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Methoden zur Erfassung der


Korrosion von Stahl in Beton

Report

Author(s):
Elsener, Bernhard; Flückiger, D.; Wojtas, H.; Böhni, Hans

Publication date:
1996

Permanent link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-001696382

Rights / license:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

Originally published in:


Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement, Bundesamt für Strassenbau 521

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1

Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement


Bundesamt für Strassenbau
Arbeitsgruppe für Brückenunterhaltsforschung

Methoden zur Erfassung der Korrosion


von Stahl in Beton
Méthodes d'évaluation de la corrosion dans le béton
armé

Institut für Baustoffe, Werkstoffchemie und Korrosion


Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

Dr. B. Elsener
Dr. D. Flückiger
Dr. H. Wojtas
Prof. Dr. H. Böhni

Forschungsauftrag 85/88 auf Antrag der


Arbeitsgruppe Brückenunterhaltsforschung

Februar 1996
2

Der Inhalt dieses Berichtes verpflichtet nur die vom Bundesamt für
Strassenbau beauftragten Autoren.

Weitere Berichte sind erhältlich bei der Vereinigung Schweizerischer


Strassenfachleute (VSS), Seefeldstrasse 9, 8008 Zürich.
3

Vorwort

Das Forschungsprojekt „Methoden zur Erfassung der Korrosion von Stahl in Beton“
wurde in Etappen konkretisiert. Es galt zunächst, eine zerstörungsfreie Methode zur
Lokalisierung der korrodierenden Bewehrung zu entwickeln, welche dann vom IBWK
der Schweizerischen Gesellschaft für Korrosionsschutz (SGK) zur Umsetzung und
Einführung in die Praxis übergeben wurde. Heute steht mit der Potentialmessung
eine weitgehend etablierte Methode zur Verfügung, welche zur zerstörungsfreien
Zustandsuntersuchung sowie zur Ueberwachung sehr häufig eingesetzt wird (vgl. die
Literatur im Anhang und VSS Bericht 510).

Ein Manko besteht indessen vorab in der Quantifizierung des Korrosionsfortschritts.


Diese Grösse ist letztlich eine Voraussetzung für die Angabe einer entsprechenden
Schädigungsentwicklung. Im hier präsentierten zweiten Teil der Forschungsarbeit
sind daher Methoden zur Erfassung der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung
auf ihre Tauglichkeit untersucht und im Labor sowie im Feld getestet worden. Die im
Labor bewährten Methoden (Polarisationswiderstandsmessung, Impedanzmessung)
sind für Anwendungen an Bauwerken zu zeitaufwendig. Dieser Lernprozess hat zur
Entwicklung einer raschen, zerstörungsfreien Methode zur Erfassung der momenta-
nen Korrosionsgeschwindigkeit, der Galvanostatischen Pulsmessung (GPM) geführt.
Der vorliegende Bericht widmet sich darüber hinaus ausführlich den theoretischen
Grundlagen und leistet dadurch einen Beitrag zur Dokumentation des Stands der
Technik der Korrosionsforschung im Bauwesen. Die Untersuchungen sollen
schliesslich die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Methoden aufzeigen
helfen.

Die Autoren möchten den Mitarbeitern des Instituts für Baustoffe, Werkstoffchemie
und Korrosion, Ernst Bleiker, Daniel Bürchler, Angelika Hug, Jürg Inhelder, Stefan
Müller, Dr. Aldo Rota, Martin Suter und Lorenz Zimmermann sowie den an deisem
Forschungsprojekt beteiligten Personen, insbesondere Herrn Dr. Fritz Hunkeler,
herzlich danken. Für die angenehme Zusammenarbeit mit der Begleitkommission 2
sind wir deren Mitgliedern und ihrem Vorsitzenden, Herrn Dr. Peter Schmalz, zu
Dank verpflichtet. Unser besonderer Dank gebührt schliesslich dem Bundesamt für
für die grosszügige Unterstützung dieser Studie.

Zürich, Februar 1996 Prof. Dr. H. Böhni


4
5

Methoden zur Erfassung der Korrosion von Stahl in Beton

Inhaltsverzeichnis

0. Kurzfassung - Résumé – Riassunto - Summary 9

1. Einleitung 13

2. Grundlagen 15
2.1 Allgemeines 15
2.2 Initiierungsphase 17
2.2.1 Eindringen von Chloriden 18
2.2.2 Karbonatisierung 18
2.3 Korrosionsfortschritt 20
2.3.1 Elektrochemische Grundlagen 20
2.3.2 Korrosion durch Chloride 24
2.4 Der elektrische Widerstand des Betons 27
2.4.1 Ionenmigration 27
2.4.2 Diffusion und Ionenbeweglichkeit 29
2.4.3 Ionenmigration und elektrischer Widerstand 30
2.5 Zusammenwirken der Korrosionsparameter 32

3. Methoden zur Erfassung der Korrosion 35


3.1 Potentialmessung 35
3.1.1 Messprinzip 36
3.1.2 Durchführung 37
3.2 Elektrischer Betonwiderstand 41
3.2.1 Messprinzip 41
3.2.2 Durchführung 42
3.3 Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit 44
3.3.1 Messaufbau 44
3.3.2 Polarisationswiderstand 48
3.3.3 Impedanz der Phasengrenze Stahl / Beton 50
3.3.4 Potentiostatische Polarisation (LPR) 52
3.3.5 Impedanzmessungen (EIS) 54
3.3.6 Galvanostatische Pulsmessung (GPM) 57
3.4 Makroelemente 60
6

4. Resultate 63
4.1 Potentialmessung 63
4.1.1 Potential / Korrosionszustand der Bewehrung 63
4.1.2 Potential / Chloridgehalt des Betons 71
4.1.3 Potential / Betonfeuchtigkeit 74
4.2 Elektrischer Betonwiderstand 76
4.2.1 Abhängigkeit vom Elektrodenabstand 76
4.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur 77
4.3 Polarisationswiderstand / Korrosionsgeschwindigkeit 79
4.3.1 Labormessungen 79
4.3.2 Feldmessungen 83
4.4 Makroelementkorrosion 91
4.4.1 Potentialverteilung 91
4.4.2 Stromverteilung 93
4.4.3 Widerstandsverteilung 95
4.4.4 Makroelement unter Aussenpolarisation 96
4.5 Simulationsrechnungen 98
4.5.1 Beschreibung des Modells 98
4.5.2 Homogen aktive oder passive Bewehrung 99
4.5.3 Lokal korrodierende Bewehrung 100

5. Diskussion und Beurteilung 103


5.1 Vergleich der Messtechniken (Labor) 104
5.1.1 Stationäre vs. instationäre Techniken 104
5.1.2 Zusammenhang Rp / Potential 107
5.1.3 Zusammenhang Rp / RΩ 109
5.1.4 Makroelemente 111
5.1.5 Zusammenfassung 112
5.2 Anwendung auf Bauwerken 113
5.2.1 Geometrie der Stromausbreitung 113
5.2.2 Bestimmung des ohmschen Widerstands 117
5.2.3 Bestimmung des Polarisationswiderstands 119
5.3 Korrosionsgeschwindigkeit - "State of the art" 122
5.3.1 Möglichkeiten und Grenzen der Rp-Technik 122
5.3.2 Aussagekraft einzelner Messungen 124
7

5.4 Kurzbeurteilung der Geräte 126


5.4.1 3LP Meter K.C. Clear 127
5.4.2 NSC Portable Corrosion Meter 128
5.4.3 GECOR6 129
5.4.4 Galvanostatische Pulsmessung (GPM) 130

6. Folgerungen für die Praxis 131

7. Ausblick 133

8. Liste der häufigsten Abkürzungen und Symbole 135

Literatur 137

Anhang
A1 Verzeichnis der Publikationen und Vorträge 141
8
9

Kurzfassung

Eine Prognose der Schadensentwicklung von Stahlbetonbauwerken ist nur bei


Kenntnis der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung möglich. Im Forschungs-
projekt werden die Grundlagen der verschiedenen zerstörungsfreien elektrochemi-
schen Methoden zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung
über den Polarisationswiderstand und die jeweilige Messapparatur beschrieben. Ein
Vergleich von Messungen an Laborproben zeigte, dass sämtliche Verfahren, insbe-
sondere auch die im Projekt entwickelte rasche Galvanostatische Pulsmessung
(GPM), identische Werte des ohmschen Betonwiderstands und der momentanen
Korrosionsgeschwindigkeit ergeben.

An Bauwerken ist die Bestimmung des Polarisationswiderstands mit denselben Me-


thoden wie im Labor möglich, die Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit aus
den experimentell gemessenen Daten setzt jedoch folgendes voraus
- eine korrekte Erfassung und Kompensation des elektrischen Betonwiderstands
- eine Information über die Distanz der inhomogenen Stromausbreitung zwischen
Gegenelektrode und Bewehrung (kritische Länge Lcrit)
- Vertieftes fachmännisches Verständnis der lokalen Korrosionsprozesse
Insbesondere die Geometrie der Stromausbreitung - ein komplexes Wechselspiel
zwischen elektrischem Betonwiderstand, Korrosionszustand der Bewehrung und
geometrischen Parametern (Betonüberdeckung, Radius der Gegenelektrode) -
bestimmt die experimentellen Messwerte des Polarisationswiderstands.

Der Vergleich der verschiedenen kommerziell erhältlichen Messgeräte zur Bestim-


mung der Korrosionsgeschwindigkeit auf Bauwerken zeigte, dass die rasche Galva-
nostatische Pulsmessung (GPM) grosse Vorteile aufweist. Sie kann bei der Zu-
standserfassung alternativ zur Potential(punkt)messung eingesetzt werden. Zwei
Problemkreise bleiben vorderhand ungelöst: die Bestimmung einer lokalen Abtrags-
rate aus den zerstörungsfreien elektrochemischen Messungen ist heute noch nicht
möglich; weiter ist zu beachten, dass die ermittelten Korrosionsgeschwindigkeiten
momentane Werte darstellen - eine Übertragung auf durchschnittliche Abtragsraten
(µm/Jahr) ist nur bei weitergehender Kenntnis der zeitlichen Variation der Einwir-
kungen (Temperatur, Feuchtigkeit) möglich. In beiden Gebieten sind weitere For-
schungsarbeiten am IBWK der ETH Zürich im Gange.
10

Résumé

Pour permettre la prévision du développement des dégâts causés aux ouvrages en


beton armé, il faut connaître la vites de corrosion des armatures. Ce projet de
recherche décrit les bases des différentes méthodes électrochimiques disponibles et
les appareils de mesure nécessaires. Ces méthodes utilisent la résistance de
polarisation pour déterminer la vitesse de corrosion des armatures. De plus, aucune
détérioration de matériau nʼest provoquée. En comparant des mesures effectuées
sur des échantillons de laboratoire, on observe que chaque procédés de mesure
donne des valeurs identiques de la résistance ohmique du béton et de la vitesse de
corrosion instantanée. En particulier, ces valeurs restent identiques dans le ca du
procédé développé au cours de cette étude, à savoir la mesure galvanostatique de
pulsage (GPM). La résistance de polarisation des armatures dans les ouvrages peut
être déterminée de la même manière quʼen laboratoire. Pour calculer la vitesse de
corrosion à partir des données expérimentales, les valeurs suivantes doivent être
connues :
• une mesure correcte et une compensation de la résistance électrique (ohmic)
du béton
• une estimation de la distance dʼextension inhomogène du courent entra la
contre-électrode et les armatures (longueur critique Lcrit).
• une compréhension approfondit des processus de la corrosion localisée

Les valeurs mesurées de la résistance de polarisation dépendent principalment de la


géométrie de lʼextension du courant de mesure. Celle-ci résulte dʼune interaction
complexe entra la résistance électrique du béton, lʼétat de corrosion de lʼarmature et
dʼautres paramètres géométriques (le béton dʼenrobage, le rayon de la contre-
électrode).

Lʼévaluation des différents appareils de mesure servant à déterminer la vitesse de


corrosion et partiellement disponible en commerce, a mis en évidence lʼéxistence de
deux catégories de problèmes pour lesquels des solutions nʼont pas encore été
trouvées :
• aujourdʼhui la détermination du taux dʼérosion locale à lʼaide des mesures
électrochimiques non-destructives nʼest pas encore possible
• Les vitesse de corrosion icorr (seulment correcte en conditions homogènes) ne
présentent que des valeurs instantanées. Le calcul en taux dʼérosion moyens
(µm/an) nécessite de connaître la variation des paramètres climatiques
(température, humidité).
11

Riassunto

Una previsione del degrado di opere in calcestruzzo richiede la conoscenza della


velocità di corrosione dei ferri. In questo rapporto finale della ricerca vengono esposti
i fondamenti delle diverse tecniche elettrochimiche mediante le quali è possibile mi-
surare la velocità di corrosione in maniera non distruttiva tramite la resistenza di po-
larizzazione e vengono descritte le apparecchiature utilizzate. Un confronto tra misu-
re effettuate su provini in laboratorio ha dimostrato che tutte le tecniche usate, com-
presa la tecnica rapida di pulsi galvanostatici (GPM) sviluppata in questo progetto,
forniscono risultati identici riguardo ai valori di resistenza ohmica del calcestruzzo e
di velocità di corrosione dei ferri.

La misura della resistenza di polarizzazione su strutture in cemento armato è possi-


bile con le stesse tecniche utilizzate in laboratorio. La determinazione della velocità di
corrosione dai dati sperimentali richiede:
- una misura esatta della resistenza ohmica del calcestruzzo e la sua compensa-
zione
- un' informazione sull' ordine di grandezza della distribuzione della corrente
emessa dal contro-elettrodo sulla superficie del calcestruzzo ed i ferri nel
calcestruzzo (distanza critica Lcrit)
- una conoscenza approfondita dei fenomeni relativi alla corrosione localizzata
I risultati sperimentali sono influenzati sopratutto dalla distribuzione geometrica della
corrente, che e' dovuta ad una interazione complessa tra resistenza elettrica del
calcestruzzo, stato di corrosione dei ferri e parametri geometrici (copriferro, dimen-
sione del contro-elettrodo).

Un confronto tra le diverse apparecchiature commerciali costruite per la determina-


zione della velocità di corrosione ha dimostrato che la tecnica rapida di pulsi galva-
nostatici (GPM) presenta grandi vantaggi quando venga applicata su strutture. La
tecnica GPM puo' essere usata in alternativa alla misura di potenziale singolo. Due
problemi rimangono irrisolti: non è possibile a tutt'oggi determinare in maniera pre-
cisa, con le tecniche elettrochimiche descritte, la velocità di penetrazione nel caso di
attacco localizzato sui ferri. Inoltre, i risultati di velocità di corrosione sono valori
istantanei - un'estrapolazione ad un tasso di corrosione medio dei ferri (µm/anno) è
possibile solo se si conoscono la variazione della temperatura e dell' umidità in fun-
zione del tempo. Su questi temi sono in corso progetti di ricerca all'IBWK del Poli-
tecnico di Zurigo .
12

Summary

Prediction of the future deterioration of reinforced concrete structures - for lifte time
prediction of life cycle engineering - is based on the knowledge of the actual and
mean corrosion rate of the rebars. In this research project of the Swiss Federal High-
way Agency (ASB) the different non-destructive electrochemical methods for the de-
termination of corrosion rate as well as their measurement procedure are described.
A comparison based on laboratory samples with different corrosion activity showed
that all the methods examined, especially the rapid galvanostatic pulse technique
(GPM) developed in this project, determined identical corrosion rates of the rebars.

The measurement of the polarization resistance can be performed with the same
techniques as in the laboratory, but the calculation of an actual corrosion rate from
the measured data is not straight forward and needs
- a correct determination and compensation of the ohmic concrete resistance
- determination and critical evaluation of the critcal length Lcrit of the spreadout of
the current between the counter electrode on the surface and the rebars
- a well founded specific knowledge of corrosion in concrete
The spreadout of the current, a complex function of the corrosion state of the rebar,
the electrical resistivity of the concrete and geometrical factors (coer depth, radius of
the counter electrode) determines the experimentally measured data.

A critical comparison of electrochemical techniques revealed that the galvanostatic


pulse technique (GPM) developed in this project shows advantages over the other
techniques on site. GPM may replace the single potential measurement during condi-
tion assessement. Two problems remain unresolved: the determination of a local pe-
netration rate (reduction in cross section) is not yet possible. Further, the measured
corrosion rates are momentaneous corrosion rates, their interpretation toward mean
corrosion rate (in the sense of µm/year) needs further knowledge on the seasonal
variations with climatic conditions (temperature, relative humidity) and their effect on
the corrosion rate. On both fields research at the IBWK at ETH Zurich is ongoing.
13

1. Einleitung

Immer grössere Bestände von Hoch- und Tiefbauten weisen heute aufgrund ihres
Alters sowie sich wandelnder Bedürfnisse und Anforderungen technische und funk-
tionale Mängel auf. Sie müssen - soll ihr Gebrauchswert erhalten bleiben - über-
wacht, unterhalten und gegebenfalls erneuert werden. Bereits im Jahr 1989 wurde im
Hochbau nur noch knapp die Hälfte der Investitionen für Neubauten (16-18 Mia sFr.)
eingesetzt. Ca. 15 % wurden für Ersatzbauten, weitere 20% für Renovation und
Unterhalt sowie 25% für Umbau und Erneuerung investiert. Diese Tendenz hat sich
inzwischen noch verstärkt. Internationale Untersuchungen haben gezeigt, dass bei
Verkehrsanlagen mit Unterhaltskosten von ca. 1.4 - 1.6% der Investitionskosten ge-
rechnet werden muss. Für das schweizerische Nationalstrassennetz (Gesamtinve-
stition ca. 40 Mia sFr. auf der Preisbasis 1983) bedeutet das einen jährlichen Unter-
haltsaufwand von 560 - 640 Mio Franken. Wird der Unterhalt vernachlässigt, so ent-
stehen auf die Dauer grosse volkswirtschaftliche Verluste. Eine Brücke oder ein
Tunnel kann eine gewisse Zeit auch ohne Unterhalt ihren Dienst versehen, doch
nimmt dabei die Qualität und die Betriebssicherheit der Anlage ständig ab, bis zu
dem Punkt, an dem aus Sicherheitsgründen der Betrieb eingestellt werden muss. Die
Instandsetzung derart vernachlässigter Bauwerke ist dann wesentlich aufwendiger.

Bauwerkserhaltung kann aber mit stetem "Flicken am Bau" weder sinnvoll noch kos-
tengünstig bewältigt werden. Bauwerkserhaltung ist - wie Neubau - eine anspruchs-
volle Ingenieuraufgabe: sie erfordert die Berücksichtigung volkswirtschaftlicher
Kriterien, vermehrt Kenntnisse materialtechnologischer Zusammenhänge und ein
vertieftes Verständnis der Faktoren, welche die Dauerhaftigkeit von Baustoffen beein-
flussen. Das Hauptproblem bildet die Korrosion der Bewehrung: insbesondere
schwere, die Tragsicherheit beeinträchtigende Schäden an Stahlbetontragwerken
entstehen durch Korrosion der Bewehrung an kritischen Tragwerksteilen. Die oft sehr
hohen Chloridkonzentrationen im Überdeckungsbeton an exponierten Bauteilen wie
Stützen, Bordüren oder Teilen der Brückenplatte stellen bei gleichzeitigem Vorliegen
von Feuchtigkeit und Sauerstoff auch in ansonsten guter Bausubstanz ein grosses
Korrosionsrisiko dar. Der zeitliche Verlauf der Korrosion ist insbesondere von der Art
der Feuchtigkeitseinwirkung, den mikroklimatischen Verhältnissen sowie der Dicke
und Dichte der Betonüberdeckung abhängig. Da eine zuverlässige theoretische
Voraussage des Korrosionsfortschritts kaum möglich ist, setzt eine effiziente
Bauwerkserhaltung - also Unterhalt sowie Projektierung und Ausführung von
Instandsetzungsmassnahmen - eine genaue Überwachung, die Abklärung der Scha-
densursache und eine Zustandsbeurteilung im Rahmen der Überprüfung voraus.
14

Nach der neuen Norm SIA E169 "Erhalten von Bauwerken" (im Entwurf) müssen in
regelmässigen Abständen Inspektionen (mit einfachen Mitteln) durchgeführt werden.
Liefert eine solche Inspektion keine zuverlässige Zustandsbewertung, so ist eine
Überprüfung mit weitergehenden Untersuchungsmethoden durchzuführen.

Untersuchungen im Sinne einer Früherkennung der Schäden müssen Stahlbeton-


tragwerke in den den Umwelteinflüssen besonders ausgesetzten oberflächennahen
Bereichen (mindestens die oberste Lage der Bewehrung) rasch, zerstörungsfrei und
flächendeckend erfassen können und wirtschaftlich arbeiten. Die am IBWK ent-
wickelte Potentialfeldmessung ist heute in der Schweiz Stand der Technik und erfüllt
diese Anforderungen; korrodierende Bereiche können rasch und präzise lokalisiert
werden. Um eine Zustandsbeurteilung vornehmen zu können bzw. im Rahmen der
Erhaltungsstudie verschiedene Instandsetzungsvarianten zu vergleichen, ist die Kor-
rosionsgeschwindigkeit von zentraler Bedeutung, sie liefert wesentliche Informa-
tionen über die weitere Entwicklung des Bauwerks und bildet so einen wichtigen
Baustein in der Entscheidungsfindung über Zeitpunkt, Ausmass und Art von In-
standsetzungsmassnahmen.

Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe Brückenunterhaltsforschung des ASB


die Forschungsstelle beauftragt, Methoden zur zerstörungsfreien Erfassung des Kor-
rosionszustands und der Korrosionsgeschwindigkeit zu erforschen, evtl. zu ent-
wickeln und an bestehenden Stahlbetontragwerken zu testen. Diese Arbeiten waren
nur möglich dank dem Entgegenkommen und der Unterstützung durch verschiedene
kantonale Tiefbauämter, von denen die Kantone Graubünden, Solothurn und Waadt
speziell erwähnt und verdankt werden sollen. Die Resultate der Forschungsarbeiten
wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Publikationen, Vorträgen und
Seminaren den Ingenieuren und der Fachwelt laufend zugänglich gemacht. Der
vorliegende Bericht stellt somit eine zusammenfassende Beurteilung - Stand 1995 -
der Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Methoden zur Erfassung der
Korrosion der Bewehrung dar.
15

2. Grundlagen

2.1. Allgemeines

Im Gegensatz zu Stahl an der Atmosphäre, welcher in Gegenwart von Sauerstoff und


Feuchtigkeit rostet, bilden dieselben unlegierten Stähle in stark alkalischen Medien,
wie etwa dem Porenwasser des Betons, auf der Metalloberfläche spontan dünne, nur
wenige Atomlagen umfassende Schutzschichten (Passivfilme). Der Stahl wird da-
durch vor weiteren Korrosionsangriffen geschützt. Die Stabilität dieser Passivfilme ist
jedoch nicht uneingeschränkt dauerhaft, sondern an gewisse Voraussetzungen
gebunden (Abb. 2.1).

Abb. 2.1 Einwirkungen bei der Korrosion der Bewehrung

In Anwesenheit ausreichender Mengen von Chloriden auf der passiven Stahlober-


fläche - beispielsweise infolge Streusalzeinwirkung - oder bei einem Abfall des pH-
Werts des Porenwassers infolge Karbonatisierung des Betons kommt es zur Depas-
sivierung, d.h. der lokalen Zerstörung des schützenden Passivfilms (Abb. 2.2). Damit
besteht zwar ein Korrosionsrisiko, eigentliche Korrosion (Rosten, Querschnittsverlust)
tritt aber erst auf, wenn gleichzeitig auch Sauerstoff und Feuchtigkeit an der
Stahloberfläche vorliegen.
16

Korrosionsverhalten von Stahl in Beton


Porenwasser Porenwasser

Lochfrasskorrosion
Korrosionsgeschwindigkeit g/m2 . Tag

lokale
gleichmässige Korrosion Korrosion
(gefährlich, da hohe
lokale Korrosions-
geschwindigkeit)

pH 10 - 12 pH > 12
Korrosion ohne Korrosion bei
Cl- möglich freiem Cl- möglich

Sauer Basisch

0 2 4 6 8 10 12 14
pH - Wert

Abb.2.2 Das Korrosionsverhalten von Armierungsstahl in Abhängigkeit des pH-


Werts sowie in Gegenwart von Chloridionen

Für Restlebensdauerbetrachtungen oder Schadensprognosen wird der zeitliche


Verlauf der Schadensentwicklung (Korrosion der Bewehrung) in eine Initiierungs-
phase und eine Korrosionsphase aufgeteilt (Abb. 2.3). Das Ende der Initiierungs-
phase ist durch die Depassivierung der Bewehrung gegeben. Die Dauer der Korro-
sionsphase wird durch die Korrosionsgeschwindigkeit (Steigung der Gerade in Abb.
2.3) und dem noch akzeptierbaren Grad an Korrosion der Bewehrung bestimmt.
Damit wird klar, dass dauerhafte Bauwerke durch eine sehr lange Initiierungsphase
und / oder durch sehr geringe Korrosionsgeschwindigkeiten erhalten werden können.
Im Designstadium, d.h. beim Neubau von Stahlbetonbauten, wird der Ingenieur über
die Dicke der Betonüberdeckung und die Qualität des Betons eine möglichst lange
Initiierungsphase zu erreichen versuchen, da die Umgebungsbedingungen (Einwir-
17

kungen) meist nur sehr allgemein und ungenau bekannt sind. Im Falle einer Instand-
setzung (Depassivierung, evtl. Korrosion bereits eingetreten) kann die Verlängerung
der Lebensdauer über eine Reduktion der Korrosionsgeschwindigkeit erreicht wer-
den. Der Initiierungsprozess (Eindringen von Chloriden, Karbonatisierung) und der
Schadensfortschritt (Korrosion der Bewehrung) werden, wie im folgenden gezeigt
wird, von unterschiedlichen Parametern beeinflusst.

Abb. 2.3 Allgemeines Schema des zeitlichen Ablaufs der Korrosion von Stahl in
Beton [ 1 ]:
td Zeitpunkt der Depassivierung
ta, tb Erreichen des Endzustands bei Korrosionsgeschwindigkeit a, b
a,b,c zunehmende Korrosionsgeschwindigkeit a > b > c

2.2 Initiierungsphase

In der Initiierungsphase dringen aggressive Stoffe (Chloride, CO2) von der Oberflä-
che her in den Beton ein. Die Dauer der Initiierungsphase wird von folgenden Para-
metern bestimmt:
- Dicke der Betonüberdeckung (Weg von der Oberfläche bis zur Bewehrung)
- Eindringgeschwindigkeit
- Konzentration der aggressiven Stoffe

Die Bedeutung einer genügend grossen Betonüberdeckung ist offensichtlich und in


der neuen Norm SIA 162 (1988) gebührend berücksichtigt. Die Eindringgeschwin-
digkeit hängt weiter wesentlich von der Qualität des Überdeckungsbetons ab
(Porosität, Permeabilität).
18

2.2.1 Eindringen von Chloriden

Zur Problematik "Chloride in Beton" wurde am IBWK ein separates Forschungspro-


jekt durchgeführt. Hier werden daher nur einige grundlegende Aspekte erwähnt, für
detailliertere Informationen wird auf den gleichzeitig erscheinenden Schlussbericht
"Transport und Erfassung von Chloriden im Beton", EVED Nr. 520, verwiesen.

Chloride können über zwei verschiedene Mechanismen in den Beton eindringen:


über die reine Diffusion der Chloride im wassergesättigtem Beton und über den
Transport der gelösten Chloride mit dem Wasser in den Beton. Der Transport der
Chloride mit dem Wasser (Huckepack) - z.B. durch kapillares Saugen in trockenem
Beton - ist dabei um ein vielfaches rascher und leistungsfähiger als die reine
Diffusion. Die Chloride dringen zudem nicht in ein inertes Material ein, sondern der
Beton kann eindringende Chloride chemisch und physikalisch binden. Für die Initiie-
rung der Korrosion ist nur der Chloridgehalt der Porenlösung, d.h. der freie Chlorid-
gehalt, massgebend.

2.2.2 Karbonatisierung

Die Geschwindigkeit der Karbonatisierung ist durch das Eindringen des CO2 in den
Beton bestimmt, was nur über die Gasphase (d.h. im nicht wassergesättigten Poren-
system) rasch erfolgen kann. Da für die Karbonatisierungsreaktion selbst Wasser
erforderlich ist, ergeben sich bei ganz trockenen bzw. völlig mit Wasser gefüllten
Poren die geringsten Karbonatisierungsgeschwindigkeiten, während bei nur teilweise
gefüllten Poren die Karbonatisierung am schnellsten fortschreitet. Dies hat auch zur
Folge, dass die Karbonatisierung keine eindeutige, senkrecht zur Betonoberfläche
verlaufende scharfe Front ergibt, sondern dass ein Übergangsbereich zwischen voll
alkalischem und voll karbonatisiertem Beton entsteht.

Die Karbonatisierungsgeschwindigkeit hängt von folgenden Faktoren ab [ 2 ]:


- Permeabilität / Porosität des Betons (W/Z Faktor, Nachbehandlung, Zementgehalt
etc.)
- Menge der zu karbonatisierenden Substanzen (abhängig von Zementgehalt,
Alkaligehalt des Zements)
- Partialdruck des CO2 (Atmosphäre ca. 0.03%)
19

Das CO2 aus der Atmosphäre muss durch zunehmend dickere, bereits karbonati-
sierte Bereiche des Betons eindringen, was einem typischen Diffusionsprozess mit √t
Abhängigkeit entspricht. Dieses parabolische Zeitgesetz gilt jedoch nur für den Fall
von konstanter, relativ geringer Umgebungsfeuchte. Bei natürlicher Bewitterung
(ungeschützte, beregnete Oberfläche) wird die Eindringgeschwindigkeit mit der Zeit
stark abnehmen und es werden stets endliche und bei guter Betonqualität geringe
Karbonatisierungstiefen auftreten (Abb. 2.4). Als wichtigste Einflussgrösse wurde die
langsame Austrocknungsgeschwindigkeit des Betons identifiziert [ 3 ].

