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Newtonsche Axiome
Definition 1: Inertialsysteme
historische Formulierung
Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der geradlinig gleichför-
migen Bewegung, solange keine Kraft auf ihn einwirkt.
Problem: Begriff der Kraft noch nicht eingeführt und Angabe des Koordina-
tensystems fehlt.
Definition 2: Impuls
~p = mt~v
~p: Impuls, mt : träge Masse, ~v: Geschwindigkeit
Definition 3: Bewegungsgesetz
Die zeitliche Änderung des Impulses eines Körpers ist gleich der auf
ihn wirkenden Kraft
~F = d ~p = ~p˙
dt
Übt ein Körper 1 auf einen Körper 2 die Kraft ~F12 aus, so übt der
Körper 2 auf den Körper 1 die Kraft ~F21 aus, wobei gilt ~F12 = −~F21
1
~F21
2
~F12
Abbildung 1.1 – Eine Kugel (Körper 1) übt auf den Boden (Körper 2) die Kraft
~F12 aus. Das 3. Newtonsche Axiom lehrt uns, dass die Kugel die Kraft ~F21 erfährt,
welche der von ihr ausgeübten Kraft genau entgegengesetzt ist.
newtonsche axiome 9
Wir können das Verhältnis der Massen nun über eine Messung der Be-
schleunigungen der Körper 1 und 2 messen. Damit ist nun eine Definition
der Kraft über das 2. Newtonsche Axiom möglich.
Dass lediglich das Massenverhältnis zugänglich ist, ist bei physikalischen
Größen mit einer Einheit normal. Die Angabe m = x kg z.B. bedeutet ein
Verhältnis von x zur Referenzmasse Kilogramm (bis 20.05.2019 durchs Urki-
logramm, ein Platin-Iridium-Zylinder, definiert).
Definition 5: Superpositionsprinzip
• Gewichtskraft, Schwerkraft5 5
Aus der Erfahrung wissen wir
ms = mt := m. Äquivalenz von
träger und schwere Masse.
~F = ms~g
ms : schwere Masse, ~g: Erdbeschleunigung | g| = 9.81 sm2
• Gravitationskraft
Kraft, welche von einem im Ursprung (~R = ~0) befindlichen Körper mit
Masse M auf einen bei ~r befindlichen Körper der Masse m ausgeübt
wird.
~F = − G Mm ~r
r2 r
2
Gravitationskonstante G = 6.673 · 10−11 Nm2 und r = |~r |
kg
~F = 1 Qq ~r
4πe0 r2 r
C2
Dielektrizitätskonstante e0 = 8.85 · 10−12
Nm2
~F = − f (~v)~v
mit f (~v) > 0 → Kraft ist der Geschwindigkeit entgegengerichtet
Körper im Medium
6
Den Betrag der Geschwindigkeit Stokessche Reibung:6 f (~v) = α ⇒ |~F | = αv
|~v| haben wir hier mit v abgekürzt. Newtonsche Reibung: f (~v) = βv ⇒ |~F | = βv2
Vergleiche: |~r | = r.
Körper auf Oberfläche
7
Später werden wir sehen, dass Gleitreibung:7 f (~v) = γv ⇒ |~F | = γ
γ = µmg ist, wobei µ der Gleitrei-
bungskoeffizient, m die Masse des
Körpers und g die Erdbeschleuni-
gung kennzeichnen. Anders als die Naturkonstante G enthalten die Koeffizienten α, β, γ Eigen-
schaften der beteiligten Körper, Materialien bzw. Bedingungen.
(wird nachgeliefert)
newtonsche axiome 11
Abbildung 1.2 – Beispiel eines Systems bei dem ein Klotz der Masse m an einem
Seil von der Decke hängt.
Wenn sich der Klotz in Ruhe befindet haben wir ein Kräftegleichgewicht
und es muss gelten: ~FG + ~FHK = ~0 .
Mit dem 3. Newtonschen Axiom (actio = reactio) ergibt sich
~FH = −~FHK .
Definition 6: Seilspannung
m~g
−m~g actio = reactio
Seilspannung konstant
m~g/2 m~g/2
actio = reactio
−m~g/2 −m~g/2
m~g
12 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Abbildung 1.3 – Beispiel eines Systems, bei dem ein Klotz der Masse m über eine
masselose Rolle und Seile mit der Decke verbunden ist.
Zunächst genügen wir uns mit der Betrachtung der Bewegung eines Mas-
senpunktes in nur eine Raumrichtung.1 1
Durch die Betrachtung nur einer
Raumrichtung haben wir es nun
x wieder mit skalaren statt mit
0 vektoriellen Größen zu tun.
Wir definieren nun folgende Größen, die wir für die Beschreibung der Be-
wegung benötigen:
Ort: x (t)
d
Geschwindigkeit: v(t) = dt x (t) = ẋ (t)
Beschleunigung: a(t) = v̇(t) = ẍ (t)
Impuls: p(t) = mv(t) = m ẋ (t)
Zudem rufen wir uns das 2. Newtonsche Axiom in Erinnerung
F (t) = ṗ(t)
Da unsere Raumkoordinate x wie oben angegeben von links nach rechts
gerichtet ist bedeuten
v, a, p, F > 0 nach rechts gerichtete Größen und
v, a, p, F < 0 nach links gerichtete Größen.
Bevor wir uns intensiver mit der Mechanik der eindimensionalen Bewegung
eines Massenpunktes befassen können, müssen wir einige mathematische
Begriffe einführen.
Zahlen, die sich als Bruch, dessen Zähler und Nenner eine ganze Zahl
sind, schreiben lassen.
Potenzierung: q ∈ Q → q2 ∈ Q
√ √
Wurzel: x = ± q (für q ≥ 0). Im Allgemeinen ist q ∈ /Q
• Die Menge R der reellen Zahlen, die neben den rationalen Zahlen auch die
irrationalen Zahlen, beinhalten, die wir hier nicht separat aufführen. Die
Kreiszahl π = 3, 1416 . . . und die Eulersche Zahl e = 2, 7183 . . . sind für die
Physik bedeutende Beispiele reeller (und irrationaler) Zahlen. Die reellen
Zahlen bilden eine kontinuierliche Zahlengerade.
Für x ∈ R → x2 = −1 gibt es keine Lösung x ∈ R
Damit haben wir auch schon die Mengenklammer {. . .} eingeführt, die wir
verwenden, um die Elemente einer Menge aufzulisten. Wenn wir die Teil-
menge aller Elemente x ∈ M kennzeichnen möchten, für die eine Aussage
E( x ) erfüllt ist, schreiben wir:
{ x ∈ M | E( x )}.
Beispiele hierfür sind:
1. { x ∈ R | x2 − 4x = 0} = {0, 4}
2. { x2 | x ∈ Z} = {0, 1, 4, 9, . . .}
Im zweiten Beispiel haben wir den Fall eingeführt, dass f ( x ) ein Funktions-
ausdruck ist (hier: f ( x ) = x2 ), so dass der Ausdruck { f ( x ) | x ∈ M } die
Menge aller Zahlen der Form f ( x ) beschreibt, wobei x ∈ M gilt.
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 15
a1 , a2 , a3 . . . a n , . . . mit an ∈ R , (2.1)
f : n ∈ N → an ∈ R . (2.2)
1 1 1
• an = 1 + n → a1 = 1 + 1 = 2, a2 = 1 + 2 = 32 , a3 = 1 + 1
3 = 4
3 ... .
lim an = a (2.3)
n→∞
oder in Kurzform
n→∞
an −→ a .
Beispiele
• (qn ) = (q, q2 , q3 , q4 , . . .)
→ 0 für |q| < 1
→ 1 für q = 1
divergent für q = −1
divergent für |q| > 1
n
1
4 3 5 4
3 2
• 1+ n = 2, 2 , 3 , 4 , . . .
• lim ( an ± bn ) = a ± b
n→∞
• lim ( an · bn ) = a · b
n→∞
an a
Wir erinnern uns, dass die Division • lim bn = b für b, bn 6= 0
n→∞
durch 0 nicht definiert ist.
