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ISBN 3-00-015523-6

© Silke Scherer, Dirk Proske: Stahlbeton for Beginners – Einführung in den Stahlbetonbau
Eigenverlag, Dresden 2005
Herausgeber: Silke Scheerer, Dirk Proske
1. Auflage
Alle Rechte vorbehalten

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Soweit in diesem Werk Verfahren oder Techniken erläutert werden, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß
die Autoren große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß die Angaben dem Wissensstand bei Fertigstellung des
Werkes entsprechen. Für die Anwendung kann jedoch keine Gewähr übernommen werden.
Silke Scheerer y Dirk Proske

Stahlbeton
“for Beginners“
Einführung in den Stahlbetonbau

1. Auflage
P
Stahlbeton for Beginners

Vorwort
Dieses Buch entstand zunächst als Skript zur Vorlesungsreihe „Grundlagen des Stahlbeton-
baus“ für die Studenten der Wasserwirtschaft an der Technischen Universität Dresden. Der
große Erfolg dieses Skriptes nicht nur bei den Studenten der Wasserwirtschaft, sondern auch
bei den Bauingenieurstudenten ermutigte uns, dieses Skript als Buch zu veröffentlichen.
Der Verbundbaustoff Stahlbeton ist außerordentlich leistungsfähig. Um die Konstruktionen
aus diesem Material sachgemäß entwerfen und betreiben zu können, ist es wichtig, das Trag-
verhalten und die Besonderheiten dieses Werkstoffes zu kennen und zu verstehen. In diesem
Buch werden nicht nur die in der DIN 1045-1 vorgeschriebenen Bemessungsregeln vor-
gestellt, sondern auch die Grundlagen des Zusammenwirkens von Stahl und Beton in ver-
ständlicher Art und Weise erklärt.
Viele Passagen beruhen auf dem ehemaligen Lehrbrief für Wasserwirtschaftler und auf den
Lehrbriefen für die Vorlesungsreihe Stahlbeton und Spezialbauwerke, die beide von Herrn
DR.-ING. HANS WIESE verfaßt wurden. Die theoretische Grundlagen wurden vielfach aus den
„Vorlesungen für Massivbau, Teile 1 bis 4“ von FRITZ LEONHARDT [24] und aus „Stahlbeton-
bau, Teil 1 und 2“ von OTTO WOMMELSDORFF [38] abgeleitet. Nicht an allen Stellen wurden
diese Autoren exakt zitiert, deshalb sollen sie an dieser Stelle explizit erwähnt werden. Diese
Quellen sollen gleichzeitig als weiterführende Literatur empfohlen werden.
Wir wünschen den Studenten und anderen Lernenden viel Erfolg und Spaß beim Studium des
Faches Stahlbeton.

