Abb. 4.4 Gedämpfte Schwingung. Die rot gezeich .. Abb. 4.5 Erzwungene Schwingung. Das linke Ende
nete Kurve läuft durch die Maximalausschläge der des Federpendels wird mit vorgebbarer Frequenz und
Schwingung und ist eine Exponentialfunktion Auslenkung sinusförmig hin- und herbewegt
126 Kapitel 4 · Mechanische Schwingungen und Wellen
quenz f des Erregers: Das Pendel führt eine chen Zeitpunkt: Sie schwingen in Phase,
erzwungene Schwingung aus. Dabei hat es ohne Phasenverschiebung also, d. h. mit
seine Eigenfrequenz freilich nicht verges dem Phasenwinkel φ = 0.
sen; zumeist schwingt es nämlich mit umso 55 Erhöht man die Frequenz des Erregers,
größerer Amplitude, je näher beieinander f so wächst im Allgemeinen die Amplitude
und f0 liegen. Nicht selten klappert ein al des Oszillators. Sie erreicht ihren Höchst
tes Auto bei einer ganz bestimmten Ge wert etwa bei dessen Eigenfrequenz und
schwindigkeit besonders laut: Irgendein geht von da ab asymptotisch auf null zu
4 Stück Blech hat sich gelockert, ist dadurch rück. Erreger und Pendel schwingen
schwingungsfähig geworden und gerät in schließlich in Gegenphase (φ = π).
Resonanz, wenn der Motor seine Eigenfre 55 In unglücklichen Fällen kann die Reso
quenz erreicht. nanzamplitude so groß werden, dass der
Eine genauere Untersuchung erzwunge Oszillator dabei zu Bruch geht (Reso
ner Schwingungen führt zu den Resonanz nanzkatastrophe).
kurven (. Abb. 4.6):
55 Bei kleinen Frequenzen folgt der Oszilla Letzterer hat Günter Grass mit seinem
tor dem Erreger unmittelbar, beide errei Blechtrommler Oskar Matzerath, der glä
chen ihre Maximalausschläge zum glei serne Gegenstände aller Art „zersingen“
kann, zu literarischem Ruhm verholfen.
Physikalisch setzt die Resonanzkatastrophe
Oszillatoren mit extrem geringer Dämpfung
voraus. Bis in den Kriechfall hinein ge
dämpfte Resonatoren sind zu einer Reso
nanzüberhöhung über die Amplitude des
Erregers hinaus gar nicht fähig.
Hier darf der Phasenwinkel φ auf keinen Bemerkenswert ist die Überlagerung zweier
Fall vergessen werden; er spielt eine ent Schwingungen von nicht genau, aber fast
scheidende Rolle: gleicher Frequenz: Sie führt zur Schwebung
55 Bei φ = 0 sind beide Schwingungen in (. Abb. 4.8). Verstärken sich die beiden
Phase, ihre Auslenkungen stimmen zu Schwingungen zu irgendeinem Zeitpunkt,
jedem Zeitpunkt nach Betrag und Vor weil sie gerade gleiche Phase haben, so wird
zeichen überein. Demnach ist auch die ein Weilchen später die eine Schwingung der
Summe mit beiden Schwingungen in anderen um genau eine halbe Schwingungs
Phase, hat aber doppelte Amplitude dauer davongelaufen sein: Beide geraten in
(. Abb. 4.7b); man spricht von kon Gegenphase und löschen sich aus. Dieses
struktiver Interferenz. Spiel wiederholt sich regelmäßig und zwar
55 Bei φ = π = 180° befinden sich beide mit der halben Differenzfrequenz, der hal
Schwingungen in Gegenphase; ihre Aus ben Differenz der beiden Einzelfrequenzen.
lenkungen stimmen nur noch im Betrag Etwas schwieriger zu übersehen ist die
überein, haben aber entgegengesetzte Überlagerung zweier Schwingungen im Fre
quenzverhältnis 1:2. Auch hier hängt das
.. Abb. 4.12 Wasserwelle. Der Finger wird auf und ab bewegt und erzeugt eine kreisförmige Wasserwelle
130 Kapitel 4 · Mechanische Schwingungen und Wellen
.. Abb. 4.13 Kreise. In einer Wasserwelle bewegen sich die Wassermoleküle auf Kreisbahnen
der einlaufenden Welle zu einer sog. stehen Auch in Richtung der Ortsvariablen x ist die
den Welle. Über stehende Wellen wollen wir Welle periodisch, und zwar mit der Perio
aber erst in 7 Abschn. 4.2.4 reden und den denlänge λ. Wie wir in . Abb. 4.18 sehen,
ken uns das Seil deshalb zunächst sehr lang. schreitet die Welle in einer Periodedauer T
Die das Seil entlanglaufende Welle wird ma gerade um eine Periodenlänge λ in positiver
thematisch durch folgende Formel beschrie x-Richtung fort. Daraus ergibt sich die Ge
ben: schwindigkeit der Welle:
æ 2p ö
4 u ( x,t ) = u0 × sin ç w × t - × x ÷. l
è l ø c=
= l × f = WellenlangemalFrequenz.
T
Mit u bezeichnen wir die Auslenkung aus
Das ist die wichtigste Grundformel für Wel
der Ruhelage und mit u0 die Amplituden.
len.
Die Auslenkung ist hier eine Funktion von
zwei Variablen: von der Zeit t und vom Ort x
auf dem Seil. Eine solche Funktion mit >>Merke
zwei Variablen können wir z. B. wie in Ausbreitungsgeschwindigkeit = Wellen
. Abb. 4.18 darstellen, indem wir die Aus länge mal Frequenz c = λ · f.
lenkung als Funktion des Ortes untereinan Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c der
der für verschiedene Zeiten zeichnen. Welle auf dem Seil wird durch die Eigen
ω ist die uns bekannte Kreisfrequenz schaften des Seils bestimmt und durch ihre
und T die zugehörige Periodendauer: Polarisation.
Es gibt auch Medien, bei denen die oben
2 ×p
w= . beschriebene Ausbreitungsgeschwindigkeit
T noch von der Frequenz bzw. der Wellen
länge abhängt. Das ist z. B. bei einer Wasser
welle der Fall. Man spricht dann von Dis
persion. Diese wird in der Optik noch sehr
wichtig, denn auch bei Lichtwellen in Glas
tritt diese Wellenlängenabhängigkeit der
Ausbreitungsgeschwindigkeit auf. Dort wie
bei Wasser nimmt die Ausbreitungsge
schwindigkeit mit steigender Frequenz (sin
kender Wellenlänge) ab.
æ 2p ö
u( x, t ) = u0 × sin ç w × t - × x + j0 ÷ .
èlø
Phase
Wellenlänge und liefern damit den einen auf je einem Drittel der wirksamen Länge
bestimmenden Faktor (Saitenlänge l ) zur (. Abb. 4.21). Unterteilen können die Kno
Grundfrequenz f0 der Saitenschwingung: ten ihre Saite aber nur in ganzzahligen
c c 2c Bruchteilen; die zugehörigen Frequenzen
f0 = = = . sind demnach ganzzahlige Vielfache der
l l/2 l
Grundfrequenz. Derartige Obertöne erzeugt
Diese Frequenz lässt sich erhöhen, wenn jedes Musikinstrument, sie machen seine
man die wirksame Länge der Saite verkürzt: Klangfarbe aus.
So werden Geigen gespielt. Die Grundfre Auch in einer Blockflöte gibt es stehende
quenz steigt aber auch, wenn man die Saite Wellen; hier sind es Druckwellen (. Abb. 4.22).
straffer spannt, denn damit erhöht man die Die Blockflöte ist an beiden Enden offen: Dort
Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Seil ist der Druck immer gleich Umgebungsdruck.
welle: So werden Geigen gestimmt. Die For In der Mitte der Flöte schwingt der Druck hin
derung nach Knoten an den Enden der Saite gegen, hier liegt der Schwingungsbauch der
verbietet nicht, dass weitere Knoten auftre stehenden Schallwelle. Wieder ist die Wellen
ten, z. B. einer genau in der Mitte oder zwei länge gleich der doppelten Flötenlänge.
136 Kapitel 4 · Mechanische Schwingungen und Wellen
>>Merke
Schallwellen in Gasen und Flüssigkeiten
sind Druckwellen.
deckt einen derart großen Bereich. Das gilt dann verlangt die Rechenvorschrift einen
auch für Sinnesorgane. Folglich reagieren Faktor 20 zum Logarithmus. So verfährt die
sie in etwa logarithmisch (Weber-Fechner- Größe Schallpegel, auch Schalldruckpegel
Gesetz). Dieses Gesetz hat bei der Festle genannt:
gung der Schallpegelskala und der Phons
kala Pate gestanden, der das in der Technik æ p ö
Schallpegel Lp = 20 × lg ç S ÷ .
übliche Pegelmaß zugrunde liegt. Es wird in è pSO ø
Dezibel (dB) angegeben.
4 Wem das Dezibel nicht geläufig ist, dem Hier ist pS der aktuelle Schalldruck und
kann es Kummer bereiten. Der Name lässt pS0 = 2 · 10−5 Pa ein Bezugsschalldruck, der
eine Einheit vermuten, tatsächlich handelt etwa der Hörschwelle entspricht. Die Be
es sich aber eher um eine Rechenvorschrift. zeichnung der Schallpegeleinheit ist 1 dB
Ist eine Energie W1 im Laufe der Zeit auf (SPL) (sound pressure level). Da ein Fak
irgendeine Weise auf W2 = 0,01 · W1 herun tor 20 vor dem Logarithmus steht, ist der
tergegangen, so beträgt der Unterschied der Schallpegel ein logarithmisches Maß der
beiden Pegel 20 dB. Um das herauszufinden, Schallintensität. Die Bezeichnung Schall
bildet man zunächst den Bruch W1/W2, log druckpegel ist deshalb irreführend.
arithmiert ihn dekadisch und multipliziert Da das Ohr für verschiedene Frequenzen
anschließend mit 10. Das Ergebnis ist der verschieden empfindlich ist, weicht die Laut
Pegelunterschied in Dezibel: stärkeskala, die das Lautstärkeempfinden
nachstellen soll und in Phon [oder dB(A)]
W1
= 100;lg 100 = 2;10 × 2 = 20; gemessen wird, von der Schallintensitäts
W2 skala in der Weise ab, wie es . Abb. 4.26
darstellt. Bei 1000 Hz ist die Phonskala
also 20 dB Pegelunterschied. identisch mit der Schallpegelskala und pro
Ein „Unterschied“ der Pegel von 0 dB portional zum Logarithmus der Schallinten
bedeutet W1 = W2, weil sität. Bei anderen Frequenzen hingegen folgt
die Phonskala den roten Linien im Dia
lg 1 = 0 = 10 × lg 1. gramm, die jeweils zu einem bestimmten
Phonwert gehören. Das Diagramm stellt
Bei linearem Kraftgesetz der Schraubenfe also die Empfindlichkeit eines offiziellen
der ist die Schwingungsenergie W des Feder „Normalohrs“ dar.
pendels dem Quadrat der Amplitude A pro . Tab. 4.1 fasst die Schallgrößen zusam
portional: men. Einige Anhaltswerte zur Phonskala
liefert die folgende Aufstellung:
W1 A12
= . Lautstärken über 120 Phon schmerzen.
W2 A22 Eine Lautstärke ist übrigens nur für den Ort
des Empfängers definiert, nicht etwa für
Daraus folgt eine Schallquelle.
æW ö æ A2 ö æ A1 ö >>Merke
10 × lg ç 1 ÷ = 10 × lg çç 12 ÷÷ = 20 × lg ç ÷ . Die Lautstärke mit der Einheit Phon ist
è W2 ø è A2 ø è A2 ø
ein an die spektrale Empfindlichkeit des
menschlichen Gehörs angepasstes und
Man kann das Pegelmaß also auch aus im Wesentlichen logarithmisches Maß
dem Amplitudenverhältnis bestimmen, aber der Schallintensität.
4.2 · Wellen
141 4
L
.. Abb. 4.26 Spektrale Empfindlichkeit des mensch Schallstärke einen Zuwachs von 20 Phon in der Laut
lichen Gehörs. Töne gleicher Lautstärke (in Phon) wer stärke. Das grüne Feld stellt den typischen Frequenz-
den als gleich laut empfunden. Bei 1000 Hz ist die und Lautstärkenbereich der menschlichen Sprache
Lautstärke streng logarithmisch zur Schallstärke dar
(Schallintensität); dort bringt ein Faktor 100 in der
Quadratisches 1
Abstandsgesetz I~ : Abstand punktförmiger Quelle
r2
sich Schallquelle, Empfänger oder auch eine Auch dies lässt sich diagnostisch nutzen, um
reflektierende Grenzfläche, so treten Fre z. B. die Strömungsgeschwindigkeit von
quenzverschiebungen auf (Doppler-Effekt). Blut im Körper zu messen.
Schallpegel Für die Schallausbreitung gilt weitgehend das Gleiche L: Schallpegel [dB
wie in der Optik für Licht (Brechungs-, Reflexionsge (SPL)]
setz). Aber: Schall ist eine longitudinale Welle.
I: Intensität é J ù
4 L = 10 × lg -12
1 êë m 2 × s úû
10 W / m 2
Wärmelehre
Inhaltsverzeichnis
5.1.1 Wärme !
55 In der Flüssigkeit bleiben die Atome Normmenschen beträgt etwa 100 W, also
noch beieinander, haben aber keinen fes- 100 Joule in jeder Sekunde, so viel wie bei
ten Platz mehr und wandern herum. einem e-Bike.
Wird die Bewegung heftiger, reißen die
Bindungskräfte vollständig auf und die >>Merke
Flüssigkeit verdampft. Der Begriff thermische Energie oder
55 Im Gas fliegen die Atome oder Moleküle thermische innere Energie (U) bezeichnet
frei umher, stoßen aber noch aneinander. die Energie, die in der thermischen Wim-
melbewegung der Atome und Moleküle
Mit dieser thermischen Bewegung ist Ener- steckt. Mit Wärme (Q) bezeichnet man
5 gie verbunden: kinetische Energie der Bewe-
gung, im Festkörper und in der Flüssigkeit
Energie, die von einem Gegenstand auf
einen anderen übertragen wird.
zusätzlich potenzielle Energie in der Ab-
weichung aus der Gleichgewichtslage. Diese
Energie wollen wir in diesem Buch thermi- 5.1.2 Temperatur !
sche Energie oder genauer thermische innere
Energie U dieses Gegenstands nennen. Die Wie warm oder wie kalt ein Gegenstand ist,
gesamte innere Energie eines Gegenstands kann an seiner thermischen inneren Energie
umfasst auch noch die Bindungs- oder che- bemessen werden. Da diese aber auch von
mische Energie. der Größe des Körpers und seiner inneren
Zuweilen wird die thermische Energie Beschaffenheit abhängt, muss hier ein bes-
auch Wärme, Wärmeenergie oder Wärme- seres Maß gefunden werden. Letztlich geht
inhalt genannt. Das führt leicht zu Verwir- es darum, die „Stärke“ der thermischen Be-
rung. Denn streng genommen (und so soll es wegung anzugeben. Wie sich herausgestellt
auch in diesem Buch sein) ist die Wärme Q hat, ist dafür die Energie schon das richtige
jegliche Energie, die von einem Gegenstand Maß, aber nicht die des ganzen Gegenstands,
auf einen anderen übertragen wird, außer es sondern die mittlere Energie der einzelnen
handelt sich dabei um mechanische Arbeit. Atome oder Moleküle. Genauer gesagt: Die
Das ist eine durchaus etwas verworrene Be- absolute TemperaturT ist proportional zur
griffsbildung, an die man sich gewöhnen mittleren kinetischen Energie der Schwer-
muss. Klar ist aber: Alle Begriffe bezeichnen punktbewegung der einzelnen Moleküle.
Energien und werden in Joule gemessen. In der thermischen Bewegung tauscht jedes
Die thermische innere Energie des Molekül laufend kinetische Energie mit den
Menschen beträgt bei 75 kg Masse etwa Nachbarn aus, deshalb muss zeitlich gemit-
10.000 kJ, normale Körpertemperatur vo- telt werden. Als Formel geschrieben:
rausgesetzt. Man könnte ihn auch so weit
abkühlen, ihm Wärme entziehen, bis sich 3 m
die Moleküle nicht mehr bewegen. Dann kB × T = v 2
2 2
befände er sich am absoluten Temperatur-
nullpunkt und seine thermische Energie Hier bezeichnet die spitze Klammer eine
wäre null. zeitliche Mittelung und m die Masse des
Selbst wenn der Mensch ruhig im Moleküls. Die absolute Temperatur wird in
Bett liegt, liefert sein Stoffwechsel weitere Kelvin (Einheitszeichen: K) gemessen und
Wärme an den Körper, die der Mensch nicht in Joule, deshalb taucht in der Formel
durch Schwitzen, Konvektion und Wärme- ein Umrechnungsfaktor auf, die Boltzmann-
strahlung laufend abgeben muss, um seine Konstante kB. Die typische Zimmertempe-
Temperatur und seine innere Energie kons- ratur beträgt knapp 300 Kelvin, die mittlere
tant zu halten. Dieser Grundumsatz unseres kinetische Energie eines Moleküls ist wegen
5.1 · Grundlegende Größen
153 5
seiner geringen Masse sehr klein. Deshalb >>Merke
hat auch die Boltzmann-Konstante einen Die Kelvin-Skala zählt vom absoluten
sehr kleinen Wert: Nullpunkt der Temperatur aus. Man er-
hält ihre Maßzahl, indem man die der
J Celsius-Skala um 273,15 erhöht.
kB = 1, 38 ×10-23
K
Lässt man eine schöne heiße Tasse Kaffee
Dass vor der Boltzmann-Konstante noch stehen, so wird der Kaffee kalt. Genauer:
ein Faktor 3/2 steht, hat praktische Gründe, Er hat nach einer Weile die gleiche Tempe-
die wir später verstehen werden. ratur wie das Zimmer drumherum. Dies ist
eine zentrale Eigenschaft der Temperatur:
>>Merke Innerhalb eines Gegenstands und zwischen
Die absolute Temperatur T ist ein Maß für Gegenständen, die irgendwie miteinander in
die Stärke der thermischen Bewegung. Sie Kontakt sind, gleicht sich die Temperatur
ist proportional zur mittleren kinetischen über kurz oder lang an. Die thermische Be-
Energie der einzelnen Moleküle. Die Einheit wegung sorgt dafür, dass sich die thermische
heißt Kelvin (1 K). Am absoluten Tempera- Energie gleichmäßig auf alle Atome und
turnullpunkt T = 0 K gibt es keine thermi- Moleküle verteilt. Wie lange dieses Anglei-
sche Bewegung mehr. Kälter geht es nicht. chen der Temperatur dauert, hängt davon
ab, wie schnell sich die Wärme in einem Ge-
Sie werden nun vielleicht einwenden, dass genstand und zwischen Gegenständen aus-
es in ihrem Zimmer nur 20 Grad warm ist breitet. Diesen Wärmetransport besprechen
und nicht 300 Grad heiß ist. Im täglichen wir in 7 Abschn. 5.3.
Leben wird die Temperatur in Grad Celsius
gemessen, in einer Skala, die schon älter ist >>Merke
und sich an den Eigenschaften des Wassers Gegenstände, die in thermischem Kon-
orientiert (0 °C: schmelzen; 100 °C: kochen). takt sind, gleichen ihre Temperatur an.
Die absolute Temperatur mit der Kelvin-
Skala orientiert sich direkter an der Physik
dahinter. Am absoluten Temperaturnull- 5.1.3 Temperaturmessung
punkt bei 0 K gibt es gar keine thermische
Bewegung mehr, kälter geht es nicht, nega- Die kinetische Energie eines Moleküls kann
tive absolute Temperaturen gibt es also nicht. man nicht im Mikroskop nachgucken. Wie
In Grad Celsius gemessen liegt der absolute misst man also Temperatur? Man nutzt aus,
Temperaturnullpunkt bei −273,15 °C. Prak- dass bestimmte Materialeigenschaften von
tischerweise haben aber beide Temperatur- der Temperatur abhängen. Der Klassiker ist
skalen die gleiche Gradeinteilung, eine Tem- die thermische Ausdehnung. Ein Metallstab
peraturdifferenz von 1 °C ist also auch eine der Länge l0 z. B. ändert seine Länge ein we-
Temperaturdifferenz von 1 K. Man kann nig um Δl, wenn sich seine Temperatur än-
deshalb beide Skalen leicht in einander um- dert:
rechnen: wenn T die absolute Temperatur
und t dieselbe Temperatur in Grad Celsius Dl = a × l0 × DT .
ist, so gilt:
Hierbei ist α der lineare Ausdehnungskoef-
K fizient des Materials. Der Effekt ist klein,
T = t × + 273,15 K und
C der Ausdehnungskoeffizient in der Größen-
ordnung von 10−5 K−1. Ein 1 m langer Stab
C
t =T × - 273,15 °C. würde sich also bei 1 Grad Temperatur-
K erhöhung nur um ein Hundertstelmillimeter
154 Kapitel 5 · Wärmelehre
(10 μm) ausdehnen. Will man daraus ein nen Metalldraht auf eine kleine Spule und
Thermometer machen, so nimmt man eine misst seinen elektrischen Widerstand. Mit
Flüssigkeit in einem kleinen Glasbehälter, steigender Temperatur steigt sein Wider-
auf den eine feine Kapillare aufgesetzt ist, in stand, da die stärkere thermische Bewegung
der die Flüssigkeit hochsteigt, wenn sie sich den Fluss der Elektronen behindert.
ausdehnt. So werden auch kleine Volumen- Über einen weiten Temperaturbereich
änderungen gut sichtbar. ist der Zusammenhang zwischen Tempe-
ratur und Widerstand linear. Aber wie bei
Volumenänderung der thermischen Ausdehnung ist der Effekt
Bei einer Volumenänderung dehnt sich die Flüssigkeit
klein. Man braucht eine recht empfindliche
in alle drei Raumrichtungen aus, der Volumenausdeh-
5 nungskoeffizient ist deshalb dreimal so groß wie der Elektronik. Bei einem Halbleiterelement
ist die Temperaturabhängigkeit des Wider-
lineare:
stands viel stärker und umgekehrt: Mit stei-
DV = 3 × a × V0 × DT .
gender Temperatur nimmt der Widerstand
ab. Der Zusammenhang ist leider gar nicht
Ein anderer Trick ist es, zwei Streifen aus verschiede- linear, sodass hier ins Thermometer noch
nen Metallen mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizi-
ein Mikroprozessor zum Umrechnen hinein
enten aneinanderzukleben. Dieser Bimetallstreifen ist
bei der Temperatur, bei der er zusammengeklebt muss.
wurde, gerade, verbiegt sich aber zur einen oder ande- Eine interessante, aber teurere Methode
ren Seite, wenn die Temperatur kleiner oder größer der Temperaturmessung ist die Messung der
wird (. Abb. 5.2). Wärmestrahlung (7 Abschn. 5.3.3). Jeder
Gegenstand, der nicht gerade am absoluten
Das ist ein recht starker Effekt, der genutzt Temperaturnullpunkt ist, strahlt elektroma-
werden kann, Ventile zu betätigen (Ther- gnetische Wellen im Infrarotbereich ab. Wie
mostatventil am Heizkörper) oder elektri- stark er strahlt und mit welcher Wellenlänge,
sche Schalter zu schließen (Thermostaten in hängt von der Temperatur ab. Mit einem
Zimmern oder Waschmaschinen). Empfänger, der das messen kann, lässt sich
Die Ausdehnungsthermometer sind bis also die Temperatur bestimmen. Die Mes-
auf die Bimetallvariante eher selten ge- sung erfolgt berührungslos und sehr schnell,
worden, denn meistens möchte man gern da man gar nicht mehr warten muss, bis das
eine elektronische Anzeige der Temperatur. Thermometer seine Temperatur an die des
Dann verwendet man zur Temperaturmes- Gegenstands angeglichen hat. Sie hat aber
sung die Temperaturabhängigkeit der elek- auch ihre Tücken (7 Abschn. 5.3.3).
trischen Leitfähigkeit von Metallen oder . Abb. 5.3 zeigt drei Fieberthermome-
Halbleitern. Man wickelt also z. B. einen fei- ter, die die verschiedenen Messmethoden
nutzen: Das linke Quecksilberthermometer
war vor 40 Jahren noch Standard. Das mitt-
lere Thermometer mit einem elektrischen
Widerstand in der Sensorspitze piept, wenn
sich die Temperatur der Spitze kaum noch
ändert, sie also praktisch Körpertemperatur
angenommen hat. Das dauert je nach Bau-
art 20 s bis 1 min, viel zu lang für eine ge-
stresste Pflegekraft in der Klinik. Deshalb
wird dort fast nur noch das rechte Strah-
.. Abb. 5.2 Bimetall. Ein Bimetallstreifen biegt sich
lungsthermometer verwendet, dessen Spitze
bei Änderung der Temperatur wie gezeichnet, wenn man ins Ohr einführt. Dort „sieht“ es auf
sich das linke Metall stärker ausdehnt als das rechte das Trommelfell, das sich ziemlich genau
5.1 · Grundlegende Größen
155 5
5.1.4 Wahrscheinlichkeit und
Ordnung
An einer heißen Kaffeetasse kann man gut
die Hände wärmen, den Wärme fließt be-
reitwillig von heiß nach warm. Dass man
den Kaffee aber mit seinen Händen wieder
zum Kochen bringt, wird niemals passieren.
Dazu müsste thermische Energie aus der
Hand in den Kaffee fließen, doch Wärme
fließt nie von warm nach heiß. Warum?
Es liegt an der Wahrscheinlichkeit. Al-
les strebt in den Zustand mit der höchsten
Wahrscheinlichkeit. So ist die Wahrschein-
lichkeit definiert. Jeder kennt es von seinem
Schreibtisch: Unordnung ist wahrscheinli-
cher als Ordnung. Das gilt auch in der Na-
.. Abb. 5.3 Fieberthermometer. Klassisches Flüssig- tur: Ein System aus vielen Teilen wird sich so
keitsthermometer (links), elektrisches Widerstands- lange wandeln, bis es den wahrscheinlichsten
thermometer (Mitte) und Strahlungsthermometer
Zustand, und das ist der Zustand höchsten
(rechts)
Unordnung, erreicht hat. Dann befindet es
sich im thermodynamischen Gleichgewicht
und verändert sich nicht mehr.
auf Körpertemperatur befindet. Ein Druck
Auf dem Weg zum thermodynamischen
auf den Auslöser und die Temperatur ist
Gleichgewicht gibt es keinen Umweg zurück
vermessen.
in einen unwahrscheinlicheren Zustand. Das
ist das Gesetz der großen Zahl. Ein System
mit wenigen Teilen, sagen wir zwei Würfel,
Rechenbeispiel 5.1: Stahlbrücke mit denen gewürfelt wird, kann auch mal
Aufgabe. Der freitragende Teil einer in einen unwahrscheinlichen Zustand kom-
Stahlbrücke sei bei 20 °C 200 m lang. Wie men, z. B. wenn beide Würfel die gleiche
viel Längenspiel müssen die Konstruk- Zahl zeigen. Würfelt man mit 10 Würfeln,
teure einplanen, wenn die Brücke Tempe- so müsste man schon an die 10 Mio. Mal
raturen von −20 °C bis +40 °C ausgesetzt würfeln, um eine reelle Chance zu haben,
ist? Der Ausdehnungskoeffizient von Ei- dass alle Würfel einmal die gleiche Zahl zei-
sen beträgt 12 · 10−6 K−1. gen. Würfelt man mit 1 Mio. Würfeln, kann
Lösung. Da die Kelvin-Skala die glei- man sicher sein, dass das wahrscheinlichste
che Gradeinteilung hat wie die Celsius- Ergebnis, dass nämlich alle Zahlen in etwa
Skala, könnte man die Einheit des Aus- gleich oft vorkommen, immer eintritt. Die
dehnungskoeffizienten auch in °C−1 Gegenstände unserer Umgebung bestehen
schreiben. Die Schrumpfung der Brücke aus mindestens 1020 Atomen. Da kann man
im kältesten Fall wäre: völlig sicher sein, dass sie zielstrebig ihrem
Δl = α · 100 m · (−20 °C) = −4,8 cm, wahrscheinlichsten Zustand entgegengehen.
die Ausdehnung Δl = α · 200 m · Ein wichtiger Punkt ist, dass die Tem-
(−40 °C) = −9,6 cm. peratur im thermodynamischen Gleichge-
Es muss also insgesamt ein Spiel- wicht überall gleich ist. Deshalb wird der
raum von 14,4 cm eingeplant werden. Kaffee auf die Dauer die Temperatur der
Hände haben und nicht wieder anfangen
156 Kapitel 5 · Wärmelehre
zu kochen. Wie lange es aber dauert, bis physikalische Größe gewidmet: die Entropie.
Kaffee und Hände im thermodynamischen Sie ist ein Maß für diese Wahrscheinlichkeit.
Gleichgewicht sind, hängt von den Details Es ginge über den Rahmen dieses Buches
ab; wie gut z. B. die Kaffeetasse isoliert. Es hinaus, wenn hier genau erklärt würde, wie
kann sehr lange dauern. Seit dem Urknall man Wahrscheinlichkeiten eigentlich misst
sind schon 14 Mrd. Jahre vergangen und oder berechnet, um dann eine neue physi-
trotzdem ist das Weltall noch lange nicht im kalische Größe definieren zu können. Hier
wahrscheinlichsten Zustand. seien nur die wichtigsten Eigenschaften der
Aber wie ist es mit dem Menschen? Der Entropie aufgeführt:
ist doch ein hochkomplex organisiertes Sys- 55 Die Entropie eines Körpers steigt mit der
5 tem von Molekülen, also sehr unwahrschein-
lich? Der Mensch hat einen Trick: Er nimmt
Wahrscheinlichkeit seines Zustands. Ein
von der Umwelt völlig isolierter Körper
ständig Energie in sehr geordneter Form strebt in den Zustand mit höchster Wahr-
(z. B. Schwarzwälder Kirschtorte) zu sich scheinlichkeit, seine Entropie steigt also
und gibt sie in sehr ungeordneter Form wie- an. Sie sinkt niemals. Hat sein Zustand die
der ab. Damit ist weniger das Resultat auf höchste Wahrscheinlichkeit erreicht, so ist
der Toilette gemeint als vielmehr die Wär- er im thermodynamischen Gleichgewicht
meenergie, die der Mensch ständig abgibt und seine Entropie bleibt konstant.
(100–200 Joule pro Sekunde). Diese Energie 55 Die Entropie ist als additive Größe defi-
bezieht er aus der Schwarzwälder Kirsch- niert. Macht man den Körper doppelt so
torte. Dadurch erhöht der Mensch die Un- groß, ohne ihn sonst zu verändern, ver-
ordnung der Umgebung, um bei sich selbst doppelt sich seine Entropie.
die hohe Ordnung aufrechtzuerhalten oder 55 Unordnung ist wahrscheinlicher als Ord-
noch zu erhöhen. Mensch und Umgebung nung. Die Entropie flüssigen Wassers ist
zusammengenommen bleiben aber tatsäch- höher als die Entropie von zu Eiskristal-
lich auf dem Weg zu höherer Unordnung. len gefrorenem Wasser, denn in der Flüs-
Thermische Energie ist kinetische Ener- sigkeit sind die Atome ungeordnet.
gie in ungeordneter Form. Sie lässt sich 55 Überträgt man Wärme von einem Kör-
nicht ohne Weiteres in geordnete Bewegung, per auf einen anderen, so wird auch En-
so wie sie ein Motor zur Verfügung stellt, tropie übertragen. Zugeführte Wärme
umwandeln. Auch der Motor muss dazu verstärkt die atomare Wimmelbewegung
Energieträger in einer geordneteren Form, und erhöht damit Unordnung und En-
wie z. B. Benzin, verwenden. Einfach nur tropie. Genau gilt: Eine Wärme Q, die
der Umgebung Wärme entziehen und da einem Körper mit der Temperatur T zu-
raus mechanische Arbeit gewinnen, das geht geführt wird, erhöht dessen Entropie um
nicht. Ein solcher Motor könnte dann ja Q
DS =
z. B. eine Klimaanlage betreiben, die Wär- T
meenergie endlos von kalt nach warm trans- 55 Den Umstand, dass im isolierten System
portiert und damit alles vom wahrscheinli- die Entropie (also die Wahrscheinlich-
cheren Zustand wegtreibt. keit des Zustands) nicht sinken kann, be-
zeichnet man als 2. Hauptsatz der Ther-
modynamik, also:
5.1.5 Entropie
DS ³ 0 imisolierten System.
Die Wahrscheinlichkeit des Zustands eines
Systems ist also eine sehr wichtige Größe, Mit der Größe Entropie kann man sehr
wenn man den Ablauf thermischer Prozesse handfest arbeiten und rechnen. Dies tun
verstehen will. Deshalb wird ihr eine eigene vor allem die Chemiker, die wissen wollen,
5.1 · Grundlegende Größen
157 5
wie Stoffe chemisch miteinander reagieren. Die beiden werden zuweilen nicht ganz kor-
Auch dies bestimmt die Entropie. In diesem rekt, aber kürzer „spezifische Wärme“ und
Buch wird die Entropie bei den Phasenüber- „Molenwärme“ genannt. Diese sind bei Ele-
gängen (7 Abschn. 5.4) wieder auftauchen, fant und Kaninchen in etwa gleich, da beide
denn die sind auch chemische Reaktionen. aus ähnlichem Körpergewebe bestehen.
>>Merke
5.1.6 Wärmekapazität !! Wärmekapazität
J
C = Q / DT , Einheit : 1 .
K
Ein Tauchsieder soll Wasser erwärmen, also
dessen Temperatur erhöhen. Dazu holt er spezifische Wärmekapazität
elektrische Energie „aus der Steckdose“, setzt J
c = C / m, Einheit : 1 .
sie in thermische Energie um und gibt sie an kg × K
das Wasser weiter, in dem sie mikroskopisch molare Wärmekapazität
betrachtet als kinetische Energie in der Wim- J
cn = C / n, Einheit : 1 .
melbewegung der Atome gespeichert wird. mol × K
In leidlicher Näherung ist die erzielte
Wärme bestimmt man im Kalorimeter, indem
Temperaturerhöhung ΔT (zu messen in Kel-
man die Temperaturänderung einer Subs-
vin) der zugeführten Wärme Q (zu messen in
tanz mit bekannter Wärmekapazität misst.
Joule) proportional. Die Beziehung
Favorisierte Kalorimetersubstanz ist Was-
Q = C × DT ser, in abgemessener Menge eingefüllt in ein
Gefäß mit guter Wärmeisolierung. Bewährt
definiert die Wärmekapazität C eines be- haben sich die Dewar-Gefäße (sprich: Djuar),
stimmten festen, flüssigen oder auch gasför- doppelwandige Glasflaschen mit evakuier-
migen „Körpers“. Zu ihr gehört die Einheit ter Wandung (. Abb. 5.4): Als thermische
J/K. Je mehr Atome ein Gegenstand ent- Bewegung von Molekülen ist Wärme an
hält, umso größer ist seine Wärmekapazi- Materie gebunden, Vakuum unterbindet
tät, denn man braucht mehr Energie, wenn jede Wärmeleitung. Im Haushalt bezeichnet
mehr Atome in stärkere Bewegung versetzt man Dewar-Gefäße als Thermosflaschen.
werden sollen. Ein Elefant ist größer als ein In keinem Physikpraktikum für Medizi-
Kaninchen; für die Wärmekapazitäten der ner fehlt ein Kalorimeterversuch. In der Regel
beiden gilt das auch. Bezieht man C auf die
Masse m des Körpers, so erhält man die
C
c =
spezifische Warmekapazitat
m
J
Einheit : 1 ;
kg × K
Praktikum 5.1
Kalorimeter
5 Es gilt die Energie zu ermitteln, die benö-
tigt wird, um eine feste oder flüssige Probe
um eine gewisse Temperaturdifferenz zu
erwärmen, also um die Bestimmung einer
Wärmekapazität. Für alle Messungen
braucht man ein gut gegen Wärmeaus-
tausch isoliertes Gefäß, ein Kalorimeter.
.. Abb. 5.5 Versuchsanordnung zur Bestimmung der
Auch bei guter Isolation hat das Kalori-
spezifischen Wärmekapazität des Wassers
meter (+ Thermometer + Rührer) selbst
eine bestimmte Wärmekapazität CW, die
bei der Rechnung zu berücksichtigen ist. Q = ( mFl × cFl + CW ) × (T1 - T0 ) .
(Man nennt CW auch Wasserwert: Wenn
man in Kalorien (statt Joule) pro Kelvin In 7 Rechenbeispiel 5.2 wird das am
rechnet (was man aber nicht mehr tut) gibt Beispiel des Wassers durchgerechnet.
der Wasserwert an, wie vielen Gramm
Wasser das Kalorimeter entspricht.)
Man führt nun einer Flüssigkeit Praktikum 5.2
(Masse mFl) im Kalorimeter mittels eines
Tauchsieders (elektrischen Widerstands) Ermittlung einer Mischtemperatur
eine bestimmte elektrische Energie Ist die spezifische Wärmekapazität des
(. Abb. 5.5). Legt man für die Zeitspanne Wassers, nämlich
Δt eine elektrische Spannung U0 an den c ( H 2O ) = 4,18J / ( g × K )
Tauchsieder, so fließt der Strom I0 und bekannt, so können die Wärmekapazitä-
setzt (wie in 7 Abschn. 6.1.3 erläutert ten anderer Substanzen nach folgendem
werden wird) die elektrische Energie Schema ausgemessen werden: Man
W = U 0·I 0·Dt hängt z. B. einen Kupferring (Masse mK)
in die Wärme Q um. Diese heizt die Flüs- zunächst in siedendes Wasser (Tempera-
sigkeit entsprechend ihrer spezifischen tur T3) und bringt ihn dann ins Kalori-
Wärmekapazität cFl bis zur Endtempera- meterwasser; dessen Temperatur steigt
tur T1 auf: dadurch von T1 auf T2. Die dafür not-
DQ = mFl·cFl·(T1 - T0 ) . wendige Wärme muss der Ring durch
Allerdings hat das Kalorimeter (Ge- Abkühlung geliefert haben. Der Kupfer-
fäß + Thermometer + Heizwendel) selbst ring liefert also die Wärme:
eine gewisse Wärmekapazität CW, die bei QK = mK × cK × (T3 - T2 ) .
genauer Rechnung berücksichtigt werden Wasser und Kalorimeter erhalten die
muss: Wärme:
5.1 · Grundlegende Größen
159 5
umsatz von etwa 80 W, also ungefähr 7 MJ/
QW = ( m ( H 2O ) × c ( H 2O ) + CW ) × (T2 - T1 ) . Tag oder 1650 kcal/d. Er ist erforderlich, um
lebenswichtige Funktionen wie Atmung und
Im thermischen Gleichgewicht sind diese Herzschlag, aber die Körpertemperatur auf-
beiden Wärmen gleich: rechtzuerhalten. Der Mensch besitzt ferner
QW = Qk . eine Wärmekapazität; da er im Wesentlichen
Das lässt sich dann nach der spezifischen aus Wasser besteht, darf man bei 70 kg Kör-
Wärmekapazität von Kupfer ck auflösen: permasse getrost schreiben:
( c ( H 2O ) × m ( H 2O ) + CW ) × (T1 - T2 ) .
ck = C ( Mensch ) » 70 kcal / K » 0, 3 MJ / K.
mk (T2 - T3 )
Die Mischtemperatur T2 berechnet sich Das heißt nun wieder: Könnte man einen
gemäß: Menschen völlig wärmeisolieren, so würde
æ c ( H 2O ) × ö ihn sein Grundumsatz mit einer Geschwin-
ck × mk × T3 + çç ÷÷ × T1 digkeit von etwa 1 K/h aufheizen. Viel
è m ( H 2 O ) + C Wø
T2 = . schneller kann Fieber aus rein wärmetechni-
ck × mk + c ( H 2O ) × m ( H 2O ) + CW
schen Gründen nicht steigen.
Das Angleichen der Temperatur kann et- Mensch und Tier beziehen die zum Leben
was dauern. Verliert das Kalorimeter in notwendige Energie aus der Nahrung, also
dieser Zeit doch etwas Wärme, so muss aus komplizierten organischen Molekülen.
man den Temperaturverlauf auftragen Diese bestehen aber im Wesentlichen aus
und extrapolieren. Atomen des Kohlenstoffs (C) und des Was-
7 Rechenbeispiel 5.3 gibt ein Bei- serstoffs (H). Letzten Endes werden sie in
spiel zum Einsatz dieser Formeln. Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) über-
Wenn man schon mal ein Kalorimeter geführt, d. h. mit Sauerstoff (O) aus der At-
und einen Tauchsieder bei der Hand hat, mung oxidiert. Der Weg der chemischen Um-
kann man natürlich auch noch die Schmelz- setzung ist kompliziert und läuft in vielen
wärme (7 Abschn. 5.4.3) z. B. von Wasser Einzelschritten ab; zu jedem gehört eine Ener-
messen, in dem man einem Wasser-Eis-Ge- gieumwandlung. Schließlich und endlich wird
misch bei 0 °C so lange Wärmeenergie zu- aber immer Wärme daraus, und zwar insge-
führt, bis das gesamte Eis geschmolzen ist. samt genau so viel wie bei schlichter Verbren-
nung in der Retorte; auf den Energiesatz ist
Verlass. Deshalb kann man ganz unabhängig
Im Zusammenhang mit Wärme und der in von einem lebenden Organismus den Brenn-
Lebensmitteln enthaltenen Energie taucht wert von Nahrungsmitteln im Laboratorium
zuweilen noch eine alte Energieeinheit auf, messen, den Betrag der chemischen Energie
die an die spezifische Wärme von Wasser an- also, die bei der Oxidation z. B. eines Pfeffer-
gepasste Einheit Kalorie (cal), definiert zu: steaks frei wird; Beispiele: 2300 kJ bei 100 g
Schokolade, 188 kJ bei 100 g Bier. 9
1 cal = 4,1840 J.
Wärmekapazität des Wassers c(H2O) tat- indem er eine 50-kg-Hantel stemmt. Sagen
sächlich wie oben angegeben heraus? wir, er kann sie 2 m h ochheben. Wie oft
Der Wasserwert des Kalorimeters sei muss er sie heben, um die 8370 kJ wieder
vernachlässigbar. Anmerkung: Ein Volt zu verbrauchen? Dabei ist zu beachten,
mal Ampere entspricht einem Watt. dass der Mensch keine sehr effiziente me-
Lösung: chanische Maschine ist. Er muss etwa
Q U × l × Dt 5-mal mehr Energie verbrennen als die me-
c ( H 2O ) = = 0 0 chanische Arbeit, die er leistet. Sein Wir-
m × DT m (T2 - T1 )
kungsgrad beträgt nur etwa 20 %.
47 W × 50s J
Lösung. Der Student leistet bei
5 =
200 g × 2, 8 K
= 4, 2
g×K
.
N-maligem Stemmen die Arbeit
W = N · m · g · h und verbrennt 5-mal
so viel Energie. Also ist:
Rechenbeispiel 5.3: Kalorimeter 8, 37 × 106 J
N= = 1706
Aufgabe. Eine Probe mit der Masse 5, 50 kg × 9, 81m / s 2·2 m
mP = 46 g und der Temperatur TP = 100 °C
wird in ein Kalorimeter geworfen, das
200 g Wasser bei 20 °C enthält. Der Be- Rechenbeispiel 5.5: Im Saloon
hälter aus Kupfer hat eine Masse von Aufgabe. Ein Cowboy schießt mit seiner
100 g. Es stellt sich 23,6 °C Mischtempe- Pistole eine 2-g-Bleikugel mit 200 m/s in
ratur ein. Wie groß ist die spezifische die Holzwand, wo sie stecken bleibt. An-
Wärmekapazität cP der Probe? Sie brau- genommen, die freiwerdende Energie
chen die spezifischen Wärmekapazitäten bliebe vollständig in der Kugel. Wie heiß
von Wasser (4,18 J/g · K) und von Kupfer wird sie dann? (Wärmekapazität von Blei:
(0,39 J/g · K). c(Pb) = 0,13 J/g · K)
Lösung. Die von der Probe abgege- Lösung. Die freiwerdende Energie ist
bene Wärme muss gleich der vom Wasser 1
und Behälter aufgenommenen Wärme m × v 2 = 40 J Wir bekommen also
2
sein, also gilt: die Temperaturänderung:
CP × mP × (TP - TM ) = cP × 46g × 76, 4 K Q 40 J
DT = = = 154 K
= 200 g × 4,18 J / gK × 3, 6 K + m × c 2 g × 0,13J / g × K
100 g × 0, 39 J / gK × 3, 6 K Betrug die Zimmertemperatur 20 °C, so
= 3139 J. bedeutet dies 174 °C.
Auflösen nach cP ergibt:
3139 J
CP = = 0, 893J / gK
46 g × 76, 4 K 5.2 Ideales Gas
Das könnte Aluminium sein.
5.2.1 Zustandsgleichung !!
Den Zusammenhang zwischen makrosko-
Rechenbeispiel 5.4: Schlankwerden
pisch messbaren Größen wie Temperatur,
auf die harte Tour
Druck, Volumen und der mikroskopischen
Aufgabe. Ein Student isst ein Mittagessen,
thermischen Bewegung der Moleküle lässt
dessen Brennwert mit 8370 kJ angegeben
sich besonders einfach am Beispiel der Gase
worden ist. Er will das wieder abarbeiten,
nachvollziehen.
5.2 · Ideales Gas
161 5
Thermische Energie ist die Energie in zu Wand. Der Druck p ist also proportional
der Wimmelbewegung der Atome und Mo- zur Anzahldichte N/V der Moleküle im Gas:
leküle. Diese Wimmelbewegung gehorcht
natürlich den Gesetzen der Mechanik, die N
p~ .
wir in 7 Kap. 2 besprochen haben. Deshalb V
sollte es also grundsätzlich möglich sein, die
mit der thermischen Energie zusammen- Verdoppelt man die mittlere Geschwindigkeit
hängende Eigenschaften aus diesen Geset- der Moleküle im Gas, so passiert zweierlei:
zen der Mechanik abzuleiten. Am besten 55 Die Moleküle stoßen doppelt so häufig
geht dies für Gase, in denen die Atome und mit den Wänden, da sie doppelt so
Moleküle wie Pingpongbälle durch die Luft schnell durch den Behälter sausen.
fliegen. Sie stoßen zuweilen aneinander oder 55 Die Stöße werden heftiger; doppelter Im-
gegen die Wände des Gefäßes. puls (Masse mal Geschwindigkeit) be-
Durch die Stöße mit den Wänden ent- deutet doppelte Kraft beim Stoß, so lehrt
steht dort ein Druck, also eine Kraft auf die uns das 2. Newton’sche Gesetz.