Beispiel:
3n2 +2n+1
1
3+ n2 + 3+0+0
n2
lim 2 = lim 2 3 = 1+0+0 =3
n→∞ n +2n+3 n → ∞ 1+ n + n2
Reihe ∑∞ m
n=1 an konvergiert gegen S, wenn lim ∑n=1 an = S. m→∞
Reihe ∑∞ m
n=1 an ist divergent, wenn die Folge ( Sm ) = ( ∑n=1 an ) diver-
giert.
2.1.3.1 Beispiele:
1
Fläche
1 = 2 + 41 + 18 + 1
16 + ...
1/2
→ 1 = ∑∞
n =1
1
2n
1
1/8
1/4
1/32
1/16
wird der Abstand zwar immer kürzer, aber es scheint, als ob Achilles die
Schildkröte niemals einholen könnte. Dies ist natürlich ein Trugschluß
wie wir im Folgenden sehen werden und wir können für ein beliebiges
Verhältnis der Geschwindigkeiten q die Gesamtstrecke S berechnen, nach
der Achilles die Schildkröte eingeholt hat.
Start
Schritt 1: Achilles legt die Teilstrecke `1,A und die Schildkröte die Teil-
3
Wir nutzen hier die Konstanz der strecke `1,S zurück. Mit `1,A = `0,S ergibt sich damit 3
Geschwindigkeiten. `1,S
`1,A = q ⇒ `1,S = q · `1,A = q · `0,S .
Schritt 2: Achilles legt die Teilstrecke `2,A und die Schildkröte die Teil-
strecke `2,S zurück. Mit `2,A = `1,S ergibt sich damit:
`2,S
`2,A= vvAS tt = q ⇒ `2,S = q · q · `1,A = q2 · `0,S , was erneut die Einheit einer
Strecke hat.
S m + q m = S m +1 = 1 + q (1 + q + q 2 + · · · + q m −1 ) = 1 + q Sm
1 − qm
⇔ Sm (1 − q ) = 1 − q m ⇔ Sm =
1−q
Daraus ist noch mal ersichtlich, dass Konvergenz nur für q < 1 gegeben
ist, so dass limm→∞ qm = 0 gilt, und somit:
L A = `0,S · ∑∞ n −1 = `0,S
n =1 q 1− q für q < 1
Anschaulich ist an dem Ergebnis auch, dass je weniger sich die Ge-
schwindigkeiten unterscheiden (q nahe an 1, also 1 − q 1), der Nenner
immer kleiner und so die Strecke bis zum Überholpunkt immer größer
wird. Im gegenteiligen Extrem, der stationären Schildkröte (q = 0), wird
L A = `0,S , d.h. Achilles ist nach dem Durchlaufen des Vorsprungs bereits
am Überholpunkt.
• Riemannsche Zetafunktion
ζ (s) = ∑∞
n =1
1
ns konvergiert für s > 1
z.B. ζ (2) = ∑∞
n =1
1
n2
= 1 + 14 + 91 + 1
16 +... = π2
6
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 19
Definitionsbereich Wertebereich
x y = f (x)
x ∈ D ⊆ R, f : x → y = f (x) , y ∈ W ⊆ R
Beispiel:
f (x)
−∞ xa xb xc xd xe xf ∞ x
+ + + – + + – – Grenzwert existiert
+ + – – – – stetig
Die angegebene Funktion hat eine endliche Sprungstelle bei xc (xc ∈ D und
4
Die Superskripte + und − ge- lim 6= lim ),4 eine hebbare Unstetigkeitsstelle bei xd (xd ∈ D und lim =
ben an, ob wir den Grenzwert x → xc+ x → xc− x → xd+
von rechts kommend (also von lim aber lim 6= f ( xd )), eine Definitionslücke bei xe , sowie eine unendliche
positiven Werten) oder von links x → xd− x → xd
kommend (also von negativen Sprungstelle bei x f .
Werten), bestimmen.
weitere Beispiele:
√ √ √
x 2 +1−1 ( x 2 +1− 1)( x2 +1+1) x√2 +1−1
• lim = x 2 = lim √ = lim
x →0 x →0 x 2 ( x 2 +1+1 ) x →0 x 2 ( x 2 +1+1 )
1 1
= lim 2 √ =2
x →0 x +1+1
√
2
• lim = x x+21−1 = lim √ 2 1 =0
x →±∞ x →±∞ x +1+1
√
x 2 +1−1 x
• lim = x = lim √ = ±1
x →±∞ x →±∞ x 2 +1+1
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 21
f ( x ) − f ( x0 )
x0 x
x − x0 = ∆x
f ( x0 +∆x )− f ( x0 )
df f ( x )− f ( x0 )
f 0 ( x0 ) = dx x = lim x − x0 = lim ∆x heißt Ab-
0 x → x0 ∆x →0
leitung von f ( x ) and der Stelle x0 und beschreibt die Steigung der
Tangente.
Beispiele:
1−1
• f ( x ) = 1 −→ lim = lim 0
= 0 −→ f 0 ( x ) = 0
∆x →0 ∆x ∆x →0 ∆x
x0 +∆x − x0
• f ( x ) = x −→ lim ∆x = lim 1 = 1 −→ f 0 ( x ) = 1
∆x →0 ∆x →0
Höhere Ableitungen:
• y = f ( x ) = f (0) ( x )
• y0 = f 0 ( x ) = d
dx f ( x ) = f (1) ( x )
d2 0
• y00 = f 00 ( x ) = dx2
f ( x ) = f (2) ( x ) = d
dx f (1) ( x ) = ( y 0 )
bis zu
0
dn +1 d
• y ( n +1) = f ( n +1) ( x ) = dx n+1
f (x) = dx f (n) ( x ) = y(n)
Vorgriff: Differentiationsregeln:
• konstanter Faktor
d f (x)
d
dx (c · f ( x )) = c dx mit c ∈ R
• Summenregel
d d f (x) dg( x )
dx ( f ( x ) + g( x )) = dx + dx
• Produktregel
d d f (x) dg( x )
dx ( f ( x ) · g( x )) = dx g ( x ) + f (x) dx
• Quotientenregel
d f (x) dg( x )
g( x )· dx − f ( x )· dx
d f (x)
dx g( x )
= g( x ) 2 mit g( x ) 6= 0
• Kettenregel
Die Hintereinanderausführung von y = g( x ), z = f (y) = f ( g( x ))
bezeichnet man als Verkettung der Funktionen, auch als f ◦ g geschrieben.
d df dg
dx f ( g( x )) = dy · dx
y= g( x )
df dg
Die Faktoren dy und dx bezeichnet man als äußere bzw. innere Ableitung.
d
→ x dx (ln x ) = 1
d 1
→ dx (ln x ) = x
√
– g( x ) = x (für x > 0) ist die Umkehrfunktion zu f ( x ) = x2
Auch hier können wir die Ableitung der Umkehrfunktion mit Hilfe
der Kettenregel berechnen:
√ 2 d
f ( g( x )) = x =x | dx
√ d √
→ 2 x dx x =1 Denn wir wissen: d 2
dy y = 2y
d √ 1
→ dx x = √
2 x
24 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Differenzieren
F(x) f (x)
Integrieren
(Umkehrung der Differentiation)
Beispiele:
f (x) F(x)
1
xn n +1 x n +1 + c für n 6= −1
1
x ln | x | + c
ex ex + c
f (x)
Fläche oberhalb
der x-Achse:
positiv
0
a b x
Fläche unterhalb
der x-Achse:
negativ
Rb
Die Schreibweisen a dx f ( x )
Rb
und a f ( x ) dx sind äquivalent,
Erstere ist an der hiesigen Fakultät
verbreiteter.
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 25
Es gilt
Z b Z b Z b Z b
dx f ( x ) = dy f (y) = du f (u) = dq f (q) = . . .
a a a a
d.h. der Name der Integrationsvariablen spielt keine Rolle. Er darf aller-
dings nicht schon vergeben sein, a und b wären hier als Namen also nicht
zulässig (so genannte „gebundene Variablen“). Ebenso, wollten wir für die
obere Grenze den Namen x statt b verwenden, darf die Integrationsvariable
nicht mehr x heißen. Oft wählt man dann ein ähnlich aussehendes Sym-
bol (x 0 , x̃, x2 , ξ, . . . , wobei mit x 0 nicht die Ableitung gemeint ist) oder ein
„benachbartes“ wie y.
