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Report
Author(s):
Elsener, Bernhard; Flückiger, D.; Wojtas, H.; Böhni, Hans
Publication date:
1996
Permanent link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-001696382
Rights / license:
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1
Dr. B. Elsener
Dr. D. Flückiger
Dr. H. Wojtas
Prof. Dr. H. Böhni
Februar 1996
2
Der Inhalt dieses Berichtes verpflichtet nur die vom Bundesamt für
Strassenbau beauftragten Autoren.
Vorwort
Das Forschungsprojekt „Methoden zur Erfassung der Korrosion von Stahl in Beton“
wurde in Etappen konkretisiert. Es galt zunächst, eine zerstörungsfreie Methode zur
Lokalisierung der korrodierenden Bewehrung zu entwickeln, welche dann vom IBWK
der Schweizerischen Gesellschaft für Korrosionsschutz (SGK) zur Umsetzung und
Einführung in die Praxis übergeben wurde. Heute steht mit der Potentialmessung
eine weitgehend etablierte Methode zur Verfügung, welche zur zerstörungsfreien
Zustandsuntersuchung sowie zur Ueberwachung sehr häufig eingesetzt wird (vgl. die
Literatur im Anhang und VSS Bericht 510).
Die Autoren möchten den Mitarbeitern des Instituts für Baustoffe, Werkstoffchemie
und Korrosion, Ernst Bleiker, Daniel Bürchler, Angelika Hug, Jürg Inhelder, Stefan
Müller, Dr. Aldo Rota, Martin Suter und Lorenz Zimmermann sowie den an deisem
Forschungsprojekt beteiligten Personen, insbesondere Herrn Dr. Fritz Hunkeler,
herzlich danken. Für die angenehme Zusammenarbeit mit der Begleitkommission 2
sind wir deren Mitgliedern und ihrem Vorsitzenden, Herrn Dr. Peter Schmalz, zu
Dank verpflichtet. Unser besonderer Dank gebührt schliesslich dem Bundesamt für
für die grosszügige Unterstützung dieser Studie.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 13
2. Grundlagen 15
2.1 Allgemeines 15
2.2 Initiierungsphase 17
2.2.1 Eindringen von Chloriden 18
2.2.2 Karbonatisierung 18
2.3 Korrosionsfortschritt 20
2.3.1 Elektrochemische Grundlagen 20
2.3.2 Korrosion durch Chloride 24
2.4 Der elektrische Widerstand des Betons 27
2.4.1 Ionenmigration 27
2.4.2 Diffusion und Ionenbeweglichkeit 29
2.4.3 Ionenmigration und elektrischer Widerstand 30
2.5 Zusammenwirken der Korrosionsparameter 32
4. Resultate 63
4.1 Potentialmessung 63
4.1.1 Potential / Korrosionszustand der Bewehrung 63
4.1.2 Potential / Chloridgehalt des Betons 71
4.1.3 Potential / Betonfeuchtigkeit 74
4.2 Elektrischer Betonwiderstand 76
4.2.1 Abhängigkeit vom Elektrodenabstand 76
4.2.2 Abhängigkeit von der Temperatur 77
4.3 Polarisationswiderstand / Korrosionsgeschwindigkeit 79
4.3.1 Labormessungen 79
4.3.2 Feldmessungen 83
4.4 Makroelementkorrosion 91
4.4.1 Potentialverteilung 91
4.4.2 Stromverteilung 93
4.4.3 Widerstandsverteilung 95
4.4.4 Makroelement unter Aussenpolarisation 96
4.5 Simulationsrechnungen 98
4.5.1 Beschreibung des Modells 98
4.5.2 Homogen aktive oder passive Bewehrung 99
4.5.3 Lokal korrodierende Bewehrung 100
7. Ausblick 133
Literatur 137
Anhang
A1 Verzeichnis der Publikationen und Vorträge 141
8
9
Kurzfassung
Résumé
Riassunto
Summary
Prediction of the future deterioration of reinforced concrete structures - for lifte time
prediction of life cycle engineering - is based on the knowledge of the actual and
mean corrosion rate of the rebars. In this research project of the Swiss Federal High-
way Agency (ASB) the different non-destructive electrochemical methods for the de-
termination of corrosion rate as well as their measurement procedure are described.
A comparison based on laboratory samples with different corrosion activity showed
that all the methods examined, especially the rapid galvanostatic pulse technique
(GPM) developed in this project, determined identical corrosion rates of the rebars.
The measurement of the polarization resistance can be performed with the same
techniques as in the laboratory, but the calculation of an actual corrosion rate from
the measured data is not straight forward and needs
- a correct determination and compensation of the ohmic concrete resistance
- determination and critical evaluation of the critcal length Lcrit of the spreadout of
the current between the counter electrode on the surface and the rebars
- a well founded specific knowledge of corrosion in concrete
The spreadout of the current, a complex function of the corrosion state of the rebar,
the electrical resistivity of the concrete and geometrical factors (coer depth, radius of
the counter electrode) determines the experimentally measured data.
1. Einleitung
Immer grössere Bestände von Hoch- und Tiefbauten weisen heute aufgrund ihres
Alters sowie sich wandelnder Bedürfnisse und Anforderungen technische und funk-
tionale Mängel auf. Sie müssen - soll ihr Gebrauchswert erhalten bleiben - über-
wacht, unterhalten und gegebenfalls erneuert werden. Bereits im Jahr 1989 wurde im
Hochbau nur noch knapp die Hälfte der Investitionen für Neubauten (16-18 Mia sFr.)
eingesetzt. Ca. 15 % wurden für Ersatzbauten, weitere 20% für Renovation und
Unterhalt sowie 25% für Umbau und Erneuerung investiert. Diese Tendenz hat sich
inzwischen noch verstärkt. Internationale Untersuchungen haben gezeigt, dass bei
Verkehrsanlagen mit Unterhaltskosten von ca. 1.4 - 1.6% der Investitionskosten ge-
rechnet werden muss. Für das schweizerische Nationalstrassennetz (Gesamtinve-
stition ca. 40 Mia sFr. auf der Preisbasis 1983) bedeutet das einen jährlichen Unter-
haltsaufwand von 560 - 640 Mio Franken. Wird der Unterhalt vernachlässigt, so ent-
stehen auf die Dauer grosse volkswirtschaftliche Verluste. Eine Brücke oder ein
Tunnel kann eine gewisse Zeit auch ohne Unterhalt ihren Dienst versehen, doch
nimmt dabei die Qualität und die Betriebssicherheit der Anlage ständig ab, bis zu
dem Punkt, an dem aus Sicherheitsgründen der Betrieb eingestellt werden muss. Die
Instandsetzung derart vernachlässigter Bauwerke ist dann wesentlich aufwendiger.
Bauwerkserhaltung kann aber mit stetem "Flicken am Bau" weder sinnvoll noch kos-
tengünstig bewältigt werden. Bauwerkserhaltung ist - wie Neubau - eine anspruchs-
volle Ingenieuraufgabe: sie erfordert die Berücksichtigung volkswirtschaftlicher
Kriterien, vermehrt Kenntnisse materialtechnologischer Zusammenhänge und ein
vertieftes Verständnis der Faktoren, welche die Dauerhaftigkeit von Baustoffen beein-
flussen. Das Hauptproblem bildet die Korrosion der Bewehrung: insbesondere
schwere, die Tragsicherheit beeinträchtigende Schäden an Stahlbetontragwerken
entstehen durch Korrosion der Bewehrung an kritischen Tragwerksteilen. Die oft sehr
hohen Chloridkonzentrationen im Überdeckungsbeton an exponierten Bauteilen wie
Stützen, Bordüren oder Teilen der Brückenplatte stellen bei gleichzeitigem Vorliegen
von Feuchtigkeit und Sauerstoff auch in ansonsten guter Bausubstanz ein grosses
Korrosionsrisiko dar. Der zeitliche Verlauf der Korrosion ist insbesondere von der Art
der Feuchtigkeitseinwirkung, den mikroklimatischen Verhältnissen sowie der Dicke
und Dichte der Betonüberdeckung abhängig. Da eine zuverlässige theoretische
Voraussage des Korrosionsfortschritts kaum möglich ist, setzt eine effiziente
Bauwerkserhaltung - also Unterhalt sowie Projektierung und Ausführung von
Instandsetzungsmassnahmen - eine genaue Überwachung, die Abklärung der Scha-
densursache und eine Zustandsbeurteilung im Rahmen der Überprüfung voraus.
14
Nach der neuen Norm SIA E169 "Erhalten von Bauwerken" (im Entwurf) müssen in
regelmässigen Abständen Inspektionen (mit einfachen Mitteln) durchgeführt werden.
Liefert eine solche Inspektion keine zuverlässige Zustandsbewertung, so ist eine
Überprüfung mit weitergehenden Untersuchungsmethoden durchzuführen.
2. Grundlagen
2.1. Allgemeines
Lochfrasskorrosion
Korrosionsgeschwindigkeit g/m2 . Tag
lokale
gleichmässige Korrosion Korrosion
(gefährlich, da hohe
lokale Korrosions-
geschwindigkeit)
pH 10 - 12 pH > 12
Korrosion ohne Korrosion bei
Cl- möglich freiem Cl- möglich
Sauer Basisch
0 2 4 6 8 10 12 14
pH - Wert
kungen) meist nur sehr allgemein und ungenau bekannt sind. Im Falle einer Instand-
setzung (Depassivierung, evtl. Korrosion bereits eingetreten) kann die Verlängerung
der Lebensdauer über eine Reduktion der Korrosionsgeschwindigkeit erreicht wer-
den. Der Initiierungsprozess (Eindringen von Chloriden, Karbonatisierung) und der
Schadensfortschritt (Korrosion der Bewehrung) werden, wie im folgenden gezeigt
wird, von unterschiedlichen Parametern beeinflusst.
Abb. 2.3 Allgemeines Schema des zeitlichen Ablaufs der Korrosion von Stahl in
Beton [ 1 ]:
td Zeitpunkt der Depassivierung
ta, tb Erreichen des Endzustands bei Korrosionsgeschwindigkeit a, b
a,b,c zunehmende Korrosionsgeschwindigkeit a > b > c
2.2 Initiierungsphase
In der Initiierungsphase dringen aggressive Stoffe (Chloride, CO2) von der Oberflä-
che her in den Beton ein. Die Dauer der Initiierungsphase wird von folgenden Para-
metern bestimmt:
- Dicke der Betonüberdeckung (Weg von der Oberfläche bis zur Bewehrung)
- Eindringgeschwindigkeit
- Konzentration der aggressiven Stoffe
2.2.2 Karbonatisierung
Die Geschwindigkeit der Karbonatisierung ist durch das Eindringen des CO2 in den
Beton bestimmt, was nur über die Gasphase (d.h. im nicht wassergesättigten Poren-
system) rasch erfolgen kann. Da für die Karbonatisierungsreaktion selbst Wasser
erforderlich ist, ergeben sich bei ganz trockenen bzw. völlig mit Wasser gefüllten
Poren die geringsten Karbonatisierungsgeschwindigkeiten, während bei nur teilweise
gefüllten Poren die Karbonatisierung am schnellsten fortschreitet. Dies hat auch zur
Folge, dass die Karbonatisierung keine eindeutige, senkrecht zur Betonoberfläche
verlaufende scharfe Front ergibt, sondern dass ein Übergangsbereich zwischen voll
alkalischem und voll karbonatisiertem Beton entsteht.
Das CO2 aus der Atmosphäre muss durch zunehmend dickere, bereits karbonati-
sierte Bereiche des Betons eindringen, was einem typischen Diffusionsprozess mit √t
Abhängigkeit entspricht. Dieses parabolische Zeitgesetz gilt jedoch nur für den Fall
von konstanter, relativ geringer Umgebungsfeuchte. Bei natürlicher Bewitterung
(ungeschützte, beregnete Oberfläche) wird die Eindringgeschwindigkeit mit der Zeit
stark abnehmen und es werden stets endliche und bei guter Betonqualität geringe
Karbonatisierungstiefen auftreten (Abb. 2.4). Als wichtigste Einflussgrösse wurde die
langsame Austrocknungsgeschwindigkeit des Betons identifiziert [ 3 ].
20
15
10
Natürliche Bewitterung
(indirekt)
Natürliche Bewitterung
(direkt)
0
1 2 3 4 8 16
Zeit [Jahre]
2.3 Korrosionsfortschritt
Haben Chloride oder die Karbonatisierung die Bewehrung depassiviert, kann in Ge-
genwart von Wasser und Sauerstoff Korrosion ablaufen. Die Korrosionsgeschwin-
digkeit bestimmt die Zeitdauer bis der Endzustand des Bauwerks erreicht ist (Abb.
2.3). In diesem Kapitel werden zunächst die elektrochemischen Grundlagen der
Korrosion von Stahl in Beton erläutert (Kap. 2.3.1) und anschliessend die Chlorid-
korrosion bzw. die Korrosion durch Karbonatisierung behandelt.
Für Stahl bzw. Eisen in sauerstoffhaltigen Elektrolyten (Wasser, Boden, Beton) kön-
nen die ablaufenden elektrochemischen Reaktionen wie folgt geschrieben werden:
Oxidation
FeOOH
- -
Fe Fe 2+ 2e - OH , Cl
Metall Umgebung
1/ O + H O + 2e- -
2 2 2
2OH Ca++, Fe ++
Z.B. Beton
Reduktion
Die Eisenauflösung als anodische Teilreaktion (Gl. 2.1a) und die kathodische Teil-
reaktion (Gl. 2.1b) müssen aus Gründen der Elektroneutralität gleichzeitig und mit
gleicher Geschwindigkeit auf der Metalloberfläche ablaufen; sie bilden zusammen ein
kurzgeschlossenes galvanisches Element (Abb. 2.5). Dazu ist sowohl eine elektrisch
leitende Verbindung (Bewehrungsstahl) als auch eine elektrolytische Leitfähigkeit
(Beton) erforderlich. Die Korrosionsgeschwindigkeit kann als Massenverlust (g/m2),
Querschnittsabtrag (mm/Jahr) oder - wegen der in Gl. 2.1a sichtbaren Proportio-
nalität zwischen Fe2+ Ionen und Elektronen - als Stromdichte [µA/cm2] angegeben
werden. Die Umrechnung (nach dem Faradayschen Gesetz) zeigt Tabelle 2.1.
Tabelle 2.1
Äquivalente Werte der Korrosionsstromdichte, des Gewichtsverlusts und des Quer-
schnittsverlusts für Eisen
Die Kinetik der anodischen und kathodischen Teilreaktionen kann durch eine charak-
teristische Kennlinie, die sog. Stromdichte/Potentialkurve (Abb. 2.6) charakterisiert
werden.
o anodische Teilreaktion
Für die anodische Teilreaktion (Eisenauflösung nach G. 2.1a) wird bei korrodie-
render Bewehrung (tiefer pH-Wert, Chlorideinfluss) eine exponentiell mit dem Po-
tential ansteigende Stromdichte gemessen. Der durch die Metalloberfläche
fliessende Strom ist ein direktes Mass für die Korrosionsgeschwindigkeit (Tab.