Wand. Die Stöße gehorchen dem 2. New-
ton’schen Gesetzen und dem Impulserhal- Durch beide Effekte wird der Druck ins-
tungssatz. Und alles gehorcht natürlich dem gesamt 4-mal so groß, er ist also propor-
Energieerhaltungssatz. Besonders einfach tional zur mittleren Geschwindigkeit ins
ist die Situation dann, wenn die anziehen- Quadrat:
den Kräfte zwischen den Atomen vernach-
lässigt werden können. Man spricht dann p ~ v2 .
von einem idealen Gas. Die Luft, die wir
Die mittlere Geschwindigkeit ins Quadrat ist
atmen, ist z. B. praktisch ein solches ideales
aber wiederum proportional zur mittleren
Gas. Natürlich gibt es zwischen ihren Mo-
kinetischen Energie der Moleküle und damit
lekülen doch schwache anziehende Kräfte.
proportional zur Temperatur T des Gases:
Diese führen dazu, dass Luft bei ca. −200 °C
flüssig wird. Von dieser Temperatur sind wir p ~ T.
aber normalerweise so weit entfernt, dass
diese anziehenden Kräfte vernachlässigbar Der Druck ist also einerseits proportional
sind. zur Anzahldichte und andererseits zur Tem-
Bei einem idealen Gas wird außerdem peratur T. Das bedeutet, der Druck ist pro-
noch angenommen, dass das Volumen der portional zum Produkt aus beidem:
Pingpongbälle viel kleiner ist als die Zwi-
schenräume zwischen ihnen. Auch das ist N
p = kB × ×T.
bei Gasen meistens erfüllt. Für dieses ideale V
Gas kann nun eine wichtige Zustandsglei-
chung gefunden werden. Das geht so: Eine genauere Rechnung (siehe z. B.: Gerth-
Verdoppelt man die Zahl N der Moleküle sen: Physik) zeigt, dass die Proportionalitäts-
des Gases in einem Behälter mit Volumen V, konstante gerade die Boltzmann-Konstante
verdoppelt man also die Gasmenge im Be- kB ist. Damit das so hinkommt, stand in der
hälter, so verdoppelt sich auch die Häufig- Definition der Temperatur in 7 Abschn. 5.1.2
keit, mit der die Moleküle an die Wände des der Faktor 3/2. Man schreibt die so gewon-
Behälters trommeln. Damit verdoppelt sich nene Gleichung üblicherweise etwas anders
auch die mittlere Kraft auf die Wände, also hin. Für die Stoffmenge gibt man statt der
der Druck. Das Gleiche passiert auch, wenn Zahl der Teilchen N die Zahl der Mole n an.
man das Volumen halbiert, denn dann ha- Das Volumen schreibt man auf die andere
ben die Moleküle kürzere Wege von Wand Seite. So erhalten wir:
162 Kapitel 5 · Wärmelehre
( p + a / V )·(V – b ) = n·R·T .
2
313K
p2 = × 301kPa = 333kPa.
Sie berücksichtigt mit der Materialkenngröße a die 283K
anziehenden Kräfte, die auch zwischen Gasmolekülen
5.2 · Ideales Gas
163 5
5.2.3 Energie im Gas
Dies entspricht dann wieder einem Über-
druck von 233 kPa. Das ist ein Anstieg Die thermische Energie in einem idealen
um immerhin 15 %. Deshalb soll man Gas steckt praktisch vollständig in der
Reifendrücke immer im kalten Zustand kinetischen Energie der Moleküle. Das ist
messen. zunächst einmal die kinetische Energie, die
in der Schwerpunktbewegung steckt. Das ist
die geradlinige Bewegung der Moleküle
5.2.2 Partialdruck durch den Behälter. Natürlich bewegen sich
nicht alle Moleküle mit gleicher Geschwin-
Dass sich Luft im Wesentlichen aus Stick- digkeit. . Abb. 5.6 zeigt die Geschwin-
stoff (80 %) und aus Sauerstoff (20 %) zu- digkeitsverteilung im thermodynamischen
sammensetzt, dass diese Elemente zwei- Gleichgewicht für zwei verschiedene Tempe-
atomige Moleküle bilden, die Atome der raturen. Die grundlegende Form (Maxwell’-
Edelgase aber für sich allein bleiben, küm- sche Geschwindigkeitsverteilung) ist für alle
mert das Gasgesetz nicht: Ihm sind alle Mo- Gase und alle Temperaturen gleich.
leküle gleich und Atome hält es auch für Moleküle können jedoch mehr als nur
Moleküle. Ihm geht es nur um deren Anzahl herumfliegen. Sie können sich auch noch
N. Bei einem Gasgemisch aus n Komponen- drehen und sie können schwingen. Es ist
ten darf man deren Molekülanzahlen N1 bis wichtig, diese weiteren Bewegungsmöglich-
Nn darum einfach aufaddieren: keiten aufzuzählen. Dazu gibt es in der Phy-
sik den Begriff der Freiheitsgrade. Die Auf-
n
zählung geht so:
p × V = ( N1 + N 2 +¼+ N n ) × kBT = kBT × å Ni .
i =1
1
Ekin = kb × T .
2
5
Das sagt der wichtige Gleichverteilungssatz:
.. Abb. 5.7 (Video 5.2) Zweiatomiges, hantelförmi- Durch die Stöße der Moleküle m iteinander
ges Molekül. Es besitzt zwei Achsen, zwei Freiheits- verteilt sich die thermische Energie im Mit-
grade, in denen es Rotationsenergie unterbringen kann tel gleichmäßig auf alle Freiheitsgrade.
(https://doi.org/10.1007/000-084) Die thermische Energie eines Gases, das
aus einem Mol einzelner Atome besteht, ist
55 Atome können sich geradlinig in die drei demnach:
Raumrichtungen bewegen. Man sagt: Sie
haben drei Freiheitsgrade. 1 1
U th = 3 × N A × × kB × T = 3 × R × T ,
55 Die zweiatomigen Moleküle des Stick- 2 2
stoffs (N2) bilden dagegen Hanteln, die
zusätzlich um zwei zueinander senkrechte da die Atome in ihm ja drei Freiheitsgrade
Achsen rotieren können (. Abb. 5.7); haben. Für die molare Wärmekapazität ei-
Drehung um die Hantelachse ist aus nes einatomigen Gases heißt das:
quantenmechanischen Gründen nicht
3
möglich. Die Rotation liefert zwei zusätz- cn = R.
liche Freiheitsgrade, zusammen fünf. 2
55 Dreiatomige Moleküle können sich um Für Luft sind es zwei Freiheitsgrade der Ro-
Achsen in allen drei Raumrichtungen tation mehr:
drehen, haben also drei Freiheitsgrade
der Rotation: zusammen sechs. 5
55 Komplizierter wird es, wenn ein Molekül cn ( Luft ) = R.
2
auch noch in sich schwingt; jede Möglich-
keit bringt gleich zwei Freiheitsgrade, ei- Die Wärmekapazität der Luft ist also höher
nen für die kinetische, einen für die poten- als z. B. die des Argons, da es für die Luft-
zielle Energie der Schwingung. Das gilt moleküle mehr Bewegungsmöglichkeiten
dann auch für die Schwingungen der Git- gibt als für die Argonatome.
terbausteine eines Kristalls: Atome im
Kristall haben sechs Freiheitsgrade für Im Kristall
die Schwingung in drei Raumrichtungen. In Metallen z. B. schwingen die Atome im Kristall-
gitter in drei Raumrichtungen: Macht zwei Freiheits-
grade pro Richtung, also insgesamt sechs. Die molare
Die Quantenmechanik legt fest, dass für Wärmekapazität ist dann:
Rotation und Schwingungen bestimmte cn =
6 (Regel von Doulong-Petit).
R
2
5.3 · Transportphänomene
165 5
5.3 Transportphänomene ratur hat. Kupfer hat von den Materialien
die höchste Wärmeleitfähigkeit, die anderen
5.3.1 Wärmeleitung Stäbe sind nach sinkender Wärmeleitfähig-
keit sortiert.
Lange bevor sich ein Gasmolekül in der
thermischen Bewegung ernsthaft von seinem >>Merke
Ausgangspunkt entfernt hat, ist es schon mit Wärmeleitung: Wärmeübertragung ohne
unzähligen Artgenossen unter Austausch Materietransport.
von Energie und Impuls zusammengesto-
ßen. Die Gitterbausteine des Kristalls kön- Durch die thermische Bewegung wird eine
Warme Q,
nen thermische Energie sogar weitergeben,
ohne ihren Platz zu verlassen. gemessen in Joule, von einem Ort zu einem
Steckt man Stäbe aus verschiedenen Ma- anderen gebracht. Das entspricht einem
terialien in heißes Wasser, so kann man mit dQ
Warmestrom IQ = ,
der Wärmebildkamera gut verfolgen, wie dt
schnell die Wärme die Stäbe hochsteigt. Die
fünf Stäbe in . Abb. 5.8 sind von rechts J
Einheit : 1 = 1Watt , er repräsentiert eine
nach links aus Kupfer, Aluminium, Mes- s
sing, Graphit und Kunststoff. Das Wasser Leistung. Der Wärmestrom entsteht, wenn
im flachen Behälter ist ca. 45 °C warm. Der die Temperatur von Ort zu Ort verschieden
Kupferstab ist nach einer Minute schon ist. Er wird also angetrieben durch eine Tem-
gleichmäßig etwa 30 °C warm, während peraturdifferenz ΔT. Schon Newton hatte
man den Kunststoffstab praktisch noch gar erkannt, dass der Wärmestrom proportional
nicht sieht, weil er noch Umgebungstempe- zur Temperaturdifferenz ist. Den genauen
Zusammenhang wollen wir uns an einer
Fensterscheibe klar machen. Dabei denken
wir nicht an eine moderne doppelglasige
Scheibe aus Wärmeschutzglas („Thermo-
pane“), sondern an ein einglasiges Fenster.
Der Wärmestrom durch dieses Fenster wird
also mit steigender Temperaturdifferenz
zwischen drinnen und draußen steigen.
Außerdem ist er natürlich umso größer, je
größer die Fläche A der Fensterscheibe ist.
Ist die Glasscheibe dicker, so ist die Tempe-
raturänderung pro Länge (man spricht vom
Temperaturgradienten) kleiner. Das redu-
ziert auch den Wärmestrom. Und natürlich
spielt die Materialeigenschaft des Glases,
.. Abb. 5.8 (Video 5.3) Wärmeleitfähigkeit. Dieses Wär- seine Wärmeleitfähigkeit λ, eine Rolle. Alles
mebild zeigt die Temperatur in unterschiedlichen Farbtö-
zusammen ergibt die Formel:
nen, wie auf der Skala rechts abzulesen. Fünf Stäbe ste-
cken seit 3 min in warmem Wasser. Der Kupferstab
(rechts) ist schon recht warm. Dann kommen mit abneh- DT
mender Wärmeleitfähigkeit Aluminium, Messing, Gra- IQ = l × A × .
phit und Kunststoff (https://doi.org/10.1007/000-085)
d
166 Kapitel 5 · Wärmelehre
>>Merke
Wärmeübergang mit Konvektion:
Warmestrom I Q = A × hcv × DT
mit Wärmeübergangszahl hcv.
Der Eisbär muss die Konvektion an seiner
Hautoberfläche unterbinden. Eben dazu
dient sein Fell. Und der Mensch zieht sich
warm an. Im Vakuum gibt es weder Kon-
.. Abb. 5.9 Konvektion. Aufsteigende warme Luft vektion noch Wärmeleitung. Die Thermos-
bei einer Frau. Man kann auch erkennen, dass sie ge- flasche nutzt das aus.
rade durch die Nase ausatmet. Durch eine spezielle
Schattenwurftechnik werden kleine Unterschiede im
Brechungsindex der Luft sichtbar gemacht (Bild- Rechenbeispiel 5.9: Frierender Mensch
rechte: G. S. Settles, PSU) Aufgabe. Der Mensch hat eine Oberfläche
von etwa 1,5 m2. Wie groß wäre sein Wär-
Wie beim Menschen ist der Wärmetrans- meverlust durch Konvektion, wenn er unbe-
port durch Konvektion meistens viel effekti- kleidet in einem 15 °C kalten Raum stünde?
ver als reine Wärmeleitung. Die notwendige Lösung. Die Temperatur der Haut-
Strömung kann natürlich auch aktiv ange- oberfläche wird nicht ganz 37 °C betra-
trieben werden. Der Kühler eines Autos tut gen, vielleicht nur 33 °C. Dann ist ca.
dies gleich zweimal: Ein Ventilator bläst die W
P = 5, 5 2 × 1, 5m 2 × 18 °C = 149 W
kühlere Umgebungsluft durch einen Wär- m ×K
metauscher („Kühler“), durch den wiede- Das allein ist schon mehr als der Grund-
rum das Kühlwasser zum Motor gepumpt umsatz eines ruhenden Menschen
wird. Im Wärmetauscher und im Motor (7 Abschn. 5.5.1). Daher zittert der frie-
muss die Wärme aber wieder durch Wärme- rende Mensch, um seinen Stoffwechsel-
leitung vom Kühlwasser zur Luft gelangen. umsatz zu erhöhen.
Die Wirkung der freien, durch Auftrieb
erzeugten thermischen Konvektion korrekt
auszurechnen, ist nahezu unmöglich, dazu 5.3.3 Wärmestrahlung
sind die Strömungsverhältnisse viel zu kom-
pliziert. Unabhängig von den Details wird Vakuum unterbindet jeden Temperaturaus-
aber der Wärmestrom im Großen und Gan- gleich durch Wärmeleitung oder Konvektion;
zen proportional zur Differenz der Tempe- das gilt für die Doppelwand des Dewar-Ge-
raturen von Luft und fester Oberfläche sein. fäßes und für den Weltraum. Trotzdem bleibt
Es gilt ungefähr: eine Form des Wärmeaustausches möglich:
der durch Wärmestrahlung nämlich. Ohne
I Q = A × hcv × DT diese elektromagnetische Strahlung gäbe es
auf der Erde kein Leben; seine Energiequelle
Hierbei ist A der Flächeninhalt der um- ist die Sonne, durch den leeren Weltraum von
strömten Fläche und hcv ein Wärmeüber- ihm getrennt.
gangskoeffizient. Für Zimmerluft gibt es Elektromagnetische Strahlung entsteht
brauchbare Erfahrungswerte. Eine horizon- immer, wenn sich geladene Teilchen beschleu-
168 Kapitel 5 · Wärmelehre
5
.. Abb. 5.11 (Video 5.5) Wärmebild des Autors. Die
Brille ist relativ kalt, die Infrarotstrahlung dringt nicht
durch das Glas. Der Mund ist auch relativ kalt, weil
ich gerade eingeatmet habe. Die Skala zeigt an, wel-
cher Farbton zu welcher Temperatur gehört (https://
doi.org/10.1007/000-087)
>>Merke
Diffusionsgesetz: Teilchenstrom proporti-
onal zum Konzentrationsgradienten
Dc
IT = D × A × .
Dx
Mit steigender Temperatur wird die ther-
mische Bewegung immer heftiger; kein
Wunder, dass mit ihr auch der Diffusions-
koeffizient zunimmt. Leichte Moleküle sind
bei gegebener Temperatur schneller: Kein
.. Abb. 5.12 Diffusion im molekularen Bild. Im ersten Wunder, dass der Diffusionskoeffizient von
Moment nach Entfernen der Trennwand können die Wasserstoff größer ist als der von Sauer-
beiden Molekülsorten nur jeweils von einer Seite aus die
alte Grenzfläche überschreiten. Erst wenn sich die Kon-
stoff oder Stickstoff. Dieses Faktum lässt
zentrationen ausgeglichen haben, verschwinden auch sich sinnfällig demonstrieren; man braucht
die Nettoströme der Teilchen. Siehe Video zu . Abb. 5.13 dazu einen hohlen und porösen Tonzylin-
5.3 · Transportphänomene
171 5
sorgen. Besser ist es umzurühren, d. h. die
Diffusion durch Konvektion zu ersetzen.
Die geringe Diffusionsgeschwindigkeit
in Flüssigkeiten hat erhebliche Konsequen-
zen für die Konstruktion von Mensch und
Tier. Die von Muskeln und Organen benö-
tigten Nährstoffe können zwar vom Blut-
kreislauf durch Konvektion „vor Ort“ an-
geliefert werden, das letzte Wegstückchen
müssen sie aber durch Diffusion zurückle-
gen. Dieses soll nach Möglichkeit klein sein
und die Querschnittsfläche des Diffusions-
stromes nach Möglichkeit groß. Darum ist
das System der Blutgefäße so unglaublich
fein verästelt, darum sind die Lungenbläs-
.. Abb. 5.13 (Video 5.6) Versuch zur Diffusion von Ga- chen so winzig und so zahlreich.
sen. Das Becherglas wird von unten mit Wasserstoff ge-
füllt. Da er schneller in den porösen Tonzylinder hin-
77Diffusion durch die Zellmembran
eindiffundiert als Luft hinaus, entsteht im Zylinder
vorübergehend ein Überdruck (https://doi.org/10.1007/ Besondere Bedeutung für lebende Organis-
000-088) men hat die Diffusion durch eine Zellmemb-
ran. Es kann nicht verwundern, dass hier die
der, an den unten ein gläserner Stutzen mit Diffusionskoeffizienten noch wesentlich
einem Wassermanometer angeschmolzen kleiner sind als in der reinen Zellflüssigkeit.
ist (. Abb. 5.13). Stülpt man jetzt ein mit Liegt an der Zellwand eine Konzentrations-
gasförmigem Wasserstoff gefülltes Becher- differenz Δc irgendeiner Substanz, so erhal-
glas von oben über den Zylinder, so signa- ten wir einen Teilchenstrom dieser Substanz
lisiert das Manometer Überdruck: H2 dif- durch die Membran gemäß:
fundiert schneller in den Zylinder hinein als Dc
Luft heraus. IT = A × D × = A × P × Dc.
d
Was den Gasen recht ist, ist den Flüssig-
Dabei ist A die Membranfläche und d die
keiten billig und vor allem auch den in ihnen
Membrandicke. P = D/d nennt man den Per-
gelösten Stoffen. Deren Moleküle haben
meabilitätskoeffizienten. Man kann ihn mes-
aber in ihrer thermischen Bewegung sehr viel
sen, ohne d zu kennen. Eine anständige
kleinere freie Weglängen und darum sehr
Membran (Einheitsmembran) ist 5 nm dick
viel kleinere Diffusionskoeffizienten als die
und hat bei Körpertemperatur für Glukose
Gasmoleküle. Füllt man einen meterhohen
ein P von ungefähr 6 mm/s, der Diffusions-
Zylinder zur Hälfte mit Wasser, schichtet
koeffizient beträgt 3 · 10−5 mm2/s. 9
vorsichtig unter sorgsamer Vermeidung von
Wirbeln Tinte darüber, lässt das Ganze ru-
hig stehen und schaut nach einem Jahr wie-
der nach, so ist die scharfe Grenzfläche zwar Rechenbeispiel 5.11: Hechelndes
durchaus um einige Zentimeter auseinan- Insekt?
dergelaufen. Von einer homogenen Durch- Aufgabe. Ein Insekt atmet nicht aktiv, der
mischung kann aber selbst nach 100 Jahren Sauerstoff diffundiert hinein. O2 diffun-
noch nicht die Rede sein. Wer Milch in den diert von der Körperoberfläche durch
Kaffee gießt, trinkt gern ein leidlich homo- kleine Röhren, die Tracheen. Diese seien
genes Gemisch. Im Grunde braucht er nur 2 mm lang mit 2 · 10−9 m2 innerer Oberflä-
zu warten, die Diffusion wird es schon be-
172 Kapitel 5 · Wärmelehre
Q
DS = .
T .. Abb. 5.16 Erwärmungs- und Abkühlungskurve für
H2O. Während des Haltepunkts bleibt die Temperatur
5 Je tiefer also die Temperatur, umso größer konstant, weil Schmelz- bzw. Erstarrungswärme den
Wärmeaustausch mit der Umgebung decken
die Entropieänderung in der Umgebung
durch die Zufuhr der Umwandlungswärme.
Bei einer ganz bestimmten Temperatur, eben 5.4.3 Schmelzen und Gefrieren
bei 0 °C, ist beim Erstarren die Entropieerhö-
hung in der Umgebung gerade genauso groß Wenn man ein kleines Becherglas mit Was-
wie die Entropieabsenkung im Wasser. Un- ser füllt, ein Thermometer hineinstellt, das
ter 0 °C erstarrt Wasser, denn dann erhöht Ganze in einer Tiefkühltruhe einfriert und
das Erstarren insgesamt die Entropie. Über danach herausholt, kann man zusehen, wie
0 °C bleibt Wasser flüssig, denn ein Erstarren die Temperatur langsam wieder ansteigt. Zu-
würde die Entropie insgesamt absenken und nächst kommt das Thermometer aber nur bis
das erlaubt der 2. Hauptsatz der Thermody- auf 0 °C, bleibt dort längere Zeit stehen und
namik nicht. Deswegen ist für Wasser 0 °C klettert erst weiter, wenn das Eis geschmol-
eine ganz besondere Temperatur, bei der eine zen ist (. Abb. 5.16 links). Auch während
Phasenumwandlung stattfindet. dieses Haltepunkts nimmt das kalte Becher-
Na gut, und warum wird das Glas dann glas ständig Wärme aus der Umgebung auf;
langsam fest? Die Moleküle im Glas bleiben es steckt sie aber nicht in die Wärmekapazi-
auch beim Erstarren ungeordnet. Glas ist ein tät seines Inhalts, sondern nutzt sie, Eis zu
sog. amorphes Material. Es besteht im We- schmelzen. Die einströmende Wärme wird
sentlichen aus Siliziumoxid (SiO2). Auch diese als Schmelzwärme gebraucht und kann des-
Moleküle wollen eigentlich einen Kristall bil- halb die Temperatur nicht erhöhen.
den, einen Quarzkristall. Dessen Bildung er- Analoges hätte man auch vorher beim
folgt aber sehr langsam. Das Abkühlen beim Abkühlen beobachten können. Hier gab
Glasbläser geht zu schnell. Deswegen bleiben das Becherglas ständig Wärme an den Kühl-
dort die Siliziumoxidmoleküle auch beim Er- schrank ab; zu Beginn und am Ende wurde
starren in einem ungeordneten Zustand. sie der Wärmekapazität des Wassers ent-
Im thermodynamischen Gleichgewicht nommen, für die Dauer des Haltepunkts
wäre Siliziumoxid bei Zimmertemperatur ein aber von dessen Erstarrungswärme geliefert
Kristall. Glas befindet sich also nicht im ther- (. Abb. 5.16 rechts).
modynamischen Gleichgewicht, sondern in Nur am Schmelzpunkt können Kristall
einem metastabilen Zustand. In Museen kann und Schmelze nebeneinander existieren: Ein
man zuweilen Trinkgläser aus römischer Zeit Zehntelgrad mehr und alles ist geschmolzen;
bewundern. Diese haben manchmal irgendwo ein Zehntelgrad weniger und alles ist erstarrt
ein Loch. Dort ist das Glas nach 2000 Jahren (im thermodynamischen Gleichgewicht we-
tatsächlich zu Quarzkristallen kristallisiert nigstens). Beim Schmelzen oder Erstarren
und dabei zu Staub zerbröselt. muss die Umwandlungswärme allerdings
5.4 · Phasenumwandlungen
177 5
von der Umgebung beschafft oder an sie
abgegeben werden und das kostet Zeit. So-
lange Eisstückchen im Wasser schwimmen,
steht die Temperatur zuverlässig auf 0 °C
(nahe der Oberfläche wenigstens; am Boden
des Teiches können, der Dichteanomalie des
Wassers wegen, 4 °C herrschen).
>>Merke
Haltepunkt: Bei gleichmäßiger Zu- oder
Abfuhr von Wärme bleibt die Temperatur
einer Probe während einer Phasenum-
wandlung konstant. .. Abb. 5.17 Unterkühlung. Der Erstarrungspunkt
Ts wird zunächst unterschritten, bis die nach Einsetzen
Die spezifische Schmelzwärme cs des Ei- der Erstarrung plötzlich freiwerdende Erstarrungs-
ses lässt sich leicht im Wasserkalorimeter wärme T wieder auf Ts anhebt
messen. Man gibt einen mit Filterpapier
getrockneten Eiswürfel (Masse mE) in Was- die Unterkühlung nicht schon zu weit her-
ser (Masse mW, spezifische Wärmekapazität untergeführt hat.
cw, Temperatur T0) und bestimmt die neue Umwandlungen der Aggregatzustände
Temperatur T1, wenn der Würfel gerade ge- sind sog. Keimbildungsprozesse; sie müssen
schmolzen ist. Dann ist dem Kalorimeter- nicht nur thermodynamisch möglich sein, sie
wasser die Wärme müssen eigens ausgelöst werden, und zwar
durch einen Keim, der sich im statistischen
DQ = mW ·cW ·(T0 – T1 ) Zufall bildet. Ein Beispiel sind die im Handel
erhältlichen „Taschenwärmer“. Der Plastik-
entzogen und dazu verwendet worden, zu- beutel enthält eine wässrige Lösung von Na-
nächst das Eis zu schmelzen und dann das triumacetat in unterkühltem Zustand. Aus
Schmelzwasser auf T1 aufzuwärmen: Gründen, die nicht ganz klar sind, liefert das
„Knackplättchen“ im Beutel die notwendi-
ë ( )
DQ = mE écS + cW T1 - 0° C ù .
û gen Keime für eine Verfestigung der Lösung
(Hydratisierung des N atriumacetats). Dann
Heraus kommt cs = 333 kJ/kg. Wasser hat wird der Beutel durch die Umwandlungs-
nicht nur eine ungewöhnlich hohe spezi- wärme schön warm.
fische Wärmekapazität, sondern auch eine
ungewöhnlich hohe spezifische Schmelz- >>Merke
wärme. Die Erstarrung ist ein Keimbildungspro-
Schmelz- und Erstarrungspunkt liegen zess; dies macht die Unterkühlung einer
bei der gleichen Temperatur Ts. Aber nicht Schmelze möglich.
immer erstarrt eine Schmelze, sobald diese
Temperatur von oben her erreicht wird: Anomalie des Wassers
Viele Substanzen kann man mit etwas Vor- Die allermeisten Substanzen dehnen sich beim Schmel-
sicht unterkühlen, d. h. eine Weile deutlich zen aus; ihr Kristall hat eine größere Dichte als ihre
unter dem Erstarrungspunkt flüssig halten. Flüssigkeit. Ein hoher äußerer Druck bringt deshalb
den festen Aggregatzustand in Vorteil und hebt den
Irgendwann setzt die Kristallisation aber
Schmelzpunkt ein wenig an. Das ist aber kein Natur-
doch ein; dann wird plötzlich viel Erstar- gesetz, sondern nur eine Regel. Regeln haben Ausnah-
rungswärme frei, die Temperatur springt men und wieder ist die „pathologische“ Substanz H2O
auf Ts und wartet dort die reguläre Dauer dabei:
des Haltepunkts ab (. Abb. 5.17), sofern
178 Kapitel 5 · Wärmelehre
>>Merke
inkompressibel und dehnt sich bei Erwär- Im Koexistenzbereich existieren Flüssig-
mung nur geringfügig aus. keit und Dampf nebeneinander. Er wird
Nur beim Gleichgewichtsdampfdruck oben durch den kritischen Punkt begrenzt:
pD können Gas und Flüssigkeit nebeneinan- Flüssigkeit und Dampf unterscheiden sich
der im thermodynamischen Gleichgewicht nicht mehr.
existieren. Überwiegt der Stempeldruck p
auch nur minimal, so kondensiert der ganze Analog zur Gleichgewichtsdampfdruck-
Dampf. Ist p auch nur ein wenig zu klein, so kurve lassen sich im p-T-Diagramm Grenz-
verdampft die gesamte Flüssigkeit. kurven zwischen den anderen Aggregat-
Es gibt nun einen sehr merkwürdigen Ef- zuständen zeichnen; sie markieren die
fekt: Erhöht man die Temperatur, so steigt Druckabhängigkeit des Schmelzpunktes
184 Kapitel 5 · Wärmelehre
(Die muss man dann möglicherweise im es auch. Für den Wärmehaushalt des Men-
Kühlschrank aufbewahren, um sie nicht schen spielt seine Eigenstrahlung eine wich-
schon mit der Strahlung der Zimmertempe- tige Rolle. Für den Wärmehaushalt der Erde
ratur zu belichten.) . Abb. 5.25 zeigt die gilt dies erst recht; er lässt sich überhaupt
Hand eines Menschen, fotografiert im Ei- nur durch Strahlung in sein Fließgleichge-
genlicht, und zwar vor (links) und bald nach wicht bringen (7 Abschn. 5.5.3). 9
dem Rauchen einer Zigarette (Mitte, rechts):
Energietransport durch Wärmeleitung, durch
Nikotin verengt die Blutgefäße und senkt
Konvektion und durch Temperaturstrahlung
damit die Oberflächentemperatur der Haut.
läuft immer nur von warm nach kalt. Wie
Umgekehrt macht sich eine Mandelent-
hält der Mensch seine Körpertemperatur von
5 zündung durch erhöhte Temperaturstrah-
lung der entsprechenden Halspartie bemerk-
37 °C bei „45 Grad im Schatten“? Er schwitzt,
weniger vulgär ausgedrückt: Er transpiriert.
bar. Ein Wettersturz kann den passionierten
Physikalischer ausgedrückt: Er hält seine Haut
Bergsteiger dazu zwingen, auf dem Glet-
so feucht, dass er Wärme als Verdampfungs-
scher zu übernachten. Dazu muss er sich
enthalpie loswerden kann.
warm einwickeln. Wolldecken sind schwer
Wasser verdampft auch in heiße Luft hi-
und belasten den Rucksack. Eine leichte, re-
nein, vorausgesetzt sie ist nicht schon was-
flektierend metallisierte Kunststoffplane tut
serdampfgesättigt. Darum ist die trockene
Hitze der Wüste leichter zu ertragen als die
Schwüle tropischer Regenwälder. Die rela-
tive Luftfeuchtigkeit (7 Abschn. 5.4.6) hat
großen Einfluss auf die Verdampfungsge-
schwindigkeit und damit auf den Wärme-
strom, der sich durch Schwitzen abgeben
lässt. Wer sich freilich den Schweiß aus der
Stirn wischt, vergeudet Verdampfungsen-
thalpie: Sie kühlt auch jetzt, aber nicht die
Stirn, sondern das Taschentuch.
Nordländer provozieren den Schweiß-
ausbruch in der Sauna, und zwar zunächst
in trockener Hitze. Auch wenn die kalte
Außenluft mit Wasserdampf gesättigt sein
sollte, mit steigender Temperatur steigt auch
.. Abb. 5.24 Grundumsatz und Körpermasse. Beide
der Sättigungsdampfdruck. Weil aber der
folgen bei Warmblütern recht genau einem Potenzge- Partialdruck konstant bleibt, sinkt die re-
setz mit dem Exponenten ¾ lative Luftfeuchtigkeit. Der Mensch in der
.. Abb. 5.25 Raucher. Hand eines Menschen im Infra- chens einer Filterzigarette aufgenommen: Nikotin verengt
rotlicht ihrer eigenen Temperaturstrahlung. Das Wärme- die Blutgefäße und senkt mit der Durchblutung auch die
bild wurden im Abstand von 2 min während des Rau- Temperatur der Haut. (Bildrechte: W. Stürmer, Erlangen)
5.5 · Wärmenutzung
187 5
Sauna schwitzt in thermodynamisch wie etwa 1,3 Mrd. Kubikkilometer Wasser. Des-
physiologisch sinnvoller Weise. sen Temperatur beträgt im Mittel 5 °C oder
Zum echten Saunagenuss gehört jetzt 278 K und die Wärmekapazität ist 4,18 kJ/
aber ein kräftiger Guss kalten Wassers auf kg · K. Das macht etwa 1,5 · 1027 Joule Ener-
die heißen Steine. Urplötzlich ist die Luft mit gie. Die Menschheit „verbraucht“ gegenwär-
Wasserdampf gesättigt und der Schweiß fließt tig etwa 5 · 1020 Joule Energie pro Jahr. (Das
in Strömen. Nur hilft das thermodynamisch ist übrigens etwa so viel, wie die Pflanzen der
nichts: Verdampfung ist nicht mehr möglich, Erde für ihre Fotosynthese brauchen.) Die
Verdampfungsenthalpie kann nicht aufge- thermische Energie in den Meeren würde also
bracht werden. Es kommt zum Wärmestau im für 10 Mrd. Jahre reichen.
Organismus. Seine Wärmekapazität muss ihn Auch die Sonne liefert ja pro Jahr mit ih-
auffangen: Die Körpertemperatur steigt. Das rer Strahlung etwa 5 · 1024 J, also 10.000-mal
erlaubt dann den letzten Saunagenuss: Wälzen mehr, als die Menschheit „verbraucht“.
im Schnee (die Skandinavier haben ihn). Außerdem wird Energie nicht verbraucht,
Einem stabilen Kreislauf kann man das sondern nur von einer Form in eine andere
alles zumuten, es trainiert und stärkt ihn umgewandelt. Warum also redet man von
möglicherweise sogar. Wer freilich in der einem Energieproblem und warum kostet
Sauna bewusstlos wird, überlebt nur noch Energie überhaupt was und immer mehr?
mit fremder Hilfe. Eigentlich geht es gar nicht um die Ener-
gie. Wir wollen Temperaturdifferenzen. Im
Winter soll es im Haus wärmer sein als drau-
Rechenaufgabe 5.15: schwitzender
ßen und im Sommer oft umgekehrt. Viele
Mensch bei 37 Grad
industrielle Prozesse brauchen hohe Tem-
Aufgabe. Bei einer Umgebungstempera-
peraturen, die viel höher sind als die Um-
tur von 37 °C kann sich der Mensch der
gebungstemperatur. Soll ein Motor mecha-
Wärmeproduktion seines Grundumsat-
nische Arbeit verrichten, so muss auch sein
zes (mit ca. 100 W Leistung, . Abb. 5.24)
Arbeitsgas in der Regel eine hohe Tempera-
nur noch durch Transpiration entledi-
tur haben. Wie wir aber aus 7 Abschn. 5.1.4
gen. Wie viel Wasser müsste er dazu am
wissen, strebt alles dem thermodynamischen
Tag ausschwitzen?
Gleichgewicht entgegen und da gibt es keine
Lösung. Ein Tag hat 86.400 Sekun-
Temperaturunterschiede. Diesem Drang ins
den; 100 W Grundumsatz entspricht
thermodynamische Gleichgewicht müssen
also 8,64 · 106 Joule pro Tag. Die Ver-
wir also widerstehen oder ihn gar umkeh-
dampfungsenthalpie von Wasser beträgt
ren. Das geht, wenn es irgendwo ein starkes
2,4 · 106 J/kg. Unser schwitzender
thermodynamisches Ungleichgewicht gibt,
Mensch muss also etwa 3,6 Liter Wasser
das wir „anzapfen“ können.
verdampfen. Im Extremfall kann ein
Es ist die Sonne. Ihre Oberfläche ist
Mensch diese Menge sogar in 2–3 Stun-
etwa 5800 K heiß und strahlt deshalb im
den ausschwitzen. Die „normale“ Was-
Wesentlichen sichtbares Licht ab. Bündelt
serabgabe durch Atmung und Wasserdif-
man dieses Licht mit Spiegeln auf eine
fusion aus der Haut beträgt 0,5–0,8 Liter
kleine Fläche, so kann man dort leicht
pro Tag.
Temperaturen von 1000 °C und mehr er-
reichen. In Solarkraftwerken nutzt man
das zur Stromerzeugung aus. Wie man
5.5.2 Warum kostet Energie? die Strahlung der Sonne nutzt, ist eine
Frage der Technik. Im Moment nutzt die
Thermische Energie gibt es in Hülle und Fülle. Menschheit im Wesentlichen einen an sich
Nehmen wir z. B. die Weltmeere: Sie enthalten komplizierten Weg:
188 Kapitel 5 · Wärmelehre
Pflanzen wachsen mithilfe der Fotosyn- von 100 %, aber der wird aus technischen
these und verrotten unter bestimmten Be- Gründen und zum Teil auch wegen des
dingungen zu Öl oder Kohle. Über Jahrmil- 2. Hauptsatzes nie erreicht. Der mensch-
lionen haben sich so große Mengen fossiler liche Muskel erreicht einen Wirkungsgrad
Brennstoffe angesammelt. Es ist technisch von etwa 20 %, wobei seine Arbeitsleistung
besonders einfach, diese Brennstoffe zu ver- natürlich auf die eingesetzte chemische
feuern und dadurch die gewünschten hohen Energie bezogen wird. Damit ist er im-
Temperaturen zu erreichen. Leider ist der merhin genau so gut wie ein Automotor.
Vorrat begrenzt und wird wohl bestenfalls Moderne Kohlekraftwerke schaffen knapp
noch 200–300 Jahre reichen. Außerdem er- 50 % und Gaskraftwerke 60 %. Dann ist
5 höht das Verbrennen leider den CO2-Anteil
der Atmosphäre und stört damit das Strah-
aber Schluss. Höhere Wirkungsgrade wer-
den praktisch nicht erzielt.
lungsgleichgewicht („Treibhauseffekt“),
dass die Durchschnittstemperatur der Erd-
oberfläche bestimmt (7 Abschn. 5.5.3). 5.5.3 ärme- und Entropiehaus-
W
Deshalb wird man immer mehr dazu über- halt der Erde
gehen müssen, die Strahlung der Sonne di-
rekter zu nutzen.
Dass sich das Leben auf der Erde so ent-
Ein gutes Drittel des gesamten Energie-
wickeln konnte, wie es sich entwickelt hat,
verbrauchs entfällt auf das Erzeugen me-
verdankt es der Sonne. Sie liefert Energie
chanischer Arbeit. Dies geschieht letztlich
in Form von elektromagnetischer Strah-
immer dadurch, dass man ein Arbeitsgas
lung und was sehr wichtig ist: Sie liefert eine
stark erhitzt und damit seinen Druck er-
Strahlung, die eine relativ niedrige Entropie
höht, sodass es eine Turbine oder einen Kol-
mitbringt. Auch eine elektromagnetische
benmotor antreiben kann. Wie effizient lässt
Welle transportiert Entropie neben Ener-
sich die thermische Energie im Arbeitsgas in
gie. Abgestrahlt wird die Energie von der
mechanische Arbeit umwandeln?
ca. 5800 K heißen Sonnenoberfläche. Ein so
Natürlich muss der Energieerhaltungs-
heißer Strahler strahlt relativ wenig Entro-
satz erfüllt bleiben, der in diesem Zusam-
pie pro abgestrahlter Energie. Das ermög-
menhang so formuliert wird:
licht es, mit der Sonnenstrahlung nützliche
DU = Q + W . Energieträger zu schaffen.
Der mit Abstand wichtigste Prozess
Eine Verminderung der inneren Energie ΔU ist dabei die Fotosynthese, die im Chloro-
des Arbeitsgases führt zu Arbeitsleistung phyll der Pflanzen abläuft und letztlich die
W, kann aber auch durch eine Abfuhr von gesamte Nahrung für alle Tiere (auch den
Wärme Q erfolgen. Man nennt das aus his- Menschen) sowie den Luftsauerstoff zum
torischen Gründen auch den 1. Hauptsatz Atmen und Autofahren liefert. Die Fotosyn-
der Thermodynamik. these hat über Jahrmillionen das gesamte
Wie effizient die innere Energie im Ar- Öl, Gas und die Kohle erzeugt, die wir heute
beitsgas in Arbeit umgewandelt wird, gibt verfeuern. Wir tun dies viel schneller als die
der Entstehung fossiler Energieträger erfolgte.
Das Gleichgewicht zwischen Erzeugung
W und Verbrauch von O2, zwischen Verbrauch
Wirkungsgrad h =
DU und Erzeugung von CO2 ist deshalb seit ei-
nigen Jahrzehnten erkennbar gestört: Der
einer Maschine an. Man hätte natür- CO2-Gehalt der Erdatmosphäre steigt ra-
lich gern η = 1, also einen Wirkungsgrad santer als je zuvor.
5.5 · Wärmenutzung
189 5
.. Abb. 5.26 Strahlungsströme. Die von der Sonne Unter der rechten Wolke rot gezeichnet sind die bei-
kommende Strahlung wird reflektiert, absorbiert, um- den Strahlungsflüsse des Treibhauseffekts, die die
gewandelt und letztlich wieder in den Weltraum abge- Oberflächentemperatur der Erde auf ca. 5 °C halten.
strahlt. Alle Wege sind mit Prozentzahlen versehen, (Adaptiert nach K. Stierstadt, Thermodynamik, 2010)
100 % ist die Einstrahlung von 342 W/m2 am Tag.
Damit greift die Menschheit in ein kom- auf die Erdoberfläche gibt. Diese nennt man
pliziertes Fließgleichgewicht in der Atmo- Treibhauseffekt, eine Art Strahlungskurz-
sphäre und am Boden ein. . Abb. 5.26 schluss zwischen Boden und Atmosphäre.
zeigt die Vielzahl der Wege, welche die ein- Ohne Treibhauseffekt wäre es auf der
gestrahlte Energie der Sonne nimmt. Diese Erde vielleicht etwa so kalt wie auf dem
Energie muss auch wieder weg, sonst heizt Mars (−55 °C) mit seiner sehr dünnen At-
sich die Erde immer weiter auf. Loswerden mosphäre. Vor allem der Wasserdampf in
kann der Erdball diese Energie nur dadurch, der Erdatmosphäre sorgt dafür, dass diese
dass er sie in den Weltraum zurückstrahlt, für die Infrarotstrahlung, mit der der Erd-
aus dem sie kommt. boden strahlt, ziemlich undurchlässig ist
Dazwischen passiert aber allerlei und ein und sich der Treibhauseffekt entwickelt.
für unser Leben besonders wichtiger Pro- Aber auch das CO2 trägt bei und deshalb
zess ist in . Abb. 5.25 rot eingezeichnet. steigt die mittlere Oberflächentemperatur
Die Oberfläche der Erde hat eine mittlere der Erde mit dem CO2 aus den Schornstei-
Temperatur von ca. 5 °C. Mit dem Stefan- nen und Abgasrohren langsam an. Das glo-
Boltzmann-Gesetz (7 Abschn. 5.3.3) er- bale Experiment läuft und ließe sich, selbst
gibt sich, dass der Erdboden im Mittel etwa wenn man wollte, nicht mehr ganz stoppen.
340 W/m2 abstrahlt und das ist gerade so Wie hoch der Temperaturanstieg ausfallen
viel, wie die Sonne einstrahlt. Am Boden und was das für Folgen haben wird, ist bei
kommt aber von der Sonneneinstrahlung einem so komplexen System kaum zuverläs-
nur knapp die Hälfte an. Die Erdoberfläche sig vorherzusagen.
kann deshalb nur so viel abstrahlen, weil es Auch unabhängig von diesem Prob-
eine starke Rückstrahlung der Atmosphäre lem gilt: Will die Menschheit auch in Zu-
190 Kapitel 5 · Wärmelehre
kJ
c = 4, 2
kg × K
Glukose im Muskelgewebe auf den runden mittel von einem zweiten mit einer Lösung.
Wert 1 · 10−6 cm2/s zu schätzen. Welche Dif- Die Temperatur beträgt 20 °C. Wie stark er-
fusionsfläche A ist dann für die Versorgung höht sich der osmotische Druck, wenn die
des Herzens mindestens notwendig? Zwei- Konzentration der osmotisch wirksamen
fellos kann man mit derart groben Annah- Teilchen um 0,2 mol/Liter erhöht wird?
men nur Größenordnungen herausfinden; 5.19 ⧫ Um welchen Faktor erhöht sich
es lohnt nicht, zu den Zehnerpotenzen auch der osmotische Druck über einer selektiv
noch Faktoren mit dem Taschenrechner zu permeablen Membran, wenn man die Tem-
bestimmen. Trotz aller Ungenauigkeit sollte peratur von 0 auf 273 °C erhöht?
man aber den Nutzen solcher Überschlags-
zz Wärmeaustausch
5 rechnungen nicht unterschätzen.
5.20 ⧫⧫ Die Erde erhält von der Sonne eine
zz Osmose Leistung von ca. 1000 W pro Quadratmeter
5.17 ⧫ Eine wässrige Salzlösung und reines senkrecht angestrahlter Fläche und strahlt
Wasser sind durch eine selektiv permeable diese wieder in den Weltraum ab. (Sie ist im
Membran getrennt, die Salzionen nicht Gleichgewicht.) Angenommen, die Erde ist
durchlässt. Auf welcher Seite steigt der Was- ein schwarzer Strahler, welche mittlere Ober-
serspiegel? flächentemperatur der Erde ergibt sich? Be-
5.18 ⧫ Eine selektiv permeable Membran denken Sie, dass immer nur die halbe Erde an-
trennt einen Behälter mit reinem Lösungs- gestrahlt wird, aber die ganze Erde abstrahlt.