Damit können wir nun den wichtigen Hauptsatz der Differential- und Integral-
rechnung formulieren.
Hier wird also die Menge aller Stammfunktionen zu einer Funktion f ( x ) In puncto Nomenklatur besteht
betont. eine gewisse Inkonsistenz zum
bestimmten Integral, da hier der
Integrationsvariable eine Rolle
zukommt, nämlich die Variable
zu benennen, bezüglich der das
unbestimmte Integral eine (bzw.
unendlich viele wegen der Wahl-
freiheit von c) Stammfunktion
ist.
26 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Integrationsregeln:
• konstanter Faktor
mit c ∈ R
R R
dx c f ( x ) = c dx f ( x )
• Summenregel
R R R
dx ( f ( x ) + g( x )) = dx f ( x ) + dxg( x )
6
engl. integration by parts • partielle Integration6
dx f ( x ) g0 ( x ) = f ( x ) g( x ) − dx f 0 ( x ) g( x )
R R
=
b Produktregel der Differentiation, denn Ableiten ergibt:
f g0 = ( f g)0 − f 0 g ⇒ ( f g)0 = f g0 + f 0 g
Beispiele:
e x = |{z} e x − dx |{z} e x = xe x − e x + c
R R
x |{z}
dx |{z} x |{z} 1 |{z}
f g0 f g f0 g
R R R 1
dx ln x = dx |{z} ln x = |{z}
1 |{z} ln x −
x |{z} x
dx |{z}
x
g0 f g f g |{z}
f0
= x ln x − x + c
• Substitution
Wir wechseln von x als unabhängiger Variable zu einer neuen unabhän-
gigen Variablen u, die mit der alten durch die Funktion g zusammenhän-
ge: x = g(u)
Wir wenden auf F ( g(u)) die Kettenregel an:
d dF dg
F ( g(u)) = ·
du dx x= g(u)
du
| {z } |{z}
innere A,
äußere A.
dg
= f ( g(u)) ·
du
dg
Z
d.h. F ( g(u)) = f ( g(u)) du
du
Ebenso sind beim bestimmten Integral die Grenzen zunächst als Werte
für x gegeben:
Z x2 Z u2
dg
f ( x ) dx = F ( x2 ) − F ( x1 ) = F ( g(u2 )) − F ( g(u1 )) = f ( g(u)) du
x1 u1 du
mit x i = g ( u i ) ⇔ u i = g −1 ( x i )
dx
f ( x (u)) · du
du
d.h. die Substitution stellt sich einfach als
7 Z dx
Z
f ( x ) dx = f ( x (u)) du
du
7
Auf der linken Seite steht eigent-
dar, was sich gut über „Kürzen des du“ merken lässt. lich eine Funktion von x, auf der
rechten Seite eine von u. In ihre
Gleichheit fließt abermals x = g(u)
ein.
Beispiele:
dx lnxx = du u = 12 u2 + c = 12 (ln x )2 + c
R R
◦ Substitution
dx
x = eu ⇒ du = eu
R p√ √ R
◦ dx du u 2(u − 1)
x+1 = Substitution
dx
x = ( u − 1)2 ⇒ du = 2( u − 1)
= du 2u3/2 − 2u1/2 = 45 u5/2 − 43 u3/2 + c
R
4 √ 5/2 4 √ 3/2
= 5 x+1 − 3 x+1 +c
28 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
m
x Richtung des
Koordinatensystems ~FG = m~g ~g = (− g, 0, 0)
mit
Für den Fall ohne Reibung erhalten wir
Wir erinnern uns: p = m ẋ = mv ṗ = FG ⇒ ma = −mg
⇒ ṗ = m ẍ = mv̇ = ma
a = −g
Unabhängig von der Masse m!
und mit wieder x0 = x (t0 =0) als Anfangsort und dem obigen v:
Z t Z t Z t
x ( t ) = x0 + dt0 (v0 − gt0 ) = x0 + dt0 v0 − g dt0 t0
0 0 0
t
t02 t2
= x0 + v0 t − g = x0 + v0 t − g
2 0 2
Dass wir 2 freie Parameter (x0 und
v0 ) haben, hängt damit zusammen,
dass wir zwei Mal integriert haben. a) freier Fall aus Höhe h
Anfangsbedingungen: x0 = h, v0 = 0 ⇒ x (t) = h − 21 gt2
q
2h
⇒ tF = g (Fallzeit)
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 29
Aufprallgeschwindigkeit vA = |v(tF )|
p
v(tF ) = ẋ (tF ) = − gtF = − 2gh x
p H
⇒ vA = 2gh (Aufprallgeschwindigkeit)
mit ẋ (tH ) = 0 tH tF
v0
⇒ tH = g (Zeit, bei der max. Flughöhe erreicht wird)
2
H = x (tH ) = v0 vg0 − 12 g v0
g
2
1 v0
⇒H= 2 g (Flughöhe)
Flugzeit tF : x ( tF ) = 0
1 2
⇒ v0 tF − 2 gtF = 0 ⇔ tF v0 − 12 gtF = 0
⇒ tF = 0 oder v0 = 21 gtF
Sind mit dem zweifachen Integrieren von a, was für da dt 6 = 0 i.A. natürlich
schwieriger ausfallen wird als für obiges a = − g, alle Fälle abgedeckt?
Nein, denn a = F/m ist in den seltensten Fällen eine Funktion der Zeit
t allein, sondern hängt vor allem vom Ort x selbst und manchmal auch von
der Geschwindigkeit v ab:
1
ẍ (t) =
F ( x (t), ẋ (t), t)
m
RR 0
kann icht einfach mit dt „hochintegriert“ werden, da die rechte Seite
von der noch unbekannten Lösung abhängt.
2.2.2 M: Differentialgleichungen
Für Ableitungen nach der Zeit schreiben wir in Kurzform:
dn x (n) ( t ) = ....
dtn = x x (mit n Punkten über der Variablen).
30 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Beispiele:
ẍ + g = 0 → 2. Ordnung
...
( x )2 + α ẋx + β = 0 → 3. Ordnung
Die allgemeine Lösung einer DGL n-ter Ordnung ist eine Lösungsschar
mit n unabhängigen Parametern γ1 , . . . γn
→ x (t) = xγ1 ,γ2 ,...,γn (t).
Beispiel:
Lösung für ẍ + g = 0:
αn (t) x (n) (t) + αn−1 (t) x (n−1) (t) + . . . + α1 (t) ẋ (t) + α0 (t) x (t) = β(t)
Beispiele:
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 31
• ẍ = − g → inhomogen, linear
• m ẍ + β( ẋ )2 = 0 → nicht linear
Beispiel:
ẍ + 2γ ẋ + ω02 x = 0 → homogen, linear
(1)+(2): → (c1 ẍ1 + c2 ẍ2 ) +2γ (c1 ẋ1 + c2 ẋ2 ) +ω02 (c1 x1 + c2 x2 ) = 0
| {z } | {z } | {z }
ẍ3 ẋ3 x3
⇒ ẍ3 + 2γ ẋ3 + ω02 x3 = 0 → x3 = c1 x1 + c2 x2 ist auch Lösung der DGL.
Beispiele:
• ẍ = − g → inhomogen, linear
• m ẍ + β( ẋ )2 = 0 → nicht linear
Beispiel:
ẍ = − g → inhomogene, lineare DGL 2. Ordnung
Diese Lösung hatten wir bereits Damit ergibt sich die allgemeine Lösung zu: x (t) = γ1 + γ2 t − 21 gt2
in Kapitel 2.2.1 verifiziert. Die
unabhängigen Parameter hießen
dort γ1 = x0 und γ2 = v0 .