2.1).
22
Im Falle passiver Bewehrung wird über einen weiten Bereich nur eine verschwin-
dend kleine, potentialunabhängige Stromdichte, die Passivstromdichte, gemes-
sen. Die Auflösungsstromdichte liegt < 0.1 µA/cm2, d.h < 1 µm/Jahr und ist damit
vernachlässigbar klein.
aktiver Zustand:
2+
tiefer pH oder Fe Fe + 2e -
Cl- _ Einfluss
anodisch ( + )
[¬i ]
iKorr
Stromdichte
passiver Zustand
Potential [ ¡ ]
Kathodisch ( - )
¡Korr
¡Korr
- -
1/2 O2 +H2 O + 2e 2 OH
o kathodischeTeilreaktion
Die kathodische Teilreaktion (Sauerstoffreduktion nach Gl. 2.1b) wird durch eine
vom Sauerstoffgehalt im Beton bestimmte, praktisch potentialunabhängige Diffu-
sionsgrenzstromdichte iO2,D charakterisiert. Diese Grenzstromdichte ist propor-
tional zur Sauerstoffkonzentration cO2, zum Sauerstoffdiffusionskoeffizienten
DO2 und zum reziproken Wert der Diffusionsgrenzschichtdicke ∂ (im Beton un-
gefähr gleich der Überdeckung). Konzentration und Diffusionskoeffizent des
Sauerstoffs hängen stark von der Betonfeuchtigkeit ab: bei Feuchtigkeiten über
80% nimmt DO2 stark ab. Ein völlig an Sauerstoff verarmter Beton (mit iO2,D
praktisch Null) kann nur vorliegen, wenn er dauernd und vollständig in Wasser
eingetaucht ist.
gehalt ab. Im pH-Bereich von 7 (neutral) bis 14 (alkalisch) erhält man eine Ge-
rade mit der Steigung - 60 mV / pH, das Gleichgewichtspotential der Sauer-
stoffreduktion sinkt mit zunehmendem pH-Wert.
Tabelle 2.2
Korrosionspotential von Stahl in verschiedenen Umgebungen
Die Bedingung für das Auftreten von Lochfrass (d.h. der Depassivierung des Stahls)
lautet:
d.h. das Korrosionspotential der Bewehrung im Beton, Ekorr, muss grösser sein als
das Lochfrasspotential EL.
Das Korrosionspotential der (passiven) Bewehrung hängt vom pH-Wert und vom
Sauerstoffgehalt der Porenlösung ab (Gl. 2.1b). In atmosphärischen Bedingungen ist
in der Regel genügend Sauerstoff an der Bewehrung vorhanden, so dass das Korro-
sionspotential allein vom pH-Wert der Porenlösung abhängt:
Gl. 2.4 sagt aus, dass das Korrosionspotential der passiven Bewehrung pro pH-Ein-
heit um 60 mV absinkt. Werden alkaliarmer Zement bzw. Microsilica oder andere
puzzolanische Zusatzstoffe verwendet (welche mit den OH- Ionen der Porenlösung
reagieren) oder ist der Beton karbonatisiert, so steigt das Korrosionspotential ent-
sprechend an. Nach Gl. 2.3 steigt das Risiko der Lochfrasskorrosion mit steigendem
Korrosionspotential.
Die Konstante b liegt bei ca. 100 mV pro Dekade der Chloridkonzentration. Nach
Gl.2.3 sind möglichst hohe Lochfrasspotentiale notwendig, um Lochfrass zu vermei-
den.
25
Damit wird klar, dass es nur für sehr definierte Bedingungen (pH-Wert, Chlorid-
konzentration, Sauerstoffgehalt) im Labor einen kritischen Chloridgehalt für das
Auftreten von Lochfrass geben kann. In der Praxis ist wegen der unterschiedlichen
Chloridbindekapazität des Betons und dem unterschiedlichen pH-Wert der Poren-
lösung nicht zu erwarten, dass ein allgemein gültiger "kritischer Chloridgehalt" für das
Auslösen der Korrosion der Bewehrung existiert.
-200 mV -200 mV
-300 mV Beton
-400
-500
Lokale
Intakte Korrosionsstelle
Armierung -700 mV
-100mV (Anode)
(Kathode)
Stromfluss
Isopotentiallinien
Ikorr = 6U
RA + RC + RE
Charakteristisch für die Korrosion durch Chloride ist ein sehr lokaler Angriff
(Lochfrass). Die kleinen korrodierenden Bereiche der Stahloberfläche liegen unmittel-
bar neben grossen passiven Bereichen der Bewehrung (Abb.2.7). Es entsteht so ein
kurzgeschlossenes galvanisches Element ähnlich einer Batterie, ein sog.
Makroelement. Die korrodierende Stelle wird zur Anode (stark negative Potentiale)
und wird von einem wesentlich grösseren, passiven und kathodisch wirkenden Ober-
flächenbereich (positivere Potentiale) umgeben, was den lokalen Angriff verstärkt.
Das Potential der neben der lokalen Anode liegenden passiven Bereiche wird
abgesenkt. Weiter werden durch die kathodische Teilreaktion (Gl. 2.1b)
Hydroxylionen produziert, und der pH-Wert über den kathodischen Bereichen steigt.
26
Beides reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass in den dem Loch benachbarten Katho-
denbereichen neue Lochfrassangriffe entstehen (s. Gl. 2.4).
Dieser wird, stark vereinfacht ausgedrückt, durch den elektrischen Widerstand des
Betons RE und die beiden Reaktionswiderstände der anodischen bzw. kathodischen
Teilreaktion (RA, RK) bestimmt. Der Stromfluss erfolgt im Stahl elektrisch (Elektro-
nen) und im Beton elektrolytisch (Ionen). Bedingt durch die sehr ungünstigen
Flächenverhältnisse (kleine Anode, grosse Kathode) kann dies zu sehr hohen
Korrosionsstromdichten ikorr führen, d.h. zu grossen lokalen Querschnittsverlusten
von bis zu 1 mm/a. Voraussetzung ist allerdings, dass die kontrollierenden
Widerstände in Gl. 2.6 klein sind: gut leitfähiger Beton (RE klein), genügend
Sauerstoff an den Kathoden (RK klein) und viele Chloride im Bereich der Anode (RA
klein). Fehlt der Sauerstoff an der Kathode (z.B. wegen zu stark durchnässtem
Beton) oder ist der elektrische Betonwiderstand zu hoch (z.B. wegen Austrocknung),
werden die Angriffe stark verlangsamt.
Mit dem Stromfluss im Beton gekoppelt ist ein elektrisches Feld (Abb.2.7), das an der
Betonoberfläche experimentell erfasst werden kann; man misst das Potentialfeld,
welches die zerstörungsfreie Lokalisierung korrodierender Bewehrung in den Berei-
chen mit stark negativen Potentialen erlaubt.
27
Zur Messung des elektrischen Widerstands wird zwischen zwei Elektroden im Elek-
trolyten eine elektrische Spannung angelegt, so dass sich ein elektrisches Feld mit
der Feldstärke E aufbaut. Dieses elektrische Feld übt auf die Ionen als Träger elektri-
scher Ladung eine Kraft aus, unter deren Einwirkung die positiv geladenen Kationen
zum negativen Pol (Kathode) und die negativ geladenen Anionen zum positiven Pol
(Anode) wandern. Dieser gerichtete Stromfluss bzw. Massentransport wird als Migra-
tion oder Ionenwanderung bezeichnet. Die Wanderungsgeschwindigkeit ist pro-
portional zur Feldstärke und zur Ladung des Ions [5, 6]:
vi = ui |zi| E (2.7)
Die im Elektrolyten unter Einfluss des elektrischen Feldes fliessende totale Strom-
stärke I berechnet sich zu:
I = F A E Σ ci ui |zi| (2.8)
κ = F Σ ci ui |zi| (2.9)
Sie ist um so grösser, je höher die Konzentration, die Ladungszahl und die Beweg-
lichkeit der Ionen in der Lösung sind.
Der Anteil des Stroms einer Ionensorte b am Gesamtstrom wird als Überführungs-
zahl tb bezeichnet und berechnet sich zu:
Die Wanderung von Ionen in einem elektrischen Feld wird mit Gl. (2.4) beschrieben.
Ionen können aber auch in Abwesenheit eines elektrischen Feldes wandern, nämlich
dann, wenn Konzentrationsgradienten vorliegen. Diese Wanderung wird als Diffusion
bezeichnet. Für den Diffusionskoeffizienten Di gilt [ 5 ]:
Di = R T ui / |zi| F (2.11)
Gl. (2.11) gilt für die betrachtete Ionenart i; für die Diffusion von Salzen kann ein ge-
eigneter Mittelwert aller beteiligten Ionen (z.B. Na+, Cl-) bestimmt werden [5]. Der in
Gl. (2.11) angegebene fundamentale Zusammenhang zwischen Ionenbeweglichkeit
und Diffusionskoeffizient lässt sich mit den tabellierten Daten für die Diffusionskoeffi-
zienten von LiCl, KCl und NaCl Lösungen [7] überprüfen. Wie Tab. 2.4 zeigt,
stimmen die Werte nahezu überein. Damit lassen sich Ionenbeweglichkeit bzw.
Leitfähigkeit oder elektrischer Widerstand und Diffusionskoeffizient ineinander
umrechnen. Dies ist für die Charakterisierung der Transportphänomene in Zement-
stein, Mörtel und Beton von grosser Bedeutung.
Der Stromfluss im Beton erfolgt über die Migration der Ionen in der wässrigen Phase,
d. h. hauptsächlich über die wassergefüllten Kapillarporen des Zementsteins. Geht
man von einem wassergesättigten Beton aus, lassen sich die oben erläuterten Ge-
setzmässigkeiten der Elektrolyte unter Berücksichtigung des Volumenanteils der
Kapillarporen und der Porenstruktur in erster Näherung auch auf Beton bzw. Mörtel
oder Zementstein anwenden. Insbesondere sollte der aus Gl. 2.11 hervorgehende
Zusammenhang zwischen Diffusionskoeffizient und Überführungszahl (d.h. Leitfähig-
keit und Widerstand) auch für Mörtel bzw. Beton gelten, da die geometrischen
Faktoren, welche die Transportphänomene beeinflussen, für Diffusion und Migration
identisch sind.
Die Wanderung von Ionen in einem porösen Körper als Funktion des Volumenanteils
der Poren kann mittels Monte-Carlo Simulation in einem zufällig aufgebauten Gitter
ermittelt werden (Abb. 2.8). Dabei wird die mittlere zurückgelegte Weglänge x einer
rein statistischen (ungerichteten) Bewegung als Summe von einzelnen Sprüngen in
Abhängigkeit der Zeit t berechnet. Die Formel von Einstein-Smoluchowski verknüpft
nun Weg und Zeit eines einzelnen Sprungs mit dem Diffusionskoeffizienten [8]:
x2 = 2 D t (2.9)
x mittlerer Weg
t Zeit
D Diffusionskoeffizient
Die Resultate solcher Simulationen [12] (basierend auf der Perkolationstheorie) für
Porenanteile zwischen 100 % (Elektrolyt) und 10% (Annahme für Beton) zeigt
Tabelle 2.5, in der die mittleren Weglängen x für eine konstante Zeit t für verschie-
dene Porenvolumen aufgetragen sind. Eine Verkleinerung des Porenvolumens von
100% auf 10% führt aus rein geometrischen Gründen (weniger durchgehende Poren,
längerer und komplizierterer Weg) zu einer Reduktion der mittleren Weglänge um
einen Faktor 400 - 600. Der Vergleich mit experimentell gemessenen Werten des
Diffusionskoeffizienten in Lösung rsp. Beton zeigt eine sehr gute Übereinstimmung in
der Reduktion. Die verbleibende kleine Differenz von ca. einem Faktor 2 kann auf
chemische bzw. elektrochemische Wechselwirkungen mit den Porenwänden [9]
zurückgeführt werden. Hinweise darauf sind auch die im Vergleich zu Elektrolyten
deutlich höheren Aktivierungsenergien für Chloriddiffusion in Zementstein [10].
31
Tabelle 2.5
Einfluss der Reduktion des Porenvolumens auf die mittlere Weglänge x2 der Perko-
lation zur Zeit t. Zum Vergleich die experimentell bestimmten Diffusionskoeffizienten
für Chlorid in Lösung (100%) und in Beton (10%):
Für nicht vollständig wassergesättigten Mörtel oder Beton wird der elektrische Wider-
stand ansteigen, da zunächst die grossen, wassergefüllten Poren austrocknen.
Abb. 2.8 Perkolationsgitter für 80%, 50% und 20% Porenvolumen (ebener Schnitt)
[11, 12]
32
Karbonatisierung
100% 1.0
Cl -, O
2 , CO
Huckepacktransport- Rate (Cl-)
2
rel. Luftfeuchtigkeit (H2O)
Permeabilität O2, CO2
Wahrscheinlichkeit der
Korrosion am Stahl
n
osio
2O
H
Korr
0%
0
0% 100%
rel. Betonfeuchtigkeit
Die Erfahrungen aus der Praxis lehren, dass aus diesem Grunde die Korrosionsge-
fahr im Bereich von Wasserwechselzonen oder im Spritzwasserbereich wesentlich
grösser ist. Massnahmen, die den Wassergehalt des Betons absenken, verringern
die Korrosionsgefahr.
34
35
3.1. Potentialmessung
Im Gegensatz zu Nordamerika begann man in Europa erst anfangs der 80er Jahre,
vereinzelt Bauwerke mit der Potentialmessung zur Erfassung des Korrosionszu-
stands der Bewehrung zu untersuchen. In der Schweiz wird die Potentialmessung -
zuerst fast ausschliesslich durch das IBWK im Rahmen des vorliegenden For-
schungsprojekts - seit 1985 eingesetzt. Die Umsetzung in die Praxis erfolgte zusam-
men mit der Schweiz. Gesellschaft für Korrosionsschutz (SGK). Ein SIA Merkblatt
2006 liegt vor. Der Schweiz kommt dadurch bei der Einführung der Potentialmessung
als Methode der Zustandserfassung von Bauwerken im Vergleich zu den übrigen
Ländern Europas eine Pionierrolle zu.
36
3.1.1 Messprinzip
3.1.2 Durchführung
-200 mV -200 mV
-300 mV
Bezugs-
elektrode
-400
Beton
-500 el.