Dirk Proske & Silke Scheerer Dresden, April 2005


SCHEERER y PROSKE
Stahlbeton for Beginners

Inhalt
1 Formelzeichen 16
1.1 Lateinisch, klein 16
1.2 Lateinisch, groß 18
1.3 Griechisch 20
1.4 Abkürzungen, Indizes, Symbole u. a. 21
2 Ermittlung von Schnittgrößen 24
2.1 Allgemeines 24
2.2 Auflagertiefen und Stützweiten 24
2.3 Wiederholung: statisch bestimmte Tragwerke 25
2.4 Wiederholung: Schnittgrößenfunktionen 26
2.5 Statisch unbestimmte Tragwerke, Durchlaufkonstruktionen 27
2.6 Bemessungsmomente einachsig gespannter, durchlaufender Platten und
Balken 32
2.6.1 Stützenmomente 32
2.6.2 Mindestrandmomente 32
2.6.3 Mindestfeldmomente 33
2.6.4 Negative Feldmomente 33
2.7 Schnittgrößen wasserbautypischer Konstruktionen 33
3 Bestandteile des Stahlbetons 36
3.1 Allgemeines 36
3.2 Beton 36
3.3 Stahl 42
3.4 Zusammenwirken von Stahl und Beton 43
3.5 Andere Bewehrungsmaterialien 45
3.6 Anforderungen an die Dauerhaftigkeit 46
3.6.1 Expositionsklassen 46
3.6.2 Betondeckung 47
4 Sicherheitskonzept 48
4.1 Allgemeines 48
4.2 Grenzzustände der Beanspruchbarkeit 49
4.3 Beanspruchungen 50
4.4 Charakteristische und andere repräsentative Werte 50
4.5 Sicherheitsbeiwerte 52
4.5.1 Allgemeines 52
4.5.2 Teilsicherheitsbeiwerte 54
4.5.3 Kombinationsbeiwerte 55
4.5.4 Einwirkungskombinationen 56
4.5.4.1 Grenzzustände der Tragfähigkeit 56
4.5.4.2 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit 56
4.5.4.3 Vereinfachte Kombinationen für den Hochbau 57
5 Biegebemessung 58
5.1 Allgemeines 58
5.2 Spannungs- und Verformungszustände am statisch bestimmt gelagerten
Biegebalken 59
5.3 Schnittgrößen und Gleichgewichtsbedingungen 59
5.3.1 Innere und äußere Kräfte 59
5.3.2 Lage und Größe der Stahlzugkraft 61
5.3.3 Lage und Größe der Betondruckkraft 61
5.3.4 Einführung der Verformungsbedingungen, Festlegung der kritischen
Zustände 63
12
SCHEERER y PROSKE

5.3.5 Gleichgewichtsbedingungen, bezogene Größen und


Bemessungsgleichungen 65
5.3.6 Grenzen 66
5.4 Ausgewählte Bemessungsverfahren 66
5.4.1 Einfach bewehrte Rechteckquerschnitte 66
5.4.2 Doppelt bewehrte Rechteckquerschnitte 67
5.4.3 Bemessung mit Hilfe der rechteckförmigen Spannungsverteilung 71
5.4.4 Vergleich des genauen ω1-Verfahrens mit der Näherung mittels
Rechteckblock 72
5.5 Bewehrungsführung und Konstruktionsregeln 73
5.5.1 Bewehrungsführung 73
5.5.1.1 Allgemeines 73
5.5.1.2 Bewehren mit Stabstahl 75
5.5.1.3 Bewehren mit Betonstahlmatten 75
5.5.1.4 Darstellung von Bewehrung 77
5.5.2 Konstruktionsregeln für überwiegend biegebeanspruchter Bauteile 84
5.5.2.1 Mindest- und Höchstbewehrung überwiegend biegebeanspruchter Bauteile 84
5.5.2.2 Balken und Plattenbalken 85
5.5.2.3 Platten 85
6 Plattenbalken 86
6.1 Tragverhalten 86
6.2 Berücksichtigung von Stegspannungen 87
6.3 Anordnung der Bewehrung 88
7 Querkraftbemessung 90
7.1 Zum Tragverhalten 90
7.2 Versagensszenarien 91
7.3 Modelle für die Lastabtragung 92
7.4 Bemessung 96
7.4.1 Grundlagen 96
7.4.2 Bauteile ohne rechnerisch erforderliche Querkraftbewehrung 96
7.4.3 Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung 98
7.5 Anordnung der Querkraftbewehrung 100
7.5.1 Grundsätze 100
7.5.2 Zur konstruktiven Durchbildung von Balken und Plattenbalken 101
7.5.3 Zur konstruktiven Durchbildung von Ortbetonplatten 102
7.6 Anschluß von Gurten 102
8 Zugkraftdeckung 104
8.1 Grafisches Verfahren 104
8.2 Konstruktive Regeln 109
9 Verankerung von Bewehrung 110
9.1 Allgemeines 110
9.2 Eigenschaften des Verbundes 110
9.3 Verbundspannung 111
9.4 Verankerung von Stäben 113
9.5 Stöße von Bewehrungsstäben 115
9.6 Stöße von Matten in zwei Ebenen 116
10 Gebrauchstauglichkeit 118
10.1 Allgemeines 118
10.2 Spannungsbegrenzung 118
10.3 Begrenzung der Rißbreiten 118
10.3.1 Grundlagen der Rißbildung 118

