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– Statik
Wintersemester 2021/2022
© Prof. Dr.-Ing. Florian Wegmann
Literatur
[GHSW] Gross, D.; Hauger, W.; Schröder, J.; Wall, W. A.: Technische Mechanik, Band 1: Statik.
14. Auflage. Berlin: Springer 2019.
[HKWW] Hauger, W.; Krempaszky, C.; Wall, W. A.; Werner, E.: Aufgaben zu Technische Mechanik
1-3: Statik, Elastostatik, Kinetik. 10. Auflage. Berlin: Springer Vieweg 2020.
[GEWSM] Gross, D.; Ehlers, W.; Wriggers, P.; Schröder, J.; Müller, R.: Statics – Formulas and
Problems. Engineering Mechanics 1. Berlin: Springer 2017.
[Hib] Hibbeler, R.C.: Technische Mechanik 1: Statik. 12. Auflage. München: Pearson 2012.
[RH] Romberg, O.; Hinrichs, N.: Keine Panik vor Mechanik! 9. Auflage. Wiesbaden: Springer
Vieweg 2020.
… es gibt zahlreiche weitere Bücher zur Technische Mechanik!
[ARBW] Angermann, A.; Rau, M.; Beuschel, M.; Wohlfarth, U.: MATLAB® – SIMULINK® –
STATEFLOW®, Grundlagen, Toolboxen, Beispiele. 9. Auflage. Berlin: de Gruyter 2017.
„Es gibt wohl kaum ein Grundlagenfach der Ingenieurwissenschaften, bei dem man durch das Gefühl, die Theorie
verstanden zu haben, so ge- und enttäuscht wird wie in der Mechanik, wenn es darum geht, praktische Aufgaben zu lösen.“
([RH] S. 161, Zitat aus Pestel, E.: Technische Mechanik, Band 3: Kinematik und Kinetik. Mannheim: BI Verlag 1988)
1.3 Kräfte
• Kraft:
physikalische Größe, die Bewegungen und Verformungen (Deformationen) verursachen kann
1.3 Kräfte
• Verschieben einer Kraft Starrer Körper
Eine Kraft kann bei starren Körpern F F
(Idealisierung!) beliebig entlang ihrer
Wirkungslinie verschoben werden.
1.3 Kräfte
S Zum Quiz
• Gewichtskraft eines Körpers
G
aus dem Newton‘schen Gravitationsgesetz:
Anziehungskraft zwischen zwei Körpern mit
den Massen m1 und m2 und dem Abstand r
Betrag der Gewichtskraft (homogene Körper):
zueinander:
𝑚𝑚1 ⋅ 𝑚𝑚2 𝐺𝐺 = 𝑚𝑚 ⋅ 𝑔𝑔
𝐹𝐹 = 𝑐𝑐𝐺𝐺
𝑟𝑟 2 • Masse: physikalische Größe, die angibt, wie leicht
oder schwer bzw. wie träge ein Körper ist:
allgemeine Gravitationskonstante:
m3 𝑚𝑚 = 𝜌𝜌 ⋅ 𝑉𝑉
𝑐𝑐𝐺𝐺 = 66.73 ⋅ 10 −12
kg ⋅ s2 • Dichte: Materialkennwert, der angibt, wie viel
Masse ein Material pro Volumeneinheit hat,
Erdbeschleunigung am „Normalort“ (auf
kg
Höhe des Meeresspiegels und 45° Breite) z.B. Stahl: 𝜌𝜌 = 7850 3
mit der Masse m1 und dem Radius r der m
Erde): Wirkungslinie in Richtung Erdmittelpunkt
𝑚𝑚1 m m
𝑔𝑔 = 𝑐𝑐𝐺𝐺 2 = 9.80665 2 ≈ 9.81 2 Kraftangriffspunkt: Schwerpunkt eines Körpers
𝑟𝑟 s s
Vereinfachung: die über das Volumen verteilte
Gewichtskraft wird auf eine Einzelkraft reduziert.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 10
1. Grundlagen
1.3 Kräfte
• Einteilung der Kräfte bezüglich der Kraftausdehnung
Einzelkraft
• gekennzeichnet durch Wirkungslinie und Angriffspunkt (Idealisierung!)
• Beispiel: Belastung eines Körpers über dünnen Faden oder Nadelspitze
• Verwendung in der Starrkörperstatik z.B. zur Berechnung von Lagerkräften
Linienkraft
• Streckenlast, entlang einer Linie kontinuierlich verteilt (Idealisierung)
• Beispiel: Belastung eines Körpers über schmale Schneide
Flächenkraft
• kontinuierlich auf einer Fläche verteilt
• treten in der Berührungsfläche zweier Körper auf
• Beispiele: Wasserdruck auf Staumauer, Schnee auf Dach, Windlast an Gebäude
Volumenkraft
• kontinuierlich über das Volumen eines Körpers verteilt
• Beispiele: Gewicht, Zentrifugalkraft, elektrische und magnetische Kräfte
1.3 Kräfte
• Einteilung der Kräfte bezüglich der Ursache der Kraft
eingeprägte oder aktive (antreibende) Kraft
• eine Kraft, die einen Körper in Bewegung versetzen will
• physikalisch vorgegebene Kraft, über ein physikalisches Gesetz definierbar
• Beispiele: Gewicht, Windlast, Schneelast, Federkraft, magnetische Kraft …
• in unseren ersten Beispiel: die Gewichtskraft der Last am Kran
Reaktionskraft
• eine Kraft, die eine Bewegung verhindern will
• Zwangskraft, die durch Einschränkung der Bewegungsfreiheit entstehen (Bindungen)
• Beispiele: Lagerkraft, Gelenkkraft
• in unserem ersten Beispiel: die Seilkraft, die das Herunterfallen der Last verhindert
Reaktionskräfte kann man nur ermitteln, indem man die Bindungen in Gedanken löst und durch die darin
wirkenden Kräfte ersetzt Freischneiden!
1.4 Freischneiden
• Damit man Reaktionskräfte berechnen kann, muss man sie „freilegen“
oder „freischneiden“.
• „Freischneiden“ = Trennen eines Teilsystems von seinen Bindungen mit
der Umgebung durch einen geschlossenen Schnitt und Eintragen aller an
den Schnittstellen auftretenden Kräfte G
Man erhält ein „Freikörperbild“ oder eine „Freischnittskizze“.
• Grundlage hierfür ist das Schnittprinzip (Leonhard Euler, 1707 – 1783),
das davon ausgeht, dass die mechanischen Gesetze nicht nur für das
Gesamtsystem, sondern auch für Teile des Systems gelten, z.B. im Falle
des Gleichgewichts: Befindet sich ein mechanisches System im F
Gleichgewicht, dann ist auch jedes herausgeschnittene Teilsystem im F
Gleichgewicht, wenn man die Wirkung aller an ihm angreifenden Kräfte
berücksichtigt – einschließlich der Reaktionskräfte an den Schnittstellen.
G
• Außerdem gilt das Wechselwirkungsgesetz (Isaac Newton, 1643 – 1727):
Wenn zwei Körper (oder Teile eines Körpers) Kräfte aufeinander
ausüben, dann sind diese Kräfte gleich groß, entgegengesetzt gerichtet
und liegen auf der gleichen Wirkungslinie („actio = reactio“).
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 13
1. Grundlagen
1.5 Gleichgewicht
• Wenn ein Körper im Gleichgewicht ist, dann ändert er seinen Bewegungszustand nicht, d.h.
er bleibt in Ruhe, wenn er in Ruhe ist bzw.
er behält seine Geschwindigkeit bei, wenn er in einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit ist.
• Ein Körper ist genau dann im Gleichgewicht, wenn sich die Wirkungen aller an ihm angreifenden
Kräfte aufheben.
• Mathematisch wird dieser Sachverhalt durch die Gleichgewichtsbedingungen beschrieben, die
wir später ausführlich behandeln werden.
• Im Beispiel rechts führt das Gleichgewicht auf:
𝐹𝐹 − 𝐺𝐺 = 0 F
Der Apfel kann also nur im Gleichgewicht sein, wenn gilt:
G
𝐹𝐹 = 𝐺𝐺
• Achtung: Terme, die addiert oder subtrahiert werden, müssen dieselbe Dimension haben,
z.B.: F1 ∙ l1 + F2 ∙ l2 = 22 N ∙ 4 m + 13 N ∙ 200 mm = 22 N ∙ 4 m + 13 N ∙ 0.2 m
= 22 ∙ 4 Nm + 13 ∙ 0.2 Nm = 88 Nm + 2.6 Nm = 90.6 Nm.
Zum Quiz
• Dies kann man sehr gut zur Überprüfung von Gleichungen anwenden:
Wenn in einer Gleichung beispielsweise ein Ausdruck 22 N + 14 Nm oder
200 mm + 400 mm2 vorkommt, dann liegt in der Herleitung definitiv ein Fehler vor!
1.6 Maßeinheiten
• SI-Einheiten: Internationales Einheitensystem (franz. „Système International d‘Unités“)
Länge: [m] Meter
Zeit: [s] Sekunde
Masse: [kg] Kilogramm
Kraft: [N] Newton, abgeleitet aus dem zweiten Newton‘schen Gesetz: F = m ∙ a
kg ⋅ m 1 N ist die Kraft, die man benötigt, um einen
N =
s2 Körper der Masse 1 kg innerhalb 1 s auf die
Geschwindigkeit 1 m/s zu beschleunigen.
6. Lösung umsetzen
Konsequenzen ziehen
Aufgabenbereich Management
1. Fragestellung 5. Lösung diskutieren
formulieren Plausibilität prüfen,
Situation, Ziel Lösung erarbeiten
Aufgabenbereich Fachexperten
Naturwissenschaften
Wellenlehre
Mechanik
Physik Chemie
Kinematik Dynamik
Statik Kinetik
Kräfte in ruhenden Systemen Zusammenwirken von
Kräften und Bewegungen
Technische Mechanik II
Stereostatik Elastostatik
4. Fachwerke
5. Schwerpunkt
6. Schnittgrößen
7. Reibung
S>0
masseloses Seil: Eigengewicht wird vernachlässigt S>0
(wenn Eigengewicht deutlich kleiner als Seilkraft)
Seil ist auf einer geraden Linie und S1 = S2 = S
F2 F2
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 26
2. Gleichgewicht in der Ebene – die anschauliche Methode
F2
F2
F1 F1
F3
R
F4 F2
F3
F4
Beispiel:
Zerlegen der Kraft R in ihre Komponenten bezüglich der vorgegebenen Wirkungslinien f1 und f2:
f1 F1
R f1 R R
f2
f2 F2
Beispiel 3:
Eine Kraft mit dem Betrag S = 10 kN ist im Winkel β = 40°
gegenüber der Vertikalen geneigt, siehe Skizze rechts. S
Zerlegen Sie die Kraft in ihre x- und in ihre y-Komponente β
Sx und Sy.
Beispiel 4:
Für Wärmepumpen werden Pufferspeicher benötigt. Diese gibt es – je l
nach Größe – in wandhängender oder bodenstehender Ausführung.