Anschluss
Korrosionsstelle
-700 mV, Anode
passive Bewehrung Stromlinien
-100 mV, Kathode Äquipotentiallinien
Abb.3.1: Prinzip der Potentialmessung auf der Betonoberfläche zum Auffinden kor-
rodierender Bereiche der Bewehrung
Der Kontakt zwischen Elektrode und Beton ist sehr wichtig, meist wird ein regel-
mässig zu befeuchtender Filz oder Schaumstoff eingesetzt. Die Elektrodenflüssigkeit
im Innern der Bezugselektrode wird durch ein poröses Diaphragma (Holzzapfen,
Keramik) abgetrennt.
38
Das Vorgehen beim Messen der Potentialwerte ist einfach, einige wichtige Punkte
sind dabei jedoch zu beachten (s. Richtlinie SIA 2006, Potentialmessungen):
- Anlegen eines Rasters auf der auszumessenden Betonoberfläche; die Dimension
des Rasters bestimmt die Grösse der noch lokalisierbaren Bereiche. Dabei wer-
den korrodierende Stellen im trockenen Beton weniger stark ausstrahlen.
- Guten elektrischen Kontakt zur Bewehrung herstellen (kein Clip)
- Überprüfen der Elektrode
- Voltmeter anschliessen und Stabilität des Messwerts beobachten
- Messung an jedem Messpunkt ausführen, beachten dass der Schaumgummi stets
genügend feucht gehalten wird
Das Arbeiten mit einer Einzelelektrode ist bei grossen Flächen und kleinem Raster
unbequem und zeitraubend, deshalb werden heute bereits Datenerfassungsgeräte
mit bis zu 8 Elektroden und automatischer Registrierung der Potentialwerte angebo-
ten. Um das Ausmessen grosser Brückenoberflächen, Wände oder auch Unter-
sichten weiter zu beschleunigen, wurde am Institut für Baustoffe, Werkstoffchemie
und Korrosion (IBWK) der ETH Zürich im Rahmen des Forschungsprojektes ein Sys-
tem entwickelt, in welchem die Referenzelektroden fest montiert sind und der Kontakt
zum Beton über acht stets feucht gehaltene Kontakträder erreicht wird (Abb. 3.2).
Mit dieser Anordnung können problemlos 2 - 4 m2/min (Wände oder über Kopf lang-
samer) mit einem feinen Raster von 0.15 x 0.15 m ausgemessen werden. Die rasche
Messung und die damit auftretende grosse Datenmenge erfordert den Einsatz von
Rechnern (Abb. 3.3). Die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelte Software
ermöglicht das on-line Abspeichern der Messdaten, die numerische Darstellung auf
Bildschirm oder Drucker, eine zusammenfassende farbige Darstellung des Potential-
feldes mit maximal 10 m Breite und beliebiger Länge (Abb. 3.4) und eine statistische
Auswertung der Potentialmessdaten. So ist es möglich, bereits ca. 30 min nach der
Messung auf der Baustelle eine präzise Darstellung des Potentialfelds zu erhalten
und die Bereiche, wo Korrosion zu erwarten ist, zu bezeichnen.
graphische
Paint Jet Farb-Darstellung
Digitales
von Potentialfeldern
Signal
Software:
IBM - PC 386 Erfassen
Editieren
AD-Wandler
Auswerten
Mobil
Signal
60m
8 Kanal Trennverstärker
für Signalübermittlung
Vorverstärker
(Faktor 5)
Radelektroden Messystem
(8 Kupfersulfatelektroden)
Stahlbeton
Abb. 3.4 Potentialfeld einer Brückenplatte. Messung mit der IBWK Radelektrode,
Datenerfassung und Darstellung der Messdaten mit der IBWK Software
41
Der elektrische Widerstand des Betons kann rasch und zerstörungsfrei von der Be-
tonoberfläche her gemessen werden. Dabei müssen störende Einflüsse wie die Lage
der Bewehrung, Zuschlag oder die elektrolytische Ankoppelung der Messelektroden
an den Beton berücksichtigt werden. Der spezifische Betonwiderstand ist eine inte-
grale Messgrösse, welche sowohl von der Mikrostruktur des Betons, von der Feuch-
tigkeit und vom Ionengehalt im Porenwasser als auch stark von der Temperatur
beeinflusst wird. Während im Labor dank gezielter Variation nur einzelner Parameter
noch klare Aussagen erhalten werden, ist die Interpretation von Messungen auf Bau-
werken schwierig. Die Messung des elektrischen Betonwiderstands auf Bauwerken
wird zur Abschätzung des Korrosionsrisikos benützt, ebenso zur Charakterisierung
des Feuchtigkeitsgehalts im Beton.
3.2.1 Messprinzip
Werden die Abstände a und b gleichgesetzt, so erhält man die bekannte Wenner-
Formel:
ρ = F (a, b) * R = 2 π * a * R [Ω m] (3. 2)
~ I
R=U
I
U
A b C a D b B
Abb. 3.5 4-Punkt Wenner Technik zur Messung des spezifischen elektrischen Be-
tonwiderstands
3.2.2 Durchführung
Die Messung des spezifischen Betonwiderstands von der Oberfläche her ist einfach
und kann durch einen in der Bedienung des Geräts angelernten Fachmann ausge-
führt werden. Ausser dem Widerstandsmessgerät und der 4-Punkt Elektrode werden
keine weiteren Geräte benötigt. Kritischer Punkt ist der elektrolytische Kontakt der
vier Elektroden auf dem Beton. Die Verwendung von kleinen Schaumgummizäpfchen
in den Elektroden aus hochlegiertem Stahl hat sich als praktikabel und genügend
genau erwiesen, Verfahren der elektrolytischen Ankopplung über Gels oder Pasten
sind ebenfalls erhältlich.
43
Auf Stahlbetonbauwerken mit z.T. recht dichter Bewehrung empfiehlt es sich, mit ei-
nem Bewehrungssuchgerät einen Oberflächenbereich ohne oder mit wenig Beweh-
rung zu suchen. Die Widerstandsmessung soll dann immer in zwei verschiedenen,
senkrecht zueinander stehenden Richtungen ausgeführt werden, um einen evtl. Ein-
fluss der Bewehrung zu überprüfen. Die Temperatur (mindestens Lufttemperatur) ist
mit den Messdaten festzuhalten.
Mit Potentialmessungen kann der Korrosionszustand von Stahl in Beton erfasst und
eventuell auftretende Veränderungen örtlich bzw. zeitlich verfolgt werden. Aus den
gemessenen Potentialwerten lassen sich aber a priori keine Aussagen über die Kor-
rosionsgeschwindigkeit machen. Beim Begriff Korrosionsgeschwindigkeit müssen
zudem zwei Bedeutungen klar unterschieden werden:
o Durchschnittswerte
Korrosionsgeschwindigkeiten können als Durchschnittswerte über eine bestimmte
Zeit durch Gewichts- oder Querschnittsverlustmessungen im Labor oder - durch
Freilegen der Bewehrung - auch auf Bauwerken gemessen werden. Je nach
klimatischen Bedingungen kann sich der gemessene Durchschnittswert jedoch
aus Perioden mit viel höheren und viel geringeren Korrosionsgeschwindigkeiten
zusammensetzen.
o Momentane Werte
Mit elektrochemischen Verfahren kann der Polarisationswiderstand, aus dem die
momentane Korrosionsgeschwindigkeit berechnet wird, rasch, zerstörungsfrei
und "in situ", d.h. auch auf grossen Proben oder auf Bauwerken bestimmt
werden. Die erhaltenen Werte gelten jedoch nur für die klimatischen Bedingungen
(Temperatur, Feuchtigkeit) zum Zeitpunkt der Messung.
In diesem Kapitel wird zunächst der für alle elektrochemischen Techniken erforder-
liche Messaufbau vorgestellt (Kap. 3.3.1), anschliessend werden die theoretischen
Grundlagen für den Polarisationswiderstand als Messgrösse der Korrosionsge-
schwindigkeit (Kap. 3.3.2) sowie die Impedanz der Phasengrenze Stahl/Beton (Kap.
3.3.3) erläutert, und schliesslich folgt die Beschreibung der verschiedenen
Messtechniken, welche zur Bestimmung des Polarisationswiderstands (und damit der
Korrosionsgeschwindigkeit) eingesetzt werden können (Kap. 3.3.4 ff).
3.3.1 Messaufbau
Um einer Metallelektrode, z.B. Stahl in Beton, ein vom Korrosionspotential Ekorr ab-
weichendes Potential E aufzuprägen (s. Gl. 3.1), muss, wie Abb. 2.4 zeigt, ein äusse-
rer Strom is durch die Metallelektrode fliessen. Eine anodische Polarisation (E >
Ekorr) führt zu einem positiven Summenstrom is, eine kathodische (E < Ekorr) zu ei-
45
nem negativen Strom is. Bei kathodischer Polarisation wird die Auflösungsgeschwin-
digkeit des Metalls (ablesbar auf der anodischen Teilstromkurve) reduziert.
Voltmeter
(hochohmig)
(Computer) Referenzelektrode RE
AE
Potentiostat RE
GE
Gegenelektrode GE
Generator
Arbeitselektrode AE
Gegenelektrode
Damit dieser äussere Strom is im System Metall / Elektrolyt fliessen kann, wird eine
Messanordnung mit einer dritten Elektrode, der sog. Gegenelektrode, zur Stromein-
speisung benötigt (Abb. 3.6). Im Falle wässriger Lösungen kann die Gegenelektrode
in den Elektrolyten getaucht werden, für Stahl im Beton - im Labor oder auf Bauwer-
ken - wird die Gegenelektrode auf die Betonoberfläche aufgesetzt. Die Gegenelek-
trode, auch Sekundär- oder Hilfselektrode genannt, soll aus einem inerten Material
(z.B. Platinblech oder -netz, Chrom-Nickelstahl, Graphit) bestehen. Um ein möglichst
symmetrisches elektrisches Feld um die Arbeitselektrode zu erhalten, sind
planparallele oder zylindrische Anordnungen vorteilhaft. Für Bauwerksmessungen
werden Gegenelektrode und Bezugselektrode zu einem Messkopf (Abb. 3.7) zu-
sammengefasst, der als Ganzes auf der Betonoberfläche fixiert wird.
46
BNC Buchse
(Referenzelektrode)
Kupfer
Kupfersulfat
Holz (Diaphragma)
Wasserzufuhr
BNC Buchse
(Gegenelektrode)
Einstich für O-Ring
Messkopf (Kunststoff)
Gegenelektrode
(Streckmetall 18/8)
Schaumgummi
Abb. 3.7 Messkopf mit Gegen- und Bezugselektrode für elektrochemische Messun-
gen auf Bauwerken oder an grossen Laborproben (Entwicklung IBWK)
Potentiostat
Zur kontrollierten Regelung des aufgeprägten Potentials E verwendet man sog. Po-
tentiostaten (Abb. 3.8). Diese Geräte enthalten zusätzlich zum hochohmigen Elektro-
meter (Potentialmessung) einen sehr empfindlichen Differenzverstärker (FOV), wel-
cher das gemessene Potential der Bezugselektrode (IST) mit dem vorgegebenen
Potential E (SOLL) laufend vergleicht und Abweichungen mit einem Verstärkungs-
faktor von 106 (1µV Differenz am Eingang produziert 1 V Spannung am Ausgang)
sofort (d.h. innerhalb von µsec) durch Änderung des Stromflusses durch die elektro-
chemische Zelle korrigiert.
LV
Elektro- soll
chemische - -
Zelle FOV
GE FOV
ist + +
BE
AE Impedanzwandler Summierer
Tabelle 3.1:
Elektrochemische Messtechniken nach Art des Signals am Sollspannungseingang
des Potentiostaten
3.3.2 Polarisationswiderstand
Wie aus Abb. 2.4 hervorgeht, ist die von aussen messbare Summenstromdichte am
Korrosionspotential Ekorr is = 0, da sich anodische und kathodische Teilstromdichten
aus Elektroneutralitätsgründen gegenseitig kompensieren. Auf der Basis grundle-
gender elektrochemischer Gesetze - des Additivitätsprinzips von Wagner und Traud
und der exponentiellen Potentialabhängigkeit elektrochemischer Reaktionen - lassen
sich aus der experimentell messbaren Summenkurve is(E) in der Nähe des Korro-
sionspotentials dennoch Aussagen bezüglich der Korrosionsgeschwindigkeit ikorr
ableiten. In der Nähe des Korrosionspotentials lässt sich die Summenstromkurve
is(E) durch eine Gerade beschreiben:
Summenstrom
1
6P Rp
¡ korr
6¡![mV]
6P!"t#
-10 -5 0 +5 +10
6¡!"t#
Impedanz Z( t)
Daraus resultiert die bekannte Gleichung von Stern-Geary [14], nach der die (nicht
direkt messbare) Korrosionsstromdichte ikorr aus dem experimentell zugänglichen
Polarisationswiderstand Rp bestimmt werden kann:
Die Grösse B ist eine Systemkonstante, welche die Kinetik der anodischen und ka-
thodischen Teilreaktion beinhaltet. B kann durch unabhängige elektrochemische
Messungen bestimmt werden, für korrodierenden Stahl in Beton erhält man B =
0.026 V. Die Stromdichte bzw. der Polarisationswiderstand sind flächenbezogene
(spezifische) Werte.
Die Gleichungen (3.4) und (3.5) gelten nur unter folgenden Bedingungen:
1 Linearität
Gleichung 3.3 gilt nur ganz in der Nähe des Korrosionspotentials Ekorr, die Pola-
risation ∆E = |E - Ekorr| soll daher weniger als 10 - 20 mV betragen.
2 Stationarität
Der Polarisationswiderstand Rp soll unter stationären Bedingungen gemessen
werden. Die Bedingung der Stationarität wird für die verschiedenen Methoden zur
Bestimmung von Rp unterschiedlich erreicht.
50
1
Z(ω ) = RΩ + ( + jω c D )−1 (3.6)
ZF
Z(ω ) = RΩ (3.7)
ω →∞
dI
Z(ω ) = RΩ + R p * = ( ) Ekorr−1 (3.8)
ω→0 dE
Bei hohen Frequenzen wird also der elektrische Widerstand der Betonüberdeckung
gemessen, bei tiefen Frequenzen implizit die Neigung der stationären Stromdichte /
Potentialkurve am Korrosionspotential, wo die Messung durchgeführt wird. Daraus
wird deutlich, dass sich der experimentell gemessene Polarisationswiderstand Rp
(Gl. 3.4) aus dem ohmschen Widerstand RΩ und aus dem wahren Polarisationswi-
derstand Rp* (welcher zur Korrosionsgeschwindigkeit proportional ist) zusammen-
setzt:
Rp = Rp* + RΩ (3.9)
keiten werden - je nach Grösse von RΩ - stark oder sehr stark unterschätzt. Der
Einfluss von RΩ ist bei trockenem Beton, grosser Betonüberdeckung und grosser
Fläche des Stahls besonders hoch und kann Fehler von mehr als 100% bewirken.