195 6
Elektrizitätslehre
Inhaltsverzeichnis
6.1 Grundlagen
ungleichen Querstriche entsprechen der Bat Die Elektronen können durch den Me
terie, die Drähte werden durch gerade Li talldraht strömen und als Stromstärke (die
nien repräsentiert. Weil es übersichtlicher man der Einfachheit halber oft einfach
ist, setzt man sie aus senkrechten und waa Strom nennt) bezeichnet man die Antwort
gerechten Geraden zusammen, auch wenn auf die Frage, welche Ladung Q pro Zeitein
die Drähte krumm und schief im Gelände heit durch einen Draht oder ein Gerät hin
liegen. In der Skizze ist zusätzlich ein Schal durchfließt:
ter eingezeichnet. Öffnet man ihn, so erlischt
die Glühbirne. In der fotografierten Schal Q
Strom I = .
tung würde man zu diesem Zweck einen der t
beiden Drähte an einem seiner beiden En
den abklemmen. Dabei ist die Ladung Q die Zahl der Elek
tronen, die pro Zeiteinheit durch den Draht
6 >>Merke fließen, multipliziert mit dem Ladungswert
Ein elektrischer Strom fließt nur in einem der Elektronen, der sogenannten Elemen
geschlossenen Stromkreis und er fließt tarladung (siehe nächster Abschnitt).
nur, wenn eine elektrische Spannung im
Kreis ihn dazu anhält. >>Merke
Diese Formulierungen erwecken den Ein Strom: Ladung pro Zeit
druck, als wisse man, dass in einem Strom Q
kreis etwas „Elektrisches“ in ähnlicher I= ; Einheit A ( Ampere ) .
t
Weise ströme wie z. B. Wasser in einer Was
serleitung oder Blut in den Gefäßen eines Die Einheit hat ihren Namen von André
Menschen. Das ist auch richtig: Im Metall Marie Ampère (1775–1836). Wir reden hier
draht strömen Elektronen. Das sind Ele vom elektrischen Strom bzw. von der elek
mentarteilchen, die viel kleiner sind als Was trischen Stromstärke. Das „elektrisch“ lässt
sermoleküle oder gar Blutkörperchen und man meistens dann weg, wenn es aus dem
die tatsächlich zwischen den Metallatomen Zusammenhang klar ist, dass es sich nicht
hindurchschlüpfen können. um einen anderen Strom (etwa von Bon
Eigentlich sind Elektronen Teil dieser bons) handelt.
Atome, denn diese haben eine Elektronen Eigentlich sind die Elektronen fest an ihr
hülle und einen Kern aus Protonen und Atom gebunden durch die anziehende Kraft
Neutronen. Zusammengehalten wird ein der Atomkerne. Bei den meisten Materialien
Atom von einer besonderen Eigenschaft der ist das so und deshalb können sie auch kei
Elektronen und der Protonen: Sie tragen nen elektrischen Strom leiten, man nennt sie
elektrische Ladung. Es gibt zwei Arten La- Isolatoren. Bei Metallen ist das anders:
dung: negative Ladung (Elektronen) und Etwa ein Elektron pro Metallatom kann sei
positive Ladung (Protonen). Dass es positiv nen Platz an ein Elektron vom Nachbar
und negativ heißt, hat folgenden Grund: atom abgeben und so können diese Lei-
Zwei negativ oder zwei positiv geladene Teil tungselektronen durch den ganzen Draht
chen stoßen sich ab, ein positiv und ein ne wandern. Tatsächlich sind sie in thermischer
gativ geladenes Teilchen ziehen sich an. Bewegung ständig unterwegs, aber wild
Diese Anziehung hält die Elektronen im durcheinander in allen Richtungen. Um da
Atom am Kern. Da genauso viele Elektro eine Richtung hineinzubringen, einen Strom
nen wie Protonen im Atom sind, übt das zu erzeugen, braucht es eine Spannungs
Atom auf ein geladenes Teilchen außerhalb quelle.
fast keine Kraft aus, es ist neutral, die Ge Wie jede mechanische Bewegung von ei
samtladung „addiert sich zu null“. nem Reibungswiderstand behindert wird, so
6.1 · Grundlagen
199 6
ist es auch mit diesem Strom. Die strömen wir in diesem Buch auch oft so machen. Das
den Leitungselektronen stoßen quasi mit hat aber den Nachteil, dass der Leser aus
den Atomen zusammen und heizen dabei dem Zusammenhang erschließen muss, ob
den Draht auf (Stromwärme 7 Abschn. mit Ladung nun ein Objekt oder die physi
6.3.4). Die Spannungsquelle muss also eine kalische Größe Ladungswert Q gemeint ist
Kraft und eine Energie liefern und die Elek oder beides, wie im folgenden Merke-
tronen irgendwie in eine Richtung durch den Kasten.
Draht treiben. Mit Einschränkungen kann
man sich das so vorstellen, dass die Lei >>Merke
tungselektronen durch den Draht gescho Coulomb-Gesetz:
ben werden, denn sie stoßen sich ja gegen Zwischen zwei Punktladungen Q1 und
seitig ab. Für eine präzisere Beschreibung Q2 im Abstand r herrscht die Coulomb-
müssen wir erst einmal die Kräfte zwischen Kraft
geladenen Teilchen genauer betrachten. 1 Q1 × Q2
FC = .
4p × e 0 r 2
6.1.2 räfte zwischen geladenen
K Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen
Teilchen ! sich ab, bei verschiedenen Vorzeichen
ziehen sie sich an.
Die Formel für die Kraft zwischen zwei ge Ziehen sich Elektron und Proton z. B. nun
ladenen Teilchen im Abstand r mit den La stärker elektrisch an oder stärker aufgrund
dungswerten Q1 und Q2 erinnert stark an der Gravitationskraft (eine Masse haben sie
das Gravitationsgesetz für zwei Massen ja auch)? Dazu müssen wir wissen, welchen
(7 Abschn. 2.2.2): Ladungswert diese Teilchen tragen. Vom Be
trag her tragen beide die gleiche Ladung, die
1 Q1 × Q2
FC = . zugleich der kleinste überhaupt mögliche
4p × e 0 r 2 Ladungwert ist, die sog. Elementarladung:
Coulomb-Kraft 2,3 · 10−22 N heraus: kleine tionsfeld. Aber erst mit Einsteins Relativi
Teilchen, kleine Kraft. Und die Gravitation? tätstheorie haben diese Felder eine ganz ei
Das Proton hat wesentlich mehr Masse als gene Realität gewonnen.
das Elektron. Multipliziert man die beiden
Massen, so kommt etwa 10−58 kg2 heraus
Rechenbeispiel 6.1: Die Pyramiden
und die Gravitationskonstante macht es
hochheben
dann noch kleiner. Genau ergibt sich für die
Aufgabe. Ein Stück Tafelkreide enthält
gravitative Anziehung 1,02 · 10−61 N. Diese
etwa 1021 Moleküle. Angenommen, wir
Kraft ist sage und schreibe 39 Größenord
könnten jedem hundertstem Molekül ein
nungen kleiner als die Coulomb-Kraft.
Elektron entziehen und diese Elektronen
Trotzdem merken wir von der elektrischen
einem zweiten Stück Tafelkreide zufüh
Kraft im Alltag fast gar nichts, ganz im Ge
ren. Mit welcher Kraft würden sich beide
gensatz zur Gewichtskraft. Das liegt daran,
6 dass die Coulomb-Kraft nur innerhalb der
Stücke anziehen, wenn sie 1 m voneinan
der entfernt wären? (Ein Elektron trägt die
Atome stark ist. Da die Atome gleich viele
Elementarladung e0 = 1,6 · 10−19 A · s).
negative wie positive Ladungen enthalten,
Lösung. Die Ladung auf einem Stück
merkt man von außen nichts. Und die Ge
Kreide wäre 1,6 A · s. Dann ist die Kraft:
wichtskraft ist nur deshalb so groß, weil wir
die gewaltige Erde unter den Füßen haben. 1
2
(1,6 A × s ) = 2, 3 × 1010 N.
Das bisher Gesagte ist noch nicht die FC = ×
ganze Wahrheit über die Kräfte zwischen
4p × e 0 (1 m )2
Ladungen. Die Coulomb-Kraft allein wirkt
Das reicht locker, um die Pyramiden in
nur, wenn die geladenen Teilchen ruhen. Be
Ägypten hochzuheben. Die Größe dieser
wegen sie sich beide mit Geschwindigkeiten
Kraft verhindert zugleich, dass sie prak
v1 und v2 , so wirkt eine zusätzliche Kraft
tisch auftritt:
z. B. auf das zweite Teilchen:
Es gelingt nicht, ein Kreidestück tat
1 sächlich derart aufzuladen.
F2 = Q2 × v2 ´ 2 v1
c0
Q1 × ( r1 - r2 ) × (1 - v1 / c0 )
2
>>Merke
Eine elektrische Ladung ist von einem
elektrischen Feld umgeben.
Ein elektrisches Feld ( E ) ist ein
Raumzustand, in dem auf eine zweite
elektrische Ladung
(q) eine Cou
lomb-Kraft ( FC ) ausgeübt wird:
FC = q × E ,
.. Abb. 6.4 (Video 6.1) Punktladung. Feldlinien einer
elektrische Feldstärke E , Einheit: Punktladung, notwendig zur Berechnung der Cou
N V. lomb-Kraft zwischen zwei Ladungen (https://doi.
1 =
A ×s m org/10.1007/000-089)
202 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
elelktr Potential
.. Abb. 6.15 a-c. Influenzversuch. In das (nicht not Feld mehr besteht c. Trennt man die Platten im Feld
wendigerweise homogene) Feld E0 a werden zwei elek und zieht man sie in den feldfreien Außenraum hinaus,
trisch leitend verbundene kleine Platten gebracht b. so steht jetzt zwischen ihnen ein Feld mit dem Betrag
Folge: Ladungstrennung im Feld E0, bis beide Platten E0, aber in entgegengesetzter Richtung d
auf gleichem Potenzial liegen und zwischen ihnen kein
dann zwar ein wenig durch die Maschen nen gebildet. Die abgegebenen Elektronen
hindurch, aber eben doch nicht sehr weit. können sich zwischen ihnen „quasifrei“ be
Das Deutsche Museum in München be wegen; richtig frei sind sie ja nicht, weil sie
sitzt einen derartigen Käfig, groß genug, ei den Draht nicht verlassen dürfen (zumin
nen sitzenden Menschen aufzunehmen. Der dest nicht so ohne Weiteres). Diese quasi
Käfig wird zwischen die Elektroden einer freien Elektronen sorgen für die hohe elekt
Hochspannungsanlage gehängt: Meterlange rische Leitfähigkeit der Metalle.
Entladungen schlagen oben und unten in Zunächst einmal sind die Elektronen in
den Käfig hinein (. Abb. 6.16). Der Mensch ständiger thermischer Bewegung; sie ist sta
darin registriert dies nur optisch und akus tistisch gleichmäßig auf alle Raumrichtun
tisch; elektrisch spürt er nichts, denn er sitzt gen verteilt und kompensiert sich deshalb im
ja im feldfreien Raum. Wehe nur dem, der Mittel zu null. Sobald aber längs des Drah
eine neugierige Nase durch die Maschen tes ein elektrisches Feld erscheint, laufen sie
6 nach außen steckt! ihm nach, genauer: Sie laufen ihm entgegen,
ihrer negativen Ladung wegen.
Driftgeschwindigkeit vd = m × E.
I = e0 × n × A × m × E.
Herleitung
In der Zeitspanne Δt laufen alle Elektronen den Weg
Δs = vd · Δt = μ · E · Δt weit. An einer bestimmten
.. Abb. 6.16 Faraday-Käfig zum Abschirmen eines Stelle des Drahtes kommen dabei alle ΔN = n · A · Δs
Menschen vom Feld einer Hochspannungsanlage Elektronen vorbei, die dazu weniger als Δs marschie
6.2 · Materie im elektrischen Feld
209 6
ren mussten. Sie haben mit der Ladung ΔQ = ΔN · e0 6.2.3 Leitfähigkeit und
den Strom I = ΔQ/Δt transportiert:
Resistivi tät !
I = Dt = e0 × DN = e0 × n × A × Ds = e0 × n × A × vd × Dt
= e0 × n × A × m × E × Dt. Für den elektrischen Widerstand R eines
Nun muss nur noch Δt heraus gekürzt werden.
Drahtes mit Länge l und Querschnittsfläche
A ergibt sich aus dem eben Gesagten:
In 7 Abschn. 6.1.4 hatten wir gesehen, dass l
in einem Draht der Länge l, an dem eine R= r×
A
Spannung U anliegt, die Feldstärke E = U/l
herrscht. So können wir den Strom auch in mit dem spezifischen elektrischen Wider-
Abhängigkeit von der Spannung angeben: stand ρ, der kürzer Resistivität genannt
wird. Ihm gebührt die SI-Einheit Ωm. Sein
U s ×A Kehrwert ist die elektrische Leitfähigkeit σ
I = e0 × n × A × m × = ×U .
l 1 (7 Abschn. 6.2.2).
σ und ρ sind Materialkenngrößen der
Mit der sog. Leitfähigkeit des Metalls
Substanz, aus der ein Leiter besteht. Sind sie
s = e0 × n × µ. konstant, d. h. unabhängig von der angeleg
ten elektrischen Spannung, so erfüllt der
Diese Leitfähigkeit hängt nicht vom Feld Leiter das Ohm’sche Gesetz. Denn wenn
oder der Spannung ab. Dies ist der Inhalt sein spezifischer Widerstand nicht von der
des Ohm’schen Gesetzes: Strom und Span Spannung abhängt, so kann es sein Wider
nung sind einander proportional. Man stand auch nicht.
drückt dies gern mit dem Begriff des elektri Kaum eine andere physikalische Größe
schen Widerstands R aus: überdeckt einen so weiten messbaren Be
s ×A U U reich: glatt 30 Zehnerpotenzen von den gut
I= ×U = oder R = . leitenden Metallen bis zu den guten Isolato
l R I
ren (. Abb. 6.17). Dabei sind die Supralei
ter noch nicht einmal mitgezählt: Deren spe
>>Merke
zifischer Widerstand fällt bei tiefen
U Temperaturen auf einen Wert, der sich expe
Elektrischer Widerstand R = ;
I rimentell von null nicht unterscheiden lässt.
V Außerhalb dieses Bereiches nimmt ρ bei
Einheit : 1 = 1 W ( Ohm ) . praktisch allen Metallen mit der Temperatur
A
T zu. Dies ist der Grund für das nicht
ohm’sche Verhalten einer Glühbirne
Das Ohm’sche Gesetz ist nicht diese Glei
(7 Abschn. 6.3.3): Mit steigender Span
chung, sondern die Aussage, dass der Wider
nung steigt der Strom, steigt die Entwick
stand nicht von Strom und Spannung ab
lung von Stromwärme, steigt die Tempera
hängt. In 7 Abschn. 6.3.3 werden wir
tur und mit ihr der Widerstand.
lernen, dass das Ohm’sche Gesetz nicht im
mer gilt, z. B. nicht für einen Strom durch
>>Merke
einen Menschen.
Spezifischer Widerstand ρ und elektri
sche Leitfähigkeit σ = 1/ρ sind tempera
>>Merke
turabhängige Kenngrößen elektrischer
Ohm’sches Gesetz: In einem Metalldraht
Leiter.
sind Strom und Spannung proportional
⇒ Der elektrische Widerstand ist unab Den spezifischen Widerstand kann man zur
hängig von Strom und Spannung. Temperaturmessung ausnutzen – im Wider
210 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
6.2.4 Permittivität
(Dielektrizitätskonstante)
.. Abb. 6.19 Strommesser. Er wird in Reihe mit dem .. Abb. 6.20 Spannungsmesser. Er wird parallel zu
„Verbraucher“ geschaltet Batterie und Glühbirne („Verbraucher“) geschaltet
214 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
gativer Wert angezeigt, was meistens nicht Spannung einer Batterie mit einem Kardio
weiter stört. grafen überprüfen? Der Besitzer des Viel
Dass es nützlich ist, die Klemmen der fachinstruments darf bedenkenlos das ihm
Batterie mit den mathematischen Vorzei zukommende Experiment ausführen und
chen + und – zu bezeichnen, zeigt sich, wenn sich überzeugen: Es geht nicht. Der Besitzer
man mehrere Batterien elektrisch hinterein des Kardiografen aber sei gewarnt: Mögli
anderschaltet, wenn man sie also in Reihe cherweise muss sein kostbares Gerät an
schaltet: Bei richtiger Polung, immer Plus an schließend zur Reparatur. Herz und Batterie
Minus, addieren sie ihre Spannungen haben schon etwas miteinander zu tun, nur
(. Abb. 6.21); liegt aber eine Batterie falsch liegen die Spannungen, die sie abgeben, um
herum (. Abb. 6.22), so subtrahiert sie ihre rund einen Faktor Tausend auseinander; der
Spannung von der Summe der anderen. Ma Vielfachmesser ist nicht empfindlich genug
thematisch ist eine Subtraktion aber nur für das EKG und der Kardiograf zu emp
6 eine Addition mit negativen Vorzeichen. findlich für die Batterie.
Darum darf man die Gesamtspannung U Im Bereich Mikrovolt (μV) liegen die Si
einer Reihe hintereinander geschalteter gnale, die Antennen aus der Luft fischen;
Spannungsquellen als Summe der Einzel Muskelkontraktionen erzeugen Millivolt
spannungen U1, U2 usw. schreiben: (mV) bis Zehntelvolt. Einige Volt sind für
den Menschen ungefährlich, solange sie
n
über die Haut angelegt werden (und nicht
U = U1 + U 2 + U 3 +¼+ U n = åU i .
i =1
etwa über einen Herzkatheter!). Die 230 V
der Steckdose sind aber keineswegs mehr
An dieser Stelle sei die misstrauische Frage harmlos. Hochspannungsleitungen im Be
erlaubt: Haben denn nun Wirbeltierherz reich Kilovolt (kV) bekommen bereits
und Taschenlampenbatterie wirklich etwas Warnschilder. Überlandleitungen bevorzu
miteinander zu tun? Kann man etwa ein gen 340 kV = 0,34 MV (Megavolt); Berüh
EKG auch mit einem Vielfachinstrument rung ist tödlich. Röntgenröhren werden
beobachten? Kann man umgekehrt die nicht selten mit ähnlich hohen Spannungen
betrieben. Blitze können es auf viele Giga
volt bringen.
>>Merke
Elektrischer Widerstand
U .. Abb. 6.23 Kennlinie. Schaltung zur Messung der
R= Strom- Spannungs-Kennlinie einer Glühbirne (Wel
I
mit der Einheit 1 Ohm = 1 Ω = 1 V/A. ches der beiden hier mit 1 und 2 bezeichneten Instru
Elektrischer Leitwert mente ist der Spannungsmesser?)
I 1
G= =
U R
mit der Einheit 1 Siemens = 1/Ω.
Q
Kapazitat
C =
U
1 Farad = 1 F = 1 C / V = 1 A × s / V.
U0 Q e0 × E × A A
Ehom = , C= = = e0 × .
d U E ×d d
6.3 · Stromkreis
221 6
Die Kapazität ist also umso größer, je grö aber ohne deren komplizierte Elektrochemie.
ßer die Plattenfläche und je kleiner der Plat Warum dann der Aufwand bei den Lithiu
tenabstand. Dies verwundert nicht. mionenakkus im Smartphone? Könnte man
Zum Glück der Hersteller von Konden sie durch die technisch einfacheren Konden
satoren gibt es Isolatoren, die für technische satoren ersetzen?
Zwecke weit besser geeignet sind als Luft. In Man kann zwar inzwischen sog. Superkon
7 Abschn. 6.2.4 hatten wir die Polarisation densatoren mit 10.000 F Kapazität bauen, die
von Isolatoren im elektrischen Feld behan dann eine ähnliche Energie speichern könnte,
delt, die das Feld im Inneren des Isolators sie sind aber etwa 10-mal so groß. Technisch
abschwächt. Das reduziert dann bei gleicher interessant sind die Superkondensatoren da,
Ladung auf den Platten die Spannung. Da wo man die Energie sehr schnell herausholen
mit erhöht sich die Kapazität um die Permit will, denn das geht viel schneller als bei Akkus.
tivitätszahl εr: C = εr · ε0 · A/d. Werte um 3 45 Ah = 162 kC bei 12 V sind für einen Akku
sind keine Seltenheit. nichts Besonderes; ein Kondensator müsste
Wie . Abb. 6.29 zeigt, ist das Feld im dafür 162 kC/12 V = 13,5 kF aufbringen.
Plattenkondensator am Rand nicht ganz Wie viel Energie W0 ist bei einer Ladungs
homogen. Insofern gelten alle Beziehungen Q0 gespeichert? Beim Akku lässt sie sich
auch nur näherungsweise. Am Rand dringt leicht ausrechnen, weil er seine Klemmen
das Feld etwas in den Außenraum außer spannung Uk konstant hält:
halb der Platten. Im Außenraum ist das Feld
aber sehr klein, da sich die Felder der nega W0 = U K × Q0 .
tiven Ladungen auf der einen Platte und die
der positiven Ladungen auf der anderen Beim Kondensator geht aber die Spannung
Platte außen aufheben. Von außen betrach mit der entnommenen Ladung zurück. Um
tet ist der Kondensator elektrisch neutral. gekehrt wächst U(Q), der Kapazität C ent
sprechend, beim Aufladen proportional zu
an, bis mit dem Endwert Q auch der End
Rechenbeispiel 6.10: Große Platten wert U0 = Q0/C erreicht wird. Die gespei
Aufgabe. Welche Plattenfläche müsste cherte Energie W kann man jetzt nur noch
ein Luftkondensator haben, wenn er bei durch Integration erhalten:
1 mm Plattenabstand 1 μF Kapazität ha
ben soll? Q0
Lösung. Fläche W = ò U ( Q ) × dQ
0
C ×d 10-6 As / V × 10-3 m
A= = = 110 m 2 Q0 Q
e r × e 0 1, 0 × 8, 9 × 10-12 C / Vm. Q 1 0 Q2
= ò C
dQ = ò Q × dQ = 0
C 0 2C
0
1 1
= C × U 02 = U 0 × Q0 .
6.3.7 nergie des geladenen
E 2 2
Kondensators
Die Integration bringt hier den Faktor ½ ge
Mit der Ladungsverschiebung zwischen sei nauso herein, wie sie es in 7 Abschn. 2.1.2
nen beiden Platten bekommt der Kondensa beim freien Fall (s = ½ · g · t2) und bei der
tor vom Ladestrom Energie übertragen. Er Energie der gespannten Schraubenfeder tat
speichert sie und liefert sie bei der Entladung (W = ½ · D · x2). Die grafische Darstellung
wieder ab. Insofern verhält er sich ähnlich (. Abb. 6.30) macht den Faktor unmittel
wie eine wiederaufladbare Batterie, arbeitet bar anschaulich.
222 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
W 1 U ×Q 1 Q U
Es hat sich als sehr nützliche und wichtige w= = = e0 ×
Vorstellung erwiesen, dass die Energie im V 2 A × d 2 e0 × A d
elektrischen Feld im Kondensator gespei 1 U 1
= e0 × E × = e0E2 ,
chert ist. Man sagt also: Wo ein elektrisches 2 d 2
Feld ist, ist auch Energie. Auch der ansons
ten „leere“ Raum, der keine Materie enthält, denn es gilt: E = U/d. Befindet sich noch ein
kann doch Energie enthalten, sofern dort Isolator mit einer Permittivität εr zwischen
ein elektrisches Feld herrscht. Diese zu den Platten, so wird diese Energiedichte et
nächst etwas merkwürdige Vorstellung wird was modifiziert:
6.4 · Wechselspannung
223 6
>>Merke
Sinusförmige Wechselspannung: Effek
tivwert
U
U eff = s ,
2
sinusförmiger Wechselstrom: Effektiv
6 wert
I
leff = s .
2
Maschenregel : åU i = 0,
i
sie wird auch 2. Kirchhoff-Gesetz genannt. .. Abb. 6.38 Serienschaltung (Reihenschaltung) von
Bei der Anwendung der Maschenregel muss man drei Widerständen
aufpassen, dass man vorzeichenrichtig addiert. Alle
Spannungen zählen, ob sie von Batterien herrühren,
über geladenen Kondensatoren liegen oder als Span U0 U U U
nungsabfälle über stromdurchflossenen Widerständen, I0 = = I1 + I 2 + I 3 = 0 + 0 + 0 .
bei denen es auf die Stromrichtung ankommt. Bezogen Rges R1 R2 R3
werden die Vorzeichen auf die Marschrichtung, mit der
man seine Masche in Gedanken durchläuft; ob mit Der Gesamtwiderstand der Parallelschal
oder gegen den Uhrzeigersinn, ist letztlich egal, nur
muss man bei der einmal gewählten Richtung bleiben.
tung ergibt sich also zu:
Dies klingt alles ein wenig abstrakt und kann auch zu
sehr komplizierten Gleichungssysteme führen, wenn 1 1 1 1
= + + .
die Schaltung entsprechend kompliziert ist. Rges R1 R2 R3
Hier sollen nur zwei wichtige einfache Situa Man kann auch sagen: Die Leitwerte addie
tionen betrachtet werden, die Parallelschal ren sich.
tung und die Reihenschaltung von Wider
ständen: kReihenschaltung von Widerständen
In . Abb. 6.38 liegen die drei Widerstände
kParallelschaltung von Widerständen in Reihe mit der Batterie. Der Strom läuft
In . Abb. 6.37 liegen drei Widerstände par durch alle Widerstände mit gleicher Stärke
allel geschaltet an einer Batterie, nach deren I0. Die Batteriespannung hingegen teilt sich
Zeichenschema jeweils Plus oben und Minus auf die Widerstände auf gemäß:
unten liegt. Es ist klar: Der Gesamtstrom I0,
den die Batterie abgibt, verteilt sich auf die
Widerstände: U 0 = U1 + U 2 + U 3
= I 0 × R1 + I 0 × R2 + I 0 × R3 = I 0 × Rges .
I 0 = I1 + I 2 + I 3 .
Andererseits liegt an allen Widerständen die Der Gesamtwiderstand einer solchen Rei
gleiche Batteriespannung U0. Also ergibt hen- (oder Serien-)Schaltung ist also die
sich: Summe der Einzelwiderstände.
228 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
>>Merke
Parallelschaltung: Leitwerte addieren Die Spannungen können nun gemäß
sich: U = R · I berechnet werden. Zwischen 1
1 1 1 1 und 2 bzw. 3 und 4 liegen 2,4 V, zwischen
= + + + ¼.. 2 und 3 1,2 V. Das Spannungsmessgerät
Rges R1 R2 R3
misst also an den Punkten 1 bis 4: 0 V,
Reihenschaltung: Widerstände addieren 2,4 V, 3,6 V und 6 V.
sich:
Rges = R1 + R2 + R3 + ¼.
>>Merke
Innenwiderstand:
55 Beim Spannungsmesser muss er groß
gegenüber dem Innenwiderstand der
Spannungsquelle sein.
.. Abb. 6.48 RC-Glied als frequenzabhängiger Span
55 Beim Strommesser muss er klein ge nungsteiler: Wirkung als Tiefpass bei Abgriff von UC
genüber allen Widerständen im Strom über dem Kondensator; Wirkung als Hochpass bei
kreis sein. Abgriff von UR über dem Widerstand
und ferner
6.5.5 Kondensatorentladung und
e-Funktion !! d
U R (t ) = R × I (t ) = R × C × UC (t ) ,
dt
In der Schaltung der . Abb. 6.49 wird der
Kondensator momentan aufgeladen, wenn also auch
man den Wechselschalter nach links legt.
Legt man ihn anschließend nach rechts, so d 1
UC (t ) = - UC (t ).
entlädt sich die Kapazität C des Konden dt R ×C
sators über den Ohm’schen Widerstand
R. Die zugehörige Mathematik lässt sich Jetzt wird die Mathematik schwieriger,
zunächst leicht hinschreiben. Kondensa denn dies ist eine Differenzialgleichung.
tor und Widerstand bilden eine Masche Von der Schwingungsdifferenzialgleichung
(7 Abschn. 6.5.1); folglich verlangt die Ma (7 Abschn. 4.1.2) unterscheidet sie sich
schenregel zu jedem Zeitpunkt t: nur um einen kleinen Unterschied: Bei den
Schwingungen ging es um den zweiten Diffe
UC (t ) + U R (t ) = 0 renzialquotienten d2x(t)/dt2 der Auslenkung
x(t) nach der Zeit, hier geht es um den ersten
oder zeitlichen Differenzialquotienten dUC(t)/dt.
Der Unterschied ist folgenschwer:
U C ( t ) = -U R ( t ) . Die Gleichung verlangt, die Spannung
UC(t) solle mit einer Geschwindigkeit dUC(t)/
Ohne Batterie ist die Batteriespannung null. dt abfallen, die zu ihr selbst proportional ist.
Andererseits gilt für den von der Ladung Dass diese Forderung von Schwingungen
Q(t) des Kondensators gelieferten Entla nicht erfüllt werden kann, zeigt der Ver
dungsstrom gleich zwischen Sinus und Kosinus. Die
Funktion, die das schon nach der ersten Dif
ferenziation tut, muss eigens erfunden wer
den: Es ist die Exponentialfunktion, von der
schon in 7 Abschn. 1.5.2 die Rede war. Per
definitionem gilt:
x
d x
e = e x = ò ej dj .
dx -¥
U ( t0 ) = e × U ( t0 + t )
6.6 Elektrochemie
beschrieben werden. Bei solchen Formeln
muss man aufpassen, den Funktionswert 6.6.1 Dissoziation
U(t0 + τ) nicht mit dem (sinnlosen) Produkt
U · (t0 + τ) zu verwechseln, das U · t0 + U · τ Luft ist ein Isolator. Die ionisierende Strah
betrüge. lung aus der Umwelt bringt ihr keine we
sentliche Leitfähigkeit. Reines Wasser iso
liert ebenfalls, wenn auch bei weitem nicht
Praktikum 6.2 so gut. Mit seinem spezifischen Widerstand
in der Größenordnung Megaohm steht es an
Oszillograf
der Grenze zwischen Leitern und Isolatoren
Der Oszillograf dient dem Darstellen
(7 Abschn. 6.2.3). Es ist aber gar nicht ein
schneller Zeitverläufe. In jeder Intensiv
fach, Wasser rein darzustellen und rein zu
station stellt er den Pulsschlag des Pati
erhalten. In Kontakt mit Luft nimmt es ei
236 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
s = e0 × å ( zi × ni × ui ) .
>>Merke i
pH-Wert:
negativer dekadischer Logarithmus der Diese Formel berücksichtigt, dass verschie
Wasserstoffionenkonzentration cn(H+) in dene Ionensorten (durch die Laufzahl i ge
mol/l; kennzeichnet) unterschiedliche Beweglich
55 pH < 7: sauer, cn(H+) groß, keiten u, unterschiedliche Anzahldichten n
55 pH = 7: neutral, cn(H+) = 10−7 mol/l, und unterschiedliche Ladungen q haben
55 pH > 7: alkalisch, cn(H+) klein. können – die Wertigkeit z entspricht der An
238 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
zahl der Elementarladungen eines Ions un der Front in das klare Wasser, sofern er Ka
abhängig vom Vorzeichen: ±q = z · e0. Der thode ist (. Abb. 6.52).
Wert von u liegt weit unter dem des μ der Die Wolke macht kehrt, wenn man die
Elektronen im Metall und steigt mit der Spannung umpolt. Das Marschkommando
Temperatur. Vom Modell her ist das ver des elektrischen Feldes breitet sich mit
ständlich: Ionen sind weit dicker als Elektro Lichtgeschwindigkeit aus, die Marschko
nen, sie schwimmen wie Fremdkörper in ei lonne der Ionen gehorcht momentan, aber
nem Medium, dessen Zähigkeit mit die Marschgeschwindigkeit bleibt so gering,
wachsender Temperatur abnimmt. dass man sie leicht mit Lineal und Stoppuhr
bestimmen kann. So lässt sich wenigstens
>>Merke bei „bunten“ Ionen die Beweglichkeit leicht
Anionen laufen zur Anode, sind also ne ermitteln.
gativ geladen; Kennt man die Beweglichkeit, so kann
6 Kationen laufen zur Kathode, sind also man sie auch zur qualitativen chemischen
positiv geladen. Analyse heranziehen – beliebtes Verfahren
in manchen Bereichen der organischen Che
Die elektrolytische Leitung durch Ionen ist
mie (Elektrophorese): Man tränkt einen lan
immer mit einem Materietransport verbun
gen Streifen Fließpapier mit einem neutra
den. Man kann unmittelbar zusehen, wie die
len Elektrolyten, malt ihm quer einen Strich
negativen MnO4-Ionen des Kaliumperman
der zu untersuchenden Flüssigkeit auf und
ganats im Feld laufen. Hierzu setzt man eine
legt ein elektrisches Feld an. Die bunten Io
etwa 1 mm dicke Wasserlamelle zwischen
nen marschieren ab und sind nach einiger
zwei Glasplatten, die an den Enden durch
Zeit, ihren Beweglichkeiten entsprechend,
zwei schmale Streifen Fließpapier auf Ab
mehr oder weniger weit gekommen. In ana
stand gehalten werden. Dort sitzen auch die
logem Verfahren können dissoziierende Me
Elektroden, die an eine Batterie angeschlos
dikamente mit elektrischen Feldern durch
sen sind. Tränkt man zuvor den einen Pa
die Haut eines Patienten transportiert wer
pierstreifen mit Permanganatlösung, so
den (Ionophorese).
wandert aus ihm eine blaue Wolke mit gera
>>Merke
Elektrolytische Leitung ist mit dem
Transport chemischer Stoffe verbunden.
>>Merke
1. Faraday-Gesetz: Δm ~ ΔQ,
2. Faraday-Gesetz: Δm ~ M,
Die elektrolytische Zersetzung reinen eines Nervensignals, für das „Feuern“ eines
Wassers funktioniert wegen dessen geringer Nervenimpulses (Aktionspotenzials), von
Leitfähigkeit σ nur sehr langsam. Setzt man ihr verlangt wird. Hinter diesen Eigenschaf
NaCl als Leitsalz zu, so steigt σ; der Strom ten stecken die sog. Ionenkanäle lebender
wird aber nicht von den H+- und OH−-Io Membranen, die, in den 1950er-Jahre ent
nen des Wassers getragen, sondern von de deckt, in ihrer Vielfalt die Forschung noch
nen des Leitsalzes. Trotzdem perlt an der längere Zeit beschäftigen werden. Wer nur
Kathode Wasserstoff (H2) auf und an der die Membranspannung studieren will, hält
Anode Sauerstoff (O2). Das geschieht der sich darum besser an eine der technisch her
Formel H2O entsprechend im Stoffmengen- gestellten, leblosen Membranen, die der
und Volumenverhältnis 2:1. Dies zu erklä Fachhandel in allerlei Varianten bereithält.
ren, ist Sache der Chemie. Eine solche ionenselektiv-permeable
Membran lässt die positiven Natriumionen
6 einer Kochsalzlösung hindurch, nicht aber
6.7 Grenzflächen die negativen Chlorionen. Die im Konzent
rationsgefälle vorgepreschten Na+-Ionen
6.7.1 Membranspannung sammeln sich in dünner Schicht hinter der
Membran, festgehalten von den Coulomb-
Die Membran der roten Blutkörperchen ist Kräften der Cl−-Ionen, die sich notgedrun
selektiv-permeabel: Sie lässt die Moleküle gen vor der Membran sammeln müssen. Die
des Wassers hindurch, hält aber beide Io Situation ähnelt der eines geladenen Plat
nensorten des NaCl zurück. Sind die Flüs tenkondensators.
sigkeiten auf ihren beiden Seiten nicht iso Wie das Δp der Osmose ist auch die Mem
tonisch, so diffundiert das Wasser seinem branspannung UM eine Folge der selektiven
eigenen Konzentrationsgefälle nach in die Permeabilität der Membran und der unter
konzentriertere Lösung hinein, baut dort schiedlichen Konzentrationen der Lösungen
einen osmotischen Überdruck Δposm auf auf ihren beiden Seiten. Man spricht deshalb
und bremst damit seinen Diffusionsstrom auch vom Konzentrationspotenzial UM. Aller
(7 Abschn. 5.3.5). dings hängt es nicht wie Δp von der Konzent
Demgegenüber ist die Zellmembran, die rationsdifferenz ab, sondern vom Konzentra
eine Nervenfaser umhüllt, „ionensensitiv“: tionsverhältnis, genauer: von dessen
Sie lässt die eine Ionensorte hindurch und Logarithmus. Dies besagt die Nernst-Formel:
die mit dem anderen Vorzeichen nicht. Wie
der diffundieren die Teilchen, die es können, k ×T R ×T
UM = ln ( c1 / c2 ) = ln ( c1 / c2 ) .
ihrem Konzentrationsgefälle entsprechend; z × e0 z×F
diesmal tragen sie aber elektrische Ladung
und bauen mit ihr eine Membranspannung Diese Schreibweise liefert nur den Betrag
UM auf, die jetzt die Diffusion bremst. der Membranspannung; das Vorzeichen
Freilich kann die Nervenfasermembran überlegt man sich leicht: Auf welcher Seite
noch viel mehr: Sie unterscheidet z. B. K+-Io der Membran sammeln sich welche Ionen?
nen und Na+-Ionen trotz gleicher Ladung; Da die Formel nur nach dem Verhältnis der
sie kann sogar aktiv „pumpen“, d. h. Ionen Konzentrationen fragt, spielt es keine Rolle,
unter Energieaufwand gegen deren Konzen ob man Anzahl-, Stoffmengen- oder Mas
trationsgefälle auf die andere Seite bringen sendichten einsetzt.
und so unterschiedliche Konzentrationen Verwundern mag auch, dass die Ionen
aufbauen – und sie kann alle diese Fähigkei ladung, ohne die es keine Membranspan
ten auf Kommando kurzfristig und vorüber nung gäbe, unter dem Bruchstrich erscheint;
gehend so ändern, wie das für den Transport doppelt geladene Ionen liefern, wenn sie von
6.7 · Grenzflächen
241 6
der Membran durchgelassen werden, nur Zimmertemperatur ungefähr 59 mV Memb
die halbe Membranspannung. Wer sich an ranspannung. Real existierende Membranen
die nötige Mathematik herantraut, erkennt, liefern meist ein paar Millivolt weniger. An
dass es anders gar nicht sein kann. den Logarithmus muss man sich gewöhnen:
Eine Verzehnfachung des Konzentrations
Die Mathematik dazu
Quer zur Membran (Ortskoordinate x, Dicke d) exis verhältnisses bringt keineswegs einen Fak
tiert für die Ionen, die durchgelassen werden, ein Kon tor 10 in der Membranspannung, sondern
zentrationsgefälle dc/dx – weil es nur um den Betrag nur ein Plus von 59 mV.
von ΔU gehen soll, braucht sich die Rechnung um
Vorzeichen nicht zu kümmern. Zum Gefälle gehört
die Diffusionsstromdichte (7 Abschn. 5.3.4): >>Merke
Membranspannung (Nernst-Formel):
dc
jD = D × . R × T æ c1 ö
dx UM = lg ç ÷ ,
Sie ist eine Teilchenstromdichte mit der Einheit z × F è c2 ø
m−2 · s−1 und soll im Gleichgewicht kompensiert wer speziell bei Körpertemperatur und ein
den von der elektrisch erzeugten Teilchenstromdichte wertigen Ionen:
dU æc ö
jE = u × c ( x ) × E = u × c ( x ) ×
. U M » 59 mV × lg ç 1 ÷ .
dx è c2 ø
(Zu dieser gehört die elektrische Stromdichte jE · z · e0, weil
jedes Teilchen die Ladung z · e0 trägt; 7 Abschn. 6.7.2.)
Gleichsetzen und Auflösen nach dU führt zu: 6.7.2 Galvani-Spannung
D dc
dU = .
u c Das Entstehen einer Konzentrationsspan
Man erhält U durch Integration über die Dicke der nung lässt sich, wie 7 Abschn. 6.7.1 gezeigt
Membran, auf deren beiden Seiten die Teilchendich hat, recht gut verstehen, zumindest qualita
ten c1 und c2 herrschen: tiv. Eine zuverlässige Messung macht schon
c
D 2 dc D æ c1 ö
mehr Mühe. Das Messinstrument verlangt
u cò c
U= = ln ç ÷ . allemal metallische Zuleitungen und damit
u è c2 ø
1
metallische Elektroden in beiden Kammern
Hinter dem letzten Gleichheitszeichen steht reine Ma
des Elektrolyten. Auch an deren Oberflä
thematik; ganz allgemein führt die Integration über
1/x zu ln x. Diffusionskonstante D und Beweglich chen bilden sich Potenzialunterschiede aus,
keit u sind eng miteinander verwandt; generell gilt im Grunde nach dem gleichen Schema:
D/u = k · T/(z · e0), was hier nicht ausführlich nachge Grenzflächenspannungen treten immer dort
wiesen werden soll. Setzt man dies ein, so bekommt auf, wo von den zwei Sorten von Ladungs
man die Nernst-Formel.
trägern, die wegen der Elektroneutralität ja
Es macht etwas Mühe, den Faktor R · T/(z · mindestens vorhanden sein müssen, die eine
F) aus Tabellenwerten auszurechnen. Da leichter durch die Phasengrenze hindurch
sich biologische Prozesse aber häufig etwa kommt als die andere.
bei Zimmertemperatur abspielen, lohnt es, Ein Beispiel gibt das Silberblech in der
sich den hierfür zuständigen Zahlenwert zu Silbernitratlösung. Das Metall besitzt
merken und dabei zugleich noch vom natür Ag+-Ionen und Elektronen, der Elektrolyt
lichen Logarithmus auf den etwas bequeme ebenfalls Ag+-Ionen und dazu -Ionen. Aus
ren dekadischen überzuwechseln: chemischen Gründen können nur die Silber
ionen aus der einen Phase in die andere
1 æc ö überwechseln; die Elektronen dürfen das
U M = 59mV × lg ç 1 ÷ .
z è c2 ø Metall nicht verlassen und die negativen Io
nen nicht die Lösung. Folglich baut sich eine
Je Zehnerpotenz, je Dekade im Konzentra Galvani-Spannung zwischen Elektrode und
tionsverhältnis liefern einwertige Ionen bei Elektrolyt auf.
242 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
Die Galvani-Spannung hat einen be In diesem Fall liegen die Galvani-Spannungen
trächtlichen Schönheitsfehler: Man kann sie so, dass Kupferionen stark in die Lösung hi
nicht messen, und zwar prinzipiell nicht! neindrücken und ihrer zweifach positiven
Dazu wäre ja eine zweite Elektrode in der Ladung wegen doppelt so viele Silberionen
Nitratlösung nötig. Besteht sie ebenfalls aus verdrängen, günstigenfalls in deren Elekt
Silber, so entwickelt sie die gleiche Galvani- rode hinein. Insgesamt muss die Elektroneu
Spannung, aber in entgegengesetzter Rich tralität ja gewahrt bleiben. Dabei laufen
tung, und lässt für das Messinstrument Elektronen im Draht vom Kupfer zum Silber
nichts übrig – besteht sie aus einem anderen und können dort Arbeit leisten. Für den Au
Metall, so bildet dies seine eigene Galvani- ßenkreis ist das Kupferblech negativer Pol,
Spannung aus und das Instrument bekommt für den Elektrolyten positiver Pol.
nur die Differenz. Das ist interessant genug, In der Praxis läuft dieser Versuch freilich
misst aber keine der beiden Galvani- meist so ab, dass sich das verdrängte Silber
6 Spannungen für sich allein. unmittelbar auf dem Kupferblech abschei
det. Ist dieses schließlich voll versilbert, so
>>Merke tritt zwischen den Elektroden keine
Kontaktspannung (Kontaktpotenzial, Spannung mehr auf: Die Klemmenspan
Galvani-Spannung): nung geht also rasch gegen null. Die Technik
elektrische Grenzflächenspannung zwi muss Systeme finden, bei denen sich derar
schen zwei Leitern; nur Differenzen sind tige unerwünschte Reaktionen unterdrücken
messbar. lassen. Immer ist die technische Verwirkli
chung, die auf vielerlei Nebenbedingungen
Die Differenz zweier (oder auch mehrerer)
Rücksicht zu nehmen hat, weit komplizierter
Galvani-Spannungen erscheint als Klem
als ihr physikalisches Prinzip.
menspannung eines galvanischen Elements,
Wer verdrängt eigentlich wen aus der Lö
z. B. einer Taschenlampenbatterie. Ein im
sung? Dies ist eine Frage an die Chemie. Pri
Modell übersichtliches, praktisch freilich
mär geht es um die positiven Kationen, die
bedeutungsloses Beispiel geben ein Silber-
relativ leicht durch die Phasengrenze zwi
und ein Kupferblech, leitend durch einen
schen Elektrode und Elektrolyt hindurchtre
Draht miteinander verbunden und gemein
ten können; wer verdrängt wird, lädt seine
sam eingetaucht in eine wässrige Silbernit
Elektrode notwendigerweise positiv auf,
ratlösung (. Abb. 6.54).
bringt sie also auf eine positive Spannung
gegenüber der anderen Elektrode. Im Leer
lauf und unter normalisierten Bedingungen
gibt diese Spannung Antwort auf die ein
gangs gestellte Frage.
So kann man alle Ionensorten in eine
Spannungsreihe ordnen, für deren Zahlen
werte freilich eine gemeinsame Bezugselekt
rode vereinbart werden muss. Aus hier nicht
zu erörternden Gründen hat man sich auf
die Wasserstoffelektrode geeinigt, repräsen
tiert durch ein von gasförmigem Wasserstoff
umspültes, oberflächenpräpariertes Platin
blech – auch der Wasserstoff bildet ja Kat
ionen. Die Position in der Spannungsreihe
.. Abb. 6.54 Galvanisches Element (Beispiel; Einzel legt fest, wie edel ein Metall ist; Gold und
heiten im Text) Silber liegen obenan. In der Elektrochemie
6.7 · Grenzflächen
243 6
gilt, dass der Unedle den Edleren verdrängt. wegliche Mechanik wie ein Generator. Alles
Man soll daran keine philosophischen Be was sie braucht, sind zwei Metalle mit unter
trachtungen knüpfen, dem Grundsatz ge schiedlicher Beweglichkeit ihrer Leitungs
treu, in kein Wort mehr „hineinzugeheim elektronen und eine Temperaturdifferenz
nissen“ als hineindefiniert wurde. (. Abb. 6.55). Bringt man die Enden eines
Galvani-Spannungen lassen sich nicht Metalldrahtes auf verschiedene Temperatu
vermeiden, auch nicht bei den Sonden, mit ren, so ist die thermische Bewegung der Lei
denen z. B. Aktionspotenziale von Nervenfa tungselektronen am warmen Ende schneller
sern gemessen werden. In manchen Fällen ge und am kalten Ende langsamer. Das führt
nügt es, wenn die Grenzflächenspannungen zu einer Art Diffusion der schnelleren Elek
der Sonden lediglich für die Dauer des Expe tronen auf die kalte Seite. Auf der kalten
riments konstant bleiben; dann kommt man Seite sind also mehr Leitungselektronen als
mit einfachen Platindrähtchen aus. Wenn auf der warmen, das kalte Ende lädt sich
aber mehr verlangt wird, muss man zu eigens also gegenüber dem warmen negativ auf.
für bestimmte Zwecke entwickelten Normal- Dies führt zu einem elektrischen Feld im
elektroden greifen. Die „Kalomel-Elektrode“ Draht und zu einer Spannung zwischen den
z. B. ist darauf gezüchtet, die Wasserstoffio Drahtenden (die Thermospannung).
nenkonzentration nicht zu bemerken, im ex Diese Spannung beträgt bei 10°C Tem
akten Gegensatz zur „Glaselektrode“. Die peraturdifferenz nur Bruchteile von Milli
Spannung zwischen beiden erlaubt, pH- volt, ist also reichlich klein. Wie groß sie für
Werte elektrisch zu messen. Wie man das er ein Metall ist, hängt vor allem von der Be
reicht, ist Sache der Experten; dem Anwender weglichkeit der Leitungselektronen ab.
bleibt nicht mehr als sich strikt an die mitge Diese Beweglichkeit bestimmt auch in ho
lieferte Gebrauchsanweisung zu halten. hem Maß die Leitfähigkeit des Metalls
Überaus wichtige Anwendung der (7 Abschn. 6.2.3). Das Ganze nennt sich
Galvani-Spannung sind natürlich Batterien Seebeck-Effekt und seine Stärke für ein be
und Akkus für elektronisches Gerät und stimmtes Metall ist der Seebeck-Koeffizient.