Berechnen Sie für einen wandhängenden Pufferspeicher (Leermasse mS,
Wasser-Fassungsvermögen VW, Schwerpunkt S mit Abstand s zur Wand) S s
die in der Wandaufhängung wirkenden Kräfte. Der Speicher soll im oberen
Bereich an Haken aufgehängt werden. Im unteren Bereich stützt er sich
über Abstandhalter an der Wand ab (Abstand l zu den Haken), siehe
Skizze rechts.
Untersuchen Sie außerdem den Einfluss verschiedener Werte für l und s.
Beispiel 5:
Auf einen rechteckförmigen Körper wirkt das in der Skizze a
dargestellte Kräftepaar mit F = 100 N und a = 200 mm. A B
a) Wie groß ist das Moment M(A), das durch das Kräftepaar
im Punkt A wirkt? (Einheit: Nm)
F
b) Wie groß ist das Moment M(B), das durch das Kräftepaar
im Punkt B wirkt? (Einheit: Nm)
F
c) Beschreiben Sie die Bewegung, die dieser Körper
wegen des Kräftepaares ausführen wird.
2.2.5 Gleichgewichtsbedingungen Mj
• Greifen an einem allgemeinen Kräftesystem n Kräfte F1, F2, …, Fi, …, Fn
und m freie Momente M1, M2, …, Mj, …, Mm an, dann ist das System im M1 Fi
Gleichgewicht,
x
wenn die resultierende Kraft verschwindet, also die Summe aller Kräfte in jede Koordinatenrichtung
(in der Ebene z.B. die x- und die y-Richtung),
𝑛𝑛 𝑛𝑛
2.2.5 Gleichgewichtsbedingungen
F b
Beispiel 8:
Ein Kind will seinen Spielzeuglastwagen unter dem Stuhl
durchschieben, auf dem seine Mutter sitzt. Der Stuhl ist G
jedoch zu niedrig. Das Kind drückt mit der Kraft F gegen den
Lastwagen. Der Lastwagen hat die Gewichtskraft G, deren a a
Wirkungslinie in der Mitte zwischen den Rädern verläuft. A B
Berechnen Sie die vertikalen Kräfte A und B, die vom Boden auf
die Räder wirken, sowie die horizontale Kraft C, die vom Stuhl
auf den Lastwagen wirkt.
Gegeben: F, G, a, b
Beispiel 9: B
h
Schneiden Sie das rechts dargestellte
Tragwerk frei und bestimmen Sie alle
unbekannten Lagerreaktionen.
Gegeben: F, b, c, h, ϕ A
c
b
Zum Quiz
• Schiebehülsenlagerung (Wertigkeit w = 2)
eine übertragbare Kraft
(senkrecht zur Hülsenachse) MA
ein übertragbares Moment AV
Beweglichkeit: Verschiebung in Richtung der Hülsenachse
Beispiel 11:
M
Ein Baukran besteht aus einem Ausleger ABC und einem Turm BD.
a
Der Turm ist im Punkt D fest im Boden eingespannt. Der Ausleger ist
im Punkt B gelenkig auf dem Turm gelagert und im Punkt A durch ein
Seil abgespannt. Das Seil ist nahe dem Punkt D am Boden befestigt, D
der Abstand des Befestigungspunktes vom Punkt D kann vernachlässigt
werden. Im Punkt C hängt eine Masse M am Ausleger. Der homogene
Ausleger besitzt die Masse mA, der Turm die Masse mT. Das Gewicht
des Seils kann vernachlässigt werden.
Gegeben: a, M, mA, mT, g (senkrecht nach unten)
Berechnen Sie alle Lager- und Verbindungsreaktionen. Durch welche geometrische Maßnahme
könnte die Seilkraft minimiert werden, ohne dass Ausleger und Turm verändert werden müssten?
Wie groß wäre die Seilkraft dann?
• Verbindet man nun den rechten Balken über ein Gelenk mit dem linken
Balken (ohne das Loslager), dann hat der rechte Balken noch genau eine
Bewegungsmöglichkeit: eine Drehung um das Gelenk.
• Diese Bewegungsmöglichkeit wird durch die vertikale Reaktionskraft des Loslagers blockiert.
Bedingung 2 erfüllt
4. Fachwerke
5. Schwerpunkt
6. Schnittgrößen
7. Reibung
2.4 Zusammenfassung
• Ermitteln von Reaktionskräften und -momenten in statisch bestimmten Systemen
mit Hilfe der anschaulichen Methode
Freischneiden (Freischnittskizze anfertigen):
• freigeschnittene Körper skizzieren (geschlossener Schnitt durch alle Lager und Verbindungen)
• alle wirkenden Kräfte und Momente inklusive der Bindungsreaktionen eintragen, Hinweise:
– Bei jeder Bindung genau so viele Kräfte und Momente mit eindeutigem Namen eintragen wie die Wertigkeit der Bindung
– Bei vielen Bindungen kann man beim Freischneiden die Kraft- bzw. Momentenrichtung frei wählen. Man kann versuchen,
die Richtung so einzutragen, wie die Kraft bzw. das Moment wirklich wirkt, dies gelingt bei komplizierten Systemen jedoch
nicht immer. Macht nichts: Wenn die Kraft bzw. das Moment andersherum wirkt als eingetragen, dann ergibt sich aus den
Gleichgewichtsbedingungen ein negativer Wert für diese Kraft bzw. dieses Moment – das ist dann genauso richtig!
Aber: Bitte niemals nachträglich die Richtung der eingetragenen Kräfte oder Momente in der Freischnittskizze ändern!
Gleichgewichtsbedingungen aufstellen (Kräfte- und Momentengleichgewicht), Hinweis:
• Über die Vorzeichen der einzelnen Terme in den Gleichungen entscheiden die Pfeilrichtungen in der Skizze!
Gleichungen nach den unbekannten Kräften und Momenten auflösen
Plausibilität prüfen und ursprüngliche Frage beantworten
2.4 Summary
• How to calculate reaction forces and moments in statically determinate planar mechanical
systems:
Carefully read and understand the problem description
Isolate the bodies
• Draw the free body diagram with all bodies separated from each other and from the environment
• Insert all active forces and moments
• Insert all reaction forces and moments:
For each connection (support, bearing, joint …) the adequate forces and moments
• Insert geometry
Formulate the equilibrium conditions for each body
• Equilibrium of forces in two directions
• Equilibrium of moments about a reference point that can be chosen freely
Signs (+ or –) in the equations depend on the direction of the arrows in the free body diagram
Solve the equations for the unknown forces and moments
Check if the results are plausible
Answer the initial questions
2.4 Summary
• Exercise
3.1 Gleichgewichtsbedingungen
• Erinnerung: Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene
Kräftegleichgewicht in zwei Richtungen
𝑛𝑛 𝑛𝑛
3.1 Gleichgewichtsbedingungen
• Gleichgewichtsbedingungen mit Vektoren
Kräftegleichgewicht
𝑛𝑛
𝑅𝑅 = � 𝐹𝐹⃗𝑖𝑖 = 0
𝑖𝑖=1
Momentengleichgewicht 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐾𝐾𝑖𝑖 : Lagevektor vom Bezugspunkt A
𝑛𝑛 𝑚𝑚
𝐴𝐴
zum Kraftangriffspunkt Ki der Kraft 𝐹𝐹⃗𝑖𝑖
𝑀𝑀𝑅𝑅 = � 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐾𝐾𝑖𝑖 × 𝐹𝐹⃗𝑖𝑖 + � 𝑀𝑀𝑗𝑗 = 0 (oder zu einem beliebigen anderen
𝑖𝑖=1 𝑗𝑗=1 Punkt auf der Wirkungslinie von 𝐹𝐹⃗𝑖𝑖 )
Hinweise:
• Beim Aufstellen der Gleichgewichtsbedingungen alle Kräfte bzw. Momente, die gemäß Skizze am System
angreifen, mit „+“ aneinanderreihen: das Vorzeichen muss beim Aufstellen der Vektoren berücksichtigt werden!
• Bei den Kreuzprodukten immer den Ortsvektor zuerst und dann den Kraftvektor (spricht: „r Kreuz F“!!!)
• Nach dem Aufstellen der Gleichgewichtsbedingungen müssen die einzelnen Vektoren aufgestellt werden. Hier
müssen auch die unbekannten Lager- und Verbindungsreaktionen auf geeignete Weise berücksichtigt werden.
Wann ist die vektorielle Methode sinnvoll?
• Bei räumlichen Aufgaben
• Bei ebenen Aufgaben, wenn die Geometrie schwierig zu beschreiben ist
3.3 Vektoren
• Ein Skalar ist eine Größe, die man durch eine (positive oder negative) Zahl (mit Einheit)
ausdrücken kann (Beispiele in der Mechanik: Masse, Volumen, Länge).
Darstellung: kursiv gedruckte Buchstaben (m, V, l)
• Ein Vektor ist eine Größe, die einen Betrag (Zahl mit Einheit!) und eine Richtung hat (Beispiele in
der Mechanik: Kraft, Moment, Lagevektor, Geschwindigkeit).