Eine korrekte Bestimmung des wahren Polarisationswiderstands setzt demnach
immer eine Korrektur für den ohmschen Widerstand RΩ voraus.
Zeit [ s ]
20 40 60 80 100
0.15
[ µA / cm2 ]
0.11
0.07
I corr
0.03
Diese reine Gleichstrommessung kann den Einfluss des ohmschen Widerstands der
Betondeckung nicht erfassen - die mittels LPR gemessenen Werte des Polarisations-
widerstands müssen nach Gl. 3.9 noch um RΩ korrigiert werden. Dazu können
Wechselspannung (Gl. 3.7) oder Transiententechniken (Ein- oder Ausschaltmessun-
gen) eingesetzt werden.
53
3.3.5 Impedanzmessungen
Die Messanordnung zur Bestimmung der Elektrodenimpedanz ist in Abb. 3.12 dar-
gestellt. Zusätzlich zu den für potentiostatische Messungen (LPR) erforderlichen Ge-
räten wird ein Generator/Analysator für die Wechselspannungssignale eingesetzt.
Der Messkopf mit Gegen- und Bezugselektrode ist derselbe (Abb. 3.7) wie für die
LPR-Messungen auf Bauwerken. Es muss auf möglichst kurze, abgeschirmte Verbin-
dungskabel zwischen Probe bzw. Bauwerk und Potentiostat, auf die Auftrennung der
strom- und potentialmessenden Zuleitungen zur Arbeitselektrode und auf das Über-
brücken des Bezugselektrodensystems mit einem Kondensator (≈ 1 µF) geachtet
werden. Für Messungen auf Bauwerken ist eine Auftrennung der Geräteerde erfor-
derlich (Vermeiden von Erdschlaufen Bewehrung - Netzerde).
Abb. 3.12 Messanordnung zur Bestimmung der Impedanz von Stahl in Beton
Für die vollständige Messung der Elektrodenimpedanz ist ein Frequenzbereich von
einigen mHz bis gegen 100 kHz erforderlich. Da in den meisten praktischen Syste-
men mit nicht vernachlässigbaren Störungen (Rauschen, Netzfrequenz etc.) gerech-
net werden muss, werden hohe Anforderungen bezüglich Rauschunterdrückung ge-
stellt. Das Korrelationsverfahren mit digitaler Berechnung der Antwortfunktion (Digital
Transfer Function Analyser) ist aus diesen Gründen für eine Impedanzmessung be-
sonders geeignet. Das Prinzip des Korrelationsverfahrens ist schematisch in Abb.
3.13 dargestellt.
55
Die für ein elektrochemisches System mit der Transferfunktion H(ω) auf ein
sinusförmiges Störsignal
x(t) = x 0 • sin(ω t)
resultierende Systemantwort Sx(t) (Strom) und Sy(t) (Potential) lässt sich allgemein
schreiben als:
Die Systemantwort auf den beiden Kanälen ist also die Summe aus der Grundwelle
der angeregten Frequenz, den verschiedenen harmonischen Oberwellen und dem
Rauschen n(t).
Im Analysator wird die Systemantwort S(t) für beide Kanäle mit zwei synchronen
Referenzsignalen, eines in Phase mit dem Störsignal x(t), eines mit einer Phasenver-
schiebung von 90° zu x(t), korreliert:
T
1
Re = ∫ S(t) • sin(ωt) (3.11)
T0
56
T
1
Im = ∫ S(t) • cos(ωt ) (3.12)
T0
Durch dieses Korrelationsverfahren werden alle harmonischen Oberwellen zu Null
integriert, da ihre Frequenz nicht der angeregten Frequenz entspricht (keine Korre-
lation). Dasselbe geschieht mit dem Rauschen n(t), allerdings nur bei (theoretisch)
unendlich langer Integrationszeit T, da das Rauschen die angeregte Frequenz w
ebenfalls enthält. Als Resultat des Korrelationsverfahrens erhält man für jeden unter-
suchten Kanal (Strom und Potential) zwei, dem Real- und Imaginärteil proportionale,
Signale:
Im praktischen Versuch ist die Integrationszeit nicht unendlich lang. Trotzdem kann
die Bandbreite ∆f des noch verbleibenden Rauschens reduziert werden:
Δf 1
= (3.15)
f N
Die Impedanz des Systems ergibt sich als Quotient der beiden Systemantworten:
Re y (ω ) − j • Im y (ω )
Z(ω ) = (3.16)
R • [Re x (ω ) − j • Im x ( ω )]
Damit resultiert für die Potentialantwort auf einen kleinen Strompuls Ipuls
Rp Polarisationswiderstand
Cdl Doppelschichtkapazität
RΩ ohmscher Widerstand
58
Ein typisches Beispiel eines galvanostatischen Pulses zeigt Abb. 3.15. Aus Gl. 3.17
lassen sich die Grenzwerte bei kurzen (t -> 0) und langen Zeiten herleiten:
d.h.: zur Zeit des Sprungs (t = 0) wird der ohmsche Spannungsabfall ∆EΩ gemessen.
Bei Extrapolation von Gl. 3.17 zu t = ∞ resultiert nach Gl. 3.19 die Summe von ohm-
schem Potentialabfall und stationärer Polarisation ∆Ep der Elektrode. Den ohmschen
Widerstand und den Polarisationswiderstand erhält man durch Division von Gl. 3.18
bzw. Gl. 3.19 durch die Pulsstromstärke Ipuls. Der Vorteil der Pulsmessung besteht
darin, dass eine Messdauer von 8 - 10 sec genügt, um den stationären Wert des
Polarisationswiderstands durch curve fitting und Extrapolation zu ermitteln. Der
ohmsche Widerstand der Betonüberdeckung wird bei der Analyse direkt mitbestimmt.
-400
-420
Potential [mV SCE]
fit Ep
-440
-460
Eohm
-480
delta
-500
-520
-1 0 1 2 3 4 5 6
Zeit [sec]
Wie Abb. 3.15 zeigt, wird durch Extrapolation der gefitteten Kurve E(t) zu t->0 der
ohmsche Widerstand bestimmt (Gl. 3.18), die Extrapolation zu t->∞ ergibt die Summe
von RΩ und Rp.
60
3.4 Makroelemente
25 25 25 25 25 25 5 25 25 25 25 25 25
A 6.5
Abb. 3.16: Aufbau des Makroelements (Anode: Stahl, Kathoden: hochleg. Stahl)
Nullwiderstandamperemeter
k1 k12
k2 k11
k3 k10
k4 k9
k5 k8
k6 k7
Das Makroelement ist wie folgt aufgebaut: An ein 5 mm dickes kreisförmiges Bau-
stahlsegment (St 37), der Anode, wird auf beiden Seiten je ein PVC-Stab ange-
schraubt, welcher eine Länge von 23 cm aufweist. Auf diesen Trägerstab sind 2.5 cm
lange und 1mm dicke nichtrostende CrNi-Stahlsegmente (Kathoden) montiert. Die
einzelnen Rohrabschnitte werden durch einen 1 mm breiten Spalt voneinander ge-
trennt und auf den Stab aufgeleimt. Somit sind sie voneinander elektrisch isoliert. Der
elektrische Anschluss der Anode und der Kathodensegmente erfolgt durch abge-
schirmte Kabel, welche an den einzelnen Segmenten angelötet werden und im PVC-
Stab nach aussen geführt werden. Der im realen Makroelement existierende Kurz-
schluss kann durch externes Zusammenschalten von Anode und Kathode(n) simu-
liert werden, über ein Null-Widerstands-Ampèremeter lassen sich die fliessenden
Teilströme erfassen (Abb. 3.17). Die Teilstrommessung wird bei kurzgeschlossenen
Segmenten durchgeführt, d.h. alle Kathoden sind elektrisch leitend mit der Anode
verbunden. Demzufolge sind in Abb. 3.17 die Schalter von K1 bis K12 geschlossen.
Zur Messung der Teilströme (zwischen K1 und A6.5, K2 und A6.5 u.s.w.) werden
hintereinander die Schalter von m1 bis m12 geöffnet. Zwischen den einzelnen Mes-
sungen wird alles wieder kurzgeschlossen, damit der Strom nie unterbrochen wird.
Nach jeder Teilstrommessung wird zusätzlich der Anodenstrom (Anode vs alle Ka-
thoden) gemessen. Diese Anordnung zur Untersuchung der Makroelementkorrosion
kann sowohl in wässrigen Lösungen als auch in Mörtelprüfkörpern eingesetzt wer-
den.
Auf neuen Bauwerken kann durch den Einbau von elektrisch isolierten Bewehrungs-
segmenten mit separatem Anschluss eine ähnliche Anordnung erhalten werden. Auf
bestehenden Bauwerken kann durch das Durchschneiden von Bewehrungsstählen
eine Makrozellanordnung geschaffen werden (Abb. 3.18).
6U,I,R 1
4. Resultate
4.1 Potentialmessung
Im Laufe des Forschungsprojekts wurden eine grosse Anzahl von Objekten - insbe-
sondere Brückenplatten, Wände und Stützen - mit der Potentialmessung untersucht.
Diese Arbeiten wurden meist im Rahmen einer Zustandserfassung durchgeführt, d.h.
dass neben der Potentialmessung auch Daten der visuellen Inspektion, Resultate
von Sondierfenstern sowie von Bohrkernen (Chloridgehalt) und z.T. anderer elektro-
chemischer Messungen vorlagen. Beim Einsatz der Potential(feld)messung steht die
Lokalisierung der korrodierenden Bewehrung im Vordergrund; dies ist jedoch nur
dann mit Erfolg möglich, wenn die Zusammenhänge zwischen gemessenem
Potential und den wichtigsten Einflussgrössen bekannt sind. Im folgenden werden die
Resultate gegliedert nach
1 Beispiel Cugnertobelbrücke
Die in der Schynschlucht gelegene Brücke an der Hauptstrasse Thusis - Tiefen-
castel ist eine ca. 45 m lange gebogene und talwärts geneigte Hohlkastenbrücke,
Baujahr 1962. Die Potentialfeldmessungen wurden im Sommer 1986 im Rahmen
einer Instandsetzung durchgeführt, nachdem der Fahrbahnbelag abgetragen und
die talseitige Konsole entfernt worden waren.
Abb. 4.2 Resultate der Inspektion der Bewehrung nach Freilegen mit Hydrojet
65
Vorauszuschicken ist, dass die visuelle Inspektion der Betonoberfläche der Fahr-
bahnplatte nur vereinzelt Rostflecken ergab. Ein Ausschnitt aus dem gemessenen
Potentialfeld ist in der Form von Isopotentiallinien in Abb. 4.1 dargestellt. Auffal-
lend ist die unruhige, kleinräumige Struktur des Potentialfeldes, welche auf eine
Vielzahl von kleinen lokalen Korrosionsstellen hindeutet. Weiter zeigt sich deutlich,
dass negative Potentiale vorwiegend in einem Bereich von 1.2 - 1.5 m der Brüc-
kenplatte talseits sowie in der Nähe des Widerlagers auftraten.
Aufgrund dieses Befunds wurde die oberste Lage der Bewehrung auf der ganzen
Länge der Brücke auf 2 m Breite (von der talseitigen Konsole gemessen) mittels
Hydrojet freigelegt und der Korrosionszustand der Bewehrung visuell inspiziert
sowie kartiert (Abb. 4.2). Durch den Betonabtrag mit Hydrojet wurden auch Rost-
spuren (beginnende Korrosion) entfernt. Der Vergleich zwischen Potentialfeld und
Korrosionszustand der Bewehrung zeigte folgende Resultate:
Im weiteren zeigt sich klar, dass das Auffinden von sehr lokalisierten Lochfrass-
angriffen einen genügend feinen Messraster voraussetzt, ein Abstand von 15 cm
war im Fall Cugnertobelbrücke gerade ausreichend.
Abb. 4.3 Potentialfeld der Fahrbahnplatte Tunnel San Bernardino, gemessen von
unten im Bereich des Zuluftkanals. Links: Contourplot, rechts: IBWK
Farbplot. SF: Scheinfuge, DF: Dehnfuge
67
-600
-400 40
Häufigkeit %
30
-200 20
10
0 0
0 1 2 3 4 5 6
Angriffsintensität
Abb. 4.4 Zusammenhang zwischen dem gemessenen Potential und dem Korro-
sionszustand der Bewehrung (Unterseite Fahrbahnplatte Tunnel San
Bernardino)
Potentiale nur im Bereich der Fugen auftreten, der Grossteil der Fahrbahnplatte ist
passiv. Zur Überprüfung wurde die Armierung im Übergangsbereich korrodiert /
intakt an verschiedenen Stellen auf einer Fläche von ca. 1 m2 freigelegt, darauf
der Korrrosionszustand beurteilt und in die Angriffsklasse 1 - 6 eingeteilt (Abb.
4.4).
1. Die durch das Potentialfeld angezeigte korrodierende Zone stimmte sehr gut
mit der visuellen Beurteilung nach Freilegen der Bewehrung überein.
2. Im Vergleich zur rein visuellen Inspektion (Abplatzungen, Frost/Tausalzschä-
den am Beton) wart die mit der Potentialfeldmesstechnik festgestellte korrodie-
rende Zone etwa 30 - 50% grösser.
3. Stärkere Korrosionsangriffe an der Bewehrung stimmten mit negativeren Po-
tentialen überein (Abb. 4.4).
4. Mit dem Grenzwert von -350 mV CSE wurden praktisch alle, auch erst begin-
nende Korrosionsstellen erfasst.
68
An den 21 Feldern, verteilt über die ganze Länge der Brücke, wurde zusammen-
fassend folgendes festgestellt:
1 Korrosion der Bewehrung wurde im allgemeinen bei Potentialen <-350 mV
CSE festgestellt.
2 Zusätzliche Potentialverschiebungen in negative Richtung traten durch Polari-
sation durch Fremdmetalle (Vorliegen von Fugenblechen oder Streckmetall)
bzw. an Stellen früherer Reparaturen mit Epoxymörtel (Sauerstoffmangel) auf.
3 Korrosionsschäden liegen - typisch für stark streusalzbeanspruchte Bauwerke
- fast ausschliesslich als Lochfrass vor. Dies hauptsächlich im Bereich des
Randsteins und an nicht entferntem Streckmetall. Alle nicht im Bereich einer
Arbeitsfuge, Fuge oder Stütze liegenden Sondierfelder zeigten intakte Beweh-
rung.