13
Stahlbeton for Beginners

10.3.2 Nachweise nach DIN 1045-1 125


10.3.2.1 Grundsätze 125
10.3.2.2 Mindestbewehrung zur Aufnahme von Zwangs- und Eigenspannungen 126
10.3.2.3 Beschränkung der Rißbreite bei Lastbeanspruchung 128
10.3.2.4 Berechnung der Rißbreite – genaues Verfahren nach DIN 1045-1 129
10.4 Begrenzung der Verformungen 129
11 Bemessung von Druckgliedern 132
11.1 Tragverhalten druckbeanspruchter Bauteile 132
11.2 Knicklängen 133
11.3 Bemessung 135
11.3.1 Allgemeines 135
11.3.2 Einteilung der Tragwerke und Bauteile 135
11.3.3 Nachweisverfahren 135
11.3.4 Modellstützenverfahren 137
11.3.5 Unbewehrte Druckglieder 138
11.4 Konstruktive Regeln für Stützen und andere druckbeanspruchte Bauteile 139
12 Fundamente 142
12.1 Allgemeines 142
12.2 Bodenpressungen und Wahl der Fundamentgröße 142
12.3 Schnittgrößenermittlung bei Flachgründungen 146
12.4 Unbewehrte Fundamente 148
12.5 Bewehrte Fundamente 149
12.5.1 Allgemeines 149
12.5.2 Biegebemessung 149
12.5.3 Durchstanzen 150
12.5.3.1 Allgemeines 150
12.5.3.2 Bauteile ohne rechnerisch erforderliche Durchstanzbewehrung 152
12.5.3.3 Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung 153
12.5.4 Bewehrungsführung 155
13 Literaturverzeichnis 158
14 Anhang 162
14.1 Die Geschichte des Stahl- und Spannbetonbaus 162
14.2 Auswahl an Lastannahmen nach DIN 1055 [13], Auszüge 165
14.2.1 1055-1 (01/2001): Einwirkungen auf Tragwerke – Wichten und
Flächenlasten von Baustoffen, Bauteilen und Lagerstoffen 165
14.2.2 1055-3 (01/2001): Eigen- und Nutzlasten für Hochbauten 166
14.2.3 1055-5 (03/2001): Lastannahmen für Bauten, Verkehrslasten – Teil 5:
Schneelast und Eislast 167
14.3 Expositionsklassen nach DIN 1045-1 167
14.4 Tafeln für Biegung ohne Druckbewehrung 169
14.5 Tafeln für Biegung mit Druckbewehrung 170
14.6 Tafeln für die Bemessung von Druckgliedern 172
14.7 Tafeln für Betonstahlmatten BSt 500 M (A) 176

14
SCHEERER y PROSKE

15
Stahlbeton for Beginners

1 Formelzeichen

1.1 Lateinisch, klein


a Abstand allgemein; Länge allgemein; Auflagerbreite
a1, a2 Abstand zwischen Auflagervorderkante und rechnerischer Auflagerlinie
af,sw Bewehrungsquerschnitt der Anschlußbewehrung in [cm²/m]
al Versatzmaß der Zugkraftdeckungslinie
as Bewehrungsquerschnitt allgemein in [cm²/m]
as,quer Querbewehrungsmenge in [cm²/m]
asl Bewehrungsquerschnitt der Biegezugbewehrung in [cm²/m]
asw Bewehrungsquerschnitt der Querkraftbewehrung in [cm²/m]
av Bezugslänge bei der Berechnung der Anschlußbewehrung für die Gurte bei ge-
gliederten Querschnitten
b Breite allgemein
beff mitwirkende Plattenbreite
beff,i mitwirkende Plattenbreite der einzelnen Gurte
bi tatsächlich vorhandene Gurtbreite
bw Stegbreite
cmin Mindestwert der Betondeckung
cnom Betondeckung
cx, cy Abmessung einer Stütze auf einem Fundament in x- bzw. y-Richtung
d statische Nutzhöhe; mittlere statische Nutzhöhe bei zweiachsig beanspruchten
Bauteilen; Durchmesser allgemein
d1, d2 Abstand der Längsbewehrung vom Bauteilrand; Ausbreitung der Wirkungszone
der Bewehrung
dbr Biegerollendurchmesser
dg ∅ des Größtkorns
di, da Innen- bzw. Außendurchmesser
ds Stabdurchmesser
ds* Grenzdurchmesser
ds,quer Stabdurchmesser der Querbewehrung
dsl Stabdurchmesser der Längsbewehrung
dsm mittlerer Stabdurchmesser
dsV Vergleichsdurchmesser
dsw Stabdurchmesser der Querkraftbewehrung
e0 planmäßige Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung
e01, e02 Lastausmitten der Längskraft an den Stützenenden
e2 zusätzliche Lastausmitte nach Theorie II. Ordnung
ea ungewollte Zusatzausmitte infolge geometrischer Imperfektionen
ed Ausmitte der Längskraft
etot Gesamtausmitte
ex, ey Ausmitten bzw. Exzentrizitäten in x- bzw. y-Richtung
eϕ Ausmitte infolge Kriechens
f Durchhang
fbd Verbundspannung
fcd Bemessungswert der Druckfestigkeit von Beton
fck, fck,cyl charakteristische Zylinderdruckfestigkeit von Beton
fck,cube charakteristische Würfeldruckfestigkeit von Beton
fct charakteristische Zugfestigkeit