Spielzeug: Verbindet man man zwei Drähte mit ver
55 In handelsüblichen Batterien entsteht die schiedenen Seebeck-Koeffizienten in einen
Galvani-Spannung praktisch immer zwi Stromkreis und bringt die Enden beider
schen Elektrodenpaaren, die chemische Drähte auf verschiedene Temperaturen
Verbindungen enthalten. Die nicht wie (. Abb. 6.55), so kann man eine Spannung
der aufladbaren Batterien sind heute messen und einen Strom ziehen. Die Anord
meist „Alkali-Mangan-Zellen“ mit der nung in der Abbildung dient dem Messen
Paarung Zink/Manganoxid (Galvani- einer Temperatur Tx und wird Thermoele-
Spannung 1,5 V). ment genannt.
55 Gängigste wiederaufladbaren Batterien Der Mars-Rover „Curiosity“, der auf
(Akkumulatoren) sind die Lithiumione dem Mars herumfährt, benutzt zu seiner
nakkus mit z. B. der Paarung Lithiumko Energieversorgung eine ähnliche Anord
baldoxid/Lithium-Graphit-Interkalat nung mit sehr vielen hintereinander geschal
(Galvani-Spannung 3,6 V). teten Metall-Halbleiter-Paaren. Dies nennt
man thermoelektrischer Generator. Den nö
tigen Temperaturunterschied liefert ein hei
6.7.3 Thermospannung ßer radioaktiver Klotz Plutonium. Für
grüne Marsmännchen wäre das also durch
Es gibt eine Spannungsquelle, die ganz be aus gefährlich.
sonders robust ist. Sie braucht keine flüssige Auch beim Kontakt verschiedener Me
Chemie wie die Batterie und auch keine be talle miteinander tritt eine Galvani-
244 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
6
.. Abb. 6.59 Zur Auswertung des EKG (Einzelheiten
im Text)
.. Abb. 6.64 Magnetische Feldlinien lassen sich mit Gebiet zwischen den Drähten und kompen
Eisenfeilspäne sichtbar machen: Hufeisenmagnet sieren sich mehr oder weniger im Außen
ohne (oben) und mit Kompassnadel (unten) raum. Man kann auch gleich einen einzigen
Draht zur Schleife biegen; sein Feld ähnelt
Tatsächlich umgibt sich ein Strom mit kreisför dem eines kurzen Stabmagneten – nur kann
mig-konzentrischen magnetischen Feldlinien, man jetzt gewissermaßen in dessen Inneres
die weder Anfang noch Ende haben blicken. Setzt man einige solcher Schleifen,
(. Abb. 6.67 oben); die Feldlinien hüllen den parallelgeschaltet und von gleichen Strömen
stromdurchflossenen Draht wie ein Schlauch durchflossen, hintereinander, so wird der
ein. Für ihren Umlaufsinn gilt die Rech „Stabmagnet“ länger (. Abb. 6.68): Viele
te-Hand-Regel (. Abb. 6.67 unten). kleine, parallel orientierte Dipole ergeben
Stellt man parallel zum ersten Draht ei einen großen.
nen zweiten, der aber in Gegenrichtung vom Setzt man die Schleifen dicht genug und
Strom durchflossen wird, so überlagern sich macht man die Reihe lang gegenüber dem
beide Ringsysteme; sie verstärken sich im Durchmesser, so laufen die Feldlinien im
252 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
Inneren praktisch parallel: Sie liefern ein Alle Beispiele zeigen: Magnetische Feld
homogenes magnetisches Feld in Längs linien bilden immer in sich geschlossene
richtung der Schleifenreihe (. Abb. 6.69). Schleifen, ganz anders als elektrische Feld
Im Außenraum ergibt sich das gleiche Feld linien, die immer auf elektrischen Ladungen
wie bei einem entsprechend geformten Per starten oder enden. Dies liegt eben daran,
manentmagneten. Im Innenraum gilt das dass es keine magnetischen Ladungen gibt.
auch, aber wie die Feldlinien im Inneren ei
nes Permanentmagneten verlaufen, lässt >>Merke
sich nur mit sehr trickreichen Messverfah Magnetische Feldlinien bilden immer ge
ren herausfinden. schlossene Schleifen.
6.9 · Magnetische Felder
253 6
Wo ist Norden?
Frage. Der Nordpol einer Kompassnadel
die nicht nur zur Stärke des Magnetfeldes B
zeigt nach Norden. Wo also liegt der
und zum Strom I proportional ist, sondern
Nordpol des Erdmagnetfeldes?
auch zur Länge l, mit der sich der Draht im
Antwort. In der Antarktis, also am
Feld befindet, sei es, weil er nicht länger ist,
Südpol; denn der Nordpol eines Magne
sei es, weil das Feld nicht weiter reicht. Der
ten wird vom Südpol des anderen ange
Zusammenhang für die Beträge ist in diesem
zogen und umgekehrt. Dass Atlanten
Fall denkbar einfach:
ihn in die Arktis verlegen, ist zwar physi
kalisch falsch, aber trotzdem sinnvoll: FL = l × I × B.
Man müsste sonst zu viel erklären.
Verläuft der Draht allerdings unter einem
Winkel α schräg zum Feld, so kommt noch
6.9.2 Kräfte im Magnetfeld ein Sinus herein:
Warum nennt man B nicht „magneti zum Feld, die Kräfte möchten die Leiter
sche Feldstärke“? Man tut es zuweilen und schleife auseinanderziehen; das verhindert
vielleicht setzt sich diese Bezeichnung mit aber ihre mechanische Festigkeit. Schaltet
der Zeit offiziell durch. Historisch
wurde der man den Strom kurz vor Erreichen dieser
Name aber an eine zu B proportionale und Stellung ab und kurz danach in Gegenrich
im Vakuum als Vektor parallel gerichtete tung wieder ein, so dreht sich die Schleife
Größe H mit der Einheit A/m vergeben. dank ihrer mechanischen Trägheit über den
Diese Größe ist für das ingenieurmäßige Totpunkt hinweg und dann unter Kraftwir
Rechnen von Bedeutung. kung im alten Drehsinn weiter. Nach diesem
Prinzip arbeiten viele Elektromotoren: Ein
Mehr zu H mit der Achse fest verbundener Polwender
Unter bestimmten technisch wichtigen Bedingungen schaltet den Strom in der Schleife immer im
sind B und H immer proportional gemäß
richtigen Moment auf Gegenrichtung um.
6
B = m r × m0 × H ; Zur Verstärkung der Kraft wird der Draht
dabei ist μ0 eine magnetische Feldkonstante und μr in vielen Windungen zu einer Drehspule ge
eine Materialkonstante für magnetische Materialien, wickelt und bekommt zusätzlich einen
die relative Permeabilität. Liegt diese Proportionalität
Weicheisenkern.
vor, so ist es gleichgültig, ob man
die Gesetzmäßig
keiten des Magnetismus mit B oder H formuliert.
Im allgemeinen Fall aber ist B die eigentliche magne Die Kraft im Detail
tische Feldgröße. Deshalb wird die Stärke magneti Die Drehspule bildet einen stromabhängigen magneti
scher Felder allgemein in Tesla angegeben. schen Dipol. Analog zum elektrischen Dipol ordnet
man ihm ein sog. magnetisches Moment m zu, ein
magnetisches Dipolmoment also, und schreibt für das
>>Merke wirkende Drehmoment:
Kraft auf Strom im Magnetfeld:
T = m ´ B.
Lorentz-Kraft
Gibt man einer Drehspule mit Spiralfedern eine Ruhe
FL = l × I ´ B. stellung vor und setzt sie quer in ein Magnetfeld, so
wird sie zum Strommesser: Mit wachsendem I wächst
Biegt man den Draht zu einer rechteckigen ihr Dipolmoment, mit diesem das Drehmoment, mit
Schleife, drehbar um eine horizontale Achse diesem der Auslenkwinkel. So arbeiten alle analog an
gelagert, so dreht er sich bis in die Stellung zeigenden Drehspulinstrumente (. Abb. 6.72). Pri
mär reagiert ein solches Instrument auf die Kraft, die
der . Abb. 6.71. Dann hört die Bewegung
ein stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld erfährt,
auf: Alle Leiterteile stehen jetzt senkrecht also auf Strom; es kann aber zum Spannungsmesser
umgeeicht werden, weil der Widerstand der Drehspule
bekannt und ohmsch ist.
Fließt ein Strom im Metalldraht, so wandern
Elektronen. Auch ein Strahl freier Elektronen, z. B. in
einer Fernsehbildröhre, bedeutet einen Strom, auf den
die Lorentz-Kraft wirkt. In der Tat wird der Elektro
nenstrahl in einer Fernsehbildröhre mit Magnetfel
dern gesteuert. Die Formel für die Lorentz-Kraft auf
ein einzelnes Elektron lautet:
FL = e0 × v ´ B.
Diese Gleichung ist ein Teil der komplizierten Glei
chung in 7 Abschn. 6.1.2. Hierbei ist e0 die Elemen
tarladung des Elektrons und seine Geschwindigkeit.
Weil hiernach die Lorentz-Kraft immer senkrecht auf
der Geschwindigkeit steht, wird ein Elektronenstrahl
.. Abb. 6.71 Kraft auf Leiterschleife. Eine um eine in einem homogenen Magnetfeld auf eine Kreisbahn
horizontale Achse drehbare Leiterschleife dreht sich abgelenkt und irgendwelche anderen frei fliegenden
bei Stromfluss bis in die gezeichnete Stellung geladenen Teilchen (Ionen) auch. Aus dem Durchmes
6.9 · Magnetische Felder
255 6
ser der Kreisbahn lässt sich die Masse des Teilchens zeigt, dass für die Stärke des Magnetfeldes
bestimmen. Zu diesem Zweck hat die Technik komfor im Abstand r vom Draht gilt:
table Massenspektrometer entwickelt, die auf ge
schickte Weise die Ablenkung geladener Teilchen in
I
elektrischen und magnetischen Feldern kombinieren. B = m0 .
2p × r
Was aber ist mit der Kompassnadel, die die
sen Abschnitt eingeleitet hat? Offensichtlich Das Feld wird also mit wachsendem Ab
übt das Magnetfeld der Erde ein Drehmo stand schwächer. μ0 ist die
ment auf sie aus. Folglich muss sie ein mag
magnetische Feldkonstante :
netisches Moment besitzen. Das können ihr
nur die Atome gegeben haben, aus denen sie µ0 = 1, 256 ×10-6 Vs / Am.
besteht. Normalerweise sind es Atome des
Elements Eisen. Der Umlaufsinn des Feldes folgt der Rech
te-Hand-Regel (. Abb. 6.67).
Wickelt man den Draht zu einer Spule
6.9.3 rzeugung von Magnet-
E auf, so addieren sich die Felder der einzel
fel dern nen Schleifen, wie es . Abb. 6.68 und 6.69
anschaulich machen. Das Feld im Inneren
Die einfachste Anordnung, mit der man ein einer langen zylindrischen Spule ist homo
Magnetfeld erzeugen kann, ist ein simpler gen und hat die Stärke:
stromdurchflossener Draht. Die Magnet
feldlinien laufen in konzentrischen Kreisen N ×I
B = m0 × m r × .
um ihn herum (. Abb. 6.67). Nachmessen l
Es mag auf den ersten Blick überra inhomogenen Feld tun sie dies nicht; sie sind
schen, aber auch dann, wenn man die kom ja nicht gleich.
plette Drahtschleife quer zum Feld ver Denkbar wäre schließlich noch, dass
schiebt (. Abb. 6.76), erhält man keine man die beiden in Frage stehenden Draht
Spannung, jedenfalls so lange nicht, wie stücke in entgegengesetzten Richtungen ver
man im homogenen Teil des Magnetfeldes schiebt (. Abb. 6.77); das geht nur mit Ge
verbleibt. Eine genauere Überlegung besagt: walt, weil man die Schleife verbiegen muss.
Wohl zieht die Lorentz-Kraft die Elektro Immerhin weisen die Lorentz-Kräfte in die
nen im oberen und im unteren Horizontal sem Fall geografisch in entgegengesetzte
draht der Schleife zur Seite, aber beide Male Richtungen und addieren die von ihnen er
in der gleichen geografischen Richtung; im zeugten Spannungen in der Masche.
Umlaufsinn der Maschenregel stehen die Die Ergebnisse der fünf Gedankenversu
Spannungen darum gegeneinander und he che, die man alle praktisch ausführen kann,
ben sich, da ihre Beträge gleich sind, auf. Im sind in . Tab. 6.2 zusammengefasst.
6.10 · Induktion
259 6
Gibt es einen übergeordneten Gesichts tor und den Magnetfeldlinien. Steht B
punkt, der die beiden spannungsliefernden senkrecht auf der Fläche, sind B und A
Fälle von den anderen unterscheidet? Ja, es also parallel, so ist dieses Skalarprodukt ein
gibt ihn. Eine Spannung tritt immer dann fach gleich
dem Produkt der Beträge B und
auf, wenn der magnetische Fluss Φ, der die A: F = B × A .
Schleife durchsetzt, sich ändert. Der magne Dreht die Schleife aber im Magnetfeld um
tische Fluss ist, grob gesprochen, die Zahl den Winkel α, dann wird Φ kleiner – von der
der Feldlinien, die durch die Schleife hin tatsächlichen Fläche zählt ja nur die Kompo
durchtreten. Mathematisch präziser ist er nente, die quer im Feld steht und wirklich
das Skalarprodukt
aus der magnetischen
von ihm durchsetzt wird. Rotiert die Schleife,
Flussdichte B und der Fläche A , die von wie in Fall 1 der . Tab. 6.2, so ändert sich
der Schleife umrandet wird: der magnetische Fluss also periodisch. Im 4.
Fall bleibt A konstant, B aber nicht, und im
F = B × A = B × A × cos a . 5. Fall wird A gewaltsam verändert.
Diese Deutung verleitet zu einer kühnen
Hier ist diese Fläche als Vektor angegeben. Hypothese: Wenn es nur auf eine Änderung
Dieser Vektor soll senkrecht auf der Fläche des wirksamen Flusses Φ ankommt, dann
stehen und sein Betrag ist der Flächeninhalt. muss man eine Spannung auch ohne jede
α ist der Winkel zwischen dem Flächenvek mechanische Bewegung induzieren können,
indem man eine Induktionsschleife zwischen
die Windungen einer Magnetspule schiebt
und den Spulenstrom ein- oder ausschaltet.
In der Tat: Das Experiment bestätigt diese
Erwartung! Genaue Messungen führen zum
Induktionsgesetz:
>>Merke
.. Abb. 6.77 Zur Induktion. Spannung wird indu Induktionsgesetz: In eine Leiterschleife
ziert, wenn man die Leiterschleife im Magnetfeld ver induzierte Spannung
biegt
U ind = dF / dt.
diesen Querschnitt variiert mit dem Dre
Magnetischer Fluss Φ: „Zahl der Feldli
hen der Spule gemäß Φ = B ⋅ A ⋅ sin (ω ⋅ t).
nien durch die Leiterschleife“.
Die Zeitableitung ist gemäß Kettenregel
Das ist die in einer einzelnen Leiterschleife dF
= w × B × A × cos (w × t ) . Die maximale
induzierte Spannung. Eine Spule mit N dt
Windungen besteht aus N solcher Leiter Flussänderung ist also:
schleifen hintereinander. In sie wird also die æ dF ö
ç ÷ = w × B × A = 100s -1 × 0,126T × 5 ×10-3 m 2
N-fache Spannung induziert: è dt ømax
T × m2
dF = 0, 063 = 0, 063 V.
Spule : U ind =N× . s
dt Da die Drehspule 1000 Windungen hat,
ist die induzierte Spannung 1000-mal so
6 Sind die Enden der Induktionsspule über
groß: 63 V. Richtige Generatoren mit
einen Widerstand leitend miteinander ver
Eisenkern können etliche Kilovolt lie
bunden, so gehört zu der induzierten Span
fern.
nung auch ein Strom und als Produkt beider
eine in Stromwärme umgesetzte elektrische
Leistung. Sie muss, dem Energiesatz ent
sprechend, von demjenigen aufgebracht 6.10.2 Transformatoren
werden, der z. B. die Spule im Magnetfeld
dreht. Dies fällt umso schwerer, je höher der Wer die Spule eines Elektromagneten mit
Leitwert des Widerstandes ist: Durch In Wechselspannung „füttert“, bekommt ein
duktion kann mechanische Energie in magnetisches Wechselfeld, in das er nur eine
elektrische umgewandelt werden, unmittel zweite Spule hineinzuhalten braucht, um in
bar und ohne Zeitverzögerung. ihr eine frequenzgleiche Wechselspannung
Darin liegt die Aufgabe der Elektrizitäts induziert zu erhalten. Die Spannung wird
werke und ihr Problem zugleich: Sie können umso größer ausfallen, je mehr Windungen
elektrische Energie nicht auf Vorrat halten; die Sekundärspule hat und je vollständiger
die Turbine, die den Generator dreht, muss sie vom magnetischen Fluss der Primärspule
jederzeit just diejenige Leistung an ihn ab durchsetzt wird. Um eine vorgegebene
liefern, die alle Verbraucher zusammen am Wechselspannung auf einen anderen Effek
anderen Ende der Leitung elektrisch verlan tivwert zu transformieren, wickelt man am
gen (plus Leitungs- und Reibungsverluste). besten beide Spulen auf die Schenkel eines
geschlossenen Eisenkerns (. Abb. 6.78).
Rechenbeispiel 6.18: Generator aus Es leuchtet auf den ersten Blick ein, dass
Luft und Draht der Effektivwert US der in der Sekundär
Aufgabe. Die in 7 Rechenbeispiel 6.17 spule induzierten Wechselspannung propor
als Motor betrachtete Anordnung kann tional zu deren Windungszahl NS ist. Kei
auch als Generator gedacht werden, der neswegs auf den ersten Blick leuchtet freilich
eine Wechselspannung liefert. Wie groß ein, dass US zur Windungszahl NP der Pri
ist ihr Maximalwert, wenn die Rechteck märspule umgekehrt proportional ist. Eine
spule mit einer Winkelgeschwindigkeit korrekte Begründung erfordert mehr Auf
ω = 100 s−1 rotiert? wand als die damit gewinnbare Erkenntnis
Lösung. Die Querschnittsfläche der rechtfertigt – Hinweise gibt der folgende
Spule beträgt A = 0,1 m · 0,05 m = 5 · 7 Abschn. 6.10.3. Jedenfalls erlaubt ein
10−3 m2. Der magnetische Fluss durch Transformator, Wechselspannungen nicht
nur herabzusetzen (das könnte ein Span
6.10 · Induktion
261 6
Steckdosen liefern Wechselstrom, weil mit
Gleichspannung keine Transformatoren be
trieben werden können. Die sind aber nach
dem heutigen Stand der Technik unerläss
lich für die allgemeine Versorgung mit elekt
rischer Energie. Nur sie erlauben den Um
spannwerken, die Leistung, die eine Stadt
mit 230 V umsetzen will, aus der Fernleitung
mit 340 kV zu beziehen, also mit rund einem
Tausendstel des Stromes und rund einem
Millionstel an Leitungsverlusten durch
Stromwärme.
.. Abb. 6.78 Experimentiertransformator mit win
dungsreicher Primärspule (links) und windungsarmer
Sekundärspule (rechts) zur Erzeugung hoher Ströme Rechenbeispiel 6.19: Hoher Strom aus
bei kleiner Spannung. Hier wird mit etwa 300 A ein
der Steckdose
Nagel zum Glühen gebracht und durchgeschmort
Aufgabe. Der Transformator in . Abb.
6.78 habe primärseitig 500 und sekundär
nungsteiler ja ebenfalls), er vermag sie auch
seitig fünf Windungen und werde an die
heraufzusetzen. Das Übersetzungsverhält
Steckdose (230 V) angeschlossen. Welche
nis zwischen Primärspannung UP und Se
Spannung ergibt sich ungefähr auf der
kundärspannung US entspricht dem Ver
Sekundärseite und welcher Strom kann
hältnis der Windungszahlen NP und NS:
sekundärseitig gezogen werden, bevor die
U S NS 16 A Sicherung hinter der Steckdose „he
= . rausfliegt“?
U P NP
Lösung. Das Windungsverhältnis ist
100:1. An der Sekundärseite ist die
Genau gilt dies allerdings nur, wenn die Spannung etwa 2,3 V und der Strom
Ohm’schen Widerstände der Spulen ver kann bis auf ca. 1500 A ansteigen. Es ist
nachlässigt werden. ein schöner Vorlesungsversuch, mit die
Da die elektrische Leistung P = U · I, die sem Trafo einen dicken Eisennagel
in den Transformator hineingeht, auch wie durchzuschmelzen.
der herauskommen muss, gilt für die Ströme
an Primär- und Sekundärseite gerade das
Umgekehrte: 6.10.3 Selbstinduktion
IS N P
= . Fließt durch eine Spule ein Strom, so erzeugt
I P NS dieser ein Magnetfeld in der Spule und damit
auch einen magnetischen Fluss durch die
Deshalb kann der Transformator in Spule. Ändert sich dieser Strom, so ändern
. Abb. 6.78 auf der Sekundärseite sehr sich auch das Magnetfeld und der Fluss. Ein
hohe Ströme liefern. sich ändernder magnetischer Fluss induziert
aber eine Spannung in die Spule, auch dann,
>>Merke wenn die Spule den Fluss selbst verursacht.
Übersetzungsverhältnis des Transforma
Hier beißt sich die Spule sozusagen in den
tors:
eigenen Schwanz. Das nennt man dann
U S NS
= . Selbstinduktion. Mathematisch sieht das so
U P Np aus: Das Feld in der Spule ist
262 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
N ×I
B = m0 × m r × .
l
dF Am m N dI dI
U ind = N × =N× 0 r = L× .
dt l dt dt
dI ( t )
U g = U ind ( t ) = L × = w × L × I 0 cos (w × t )
dt
æ pö
= w × L × I 0 sin ç w × t + ÷ .
è 2ø
.. Abb. 6.83 Elektrischer Schwingkreis in Analogie zum Federpendel. Einzelheiten im Text. Beim Schwingkreis
pendelt die Energie zwischen dem E-Feld im Kondensator und B-Feld in der Spule hin und her
266 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
gleich mit dem mechanischen Federpendel Schwingkreis hat eine volle Schwingung
(7 Abschn. 4.1.2). absolviert.
Zunächst soll der Kreis noch unterbro Die rechten Teilbilder der . Abb. 6.83
chen und der Kondensator von außen auf zeigen die Analogie zum mechanischen Fe
eine bestimmte Spannung U0 aufgeladen derpendel (. Abb. 4.1); es ändert nichts am
sein. Schließt man jetzt den Stromkreis Prinzip, dass hier die Pendelmasse zwischen
(. Abb. 6.83, oben links), so entlädt sich der zwei Schraubenfedern eingespannt ist: Sie
Kondensator. Wäre die Spule nur ein ver addieren lediglich ihre Federkonstanten.
schwindend kleiner Ohm’scher Widerstand, Wie der Vergleich zeigt, entspricht die
so gäbe es einen kurzen und kräftigen Spannung UC am Kondensator der Auslen
Stromstoß – und alles wäre vorbei. Hierzu kung x des Federpendels, die Energie WE
gehörte aber ein sehr steiler Anstieg des des elektrischen Feldes der potenziellen
Stromes auf hohe Werte, unmittelbar ge Energie Wpot in den Federn und die Energie
6 folgt von einem kaum weniger steilen Ab WB des magnetischen Feldes in der Spule
fall; dagegen wehrt sich die Spule mit ihrer der kinetischen Energie Wkin der Pendel
Selbstinduktion aber ganz entschieden: masse. Es kann kaum überraschen, dass
In dem Moment, in dem die Spule ange dann auch Kapazität C und Federkonstante
schlossen wird, übernimmt sie die volle Span D einerseits sowie Induktivität L und Masse
nung U0, die der Kondensator ja zunächst m des Pendelkörpers andererseits einander
noch hat. Damit erlaubt sie dem Strom eine entsprechen. Wer dies nicht glauben will,
ganz bestimmte, durch ihren Selbstindukti kann den mathematischen Beweis weiter
onskoeffizienten L begrenzte Anstiegsge unten nachlesen.
schwindigkeit dI/dt = U0/L. Dementspre
chend entlädt sich der Kondensator und ist >>Merke
nach einer Weile leer. Ein elektrischer Schwingkreis besteht
Aus der Perspektive des Kondensators aus Kondensator und Spule (Kapazität
könnte alles vorbei sein, aber wieder erhebt und Induktivität).
die Spule Einspruch: Sie hat inzwischen ein Grundsätzlich sollte der Schwingkreis rein
Magnetfeld aufgebaut (2. Teilbild), das sinusförmige Schwingungen konstanter Am
nicht einfach und folgenlos wieder zerfal plitude ausführen (. Abb. 6.84 oben). Das
len kann. Es verlangt, dass der Strom noch kann er freilich nur, wenn er nirgendwo
eine Weile in der alten Richtung weiter Wärme entwickelt und (wie sich später noch
fließt, schwächer werdend, aber immerhin. herausstellen wird) keine elektromagnetische
Damit wird der Kondensator aber wieder Welle abstrahlt.
aufgeladen. Tatsächlich geht ihm Schwingungs
Ist das Magnetfeld verschwunden, hat energie verloren, die Spannungsamplitude
der Kondensator seine alte Spannung, nur am Kondensator wird von Mal zu Mal
mit entgegengesetztem Vorzeichen (3. Teil- kleiner: Die Schwingung ist gedämpft (2.
bild). Jetzt muss die Spule einen Strom in Teilbild).
Gegenrichtung erlauben. Durch einen variablen Widerstand im
Hat sich der Kondensator erneut entla Kreis lässt sich die Dämpfung einstellen. Er
den, ist auch das Magnetfeld wieder vor höht man sie, so kann die Schwingung ganz
handen, aber in umgekehrter Richtung unterbleiben (aperiodischer Grenzfall, 3.
(unten links). Um zerfallen zu können, er Teilbild) und schließlich in den exponentiel
zwingt es in der Spule wieder einen Strom, len Abfall der Kondensatorentladung des
der den Kondensator auflädt – just bis in reinen RC-Gliedes übergehen (Kriechfall,
die Situation, die zu Beginn vorlag: Der unten).
6.11 · Elektrische Schwingungen
267 6
1
w0 = .
.. Abb. 6.84 Dämpfung. Spannung am Kondensator L ×C
eines elektrischen Schwingkreises; die Figuren sind
vom Bildschirm eines Speicheroszillografen abfoto Dies ist die Eigenfrequenz des elektrischen
grafiert. Von oben nach unten: ungedämpfte Schwin Schwingkreises.
gung, gedämpfte Schwingung, aperiodischer Grenz
fall, Kriechfall
>>Merke
Elektrischer Schwingkreis:
Elektrische Schwingungen lassen sich recht 1
bequem mit einem Oszillografen beobachten Eigenfrequenz w0 = .
L×C
268 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
Schwingungsgleichung elektrisch
Die Analogie zwischen mechanischen und elektri stiftstummel wickeln (3 cm lang, 7,5 mm
schen Schwingungen lässt sich mathematisch begrün Durchmesser). Wie viele Windungen
den: Beide halten sich an dieselbe Differenzialglei
braucht er?
chung, wenn auch mit unterschiedlichen Buchstaben
und entsprechend unterschiedlichen physikalischen Lösung. Der Schwingkreis soll
Bedeutungen. schwingen mit:
Beim reibungslosen mechanischen Federpendel 1
w = 2p × 108 s -1 = .
löst die Auslenkung x(t) eine rücktreibende und da L×C
rum negative Kraft
Also brauchen wir ein
F ( x ) = - D × x (t ) 1 1
L= =
aus (D = Federkonstante). Diese Kraft beschleunigt
die Pendelmasse m nach dem Grundgesetz der Mecha
( w2 × C ) ( 3,95 × 1017 s -2 × 2,5 × 10-11 F )
-7 2
nik = 1, 0 × 10 H = mr × m0 × N × A / l.
6 d2
a (t ) = 2 x (t ) =
F (t ) D
= - × x (t ). Der Bleistift ist nicht ferromagnetisch,
dt m m
also μr = 1. Die Querschnittsfläche ist
Das ist die einfachste Form der Schwingungsdifferen
A = π ⋅ (1/2 ⋅ 7, 5 mm)2 = 4, 5 ⋅ 10−5m2.
zialgleichung.
Lädt man einen Kondensator auf die Spannung Dann gilt für die Zahl der Windun
U(t), so enthält er die elektrische Ladung (C = Kapa gen: N2 = L ⋅ l ⋅ μ0 ⋅ A = 52,7, also
zität): n = 7,3.
Q (t ) = C ×U (t ).
Weil sich die Ladung mit der Zeit t ändert, fließt der
Strom:
6.11.2 Geschlossene elektrische
d
l (t ) = Q (t ). Feldlinien
dt
Da der einfache Schwingkreis keine Batterie enthält,
ist die Summe der Spannung am Kondensator und der
Schwingkreise für hohe Frequenzen kom
Spannung an der Spule (Induktivität L) gleich null: men mit kleinen Kapazitäten und Induktivi
Q (t ) d Q (t ) d2
täten aus; möglicherweise genügen der Spule
+ L × (t ) = + L × 2 Q ( t ) = 0. schon wenige Windungen. Noch höhere
C dt C dt
Auch dies ist die Schwingungsdifferenzialgleichung,
Frequenzen erreicht man ganz ohne Spule:
jetzt in der Form: Auch ein zum Kreis gebogener Draht, der
d2 1
zwei Kondensatorplatten verbindet, hat eine
Q (t ) = - × Q (t ). Induktivität, denn stromdurchflossen um
dt 2 L ×C
So wie beim Federpendel die Eigenfrequenz
gibt er sich mit einem Schlauch magneti
scher Feldlinien (. Abb. 6.86), die auf ihn
D
w0 = eine Spannung induzieren, sobald sich Feld
m
stärke und Flussdichte zeitlich ändern. Sie
war, ist sie also für den Schwingkreis
tun dies notwendigerweise, wenn sich der
1 Kondensator entlädt, denn dann bleibt der
w0 = .
L ×C Strom ja nicht konstant.
Was geschieht mit dem schlauchförmigen
Rechenbeispiel 6.20: Radiobastler Magnetfeld bei den Kondensatorplatten? Es
Aufgabe. Ein Radiobastler möchte einen endet dort nicht, es weitet sich lediglich auf:
Schwingkreis für den UKW-Bereich her Obwohl zwischen den Kondensatorplatten
stellen, also für ca. 100 MHz. Er besitzt kein Strom fließt, herrscht dort ein schlauch
einen Kondensator von 25 pF. Die Spule förmiges Magnetfeld! Dieses wird dadurch
will er mit dünnem Draht auf einen Blei hervorgerufen, dass sich im Kondensator
6.11 · Elektrische Schwingungen
269 6
das elektrische Feld mit einer Änderungsge 6.11.3 Schwingender elektrischer
schwindigkeit dE/dt der elektrischen Feld Dipol
stärke zwischen den Platten ändert. Dem
nach haben I und dE/dt die gleiche Wirkung: Will man die Eigenfrequenz eines Schwing
Ein Strom umgibt sich mit geschlossenen kreises erhöhen, so muss man Kapazität und
magnetischen Feldlinien, ein sich änderndes Induktivität verringern. Gegebenenfalls
elektrisches Feld tut das auch. kann man auf die Induktionsspule ganz ver
Auch wenn man es nicht auf den ersten zichten, wie 7 Abschn. 6.11.2 ja gezeigt hat:
Blick sieht: Diese Erscheinung ist analog zur Auch der Drahtbügel, der zwei Kondensa
magnetischen Induktion (7 Abschn. 6.10.1). torplatten verbindet, besitzt eine Induktivi
Magnetische Induktion bedeutet nämlich, tät. Will man mit der Frequenz noch weiter
dass ein sich änderndes magnetisches Feld hinauf, muss man den Kondensator ver
sich mit einem elektrischen Feld umgibt. kümmern lassen: Zwei parallele Drähte ha
Dieses elektrische Feld ist die Ursache für ben immer noch eine Kapazität gegeneinan
die induzierte Spannung in eine Leiter der. Auch eine Haarnadel bildet einen
schleife, die man um das Magnetfeld herum Schwingkreis, obwohl man Kondensator
legt. Magnetische Induktion findet aber und Spule nicht mehr so recht voneinander
auch ohne Leiterschleife statt, eben in Ge trennen kann. Wem die Frequenz immer
stalt dieses ringförmigen elektrischen Fel noch nicht hoch genug ist, dem bleibt als
des. letztes Mittel, die Haarnadel aufzubiegen
Und hier zeigt sich noch etwas Neues: (. Abb. 6.87). Mehr als strecken kann man
Elektrische Feldlinien müssen nicht immer, sie allerdings nicht. Die höchstmögliche Ei
wie bisher behauptet, auf einer positiven genfrequenz besitzt ein Leiter vorgegebener
Ladung beginnen und auf einer negativen Länge in der Form des geraden Drahtes. Er
Ladung enden; sie können auch genau wie vermag als elektrischer Dipol elektrisch zu
magnetische Feldlinien geschlossene Kreise schwingen.
bilden. Das tun sie aber eben nur dann, . Abb. 6.88 zeigt grobschematisch die
wenn sie von einem sich ändernden Magnet Situationen nach jeweils einer Viertelschwin
feld erzeugt werden. gung des Dipols:
9. In Bildteil a ist der Dipol gerade durch
eine äußere Spannungsquelle aufgela
den worden; es existiert ein inhomoge
nes elektrisches Feld zwischen seinen
Hälften.
10. Dieses Feld löst aber einen Strom aus, der
wegen der Selbstinduktion nur ein wenig
träge ansteigen kann. Dabei baut er ein und sichtbares Licht vermitteln uns das Bild,
konzentrisches Magnetfeld auf. Nach ei das wir uns von unserer Umwelt machen;
ner Viertelschwingungsdauer ist das E- Grund genug, dem Licht ein eigenes großes
Feld verschwunden und das B-Feld auf Kapitel „Optik“ zu widmen (7 Kap. 7).
6 seinem Maximum (. Abb. 6.88b).
11. Von nun an bricht das B-Feld seinerseits
Rechenbeispiel 6.21: Handy-Antenne
zusammen und zwingt den Strom, in der
Aufgabe. Der Handy-Funkverkehr spielt
alten Richtung weiterzulaufen und den
sich bei einer Frequenz von etwa 1 GHz
Dipol mit entgegengesetztem Vorzei
ab. Was ist dann die optimale Sendean
chen wieder aufzuladen. Ist das B-Feld
tennenlänge?
verschwunden, so kehrt das neue E-Feld
Lösung. 1 GHz entspricht einer Peri
die Stromrichtung um (. Abb. 6.88c).
odendauer von 10−9 s. In dieser Zeit legt
12. Anschließend verschwindet das E-Feld
das Licht 0,3 m zurück. Die optimale
wieder (. Abb. 6.88d) und wird vom
Länge des strahlenden Dipols beträgt
weiterfließenden Strom in der ursprüng
also etwa 15 cm.
lichen Richtung wieder aufgebaut.
Elektri F
zz Widerstand
E= C E : elektrische
sches
q
Je höher die Spannung zwischen den Drah
Feld Feldstärke [V/m]
q: „Probeladung“[A · s] tenden, umso stärker das Feld und die Kraft
auf die Elektronen. Diese werden dann
schneller und der elektrische Strom wird
Das elektrische Feld wird veranschaulicht größer. Für einen Metalldraht und generell
durch Feldlinien, die bei den positiven La für Ohm’sche Widerstände ist der Strom I
dungen beginnen und auf den negativen La proportional zur Spannung U, der elektri
dungen enden. Vor allem im Zusammenhang sche Widerstand R.
mit elektromagnetischen Wellen zeigt sich die
volle Bedeutung des Feldbegriffs. Elektrische Wider U R: Wider
stand R= stand [Ω,
und magnetische Felder enthalten Energie I
Ohm]
und können diese transportieren. U: Spannung
[V, Volt]
zz Strom und Spannung I: Strom [A,
Wenn ein elektrischer Strom durch einen Ampere]
Metalldraht fließt, so bedeutet dies, dass ge Ohm In vielen Fällen
ladene Teilchen, hier Elektronen, durch den sches ist R unabhängig
Draht strömen. Da Stöße mit den Atomen Gesetz von U bzw. I
diesen Fluss behindern, muss eine Kraft auf
die Elektronen ausgeübt werden, um den
Strom aufrechtzuerhalten. Diese wird von zz Stromkreis
einem elektrischen Feld ausgeübt, das in Im Stromkreis fließen die Ladungsträger im
diesem Draht herrscht. Strömen Elektronen Kreis herum. Sie können dabei nicht verlo
unter der Wirkung des elektrischen Feldes ren gehen (Knotenregel) und wenn sie ein
durch den Draht, so verlieren sie g enau wie mal herum geflossen sind, befinden sie sich
ein Stein, der unter der Wirkung der Schwer wieder auf demselben elektrischen Poten
kraft herunterfällt, potenzielle Energie. zial, haben dieselbe potenzielle Energie
Diese wird durch die Stöße mit den Atomen (Maschenregel). Das bedeutet z. B. für in
272 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
Serie geschaltete Widerstände R1, R2, … an abfallenden Spannungen gleich der Batterie
einer Batterie, dass die Summe der an ihnen spannung sein muss.
Die Spannungsquelle (z. B. die Batterie) Innenwiderstand hat, der möglichst klein
hält die Spannung im Stromkreis aufrecht sein sollte. Sie muss ständig Energie liefern,
und „pumpt“ die Elektronen im Kreis he also eine Leistung erbringen, die in den Wi
rum. Der Strom fließt also auch durch die derständen im Stromkreis wieder verheizt
Spannungsquelle selbst, die einen gewissen wird.
Kapazität Q éA ×s ù
C= C: Kapazität ê = F,Farad ú
U ë V û
Q: Ladung auf dem Kondensator [A · s]
U: Spannung am Kondensator [V]
Energie im Kondensator 1 W: Energie im Kondensator [J]
W = Q ×U
2
Die weiteren Formeln zum Kondensator werden beim IMPP üblicherweise nicht abgefragt.
Bringt man ein Metallstück in ein elekt Fertigt man die beiden Elektroden, die
risches Feld, so strömen die Leitungselekt man in die Lösung taucht, aus zwei verschie
ronen so lange im Metall, bis das Innere denen Metallen, so tritt auch ohne äußere
feldfrei ist. Man nennt diese Erscheinung Spannungsquelle eine Galvani-Spannung
Influenz und kann sie zur Abschirmung zwischen ihnen auf. Dies beruht darauf,
elektrischer Felder nutzen. In Isolatoren dass an beiden Elektroden unterschiedlich
gibt es keine freien Ladungsträger. Elektro stark Metallionen in Lösung gehen und
nen und Atomkerne werden aber durch ein Elektronen hinterlassen. Verbindet man die
elektrisches Feld etwas verschoben und Elektroden elektrisch, so fließt ein Strom,
schwächen es dadurch ab. Dies nennt man um die unterschiedliche Elektronenkonzent
Polarisation und kann es z. B. dazu nutzen, ration auszugleichen. Dies ist die Basis für
die Kapazität eines Kondensators zu erhö alle Batterien.
hen. Beschrieben wird die Feldabschwä
chung durch die relative Permittivität εr. zz Magnetisches Feld
Ein elektrischer Strom, sei es ein Strom
zz Elektrochemie durch eine Spule oder atomare Kreisströme
Viele Moleküle, insbesondere Salze, Säuren in einem Permanentmagneten, umgibt sich
und Laugen, zerfallen beim Lösen in Wasser mit einem magnetischen Feld. Seine Stärke
in Ionen, sie dissoziieren. Entstehen dabei so benannte) ma-
wird durch die (historisch
H+-Ionen oder OH−-Ionen, so verändert gnetische Flussdichte B beschrieben. Die
dies den pH-Wert des Wassers, der der nega magnetischen Feldlinien sind immer ge
tive dekadische Logarithmus der H+-Ionen schlossen, da es keine magnetischen Ladun
konzentration, gemessen in mol/l, ist. Ionen gen gibt, auf denen sie enden könnten. Ein
im Wasser führen zu einer hohen Leitfähig stromdurchflossener Draht ist deshalb mit
keit. Fließt ein Strom durch eine Lösung kreisförmigen Magnetfeldlinien umgeben.
(Elektrolyt), so wird dieser durch die Ionen Die Flussdichte nimmt umgekehrt propor
getragen und an den eingetauchten Elektro tional zum Abstand ab. Ein Magnetfeld übt
den scheiden sich die entsprechenden Subs seinerseits auf einen elektrischen Strom I
tanzen ab (Elektrolyse). Dies nutzt man z. B. durch einen Draht eine Kraft, die Lo-
großtechnisch, um aus Kochsalz Chlor und rentz-Kraft FL , aus, die senkrecht auf
Natrium zu gewinnen. Strom und Magnetfeld steht.
Magnetischer F = B × A = B × A × cos a Φ:
magnetischer Fluss [T · m ]
2
6.7 ⧫ Ein 1-Ω-Widerstand und ein 6.13 ⧫⧫⧫ In den 1930er-Jahren kam in
2-Ω-Widerstand sind in Reihe geschaltet. Deutschland aus den Steckdosen noch
Wie verhalten sich die in den Widerständen 110 V Gleichspannung. Wollte man da eine
umgesetzten Leistungen zueinander? Wie 12-V-, 50-W-Glühbirne eines Filmprojek
verhalten sich die Leistungen, wenn die Wi tors betreiben, so konnte man nicht wie
derstände parallelgeschaltet sind? heute einen Transformator einbauen, der die
6.8 ⧫⧫ Acht gleiche Glühbirnen sind in Spannung heruntertransformiert, sondern
Reihe an einer Steckdose angeschlossen. man schaltete einen Vorwiderstand in Reihe
Welche Spannung liegt an jeder Birne? Wenn mit der Glühbirne. Welchen Widerstand
ein Strom von 0,4 A fließt, welchen Wider musste dieser haben und welche Leistung
stand hat jede Birne und welche Leistung wurde in ihm verheizt?
setzt sie um?
6.9 ⧫⧫ Es gibt mehrere Möglichkeiten, zz Feld und Potenzial
6 vier gleiche Widerstände zusammenzuschal 6.14 ⧫⧫ Wie verlaufen die Feld- und Poten
ten. . Abb. 6.89 zeigt acht von ihnen. Sie ziallinien zu der Elektrodenanordnung in
lassen sich ohne genaue Rechnung nach stei . Abb. 6.90 ungefähr?
gendem Gesamtwiderstand ordnen. Wie? 6.15 ⧫ Das „Ruhepotenzial“ einer nicht
Und was liefert die genaue Rechnung? „feuernden“ Nervenfaser liegt etwas über
6.10 ⧫⧫ Wie teilt ein 6-kΩ-Potenziometer, 70 mV; die Dicke normaler Membranen, die
dessen Schleifkontakt 3 kΩ abgreift, eine z. B. auch Nervenfasern umgeben, beträgt
Spannung von 60 V auf, wenn es nicht belastet
(a) und mit 3 kΩ belastet wird (b)?
6.11 ⧫⧫ Wenn in der Wheatstone-Brücke
(. Abb. 6.45) der Widerstand R1 7352 Ω be
trägt, R2 6248 Ω und R3 5000 Ω, wie groß ist
bei abgeglichener Brücke dann R4?
6.12 ⧫⧫ Die Spannung an einer 12-V-
Autobatterie sinkt auf 10 V, wenn der An
lasser betätigt wird. Der Anlasser zieht einen
Strom von 60 A. Wie groß ist der Innenwi
derstand der Batterie? Welchen Widerstand
hat der Anlassermotor? .. Abb. 6.90 Zu Frage 6.14
.. Abb. 6.89 Zu
Frage 6.9
6.13 · Fragen und Übungen
277 6
zirka 5 nm. Welche Feldstärke erzeugt das ser von 20 auf 95 °C zu erhitzen. Welche
Ruhepotenzial in der Membran? Spannung liegt am Kondensator?
6.16 ⧫ Wie groß ist die Kraft zwischen
dem Kern eines Eisenatoms (Q = 26 · e0) und zz Stromleitung, Elektrochemie
dem kernnächsten Elektron, wenn wir einen 6.25 ⧫⧫⧫ In welcher Größenordnung liegt
Abstand von 1,5 · 10−12 m annehmen? die Geschwindigkeit, mit der die Elektronen
6.17 ⧫⧫ Mit welcher Geschwindigkeit in der Zuleitung zu einer Schreibtischlampe
treffen die freien Elektronen in der Bildröhrehin- und herpendeln? (Leistung 60 W, Kup
eines alten Fernsehgeräts auf dem Bild ferquerschnitt 0,75 mm2, Molare Masse
schirm auf, wenn die Elektronen einer Span M(Cu) = 63,54 g/mol).
nung von 2 kV ausgesetzt werden? 6.26 ⧫⧫ Wieso führt der Dissoziations
grad xD = 1,9 · 10−9 beim Wasser zu pH 7?
zz Kondensator 6.27 ⧫⧫ Welche Wasserstoffionenkonzen
6.18 ⧫ Die Ladung auf einem Kondensator tration gehört zu pH 2,5?
steigt um 15 μC, wenn die Spannung von 97 6.28 ⧫⧫ Bei der elektrolytischen Abschei
auf 121 V erhöht wird. Wie groß ist die Ka dung von Silber aus Silbernitrat (AgNO3)
pazität des Kondensators? wurde gemessen: Δm/ΔQ = 11,179 mg/C.