2.2.2.3 M: Lösungsstrategien für allgemeine Differentialgleichungen
a) direkte Integration
Wir betrachten hier als Beispiel DGLn der Form
ẋ =v F (t)
m ẍ (t) = F (t) → v̇(t) = m
Mit einer weiteren direkten Integration erhalten wir die Lösung der DGL
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 33
Z t
Rt Rt R t̃ F (t0 )
0 dt̃ ẋ (t̃) = x (t) − x (0) = v0 dt̃ + 0 dt̃ 0 dt0 m
|{z} 0
: = x0 | {z }
=v0 ·(t−0)
Rt R t̃ 0
→ x ( t ) = x0 + v0 t + dt̃ 0 F (t )
0 0 dt m
Diese allgemeine Lösung wollen wir nun für verschiedene Kräfte F (t)
ansehen.
0 t̃
Rt R t̃ 0 Rt h i
→ 0 dt̃ 0 dt0 Fm0 e−αt = F0
m 0 dt̃ − α1 e−αt
0
Rt h it
F0 F0
= − mα 0 dt̃ e−αt̃ − 1 = − mα − α1 e−αt̃ − t̃
0
F0 F0
− α1 e−αt − t + 1
e−αt + αt − 1
= − mα α +0 = mα2
F0
e−αt + αt − 1
Lösung → x (t) = x0 + v0 t + mα2
• F (t) = F0 cos(ωt)
Rt R t̃ Rt h it̃
→ 0 dt̃ 0 dt0 Fm0 cos(ωt0 ) = 0 dt̃ F0
mω sin(ωt0 )
0
Rt h it
F0 F0
= mω 0 dt̃(sin(ω t̃) − sin(0)) = mω − ω1 cos(ω t̃)
| {z } 0
=0
F0
= mω 2
(1 − cos(ωt))
F0
Lösung → x (t) = x0 + v0 t + mω 2
(1 − cos(ωt))
34 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
m ẍ + β( ẋ )2 = 0
Im folgenden Schritt trennen wir die Variablen, so dass v auf der linken
Seite der Gleichung und t auf der rechten Seite der Gleichung stehen:
m dv
R
v2
= − βdt | . . .
Rv Rt
→ v0 dv0 (vm0 )2 = − β 0 dt0
v
⇔ − vm0 v = − β[t0 ]0t
0
⇔ − mv + m
v0 = − βt
1 1 βt
⇔ v − v0 = m
1 1 βt m+ βv0 t
⇔ v = v0 + m = v0 m
v0
→ v(t) = βv0 (Ausdruck für die Geschwindigkeit)
1+ m t
Rt Rt Rt v0
0 dt v(t0 ) = 0 dt ẋ (t0 ) = 0 dt0 βv0 0
1+ m t
m ẍ + α ẋ = 0
Die allgemeine Lösung setzt sich nun aus den beiden Lösungen zusammen,
wobei wir nun die Integrationskonstanten nicht vergessen dürfen:
→ x ( t ) = c1 + c2 e − m t
α
Die Integrationskonstanten kön-
nen wir wieder mit geeigneten
Anfangsbedingungen bestimmen.
2.2.3 Eindimensionale Bewegung mit Reibung
(In der Vorlesung übersprungen, da lediglich Wiederholung von bereits
bekannten Lösungen von DGLn.)
~FR
x ~v
Die Reibungskraft ~FR wirkt antiparallel zu ~v
~FG (Reibung bremst)
~F⊥
Den Betrag der Reibungskraft können wir wie folgt schreiben:
|~FR | = µ|~F⊥ | = µ|~FG | = µmg und er ist unabhängig vom Betrag |~v|.Im Wir bezeichnen hier den Gleitrei-
Folgenden bezeichnen wir mit FR und v nicht die Beträge der entsprechen- bungskoeffizienten mit µ.
Damit können wir nun die endliche Zeit ts berechnen, nach der der Festkör-
per zum Stillstand kommt (v(ts ) = 0):
v0
ts = µg (Zeit bis zum Stillstand bei Gleitreibung)
Mit diesem Ergebnis können wir nun auch die Reichweite R des Festkör-
pers unter Einfluss der Gleitreibung bestimmen:
R = x ( t s ) − x0
2
v 1 v0
= x0 + v0 0 − µg − x0
µg 2 µg
v20 1 v20
= −
µg 2 µg
2
1 v0
R= 2 µg (Reichweite bei Gleitreibung)
Auch hier ist die Reibungskraft ~FR antiparallel zu ~v. Allerdings ist der Be-
trag |~FR | nun abhängig vom Betrag |~v|. Wieder bezeichnen wir mit FR und
v nicht diese Beträge, sondern die Vektorkomponenten entlang der einzigen
Bewegungsrichtung.
a) Stokes-Reibung
< 0 für v > 0
FR = −αv = 0 für v = 0
> 0 für v < 0
Den Reibungskoeffizienten der Die Stokes-Reibung ist ein gutes Modell für kleine Geschwindigkeiten
Stokes-Reibung bezeichnen wir mit (laminare Strömung) und liefert die folgende DGL
α.
Die allgemeine Lösung dieser DGL haben wir uns schon in Abschnitt
2.2.2.3 d) angesehen:
x ( t ) = c1 + c2 e − m t
α
v ( t ) = v0 e − m t
α
Wir sehen, dass ein Stillstand nie erreicht wird (v(ts ) = 0 → ts = ∞).
Die Reichweite können wir über eine Betrachtung des Grenzwertes bestim-
men
R = lim ( x (t) − x0 ) = mα v0 lim 1 − e− m t
α
t→∞ t→∞
m
R= α v0 (Reichweite bei Stokes-Reibung)
b) Newton-Reibung
< 0 für v > 0
2
FR = − βv sgn(v) = 0 für v = 0
>0 für v < 0
Den Reibungskoeffizienten der
Die Newton-Reibung ist ein gutes Modell für Strömungen mit großen Ge- Newton-Reibung bezeichnen wir
mit β.
schwindigkeiten (turbulente Strömung).
Wir betrachten den Fall einer positiven Anfangsgeschwindigkeit ẋ (0) =
v0 > 0:
Die allgemeine Lösung dieser Gleichung haben wir uns bereits im Abschnitt
2.2.2.3 b) angesehen:
x (t) = x0 + mβ ln 1 + m0 t
βv
38 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
v0
ẋ (t) = v(t) = βv0
1+ m t
Der harmonische Oszillator ist ein wichtiges Modellsystem der Physik, wel-
ches Ihnen an unterschiedlichsten Stellen Ihres Studiums wieder begegnen
wird. Kernelement des harmonischen Oszillators ist eine lineare Rückstell-
kraft F = −kx, wobei k eine Konstante ist. Ein Beispiel für ein solches
System ist eine Masse an einer elastischen Feder.
~F
0
Ruheposition
(entspannte Feder)
Wir betrachten nun zunächst den Fall des freien, ungedämpften harmonischen
Oszillators wobei frei bedeutet, dass das System nicht von außen getrieben
wird und wir mit ungedämpft meinen, dass keine Reibung existiert. Die
zugehörige DGL lautet
k
m ẍ + kx = 0 → ẍ + mx =0
q
k
Wir können die DGL mit der Definition der Eigenfrequenz ω0 = m auch
schreiben als ẍ + ω02 x
= 0.
Die allgemeine Lösung dieser DGL lautet:
Hier verwenden wir A für die
Amplitude und ϕ bezeichnet die x (t) = A sin(ω0 t + ϕ)
Phasenverschiebung.
ẋ (t) = Aω0 cos(ω0 t + ϕ)
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 39
Die Wurzel einer negativen Zahl hat keine reelle Lösung. Um dieses Pro-
blem zu lösen, müssen wir uns im Folgenden mit komplexen Zahlen be-
schäftigen. Zudem lernen wir nun die trigonometrischen Funktionen besser
kennen.
ϕ 0
π
r 2π
3
2π
Im Folgenden betrachten wir den Einheitskreis (r = 1) und führen darüber
die Sinus- und Kosinusfunktion ein.