20

Künstliche Bewitterung 20°C / 65%RL


Karbonatisierungstiefe [mm]

15

10
Natürliche Bewitterung
(indirekt)

Natürliche Bewitterung
(direkt)

0
1 2 3 4 8 16
Zeit [Jahre]

Abb.2.4: Karbonatisierungstiefe in Abhängigkeit der Zeit bei verschiedenen


Bewitterungsverhältnissen [ 4 ]
20

2.3 Korrosionsfortschritt

Haben Chloride oder die Karbonatisierung die Bewehrung depassiviert, kann in Ge-
genwart von Wasser und Sauerstoff Korrosion ablaufen. Die Korrosionsgeschwin-
digkeit bestimmt die Zeitdauer bis der Endzustand des Bauwerks erreicht ist (Abb.
2.3). In diesem Kapitel werden zunächst die elektrochemischen Grundlagen der
Korrosion von Stahl in Beton erläutert (Kap. 2.3.1) und anschliessend die Chlorid-
korrosion bzw. die Korrosion durch Karbonatisierung behandelt.

2.3.1 Elektrochemische Grundlagen

Für Stahl bzw. Eisen in sauerstoffhaltigen Elektrolyten (Wasser, Boden, Beton) kön-
nen die ablaufenden elektrochemischen Reaktionen wie folgt geschrieben werden:

Fe Fe2+ + 2 e- Anode (2.1.a)


H2O + 1/2 O2 + 2 e- 2 OH- Kathode (2.1.b)

Fe + H2O + 1/2 O2 Þ Fe(OH)2 Gesamt (2.2.)

Das Korrosionsprodukt Eisenhydroxid (Fe(OH)2) reagiert an der Atmosphäre weiter


zu FeOOH (Rost). Auf Stahl in Beton dagegen bildet sich wegen des hohen pH-
Werts im Porenwasser (pH>12.5) ein nur wenige nm dicker schützender Oxid- bzw.
Passivfilm.

Oxidation
FeOOH

- -
Fe Fe 2+ 2e - OH , Cl

Metall Umgebung

1/ O + H O + 2e- -
2 2 2
2OH Ca++, Fe ++

Z.B. Beton

Reduktion

Abb. 2.5 Korrosion von Stahl in Beton als kurzgeschlossenes Element


21

Die Eisenauflösung als anodische Teilreaktion (Gl. 2.1a) und die kathodische Teil-
reaktion (Gl. 2.1b) müssen aus Gründen der Elektroneutralität gleichzeitig und mit
gleicher Geschwindigkeit auf der Metalloberfläche ablaufen; sie bilden zusammen ein
kurzgeschlossenes galvanisches Element (Abb. 2.5). Dazu ist sowohl eine elektrisch
leitende Verbindung (Bewehrungsstahl) als auch eine elektrolytische Leitfähigkeit
(Beton) erforderlich. Die Korrosionsgeschwindigkeit kann als Massenverlust (g/m2),
Querschnittsabtrag (mm/Jahr) oder - wegen der in Gl. 2.1a sichtbaren Proportio-
nalität zwischen Fe2+ Ionen und Elektronen - als Stromdichte [µA/cm2] angegeben
werden. Die Umrechnung (nach dem Faradayschen Gesetz) zeigt Tabelle 2.1.

Tabelle 2.1
Äquivalente Werte der Korrosionsstromdichte, des Gewichtsverlusts und des Quer-
schnittsverlusts für Eisen

Stromdichte Gewichtsverlust Querschnittsverlust


[µA/cm2] [g/m2 d] [µm/Jahr]
0.1 0.025 1.2
0.5 0.125 5.8
1 0.25 11.6
5 1.25 58
10 2.5 116
50 12.5 580
100 25 1160

Die Kinetik der anodischen und kathodischen Teilreaktionen kann durch eine charak-
teristische Kennlinie, die sog. Stromdichte/Potentialkurve (Abb. 2.6) charakterisiert
werden.

o anodische Teilreaktion
Für die anodische Teilreaktion (Eisenauflösung nach G. 2.1a) wird bei korrodie-
render Bewehrung (tiefer pH-Wert, Chlorideinfluss) eine exponentiell mit dem Po-
tential ansteigende Stromdichte gemessen. Der durch die Metalloberfläche
fliessende Strom ist ein direktes Mass für die Korrosionsgeschwindigkeit (Tab.
2.1).
22

Im Falle passiver Bewehrung wird über einen weiten Bereich nur eine verschwin-
dend kleine, potentialunabhängige Stromdichte, die Passivstromdichte, gemes-
sen. Die Auflösungsstromdichte liegt < 0.1 µA/cm2, d.h < 1 µm/Jahr und ist damit
vernachlässigbar klein.

aktiver Zustand:
2+
tiefer pH oder Fe Fe + 2e -
Cl- _ Einfluss
anodisch ( + )
[¬i ]

iKorr
Stromdichte

passiver Zustand

Potential [ ¡ ]
Kathodisch ( - )

¡Korr
¡Korr

- -
1/2 O2 +H2 O + 2e 2 OH

Abb.2.6 Anodische und kathodische Stromdichte/Potentialkurven von Stahl in


Beton im Passivzustand und bei Korrosion unter Chlorideinfluss bzw.
bei tiefen pH-Werten

o kathodischeTeilreaktion
Die kathodische Teilreaktion (Sauerstoffreduktion nach Gl. 2.1b) wird durch eine
vom Sauerstoffgehalt im Beton bestimmte, praktisch potentialunabhängige Diffu-
sionsgrenzstromdichte iO2,D charakterisiert. Diese Grenzstromdichte ist propor-
tional zur Sauerstoffkonzentration cO2, zum Sauerstoffdiffusionskoeffizienten
DO2 und zum reziproken Wert der Diffusionsgrenzschichtdicke ∂ (im Beton un-
gefähr gleich der Überdeckung). Konzentration und Diffusionskoeffizent des
Sauerstoffs hängen stark von der Betonfeuchtigkeit ab: bei Feuchtigkeiten über
80% nimmt DO2 stark ab. Ein völlig an Sauerstoff verarmter Beton (mit iO2,D
praktisch Null) kann nur vorliegen, wenn er dauernd und vollständig in Wasser
eingetaucht ist.

Das Gleichgewichtspotential der Sauerstoffelektrode EO2 hängt vor allem vom


pH-Wert der Umgebung und nur wenig vom Sauerstoffgehalt und vom Wasser-
23

gehalt ab. Im pH-Bereich von 7 (neutral) bis 14 (alkalisch) erhält man eine Ge-
rade mit der Steigung - 60 mV / pH, das Gleichgewichtspotential der Sauer-
stoffreduktion sinkt mit zunehmendem pH-Wert.

o Korrosionspotential von Stahl in Beton


Das Korrosionspotential wird, wie in Abb.2.6 gezeigt, durch die Bedingung der
Elektroneutralität (anodische gleich kathodische Teilstromdichte) bestimmt. Die
Lage von Ekorr wird somit von beiden Teilreaktionen, der anodischen Metallauf-
lösung und der kathodischen Sauerstoffentwicklung, beeinflusst.

Das Korrosionspotential einer intakten, passiven Bewehrung in Beton wird vor


allem durch das Gleichgewichtspotential EO2 und durch die Kinetik der Sauer-
stoffreduktion bestimmt. Ohne Fremdmetallkontakt bzw. Fremdstrombeeinflus-
sung ist Ekorr < EO2. Das Korrosionspotential der passiven Bewehrung ändert
sich somit mit dem pH-Wert des Porenwassers und der Betonfeuchtigkeit: In al-
kalischem, belüftetem Beton misst man ca. -150 mV bis 0 mV gegen die Kupfer-
sulfatelektrode (CSE), in sauerstoffarmem Beton können Werte bis gegen -800
mV CSE, in Unterwasserbauten bis -1.1 V CSE auftreten.

Das Korrosionspotential eines rostigen, freiliegenden korrodierenden Eisens liegt


bei Werten von ca. -600 mV bis -700 mV CSE. Korrosionspotentiale von Stahl in
anderer Umgebung bzw. von andern Werkstoffen sind in Tabelle 2.2 zusammen-
gefasst.

Tabelle 2.2
Korrosionspotential von Stahl in verschiedenen Umgebungen

Material / Umgebung Potential


V CSE
Bewehrungsstahl in O2-freiem, wassergesättigtem Beton -1.1
in normalfeuchtem, chloridhaltigem Beton > -0.6
in normalfeuchtem, chloridfreiem Beton -0.2 ... +0.1
in normalfeuchtem, karbonatisiertem Beton -0.3 ... +0.1
in trockenem, karbonatisiertem Beton 0 .... 0.2

Hochlegierter Stahl in normalfeuchtem Beton -0.2 .... +0.1


24

2.3.2 Korrosion durch Chloride

Bei Überschreiten eines bestimmten "kritischen" Chloridgehalts an der Bewehrung


wird der Passivfilm lokal zerstört (Lochfrass), die Bewehrung ist depassiviert. Der
"kritische Chloridgehalt" ist - wie im folgenden hergeleitet wird - keine konstante
Grösse, sondern hängt vom pH-Wert und dem Sauerstoffangebot an der Bewehrung
ab.

Die Bedingung für das Auftreten von Lochfrass (d.h. der Depassivierung des Stahls)
lautet:

Ekorr > EL (2.3)

d.h. das Korrosionspotential der Bewehrung im Beton, Ekorr, muss grösser sein als
das Lochfrasspotential EL.

Das Korrosionspotential der (passiven) Bewehrung hängt vom pH-Wert und vom
Sauerstoffgehalt der Porenlösung ab (Gl. 2.1b). In atmosphärischen Bedingungen ist
in der Regel genügend Sauerstoff an der Bewehrung vorhanden, so dass das Korro-
sionspotential allein vom pH-Wert der Porenlösung abhängt:

Ekorr = E - 0.059 V * pH (2.4)

Gl. 2.4 sagt aus, dass das Korrosionspotential der passiven Bewehrung pro pH-Ein-
heit um 60 mV absinkt. Werden alkaliarmer Zement bzw. Microsilica oder andere
puzzolanische Zusatzstoffe verwendet (welche mit den OH- Ionen der Porenlösung
reagieren) oder ist der Beton karbonatisiert, so steigt das Korrosionspotential ent-
sprechend an. Nach Gl. 2.3 steigt das Risiko der Lochfrasskorrosion mit steigendem
Korrosionspotential.

Das Lochfrasspotential einer bestimmten Legierung vom Chloridgehalt der Poren-


lösung ab, EL wird umso kleiner, je höher der freie Chloridgehalt ist:

EL = ELo - b * log [Cl-] (2.5)

Die Konstante b liegt bei ca. 100 mV pro Dekade der Chloridkonzentration. Nach
Gl.2.3 sind möglichst hohe Lochfrasspotentiale notwendig, um Lochfrass zu vermei-
den.
25

Damit wird klar, dass es nur für sehr definierte Bedingungen (pH-Wert, Chlorid-
konzentration, Sauerstoffgehalt) im Labor einen kritischen Chloridgehalt für das
Auftreten von Lochfrass geben kann. In der Praxis ist wegen der unterschiedlichen
Chloridbindekapazität des Betons und dem unterschiedlichen pH-Wert der Poren-
lösung nicht zu erwarten, dass ein allgemein gültiger "kritischer Chloridgehalt" für das
Auslösen der Korrosion der Bewehrung existiert.

-200 mV -200 mV
-300 mV Beton

-400

-500

Lokale
Intakte Korrosionsstelle
Armierung -700 mV
-100mV (Anode)
(Kathode)

Stromfluss
Isopotentiallinien

Ikorr = 6U
RA + RC + RE

Abb.2.7 Verstärkte lokale Korrosion an einem Armierungsstahl im Beton infolge


Makroelementbildung

Charakteristisch für die Korrosion durch Chloride ist ein sehr lokaler Angriff
(Lochfrass). Die kleinen korrodierenden Bereiche der Stahloberfläche liegen unmittel-
bar neben grossen passiven Bereichen der Bewehrung (Abb.2.7). Es entsteht so ein
kurzgeschlossenes galvanisches Element ähnlich einer Batterie, ein sog.
Makroelement. Die korrodierende Stelle wird zur Anode (stark negative Potentiale)
und wird von einem wesentlich grösseren, passiven und kathodisch wirkenden Ober-
flächenbereich (positivere Potentiale) umgeben, was den lokalen Angriff verstärkt.
Das Potential der neben der lokalen Anode liegenden passiven Bereiche wird
abgesenkt. Weiter werden durch die kathodische Teilreaktion (Gl. 2.1b)
Hydroxylionen produziert, und der pH-Wert über den kathodischen Bereichen steigt.
26

Beides reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass in den dem Loch benachbarten Katho-
denbereichen neue Lochfrassangriffe entstehen (s. Gl. 2.4).

Der Unterschied im Potential des passiven und des korrodierenden Bewehrungs-


stahls ergibt die Zellspannung ∆U, die treibende Kraft des Makroelements, die bis zu
0.5 V erreichen kann. Als Folge der Zellspanung ∆U fliesst im Makroelement ein Kor-
rosionsstrom Ikorr:

Ikorr = ∆U / ( RE+ RA+ RK) (2.6)

Dieser wird, stark vereinfacht ausgedrückt, durch den elektrischen Widerstand des
Betons RE und die beiden Reaktionswiderstände der anodischen bzw. kathodischen
Teilreaktion (RA, RK) bestimmt. Der Stromfluss erfolgt im Stahl elektrisch (Elektro-
nen) und im Beton elektrolytisch (Ionen). Bedingt durch die sehr ungünstigen
Flächenverhältnisse (kleine Anode, grosse Kathode) kann dies zu sehr hohen
Korrosionsstromdichten ikorr führen, d.h. zu grossen lokalen Querschnittsverlusten
von bis zu 1 mm/a. Voraussetzung ist allerdings, dass die kontrollierenden
Widerstände in Gl. 2.6 klein sind: gut leitfähiger Beton (RE klein), genügend
Sauerstoff an den Kathoden (RK klein) und viele Chloride im Bereich der Anode (RA
klein). Fehlt der Sauerstoff an der Kathode (z.B. wegen zu stark durchnässtem
Beton) oder ist der elektrische Betonwiderstand zu hoch (z.B. wegen Austrocknung),
werden die Angriffe stark verlangsamt.

Mit dem Stromfluss im Beton gekoppelt ist ein elektrisches Feld (Abb.2.7), das an der
Betonoberfläche experimentell erfasst werden kann; man misst das Potentialfeld,
welches die zerstörungsfreie Lokalisierung korrodierender Bewehrung in den Berei-
chen mit stark negativen Potentialen erlaubt.
27

2.4 Der elektrische Widerstand des Betons

2.4.1 Elektrischer Widerstand und Ionenmigration in Lösungen

Zur Messung des elektrischen Widerstands wird zwischen zwei Elektroden im Elek-
trolyten eine elektrische Spannung angelegt, so dass sich ein elektrisches Feld mit
der Feldstärke E aufbaut. Dieses elektrische Feld übt auf die Ionen als Träger elektri-
scher Ladung eine Kraft aus, unter deren Einwirkung die positiv geladenen Kationen
zum negativen Pol (Kathode) und die negativ geladenen Anionen zum positiven Pol
(Anode) wandern. Dieser gerichtete Stromfluss bzw. Massentransport wird als Migra-
tion oder Ionenwanderung bezeichnet. Die Wanderungsgeschwindigkeit ist pro-
portional zur Feldstärke und zur Ladung des Ions [5, 6]:

vi = ui |zi| E (2.7)

|zi| Wertigkeit des Ions


ui Ionenbeweglichkeit m2V-1s-1

Die Proportionalitätskonstante wird als Ionenbeweglichkeit u bezeichnet. Sie ist für


das betreffende Ion eine charakteristische, von der Feldstärke unabhängige Grösse
(Tab. 2.3). Die Beweglichkeit der einzelnen Ionen hängt von der Grösse und der La-
dung des Ions ab. Ein kleines Ion hat eine höhere Ladungsdichte, damit aber die
grössere Hydrathülle und daher die geringste Beweglichkeit; Protonen und OH- Io-
nen in wässrigen Medien liegen um etwa eine Grössenordnung höher als die der an-
dern Ionen, was durch die besondere Struktur des Wassers (Wasserstoffbrücken)
erklärt werden kann.

Tabelle 2.3 Beweglichkeiten von Ionen in wässriger Lösung bei 25 °C

Kation Beweglichkeit Anion Beweglichkeit


[cm2 V-1 s-1] [cm2 V-1 s-1]
H+ 36.30 10-4 OH- 20.50 10-4
K+ 62 10-4 SO-2 8.27 10-4
Ba+ 6.59 10-4 Cl- 7.91 10-4
Na+ 5.19 10-4 NO3- 7.40 10-4
Li+ 4.01 10-4 HCO3- 4.61 10-4
28

Die im Elektrolyten unter Einfluss des elektrischen Feldes fliessende totale Strom-
stärke I berechnet sich zu:

I = F A E Σ ci ui |zi| (2.8)

F Faradaykonstante 96487 As mol-1


A Querschnitt m2
E Feldstärke V m-1
c Konzentration mol m-3
ui Ionenbeweglichkeit m2 V-1 s-1

Die spezifische Elektrolytleitfähigkeit κ (bzw. reziprok der spezifische elektrische Wi-


derstand) berechnet sich daraus zu:

κ = F Σ ci ui |zi| (2.9)

Sie ist um so grösser, je höher die Konzentration, die Ladungszahl und die Beweg-
lichkeit der Ionen in der Lösung sind.

Der Anteil des Stroms einer Ionensorte b am Gesamtstrom wird als Überführungs-
zahl tb bezeichnet und berechnet sich zu:

tb = Ib / I = cb ub |zb| / Σ ci ui |zi| (2.10)

Die Überführungszahl hängt von der Ionenbeweglichkeit ub und der Konzentration cb


des betreffenden Ions ab, sie wird aber auch durch die andern im Elektrolyten vor-
handenen Ionen beeinflusst.
29

2.4.2 Diffusion und Ionenbeweglichkeit

Die Wanderung von Ionen in einem elektrischen Feld wird mit Gl. (2.4) beschrieben.
Ionen können aber auch in Abwesenheit eines elektrischen Feldes wandern, nämlich
dann, wenn Konzentrationsgradienten vorliegen. Diese Wanderung wird als Diffusion
bezeichnet. Für den Diffusionskoeffizienten Di gilt [ 5 ]:

Di = R T ui / |zi| F (2.11)

ui Ionenbeweglichkeit m2 V-1 s-1


R Gaskonstante J K-1 mol-1
T Temperatur K
F Faradaykonstante A s-1 mol-1

Gl. (2.11) gilt für die betrachtete Ionenart i; für die Diffusion von Salzen kann ein ge-
eigneter Mittelwert aller beteiligten Ionen (z.B. Na+, Cl-) bestimmt werden [5]. Der in
Gl. (2.11) angegebene fundamentale Zusammenhang zwischen Ionenbeweglichkeit
und Diffusionskoeffizient lässt sich mit den tabellierten Daten für die Diffusionskoeffi-
zienten von LiCl, KCl und NaCl Lösungen [7] überprüfen. Wie Tab. 2.4 zeigt,
stimmen die Werte nahezu überein. Damit lassen sich Ionenbeweglichkeit bzw.
Leitfähigkeit oder elektrischer Widerstand und Diffusionskoeffizient ineinander
umrechnen. Dies ist für die Charakterisierung der Transportphänomene in Zement-
stein, Mörtel und Beton von grosser Bedeutung.

Tabelle 2.4 Vergleich der experimentell gemessenen Diffusionskoeffizienten Dexp


mit den aus den Ionenbeweglichkeiten berechneten Werten Dber

Ion Beweglichkeit Salz Dber Dexp


[cm2 V-1 s-1] [105 cm2 s-1] [105 cm2 s-1]
Cl- 7.91 10-4
K+ 7.62 10-4 LiCl 1.33 1.31
Na+ 5.19 10-4 NaCl 1.60 1.54
Li+ 4.01 10-4 KCl 1.96 1.91
30

2.4.3 Ionenmigration und elektrischer Widerstand im Beton

Der Stromfluss im Beton erfolgt über die Migration der Ionen in der wässrigen Phase,
d. h. hauptsächlich über die wassergefüllten Kapillarporen des Zementsteins. Geht
man von einem wassergesättigten Beton aus, lassen sich die oben erläuterten Ge-
setzmässigkeiten der Elektrolyte unter Berücksichtigung des Volumenanteils der
Kapillarporen und der Porenstruktur in erster Näherung auch auf Beton bzw. Mörtel
oder Zementstein anwenden. Insbesondere sollte der aus Gl. 2.11 hervorgehende
Zusammenhang zwischen Diffusionskoeffizient und Überführungszahl (d.h. Leitfähig-
keit und Widerstand) auch für Mörtel bzw. Beton gelten, da die geometrischen
Faktoren, welche die Transportphänomene beeinflussen, für Diffusion und Migration
identisch sind.

Die Wanderung von Ionen in einem porösen Körper als Funktion des Volumenanteils
der Poren kann mittels Monte-Carlo Simulation in einem zufällig aufgebauten Gitter
ermittelt werden (Abb. 2.8). Dabei wird die mittlere zurückgelegte Weglänge x einer
rein statistischen (ungerichteten) Bewegung als Summe von einzelnen Sprüngen in
Abhängigkeit der Zeit t berechnet. Die Formel von Einstein-Smoluchowski verknüpft
nun Weg und Zeit eines einzelnen Sprungs mit dem Diffusionskoeffizienten [8]:

x2 = 2 D t (2.9)

x mittlerer Weg
t Zeit
D Diffusionskoeffizient

Die Resultate solcher Simulationen [12] (basierend auf der Perkolationstheorie) für
Porenanteile zwischen 100 % (Elektrolyt) und 10% (Annahme für Beton) zeigt
Tabelle 2.5, in der die mittleren Weglängen x für eine konstante Zeit t für verschie-
dene Porenvolumen aufgetragen sind. Eine Verkleinerung des Porenvolumens von
100% auf 10% führt aus rein geometrischen Gründen (weniger durchgehende Poren,
längerer und komplizierterer Weg) zu einer Reduktion der mittleren Weglänge um
einen Faktor 400 - 600. Der Vergleich mit experimentell gemessenen Werten des
Diffusionskoeffizienten in Lösung rsp. Beton zeigt eine sehr gute Übereinstimmung in
der Reduktion. Die verbleibende kleine Differenz von ca. einem Faktor 2 kann auf
chemische bzw. elektrochemische Wechselwirkungen mit den Porenwänden [9]
zurückgeführt werden. Hinweise darauf sind auch die im Vergleich zu Elektrolyten
deutlich höheren Aktivierungsenergien für Chloriddiffusion in Zementstein [10].
31

Tabelle 2.5
Einfluss der Reduktion des Porenvolumens auf die mittlere Weglänge x2 der Perko-
lation zur Zeit t. Zum Vergleich die experimentell bestimmten Diffusionskoeffizienten
für Chlorid in Lösung (100%) und in Beton (10%):

Porenvolumen x2(t)ber Dexp. Dnorm


(normiert) [ cm2 s-1 ]
100 % (Lösung) 1 1.98 10-5 1
50 % 2.8 10-1
20 % 1.7 10-2
10 % 2.4 10-3 ca. 2 10-8 1 10-3

Für nicht vollständig wassergesättigten Mörtel oder Beton wird der elektrische Wider-
stand ansteigen, da zunächst die grossen, wassergefüllten Poren austrocknen.

80% 50% 20%

Festkörper Kapillar- bzw. Gelpore

Abb. 2.8 Perkolationsgitter für 80%, 50% und 20% Porenvolumen (ebener Schnitt)
[11, 12]
32

2.5 Zusammenwirken der Korrosionsparameter

Ausgeprägte Korrosionsangriffe treten an Bewehrungsstählen immer dann auf, wenn


der Stahl depassiviert ist (durch Chloride bzw. durch Karbonatisierung) und Wasser
und Sauerstoff an der Stahloberfläche vorliegen. Die Voraussetzungen für das Ein-
dringen der korrosionsfördernden Stoffe hängen, wie in Kap. 2.2 gezeigt wurde, stark
vom Feuchtigkeits- bzw. Wassergehalt des Betons ab (Abb.2.9). Die Wanderung von
O2 und CO2 erfolgt bei hohen Wassergehalten sehr langsam, bei ausgetrocknetem
Zustand jedoch rasch. Die Chloride dringen ("Huckepack" mit dem Wasser) rasch in
trockenen Beton ein. Da für die Karbonatisierung selbst Wasser benötigt wird, ist die
Karbonatisierungsgeschwindigkeit bei Luftfeuchtigkeiten um 60 - 70% gross, im Ge-
gensatz zum Korrosionsvorgang, der erst bei höheren Feuchtigkeiten merklich ab-
läuft. Ein optimales, die Korrosion förderndes Zusammenwirken aller Vorgänge ist
deshalb bei zeitlich konstantem Wassergehalt des Betons meist wenig wahrschein-
lich. Die Korrosionsgefahr ist z.B. in Innenräumen trotz merklicher Karbonatisierung
klein. Ebenso ist die Gefährdung von Bauteilen, die in Meerwasser eingetaucht sind,
trotz hoher Chloridkonzentration gering. Die Korrosionswahrscheinlichkeit steigt je-
doch mit wechselnden Bewitterungszyklen (Trocken-/Nasszyklen) stark an. Dann er-
geben sich für alle Teile, zumindest vorübergehend, günstige, die Korrosion auslö-
sende oder beschleunigende Bedingungen.

Karbonatisierung

100% 1.0
Cl -, O
2 , CO
Huckepacktransport- Rate (Cl-)

2
rel. Luftfeuchtigkeit (H2O)
Permeabilität O2, CO2

Wahrscheinlichkeit der
Korrosion am Stahl
n
osio
2O
H

Korr

0%
0
0% 100%
rel. Betonfeuchtigkeit

Abb.2.9 Zusammenwirken der Korrosionsparameter Chlorid, Sauerstoff und Feuch-


tigkeit für den Korrosionsfortschritt der depassivierten Bewehrung
33

Die Erfahrungen aus der Praxis lehren, dass aus diesem Grunde die Korrosionsge-
fahr im Bereich von Wasserwechselzonen oder im Spritzwasserbereich wesentlich
grösser ist. Massnahmen, die den Wassergehalt des Betons absenken, verringern
die Korrosionsgefahr.
34
35

3. Methoden zur Erfassung der Korrosion der Bewehrung

Die einfachste zerstörungsfreie Methode zur Detektion der Bewehrungskorrosion ist


die visuelle Beobachtung - Rostspuren am Bauwerk deuten immer auf Korrosion hin.
Rostspuren sind ein Warnzeichen; sie können jedoch genauso von oberflächenna-
hen Bindedrähten herrühren wie von herunterlaufendem Rostwasser. Zur Lokalisie-
rung und Quantifizierung der Korrosion sind sie somit nur bedingt geeignet. Weitere
zerstörungsfreie Methoden wie Durchstrahlungsprüfungen, Georadar etc. können
evtl. Querschnittsverluste an der Bewehrung feststellen. Wegen des grossen Auf-
wands kommen diese Techniken für eine rasche, flächendeckende Erfassung der
Korrosion jedoch nicht in Frage und werden hier nicht weiter behandelt [siehe IP
Bau]. Die einzig praktikablen zerstörungsfreien Verfahren sind somit elektro-
chemische Techniken, die direkt am Mechanismus der Korrosion ansetzen. Im
folgenden werden die heute im Labor und auf Bauwerken eingesetzten Verfahren

o Potentialmessung (Kap. 3.1)


o Elektrischer Betonwiderstand (Kap. 3.2)
o Polarisationswiderstandsmessung (LPR) (Kap. 3.3.4)
o Impedanzmessungen (EIS) (Kap. 3.3.5)
o Galvanostatische Pulsmessung (GPM) (Kap. 3.3.6)

in der Reihenfolge zunehmender Komplexität vorgestellt.

3.1. Potentialmessung

Im Gegensatz zu Nordamerika begann man in Europa erst anfangs der 80er Jahre,
vereinzelt Bauwerke mit der Potentialmessung zur Erfassung des Korrosionszu-
stands der Bewehrung zu untersuchen. In der Schweiz wird die Potentialmessung -
zuerst fast ausschliesslich durch das IBWK im Rahmen des vorliegenden For-
schungsprojekts - seit 1985 eingesetzt. Die Umsetzung in die Praxis erfolgte zusam-
men mit der Schweiz. Gesellschaft für Korrosionsschutz (SGK). Ein SIA Merkblatt
2006 liegt vor. Der Schweiz kommt dadurch bei der Einführung der Potentialmessung
als Methode der Zustandserfassung von Bauwerken im Vergleich zu den übrigen
Ländern Europas eine Pionierrolle zu.
36

Im Vergleich zu andern, nicht elektrochemischen Untersuchungsverfahren hat die


Potentialmessung den Vorteil, dass sie flächendeckend und zerstörungsfrei arbeitet.
Die Potentialmessung [13] erlaubt grundsätzlich
- eine flächendeckende Aussage bezüglich
* Lage und Ausmass von Korrosionsherden
* Korrosionszustand der Bewehrung
* Chloridverseuchung des Betons
* Karbonatisierung des Betons
* Feuchtigkeitsverteilung (z.B. unter Abdichtungen) in einem Bauteil
zu machen
- eine Entscheidungsgrundlage zu liefern, ob und ggf. in welchem Umfang Erhal-
tungs- und Erneuerungsmassnahmen notwendig sind
- den Erfolg von Erhaltungs- und Erneuerungsmassnahmen zu kontrollieren

Die Durchführung, Auswertung und Interpretation der (relativ einfachen) Potential-


messung erfordert fundierte Kenntnisse der elektrochemischen Grundlagen der Kor-
rosion der Metalle, insbesondere von Stahl in Beton, sowie des Feuchtigkeits-
haushalts im Beton.