6.19 ⧫ Trockene Luft hat eine Durch Welche molare Masse M(Ag) und welche
bruchfeldstärke von 3 · 106 V/m. Wie viel Atommasse mM(Ag) folgen daraus? Silber
Ladung kann auf einen Plattenkondensator ist hier einwertig.
gebracht werden, wenn der eine Plattenflä 6.29 ⧫⧫⧫ Lässt sich anschaulich einse
che von 50 cm2 hat? hen, dass in der Nernst-Formel die Ladung
6.20 ⧫ Ein Kondensator mit 1 μF Kapa der durchtretenden Ionen unter dem Bruch
zität entlädt sich über einen 1-kΩ- strich steht, also die Membranspannung
Widerstand. Wie groß ist die Zeitkonstante? verringert?
6.21 ⧫ Wie verändert sich die Kapazität 6.30 ⧫⧫ Welche Spannung entsteht bei
eines Luftkondensators, wenn man den Ab Zimmertemperatur über einer Membran,
stand der Platten verdoppelt und ihn gleich die Na+-Ionen hindurchlässt und Cl−-Ionen
zeitig mit einem Isolator mit der Permittivi vollständig zurückhält, wenn sich auf ihren
tät εr = 4 füllt? beiden Seiten NaCl-Lösungen in den folgen
6.22 ⧫⧫ In einen geladenen Plattenkon den Konzentrationen befindet?
densator wird ein Isolator mit der Permitti a) Links 0,1 molar und rechts 1,0 molar,
vität εr = 2 geschoben. Wie ändern sich Ka b) Links 0,01 molar und rechts 1,0 molar,
pazität, Spannung und Ladung auf den c) Links 0,1 molar und rechts 0,001 mo
Platten, wenn der Kondensator: lar,
a) isoliert ist? d) Links 0,1 molar und rechts 0,2 molar
b) noch an der Spannungsquelle ange Vorzeichen?
schlossen ist? 6.31 ⧫⧫⧫ Welche Spannung läge nach der
6.23 ⧫⧫ Wie ändert sich die in einem Nernst-Formel über einer ionenselektiv per
Kondensator gespeicherte Energie, wenn: meablen Membran, wenn man sie auf der
a) die Spannung verdoppelt wird? einen Seite in physiologische Kochsalzlö
b) die Ladungen auf den Platten verdop sung und auf der anderen in absolut reines
pelt wird? Wasser taucht?
c) der Plattenabstand verdoppelt wird,
während der Kondensator mit einer Span zz Magnetfeld
nungsquelle verbunden bleibt? 6.32 ⧫⧫ Ein längerer Draht befindet sich in
6.24 ⧫⧫ Ein großer 4-F-Kondensator hat einem Magnetfeld von 10−4 T und verläuft
genug Energie gespeichert, um 2,5 kg Was senkrecht zu den Feldlinien. Nun wird ein
278 Kapitel 6 · Elektrizitätslehre
Strom von 5 A durch den Draht geschickt. schwindigkeit parallel zu sich selbst genau
Wo und in welchem Abstand vom Draht ist entlang der Symmetrieebene des Feldes ge
dann die Feldstärke null? zogen, aus dem feldfreien Raum in den feld
6.33 ⧫⧫ Ein langer Draht, durch den 12 freien Raum. Wie sieht der Verlauf der in
A fließen, übt auf einen 7 cm entfernten pa duzierten Spannung, bezogen auf die
rallelen Draht eine anziehende Kraft von 8,8 momentane Position der Probespule, quali
· 10−4 N pro Meter aus. Wie groß ist der tativ aus?
Strom im zweiten Draht und welche Rich 6.37 ⧫⧫ Jede Schule mit physikalischer
tung hat er? Sammlung besitzt einen „Experimentier
6.34 ⧫ Wie groß ist die Kraft auf ein trafo“, bestehend aus einem U-Kern mit
Flugzeug, dass mit 120 m/s senkrecht zum aufsetzbarem Joch und einem Satz auswech
Erdmagnetfeld von 5 · 10−5 T fliegt und 155 selbarer Spulen. Vorhanden seien Spulen
As elektrische Ladung trägt? mit 24, 250, 500, 1000 und 25.000 Windun
6 gen. Welche Kombination wird der Lehrer
zz Induktion wählen, wenn er für einen Versuch ca. 12 kV
6.35 ⧫⧫ In einer geschlossen Spule mit 100 Hochspannung haben möchte und für einen
Windungen, 25 cm2 Querschnittsfläche und anderen 6 V Niederspannung. Primäre
25 Ω Widerstand wird ein Magnetfeld paral Spannungsquelle ist die Steckdose (230 V).
lel zur Spulenachse in 2 Sekunden von 0 auf
1 T erhöht. Welcher induzierte Strom fließt zz Schwingkreis
dabei im Mittel durch die Spule? 6.38 ⧫⧫ Welche Größen im elektrischen
6.36 ⧫⧫ Zwischen den Polschuhen eines Schwingkreis entsprechen der Auslenkung x
großen Elektromagneten (. Abb. 6.91) des Federpendels, der Geschwindigkeit v sei
wird eine Probespule mit konstanter Ge nes Pendelkörpers, der potenziellen und der
kinetischen Energie?
Optik
Inhaltsverzeichnis
7.1 Elektromagnetische Wellen .. Abb. 7.1 Schwingender Dipol. Verlauf der elektri-
schen Feldlinien; realistischer als in . Abb. 6.88 ge-
7.1.1 Strahlender Dipol zeichnet. Von oben nach unten fortschreitende Zeit
Die Bilderreihe von . Abb. 6.88 macht ten Nulldurchgang (4. Teilbild) ist der Dipol
zwar plausibel, wieso ein gerader Draht als selbst feldfrei; das Feld hat sich von ihm ge-
elektrischer Dipol schwingen kann und eine löst und bildet in der Zeichenebene ein Sys-
Eigenfrequenz besitzt, aber sie schematisiert tem geschlossener Feldlinien, räumlich aber
die Feldverteilung doch zu sehr. Auch Feld- einen torusähnlichen Schlauch mit dem Di-
linien breiten sich nur mit endlicher, näm- pol als Achse. Danach entstehen neue Feld-
lich mit Lichtgeschwindigkeit, aus. Außer- linien gleicher Gestalt, aber mit entgegenge-
dem lösen nicht nur die Ladungen des setztem Vorzeichen und drängen die alten
Dipols ein elektrisches Feld aus, dasselbe nach außen ab. Diese nehmen zunächst nie-
tut auch das sich ändernde Magnetfeld um renförmige Gestalt an, passen sich aber mit
den Dipol herum. Resultat: Die elektrischen wachsendem Abstand immer mehr Kreis-
Feldlinien lösen sich in einer Weise vom Di- ausschnitten an. Das zugehörige Magnet-
pol ab, wie dies . Abb. 7.1 etwas realisti- feld läuft mit, in Form konzentrischer
scher darstellt, und zwar durch Teilbilder in Kreise, die mit periodisch wechselndem
zeitlichen Abständen von jeweils T/6, dem Umlaufsinn gewissermaßen aus dem Dipol
Sechstel einer Schwingungsdauer. Beim ers- herausquellen.
282 Kapitel 7 · Optik
. Abb. 7.2 zeigt eine „Momentauf- Lichtgeschwindigkeit vom Dipol weg, dabei
nahme“ für die Symmetrieebene des Dipols. nehmen beide Felder ihre Energieinhalte
In ihr sind die beiden Felder am stärksten, mit: Der Dipol strahlt eine elektromagneti-
nach oben und unten werden sie schwächer sche Welle ab und muss die entsprechende
und in der Längsrichtung des Dipols ge- Leistung liefern. Auch wenn er selbst keine
schieht gar nichts mehr. Praktisch strahlt Stromwärme entwickelte, kämen seine
der Dipol in alle Richtungen, aber er strahlt Schwingungen durch Strahlungsdämpfung
nicht homogen. rasch zur Ruhe, würden sie nicht durch ei-
Elektromagnetische Wellen entstehen, nen passenden Wechselspannungsgenerator
weil ein sich änderndes elektrisches Feld sich immer wieder aufgefrischt.
mit magnetischen Feldlinien umgibt und
umgekehrt. Greift man ganz willkürlich eine >>Merke
einzige Ausbreitungsrichtung heraus, so Elektromagnetische Welle: Ein elektri-
kann man in räumlicher Darstellung die sches und ein magnetisches Wechselfeld
Stärken der beiden Felder, wieder als Mo- schwingen synchron zueinander; sie ste-
7 mentaufnahme, grafisch aufzeichnen. hen (im Wesentlichen) senkrecht aufein-
. Abb. 7.3 zeigt das Ergebnis, nämlich ein ander und senkrecht auf der Fortpflan-
elektrisches Wechselfeld parallel zur Dipol- zungsrichtung.
achse und ein magnetisches Wechselfeld
In jeder halben Schwingungsdauer kommt
senkrecht dazu. Beide schwingen synchron,
die Welle um eine ganze Dipollänge weiter.
sie haben ihre Maxima und ihre Nulldurch-
Dem entspricht die schon am Ende des letz-
gänge zur gleichen Zeit am gleichen Ort.
ten Kapitels genannte Beziehung T = 2 · l/c
Maxima wie Nulldurchgänge laufen mit
zwischen Ausbreitungsgeschwindigkeit c,
Dipollänge l und Schwingungsdauer T,
denn die allgemeine Beziehung
l
c =l× f =
T
auf der kurzwelligen Seite Strahlung (Rönt- Es ist erlaubt, sich stattdessen 3 · 108 m/s
gen- und γ-Strahlung) und auf der anderen oder auch 300.000 km/s zu merken.
Seite Welle (Millimeter-, Meter-, Kurz-,
Mittel- und Langwelle im Radiobereich). >>Merke
Physikalisch handelt es sich dabei um immer Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum)
die gleiche Erscheinung: um elektromagneti- c ≈ 3 · 108 m/s
sche Wellen, nur durch Frequenz und Wel- (wichtige Naturkonstante).
lenlänge voneinander unterschieden
(. Abb. 7.5). Darum ist auch die Ausbrei-
tungsgeschwindigkeit im ganzen Spektrum 7.1.3 Wellenausbreitung !
prinzipiell dieselbe, die
Alle Wellen breiten sich nach den gleichen
zz Vakuum-Lichtgeschwindigkeit Gesetzen aus. Darum ist es durchaus er-
c = 299.792,458 m/s. laubt, auch die Ausbreitung des Lichts am
Modell der Wasserwellen zu studieren; die
7 Wellenwanne (. Abb. 7.6) ist ein nützliches
Hilfsmittel im Bereich der Optik. Sie redu-
ziert zugleich die immer ein wenig unüber-
sichtliche Wellenausbreitung im Raum auf
die leichter überschaubaren Verhältnisse der
Ebene. Die Wellentäler und Berge erschei-
nen in den mit der Wellenwanne gewonne-
nen Bildern (. Abb. 7.7, 7.8, 7.9, 7.10, 7.11
und 7.12) hell bzw. dunkel. Man sieht des-
halb die Wellenfronten, die z. B. den Verlauf
der Wellenberge markieren, sehr deutlich.
>>Merke
Die Wellenfronten stehen immer senk-
recht auf der Ausbreitungsrichtung der
Welle.
.. Abb. 7.4 Sonnenspektrum. Die Sonne glüht bei
5778 K und sendet entsprechende Temperaturstrah- Bei hinreichend großem Abstand von der
lung (. Abb. 5.10) mit einem Maximum bei ca.
Wellenquelle, vom Wellenzentrum, sind
500 nm Wellenlänge. Die Intensitätseinbrüche bei
manchen Wellenlängen beruhen auf der Absorption Wellen immer kugel- bzw. kreisförmig
des Lichtes durch diverse Gase in der Erdatmosphäre. (. Abb. 7.7); wenn nichts im Wege steht,
(Adaptiert nach Nicolas L. Stokes) breiten sie sich gleichmäßig nach allen Rich-
.. Abb. 7.14 Bündelbegrenzungen eines „schlanken“ divergenten Bündels. Hier gilt für in guter Näherung: Öff-
nungswinkel ω = Bündeldurchmesser d/Laufweg l
.. Abb. 7.15 Mondschatten. Dort, wo der von der nis beobachten. Im Bereich des Halbschattens deckt
Sonne geworfene Kernschatten des Mondes die Erd- der Mond nur einen Teil der Sonnenscheibe ab (parti-
oberfläche trifft, kann man eine totale Sonnenfinster- elle Sonnenfinsternis)
288 Kapitel 7 · Optik
In der Welt der frühen Menschen gab es delbegrenzungen, wie sie durch Blenden
im Wesentlichen nur eine Primärlichtquelle, festgelegt werden – und das nicht nur hinter,
die Sonne. Auch wenn sie nicht „scheint“, sondern auch vor der Blende, als wüsste das
genügt das Streulicht der Wolken, um die Bündel schon, was ihm noch widerfahren
Szene hinreichend zu erhellen. Selbst bei wird (. Abb. 7.16).
klarem Himmel reicht das Streulicht, die an- Zuweilen wird auch diese Methode noch
deren Primärlichtquellen des Kosmos, die zu unübersichtlich; dann zeichnet man nur
Fixsterne, völlig zu überstrahlen. Man lasse den Zentralstrahl längs der Bündelachse,
sich hierdurch nicht irreleiten: Lichtbündel der die Hauptrichtung des Bündels mar-
verschiedener Quellen durchsetzen sich ge- kiert. In jedem Fall stehen Lichtstrahlen,
genseitig, ohne sich (nennenswert) zu beein- auf Papier gezeichnet, für Ausschnitte aus
flussen. Auch am Tage sind die Sterne „da“, elektromagnetischen Kugelwellen bis hin
aber das Auge nimmt ihr schwaches Licht zum Grenzfall des Parallellichtbündels, das
nicht wahr, weil es vom hellen zu sehr bean- mit dem Öffnungswinkel null eine (streng
sprucht wird. genommen nicht realisierbare) ebene Welle
7 darstellt (. Abb. 7.17).
>>Merke
Eine Primärlichtquelle erzeugt Licht, Öffnungswinkel genau
eine Sekundärlichtquelle streut Licht. Zumeist sind optisch genutzte Lichtbündel so schlank,
dass man für ihre Öffnungswinkel ω = d/l schreiben
Sekundärstrahler sind naturgemäß weit- darf. Die korrekte Formel lautet freilich.
tan(ω/2) = d/(2 l),
aus lichtschwächer als der primäre Strah-
wie . Abb. 7.18 zeigt. Zuweilen wird auch ω/2 als
ler, der sie beleuchtet. Der Gesichtssinn ist Öffnungswinkel bezeichnet.
zur Wahrnehmung von Sekundärstrahlern
entwickelt worden, mit entsprechender
Empfindlichkeit. Direktes Sonnenlicht
blendet nicht nur, es kann die Netzhaut
schädigen. Auch künstliche Primärstrahler
wie Glühbirnen sollten durch Mattglas ab-
gedeckt werden oder einen Raum indirekt
beleuchten.
.. Abb. 7.16 Divergentes Lichtbündel, aus dem Licht
Aus den unzähligen, diffus in alle Rich- der allseitig strahlenden Punktlichtquelle L von der
tungen durcheinander laufenden Sekundär- Blende B herausgeblendet. Die Bündelbegrenzungen
lichtbündeln blendet das Auge nur einen werden schon vor der Blende gezeichnet
verschwindend kleinen Bruchteil für sich
selbst heraus. Es handelt sich um schlanke,
divergente Bündel, mit von der Pupille be-
stimmten kleinen Öffnungswinkeln. Die
Ausgangspunkte dieser Bündel vermag das
Hirn zu erkennen; es setzt aus ihnen ein
räumliches Bild der Umwelt zusammen.
Wollte man bei einem konkreten, opti-
schen Problem alle benutzten Lichtbündel .. Abb. 7.17 Divergentes und Parallellichtbündel.
auf Papier zeichnen, die Linienfülle würde Lichtstrahlen repräsentieren als Bündelbegrenzungen
wie als Zentralstrahlen Ausschnitte aus elektromagne-
unüberschaubar. Darum beschränkt man tischen Kugelwellen (Wellenfronten hier rot gezeich-
sich auf ganz wenige besonders wichtige net, „Momentaufnahme“). Grenzfall: Parallellicht-
Bündel und zeichnet von ihnen nur die Bün- bündel, ebene Welle
7.2 · Geometrische Optik
289 7
7.2.2 Spiegelung
Umkehrbar?
Frage. In . Abb. 7.24 ist in Punkt P eine
Lichtquelle und in Punkt P’ ihr reelles
Bild. Setzen wir nun die Lichtquelle in
den Punkt P’. Gibt es dann auch ein reel-
les Bild? Und wenn ja, wo?
Antwort. Bei der Reflexion ist Ein-
fallswinkel gleich Ausfallswinkel. Der
Vorgang ist vollkommen symmetrisch
und läuft genau umgekehrt ab, wenn
.. Abb. 7.24 Hohlspiegel bei großem Objektabstand.
Der Öffnungswinkel wird bis ins Negative verkleinert.
man die Richtung des Lichtstrahls um-
Das reflektierte Bündel läuft konvergent auf den reel- kehrt. Deshalb ergibt sich ein reelles Bild
len Bildpunkt P’ der Lichtquelle P zu und erst hinter P’ genau im Punkt P, wo die Lichtquelle
wieder divergent auseinander vorher war.
sin a1 n2
= .
sin a 2 n1
>>Merke
Brechzahl n
Lichtgeschwindigkeit c imVakuum .. Abb. 7.26 Planparallele Glasplatte. Beim Durch-
= > 1. gang durch eine planparallele Glasplatte werden par-
Lichtgeschwindigkeit v imMedium allele wie divergente Lichtbündel lediglich parallelver-
Brechungsgesetz: setzt
7.2 · Geometrische Optik
293 7
>>Merke
Totalreflexion: Licht kann optisch dich-
teres Medium nicht verlassen, wenn der
Grenzwinkel der Totalreflexion βgrenz
überschritten wird:
1
sin b grenz =
n
(bei Übertritt in Vakuum oder Luft). .. Abb. 7.30 Lichtleiter, schematisch. Das durch
eine Stirnfläche eingedrungene Licht kann wegen der
Totalreflexion erst an deren anderen Stirnfläche wie-
der hinaus
77Endoskopie
In der Medizin wird die Totalreflexion beim
sog. Lichtleiter angewendet, um Körperhöh-
len, etwa den Magen, für fotografische Zwe-
cke auszuleuchten. Man nehme ein Bündel
7 feiner Glasfäden, der einzelne vielleicht
30 μm im Durchmesser; er lässt sich dann
leicht um den Finger wickeln, ohne zu bre-
chen. Gibt man durch seine Stirnfläche Licht
in ihn hinein, so kann es nur durch die Stirn-
fläche am anderen Ende wieder heraus: Auf
Seitenflächen trifft es auch in der Biegung
immer nur mit Winkeln jenseits des Grenz-
winkels der Totalreflexion auf (. Abb. 7.30).
.. Abb. 7.31 Endoskop zum Betrachten von Darm oder
Zwischen zwei Reflexionen kommt das Licht
Magen (© Kalumet, this work with the titel „Flexibles
nicht weit; ehe es das andere Ende eines me- Endoskop.jpg“ [7 http://commons.wikimedia.org/wi
terlangen Glasfadens erreicht, hat es einige ki/File:Flexibles_Endoskop.jpg] is licenced under CC-
tausend Spiegelungen hinter sich gebracht. BY-SA-3.0-DE [7 http://creativecommons.org/licen-
Läge das Reflexionsvermögen auch nur um ses/by-sa/3.0/deed.en], no modification were made)
ein Promille unter der 1, käme kaum noch
Licht an. Rechenbeispiel 7.1: „Girls best friend“
Mit Lichtleitern bekommt man viel Aufgabe. Die Lichtgeschwindigkeit in
Licht ins Dunkel des Körpers, was mit wei- Diamant beträgt 1,24 · 108 m/s. Was
ßen Leuchtdioden (noch) nicht hinreichend heißt das für die Brechzahl?
geht. Früher wurde sogar das Bild mit Glas- 3 × 108 m / s
Lösung. n = = 2, 42.
fasern optisch übertragen, heute hat man 1, 24 × 108 m / s
eine winzig kleine Kamera, wie man sie vom Im Vergleich zu Glas (n ≈ 1,5) ist das eine
Handy kennt, am Ende des Endoskops. sehr hohe Brechzahl. Es gibt kaum ein
. Abb. 7.31 zeigt ein flexibles Endoskop, durchsichtiges Material mit einem höhe-
mit dem man sich wahlweise den Magen ren Wert. Die Brechzahl bestimmt auch
oder den Dickdarm ansehen kann. das Reflexionsvermögen durchsichtiger
Das heute übliche schnelle Internet wäre Stoffe. Bei senkrechtem Lichteinfall re-
übrigens gar nicht möglich, wären die Tele- flektiert Diamant 17 % des Lichtes, Glas
fonanschüsse in den Stadtteilen nicht auch nur 4 %. Das macht den ganzen Charme
über Lichtleiter zur Nachrichtenübertra- des Diamanten aus: Er glitzert so schön.
gung miteinander verbunden. ◄
7.2 · Geometrische Optik
295 7
Mit doppelter Brechung an einem Prisma ist
Rechenbeispiel 7.2: der Effekt noch stärker.
Mit den Augen eines Fisches . Abb. 7.33 zeigt schematisch ein Paral-
Aufgabe. Wasser hat die Brechzahl lellichtbündel, das ein 60°-Prisma symmet-
n = 1,33. Wie groß ist der Grenzwinkel risch durchsetzt: Brechung zum Lot beim
der Totalreflexion? Was sieht man, wenn Eintritt, hier ein Abknicken nach rechts be-
man von unter Wasser nach oben auf deutend; Brechung beim Austritt vom Lot
eine völlig glatte Wasserfläche schaut? weg, wieder ein Abknicken nach rechts be-
1 deutend, denn die beiden Lote sind ja um
Lösung. b grenz = arcsin = 49°.
1, 33 den Prismenwinkel γ gegeneinander gekippt.
Die Welt oberhalb des Wasserspiegels ist
auf ein kreisrundes Sichtfeld mit einem >>Merke
Blickwinkel von 49° zur Senkrechten Dispersion:
komprimiert. Jenseits von 49° sieht man Abhängigkeit der Brechzahl von der
Reflexionen vom Boden des Sees. Wellenlänge, d. h. n = n(λ).
>>Merke
Spektrale Zerlegung: Aufteilung eines
Wellenlängengemischs in einzelne Wel-
lenlängen. .. Abb. 7.37 Zylinderlinse. Eine Zylinderlinse liefert
einen Bildstrich
F´
.. Abb. 7.38 Zwei Zylinderlinsen mit gleichen
Brennweiten und zueinander senkrechten Zylinder-
achsen bilden ab wie eine sphärische Linse
.. Abb. 7.39 Sammellinse. Parallel einfallende Strah- Grundsätzlich kann eine sphärische
len werden in den Brennpunkt fokussiert. Der Abstand
Linse in ihrer Mitte dünner sein als am Rand.
des Brennpunktes von der Linse ist die Brennweite f
Einfallende Parallellichtbündel werden dann
nicht gesammelt, sondern zu divergenten
Setzt man dicht hinter die Linse eine Bündeln aufgeweitet (. Abb. 7.40); sie schei-
zweite mit vertikaler Zylinderachse, so wird nen von Punkten zu kommen, die auf einer
das Bündel zu einem Punkt, dem Brenn- Ebene vor der Linse liegen. Es ist deshalb
punkt, zusammengezogen (. Abb. 7.38). sinnvoll, einer solchen konkaven oder Zer-
Dieses Resultat kann man auch in einem streuungslinse eine negative Brennweite zuzu-
Schritt haben, wenn man den Glaskörper ordnen.
durch zwei Kugelflächen begrenzt; er bildet „Starke“ Linsen mit stärker gekrümmten
dann eine sphärische Linse, und zwar eine Oberflächen haben kurze Brennweite, wer-
bikonvexe Sammellinse. Wieder ändert sich den also durch eine Kenngröße mit kleiner
nichts Wesentliches, wenn die eine Fläche Maßzahl charakterisiert. Wem das missfällt,
zur Ebene entartet (Plankonvexlinse). Aber der bevorzugt zur Kennzeichnung den
nicht die äußere Form ist das Entschei- Brechwert, er ist als Kehrwert der Brenn-
dende an einer Linse, sondern ihre Brenn- weite definiert. Seine Einheit heißt Dioptrie
weite. (dpt), sie entspricht dem Kehrwert eines
Als Brennweite f bezeichnet man den Meters:
Abstand des Brennpunktes von der Linse
(. Abb. 7.39). Tatsächlich werden auch pa- 1 dpt = 1 m –1.
rallele Strahlen, die nicht senkrecht, sondern
schräg auf die Linse fallen, in einen Brenn- Jeder, der eine Brille trägt, weiß, dass Augen-
punkt fokussiert, der den gleichen Abstand optiker immer mit Dioptrien rechnen. Das
von der Linse hat. Alle Brennpunkte liegen liegt vor allem daran, dass sich die Brech-
auf einer Brennebene. Auf ihr liegen dann werte zweier dicht hintereinander gesetzter
auch die reellen Bilder, welche die Linse von Linsen (wie Auge und Brille) näherungs-
weit entfernten Objekten entwirft. weise addieren.
298 Kapitel 7 · Optik
c
7.2 · Geometrische Optik
299 7
>>Merke
.. Abb. 7.43 Wesentliche Elemente einer dünnen Linse
Wichtigste Linsenfehler:
55 Öffnungsfehler = sphärische Aberra-
tion, von der aus die Abstände zu Gegen-
55 Farbfehler = chromatische Aberra- stand und Bild gemessen werden müs-
tion, sen; sie heißt Hauptebene. Senkrecht zu
55 Astigmatismus (Zylinderlinse). ihr durch die Linsenmitte läuft die opti-
sche Achse. Ein achsenparallel einfallen-
Die Abbildungsgleichung fragt nicht danach,
des Parallellichtbündel wird von der
auf welchem technischen Weg die Brennweite
Linse in den Brennpunkt F’ zusammen-
einer Linse „gemacht“ wird; bei den Linsen-
gezogen, er liegt auf der Achse im Ab-
fehlern kann die Linsenform aber eine be-
stand der Brennweite f von der Haupt-
trächtliche Rolle spielen. . Abb. 7.42 zeigt die
ebene (. Abb. 7.43).
Grundtypen dieser Formen. Will man ein weit
entferntes Objekt abbilden, so ist eine plan- Der Merksatz oben enthält im Grunde alles,
konvexe Linse besser als eine bikonvexe, sofern was man über die Abbildung durch (fehler-
man die ebene Seite dem Bild zudreht (und freie) Linsen wissen muss; den Rest kann
nicht umgekehrt!). Man soll immer versuchen, man sich leicht überlegen:
mit seinem Licht so symmetrisch wie möglich 1. Linsen wirken symmetrisch – unmittel-
durch eine Linse hindurchzukommen. bar einleuchtend bei einer bikonvexen
Linsenfehler lassen sich korrigieren, durch Linse – d. h., die Brennweiten auf beiden
Kompensation nämlich. Mehrere Linsen, aus Seiten der Hauptebene sind gleich.
verschiedenen Glassorten geschliffen und ge- 2. Lichtwege sind umkehrbar – d. h., das
schickt zusammengesetzt, können ihre Fehler divergente Lichtbündel einer Quelle, die
gegenseitig weitgehend aufheben und insge- im Brennpunkt liegt, verlässt die Linse
samt trotzdem noch wie eine abbildende Linse als achsenparalleles Parallelbündel.
wirken. Speziell gegen die sphärische Aberra- 3. Zentralstrahlen, d. h. Strahlen durch den
tion und Bildfeldwölbung helfen asphärische Schnittpunkt von Achse und Haupt-
Linsen, also solche mit z. B. parabolisch ge- ebene, werden auch dann nicht gebro-
krümmten Oberflächen. Smartphone-Kame- chen, wenn sie schräg einfallen. Damit
raobjektive sind aus typisch 5 asphärischen lässt sich der für die Bildkonstruktion
Linsen zusammengesetzt. Diese Linsen wer- wichtige Tatbestand auch folgenderma-
den preisgünstig aus Kunststoff gepresst. ßen formulieren:
>>Merke
7.2.6 Abbildung mit Linsen ! 55 Jeder achsenparallele Strahl wird an
der Hauptebene zum Strahl durch
>>Merke den Brennpunkt und umgekehrt.
Einer hinreichend dünnen Linse kann 55 Jeder Zentralstrahl läuft geradeaus
man zuverlässig die Ebene zuordnen, weiter.
300 Kapitel 7 · Optik
. Abb. 7.44 illustriert dies. Nun weiß eine wege umkehrbar sind, könnte sie auch die
Linse nicht, ob ein achsenparallel bei ihr an- auf dem Kopf stehende Flamme in die Ge-
kommender Strahl (etwa der rot gezeichnete genrichtung abbilden. Nach diesem Schema
in . Abb. 7.44) zu einem Parallellichtbün- lässt sich zu jedem Punkt eines Gegenstands
del gehört und damit einer sehr fernen der zugehörige Bildpunkt konstruieren. Da
Lichtquelle entstammt oder ob er Teil eines grundsätzlich drei Strahlen für die Konst-
divergenten Bündels ist, das von der Kerzen- ruktion zur Verfügung stehen, kann man
flamme ausgeht; in jedem Fall knickt der sogar seine Zeichengenauigkeit überprüfen.
Strahl an der Hauptebene zum Brennpunkt Es ist keineswegs notwendig, dass die zur
hin ab. Zum divergenten Bündel der Kerzen- Bildkonstruktion auf dem Papier verwende-
flamme gehört auch der blau gezeichnete ten Strahlen im praktischen Versuch als
Strahl, wenn auch in Gegenrichtung durch- Lichtbündel tatsächlich realisiert werden.
laufen. Er ist links der Hauptebene ein Strahlen dürfen auch weit außerhalb der Lin-
Strahl durch den Brennpunkt, also rechts senfassung auf die Hauptebene treffen, Licht-
achsenparallel. Er trifft den roten im Bild bündel laufen nur durch die Linsenöffnung;
7 der Flamme und dies gilt für alle Strahlen auf jeden Fall wird aber alles, was vom Ge-
des divergenten Bündels, das bei der Flamme genstandspunkt ausgeht, im Bild gesammelt,
startet, der grüne Zentralstrahl zeigt es un- sofern es nur durch die Linse hindurchkommt.
mittelbar: Die Linse bildet die Kerze in ein Deren Durchmesser bestimmt den Öffnungs-
auf dem Kopf stehendes Bild ab. Weil Licht- winkel des abbildenden Bündels, nicht aber
die Lage des Bildpunktes. Auch ein Elefant
lässt sich fotografieren, obwohl er viel größer
ist als Linse und Kamera (. Abb. 7.45).
Alle Abbildungen dieses Kapitels sind
bisher stillschweigend für Sammellinsen ge-
zeichnet worden, obwohl im Text schlicht
von „Linsen“ die Rede war. Tatsächlich gel-
ten die aufgestellten Sätze auch für Zer-
streuungslinsen, sofern man nur Folgendes
beachtet: Im üblichen Zeichenschema kons-
truierter Strahlengänge liegt der Gegen-
stand links, das Bild rechts der Hauptebene
Entsprechendes gilt für den gegenstandssei-
tigen Brennpunkt F und den bildseitigen F’;
eine Zerstreuungslinse aber hat negative
Brennweite, bei ihr liegt im Schema F’ links
und F rechts. Die Bildkonstruktion läuft
f f f f
7.2.7 Abbildungsgleichungen !!
1 1 1
+ =
g b f
Praktikum 7.1
Linse (Augenmodell)
In der Regel wird eine Brennweite be-
stimmt. Es gibt drei Verfahren, die
Brennweite einer Sammellinse zu bestim-
men: einfache Abbildung, Bessel-
Verfahren und Autokollimation:
Einfache Abbildung. Man bildet einen
.. Abb. 7.48 Zur Herleitung der Abbildungsglei- Gegenstand scharf auf einen Schirm ab,
chung (Einzelheiten im Text) misst Gegenstandsweite und Bildweite und
berechnet mit der Abbildungsgleichung
Eine weitere Gleichung liefert ein Vergleich der recht- die Brennweite. Problem: Man muss die
winkligen Dreiecke mit spitzen Winkeln bei P und M genaue Lage der Hauptebene der Linse
bzw. P’ und M:
kennen. Bei symmetrischen Bikonvexlin-
B b
7 = .
G g
sen (. Abb. 7.42) ist die Hauptebene ein-
fach in der Mitte, bei anderen Formen ist
Beide Gleichungen zusammen ergeben:
die Position nicht offensichtlich.
f b
= . Bessel-Verfahren. Bei festgelegtem
g- f g
Abstand zwischen Gegenstand und
Auf beiden Seiten den Kehrwert nehmen und durch b Schirm gibt es immer zwei verschiedene
teilen liefert schon fast die Abbildungsgleichung.
Positionen der Linse, die zu einer schar-
fen Abbildung führen, einmal ein verklei-
>>Merke nertes und einmal ein vergrößertes Bild.
Für die Berechnung der reellen Abbil- Der Grund liegt in der Umkehrbarkeit
dung mit dünner Linse: von Strahlengängen. Aus dem Abstand s
Abbildungsgleichung: der beiden Linsenpositionen und dem
1 1 1
+ = . Abstand g von Gegenstand zu Schirm
g b f lässt sich die Brennweite f berechnen:
Vergrößerung:
B b f g 2 - s2
= = . f =
G g g- f 4× g
Fovea centralis, ist dicht mit Sehzellen be- 7.2.10 Fehlsichtigkeit und Brillen
legt, die ihre eigenen „Nervenleitungen“ ins
Gehirn besitzen. Dort liegen die Konver- Ein gesundes Auge sieht die Sterne scharf,
genzpunkte derjenigen Lichtbündel, die nur sein Fernpunkt liegt im Unendlichen. Die
wenig gegen die optische Achse geneigt sind, kürzeste individuell noch scharf einstellbare
sodass sich Linsenfehler auch nur relativ we- Sichtweite entspricht dem jeweiligen Nah-
nig auswirken. punkt. Zwischen beiden liegt die „Akkom-
Auch im peripheren Gesichtsfeld vermag modationsentfernung“. Es hat etwas für
die Retina durchaus noch Einzelheiten visu- sich, nicht sie selbst anzugeben, sondern ih-
ell wahrzunehmen. Hohes Auflösungsver- ren Kehrwert, die Akkommodationsbreite,
mögen der Sehzellen lohnt hier aber nicht und zwar in Dioptrien.
mehr, weil es sich optisch doch nicht errei- Wer auf alles akkommodieren kann, was
chen lässt. Dafür erlaubt die hohe Beweg- sich zwischen 12,5 cm und unendlich vor sei-
lichkeit, das Auge rasch in die jeweils inter- nem Auge befindet, hat eine Akkommodati-
essanteste Blickrichtung zu drehen. Wer ein onsbreite von 8 dpt. Scharfeinstellung auf
7 Buch liest, vermag kaum mehr als ein einzel- sehr kurze Entfernung strengt den Ring-
nes Wort gleichzeitig scharf zu sehen; seine muskel um die Augenlinse auf die Dauer an.
Augen folgen dem Text auch im Zeilen- Immerhin vermag der normalsichtige
sprung allemal so schnell, wie das Gehirn Mensch aber stundenlang zu lesen, d. h. auf
den Inhalt des Gelesenen zu erfassen ver- die übliche Leseentfernung von ca. 35 cm zu
mag. Nur der Ungeübte nimmt hierbei den akkommodieren.
Finger zu Hilfe. Die Kugelform der Augen Mit dem Lebensalter lassen aber die
ist nicht aus optischen Gründen zweckmä- Elastizität der Augenlinse und die Spann-
ßig, sondern aus mechanischen. kraft des Ziliarmuskels nach: Die Akkom-
Dieses Verfahren, das wirksame Ge- modationsbreite nimmt ab und der Nah-
sichtsfeld durch rasche Augenbewegung zu punkt entfernt sich (. Abb. 7.52). Wenn
erweitern, stellt übrigens beträchtliche An- sein Kehrwert 3 dpt unterschritten hat, wird
forderungen an den Mechanismus, mit dem das Lesen mühsam; man muss die Zeitung
die Signale der Sehzellen neural verarbeitet
werden, bis sie ins Bewusstsein vordringen.
Jede Bewegung der Augäpfel lässt ja das op-
tisch erzeugte Bild über die Netzhaut glei-
ten, meist weit schneller, als dies bei starrem
Blick aus dem Zugfenster geschieht.
Trotzdem registriert ein ruhender Beob-
achter seine Umgebung ganz korrekt als ru-
hend und der fahrende ebenso korrekt als
fahrend. Das ist nur möglich, wenn ein Neu-
rocomputer die Signale der Sehnerven der
Augenbewegung entsprechend korrigiert,
ehe er sie auf der Ebene des Bewusstseins
ankommen lässt. Dazu werden dem Com-
puter die an die zuständige Augenmuskula-
tur geleiteten Befehle mitgeteilt. Wer seine
Augen „von Hand“ bewegt, etwa indem er
mit dem Zeigefinger vorsichtig am rechten .. Abb. 7.52 Akkommodationsbreite. Abnahme der
Augenwinkel zieht, der sieht die Welt wa- Akkommodationsbreite mit dem Lebensalter. Der rote
ckeln. Bereich deutet die Schwankungen in der Bevölkerung an
7.2 · Geometrische Optik
307 7
Auch bei kurzsichtigen Menschen nimmt 30 cm liegt, der kann nach wie vor bequem
die Akkommodationsbreite mit dem Le- und ohne Brille lesen. Wer dieses Glück
bensalter ab. Wessen Fernpunkt zufällig bei nicht hat, muss dann, wenn seine zuvor nor-
malsichtigen Altersgenossen Sammellinsen
als Lesebrillen aufsetzen, die Zerstreuungs-
linsen seiner Fernbrille durch weniger starke
ersetzen.
Nicht notwendigerweise bildet die Horn-
haut eine kugelförmige Oberfläche aus. An
sich sollte sie von einem schießscheibenähn-
lichen Objekt ein Spiegelbild aus ebenfalls
konzentrischen Kreisen entwerfen. Sieht der
Arzt im keratoskopischen Bild Ellipsen
(. Abb. 7.56), so ist das Auge vermutlich
astigmatisch. Dabei handelt es sich um eine
7 Fehlsichtigkeit, die sich mit einem selbst as-
tigmatischen Brillenglas korrigieren lässt,
einem Glas also, in das ein Zylinderanteil
bewusst eingeschliffen worden ist. Auf die
richtige Position der Zylinderachse muss
dann beim Einsetzen in die Brillenfassung
.. Abb. 7.55 Kurzsichtigkeit. Bei einem kurzsichti-
geachtet werden. Starke Unebenheiten der
gen Auge muss der zu hohe Brechwert der Hornhaut Hornhaut (. Abb. 7.56c) lassen sich nur
(oben) durch eine Zerstreuungslinse reduziert werden. durch Haftschalen einigermaßen ausglei-
Sie weitet ein achsenparallel einfallendes Parallellicht- chen, die auch „normal“ Fehlsichtige un-
bündel gerade so stark auf, dass es von der Hornhaut mittelbar auf die Hornhaut setzen.
auf das Zentrum der Retina fokussiert wird (Mitte).
Das von der Linse aufgeweitete Bündel entspricht ei-
Der Augenarzt findet sein endgültiges
nem divergenten Bündel, das aus dem fernsten für das Brillenrezept im Wesentlichen durch Probie-
kurzsichtige Auge noch scharf abbildbaren Punkt ren. Dazu braucht er nicht alle denkbaren
stammt (unten) Brillengläser vorrätig zu halten; er darf
.. Abb. 7.56 a–c Hornhautverformung. Schießschei- schen Auges b. Unebenheiten der Hornhaut c lassen
benähnliches Objekt, gespiegelt an der Hornhaut ei- sich nicht durch eine Brille und nur begrenzt durch
nes leidlich normalsichtigen a und eines astigmati- eine Haftschale korrigieren (nach Landois-Rosemann)
7.2 · Geometrische Optik
309 7
kombinieren. Linsen, die dicht hintereinan- lare, das beidäugige Sehen: Da beide Augen
der stehen, addieren (im Wesentlichen) ihre aus etwas unterschiedlichem Gesichtswinkel
Brechwerte, ob sie nun Sammel-, Zerstreu- schauen, übermitteln sie auch leicht ver-
ungs- oder Zylinderlinsen sind. schiedene Bilder des gleichen Objekts; das
Gehirn deutet diese Unterschiede räumlich.
Stereoskopische Doppelaufnahmen nut-
7.2.11 Optische Instrumente ! zen diese Fähigkeit; sie erlauben sogar, den
Eindruck der Tiefe kräftig zu übertreiben,
Wie groß ein Spaziergänger eine Pappel wenn die beiden Bilder nämlich aus Positio-
sieht, hängt nicht nur von der Höhe des nen aufgenommen wurden, die weit mehr
Baumes ab, sondern auch von seiner Entfer- als nur einen Augenabstand auseinanderla-
nung. Entscheidend ist die Größe des Bildes gen. Die räumliche Interpretation gelingt
auf der Netzhaut und die wird vom Sehwin- aber auch bei einem flachen Bild mühelos,
kel bestimmt, dem Winkel zwischen den sofern es nur die Perspektive einigermaßen
Zentralstrahlen der abbildenden Bündel von richtig wiedergibt. Ein ferner Gegenstand
Fuß und Gipfel der Pappel (. Abb. 7.57). muss kleiner gezeichnet werden, denn in der
Sonne und Mond erscheinen dem irdischen Natur käme ihm ein kleiner Sehwinkel zu.
Beobachter gleich groß – sie sind es nicht, Wer einen Gegenstand genauer betrach-
aber ihre Sehwinkel sind es. Wenn man ein ten will, muss den Sehwinkel vergrößern.
Objekt „mit einem Blick“ erfassen kann, be- Gängiges Verfahren: näher herangehen. Ist
trägt der Sehwinkel nur einige Grad. Dann man aber schon so nahe, dass das Auge
darf man in guter Näherung schreiben: nicht mehr scharfstellen kann, hilft eine
Lupe. Im einfachsten Fall besteht sie aus
AbmessungendesObjekts einer Sammellinse von wenigen Zentime-
Sehwinkel =
EntfernungdesObjekts tern Brennweite. Von allen Gegenstands-
punkten in ihrer Brennebene erzeugt sie
Der Mensch sieht, was auf seiner Netzhaut Parallellichtbündel, die das entspannte
erscheint: ein flaches Bild der Umwelt. Der Auge auf seine Netzhaut abbildet, als kä-
Gesichtssinn hat aber gelernt, dieses Bild men sie von unendlich fernen Gegenstän-
räumlich zu interpretieren. Bei hinreichend den. Die Sehwinkel werden jetzt aber von
nahen Gegenständen hilft dabei das binoku- der Lupe vorgegeben; sie sind so groß, als
könne das Auge auf deren Brennebene
scharfstellen (. Abb. 7.58). Der Abstand
zwischen Lupe und Auge spielt der Parallel-
bündel wegen keine grundsätzliche Rolle.
Nur wenn man ihn klein hält, erlaubt die
Lupe ein größeres Gesichtsfeld, denn dieses
wird von der Linsenfassung begrenzt.
Sehwinkelmit Instrument
G= .