Sinus:
Die Sinusfunktion hat folgende Eigenschaften:
• −1 ≤ sin ϕ ≤ 1 → beschränkt
3
• spezielle Werte: sin(0) = 0, sin π
2 = 1, sin(π ) = 0, sin 2π = −1
Kosinus:
• −1 ≤ cos ϕ ≤ 1 → beschränkt
3
• spezielle Werte: cos(0) = 1, cos π
2 = 0, cos(π ) = −1, cos 2π =0
Zudem gilt sin ϕ = cos ϕ − π
2 . Der Kosinus ist ein verschobener Sinus.
Additionstheoreme:
d d
dϕ sin ϕ = cos ϕ, dϕ cos ϕ = − sin ϕ
d
dy arcsin y = √ 1 (Ableitung des Arkussinus)
1− y2
d
dy arccos y = − √ 1 (Ableitung des Arkuskosinus)
1− y2
Tangens:
sin ϕ
tan ϕ := cos ϕ (Tangensfunktion)
cos2 ϕ+sin2 ϕ 1
trigonometrischer Pythagoras = cos2 ϕ
= 1 + tan2 ϕ = cos2 ϕ
d 1
dϕ tan ϕ = 1 + tan2 ϕ = cos2 ϕ
(Ableitung des Tangens)
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 43
d 1
→ dy arctan y = 1+ y2
(Ableitung des Arkustangens))
Kotangens:
Der Vollständigkeit halber möchten wir hier noch die Kotangensfunktion
einführen:
cos ϕ 1
cot ϕ := sin ϕ = tan ϕ (Kotangensfunktion)
i 2 = −1
Für i gelten die gleichen Rechenregeln wie für reelle Zahlen.
C = {z = x + iy | x ∈ R, y ∈ R}
schen beiden Mengen ist jedoch sehr eng, ihre grafische Veranschaulichung
ist identisch:
Gaußsche Zahlenebene:
z = x + iy
Realteil: Re z = x
Imaginärteil: Im z = y
z = r (cos ϕ + i sin ϕ)
Betrag: |z| = r
Argument: arg z = ϕ (−π < arg z ≤ π )
• Gleichheit
• Multiplikation
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 45
Wir müssen also die Beträge multiplizieren und die Argumente addie-
ren.11 11
Achtung: Um im Definitionsbe-
reich von arg z zu bleiben, müssen
wir gegebenenfalls ±2π zur Sum-
|z · z0 | = |z| · |z0 | und arg (z · z0 ) = arg z + arg z0 . me hinzufügen. Dies ändert den
Wert jedoch nicht, da sowohl
In kartesischer Darstellung: der Sinus als auch der Kosinus
2π −periodisch sind.
z · z0 = xx 0 − yy0 + i ( xy0 + yx 0 )
• Komplexkonjugation
Die zu z komplex konjugierte Zahl z∗ definieren wir als:
z∗ := Re z − i Im z
z · z∗ = |z| |z∗ | [cos(arg(z) + arg(z∗ )) +i sin(arg(z) + arg(z∗ ))] Der Imaginärteil verschwindet.
|{z} | {z } | {z }
|z| =0 =0
| {z } | {z }
=1 =0
√
z · z∗ = |z|2 und weil dieses Produkt reell ist: |z| = zz∗
Zur Herleitung der Eulerschen Formel betrachten wir zunächst die kom-
plexwertige Exponentialfunktion f (z) = ez .
Diese Funktion ist eine Erweiterung der uns bekannten Exponentialfunktion
vom reellen ins komplexwertige und sie ist daher definiert durch
d
f (0) = 1 und dz f ( z ) = f ( z ).
Im Folgenden betrachten wir eine Spezialform der gerade eingeführten
komplexwertige Exponentialfunktion bei der der Realteil gleich Null ist
f ( ϕ) = eiϕ und der uns aus der Polardarstellung der komplexen Funktionen
bekannten Funktion g( ϕ) = cos ϕ + i sin ϕ.
Bemerkungen:
2.3.2.4 M: Hyperbelfunktionen
e x −e− x
sinh x := 2 Sinus Hyperbolicus
sinh x 1
tanh x := cosh x
:= coth x (Ko-)Tangens Hyperbolicus
Additionstheoreme:
cosh2 x − sinh2 x = 1
2 x 2
e x + e− x e − e− x
2 2
cosh x − sinh x = −
2 2
1 h i
(e x)2 + 2e x e− x + (e− )2 + 2e x e− x − (e−
HHx 2
(e x
HHx 2
= ) − )
4 H H
= e x e − x = e x − x = e0 = 1
Ableitungen:
d
dx sinh x = cosh x d
dx cosh x = sinh x d
dx tanh x = 1 − tanh2 x
m ẍ + α ẋ + kx = 0
→ ẍ + 2γ ẋ + ω02 x = 0
q
mit ω0 = mk (Eigenfrequenz des ungedämpften HOs)
α
und γ = 2m (Dämpfungsparameter)
Lösungsansatz:
x (t) = c eλt
ẋ (t) = c λ eλt
ẍ (t) = c λ2 eλt
→ λ2 + 2γλ + ω02 = 0
→ λ2 + 2γλ + γ2 = γ2 − ω02
< 0 für γ < ω0
→ ( λ + γ )2 = γ2 − ω02 = 0 für γ = ω0
> 0 für γ > ω0
Wir können also drei Fälle unterscheiden, die wir im Folgenden genauer
betrachten wollen:
q
• γ < ω0 : (λ + γ)2 = −(ω02 − γ2 ) → λ + γ = ±i ω02 − γ2
q
→ λ = −γ ± i ω02 − γ2 ∈ C
• γ = ω0 : ( λ + γ )2 = 0 → λ = −γ ∈ R
q
• γ > ω0 : (λ + γ)2 = γ2 − ω02 → λ = −γ ± γ2 − ω02 ∈ R
Für den Fall γ < ω0 erhalten wir den sogenannten Schwingfall, einen HO
mit schwacher
q Dämpfung. Wenn wir die reduzierte Eigenfrequenz
ω= ω02 − γ2 einführen, erhalten wir
λ1,2 = −γ ± iω
50 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Vorfaktoren c1,2 haben wir hier Beide Lösungen x1 (t) und x2 (t) = x1∗ (t) sind komplex.
weggelassen, wir fügen Sie eh Wir können jedoch reelle Lösungen erhalten, wenn wir die folgenden Line-
bei der Linearkombination als
allgemeiner Lösung ein. arkombinationen betrachten:
x1 − x2 x1 + x1∗
2 = 2 = Re x1 (t) = e−γt cos ωt
x1 − x2 x1 − x1∗
2 = 2 = Im x1 (t) = e−γt sin ωt
Wir erhalten auch automatisch reelle Lösungen, wenn wir die reellen An-
fangswerte
exp(iωt) − exp(−iωt)
exp(iωt) + exp(−iωt) v0 + γx0
xs (t) = exp(−γt) x0 + (−i )
2 ω 2
v0 + γx0
= exp(−γt) x0 cos(ωt) + sin(ωt) reell.
ω
√ 2
√ 2 2 q
2
x (t) = e−γt c1 e γ −ω0 t + c2 e− γ −ω0 t , κ = γ2 − ω02
= e−γt c1 +2 c2 cosh(κt) + c1 −2 c2 sinh(κt)
Das System schwingt nicht mehr, zeigt also kein periodisches Verhal-
ten und hat maximal einen Nulldurchgang.
Lösungsansatz:
52 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
x (t) = cteλt
ẋ (t) = c(1 + λt)eλt
ẍ (t) = c(2λ + λ2 t)eλt
!
Die Exponentialfunktion nimmt → ẍ + 2γ ẋ + γ2 x = ceλt 2λ + λ2 t + 2γ(1 + λt) + γ2 t = 0
niemals den Wert 0 an! → 2λ + 2γ + (λ2 + 2γλ + γ2 )t = 0
→ 2( λ + γ ) + ( λ + γ )2 t = 0
Diese Gleichung kann nur für λ = −γ erfüllt sein und wir erhalten die
zweite Lösung x2 (t) = cte−γt .
Auch hier schwingt das System nicht mehr und es gibt maximal einen
q Null-
durchgang. Wir sehen im Vergleich zum Kriechfall, dass γ > γ − γ2 − ω02
gilt, d.h. der aperiodische Grenzfall stellt die schnellste nicht-schwingende
Je kleiner der Koeffizient β in Bewegung des HOs dar.
exp(− βt), desto langsamer die
Zeitentwicklung.
f cos(Ωt) = Re f eiΩt .