• Darstellung:
Vektor: ⃗ 𝑀𝑀, 𝑟𝑟,
Buchstabe mit Pfeil: 𝐹𝐹, ⃗ 𝑣𝑣⃗
im Buchdruck auch kursiv und fett gedruckte Buchstaben: 𝑭𝑭, 𝑴𝑴, 𝒓𝒓, 𝒗𝒗
y z
= Achse, die aus der
Zeichenebene heraus zeigt
3.3 Vektoren
z
𝑎𝑎𝑥𝑥
• Betrag und Richtung eines Vektors 𝑎𝑎⃗ = 𝑎𝑎𝑦𝑦
𝑎𝑎𝑧𝑧 az
𝑎𝑎⃗
γ
Betrag: 𝑎𝑎 = 𝑎𝑎⃗ = 𝑎𝑎𝑥𝑥2 + 𝑎𝑎𝑦𝑦2 + 𝑎𝑎𝑧𝑧2
β ay
Richtungsvektor: 𝑒𝑒⃗𝑎𝑎 =
1 1
⋅ 𝑎𝑎⃗ = ⋅ 𝑎𝑎⃗ α y
𝑎𝑎 𝑎𝑎 ax
(Länge 1)
cos 𝛼𝛼 x
𝑎𝑎⃗ = 𝑎𝑎 ⋅ 𝑒𝑒⃗𝑎𝑎 𝑒𝑒⃗𝑎𝑎 = cos 𝛽𝛽
cos 𝛾𝛾
𝑏𝑏
𝑎𝑎𝑥𝑥 𝑏𝑏𝑥𝑥
ϕ
• Winkel zwischen zwei Vektoren 𝑎𝑎⃗ = 𝑎𝑎𝑦𝑦 und 𝑏𝑏 = 𝑏𝑏𝑦𝑦 cos 𝜑𝜑 =
𝑎𝑎∘𝑏𝑏
𝑎𝑎 ⋅ 𝑏𝑏
𝑎𝑎𝑧𝑧 𝑏𝑏𝑧𝑧
mit dem Skalarprodukt 𝑐𝑐 = 𝑎𝑎⃗ ∘ 𝑏𝑏 = 𝑎𝑎𝑥𝑥 ⋅ 𝑏𝑏𝑥𝑥 + 𝑎𝑎𝑦𝑦 ⋅ 𝑏𝑏𝑦𝑦 + 𝑎𝑎𝑧𝑧 ⋅ 𝑏𝑏𝑧𝑧 𝑎𝑎⃗
3.3 Vektoren
• Addition und Subtraktion von Vektoren
𝑎𝑎⃗
𝑎𝑎𝑥𝑥 𝑏𝑏𝑥𝑥 𝑏𝑏
gegeben: 𝑎𝑎⃗ = 𝑎𝑎𝑦𝑦 und 𝑏𝑏 = 𝑏𝑏𝑦𝑦
𝑎𝑎𝑧𝑧 𝑏𝑏𝑧𝑧
𝑏𝑏
𝑎𝑎⃗
𝑎𝑎𝑥𝑥 𝑏𝑏𝑥𝑥 𝑎𝑎𝑥𝑥 + 𝑏𝑏𝑥𝑥
Addition: 𝑠𝑠⃗ = 𝑎𝑎⃗ + 𝑏𝑏 = 𝑎𝑎𝑦𝑦 + 𝑏𝑏𝑦𝑦 = 𝑎𝑎𝑦𝑦 + 𝑏𝑏𝑦𝑦 𝑠𝑠⃗
𝑎𝑎𝑧𝑧 𝑏𝑏𝑧𝑧 𝑎𝑎𝑧𝑧 + 𝑏𝑏𝑧𝑧
−𝑏𝑏
𝑎𝑎𝑥𝑥 𝑏𝑏𝑥𝑥 𝑎𝑎𝑥𝑥 − 𝑏𝑏𝑥𝑥 𝑎𝑎⃗ 𝑑𝑑⃗
Subtraktion: 𝑑𝑑⃗ = 𝑎𝑎⃗ − 𝑏𝑏 = 𝑎𝑎𝑦𝑦 − 𝑏𝑏𝑦𝑦 = 𝑎𝑎𝑦𝑦 − 𝑏𝑏𝑦𝑦
𝑎𝑎𝑧𝑧 𝑏𝑏𝑧𝑧 𝑎𝑎𝑧𝑧 − 𝑏𝑏𝑧𝑧 𝑑𝑑⃗ 𝑏𝑏
𝑎𝑎⃗
3.3 Vektoren
• Vektorprodukt bzw. Kreuzprodukt – ein mögliches Schema zur Berechnung
3.4 Lagevektoren
B
• Lagevektoren zeigen von einem Punkt zu einem anderen Punkt, z.B. z
𝑟𝑟⃗𝐴𝐴 vom Koordinatenursprung zum Punkt A
𝑟𝑟⃗𝐵𝐵 vom Koordinatenursprung zum Punkt B 𝑟𝑟⃗𝐵𝐵 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐴𝐴
𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐵𝐵 vom Punkt A zum Punkt B
(Berechnung in diesem Fall: 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐵𝐵 = 𝑟𝑟⃗𝐵𝐵 − 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴 )
A
• Es handelt sich also um Vektoren, die Entfernungen und 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴
ihre Richtungen beschreiben. Ihr Betrag hat die Einheit
von Längenmaßen (z.B. m, mm etc.). y
• Man kann sie „naturgetreu“ als Verbindung zweier
Punkte in eine Skizze eintragen.
x
• In der Mechanik werden Lagevektoren z.B. benötigt
für das Momentengleichgewicht,
zum Aufstellen von Kraftvektoren mit vorgegebener
Richtung (z.B. Seilkräfte),
zum Beschreiben von Verformungen (Festigkeitslehre)
und Bewegungen (Technische Mechanik II)
• Der Betrag eines Kraftvektors hat die Einheit einer Kraft (z.B. N, kN etc.).
• Im Gegensatz zu Lagevektoren kann man Kraftvektoren nicht „naturgetreu“ in Skizzen
eintragen, man braucht einen Maßstab (z.B. „1 cm in der Skizze entspricht 1 kN“).
3.5 Kraftvektoren
• Aufstellen von Kraftvektoren
aus Anschauung (z.B. in Abhängigkeit von Betrag und Winkel), 𝐹𝐹3 cos 𝛼𝛼
Beispiel rechts in Abhängigkeit von Winkel α und Betrag F3 𝐹𝐹⃗3 = 𝐹𝐹3 sin 𝛼𝛼
0
aus Lagevektoren (z.B. für Seil- oder Stabkräfte in Abhängigkeit
von der Lage des Seils oder des Stabes), Beispiel rechts:
Ist F3 die Kraft in einem von C nach D gespannten Seil, dann gilt: y D
1 F3
𝐹𝐹⃗3 = 𝐹𝐹3 ⋅ 𝑒𝑒⃗𝐹𝐹3 mit 𝑒𝑒⃗𝐹𝐹3 = ⋅ 𝑟𝑟⃗ und 𝑟𝑟⃗𝐶𝐶𝐶𝐶 = 𝑟𝑟⃗𝐷𝐷 − 𝑟𝑟⃗𝐶𝐶
𝑟𝑟⃗𝐶𝐶𝐶𝐶 𝐶𝐶𝐶𝐶
C α
beim Freischneiden durch Einführen von Unbekannten für die
x
Lagerreaktionen je nach Lagertyp (siehe auch später),
Beispiel rechts: Festlager in A (kann Kräfte in x- und y-Richtung
aufnehmen), Loslager in B (kann Kräfte in y-Richtung aufnehmen) y
𝐴𝐴𝐻𝐻 0
𝐹𝐹⃗𝐴𝐴 = 𝐴𝐴𝑉𝑉 𝐹𝐹⃗𝐵𝐵 = 𝐵𝐵𝑉𝑉 B x
A
0 0
3.6 Momentenvektoren z
𝑀𝑀 = ℎ ⋅ 𝐹𝐹 = 𝑥𝑥 ⋅ 𝐹𝐹𝑦𝑦 − 𝑦𝑦 ⋅ 𝐹𝐹𝑥𝑥 0
h y
Richtung: Achse, um die das Moment eine Drehung verursachen will
Schaut man in Richtung des Vektors, dann will er eine Drehung im Mz(0) x
Uhrzeigersinn verursachen. Fy
y
Die Drehrichtung kann anschaulich dargestellt werden mit der x Fx F
„Rechte-Daumen-Regel“:
• Daumen der rechten Hand zeigt in Richtung des Momentenvektors.
• Die vier anderen Finger werden zu einer Faust geschlossen und zeigen
dann die Drehrichtung des Moments an.
Die Darstellungen als Momentenvektor (zur Unterscheidung von einer Kraft als Doppelpfeil) bzw. als
gekrümmter Pfeil sind identisch.
• Will man das resultierende Moment aus mehreren Momenten berechnen, dann müssen die
Vektoren der einzelnen Momente addiert werden.
• Der Betrag eines Momentenvektors hat die Einheit eines Momentes (z.B. Nm, kNm, Nmm etc.).
• Kraftvektor 𝐹𝐹⃗
A
𝐹𝐹⃗
𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑥𝑥 𝐹𝐹𝑥𝑥 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑦𝑦 ⋅ 𝐹𝐹𝑧𝑧 − 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑧𝑧 ⋅ 𝐹𝐹𝑦𝑦
𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐴𝐴
𝑀𝑀 (𝐴𝐴)
= 𝑟𝑟⃗𝐴𝐴𝐴𝐴 × 𝐹𝐹⃗ = 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑦𝑦 × 𝐹𝐹𝑦𝑦 = −𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑥𝑥 ⋅ 𝐹𝐹𝑧𝑧 + 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑧𝑧 ⋅ 𝐹𝐹𝑥𝑥 P
𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑧𝑧 𝐹𝐹𝑧𝑧 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑥𝑥 ⋅ 𝐹𝐹𝑦𝑦 − 𝑟𝑟𝐴𝐴𝐴𝐴,𝑦𝑦 ⋅ 𝐹𝐹𝑥𝑥
a) Berechnen Sie die Momente, die diese Kräfte in Bezug auf den Punkt A2 verursachen.
b) Stellen Sie das Momentengleichgewicht um den Punkt A2 auf und berechnen Sie damit die
unbekannten Beträge S1, S3 und S6 der Kräfte in den Stäben (1), (3) und (6).
𝐴𝐴𝑥𝑥 𝑀𝑀𝐴𝐴𝐴𝐴
𝐹𝐹⃗𝐴𝐴 = 𝐴𝐴𝑦𝑦 𝑀𝑀𝐴𝐴 = 𝑀𝑀𝐴𝐴𝐴𝐴
𝐴𝐴𝑧𝑧 𝑀𝑀𝐴𝐴𝐴𝐴
• Loslager (Punkt B)
mögliche Bewegungen: • Festlager (Punkt A)
• Verschiebung in x-Richtung mögliche Bewegungen:
• Drehung um die x-Achse • Drehung um die x-Achse
• (kleine) Drehung um die y- und z-Achse • (kleine) Drehung um die y- und z-Achse
blockierte Bewegungen: blockierte Bewegungen:
• Verschiebung in y- und z-Richtung • Verschiebung in x-, y- und z-Richtung
Wertigkeit: w = 2 Wertigkeit: w = 3
Reaktionen: Reaktionen:
• Kräfte in y- und z-Richtung 0 • Kräfte in x-, y- und z-Richtung 𝐴𝐴𝑥𝑥
Ansatz für Lagerkraft: 𝐹𝐹⃗𝐵𝐵 = 𝐵𝐵𝑦𝑦 Ansatz für Lagerkraft: 𝐹𝐹⃗𝐴𝐴 = 𝐴𝐴𝑦𝑦
𝐵𝐵𝑧𝑧 𝐴𝐴𝑧𝑧
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 93
3. Gleichgewicht im Raum – mit Vektoren
3.9 Zusammenfassung
• Ermitteln von Reaktionskräften und -momenten in statisch bestimmten Systemen
mit Hilfe der vektoriellen Methode (Unterschiede zur anschaulichen Methode sind rot markiert)
Freischneiden (Freischnittskizze anfertigen)
• freigeschnittene Körper skizzieren (geschlossener Schnitt durch alle Lager und Verbindungen)
• alle wirkenden Kräfte und Momente inklusive der Bindungsreaktionen eintragen, Hinweise:
– Bei jeder Bindung einen Kraft- und/oder einen Momentenvektor mit eindeutigem Namen eintragen (Die Wertigkeit spielt in
der Skizze keine Rolle, lediglich die Frage, ob es nur eine Kraft, nur ein Moment oder beides ist, das wirken kann.)
– Die Pfeilrichtung in der Skizze spielt keine Rolle (Die Vorzeichen werden beim Aufstellen der Vektoren berücksichtigt.)
Gleichgewichtsbedingungen aufstellen (Kräfte- und Momentengleichgewicht), Hinweise:
• nur mit den Formelzeichen der Vektoren
• alle vektoriellen Terme mit „+“ aneinanderreihen, die Richtung der Kräfte und Momente spielt hier keine Rolle!