Sehwinkel ohne Instrument
7 G=
25cm
.
f Lupe
.. Abb. 7.59 Mikroskop, grundsätzlicher Strahlen-
gang; das Objektiv entwirft mit seiner kurzen Brenn-
>>Merke weite fobj ein vergrößertes reelles Zwischenbild im Ab-
stand der „optischen Tubuslänge“ t (meist 180 mm)
Optische Instrumente: hinter seiner bildseitigen Hauptebene, das Okular
Vergrößerungsfaktor Γ macht daraus Parallelbündel für das Auge des Be-
Sehwinkelmitlnstrument trachters. In der Nähe dieser Ebene befindet sich meist
= . eine konvexe Feldlinse, die der Vergrößerung des über-
Sehwinkelohne Instrument
schaubaren Bildfeldes dient. Das Objekt befindet sich
AbmessungendesObjekts etwas unterhalb der dingseitigen Brennebene, weil das
Sehwinkel = . Zwischenbild nicht im Unendlichen liegt; der Effekt
EntfernungdesObjekts
ist zu gering, um in der Zeichnung maßstabsgerecht
dargestellt werden zu können
Auf weniger als Nasenlänge kann man ein
Objekt nur schwer an das Auge heranführen;
dadurch ist der Bereich sinnvoller Lupen- Die optische Industrie hat sich darauf geei-
brennweiten nach unten begrenzt. Niemand nigt, das Zwischenbild des Mikroskops
muss aber das Objekt seines Interesses un- normalerweise 180 mm hinter die Haupt-
mittelbar unter die Lupe nehmen: Es genügt ebene des Objektivs zu legen; dadurch
ein reelles Bild, entworfen von einem Objek- kommt der Mikroskoptisch mit dem Ob-
tiv in handlichem Abstand vor der Nasen-
jekthalter in handliche Entfernung. Dem-
spitze. Deckt sich dieser Abstand ungefähr nach ist das Zwischenbild gegenüber dem
mit der Brennweite des Objektivs, so ist der Objekt ziemlich genau um den Abbildungs-
betrachtete Gegenstand weit weg, ein ver- maßstab Γobj = 180 mm/fobj vergrößert. Es
kleinertes Bild liegt in der Brennebene und wird mit einer Lupe betrachtet, die jetzt
das Instrument ist ein Fernrohr. Hat das Ob- Okular heißt und den Vergrößerungsfaktor
jektiv demgegenüber eine kurze Brennweite, Γok = 250 mm/fok mitbringt. Daraus ergibt
dann liegt das Objekt nahezu in seiner sich für die Gesamtvergrößerung des Mik-
Brennebene, ein vergrößertes Bild auf Ab- roskops:
stand dahinter in Nasennähe und das Instru-
180 mm 250 mm
ment ist ein Mikroskop. Das Grundsätzliche G M = G obj × G ok = ×
seines Strahlenganges zeigt . Abb. 7.59. f obj f ok
7.2 · Geometrische Optik
311 7
Γobj und Γok sind auf den Mikroskopobjekti-
ven und -okularen eingraviert. Das Zwi-
schenbild schwebt frei im Tubus des Mikro-
skops. Man kann an seine Position eine
Glasplatte bringen, in die ein Maßstab ein-
geritzt ist, ein sog. Okularmikrometer: Der
Beobachter sieht es zusammen mit dem Ob-
jekt scharf. Das Zwischenbild „steht auf
dem Kopf“, es ist gegenüber dem Objekt um
180° gedreht, aber es ist nicht seitenverkehrt
wie ein Spiegelbild. Der Kopfstand stört
nicht und man lernt rasch, wie man ein Ob-
.. Abb. 7.60 Fluoreszenzmikroskopie. Im Bild sind Zel-
jekt auf dem Mikroskoptisch verschieben len von Mäusen zu sehen, an die sich mit Fluoreszenz-
muss, um es richtig ins Bildfeld zu bekom- farbstoff markierte Antikörper angelagert haben (hell).
men. Wissenschaftler erfahren auf diese Weise, dass und wo
sich die Antikörper anlagern (Bildrechte: M. Hafner)
Beleuchtung im Mikroskop
Mikroskope können sich erheblich darin unterschei- Man muss aber die Parallelbündel, die man
den, wie das Objekt beleuchtet wird:
seinem Auge mit vergrößertem Sehwinkel
55 Durchsichtige Objekte kann man von unten be-
leuchten (Hellfeld). anbieten will, nicht unbedingt mit einer
55 Man kann sie und Oberflächen auch von der Seite Sammellinse herstellen, die hinter dem Zwi-
beleuchten und sieht dann helle Strukturen auf schenbild liegt; eine Zerstreuungslinse vor
dunklem Untergrund (Dunkelfeld). ihm tut es auch. Dann werden die Sehwinkel
55 Man kann mit dem Licht auch von oben durch
nicht umgekehrt und das Bild erscheint auf
das Objektiv kommen (Auflicht).
der Netzhaut in gewohnter Stellung. So ar-
Mit der komplizierteren Phasenkontrastmikroskopie beitet das Opernglas.
kann man nicht nur Hell-Dunkel-Unterschiede in Ob- Hohe Vergrößerungen verlangen beim
jekten sehen, sondern auch Brechzahlunterschiede im Fernrohr langbrennweitige Objektive und
Objekt. Das ist gerade für dünne Zellschnitte interes- entsprechend große Lichtwege. Trotzdem
sant. In der Biologie ist es auch sehr beliebt, bestimmte
kann man mit kleiner Baulänge auskom-
Strukturen in Zellen z. B. selektiv mit Fluoreszenz-
farbstoffen zu markieren. Beleuchtet man dann mit men, wenn man den Strahlengang durch
unsichtbarer Ultraviolettstrahlung, so leuchten diese mehrfache Reflexionen zusammenfaltet.
Farbstoffe im sichtbaren Bereich und verdeutlichen so Der Prismenfeldstecher benutzt hierfür to-
die Strukturen (. Abb. 7.60). In Scanning- Laser- talreflektierende Prismen, mit denen er das
Mikroskope kann man gar nicht mehr hineinschauen.
Bild auch gleich noch aufrichtet.
Ein elektronisch gesteuerter Lichtstrahl tastet das Ob-
jekt ab und liefert eine perspektivische Darstellung Vom Standpunkt der geometrischen Op-
der dreidimensionalen Struktur einer Oberfläche auf tik sind den Vergrößerungsfaktoren opti-
einen Computerbildschirm. scher Instrumente keine Grenzen gesetzt.
Tatsächlich wird die noch sinnvolle Vergrö-
Auch beim astronomischen Fernrohr wird ßerung aber durch Beugungserscheinungen
das Objekt kopfüber abgebildet. Alle Mond- bestimmt, die von der Wellenlänge des Lich-
karten haben den Südpol oben, also so, wie tes abhängen (7 Abschn. 7.4.5): Details von
man den Mond von der Nordhalbkugel der Objekten, die unter 1 μm groß sind, lassen
Erde im umkehrenden astronomischen sich im Lichtmikroskop kaum noch auflö-
Fernrohr sieht. Darauf muss nicht achten, sen. Das entspricht einer Grenzvergröße-
wer seinen Feldstecher benutzt. Der ist ja für rung von etwa 1000, genug für Einzeller und
terrestrische Beobachtung gebaut und darf viele Bakterien, zu wenig für zelluläre De-
sein Bild eben nicht auf den Kopf stellen. tails und Viren.
312 Kapitel 7 · Optik
Hintergrundinformation
Beim Betrachten von Gewebezellen z. B. würde man Lösung. Wenn die Tubuslänge (und
sich eine bessere Auflösung wünschen. Also nehme
damit die Gegenstandsweite) 180 mm ist,
man statt sichtbarem Licht Röntgenlicht mit z. B.
3 nm Wellenlänge. Einfach ist das allerdings nicht, gilt:
denn eine Glaslinse lässt Röntgenlicht völlig unbeein- f = 180 mm / 100 = 1, 8 mm.
druckt. Dennoch gibt es Röntgenmikroskope als hoff- Wie dicht die Frontlinse herangeführt
nungsvolle Neuentwicklung im Forschungsstadium. werden muss, lässt sich genau erst sagen,
Wegen der notwendigen sehr intensiven Röntgenlicht-
wenn man die Lage der gegenstandsseiti-
quelle sind sie extrem teuer. Es gibt gegenwärtig auf
der Welt etwa ein halbes Dutzend. gen Hauptebene kennt. Auf jeden Fall
muss das Objekt ziemlich genau in die
gegenstandsseitige Brennebene gebracht
Praktikum 7.2 werden, also 1,8 mm an die Hauptebene
heran. Um eine möglichst hohe Auflö-
Mikroskop
sung zu erlangen (7 Abschn. 7.4.5),
Zwei Aufgaben stehen im Praktikum typi-
muss das Objektiv einen möglichst gro-
scherweise an: Ausmessen eines sehr klei-
7 nen Objekts mithilfe eines Objektmikrome-
ßen Winkelbereich erfassen. Deshalb ist
der Glaskörper der Linse bei so stark
ters und der Okularskala sowie Bestimmung
vergrößernden Objektiven tatsächlich
von Objektiv- und Gesamtvergrößerung:
oft nur noch wenige Zehntelmillimeter
55 Die Vergrößerung des Objektivs lässt
vom Objekt entfernt. Die Gefahr, beim
sich im Prinzip sehr genau messen, da
Scharfstellen das Objekt zu beschädigen,
es ein reelles Zwischenbild in den Tubus
ist dann groß.
wirft. Um das Zwischenbild zu sehen,
muss eine Mattscheibe in den Tubus
eingebracht werden. Man vergleicht
dann eine Skala auf der Mattscheibe 7.3 Intensität und Farbe
mit dem Bild des Objektivmikrometers.
55 Schwieriger ist es mit der Gesamtver- 7.3.1 Strahlungs- und
größerung, da das Okular nur ein vir- Lichtmessgrößen
tuelles Bild liefert. Man muss jetzt mit
einem Auge durch das Mikroskop auf Eine elektromagnetische Welle transportiert
das Objektmikrometer sehen und Energie. Sie tut dies mit einer Leistung, die
gleichzeitig mit dem anderen Auge Strahlungsleistung (Strahlungsfluss) ge-
auf eine 25 cm entfernte Vergleichs- nannt wird, üblicherweise den Buchstaben Φ
skala. Das erfordert etwas Übung und erhält und in Watt gemessen werden kann.
liefert kein sehr genaues Ergebnis. In einem schmalen Frequenzbereich trans-
portiert die Welle sichtbares Licht, dieses
mit einem Lichtstrom, der ebenfalls den
Buchstaben Φ bekommt, aber in Lumen
Rechenbeispiel 7.5: (lm) gemessen wird.
Vorsicht mit dem Objektiv Bei der Strahlungsmessung zählt nur die
Aufgabe. Ein Mikroskop Objektiv Leistung, unabhängig von ihrer spektralen
habe den Vergrößerungsfaktor 100. Wel- Verteilung. Bei der Lichtmessung wird die
chen Wert hat die Brennweite des Objek- spektrale Verteilung entsprechend der spek-
tivs? Wie dicht muss man die Frontlinse tralen Empfindlichkeit des normalen
ans Objekt heranführen? menschlichen Auges bewertet. Strahlungs-
leistung im Grünen trägt viel zum Licht-
7.3 · Intensität und Farbe
313 7
>>Merke
Strahlungsmessgrößen: wellenlängenun-
abhängig;
Lichtmessgrößen: an die spektrale Emp-
findlichkeit des Auges angepasst.
Die Feinheiten
Seit vielen Jahrmillionen liefert die Sonne über die
Distanz des Erdbahnradius Strahlung mit der extra-
terrestrischen Solarkonstanten (Intensität)
φS = 1,36 kW/m2; auf der Erdoberfläche kommt davon
.. Abb. 7.61 Schräger Lichteinfall. Bei schrägem noch ungefähr 1 kW/m2 an, aber nur auf einer Emp-
Lichteinfall verteilt sich die Strahlungsleistung aus fängerfläche, die quer in der prallen Mittagssonne
dem Bündelquerschnitt A0 auf die größere Empfän- steht. Steht sie schräg, wird sie also unter dem Ein-
gerfläche A fallswinkel α vom Sonnenschein getroffen, so erfasst
ein Bündel mit der Querschnittsfläche A0 eine Emp-
fängerfläche A, die um den Faktor 1/cos α größer ist
strom bei, im Blauen und Roten weniger, im (. Abb. 7.61). Dementsprechend definiert man die
Ultraviolett und Infrarot gar nichts.
F
Die schon beim Schall besprochene In- BestrahlZungsstärke Ee = = l × cos a ,
A
tensität (Strahlungsflussdichte, Energie-
ebenfalls mit der Einheit W/m2. Die gleiche Einheit
stromdichte) ist eine Strahlungsleistung pro besitzt schließlich noch die gesamte Strahlung eines
senkrecht zur Strahlrichtung stehenden Strahlers, wenn man sie auf seine Fläche A’ bezieht,
Querschnittsfläche A0 (. Abb. 7.61): also die
F
spezifische Ausstrahlung M = .
F A¢
I=
A0 Jedes von einer punktförmigen Strahlenquelle ausge-
hende divergente Bündel erfasst einen bestimmten
Sie hat die Einheit Watt durch Quadratmeter Raumwinkel ω. In Analogie zum Bogenmaß des ebenen
Winkels, also zum Quotienten aus erfasster Bogen-
(1 W/m2). Ist der Strahler so klein, dass
länge und Kreisradius mit der dimensionslosen „Ein-
er als punktförmig angesehen werden darf, heit“ Radiant, definiert man den Raumwinkel als Quo-
so nimmt die Querschnittsfläche des diver- tienten aus erfasster Kugelfläche und Quadrat des
genten Bündels mit dem Quadrat des Ab- Kugelradius (. Abb. 7.62) und gibt ihm die ebenfalls
stands r zur Strahlenquelle zu und die Inten- dimensionslose „Einheit“ Steradiant (sr = m2/m2).
Die Oberfläche einer Kugel beträgt 4π · r2; größer
sität entsprechend ab:
als 4π kann ein Raumwinkel also nicht werden. Eine
ebene Strahlerfläche hat über sich nur den Halbraum
1
I~ 2π. Im Allgemeinen leuchtet sie ihn nicht gleichmäßig
r2 aus. Man muss also damit rechnen, dass die (als Diffe-
renzialquotient definierte)
Das ist das quadratische Abstandsgesetz für dF
Strahlstärke I e = mit der Einheit 1 W/sr von
dw
die Intensität, von dem schon in der Ausstrahlungsrichtung abhängt. Für einen ausge-
7 Abschn. 4.2.3 beim Schall die Rede war. dehnten Strahler kann man für jeden Punkt der strah-
Eine ganze Reihe weiterer Strahlungs- lenden Oberfläche die Strahlstärke pro Fläche, die bei
und Lichtmessgrößen beschreibt die Eigen- schräger Blickrichtung (. Abb. 7.61) noch perspekti-
visch verkürzt erscheint, angeben und kommt so zur:
schaften eines Strahlers (Lampe) oder das dF
Licht am Ort des Empfängers. Sie sind wohl Strahldichte Le = mit der Einheit 1
d w × A¢ × cos a
W/m2 · sr.
nur für Experten interessant. Weil der Ge-
Alle Strahlungsmessgrößen hängen von der Wel-
genstandskatalog einige aber aufführt, seien lenlänge des ausgesandten Lichtes ab. Bezieht man sie
sie weiter unten im Kleingedruckten erläu- auf ein kleines Wellenlängenintervall, so kann man
tert. ein Spektrum der Strahlung auftragen. . Abb. 7.67
314 Kapitel 7 · Optik
Q Strahlungsenergie J Lichtmenge lm h
Φ = dQ/dt Strahlungsfluss W Lichtstrom lm
Ie = Φ/ω Strahlstärke W/sr Lichtstärke cd
Le = I/A0 Strahldichte W/(m2sr) Leuchtdichte cd/m2
Ee = Φ/A Bestrahlungsstärke W/m2 Beleuchtungsstärke lx
Spektrum aus dicht an dicht liegenden, nach Sie liegt notwendigerweise zwischen 0 (voll-
der Wellenlänge sortierten Bildern des Ein- ständige Absorption) und 1 (keine Absorp-
gangsspaltes. Der Ausgangsspalt Sp.2 fischt tion).
einen schmalen Wellenlängenbereich her- Senkt ein bestimmtes Filter die Intensität
aus, sog. monochromatisches Licht. I für eine bestimmte Wellenlänge auf die
Die Optik hinter dem Ausgangsspalt und Hälfte ab, so reduziert ein zweites Filter glei-
die Fotozelle machen diesen Monochroma- cher Eigenschaft I auf ein Viertel, ein Drit-
tor zum Spektrometer. Dabei trifft mono- tes auf ein Achtel usw.: Optische Filter, hin-
chromatisches Licht auf eine weitere Linse, tereinander gestellt, multiplizieren ihre
die das divergente Bündel wieder parallel Durchlässigkeit D. Dass sie außerdem ihre
ausrichtet und durch das auszumessende Dicken d addieren, hat dann Bedeutung,
Filter oder auch eine Küvette schickt, wie in wenn sie aus gleichem Material gefertigt
. Abb. 7.63 gezeigt. (Diese kann eine Flüs- sind und folglich Durchlässigkeit und Ab-
sigkeit enthalten, deren Absorption unter- sorption in gleicher Weise spektral verteilen,
sucht werden soll.) Eine letzte Linse sam- wie etwa homogene Flüssigkeiten in der Kü-
melt schließlich das durchgelassene Licht vette der . Abb. 7.63. Dann gilt nämlich
auf die nachweisende Fotozelle. Die Abbil- das sog. Lambert-Gesetz:
dung kann alternativ durch Spiegel, die
D ( l ,d ) = e ( )
- k l ×d
spektrale Zerlegung durch ein Beugungsgit-
ter (7 Abschn. 7.4.4) erfolgen. (Vorteil: Die
Absorption im Glas wird vermieden.) mit der Extinktionskonstanten k(λ). Diese
Man vergleicht jetzt die von der Küvette ist eine Materialkenngröße mit der SI-Ein-
durchgelassene Intensität I(λ) mit der einfal- heit m–1. Ihr Kehrwert wird Eindringtiefe
lenden Intensität I0(λ) – wegen der Reflexi- a(λ) genannt. Bei sog. Graufiltern sind a und
onsverluste am Glas zieht man die Küvette k unabhängig von der Wellenlänge, zumin-
nicht einfach aus dem Strahlengang heraus, dest im sichtbaren Spektralbereich.
sondern vertauscht sie mit einer leeren. Di- Absorbiert wird Licht einzelner Atome,
vision liefert die Durchlässigkeit: Ionen, Moleküle, Molekülkomplexe, die z. B.
in wässriger Lösung schwimmen. Jede Teil-
I ( l )
durchgelassene Intensitat chenart bevorzugt bestimmte Wellenlängen-
D (l ) = .
I 0 ( l )
einfallende Intensitat bereiche und trägt ihr Absorptionsspektrum
wie eine Visitenkarte mit sich herum: Hämo-
316 Kapitel 7 · Optik
k ( l ) = K ( l ) × c,
I ( l ,c,d ) = I 0 × e ( ) .
- K l ×c × d
7
77Analyse im Labor und am Körper
Von Lambert-Beer-Gesetz „leben“ viele me-
.. Abb. 7.64 Absorptionsspektrum von Hämoglobin
(schwarz) und Oxyhämoglobin (rot)
dizinische Laboratorien geradezu, denn es
erlaubt, nach entsprechender chemischer
Vorbehandlung aus der Blutprobe eines Pa-
tienten die Konzentration von Sauerstoff,
Glukose, Ethanol (Blutalkohol), diesem
oder jenem Cholesterin, Blutfetten oder
sonst einer gerade interessanten Substanz im
Blut zu bestimmen. Wieso?
Dass vor allem komplizierte Moleküle
häufig ein charakteristisches Absorptions-
spektrum besitzen, lässt sich anschaulich be-
gründen. Sie bestehen nun einmal aus Ato-
men, die unter Beteiligung von
Coulomb-Kräften chemisch aneinander ge-
.. Abb. 7.65 Beer-Gesetz bunden sind. Viele Moleküle stellen deshalb
elektrische Dipole dar. Ein äußeres elektri-
globin, zuständig für den Sauerstofftransport sches Feld versucht nicht nur, die Moleküle
im Blut, hat in oxidierter Form als Oxyhämo- zu drehen, es „biegt auch an ihnen herum“.
globin ein deutlich anderes Absorptionsspek- Nun sind die Molekülteile nicht vollkom-
trum als in reduzierter Form (. Abb. 7.64). men starr miteinander verbunden: Sie kön-
Deshalb sieht das sauerstoffbeladene arteri- nen mit einer durch Masse und Bindungs-
elle Blut hellrot aus und das venöse bläuli- kräfte festgelegten Eigenfrequenz gedämpft
cher: Zufällig liegen die wesentlichen Ab- um ihre Normallage schwingen. Passt die
sorptionen im sichtbaren Spektralbereich. Frequenz des elektrischen Wechselfeldes, so
Das Absorptionsspektrum sagt zunächst kommt es zu Resonanz und Energieübertra-
nur etwas über die spektrale Verteilung der gung. Die Frequenzen der meisten Molekül-
optischen Absorption und ermöglicht da- schwingungen liegen im Bereich infraroten
mit, bestimmte Substanzen in einer Lösung Lichts – die Folge ist Infrarotabsorption. In
zu identifizieren, also eine qualitative chemi- Computerdatenbanken sind die Spektren
sche Analyse. Die Messung der Extinktions- zahlloser Substanzen mit ihren Werten für
7.3 · Intensität und Farbe
317 7
>>Merke
Optische Absorption:
55 Durchlässigkeit
l (l )
D (l ) =
l0 ( l )
55 Lambert-Gesetz:
D ( l ,d ) = e ( )
- k l ×d
k(λ) = Extinktionskonstante
d: Schichtdicke
55 Beer-Gesetz:
k (l ) = K (l ) × c
(für kleine Konzentrationen c)
Lambert-Gesetz und Beer-Gesetz bilden
zusammen:
55 Lambert-Beer-Gesetz:
- K ( l )× c × d
l ( l ,c,d ) = l0 × e
.. Abb. 7.67 Farbempfinden des normalsichtigen Menschen bei verschiedenen Wellenlängen sichtbaren Lichts
7
.. Abb. 7.68 Farbdreieck (schematisch). Trägt man
die relative Erregung rr des Rezeptors für rot längs der
Abszisse und die des Rezeptors für grün rg längs der
Ordinate auf, so entspricht der Abstand eines Punkts
von der Hypotenuse des Farbdreiecks der relativen Er-
regung rb des Rezeptors für blau. Punkte außerhalb
des Dreiecks sind grundsätzlich nicht erreichbar,
Punkte nahe den Dreiecksseiten tatsächlich nicht
Alle Punkte auf der Mittellinie zwischen den allel. Ihren Gangunterschied x bis zum Treff-
Wellenzentren (horizontale gestrichelte Linie punkt findet man, indem man von einem
in . Abb. 7.77) zeichnen sich dadurch aus, Zentrum ein Lot auf den Strahl des anderen
dass sie zu beiden Zentren gleichen Abstand fällt. Zwischen diesem Lot und der Verbin-
haben; der Gangunterschied ist null: Auf der dungslinie der Zentren liegt der gleiche Win-
Symmetrieebene liegt das Maximum 0. Ord- kel α wie zwischen der Richtung der Strahlen
nung. Der Winkel αn, um den das Maximum und der Symmetrieebene. Aus der Definition
n-ter Ordnung gegen diese Ebene versetzt ist, der Winkelfunktionen im rechtwinkligen
lässt sich für hinreichend große Abstände Dreieck folgt dann:
leicht anhand . Abb. 7.77 ausrechnen. Die
beiden beim fernen Punkt interferierenden x
sin (a ) =
Strahlen verlassen die Zentren praktisch par- d
n×l
sin (a n ) = .
d
7.4.3 Kohärenz
.. Abb. 7.77 Gangunterschied. Zur Herleitung der Beziehung für den Winkel α zwischen der Symmetrieebene
zweier Wellenzentren und der Richtung eines Interferenzmaximums
7.4 · Wellenoptik
325 7
gen Überlagerung von Wellenpaketen be- (. Abb. 7.79). Je nach Gangunterschied x
steht. . Abb. 7.78 versucht dies darzustellen: verstärken oder schwächen sie sich auf
Die Wellenpakete addieren sich zu einem Dauer: Die Interferenzfigur steht still, das
Wellenzug. Man kann erkennen, dass in die- Licht ist für hinreichend kleine Gangunter-
sem Wellenzug nicht nur die Amplitude schiede kohärent. Je größer der Gangunter-
schwankt, sondern auch die Wellenlänge. schied aber wird, umso schwächer wird der
Überlagern sich solche Wellenzüge aus zwei Interferenzkontrast. In . Abb. 7.79 sieht
verschiedenen Quellen an einem Ort, so man das gut beim unteren Foto einer keil-
wird die Helligkeit dort sehr schnell förmigen Seifenhaut. Diese wird nach rechts
schwanken. Das Auge nimmt aber nur eine dicker. Dadurch nimmt der Gangunter-
mittlere Helligkeit (Intensität) war und diese schied zwischen dem an der Vorderseite und
ist einfach die Summe der Helligkeit der ein- an der Rückseite reflektierten Licht zu. Man
zelnen Quellen. Man sagt: Das Licht ist in- erkennt gut, wie die Interferenzstreifen nach
kohärent. rechts schwächer werden. Die Streifen sind
Dagegen hilft nur folgendes: Man muss noch bunt, da das Licht weiß und nicht ein-
ein Lichtbündel aufspalten und die beiden farbig ist, wie in den Schemazeichnungen
Teilbündel einander überlagern. Auch dann angenommen. Den Gangunterschied, bei
besteht jedes Teilbündel aus der unregelmä- dem sich der Interferenzkontrast etwa hal-
ßigen Folge kurzer Wellenpakete, aber diese
Folge ist in beiden Bündeln die gleiche
Zufällige
Überlagerung Addieren und
x quadrieren
Intensitä t
Addieren
0 x
>>Merke
Kohärenz: feste Phasenbeziehung zwi-
schen zwei interferierenden Wellenzü-
gen.
Kohärenzlänge: Länge im Wellenzug, in
der die Wellenlänge einigermaßen kons-
tant bleibt.
>>Merke
Beugung und Interferenz am Doppel-
spalt und Beugungsgitter:
55 Maximum n-ter Ordnung:
l
sin (a n ) = n ×
d
55 Minimum n-ter Ordnung:
æ 1ö l .. Abb. 7.82 Beugungsgitter (schematisch). Die
sin (a n ) = ç n + ÷ × . Richtungen der Interferenzmaxima sind die gleichen
è 2ø d
wie beim Doppelspalt; die Maxima selber sind aber
wesentlich schärfer ausgeprägt, weil sich auch die Wel-
Wenn man den Doppelspalt zu einem Beu- lenzüge weit entfernter Spalte mit entsprechend höhe-
gungsgitter aus vielen äquidistanten Spalten ren Gangunterschieden gegenseitig auslöschen kön-
erweitert (. Abb. 7.82), so ändert sich an nen
328 Kapitel 7 · Optik
Rechenbeispiel 7.8:
Die Spektren überlappen
Aufgabe. Weißes Licht mit Wellen-
längen zwischen 400 und 750 nm fällt
auf ein Beugungsgitter mit 400 Spalten
pro Zentimeter. Zeigen Sie, dass das
Blau (λ = 450 nm) der 3. Ordnung mit
dem Rot (λ = 700 nm) der 2. Ordnung
überlappt.
Lösung. Der Abstand der Spalte im
Gitter beträgt d = (1/40)cm = 2,5 μm.
Für die Lage des 3. Interferenzmaxi-
mums des blauen Lichts ergibt sich: sin
α3 = 3 · (450 nm/2,5 μm) = 0,54,
das gibt α3 = 33°. Für Rot ergibt sich:
.. Abb. 7.83 Beugungsfiguren von Gittern mit 4, 10
und 250 Spalten
7.4 · Wellenoptik
329 7
mer dann, wenn der Gangunterschied zwi-
sin α3 = 2 · (700 nm/2,5 μm) = 0,56, schen den Randstrahlen ein ganzzahliges
das gibt α3 = 34°. Vielfaches der Wellenlänge wird. Dazwischen
bleibt ein Teil elementarer W
ellenzentren üb-
rig, die keinen Partner zur Interferenzlö-
7.4.5 eugungsfiguren und Auflö-
B schung finden. Ein einzelner Spalt mit der
sungsvermögen !! Breite D liefert demnach Beugungsminima in
Richtungen, die der Beziehung
Gleichmäßige Beugung aus einem Loch
oder Spalt heraus in den ganzen Halbraum n×l
sin (a n ) =
hinein (. Abb. 7.11) setzt einen Lochdurch- d
messer, eine Spaltbreite voraus, die gegen-
über der Wellenlänge klein ist. Bei Wasser- gehorchen. Diese ähnelt der Formel für die
wellen lässt sich das noch einigermaßen Interferenzmaxima zweier punktförmiger
erreichen, bei sichtbarem Licht würden die Wellenzentren.
Interferenzfiguren aber zu dunkel für eine
bequeme Beobachtung. Folglich macht man >>Merke
die Spalte breiter. Beugung am Spalt: Minimum bei
Ein breiter Spalt liefert aber schon für n×l
sin (a n ) = .
sich allein eine Beugungsfigur (. Abb. 7.84). d
Um dies zu verstehen, nimmt man an, in der Bemerkenswert an dieser Formel ist: Je
Spaltebene lägen elementare Wellenzentren schmaler der Spalt, je kleiner D, umso größer
dicht an dicht, die vom (senkrecht einfallen- wird α, umso breiter also das zentrale Maxi-
den) Primärlicht zu gleichphasigen Schwin- mum im Beugungsmuster. Diese paradox an-
gungen angeregt werden und entsprechend
abstrahlen (Huygens-Elementarwellen). Hat
der Spalt die Breite D, so beträgt der Gang-
unterschied zwischen den beiden unter dem
Winkel α emittierten Randstrahlen x = D ·
sinα. Deckt sich x mit der Wellenlänge λ, so
erhält ein Randstrahl gegenüber dem des
Elementarzentrums in der Spaltmitte den
Gangunterschied λ/2 und beide löschen sich
durch Interferenz aus (. Abb. 7.85).
Demnach lässt sich zu jedem Elementar-
zentrum in der einen Spalthälfte ein korres-
pondierendes in der anderen finden, dessen
.. Abb. 7.85 Zur Beugung am Spalt. In der Spalt-
Welle sich mit der seinen weginterferiert: α
ebene werden elementare Wellenzentren als Ausgangs-
bestimmt die Richtung des 1. Minimums in punkte von Huygens-Elementarwellen angenommen.
der Beugungsfigur des Einzelspaltes. Ver- 1. Interferenzminimum bei einer vollen Wellenlänge
gleichbare Situationen wiederholen sich im- Gangunterschied zwischen den Randstrahlen
.. Abb. 7.84 Beugungsfigur eines Spaltes. Zur Vermeidung von Überstrahlungen wurde die Bildmitte ausge-
blendet
330 Kapitel 7 · Optik
7.5.1 Lichtquant
Dass sie nicht früher entdeckt wurde, liegt Photonen interpretieren, als „Quanten-
an ihrer Kleinheit. Das Pendel von Großva- strom“ oder „Photonenstrom“, gemessen
ters Standuhr schwingt mit etwa einem als Anzahl durch Sekunde. Allerdings ist es
Hertz. Die zugehörige Quantenenergie von völlig unanschaulich, dass die Frage, wo das
weniger als 10–33 J entzieht sich jeder Mes- Lichtteilchen (Photon) denn hinfliegt, durch
sung. Wenn die Uhr abgelaufen ist, schwingt Wellenfunktionen beschrieben wird. Da-
das Pendel nach einer e-Funktion aus; durch gibt es Beugung und Interferenz.
Quantensprünge kann niemand erkennen. Dahinter steckt der berühmte Dualismus
Molekülschwingungen absorbieren oder von Welle und Korpuskel, der in den
emittieren meist infrarotes Licht; dazu gehö- 1920er-Jahren schier zu einem „Umsturz im
ren dann Frequenzen in der Größenordnung Weltbild der Physik“ führte – so der Titel
1014 Hz und Quantenenergien im Bereich eines Buches aus jener Zeit – und die Grenze
0,1 eV – für makroskopische Systeme immer der bis dahin betriebenen (und bisher in die-
noch blitzwenig, aber für ein einzelnes Mo- sem Buch behandelten) sog. klassischen
lekül keineswegs. Bei Zimmertemperatur Physik markiert. Diese Physik ist nicht
7 liegt die ihm zustehende mittlere thermische falsch, in ihrem Geltungsbereich liefert auch
Energie nur in der gleichen Größenordnung, die „moderne Physik“ keine anderen Ergeb-
nicht etwa weit darüber. nisse; sie tut es nur auf kompliziertere und
Die Quantenhypothese macht Beobach- weniger anschauliche Weise. Die Welt der
tungen nach Art der . Abb. 7.89 geradezu Quanten bleibt freilich der klassischen Phy-
selbstverständlich: Liegt die Austrittsarbeit sik verschlossen.
WA des Metalls über der Quantenenergie WQ
des Lichtes, kann das Elektron mit ihr nichts >>Merke
anfangen; liegt sie darunter, bleibt dem Licht besteht aus Photonen, deren Aus-
Elektron die Differenz, um die Leerlauf- breitung aber durch Wellen beschreiben
spannung UL aufzubauen: wird.
h· f = WQ = e0 ·U L + WA .
Rechenbeispiel 7.10:
Das ist die Gleichung eines linearen Zusam- Photonen aus der Glühlampe
menhanges. Mit der Grenzfrequenz fg lässt Aufgabe. Wie viele sichtbare Photo-
sich demnach die Austrittsarbeit messen: nen kommen größenordnungsmäßig aus
einer 100-W-Glühbirne?
WA = h· f g .
Lösung. Wir nehmen eine mittlere
Wellenlänge von 500 nm für das sicht-
Im Bereich der elektromagnetischen Wellen bare Licht. Das liefert eine Energie des
versteht man unter energiereicher Strahlung einzelnen Photons
eine kurzwellige Strahlung mit hoher Quan-
WQ = h × f = h × c / l
tenenergie, nicht etwa eine „intensive“
Strahlung mit hoher Strahlungsstärke. Bei = 6 × 6 × 10-34 Js × 6 × 1014 Hz = 4 × 10-19 J.
der Fotokathode bewirkt eine Steigerung Da unsere Glühbirne pro Sekunde 100 J
der Bestrahlungsstärke lediglich, dass mehr abgibt, wären das etwa 1020 Photonen.
Quantenenergien absorbiert werden und Tatsächlich gehen aber nur etwa 5 % der
mehr Elektronen austreten können: Der Fo- Leistung in sichtbares Licht (der Rest ins
tostrom steigt, nichts sonst. Infrarot). Deshalb ist 1019 eine bessere
So gesehen, darf man einen Strahlungs- Schätzung.
fluss (Watt) als Strom von Quanten, von
7.5 · Quantenoptik
333 7
7.5.2 nergiezustände und Spekt-
E das Niveauschema, das man für jedes chemi-
ren sche Element in mühsamer Kleinarbeit aus
dem Spektrum seines Atoms hat erschließen
Moleküle sind nicht starr; ihre Teile können müssen.
gegeneinander schwingen und, da sie meist Zunächst einmal befindet sich ein Atom
nicht elektrisch neutral sind, als schwin- im Zustand niedrigster Energie, im Grund-
gende Dipole elektromagnetische Wellen zustand. Dort passiert so lange nichts, wie
abstrahlen oder mit ankommenden in Reso- dem Atom keine Anregungsenergie zugeteilt
nanz geraten. Die Eigenfrequenzen organi- wird, mit der es mindestens in einen ange-
scher Moleküle liegen im Bereich bis etwa regten Zustand übergehen kann. Woher
1014 Hz hinauf, entsprechen also Infrarot- diese Energie stammt, spielt keine Rolle; sie
licht. Jede Molekülsorte besitzt ein charak- darf der thermischen Energie einer Flamme
teristisches Spektrum, das, meist in Absorp- entstammen, dem Elektronenstoß in einer
tion beobachtet, gern zur chemischen Gasentladung oder auch einem genau pas-
Absorptionsspektralanalyse benutzt wird senden Quant.
(7 Abschn. 7.3.2). Führt die Anregung nur in den ersten an-
Soweit das Bild der klassischen Physik. geregten Zustand, so hat das Atom keine
Die Quantenphysik fügt nur noch ergän- Wahl: Es kann nur mit dem gleichen Quan-
zend hinzu: Auch ein molekularer Oszillator tensprung in den Grundzustand zurückkeh-
kann seine Schwingungsenergie nur in ren, mit dem es ihn verlassen hat. Ist das
Quantensprüngen ändern; ihm sind nur dis- Atom aber in einen höheren angeregten Zu-
krete Energiezustände erlaubt, die man in stand gelangt, darf es unter Beachtung be-
vertikaler Energieskala wie die Sprossen ei- stimmter Auswahlregeln entscheiden, ob es
ner Leiter übereinanderzeichnen kann. in einem großen Sprung, also unter Emis-
Auch Atome emittieren Licht. Die an sion eines relativ energiereichen „kurzwelli-
sich farblose Flamme des Bunsenbrenners gen“ Quants, zurückkehrt oder in mehreren
wird leuchtend gelb, wenn Spuren von Sprüngen mit mehreren Quanten. Zuweilen
Kochsalz in sie hineingeraten. Ein Fingerab- geht das bis zum Grenzfall des Hoppelns
druck auf einem sauberen Stab aus Quarz- von Sprosse zu Sprosse, von Niveau zu Ni-
glas genügt bereits. Eine spektrale Zerlegung veau.
liefert zwei eng benachbarte, scharfe Linien Die Abstände der Sprossen sind nicht
bei 589,0 und 589,6 nm, die sog. D-Linien gleich wie bei einer Leiter, sie werden nach
des Natriums. Atome anderer Elemente füh- oben immer kleiner, die zugehörigen Quan-
ren zu anderer Flammenfärbung, die in ein- ten immer „langwelliger“. Das macht die
fachen Fällen eine durchaus praktikable Übersetzung eines beobachteten Spektrums
Methode zur qualitativen chemischen Ana- in das zugehörige Niveauschema so müh-
lyse liefert. In den raffinierten Techniken der sam. Relativ leicht gelingt dies noch beim
Emissionsspektralanalyse ist dieses Verfah- einfachsten aller Atome, dem des Wasser-
ren zu hoher technischer Vollkommenheit stoffs; . Abb. 7.90 zeigt einen zeichnerisch
entwickelt worden. etwas reduzierten Ausschnitt aus seinem
Beim Atom fällt es der klassischen Phy- Spektrum:
sik schwer, einen mechanischen Oszillator Man erkennt zwei Serien mit kurzwelli-
mit Rückstellkraft und geladener Pendel- gen Seriengrenzen, vor denen sich die Spek-
masse zu identifizieren; darum verzichtet trallinien so drängeln, dass sie sich nicht
man auf sie ganz und hält sich gleich an die mehr getrennt zeichnen lassen. Zur Emis-
Energiezustände der Quantenmechanik, an sion von Linien der Lyman-Serie im Ultra-
334 Kapitel 7 · Optik
.. Abb. 7.90 Spektrum des Wasserstoffs (Ausschnitt); die stärkeren Linien sind hier von Hand gezeichnet; zu
kurzen Wellen folgen noch zahlreiche, dichter beieinander liegende schwächere Linien
>>Merke
Niveauschema:
55 Grafische Darstellung der einem
Atom von der Quantenmechanik er-
laubten Energiezustände mit Grund-
zustand und angeregten Zuständen.
55 Quantensprünge zwischen diesen Zu-
ständen entsprechen Linien im Emissi-
ons- oder Absorptionsspektrum.
h×c >>Merke
l³ .
e0 × U Röntgenröhre, Röntgenstrahlen:
Freie Elektronen aus einer Glühkathode
Das vollständige Bremsspektrum einer werden mit einer Spannung U > 10 kV
Röntgenröhre zeigt . Abb. 7.97. Es ist vom auf eine Anode geschossen und erzeugen
7.5 · Quantenoptik
339 7
dort bei ihrer Abbremsung energiereiche Gesetz (7 Abschn. 7.3.2), wenn auch nicht
Quanten. Das Bremsspektrum hat eine ganz genau, weil sie stärker gestreut werden
kurzwellige Grenze bei WQ = e0 · U. als sichtbares Licht. Statt des Absorptions-
koeffizienten k definiert man im Röntgenbe-
77Genaueres zur Röntgenröhre
reich einen Schwächungskoeffizienten μ:
In einer Röntgenröhre wird die elektrische
I = I 0 ·e(
- m ·d )
Energie überwiegend in Wärme umgesetzt;
der Nutzeffekt ist schlecht. Kleinere Röh-
ren, wie etwa die beim Zahnarzt, dürfen des- (I = durchgelassene, I0 = auffallende Strah-
halb immer nur sekundenweise eingeschaltet lungsleistung, d = Schichtdicke).
werden (das genügt für eine Aufnahme) und Röntgenstrahlen werden von Atomen
brauchen längere Abkühlpausen. Der Dau- absorbiert, und zwar unabhängig von che-
erbetrieb einer Therapieröhre verlangt dem- mischen Bindungen, unabhängig also von
gegenüber eine intensive Zwangskühlung dem Molekül, zu dem das Atom gehört. Da-
durch Wasser oder Öl. Auf jeden Fall ist die durch lässt sich die Absorption von Rönt-
thermische Belastung am Ort des Brenn- genlicht in mancher Beziehung einfacher be-
flecks, auf den die Elektronen konzentriert handeln als die von sichtbarem. Es geht nur
werden, beträchtlich. Medizinisch genutzte um die Atome von rund hundert chemischen
Röhren tragen dort meist ein kräftiges Stück Elementen, nicht um die Moleküle der zig-
Wolfram mit dem hohen Schmelzpunkt von tausend chemischen Verbindungen.
3650 K. Es wird in massives Kupfer einge- Die Anzahldichte, mit der eine (mit dem
setzt, das eine hohe Wärmeleitfähigkeit be- Index j gekennzeichnete) Atomsorte in ir-
sitzt. Der Brennfleck soll möglichst klein gendeinem Material vertreten ist, bedeutet
sein, damit der Schattenwurf im Röntgen- auch eine Massendichte ρj, mit der sie sich
bild scharf wird (7 Abschn. 7.5.6). an der gesamten Massendichte ρ des Mate-
Das volle Röntgenbremsspektrum lässt rials beteiligt. Kennt man dessen chemische
sich nur in Spezialapparaturen ausmessen; Zusammensetzung, so lassen sich die einzel-
normalerweise nimmt allein schon der Glas- nen ρj über die Atomgewichtstabellen leicht
kolben der Röhre den langwelligen Teil her- bestimmen. Weil sich die Röntgenabsorptio-
aus. . Abb. 7.97 hat dies bereits berück- nen der verschiedenen Atomsorten einfach
sichtigt. In der Klinik werden zusätzliche addieren, genügt es, für alle chemischen Ele-
Filter (etwa eine Aluminiumscheibe) in den mente die (wellenlängenabhängigen) Mas-
Strahlengang gesetzt, die ebenfalls bevor- senschwächungskoeffizienten
zugt die langen Wellen absorbieren. Ziel ist,
die Strahlung insgesamt kurzwelliger, also mj
härter und durchdringungsfähiger zu ma-
mm =
rj
chen. Denn damit sinkt die Strahlenbelas-
tung für den Patienten. Nur Energie, die ab-
(Schwächungskoeffizient durch Dichte) zu
sorbiert wird, hat biologische Wirkung, tabellieren. Man kann dann für jede Subs-
kann Strahlenschäden auslösen. Ein Teil der
tanz und jedes Substanzgemisch über die
Energie muss freilich absorbiert werden,Dichteanteile der Komponenten den Schwä-
chungskoeffizienten μ berechnen.
denn sonst gäbe es keine Kontraste im Rönt-
genbild. Knochen erscheinen im fotografi- Röntgenstrahlen werden weit stärker ge-
schen Negativ hell; sie absorbieren stärker
streut als sichtbares Licht. Für Röntgenau-
und sind deshalb auch stärker gefährdet. ◄
gen wären Menschen zwar in gewissem
Grad durchsichtig, die Luft erschiene aber
Auch Röntgenstrahlen folgen beim Durch- neblig trüb; die Welt läge in einem dichten
gang durch die Materie dem Lambert-Beer- Dunstschleier. Der Schwächungskoeffizient
340 Kapitel 7 · Optik
μm setzt sich deshalb additiv aus einem ech- gilt in hohem Maße für den Fotoeffekt, bei
ten Absorptionskoeffizienten τm und einem dem ein einzelnes Elektron die gesamte
Streukoeffizienten σm zusammen. Weil Quantenenergie auf einen Schlag über-
Strahlung, die durch Streuung aus einem nimmt.
Lichtbündel ausgetreten ist, durch Vielfach- In biologischem Gewebe wird der Mas-
streuung wieder eintreten kann, hält sich die senschwächungskoeffizient bis etwa 50 keV
Schwächung auch monochromatischer vom Fotoeffekt bestimmt, ab 80 keV herrscht
Röntgenstrahlung nicht exakt an eine der weniger von der Quantenenergie abhän-
e-Funktion. gige Compton-Effekt (7 Abschn. 7.5.5),
den oberhalb 10 MeV die Paarbildung ab-
>>Merke löst (. Abb. 7.99). Paarbildung heißt: Die
Schwächungskoeffizient μ: Energie des Photons ist so hoch, dass daraus
I = I0 · e(–μ · d), Materie (Elektron und Positron) entstehen
Massenschwächungskoeffizient μm: kann (7 Abschn. 8.2.8).
mj
mm =
7 rj Praktikum 7.5
Leider erschwert die Streuung den medizini- Meistens wird die Absorption der Strah-
schen Strahlenschutz: Es genügt nicht, dass lung in Abhängigkeit von der Dicke des
sich die Röntgenschwester aus dem direk- absorbierenden Materials ausgemessen.
ten, auf den Patienten gerichteten Strahlen- Da die Intensität im Material exponen-
bündel heraushält; sie muss sich schon hin- tiell absinkt, lässt sich die Absorption
ter eine Schutzmauer ins Nebenzimmer charakterisieren mit einer
begeben: Der Bestrahlungsraum ist völlig
von Streulicht durchsetzt und hat deshalb
das Röntgenwarnschild (. Abb. 7.98) schon
an der Tür.
Die leichten Atome am Anfang des Pe-
riodensystems der Elemente absorbieren
Röntgenstrahlung kaum; mit steigender
Atomnummer nimmt das Schwächungsver-
mögen ganz erheblich zu. Langwellige, also
weiche Röntgenstrahlung, wird allgemein
stärker absorbiert als kurzwellige harte. Das
niedrigen und seine Wellenlänge erhöhen; zwischen sozusagen Digitalkameras, bei de-
der Betrag hängt mit dem Streuwinkel zu- nen das Röntgenbild sofort digital vorliegt.
sammen. Für Röntgenlicht lassen sich keine Linsen
Messungen mit Röntgenstrahlen haben schleifen, denn in seinem Spektralbereich
ergeben, dass sich dieser Compton-Effekt weichen die Brechzahlen aller Substanzen
genannte Vorgang wirklich an die Stoßge- nicht nennenswert von eins ab. Die Röntgen-
setze hält. Dabei muss das gestreute Elekt- diagnostik ist deshalb zunächst einmal auf
ron nicht einmal frei sein; die Energie eines lebensgroße Schattenbilder angewiesen.
Röntgenquants ist groß genug, um ein paar Scharfer Schattenwurf erfordert kleine
Elektronenvolt für die Ionisation, für die Lichtquellen, in der Röntgenröhre also einen
Abspaltung eines der äußeren Hüllenelekt- kleinen Brennfleck (. Abb. 7.101), auf den
ronen des Atoms, unauffällig zu liefern. die Elektronen konzentriert werden müssen.