Als Beurteilung wurde festgehalten, dass sich die Korrosionsschäden auf verarbei-
tungstechnische oder konstruktive Schwachstellen konzentrieren (Randstein,
Arbeitsfugen, Stützenbereich). Das Ausmass der Korrosion in diesen Bereichen ist
aber beträchtlich, lokale Korrosion mit Querschnittsverlusten bis 50% und über die
Hälfte aller Bewehrung im korrodierenden Zustand lassen eine punktuelle In-
standsetzung fraglich erscheinen. Mit einer Anzahl von Sondierschlitzen und An-
wendung der Potentialfeldmessung können verlässliche Aussagen über den Kor-
rosionszustand der Bewehrung der ganzen Brücke gemacht werden. Bezüglich
der Interpretation der Messdaten zeigte sich, dass stark negative Potentiale auch
durch einen sehr dichten, nicht sauerstoffdurchlässigen Epoxy Reparaturmörtel
bewirkt werden können. Auf zukünftigen, bereits instandgesetzten Objekten muss
dieser Tatsache Rechnung getragen werden.
69
Die Autobahnbrücke Fornaci (Lugano, N2) wurde im Jahre 1985 im Bereich der
Fahrtrichtung Nord-Süd instandgesetzt. Damals wurden viele kleine und grössere
Schäden am Beton der Fahrbahnplatte festgestellt und örtlich behoben. Für 1986
stand dann die Fahrtrichtung Süd-Nord auf dem Programm. In Anbetracht des
Schadensbildes, das bei der talwärts führenden Brücke festgestellt wurde, ent-
schloss sich der Bauherr, die Potentialfeldmessung zur Lokalisierung der korrodie-
renden Bereiche der Bewehrung einzusetzen.
Die erhaltenen Resultate wurden als Äquipotentiallinien in den von der Bauleitung
vorgegebenen Raster eingezeichnet. Folgendes wurde festgestellt :
o Freiliegende Bewehrung
Sehr oft fallen die als stark korrodierend bezeichneten Bereiche mit ganz oder
teilweise freigelegter, d.h. mangelhaft überdeckter Bewehrung zusammen.
Damit wurden Bereiche erfasst, welche auch bei der visuellen Kontrolle als
gefährlich erkannt worden wären.
o Arbeitsfugen
Die Potentialfeldmessung zeigte aber auch negative Potentiale an Bereichen,
welche direkt mit dem Bauvorgang im Zusammenhang stehen: dien Arbeitsfu-
gen. Weiter wurde festgestellt, dass negative Potentiale häufiger auf der linken
Seite der Fahrbahn (Überholspur) auftraten, was mit der leichten Neigung der
Fahrbahnplatte zu dieser Seite hin erklärt werden kann. In diesen Bereichen
war von Auge keine Korrosion sichtbar.
1 2 3 4 5 6 7
0 1 Cugnertobelbrücke
]
-0.1
3 Rheinbrücke Tamins
-0.2
4 Caslertobelbrücke
[ Volt VS
-0.6
Keine Korrosion (Wahrscheinlichkeit >95%)
Übergangsphase(keine Aussage)
Korrosion (Wahrscheinlichkeit >95%)
Auf Tragwerken wird die Korrosion der Bewehrung meist durch Chloride aus den
Tausalzen ausgelöst, welche mit dem Wasser in den Beton eindringen. Das sich an
der korrodierenden Bewehrung einstellende Korrosionspotential bzw. die an der Be-
tonoberfläche messbaren Potentialwerte sollten daher eine Korrelation zum Chlorid-
gehalt aufweisen. Verschiedene Beispiele erlauben, den vermutenten Zu-
sammenhang Potential / Chloridgehalt zu erhärten.
Tabelle 4.1
Korrelation Potential / Chloridgehalt an der Fahrbahnplatte des San Bernardino
Tunnels.
In Übereinstimmung mit dem Potentialfeld werden nur in der Nähe der Fuge
Chloridgehalte >0.4% (pro Zementgewicht) gemessen. Zwischen dem mit der
Potentialfeldmessung festgestellten Vorliegen von Korrosion und dem gemesse-
nen Chloridgehalt besteht in über 90% aller Fälle (total 60 Bohrkerne) eine ein-
deutige Korrelation:
- zu hohe Chloridgehalte sind stets mit Potentialwerten unter -350 mV CSE ver-
bunden (korrodierende Bewehrung).
- Bereiche mit Chloridgehalten unter 0.4% zeigen positivere Potentialwerte als -
250 mV CSE (passive Bewehrung).
72
2 Beispiel Hohlkasten
Der Boden eines Hohlkastens wurde durch lecke Leitungen bereichsweise stark
chloridverseucht. Zusätzlich zu den rasterförmig angeordneten Punkten, an denen
der totale Chloridgehalt bestimmt wurde, wurde auch das Potentialfeld gemessen.
Wie Abb. 4.6 zeigt, besteht eine gute Korrelation zwischen dem an der Betonober-
fläche gemessenen Potential und dem Chloridgehalt des Betons in verschiedenen
Tiefen.
Chlorid Konzentration [%Zement]
0-1cm
4 2-3cm
3-4cm
0
0 -100 -200 -300 -400 -500
Abb. 4.6 Zusammenhang zwischen dem Potential der Bewehrung und dem Chlo-
ridgehalt im Beton in verschiedenen Tiefen (Hohlkasten)
3 Beispiel Widerlagermauer
An der Widerlagermauer einer Autobahnbrücke im Bereich einer Kantonsstrassen-
unterführung (Objekt S108 Kt. Solothurn) wurde ein Feldversuch mit elek-
trochemischer Chloridentfernung durchgeführt [16]. Vorgängig wurde der Korro-
sionszustand der Bewehrung mittels Potentialfeldmessung erfasst. An verschiede-
nen Bereichen mit homogenem Potential wurden anschliessend Bohrkerne ent-
nommen und der Chloridgehalt analysiert. Auch bei diesem Objekt wurde ein kla-
rer Zusammenhang zwischen Potential und Chloridgehalt gefunden (Abb. 4.7).
73
3
Cl 0-10 mm
Chloridgehalt [ %Cltot/Zement] Cl 10-20 mm
2.5
Cl 20 -30 mm
Cl 30 - 40 mm
2 Cl 40 - 50 mm
1.5
0.5
0
-500 -400 -300 -200 -100 0
Potential [mV CSE]
99
San Bernardino
Caslertobel
95 Maienfeld
Morbio
90
80
Summenhäufigkeit [%]
50
20
10
Das Beispiel San Bernardino (s. Potentialfeld Abb. 4.3) ist atypisch: die Gerade der
aktiven Potentiale ist stark zu negativen Werten verschoben (d.h. überlagert sich
nicht mit den passiven Potentialen), zudem finden sich im Potentialbereich von -300
bis -200 mV praktisch keine Werte (horizontaler Verlauf in Abb. 4.8), was gleichbe-
deutend mit einem sehr starken Potentialgradient zwischen aktiven und passiven Be-
reichen ist. Die Erklärung liegt in der stark unterschiedlichen Betonfeuchte der beiden
Bereiche: die aktiv korrodierenden Bereiche an den Fugen der Fahrbahnplatte waren
auch stark durchfeuchtet, die passiven Bereiche der Platten waren trocken. Das
Auftreten eines derart markanten Übergangsbereichs kann im allgemeinen auf
Brückenplatten nicht erwartet werden. Im Normalfall liegen sicher Schwankungen in
der Betonfeuchtigkeit vor, welche jedoch passive und aktive Bereiche der Bewehrung
gleichermassen betreffen.
400
total
300
Anzahl Werte N
200
aktiv
100
passiv
0
Abb. 4.9 Verteilung der passiven und aktiven Potentiale (Galerie Rofla)
Auf Bauwerken stellt sich häufig die Frage nach einer Erfassung des elektrischen
Widerstands des Betons, da damit ein Hilfsmittel zur Bestimmung der Betonfeuchtig-
keit sowie zur Abschätzung des Korrosionsrisikos vorliegt (Gl. 2.3). Mit Hilfe von
Messungen an verschiedenen Bereichen eines Bauwerks können qualitativ Bereiche
höherer Feuchtigkeit ermittelt werden. Um Änderungen im Feuchtigkeitsgehalt bzw.
der Porosität zumindest halbquantitativ zu erfassen, muss die Abhängigkeit des
elektrischen Betonwiderstands von der Temperatur sowie vom Elektrodenabstand a
der 4-Punkt-Messelektrode rücksichtigt werden.
Nach Gl. 4.1 hängen der am Widerstandsmessgerät abgelesene Wert R und der
Elektrodenabstand a für einen Beton mit homogenem spezifischem Widerstand r wie
folgt zusammen:
R = ρ/2πa (4.1)
2.5
<b><a><b>
2.0
b=a
Widerstand R [k ohm]
b = 2a
1.5
spez. elektrischer
Betonwiderstand l!"
l = 2 / aR
1.0
25 000 Ohm.cm
20 000 Ohm.cm
0.5
0
0 4 8 12
Abstand a [cm]
Abb. 4.10 Messung des elektrischen Widerstands von Beton (zweilagig bewehrte
"Fahrbahnplatte" im Labor) mit der 4-Punkt-Methode nach Wenner für
verschiedene Elektrodenabstände a.
77
Der elektrische Betonwiderstand ist über die Nernst / Einstein Gleichung mit dem Dif-
fusionskoeffizienten verknüpft. Analog zu den Transportvorgängen (Diffusion) ist
somit eine deutliche Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands zu er-
warten. Abb. 4.11 zeigt die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Betonwider -
stands der Betonplatten des San Bernardino Tunnels. Die Daten wurden über meh-
25
Stromdichte [ mA/m2 ]
20
15
j1
10 j3
j4
0
-10 -5 0 5 10 15 20
Temperatur [ °C ]
Ein einzelner Potentialwert von Stahl in Beton kann nicht a priori einem Korrosions-
zustand der Bewehrung zugeordnet werden, da die Feuchtigkeit des Betons, der
Chloridgehalt und der Sauerstoffzutritt zur Bewehrung die Potentiale beeinflussen (s.
Kap. 4.1). Noch weniger ist aus Potentialmessungen eine Angabe über die momen-
tane Korrosionsgeschwindigkeit möglich, es müssen weitergehende Techniken wie
zum Beispiel die Galvanostatische Pulsmessung (GPM) oder Lineare Polarisations-
widerstandsmessungen (LPR) angewandt werden (s. Kapitel 3.3). Diese Methoden
werden im Labor an kleinen Probekörpern mit bekannter Geometrie und homogener
Stromverteilung seit langem zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit von
Stahl in Beton angewandt. Die Durchführung solcher Messungen ist mit geeigneten
Geräten auch auf Bauwerken möglich. Wie im folgenden gezeigt wird ist jedoch die
Interpretation der auf Bauwerken erhaltenen Messresultate wegen der inhomogenen
Stromverteilung wesentlich komplizierter.
Lötöse
Schraube
(hochlegiert)
Distanzhalter
Standardmörtel Bewehrungsstahl (Kunststoff)
Die zylindrischen Probekörper (d = 5 cm) wurden zur Messung mit einer ebenfalls
zylindrischen Gegenelektrode umfasst, um eine homogene zylinderförmige Strom-
verteilung zu erreichen. Im Folgenden werden beispielhaft einige Resultate von
Messungen an Lollipops zum Vergleich der elektrochemischen Messtechniken auf-
geführt.
0.4
Messung 1
Messung 2
0.2
Strom [ µA ]
-0.2
-0.4
Potential [ V ]
SCE
2000
75
1000
60
500 Phase"
Impedanz [ 1 ]
45
200
30
100
15
50
0
100! 1m 10m 100m 1 10 100 1k 10k 100k 1M
Frequenz [ Hz ]
-380
Potential [V SCE]
-390
exp
-400
fit
-410
delta
-420
-1 0 1 2 3 4 5 6
Zeit [sec]
4.3.2 Feldmessungen
Abb. 4.17 Vergleich der vkorr Messwerte aus der Pulsmesstechnik (GPM) mit den
gemittelten Werten der LPR-Technik
86
500
400 h = 3.0 m
300
Iapp = 0.1 mA
200
100
Potential [ mV SCE ]
Ecorr Polarisation
0
-100
-200
h = 1.5 m
-300
-400 h = 0.5 m
-500 h = 0.2 m
-600
0 2 4 6 8
Zeit [ sek ]
Abb. 4.18 Potential/Zeitkurven registriert während eines galvanostatischen Strom-
pulses I = 0.1mA in verschiedenen Höhen an einer chloridverseuchten
Galerierückwand (Galerie Rofla, N13)
88
Beispiele der Galvanostatischen Pulsmessungen (GPM) sind in Abb. 4.18 für ver-
schiedene Messhöhen ab Boden dargestellt. Es fällt sofort auf, dass der ohmsche
Spannungsabfall (Sprung bei t = 0) mit zunehmender Höhe ab Boden sehr stark an-
steigt, dies weist auf gute Betonleitfähigkeit (d.h. einen feuchten, chloridversalzenen
Beton) in Bodennähe und auf trockeneren Beton in grösseren Höhen hin. Die Aus-
wertungen der Galvanostatischen Pulsmessungen nach Gl. 3.17 (Kap. 3.3.6) zeigt
Abb. 4.19.
o Das Korrosionspotential (Abb. 4.19 a) steigt wie erwartet kontinuierlich von -0.5
V CSE am Boden bis auf -0.13 V CSE auf 4 m Höhe und stimmt mit dem Korro-
sionszustand der Bewehrung überein [26].
o Der ohmsche Widerstand (Abb. 4.19 c) zeigt einen ähnlichen Verlauf: zwischen
0 und 3 m nimmt RΩ von 200 bis auf ca. 800 Ω zu, auf 4 m Höhe wurde ein
Mehrfaches, 4000 Ω, gemessen. Die grosse Veränderung zwischen 3 und 4 m
stimmt mit dem Verlauf des Chloridgehalts überein, ev. ist in 4 m Höhe der
Beton auch oberflächlich karbonatisiert. Die Werte des ohmschen Widerstands
aus den GPM-Messungen wurden mit der 4-Punkt-Messung (Frequenz 107 Hz)
von der Betonoberfläche her verglichen.
2000
4-Punkt Messung [Ωm]
1500
1000
500
0
0 200 400 600 800 1000 1200
Widerstand RΩ (GPM) [Ω]
Abb. 4.20 Vergleich des spezifischen Widerstands (4Punkt Messung) mit dem
durch GPM Messung bestimmten ohmschen Widerstand
Wie Abb. 4.20 zeigt, besteht eine sehr gute Korrelation zwischen dem spezi-
fischen Betonwiderstand (berechnet nach Gl. 3.2) und den aus GPM-Messungen
90
Zu denselben Resultaten - d.h. auf den ersten Blick viel zu kleine Werte des ge-
messenen Polarisationswiderstands auf offensichtlich passiven Bewehrungsstählen -
gelangte man auch auf andern Bauwerken. Die Erklärung für diese Diskrepanz liegt
in der inhomogenen Stromverteilung (Abb. 5.10) zwischen einer kleinen Gegen-
elektrode auf der Betonoberfläche und der viel grösseren (fast unendlich ausge-
dehnten) Arbeitselektrode (Bewehrung im Beton). Diese inhomogene Stromver-
teilung führt dazu, dass je nach elektrischem Betonwiderstand (s. Kap. 3.2) und
Korrosionszustand der Bewehrung (d.h. spezifischer Polarisationswiderstand Rp)
sehr stark unterschiedliche Bewehrungsoberflächen vom Messignal erfasst werden.