Alle benötigten Kraft-, Momenten- und Lagevektoren aufstellen, Hinweise:
• bei jeder Komponente der Lagevektoren und der eingeprägten Kräfte und Momente auf das Vorzeichen achten
• bei Bindungsreaktionen (je nach Wertigkeit und Gestaltung) in die einzelnen Vektorkomponenten die Namen von
unbekannten Kraft- bzw. Momentenkomponenten eintragen, vgl. Abschnitt 3.7
Aufgestellte Vektoren in Gleichgewichtsbedingungen einsetzen, daraus skalare Gleichungen formulieren
Gleichungen nach unbekannten Komponenten auflösen, ggf. Vektoren damit fertig zusammenstellen
Plausibilität prüfen und ursprüngliche Frage beantworten
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 95
3. Gleichgewicht im Raum – mit Vektoren Beispiel für eine mögliche
Prüfungsaufgabe:
𝐹𝐹⃗𝑍𝑍
3.9 Zusammenfassung vorgesehene Zeit: ca. 25 min y
Niveau: mittel
α
Beispiel 18: Baggerschaufel Z b
Die auf eine Baggerschaufel wirkenden Kräfte sollen analysiert werden. A
Die Schaufel ist im Punkt A drehbar um die z-Achse gelagert. Im Punkt L
liegt eine schwere Last mit der Masse m in der Schaufel. Die daraus resul- c a
h
tierende Gewichtskraft 𝐅𝐅𝐿𝐿 wirkt in negativer y-Richtung. Im Punkt Z greift
⃗ ⃗
𝐹𝐹𝐿𝐿
die zur Verstellung der Schaufel erforderliche Kraft 𝐅𝐅⃗𝑍𝑍 eines Hydraulikzy-
linders an, deren Wirkungslinie in der x-y-Ebene liegt und gemäß Skizze
um den Winkel α gegenüber der x-Achse geneigt ist. Das Eigengewicht
der Schaufel wird vernachlässigt. Die Punkte A und Z liegen in der x-y- z L
Ebene, der Punkt L ist um die (in der Skizze nicht dargestellte) Exzentri- x
zität e aus der x-y-Ebene in z-Richtung verschoben. Die Lage der Punkte L und Z gegenüber dem
Punkt A in x- und y-Richtung ist über die Größen a, b, c und h gemäß Skizze gegeben.
Gegeben: a, b, c, e, h, α, m und die Erdbeschleunigung g
Berechnen Sie für den Fall, dass die Schaufel im Gleichgewicht ist, den Betrag FZ der Zylinderkraft
in Abhängigkeit von den gegebenen Größen sowie die Vektoren der Lagerreaktionen im Punkt A in
Abhängigkeit von FZ und den gegebenen Größen.
3.9 Summary
• How to calculate reaction forces and moments in statically determinate spacial mechanical
systems (differences to chapter 2 are marked in red):
Carefully read and understand the problem description
Isolate the bodies
• Draw the free body diagram with all bodies separated from each other and from the environment
• Insert all active forces and moments
• Insert all reaction forces and moments: For each connection one force vector and/or one moment vector
• The direction of the arrows is not important in the sketch – the signs are considered when formulating the vectors
Formulate the equilibrium conditions for each body (equilibrium of forces and equilibrium of moments)
• Write down the vectors one after the other just by using their symbols from the sketch
• Only use “+“ signs between the vectors in the equations – independent from the direction of forces and moments
Establish all components of the vectors occuring in the equilibrium conditions
• In all position vectors and in all vectors of active forces and moments the correct sign has to be considered
• In all vectors of reaction forces and moments the names of the unknown force and moment components have to
be inserted – their number is depending on the characteristics of the connection (see section 3.7)
Insert all established vectors into the equilibrium conditions and extract the scalar equations from those
Solve the equations for unknown forces and moments, formulate the resulting force and moment vectors
Check if the results are plausible, Answer the initial questions
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 97
3. Gleichgewicht im Raum – mit Vektoren
3.9 Summary
• Exercise
([RH] S. 46)
Quelle: http://www.intechcontracting.com/sites/default/files/330462_10100439962608330_239348395_o.jpg
(Zugriff am 29.4.2021)
4.3 Knotenpunktverfahren S1
B
S4
• Beim Knotenpunktverfahren werden einzelne oder alle A
S2
Knoten des Fachwerkes nacheinander freigeschnitten. S3
S1
• Die Richtung der Stabkräfte ist gleich der Stabrichtung. F
• Der Richtungssinn einer Stabkraft darf beim Freischneiden einmal beliebig gewählt werden, muss
beim gegenüberliegenden Knoten dann aber entgegengesetzt eingetragen werden.
• Wird beim Freischneiden der Richtungssinn anders gewählt, als die Kraft wirkt, dann ergibt sich
eine negative Stabkraft.
• Empfehlung: Jeden Stab als Zugstab freischneiden. Für das Ergebnis steht dann immer fest:
Positive Kräfte sind Zugkräfte.
Negative Kräfte sind Druckkräfte.
• Das Momentengleichgewicht ist für einen Knoten automatisch erfüllt (zentrales Kräftesystem).
• Mit dem Kräftegleichgewicht kann man für jeden Knoten zwei Gleichungen formulieren (z.B.
horizontal und vertikal oder x- und y-Richtung).
• Mit den Knotengleichungen kann man also insgesamt doppelt so viele unbekannte Stab- und
Lagerkräfte ausrechnen wie die Anzahl der Knoten im Fachwerk (lineares Gleichungssystem).
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 103
4. Fachwerke
4.3 Knotenpunktverfahren a a a a a a
B 4 D 8 G
• Es ist zweckmäßig, mit einem Knoten zu beginnen, an 1
3 5 9
10
a
dem nur zwei unbekannte Kräfte wirken. 7 11 H
Beispiel rechts: Knoten A S1 und S2 A 2 C 6 E 13 a
12 14
• Nach Berechnen der beiden Kräfte sucht man weitere
I
Knoten mit jeweils zwei Unbekannten, wobei alle bisher 15
F a
berechneten Kräfte jetzt als bekannte Größen J
16
verwendet werden können. 17
Beispiel rechts: Knoten B S3 und S4, dann C S5 und S6, a
K 18
dann D S7 und S8, dann G S9 und S10 usw. 19
a
• Das Fachwerk kann auch als Ganzes von der Umgebung freigeschnitten werden,
20 L
um die Lagerreaktionen zu bestimmen. Dies ist immer dann zu empfehlen, wenn 21
es keine Knoten (mehr) gibt, an denen nur zwei unbekannte Kräfte angreifen. a
M 22
Vorgehen: Das gesamte Fachwerk als Starrkörper von den Lagern freischneiden,
23
Kräfte- und Momentengleichgewicht aufstellen, Lagerreaktionen bestimmen, 24 a
fehlende Stabkräfte ermitteln. N
O
Hinweis: Es liegen dann drei Gleichungen mehr vor als erforderlich. Zur Probe 25
können die ermittelten Kräfte zuletzt in diese Gleichungen eingesetzt werden.
4.4 Nullstäbe
• In bestimmten Fällen kann man
sofort erkennen, dass die Kraft in
einem Stab Null sein muss:
Fall 1: zwei Stäbe in S1
1
unterschiedlicher Richtung an einem S1 = 0
Knoten ohne äußere Kraft S2 = 0
Beide Stabkräfte sind Null. 2 S2
4.4 Nullstäbe
• Bei der Berechnung der Stabkräfte eines Fachwerkes ist es zweckmäßig, zuerst oder auch im
Laufe des Berechnungsverfahrens möglichst viele Nullstäbe zu identifizieren
• Nullstäbe sind – auch wenn Sie keiner Belastung ausgesetzt sind – trotzdem nicht nutzlos:
Wenn sich die äußere Belastung verändert, können auch diese Stäbe Kräfte aufnehmen.
In MATLAB® lautet der Befehl x = A\b; für ein Gleichungssystem der Form 𝐴𝐴 � 𝑥𝑥⃗ = 𝑏𝑏.
• Davor müssen nur die Matrix A und der Vektor b mit entsprechenden Zahlenwerten belegt werden.
FH B
Beispiel 23: Nummerische Berechnung eines Fachwerks aus 5 Stäben
3 4 c
1
Auf das rechts dargestellte Fachwerk wirken im Knoten B
die beiden Kraftkomponenten FH und FV. Die Geometrie ist C
2 d
aus der Skizze abzulesen. Das Fachwerk ist im Punkt A 5
durch ein Festlager und im Punkt D durch ein Loslager A D
mit der Umgebung verbunden.
a b
Gegeben: a, b, c, d, FH, FV
a) Stellen Sie sämtliche Gleichungen zur Berechnung
der unbekannten Stab- und Lagerkräfte mit Hilfe des Knotenpunktverfahrens auf und stellen Sie
sie als lineares Gleichungssystem in Matrix-Vektor-Schreibweise dar. Verwenden Sie hierfür die
Tabelle auf der folgenden Seite.
b) Programmieren Sie die Lösung dieses linearen Gleichungssystems in MATLAB® für beliebige
Zahlenwerte. Wie groß sind die Stab- und die Lagerkräfte bei den gegebenen Zahlenwerten
a = 3 m, b = 2 m, c = 0.5 m, d = 1.5 m, FV = 12 kN, FH = 10 kN?
A↑
B→
B↑
C→
C↑
D→
D↑
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 116
4. Fachwerke
4.8 Summary
• Calculate the forces in the bars of a (planar) truss
Look for obviously unloaded bars – this can significantly reduce the calculation effort
Method of joints
• Isolate the nodes and formulate the equlibrium of forces
• Directly leads to bar forces, if there are only two unknown forces in a node
• Formulating equlibrium conditions for all nodes leads to a system of linear equations for all bar and support forces
(if the truss is statically determinate)
Method of sections (according to Ritter)
• Isolate a part of the truss, so that only three unknown forces occur
• Formulating equlibrium of forces and moments for this part leads to tree equations for the three unknown forces
• Especially good when just a few (and not all) bar forces have to be calculated
4.8 Summary
• Exercise
5.2 Massenmittelpunkt
• Bei konstanter Erdbeschleunigung (für Körper an der Erdoberfläche nahezu erfüllt) kann g aus
den Integralen der Formeln für den Schwerpunkt herausgezogen und gekürzt werden:
∫ ∫ ∫ 𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥 ∫ ∫ ∫ 𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦 ∫ ∫ ∫ 𝑧𝑧𝑧𝑧𝑧𝑧𝑧𝑧
𝑥𝑥𝑆𝑆 = 𝑦𝑦𝑆𝑆 = 𝑧𝑧𝑆𝑆 =
∫ ∫ ∫ 𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌 ∫ ∫ ∫ 𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌 ∫ ∫ ∫ 𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌𝜌
5.2 Massenmittelpunkt
• Schwerpunkt und Massenmittelpunkt sind in der Anwendung fast immer identisch (g = const.!).
• Daher werden die Formeln für den Schwerpunkt aus Abschnitt 5.1 so gut wie nie verwendet.
• Stattdessen wird der Schwerpunkt oft über die Formeln des Massenmittelpunktes berechnet.