Compton-Streuung spielt bei der Schwä- Dort setzen sie ihre kinetische Energie fast
chung der medizinisch genutzten Röntgen- vollständig in Wärme um. Die Folge ist eine
strahlen schon ab 50 keV eine gewichtige hohe thermische Belastung. Man setzt des-
7 Rolle (. Abb. 7.99). Wie beim Fotoeffekt halb an den Ort des Brennflecks ein hoch-
werden schnelle Elektronen erzeugt, nur schmelzendes Material wie Wolfram, bettet
verschwindet das Quant nicht völlig. Es es in gut wärmeleitendes Kupfer ein und
fliegt mit kleinerer Energie („errötet“, wenn kühlt dieses mit Wasser.
man so will) zur Seite weiter. Quanten sind Nur relativ bescheidene Röhren wie etwa
nicht so unwandelbar wie Elektronen, wie die bei Zahnärzten kommen mit der Wärme-
„richtige“ Partikel. kapazität ihrer Anode aus, brauchen aber
Quanten besitzen ja auch keine Ruhe- nach einigen wenigen Aufnahmen eine län-
masse wie richtige Partikel, sondern nur gere Ruhepause zur Abkühlung. Die ther-
Energie. Weil aber nach der Relativitätstheo- mische Belastung des Wolframs lässt sich
rie Energie und Masse äquivalent sind dadurch mindern, dass man die Anode in
(7 Abschn. 8.2.3), unterliegt Licht doch der Richtung des Nutzstrahlbündels abschrägt
Gravitation. Im Labor ist das nur mit (. Abb. 7.101): Die perspektivische Verkür-
beträchtlichem Aufwand nachzuweisen.
zung erlaubt es, dem Brennfleck eine grö-
Selbst im Weltraum ziehen nur große Him- ßere Fläche zu geben.
melskörper vorbeilaufendes Licht merklich Chemisch besteht der Mensch überwie-
an. Es scheint aber auch Himmelskörper zu gend aus Wasser und komplizierten Kohlen-
geben, deren Masse so groß ist, dass ihr eige-
nes Licht sie nicht verlassen, ihrer Gravita-
tion nicht entfliehen kann, und ankommen-
des Licht unrettbar eingefangen wird. Die
Astrophysiker nennen sie „schwarze Lö-
cher“, zu Recht, denn schwärzer kann ein
Loch nicht sein.
7.5.6 Röntgendiagnostik
der sich verstärken und zu einer Art „Fern- Hingegen muss eine Schwingung, die nur
sehbild“ zusammensetzen lässt. Das Auflö- eine begrenzte Zeitspanne Δt andauern soll,
sungsvermögen wird durch die Bündelung mathematisch durch Überlagerung aus vie-
des abtastenden Elektronenstrahls begrenzt; len Einzelschwingungen zusammengesetzt
es ist geringer als beim normalen Elektro- werden, die sich vor und nach Δt weginter-
nenmikroskop. Die große Schärfentiefe des ferieren. Ihre Frequenzen müssen einen Be-
Rasterelektronenmikroskops erlaubt aber reich Δω dicht an dicht ausfüllen – je kleiner
Aufnahmen, die überraschend plastisch wir- Δt, desto größer Δω und umgekehrt. „Dicht
ken (. Abb. 7.107). an dicht“ heißt kontinuierlich; die Mathe-
matik braucht unendlich viele Einzelschwin-
gungen mit unendlich kleinen, aber doch
7.6.3 Unschärferelation unterschiedlichen Amplituden. Sie muss ei-
nigen Aufwand treiben, um eine realistische
Die reine Sinusschwingung Situation korrekt zu beschreiben.
Was den Schwingungen recht ist, ist den
y ( t ) = y0 × sin (w × t ) Wellen billig. Ein begrenzter Wellenzug der
Länge Δx entspricht der Überlagerung un-
hat weder Anfang noch Ende, denn die Am- endlich vieler unendlicher Wellen, deren
plitude y0 der Auslenkung y(t) ändert sich Wellenlängen λ einen Bereich Δλ dicht an
mit der Zeit t ausdrücklich nicht. Die dicht mit unendlich kleinen, aber unter-
Schwingung war schon da, als die Welt ge- schiedlichen Amplituden ausfüllen. Je klei-
schaffen wurde, und dauert über den jüngs- ner Δx, desto größer Δλ und umgekehrt. Zu
ten Tag hinaus unentwegt an. Realistisch ist den großen Kohärenzlängen des Laserlichts
das nicht, aber mathematisch leicht zu be- gehören mit mathematischer Notwendigkeit
schreiben. besonders schmale Spektrallinien.
7.7 · In Kürze
347 7
Auch die Materiewelle, die ein Elektron lungswelt des Menschen; Elektronen und
repräsentiert, braucht als Wellenpaket der Quanten kennen die Naturgesetze und rich-
Länge Δx einen Wellenlängenbereich Δλ, ten sich nach ihnen. Die Natur ist nicht ver-
wenn das Elektron auf den Bereich Δx loka- pflichtet, ihre Gesetze dem Gehirn des Men-
lisiert sein soll. Zu Δλ gehört aber ein Be- schen anzupassen.
reich Δp des mechanischen Impulses und ein
Bereich Δv der Geschwindigkeit. Je geringer
die Ortsunschärfe Δx, desto größer die Im-
pulsunschärfe Δp und umgekehrt. Wie Wer- 7.7 In Kürze
ner Heisenberg herausfand, kann das Pro-
dukt beider Unschärfen nicht kleiner sein zz Licht
als die Planck-Konstante h: Licht ist eine elektromagnetische Welle. Die
Feldstärken stehen senkrecht zur Ausbrei-
Dp × Dx ³ h, tungsrichtung; die Welle ist damit transver-
sal und kann mit einem Polarisationsfilter
und das prinzipiell, nicht etwa wegen man- linear polarisiert werden. Reflexion und
gelnder Messtechnik (deren Messungenau- Streuung kann polarisationsabhängig sein.
igkeiten meist viel größer sind). Diese Un-
Vakuumlichtge- c=3·
schärferelation gilt für alle Paare
schwindigkeit 108 m/s
physikalischer Größen, deren Produkt die
physikalische Größe Wirkung ergibt, sich Sichtbares Licht λ = 0,4– λ: Wellen-
0,8 μm länge [m]
also in der Einheit kg · m2/s messen lässt –
etwa auch für Energie- und Zeitunschärfe:
DWQ × Dt ³ h; zz Lichtintensität
Die Intensität einer Welle ist die Energie, die
je größer die mittlere Lebensdauer Δt eines pro Zeiteinheit durch eine Fläche hindurch-
angeregten Zustands im Atom, desto schär- tritt, die senkrecht zur Ausbreitungsrich-
fer die emittierte Spektrallinie. tung steht (Energiestromdichte). Die Inten-
Wer Atommodelle entwirft, darf die Un- sität nimmt bei einer punktförmigen
schärferelation nicht vergessen; auch in Ge- Lichtquelle mit dem Quadrat des Abstands
danken darf man ein Elektron nicht genauer von der Lichtquelle ab. Für die Strahlungs-
lokalisieren, als die Unschärferelation er- leistung einer Lampe gibt es physikalische
laubt. Anschaulich ist das nicht, denn in der Einheiten (Watt, Watt pro Raumwinkel,
makroskopischen Welt, in der sich das Watt pro Quadratmeter) und mit der spekt-
menschliche Anschauungsvermögen entwi- ralen Empfindlichkeit des Auges bewertete
ckelt hat, spielt das Plank’sche Wirkungs- Einheiten (Lumen, Candela, Lux).
quantum h keine nennenswerte Rolle, weil es Quadratisches I: Intensität [W/
1
so klein ist. Das Zusammenspiel von elekt- Abstandsgesetz I~ m 2]
r2
romagnetischer Welle und Quant, von Parti- (punktförmige r: Abstand von
kel und Materiewelle bleibt unanschaulich; Quelle) der Quelle [m]
man kann sich allenfalls durch häufigen Ge-
brauch daran gewöhnen. Dies mag der
Grund sein, warum zuweilen vom Dualis- zz Absorption
mus von Welle und Korpuskel gesprochen Die meisten Substanzen absorbieren Licht,
wird, als handele es sich um einen unauflös- und zwar unterschiedlich stark bei unter-
lichen Widerspruch in der Natur. Der Wi- schiedlichen Wellenlängen. Diese Wellenlän-
derspruch existiert aber nur in der Vorstel- genabhängigkeit der Absorption ist charak-
348 Kapitel 7 · Optik
Beim Übergang von einem optisch dün- Frequenz, wohl aber ihre Wellenlänge, was
nen Medium (kleine Brechzahl) in ein op- wiederum zu einer Änderung der Ausbrei-
tisch dichteres Medium (größere Brechzahl) tungsrichtung führt. Wird beim Übergang
wird ein Lichtstrahl zum Lot hin gebrochen, von einem dichteren Medium in ein dünne-
im umgekehrten Fall vom Lot weg. Dies be- res Medium der Ausfallswinkel größer als
ruht darauf, dass die Lichtwelle im optisch 90°, so wird alles einfallende Licht an der
dichteren Medium eine niedrigere Geschwin- Grenzfläche reflektiert (Totalreflexion).
digkeit hat. Dadurch ändert sich nicht ihre
Brennweite Abstand des Punkts hinter der Linse, in dem sich Strahlen, die vor der Linse
parallel laufen, treffen (Sammellinse, . Abb. 7.39)
Brechwert 1 f: Brennweite [m]
D= D: Brechwert
f
é1 ù
D positiv: Sammellinse êë m = dpt,Dioptrie úû
D negativ: Zerstreuungslinse
Setzt man mehrere Linsen dicht hintereinander, so addieren sich die Brech-
werte. Dabei ist der Brechwert von Zerstreuungslinsen negativ zu nehmen.
Abbildungsgleichung 1 1 1 f: Brennweite [m]
+ = ; gilt für das reelle g: Gegenstandsweite [m]
g b f
b: Bildweite [m]
Bild einer dünnen Sammellinse
Vergrößerungsfaktor Bildgroße B f
= =
Gegenstandsgroße G g - f
Beugung Licht, das durch einen hinreichend schmalen Spalt fällt, geht „um die Ecke“.
Interferenz Wenn sich Licht aus verschieden Richtungen überlagert, so entsteht ein Interferenz-
muster aus hellen und dunklen Gebieten.
Beugungsgitter Viele Spalten nebeneinander bewirken ein Interferenzmuster αn: Winkel des
mit ausgeprägten, scharfen Intensitätsmaxima unter den Intensitätsmaximums
Winkeln: n: Nummer der
n×l Ordnung
sin a n = λ: Wellenlänge [m]
g
g: Gitterkonstante [m]
(Spaltabstand)
350 Kapitel 7 · Optik
zz Geometrische Optik
7.8 Fragen und Übungen 7.1 ⧫ Der Glaskörper des menschlichen Au-
ges hat die Brechzahl 1,34. Welcher Grenz-
7.8.1 Verständnisfragen winkel der Totalreflexion gegenüber Luft
(n ≈ 1,00) gehört dazu?
7.1 Welches Farbe hätte der Himmel, wenn 7.2 ⧫ Ein Lichtstrahl tritt von einem op-
die Erde keine Atmosphäre besäße? tisch dünneren Medium in ein optisch dich-
7.2 Welche Werte einer Lichtwelle än- teres. Ändert sich seine Wellenlänge und
dern sich, wenn sie von Luft in Glas eintritt, wenn ja, wie?
welche nicht? 7.3 ⧫⧫ Ein Lichtstrahl trifft aus Luft auf
7.3 Warum kann man einen Tropfen eine Glasoberfläche (n = 1,52) und wird teil-
Wasser auf dem Tisch sehen, obwohl Was- weise reflektiert und teilweise gebrochen.
ser transparent und farblos ist? Der Reflexionswinkel ist doppelt so groß wie
7.8 · Fragen und Übungen
351 7
der Winkel des gebrochen Strahls. Wie groß 7.13 ⧫⧫ Wie weit sind Objekt und reelles
ist der Einfallswinkel? Bild auseinander, wenn die abbildende Linse
eine Brennweite von 75 cm hat und das Bild
æ 1 ö um den Faktor 2,75 vergrößert ist?
ç sin 2a = sin a × cos a ÷
è 2 ø 7.14 ⧫⧫ Welche Brennweite hat eine Lupe
mit der Aufschrift „8ד?
7 zz Röntgenstrahlen
7.25 ⧫ Welche Anodenspannung einer Rönt-
genröhre ist bei medizinischen Anwendun-
gen typisch?
353 8
8.1.3 Pauli-Prinzip
Das einsame Hüllenelektron des Wasser-
stoffs darf sich auf jede Bohr-Bahn seines
Atoms setzen, sofern es sich die dazu nötige
Energie beschaffen kann. Sobald sich aber
der Kernladungszahl Z entsprechend meh-
rere Elektronen in einer Hülle versammeln,
müssen sie das Pauli-Prinzip beachten: Es
erlaubt immer nur zwei Elektronen, gemein-
sam auf einer Bohr-Bahn umzulaufen, und
8 keinem weiteren.
>>Merke
Pauli-Prinzip: Jede Bohr-Bahn darf von
nicht mehr als zwei Hüllenelektronen be-
setzt werden.
.. Abb. 8.3 Elektronenwolken. Sie kennzeichnen die Eine K-Schale besitzt nur eine einzige Bahn,
Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Hüllenelektrons
die Kreisbahn. Sie hat also nur für zwei
in verschiedenen angeregten Zuständen
Elektronen Platz. Das genügt dem Wasser-
stoff (Z = 1) und dem Helium (Z = 2). Das
Dreidimensionale stehende Wellen kön- nächste Element im Periodensystem, das Li-
nen noch viel kompliziertere Formen anneh- thium, muss sein drittes Elektron bereits in
men. Leider können die stehenden Materie- die L-Schale setzen. Diese fasst mit Kreis-
wellen des Hüllenelektrons eines Atoms und Ellipsenbahnen zusammen acht Elekt-
nicht mit einem Mikroskop sichtbar ge- ronen, reicht also bis zum Neon mit Z = 10.
macht werden, aber man kann sie berechnen Natrium (Z = 11) braucht bereits einen Platz
und als wolkige Gebilde darstellen, wie das in der M-Schale.
in . Abb. 8.3 versucht wurde. Dort wo es Darüber wird es komplizierter. Zuweilen
blau ist, ist die Aufenthaltswahrscheinlich- setzt sich ein neues Elektron „vorzeitig“ in
keit für das Elektron hoch. Man spricht von eine höhere Schale, und die innere wird erst
einer Elektronenwolke. Jedes Bild zeigt ei- bei Elementen mit größerer Atomnummer
nen Schnitt durch diese Wolke für verschie- aufgefüllt. Chemisch zeigt sich eine Syste-
dene Energiezustände des Wasserstoffatoms. matik:
Erhellend sind solche Bilder nur in Gren- 55 Alle Elemente, deren Elektronen eine
zen. Darum spricht man gern weiter von so Schale voll besetzen, eine Schale „ab-
anschaulichen Bohr-Bahnen, obwohl man schließen“, sind reaktionsunwillige Edel-
weiß, dass es sie, genau genommen, gar nicht gase:
gibt. Dabei muss man dann neben den Kreis- 55 ihre Nachbarn zu beiden Seiten entwi-
bahnen der . Abb. 8.1 auch noch elliptische ckeln demgegenüber besondere chemi-
Bahnen mit halbwegs gleicher Größe und sche Aggressivität.
8.1 · Aufbau des Atoms
357 8
55 Elemente, denen nur noch ein Elektron
zur abgeschlossenen Schale fehlt, sind
Halogene. Sie bilden gern negative Io-
nen:
55 Diejenigen, die ein Elektron zu viel be-
sitzen, sind Alkalimetalle, Sie bilden
gern positive Ionen, denn dann sind ihre
Elektronenschalen abgeschlossen.
>>Merke
Bohr’sches Atommodell und Pauli-
Prinzip machen nicht nur die Atomspek-
tren, sondern auch das Periodensystem
der Elemente verständlich.
8.2.1 Kernspinresonanztomogra-
fie (MRT)
E = m × c2 .
8.2.3 Massendefekt
8.2.4 Radioaktivität !!
Es überrascht, aber die Masse des häufige-
ren Helium-Isotops 42 He liegt mit 4,0020 u In einem stabilen Atomkern müssen Kern-
etwas unter der gemeinsamen Masse der vier und Coulomb-Kräfte in einem ausgewogenen
Nukleonen, die es bilden. Mit knapp 2 % Verhältnis stehen. Viel Spielraum lässt die Na-
springt dieser Massendefekt nicht ins Auge, tur ihnen nicht: In der Nuklidtafel
362 Kapitel 8 · Atom- und Kernphysik
Zerfallsart Emittiert ΔZ ΔN ΔA
wird
α −2 −2 −4
4
2 He
β− Elektron +1 −1 0
β+ Positron −1 +1 0
K- – −1 +1 0
Einfang
γ Quant 0 0 0
Leider emittieren (fast) alle β-Strahler auch ten irgendwo im Wellenbündel und laufen
durchdringende Quanten, der Patient wird seitlich aus ihm heraus (. Abb. 8.16).
also zu einer lebenden γ-Quelle. Glückli- α-, β- und γ-Strahlen sind zwar die
cherweise klingt die Aktivität des Goldprä- wichtigsten Produkte radioaktiver Kern-
parats mit einer Halbwertszeit von rund 3 umwandlungen, nicht aber die einzigen.
Tagen ab (auch in der Kanalisation, in die . Abb. 8.17 zeigt die Spuren von Protonen.
einige der strahlenden Kerne sicherlich ent- Dass die Bahnen gekrümmt sind, hat einen
wischen). γ-Quanten und Röntgenstrahlen äußerlichen Grund: Die Nebelkammer be-
hinterlassen in der Nebelkammer unmittel- findet sich in einem Magnetfeld mit den
bar keine Spuren. Sie lösen aber bei der Ioni- Feldlinien in Blickrichtung der Kamera.
sation energiereiche Elektronen aus, die Folglich wird jedes hindurchfliegende Teil-
β-Teilchen entsprechen. Deren Spuren star- chen, sofern es elektrisch geladen ist, von
der Lorentz-Kraft auf eine Kreisbahn ge-
zwungen (7 Abschn. 6.9.2).
Der Drehsinn der Kreisbahn hängt vom
Vorzeichen der Ladung, der Bahnradius von
Geschwindigkeit und spezifischer Ladung
8 q/m ab. Die schweren α-Teilchen werden da-
rum weniger stark abgelenkt als die leichten
Elektronen – und in entgegengesetzter Rich-
tung zudem. . Abb. 8.18 setzt demnach die
Existenz eines Magnetfeldes stillschweigend
voraus.
8.2.6 Zerfallsgesetz !!
.. Abb. 8.16 Nebelkammeraufnahme. Quanten hin- hen aber Spuren nach Art von β-Teilchen seitlich aus
terlassen keine eigenen Spuren in der Nebelkammer; dem Quantenbündel heraus
die von ihnen aus Atomen gestoßenen Elektronen zie-
8.2 · Aufbau des Atomkerns
367 8
tent und sein Kästchen in der Nuklidtafel
bleibt leer.
Die Radioaktivität wird vom Zufall re-
giert: Niemand kann vorhersagen, welcher
Kern in einem radioaktiven Präparat als
nächster zerfallen wird. Auch der Zufall
wird von mathematischen Gesetzen regiert:
Man kann recht genau vorhersagen, wie
viele Kerne eines bekannten radioaktiven
Präparats in der nächsten Sekunde, Minute,
Stunde oder Woche zerfallen werden. Den
Quotienten aus Anzahl ΔN und Zeitspanne
Δt, die Zerfallsrate, bezeichnet man als
DN
Aktivitat A=
Dt
A = l × N = N / t .
Aktivitat
.. Abb. 8.18 Spuren radioaktiver Strahlen im Mag-
netfeld. Quanten werden gar nicht, Elektronen nach Das gilt so für ein einheitliches Präparat,
der einen und Heliumkerne nach der anderen Seite ab-
gelenkt. Die Zeichnung ist nicht maßstabgerecht: Ein
dessen Nuklid mit einem einzigen Sprung
Feld, das Elektronen in der angegebenen Weise ab- die stabile Rinne erreicht. Zieht es eine Zer-
lenkt, würde α-Teilchen nicht erkennbar beeinflussen fallsreihe mit n vergleichsweise kurzlebigen
368 Kapitel 8 · Atom- und Kernphysik
dN N (t )
=- .
dt t
Gesetzdesradioaktiven Zerfalls
.. Abb. 8.19 a, b (Video 8.1) Radioaktiver Zerfall am
N ( t ) = N 0 × e( – t /t ) = N 0 × e( – l ×t ) . Beispiel von Radon-222; Halbwertszeit 3,825 Tage,
Lebensdauer 5,518 Tage; a Darstellung in linearem
Maßstab; b einfach-logarithmische Darstellung
Die abfallende e-Funktion besagt: In glei- (https://doi.org/10.1007/000-08d)
chen Zeitspannen Δt geht N(t) von jedem
Ausgangswert N0 auf dessen gleichen Bruch-
teil hinunter, insbesondere in der Halbwerts- gendeinem Zeitpunkt t0 angelegt, schneidet
zeit T½ auf ½N0. Aus alter Gewohnheit wird die Abszisse zum Zeitpunkt t0 + τ, d. h. um
in Tabellenbüchern meist die Halbwertszeit 1,4472 Halbwertszeiten nach t0. Teilt man
und nicht die mittlere Lebensdauer angege- die Ordinate logarithmisch, so streckt sich
ben. Rein mathematisch gilt: die Kurve zur Geraden.
Halbwertszeit >>Merke
T½ = Lebensdauert × ln 2 = 0, 6931 ×t . Gesetz des radioaktiven Zerfalls:
N ( t ) = N 0 × e( – t /t ) = N 0 × e( – l ×t ) .
Grafisch liefert der radioaktive Zerfall in li-
nearem Maßstab die schon bekannte abfal- 55 Kenngrößen des radioaktiven Zer-
lende Kurve der Exponentialfunktion falls:
(. Abb. 1.19, 7 Abschn. 1.5.2), die an der 55 Mittlere Lebensdauer τ,
Ordinate startet und asymptotisch auf die 55 Zerfallskonstante λ = 1/r,
Abszisse zuläuft, ohne sie jemals zu errei- 55 Halbwertszeit T½ = τ ·ln2,
chen (. Abb. 8.19). Eine Tangente, zu ir- 55 Aktivität
8.2 · Aufbau des Atomkerns
369 8
N (t ) Praktikum 8.1
A ( t ) = dN / dt =
t
= l × N ( t ) = Zerfallsrate; Radioaktiver Zerfall, Absorption
Die Versuche dienen dazu, den Ge-
Einheit: Becquerel = Bq = 1/s; Cu- brauch von Nachweisgeräten (Zählrohr
rie = Ci = 3,77·1010 Bq. oder Szintillationszähler) und den Um-
Die Lebensdauern und Halbwertszeiten der gang mit radioaktiven Stoffen zu erfah-
Nuklide reichen von 0 (nichtexistent) bis ∞ ren. Die Hochschulen setzen die ver-
(stabil). Einige Beispiele seien hier aufge- schiedensten radioaktiven Proben ein.
führt: Man kann auch etwas über Statistik ler-
nen, da der radioaktive Zerfall gezählt
Kalium-40 T½ = 1,28 · 109 Jahre wird und zufällig verläuft.
Kohlenstoff-14 T½ = 5730 Jahre Da die Aufgaben an den einzelnen
Universitäten variieren, kann hier nur
Radon-222 T½ = 5,825 Tage
auf die relevanten Kapitel verwiesen
Freies Neutron T½ = 18 min werden:
Tantal-181 T½ = 6,8 μs
Strahlung 7 Abschn. 8.2.4
radioaktiver
Kerne, Zerfalls-
77Natürliche Strahlungsaktivität des Menschen reihe
Seit Anbeginn der Welt, seit dem Urknall
Nachweis der 7 Abschn. 8.2.5
vor etwa 14 Mrd. Jahren, hat Kalium-40 Strahlung,
noch keine 15 Halbwertszeiten erlebt. Zehn Zählrohr
Halbwertszeiten bringen den Faktor 1024.
Zerfallsgesetze dieser Abschnitt
Gewiss: K-40 ist seither deutlich weniger ge-
worden, es ist aber immer noch so viel vor- Absorption von 7 Abschn. 7.5.4
Strahlung
handen, dass es ganz natürlicherweise in
Pflanze, Tier und Mensch vorkommt. 80 %
der natürlichen Aktivität des Menschen
stammen vom K-40.
Auch Kohlenstoff-14 (C-14)kommt in der
Natur vor, durch Kernprozesse in der hohen Rechenbeispiel 8.2: Alter Knochen
Atmosphäre ständig erzeugt. Er dient den Ar- Aufgabe. Ein Tierknochen in einer ar-
chäologen zur Altersbestimmung von Fund- chäologischen Ausgrabungsstätte ent-
stücken, die biologisches Material enthalten. hält 200 g Kohlenstoff. Er weist eine Ak-
Das Edelgas Radon-222 gehört zur Zer- tivität von 15 Zerfällen pro Sekunde auf,
fallsreihe des Radium-226, einer Allerwelts- die von dem Kohlenstoff-14 Isotop her-
substanz, die in Spuren überall vorkommt und kommt. Wie alt ist der Knochen? Dazu
z. B. auch zur Aktivität des Menschen mess- muss man wissen, dass das Verhältnis
bar, wenn auch unwesentlich beiträgt. Ra- 14 12
6 C zu 6 C zum Zeitpunkt, als das Tier
don-222 kriecht aus Mauersteinen und kann in noch atmete und fraß 1,3 · 10−12 war (na-
Zimmern, zumal in schlecht gelüfteten, durch- türliche Zusammensetzung in der Luft
aus bedenkliche Konzentrationen erreichen: und den Pflanzen).
Wenn es eingeatmet zum nicht mehr gasförmi- Lösung. Als das Tier noch lebte, ent-
gen Polonium-218 zerfällt, wird es nicht wieder sprachen 200 g Kohlenstoff
ausgeatmet und liefert die Strahlung des Res-
tes der Zerfallsreihe in der Lunge ab. 9
370 Kapitel 8 · Atom- und Kernphysik
8.2.8 Antimaterie !
zz Atom
Ein Atom hat eine Hülle aus Elektronen und zz Radioaktive Strahlung
einen Kern aus Protonen und Neutronen. Zerfallsart Emittiert ΔZ ΔN ΔA
Die Hülle bestimmt die Größe des Atoms wird
und seine chemischen Eigenschaften, der
4
Kern die Masse und die Stabilität. Die Zahl α 2 He −2 −2 −4
der Elektronen und Protonen ist gleich und β− Elektron +1 −1 0
heißt Kernladungszahl. Sie bestimmt das
β+ Positron −1 +1 0
chemische Element.
8.4 · Fragen und Übungen
373 8
Ionisierende Strahlung
Inhaltsverzeichnis
Ionisierende Strahlung überträgt im Ele- α-Teilchen sind wegen ihrer hohen Ioni-
mentarprozess der Absorption relativ viel sationsdichte (kurze, kräftige Spuren in der
Energie auf ein einzelnes Molekül. Man Nebelkammer) biologisch wirksamer als
spricht darum von „energiereicher Strah- schnelle Elektronen; sie haben eine andere
lung“, die deshalb aber noch keine „inten- Strahlenqualität. Man berücksichtigt dies
sive Strahlung“ sein muss. Sie kann kompli- durch einen Strahlungs-Wichtungsfaktor wR
zierte Großmoleküle zerreißen und so in und definiert die
wichtige Funktionen des lebenden Organis-
mus störend eingreifen. Im Laufe der Evolu- Äquivalentdosis H = wR · D
tion konnten nur Organismen überleben, die
der Exposition durch natürliche ionisierende mit der Einheit Sievert = Sv. Weil wR eine
Strahlung standhielten. dimensionslose Zahl ist, entspricht auch das
Sievert einem J/kg. Der hundertste Teil wird
jetzt Rem genannt und rem „abgekürzt“:
9.1 Dosimetrie
1Sv = 100 rem = 1J / kg.
9.1.1 Energie- und
Äquivalentdosis !! >>Merke
Dosisdefinitionen:
Keiner der fünf Sinne spricht auf Röntgen-
9 und radioaktive Strahlen an. Das macht 55 Energiedosis D =
E
die ionisierende Strahlung vielen Menschen m
unheimlich und rückt sie in die Nähe ande- 55 Einheiten Gray = Gy = 100 Rad
rer geheimnisvoller „Strahlen“, die man- = 100 rd (= J/kg)
gels Existenz von den Sinnesorganen gar 55 Äquivalentdosis H = wR ⋅ D
nicht wahrgenommen werden können. Die 55 Einheiten Sievert = Sv = 100
biologischen Wirkungen der ionisierenden Rem = 100 rem
Strahlen haben hingegen einen handfesten 55 Strahlenqualität: Strahlungs-Wich-
Grund: Sie beruhen auf der von der Strah- tungsfaktor wR (dimensionslos)
lung auf den Absorber übertragenen Ener- 55 Schnelle Elektronen: wR = 1
gie. Darum macht man diese Energie denn 55 Schnelle Ionen: wR = 20
auch zur Grundlage der Dosimetrie.
Es leuchtet ein, dass ein Elefant mehr ver- Auch die Zeit, in der eine bestimmte Dosis
tragen kann als eine Mücke. Dementsprechend appliziert wird, spielt für die biologische
bezieht man die absorbierte Energie E auf die Wirkung eine Rolle. Ganz grob darf man sa-
Masse m des Absorbers und definiert so die gen: je kürzer, desto wirksamer. Es geht also
nicht nur um die Dosen D und H, sondern
E auch um die
Energiedosis D = Dosisleistung ΔD/Δt und ΔH/Δt
m
mit den Einheiten Gy/s und Sv/s, die
mit der Einheit Gray = Gy = J/kg. Ihr hun- beide W/kg bedeuten.
dertster Teil wird Rad genannt und mit rd
abgekürzt: >>Merke
Dosisleistung:
1Gy = 100 rd = 1J / kg. 55 Energiedosisleistung, Einheit Gy/s,
55 Äquivalentdosisleistung, Einheit Sv/s.
Man darf das Rad = rd nicht mit der Einheit
des ebenen Winkels (Radiant = rad) ver- Energie, die nicht absorbiert wird, hat auch
wechseln. keine Wirkung. Die extrem harte Höhen-
9.1 · Dosimetrie
377 9
strahlung aus dem Weltraum braucht der
Mensch nicht zu fürchten: Was davon auf
der Erdoberfläche noch ankommt, durch-
dringt auch ein paar Zentimeter Gewebe
ohne nennenswerte Absorption. Aber auch
Strahlen geringer Reichweite sind insofern
relativ harmlos, weil man sich leicht vor ih-
nen schützen kann. Bei α-Teilchen genügt
schon eine Pappschachtel. Nur sollte man
einen α-Strahler weder durch Atmung (In-
halation) noch mit der Nahrung (Ingestion)
in seinen Körper bringen.
9.1.2 Ionendosis
Die Energiedosis, so wichtig und einleuch- .. Abb. 9.1 Umrechnungsfaktor f zwischen Ionendo-
tend sie ist, hat einen schwerwiegenden sis in Luft und Energiedosis in menschlichem Kno-
Nachteil: Sie lässt sich nicht unmittelbar chen-, Muskel-und Fettgewebe für Quantenenergien
messen. 40 Gray, einem Menschen am gan- von 10 keV bis 10 MeV
zen Körper rasch und gleichmäßig appliziert,
sind allemal tödlich; aufheizen würden sie Er beträgt etwa 1,0 rd/R, und zwar für
ihr Opfer aber lediglich um 10 mK („ein Quantenenergien von 10 keV bis 10 MeV. Im
Hundertstelgrad“). Von der Wärmeentwick- Bereich der Röntgendiagnostik unter
lung geht die Wirkung ionisierender Strah- 100 keV bekommen Knochen mehr Energie-
lung nicht aus. Auch für eine praktische Do- dosis ab als andere Gewebe (. Abb. 9.1) –
simetrie ist sie zu gering. Darum hält man eben dadurch entsteht der Kontrast im
sich lieber an die markante Eigenschaft der Röntgenbild.
Strahlung, die Ionisation, und misst sie dort,
wo das am leichtesten geht: in Luft. Dort
>>Merke
trennt man die gebildeten Ionenpaare durch
Ionendosis I = Q/m,
ein hinreichend hohes elektrisches Feld, zieht
sie aus einem definierten Volumen mit der C A ×s
Einheiten: 1 =1 , gemessen in Luft.
Luftmasse m heraus, bestimmt die Ladung Q kg kg
der Ionen eines Vorzeichens und misst so die
Dosismessung
zz Ionendosis
Mögliche Instrumente der Dosimetrie sind demnach
I = Q / m; Einheit 1 C / kg = 1 A·s / kg. Ionisationskammern; sie werden von der Industrie in
vielfältigen Formen für vielfältige Zwecke angeboten.
Eine alte Einheit ist das Röntgen = Soweit sie als Eichinstrumente der Reproduktion von
Dosiseinheiten dienen, ist bei ihrer Konstruktion vor
allem auf zwei Punkte zu achten:
· -4 C / kg
R = 2, 5810 55 Das wirksame Messvolumen muss genau be-
kannt sein. Das erfordert eine dicke Bleiblende
Medizinisch wichtig ist der Umrechnungs- zur Festlegung des wirksamen Bündelquer-
faktor: schnitts sowie eine Messelektrode definierter
Länge. Nahe ihren Enden sorgen zwei Hilfselek-
troden für ein unverzerrtes Feld, ohne die von
EnergiedosisimGewebe
f = . ihnen aufgesammelten Ionen zur Messung abzu-
Ionendosis inderLuft liefern (. Abb. 9.2).
378 Kapitel 9 · Ionisierende Strahlung
ten am besten, wenn die Aktivität nach versuchen, den Tumor aus verschiedenen
Abschluss der Beobachtung abrupt abbrä- Richtungen zu bestrahlen, sodass sich bei
che. Das erlaubt die e-Funktion nicht; sie ihm alle Dosen kumulieren und das vor und
kann allenfalls eine kurze Halbwertszeit in hinter ihm liegende Gewebe immer nur eine
der Größenordnung Stunde liefern. Aller- Teildosis abbekommt.
dings erschwert das die Handhabung: Für Dies lässt sich mit einer einzigen Strah-
den Transport des Präparats vom Hersteller lungsquelle erreichen, die man nach vorge-
zum Patienten stehen auch nur wenige gebenem Bestrahlungsplan um den Patien-
Stunden zur Verfügung. Demgegenüber ten herumschwenkt. Diesen Plan zu erstellen
wünscht die Therapie vor allem eine Kon- erfordert nicht nur Sachkenntnis, sondern
zentration der Strahlenwirkung auf das be- auch Fingerspitzengefühl. Ohne Computer
troffene Organ; hier sind die kurzen Reich- geht es sowieso nicht. In den Rechner müs-
weiten der α- und β-Strahlen interessant sen zunächst die Körperform des Patienten
und die Quanten lästige Beigabe. Die Halb- und die genaue Lage des Tumors eingegeben
wertszeit darf gern etliche Tage oder auch werden, ferner Schwächungs- und Streuko-
Wochen betragen. effizienten der verwendeten Strahlung, Öff-
nungswinkel des Strahlenbündels und die
genaue Lage der Quelle. Wenn man dann
Rechenbeispiel 9.1: Strahlender einen Bestrahlungsplan eingibt, errechnet
Patient der Computer die Verteilung der Dosisleis-
9 Aufgabe. Einem Patienten wird ein Prä- tung im Patienten. Anhand der Ergebnisse
parat mit dem Isotop 59Fe (physikalische muss man den Bestrahlungsplan dann durch
Halbwertszeit T1/2 ≈ 46 d) in die Vene ge- kluge Änderungen und Neuberechnung
spritzt. Nach 3 Tagen ist die Aktivität schrittweise zu optimieren. Das kann even-
des Patienten auf 50 % abgefallen. Wie tuell auch der Rechner tun.
groß sind biologische und effektive Bei Bestrahlung von außen wird
Halbwertszeit? γ-Strahlung aus Geräten verwendet, die im
Lösung. Die effektive Halbwertszeit Prinzip wie eine Röntgenröhre funktionie-
beträgt 3 Tage und die physikalische ren. Da man oft sehr hochenergetische
46 Tage. Also ist die biologische Halb- Strahlung verwenden möchte, reicht eine
wertszeit: normale Röntgenröhre aber nicht. Die Elek-
æ1
-1 tronen werden erst in einem Beschleuniger
1 ö
Tb = ç - ÷ = 3, 21Tage. mit hohen Spannungen (üblich sind 0,6–
è Te T1/ 2 ø 23 Mio. Volt) beschleunigt, bevor sie die
Zum Glück funktioniert hier die Verdau- Anode treffen.
ung besser als die Physik. In manchen Fällen (Lunge, Magen-
Darm-Trakt) kann der Tumor von innen zu-
gänglich sein, etwa über eine Körperöffnung
oder operativ. Dann kann man ein radioak-
9.2.2 Strahlentherapie tives Präparat in die Nähe des Tumors brin-
gen und ihn so bestrahlen.
An die Strahlentherapie mit energiereicher Eine neue vielversprechende Strahlen-
Strahlung möchte man Forderungen stellen, art sind hochenergetische ionisierte Atome
die sie nicht erfüllen kann: Bösartigem Ge- (z. B. Kohlenstoffionen). Diese haben die
webe soll sie eine tödliche Dosis applizieren freundliche Eigenschaft, fast ihre ganze
und das gesunde Gewebe drumherum unbe- Energie in einer bestimmten Eindringtiefe
helligt lassen. Tatsächlich kann man nur abzuliefern, die von der Ionenenergie ab-
9.2 · Strahlennutzen, Strahlenschaden
381 9
hängt, also steuerbar ist. Darüberliegendes nem Anteil von nur etwa 0,001 % in allem
Gewebe wird dabei weitgehend geschont. Kalium der Welt enthalten, also auch in den
Der technische Aufwand (ein Ionenbe- rund 140 g im Körper des erwachsenen
schleuniger) ist gewaltig und gewaltig Menschen (70 kg); Kalium ist kein Spuren-
teuer. In Heidelberg wurde ein solcher Be- element. Wegen der extrem langen Halb-
schleuniger nur für medizinische Zwecke wertszeit (1,25 · 109 Jahre) liefern die 1,4 mg
gebaut und behandelt etwa 750 Patienten 40K eine konstante Dosisleistung von unge-
die einen strahlenempfindlichen Film ent- 55 Dosis reduzieren – d. h. nicht mehr ein-
hält. Dieser wird von einer staatlichen Stelle strahlen als für den medizinischen Zweck
in regelmäßigen Abständen ausgetauscht absolut unerlässlich ist.
und ausgewertet.
Wer im Laufe eines Jahres mehr als
50 mSv aufgenommen hat, muss seinen Ar- 9.3 In Kürze
beitsplatz wechseln. Dies muss auch, wer es
in 13 aufeinanderfolgenden Wochen als zz Dosis
Frau auf 15 mSv und als Mann auf 30 mSv Ionisierende Strahlung wirkt zerstörend auf
gebracht hat. Innerhalb dieser Grenzen für lebende Organismen. Als Maß für die Dosis
die Ganzkörperdosis dürfen den Extremitä- an Strahlung, die jemand abbekommen hat,
ten (Füße, Knöchel, Hände und Unterarme) dient zunächst die Energiedosis (absorbierte
höhere Teildosen zugemutet werden: maxi- Energie pro Masse, Einheit Gray 1 Gy = 1 J/
mal 0,75 Sv im Laufe eines Jahres und maxi- Kg). Da verschiedene Strahlen auch bei glei-
mal 0,40 Sv im Laufe eines Vierteljahres. cher Energiedosis verschieden stark schädi-
Wer, um Komplikationen zu vermeiden, die gen, gibt es Strahlungs-Wichtungsfaktoren,
Plakette nicht regelmäßig trägt, muss das mit denen man die Energiedosis multiplizie-
selbst verantworten. ren kann, um zur Äquivalenzdosis (Einheit:
Gegen unnötige Strahlenexpositionen in Sievert, Rem: 1 Sv = 100 rem) zu kommen,
der Medizin gibt es drei wirksame Maßnah- die direkter ein Maß für die mögliche Schä-
9 men zur Vorbeugung: digung gibt. Die Intensität einer Strahlungs-
55 Weggehen – das quadratische Abstands- quelle wird als Dosisleistung (Dosis pro
gesetz bietet immer noch den zuverläs- Zeit) angegeben. Die natürliche Strahlenbe-
sigsten Strahlenschutz. lastung beträgt ca. 1 mSv pro Jahr, der
55 Abschirmen – z. B. durch eine Blei- Grenzwert für berufliche Exposition 50 mSv
schürze. Die Bedienungspulte von Rönt- pro Jahr. Medizinische Diagnostik belastet
genanlagen befinden sich in einem strah- die Bevölkerung in Deutschland derzeit im
lendichten Nebenraum, dessen Tür Mittel mit 2 mSv pro Jahr. Die Dosis einer
während der Bestrahlung geschlossen Röntgenaufnahme kann einige Millisievert
sein muss. betragen.
Energiedosis W é J ù
D= D ê = Gy,Gray ú
m ë kg û
W: absorbierte Energie [J]
m: Masse des Absorbers [kg]
Äquivalenzdosis Bewertete Energiedosis: H [Sv, Sievert,
H = wR · D 1 Sv = 100 rem]
wR: Strahlungs-Wichtungsfaktor (abhängig Äquivalenzdosis: bewertete Energie-
von den Teilchen in der Strahlung) dosis D
9.4 · Übungen
385 9
zz Abschwächung abschirmen, z. B. mit einer Bleischürze. Im
Will man die Strahlenexposition verringern, Blei nimmt die Strahlungsintensität expo-
so kann man zum einen weggehen: Für nentiell ab. Die Abschirmwirkung kann des-
Punktquellen gilt das quadratische Ab- halb mit einer Halbwertsdicke (Dicke einer
standsgesetz (ein Viertel der Intensität bei Bleischürze, die die Intensität halbiert) be-
doppeltem Abstand). Außerdem kann man schrieben werden.
Im Vakuum bei Punktquellen gilt auch für radioak- 1 r: Abstand von der Punkt-
tive Strahlen das quadratische Abstandsgesetz D~ quelle [m]
r2
10.1 7 Kap. 1 M 46 g / mol
mM = =
N A 6, 02 ×1023 mol
zz Antworten auf Verständnisfragen
= 7, 64 ×10-23 g.
1.1 Es ist die Standardabweichung des
Mittelwertes, denn der Mittelwert 1.5 Die Molmasse von Wasser ist:
wird ja als beste Schätzung des wahren M(H2O) = (2 + 16) g/mol = 18 g/mol.
Wertes genommen. Andererseits ist die Dichte von Wasser
1.2 Die relative Unsicherheit ändert sich ρ = 1 g/cm3. Also nimmt 1 Mol Wasser
nicht, da die absolute Unsicherheit 18 cm3 ein.
auch durch 3 zu teilen ist. 1.6 Die an den Rüben haftende Erde verur
1.3 Eine Richtung haben Kraft und sacht einen Fehler, der näherungsweise
Geschwindigkeit, also sind sie proportional zum Gesamtgewicht sein
Vektoren. Auch die Bewertung einer dürfte und darum am besten als rela
Fernsehsendung kann als Vektor ge tiver Fehler angegeben wird. Bei einer
schrieben werden: Soundso viele geben Messwiederholung verrät er sich nicht
die Note 1, soundso viele die Note 2 und ⇒ systematischer Fehler.
so weiter. Das sind die Koordinaten. 1.7 In die Flächenberechnung geht der
1.4 Charakteristisch für die Exponen Radius quadratisch ein. Deswegen ist
tialfunktion ist, dass sie in gleichen nach Regel 2 der Fehlerfortpflanzung
Zeiträumen immer um den gleichen zwei Mal die Unsicherheit des Radius
Faktor sinkt. Wenn der Wert also in Δt anzusetzen: relative Unsicherheit der
auf ein Drittel sinkt, so sinkt er im dar Fläche: 1 %
10 auf folgenden Zeitraum Δt noch einmal 1.8 Leistung ist Strom mal Spannung; Die
auf ein Drittel, also insgesamt auf ein relativen Unsicherheiten sind zu multi
Neuntel oder um acht Neuntel. plizieren. Also: 10 % (Strom) plus 5 %
(Spannung) macht 15 %.
zz Lösungen der Übungsaufgaben 1.9 Die Dauer des Vorgangs ist t2 – t1.
1.1 1a = 365 d = 365 · 24 · 60 min Hier addieren sich die absoluten
= 525.600 min; Unsicherheiten. Die Dauer ist also auf
1 Mikrojahrhundert = 100 · μa 2 Zehntelsekunden genau bekannt.
= 10−4 a ≈ 53 min. 1.10 Vektorprodukt: Vektoren parallel:
1.2 r = d/2 = 10 cm; sin 0°= 0.
Halbkugel:V = 1/2 ⋅ 4/3π ⋅ r3 ≈ Skalarprodukt: Vektoren senkrecht:
2000 cm3 = 2 Liter. cos 90°= 0.
1.3 Oberfläche eines Zylindermantels: 1.11 Exponentielles Wachstum bringt in
AM = 2π ⋅ r ⋅ h; gleichen Zeitspannen gleiche Faktoren.
Oberfläche einer Endscheibe: Ak = πr2; Die Weltbevölkerung wuchs in den
Gesamte Oberfläche: ersten 50 Jahren um den Faktor
Ag = AM + 2 ⋅ Ak = 2π ⋅ r(h + r). 1,61/1,17 = 1,38, in den zweiten 50
1.4 Die Molmassen M sind gemäß Jahren um 2,50/1,61 = 1,55, also schnel
Serviceteil: ler als nur exponentiell.
M(H) = 1 g/mol; M(H2) = 2 g/mol 1.12 Ja. In einfach logarithmischer Darstell
⇒ 3,5 mol H2 = 7 g ung fällt die Zahl der Tropfen längs
M(C) = 12 g/mol; M(O) = 16 g/mol einer Geraden ab, und zwar um den
M(C2H5OH) = (24 + 6 + 16) g/ Faktor Z = 100 in t = 50 s.
mol = 46 g/mol
Für die Masse eines einzelnen lg 2
Halbwertszeit T1/ 2 = t × = 7, 5s.
Moleküls gilt dann: lg Z
10.2 · Kap. 2
389 10
10.2 7 Kap. 2 zz Lösungen der Übungsaufgaben
2.1 1m / s
v ( t ) = v0 - a × t Þ t = = 1s.
zz Antworten auf Verständnisfragen 1m / s 2
2.1 MomentaneundmittlereGeschwindigkeit
2.2 Zunächst sollte man die Geschw
sind gleich für eine Bewegung mit kon
indigkeit in Meter pro Sekunde um
stanter Geschwindigkeit, im Weg-Zeit-
rechnen, um dann die Beschleunigung
Diagramm eine Gerade.
in Meter pro Sekunde zum Quadrat
2.2 Nein. Wenn ein Auto um die Kurve
ausrechnen zu können. Dazu muss
fährt, ändert es ständig die Richtung
man die Maßzahl durch 3,6 teilen:
seiner Geschwindigkeit und ist deshalb
beschleunigt. Ohne Reibungskraft 100 m m
kommt es nicht um die Kurve. v= = 27, 8 .