Diese qualitativen Zusammenhänge werden mit den Simulationsrechnungen (Kap.
4.5) verdeutlicht.
91
4.4 Makroelementkorrosion
4.4.1. Potentialverteilung
0
1300 Ωm
-100
Potential [mV SCE]
-200
-300
130 Ωm
-400
-500 27 Ωm
-600
22 Ωm
-700
0 2 4 6A 8 10 12
Segment Nr.
4.4.2 Stromverteilung
Der segmentierte Aufbau des Makroelements (Kap. 3.4) erlaubt zusätzlich zur Be-
stimmung der Potentialverteilung die Messung der Teilströme der Anode (positiv) und
der Kathoden (negativ). Die Summe der experimentell gemessenen kathodischen
Teilströme stimmt mit dem experimentell gemessenen Strom an der Anode überein.
In den folgenden Diagrammen sind alle Ströme mit positivem Vorzeichen angege-
ben. Die Stromverteilung im Makroelement ist symmetrisch (Abb. 4.23), die
kathodischen Teilströme sind in der Nähe der Anode am grössten und nehmen mit
zunehmender Distanz ab. Die leicht höheren Ströme der Kathoden am Rand (Nr. 1
und 12) sind auf die 3 cm Abstand vom Ende des Makroelements bis zum Rand des
Beckens zurückzuführen.
Die Stromdichte an der Anode ist für gut leitfähige Elektrolyten und grössere Über-
deckungen höher, in Wasser werden zwischen 450 und 60 µA/cm2 gemessen. In
Mörtel - wegen des fehlenden Sauerstoffzutritts zur Kathode - trotz guter Leitfähigkeit
nur 5-6 µA/cm2. Mit zunehmender Überdeckung nehmen die Teilströme im Makro-
element zu (Abb. 4.24).
94
Tabelle 4.1
Widerstand zwischen Gegenelektrode und Makroelement (RME/GE) sowie Aus-
breitungswiderstand zwischen Anode und Kathode Rtot für verschiedene Medien
und Überdeckungen [16]
4.4.3 Widerstandsverteilung
In Tabelle 4.1 sind für alle verwendeten Elektrolyte und Überdeckungen d die expe-
rimentell gemessenen Widerstände zwischen Anode und Kathoden Rtot sowie der
Widerstand zwischen Makroelement und Gegenelektrode RME/CE zusammen-
gefasst. Da die verwendete Geometrie des Makroelements immer dieselbe war, lässt
sich durch Multiplikation der gemessenen Widerstände mit der Elektrolytleitfähigkeit
eine "Zellkonstante" bestimmen. Wie die Kolonne Rtot*s zeigt, ist diese für konstante
Überdeckung von 20 mm praktisch konstant. Dasselbe zeigt Abb. 4.25, wo die Teil-
widerstände multipliziert mit der Elektrolytleitfähigkeit für die verschiedenen Medien
aufgetragen sind. Die Mörtelprüfkörper (MPK) zeigen höhere Werte, da das gesamte
Elektrolytvolumen kleiner ist als bei den Versuchen in wässrigen Medien.
500
400
R * s [Ω*mS/cm]
300
200
SW
MPK1
100 MPK2
LW
DW
0
0 2 4 6 8 10 12
Segment Number
Auf den Makroelementen lassen sich - gleich wie auf homogenen Elektroden - elek-
trochemische Messungen zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit durchfüh-
ren. Zusätzlich lassen sich jedoch auch die durch Anode bzw. die einzelnen Katho-
densegmente fliessenden Ströme erfassen. Dies erlaubt einen klaren Einblick in die
Stromverteilung zwischen Anode und Kathode im Makroelement bei Aussenpolarisa-
tion und weiter wichtige Schlussfolgerungen bezüglich der Interpretation von Mes-
sungen auf Bauwerken mit lokal korrodierender Bewehrung.
Abb. 4.26 zeigt die Stromverteilung zwischen Anode und Kathodensegmenten über
die Dauer eines anodischen Strompulses, wie er bei der Galvanostatischen Pulsmes-
sung verwendet wird. Die Ströme über der Anode nehmen mit der Zeit leicht zu, jene
über den Kathodensegmenten nehmen ab. Im Mörtel (Abb. 4.26 a) zeigen alle Seg-
mente - auch die Kathoden - anodische Ströme, in wässrigen Elektrolyten (Abb. 4.26
b) zeigen die Kathodensegmente auch unter anodischer Belastung des Makroele-
ments kathodische Ströme. Der gemessene Strom durch die Anode setzt sich zu-
sammen aus dem fliessenden Makroelementstrom und einem (grossen) Teil des von
aussen aufgeprägten anodischen Pulses. Das wichtigste Resultat ist jedoch, dass
praktisch der gesamte aufgeprägte Strom zur kleinen Anode fliesst. Erst bei sehr ge-
ringer Überdeckung kann ein nennenswerter Teil des Stroms in die Kathoden ge-
zwungen werden (Tabelle 4.2). Diese Daten bestätigen eindrücklich, dass die Strom-
verteilung zwischen Gegenelektrode und Makroelement vom ohmschen Widerstand
(Elektrolytleitfähigkeit, Distanz) und dem spezifischen Polarisationswiderstand be-
stimmt wird.
Tabelle 4.2
Verteilung des von aussen über die Gegenelektrode aufgeprägten Stroms Ipuls auf
Anode und Kathoden. Dest. Wasser, s = 7 µS/cm.
Abb. 4.26 Stromverteilung über dem Makroelement nach Aufprägen eines anodi-
schen Stroms von 400 µA. Elektrolyt a) Mörtel, b) verdünnte Sulfatlösung
98
Mittels eines numerischen Modells wird der Einfluss von Parametern wie Betonüber-
deckung, Betonwiderstand und die Grösse der Gegenelektrode auf die Ausbreitung
des Stromsignals von einer kleinen Gegenelektrode auf der Betonoberfläche unter-
sucht. Die Resultate ermöglichen die Angabe von Korrekturtermen für den gemes-
senen Polarisationswiderstands Rp'.
Das simulierte System besteht aus einem langen Bewehrungsstab im Beton und ei-
ner auf der Betonoberfläche positionierten Gegenelektrode. Alle Dimensionen sind
endlich. Die Länge des Bewehrungsstabs beträgt 100 cm und sein Querschnitt 10
mm. Für die Simulation der lokalen Korrosion wird eine aktive Stelle in der Mitte des
Bewehrungsstabs angeordnet. Der Rest der Stabsfläche bleibt passiv. Die Werte des
Polarisationswiderstandes der aktiven Bewehrungsfläche werden auf 6.3 kΩcm2 und
diejenigen der passiven Bewehrung auf 630 kΩcm2 gesetzt. Der Wert der
Doppelschichtkapazität der Grenzfläche Metall/Beton wird auf 55 µF/cm2 für passive
und aktive Bewehrungsfläche fixiert. Die Betonüberdeckung wird von 10 bis 50 mm
variiert, der spezifische Betonwiderstand von 5 bis 60 kΩcm.
Für die Berechnung der Stromverteilung zwischen der Gegenelektrode und dem Be-
wehrungsstab wurde ein diskretes reaktives Netz erstellt. Der Beton (Elektrolyt) wird
mit einem zweidimensionalen Netzwerk aus ohmschen Widerständen simuliert. Die
Bewehrungsfläche wird mit den diskreten Impedanzelementen (Za, Zc) beschrieben.
Die Werte der resistiven und der kapazitiven Elemente wurden unter
Berücksichtigung der Systemgeometrie und der Zahl der eingesetzten Elemente
skaliert. Die Gegenelektrode wurde mit den Knoten auf der Oberfläche des Betons
über die entsprechende Länge kontaktiert. Der Bewehrungsstab wurde mittels eines
galvanostatischen Pulses (50 µA) von der Gegenelektrode polarisiert. Die
Berechnungen wurden mit dem Computerprogramm (PC-NAP) ausgeführt. Die
vorgestellten Resultate beziehen sich auf den stationären Zustand (t-> ∞ ). Die
Stromausbreitung wird durch die kritische Länge (Lcrit) charakterisiert. Lcrit wird als
die Distanz vom Rand des Messkopfes, bis zu der sich 90 % des angebrachten
Stromsignals ausbreitet, definiert.
99
Wenn keine lokale Korrosion stattfindet, sind die folgenden Parameter für die Aus-
breitung des Stromsignals ausschlaggebend :
- Korrosionszustand der Bewehrung (spezifischer Polarisationswiderstand)
- Dicke der Betonüberdeckung d
- spezifischer Widerstand des Betons ρ
- Grösse der Gegenelektrode (Messkopf) L
5 1.5
aktiv aktiv
4 d = 30 mm
5kΩcm
L = 7 cm L = 7 cm
1
Lcrit [cm]
Lcrit [cm]
2
0.5
0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 60
Betonüberdeckung [mm] spezifischer Betonwiderstand [kΩcm]
In allgemeiner Form hängt die Ausbreitung des Stromsignals vom Quotienten aus
Gegenelektrodengrösse L und Dicke der Betonüberdeckung d ab. Die Berechnun-
gen zeigten, dass für L / d > 3 die kritische Länge Lcrit unter 1 cm liegt, der Strom
wird unter der Gegenelektrode konzentriert.
100
o Passive Bewehrung
Abb. 4.29 zeigt die Ausdehnung des Stromsignals über einem passiven Beweh-
rungsstab als Funktion der Betonüberdeckung d. Lcrit nimmt mit der Dicke der
Betonüberdeckung zu. Die Grössenordnung von Lcrit liegt im Bereich von 25 cm
oder mehr! Eine Erhöhung des spezifischen Betonwiderstandes verkleinert Lcrit.
Eine Erhöhung des Quotienten L / d vermindert die Ausbreitung des Stromsignals,
dies jedoch in wesentlich kleinerem Ausmass als bei aktiv korrodierenden Stäben.
35 30
passiv passiv
30 25
5 kΩcm d = 30 mm
L = 7 cm L = 7 cm
25 20
Lcrit [cm]
Lcrit [cm]
20
15
15
10
10
5
5
0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 60
Betonüberdeckung d [mm] Spezifischer Betonwiderstand [kΩcm]
Zusätzlich zur oben diskutierten inhomogenen Stromverteilung muss bei lokaler Kor-
rosion noch die unterschiedliche Polarisierbarkeit von aktiven und passiven Flächen
berücksichtigt werden. Elektrochemische Techniken bestimmen über den experi-
mentell gemessenen Polarisationswiderstand eine durchschnittliche Korrosionsge-
schwindigkeit (average corrosion rate - ACR), für die Praxis massgebend ist jedoch
die lokale Korrosionsgeschwindigkeit (local corrosion rate - LCR), welche zum
lokalen Querschnittsverlust führt.
Für eine Angabe der Stromverteilung genügt der für homogene Korrosionsbedingun-
gen definierte Parameter Lcrit allein nicht mehr, es muss ein neuer Parameter, der
die Verteilung des Stroms zwischen aktiver und passiver Bewehrungsfläche cha-
rakterisiert, definiert werden: P wird als Bruchteil des in die aktive Stelle fliessenden
Stroms definiert: P = Ia / Itot. Für P > 0.9 fliesst fast der ganze Strom in die lokale An-
ode. Für P < 0.9 muss auch die vom Stromsignal erfasste passive Fläche berück-
sichtigt werden.
101
1 1
0.9 5kΩcm
60kΩcm
0.8
0.8
P [Iactive/Itotal]
P [Iaktiv/Itotal]
0.7 0.6
0.6
0.5 0.4
GE/aktiv=0.5
0.4 GE/aktiv=4.3
0.2
GE/aktiv=10.7
0.3
0.2 0
0 2 4 6 8 10 12 0 10 20 30 40 50
Quotient: GE-Fläche/aktive Fläche Dicke der Betonüberdeckung [mm]
Abb. 4.30 Einfluss des Quotienten GE / La sowie der Dicke der Betonüberdekkung
auf den Anteil des in die aktive Fläche fliessenden Stroms
Wird der Quotient GE/aktive Fläche grösser als 1, fällt der Parameter P unter 0.9
(Abb. 4.30), der gemessene Rp-Wert ist ein integraler Wert, aus dem keine lokale
Korrosionsgeschwindigkeit ermittelt werden kann. Der Teil des Stroms, der in die ak-
tive Bewehrungsfläche fliesst, verkleinert sich mit dem steigenden Quotienten
GE/aktive Fläche, dem steigenden spezifischen Betonwiderstand und der Dicke der
Betonüberdeckung (Abb. 4.30).
102
103
In diesem Kapitel werden die vorgestellten Methoden zur Bestimmung der Korro-
sionsgeschwindigkeit basierend auf Laborresultaten und z.T. Feldmessungen vergli-
chen (Kap. 5.1) und bezüglich der erreichbaren Genauigkeit bewertet. Die Anwen-
dung in Feldmessungen wird durch die Problematik der inhomogenen Stromausbrei-
tung zwischen der kleinen Gegenelektrode auf der Betonoberfläche und der Beweh-
rung erschwert. Lösungsansätze werden - basierend auf Simulationsrechnungen und
Feldmessungen - in Kap. 5.2 präsentiert. Die Bestimmung der Korrosionsgeschwin-
digkeit auf Bauwerken mit lokal korrodierender Bewehrung bzw. der damit
verbundenen Schwierigkeiten wird behandelt. Abschliessend werden ein "State of
the Art" zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit auf Bauwerken gegeben
(Kap. 5.3) sowie die heute erhältlichen bzw. im Rahmen von Forschungsarbeiten
getesteten Geräte beurteilt (Kap. 5.4).