3.1.1 Messprinzip

Bei Stahlbetonbauwerken kann das Korrosionspotential der Bewehrung in einem


weiten Bereich variieren (Tab. 2.2). Das Korrosionspotential eines korrodierenden, in
chloridhaltigem Beton liegenden Stahles unterscheidet sich gemäss Tab. 2.2 von je-
nem eines nicht korrodierenden Stahles in alkalischem, chloridfreiem Beton um meh-
rere 100mV. Diese Tatsache wird bei der Potentialmessung ausgenutzt, um eine
Aussage über den Korrosionszustand der Bewehrung zu machen. Wie Abb. 2.7
zeigt, ist mit dem Stromfluss über einem Makroelement ein elektrisches Feld im Be-
ton gekoppelt. An der Betonoberfläche kann dieses elektrische Feld mit geeigneten
Elektroden und Geräten gemessen werden; man erhält das Potentialfeld, aufgrund
dessen korrodierende Bereiche (negativere Potentialwerte) lokalisiert werden kön-
nen.
37

3.1.2 Durchführung

Für die Potentialmessung wird grundsätzlich Folgendes benötigt:


- ein Anschluß an die Bewehrung
- eine Referenzelektrode
- ein hochohmiges Spannungsmessgerät
- Kabel

Als Referenzelektrode wird meist eine Kupfer/Kupfersulfat Elektrode verwendet, bei


der ein Kupferstab in eine wäßrige, gesättigte Kupfersulfat (CuSO4)-Lösung einge-
taucht ist. Der zweite Anschluß des Voltmeters wird mit der Armierung verbunden
(Abb. 3.1). Der Anschluß an die Armierung erfolgt am sichersten durch Anbohren
des Stahls und Kontaktieren mit einer selbstschneidenden Schraube. Damit in die-
sem Messkreis nur ein sehr kleiner Strom fließt, ist ein hochohmiges Voltmeter erfor-
derlich, Eingangsimpedanz > 1010 Ohm/Volt.

Makroelement aktiv / passiv mV Meter


Elektrisches Feld im Beton

-200 mV -200 mV
-300 mV
Bezugs-
elektrode
-400
Beton

-500 el.
Anschluss

Korrosionsstelle
-700 mV, Anode
passive Bewehrung Stromlinien
-100 mV, Kathode Äquipotentiallinien

Abb.3.1: Prinzip der Potentialmessung auf der Betonoberfläche zum Auffinden kor-
rodierender Bereiche der Bewehrung

Der Kontakt zwischen Elektrode und Beton ist sehr wichtig, meist wird ein regel-
mässig zu befeuchtender Filz oder Schaumstoff eingesetzt. Die Elektrodenflüssigkeit
im Innern der Bezugselektrode wird durch ein poröses Diaphragma (Holzzapfen,
Keramik) abgetrennt.
38

Das Vorgehen beim Messen der Potentialwerte ist einfach, einige wichtige Punkte
sind dabei jedoch zu beachten (s. Richtlinie SIA 2006, Potentialmessungen):
- Anlegen eines Rasters auf der auszumessenden Betonoberfläche; die Dimension
des Rasters bestimmt die Grösse der noch lokalisierbaren Bereiche. Dabei wer-
den korrodierende Stellen im trockenen Beton weniger stark ausstrahlen.
- Guten elektrischen Kontakt zur Bewehrung herstellen (kein Clip)
- Überprüfen der Elektrode
- Voltmeter anschliessen und Stabilität des Messwerts beobachten
- Messung an jedem Messpunkt ausführen, beachten dass der Schaumgummi stets
genügend feucht gehalten wird

Das Arbeiten mit einer Einzelelektrode ist bei grossen Flächen und kleinem Raster
unbequem und zeitraubend, deshalb werden heute bereits Datenerfassungsgeräte
mit bis zu 8 Elektroden und automatischer Registrierung der Potentialwerte angebo-
ten. Um das Ausmessen grosser Brückenoberflächen, Wände oder auch Unter-
sichten weiter zu beschleunigen, wurde am Institut für Baustoffe, Werkstoffchemie
und Korrosion (IBWK) der ETH Zürich im Rahmen des Forschungsprojektes ein Sys-
tem entwickelt, in welchem die Referenzelektroden fest montiert sind und der Kontakt
zum Beton über acht stets feucht gehaltene Kontakträder erreicht wird (Abb. 3.2).

Abb. 3.2 Das im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte IBWK-Messystem für


Potentialfeldmessungen mit acht Radelektroden im praktischen Einsatz
39

Mit dieser Anordnung können problemlos 2 - 4 m2/min (Wände oder über Kopf lang-
samer) mit einem feinen Raster von 0.15 x 0.15 m ausgemessen werden. Die rasche
Messung und die damit auftretende grosse Datenmenge erfordert den Einsatz von
Rechnern (Abb. 3.3). Die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte Software
ermöglicht das on-line Abspeichern der Messdaten, die numerische Darstellung auf
Bildschirm oder Drucker, eine zusammenfassende farbige Darstellung des Potential-
feldes mit maximal 10 m Breite und beliebiger Länge (Abb. 3.4) und eine statistische
Auswertung der Potentialmessdaten. So ist es möglich, bereits ca. 30 min nach der
Messung auf der Baustelle eine präzise Darstellung des Potentialfelds zu erhalten
und die Bereiche, wo Korrosion zu erwarten ist, zu bezeichnen.

graphische
Paint Jet Farb-Darstellung
Digitales
von Potentialfeldern
Signal

Software:
IBM - PC 386 Erfassen
Editieren
AD-Wandler
Auswerten

Filter für 50 und 16.6 Hz


Stationär
Analoges

Mobil
Signal

60m

8 Kanal Trennverstärker
für Signalübermittlung
Vorverstärker
(Faktor 5)

Radelektroden Messystem
(8 Kupfersulfatelektroden)
Stahlbeton

Abb.3.3 Messanordnung und Datenerfassung bei der Potentialfeldmessung

Die im Laufe des Forschungsprojekts gewonnenen Erfahrungen flossen in Zusam-


menarbeit mit dem IBWK in die Entwicklung eines portablen Potentialmessgeräts ein
(CANIN der Fa. Proceq, Zürich), welches mit Einzelektrode oder einer bis acht
Radelektroden arbeitet. Die Messdaten können via RS 232 Interface auf einen
Rechner transferiert werden. Software für die Auswertung der Messdaten ist jedoch
nicht enthalten.
40

Abb. 3.4 Potentialfeld einer Brückenplatte. Messung mit der IBWK Radelektrode,
Datenerfassung und Darstellung der Messdaten mit der IBWK Software
41

3.2 Elektrischer Betonwiderstand

Der elektrische Widerstand des Betons kann rasch und zerstörungsfrei von der Be-
tonoberfläche her gemessen werden. Dabei müssen störende Einflüsse wie die Lage
der Bewehrung, Zuschlag oder die elektrolytische Ankoppelung der Messelektroden
an den Beton berücksichtigt werden. Der spezifische Betonwiderstand ist eine inte-
grale Messgrösse, welche sowohl von der Mikrostruktur des Betons, von der Feuch-
tigkeit und vom Ionengehalt im Porenwasser als auch stark von der Temperatur
beeinflusst wird. Während im Labor dank gezielter Variation nur einzelner Parameter
noch klare Aussagen erhalten werden, ist die Interpretation von Messungen auf Bau-
werken schwierig. Die Messung des elektrischen Betonwiderstands auf Bauwerken
wird zur Abschätzung des Korrosionsrisikos benützt, ebenso zur Charakterisierung
des Feuchtigkeitsgehalts im Beton.

3.2.1 Messprinzip

Die Messtechnik zur Bestimmung des spezifischen Betonwiderstands stammt aus


dem Bereich Erdboden / kathodischer Schutz. Auf Bauwerken wird der elektrische
Betonwiderstand meist mit der sog. Wenner 4-Punkt Messung (Abb. 3.5) bestimmt.
Zur Stromeinspeisung werden die äusseren Elektroden A und B benutzt, über die
inneren Elektroden C und D wird der im Feld entstehende Spannungsabfall abge-
griffen. Der Abstand zwischen den inneren Elektroden sei dabei a, jener zwischen
inneren und äusseren Elektroden b. Um Polarisationseffekte an den Elektroden zu
vermeiden, wird mit Wechselstrom (Frequenz >100 Hz bis 1 kHz) gearbeitet. Die all-
gemeine, von Schlumberger entwickelte Formel für die Berechnung des spezifischen
Betonwiderstands r aus dem am Gerät gemessenen Widerstand R lautet:

ρ = F (a, b) * R = π * a * R (b/a + b2/a2) [Ω m] (3. 1)

Werden die Abstände a und b gleichgesetzt, so erhält man die bekannte Wenner-
Formel:

ρ = F (a, b) * R = 2 π * a * R [Ω m] (3. 2)

Beim berechneten spezifischen Betonwiderstand r handelt es sich um einen Mittel-


wert, welcher eine Eindringtiefe t von t = (a+2b)/2 umfasst. Bei stark unterschiedli-
42

chen Leitfähigkeiten oberflächennaher Schichten wird für a < t näherungsweise der


spezifische Widerstand der oberen Schicht gemessen.

~ I
R=U
I
U

A b C a D b B

Abb. 3.5 4-Punkt Wenner Technik zur Messung des spezifischen elektrischen Be-
tonwiderstands

Der elektrische Betonwiderstand RΩ wird auch mit den dynamischen elektrochemi-


schen Messtechniken (Impedanzmesstechnik, Kap. 3.3.5; Galvanostatische
Pulsmessung, Kap. 3.3.6) erfasst. Die Umrechnung in den spezifischen Betonwider-
stand r hängt jedoch von der Messkopfgeometrie und der Überdeckung ab.

3.2.2 Durchführung

Die Messung des spezifischen Betonwiderstands von der Oberfläche her ist einfach
und kann durch einen in der Bedienung des Geräts angelernten Fachmann ausge-
führt werden. Ausser dem Widerstandsmessgerät und der 4-Punkt Elektrode werden
keine weiteren Geräte benötigt. Kritischer Punkt ist der elektrolytische Kontakt der
vier Elektroden auf dem Beton. Die Verwendung von kleinen Schaumgummizäpfchen
in den Elektroden aus hochlegiertem Stahl hat sich als praktikabel und genügend
genau erwiesen, Verfahren der elektrolytischen Ankopplung über Gels oder Pasten
sind ebenfalls erhältlich.
43

Auf Stahlbetonbauwerken mit z.T. recht dichter Bewehrung empfiehlt es sich, mit ei-
nem Bewehrungssuchgerät einen Oberflächenbereich ohne oder mit wenig Beweh-
rung zu suchen. Die Widerstandsmessung soll dann immer in zwei verschiedenen,
senkrecht zueinander stehenden Richtungen ausgeführt werden, um einen evtl. Ein-
fluss der Bewehrung zu überprüfen. Die Temperatur (mindestens Lufttemperatur) ist
mit den Messdaten festzuhalten.

Verschiedene Geräte, welche 4-Punkt-Wechselstrom-Widerstandsmessungen aus-


führen, sind kommerziell erhältlich:
- 4-Punkt Sensor, Proceq SA, Zürich
- Colebrand Resistivity Logger
44

3.3 Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit

Mit Potentialmessungen kann der Korrosionszustand von Stahl in Beton erfasst und
eventuell auftretende Veränderungen örtlich bzw. zeitlich verfolgt werden. Aus den
gemessenen Potentialwerten lassen sich aber a priori keine Aussagen über die Kor-
rosionsgeschwindigkeit machen. Beim Begriff Korrosionsgeschwindigkeit müssen
zudem zwei Bedeutungen klar unterschieden werden:

o Durchschnittswerte
Korrosionsgeschwindigkeiten können als Durchschnittswerte über eine bestimmte
Zeit durch Gewichts- oder Querschnittsverlustmessungen im Labor oder - durch
Freilegen der Bewehrung - auch auf Bauwerken gemessen werden. Je nach
klimatischen Bedingungen kann sich der gemessene Durchschnittswert jedoch
aus Perioden mit viel höheren und viel geringeren Korrosionsgeschwindigkeiten
zusammensetzen.
o Momentane Werte
Mit elektrochemischen Verfahren kann der Polarisationswiderstand, aus dem die
momentane Korrosionsgeschwindigkeit berechnet wird, rasch, zerstörungsfrei
und "in situ", d.h. auch auf grossen Proben oder auf Bauwerken bestimmt
werden. Die erhaltenen Werte gelten jedoch nur für die klimatischen Bedingungen
(Temperatur, Feuchtigkeit) zum Zeitpunkt der Messung.

In diesem Kapitel wird zunächst der für alle elektrochemischen Techniken erforder-
liche Messaufbau vorgestellt (Kap. 3.3.1), anschliessend werden die theoretischen
Grundlagen für den Polarisationswiderstand als Messgrösse der Korrosionsge-
schwindigkeit (Kap. 3.3.2) sowie die Impedanz der Phasengrenze Stahl/Beton (Kap.
3.3.3) erläutert, und schliesslich folgt die Beschreibung der verschiedenen
Messtechniken, welche zur Bestimmung des Polarisationswiderstands (und damit der
Korrosionsgeschwindigkeit) eingesetzt werden können (Kap. 3.3.4 ff).

3.3.1 Messaufbau

Um einer Metallelektrode, z.B. Stahl in Beton, ein vom Korrosionspotential Ekorr ab-
weichendes Potential E aufzuprägen (s. Gl. 3.1), muss, wie Abb. 2.4 zeigt, ein äusse-
rer Strom is durch die Metallelektrode fliessen. Eine anodische Polarisation (E >
Ekorr) führt zu einem positiven Summenstrom is, eine kathodische (E < Ekorr) zu ei-
45

nem negativen Strom is. Bei kathodischer Polarisation wird die Auflösungsgeschwin-
digkeit des Metalls (ablesbar auf der anodischen Teilstromkurve) reduziert.

Voltmeter
(hochohmig)
(Computer) Referenzelektrode RE

AE
Potentiostat RE
GE

Gegenelektrode GE

Generator

Arbeitselektrode AE

Abb. 3.6 Schematische Darstellung der Messanordnung für elektrochemische Mes-


sungen. AE Arbeitselektrode, RE Referenzelektrode, GE Gegenelektrode

Gegenelektrode
Damit dieser äussere Strom is im System Metall / Elektrolyt fliessen kann, wird eine
Messanordnung mit einer dritten Elektrode, der sog. Gegenelektrode, zur Stromein-
speisung benötigt (Abb. 3.6). Im Falle wässriger Lösungen kann die Gegenelektrode
in den Elektrolyten getaucht werden, für Stahl im Beton - im Labor oder auf Bauwer-
ken - wird die Gegenelektrode auf die Betonoberfläche aufgesetzt. Die Gegenelek-
trode, auch Sekundär- oder Hilfselektrode genannt, soll aus einem inerten Material
(z.B. Platinblech oder -netz, Chrom-Nickelstahl, Graphit) bestehen. Um ein möglichst
symmetrisches elektrisches Feld um die Arbeitselektrode zu erhalten, sind
planparallele oder zylindrische Anordnungen vorteilhaft. Für Bauwerksmessungen
werden Gegenelektrode und Bezugselektrode zu einem Messkopf (Abb. 3.7) zu-
sammengefasst, der als Ganzes auf der Betonoberfläche fixiert wird.
46

BNC Buchse
(Referenzelektrode)
Kupfer
Kupfersulfat
Holz (Diaphragma)
Wasserzufuhr
BNC Buchse
(Gegenelektrode)
Einstich für O-Ring
Messkopf (Kunststoff)
Gegenelektrode
(Streckmetall 18/8)
Schaumgummi

Abb. 3.7 Messkopf mit Gegen- und Bezugselektrode für elektrochemische Messun-
gen auf Bauwerken oder an grossen Laborproben (Entwicklung IBWK)

Potentiostat
Zur kontrollierten Regelung des aufgeprägten Potentials E verwendet man sog. Po-
tentiostaten (Abb. 3.8). Diese Geräte enthalten zusätzlich zum hochohmigen Elektro-
meter (Potentialmessung) einen sehr empfindlichen Differenzverstärker (FOV), wel-
cher das gemessene Potential der Bezugselektrode (IST) mit dem vorgegebenen
Potential E (SOLL) laufend vergleicht und Abweichungen mit einem Verstärkungs-
faktor von 106 (1µV Differenz am Eingang produziert 1 V Spannung am Ausgang)
sofort (d.h. innerhalb von µsec) durch Änderung des Stromflusses durch die elektro-
chemische Zelle korrigiert.

LV

Elektro- soll
chemische - -
Zelle FOV
GE FOV
ist + +
BE
AE Impedanzwandler Summierer

Abb.3.8 Schematische Darstellung des Prinzipschaltbilds eines Potentiostaten:


FOV Vorverstärker (Impedanzwandler, Summierer)
LV Leistungsverstärker
47

Je nach Art des Signals am Sollspannungseingang unterscheidet man verschiedene


elektrochemische Messtechniken (Tab. 3.1).

Tabelle 3.1:
Elektrochemische Messtechniken nach Art des Signals am Sollspannungseingang
des Potentiostaten

Signal Sollspannung Technik


konstant (E = const) potentiostatisch
Rampe (dE/dt = const) potentiodynamisch
Wechselspannung Impedanz
Sprung Pulsmesstechnik
48

3.3.2 Polarisationswiderstand

Wie aus Abb. 2.4 hervorgeht, ist die von aussen messbare Summenstromdichte am
Korrosionspotential Ekorr is = 0, da sich anodische und kathodische Teilstromdichten
aus Elektroneutralitätsgründen gegenseitig kompensieren. Auf der Basis grundle-
gender elektrochemischer Gesetze - des Additivitätsprinzips von Wagner und Traud
und der exponentiellen Potentialabhängigkeit elektrochemischer Reaktionen - lassen
sich aus der experimentell messbaren Summenkurve is(E) in der Nähe des Korro-
sionspotentials dennoch Aussagen bezüglich der Korrosionsgeschwindigkeit ikorr
ableiten. In der Nähe des Korrosionspotentials lässt sich die Summenstromkurve
is(E) durch eine Gerade beschreiben:

is (E) = ikorr (E - Ekorr) / B [µA/cm2] (3.3)

Die Steigung dieser Gerade ist gleich dem reziproken Polarisationswiderstand Rp


des Systems:

dis (E) / dE = ikorr / B = 1/ Rp [Ω-1cm-2] (3.4)

Summenstrom
1
6P Rp

¡ korr

6¡![mV]
6P!"t#

-10 -5 0 +5 +10

6¡!"t#

Impedanz Z( t)

Abb. 3.9 Polarisationswiderstand als Neigung der Summenstromdichte / Potential-


kurve am Korrosionspotential Ekorr
49

Daraus resultiert die bekannte Gleichung von Stern-Geary [14], nach der die (nicht
direkt messbare) Korrosionsstromdichte ikorr aus dem experimentell zugänglichen
Polarisationswiderstand Rp bestimmt werden kann:

ikorr = B / Rp [µA/cm2] (3.5)

Die Grösse B ist eine Systemkonstante, welche die Kinetik der anodischen und ka-
thodischen Teilreaktion beinhaltet. B kann durch unabhängige elektrochemische
Messungen bestimmt werden, für korrodierenden Stahl in Beton erhält man B =
0.026 V. Die Stromdichte bzw. der Polarisationswiderstand sind flächenbezogene
(spezifische) Werte.

Die Gleichungen (3.4) und (3.5) gelten nur unter folgenden Bedingungen:

1 Linearität
Gleichung 3.3 gilt nur ganz in der Nähe des Korrosionspotentials Ekorr, die Pola-
risation ∆E = |E - Ekorr| soll daher weniger als 10 - 20 mV betragen.

2 Stationarität
Der Polarisationswiderstand Rp soll unter stationären Bedingungen gemessen
werden. Die Bedingung der Stationarität wird für die verschiedenen Methoden zur
Bestimmung von Rp unterschiedlich erreicht.
50

3.3.3 Impedanz der Phasengrenze Stahl / Beton

Durch die Betonüberdeckung des zu untersuchenden Stahls, die rein geometrisch zu


einer endlichen Distanz zwischen dem Stahl und der Bezugselektrode auf der Beton-
oberfläche führt, ergibt sich ein weiteres Problem. Elektrisch äussert sich dies in ei-
nem in Serie zum Interface Stahl / Beton geschalteten Widerstand, dem ohmschen
Widerstand RΩ der Betonüberdeckung (Abb. 3.10). Das Interface Stahl / Beton kann
durch eine Parallelschaltung der Faradyimpedanz ZF und der Doppelschichtkapazität
cD dargestellt werden. Damit ergibt sich folgender komplexer Ausdruck für die Impe-
danz der Phasengrenze Metall / Elektrolyt:

1
Z(ω ) = RΩ + ( + jω c D )−1 (3.6)
ZF

Wird die Faradayimpedanz ZF zum Polarisationswiderstand Rp* vereinfacht, lassen


sich folgende Grenzwerte der Impedanz Z(w) bestimmen: bei hohen Frequenzen
(w®¥) wird die Doppelschicht voll leitend, der Polarisationswiderstand wird über-
brückt und man erhält:

Z(ω ) = RΩ (3.7)
ω →∞

Genauso gilt für genügend tiefe Frequenzen (w®0, praktisch Gleichspannung):

dI
Z(ω ) = RΩ + R p * = ( ) Ekorr−1 (3.8)
ω→0 dE

Bei hohen Frequenzen wird also der elektrische Widerstand der Betonüberdeckung
gemessen, bei tiefen Frequenzen implizit die Neigung der stationären Stromdichte /
Potentialkurve am Korrosionspotential, wo die Messung durchgeführt wird. Daraus
wird deutlich, dass sich der experimentell gemessene Polarisationswiderstand Rp
(Gl. 3.4) aus dem ohmschen Widerstand RΩ und aus dem wahren Polarisationswi-
derstand Rp* (welcher zur Korrosionsgeschwindigkeit proportional ist) zusammen-
setzt:

Rp = Rp* + RΩ (3.9)

Reine Gleichstrommessungen (potentiostatische Messungen) können den Einfluss


von RΩ und Rp* nicht trennen, die nach Gl. 3.5 bestimmten Korrosionsgeschwindig
51

Abb.3.10 Allgemeines Ersatzschaltbild einer Grenzfläche Metall/Elektrolyt

keiten werden - je nach Grösse von RΩ - stark oder sehr stark unterschätzt. Der
Einfluss von RΩ ist bei trockenem Beton, grosser Betonüberdeckung und grosser
Fläche des Stahls besonders hoch und kann Fehler von mehr als 100% bewirken.
Eine korrekte Bestimmung des wahren Polarisationswiderstands setzt demnach
immer eine Korrektur für den ohmschen Widerstand RΩ voraus.

Der Polarisationswiderstand Rp* kann durch verschiedene elektrochemische Mess-


techniken bestimmt werden, die im folgenden einzeln beschrieben werden:

o potentiostatische Polarisation (Kap. 3.3.4)


Der Metallelektrode wird ein Potential E (E = Ekorr ± 5 mV, Ekorr ± 10 mV)
aufgeprägt, der resultierende Strom is(E) unter stationären Bedingungen (t -> ∞)
wird gemessen
o Impedanzmessungen (Kap. 3.3.5)
Der Metallelektrode wird ein Wechselspannungssignal der Frequenz f ∆E(f) mit
kleiner Amplitude (ca. ± 10 mV) aufgeprägt, der resultierende Strom ∆is(f) wird
gemessen. Der Polarisationswiderstand wird durch Extrapolation des Impedanz-
spektrums zu f -> 0 ermittelt.
o Galvanostatische Pulsmessung (Kap. 3.3.6)
Der Metallelektrode wird für ca. 10 sec ein kleiner, konstanter Strom ∆I aufge-
prägt, das sich einstellende Potential E wird als Funktion der Zeit registriert. Die
Bestimmung von Rp erfolgt durch Extrapolation der Potential/Zeit Kurve E(t) bis
zu t -> ∞.
52

3.3.4 Potentiostatische Polarisation (LPR)

Bei dieser "klassischen" Methode zur Bestimmung des Polarisationswiderstands Rp


(auch linear polarization resistance genannt) wird der Metallelektrode (z.B. Stahl in
Beton) von aussen (über die Gegenelektrode) ein konstantes Potential E (E = Ekorr ±
5 mV, Ekorr ± 10 mV) aufgeprägt, und der resultierende Strom is(E, t) wird gemessen
(Abb. 3.9). Der Strom sinkt während der Messzeit ab und erreicht einen neuen End-
wert. Die völlige Stationarität, wie sie für die Anwendung von Gl. 3.5 gefordert wird,
d.h. t -> ∞, ist praktisch nicht realisierbar, deshalb wird solange polarisiert, bis der
sich einstellende Strom is(E, t) sich nur noch unwesentlich ändert. Berechnungen
basierend auf dem einfachen Modell für das System Stahl in Beton (Abb. 3.10)
haben gezeigt, dass die für das Abklingen des Stroms massgebende Zeitkonstante t
durch das Produkt Cd*RΩ bestimmt wird. Aufgrund von Labormessungen wurde eine
Polarisationszeit von 1 - 2 min pro Punkt als notwendig und genügend genau
befunden (Abb. 3.11). Werden vier Punkte gemessen, dauert eine Polarisations-
widerstandsmessung mit der LPR Methode ca. 10 - 15 min.

Zeit [ s ]
20 40 60 80 100

0.15
[ µA / cm2 ]

0.11

0.07
I corr

0.03

2.5 5 10 25 50 100 250


Polarisationsgeschwindigkeit [ mV / min ]

Abb. 3.11 Verlauf der Stromdichte nach anodischer Polarisation um ∆E = 10 mV


Laborversuche an Stahl in chloridhaltigem Mörtel (nach Andrade [15])

Diese reine Gleichstrommessung kann den Einfluss des ohmschen Widerstands der
Betondeckung nicht erfassen - die mittels LPR gemessenen Werte des Polarisations-
widerstands müssen nach Gl. 3.9 noch um RΩ korrigiert werden. Dazu können
Wechselspannung (Gl. 3.7) oder Transiententechniken (Ein- oder Ausschaltmessun-
gen) eingesetzt werden.
53

Vorhandene portable Geräte


Soweit bekannt, sind heute international vier Geräte auf dem Markt, welche die mo-
mentane Korrosionsgeschwindigkeit von Stahl in Beton nach dem Prinzip der LPR-
Messung bestimmen. Es handelt sich dabei um den Corrosion Rate Meter der Ken
Clear Inc. (USA), einen LPR Meter des NBS (National Buro of Standard, USA), einen
Corrosion Rate Meter der NSC (Nippon Japan) und dem neuesten Gerät GECOR6
(Geocisa SA, Madrid, Spanien). Verschiedene Forschungsgruppen in Europa benüt-
zen Labormessgeräte (Potentiostaten) für ihre Forschungsarbeiten.
54

3.3.5 Impedanzmessungen

Die Messanordnung zur Bestimmung der Elektrodenimpedanz ist in Abb. 3.12 dar-
gestellt. Zusätzlich zu den für potentiostatische Messungen (LPR) erforderlichen Ge-
räten wird ein Generator/Analysator für die Wechselspannungssignale eingesetzt.
Der Messkopf mit Gegen- und Bezugselektrode ist derselbe (Abb. 3.7) wie für die
LPR-Messungen auf Bauwerken. Es muss auf möglichst kurze, abgeschirmte Verbin-
dungskabel zwischen Probe bzw. Bauwerk und Potentiostat, auf die Auftrennung der
strom- und potentialmessenden Zuleitungen zur Arbeitselektrode und auf das Über-
brücken des Bezugselektrodensystems mit einem Kondensator (≈ 1 µF) geachtet
werden. Für Messungen auf Bauwerken ist eine Auftrennung der Geräteerde erfor-
derlich (Vermeiden von Erdschlaufen Bewehrung - Netzerde).

Abb. 3.12 Messanordnung zur Bestimmung der Impedanz von Stahl in Beton

Für die vollständige Messung der Elektrodenimpedanz ist ein Frequenzbereich von
einigen mHz bis gegen 100 kHz erforderlich. Da in den meisten praktischen Syste-
men mit nicht vernachlässigbaren Störungen (Rauschen, Netzfrequenz etc.) gerech-
net werden muss, werden hohe Anforderungen bezüglich Rauschunterdrückung ge-
stellt. Das Korrelationsverfahren mit digitaler Berechnung der Antwortfunktion (Digital
Transfer Function Analyser) ist aus diesen Gründen für eine Impedanzmessung be-
sonders geeignet. Das Prinzip des Korrelationsverfahrens ist schematisch in Abb.
3.13 dargestellt.
55

Die für ein elektrochemisches System mit der Transferfunktion H(ω) auf ein
sinusförmiges Störsignal

x(t) = x 0 • sin(ω t)

resultierende Systemantwort Sx(t) (Strom) und Sy(t) (Potential) lässt sich allgemein
schreiben als:

S(t) = x 0 • H (ω ) • sin[ω t + Φ(ω )] + ∑ Am sin(mω t − Φ m ) + n(t) (3.10)


m

Die Systemantwort auf den beiden Kanälen ist also die Summe aus der Grundwelle
der angeregten Frequenz, den verschiedenen harmonischen Oberwellen und dem
Rauschen n(t).