• Die Integralformeln braucht man nicht, wenn man den Körper aus Teilkörpern zusammensetzen
kann, von denen man jeweils die Koordinaten des Schwerpunktes sowie die Masse kennt:
bekannt: mi Massen der Teilkörper
(mi < 0 für ausgesparte Teilkörper, z.B. Bohrung) m1
xi, yi, zi Koordinaten der Schwerpunkte der Teilkörper
i = 1, 2, … n mit der Anzahl n der Teilkörper S1(x1,y1,z1)
5.2 Massenmittelpunkt
Beispiel 25: Schwerpunkt eines Verkehrsschildes
Ein Verkehrsschild besteht aus einer homogenen, kreisförmigen Platte (1) aus
Stahl (Dichte ρ = 7850 kg/m3, Durchmesser D = 450 mm, Dicke t = 2 mm), aus einer
symmetrischen, vertikalen Stange (2) (Masse m2 = 10 kg, Länge l = 2.2 m) sowie (1) D
aus einem symmetrischen Sockel (3) (Masse m3 = 30 kg, Höhe b = 6 cm). Die Lage
der Elemente (1), (2) und (3) zueinander ist der Skizze rechts zu entnehmen.
a) Berechnen Sie die Masse m1 der Kreisplatte (1).
b) Berechnen Sie die Höhe hS des Gesamtschwerpunktes des aus den Ele-
menten (1), (2) und (3) bestehenden Verkehrsschildes. Hinweis: Füllen Sie (2)
als „Vorarbeit“ die untenstehende Tabelle für die Teilstücke (1) bis (3) aus. l
S
i hi mi hi∙mi
1 hS
2 b (3)
3
∑ −
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 126
5. Schwerpunkt
5.3 Volumenmittelpunkt
• Bei homogenen Körpern ist die Dichte konstant. Daher kann aus den Integralen der Formeln für
den Schwerpunkt neben g auch noch ρ herausgezogen und gekürzt werden:
5.3 Volumenmittelpunkt
• Auch beim Volumenmittelpunkt braucht man die Integralformeln nicht, wenn man den Körper aus
Teilkörpern zusammensetzen kann, von denen man jeweils die Koordinaten des Schwerpunktes
sowie das Volumen kennt:
bekannt: Vi Volumen der Teilkörper
(Vi < 0 für ausgesparte Teilkörper, z.B. Bohrung) V1
xi, yi, zi Koordinaten der Schwerpunkte der Teilkörper
i = 1, 2, … n mit der Anzahl n der Teilkörper S1(x1,y1,z1)
S(xS,yS,zS)
Gesamtvolumen: 𝑉𝑉 = � 𝑉𝑉𝑖𝑖
𝑖𝑖 V2
Koordinaten des Volumenmittelpunktes: S2(x2,y2,z2)
1 1 1
𝑥𝑥𝑆𝑆 = � 𝑥𝑥𝑖𝑖 ⋅ 𝑉𝑉𝑖𝑖 𝑦𝑦𝑆𝑆 = � 𝑦𝑦𝑖𝑖 ⋅ 𝑉𝑉𝑖𝑖 𝑧𝑧𝑆𝑆 = � 𝑧𝑧𝑖𝑖 ⋅ 𝑉𝑉𝑖𝑖
𝑉𝑉 𝑉𝑉 𝑉𝑉
𝑖𝑖 𝑖𝑖 𝑖𝑖
5.4 Flächenschwerpunkt
1 1
• Oft wird der Schwerpunkt einer ebenen Fläche benötigt: 𝑥𝑥𝑆𝑆 =
𝐴𝐴
� �𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥𝑥 𝑦𝑦𝑆𝑆 =
𝐴𝐴
� �𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦𝑦
• Man braucht die Integralformeln nicht, wenn man die Fläche aus Teilflächen zusammensetzen
kann, von denen man jeweils die Koordinaten des Schwerpunktes sowie den Flächeninhalt kennt:
bekannt: Ai Flächeninhalt der Teilflächen
(Ai < 0 für ausgesparte Flächen, im Beispiel rechts A4) y
x i, y i Koordinaten der Schwerpunkte der Teilflächen S2=(x2,y2)
i = 1, 2, … n mit der Anzahl n der Teilflächen
S4=(x4,y4)
Gesamtflächeninhalt: 𝐴𝐴 = � 𝐴𝐴𝑖𝑖 S3=(x3,y3)
𝑖𝑖
Koordinaten des Flächenschwerpunktes: S=(xS,yS)
1 1
S1=(x1,y1)
𝑥𝑥𝑆𝑆 = � 𝑥𝑥𝑖𝑖 ⋅ 𝐴𝐴𝑖𝑖 𝑦𝑦𝑆𝑆 = � 𝑦𝑦𝑖𝑖 ⋅ 𝐴𝐴𝑖𝑖
𝐴𝐴 𝐴𝐴
𝑖𝑖 𝑖𝑖
x
Durch Symmetrieeigenschaften kann der Berechnungsaufwand reduziert werden:
Der Schwerpunkt liegt immer auf den Symmetrieachsen der Fläche.
5.4 Flächenschwerpunkt
y
• Schwerpunkte verschiedener Flächen
S
h
rechtwinkliges Dreieck
1 2 1 a x
𝐴𝐴 = 𝑎𝑎𝑎 𝑥𝑥𝑆𝑆 = 𝑎𝑎 𝑦𝑦𝑆𝑆 = ℎ
2 3 3
5.4 Flächenschwerpunkt y a
i xi yi Ai xi∙Ai yi∙Ai
1
2
∑ − −
5.7 Summary
• Exercise
M1 Q
AV c l–c
z B
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 145
6. Schnittgrößen
q(x)
F1
F2 Q Fn
M M
AH C C x
N N
M1 Q
AV
z B
+ M M
y
N N
x
Q Q
z positives negatives
Schnittufer
M1 Q
AV c l–c
z B
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 148
6. Schnittgrößen
q(x)
F1
F2 Fn
AH C x
M1
AV c
l B
z
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 149
6. Schnittgrößen
z
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 151
6. Schnittgrößen
6.3 Mehrfeldbalken
Beispiel 32: Rampe in einen Sandkasten
Berechnen Sie die Verläufe der Schnittgrößen N(x), Q(x) und L
M(x) für die rechts dargestellte Rampe in einen Sandkasten
und stellen Sie sie grafisch dar. k
Die Rampe der Länge L ist im Winkel α gegenüber der α
mK
Horizontalen geneigt. An der Stelle k befindet sich eine
Masse mK.
Die Rampe wird als gerader, ebener Balken modelliert (siehe
L G
Skizze rechts unten). Das linke Auflager wird als Festlager, x
das rechte als einseitiger, reibungsfreier Kontakt angenähert. k
gegeben: L, k, mK, g, α
α
6.3 Mehrfeldbalken
• Greifen an einem Balken mehrere Einzel- und Linienlasten an, dann sind die Schnittreaktionen
für jeden Bereich getrennt zu ermitteln.
• Bereichsgrenzen müssen immer dort eingeführt werden, wo sich die Freikörperbilder bei einem
Schnitt links oder rechts von dieser Stelle unterscheiden, also beispielsweise:
an jeder Einzellast (Kraft oder Moment, auch an Lager- und Gelenkreaktionen)
zu Beginn und am Ende einer jeden Linienlast
ggf. auch innerhalb einer Linienlast, wenn die Funktion q(x) abschnittsweise definiert ist
Bereich 1 2 3 4 5 6
F q(x)
• Für jeden einzelnen Bereich müssen der Balken im Inneren aufgeschnitten und die
Schnittgrößen über die Gleichgewichtsbedingungen bestimmt werden.
deutlich zunehmender Aufwand je mehr Felder ein Balken hat!
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 156
6. Schnittgrößen
6.3 Mehrfeldbalken G
6.3 Mehrfeldbalken G
06.10.2021
z
Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 159
6. Schnittgrößen
• Über M(x) und Q(x) kann man dann die Lagerreaktionen bestimmen (Balken nah am Lager vom
Lager und vom Rest des Balkens freischneiden). Beispiel (ohne N und M dargestellt!):
x=0 Q(x = 0)
A x 𝐴𝐴𝑉𝑉 − 𝑄𝑄(𝑥𝑥 = 0) = 0 𝐴𝐴𝑉𝑉 = 𝑄𝑄(𝑥𝑥 = 0)
AV
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 163
6. Schnittgrößen
Geben Sie mit Hilfe von Q(x) und M(x) jeweils die
Lagerreaktionen an den Lagerstellen an. q(x)
Gegeben: L, q0 q0
x
L
z
• Allerdings muss diese Integration für jeden Bereich des Balkens separat durchgeführt werden.
• Nachteil: In jedem Bereich gibt es zwei Integrationskonstanten!
• Neben zwei Randbedingungen braucht man also zusätzlich pro Bereichsübergang zwei weitere
Bedingungen, um die Integrationskonstanten ermitteln zu können („Übergangsbedingungen“):
viel Aufwand beim Auflösen der Gleichungen bei komplexen Balkensystemen
erhöhte Fehleranfälligkeit bei der Formulierung der Übergangsbedingungen und beim Auflösen
Ein besseres (einfacheres) Verfahren zum Behandeln von Mehrfeldbalken ist wünschenswert!
Dies wird im nächsten Abschnitt vorgestellt Föppl-Klammern.
6.6 Föppl-Klammern l
6.6 Föppl-Klammern
• Föppl-Klammern sind ein hilfreiches Werkzeug, um die Schnittgrößen an einem Mehrfeldbalken
effizient berechnen zu können.
• Föppl-Klammern eignen sich bei beiden Methoden zum Berechnen der Schnittgrößen:
über Gleichgewichtsbedingungen für den im Inneren aufgeschnittenen Balken
über zweimalige Integration des Verlaufs q(x) der Linienkraft
• Wann ist welche Methode besser geeignet?
Es gibt keine absolut richtige Antwort, trotzdem: l
Wenn nur Einzellasten angreifen, dann ist die d
Methode mit den Gleichgewichtsbedingungen c
meist mit weniger Aufwand verbunden. b
Wenn Linienlasten angreifen, dann ist die a F2
Methode mit der Integration meist einfacher M1 M2
und daher weniger fehleranfällig. Freischneid-
en und Gleichgewichtsbedingungen sollte
man dabei trotzdem im Hinterkopf haben. F1
• Hier werden beide Methoden vorgestellt.
6.6 Föppl-Klammern
• Bestimmen der Schnittgrößen über Gleichgewichtsbedingungen:
Balken an den Lagern freischneiden, Lagerreaktionen über Gleichgewicht bestimmen
Balken an einer variablen Stelle x im Inneren des letzten (!) Bereiches freischneiden
Gleichgewicht am komplizierteren (!) Teilstück aufstellen, also dort, wo alle Einzellasten angreifen außer
denen am Balkenende, und daraus N, Q und M berechnen (hier dargestellt am Beispiel M):
x
d
c
b
a F2 M
M1 M2
N
AH
AV F1 Q
Das gilt für d < x < l.