Vorbemerkungen
Für zeitlich konstante Korrosionsgeschwindigkeiten ist die Erfassung von dkorr ein-
fach, es genügt, ein oder zwei Werte der momentanen Korrosionsgeschwindigkeit zu
bestimmen. Bei zeitlich stark schwankenden Korrosionsgeschwindigkeiten (z.B. auf-
grund wechselnder klimatischer Bedingungen) kann eine einzige Messung der mo-
mentanen Korrosionsgeschwindigkeit ikorr den tatsächlichen Korrosionsangriff - je
nach Bedingungen zum Zeitpunkt der Messung - sowohl stark über- als auch unter-
schätzen. Es ist deshalb notwendig, die Einwirkungsseite (Temperatur, Feuchtigkeit)
der Beanspruchung von Bauwerken bzw. Bauteilen und den Einfluss auf die
Korrosionsgeschwindigkeit genauer zu untersuchen. Erste Arbeiten an grossen Pro-
bebalken liegen vor [27], sie zeigen, wie die Betonfeuchtigkeit auf Änderungen der
104
Die Werte aus den LPR-Messungen für Rp liegen tendenziell etwas höher als dieje-
nigen aus den nicht-stationären Messtechniken (EIS, GPM). Dies hängt damit zu-
sammen, dass der Polarisationswiderstand bei beiden nichtstationären Verfahren
(EIS, GPM) durch Extrapolation bestimmt wird:
- bei der Impedanzmessung (EIS) wird das Spektrum aus Zeitgründen meist nur bis
etwa 5 - 10 mHz gemessen, der Wert von Rp muss durch Extrapolation bis zur
Frequenz f = 0 bestimmt werden (s. Gl. 3.8)
- bei der Galvanostatischen Pulsmessung (GPM) wird der Potential/Zeit Verlauf im
Intervall von 0 bis 8 sec gemessen (Abb. 3.15), und der Polarisationswiderstand
wird durch Extrapolation zu t = ∞ bestimmt (Gl. 3.17).
105
103
Rp EIS [kΩcm^2]
102
101
100
100 101 102 103
Rp GPM [kΩcm^2]
104
103
RΩ EIS [Ω]
102
101
101 102 103 104
RΩ GPM [Ω]
Abb. 5.2 Vergleich des ohmschen Widerstands RΩ erfasst mit EIS und GPM.
Stahl in Mörtel mit verschiedenem Chloridgehalt und Feuchtigkeit
106
In beiden Fällen sind die Messdaten tendenziell durch die eher hochfrequenten bzw.
kurzzeitigen Werte dominiert, während die LPR-Messung mit 300 sec Wartezeit pro
Punkt (Abb. 4.13) als quasistationär angesehen werden kann.
Vergleiche zwischen LPR- und GPM-Messungen [29] zeigten ebenfalls eine gute
Korrelation über mehrere Dekaden (Abb. 5.3). Auch in diesen Messungen bestätigt
sich, dass mit GPM-Messungen eher kleinere Rp Werte (grössere ikorr) erhalten
werden. Die stärkeren Abweichungen bei sehr geringen Korrosionsgeschwindig-
keiten können dadurch erklärt werden, dass die im Modell in Gl. 3.17 eingesetzte
Doppelschichtkapazität cd keine ideale Kapazität sondern eine Verlustkapazität
(Constant Phase Element) darstellt [30], deren Beitrag sich bei grossen Rp (d.h. klei-
nen Korrosionsgeschwindigkeiten) bemerkbar macht. Für praktische Anwendungen
ist die Abweichung im Bereich so geringer Werte jedoch ohne Bedeutung.
Korrosionsgeschwindigkeit LPR [ µm/a ]
1000
100
10
1.0
0.10
0.01
1.0 10 100 1'000
0.01 0.10
Korrosionsgeschwindigkeit GPM [ µm/a ]
Abb. 5.3 Vergleich der Korrosionsgeschwindigkeiten bestimmt mit LPR- und GPM-
Methode. Mörtelprüfkörper, nach Menzel [29]
107
1000
1.4% Cl
1.8% Cl Inh
1.8% Cl
Rp [kΩcm^2]
100
10
1
-700 -600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100
Ecorr [mV CSE]
Abb. 5.4 Zusammenhang zwischen Rp und Ekorr für Stahl in Mörtelproben mit un-
terschiedlichem Chloridgehalt und unterschiedlicher Feuchtigkeit.
108
-200
-300
-400
-500
-600
-700
-800
1 10 100 1'000 10'000
Polarisationswiderstand [ k1.cm2 ]
0%
0.05% Gewicht % Zement
0.25% Cl- zugabe zu
0.5 % Betonmischung
0.1 1.0 %
0.2 Feucht (80%RL)
Eingetaucht
0.5
1
2
5
10
20
50
An dieser Stelle sei auf eine ältere Arbeit der Autoren hingewiesen [23], wo ebenfalls
ein klarer Zusammenhang zwischen Korrosionspotential und dem (aus Impe-
danzmessungen bestimmten) Polarisationswiderstand festgestellt wurde (Abb. 5.5).
Zusätzlich zum Einfluss des Chloridgehalts wird auch der Einfluss der Feuchtigkeit
(Expositionsbedingung) deutlich: im Elektrolyten eingetauchte Proben weisen - bei
gleichem Polarisationswiderstand - deutlich negativere Potentiale auf. Eine de-
taillierte Auswertung der Proben nach den Versuchen zeigte, dass der gemessene
Polarisationswiderstand recht gut mit der korrodierten Fläche der Probe in Beziehung
steht (Abb. 5.6).
Nach Gleichung 2.6 ist der im Makroelement fliessende Strom bestimmt durch die
Zellspannung ∆U und die Summe der Widerstände von RE, RA und RK im Nenner.
Der experimentell bestimmte Polarisationswiderstand Rp entspricht der Summe RA +
RK, RE dem elektrischen Betonwiderstand. In der Literatur wurde verschiedentlich
auf den experimentell festgestellten Zusammenhang zwischen elektrischem Beton-
widerstand und Polarisationswiderstand Rp hingewiesen [31, 32], insbesondere für
103
102
I corr [ !a/cm2 ]
101
10-1
10-2
10-3
0 101 102 103 104 105 106
R Ohm [ 1 ]
5.1.4 Makroelemente
0.012
0.01
0.008
Rp [ Ω ]
-1
0.006
-1
0.004
0.002
0
0 50 100 150 200
Anodenstrom im Makroelement [µA]
5.1.5 Zusammenfassung
Die erhaltenen Resultate sowie die Diskussion unter Einbezug von Literaturdaten
lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Wie in Kapitel 4.5 anhand der Resultate der Simulationsrechnungen gezeigt wurde,
wird der experimentell gemessene, effektive Polarisationswiderstand Rp' von der
Stromausbreitung zwischen Gegen- und Arbeitselektrode bestimmt, und dies unab-
hängig von der angewandten Messtechnik. Für den Fall einer sehr grossen, homo-
genen Elektrode wird die kritische Länge Lcrit, d.h. diejenige Distanz von der Ge-
genelektrode, bei der der Strom auf weniger als 5% der aufgeprägten Stromstärke
abgefallen ist (Abb. 5.10), vom spezifischen Polarisationswiderstand Rp, von der
Betonüberdeckung d und vom spezifischen elektrischen Betonwiderstand RΩ be-
stimmt. Bereits frühere Arbeiten von Feliù [34] kamen aufgrund von Transmissionli-
neberechnungen zum selben Schluss. Die Anwendung des von Feliù vorgeschlage-
nen Algorithmus ist jedoch kompliziert, da die Dicke des bewehrten Bauteils (z.B.
Platte) in die Berechnungen eingeht.
114
Zentraler Punkt ist somit die Bestimmung der kritischen Länge Lcrit. Es lassen sich -
für praktische Anwendungen - grob folgende Fälle unterscheiden:
passiv
40
35
30
Modellrechnung
Strom [µA]
25
20 5 kΩcm
Ueberd. 30 mm
15 aktiv/passiv 1:14
10
5
0
0 10 20 30 40 50
Distanz [cm]
passiv
40
35
Makroelement im Mörtel
30
Strom [µA]
25 3 kΩcm
Ueberd. 30 mm
20 aktiv/passiv 1:30
15
10
5
0
0 2.5 5 7.5 10 12.5 15
Distanz [cm]
Messgerät
A
Gegenelektrode
Bewehrung
Beton
Messfläche
Ein mit der Geometrie der Stromausbreitung verknüpftes Problem ist die korrekte
Bestimmung des ohmschen Widerstands zwischen Gegenelektrode und Bewehrung
im Beton. In den elektrochemischen Messungen wird dies durch nichtstationäre
Messtechniken ausgeführt: entweder durch Impedanzmessungen im Bereich von
1kHz (s. Kap. 3.3.5) oder durch Bestimmung des ohmschen Spannungsabfalls zur
Zeit t=0 bei Galvanostatischen Pulsmessungen (s. Abb. 3.15). Bei hohen Frequen-
zen bzw. bei sehr kurzen Zeiten eines Pulses bestimmt jedoch die Doppelschicht-
kapazität cd der Bewehrung die Impedanz der Grenzfläche Bewehrung/Beton (s. Gl.
3.6). Diese Impedanz ZC ist sehr klein. Dies lässt erwarten, dass die Strom-
ausbreitung sehr gering ist, der experimentell bestimmte ohmsche Widerstand RΩ
bezieht sich auf das Volumen direkt unter der Gegenelektrode.
ρ = k * RΩ (5.2)
RE RE
GE GE
d
D
Längsschnitt Querschnitt
Der effektive Polarisationswiderstand Rp' wird, im Gegensatz zu RΩ, bei tiefen Fre-
quenzen (Gl. 3.8) bzw. durch Extrapolation zu sehr langen Zeiten, t->∞ (Gl. 3.17), be-
stimmt. Dies führt in zwei Fällen zu Diskrepanzen:
o passive Bewehrung
Auf passiven Stählen ist der gemessene ohmsche Widerstand im Vergleich zur
tatsächlichen Stromausbreitung bei der Bestimmung von Rp' zu hoch. Bei einer
konventionellen LPR Messung (RΩ unabhängig durch Impedanzmessung bei
1kHz bestimmt) wird - wegen der Subtraktion von RΩ (Gl. 3.9) - der effektive
Polarisationswiderstand Rp' zu klein. Bei der Galvanostatischen Pulsmessung, wo
der ohmsche Spannungsabfall durch Rückextrapolation des Potential / Zeit-
verlaufs (Gl. 3.18, Abb. 3.15) zur Zeit t = 0 bestimmt wird, ist der Fehler weniger
ausgeprägt. Ein korrekter Wert von RΩ liesse sich durch Verwendung eines
Guard-Rings oder - für einfache Geometrien - über numerische Berechnungen
erhalten [39].
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der mit der Messanordnung (Abb.
3.14) experimentell bestimmte ohmsche Widerstand proportional zum spezifischen
Betonwiderstand ist. Er entspricht ausser für homogen passive Bewehrung und sehr
kleine, lokale Korrosionsangriffe weitgehend dem korrekten Wert für die Stromaus-
breitung.
119
Die Resultate der Messungen im Labor und an grossen Probeblöcken (Kap. 4) sowie
deren Diskussion (Kap. 5.1) haben gezeigt, dass mit allen drei untersuchten elektro-
chemischen Messtechniken (LPR, EIS und GPM) übereinstimmende Werte für den
Polarisationswiderstand Rp' erreicht werden. Dies kann somit auch für Messungen
auf Bauwerken gefolgert werden. Während bei kleinen Laborprobekörpern die
Stromausbreitung zwischen Arbeits- und Gegenelektrode (durch korrekte Wahl der
Geometrie) homogen ist, spielt die Feldgeometrie bzw. die Stromausbreitung (s. Kap.
5.2.1) bei Messungen auf Bauwerken eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst nicht nur
die Grösse der effektiv polarisierten Stahloberfläche, sondern über die
Frequenzabhängigkeit der Stromausbreitung (s Kap. 5.2.2) auch den gemessenen
ohmschen Widerstand des Betons zwischen Gegenelektrode und Bewehrung. Im
Folgenden sollen nun die verschiedenen Einflussgrössen auf Rp diskutiert werden.
Sind alle oben erwähnten Einflussgrössen bekannt bzw. die Messungen richtig
durchgeführt, werden korrekte, interpretierbare Messwerte für RΩ und Rp' erhalten.
121
Die Problemstellung konzentriert sich auf die Bestimmung der effektiv polarisierten
Stahlfläche F. Dazu ist neben dem Radius L der Gegenelektrode die Kenntnis der
kritischen Länge Lcrit erforderlich. Lcrit kann mit Hilfe der Simulationsrechnungen zur
Stromausbreitung näherungsweise bestimmt werden. Haupteinflussgrössen sind der
Korrosionszustand der Bewehrung, der spezifische Betonwiderstand und die Grösse
der Überdeckung. Für die Messungen in der Galerie Rofla (Abb. 4.19 ) mit ungefähr
konstanter Überdeckung wird durch die Anwendung des Lcrit Konzepts insbesondere
der Wert in 3 m Höhe sehr stark korrigiert (Tab. 5.1).
Die bei 0.2 und 0.5 m errechneten Abtragsraten vkorr beziehen sich auf gleichmässige
Korrosion. Sind nur 10% der Bewehrung lokal angegriffen, so erhält man Werte von
0.3 bzw 0.5 mm/a, was etwa dem beobachteten Schadensbild entspricht.
122
Wie die Forschungsarbeiten gezeigt haben, ist die Bestimmung des Polarisationswi-
derstands auf Bauwerken mit entsprechendem Vorgehen und Messgeräten genauso
möglich wie im Labor. Um aus den experimentell erhaltenen Messwerten momentane
Korrosionsgeschwindigkeiten zu bestimmen, muss eine Reihe von Voraussetzungen
bei der eigentlichen Messung, bei der Umrechnung und der Interpretation der Daten
erfüllt sein.
o Anwendungsbereiche
Polarisationswiderstandsmessungen können zur Zustandsbeurteilung eines
Bauwerks, zur Überwachung neuer oder instandgesetzter Bauwerke bzw. Bau-
werksteile oder zur Qualitätssicherung eingesetzt werden. Sie erlangen als wert-
volles Hilfsmittel immer dann grösste Bedeutung, wenn vom Ingenieur Aussagen
über den weiteren Schadensverlauf (Schadensprognosen) erwartet werden.
kritischen Stellen etc.) eingesetzt werden. Vorerst werden jedoch weitere Tests
durch das IBWK auf Bauwerken ausgeführt.
o Messung
Polarisationswiderstandsmessungen sollten als Mindestanforderung das Korro-
sionspotential der Bewehrung, den ohmschen Widerstand des Betons bzw. den
spezifischen Betonwiderstand und den eigentlichen Polarisationswiderstand Rp'
umfassen. Ebenso dazu gehört die Angabe der Betonüberdeckung sowie (soweit
möglich) des Durchmessers der Bewehrung. Der ohmsche Widerstand des
Betons muss in jedem Fall mitgemessen werden. Es ist wichtig, zwei bis drei
Messungen am selben Punkt durchzuführen, um die Reproduzierbarkeit zu
überprüfen.
o Interpretation
Bereits die vergleichsweise einfachen Potentialmessungen müssen von einem
Fachmann sorgfältig ausgewertet und interpretiert werden. Dies gilt in noch viel
stärkerem Masse für die Bestimmung des Polarisationswiderstands mit der Gal-
vanostatischen Pulsmessung (GPM). Wie gezeigt wurde, ist der Einfluss der Geo-
metrie der Stromausbreitung (Kap. 5.2.1) dominierend. Es gilt daher, zunächst die
kritische Länge Lcrit als Funktion der Betonüberdeckung sowie der Betonleitfähig-
keit abzuschätzen. Dabei muss jedoch bereits grob angenommen werden, ob die
Bewehrung stark korrodierend oder passiv vorliegt, was anhand des Korro-
sionspotentials möglich ist.
renden Fläche - heute noch nicht möglich. Dies gilt prinzipiell für sämtliche auf
dem Markt erhältlichen bzw. für Forschungszwecke eingesetzten Techniken.
o Streuung / Genauigkeit
Wie die Forschungsarbeiten gezeigt haben, sind die Durchführung und Auswer-
tung von Polarisationswiderstandsmessungen auf Bauwerken wegen der Vielzahl
von Einflussgrössen komplex und anspruchsvoll. Bei korrekter Durchführung liegt
die Wiederholgenauigkeit der GPM Messungen (unter gleichen Bedingungen) bei
ca. ± 15 %. Sie ist für aktiv korrodierende Bereiche etwas besser als für passive.