Abb.3.13 Arbeitsprinzip des Korrelators (Digital Transfer Function Analyser)

Im Analysator wird die Systemantwort S(t) für beide Kanäle mit zwei synchronen
Referenzsignalen, eines in Phase mit dem Störsignal x(t), eines mit einer Phasenver-
schiebung von 90° zu x(t), korreliert:

T
1
Re = ∫ S(t) • sin(ωt) (3.11)
T0
56

T
1
Im = ∫ S(t) • cos(ωt ) (3.12)
T0
Durch dieses Korrelationsverfahren werden alle harmonischen Oberwellen zu Null
integriert, da ihre Frequenz nicht der angeregten Frequenz entspricht (keine Korre-
lation). Dasselbe geschieht mit dem Rauschen n(t), allerdings nur bei (theoretisch)
unendlich langer Integrationszeit T, da das Rauschen die angeregte Frequenz w
ebenfalls enthält. Als Resultat des Korrelationsverfahrens erhält man für jeden unter-
suchten Kanal (Strom und Potential) zwei, dem Real- und Imaginärteil proportionale,
Signale:

Re(T → ∞) = x0 • H (ω ) • cosΦ( ω ) (3.13)

Im(T → ∞) = x 0 • H (ω ) • sinΦ( ω ) (3.14)

Im praktischen Versuch ist die Integrationszeit nicht unendlich lang. Trotzdem kann
die Bandbreite ∆f des noch verbleibenden Rauschens reduziert werden:

Δf 1
= (3.15)
f N

Die Impedanz des Systems ergibt sich als Quotient der beiden Systemantworten:

Re y (ω ) − j • Im y (ω )
Z(ω ) = (3.16)
R • [Re x (ω ) − j • Im x ( ω )]

Einziger Proportionalitätsfaktor ist der Bereichswiderstand R des Potentiostaten, über


den der Strom gemessen wurde.

Die resultierenden Impedanzspektren enthalten prinzipiell die gesamten, am Inter-


face Stahl / Beton ablaufenden elektrochemischen Reaktionen und erlauben einen
vertieften Einblick in den Mechanismus der Korrosion. Da eine Messung je nach Fre-
quenzbereich 45 min bis zu 3 Stunden dauert, beschränkt sich der Einsatz dieser
Technik vollständig auf Laboruntersuchungen. Einige Testmessungen auf Bau-
werken wurden mit den Laboreinrichtungen durchgeführt.
57

3.3.6 Galvanostatische Pulsmessung

Die galvanostatische Pulsmessung arbeitet, im Gegensatz zu Impedanzmessungen,


im Zeitbereich. Der Bewehrung wird über einen kleinen, auf der Betonoberfläche
aufgesetzten Messkopf mit Bezugs- und Gegenelektrode (Abb. 3.7) kurzzeitig ein
geringer, konstanter Strom aufgeprägt. Die resultierende Potentialantwort E(t) wird
mit einer Cu/CuSO4 Elektrode und einem hochohmigen Voltmeter gemessen und mit
einer Taktrate von 10 msec/Punkt mit einem Speicheroszilloskop bzw. einer A/D
Karte im Computer erfasst. Die Messanordnung ist schematisch in Abb. 3.14 darge-
stellt. Die Stromstärke des Pulses wird so gewählt, dass die Polarisation des Stahls
kleiner als 20 mV bleibt (Bedingung der Linearität). Der Analyse und Auswertung des
Potentialverlaufs E(t) liegt das einfache Ersatzschaltbild (Abb. 3.10) mit ohmschen
Widerstand, Polarisationswiderstand und Doppelschichtkapazität zugrunde.

Abb. 3.14 Messanordnung der Galvanostatischen Pulsmessung

Damit resultiert für die Potentialantwort auf einen kleinen Strompuls Ipuls

E(t) = Ipuls {Rp [1 - exp ( -t / (RpCdl))] + RΩ } (3. 17)

Rp Polarisationswiderstand
Cdl Doppelschichtkapazität
RΩ ohmscher Widerstand
58

Ein typisches Beispiel eines galvanostatischen Pulses zeigt Abb. 3.15. Aus Gl. 3.17
lassen sich die Grenzwerte bei kurzen (t -> 0) und langen Zeiten herleiten:

E(t) t->0 = Ipuls * RΩ = ∆EΩ (3.18)

d.h.: zur Zeit des Sprungs (t = 0) wird der ohmsche Spannungsabfall ∆EΩ gemessen.

E(t) t->∞ = Ipuls * [ RΩ + Rp ] = ∆EΩ + ∆Ep (3.19)

Bei Extrapolation von Gl. 3.17 zu t = ∞ resultiert nach Gl. 3.19 die Summe von ohm-
schem Potentialabfall und stationärer Polarisation ∆Ep der Elektrode. Den ohmschen
Widerstand und den Polarisationswiderstand erhält man durch Division von Gl. 3.18
bzw. Gl. 3.19 durch die Pulsstromstärke Ipuls. Der Vorteil der Pulsmessung besteht
darin, dass eine Messdauer von 8 - 10 sec genügt, um den stationären Wert des
Polarisationswiderstands durch curve fitting und Extrapolation zu ermitteln. Der
ohmsche Widerstand der Betonüberdeckung wird bei der Analyse direkt mitbestimmt.

-400

-420
Potential [mV SCE]

fit Ep
-440

-460
Eohm

-480
delta
-500

-520
-1 0 1 2 3 4 5 6
Zeit [sec]

Abb. 3.15 Beispiel des Potentialverlaufs E(t) während eines galvanostatischen


Pulses. t < 0: Korrosionspotential Ekorr
59

Für eine rasche Kurvenanpassung der experimentell gemessenen Werte an den


theoretischen Potentialverlauf E(t) nach Gl. 3.17 wird eine Routine mit nicht linearer
Minimierung des Fehlerquadrats verwendet, dazu wird Gl. 3.17 umformuliert zu:

E(t) = K0 - K1 exp (-t / K2) (3.20)

K0 = (Ipuls Rp + Ipuls RΩ) [V]


K1 = Ipuls Rp [V]
K2 = (Rp Cd) [ sec ]

Wie Abb. 3.15 zeigt, wird durch Extrapolation der gefitteten Kurve E(t) zu t->0 der
ohmsche Widerstand bestimmt (Gl. 3.18), die Extrapolation zu t->∞ ergibt die Summe
von RΩ und Rp.
60

3.4 Makroelemente

Makroelemente entstehen beim Kontakt zweier unterschiedlicher Metalle (Kontakt-


element), bei lokaler Korrosion (s. Abb. 2.7) oder bei stark unterschiedlichem Sauer-
stoffgehalt (Belüftungselement). Charakteristisch ist, dass ein von aussen nicht
messbarer Kurzschlussstrom (Gl. 2.6) zwischen Anode und Kathode fliesst. Um die-
sen Kurzschlussstrom zu erfassen, werden oft Modell-Makroelemente herbeigezo-
gen, in denen Anode und Kathode(n) elektrisch voneinander getrennt sind [16]. Das
in dieser Arbeit verwendete Modell für das Makroelement besteht aus einer Anode
aus Eisen, seitlich flankiert von Kathoden aus CrNi 18/8 Stahl (Abb. 3.16).

25 25 25 25 25 25 5 25 25 25 25 25 25

7 Pol Kabel Kabel


(1x A + 6x K)
K1 K2 K3 K4 K5 K6 K7 K8 K9 K10 K11 K12 PVC
Stab

A 6.5

Abb. 3.16: Aufbau des Makroelements (Anode: Stahl, Kathoden: hochleg. Stahl)

Nullwiderstandamperemeter

m1 m2 m3 m4 m5 m6 m7 m8 m9 m10 m11 m12

k1 k12
k2 k11
k3 k10
k4 k9
k5 k8
k6 k7

K1 K2 K3 K4 K5 K6 A6,5 K7 K8 K9 K10 K11 K12

K: Kathoden A: Anode k: Kurzschluss m: Messung

Abb. 3.17 Schaltschema zur Erfassung der Teilströme am Makroelement


(K: Kathoden, A: Anode, k: Kurzschluss, m: Messung)
61

Das Makroelement ist wie folgt aufgebaut: An ein 5 mm dickes kreisförmiges Bau-
stahlsegment (St 37), der Anode, wird auf beiden Seiten je ein PVC-Stab ange-
schraubt, welcher eine Länge von 23 cm aufweist. Auf diesen Trägerstab sind 2.5 cm
lange und 1mm dicke nichtrostende CrNi-Stahlsegmente (Kathoden) montiert. Die
einzelnen Rohrabschnitte werden durch einen 1 mm breiten Spalt voneinander ge-
trennt und auf den Stab aufgeleimt. Somit sind sie voneinander elektrisch isoliert. Der
elektrische Anschluss der Anode und der Kathodensegmente erfolgt durch abge-
schirmte Kabel, welche an den einzelnen Segmenten angelötet werden und im PVC-
Stab nach aussen geführt werden. Der im realen Makroelement existierende Kurz-
schluss kann durch externes Zusammenschalten von Anode und Kathode(n) simu-
liert werden, über ein Null-Widerstands-Ampèremeter lassen sich die fliessenden
Teilströme erfassen (Abb. 3.17). Die Teilstrommessung wird bei kurzgeschlossenen
Segmenten durchgeführt, d.h. alle Kathoden sind elektrisch leitend mit der Anode
verbunden. Demzufolge sind in Abb. 3.17 die Schalter von K1 bis K12 geschlossen.
Zur Messung der Teilströme (zwischen K1 und A6.5, K2 und A6.5 u.s.w.) werden
hintereinander die Schalter von m1 bis m12 geöffnet. Zwischen den einzelnen Mes-
sungen wird alles wieder kurzgeschlossen, damit der Strom nie unterbrochen wird.
Nach jeder Teilstrommessung wird zusätzlich der Anodenstrom (Anode vs alle Ka-
thoden) gemessen. Diese Anordnung zur Untersuchung der Makroelementkorrosion
kann sowohl in wässrigen Lösungen als auch in Mörtelprüfkörpern eingesetzt wer-
den.

Auf neuen Bauwerken kann durch den Einbau von elektrisch isolierten Bewehrungs-
segmenten mit separatem Anschluss eine ähnliche Anordnung erhalten werden. Auf
bestehenden Bauwerken kann durch das Durchschneiden von Bewehrungsstählen
eine Makrozellanordnung geschaffen werden (Abb. 3.18).

6U,I,R 1

Abb. 3.18 Makroelement auf Bauwerken durch Trennen der Bewehrung


(schematisch)
62
63

4. Resultate

4.1 Potentialmessung

Im Laufe des Forschungsprojekts wurden eine grosse Anzahl von Objekten - insbe-
sondere Brückenplatten, Wände und Stützen - mit der Potentialmessung untersucht.
Diese Arbeiten wurden meist im Rahmen einer Zustandserfassung durchgeführt, d.h.
dass neben der Potentialmessung auch Daten der visuellen Inspektion, Resultate
von Sondierfenstern sowie von Bohrkernen (Chloridgehalt) und z.T. anderer elektro-
chemischer Messungen vorlagen. Beim Einsatz der Potential(feld)messung steht die
Lokalisierung der korrodierenden Bewehrung im Vordergrund; dies ist jedoch nur
dann mit Erfolg möglich, wenn die Zusammenhänge zwischen gemessenem
Potential und den wichtigsten Einflussgrössen bekannt sind. Im folgenden werden die
Resultate gegliedert nach

o Potential / Korrosionszustand der Bewehrung


o Potential / Chloridgehalt des Betons
o Potential / Betonfeuchtigkeit

anhand verschiedener Beispielen präsentiert. Resultate von Labormessungen wer-


den zugezogen, um einzelne Fragen klarer darzustellen bzw. abzurunden.

4.1.1 Zusammenhang Potential / Korrosionszustand der Bewehrung

Die mit der Referenzelektrode gemessenen Potentiale werden an der Betonoberflä-


che und nicht direkt am Bewehrungsstahl erfasst (Abb. 3.1). Für die Unterscheidung
zwischen passiver bzw. korrodierender Bewehrung ist also stets eine Interpretation
der Messresultate erforderlich. Um Erfahrung und Sicherheit in der Interpretation zu
gewinnen, wurde im Laufe des Forschungsprojekts an verschiedenen Objekten nach
der Potentialmessung der Überdeckungsbeton abgetragen und der Korrosionszu-
stand der Bewehrung visuell beurteilt.

Die Anwendung der Potential(feld)messung bei der Zustandserfassung und Be-


urteilung von Bauwerken erfordert das Öeffnen von Sondierfenstern nur in kleinem
Umfang (in ausgewählten Übergangsbereichen aktiv / passiv), um sich ein Bild über
den Zustand der Bewehrung zu verschaffen.
64

1 Beispiel Cugnertobelbrücke
Die in der Schynschlucht gelegene Brücke an der Hauptstrasse Thusis - Tiefen-
castel ist eine ca. 45 m lange gebogene und talwärts geneigte Hohlkastenbrücke,
Baujahr 1962. Die Potentialfeldmessungen wurden im Sommer 1986 im Rahmen
einer Instandsetzung durchgeführt, nachdem der Fahrbahnbelag abgetragen und
die talseitige Konsole entfernt worden waren.

Abb. 4.1 Potentialfeldmessungen Fahrbahnplatte Cugnertobelbrücke II


Beton
freigelegt
Armierung

Abb. 4.2 Resultate der Inspektion der Bewehrung nach Freilegen mit Hydrojet
65

Vorauszuschicken ist, dass die visuelle Inspektion der Betonoberfläche der Fahr-
bahnplatte nur vereinzelt Rostflecken ergab. Ein Ausschnitt aus dem gemessenen
Potentialfeld ist in der Form von Isopotentiallinien in Abb. 4.1 dargestellt. Auffal-
lend ist die unruhige, kleinräumige Struktur des Potentialfeldes, welche auf eine
Vielzahl von kleinen lokalen Korrosionsstellen hindeutet. Weiter zeigt sich deutlich,
dass negative Potentiale vorwiegend in einem Bereich von 1.2 - 1.5 m der Brüc-
kenplatte talseits sowie in der Nähe des Widerlagers auftraten.

Aufgrund dieses Befunds wurde die oberste Lage der Bewehrung auf der ganzen
Länge der Brücke auf 2 m Breite (von der talseitigen Konsole gemessen) mittels
Hydrojet freigelegt und der Korrosionszustand der Bewehrung visuell inspiziert
sowie kartiert (Abb. 4.2). Durch den Betonabtrag mit Hydrojet wurden auch Rost-
spuren (beginnende Korrosion) entfernt. Der Vergleich zwischen Potentialfeld und
Korrosionszustand der Bewehrung zeigte folgende Resultate:

1. An sämtlichen Stellen, an denen Querschnittsverluste an der Bewehrung de-


tektiert wurden, zeigte auch das Potentialfeld stark negative Werte.
2. Bereiche mit negativem Potential traten auch an Stellen auf, wo kein Angriff der
Bewehrung sichtbar war (beginnende Korrosion).
3. Als Grenzwert für das Vorliegen von Korrosion wurde für dieses Bauwerk und
Messbedingungen der Wert von -300 mV (CuSO4) erhalten.

Im weiteren zeigt sich klar, dass das Auffinden von sehr lokalisierten Lochfrass-
angriffen einen genügend feinen Messraster voraussetzt, ein Abstand von 15 cm
war im Fall Cugnertobelbrücke gerade ausreichend.

2. Beispiel San Bernardino Tunnel


Der 6.6 km lange San Bernardino Tunnel (N 13) ist von der Konstruktion her ge-
sehen eine "Brücke im Tunnel". Die doppelt abgestützte und an den Tunnelwän-
den im Gewölbe gelagerte Fahrbahnplatte besteht wegen den grossen auftreten-
den Temperaturunterschieden und damit Dehnungen aus Abschnitten mit
Scheinfugen alle 2.5 m und echten Dilatationsfugen alle 25 m. Die Untersicht der
Fahrbahnplatte wurde im Bereich von 15 Fugen (5 DF, 10 SF) auf einer Fläche
von je ca. 125 m2 mit der Potentialfeldmessung auf Korrosionsschäden überprüft.
Ein Beispiel zeigt Abb.4.3 . Das Potentialfeld zeigt, dass stark negative
66

Abb. 4.3 Potentialfeld der Fahrbahnplatte Tunnel San Bernardino, gemessen von
unten im Bereich des Zuluftkanals. Links: Contourplot, rechts: IBWK
Farbplot. SF: Scheinfuge, DF: Dehnfuge
67

-600

Potential [mV CuSO4]


50

-400 40

Häufigkeit %
30

-200 20

10

0 0
0 1 2 3 4 5 6
Angriffsintensität

Abb. 4.4 Zusammenhang zwischen dem gemessenen Potential und dem Korro-
sionszustand der Bewehrung (Unterseite Fahrbahnplatte Tunnel San
Bernardino)

Potentiale nur im Bereich der Fugen auftreten, der Grossteil der Fahrbahnplatte ist
passiv. Zur Überprüfung wurde die Armierung im Übergangsbereich korrodiert /
intakt an verschiedenen Stellen auf einer Fläche von ca. 1 m2 freigelegt, darauf
der Korrrosionszustand beurteilt und in die Angriffsklasse 1 - 6 eingeteilt (Abb.
4.4).

Die grossen korrodierenden Bereiche waren durch Feuchtigkeit und Rostspuren


an der Untersicht deutlich zu erkennen. Folgende Resultate gingen aus dem Ver-
gleich Potential - Korrosionszustand hervor:

1. Die durch das Potentialfeld angezeigte korrodierende Zone stimmte sehr gut
mit der visuellen Beurteilung nach Freilegen der Bewehrung überein.
2. Im Vergleich zur rein visuellen Inspektion (Abplatzungen, Frost/Tausalzschä-
den am Beton) wart die mit der Potentialfeldmesstechnik festgestellte korrodie-
rende Zone etwa 30 - 50% grösser.
3. Stärkere Korrosionsangriffe an der Bewehrung stimmten mit negativeren Po-
tentialen überein (Abb. 4.4).
4. Mit dem Grenzwert von -350 mV CSE wurden praktisch alle, auch erst begin-
nende Korrosionsstellen erfasst.
68

3. Beispiel Crestawaldbrücke, Nationalstrasse N13


Die an der N13 liegende Crestawaldbrücke wurde 1987 zwecks Ausarbeitung
eines Instandsetzungsprogramms in zwei Etappen hinsichtlich ihres Gesamt-
zustandes untersucht. Dazu wurden an total 21 Sondierschlitzen in der Grösse
von einem bis zu sechs Quadratmetern der Belag entfernt. Auf dem freigelegten
Beton wurden vom IBWK Potentialmessungen zur Erfassung des Korrosionszu-
stands der Kragbewehrung durchgeführt, die Bereiche, welche korrodierende
Eisen anzeigten, teilweise freigelegt und die Bewehrung hinsichtlich ihres Korro-
sionszustands beurteilt.

An den 21 Feldern, verteilt über die ganze Länge der Brücke, wurde zusammen-
fassend folgendes festgestellt:
1 Korrosion der Bewehrung wurde im allgemeinen bei Potentialen <-350 mV
CSE festgestellt.
2 Zusätzliche Potentialverschiebungen in negative Richtung traten durch Polari-
sation durch Fremdmetalle (Vorliegen von Fugenblechen oder Streckmetall)
bzw. an Stellen früherer Reparaturen mit Epoxymörtel (Sauerstoffmangel) auf.
3 Korrosionsschäden liegen - typisch für stark streusalzbeanspruchte Bauwerke
- fast ausschliesslich als Lochfrass vor. Dies hauptsächlich im Bereich des
Randsteins und an nicht entferntem Streckmetall. Alle nicht im Bereich einer
Arbeitsfuge, Fuge oder Stütze liegenden Sondierfelder zeigten intakte Beweh-
rung.

Als Beurteilung wurde festgehalten, dass sich die Korrosionsschäden auf verarbei-
tungstechnische oder konstruktive Schwachstellen konzentrieren (Randstein,
Arbeitsfugen, Stützenbereich). Das Ausmass der Korrosion in diesen Bereichen ist
aber beträchtlich, lokale Korrosion mit Querschnittsverlusten bis 50% und über die
Hälfte aller Bewehrung im korrodierenden Zustand lassen eine punktuelle In-
standsetzung fraglich erscheinen. Mit einer Anzahl von Sondierschlitzen und An-
wendung der Potentialfeldmessung können verlässliche Aussagen über den Kor-
rosionszustand der Bewehrung der ganzen Brücke gemacht werden. Bezüglich
der Interpretation der Messdaten zeigte sich, dass stark negative Potentiale auch
durch einen sehr dichten, nicht sauerstoffdurchlässigen Epoxy Reparaturmörtel
bewirkt werden können. Auf zukünftigen, bereits instandgesetzten Objekten muss
dieser Tatsache Rechnung getragen werden.
69

4. Beispiel Viadotto delle Fornaci, Lugano, N2

Die Autobahnbrücke Fornaci (Lugano, N2) wurde im Jahre 1985 im Bereich der
Fahrtrichtung Nord-Süd instandgesetzt. Damals wurden viele kleine und grössere
Schäden am Beton der Fahrbahnplatte festgestellt und örtlich behoben. Für 1986
stand dann die Fahrtrichtung Süd-Nord auf dem Programm. In Anbetracht des
Schadensbildes, das bei der talwärts führenden Brücke festgestellt wurde, ent-
schloss sich der Bauherr, die Potentialfeldmessung zur Lokalisierung der korrodie-
renden Bereiche der Bewehrung einzusetzen.

Nach dem Entfernen des Asphaltbelags (und einer ausgedehnten Regenperiode)


wurden im April 1987 die Potentialfeldmessungen von einer Messequipe des
IBWK ausgeführt. Die Messungen wurden erstmals mit der am IBWK entwickelten
Radelektrode sowie der Datenerfassung auf PC und auch erstmals auf einem so
grossen Objekt durchgeführt. Die Methode erlaubte ein sehr rasches Arbeiten (für
die gegen 1000 m2 oder über 30'000 Einzelmessungen wurde nur ein ganzer Tag
benötigt).

Die erhaltenen Resultate wurden als Äquipotentiallinien in den von der Bauleitung
vorgegebenen Raster eingezeichnet. Folgendes wurde festgestellt :
o Freiliegende Bewehrung
Sehr oft fallen die als stark korrodierend bezeichneten Bereiche mit ganz oder
teilweise freigelegter, d.h. mangelhaft überdeckter Bewehrung zusammen.
Damit wurden Bereiche erfasst, welche auch bei der visuellen Kontrolle als
gefährlich erkannt worden wären.
o Arbeitsfugen
Die Potentialfeldmessung zeigte aber auch negative Potentiale an Bereichen,
welche direkt mit dem Bauvorgang im Zusammenhang stehen: dien Arbeitsfu-
gen. Weiter wurde festgestellt, dass negative Potentiale häufiger auf der linken
Seite der Fahrbahn (Überholspur) auftraten, was mit der leichten Neigung der
Fahrbahnplatte zu dieser Seite hin erklärt werden kann. In diesen Bereichen
war von Auge keine Korrosion sichtbar.

Die erstmals mit der verbesserten Apparatur (Radelektrode, Datenverarbeitung) in


derart grossem Umfang angewandte Potentialfeldmessung hat sich zur Lokalisie-
rung der korrodierenden Bereiche der Bewehrung bewährt. Die Instandsetzung
der Brückenplatte wurde anhand des Potentialfelds projektiert.
70

5. Beispiel Brücke Morbio


Die Potentialfeldmessungen auf dieser Brücke nahe der Grenze im Tessin wurden
im Sommer 1986 durchgeführ. Der Beton war nach dem Entfernen des Asphalts
ca. zwei Wochen der sommerlichen Witterung ausgesetzt und trocken. Dadurch
wurden alle Potentialwerte zu sehr positiven Werten verschoben, über passiven
Bereichen wurden Werte um 0 mV CSE gemessen, korrodierende Bereiche traten
bereits bei -200 mV CSE auf.

Potentialgrenzwert für Korrosion der Bewehrung


Die aufgeführten und viele weitere Beispiele aus dem Forschungsprojekt und aus der
praktischen Anwendung der Potentialmessung auf Bauwerken zeigen klar, dass kein
fixer Grenzwert für die Festlegung der Grenze zwischen korrodierender und passiver
Bewehrung existiert. Die Zusammenstellung der Resultate in Abb. 4.5 verdeutlicht,
dass die Grenze korrodierend / passiv für jedes Bauwerk (und jede Messung, sofern
sich die klimatischen Bedingungen stark geändert haben) neu bestimmt werden
muss.

1 2 3 4 5 6 7
0 1 Cugnertobelbrücke
]

2 San Bernardino Tunnel


4
Cu / Cu SO

-0.1
3 Rheinbrücke Tamins
-0.2
4 Caslertobelbrücke
[ Volt VS

-0.3 5 Brücke Morbio

-0.4 6 Pfeiler im Meerwasser


Potential

7 ASTM C876-80 Standard


-0.5

-0.6
Keine Korrosion (Wahrscheinlichkeit >95%)
Übergangsphase(keine Aussage)
Korrosion (Wahrscheinlichkeit >95%)

Abb. 4.5 Potentialgrenzwerte für korrodierende und passive Bewehrung ermittelt an


verschiedenen Bauwerken im Vergleich zum ASTM Standard
71

4.1.2 Zusammenhang Potential / Chloridgehalt

Auf Tragwerken wird die Korrosion der Bewehrung meist durch Chloride aus den
Tausalzen ausgelöst, welche mit dem Wasser in den Beton eindringen. Das sich an
der korrodierenden Bewehrung einstellende Korrosionspotential bzw. die an der Be-
tonoberfläche messbaren Potentialwerte sollten daher eine Korrelation zum Chlorid-
gehalt aufweisen. Verschiedene Beispiele erlauben, den vermutenten Zu-
sammenhang Potential / Chloridgehalt zu erhärten.

1. Beispiel San Bernardino


Zusätzlich zu den Potentialfeldmessungen und der visuellen Inspektion der Be-
wehrung wurden über die Fugenbereiche hinweg (Abstand ± 1.25 m) Bohrkerne
von der Oberseite (o) und der Unterseite (u) entnommen und der totale Chloridge-
halt in 1 und 2 cm Tiefe bestimmt. Die Resultate zeigt Tabelle 4.1.

Tabelle 4.1
Korrelation Potential / Chloridgehalt an der Fahrbahnplatte des San Bernardino
Tunnels.

Fuge Nr. +1.25 m +0.5 m +0.1 m -0.1 m -0.5 m -1.25 m


o u o u o u o u o u o u
DF 281 + + + - + + + + - + + +
SF 840 + + + + + + + + + + + +
SF 1231 + + o + + + + + o + + +
SF 2728 + + - + + + + + - + + o
SF 2915 + + - + + + + + + + + +

In Übereinstimmung mit dem Potentialfeld werden nur in der Nähe der Fuge
Chloridgehalte >0.4% (pro Zementgewicht) gemessen. Zwischen dem mit der
Potentialfeldmessung festgestellten Vorliegen von Korrosion und dem gemesse-
nen Chloridgehalt besteht in über 90% aller Fälle (total 60 Bohrkerne) eine ein-
deutige Korrelation:
- zu hohe Chloridgehalte sind stets mit Potentialwerten unter -350 mV CSE ver-
bunden (korrodierende Bewehrung).
- Bereiche mit Chloridgehalten unter 0.4% zeigen positivere Potentialwerte als -
250 mV CSE (passive Bewehrung).
72

2 Beispiel Hohlkasten
Der Boden eines Hohlkastens wurde durch lecke Leitungen bereichsweise stark
chloridverseucht. Zusätzlich zu den rasterförmig angeordneten Punkten, an denen
der totale Chloridgehalt bestimmt wurde, wurde auch das Potentialfeld gemessen.
Wie Abb. 4.6 zeigt, besteht eine gute Korrelation zwischen dem an der Betonober-
fläche gemessenen Potential und dem Chloridgehalt des Betons in verschiedenen
Tiefen.
Chlorid Konzentration [%Zement]

0-1cm
4 2-3cm
3-4cm

0
0 -100 -200 -300 -400 -500

Potential [mV Cu/CuSO ]


4

Abb. 4.6 Zusammenhang zwischen dem Potential der Bewehrung und dem Chlo-
ridgehalt im Beton in verschiedenen Tiefen (Hohlkasten)

3 Beispiel Widerlagermauer
An der Widerlagermauer einer Autobahnbrücke im Bereich einer Kantonsstrassen-
unterführung (Objekt S108 Kt. Solothurn) wurde ein Feldversuch mit elek-
trochemischer Chloridentfernung durchgeführt [16]. Vorgängig wurde der Korro-
sionszustand der Bewehrung mittels Potentialfeldmessung erfasst. An verschiede-
nen Bereichen mit homogenem Potential wurden anschliessend Bohrkerne ent-
nommen und der Chloridgehalt analysiert. Auch bei diesem Objekt wurde ein kla-
rer Zusammenhang zwischen Potential und Chloridgehalt gefunden (Abb. 4.7).
73

3
Cl 0-10 mm
Chloridgehalt [ %Cltot/Zement] Cl 10-20 mm
2.5
Cl 20 -30 mm
Cl 30 - 40 mm
2 Cl 40 - 50 mm

1.5

0.5

0
-500 -400 -300 -200 -100 0
Potential [mV CSE]

Abb. 4.7 Zusammenhang zwischen Potential und Chloridgehalt auf Beweh-


rungsniveau einer Widerlagermauer [17]

Diese Beispiele zeigen, dass die Potentialfeldmessung einen Zusammenhang mit


dem Chloridgehalt im Beton aufweist; das Potentialfeld liefert auch eine qualitative
Information über die Chloridverteilung. Bei grösseren Bauwerken soll dieser Zusam-
menhang mit Chloridanalysen in verschiedenen Potentialbereichen erhärtet werden,
wobei klar definierte Potentialbereiche (Minimum, Maximum) ausgewählt werden
sollen. Die Planung und Ausführung kostspieliger rasterförmig angeordneter Chlorid-
analysen auf einem Bauwerk ist nicht erforderlich, vielmehr sollen Bohrkerne gezielt
aufgrund des Potentialfelds entnommen werden.
74

4.1.3 Zusammenhang Potential / Betonfeuchtigkeit

Erhöhte Betonfeuchtigkeit verschiebt wegen dem damit verbundenen Sauerstoff-


mangel an der Bewehrung das Potential der Bewehrung zu negativeren Werten hin
(s. Kap. 2.2). Für eine einzelne bzw. wenige Messungen ist der Einfluss schwierig zu
isolieren und zu quantifizieren, für den Vergleich ganzer Objekte können mit Hilfe der
statistischen Auswertung der Messdaten (Summenhäufigkeit) klare Aussagen ge-
macht werden.