−𝐴𝐴𝑉𝑉 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑀𝑀1 − 𝐹𝐹1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑏𝑏 + 𝐹𝐹2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑐𝑐 + 𝑀𝑀2 + 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 0
Was passiert mit M(x), wenn
x kleiner wird als d, oder als
⇒ 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 𝐴𝐴𝑉𝑉 ⋅ 𝑥𝑥 + 𝑀𝑀1 + 𝐹𝐹1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑏𝑏 − 𝐹𝐹2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑐𝑐 − 𝑀𝑀2
c, oder gar als b oder a?
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 169
6. Schnittgrößen
6.6 Föppl-Klammern
• Bestimmen der Schnittgrößen über Gleichgewichtsbedingungen:
Es wird ein „Schalter“ benötigt, der einzelne Terme aus- oder einschalten kann, je nach Größe von x:
x
d
c
b
a F2 M
M1 M2
N
AH
AV F1 Q
immer aus für x < a, aus für x < b, aus für x < c, aus für x < d,
ein ein für x > a. ein für x > b. ein für x > c. ein für x > d.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 170
6. Schnittgrößen
6.6 Föppl-Klammern
• Bestimmen der Schnittgrößen über Gleichgewichtsbedingungen:
Der Schalter ist das Föppl-Symbol bzw. die Föppl-Klammer:
immer aus für x < a, aus für x < b, aus für x < c, aus für x < d,
ein ein für x > a. ein für x > b. ein für x > c. ein für x > d.
Dieser Verlauf
gilt nun für 0 1 1 0
𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 𝐴𝐴𝑉𝑉 ⋅ 𝑥𝑥 + 𝑀𝑀1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝐹𝐹1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑏𝑏 − 𝐹𝐹2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑐𝑐 − 𝑀𝑀2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑑𝑑
0 < x < l!
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 171
6. Schnittgrößen
6.6 Föppl-Klammern
Beispiel 38: Rechnen mit Föppl-Klammern (1)
Der Biegemomentenverlauf eines Balkens der Länge l lautet:
0 1 1 0
𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 𝐴𝐴𝑉𝑉 ⋅ 𝑥𝑥 + 𝑀𝑀1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝐹𝐹1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑏𝑏 − 𝐹𝐹2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑐𝑐 − 𝑀𝑀2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑑𝑑
gegeben: a, b, c, d, l (a < b < c < d < l), AV, M1, M2, F1, F2
Stellen Sie die folgenden Funktionswerte ohne Verwendung von Föppl-Klammern in Abhängigkeit
von den gegebenen Größen dar:
a) M(e) mit gegebenem e und e < a
b) M(f) mit gegebenem f und d < f < l
6.6 Föppl-Klammern
Beispiel 39: Rechnen mit Föppl-Klammern (2)
Der Querkraftverlauf eines Balkens der Länge 4a lautet:
1 0 0 1
𝑄𝑄 𝑥𝑥 = −𝑞𝑞0 𝑥𝑥 + 𝑞𝑞0 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝑞𝑞0 𝑎𝑎 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝑞𝑞0 𝑎𝑎 ⋅ 𝑥𝑥 − 3𝑎𝑎 − 𝑞𝑞0 ⋅ 𝑥𝑥 − 3𝑎𝑎
gegeben: a, q0
Berechnen Sie die folgenden Funktionswerte in Abhängigkeit von den gegebenen Größen und
vereinfachen Sie die Ergebnisse so weit wie möglich:
a) Q(2a)
b) Q(3.5a)
6.6 Föppl-Klammern
• Rechenregeln für Föppl-Klammern
𝑛𝑛 0 für 𝑥𝑥 < 𝑎𝑎
𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 =� 𝑛𝑛
𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 für 𝑥𝑥 > 𝑎𝑎
Differentiation
𝑑𝑑 𝑛𝑛 𝑛𝑛−1
𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 = 𝑛𝑛 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎
𝑑𝑑𝑑𝑑
Integration
1
� 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 𝑛𝑛 𝑑𝑑𝑑𝑑 = ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 𝑛𝑛+1
+ 𝐶𝐶
𝑛𝑛 + 1
6.6 Föppl-Klammern
Beispiel 40: Rechnen mit Föppl-Klammern (3)
Der Querkraftverlauf eines Balkens der Länge 4a lautet:
1 0 0 1
𝑄𝑄 𝑥𝑥 = −𝑞𝑞0 𝑥𝑥 + 𝑞𝑞0 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝑞𝑞0 𝑎𝑎 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑎𝑎 + 𝑞𝑞0 𝑎𝑎 ⋅ 𝑥𝑥 − 3𝑎𝑎 − 𝑞𝑞0 ⋅ 𝑥𝑥 − 3𝑎𝑎
gegeben: a, q0
Ermitteln Sie die Verläufe von q(x) und M(x). Hinweis: Es liegen keine Einzelmomente vor.
6.6 Föppl-Klammern
Beispiel 41: vgl. Beispiel 7.7 aus [GHSW]
Geben Sie für den unten dargestellten Balken den Verlauf der Linienkraft q(x) mit Hilfe von Föppl-
Klammern an.
gegeben: a, q0
a a a a
q0
B
A x
6.6 Föppl-Klammern
Achtung: dies sind nur
Formulierungsbeispiele!
• Bestimmen der Schnittgrößen über Integration:
Verlauf der Linienkraft q(x) mit Hilfe von Föppl-Klammern aufstellen
Querkraft Q(x) durch Integration ermitteln 𝑄𝑄 𝑥𝑥 = − �𝑞𝑞 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑑𝑑
• Achtung:
An der Stelle einer Einzelkraft in Querrichtung (z.B. bei x = x1) muss ein Term 0
für den Querkraftsprung ergänzt werden (so groß wie diese Einzelkraft, 𝑄𝑄 𝑥𝑥 = ⋯ + 𝐹𝐹1 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑥𝑥1 +⋯
positives Vorzeichen, wenn Kraft in negative z-Richtung und umgekehrt,
Schalter über Föppl-Klammer an der Stelle der Einzelkraft mit Exponent 0).
• Die Integrationskonstante ist nicht erforderlich, wenn alle Einzelkräfte (auch 0
Lagerkräfte!) mit einem Term für den Querkraftsprung berücksichtigt werden.
𝑄𝑄 𝑥𝑥 = 𝐴𝐴𝑉𝑉 ⋅ 𝑥𝑥 − 0 +⋯
Biegemoment M(x) durch Integration ermitteln 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = �𝑄𝑄 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑑𝑑
• Achtung:
An der Stelle eines Einzelmoments (z.B. bei x = x2) muss ein Term für den 0
Momentensprung ergänzt werden (so groß wie dieses Einzelmoment, 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = ⋯ + 𝑀𝑀2 ⋅ 𝑥𝑥 − 𝑥𝑥2 +⋯
positives Vorzeichen, wenn Moment in negativer Richtung um die y-Achse
dreht und umgekehrt, Schalter über Föppl-Klammer an der Stelle des
Einzelmoments mit Exponent 0).
• Die Integrationskonstante ist nicht erforderlich, wenn alle Einzelmomente 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 𝑀𝑀𝐴𝐴 ⋅ 𝑥𝑥 − 0 0
+⋯
(auch Lagermomente!) mit einem Term für den Momentensprung
berücksichtigt werden.
6.6 Föppl-Klammern
Beispiel 42: vgl. Beispiel 7.7 aus [GHSW] und das vorherige Beispiel 41
Berechnen und skizzieren Sie für den unten dargestellten Balken den Verlauf der Querkraft Q(x)
und des Biegemomentes M(x). Ermitteln Sie außerdem die Lagerkräfte in den Punkten A und B.
gegeben: a, M0, q0
a a a a
q0
M0
B
A x
𝑵𝑵 𝑴𝑴𝑻𝑻
• Schnittgrößen am räumlichen geraden Balken
Kraft in Balkenlängsrichtung: Normalkraft N y 𝑸𝑸𝒚𝒚 x
Kräfte in Balkenquerrichtung: Querkräfte Qy und Qz z 𝑸𝑸𝒛𝒛
𝑴𝑴𝒃𝒃𝒃𝒃
Moment um Balkenlängsachse: Torsions- (oder Dreh)moment MT
Momente um Achsen senkrecht zum Balken: Biegemomente My und Mz oder Mb,y und Mb,z 𝑴𝑴𝒃𝒃𝒃𝒃
• Bei einem Vorgehen nach der vektoriellen Methode muss am Schnitt an der variablen Stelle x
ein Vektor der resultierenden Schnittkräfte und einer der resultierenden Momente eingetragen
werden. Der Ansatz für diese Vektoren am positiven Schnittufer lautet:
𝑁𝑁 𝑥𝑥 𝑀𝑀𝑇𝑇 𝑥𝑥
𝑅𝑅 𝑥𝑥 = 𝑄𝑄𝑦𝑦 𝑥𝑥 𝑀𝑀 𝑥𝑥 = 𝑀𝑀𝑏𝑏,𝑦𝑦 𝑥𝑥
𝑄𝑄𝑧𝑧 𝑥𝑥 𝑀𝑀𝑏𝑏,𝑧𝑧 𝑥𝑥
• Am negativen Schnittufer müssen dann die negativen Vektoren −𝑅𝑅 𝑥𝑥 und −𝑀𝑀 𝑥𝑥 in die
Gleichgewichtsbedingungen eingesetzt werden!
• Jetzt gelten die Zusammenhänge 𝑄𝑄𝑦𝑦 ′ 𝑥𝑥 = −𝑞𝑞𝑦𝑦 𝑥𝑥 𝑄𝑄𝑧𝑧 ′ 𝑥𝑥 = −𝑞𝑞𝑧𝑧 𝑥𝑥
′
𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 𝑥𝑥 = −𝑄𝑄𝑦𝑦 𝑥𝑥 𝑀𝑀𝑏𝑏𝑏𝑏 ′ 𝑥𝑥 = 𝑄𝑄𝑧𝑧 𝑥𝑥
6.8 Summary
• Exercise
7.1 Einführung
• Bisher
NB
Bei Berührung zweier Körper wurden nur Normalkräfte berücksichtigt.
Tangentialkräfte wurden vernachlässigt.
Annahme einer „ideal glatten Oberfläche“ Leiter RB
• Realität
Oberflächen sind rau.
In Kontakten wirken auch Tangentialkräfte.
G
Reibungskräfte
• Bedeutung der Reibung
Ohne Reibung wäre keine Fortbewegung möglich (siehe Beispiel Glatteis).
Schrauben lösen sich nur dann nicht, wenn ausreichende Reibung vorliegt.
Durch Reibung entsteht Wärme
Energieverlust, Ziel: Minimierung
RA
NA
7.1 Einführung
• Wir werden uns beschäftigen mit
der Unterscheidung der zwei Effekte
• Haften und
• Gleiten,
den Coulombschen Reibungsgesetzen für „trockene Reibung“ sowie
dem Spezialfall der Seilreibung nach Euler-Eytelwein.
7.2 Haftreibung
7.2.1 Beispiel: Schiefe Ebene mit Seilzug g
m1
Beispiel 43: Kontaktkräfte berechnen
Eine Masse m1 liegt auf einer schiefen Ebene
(Neigungswinkel α) und ist im statischen Gleichgewicht, m2
siehe Bild rechts. Sie ist an einem masselosen Seil α
befestigt, das über eine reibungsfreie Rolle geführt wird
und an dessen anderem Ende eine Masse m2 hängt.