Wir können die inhomogene DGL nun als komplexwertige Gleichung für
die komplexe Variable z schreiben
Der Realteil der Lösung dieser Gleichung x = Re(z) ist dann die Lösung
der reellwertigen Gleichung. Wir verwenden nun den folgenden Ansatz für
eine spezielle Lösung der komplexwertigen DGL.
Lösungsansatz:
mit der komplexen Konstante A = ae−iϕ , der Amplitude a > 0 und der
Phasenverschiebung ϕ.
Damit erhalten wir
Mit Hilfe der Eulerschen Formel können wir nun den reellen und den ima-
ginären Part getrennt schreiben und erhalten damit zwei Gleichungen für
zwei Parameter
Division der Gleichung des imaginären Anteils durch die für den realen
Anteil ergibt hingegen einen Ausdruck für die Phasenverschiebung:
2γΩ
tan( ϕ) = ω02 −Ω2
.
Die spezielle Lösung, die wir nun zu einer der drei im Kapitel zuvor
gefundenen homogenen Lösungen (Schwingfall, Kriechfall, aperiodischer
Grenzfall) hinzuaddieren können um die Lösung der inhomogenen DGL zu
erhalten, ist damit durch den Realteil unseres Ansatzes gegeben
Nun diskutieren wir die Grenzfälle der Amplitude für verschiedene Werte
der Frequenz Ω
54 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
f
ω02
für Ω → 0
a(Ω) →
0 für Ω → ∞
Zudem stellen wir fest, dass a(Ω) maximal groß wird, wenn der Ausdruck
unter der Wurzel (ω02 − Ω2 )2 + 4γ2 Ω2 minimal wird. Wir berechnen dieses
Minimum über die Ableitung
! d h 2 i
0= (ω0 − Ω2 )2 + 4γ2 Ω2
dΩ
= 2(ω02 − Ω2 )(−2Ω) + 4γ2 2Ω
= 4Ω(−ω02 + Ω2 + 2γ2 )
→ Ω2res = ω02 − 2γ2 .
Damit ergibt sich die Resonanzfrequenz, also die Frequenz der äußeren Kraft,
bei der die Amplitude des getriebenen harmonischen Oszillators maximal
wird, zu
q
Resonanzfrequenz: Ωres = ω02 − 2γ2 für γ < ω0
√
2
Die Resonanzfrequenz
q ist damit kleiner als die reduzierte Eigenfre-
quenz ω = ω02 − γ2 des gedämpften HOs.
f
a(Ωres ) = q
(ω02 − Ω2res )2 + 4γ2 Ω2res
f
= q
4γ4 + 4γ2 (ω02 − 2γ2 )
f
= q
4γ2 ω02 − 4γ4
f 1
= q .
2γ ω 2 − γ2
0
f
Für γ << ω0 folgt: a(Ωres ) ≈ 2γω0 ∝ γ1 → ∞ für γ → 0.
Für sehr geringe Dämpfungen geht die Amplitude gegen unendlich.
Dies wird als Resonanzkatastrophe bezeichnet.
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 55
2.3.5 M: Taylorreihenentwicklung
Mit Hilfe der Taylorreihenentwicklung können wir eine Funktion f ( x ) an
einem Punkt x0 annähern. Dafür verwenden wir ein Polynom vom Grad n
Tn ( x ) = a0 + a1 ( x − x0 ) + a2 ( x − x0 )2 + · · · + an ( x − x0 )n .
56 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Auf diese Weise können wir die Koeffizienten bestimmen und erhalten
als Ausdruck für das Taylor-Polynom
n
f k ( x0 )
Tn ( x ) = ∑ k!
( x − x0 ) k
k =0
f 00 f ( n ) ( x0 )
= f ( x0 ) + f 0 ( x0 )( x − x0 ) + ( x − x0 )2 + · · · + ( x − x0 ) n .
2 n!
Wenn wir diese Summe nicht beschränken (n → ∞) erhalten wir eine
Reihe, welche wir als Taylor-Reihe bezeichnen.
f ( k ) ( x0 )
Tn ( x ) = ∑∞
k =0 k! (x − x0 ) k Taylor-Reihe
Beispiele:
f ( x ) = sin( x ), x0 = 0, n=1
f ( x ) = sin x → f (0) = 0
f 0 ( x ) = cos x → f 0 (0) = 1
→ sin x = x + O( x2 )
f ( x ) = ln( x ), x0 = 1, n=2
f ( x ) = ln x → f (1) = 0
1
f 0 (x) = → f 0 (1) = 1
x
1
f 00 ( x ) = − → f 00 (1) = −1
x2
→ ln x = ( x − 1) − 12 ( x − 1)2
+O(( x − 1)3 )
f ( x ) = ln(1 + x ), x0 = 0, n=2
x2
→ ln(1 + x ) = x − 2 + O( x3 )
2
f ( x ) = e− x , x0 = 0, n=2
2
f ( x ) = e− x → f (0) = 1
− x2
f 0 ( x ) = −2xe → f 0 (0) = 0
2
f 00 ( x ) = (−2 + 4x2 )e− x → f 00 (0) = −2
2
→ e− x = 1 − x2 + O( x3 )
58 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
1
f (x) = x2
− 1x , x0 = 2, n=2
1 1 1 1 1
f (x) = − → f (2) = − = −
x2 x 4 2 4
2 1 2 1
f 0 ( x ) = − 3 + 2 → f 0 (2) = − + = 0
x x 8 4
00 6 2 00 6 2 1
f ( x ) = 4 − 3 → f (2) = − =
x x 16 8 8
1 1
→ x2
− x = − 14 + 16
1
( x − 2)2
+O(( x − 2)3 )
Auf diese Weise können wir auch Reihendarstellung uns bereits bekann-
ter Funktionen finden.
f (x) = ex , x0 = 0, n→∞
f ( x ) = sin x, x0 = 0, n→∞
Wir sehen, dass der Sinus eine ungerade Funktion ist, da seine Rei-
henentwicklung ausschliesslich aus ungeraden Termen in x besteht.
Analog finden wir für den Kosinus
∞ 2k x2 x4
→ cos x = ∑ (−1)k (x2k)! = 1 − 2! + 4! −...
k =0
Der Kosinus ist offensichtlich eine gerade Funktion. Beide Reihen
konvergieren für x ∈ R.
f ( x ) = (1 + x )α , x0 = 0, n = 1, α ∈ R
f 0 ( x ) = α(1 + x )α−1 → f (0) = 1 und f 0 (0) = α
→ (1 + x )α = 1 + αx + O( x2 )
• 1
1+ x = (1 + x ) −1 = 1 − x + . . .
√
f ( x ) = x, x0 = 0
f 0 ( x ) = 2√
1
x
→ f 0 (0) = √1
2 0
In diesem Fall ist keine Taylorentwicklung um x0 = 0 möglich.
Wir nehmen die Fadenlänge l als konstant an und finden, dass die Ge-
samtkraft ~F damit immer senkrecht zur Kraft des Fadens auf die Masse m
ist
~Fges ⊥ ~FF .
Das Fadenpendel beschreibt also eine eindimensionale Bewegung entlang
Vergleichen Sie den Ausdruck für des Kreisumfangs.
den Winkel mit der Betrachtung
des Einheitskreises bei der Ein-
führung der trigonometrischen
x < 0 für x>0
Funktionen in Kapitel 2.3.2.1. |~F | = |~FG | sin ϕ → F = −mg sin
l > 0 für x<0
x
m ẍ + mg sin =0
l
sin xl ≈ xl .
Damit erhalten wir die Differentialgleichung
g
ẍ + x = 0,
l
q
g
welche nun wieder eine harmonische Schwingung mit der Frequenz ω0 = l
zur Lösung hat.