Abb. 4.8 zeigt Summenhäufigkeitsverteilung aller gemessenen Potentialwerte für ver-


schiedene Brückenplatten (s. Beispiele in Kap. 4.1.1) Es werden stets zwei Geraden
mit unterschiedlicher Steigung gefunden: die steilere Gerade bei positiveren Poten-
tialen entspricht der passiven Bewehrung, die flachere bei negativeren Werten der
korrodierenden Bewehrung. Die Lage der passiven Gerade, d.h. die Mittelwerte der
Potentiale im Passivbereich, variieren von Objekt zu Objekt.

99
San Bernardino
Caslertobel
95 Maienfeld
Morbio
90

80
Summenhäufigkeit [%]

50

20

10

-500 -400 -300 -200 -100 0 100


Potential [mVCu/CuSO ]
4

Abb. 4.8 Summenhäufigkeit der Potentialwerte für verschieden Brückenplatten.


Einfluss der Betonfeuchtigkeit auf die Lage der Verteilungen
75

Das Beispiel San Bernardino (s. Potentialfeld Abb. 4.3) ist atypisch: die Gerade der
aktiven Potentiale ist stark zu negativen Werten verschoben (d.h. überlagert sich
nicht mit den passiven Potentialen), zudem finden sich im Potentialbereich von -300
bis -200 mV praktisch keine Werte (horizontaler Verlauf in Abb. 4.8), was gleichbe-
deutend mit einem sehr starken Potentialgradient zwischen aktiven und passiven Be-
reichen ist. Die Erklärung liegt in der stark unterschiedlichen Betonfeuchte der beiden
Bereiche: die aktiv korrodierenden Bereiche an den Fugen der Fahrbahnplatte waren
auch stark durchfeuchtet, die passiven Bereiche der Platten waren trocken. Das
Auftreten eines derart markanten Übergangsbereichs kann im allgemeinen auf
Brückenplatten nicht erwartet werden. Im Normalfall liegen sicher Schwankungen in
der Betonfeuchtigkeit vor, welche jedoch passive und aktive Bereiche der Bewehrung
gleichermassen betreffen.

400

total
300
Anzahl Werte N

200
aktiv

100

passiv
0

-500 -400 -300 -200 -100 0


Potential E [mV CSE]

Abb. 4.9 Verteilung der passiven und aktiven Potentiale (Galerie Rofla)

Für die Bestimmung des bauwerkspezifischen Potentialgrenzwerts für das Vorliegen


aktiver Korrosion ist ein schematisiertes Vorgehen, welches auf der Annahme eines
Übergangsbereichs wie im Beispiel San Bernardino beruht, nicht unproblematisch.
Eine Darstellung als Häufigkeitsverteilung der Potentialwerte zeigt deutlich, dass sich
im Normalfall die Verteilungen der aktiven und passiven Potentiale überschneiden
(Abb. 4.9). Dies erschwert die Zuordnung der einzelnen Potentialwerte zum
Bewehrungszustand "aktiv" oder "passiv". Eine weitere Komplikation ergibt sich
durch die Polarisation der passiven Bewehrung zu negativeren Werten durch aktiv
korrodierende Bereiche (s. Kap. 4.4, Makroelemente).
76

4.2 Spezifischer Betonwiderstand

Auf Bauwerken stellt sich häufig die Frage nach einer Erfassung des elektrischen
Widerstands des Betons, da damit ein Hilfsmittel zur Bestimmung der Betonfeuchtig-
keit sowie zur Abschätzung des Korrosionsrisikos vorliegt (Gl. 2.3). Mit Hilfe von
Messungen an verschiedenen Bereichen eines Bauwerks können qualitativ Bereiche
höherer Feuchtigkeit ermittelt werden. Um Änderungen im Feuchtigkeitsgehalt bzw.
der Porosität zumindest halbquantitativ zu erfassen, muss die Abhängigkeit des
elektrischen Betonwiderstands von der Temperatur sowie vom Elektrodenabstand a
der 4-Punkt-Messelektrode rücksichtigt werden.

4.2.1 Abhängigkeit vom Elektrodenabstand

Nach Gl. 4.1 hängen der am Widerstandsmessgerät abgelesene Wert R und der
Elektrodenabstand a für einen Beton mit homogenem spezifischem Widerstand r wie
folgt zusammen:

R = ρ/2πa (4.1)

2.5

<b><a><b>
2.0
b=a
Widerstand R [k ohm]

b = 2a
1.5
spez. elektrischer
Betonwiderstand l!"
l = 2 / aR
1.0
25 000 Ohm.cm
20 000 Ohm.cm

0.5

0
0 4 8 12
Abstand a [cm]

Abb. 4.10 Messung des elektrischen Widerstands von Beton (zweilagig bewehrte
"Fahrbahnplatte" im Labor) mit der 4-Punkt-Methode nach Wenner für
verschiedene Elektrodenabstände a.
77

An grossen, zweilagig bewehrten Probekörpern wurde diese Abhängigkeit durch Va-


riation des Elektrodenabstands überprüft. Die Resultate zeigt Abb. 4.10, der hyper-
bolische Zusammenhang, wie er von Gl. 4.1 gefordert wird, geht klar hervor. Die
Messwerte bei verschiedenen Elektrodenabständen lassen sich mit einem spezifi-
schen Betonwiderstand von r = 20.000 - 25.000 Ωcm vollständig beschreiben, dies
sogar unabhängig von der Messanordnung (b = a bzw. b = 2a). Bei der Elektroden-
anordnung b = 2a liegen die bei grösseren Elektrodenabständen a gemessenen
Werte für R unter der theoretisch erwarteten Kurve, da die Bedingung t < a nicht
mehr erfüllt ist, d.h. die Feldlinien nach Abb. 3.5 füllen die gesamte Dicke des Probe-
körpers (20 cm) aus. Für Messungen auf Bauwerken ist daher die Elektrodenanord-
nung b = a mit einem Elektrodenabstand von maximal 5 cm zu wählen.

4.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur

Der elektrische Betonwiderstand ist über die Nernst / Einstein Gleichung mit dem Dif-
fusionskoeffizienten verknüpft. Analog zu den Transportvorgängen (Diffusion) ist
somit eine deutliche Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands zu er-
warten. Abb. 4.11 zeigt die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Betonwider -
stands der Betonplatten des San Bernardino Tunnels. Die Daten wurden über meh-

25
Stromdichte [ mA/m2 ]

20

15
j1

10 j3
j4

0
-10 -5 0 5 10 15 20
Temperatur [ °C ]

Abb. 4.11 Temperaturabhängigkeit des elektrischen Betonwiderstands (Beispiel


Fahrbahnplatte Tunnel San Bernardino) [18]
78

rere Jahre im Rahmen des Versuchsprogramms Kathodischer Korrosionsschutz am


Objekt erfasst. Ähnliche Daten liegen auch von andern Feld- bzw. von Laborversu-
chen vor [19, 20].

Die gemessene Temperaturabhängigkeit lässt sich mit folgender Gleichung be-


schreiben:

R2 = R1 exp (A [1/T2 - 1/T1]) (4.2)

R1 Widerstand bei Temperatur T1 [Ω]


R2 Widerstand bei Temperatur T2 [Ω]
A Konstante [K]
T1, T2 Temperatur [K]

Im weiteren hängt der spezifische Betonwiderstand stark von der Zusammensetzung


der Porenflüssigkeit des Betons (pH-Wert, Chloride), der Umgebungsfeuchtigkeit
sowie der Porosität des Betons ab [21, 22].
79

4.3 Polarisationswiderstand / Korrosionsgeschwindigkeit

Ein einzelner Potentialwert von Stahl in Beton kann nicht a priori einem Korrosions-
zustand der Bewehrung zugeordnet werden, da die Feuchtigkeit des Betons, der
Chloridgehalt und der Sauerstoffzutritt zur Bewehrung die Potentiale beeinflussen (s.
Kap. 4.1). Noch weniger ist aus Potentialmessungen eine Angabe über die momen-
tane Korrosionsgeschwindigkeit möglich, es müssen weitergehende Techniken wie
zum Beispiel die Galvanostatische Pulsmessung (GPM) oder Lineare Polarisations-
widerstandsmessungen (LPR) angewandt werden (s. Kapitel 3.3). Diese Methoden
werden im Labor an kleinen Probekörpern mit bekannter Geometrie und homogener
Stromverteilung seit langem zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit von
Stahl in Beton angewandt. Die Durchführung solcher Messungen ist mit geeigneten
Geräten auch auf Bauwerken möglich. Wie im folgenden gezeigt wird ist jedoch die
Interpretation der auf Bauwerken erhaltenen Messresultate wegen der inhomogenen
Stromverteilung wesentlich komplizierter.

4.3.1 Messungen im Labor

An einer Vielzahl von Laborprüfkörpern (sog. Lollipops) mit Bewehrungsstahl im


Mörtel (Abb. 4.12) wurden elektrochemische Messungen zur Bestimmung der Korro-
sionsgeschwindigkeit durchgeführt. Eine Serie von Probekörpern wurde bewusst mit
allen drei Messtechniken - LPR, EIS und GPM - gemessen, um die Resultate
vergleichen zu können. Die Mörtelprüfkörper (OPC 300 kg/m3, w/z Faktor 0.5, 4 mm
Sand) wurden vom labortrockenen Zustand aus in Wasser eingetaucht bzw.
feuchtgehalten.

Lötöse

Schraube
(hochlegiert)

Distanzhalter
Standardmörtel Bewehrungsstahl (Kunststoff)

Abb. 4.12 Darstellung der zylindrischen Probekörper (Lollipops) für Korrosionsver-


suche an Stahl im Beton im Labor
80

Die zylindrischen Probekörper (d = 5 cm) wurden zur Messung mit einer ebenfalls
zylindrischen Gegenelektrode umfasst, um eine homogene zylinderförmige Strom-
verteilung zu erreichen. Im Folgenden werden beispielhaft einige Resultate von
Messungen an Lollipops zum Vergleich der elektrochemischen Messtechniken auf-
geführt.

LPR Technik (s. Kap. 3.3.4 )


Abb. 4.12 zeigt das Strom/Spannungs-Diagramm zweier aufeinanderfolgender LPR-
Messungen an einem Lollipop mit 1.4% Chlorid/Zement nach 170 h Feuchtlagerung.
Das Korrosionspotential (-0.417 bzw. -0.420 V SCE) deutet auf aktive Korrosion hin.
Die erwartete lineare Abhängigkeit der Stromdichte im Bereich um das Korrosionspo-
tential ist klar ersichtlich. Aus der Steigung dE/di berechnet sich der spezifische
Polarisationswiderstand zu Rp = 43 ± 4 kΩcm2. Der aus Impedanzmessungen be-
stimmte ohmsche Widerstand betrug 166 Ω, er wurde bei der Auswertung berück-
sichtigt.

0.4
Messung 1
Messung 2
0.2
Strom [ µA ]

-0.2

-0.4

-0.44 -0.43 -0.42 -0.41 -0.40

Potential [ V ]
SCE

Abb. 4.13 Bestimmung des Polarisationswiderstands Rp mit linearer Polarisations-


widerstandsmessung LPR. Potentiale ±10, ±5 mV vs Ekorr, Wartezeit
300 sec. Lineare Interpolation
81

Impedanzmessung (s. Kap. 3.3.5)


Anschliessend an die LPR-Messungen wurde unter gleichen Bedingungen ein Impe-
danzspektrum im Frequenzbereich von 100 kHz bis 100µHz mit 10 Punkten pro De-
kade und mit einer Amplitude von 10 mV registriert, diese Messung dauerte 2 h und
10 min. In Abb. 4.14 ist das Resultat der Messung im Bode Plot (log Z vs log f) dar-
gestellt. Man erkennt klar drei Bereiche im Impedanzspektrum:
- Bei Frequenzen f > 50 kHz beginnt der Phasenwinkel f stark anzusteigen und die
Impedanz Z sinkt ab. Dies zeigt, dass sich der Mörtel bei sehr hohen Frequenzen
als Dielektrikum verhält [20].
- Im Frequenzbereich 10 Hz - 10 kHz ist der Phasenwinkel f praktisch gleich Null
und die Impedanz Z praktisch konstant. Der Mörtel zwischen Gegenelektrode und
Bewehrungsstab im Lollipop verhält sich als reiner ohmscher Widerstand (Wert
bei 1 kHz = 166 Ω).
- Bei Frequenzen < 5 Hz steigt die Impedanz Z mit dlogZ/dlogw = -1 an, der Pha-
senwinkel f steigt ebenfalls an und erreicht bei ca. 5 mHz ein Maximum. Im Be-
reich tiefer Frequenzen wird somit die elektrochemische Ladungsdurchtrittsreak-
tion (Korrosion) detektiert.

2000
75

1000
60
500 Phase"
Impedanz [ 1 ]

45

200
30

100
15

50
0
100! 1m 10m 100m 1 10 100 1k 10k 100k 1M

Frequenz [ Hz ]

Abb. 4.14 Impedanzspektrum an zylindrischer Mörtelprobe mit 1.4% Chlorid, 170 h


feuchtgelagert. Korrosionspotential Ekorr = -0.42 V SCE, Amplitude 10
mV
82

Die Auswertung des Impedanzspektrums ergibt einen Polarisationswiderstand von


1.1 ± 0.2 kΩ; unter Berücksichtigung der Probenfläche von 38 cm2 ergibt dies einen
Wert von 42 kΩcm2 in sehr guter Überenstimmung mit den LPR Messungen.

Galvanostatische Pulsmessungen (s. Kap. 3.3.6)


Am selben Probekörper wurden galvanostatische Pulsmessungen (GPM) durch-
geführt, die erhaltenen Messwerte zeigt (Abb. 4.15). Die Auswertung durch Curve-
Fitting nach Gl. 3.20 ergab einen ohmschen Widerstand von 160 Ω und einen
Polarisationswiderstand von 32 kΩcm2.

-380
Potential [V SCE]

-390
exp

-400
fit

-410
delta

-420
-1 0 1 2 3 4 5 6
Zeit [sec]

Abb. 4.15 Potential/Zeit-Verlauf der GPM-Messung an Laborprüfkörpern.


Stromstärke 60 µA. Experimentelle Daten (exp), gefittete Kurve (fit)
sowie Differenz (delta)
83

4.3.2 Feldmessungen

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden Feldmessungen mit elektrochemischen


Messmethoden auf verschiedensten Objekten ausgeführt. Wurde ursprünglich - auf-
grund der positiven Erfahrungen im Labor [23] - die Impedanzmesstechnik favori-
siert, so zeigte sich im Verlauf der Arbeiten rasch, dass Impedanzmessungen auf
Bauwerken vor allem aus Gründen der langen Messdauer (bis zu 90 min pro Punkt)
wenig brauchbar waren. Dies führte zur Entwicklung der Galvanostatischen Puls-
messung (GPM), welche innert weniger Sekunden die wichtigsten Eckdaten zur
Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit liefert.

Parallel zur Entwickung und Erprobung der Galvanostatischen Pulsmesstechnik in


der Schweiz wurde von der Firma Geocisa (Spanien) ein portables Messgerät zur
Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit auf Bauwerken entwickelt und auf den
Markt gebracht. Dieses GECOR6 [24] genannte Gerät arbeitet mit der traditionellen
LPR-Technik, jedoch wird der ohmsche Widerstand zwischen Gegenelektrode und
Bewehrung bestimmt und vor der Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit sub-
trahiert. Ein Vergleich mit andern Messgeräten sowie eine Beurteilung erfolgen in
Kapitel 5.4.

1. Erfahrungen mit Impedanzmessungen auf Bauwerken


An verschiedenen Bauwerken wurden zu Beginn des Forschungsprojektes Impe-
danzmessungen durchgeführt. Dabei wurde derselbe Messkopf (Abb. 3.7) mit Ge-
gen- und Bezugselektrode verwendet wie für die Galvanostatischen Pulsmessungen.
Die Messungen erforderten höhere Amplituden als im Labor (50 - 100 mV), da sonst
das Signal/Rauschverhältnis zu schlecht war. Die resultierenden Impedanzspektren,
gemessen im Frequenzbereich von 100 kHz bis 10 mHz, zeigten generell kleine
Phasenwinkel (bedingt durch den im Vergleich zu Rp' hohen ohmschen Widerstand
RΩ) und keine klar extrapolierbaren Endwerte. Daher und vor allem wegen des sehr
grossen Zeitaufwands (90 min pro Messpunkt) wurden Impedanzmessungen nicht
weiter für Feldmessungen eingesetzt.
84

2. Elektrochemische Messungen an grossen Probeblöcken


Im Rahmen der internationalen Forschungszusammenarbeit COST 509 "Corrosion of
Metals in Contact with Concrete" wurden Feldmessungen an grossen Betonblöcken
an der Südküste Englands (Folkestone) durchgeführt. Die armierten Betonblöcke,
hergestellt mit verschiedenen Zementen, waren über acht Jahre dem Meerwasser
bzw. Spritzwasser ausgesetzt und zeigten teilweise bereits erhebliche Abplatzungen
über den äussersten Bewehrungsstählen (d = 10 mm). Folgende Zementsorten
wurden verwendet:

- OPC normaler Portlandzement


- PFA normaler Portlandzement mit Flugasche
- PLAST normaler Portlandzement mit Superverflüssiger
- BFS Hochofenzement
- IWP Portlandzement, imprägniert mit Calziumstearat
- MS normaler Portlandzement mit Microsilica

Da die Betonmischungen auf etwa identische 28 Tage Festigkeit ausgelegt wurden,


bestehen sehr grosse Unterschiede im Zementgehalt [25].

Folgende internationalen Forschungsstellen nahmen an diesem Versuch teil:


- ICMPM, Universtià la Sapienza, Roma, Italia
- TNO Building and Construction Research, Delft, Holland
- CAPSIS, Manchester, UK
- IBWK ETH Zürich

Die drei teilnehmenden ausländischen Forschungsstellen benützten zur Bestimmung


der Korrosionsgeschwindigkeit Geräte, welche auf der Technik des Linearen
Polarisationswiderstands (LPR) beruhen. Es wurde keine Kompensation des ohm-
schen Widerstands vorgenommen. Die Messungen des IBWK wurden mit der GPM-
Methode (s. Kap. 3.3.6) durchgeführt, welche sowohl den ohmschen Widerstand als
auch den Polarisationswiderstand bestimmt. Die Korrosionsgeschwindigkeit in µm/a
wurde nach Gl. 3.5 aus dem gemessenen Rp und dem Faktor B = 0.026 V berech-
net, die Bewehrungsoberfläche eines Stabs betrug 500 cm2. Abb. 4.16 zeigt die
Korrosionsgeschwindigkeit für die verschiedenen Betonblöcke, wie sie von den
verschiedenen Gruppen erhalten wurde.
85

Abb. 4.16 Vergleich der Messwerte der Korrosionsgeschwindigkeit an unterschied-


lichen Betonsorten, ausgeführt von den verschiedenen Forschungsstel-
len

Abb. 4.17 Vergleich der vkorr Messwerte aus der Pulsmesstechnik (GPM) mit den
gemittelten Werten der LPR-Technik
86

Ohne auf die grossen Unterschiede in der Korrosionsgeschwindigkeit zwischen den


verschiedenen Betonsorten einzugehen, zeigt Abb. 4.16, dass die durch die ver-
schiedenen Geräte gemessenen Korrosionsgeschwindigkeiten recht gut über-
einstimmen. Der Vergleich der über die drei Institute gemittelten LPR-Messwerte mit
den Werten aus der Galvanostatischen Pulsmessung (GPM) in Abb. 4.17 zeigt die
gute Proportionalität über mehr als zwei Dekaden. Die Messwerte der GPMMessung
liegen tendenziell etwas höher, bei sehr kleinen Korrosionsgeschwindigkeiten bzw.
für passive Bewehrung erhält man eine stärkere Abweichung (s. Kap. 5.1.1).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die am IBWK entwickelte GPMTechnik


im Vergleich zu den traditionellen LPRMessungen für einen grossen Bereich von
Korrosionsgeschwindigkeiten und für verschiedenste Zementsorten bzw. Expo-
sitionsbedingungen vergleichbare Werte liefert, dies jedoch in viel kürzerer Zeit.

3. Feldmessungen mit GPM


Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden an der Rückwand der Galerie Rofla
GPM-Messungen zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung
durchgeführt. Der Beton in Bodennähe wies bis zu 4% Chlorid/Zement auf, und die
Bewehrung in diesem Bereich zeigte starke Lochfrasskorrosion. Nach oben sinkt die
Chloridkonzentration ab, und in der Höhe von 4 m ist der Chloridgehalt < 0.4%/Z.
Das Potentialfeld zeigt entsprechend stark negative Werte am Fuss der Wand und
ca. - 100 mV CSE auf einer Höhe von 4 m (s. auch [26] und dortige Referenzen).
87

500

400 h = 3.0 m

300
Iapp = 0.1 mA
200

100
Potential [ mV SCE ]

Ecorr Polarisation
0

-100

-200
h = 1.5 m
-300

-400 h = 0.5 m

-500 h = 0.2 m

-600
0 2 4 6 8

Zeit [ sek ]
Abb. 4.18 Potential/Zeitkurven registriert während eines galvanostatischen Strom-
pulses I = 0.1mA in verschiedenen Höhen an einer chloridverseuchten
Galerierückwand (Galerie Rofla, N13)
88

Abb. 4.19 Resultate der Galvanostatischen Pulsmessungen an der Rückwand der


Galerie Rofla. a) Korrosionspotential, b) effektiver Polarisations-
widerstand Rp', c) ohmscher Widerstand
89

Beispiele der Galvanostatischen Pulsmessungen (GPM) sind in Abb. 4.18 für ver-
schiedene Messhöhen ab Boden dargestellt. Es fällt sofort auf, dass der ohmsche
Spannungsabfall (Sprung bei t = 0) mit zunehmender Höhe ab Boden sehr stark an-
steigt, dies weist auf gute Betonleitfähigkeit (d.h. einen feuchten, chloridversalzenen
Beton) in Bodennähe und auf trockeneren Beton in grösseren Höhen hin. Die Aus-
wertungen der Galvanostatischen Pulsmessungen nach Gl. 3.17 (Kap. 3.3.6) zeigt
Abb. 4.19.
o Das Korrosionspotential (Abb. 4.19 a) steigt wie erwartet kontinuierlich von -0.5
V CSE am Boden bis auf -0.13 V CSE auf 4 m Höhe und stimmt mit dem Korro-
sionszustand der Bewehrung überein [26].
o Der ohmsche Widerstand (Abb. 4.19 c) zeigt einen ähnlichen Verlauf: zwischen
0 und 3 m nimmt RΩ von 200 bis auf ca. 800 Ω zu, auf 4 m Höhe wurde ein
Mehrfaches, 4000 Ω, gemessen. Die grosse Veränderung zwischen 3 und 4 m
stimmt mit dem Verlauf des Chloridgehalts überein, ev. ist in 4 m Höhe der
Beton auch oberflächlich karbonatisiert. Die Werte des ohmschen Widerstands
aus den GPM-Messungen wurden mit der 4-Punkt-Messung (Frequenz 107 Hz)
von der Betonoberfläche her verglichen.

2000
4-Punkt Messung [Ωm]

1500

1000

500

0
0 200 400 600 800 1000 1200
Widerstand RΩ (GPM) [Ω]

Abb. 4.20 Vergleich des spezifischen Widerstands (4Punkt Messung) mit dem
durch GPM Messung bestimmten ohmschen Widerstand

Wie Abb. 4.20 zeigt, besteht eine sehr gute Korrelation zwischen dem spezi-
fischen Betonwiderstand (berechnet nach Gl. 3.2) und den aus GPM-Messungen
90

am selben Ort bestimmten RΩ. Die Betonüberdeckung im Bereich der


Messpunkte lag über die ganze Höhe bei 45 ± 10 mm.

o Der effektive Polarisationswiderstand Rp' (Abb. 4.19 b) nimmt kontinuierlich zu


von ca. 40 Ω in Bodennähe bis ca. 100 Ω in 3 m Höhe. In 4 m Höhe beträgt der
Wert 420 Ω. In Bodennähe liegt die Bewehrung sicher im aktiv korrodierenden
Zustand vor (hoher Chloridgehalt, Feuchtigkeit), in 4 m Höhe deuten sowohl das
gemessene Potential (-0.13 V CSE), der Chloridgehalt von < 0.4%/Zement als
auch der hohe spezifische Betonwiderstand auf eine passive Bewehrung hin. Der
Unterschied zwischen den beiden Extremwerten von Rp' (40 Ω aktiv, 420 Ω
passiv) ist somit um Grössenordnungen zu klein, die Korrosionsgeschwindigkeit
(und damit der spezifische Polarisationswiderstand Rp) stark korrodierender und
passiver Bewehrung sollten um mindestens einen Faktor 100 differieren [23].

Zu denselben Resultaten - d.h. auf den ersten Blick viel zu kleine Werte des ge-
messenen Polarisationswiderstands auf offensichtlich passiven Bewehrungsstählen -
gelangte man auch auf andern Bauwerken. Die Erklärung für diese Diskrepanz liegt
in der inhomogenen Stromverteilung (Abb. 5.10) zwischen einer kleinen Gegen-
elektrode auf der Betonoberfläche und der viel grösseren (fast unendlich ausge-
dehnten) Arbeitselektrode (Bewehrung im Beton). Diese inhomogene Stromver-
teilung führt dazu, dass je nach elektrischem Betonwiderstand (s. Kap. 3.2) und
Korrosionszustand der Bewehrung (d.h. spezifischer Polarisationswiderstand Rp)
sehr stark unterschiedliche Bewehrungsoberflächen vom Messignal erfasst werden.
Diese qualitativen Zusammenhänge werden mit den Simulationsrechnungen (Kap.
4.5) verdeutlicht.
91

4.4 Makroelementkorrosion

Chloridinduzierte Korrosion der Bewehrung führt zu lokalen Angriffen, stark


korrodierende Bereiche liegen neben intakten, passiven Bereichen der Bewehrung
vor. Diese Makroelementkorrosion (Abb. 2.7) führt zu örtlich hohen Korrosionsge-
schwindigkeiten mit entsprechend grossem Querschnittsverlust in kurzer Zeit. Aus
Gewichtsverlust- oder elektrochemischen Messungen kann jedoch nur die durch-
schnittliche (d.h. auf die ganze ausgemessene Stahloberfläche bezogene) Korro-
sionsgeschwindigkeit bestimmt werden, welche häufig relativ gering ist. Damit be-
steht das Risiko, dass die Gefährdung durch lokale Korrosion unterschätzt wird. Im
Labor lässt sich durch eine spezielle Anordnung die lokal korrodierende Stelle
(Anode) von den passiven Bereichen (Kathode) trennen und die lokale Korrosionsge-
schwindigkeit messen. Dies ermöglicht auch den Vergleich der von aussen (mit einer
Gegenelektrode) gemessenen durchschnittlichen Korrosionsgeschwindigkeit mit der
lokalen Korrosionsgeschwindigkeit. Weiter eignen sich solche Makroelemente sehr
gut, um die Strom- und Potentialverteilung als Funktion der Leitfähigkeit und der
Überdeckung zu untersuchen.