Gegeben: g, m1, m2, α
a) Berechnen Sie die Reaktionskräfte im Kontakt
zwischen der Masse m1 und der schiefen Ebene.
b) Was wird passieren, wenn Sie die Masse m2 immer
weiter vergrößern?
c) Was wird passieren, wenn Sie bei einer kleinen
Masse m2 den Winkel α immer weiter vergrößern?
7.2 Haftreibung
7.2.2 Freischneiden
• Bisher: einseitiger, reibungsfreier Kontakt (Berührung, ideal glatte Oberflächen, Wertigkeit w = 1)
7.2 Haftreibung
7.2.2 Freischneiden
• Jetzt: einseitiger, reibungsbehafteter Kontakt (Berührung, raue Oberflächen, Wertigkeit w = 2)
H H
H N≥0
N≥0
N≥0
Es muss wieder N ≥ 0 gelten, sonst kommt es zur Trennung im Kontakt!
7.2 Haftreibung
7.2.3 Haftreibungsgesetz
• Solange der Körper in Ruhe ist, also haftet, kann man für statisch H
bestimmte Systeme die Haftreibungskraft H und die Normalkraft N
aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmen. N
Beide Kräfte sind Reaktionskräfte (wie Lager- und Verbindungsreaktionen).
• Die Haftreibungskraft H kann jedoch nicht beliebig groß werden.
• Ein Modell für die Begrenzung ist die Coulombsche Haftreibungsbedingung (trockene Reibung):
𝐻𝐻 ≤ 𝐻𝐻0 𝐻𝐻0 = 𝜇𝜇0 ⋅ 𝑁𝑁
µ0: Haftreibungskoeffizient
H0: maximal übertragbare Haftreibungskraft
(= Haftreibungskraft im Fall „Grenzhaftung“ = haftet gerade noch)
• Der Haftreibungskoeffizient µ0 beschreibt das Haftungsvermögen in einem reibungsbehafteten
Kontakt zwischen zwei Körpern.
• Die maximal übertragbare Haftreibungskraft H0 einer bestimmten Kontaktpaarung ist proportional
zur Normalkraft N.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 189
7. Reibung
7.2 Haftreibung
7.2.3 Haftreibungsgesetz
• Beispielwerte für Haftreibungskoeffizienten
Die angegebenen Werte sind nur für grobe Reibpaarung Haftreibungs-
Abschätzungen geeignet. koeffizient
Genauere Werte müssen für den jeweiligen µ0
Anwendungsfall in der Regel mit Hilfe von Stahl auf Stahl, trocken 0.15 … 0.3
Versuchen bestimmt werden.
Stahl auf Stahl, geschmiert 0.1
Stahl auf Teflon 0.06
Stahl auf Eis 0.03
Holz auf Holz 0.4 … 0.6
Holz auf Metall 0.5 … 0.65
Leder auf Metall 0.4
Autoreifen auf Straße, trocken 0.7 … 0.9
Autoreifen auf Straße, geschmiert 0.2
7.2 Haftreibung
7.2.4 Praktische Hinweise zur Berechnung
• Der einfachste Fall liegt vor, wenn (z.B. durch die Aufgabenstellung)
bekannt ist, dass der Körper haftet und im Gleichgewicht ist:
Man weiß bereits, dass die Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sind.
7.2 Haftreibung
7.2.4 Praktische Hinweise zur Berechnung
• Die Haftreibungsbedingung wird erst benötigt, wenn noch nicht bekannt ist,
ob der Körper haftet oder gleitet.
Vorgehen in diesem Fall:
1. Annahme: Es haftet.
2. Freischneiden für den Fall Haftreibung (Normalkraft N und Haftreibungskraft H)
3. Gleichgewichtsbedingungen aufstellen
4. Unbekannte Kräfte berechnen, darunter Normalkraft N und Haftreibungskraft H
(Hinweis: Dies sind diejenigen Kräfte, die für ein Gleichgewicht erforderlich sind bzw. wären!)
5. Überprüfen der Haftreibungsbedingung (Prüfen, ob die Annahme aus 1. stimmt):
𝐻𝐻 ≤ 𝐻𝐻0 𝐻𝐻0 = 𝜇𝜇0 ⋅ 𝑁𝑁
• Wenn die Haftreibungsbedingung erfüllt ist, dann ist bestätigt, dass die Annahme aus 1. stimmt: es haftet, die
berechneten Kräfte N und H sind so groß wie berechnet.
• Wenn die Haftreibungsbedingung verletzt wird, dann stimmt die Annahme aus 1. nicht: der Körper gleitet. Statt
der Haftreibungsbedingung gilt nun das Gleitreibungsgesetz (siehe später). Aus der bisherigen Berechnung
kann die Gleitrichtung bestimmt werden (wichtig für das Gleitreibungsgesetz!), die berechneten Kräfte H und
ggf. N stimmen jedoch nicht: es ist ein weiterer Rechengang erforderlich.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 192
7. Reibung
7.2 Haftreibung
7.2.4 Praktische Hinweise zur Berechnung g
m1
Beispiel 44: Zustand Haften oder Gleiten feststellen
Zwischen der Masse m1 und der schiefen Ebene aus
Beispiel 43 wirkt nun der Haftreibungskoeffizient µ0. m2
Untersuchen Sie für die beiden folgenden Fälle, ob das α
System in Ruhe ist oder sich bewegt. Geben Sie
außerdem die Richtung an, falls das System sich
bewegt.
a) m1 = 2m2, α = 45°, µ0 = 0.3
b) m1 = m2, α = 30°, µ0 = 0.5
7.2 Haftreibung
7.2.4 Praktische Hinweise zur Berechnung
• Häufig stellt sich die Frage, in welchen Bereichen bestimmte Größen liegen müssen, damit der
Körper haftet (z. B. der Haftreibungskoeffizient µ0, ein Winkel α etc.).
Vorgehen in diesem Fall:
1. Annahme: Es haftet.
2. Freischneiden für den Fall Haftreibung (Normalkraft N und Haftreibungskraft H)
3. Gleichgewichtsbedingungen aufstellen
4. Unbekannte Kräfte berechnen, darunter Normalkraft N und Haftreibungskraft H
(Hinweis: Dies sind diejenigen Kräfte, die für ein Gleichgewicht erforderlich sind!)
5. Einsetzen in die Haftreibungsbedingung:
𝐻𝐻 ≤ 𝐻𝐻0 𝐻𝐻0 = 𝜇𝜇0 ⋅ 𝑁𝑁
6. Auflösen nach der gesuchten Größe
(ggf. sind dabei Fallunterscheidungen erforderlich
wegen der Betragsstriche und wegen der Ungleichung!)
7.2 Haftreibung
7.2.4 Praktische Hinweise zur Berechnung g
m1
Beispiel 45: Bedingungen für Haften ermitteln
Zwischen der Masse m1 und der schiefen Ebene wirkt
weiterhin der Haftreibungskoeffizient µ0. m2
a) Welche Bedingung muss µ0 erfüllen, damit das α
System in Ruhe bleibt?
gegeben: m1, m2, α
b) In welchem Bereich muss m2 liegen, damit das
System in Ruhe bleibt?
gegeben: m1 = 300 g, α = 30°, µ0 = 0.2
7.2 Haftreibung
7.2.5 Ermitteln des Haftreibungskoeffizienten g
• Den Haftreibungskoeffizienten µ0 einer bestimmten
m1
„Reibpaarung“ kann man nur über Versuche ermitteln.
• Hierzu ermittelt man aus dem Versuch die Haftreibungskraft H, die
kurz vor dem Übergang von Haften zu Gleiten wirkt Hgrenz. Auch m2
die in diesem Fall wirkende Normalkraft N wird ermittelt Ngrenz. α
• Für die Coulombsche Haftreibungsbedingung 𝐻𝐻 ≤ 𝜇𝜇0 � 𝑁𝑁 gilt
in diesem Grenzfall: 𝐻𝐻grenz = 𝜇𝜇0 � 𝑁𝑁grenz .
𝐻𝐻grenz
Damit kann man den Haftreibungskoeffizienten ermitteln: 𝜇𝜇0 =
𝑁𝑁grenz
• Mögliches Vorgehen bei einer Vorrichtung wie rechts oben dargestellt:
Masse m1 und Winkel α bestimmen
Masse m2 vergrößern, bis es von selbst zu rutschen beginnt, dann m2 bestimmen
Freischneiden, Gleichgewichtsbedingungen aufstellen und H und N für das ermittelte m2 bestimmen
Dieses H = Hgrenz und N = Ngrenz einsetzen in obige Formel für µ0
7.2 Haftreibung
7.2.5 Ermitteln des Haftreibungskoeffizienten g
m1
Beispiel 46: Haftreibungskoeffizient ermitteln
Sie wollen den Haftreibungskoeffizienten µ0 zwischen der Masse
m1 und der schiefen Ebene aus den vorangegangenen Beispielen m2
ermitteln. In Ihrem konkreten Fall beträgt die Masse m1 = 500 g α
und der Neigungswinkel der schiefen Ebene α = 40°. Sie erhöhen
die Masse m2 langsam, bis es von selbst zu rutschen beginnt.
Dies ist bei m2 = 417 g der Fall. Wie groß ist µ0?
7.2 Haftreibung
7.2.6 Vorgehen bei komplexen Systemen
x
Beispiel 47: Leiter an der Wand G
Eine Leiter der Länge l lehnt an der Wand. Zwischen Leiter und Wand wirkt der l
Haftreibungskoeffizient µ0W, zwischen Leiter und Boden µ0B. In welchen Bereichen
der Leiter darf eine Person (Gewicht G) stehen, ohne dass die Leiter rutscht?
Geben Sie hierfür zulässige Bereiche für den Abstand x zwischen Person und
Wand an. Das Eigengewicht der Leiter wird vernachlässigt. Welche Bedingung
muss für die Haftreibungskoeffizienten gelten, wenn die Person überall auf der α
Leiter stehen können soll, ohne dass die Leiter rutscht?
Gegeben: l, α, µ0B, µ0W
Weiterführende Frage zum eigenständigen Knobeln :
• Unter welcher Bedingung ist die Vernachlässigung des Leitergewichts konservativ (= sicher)?
7.2 Haftreibung
7.2.6 Vorgehen bei komplexen Systemen
• Bei Systemen mit mehreren Reibkontakten führen die Haftreibungsbedingungen
zu schwierig auszuwertenden Ausdrücken (mehrere Ungleichungen, Beträge). G
• Wenn klar ist, dass ein Gleitbeginn an allen Kontaktstellen gleichzeitig stattfinden
muss (z.B. bei der Leiter im Bild rechts), dann kann man sich dadurch behelfen,
dass man den Fall „Grenzhaftung“ gleichzeitig an allen Kontakten betrachtet.