Eine Angabe zur absoluten Genauigkeit der aus den Rp' Werten ermittelten Kor-
rosionsgeschwindigkeit (in µm/Jahr) auf Bauwerken ist sehr schwierig, da zu
wenige Daten vorliegen. In Bereichen mit starker, annähernd vollflächiger
Korrosion der Bewehrung dürften die ermittelten Werte im Bereich der Genauigkeit
von Labormessungenliegen, d.h. eine Abweichung von unter ± 30 % aufweisen.
Aufgrund der oben erwähnten Unsicherheit in der Angabe der effektiv
korrodierenden Fläche bei lokaler Korrosion der Bewehrung muss in diesen
(häufigen) Fällen mit Abweichungen zwischen einem Faktor zwei bis 10 gerechnet
werden. Forschungsarbeiten zur besseren Erfassung der lokalen Korrosionsge-
schwindigkeit sind am IBWK im Gange.
Soweit den Verfassern bekannt, sind gegenwärtig weltweit drei Geräte kommerziell
erhältlich, welche auch im SHRP-Programm [42] verglichen wurden. Es sind dies:
3LP Corrosion Meter (K.C. Clear, USA)
NSC Meter (Nippon Steel Corporation, Japan)
GECOR6 (Geocisa AG, Spanien)
In der folgenden Tabelle sind die wesentlichsten Grössen der Geräte zusammenge-
stellt. Die Vorbereitungszeit (Montage der Gegenelektrode etc.), welche bei allen
Verfahren etwa gleich lang ist, ist nicht in die Messzeit eingerechnet.
Dieses Gerät wird vor allem in den USA eingesetzt. Es beruht auf dem Prinzip der
linearen Polarisation (Kap. 3.3.2). Beim Messvorgang wird der Strom zwischen Be-
wehrung und Gegenelektrode langsam bis zu einer Potentialverschiebung ∆E von 12
mV erhöht. Die Vorschubgeschwindigkeit sollte kleiner als 2 mV/min sein. Die
Stromwerte bei 4, 8 und 12 mV Polarisation werden registriert. Aus der Steigung der
Gerade durch die vier Messpunkte wird der Polarisationswiderstand Rp' ermittelt.
Nach Abschalten der Polarisation muss das Potential bis auf ± 2 mV wieder dem ur-
sprünglichen Potential entsprechen. Totale Messdauer ca. 2 min.
Die Gegenelektrode hat eine relativ grosse Länge L = 17 cm. Es wird kein Guard-
Ring eingesetzt. Die Messungen sind nicht automatisiert.
Es wird vorgegeben, die Fläche des polarisierten Stahls F = p D L aus dem Stahl-
durchmesser D und der Gegenelektrodenlänge L zu berechnen.
Beurteilung:
Die Polarisationsgeschwindigkeit wird manuell (drehen am Potential) geregelt. Der
ohmsche Widerstand wird nicht gemessen, die bestimmten Werte des effektiven
Polarisationswiderstands Rp' sind somit vor allem bei grosser Überdeckung und
/oder in schlecht leitfähigem Beton zu gross - tendenziell werden zu kleine Korro-
sionsgeschwindigkeiten gemessen.
Das Gerät liefert wegen des unbekannten RΩ sowie der Stromausbreitung in der
angegebenen Art der Auswertung keine verlässlichen Informationen.
128
Es wird vorgegeben, die Fläche des polarisierten Stahls mit F = p D L aus dem Stahl-
durchmesser D und dem Durchmesser der inneren Gegenelektrode L zu berechnen.
Beurteilung:
Die Messungen lassen sich rascher als mit LPR durchführen (pro Punkt ca. 1 Mi-
nute). Die gemessenen Werte sind effektive Polarisationswiderstände Rp' korrigiert
um RΩ. Die Verwendung eines Guard Rings erlaubt für homogen aktive oder passive
Bewehrung die Bestimmung korrekter Werte der Korrosionsgeschwindigkeit. Bei
Anwendung auf lokal korrodierender Bewehrung ist das Gerät wegen den kleinen GE
Durchmessern im Vorteil. Die Problematik, dass Strom vom Guard Ring in die Anode
fliesst, ist jedoch nicht gelöst. Die Wahl der tiefen Frequenz des Pulses ist etwas
arbiträr, sie wurde aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt.
Das Gerät liefert bei korrekter Anwendung vernünftige Werte der Korrosionsge-
schwindigkeit.
129
Dieses Gerät arbeitet mit einem potentialgesteuerten Guard-Ring (pat.). Die innere
Mess-Gegenelektrode hat einen Durchmesser von 8 cm, der äussere Guard-Ring
einen solchen von ca. 22 cm. Vom Hersteller wird angegeben, dass diese Anordnung
eine polarisierte Fläche vont 14 cm Durchmesser ergibt.
Der ohmsche Widerstand RΩ zwischen innerer (Mess) Gegenelektrode und Beweh-
rung wird zunächst über Pulsmessungen ermittelt. In einer nächsten Phase wird eine
Serie von LPR-Messungen (Kap. 3.3.2) durchgeführt, aus denen der Polarisations-
widerstand Rp' ermittelt wird. Die Messdauer beträgt ca. 5 - 7 Minuten pro Punkt. Der
Messvorgang läuft automatisch ab.
Beurteilung:
Sehr weit entwickeltes, kommerzielles Gerät, welches das Problem der Strom-
ausbreitung auf passiver Bewehrung durch den Guard-Ring löst. Die Länge von 14
cm (zwischen innerer und äusserer Gegenelektrode) ist etwas arbiträr. Testmes-
sungen in der Galerie Rofla sowie andere dokumentierte Werte der mit GECOR6 be-
stimmten Korrosionsgeschwindigkeit erscheinen zu klein (im Vergleich zu durch
Freilegen der Bewehrung bestimmten). Weiter kann der Guard Ring die Messungen
bei lokaler Korrosion evtl. verfälschen.
Der Prototyp des Geräts benutzt eine Cu/CuSO4 Referenzelektrode im Zentrum ei-
ner Gegenelektrode (L = 7cm). Der Messkopf wird mit einem gut feucht gehaltenen
Schaumgummi elektrolytisch an den Beton gekoppelt. Die mechanische Befestigung
erfolgt mit einer Schraube.
Die polarisierte Stahlfläche wird über die Stromausbreitung, d.h. die kritische Länge
Lcrit berechnet: F = π D Lcrit.
Beurteilung
Die GPM-Technik zur Bestimmung des Polarisationswiderstands ist sehr rasch, lie-
fert aber dieselben Basisdaten wie andere LPR-Methoden. Die Ermittlung der Korro-
sionsgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Stromausbreitung macht die Aus-
wertung der Messdaten sehr anspruchsvoll, jedoch in jeder Stufe transparent.
Die GPM-Technik hat wegen ihrer raschen Erfassung der wesentlichsten Daten Ekorr,
RΩ und Rp' ein grosses Potential bei Bauwerksuntersuchungen. Sie kann zudem die
Potentialpunktmessung erweitern und evtl. teilweise ersetzen.
131
Die in den vergangenen Jahren am IBWK entwickelte und mit der SGK in die Praxis
überführte Potential(feld)messung ist heute in der Schweiz Stand der Technik für
eine rasche, vollflächige Bauwerksuntersuchung. Die reine Potentialmessung erlaubt
jedoch keine Aussagen über den Fortschritt der Korrosion. Im komplexen Umfeld der
Bauwerkserhaltung werden - auch aus ökonomischen Gründen - Prognosen des
Schadensverlaufs immer wichtiger. Für den Bauherrn oder den projektierenden
Ingenieur einer Instandsetzung ist im Rahmen einer Erhaltungsstudie die Beant-
wortung von Fragen wie
- wie lange hält das Bauwerk ohne Instandsetzung (Null-Lösung)
- wann wäre der optimale Instandsetzungszeitpunkt (je nach gewählter Variante)
- wie entwickelt sich das Bauwerk nach der Instandsetzung
von grösster Bedeutung bei der Auswahl des Instandsetzungskonzepts.
7. Ausblick
Für eine breite Anwendung in der Praxis - vor allem bei Bauwerksuntersuchungen,
Projektierung von Instandsetzungen, kurz überall, wo die Prognose des Schaden-
verlaufs eine entscheidende Rolle spielt - müssen zwei kritische Hürden überwunden
werden:
werden sollen. Grundlagen dazu sind mit dem Studium des elektrischen Betonwi-
derstands als Funktion der Temperatur und Feuchtigkeit bereits gelegt [20, 21].
Die Entwicklung der Potentialfeldmessung am IBWK und ihre Einführung als wichtige
diagnostische Methode in die Praxis der Bauwerksuntersuchung war ein erster
wichtiger Schritt und Erfolg der Forschungsstelle. Mit der hier vorgestellten raschen
Methode zur Bestimmung der Korrosionsgeschwindigkeit wurde ein weiterer
bedeutender Meilenstein gesetzt. Wir sind zuversichtlich, dass auch die noch offenen
Fragen im Zusammenhang mit der Prognose der Schadensentwicklung gelöst
werden können - im bewährten Zusammenspiel praxisorientierter Fragestellung und
wissenschaftlicher Forschung.
135
R Gaskonstante JK-1mol-1
RA Reaktionswiderstand der Anode [Ω]
RK Reaktionswiderstand der Kathode [Ω]
RE Elektrolytwiderstand [Ω]
RΩ ohmscher Widerstand [Ω]
Rp Polarisationswiderstand [Ωcm2]
Rpʼ effektiver Polarisationswiderstand [Ω]
ρ spezifischer Widerstand [Ωm]
T Temperatur
ui Ionenbeweglichkeit
|zi| Wertigkeit des Ions (Betrag)
136
137
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Vol. 2: Method for Measuring the Corrosion Rate of Reinforcing Steel, SHRP-S-
324, National Research Council Washington DC (1993)
140
141
Anhang A1
B. Elsener
Corrosion des armatures dans le béton
SIA Dokumentation 89 "Durabilité du béton armé"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1985) p. 29-37
B. Elsener
Corrosione delle armature nel calcestruzzo
SIA Dokumentation D007 "Durabilità del calcestruzzo"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1986) p. 43-50
B. Elsener
Elektrochemische Methoden zur Bauwerksüberwachung
SIA Dokumentation D020 Zerstörungsfreie Prüfung an Stahlbetonbauwerken
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 27-37
B. Elsener
Einsatz Epoxibeschichteter Stähle
SIA Dokumentation D021 "Schutz und Sanierungsmethoden von Stahlbeton-bau-
werken"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 17-25
142
B. Elsener
Spannungsrisskorrosion hochlegierter Stähle
SIA Dokumentation D030 "Einsatz nichtrostender Stähle im Bauwesen"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1988) p. 37-47
B. Elsener
Korrosion von Spannstählen
SIA Dokumentation D031 "Anker und Spannkabel"
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich (1989) p. 9-17
B. Elsener, M. Suter
Epoxibeschichtete Bewehrung
Forschungskolloquium Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStB), Zürich 22./23.
März 1990, S. 67 - 72
B. Elsener
Méthodes électrochimiques de détection de la corrosion
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 19-28
B. Elsener
Corrosion des aciers de précontrainte
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 97 - 102
R. Suter, B. Elsener
Armatures protégées
"Corrosion et protection contre la corrosion", SIA Doc. D057
SIA, Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 59 - 66
143
B. Elsener
"Ionenmigration und elektrische Leitfähigkeit im Beton", SIA Doc. D065
Schweiz. Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1990, p. 51 - 59
H. Böhni, B. Elsener
"Früherkennung von Bewehrungskorrosion: Potentialfeldmessungen und galvano-
statische Impulstechnik", Proc. Int. Symp. Zerstörungsfreie Prüfung im Bauwesen,
27.2. - 1.3.91 Berlin. Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung, 21 (1991)
Vol. 1 p. 101 - 122
B. Elsener
"Potentialfeldmessung - Zerstörungsfreie Lokalisierung der Korrosion in Stahlbeton-
bauwerken", Proc. 1. INTERCORR, Teil 3: Korrosion und Korro-sionsschutz im Bau-
wesen, S. 202 - 226. Schriftenreihe "Praxis Forum" Technik und Kommunikation
Verlag, Berlin (1991)
B. Elsener
"Elektrochemische Chloridentfernung und kathodischer Schutz an Stahlbetonbau-
werken - Praxisresultate"
WTA Workshop "Elektrokinese und Elektrolyse im Bauwesen",
München 7.6.91
B. Elsener, H. Böhni
Korrosion in Stahlbetontragwerken - Einflussgrössen und Möglichkeiten der Über-
wachung, SIA Dokumentation D099, Schweizer Ingenieur- und Architektenverein,
Zürich, 1993, p. 45 - 53, Tagung 11.3.93, Zürich
B. Elsener, H. Böhni
Elektrochemische Chloridentfernung an Stahlbetonbauten
SIA Dokumentation D099, Schweizer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich, 1993,
p. 161 - 163, Tagung 11.3.93, Zürich
B. Elsener
Advanced Monitoring Techniques, Proc. COST 509 Workshop Corrosion and Pro-
tection of Metals in Contact with Concrete, Orta San Giulio, Italy, 7.-8.6.94
B. Elsener
Corrosion Rate on Reinforced Concrete Structures Determined by Electrochemical
Methods, Proc. 4th Int. Symp. Electrochemical Methods in Corrosion Research, Lis-
sabon, Sept. 94 , Materials Science Forum 192-194 (1995) 857-866
B. Elsener
Einsatz der Potentialmessung - Möglichkeiten und Grenzen, SIA Dokumentation
D 126, Schweiz. Ingenieur und Architektenverein Zürich (1995) p. 11 - 18
B. Elsener
Corrosion Rate Measurements of Steel in Concrete - Transient Techniques,
Proc. COST 509 Workshop "Corrosion and Protection of Metals in Contact with Con-
crete", Sevilla, Spain, 4.-8. 9. 95