4.4.1. Potentialverteilung

Die Potentialverteilung über dem kurzgeschlossenen Makroelement zeigt Abb. 4.21


für verschiedene Elektrolytleitfähigkeiten und Überdeckung 20 mm. Je geringer die
Leitfähigkeit des Elektrolyten ist, desto ausgeprägter sind die Potentialgradienten
zwischen Anode und Kathoden. Kathoden in der Nähe der Anoden sind stärker zu
negativen Potentialen polarisiert, dies wird speziell gut sichtbar, wenn das Potential-
profil knapp über der Staboberfläche gemessen wird (Abb. 4.22). Im feuchten,
chloridhaltigen Mörtel bestimmt die lokale Anode das Potential des gesamten Makro-
elements, da der Sauerstoffzutritt zum Stahl und damit die kathodische Teilreaktion
praktisch unterbunden sind. Diese Resultate zeigen, dass eine lokale Anode je nach
Betonleitfähigkeit eine unterschiedlich grosse Kathodenfläche zu stark negativen
Potentialen polarisieren kann. Dies ist der Grund, weshalb mit der Potentialmessung
von der Betonoberfläche her (s. Kap. 4.1) in alkalischem, chloridverseuchtem Beton
auch kleinste Korrosionsstellen gefunden werden können. In karbonatisiertem, d.h.
schlecht leitfähigem Beton werden sich eher Verhältnisse wie im Leitungswasser
ausbilden, d.h. kleine lokale Anoden strahlen nur wenige Zentimeter aus und sind
entsprechend nur mit kleinem Messraster zu finden.
92

0
1300 Ωm
-100
Potential [mV SCE]
-200

-300
130 Ωm
-400

-500 27 Ωm

-600
22 Ωm
-700
0 2 4 6A 8 10 12
Segment Nr.

Abb. 4.21 Potentialverteilung über dem Makroelement in Elektrolyten unter-


schiedlicher Leitfähigkeit. Überdeckung d = 20 mm

Abb. 4.22 Potentialprofilmessungen am Makroelement in entmineralisiertem Was-


ser, Überdeckung d = 20mm
93

4.4.2 Stromverteilung

Der segmentierte Aufbau des Makroelements (Kap. 3.4) erlaubt zusätzlich zur Be-
stimmung der Potentialverteilung die Messung der Teilströme der Anode (positiv) und
der Kathoden (negativ). Die Summe der experimentell gemessenen kathodischen
Teilströme stimmt mit dem experimentell gemessenen Strom an der Anode überein.
In den folgenden Diagrammen sind alle Ströme mit positivem Vorzeichen angege-
ben. Die Stromverteilung im Makroelement ist symmetrisch (Abb. 4.23), die
kathodischen Teilströme sind in der Nähe der Anode am grössten und nehmen mit
zunehmender Distanz ab. Die leicht höheren Ströme der Kathoden am Rand (Nr. 1
und 12) sind auf die 3 cm Abstand vom Ende des Makroelements bis zum Rand des
Beckens zurückzuführen.

Abb. 4.23 Stromdichten im Makroelement als Funktion der Elektrolytleitfähigkeit

Die Stromdichte an der Anode ist für gut leitfähige Elektrolyten und grössere Über-
deckungen höher, in Wasser werden zwischen 450 und 60 µA/cm2 gemessen. In
Mörtel - wegen des fehlenden Sauerstoffzutritts zur Kathode - trotz guter Leitfähigkeit
nur 5-6 µA/cm2. Mit zunehmender Überdeckung nehmen die Teilströme im Makro-
element zu (Abb. 4.24).
94

Abb. 4.24: Teilströme als Funktion der Überdeckung. Elektrolyt Leitungswasser

Tabelle 4.1
Widerstand zwischen Gegenelektrode und Makroelement (RME/GE) sowie Aus-
breitungswiderstand zwischen Anode und Kathode Rtot für verschiedene Medien
und Überdeckungen [16]

Medium Überd. σ [mS/cm] RME/GE RME/GE* Rtot Rtot*σ


[mm] [Ω] σ [Ω]
DW 20 0.02 567 11.3 4700 94
30 0.02 860 17.0
50 0.02 1146 22.5
LW 20 0.37 30.4 11.25 250 92.5
30 0.37 41.1 15.2
50 0.37 56.5 21.7
MPK1 20 0.432 563 235 101.5
MPK2 30 0.408 752 225 97.2
95

4.4.3 Widerstandsverteilung

In Tabelle 4.1 sind für alle verwendeten Elektrolyte und Überdeckungen d die expe-
rimentell gemessenen Widerstände zwischen Anode und Kathoden Rtot sowie der
Widerstand zwischen Makroelement und Gegenelektrode RME/CE zusammen-
gefasst. Da die verwendete Geometrie des Makroelements immer dieselbe war, lässt
sich durch Multiplikation der gemessenen Widerstände mit der Elektrolytleitfähigkeit
eine "Zellkonstante" bestimmen. Wie die Kolonne Rtot*s zeigt, ist diese für konstante
Überdeckung von 20 mm praktisch konstant. Dasselbe zeigt Abb. 4.25, wo die Teil-
widerstände multipliziert mit der Elektrolytleitfähigkeit für die verschiedenen Medien
aufgetragen sind. Die Mörtelprüfkörper (MPK) zeigen höhere Werte, da das gesamte
Elektrolytvolumen kleiner ist als bei den Versuchen in wässrigen Medien.

500

400
R * s [Ω*mS/cm]

300

200
SW
MPK1
100 MPK2
LW
DW
0
0 2 4 6 8 10 12
Segment Number

Abb. 4.25 Leitfähigkeitsnormierte Teilwiderstände zwischen Anode und den einzel-


nen Kathoden im Makroelement. Überdeckung 20 mm ausser MPK2 (30
mm). SW: Sulfatlösung, MPK: Mörtelprüfkörper, LW: Leitungswasser,
DW: Dest. Wasser
96

4.4.4 Makroelement unter Aussenpolarisation

Auf den Makroelementen lassen sich - gleich wie auf homogenen Elektroden - elek-
trochemische Messungen zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit durchfüh-
ren. Zusätzlich lassen sich jedoch auch die durch Anode bzw. die einzelnen Katho-
densegmente fliessenden Ströme erfassen. Dies erlaubt einen klaren Einblick in die
Stromverteilung zwischen Anode und Kathode im Makroelement bei Aussenpolarisa-
tion und weiter wichtige Schlussfolgerungen bezüglich der Interpretation von Mes-
sungen auf Bauwerken mit lokal korrodierender Bewehrung.

Abb. 4.26 zeigt die Stromverteilung zwischen Anode und Kathodensegmenten über
die Dauer eines anodischen Strompulses, wie er bei der Galvanostatischen Pulsmes-
sung verwendet wird. Die Ströme über der Anode nehmen mit der Zeit leicht zu, jene
über den Kathodensegmenten nehmen ab. Im Mörtel (Abb. 4.26 a) zeigen alle Seg-
mente - auch die Kathoden - anodische Ströme, in wässrigen Elektrolyten (Abb. 4.26
b) zeigen die Kathodensegmente auch unter anodischer Belastung des Makroele-
ments kathodische Ströme. Der gemessene Strom durch die Anode setzt sich zu-
sammen aus dem fliessenden Makroelementstrom und einem (grossen) Teil des von
aussen aufgeprägten anodischen Pulses. Das wichtigste Resultat ist jedoch, dass
praktisch der gesamte aufgeprägte Strom zur kleinen Anode fliesst. Erst bei sehr ge-
ringer Überdeckung kann ein nennenswerter Teil des Stroms in die Kathoden ge-
zwungen werden (Tabelle 4.2). Diese Daten bestätigen eindrücklich, dass die Strom-
verteilung zwischen Gegenelektrode und Makroelement vom ohmschen Widerstand
(Elektrolytleitfähigkeit, Distanz) und dem spezifischen Polarisationswiderstand be-
stimmt wird.

Tabelle 4.2
Verteilung des von aussen über die Gegenelektrode aufgeprägten Stroms Ipuls auf
Anode und Kathoden. Dest. Wasser, s = 7 µS/cm.

Überdeckung I puls I Anode I Kathoden % Anode


[mm] [µA] [µA] [µA]
50 50 35 15 70
30 80 55 25 68
20 80 35 45 44
10 200 60 140 30
1 300 60 240 20
97

Abb. 4.26 Stromverteilung über dem Makroelement nach Aufprägen eines anodi-
schen Stroms von 400 µA. Elektrolyt a) Mörtel, b) verdünnte Sulfatlösung
98

4.5 Simulationsrechnungen zur Stromverteilung

Mittels eines numerischen Modells wird der Einfluss von Parametern wie Betonüber-
deckung, Betonwiderstand und die Grösse der Gegenelektrode auf die Ausbreitung
des Stromsignals von einer kleinen Gegenelektrode auf der Betonoberfläche unter-
sucht. Die Resultate ermöglichen die Angabe von Korrekturtermen für den gemes-
senen Polarisationswiderstands Rp'.

4.5.1 Beschreibung des Modells

Das simulierte System besteht aus einem langen Bewehrungsstab im Beton und ei-
ner auf der Betonoberfläche positionierten Gegenelektrode. Alle Dimensionen sind
endlich. Die Länge des Bewehrungsstabs beträgt 100 cm und sein Querschnitt 10
mm. Für die Simulation der lokalen Korrosion wird eine aktive Stelle in der Mitte des
Bewehrungsstabs angeordnet. Der Rest der Stabsfläche bleibt passiv. Die Werte des
Polarisationswiderstandes der aktiven Bewehrungsfläche werden auf 6.3 kΩcm2 und
diejenigen der passiven Bewehrung auf 630 kΩcm2 gesetzt. Der Wert der
Doppelschichtkapazität der Grenzfläche Metall/Beton wird auf 55 µF/cm2 für passive
und aktive Bewehrungsfläche fixiert. Die Betonüberdeckung wird von 10 bis 50 mm
variiert, der spezifische Betonwiderstand von 5 bis 60 kΩcm.

Für die Berechnung der Stromverteilung zwischen der Gegenelektrode und dem Be-
wehrungsstab wurde ein diskretes reaktives Netz erstellt. Der Beton (Elektrolyt) wird
mit einem zweidimensionalen Netzwerk aus ohmschen Widerständen simuliert. Die
Bewehrungsfläche wird mit den diskreten Impedanzelementen (Za, Zc) beschrieben.
Die Werte der resistiven und der kapazitiven Elemente wurden unter
Berücksichtigung der Systemgeometrie und der Zahl der eingesetzten Elemente
skaliert. Die Gegenelektrode wurde mit den Knoten auf der Oberfläche des Betons
über die entsprechende Länge kontaktiert. Der Bewehrungsstab wurde mittels eines
galvanostatischen Pulses (50 µA) von der Gegenelektrode polarisiert. Die
Berechnungen wurden mit dem Computerprogramm (PC-NAP) ausgeführt. Die
vorgestellten Resultate beziehen sich auf den stationären Zustand (t-> ∞ ). Die
Stromausbreitung wird durch die kritische Länge (Lcrit) charakterisiert. Lcrit wird als
die Distanz vom Rand des Messkopfes, bis zu der sich 90 % des angebrachten
Stromsignals ausbreitet, definiert.
99

4.5.2 Homogen aktive oder passive Bewehrung

Wenn keine lokale Korrosion stattfindet, sind die folgenden Parameter für die Aus-
breitung des Stromsignals ausschlaggebend :
- Korrosionszustand der Bewehrung (spezifischer Polarisationswiderstand)
- Dicke der Betonüberdeckung d
- spezifischer Widerstand des Betons ρ
- Grösse der Gegenelektrode (Messkopf) L

o Homogen aktiv korrodierende Bewehrung


Der Einfluss der Betonüberdeckung auf die Ausbreitung des Stromsignals über
einer aktiv korrodierenden Bewehrung ist in Abb. 4.28 dargestellt. Die Kurve zeigt,
dass das Stromsignal für eine Gegenelektrode von 14 cm Durchmesser (L = 7 cm)
praktisch auf die Gegenelektrodengrösse konzentriert wird, Lcrit beträgt etwa 1
cm. Bei einer Erhöhung der Betonüberdeckung auf 50 mm resultiert Lcrit 3 - 4 cm.
Eine Erhöhung des spezifischen Betonwiderstands schränkt die Ausbreitung des
Stromsignals tendenziell ein (Abb. 4.28 ).

5 1.5
aktiv aktiv
4 d = 30 mm
5kΩcm
L = 7 cm L = 7 cm
1
Lcrit [cm]

Lcrit [cm]

2
0.5

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 60
Betonüberdeckung [mm] spezifischer Betonwiderstand [kΩcm]

Abb. 4.28 Einfluss der Betonüberdeckung d bzw. des spezifischen Beton-


widerstands ρ auf die Stromausbreitung, aktiv korrodierende
Bewehrung.

In allgemeiner Form hängt die Ausbreitung des Stromsignals vom Quotienten aus
Gegenelektrodengrösse L und Dicke der Betonüberdeckung d ab. Die Berechnun-
gen zeigten, dass für L / d > 3 die kritische Länge Lcrit unter 1 cm liegt, der Strom
wird unter der Gegenelektrode konzentriert.
100

o Passive Bewehrung
Abb. 4.29 zeigt die Ausdehnung des Stromsignals über einem passiven Beweh-
rungsstab als Funktion der Betonüberdeckung d. Lcrit nimmt mit der Dicke der
Betonüberdeckung zu. Die Grössenordnung von Lcrit liegt im Bereich von 25 cm
oder mehr! Eine Erhöhung des spezifischen Betonwiderstandes verkleinert Lcrit.
Eine Erhöhung des Quotienten L / d vermindert die Ausbreitung des Stromsignals,
dies jedoch in wesentlich kleinerem Ausmass als bei aktiv korrodierenden Stäben.

35 30
passiv passiv
30 25
5 kΩcm d = 30 mm
L = 7 cm L = 7 cm
25 20

Lcrit [cm]
Lcrit [cm]

20
15
15
10
10
5
5

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 60
Betonüberdeckung d [mm] Spezifischer Betonwiderstand [kΩcm]

Abb. 4.29 Einfluss der Betonüberdeckung und des spezifischen Beton-


widerstands auf die Stromausbreitung, passive Bewehrung

4.5.2 Lokale Korrosion

Zusätzlich zur oben diskutierten inhomogenen Stromverteilung muss bei lokaler Kor-
rosion noch die unterschiedliche Polarisierbarkeit von aktiven und passiven Flächen
berücksichtigt werden. Elektrochemische Techniken bestimmen über den experi-
mentell gemessenen Polarisationswiderstand eine durchschnittliche Korrosionsge-
schwindigkeit (average corrosion rate - ACR), für die Praxis massgebend ist jedoch
die lokale Korrosionsgeschwindigkeit (local corrosion rate - LCR), welche zum
lokalen Querschnittsverlust führt.

Für eine Angabe der Stromverteilung genügt der für homogene Korrosionsbedingun-
gen definierte Parameter Lcrit allein nicht mehr, es muss ein neuer Parameter, der
die Verteilung des Stroms zwischen aktiver und passiver Bewehrungsfläche cha-
rakterisiert, definiert werden: P wird als Bruchteil des in die aktive Stelle fliessenden
Stroms definiert: P = Ia / Itot. Für P > 0.9 fliesst fast der ganze Strom in die lokale An-
ode. Für P < 0.9 muss auch die vom Stromsignal erfasste passive Fläche berück-
sichtigt werden.
101

1 1
0.9 5kΩcm
60kΩcm
0.8
0.8

P [Iactive/Itotal]
P [Iaktiv/Itotal]

0.7 0.6
0.6
0.5 0.4
GE/aktiv=0.5
0.4 GE/aktiv=4.3
0.2
GE/aktiv=10.7
0.3
0.2 0
0 2 4 6 8 10 12 0 10 20 30 40 50
Quotient: GE-Fläche/aktive Fläche Dicke der Betonüberdeckung [mm]

Abb. 4.30 Einfluss des Quotienten GE / La sowie der Dicke der Betonüberdekkung
auf den Anteil des in die aktive Fläche fliessenden Stroms

Abb. 4.30 zeigt den Einfluss des Quotienten Q = L / La (Gegenelektrodengrösse zu


aktiver Fläche) auf die Stromverteilung bzw. den Parameter P. Für Q < 1 fliessen
mehr als 90% des gesamten Stroms in die aktive Fläche der Bewehrung (P > 0.9).
Für kleine Gegenelektroden L bzw. grosse aktive Flächen nähert sich die Stromver-
teilung den homogen aktiven Verhältnissen. Die von Gegenelektrode auf die Beweh-
rung projizierte Fläche kann für die Berechnung der wahren Korrosionsgeschwindig-
keit benützt werden, d.h. die aus Rp berechnete berechnete Korrosionsgeschwin-
digkeit entspricht der lokalen Korrosionsgeschwindigkeit.

Wird der Quotient GE/aktive Fläche grösser als 1, fällt der Parameter P unter 0.9
(Abb. 4.30), der gemessene Rp-Wert ist ein integraler Wert, aus dem keine lokale
Korrosionsgeschwindigkeit ermittelt werden kann. Der Teil des Stroms, der in die ak-
tive Bewehrungsfläche fliesst, verkleinert sich mit dem steigenden Quotienten
GE/aktive Fläche, dem steigenden spezifischen Betonwiderstand und der Dicke der
Betonüberdeckung (Abb. 4.30).
102
103

5. Diskussion und Beurteilung

In diesem Kapitel werden die vorgestellten Methoden zur Bestimmung der Korro-
sionsgeschwindigkeit basierend auf Laborresultaten und z.T. Feldmessungen vergli-
chen (Kap. 5.1) und bezüglich der erreichbaren Genauigkeit bewertet. Die Anwen-
dung in Feldmessungen wird durch die Problematik der inhomogenen Stromausbrei-
tung zwischen der kleinen Gegenelektrode auf der Betonoberfläche und der Beweh-
rung erschwert. Lösungsansätze werden - basierend auf Simulationsrechnungen und
Feldmessungen - in Kap. 5.2 präsentiert. Die Bestimmung der Korrosionsgeschwin-
digkeit auf Bauwerken mit lokal korrodierender Bewehrung bzw. der damit
verbundenen Schwierigkeiten wird behandelt. Abschliessend werden ein "State of
the Art" zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit auf Bauwerken gegeben
(Kap. 5.3) sowie die heute erhältlichen bzw. im Rahmen von Forschungsarbeiten
getesteten Geräte beurteilt (Kap. 5.4).

Vorbemerkungen

Wie in Kap. 3.3 dargestellt, wird die Korrosionsgeschwindigkeit auf elektrochemi-


schem Weg über die Messung des Polarisationswiderstands Rp bestimmt. Zur Be-
stimmung von Rp können verschiedene Messtechniken eingesetzt werden (s. Kap.
3.3). Unabhängig von der angewandten Messtechnik liefern solche Messungen stets
einen Momentanwert der Korrosionsgeschwindigkeit ikorr(tx) zum Zeitpunkt der Mes-
sung tx; zur Berechnung eines Gewichts- oder Querschnittsverlusts dkorr müssen
die Werte über die Zeit integriert werden:

dkorr = k ∫ ikorr(t) dt (5.1)

Für zeitlich konstante Korrosionsgeschwindigkeiten ist die Erfassung von dkorr ein-
fach, es genügt, ein oder zwei Werte der momentanen Korrosionsgeschwindigkeit zu
bestimmen. Bei zeitlich stark schwankenden Korrosionsgeschwindigkeiten (z.B. auf-
grund wechselnder klimatischer Bedingungen) kann eine einzige Messung der mo-
mentanen Korrosionsgeschwindigkeit ikorr den tatsächlichen Korrosionsangriff - je
nach Bedingungen zum Zeitpunkt der Messung - sowohl stark über- als auch unter-
schätzen. Es ist deshalb notwendig, die Einwirkungsseite (Temperatur, Feuchtigkeit)
der Beanspruchung von Bauwerken bzw. Bauteilen und den Einfluss auf die
Korrosionsgeschwindigkeit genauer zu untersuchen. Erste Arbeiten an grossen Pro-
bebalken liegen vor [27], sie zeigen, wie die Betonfeuchtigkeit auf Änderungen der
104

Luftfeuchtigkeit eher träge, auf Temperaturänderungen dagegen rasch reagiert.


Weitere Arbeiten hierzu sind nötig und werden im Rahmen eines neuen ASB-For-
schungsprojektes angegangen [28].

Liegen lokale Korrosionsangriffe vor, so sind neben den zeitlichen Veränderungen


der Korrosionsgeschwindigkeit ikorr vor allem deren Beeinflussung durch die Proben-
bzw. Messgeometrie zu beachten. Eine Bestimmung des Polarisationswiderstands
Rp ist wohl auch bei lokaler Korrosion möglich - eine Umrechnung in eine Korro-
sionsgeschwindigkeit ikorr setzt jedoch voraus, dass die Angriffsfläche F bekannt ist.

5.1 Vergleich der Messtechniken im Labor

5.1.1 Stationäre vs instationäre Messtechniken

Zur Bestimmung des Polarisationswiderstands Rp wurden an Probekörpern (Stahl in


Mörtel) mit unterschiedlichem Chloridgehalt und unterschiedlicher Feuchtigkeit ver-
schiedene Messtechniken eingesetzt: LPR (Linearer Polarisationswiderstand), EIS
(Impedanzmessung) und GPM (Galvanostatische Pulsmessung). Sowohl der
gemessene Polarisationswiderstand Rp (Abb. 5.1) als auch der ohmsche Widerstand
RΩ (Abb. 5.2) wurde von allen drei Messverfahren mit guter Übereinstimmung gleich
bestimmt. Die Standardabweichung über alle Messwerte beträgt ca. 20%.

Die Werte aus den LPR-Messungen für Rp liegen tendenziell etwas höher als dieje-
nigen aus den nicht-stationären Messtechniken (EIS, GPM). Dies hängt damit zu-
sammen, dass der Polarisationswiderstand bei beiden nichtstationären Verfahren
(EIS, GPM) durch Extrapolation bestimmt wird:
- bei der Impedanzmessung (EIS) wird das Spektrum aus Zeitgründen meist nur bis
etwa 5 - 10 mHz gemessen, der Wert von Rp muss durch Extrapolation bis zur
Frequenz f = 0 bestimmt werden (s. Gl. 3.8)
- bei der Galvanostatischen Pulsmessung (GPM) wird der Potential/Zeit Verlauf im
Intervall von 0 bis 8 sec gemessen (Abb. 3.15), und der Polarisationswiderstand
wird durch Extrapolation zu t = ∞ bestimmt (Gl. 3.17).
105

103

Rp EIS [kΩcm^2]
102

101

100
100 101 102 103
Rp GPM [kΩcm^2]

Abb. 5.1 Vergleich des Polarisationswiderstands Rp gemessen mit verschiedenen


Messtechniken. Stahl in Mörtel mit verschiedenen Chloridgehalten und
Feuchtigkeit

104

103
RΩ EIS [Ω]

102

101
101 102 103 104
RΩ GPM [Ω]

Abb. 5.2 Vergleich des ohmschen Widerstands RΩ erfasst mit EIS und GPM.
Stahl in Mörtel mit verschiedenem Chloridgehalt und Feuchtigkeit
106

In beiden Fällen sind die Messdaten tendenziell durch die eher hochfrequenten bzw.
kurzzeitigen Werte dominiert, während die LPR-Messung mit 300 sec Wartezeit pro
Punkt (Abb. 4.13) als quasistationär angesehen werden kann.

Vergleiche zwischen LPR- und GPM-Messungen [29] zeigten ebenfalls eine gute
Korrelation über mehrere Dekaden (Abb. 5.3). Auch in diesen Messungen bestätigt
sich, dass mit GPM-Messungen eher kleinere Rp Werte (grössere ikorr) erhalten
werden. Die stärkeren Abweichungen bei sehr geringen Korrosionsgeschwindig-
keiten können dadurch erklärt werden, dass die im Modell in Gl. 3.17 eingesetzte
Doppelschichtkapazität cd keine ideale Kapazität sondern eine Verlustkapazität
(Constant Phase Element) darstellt [30], deren Beitrag sich bei grossen Rp (d.h. klei-
nen Korrosionsgeschwindigkeiten) bemerkbar macht. Für praktische Anwendungen
ist die Abweichung im Bereich so geringer Werte jedoch ohne Bedeutung.
Korrosionsgeschwindigkeit LPR [ µm/a ]

1000

100

10

1.0

0.10

0.01
1.0 10 100 1'000
0.01 0.10
Korrosionsgeschwindigkeit GPM [ µm/a ]

Abb. 5.3 Vergleich der Korrosionsgeschwindigkeiten bestimmt mit LPR- und GPM-
Methode. Mörtelprüfkörper, nach Menzel [29]
107

5.1.2 Zusammenhang zwischen Potential und Rp

Für eine Serie von Messungen an Probekörpern mit verschiedenem Chloridgehalt


und unterschiedlichen Umgebungsbedingungen wurde ein klarer Zusammenhang
zwischen Korrosionspotential Ekorr und experimentell bestimmtem Rp gefunden
(Abb. 5.4). Mit abnehmendem Korrosionspotential sinkt der gemessene Rp Wert, mit
zunehmendem Chloridgehalt der Probekörper fällt der Polarisationswiderstand Rp
bei gleichem Potential tiefer aus. Dieses Verhalten ist charakteristisch für Loch-
frasskorrosion von Stahl in chloridhaltigem, alkalischem Beton oder Mörtel. Weiter
lässt sich aus Abb. 5.4 schliessen, dass selbst für Laborprüfkörper ein Korro-
sionspotential nicht einem bestimmten Polarisationswiderstand entspricht, sondern
dass je nach Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit) und Grösse der korrodierenden
Fläche Abweichungen von ± 30% ohne weiteres möglich sind. Dies zeigt einmal
mehr, dass Potentialmessungen keine Aussagen über die Korrosionsgeschwindigkeit
erlauben.

1000
1.4% Cl
1.8% Cl Inh
1.8% Cl
Rp [kΩcm^2]

100

10

1
-700 -600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100
Ecorr [mV CSE]

Abb. 5.4 Zusammenhang zwischen Rp und Ekorr für Stahl in Mörtelproben mit un-
terschiedlichem Chloridgehalt und unterschiedlicher Feuchtigkeit.
108

Potential [ mVSCE ] -100

-200

-300

-400

-500

-600

-700

-800
1 10 100 1'000 10'000

Polarisationswiderstand [ k1.cm2 ]

Abb. 5.5 Zusammenhang zwischen Korrosionspotential und Polarisationswider-


stand von Mörtelprüfkörpern mit unterschiedlichem Chloridgehalt und Ex-
positionsbedingungen, nach Elsener [23].

Stahlbewehrung (11 cm2) ~


0
~
~ ~
Korrodierte Stahloberfläche [ % ]

0%
0.05% Gewicht % Zement
0.25% Cl- zugabe zu
0.5 % Betonmischung
0.1 1.0 %
0.2 Feucht (80%RL)
Eingetaucht
0.5
1
2

5
10
20

50

10 100 1'000 10'000


Durchschnittlicher Polarisationswiderstand Rp [ k1.cm2 ]

Abb. 5.6 Zusammenhang zwischen Polarisationswiderstand Rp der Mörtelprüfkör-


per (Abb. 5.5) und der korrodierten Fläche (Alter: 9 Monate) [23]
109

An dieser Stelle sei auf eine ältere Arbeit der Autoren hingewiesen [23], wo ebenfalls
ein klarer Zusammenhang zwischen Korrosionspotential und dem (aus Impe-
danzmessungen bestimmten) Polarisationswiderstand festgestellt wurde (Abb. 5.5).
Zusätzlich zum Einfluss des Chloridgehalts wird auch der Einfluss der Feuchtigkeit
(Expositionsbedingung) deutlich: im Elektrolyten eingetauchte Proben weisen - bei
gleichem Polarisationswiderstand - deutlich negativere Potentiale auf. Eine de-
taillierte Auswertung der Proben nach den Versuchen zeigte, dass der gemessene
Polarisationswiderstand recht gut mit der korrodierten Fläche der Probe in Beziehung
steht (Abb. 5.6).

5.1.3 Zusammenhang zwischen Rp und RΩ

Nach Gleichung 2.6 ist der im Makroelement fliessende Strom bestimmt durch die
Zellspannung ∆U und die Summe der Widerstände von RE, RA und RK im Nenner.
Der experimentell bestimmte Polarisationswiderstand Rp entspricht der Summe RA +
RK, RE dem elektrischen Betonwiderstand. In der Literatur wurde verschiedentlich
auf den experimentell festgestellten Zusammenhang zwischen elektrischem Beton-
widerstand und Polarisationswiderstand Rp hingewiesen [31, 32], insbesondere für

103

102
I corr [ !a/cm2 ]

101

10-1

10-2

10-3
0 101 102 103 104 105 106

R Ohm [ 1 ]

Abb. 5.7 Zusammenhang zwischen Polarisationswiderstand Rp und elektrischem


Betonwiderstand RΩ von Mörtelprüfkörpern. Korrosion durch Karbonati-
sierung, nach Andrade [31].
110

Korrosion durch Karbonatisierung (Abb. 5.7). Die getesteten Laborprüfkörper (Abb.


5.8) zeigen einen ähnlichen Trend (ikorr = Rp-1). Beide Darstellungen weisen eine
grosse Streuung auf, d.h. dass der elektrische Betonwiderstand für eine Quanti-
fizierung der Korrosionsgeschwindigkeit - wegen unterschiedlicher Betonqualitäten
und Umgebungsbedingungen - nur eine grobe Grössenordnung angeben kann.

Abb. 5.8 Zusammenhang zwischen Polarisationswiderstand Rp und elektrischem


Betonwiderstand RΩ von Mörtelprüfkörpern (s. Abb. 5.3). Korrosion durch
Chloride
111

5.1.4 Makroelemente

Sämtliche Messungen an den korrodierenden, chloridhaltigen Mörtelproben wurden


an lokal korrodierenden Proben durchgeführt. Je höher der Chloridgehalt, desto grös-
ser war im Durchschnitt die korrodierende Fläche [22, 33]. Nur in den Versuchen mit
dem Modell-Makroelement war es möglich, den Korrosionsstrom der Anode direkt zu
erfassen und mit der aus elektrochemischer Messung von aussen (GPM) erhaltenen
Korrosionsgeschwindigkeit (Rp-1) zu vergleichen. Die Resultate (Abb. 5.9) zeigen
eine sehr gute Übereinstimmung. Weiter geht aus Abb. 5.9 hervor, dass die extra-
polierte Gerade nicht durch den Nullpunkt verläuft, d.h., dass die Messung des
Polarisationswiderstands die Makroelement- und die Eigenkorrosion erfasst, während
der Anodenstrom (versuchsbedingt) nur den Makroelementanteil misst.