Vorgehen in diesem Fall:
1. Freischneiden, Haftreibung an jedem Kontakt annehmen (N1, N2, … und H1, H2, …);
Achtung: Pfeilrichtungen der Haftkräfte sind nun nicht beliebig wählbar – so eintragen,
wie sie in Wirklichkeit wirken: dass sie einer möglichen Bewegung entgegen wirken!
2. Gleichgewichtsbedingungen aufstellen
3. Für jede Haftreibungskraft die maximal übertragbare Haftreibungskraft einsetzen: H1 = µ01N1, H2 = µ02N2, …
4. Alle unbekannten Kräfte berechnen (= Kräfte, die wirken, wenn das System kurz davor ist zu gleiten!)
5. Mit den überzähligen Gleichungen berechnen, welche Werte bestimmte Größen (z.B. ein bestimmter
Winkel α, eine äußere Kraft F, ein µ0) annehmen müssen, dass genau dieser Fall „Grenzhaftung“ eintritt
6. Aus der Anschauung klären, wo der erlaubte Bereich für diese Größen liegt, damit Haften gilt (oberhalb
oder unterhalb des in 5. ermittelten Grenzwertes für den Fall „Grenzhaftung“).
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 199
7. Reibung
7.2 Haftreibung G2
x2
7.2 Haftreibung G2
x2
7.2 Haftreibung G2
x2
7.3 Gleitreibung
7.3.1 Freischneiden
• Jetzt neu: Ein Körper gleitet auf der Umgebung oder auf einem anderen Körper.
v v
v
R
R
R N≥0
N≥0 N≥0
• Es muss wieder N ≥ 0 gelten, sonst kommt es zur Trennung im Kontakt!
7.3 Gleitreibung
v1
7.3.1 Freischneiden K1
• Die Richtung der Gleitreibungskraft muss beim Freischneiden
richtig angegeben werden, da sie sich nicht wie im Falle „Haften“
aus den Gleichgewichtsbedingungen ergibt. K2
• Die Richtung der Gleitreibungskraft ist so anzusetzen, dass sie
der Bewegung entgegen wirkt.
• Maßgeblich ist immer die Relativgeschwindigkeit der beiden
Kontaktflächen (z.B. zweier Körper) im Reibkontakt. v1
K1
7.3 Gleitreibung
K1
7.3.1 Freischneiden
K2
Beispiel 49: Richtung der Gleitreibkraft richtig freischneiden
Gegeben sind die Körper K1 und K2, die aufeinander gleiten, siehe rechts. Gegeben sind außerdem
die Geschwindigkeiten v1 und v2 der beiden Körper. Zeichnen Sie für die folgenden verschiedenen
Fälle von v1 und v2 jeweils die Reibkraft R in die Freischnittskizze an beiden Körpern ein.
a) v1 b) v1 c) v1
K1 K1 K1
v2 v2 v2
K2 K2 K2
v1 < v2 v1 > v 2
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 206
7. Reibung
7.3 Gleitreibung
7.3.2 Impulssatz
• Ein Körper im Gleichgewicht ändert seinen Bewegungszustand nicht, d.h.
er bleibt in Ruhe, wenn er in Ruhe ist bzw.
er behält seine Geschwindigkeit bei, wenn er in einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit ist.
• Ein Körper ist im Gleichgewicht, wenn
die Summe aller an ihm angreifenden Kräfte und Momente Null ist.
• Wenn ein Körper nicht im Gleichgewicht ist, dann ändert er seinen Bewegungszustand:
er erfährt eine Beschleunigung (oder Verzögerung) 𝑎𝑎.
⃗
• Statt des Kräftegleichgewichts gilt dann die Grundgleichung der Kinetik (Impulssatz):
𝐹𝐹𝑥𝑥,𝑖𝑖 𝑎𝑎𝑥𝑥
� 𝐹𝐹⃗𝑖𝑖 = 𝑚𝑚 ⋅ 𝑎𝑎⃗ � 𝐹𝐹𝑦𝑦,𝑖𝑖 = 𝑚𝑚 ⋅ 𝑎𝑎𝑦𝑦
𝐹𝐹𝑧𝑧,𝑖𝑖 𝑎𝑎𝑧𝑧
• Und statt des Momentengleichgewichts gilt der Drallsatz (hier nicht dargestellt).
• Beides (Impuls- und Drallsatz) werden wir ausführlich in Technische Mechanik II behandeln.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 207
7. Reibung
7.3 Gleitreibung
7.3.3 Gleitreibungsgesetz
• Wenn ein Körper gleitet, dann ergibt sich die Gleitreibungskraft R aus einem
physikalischen Gesetz und nicht mehr aus den Gleichgewichtsbedingungen.
Die Gleitreibungskraft R ist daher eine eingeprägte Kraft im Gegensatz v
zur Haftreibungskraft H, die eine Reaktionskraft ist.
• Die Normalkraft N bleibt eine Reaktionskraft und ergibt sich in der Regel aus R
dem Impulssatz oder den Gleichgewichtsbedingungen. N
• Das Coulombsche Gleitreibungsgesetz für trockene Reibung lautet:
𝑅𝑅 = 𝜇𝜇 ⋅ 𝑁𝑁
µ: Gleitreibungskoeffizient
• Im Falle der trockenen Reibung ist die Reibungskraft annähernd unabhängig
von der Geschwindigkeit.
7.3 Gleitreibung
7.3.3 Gleitreibungsgesetz
• Beispielwerte für Haft- und Reibpaarung Haftreibungs- Gleitreibungs-
Gleitreibungskoeffizienten koeffizient koeffizient
Die angegebenen Werte sind nur für µ0 µ
grobe Abschätzungen geeignet.
Stahl auf Stahl, trocken 0.15 … 0.3 0.1 … 0.2
Genauere Werte müssen für den
jeweiligen Anwendungsfall in der Stahl auf Stahl, geschmiert 0.1 0.01 … 0.07
Regel mit Hilfe von Versuchen Stahl auf Teflon 0.06 0.04
bestimmt werden. Stahl auf Eis 0.03 0.015
Holz auf Holz 0.4 … 0.6 0.2 … 0.4
Holz auf Metall 0.5 … 0.65 0.2 … 0.5
Leder auf Metall 0.4 0.3
Autoreifen auf Straße, trocken 0.7 … 0.9 0.5 … 0.8
Autoreifen auf Straße, geschmiert 0.2 0.1
7.3 Gleitreibung
7.3.3 Gleitreibungsgesetz g
m1
Beispiel 50: Gleitreibung berechnen
Aufgrund der Masse m2 gleitet die Masse m1 entlang der schiefen
Ebene (Neigungswinkel α) hinauf. (Beide Massen sind über ein m2
masseloses Seil miteinander verbunden, das über eine α
reibungsfreie Rolle geführt wird.)
Gegeben: g, m1, m2 , α, µ
a) Berechnen Sie die Kräfte im Kontakt zwischen der Masse m1
und der schiefen Ebene.
b) Wie groß ist der Gleitreibungskoeffizient µ zwischen m1 und
schiefer Ebene, wenn die Bewegung bei konstanter
Geschwindigkeit stattfindet?
c) Welche Beschleunigung erfährt die Masse m1 bei gegebenem
Gleitreibungskoeffizienten µ?
7.3 Gleitreibung
7.3.4 Rollreibung v
• Die Coulombschen Reibungsgesetze zur Gleitreibung können
rechnerisch auch für den Rollwiderstand bei reinem Rollen von R
zylindrischen Körpern verwendet werden.
𝑅𝑅 = 𝜇𝜇𝑅𝑅 ⋅ 𝑁𝑁 N
Reibpaarung Rollreibungs-
koeffizient
µR
Reifen auf Beton 0.02
Eisenbahnrad auf Schiene 0.002
7.4 Seilreibung
Beispiel 51: Seilreibung – Experiment
Eine junge Dame bietet vier jungen Herren eine Wette an. Sie sagt: „Ich gewinne gegen Euch vier
im Tauziehen. Hier meine Regeln:
• Ihr seid zu viert, ich bin allein.
• Ihr gewinnt, wenn Ihr mich innerhalb von einer Minute zwei Meter in Eure Richtung zieht.
• Das Seil muss zwischen uns zweimal um eine Säule herumgewickelt sein.“
a) Wer wird gewinnen? Probieren Sie es aus. Versuchen Sie auch es auch mit anderen
Umschlingungswinkeln.
7.4 Seilreibung
• Wird ein Seil, an dessen Ende eine sehr große Kraft wirkt, um einen rauen
Pfosten geschlungen, dann kann eine relativ kleine Kraft am anderen Ende
des Seils das Rutschen des Seils verhindern.
7.4 Seilreibung
• Wie bei den Coulombschen Reibungsgesetzen sind auch bei der
Seilreibung die Fälle „Haften“ und „Gleiten“ zu unterscheiden.
• Haftreibungsbedingung für zwei Kräfte S1 und S2
µ0: Haftreibungskoeffizient α
α: Umschlingungswinkel (im Bogenmaß!)
• Gleitreibung
S2
𝑆𝑆2 = 𝑆𝑆1 e𝜇𝜇𝜇𝜇 für 𝑆𝑆2 > 𝑆𝑆1 S1
𝑆𝑆2 = 𝑆𝑆1 e−𝜇𝜇𝜇𝜇 für 𝑆𝑆2 < 𝑆𝑆1
µ: Gleitreibungskoeffizient
α: Umschlingungswinkel (im Bogenmaß!)
• Basis für die Festlegung, welche Kraft größer ist: Die Reibung will
der Bewegung entgegenwirken.
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 215
7. Reibung
7.4 Seilreibung
Beispiel 51: Seilreibung – Theoretische Untersuchung
Die Seilkraft auf der Seite der jungen Dame wird mit SD bezeichnet, die auf der Seite der jungen
Herren mit SH.
b) Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, dass die junge Dame in Ruhe stehen bleibt?
c) Um welchen Faktor k muss SH größer sein als SD, damit die junge Dame gezogen wird?
Geben Sie k an für die verschiedenen Haftreibungszahlen µ0 = 0.1, 0.2, 0.3, 0.4, 0.5 bei den
verschiedenen Umschlingungswinkeln α aus Ihrem Experiment.
d) Schätzen Sie damit eine Größenordnung ab, in der der Haftreibungskoeffizient µ0 im
Experiment in etwa gelegen haben muss.
7.4 Seilreibung
Beispiel 52: Seilreibung – Welche Kraft ist größer?
a) Ein fest stehendes Seil ist um eine mit der Winkelgeschwindigkeit ω rotierende zylindrische
Rolle geschlungen. Es wird durch die beiden Kräfte Slinks und Srechts fixiert. Welche der beiden
Kräfte ist größer?
Slinks
ω
Srechts
b) Nun steht die Rolle fest und das Seil gleitet mit der Geschwindigkeit v über die Rolle. Welche
der beiden Kräfte ist nun größer?
v
Slinks
Srechts
06.10.2021 Technische Mechanik I (Statik) – Florian Wegmann 217
7. Reibung
7.5 Summary
• Exercise
Lernen Sie nicht nur für die Prüfung. Den gelernten Stoff brauchen Sie in
der Technischen Mechanik II und anderen Veranstaltungen wieder!