Die Näherung, die wir durch Abbruch der Taylorreihe nach dem ersten
Term einführen, hat wegen xl > sin xl zur Folge, dass die Rückstellkraft und
damit auch die erhaltene Frequenz größer ist als in der Realität.
eindimensionale bewegung eines massenpunktes 61
Eine Kraft F ( x, ẋ, t) = F ( x ), die also nur abhängig vom Ort x, aber nicht von
ẋ (keine Reibung) oder t (nicht getrieben) ist, bezeichnen wir als konservativ.
Für konservative Kräfte existiert ein Potential V ( x ) welches wie folgt mit der
Kraft zusammenhängt
d
F(x) = − V (x)
dx
Zx
V (x) = − dx 0 F ( x 0 ) .
x0
Das negative Vorzeichen ist dabei Konvention. Wir erhalten nun für die
Bewegungsgleichung
d
m ẍ = F ( x ) → m ẍ + V (x) = 0 .
dx
Wenn wir diese Gleichung nun mit der Geschwindigkeit ẋ multiplizieren
erhalten wir
dV ( x )
m ẋ ẍ + ẋ = 0
dx
d 1 2
→ m ẋ + V ( x ) = 0
dt 2
| {z }
muss konstant sein!
1 2
→ m ẋ + V (x) = E = const.
2 | {z }
potentielle Energie V
| {z }
kinetische Energie T
Wir erhalten damit die Gesamtenergie E als Summe aus kinetischer Energie
T und potentieller Energie V und sehen, dass dies eine Erhaltungsgröße ist,
da die Ableitung nach der Zeit gleich Null ist. Dieses Ergebnis haben wir bereits
Diese Differentialgleichung können wir durch Trennung der Variablen bei der Energiemethode zur Lö-
sung von Differentialgleichungen
für die Zeit t lösen verwendet (s. Kapitel 2.2.2.3 c).
1 2
m ẋ = E − V ( x )
2 r
dx 2
⇒ ẋ = =± [ E − V ( x )]
dt m
dx
⇔q = ±dt
2
m [ E − V ( x )]
Zx Zt
dx 0
⇒ q =± dt0
2 0
x0 m [ E − V ( x )] 0
Zx
dx 0
⇒t = ± q
2 0
x0 m [ E − V ( x )]
62 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
1 Hier finden wir beschränkte Oszillationen für unser System, deren Dauer
wir über den gerade hergeleiteten Ausdruck für die Zeit t( x ) berechnen
xU3
dx 0
R
können tosc = 2 q
2
.
0 )]
xU2 m [ E −V ( x
In diesem Kapitel werden wir nun die gefundenen Beziehung für die eindi-
mensionale Bewegung auf die Bewegung in drei Raumdimensionen übertra-
gen. Dazu müssen wir uns zunächst mit Vektoren, vektorwertigen Funktio-
nen und Feldern beschäftigen.
Vektoren haben Betrag und Richtung, während die bislang betrachteten
Skalare zwar einen Betrag, aber keine Richtung haben. Die Newtonsche
Bewegungsgleichung in drei Raumdimensionen lautet nun
m~r¨ = ~F (~r,~r,
˙ t) (Newtonsche Bewegungsgleichung in 3D)
3.1.1 M: Vektoren
3.1.1.1 M: Vektorraumaxiome
~a,~b ∈ V → ~a + ~b ∈ V (V : Vektorraum )
• kommutativ: ~a + ~b = ~b +~a
• Nullelement ~0: ~a + ~0 = ~a
~a ∈ V, α ∈ R → α~a ∈ V
• Einselement 1: 1 ·~a = ~a
Beispiele:
−( f )( x ) = − f ( x ); (α f )( x ) = α f ( x ).
~a · ~b ∈ R
• kommutativ: ~a · ~b = ~b ·~a
p
Hier gilt |~0| = ~0 · ~0 = 0 und |~a| > 0 für ~a 6= ~0.
Beispiele:
~ ~
+|~a| |b|, falls ~a, b parallel
~a ·~b = −|~a| |~b|, falls ~a,~b antiparallel
~
|~a| |b| · cos θ, andernfalls, denn |~bk | = |~b| · cos θ
• V = Rn : ~a · ~b := a1 b1 + a2 b2 + . . . an bn
q
|~a| = a21 + a22 + · · · + a2n
Rb
• V = C [ a, b] mit f · g := a dx f ( x ) g( x )
66 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
• kein Vektor aus B weggelassen werden kann (d.h. jede echte Teil-
menge von B ist keine Basis von V).
→ Komponentendarstellung1
1 0 0
ê1 = 0 , ê2 = 1 , ê3 = 0 Sie ist Ausdruck der Tautolo-
1
Eigenschaften:
3.1.1.5 M: Spatprodukt
~b×~c
n̂ = (Einheitsvektor senkrecht zu ~b und ~c)
|~b×~c|
~b×~c
→ ~a · (~b ×~c) = ~a · |~b ×~c| = ~|{z}
a · n̂ A = hA = V (Spatvolumen)
|~b×~c|
Höhe h
0 0 0 0 1
1
0
→ ê1 × ê2 = ê3
0 · 1 = 0 → ê1 · ê2 = 0
1 1 0
0 0
0 × 0 = 0
.. 0 0 0
.
→ ê1 × ê1 = ~0
0 1 0
1 × 0 = 0
0 0 −1
n n n
~a = ∑ ak~ek ⇒ ~e j ·~a = ~e j · ∑ ak~ek = ∑ ak ~e|j{z·~e}k = a j
k =1 k =1 k =1
δjk
Wir führen nun die Einsteinsche Summenkonvention ein, die es uns erlaubt
Gleichungen deutlich kompakter zu schreiben. Diese Konvention wird
vielfach verwendet und in vielen weiterführenden Lehrbüchern und Veröf-
fentlichungen vorausgesetzt, ohne dass dies explizit erwähnt wird.
Einsteinsche Summenkonvention:
Wir lassen das Summenzeichen weg, summieren jedoch über doppelt auf-
tauchende Indizes.
3
z.B. ∑ eijk êk → eijk êk (Summation über k)
k =1
Damit können wir nun das Skalar-, Vektor, und Spatprodukt in kompakter
2
Auch wir setzen ab jetzt die Ein- Form in Komponentenschreibweise formulieren. 2
steinsche Summenkonvention als
bekannt voraus und verwenden sie
wann immer sie eine kompaktere Skalarprodukt in Komponentenschreibweise:3
Schreibweise erlaubt. ~a · ~b = ( ai êi ) · (b j · ê j ) = ai b j êi · ê j = ai bi
3
Diese Skalarprodukt-Darstellung | {z }
über die Komponenten in einer δij
Orthonormalbasis gilt in allen
→ ~a · ~b = ai bi
Vektorräumen.
Vektorprodukt in Komponentenschreibweise:
~a × ~b = ( ai êi ) × (b j · ê j ) = ai b j (êi × ê j ) = ai b j eijk êk
| {z }
eijk êk
Spatprodukt in Komponentenschreibweise:
~a · (~b ×~c) = ai eijk b j ck = eijk ai b j ck = e jki b j ck ai = ekij ck ai b j
→ ~a · (~b ×~c) = ~b · (~c ×~a) = ~c · (~a × ~b) = eijk ai b j ck
mehrdimensionale bewegung eines massenpunktes 71
Beispiel: bac-cab-Regel
Denn es gilt 4 4
Analog können wir (~a × ~b)2
beweisen. (Vgl. Kapitel 3.1.1.4).
Bislang haben wir uns mit skalarwertigen Funktionen beschäftigt: Die Funk-
tionswerte waren stets skalare Größen wie zum Beispiel die x-Position des
Körpers, die eindimensionale Kraft oder die Energie. Bei den vektorwertigen
Funktionen ist der Funktionswert nun ein Vektor. Ein Beispiel ist die Trajek-
torie oder Bahnkurve ~r (t) eines Teilchens in drei Dimensionen.
Beispiel: Kreisbewegung
72 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
• ~r (t) ist stetig, wenn x (t), y(t) und z(t) stetig sind.