0.012

0.01

0.008
Rp [ Ω ]
-1

0.006
-1

0.004

0.002

0
0 50 100 150 200
Anodenstrom im Makroelement [µA]

Abb. 5.9 Zusammenhang zwischen elektrochemisch bestimmter Korrosionsge-


schwindigkeit (Rp-1) und dem im Makroelement gemessenen Anoden-
strom
112

5.1.5 Zusammenfassung

Die erhaltenen Resultate sowie die Diskussion unter Einbezug von Literaturdaten
lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. An Laborproben mit symmetrischer Geometrie, d.h. homogener Stromverteilung


zwischen Arbeits- und Gegenelektrode, ist der gemessene Polarisationswider-
stand unabhängig von der angewandten Messtechnik (LPR, EIS oder GPM).
2. Bei chloridinduzierter Korrosion besteht ein Zusammenhang zwischen Korro-
sionspotential und Polarisationswiderstand, der sich jedoch mit dem Chloridge-
halt und den Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit) ändert.
3. Zwischen dem gemessenen elektrischen Betonwiderstand RΩ und dem Pola-
risationswiderstand Rp besteht ein empirischer Zusammenhang, der darauf hin-
deutet, dass beide Grössen von der Feuchtigkeit im gleichen Mass beeinflusst
werden.
4. Die Galvanostatische Pulsmesstechnik bestimmt die wichtigsten Grössen eines
Korrosionssystems, Korrosionspotential Ekorr, elektrischen Betonwiderstand
RΩ und Polarisationswiderstand Rp mit gleicher Zuverlässigkeit wie die
traditionelle LPR-Technik, jedoch wesentlich rascher (wenige Sekunden).
113

5.2 Anwendung elektrochemischer Messtechniken auf Bauwerken

Die Anwendung elektrochemischer ist die einzige Möglichkeit, um zerstörungsfrei


Informationen über die Geschwindigkeit des Schadenverlaufs zu erhalten und so die
Restlebensdauer bzw. die Zeit bis zur Instandsetzung abzuschätzen. Während im
Labor (Kap. 5.1) unabhängig von Chloridgehalt und Betonfeuchtigkeit zuverlässige
Werte erhalten werden, ist die Situation auf Bauwerken wegen der inhomogenen
Stromausbreitung zwischen der kleinen Gegenelektrode auf der Betonoberfläche und
dem ausgedehnten Bewehrungsnetzwerk wesentlich schwieriger. Die Resultate
(Kap. 4.3.2) zeigten, dass die experimentell gemessenen Polarisationswiderstände
nicht direkt in Korrosionsgeschwindigkeiten umgerechnet werden können. Im fol-
genden soll daher zunächst der Einfluss der Geometrie der Stromausbreitung und
seine Konsequenzen auf die Rp Messwerte diskutiert werden (Kap. 5.2.1). Die
Problematik der Bestimmung von RΩ ist Gegenstand des Kapitels 5.2.2., um dann
die mit verschiedenen Messtechniken bzw Geräten erhaltenen Resultate der Polari-
sationswiderstandsmessungen zu vergleichen und zu rationalisieren (Kap. 5.2.3).

5.2.1 Geometrie der Stromausbreitung

Wie in Kapitel 4.5 anhand der Resultate der Simulationsrechnungen gezeigt wurde,
wird der experimentell gemessene, effektive Polarisationswiderstand Rp' von der
Stromausbreitung zwischen Gegen- und Arbeitselektrode bestimmt, und dies unab-
hängig von der angewandten Messtechnik. Für den Fall einer sehr grossen, homo-
genen Elektrode wird die kritische Länge Lcrit, d.h. diejenige Distanz von der Ge-
genelektrode, bei der der Strom auf weniger als 5% der aufgeprägten Stromstärke
abgefallen ist (Abb. 5.10), vom spezifischen Polarisationswiderstand Rp, von der
Betonüberdeckung d und vom spezifischen elektrischen Betonwiderstand RΩ be-
stimmt. Bereits frühere Arbeiten von Feliù [34] kamen aufgrund von Transmissionli-
neberechnungen zum selben Schluss. Die Anwendung des von Feliù vorgeschlage-
nen Algorithmus ist jedoch kompliziert, da die Dicke des bewehrten Bauteils (z.B.
Platte) in die Berechnungen eingeht.
114

Abb. 5.10 Stromausbreitung zwischen Gegenelektrode und der Bewehrung im


Beton (schematisch)

Zentraler Punkt ist somit die Bestimmung der kritischen Länge Lcrit. Es lassen sich -
für praktische Anwendungen - grob folgende Fälle unterscheiden:

o aktiv korrodierende Bewehrungsstähle


Aktiv korrodierende Bewehrungsstähle weisen einen kleinen spezifischen Polari-
sationswiderstand Rp auf. Dies bedeutet, dass dem Eintritt des Stroms von der
Gegenelektrode in die Bewehrung (Abb. 5.10) nur ein kleiner Widerstand entge-
gengesetzt wird. Damit konzentriert sich der grösste Teil des Stroms unter der auf
der Oberfläche aufgesetzten Gegenelektrode (Abb. 4.28). Die seitliche Ausbrei-
tung des Stroms (zunehmende Lcrit) wird grösser mit zunehmender Überdeckung
(Abb. 4.28) und mit besserer Leitfähigkeit des Betons. Eine sehr grosse Ge-
genelektrode wäre im Falle homogen aktiver Korrosion von Vorteil. Zur Abschät-
zung von Lcrit dienen die Diagramme in Abb. 4.28. Es kann festgehalten werden,
dass die gemessenen Werte von Rp' (bezogen auf die Fläche unter der Gegen-
elektrode) etwa den realen Rp Werten entsprechen.

o homogen passive Bewehrung


Vollständig passiver Stahl in Beton weist einen spezifischen Polarisationswider-
stand in der Grössenordnung von 300 kΩcm2 bis zu 1 MΩcm2 auf [23], d.h., dem
Eintritt des Stroms von der Gegenelektrode wird ein sehr grosser Widerstand ent-
gegengesetzt, und die Stromlinien breiten sich stark aus. Die Simulationsrechnun-
gen (Abb. 4.29) haben gezeigt, dass Lcrit durchaus in der Grössenordnung von 50
cm liegen kann. Für eine Gegenelektrode mit L = 7 cm heisst dies, dass die aus-
gemessene Fläche um einen Faktor von ca. 70 grösser ist als die Fläche unter der
Gegenelektrode! Entsprechend müssen die gemessenen Rp' Werte (korrigiert um
RΩ) mit 70 multipliziert werden.
115

o lokal korrodierende Bewehrung


Im (wohl häufigsten) Falle lokal korrodierender Bewehrung liegen aktive Bereiche
mit kleinem spezifischem Polarisationswiderstand Rp neben passiven Bereichen
mit sehr grossem Rp vor (Abb. 2.7). Wie die Simulationsrechnungen in Kap. 4.5
gezeigt haben, konzentriert sich der von der Gegenelektrode zur Bewehrung flies-
sende Strom in den aktiven Bereichen (hot spots). Eine seitliche Ausbreitung des
Stroms (zu den passiven Bereichen) tritt nicht bzw. nur bei Verwendung von (im
Verhältnis zur Überdeckung) sehr grosser Gegenelektroden auf. Die Resultate der
Versuche mit Modell-Makroelementen (Kap. 4.4) haben die Simulationsrech-
nungen (Abb. 4.30) experimentell eindrücklich bestätigt (Abb. 5.11). Eine Angabe
der lokalen Abtragsrate aus Polarisationswiderstandsmessungen ist nur bei
Kenntnis der aktiv korrodierenden Fläche möglich.

passiv
40
35
30
Modellrechnung
Strom [µA]

25
20 5 kΩcm
Ueberd. 30 mm
15 aktiv/passiv 1:14
10
5
0
0 10 20 30 40 50
Distanz [cm]

passiv
40
35
Makroelement im Mörtel
30
Strom [µA]

25 3 kΩcm
Ueberd. 30 mm
20 aktiv/passiv 1:30
15
10
5
0
0 2.5 5 7.5 10 12.5 15
Distanz [cm]

Abb. 5.11 Vergleich der Resultate am Modell-Makroelement mit Simulationsrech-


nungen zur Stromausbreitung bei lokaler Korrosion
116

o Verwendung von Guard-Rings


Die Verwendung eines Guard - Rings, d.h. einer von John [36] vorgeschlagenen
zweiten, konzentrischen Gegenelektrode (Abb. 5.12), soll eine homogene Strom-
verteilung zwischen der inneren Gegenelektrode und der Bewehrung erzwingen.
Auf homogen passiven Elektroden wird die sehr grosse Stromausbreitung weitge-
hend verhindert, es wird nur die Stahlfläche unter der inneren Gegenelektrode
ausgemessen. Somit können korrekte Rp' Werte ohne Einbezug der kritischen
Länge Lcrit erhalten werden. Auf homogen aktiven Elektroden wird im Prinzip der-
selbe Effekt erzielt, wegen der kleinen Rp Werte aktiv korrodierender Bewehrung
ist die Verbesserung der Messwerte wenig bedeutend. Liegen lokal korrodierende
Bewehrungsstähle vor, so kann die Verwendung eines Guard-Rings zu gra-
vierenden Fehlmessungen führen [37, 38]: die lokal korrodierende Stelle unter der
inneren Gegenelektrode zieht auch Strom aus der äusseren Gegenelektrode an,
was bedeutet, dass im inneren Messkreis weniger Strom fliesst und ein zu hoher
Rp' Wert gemessen wird. Die berechnete Korrosionsgeschwindigkeit wird damit zu
klein !

Messgerät

A
Gegenelektrode

Guard - Ring Referenz-


elektrode

Bewehrung
Beton

Messfläche

Abb. 5.12 Messanordnung zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit auf


Bauwerken mit Guard Ring Elektrode
117

5.2.2 Bestimmung des ohmschen Widerstands

Ein mit der Geometrie der Stromausbreitung verknüpftes Problem ist die korrekte
Bestimmung des ohmschen Widerstands zwischen Gegenelektrode und Bewehrung
im Beton. In den elektrochemischen Messungen wird dies durch nichtstationäre
Messtechniken ausgeführt: entweder durch Impedanzmessungen im Bereich von
1kHz (s. Kap. 3.3.5) oder durch Bestimmung des ohmschen Spannungsabfalls zur
Zeit t=0 bei Galvanostatischen Pulsmessungen (s. Abb. 3.15). Bei hohen Frequen-
zen bzw. bei sehr kurzen Zeiten eines Pulses bestimmt jedoch die Doppelschicht-
kapazität cd der Bewehrung die Impedanz der Grenzfläche Bewehrung/Beton (s. Gl.
3.6). Diese Impedanz ZC ist sehr klein. Dies lässt erwarten, dass die Strom-
ausbreitung sehr gering ist, der experimentell bestimmte ohmsche Widerstand RΩ
bezieht sich auf das Volumen direkt unter der Gegenelektrode.

Aus dem experimentell gemessenen Zusammenhang zwischen spezifischem Beton-


widerstand r und dem gemessenen ohmschen Widerstand RΩ (Abb.4.20) lässt sich
nach Gl. 5.2 aus der Steigung der Gerade

ρ = k * RΩ (5.2)

die "Zellkonstante" k der geometrischen Anordnung der beiden Elektroden (Abb.


5.13) berechnen. Für die Daten in Abb. 4.20 ergibt sich k = 150 cm. Die Einheit cm
ergibt sich aus dem Verhältnis von ausgemessenem Volumen zur Fläche der Elek-
troden. Für die gemessene Überdeckung von ca. 3.5 cm resultiert eine ungefähre
Fläche von 45 - 55 cm2, was etwa der Oberfläche des direkt unter der Gegenelektro-

RE RE
GE GE

d
D
Längsschnitt Querschnitt

Abb. 5.13 Stromausbreitung zwischen Gegenelektrode und Bewehrung im Beton


bei der experimentellen Bestimmung von RΩ (schematisch)
118

de liegenden Bewehrungsstahls entspricht. Die theoretisch erwartete Konzentration


der Stromlinien im Frequenzbereich von 1 kHz ist somit experimentell bestätigt.

Der effektive Polarisationswiderstand Rp' wird, im Gegensatz zu RΩ, bei tiefen Fre-
quenzen (Gl. 3.8) bzw. durch Extrapolation zu sehr langen Zeiten, t->∞ (Gl. 3.17), be-
stimmt. Dies führt in zwei Fällen zu Diskrepanzen:

o passive Bewehrung
Auf passiven Stählen ist der gemessene ohmsche Widerstand im Vergleich zur
tatsächlichen Stromausbreitung bei der Bestimmung von Rp' zu hoch. Bei einer
konventionellen LPR Messung (RΩ unabhängig durch Impedanzmessung bei
1kHz bestimmt) wird - wegen der Subtraktion von RΩ (Gl. 3.9) - der effektive
Polarisationswiderstand Rp' zu klein. Bei der Galvanostatischen Pulsmessung, wo
der ohmsche Spannungsabfall durch Rückextrapolation des Potential / Zeit-
verlaufs (Gl. 3.18, Abb. 3.15) zur Zeit t = 0 bestimmt wird, ist der Fehler weniger
ausgeprägt. Ein korrekter Wert von RΩ liesse sich durch Verwendung eines
Guard-Rings oder - für einfache Geometrien - über numerische Berechnungen
erhalten [39].

o lokal korrodierende Bewehrung


Wegen der bestimmenden Impedanz ZC der Doppelschichtkapazität im Fre-
quenzbereich von 1kHz ändert sich RΩ nicht mit dem Korrosionszustand der
Bewehrung, RΩ entspricht der Bewehrungsfläche unter der Gegenelektrode (s.
oben). Im tiefen Frequenzbereich konzentriert sich der von der Gegenelektrode
kommende Strom auf die lokale Korrosionsstelle, der wahre ohmsche Widerstand
ist damit höher als der experimentell gemessene Wert. Für kleine lokale
Korrosionsangriffe wird somit der Polarisationswiderstand Rp' tendenziell zu gross
bestimmt. Den besten Näherungswert ergibt, wie früher gezeigt [40], die
Berechnung von RΩ bezogen auf die lokale Anode nach der Formel von Newman
[41], RΩ = r/4pr.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der mit der Messanordnung (Abb.
3.14) experimentell bestimmte ohmsche Widerstand proportional zum spezifischen
Betonwiderstand ist. Er entspricht ausser für homogen passive Bewehrung und sehr
kleine, lokale Korrosionsangriffe weitgehend dem korrekten Wert für die Stromaus-
breitung.
119

5.2.3 Bestimmung des Polarisationswiderstands auf Bauwerken

Die Resultate der Messungen im Labor und an grossen Probeblöcken (Kap. 4) sowie
deren Diskussion (Kap. 5.1) haben gezeigt, dass mit allen drei untersuchten elektro-
chemischen Messtechniken (LPR, EIS und GPM) übereinstimmende Werte für den
Polarisationswiderstand Rp' erreicht werden. Dies kann somit auch für Messungen
auf Bauwerken gefolgert werden. Während bei kleinen Laborprobekörpern die
Stromausbreitung zwischen Arbeits- und Gegenelektrode (durch korrekte Wahl der
Geometrie) homogen ist, spielt die Feldgeometrie bzw. die Stromausbreitung (s. Kap.
5.2.1) bei Messungen auf Bauwerken eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst nicht nur
die Grösse der effektiv polarisierten Stahloberfläche, sondern über die
Frequenzabhängigkeit der Stromausbreitung (s Kap. 5.2.2) auch den gemessenen
ohmschen Widerstand des Betons zwischen Gegenelektrode und Bewehrung. Im
Folgenden sollen nun die verschiedenen Einflussgrössen auf Rp diskutiert werden.

o Einfluss des ohmschen Widerstands RΩ


Der ohmsche Widerstand liegt in Serie zum effektiven Polarisationswiderstand Rp'
vor, für eine korrekte Bestimmung von Rp' muss RΩ daher bestimmt und evtl. von
Rp' subtrahiert werden. Vor allem bei den häufig angewandten traditionellen LPR-
Messungen (Kap. 3.3.4) wird der ohmsche Widerstand nicht automatisch mitbe-
stimmt. Die Resultate der Vergleichsmessungen (Abb. 4.17) zeigen, dass die
GPM-Messungen (mit Korrektur für RΩ) stets etwas höhere Werte für die
Korrosionsgeschwindigkeit ergaben. Der Grund könnte darin liegen, dass bei der
Berechnung der Korrosionsgeschwindigkeit aus LPR-Messungen keine Korrektur
für RΩ vorgenommen wurde. Betrachtet man die Pulsmessungen in Abb. 4.18, so
zeigt sich, dass vor allem in wenig feuchtem Beton der ohmsche Widerstand RΩ
grösser bzw. sogar viel grösser ist als Rp'. Eine Vernachlässigung von RΩ
resultiert in zu hohen Rp' Werten bzw. in zu klein berechneten Korrosi-
onsgeschwindigkeiten.

o Einfluss der Geometrie (Gegenelektrodengrösse)


Verschiedene Messgeräte verwenden unterschiedlich grosse Gegenelektroden,
die als Messkopf auf die Betonoberfläche gesetzt werden. Wie in Kap. 4.5 gezeigt
wurde, beeinflusst der Radius L der Gegenelektrode die gemessenen Werte des
effektiven Polarisationswiderstands Rp'. Je grösser der Radius L, desto kleiner
wird Rp' (grössere ausgemessene Fläche) und desto weniger fällt - bei homogen
aktiven oder homogen passiven Elektroden - der Einfluss der Stromausbreitung
120

(Lcrit) im Messwert ins Gewicht. Im Falle lokal korrodierender Bewehrung, wo eine


Stromkonzentration in der lokalen Anode auftritt, ist ein grosser Radius L kontra-
produktiv, da eine grosse Gegenelektrode auch Anteile der passiven Bewehrung
miterfasst. Die Werte von Rp' werden dadurch eher zu gross gemessen.

o Einfluss der Messdauer


In konventionellen LPR Messungen hat sich eine Wartezeit pro Messpunkt von
einer bis fünf Minuten als vernünftig erwiesen, um stationäre Messwerte zu er-
halten [14]. In Impedanzmessungen, vor allem im System Stahl/Beton, sind Fre-
quenzen von einigen mHz noch weit davon entfernt, stationäre Werte für Rp' zu
messen, es ist eine Extrapolation zu tiefen Frequenzen erforderlich. In den in die-
ser Arbeit vorwiegend eingesetzten Galvanostatischen Pulsmesstechnik wird im
Bereich von 0.1 bis ca. 8 Sekunden gemessen und der Wert von Rp' durch Extra-
polation der Potential/Zeit Kurve (Abb. 3.15) nach Gl. 3.19 bestimmt. Im Impe-
danzspektrum entspricht dieser Zeitbereich dem Intervall von ca. 10 Hz bis zu 0.1
Hz, d.h. etwa zwei Dekaden. Eine längere Messdauer würde evtl. Stofftransport-
phänomene an der Bewehrung provozieren und ist daher zu vermeiden, noch kür-
zere Messzeiten führen zu Fehlern in der Extrapolation da der Anteil der Doppel-
schichtimpedanz zu stark gewichtet würde. Eine weitergehende theoretische Be-
gründung für die experimentell festgestellte gute Übereinstimmung der Resultate
der raschen GPM Messung mit andern Techniken ist noch nicht erarbeitet.

o Einfluss der Anregungsamplitude


Nach den Gesetzen der linearen Signalanalyse sollte mit möglichst kleinen Anre-
gungssignalen (AC Amplitude, Potentialdifferenz bzw. Strompuls) gearbeitet wer-
den (Kap. 3.3.2). Dagegen spricht jedoch das bei jeder Datenerfassung auf-
tretende Rauschen, welches das Antwortsignal überlagert. Für die Galvano-
statischen Pulsmessungen hat sich eine Pulsstromstärke von 50 bis 200 µA auf
Bauwerken als vernünftig erwiesen. Die Stromstärke soll so angepasst werden,
dass die Polarisation der Bewehrung ∆Ep < 20 mV beträgt. Auf passiver Beweh-
rung werden kleinere Stromstärken benötigt. Mit zunehmendem Pulsstromstärken
sinken die gemessenen Rp' Werte, da die Bewehrung aus dem linearen
Strom/Potentialbereich in die exponentielle Charakteristik polarisiert wird.

Sind alle oben erwähnten Einflussgrössen bekannt bzw. die Messungen richtig
durchgeführt, werden korrekte, interpretierbare Messwerte für RΩ und Rp' erhalten.
121

Wie kann aus dem experimentell gemessenen effektiven Polarisationswiderstand Rp'


(korrigiert um den ohmschen Widerstand des Betons RΩ, s. Kap. 5.2.1) der spezifi-
sche Polarisationswiderstand Rp berechnet werden? Allgemein gilt:

Rp = Rp' * F (Gl. 5.3)


F = π * (L + Lcrit)2 (Gl. 5.4)

F Fläche (Einzugsgebiet des Signals)


L Radius der Gegenelektrode
Lcrit Distanz, in welcher der Strom I < 0.05 * I aufgeprägt gemessen wird

Die Problemstellung konzentriert sich auf die Bestimmung der effektiv polarisierten
Stahlfläche F. Dazu ist neben dem Radius L der Gegenelektrode die Kenntnis der
kritischen Länge Lcrit erforderlich. Lcrit kann mit Hilfe der Simulationsrechnungen zur
Stromausbreitung näherungsweise bestimmt werden. Haupteinflussgrössen sind der
Korrosionszustand der Bewehrung, der spezifische Betonwiderstand und die Grösse
der Überdeckung. Für die Messungen in der Galerie Rofla (Abb. 4.19 ) mit ungefähr
konstanter Überdeckung wird durch die Anwendung des Lcrit Konzepts insbesondere
der Wert in 3 m Höhe sehr stark korrigiert (Tab. 5.1).

Tabelle 5.1 Korrosionsgeschwindigkeiten in verschiedenen Höhen der Galerie-


rückwand Rofla, bestimmt aus GPM-Messungen

Höhe Ekorr RΩ Rp' Lcrit Fläche Rp vkorr


[m] [mV CSE ] [Ω] [Ω] [cm] [cm2] [kΩ cm2] [µm/a]

0.2 - 510 220 60 5 150 10 30


0.5 - 482 160 39 5 150 6 50
1.5 - 360 1380 235 25 3400 800 0.4
3.0 - 138 5350 430 40 4700 2000 0.15

Die bei 0.2 und 0.5 m errechneten Abtragsraten vkorr beziehen sich auf gleichmässige
Korrosion. Sind nur 10% der Bewehrung lokal angegriffen, so erhält man Werte von
0.3 bzw 0.5 mm/a, was etwa dem beobachteten Schadensbild entspricht.
122

5.3 Korrosionsgeschwindigkeit - "State of the Art"

Die Bedeutung der zerstörungsfreien Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit an


Bauwerken für die Berechnung der (Rest) Lebensdauer eine Bauwerks ist für die
Projektierung als auch für den gesamten Bereich der Bauwerkserhaltung (Life cycle
engineering) unbestritten. Dementsprechend gross sind die internationalen
Forschungsanstrengungen. So war das Thema ein bedeutender Schwerpunkt der
SHRP Forschung (Strategic Highway Research Program) in den USA [42], und im
Rahmen eines europäischen EUREKA Projekts wurde das GECOR Gerät entwickelt
[24]. Die Schweiz liegt durch die ASB Forschungsprojekte des IBWK mit an der
Spitze der Forschung. Der vorliegende Bericht entspricht dem aktuellen Kennt-
nisstand - die Forschungsarbeiten gehen, national und international, weiter.

5.3.1 Möglichkeiten und Grenzen der Rp Technik an Bauwerken

Wie die Forschungsarbeiten gezeigt haben, ist die Bestimmung des Polarisationswi-
derstands auf Bauwerken mit entsprechendem Vorgehen und Messgeräten genauso
möglich wie im Labor. Um aus den experimentell erhaltenen Messwerten momentane
Korrosionsgeschwindigkeiten zu bestimmen, muss eine Reihe von Voraussetzungen
bei der eigentlichen Messung, bei der Umrechnung und der Interpretation der Daten
erfüllt sein.

o Anwendungsbereiche
Polarisationswiderstandsmessungen können zur Zustandsbeurteilung eines
Bauwerks, zur Überwachung neuer oder instandgesetzter Bauwerke bzw. Bau-
werksteile oder zur Qualitätssicherung eingesetzt werden. Sie erlangen als wert-
volles Hilfsmittel immer dann grösste Bedeutung, wenn vom Ingenieur Aussagen
über den weiteren Schadensverlauf (Schadensprognosen) erwartet werden.

Durchführung und vor allem Interpretation von Polarisationswiderstandsmessun-


gen sind sehr anspruchsvoll. Der Fachmann wird sie daher im Rahmen einer Zu-
standserfassung im Kontext weiterer, mehr in die Breite gehender Informationen
anwenden: Resultate der visuellen Inspektion, einer Potentialfeldmessung zur Lo-
kalisierung der korrodierenden Bereiche sowie der Chloridanalysen sollten vor
dem Einsatz einer GPM Messung vorliegen. Die GPM Messung soll dann an aus-
gewählten Punkten (z.B. in Bereichen mit dem negativsten Potential, an statisch
123

kritischen Stellen etc.) eingesetzt werden. Vorerst werden jedoch weitere Tests
durch das IBWK auf Bauwerken ausgeführt.

o Messung
Polarisationswiderstandsmessungen sollten als Mindestanforderung das Korro-
sionspotential der Bewehrung, den ohmschen Widerstand des Betons bzw. den
spezifischen Betonwiderstand und den eigentlichen Polarisationswiderstand Rp'
umfassen. Ebenso dazu gehört die Angabe der Betonüberdeckung sowie (soweit
möglich) des Durchmessers der Bewehrung. Der ohmsche Widerstand des
Betons muss in jedem Fall mitgemessen werden. Es ist wichtig, zwei bis drei
Messungen am selben Punkt durchzuführen, um die Reproduzierbarkeit zu
überprüfen.

o Interpretation
Bereits die vergleichsweise einfachen Potentialmessungen müssen von einem
Fachmann sorgfältig ausgewertet und interpretiert werden. Dies gilt in noch viel
stärkerem Masse für die Bestimmung des Polarisationswiderstands mit der Gal-
vanostatischen Pulsmessung (GPM). Wie gezeigt wurde, ist der Einfluss der Geo-
metrie der Stromausbreitung (Kap. 5.2.1) dominierend. Es gilt daher, zunächst die
kritische Länge Lcrit als Funktion der Betonüberdeckung sowie der Betonleitfähig-
keit abzuschätzen. Dabei muss jedoch bereits grob angenommen werden, ob die
Bewehrung stark korrodierend oder passiv vorliegt, was anhand des Korro-
sionspotentials möglich ist.

o Vorteile der Galvanostatischen Pulsmessung


Im Unterschied zu LPR- oder Impedanzmessungen liefert die im Rahmen des For-
schungsprojekts entwickelte Galvanostatische Pulsmessung (GPM) innert weniger
Sekunden alle benötigten Daten wie Korrosionspotential, elektrischer Beton-
widerstand und Polarisationswiderstand Rp'. Die Tatsache, dass das Korro-
sionspotential und der elektrische Betonwiderstand gleichzeitig gemessen werden,
macht die Messtechnik auch für den Einsatz bei Potential - Punktmessungen inte-
ressant (Erhöhung der Informationsdichte, Verbesserung der Aussage).

o Grenzen der Rp Technik


Die aus der Bestimmung des Polarisationswiderstands resultierenden quantitati-
ven Angaben lassen sich nicht ohne weiteres in momentane Korrosionsgeschwin-
digkeiten umrechnen. Insbesondere bei Vorliegen stark lokaler Korrosion ist eine
verlässliche Angabe der lokalen Abtragsrate - aufgrund der unbekannten korrodie-
124

renden Fläche - heute noch nicht möglich. Dies gilt prinzipiell für sämtliche auf
dem Markt erhältlichen bzw. für Forschungszwecke eingesetzten Techniken.

5.3.2 Aussagekraft einzelner Messungen

Messungen des Polarisationswiderstands auf Bauwerken liefern quantitative Infor-


mationen. Diese müssen durch einen Fachmann richtig gewichtet und beurteilt wer-
den.

o Streuung / Genauigkeit
Wie die Forschungsarbeiten gezeigt haben, sind die Durchführung und Auswer-
tung von Polarisationswiderstandsmessungen auf Bauwerken wegen der Vielzahl
von Einflussgrössen komplex und anspruchsvoll. Bei korrekter Durchführung liegt
die Wiederholgenauigkeit der GPM Messungen (unter gleichen Bedingungen) bei
ca. ± 15 %. Sie ist für aktiv korrodierende Bereiche etwas besser als für passive.