3, 6 s s
2.3 Die Geschwindigkeit ist null, die
Beschleunigung gleich der Fallbes Die Beschleunigung ist dann:
chleunigung.
2.4 Die senkrechte Geschwindigkeits 27, 8 m / s m
a= = 4, 63 2 ,
komponente ist bei Stein und Ball 6s s
gleich, aber der Ball hat noch eine ho also knapp halb so groß wie die
rizontale Geschwindigkeit, ist also in Fallbeschleunigung.
der Vektorsumme schneller.
g
2.5 Ein Körper ist dann in Ruhe, wenn 2.3 s = t 2 = 19, 62 m.
die Vektorsumme aller Kräfte und 2
Drehmomente auf ihn null ist. Es müs 2.4 50 km/h = 13, 89 m/s = g ⋅ t ⇒ Fallzeit
sen nicht alle Kräfte null sein. t = 1,42 s;
2.6 Nein, denn der Stiel hat den längeren
Hebelarm. Das Bürstenteil hat den g 2
Höhe h = t = 9, 83m .
kürzeren und muss schwerer sein. 2
2.7 Um das Gleichgewicht halten zu kön Das entspricht etwa einem Fall aus
nen, muss der Schwerpunkt in etwa dem 3. Stock.
über den Füßen sein. 2.5 Fallhöhe Δh = 1,5 m; Bremsweg
2.8 Die Abbremsung kann nicht stärker Δs = 0,005 m.
sein, als es die Reibungskraft zulässt. Die Fallzeit sei Δt. Die maximale
Versucht man mehr, blockieren die Geschwindigkeit bei konstanter
Räder und rutschen. Dann kann man Beschleunigung:
nicht mehr steuern, denn dazu muss die v2 = g2 ⋅ Δt2 = g2 ⋅ 2 ⋅ Δh/g = 2g ⋅ Δh
Reibung senkrecht zur Fahrtrichtung = 2a ⋅ Δs
größer sein als in Fahrtrichtung.
2.9 Beim Anfahren braucht man die Kraft a Dh
zum Beschleunigen, bei konstanter ⇒ = = 300;
g Ds
Geschwindigkeit muss nur noch die
Reibung kompensiert werden. Die Beschleunigung des Schädels ist
2.10 Zwei mal Pi durch 60 Sekunden macht gewaltig: a = 300 ⋅ g!
etwa 0,105 s−1. 2.6 Er muss senkrecht herübersteuern
2.11 Nein, nicht bei konstanter Winkelges und sich abtreiben lassen. Dann ist die
chwindigkeit. Geschwindigkeitskomponente quer
zum Fluss maximal.
390 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
2.7 Für die Zuggeschwindigkeit v gilt: 2.13 Das schwere Kind setzt sich etwa auf
den halben Abstand wie das leichte,
v
tan 60° = , also damit in etwa Gleichgewicht herrscht
8m / s (Hebelgesetz).
v = 13,9 = 50 km/h. 2.14 Arbeit: ΔW = m ⋅ g ⋅ 16 ⋅ 0, 17 m = 1, 87 kJ;
Leistung P = 500 W = 0,5 kJ/s;
2.8 Die Fallzeit t1 aus 1,5 m Höhe ist: Δt = ΔW/p = 3, 8 s.
2.15 Das hängt von Ihrer Masse (sagen wir
g 2 70 kg) und der Höhe des Stockwerks (sa
1, 5 m = t1 ⇒ t1 = 0,55 s.
2 gen wir 3 m) abW = m ⋅ g ⋅ h ≈ 2100 J.
Das ist gerade die halbe Sprungzeit, m
2.16 Q = v 2 = 0, 5 J.
den Aufsteigen und Fallen im Sprung 2
sind symmetrisch. 2 · t1 ist die gesamte 2.17 Die kinetische Energie von Jane wird
Sprungzeit, in der das Känguru 6 m vollständig in potenzielle Energie um
weit kommt. Damit ist die gewandelt:
Horizontalgeschwindigkeit:
m 2 v2
v = m× g ×h Þ h = = 1, 6 m.
6m 2 2g
v0 x = = 5, 45 m / s.
2 × t1 Das funktioniert immer, solange die
Liane nicht kürzer als 0,8 m ist.
2.9 „70 Kilo“ bedeutet: m = 70 kg; 2.18 Es ist egal, denn in beiden Fällen
FG = m ⋅ g = 686, 7 N. bleibt das Auto stehen und die ganze
10 2.10 Im Buchdruck beträgt die Höhe h der kinetische Energie muss umgesetzt
Stufe etwa 11 mm (Gegenkathete) werden.
und der Abstand s zwischen den 2.19 Unmittelbar nach dem Stoß bewegen sich
Auflagepunkten der Bohle 43 mm beide Autos mit halber Geschwindigkeit
(Hypotenuse). weiter (doppelte Masse), also mit der hal
F1 h ben kinetischen Energie. Nur die Hälfte
= sin a = = 0, 26. der kinetischen Energie des auffahrenden
FG s
Autos wird umgewandelt.
Da beide Autos stehen bleiben, geht
Die Krafteinsparung beträgt also 74 %. die ganze Energie ins Blech.
2.11 a) F = 1 1 F1 = 1, 25 × F1 . 2.20 Ist die Beschleunigung linear, so re
4 agiert die Balkenwaage gar nicht, da die
b) Weniger stark, denn wenn zwei Trägheitskräfte gleicher Massen immer
Vektoren nicht parallel liegen, ist gleich sind. Rotiert das Bezugssystem,
der Betrag des Summenvektors klei so hängen die Trägheitskräfte auch
ner als die Summe der Beträge der von der Lage ab und Waage wird wahr
einzelnen Vektoren. scheinlich reagieren.
2.12 Die Waage zeigt eine höhere als ihre 2.21 Die Armbanduhr schwenkt immer
tatsächliche Masse an, da die nach un in Richtung der Resultierenden aus
ten gerichtete Bewegung ihres Körpers Fallbeschleunigung und Flugzeug
abgebremst werden muss und die da beschleunigung aF, also:
für notwendige Kraft zusätzlich zur
aF
Gewichtskraft von der Personenwaage tan 25° = Þ aF = 4, 57 m / s 2
aufzubringen ist. g
10.3 · Kap. 3
391 10
FA = V ⋅ 1000 kg/m³ ⋅ (g + 3, 5 ⋅ g) = 49 N.
Sie ist also höher als die normale
Gewichtskraft. Schwimmen wird der
Stein trotzdem nicht, denn er muss ja
auch nach oben beschleunigt werden
und hat eine entsprechend größere
scheinbare Gewichtskraft.
3.8 Oberflächenspannung
.. Abb. 10.1 Zu Aufgabe 3.14
Fs F - m× g
s= =
2 × 2p × r 2p × d
( 53 - 30 ) mN 3.13 Die vom Herz zu erbringende Leistung
= = 7, 3 ×10-2 N / m. ist:
2p × 0, 05 m Volumenarbeit p × dV
P= =
Das dieser berechnete Wert dem Zeit dt
Tabellenwert für destilliertes Wasser = p × Volumenstrom I .
entspricht, ist eher Zufall. Eigentlich
muss noch berücksichtigt werden, Der Volumenstrom ist I = 61/ min
dass auch ein Wassermeniskus geho = 10−4m3/s.
ben wird, dessen Gewichtskraft her Einsetzen liefert: P = 1,73 Pa · m3/s =
auszukorrigieren wäre. Andererseits 1,73 Watt. Das ist so viel, wie ein
wurde die Messung mit normalem Taschenlampenbirnchen verbraucht.
10 Leitungswasser gemacht, das aufgrund 3.14 . Abb. 10.1.
von Verunreinigungen eine deutlich 3.15 Der Volumenstrom I = A ⋅ v muss in
verminderte Oberflächenspannung der Düse der gleiche sein wie im Rohr.
hat. Beide Effekte haben sich in Deshalb verhalten sich die Geschwindig
. Abb. 3.30 ungefähr kompensiert. keiten zueinander umgekehrt wie die
3.9 Sechsmal der Fußumfang ist: Querschnittsflächen, hier wie 100:1. Die
s = 6 ⋅ 2π ⋅ 3 ⋅ 10−5m = 1, 1 ⋅ 10−3m. Geschwindigkeit in der Düse ist also
Diese Zahl multipliziert mit der 65 m/s. Da wir Reibungsfreiheit ange
Oberflächenspannung ergibt die nommen haben, muss die Pumpe nur die
Tragfähigkeit: Beschleunigungsarbeit liefern:
F = 1, 1 ⋅ 10−3m ⋅ 70 mN/m = 7, 7 ⋅ 10−5N. I ⋅ Δp = I ⋅ (1/2ρ ⋅ (65 m/s)2 − 1/2ρ
Das reicht nicht annähernd, um die ⋅ (6, 5 m/s)2).
Gewichtskraft von etwa 0,16 N zu tra Anders gesagt: Die Pumpe muss den
gen. Das Insekt ist zu fett. Atmosphärendruck plus die Differenz
3.10 Volumenstromstärke durch Druckdiff im Staudruck liefern:
erenz. æ ( 65m / s )2 ö
p = 105 Pa + 1 / 2 r ç
3.11 Um den Faktor 24 = 16. ç -(0,65 m / s) ÷÷
2
3.12 Wenn das Rohr die Querschnittfläche è ø
A hat, resultiert eine Kraft ΔF = A ⋅ Δp » 105 Pa + 1 / 2 ×1000 kg /
2
auf das Flüssigkeitsvolumen im Rohr. m3 × ( 65 m / s )
Mechanische Leistung erhalten wir, wenn
wir diese Kraft mit der Geschwindigkeit = 2, 2 ×106 Pa.
v = I/A der Flüssigkeit multiplizieren: Das ist etwa der 20-fache Atmosphä
P = v ⋅ ΔF = v ⋅ A ⋅ Δp = I ⋅ Δp. rendruck.
10.4 · Kap. 4
393 10
10.4 7 Kap. 4 Die Geschwindigkeit:
v ( t = 0 ) = A0 × w × cos (p / 4 )
zz Antworten auf Verständnisfragen
4.1 Bei maximaler Auslenkung ruht die 2p
= A0 × × cos (p / 4 ) = 5, 55cm / s.
Masse und ist maximal beschleunigt. T
Geschwindigkeit und Beschleunigung Maximale Beschleunigung:
sind nur bei stehendem Pendel gleich
zeitig null. amax = A0 ⋅ ω2 = 12, 3cm/s2.
4.2 Auslenkung und Beschleunigung ha
ben immer entgegengesetzte Richtung,
denn das gilt auch für Auslenkung und T2
4.2 T = 2 s (!) ; l = g × = 0, 99 m.
Federkraft. Sonst sind auch gleiche
( 2p )2
Richtungen möglich.
4.3 Die Summe steigt: Die potenzielle
Energie der Schwerkraft sinkt linear D
mit der Auslenkung, die der Feder aber 4.3 2p × 4 Hz =
steigt quadratisch mit der Auslenkung. 1, 5 ×10-4 kg
Deshalb muss ich Arbeit leisten, um Þ D = 0, 095 N / m.
die Feder nach unten zu ziehen.
4.4 Die Feder selbst und ihre Masse 1 D
schwingen mit, also sinkt die Frequenz. f2 = = 2, 2 Hz.
2p 0, 5g
4.5 Hinge die Schallgeschwindigkeit von
der Tonhöhe ab, so würde die Stimme
eines entfernten Rufers verzerrt klin 4.4 Die maximal auftretende Geschwindi
gen. Das ist nicht der Fall. Allerdings gkeit ist v = A0 ⋅ ω. Die Schwingungs
werden hohe Frequenzen stärker ge energie ist gleich der maximal auf
dämpft, sodass ferne Geräusche etwas tretenden kinetischen Energie beim
tiefer klingen. Durchgang durch die Ruhelage
4.6 Für eine Schwingung braucht es immer 2
und folglich proportional zu A0 .
eine Rückstellkraft. Gas entwickelt bei
Scherung aber keine. Zehnfache Energie bedeutet also 10
4.7 Weil die Intensität abnimmt. Die -fache Amplitude. Man kann genauso
Leistung der Quelle verteilt sich auf auch mit der maximalen potenziellen
eine immer größere Linie. In diesem Energie bei maximaler Dehnung der
zweidimensionalen Fall nimmt die Feder argumentieren.
Intensität mit 1/r ab und die Amplitude 4.5 c ≈ 1,5 km/s (siehe Serviceteil).
mit 1/ r . 1500 m / s
4.8 Auch für die Schwingung des Kaffees l =c/ f = = 1, 5 mm.
106 s -1
im Becher gibt es Resonanzfrequenzen.
Man müsste die Schwingung stär 4.6 Aufgrund der sehr unterschiedlichen
ker dämpfen. Wie wär’s mit einem Schallgeschwindigkeit in Wasser und
Schwamm im Becher? in Luft würde sonst schon ein gerin
ger Luftzwischenraum zu starken
zz Lösungen der Übungsaufgaben Reflexionen des Ultraschalls führen.
4.1 Die Auslenkung bei t = 0: 4.7 Auch Licht ist eine Welle und es gilt
x(t = 0) = A0 ⋅ sin (π/4) = das quadratische Abstandsgesetz: Ver
5 cm ⋅ 0, 707 = 3, 54 cm. doppelt sich der Abstand, sinkt die
Intensität auf ein Viertel: 0,25 W/m2.
394 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
4.8 Er hört die 65-fache Intensität; zu den 32 g). Da die Wassermoleküle die klei
65 Phon addieren sich 10 ⋅ lg 65 = nere Masse haben, sinkt die Luftdichte
18, 1 dB; gibt zusammen 83,1 dB. mit steigender Feuchtigkeit.
4.9 0 dB bedeutet, dass der Pegel gleich ir 5.5 Das Meer hat eine hohe
gendeinem Referenzpegel ist. Addiere Wärmekapazität und ändert deshalb
ich den gleichen Pegel dazu, bekomme seine Temperatur nur langsam.
ich den doppelten Pegel und das ergibt 5.6 Besonders schnelle Wassermoleküle
10 ⋅ lg 2 = 3 dB: werden die Wasseroberfläche verlassen
0 dB + 0 dB = 3 dB. und in die Luft gehen. Von dort kön
4.10 Es bildet sich eine stehende Welle in nen sie auch wieder zurückkehren. Es
Grundschwingung. Das heißt: Der stellt sich ein Fließgleichgewicht mit
Tassendurchmesser entspricht etwa dem für die Temperatur geltenden
der halben Wellenlänge: Dampfdruck in der Luft ein (100 %
l = 0,16 mund f = 1Hz Luftfeuchte).
Þ c = l × f = 0,16 m / s. 5.7 Ja. Man muss mit dem Luftdruck un
ter den Dampfdruck von Wasser bei
4.11 Sie wollen die Tonhöhen um 2 Hz her Zimmertemperatur (2400 Pa).
auf bzw. herabsetzen: 5.8 Nein. Wenn Wasser kocht, hat es bei
v Normaldruck 100 °C, egal wie stark es
2 Hz = 442 Hz × Þ v = 1, 5 m / s.
330 m / s kocht.
5.9 An heißen Tagen gibt der Mensch über
Sie müssen in Richtung des tieferen schüssige Wärme ab, indem er Schweiß
10 Tons gehen. verdampft. Bei 100 % Luftfeuchte geht
das nicht mehr.
5.10 Besser bei konstantem Volumen. Dann
10.5 7 Kap. 5 müssen Sie nur die innere Energie lie
fern, bei konstantem Druck auch noch
zz Antworten auf Verständnisfragen die Volumenarbeit der Auslenkung.
5.1 Nach dem Gasgesetz ist das Volumen 5.11 Der Behälter mit weniger Wasser wird
umgekehrt proportional zum Druck. heißer. Da der Wärmeverlust proporti
Ein weiteres Gewicht wird das Volumen onal mit der Temperaturdifferenz geht,
also nicht mehr so stark reduzieren. verliert er die Wärme aber schneller.
5.2 Der Druck sinkt, da weniger Kraft Diese gegenläufigen Effekte führen
nach außen wirkt. dazu, dass beide Behälter etwa gleich
5.3 Da der Außendruck sinkt, dehnt sich zeitig Raumtemperatur erreichen.
der Ballon aus. Mit dem Druck sinkt 5.12 Besser gleich, denn dann sinkt die
die Dichte der Atmosphäre. Wenn die Temperatur gleich ein Stück und der
Dichte innen und außen etwa gleich Kaffee verliert die Wärme danach
ist, steigt der Ballon nicht mehr weiter. langsamer.
5.4 Da nach dem Gasgesetz die Zahl 5.13 Weil das Fell die Konvektion direkt am
der Teilchen in einem Volumen nur Körper verhindert und die Abstrahlung
vom Druck und der Temperatur ab reduziert, da die Felloberfläche nahe
hängt, verdrängen die Wassermoleküle der Umgebungstemperatur bleibt.
(Molmasse: 18 g) in feuchter Unsere Kleidung wirkt genauso.
Luft die sonst mehr vorhandenen 5.14 Weil die Strahlung von der Sonne das
Stickstoffmoleküle (Molmasse: 28 g) Thermometer sonst viel zu stark er
und Sauerstoffmoleküle (Molmasse: wärmt.
10.5 · Kap. 5
395 10
zz Lösungen der Übungsaufgaben Sättigungsdampfdichte, also ist ihre
5.1 Umfang der Erde: 2π · 6,38 · 106 m = Temperatur höchstens 10 °C.
4,0 · 107 m. Verlängerung des 5.8 Nach dem idealen Gasgesetz ist der
Stahlbandes bei ΔT = 10 K: Druck proportional zur absoluten
Δl = αFe · ΔT · 4,0 · 107 m = 4800 m. Temperatur, steigt also bei uns um ca.
Das gibt eine Radiusänderung von 10 % auf 1,65 bar.
4800 m 5.9 p ⋅ V = n ⋅ R ⋅ T, also geht die absolute
Dr = = 764 m. Temperatur auf ¼ des ursprünglichen
2p
Wertes.
So hoch würde das Stahlband über der 5.10 p ⋅ V ist bei konstanter Temperatur
Erdoberfläche schweben. proportional zur Gasmenge, also sind
5.2 Die Temperatur ist proportional zur ki noch 100 % · 5 bar/28bar = 18 % in der
netischen Energie der Moleküle, also pro Flasche. Das entnommene Gas füllt
portional zum Geschwindigkeitsquadrat. ein Volumen von 50 l · 23 = 1150 l.
Doppelte Geschwindigkeit heißt 4-mal Ein Ballon hat ein Volumen von
höhere Temperatur (absolut). 0 °C ent 4/3π ⋅ r3 = 14, 11. Macht etwa
spricht 273 K. 80 Ballons.
4 · 273 K = 1092 K entspricht 819 °C. 5.11 Der Druck sinkt auf
5.3 Der Druck verdoppelt sich. Nach dem
280 K
Gasgesetz ist der Druck proportional p2 = ×1bar = 0, 9556 bar.
zur absoluten Temperatur und diese 293K
ist definitionsgemäß proportional
Der Differenzdruck zwischen innen
zur mittleren kinetischen Energie der
und außen ist dann: Δp = 4,4 · 103 Pa.
Schwerpunktbewegung der Atome.
Kraft auf die Tür F = Δp ⋅
5.4 Das Molvolumen ist 22,4 l. Ein Mol
0, 32 m2 = 1420 N. Da muss man sich
sind 6,02 · 1023 Moleküle.
Mittlere Molekulmasse
: schon heftig stemmen. Bei konstantem
293K
1, 293g × 22, 4 Druck passt bei 7 °C = 1, 0464
m= 23
= 4, 81 ×10-23 g. 280 K
6, 02 ×10 -mal mehr Luft in den Schrank als bei
5.5 Bei 105 Pa gehen in 22,4 l ein Mol Gas. 20 °C. Die Volumendifferenz ist
In 1 cm3 gehen dann
ΔV = 0, 0464 ⋅ 155 l = 7, 2 l.
0, 0011 c ( H 2 O ) × 250 g × 30 K
× 6, 02 ×1023 = 2, 7 ×1019 Molekule
.
22, 41 5.12 Dt = = 90s.
350 W
Ist der Druck 14 Größenordnungen 5.13 Es stellt sich eine Temperatur von 66,6 °C
kleiner, so ist es auch die Zahl der ein.
Moleküle: N/cm3 = 270.000. Immer
noch ganz schön viele! 2000 J J
5.14 Die Wärmekapazität ist: = 100 .
5.6 Aus 7 Abb. 5.18 kann man ablesen 20 K K
p ≈ 0,7 · 105 hPa. Das ist in etwa der 5.15 Das Bier muss auf 37 °C erwärmt wer
Luftdruck auf einem 3000 m hohen den. Pro g benötigte Energie:
Berg. W = c(H2O) ⋅ 29 K ⋅ 1 g = 122 J.
5.7 Sättigungsdampfdruck bei 20 °C: Das sind etwa 6,5 % von 1880 J.
23,4 hPa; 52 % davon: 12,2 hPa. An 5.16 Leistung P0 = 1,6 W; Nutzeffekt
der Fensteroberfläche ist dies die η = 0,25;
396 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
benötigte Energiezufuhr: kW
P = P0/η = 6, 4 W. p × rE2 ×1
T = 4 m2
Heizwert Glukose HG = 17 kJ/g;
4p × rE × 5, 67 ×10-8 W / m 2 K 4
benötigter Massenstrom der Glukose:
Δm/Δt = P/HG = 0, 38 mg/s. = 4, 4092 ×109 K 4 .
Konzentration der Glukose im Blut: Wir bekommen: T = 258 K, dies ent
c = 1 mg/ml = 1 mg/cm3; erforderlicher spricht −15 °C. Die tatsächliche durch
Blutstrom: schnittliche Temperatur der Erdoberflä
I = 0,38 cm3/s. che wird mit +5 °C angegeben. Für die
Membrandicke Δx = 0,01 cm; Abstrahlung ist aber zu berücksichtigen,
Konzentrationsgradient der Glukose: dass ein Teil der Erde immer mit viel käl
c' = c/Δx = 100 mg/cm4. teren Wolken bedeckt ist, von denen ein
Diffusionskonstante der Glukose: Teil der Ausstrahlung ausgeht.
D ≈ 10−6 cm2/s;
Diffusionsstromdichte
mg
10.6 7 Kap. 6
j = D × c¢ = 10-4 ;
cm 2 × s
benötigte Fläche: zz Antworten auf Verständnisfragen
Dm / Dt 6.1 Die Gravitationskraft ist zu schwach
A= = 4000 cm 2 = 0, 4 m 2 . und die meisten Objekte sind elekt
j risch neutral, sodass auch keine elek
5.17 Wassermoleküle treten in die trostatischen Kräfte wirken.
10 Salzlösung, um die Konzentration des 6.2 Im Feld der Ladung werden die
Salzes zu vermindern. Dort steigt also Papierschnitzel polarisiert und dann,
der Wasserspiegel. weil das Feld inhomogen ist, auch
5.18 Van’t-Hoff-Gleichung: angezogen. Springt bei Berührung
Δp = 0, 2 mol/1 ⋅ R ⋅ 293 K = 487 Pa. mit dem Kamm Ladung auf den
Beachte, die absolute Temperatur ist Papierschnitzel über, wird er gleich
einzusetzen! wieder abgestoßen.
5.19 Nach der van’t-Hoff-Gleichung ist der 6.3 Elektrische Feldlinien beschreiben die
osmotische Druck proportional zur resultierende Kraftwirkung auf eine
absoluten Temperatur, er verdoppelt Ladung. Die hat nur eine eindeutige
sich also gerade. Richtung.
5.20 Die von der Sonne zugeführte 6.4 Das Feld ist dort null, sonst kann das
Leistung berechnet sich mit der Potenzial nicht konstant sein.
Querschnittsfläche der Erde: 6.5 Die Ladungsbeträge sind immer gleich,
kW denn die Gesamtneutralität muss ge
Pein = p × rE2 ×1 2 . wahrt bleiben. Batterien können keine
m
Überschussladung herbeizaubern.
Die durch Wärmestrahlung abgege 6.6 Ja, sie wird größer, denn es muss Arbeit
bene Leistung berechnet sich hingegen geleistet werden und der feldgefüllte
mit der gesamten Erdoberfläche: Raum nimmt zu.
6.7 Nein, denn nur hoher Strom ist gefähr
Paus = 4p × rE2 × s × T 4 .
lich. Zur Rettung müssen Sie wieder ab
springen und dürfen nicht gleichzeitig
Im Gleichgewicht ist Pein = Paus, also:
Leitung und etwas Geerdetes berühren.
10.6 · Kap. 6
397 10
6.8 Weil die Leitungselektronen nicht nur 6.3 Ein Jahr brennen lassen:
Strom, sondern auch Wärme transpor W = 365 · 24 h · 40 W = 350 kWh,
tieren. macht zirka 84 Euro.
6.9 Weil bei gleicher Potenzialdifferenz 6.4 Eine 100-W-Birne zieht 0,43 A. Also
zwischen den Drahtenden das den lassen sich mit 16 A 36 solche
Strom antreibende Feld im längeren Glühbirnen betreiben.
Draht kleiner ist.
6.10 Bei Parallelschaltung wird es heller, da 6.5 U S = 2 × 230 V = 325 V; w = 2p × 50 Hz
dann an beiden Glühbirnen eine hö = 314s -1.
here Spannung anliegt. Es sei denn, die 6.6 Obere Grenzkurve: R = 1,9 kΩ, also
Birnen brennen dann schon durch. I = U/R = 0,21 A.
6.11 An einer Stelle des Glühdrahtes, die Untere Grenzkurve: R = 0,75 Ω, also
zufällig etwas dünner ist, wird es be I = 0,53 A.
sonders heiß, da dort der Widerstand 6.7 Bei Reihenschaltung fließt durch beide
etwas höher ist, mehr Spannung ab Widerstände der gleiche Strom, am
fällt und mehr Leistung umgesetzt 2-Ω-Widerstand fällt aber die doppelte
wird. Durch die höhere Temperatur Spannung ab. Deshalb wird in ihm
steigt der Widerstand an dieser Stelle auch die doppelte Leistung umgesetzt.
und ein Teufelskreis beginnt, der den Bei Parallelschaltung liegt an beiden
Draht dort zum Schmelzen bringt. Widerständen die gleiche Spannung,
6.12 Es geht genauso viel Strom rein wie durch den 1-Ω-Widerstand fließt aber
raus: Strom verbraucht er nicht. Er der doppelte Strom, also setzt er auch
setzt elektrische Energie in Wärme die doppelte Leistung um.
um, eine Energieform mit niedrigerer 6.8 An jeder Birne liegt ein Achtel der
Entropie in eine Energieform mit hö Spannung: 28,75 V. Der Widerstand ist
herer Entropie um, die schlechter ge 28, 75 V
nutzt werden kann. R= = 72 W
0, 4 A
6.13 Eine Lorentz-Kraft wirkt ja nicht. Aber
wenn sich das Magnetfeld ändert, ent und die Leistungsaufnahme P = 28,75
steht durch Induktion ein elektrisches V · 0,4 A = 11,5 W.
Feld, das das Elektron in Bewegung 6.9 In der Reihenfolge der Schwierigkeit:
setzt.
6.14 Eisen wird im Magnetfeld des Schaltung Leitwert Widerstand Rang
Magneten magnetisiert, also selbst platz
zu einem Magneten, automatisch
a) 4R 8
mit der zur Anziehung passenden
Polarität. Nur Magnete ziehen sich an. g) 4G ¼R 1
Schwächer geht es auch mit Kobalt. b) 2½ R 7
c) R 4
zz Lösungen der Übungsaufgaben
6.1 Alle gleiche Richtung: 18 V; eine in h) 2½ G 0,4 R 2
Gegenrichtung: 9 V; zwei in Gegen e) (1 + 1/3) 0,75 R 3
richtung: 0 V. G
P 125 W f) (1 + 1/3) R 5
6.2 Fernsehgerät: I = = = 0, 54 A.
U 230 V d) (1 + 1/3) R 6
Röntgenröhre:
P = 8 · 104 V · 5 · 10−3 A = 400 W.
398 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
me 2
Damit ergibt sich ein Strom 6.17 v = e0 × 2000 V Þ v = 2, 6 ×107 m / s.
2
110 V
I= = 4,1A Das ist immerhin ein Zehntel der
26, 6 W
Lichtgeschwindigkeit.
und eine Leistung im Vorwiderstand
6.18 Da C = Q/U für beliebige Ladungen
P = U ⋅ I = 98 V ⋅ 4, 1 A = 401 W.
und Spannungen gilt, gilt auch
Im Vorwiderstand wurde achtmal
so viel Leistung „verbraten“ wie DQ 15 m C
C= = = 0, 62 m F .
in der Glühbirne; eine beachtliche DU 24 V
Energieverschwendung.
6.19 Feld im Kondensator:
6.14 . Abb. 10.2
1 Q
E=
7 ×10-2 V V e0 A
6.15 E = = 1, 4 ×107 . Das ist grö V As
5 ×10-9 m m Þ Q = 3 ×106 × 8, 85 ×10-12 × 0, 005 m 2
ßer als die Durchschlagfeldstärke in m Vm
Luft! = 1, 33 ×10-7 As.
10.6 · Kap. 6
399 10
6.20 τ = R ⋅ C = 1 ms. r ( Cu )
6.21 Der doppelte Plattenabstand halbiert ne = × NA
M ( Cu )
die Kapazität, der Isolator erhöht sie
um den Faktor 4. Insgesamt verdop 8, 93g / cm3
= × 6, 02 ×1023 mol-1
pelt sich die Kapazität. 63, 54 g / mol
6.22 a) Die Ladung auf den Platten bleibt
gleich. Deshalb geht das Feld um = 8, 41 ×1022 cm -3 .
einen Faktor 2 herunter und damit
auch die Spannung. Die Kapazität 60 W
geht um einen Faktor 2 herauf. Der Strom ist I = = 0, 26 A
230 V
b) Die Spannung bleibt konstant und
also auch das Feld. Damit das Feld und die Stromdichte
I
konstant bleiben kann, muss die j = = 0, 35 A / mm 2 = 35 A / cm 2 .
Ladung einen Faktor 2 heraufge A
hen. Für die Kapazität gilt natür j
lich das Gleiche wie unter a). Also vd = e × n = 0, 0026 cm / s . Das
0 e
6.23 a) Doppelte Spannung bedeutet dop ist ganz schön langsam.
pelte Ladung und Feldstärke: dop
pelte Energie. 6.26 M(H2O) = 18 g/mol; ρ(H2O) = 1000 g/l.
b) Doppelte Energie. Stoffmengendichte:
c) Doppelter Plattenabstand bedeutet
r
halbe Kapazität und bei gleicher cn ( H 2 O ) = = 55, 6 mol / 1 .
Spannung halbe Ladung: Energie M
halbiert. cn(H+) = xD ⋅ cn(H2O) = 1, 06 ⋅ 10−7mol/1.
6.24 Um das Wasser zu erhitzen brauchen Dies entspricht pH 7.
wir 6.27 Nur dimensionslose Zahlen können
logarithmiert werden; cn(H+) zunächst
W = m × c ( H 2 O ) × DT durch die Einheit teilen. Dann be
deutet pH 2,5: lg(cn · l/mol) = −2,5;
J
= 2, 5 kg × 4, 2 ×103 × 75 K = 787 kJ. cn · l/mol = 10−2,5 = 3,16 · 10−3,also
kg × K cn(H+) = 3, 16 mmol/1.
6.28 mM(Ag) = F ⋅ Δm/ΔQ = 107, 87 g/mol.
Energie im Kondensator: M(Ag) = e0 ⋅ Δm/ΔQ = 1, 7911 ⋅
1 10 – 25 kg.
W = C × U 2 Þ U = 2W / C = 627 V. 6.29 Die Diffusionsstromdichte jD der
2
durchtretenden Ionen ist von deren
I Ladung unabhängig, der kompen
6.25 Die Stromdichte ist j = = e0 × ne × vd . sierende Feldstrom jE steigt aber mit
A
z · e0, weil die elektrische Kraft und
Um daraus die Driftgeschwindigkeit mit ihr die Beweglichkeit μ dies auch
vd zu gewinnen, müssen wir die tun. Mehrwertige Ionen können also
Leitungselektronendichte ne kennen. jD mit geringerer Feldstärke und klei
Jedes Kupferatom spaltet etwa ein nerer Membranspannung kompen
Leitungselektron ab: sieren.
400 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
æc ö
6.30 U M = 59 mV × lg ç 1 ÷ , also:
è c2 ø
(c1/c2) lg UM (mV)
a 10 1 59
b 100 2 118
c 0,01 −2 −118
d 2 0,3 18
1 1
FL = Q × v × B = 155 As ×120 m / s × 5 ×10-5 T Wkin =
2
m × v2 W=
2
L×I2
6.34
= 0, 93 N.
10.7 · Kap. 7
401 10
10.7 7 Kap. 7 7.11 Für eine hohe Auflösung muss die
Linse oder der Spiegel einen mög
zz Antworten auf Verständnisfragen lichst großen Durchmesser aufweisen.
7.1 Schwarz wie auf dem Mond, da kein Moderne Teleskope haben Spiegel mit
Sonnenlicht von Molekülen gestreut 8–10 m Durchmesser. Derart große
wird. Linsen kann man nicht bauen.
7.2 Es ändert sich die Lichtgeschwindigkeit
und damit die Wellenlänge, da die zz Lösungen der Übungsaufgaben
7.1 1
Frequenz gleich bleibt. Außerdem än sin b grenz = = 0, 75 Þ b grenz = 48, 3°.
dern sich die elektrische und magneti 1, 34
sche Feldstärke, also die Amplituden, 7.2 Die Wellenlänge wird kürzer, da die
da ein Teil des Lichtes an der Lichtgeschwindigkeit kleiner wird.
Oberfläche reflektiert wird. 7.3 Für die Reflexion gilt: Einfallswinkel
7.3 Weil das Wasser an seiner Oberfläche gleich Ausfallswinkel. Also bedeutet
Licht reflektiert. die Forderung, dass der Einfallswinkel
7.4 Ja, das ginge. Das Eis würde gar αein doppelt so groß ist wie der Winkel
nicht so schnell schmelzen, da das des gebrochenen Strahles αbrech.
Sonnenlicht an der Linse nicht so eine Brechungsgesetz:
hohe Intensität hat wie im Brennpunkt
sin a ein sin 2a brech
und weil das Eis nur einen kleinen Teil =
des Lichts absorbiert. Um ein Feuer zu sin a brech sin a brech
entfachen, fokussiert man am besten 2 × sin a brech × cos a brech
=
auf dünnes, schwarzes Papier. sin a brech
7.5 Das reelle Bild auf der Netzhaut wird
= 2 × cos a brech = n = 1, 52;
vor allem durch die stark gekrümmte
vordere Hornhautoberfläche erzeugt. Also: αbrech = arccos 0, 76 = 41, 4° und
Ist vor dieser Wasser statt Luft, wird αein = 82,8°.
die Brennweite viel länger als der 7.4 Sie sehen ein verkleinertes virtuelles
Augendurchmesser und man kann Bild (. Abb. 7.22).
nicht mehr scharf sehen. 7.5 Sie müssen auf drei Meter fokussieren.
7.6 Dann wird die Bildweite kürzer und Der Spiegel liefert ein virtuelles Bild in
die Gegenstandsweite muss länger wer diesem Abstand (. Abb. 7.21).
den. Die Linse muss also von der Folie 1
wegbewegt werden. 7.6 Brechwert = = 2 dpt.
0, 5 m
7.7 Horizontal.
7.7 Bildweite muss gleich Gegenstandsweite
7.8 Wegen der großen Kohärenzlänge.
sein. Das ist dann der Fall, wenn die
Beim Licht der Glühlampe darf der
Bildweite zweimal die Brennweite ist.
Gangunterschied der interferierenden
7.8 Es ist reell, also auf dem Kopf. Das
Strahlen nur zwei bis drei Wellenlängen
Okular liefert dem Auge ein virtuelles
betragen.
Bild.
7.9 Schall und Licht werden an der Hausecke
7.9 Die Vergrößerung nimmt zu.
gebeugt. Da die Wellenlänge des Schalls
aber Größenordnungen größer ist, wird B 0, 24 m f
Schall stärker gebeugt und kann deshalb 7.10 = = Þ f = 54, 4 mm.
G 22 m 50 m - f
gut „um die Ecke gehört“ werden.
7.10 Licht mit der kürzesten Wellenlänge, 7.11 Bildweite für g = ∞: b = f = 135 mm.
also blaues Licht.
402 Kapitel 10 · Antworten und Lösungen
10
405
Serviceteil
Physikalische Formelsammlung – 406
Stichwortverzeichnis – 415
Physikalische Formelsammlung
.. Tab. A.1 Système International d’Unités (SI) – Die Grundgrößen und ihre Einheiten
Größe Einheit
Größe Einheit
Größe Einheit
(Fortsetzung)
408 Physikalische Formelsammlung
T ρ ρD pD WD c εr ρel σ η
[°C] [g/ml] [μg/ml] [hPa] [kJ/g] [J/(g·K)] [kΩ · m] [mN/m] [mN · s/m2]
Dichte ρ, Dampfdichte ρD, Dampfdruck pD, spez. Verdampfungsenthalpie WD, spez. Wärmekapazität c,
Dielektrizitätszahl εr, Resistivität ρel, Oberflächenspannung σ gegen Luft, Viskosität η
(Fortsetzung)
410 Physikalische Formelsammlung
Gelb 580–600 nm
Orange 600–640 nm
Rot 640–750 nm
Griechische Buchstaben
Stichwortverzeichnis
Arbeit 48
A Arkusfunktion 18
Arrhenius-Diagramm 180
Abbildung
Astigmatismus 298
–– einfache Brechung 304
Atmung 95
–– Linse 299
Atom 354
–– optische 299
Atomkern 354
Abbildungsgleichung 301
Atommodell, Bohr‘sches 354
Abbildungsmaßstab 302
Atomorbital (Elektronenwolke) 355
Aberration, chromatische vs. sphärische 298
Atomprozent 8
Ableiten 30
Atomspektrum 333
Ableitung 30
Aufenthaltswahrscheinlichkeit 355
Ablenkwinkel 295
Auflicht 311
Abschirmung, elektrische 206
Auflösungsvermögen, optische Instrumente 330
Absorption 184
Auftrieb 91
Absorptionskonstante 315
Augenlinse 304
Absorptionsspektralanalyse 317
Ausbreitungsgeschwindigkeit 132
Absorptionsspektrum 315
Ausdehnungskoeffizient 153
Abstandsgesetz, quadratisches 134
Ausdehnung, thermische 153
Achse
Ausfallswinkel 292
–– freie 71
ausgewuchtet 71
–– optische 299
Auslenkung 120
actio = reactio 62
Ausstrahlung, spezifische 313
Adhäsion 102
Auswahlregel 333
Adsorption 185
Autokollimation 302
Äquipotenziallinie 204
Avogadro-Konstante 6
Äquivalentdosis 376
Axiom 60
Äquivalentdosisleistung 376
Aggregatzustände 81
Akkommodation 305
Akkommodationsbreite 306
B
Aktivität 367 Bahnbeschleunigung 33
–– optische 322 Balkenwaage 58
–– Radio- 361 Balmer-Serie 334
Akustik 136 Bar 88
alkalisch 237 Barometer 94
Alpha-Teilchen 362 Basis 20
Altersbestimmung (C-14) 369 Basiseinheit 24
Altersweitsichtigkeit 307 Batterie 243
amorph 176 Becquerel 367
Ampere 198 Beer-Gesetz 316
Amplitude 122 Benetzung 102
Analysator 321 Beobachtersystem 65
Analyse 316 Bernoulli-Effekt 106
Anfahrwirbel 112 Beschleunigung 33
Anfangsbedingung 36 –– Bahn- 33
Anion 237 –– Erd- 34
anisotrop 86 –– Fall- 34
Anode 238 –– Radial- 33
Anomalie des Wassers 177 –– Tangential- 33
Anregungsenergie 333 –– Winkel- 70
Antimaterie 371 –– Zentral- 39
Apertur, numerische 330 –– Zentripetal- 68
Aräometer 91 Beschleunigungssensor 41
416 Stichwortverzeichnis
Stoffmengengehalt 8 Thermodynamik
Stokes-Gesetz 47, 110 –– 1. Hauptsatz 188
Stoß 64 –– 2. Hauptsatz 156
–– elastischer vs. vollständig inelastischer 65 Thermoelement 243
–– inelastischer vollständig 65 Thermographie 168
Stoßionisation 213 Thermospannung 243
Strahldichte 313 Tiefpass 232
Strahlengänge 293 Tomografie
Strahlenschutz 383 –– Kernspin- (MRT) 358
Strahlenschutzverordnung 383 –– Positronenemmisions- 372
Strahlentherapie 380 –– Röntgen (CT) 343
Strahlstärke 313 Torr 88
Strahlung Torsion 85
–– ionisierende 376 Totalreflexion, Grenzwinkel 293
Strahlungsenergie 49 Tracer 370
Strahlungsfluss 312 Trägheit 61
Strahlungsflussdichte 313 Trägheitskraft 65
Strahlungsleistung 312 Trägheitsmoment 70
Strahlungsmessung 312 Tragfläche 112
Streubalken 11 Transformator 260
Streumaß 10 Transpiration 186
Streuung 9 Treibhauseffekt 189
Strömung Tripelpunkt 184
–– ideale, laminare, turbulente 103 Tritium 360
–– reale 108 Trommelfell 139
Strömungswiderstand 111 Tropf 100
Strom 198 Tropfflasche 100
–– elektrischer 198 Tubuslänge 312
–– kapazitiver 225 Tunnelmikroskop 355
Stromfäden 104 turbulent 103
Stromkreis 226
Stromlinienform 112
Strommesser 213 U
Stromquelle 213 Überlagerung von Schwingungen 126
Stromrichtung, konventionelle 213 Überlandleitungen 218
Strom-Spannungs-Kennlinie 216 übersättigt 181
Stromstärke 198 Ultraschall 136
–– elektrische 198 Ultraschalldiagnostik 137
Stromwärme 218 Ultraviolett 283
Stufenversetzung 84 Umlaufzeit 39
sublimieren 174 Umwandlungswärme 174
Suspension 92 Unschärferelation 346
Symmetrieachse 83 unselbstständig 364
Système International d’Unités 3 unterkühlen 177
Szintillationszähler 364 Urometer 91
T V
Tangens 18 Vakuum-Lichtgeschwindigkeit 284
Tangente 30 van’t-Hoff-Gleichung 173
Tangentialbeschleunigung (Bahnbeschleunigung) 33 Varianz 10
Teleobjektiv 303 Vektor 15
Temperatur, absolute 152 Vektoraddition 32
Temperaturnullpunkt, absoluter 152 verdampfen 179
Temperaturskala 153 Verdampfungswärme 179
Termschema (Niveauschema) 333 Verformung
Tesla 253 –– elastische 83
Stichwortverzeichnis
425 S–Z
–– plastische 84 –– elektrischer 216
Vergrößerung 302 –– induktiver 264
Vergrößerungsfaktor (Mikroskop) 310 –– kapazitiver 225
Verlustleistung 218 –– ohm’scher 217
Verschiebungspolarisation 210 –– spezifischer elektrischer 209
Versetzung 85 Widerstand, elektrischer 216
Vielfachinstrumente 213 –– spezifischer 209
Viskosimeter 107 Wien-Verschiebungsgesetz 168
Viskosität 107 Winkelbeschleunigung 70
Volt 203 Winkelfunktion 18
Volumenarbeit 88 Winkelgeschwindigkeit 19, 38
Volumenausdehnungskoeffizient 154 Winkelgrad 18
Volumengehalt 8 Winkelspiegel 289
Volumenprozent 8 Wirkleistung 226, 265
Volumen, spezifisches 7 Wirkungsgrad 188
Volumenstrom 104 Wirkungsquantum, Planck’sches 331
Vorsilben 4 Wurf
–– schiefer 36
–– senkrechter 35
W Wurfparabel 36
Wärme
–– latente 175
–– spezifische 157
Y
Wärmebildkamera 168 Young-Helmholtz-Farbentheorie 318
Wärmekapazität 157
–– spezifische vs. molare 157
Wärmeleitfähigkeit 165 Z
Wärmestrahlung 167 Zähigkeit 107
Wärmeübergangskoeffizient 167 Zählrohr 364
Wassermolekül 202 Zahlengerade 4
Wasserwert 158 Zahlenwertgleichung 5
Watt 51 Zapfen 317
Wattsekunde 48 Zeitkonstante 234
Weber-Fechner-Gesetz 140 Zeitkonstante 21
Wechselspannung 223 Zentralbeschleunigung 39
Wechselstromwiderstand 225, 235 Zentralstrahl 299
Weg-Zeit-Diagramm 30 Zentrifugalkraft 68
Weicheisen 257 Zentrifuge 69, 93
Weißpunkt 319 Zentripetalbeschleunigung 68
weitsichtig 307 Zentripetalkraft 68
Welle Zerfall, radioaktiver 363
–– ebene 133 Zerfallsgesetz 366
–– elektromagnetische 270, 282 Zerfallskonstante 367
–– Kugel 134 Zerfallsreihe 367
–– longitudinale 131 Zersetzung, elektrolytische 240
–– longitudinale vs. transversale vs. stehende 131 zerstrahlen 371
–– stehende 134 Zerstreuungslinse 297
–– transversale 131 zufälliger Fehler 25
Welle-Korpuskel-Dualismus 332, 347 Zusammenhang, linearer 43
Wellenfront 284 Zustandsdiagramm 182
Wellengrundformel 132 Zustandsgleichung 182
Wellenlänge 129 –– van der Waals‘sche 162
Wellenoptik 320 Zustandsgrößen 182
Wellenpaket 347 Zwerchfell 95
Wheatstone-Brücke 229 Zwischenbild (Mikroskop) 310
Wichtungsfaktor 383 Zylinderlinse 296
Widerstand