• Ableitung:
ẋ (t)
~r˙ (t) = ẏ(t) bzw. ~r˙ (t) = ẋ (t)~ex + ẏ(t)ê2 + ż(t)ê3
ż(t)
ẍ (t)
~r¨(t) = ÿ(t) bzw. ~r¨(t) = ẍ (t)~ex + ÿ(t)ê2 + z̈(t)ê3
z̈(t)
• Integral:
R
dt x (t)
R R R
dt~r (t) = dt y(t) bzw. dt~r (t) = ( x (t)~ex + y(t)ê2 + z(t)ê3 )
R
dt z(t)
3.1.2.3 M: Bogenlänge
s ( ta ) = 0
s(te ) = Gesamtlänge der Raumkurve
Rt q
→ Bogenlänge: s(t) = dt0 (~r˙ (t0 ))2
ta
s(t) ist damit eine mit t monoton wachsende Funktion, die wir damit
auch nach t(s) auflösen können. Damit können wir auch schreiben
~r (t) → ~r (t(s)) = ~r (s).
~r (s) bezeichnen wir als natürliche Parametrisierung der Raumkurve.
Beispiel: Kreisbewegung
R cos(ωt) − Rω sin(ωt)
~r (t) = R sin(ωt) , ~r˙ (t) = Rω cos(ωt)
0 0
q
→ |~r˙ (t)| = (− Rω sin(ωt))2 + ( Rω cos(ωt))2
q
= R2 ω 2 [sin2 (ωt) + cos2 (ωt)] = Rω
Zt
→ s(t) = dt0 Rω = Rωt
0
s
→ t(s) = (Ausdruck für die Zeit als Funktion der Bogenlänge)
Rω
R cos( Rs )
→ natürliche Parametrisierung:~r (s) = R sin( Rs ) .
0
74 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Der Tangenteneinheitsvektor
hat dieselbe Richtung wie die d~r (t) d~r (t)
Geschwindigkeit. t̂(t) = dt = dt
ds
.
d~r (t)
dt dt
Parametrisieren wir ~r wieder nach der Bogenlänge s, indem wir t(s) einset-
zen und leiten nach s ab, so finden wir mittels Kettenregel und der Regel
zur Ableitung von Umkehrfunktionen
d dt ~r˙
~r (t(s)) = ~r˙ = ds ,
ds ds
dt
also den selben Ausdruck. Die Ableitung des Ortsvektors nach der Bogen-
länge s liefert somit unmittelbar den Tangenteneinheitsvektor t̂(s) (deshalb
auch „natürliche Parametrisierung“), welcher also auch in Richtung wach-
Das musster wegen ds/dt = |~r˙ | > 0 sender Bogenlänge orientiert ist.
so herauskommen.
mehrdimensionale bewegung eines massenpunktes 75
heitsvektor b̂(s), erhalten wir aus dem Vektorprodukt der beiden anderen
Einheitsvektoren
tenden Dreibeins mit der Bogenlänge s an. Aus der Definition des Norma-
leneinheitsvektors können wir direkt die erste Frenetsche Formel gewinnen
dt̂(s)
= κ n̂(s) .
ds
Für den Binormaleneinheitsvektor finden wir
db̂(s) dt̂(s) dn̂(s) dn̂(s)
= × n̂(s) + t̂(s) × = κ n̂(s) × n̂(s) +t̂(s) × Der Binormaleneinheitsvektor
d( s ) ds ds | {z } d( s ) vervollständigt das begleitende
=~0 Dreibein.
dn̂(s)
= t̂(s) ×
d( s )
db̂(s) db̂(s)
Daraus folgt ds ⊥ t̂(s) und weil b̂(s) ein Einheitsvektor ist ds ⊥ b̂(s).
Die Ableitung des Binormaleneinheitsvektors nach s ist damit – genau wie
der Normaleneinheitsvektor n̂(s) – senkrecht zu t̂(s) und b̂(s). Wir können
daher schreiben
db̂(s) Rechtssystem des begleitenden
= −τ n̂(s) mit τ : Torsion der Raumkurve Dreibeins. Alle Basisvektoren
ds sind orthonormiert und zyklische
σ = τ −1 : Torsionsradius Vertauschung
Das Vorzeichenististmöglich.
hier so gewählt,
dass sich die Raumkurve für positi-
ve Torsion in dieselbe Richtung aus
der Schmiegeebene herauswindet
wie b̂(s).
76 newtonsche mechanik und spezielle relativitätstheorie
Damit haben wir mit der Torsion τ neben der Krümmung κ eine zweite
Kenngröße der Bahnkurve eingeführt. Nun fehlt noch die Änderung des
Normaleneinheitsvektors n̂(s) mit der Bogenlänge s
wobei wir die homogene Eigenschaft des Vektorprodukts und dessen Anti-
Kommutativität verwendet haben. Zusammengefasst finden wir für die
Frenetschen Formeln:
dt̂(s)
= κ n̂(s)
ds
db̂(s)
= −τ n̂(s)
ds
dn̂(s)
= τ b̂(s) − κ t̂(s) .
ds
Eine Bahnkurve ist also bis auf ihre absolute Position vollständig durch ihre
Krümmung und Torsion bestimmt.
3.1.3 M: Felder
Wir haben zum Beispiel bereits das Kraftfeld ~F (~r ) kennen gelernt. Die Funk-
tionsvariable (hier: ~r) eines Feldes ist also ein Vektor. Wir unterscheiden
• Skalarfelder: Der Funktionswert ist ein Skalar (z.B. bei einer Temperatur-
verteilung T (~r) und
• Vektorfelder: Der Funktionswert ist ein Vektor (z.B. beim Kraftfeld ~F (~r )).
Partielle Ableitung:
∂φ( x0 , y0 , z0 ) φ( x, y0 , z0 ) − φ( x0 , y0 , z0 )
= lim .
∂x x → x0 x − x0
Höhere Ableitungen:
∂2 φ
∂ ∂φ
=
∂x2 ∂x ∂x
2
∂ φ
∂ ∂φ ∗ ∂ ∂φ
∂2 φ
= = = ,
∂x∂y ∂x ∂y ∂y ∂x ∂y∂x
mehrdimensionale bewegung eines massenpunktes 77
wobei das mittlere Gleichheitszeichen (*) in der zweiten Zeile nur gilt, wenn
die 2. Ableitungen stetig sind.
Durch das Vorkommen mehrerer Variablen wird auch die Kettenregel ver-
allgemeinert. Seien z.B. x, y und z von t abhängig, dann gilt:
d ∂φ ∂φ ∂φ
φ( x (t), y(t), z(t)) = ẋ + ẏ + ż
dt ∂x ∂y ∂z
∂φ ∂φ ∂φ
dφ = ∂x dx + ∂y dy + ∂z dz (totales Differential)
Betrachten wir φ nicht auf dem ganzen Raum, sondern auf der Geraden
~r0 + λ~e, mit festem ~r0 und fester Richtung, gegeben durch den Einheitsvek-
tor ~e, so ist das Ergebnis φ̃(λ) = φ(~r0 + λ~e) eine Funktion von nur einer
Variablen, λ. Bilden wir die Ableitung auf dieser Geraden, kommt noch mal
die mehrdimensionale Kettenregel zur Anwendung:
dφ̃(λ) d ∂φ ∂φ ∂φ
= φ( x0 + λex , y0 + λey , z0 + λez ) = ex + ey + ez
dλ dλ ∂x ∂y ∂z
Die 3 partiellen Ableitungen sind dabei am Punkt ~r0 + λ~e ausgewertet. Für
λ = 0 erhält man also die Ableitung der Funktion φ entlang der Richtung ~e
am Punkt ~r0 , auch als Richtungsableitung bezeichnet.
Damit können wir obige Ausdrücke kürzer schreiben, nämlich als die Ska-
larprodukte
Gradient der Funktion
d
φ( x (t), y(t), z(t)) = gradφ ·~r˙ f ( x, y) = 1+ x12 +y2 an der Stelle ~r0 .
dt
dφ̃(λ)
bzw. = gradφ ·~e ,
dλ
wobei wir aus der Richtungsableitung (zweite Zeile) auch eine anschauliche
Bedeutung des Gradienten ablesen können:
• gradφ steht senkrecht auf den Höhenlinien, für die gilt φ = const.