16
SCHEERER y PROSKE

fct,0 Grundwert der Zugfestigkeit bei der Ermittlung des modifizierten Grenzdurch-
messers
fct,eff wirksame Zugfestigkeit des Betons zum betrachteten Zeitpunkt
fct,fl Biegezugfestigkeit
fct,sp Spaltzugfestigkeit
fctk;0,05 charakteristischer Wert des 5-%-Quantils der Betonzugfestigkeit
fctk;0,95 charakteristischer Wert des 95-%-Quantils der Betonzugfestigkeit
fctm mittlere Zugfestigkeit
ftd Bemessungswert der Zugfestigkeit von Betonstahl
ftk charakteristischer Wert der Zugfestigkeit von Betonstahl
fyd Bemessungswert der Streckgrenze von Betonstahl
fyk charakteristischer Wert der Streckgrenze von Betonstahl
h Bauteildicke; -höhe
hf Dicke des Flansches
ht Höhe der Zugzone des (Teil-)Querschnitts im Zustand I
hW Wasserstandshöhe
i Laufvariable; Trägheitsradius
k Beiwert zur Berücksichtigung nichtlinear verteilter Betonzugspannungen
k1 Beiwert bei der Berechnung der Mindestbewehrung
ka Beiwert zur Bestimmung des Abstandes der Betondruckkraft vom Querschnitts-
rand
kc Beiwert zur Berücksichtigung der Zugspannungsverteilung
l Länge oder Stützweite allgemein
l0 wirksame Stützweite; Ersatzlänge
lA, lE Länge der Auftrags- bzw. Einschnittsfläche
lb Grundmaß der Verankerungslänge
lb,min Mindestwert der Verankerungslänge
lb,net erforderliche Verankerungslänge
lcol Länge eines Einzeldruckgliedes zwischen den idealisierten Einspannstellen
lE Einleitungslänge
leff effektive Stützweite
li Ersatzstützweite
ln lichter Abstand zwischen den Auflagervorderkanten (lichte Weite)
ls Übergreifungslänge
ls,min Mindestwert der Übergreifungslänge
lw Breite des Bereiches mit Durchstanzbewehrung außerhalb der Lasteinleitungs-
fläche
n Faktor; Verhältniswert; Potenz
p Druck allgemein; Verkehrslast
pi, pa Innen- bzw. Außendruck
pW Wasserdruck
q Gesamtlast
r Radius
rcrit Radius des kritischen Rundschnitts
s Stababstand; Abstand der Knoten im Fachwerkmodell
s0 Abstand des Schwerpunktes des Übergreifungsstoßes zur Bauteilkante
sk charakteristischer Wert für die Schneelast auf dem Boden
sl Stababstand der Längsstäbe
sn lichter Abstand zwischen zwei Stäben
sq Abstand der geschweißten Querstäbe bei Matten
sw Stababstand der Querkraftbewehrung; wirksame Breite einer Bewehrungsreihe