Eine Angabe zur absoluten Genauigkeit der aus den Rp' Werten ermittelten Kor-
rosionsgeschwindigkeit (in µm/Jahr) auf Bauwerken ist sehr schwierig, da zu
wenige Daten vorliegen. In Bereichen mit starker, annähernd vollflächiger
Korrosion der Bewehrung dürften die ermittelten Werte im Bereich der Genauigkeit
von Labormessungenliegen, d.h. eine Abweichung von unter ± 30 % aufweisen.
Aufgrund der oben erwähnten Unsicherheit in der Angabe der effektiv
korrodierenden Fläche bei lokaler Korrosion der Bewehrung muss in diesen
(häufigen) Fällen mit Abweichungen zwischen einem Faktor zwei bis 10 gerechnet
werden. Forschungsarbeiten zur besseren Erfassung der lokalen Korrosionsge-
schwindigkeit sind am IBWK im Gange.

o Verwendung zur Schadensprognose


Polarisationswiderstandsmessungen liefern einen Momentanwert der Korrosions-
geschwindigkeit ikorr(tx) zum Zeitpunkt der Messung tx. Zur Berechnung eines
Schadensverlaufs (z.B. Querschnittsverlust der Bewehrung) müssen die Werte
über die Zeit integriert werden. Aufgrund wechselnder klimatischer Bedingungen
schwanken die Korrosionsgeschwindigkeiten meist stark. Eine einzelne Messung
der momentanen Korrosionsgeschwindigkeit ikorr kann den tatsächlichen Korro-
sionsangriff - je nach Zeitpunkt der Messung - sowohl stark über- als auch
unterschätzen. Die Messungen müssen daher durch einen Fachmann durchge-
125

führt und ausgewertet werden. Angaben über die Korrosionsgeschwindigkeit sind


stets mit andern Informationen aus der Inspektion bzw. in Beziehung zu setzen.

Um die Prognose der Schadensentwicklung zu verbessern, ist es entscheidend,


die Einwirkungsseite (Temperatur, Feuchtigkeit) der Beanspruchung von Bau-
werken bzw. Bauteilen und ihren Einfluss auf die Korrosionsgeschwindigkeit
besser zu untersuchen. Weitere Arbeiten werden im Rahmen eines neuen ASB-
Forschungsprojektes angegangen.
126

5.4 Kurzbeurteilung der Geräte

Soweit den Verfassern bekannt, sind gegenwärtig weltweit drei Geräte kommerziell
erhältlich, welche auch im SHRP-Programm [42] verglichen wurden. Es sind dies:
3LP Corrosion Meter (K.C. Clear, USA)
NSC Meter (Nippon Steel Corporation, Japan)
GECOR6 (Geocisa AG, Spanien)

Die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte Galvanostatische Pulsmess-


technik (GPM) wird in die Beurteilung miteinbezogen. Weitere Messgeräte werden
von spezialisierten Prüflabors bzw. Hochschulen zu Forschungszwecken oder zur
Bauwerksuntersuchung eingesetzt, sie sind jedoch nicht auf dem Markt erhältlich. Sie
werden nicht in die Beurteilung einbezogen.

In der folgenden Tabelle sind die wesentlichsten Grössen der Geräte zusammenge-
stellt. Die Vorbereitungszeit (Montage der Gegenelektrode etc.), welche bei allen
Verfahren etwa gleich lang ist, ist nicht in die Messzeit eingerechnet.

3LP NSC GECOR6 GPM IBWK


Prinzip LPR Impedanz LPR Transient
Ekorr + + + +
RΩ o + + +
Rp' + + + +
Guard Ring o + + o
Innere GE 17 cm 3 cm 8 cm 14 cm
Ref. elektrode CuSO4 AgCl CuSO4 CuSO4
Messzeit 10 - 20 min 1 - 2 min 5 - 7 min 10 - 20 sec
127

5.4.1 3LP Corrosion Meter (K.C. Clear, USA)

Dieses Gerät wird vor allem in den USA eingesetzt. Es beruht auf dem Prinzip der
linearen Polarisation (Kap. 3.3.2). Beim Messvorgang wird der Strom zwischen Be-
wehrung und Gegenelektrode langsam bis zu einer Potentialverschiebung ∆E von 12
mV erhöht. Die Vorschubgeschwindigkeit sollte kleiner als 2 mV/min sein. Die
Stromwerte bei 4, 8 und 12 mV Polarisation werden registriert. Aus der Steigung der
Gerade durch die vier Messpunkte wird der Polarisationswiderstand Rp' ermittelt.
Nach Abschalten der Polarisation muss das Potential bis auf ± 2 mV wieder dem ur-
sprünglichen Potential entsprechen. Totale Messdauer ca. 2 min.

Die Gegenelektrode hat eine relativ grosse Länge L = 17 cm. Es wird kein Guard-
Ring eingesetzt. Die Messungen sind nicht automatisiert.

Es wird vorgegeben, die Fläche des polarisierten Stahls F = p D L aus dem Stahl-
durchmesser D und der Gegenelektrodenlänge L zu berechnen.

Beurteilung:
Die Polarisationsgeschwindigkeit wird manuell (drehen am Potential) geregelt. Der
ohmsche Widerstand wird nicht gemessen, die bestimmten Werte des effektiven
Polarisationswiderstands Rp' sind somit vor allem bei grosser Überdeckung und
/oder in schlecht leitfähigem Beton zu gross - tendenziell werden zu kleine Korro-
sionsgeschwindigkeiten gemessen.

Das Gerät liefert wegen des unbekannten RΩ sowie der Stromausbreitung in der
angegebenen Art der Auswertung keine verlässlichen Informationen.
128

5.4.2 NSC Portable Corrosion Monitor (Nippon Steel Corporation, Japan)

Das Gerät verwendet eine Ag/AgCl-Bezugselektrode und benutzt die Guard-Ring-


Technik: eine kleine innere Gegenelektrode (d = 3.6 cm) dient als Messelektrode,
eine konzentrische äussere Gegenelektrode (d = 6 cm) als Guard-Ring. Das Gerät
arbeitet mit einem Doppelpuls als Anregungssignal (entspricht einer 2-Punkt Impe-
danzmessung): einem langsamen Puls von 0.02 Hz sind schnelle Pulse von 1.3 kHz
überlagert. Mit der hohen Frequenz wird RΩ bestimmt, mit der tiefen Frequenz Rp'.

Es wird vorgegeben, die Fläche des polarisierten Stahls mit F = p D L aus dem Stahl-
durchmesser D und dem Durchmesser der inneren Gegenelektrode L zu berechnen.

Beurteilung:
Die Messungen lassen sich rascher als mit LPR durchführen (pro Punkt ca. 1 Mi-
nute). Die gemessenen Werte sind effektive Polarisationswiderstände Rp' korrigiert
um RΩ. Die Verwendung eines Guard Rings erlaubt für homogen aktive oder passive
Bewehrung die Bestimmung korrekter Werte der Korrosionsgeschwindigkeit. Bei
Anwendung auf lokal korrodierender Bewehrung ist das Gerät wegen den kleinen GE
Durchmessern im Vorteil. Die Problematik, dass Strom vom Guard Ring in die Anode
fliesst, ist jedoch nicht gelöst. Die Wahl der tiefen Frequenz des Pulses ist etwas
arbiträr, sie wurde aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt.

Das Gerät liefert bei korrekter Anwendung vernünftige Werte der Korrosionsge-
schwindigkeit.
129

5.4.3 GECOR6 (Geocisa, Spanien)

Dieses Gerät arbeitet mit einem potentialgesteuerten Guard-Ring (pat.). Die innere
Mess-Gegenelektrode hat einen Durchmesser von 8 cm, der äussere Guard-Ring
einen solchen von ca. 22 cm. Vom Hersteller wird angegeben, dass diese Anordnung
eine polarisierte Fläche vont 14 cm Durchmesser ergibt.
Der ohmsche Widerstand RΩ zwischen innerer (Mess) Gegenelektrode und Beweh-
rung wird zunächst über Pulsmessungen ermittelt. In einer nächsten Phase wird eine
Serie von LPR-Messungen (Kap. 3.3.2) durchgeführt, aus denen der Polarisations-
widerstand Rp' ermittelt wird. Die Messdauer beträgt ca. 5 - 7 Minuten pro Punkt. Der
Messvorgang läuft automatisch ab.

Die polarisierte Fläche soll nach F = π D L für den Bewehrungsstabdurchmesser D


berechnet werden, L = 14 cm. Sämtliche Messdaten werden abgespeichert .

Beurteilung:
Sehr weit entwickeltes, kommerzielles Gerät, welches das Problem der Strom-
ausbreitung auf passiver Bewehrung durch den Guard-Ring löst. Die Länge von 14
cm (zwischen innerer und äusserer Gegenelektrode) ist etwas arbiträr. Testmes-
sungen in der Galerie Rofla sowie andere dokumentierte Werte der mit GECOR6 be-
stimmten Korrosionsgeschwindigkeit erscheinen zu klein (im Vergleich zu durch
Freilegen der Bewehrung bestimmten). Weiter kann der Guard Ring die Messungen
bei lokaler Korrosion evtl. verfälschen.

Hauptnachteil: als leicht zu handhabendes Gerät mit Angabe der Korrosionsge-


schwindigkeit kann es auch von Nicht-Fachleuten eingesetzt werden, welche den
komplexen Hintergrund der Polarisationswiderstandsmesstechnik nicht kennen. Da
eher zu kleine als zu grosse Korrosionsgeschwindigkeiten berechnet werden, kann
dies gefährlich sein.
130

5.4.4. Galvonostatische Pulsmessung (GPM), IBWK ETHZ

Der Prototyp des Geräts benutzt eine Cu/CuSO4 Referenzelektrode im Zentrum ei-
ner Gegenelektrode (L = 7cm). Der Messkopf wird mit einem gut feucht gehaltenen
Schaumgummi elektrolytisch an den Beton gekoppelt. Die mechanische Befestigung
erfolgt mit einer Schraube.

Nach Einstellen eines konstanten Korrosionspotentials wird der Potential/Zeit Verlauf


des Bewehrungspotentials während der Aufprägung eines anodischen oder kathodi-
schen Strompulses (typ. 50 - 200 µA) verfolgt. Die Stromsteuerung sowie die Erfas-
sung des Potentials erfolgen computergesteuert. Die registrierte Potential / Zeit
Kurve wird im Bereich von ca. 0.2 - 8 sec durch eine Exponentialfunktion gefittet;
daraus werden zusätzlich zu Ekorr der ohmsche Widerstand RΩ und der effektive
Polarisationswiderstand Rp' ermittelt. Die Messdauer beträgt ca. 15 sec pro Punkt.
Sämtliche Messdaten werden abgespeichert.

Die polarisierte Stahlfläche wird über die Stromausbreitung, d.h. die kritische Länge
Lcrit berechnet: F = π D Lcrit.

Beurteilung
Die GPM-Technik zur Bestimmung des Polarisationswiderstands ist sehr rasch, lie-
fert aber dieselben Basisdaten wie andere LPR-Methoden. Die Ermittlung der Korro-
sionsgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Stromausbreitung macht die Aus-
wertung der Messdaten sehr anspruchsvoll, jedoch in jeder Stufe transparent.

Die GPM-Technik hat wegen ihrer raschen Erfassung der wesentlichsten Daten Ekorr,
RΩ und Rp' ein grosses Potential bei Bauwerksuntersuchungen. Sie kann zudem die
Potentialpunktmessung erweitern und evtl. teilweise ersetzen.
131

6. Folgerungen für die Praxis

Die in den vergangenen Jahren am IBWK entwickelte und mit der SGK in die Praxis
überführte Potential(feld)messung ist heute in der Schweiz Stand der Technik für
eine rasche, vollflächige Bauwerksuntersuchung. Die reine Potentialmessung erlaubt
jedoch keine Aussagen über den Fortschritt der Korrosion. Im komplexen Umfeld der
Bauwerkserhaltung werden - auch aus ökonomischen Gründen - Prognosen des
Schadensverlaufs immer wichtiger. Für den Bauherrn oder den projektierenden
Ingenieur einer Instandsetzung ist im Rahmen einer Erhaltungsstudie die Beant-
wortung von Fragen wie
- wie lange hält das Bauwerk ohne Instandsetzung (Null-Lösung)
- wann wäre der optimale Instandsetzungszeitpunkt (je nach gewählter Variante)
- wie entwickelt sich das Bauwerk nach der Instandsetzung
von grösster Bedeutung bei der Auswahl des Instandsetzungskonzepts.

Im Forschungsprojekt wurde gezeigt, dass mit elektrochemischen Methoden die für


eine Prognose der Schadensentwicklung relevanten Daten wie elektrischer Beton-
widerstand und Polarisationswiderstand auf Bauwerken gemessen werden können.
Einzelne Geräte sind dazu bereits kommerziell erhältlich. Die im Rahmen des For-
schungsprojektes entwickelte Galvanostatische Pulsmessung (GPM) hat vor allem
aus Gründen der kurzen Messdauer grosse Vorteile.

Für die Praxis lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

1. Die Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung auf Bauwerken


ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, die in die Hand ausgewiesener Fach-
leute gehört.
2. Die Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit der Bewehrung soll stets im
Kontext anderer Informationen (visuelle Inspektion, Potentialfeldmessung, Beton-
überdeckung) erfolgen.
2. Ein Vergleich der Messwerte verschiedener Geräte ist wegen des starken Ein-
flusses der Geometrie auf die Stromausbreitung nur bedingt möglich und setzt
spezifisches Know-How und sorgfältige Interpretation voraus.
3. Folgende drei Fälle können für den Einsatz der Galvanostatischen Pulsmessung
(GPM) unterschieden werden:
o Am einfachsten (und verlässlichsten) ist die Bestimmung der Korrosionsge-
schwindigkeit auf grösseren, aktiv korrodierenden Bereichen. Dort kann die
132

polarisierte Bewehrung mit der Fläche bzw. Länge der Gegenelektrode


gleichgesetzt werden.
o Auf grossen, passiven Bereichen ist die Bestimmung der Korrosionsge-
schwindigkeit nur unter Einbezug der Stromausbreitung (Lcrit) korrekt mög-
lich. Vom praktischen Standpunkt aus sind diese Werte jedoch uninteressant
(keine Korrosion).
o Bei beginnender, stark lokaler Korrosion ist aus Polarisationswiderstands-
messungen heute noch keine korrekte Angabe des lokalen Querschnitts-
verlustes möglich.
4. Es bleibt zu beachten, dass die gemessenen Korrosionsgeschwindigkeiten mo-
mentane Werte sind, welche von den zum Zeitpunkt der Messung herrschenden
Bedingungen (Temperatur, Betonfeuchtigkeit) abhängen.
5. Eine Prognose der Schadensentwicklung setzt eine wesentlich bessere Kenntnis
der Einwirkungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) auf den Betonwiderstand und
die Korrosionsgeschwindigkeit voraus.

Die rasche Galvanostatische Pulsmessung (GPM) liefert zusätzlich zum Korrosions-


potential der Bewehrung innert weniger Sekunden Informationen über den elektri-
schen Betonwiderstand RΩ (d.h. detektiert direkt feuchtere Zonen des Betons) und
den Korrosionszustand der Bewehrung (bei stark korrodierender Bewehrung auch
über die momentane Korrosionsgeschwindigkeit). Sie liefert in kurzer Zeit kon-
zentrierte Informationen und kann daher vorteilhaft bei der Zustandserfassung
eingesetzt werden.
133

7. Ausblick

Der zusammenfassende Schlussbericht zum ASB-Forschungsprojekt zeigt, dass mit


den heute zur Verfügung stehenden Mess- und Auswerteverfahren die Korrosions-
geschwindigkeit der Bewehrung auf Bauwerken - zumindest im Falle homogen akti-
ver oder passiver Bewehrung - mit guter Genauigkeit bestimmt werden kann. Die am
IBWK im Rahmen des Projekts entwickelte rasche Galvanostatische Pulsmesstech-
nik (GPM) erlaubt es, das Korrosionspotential, den ohmschen Widerstand des
Betons und den Polarisationswiderstand zu bestimmen - und dies sehr viel rascher
als andere bereits kommerziell erhältliche Geräte. Dies ist zweifellos ein grosser
Fortschritt, der bereits auch umgesetzt wird. Die Galvanostatische Pulsmessung wird
unter der Leitung des IBWK auf verschiedensten Bauwerken in Kombination mit
andern Messmethoden als diagnostische Methode eingesetzt, um die Praxis-
erfahrung zu verbessern und einen breit abgestützten Datensatz zu erhalten.

Für eine breite Anwendung in der Praxis - vor allem bei Bauwerksuntersuchungen,
Projektierung von Instandsetzungen, kurz überall, wo die Prognose des Schaden-
verlaufs eine entscheidende Rolle spielt - müssen zwei kritische Hürden überwunden
werden:

1. Bestimmung lokaler Korrosionsgeschwindigkeiten


Bei lokal korrodierender Bewehrung versagt das Prinzip der kritischen Länge,
welches die inhomogene Stromausbreitung zwischen Gegenelektrode und Be-
wehrung beschreibt und es erlaubt, aus dem experimentell bestimmten Wert des
effektiven Polarisationswiderstands die Korrosionsgeschwindigkeit zu berechnen.
Hier sind noch weitere, innovative Forschungsarbeiten nötig.

2. Bestimmung einer massgebenden Korrosionsgeschwindigkeit


Die erhaltenen Korrosionsgeschwindigkeiten sind momentane Werte, welche mit
den Einwirkungen der Umwelt (Temperatur, Feuchtigkeit) schwanken. Für eine
Lebensdauerberechnung bzw. Abschätzung des Zeitpunkts einer Instandsetzung
sind jedoch gewichtete Angaben über den Querschnittsverlust pro Jahr erforder-
lich. Diese Werte sind das Integral der momentanen Korrosionsgeschwindigkeit
über die Zeit. Um aus wenigen Messdaten einen verlässlichen Wert des Quer-
schnittsverlusts angeben zu können, sind vertiefte Kenntnisse des Zusammen-
hangs zwischen klimatischen Einwirkungen und der Korrosionsgeschwindigkeit
erforderlich, die in einem neuen Forschungsprojekt praxisbezogen erarbeitet
134

werden sollen. Grundlagen dazu sind mit dem Studium des elektrischen Betonwi-
derstands als Funktion der Temperatur und Feuchtigkeit bereits gelegt [20, 21].

Die Entwicklung der Potentialfeldmessung am IBWK und ihre Einführung als wichtige
diagnostische Methode in die Praxis der Bauwerksuntersuchung war ein erster
wichtiger Schritt und Erfolg der Forschungsstelle. Mit der hier vorgestellten raschen
Methode zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit wurde ein weiterer
bedeutender Meilenstein gesetzt. Wir sind zuversichtlich, dass auch die noch offenen
Fragen im Zusammenhang mit der Prognose der Schadensentwicklung gelöst
werden können - im bewährten Zusammenspiel praxisorientierter Fragestellung und
wissenschaftlicher Forschung.
135

8. Liste der häufigsten Abkürzungen und Symbole

CSE Kupfersulfatelektrode [V]


EIS Elektrochemische Impedanzspektrospkopie
GPM Galvanostatische Pulsmessung
LPR Lineare Polarisationswiderstandsmessung

Cdl Doppelschichtkapazität [µF] bzw. [µF/cm2]


Di Diffusionskoeffizient
E elektrische Feldstärke
Ekorr Korrosionspotential [V]
EL Lochfrasspotential [V]
EO2 Gleichgewichtspotential der Sauerstoffelektrode [V]

F Faradaykonstante 96487 Asmol-1

Ikorr Korrosionsstromstärke [A]


ikorr Korrosionsstromdichte [A/cm2]
Ipuls Pulsstromstärke [A]

R Gaskonstante JK-1mol-1
RA Reaktionswiderstand der Anode [Ω]
RK Reaktionswiderstand der Kathode [Ω]
RE Elektrolytwiderstand [Ω]
RΩ ohmscher Widerstand [Ω]
Rp Polarisationswiderstand [Ωcm2]
Rpʼ effektiver Polarisationswiderstand [Ω]
ρ spezifischer Widerstand [Ωm]

T Temperatur
ui Ionenbeweglichkeit
|zi| Wertigkeit des Ions (Betrag)
136
137

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[33] D. Bürchler, Einfluss von Bewitterungszyklen auf das Korrosionsverhalten von
Stahl in Mörtel, Diplomarbeit IBWK ETH Zürich (1993)
[34] Feliu S., Gonzales J.A., Andrade C. and Feliu V., Corrosion/87 Paper Nr. 145,
San Francisco CA, March 1987
[35] Feliu S., Gonzales J.A., Andrade C. and Feliu V., Corrosion NACE, 44 (1988)
761
[36] D.G. John, J.L. Dawson and P.E. Langford, CORROSION '87, San Franzisco
(1987)
[37] S.C. Kranc, AA. Sagüés, Electrochim. Acta 14 (1993) 2061
Feliu S., Gonzales J.A., Feliu S.Jr. and Andrade C., ACI Materials Journal
(1990) 457
[38] H. Wojtas, B. Elsener and H. Böhni, submitted to Corrosion NACE
[39] S.C. Kranc and A.A. Sagués, Computation of Corroson Macrocell Distribution
and Electrochemical Impedances of Reinforcing Steel in Concrete, Computer
Modelling in Corrosion, ASTM STP 1154 (1992) pp. 95 - 112
[40] B. Elsener and H. Böhni, Significance of ohmic resistance measurements in the
case of localized corrosion. EFC workshop on electrochemical methods, Ferrara
(Italy). Dechema Monografie 101 (1986) 279 - 288
[41] J. Newman, J. El. Chem. Soc. 117 (1970) 507
[42] Flis J., Sehgal A., Li D., Kho Y.T., Sabol S., Pickering H., Osseo K., Cady P.D.,
"Condition Evaluation of Concrete Bridges relative to Reinforcement Corrosion",
Vol. 2: Method for Measuring the Corrosion Rate of Reinforcing Steel, SHRP-S-
324, National Research Council Washington DC (1993)
140
141

Anhang A1

Liste der im Laufe des Forschungsprojekts verfassten Publikationen

B. Elsener and H. Böhni


Elektrochemische Untersuchung der Korrosion von Armierungsstahl in Beton
Schweiz. Ingenieur und Architekt 102 (1984) 264 - 269

H. Böhni and B. Elsener


Korrosionsbeständigkeit von Armierungen.
SIA Dokumentation 72 "Beständigkeit von Stahlbeton".
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1984) p. 35-44

B. Elsener and H. Böhni


Monitoring corrosion of steel in concrete - an impedance approach
Proc. 8th European Congress of Corrosion, Nizza, (1985) Vol. I p. 1-6

B. Elsener
Corrosion des armatures dans le béton
SIA Dokumentation 89 "Durabilité du béton armé"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1985) p. 29-37

B. Elsener
Corrosione delle armature nel calcestruzzo
SIA Dokumentation D007 "Durabilità del calcestruzzo"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1986) p. 43-50

B. Elsener and H. Böhni


Corrosion of steel in mortar studied by impedance measurements
Materials Science Forum 8 (1986) 363-372

B. Elsener and H. Böhni


Lokalisierung von Korrosion in Stahlbeton
Schweiz. Ingenieur und Architekt 105 (1987) 528-533

B. Elsener
Elektrochemische Methoden zur Bauwerksüberwachung
SIA Dokumentation D020 Zerstörungsfreie Prüfung an Stahlbetonbauwerken
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 27-37

B. Elsener
Einsatz Epoxibeschichteter Stähle
SIA Dokumentation D021 "Schutz und Sanierungsmethoden von Stahlbeton-bau-
werken"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 17-25
142

B. Elsener
Spannungsrisskorrosion hochlegierter Stähle
SIA Dokumentation D030 "Einsatz nichtrostender Stähle im Bauwesen"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 37-47

B. Elsener, S. Müller, M. Suter and H. Böhni


Potential Mapping of Steel in Concrete
Proc. UK Corrosion 88 / Eurocorr 88, Brighton (1988) Vol. III p. 169-182

B. Elsener, S. Müller, M. Suter and H. Böhni


Potential surveys of Reinforced concrete Structures - Theory and Practice
Proc. "Measurements and Testing in Civil Engineering", Lyon (1988)
RILEM / SIA Vol. I p. 227-236

B. Elsener
Korrosion von Spannstählen
SIA Dokumentation D031 "Anker und Spannkabel"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1989) p. 9-17

B. Elsener and H. Böhni


Potential mapping and corrosion of steel in concrete
in "Corrosion rate of steel in concrete", ASTM STP 1065 , N.S. Berke, V. Chaker, D.
Whiting eds. American Society for Testing and Materials, Philadelphia (1990) p. 143-
156

B. Elsener, S. Müller, M. Suter and H. Böhni


Corrosion monitoring of steel in concrete - Theory and Practice
"Corrosion of Reinforcement in Concrete", C.L. Page, K.W. Treadaway, P.B. Bam-
forth eds. Elsevier Applied Science London, 1990, p. 348 - 357

B. Elsener, M. Suter
Epoxibeschichtete Bewehrung
Forschungskolloquium Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStB), Zürich 22./23.
März 1990, S. 67 - 72

B. Elsener
Méthodes électrochimiques de détection de la corrosion
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 19-28

B. Elsener
Corrosion des aciers de précontrainte
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 97 - 102

R. Suter, B. Elsener
Armatures protégées
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 59 - 66
143

B. Elsener
"Ionenmigration und elektrische Leitfähigkeit im Beton", SIA Doc. D065
Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 51 - 59

H. Böhni, B. Elsener
"Früherkennung von Bewehrungskorrosion: Potentialfeldmessungen und galvano-
statische Impulstechnik", Proc. Int. Symp. Zerstörungsfreie Prüfung im Bauwesen,
27.2. - 1.3.91 Berlin. Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung, 21 (1991)
Vol. 1 p. 101 - 122

B. Elsener
"Potentialfeldmessung - Zerstörungsfreie Lokalisierung der Korrosion in Stahlbeton-
bauwerken", Proc. 1. INTERCORR, Teil 3: Korrosion und Korro-sionsschutz im Bau-
wesen, S. 202 - 226. Schriftenreihe "Praxis Forum" Technik und Kommunikation
Verlag, Berlin (1991)

B. Elsener
"Elektrochemische Chloridentfernung und kathodischer Schutz an Stahlbetonbau-
werken - Praxisresultate"
WTA Workshop "Elektrokinese und Elektrolyse im Bauwesen",
München 7.6.91

B. Elsener and H. Böhni


"Electrochemical Methods for Inspection of Reinforcement Corrosion in Concrete
Structures - Field Experience". 4th Int. Symposium on Electrochemical Methods in
Corrosion Research, EMCR 91, Helsinki
Materials Science Forum 111/112 (1992) 635 - 646

B. Elsener, M. Molina, H. Böhni


Electrical Removal of Chlorides from Reinforced Concrete
Int. Conf. Advances in Corrosion and Corrosion Protection, Manchester 28.6. -
3.7.92. Corrosion Science 35 (1993) 1563 - 1570

B. Elsener, H. Böhni
Korrosion in Stahlbetontragwerken - Einflussgrössen und Möglichkeiten der Über-
wachung, SIA Dokumentation D099, Schweizer Ingenieur- und Architektenverein,
Zürich, 1993, p. 45 - 53, Tagung 11.3.93, Zürich

B. Elsener, H. Böhni
Elektrochemische Chloridentfernung an Stahlbetonbauten
SIA Dokumentation D099, Schweizer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1993,
p. 161 - 163, Tagung 11.3.93, Zürich

B. Elsener, H. Wojtas and H. Böhni


Inspection and monitoring of reinforced concrete structures - electrochemical me-
thods to detect corrosion, Proc. Int. Conference on Nondestructive Testing in Civil
Engineering, Liverpool, 14. - 16 .4. 1993, Vol. 2 p. 579 - 595
144

B. Elsener, H. Wojtas and H. Böhni


Inspection and monitoring of reinforced concrete structures - electrochemical me-
thods to detect corrosion, Proc. 12th Int. Corrosion Congress, Houston (1993) Vol. 5
pp 3260 - 3270

B. Elsener, H. Wojtas and H. Böhni


Inspection and monitoring of reinforced concrete structures - electrochemical me-
thods to detect corrosion, INSIGHT 36 (1994) 502 - 506

B. Elsener
Advanced Monitoring Techniques, Proc. COST 509 Workshop Corrosion and Pro-
tection of Metals in Contact with Concrete, Orta San Giulio, Italy, 7.-8.6.94

B. Elsener, H. Wojtas and H. Böhni


Galvanostatic Pulse Measurements - Rapid on site corrosion monitoring
Corrosion and Corrosion Protection of Steel in Concrete, ed. by R.N. Swamy, Shef-
field Academic Press (1994) Vol. 1 p. 236 - 246

D. Flückiger, B. Elsener, W. Studer and H. Böhni


Effects of Organic coatings on Water and Chloride Transport in Reinforced Concrete.
Corrosion and Corrosion Protection of Steel in Concrete, ed. by R.N. Swamy, Shef-
field Academic Press (1994) Vol. 2 p. 1017 - 1027

B. Elsener
Corrosion Rate on Reinforced Concrete Structures Determined by Electrochemical
Methods, Proc. 4th Int. Symp. Electrochemical Methods in Corrosion Research, Lis-
sabon, Sept. 94 , Materials Science Forum 192-194 (1995) 857-866

B. Elsener
Einsatz der Potentialmessung - Möglichkeiten und Grenzen, SIA Dokumentation
D 126, Schweiz. Ingenieur und Architektenverein Zürich (1995) p. 11 - 18

B. Elsener and H. Böhni


Condition evaluation of reinforced concrete bridges - the benefits of potential map-
ping. Proc. Int. Conf. Structural Faults &Repair, London (1995) Vol. 2

B. Elsener
Corrosion Rate Measurements of Steel in Concrete - Transient Techniques,
Proc. COST 509 Workshop "Corrosion and Protection of Metals in Contact with Con-
crete", Sevilla, Spain, 4.-8. 9. 95

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