17
Stahlbeton for Beginners

u Umfang
ucrit Umfang des kritischen Rundschnitts
ü Überstand
v Verschiebung
v0 kleiner Bereich unmittelbar neben dem Riß, in dem Haft- und Scherverbund ge-
stört sind oder verlorengehen
vEd Schubfluß; bezogene Normalkraft bei der Bestimmung von λmax
vRd,ct Tragfähigkeit eines Bauteiles ohne Durchstanzbewehrung
vRd,ct,a Tragfähigkeit in einem Schnitt außerhalb der Durchstanzbewehrung
vRd,max Tragfähigkeit der Druckstrebe
vRd,sy,i Tragfähigkeit der Zugstrebe entlang des inneren Rundschnittes i
w Verschiebung; Rißbreite
wk Rechenwert der Rißbreite
w/z-Wert Wasser/Zement-Wert
x Druckzonenhöhe; Koordinatenachse
y Koordinatenachse
ys1, ys2 Abstand vom Schwerpunkt der Bewehrung zum Schwerpunkt des Querschnitts
z Hebelarm der inneren Kräfte; Koordinatenachse
zs2 innerer Hebelarm der Druckbewehrung As2

1.2 Lateinisch, groß


A Fläche allgemein; Stützkraft
AA, AE Auftrags- bzw. Einschnittsfläche
Ac Betonfläche
Ac,eff Wirkungszone der Bewehrung
Ac,netto Nettowert der Betonfläche
Ac,t gezogene Betonfläche im Zustand I
Acrit Fläche des kritischen Rundschnitts
Ad Bemessungswert einer außergewöhnlichen Einwirkung
AEd Bemessungswert einer außergewöhnlichen Einwirkung infolge Erdbeben
AF Fundamentfläche
Ai ideelle Fläche
Aload Lasteinleitungsfläche
As Stahlfläche in [cm²]
As1, As2 Stahlfläche der unteren bzw. oberen Biegezugbewehrung in [cm²]
As,max maximal zulässige Bewehrung in [cm²]
As,min Mindestbewehrung in [cm²]
Ast Bewehrungsquerschnitt der Querbewehrung in [cm²]
Asw Bewehrungsquerschnitt der Querkraftbewehrung in [cm²]
D, Di Druckkraft allgemein
DEd,As2 Bemessungswert der Stahldruckkraft in der oberen Bewehrungslage (Druckbe-
wehrung)
DEd,c Bemessungswert der Betondruckkraft
Dv vertikale Druckkraft
DV Druckkraft infolge Querkraftbeanspruchung
E Elastizitätsmodul; rechnerischer Endpunkt der Bewehrung
Ec Elastizitätsmodul von Beton
Ecm mittlerer Elastizitätsmodul von Beton (Sekantenmodul)
Ed Bemessungswert der Beanspruchung
Es Elastizitätsmodul von Betonstahl
F, Fi Kraft allgemein; Last allgemein

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SCHEERER y PROSKE

Fki Knicklast
Frep repräsentativer Wert
GF Eigengewicht des Fundamentes
Gk charakteristischer Wert der ständigen Einwirkung
H Horizontallast
HS Geländehöhe über NN in [m]
I Trägheitsmoment
K1, K2 Faktor bei der Berechnung der Lastausmitte nach Theorie II. Ordnung
M Moment
MI, MII Mindestmoment
MI, MII Moment nach Theorie I. bzw. II. Ordnung
MEd Bemessungswert des Momentes
MEd0 Bemessungsbiegemoment nach Theorie I. Ordnung
MEds Bemessungswert des Momentes um den Schwerpunkt der Stahleinlagen
Mkr Bruchmoment infolge Stabilitätsversagens (bei Druckgliedern)
MR Rißmoment
Mtot Gesamtmoment
Mu Bruchmoment allgemein; Bruchmoment infolge Materialversagens (bei Druck-
gliedern)
Mx, My Moment in x- bzw. y-Richtung
N Normalkraft
Nbal aufnehmbare Längsdruckkraft bei maximaler Momententragfähigkeit des Quer-
schnitts
NEd Bemessungswert der Normalkraft
Nkr Bruchnormalkraft infolge Stabilitätsversagens (bei Druckgliedern)
NRd Bemessungswert der aufnehmbaren Längsdruckkraft
Nu Bruchnormalkraft; ~ infolge Materialversagens (bei Druckgliedern)
Nud Bemessungswert der Grenztragfähigkeit des Querschnitts unter zentrischem
Druck
P Last allgemein
Pk charakteristischer Wert der Vorspannung
Qk charakteristischer Wert der veränderlichen Einwirkung
Qk,1 Leitwert der veränderlichen Einwirkungen
R Resultierende allgemein
V Querkraft
VEd Bemessungswert der Querkraft; gesamte aufzunehmende Querkraft
VRd Bemessungswert des Querkraftwiderstandes
VRd,ct aufnehmbare Querkraft für ein Bauteil ohne Querkraftbewehrung
VRd,max infolge Druckstrebentragfähigkeit aufnehmbare Querkraft
VRd,sy durch Querkraftbewehrung aufnehmbare Querkraft
W Widerstandsmoment
WF Widerstandsmoment des Fundamentes
Z, Zi Zugkraft allgemein; Intensität der Schneelast
ZEd,s1 Bemessungswert der Stahlzugkraft, untere Bewehrungslage; Bemessungswert der
Stahlzugkraft, der mit der Betondruckkraft im Gleichgewicht steht
ZEd,s1(s2) Bemessungswert der Stahlzugkraft, untere Bewehrungslage, der mit der Druck-
kraft in der Druckbewehrung As2 im Gleichgewicht steht
ZEd,s2 Bemessungswert der Stahlzugkraft, obere Bewehrungslage
ZR Zugkraft, die zum Erstriß führt
ZV Zugkraft infolge Querkraftbeanspruchung

19
Stahlbeton for Beginners

1.3 Griechisch
α Faktor; Völligkeitsbeiwert; Winkel allgemein; Neigungswinkel der Zugstreben im
Fachwerkmodell; Winkel zwischen Bewehrung und Bauteillängsachse; Lastaus-
breitungswinkel; Faktor zur Berücksichtigung von Dauerlasten
α1 Beiwert für die Übergreifungslänge
α2 Beiwert für die Berücksichtigung des Mattenquerschnitts bei der Ermittlung der
Übergreifungslänge
αa Beiwert zur Berücksichtigung der Ausbildung der Verankerung
αa1 Winkel der Schiefstellung gegen die Sollachse
αc Abminderungsbeiwert für die Druckstrebentragfähigkeit
β Knicklängenbeiwert; Beiwert zur Berücksichtigung einer nicht rotationssymmetri-
schen Querkraftverteilung im Rundschnitt
β02 0,2-%-Dehngrenze (Bezeichnung nach DIN 1045 [10], Ausgabe 1988)
βct Rauhigkeitsbeiwert
βs Zugfestigkeit, alte Bezeichnung
βWm Mittelwert der Verteilung der Probenhäufigkeit
βWN charakteristische Druckfestigkeit eines 20er Würfels nach DIN 1045 [10], Ausga-
be 1988
βz Streckgrenze (Bezeichnung nach DIN 1045 [10], Ausgabe 1988)
χ Beiwert zur Abminderung des Bemessungswertes der Betondruckspannung bei
Anwendung der rechteckförmigen Spannungsverteilung
∆ Differenzbetrag allgemein, z. B. ∆FEd, ∆M usw.
∆c Vorhaltemaß
εc Betondehnung
εc2 Dehnung des Betons beim Übergang von der Parabel zum Rechteck bei Verwen-
dung des Parabel-Rechteck-Diagramms
εc2u rechnerische Bruchdehnung des Betons bei Verwendung des Parabel-Rechteck-
Diagramms
εc3 Dehnung des Betons beim Übergang von der linear ansteigenden zur konstant
verlaufenden Geraden bei Verwendung des bilinearen Diagramms
εc3u rechnerische Bruchdehnung des Betons bei Verwendung des bilinearen Dia-
gramms
εcu rechnerische Bruchdehnung des Betons
εs Stahldehnung
εs0 Stahldehnung zum Zeitpunkt t = 0
εsu Bruchdehnung des Betonstahls für die Bemessung
εuk Bruchdehnung des Betonstahls für die Schnittgrößenermittlung
εyd Bemessungswert der Dehnung des Betonstahls an der Streckgrenze
φ Beiwert, der angibt, inwieweit die Betondruckspannung in Höhe der Druckbeweh-
rung ausgenutzt wird
γ Teilsicherheitsbeiwert allgemein
γc Teilsicherheitsbeiwert für Beton
γc' Erhöhung des Teilsicherheitsbeiwertes für Beton bei hochfestem Beton
γG Teilsicherheitsbeiwert für ständige Lasten
γQ Teilsicherheitsbeiwert für veränderliche Lasten
γP, γPA spezielle Teilsicherheitsbeiwerte von Einwirkungen (Vorspannung)
γl Wichtungsfaktor (siehe DIN 1055-100 und Entwurf DIN 4149)
γs Teilsicherheitsbeiwert für Stahl
γW Wichte von Wasser
20
SCHEERER y PROSKE

η1 Beiwert allgemein; Beiwert zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Dichten


von Normal- und Leichtbeton
ηx, ηy Momentenbeiwerte beim Streifenverfahren (Bemessung von Fundamenten)
ϕ Beiwert zur Berücksichtigung der Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung auf
die Tragfähigkeit von unbewehrten Druckglieder in unverschieblich ausgesteiften
Tragwerken
ϕ(x) Verteilung der Probenhäufigkeit
κ (Abminderungs-) Faktor allgemein
κs Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der Bauteilhöhe auf die Wirksamkeit
der Bewehrung
λ Schlankheitsgrad
λcrit Grenzwert der Schlankheit, ab dem für ein Druckglied Einflüsse nach Theorie II.
Ordnung zu berücksichtigen sind
λmax Grenzwert, ab dem ein Druckglied als schlank gilt
µ0 Querdehnung des Betons
µEd,tot bezogener Bemessungswert des Gesamtmoments bei der Bemessung von Druck-
gliedern
µEds bezogenes Bemessungsmoment um den Schwerpunkt der Stahleinlagen
Θ Neigungswinkel der Druckstreben im Fachwerkmodell
ρ Dichte allgemein; Grundwert für die Ermittlung der Mindestbewehrung
ρl auf den Nutzquerschnitt bezogener Bewehrungsgehalt der Längsbewehrung
ρlx, ρly ρl in x- bzw. y-Richtung
ρw Querkraftbewehrungsgrad
σ Spannung allgemein; Standardabweichung
σ0 Bodenpressung
σI, σII Hauptspannungen
σc Betonspannung allgemein
σc,R verringerte Bruchspannung des Betons am Querschnittsrand bei rechteckförmiger
Spannungsverteilung
σcd Bemessungswert der Betonspannung
σG Bodenpressung infolge Fundamenteigenlast
σq Bodenpressung infolge aller Lasten außer der Fundamenteigenlast
σs Spannung im Bewehrungsstahl allgemein
σs0 Stahlspannung zum Zeitpunkt t = 0
σsR Stahlspannung beim Auftreten des ersten Risses
σx Spannungen in x-Richtung (σy, σz entsprechend)
τ Schubspannung
τ03 Grenzwert in der alten DIN 1045 [10] für den Schubbereich III (τ01, τ02 entspre-
chend)
τRd,ct aufnehmbare Schubspannung für ein Bauteil ohne Querkraftbewehrung
ω1 Beiwert zur Kennzeichnung der Auslastung der Druckzone (Biegebemessung)
ξ Beiwert zur Bestimmung der Druckzonenhöhe x
ψ0, ψ1, ψ2 Kombinationsbeiwerte
ζ Beiwert zur Bestimmung des inneren Hebelarms z

1.4 Abkürzungen, Indizes, Symbole u. a.


c Beton (engl.: concrete)
d Bemessungswert (engl.: design)
Ed Bemessungswert der Einwirkung (engl.: effect)

21
Stahlbeton for Beginners

erf erforderlich
GZG Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
GZT Grenzzustand der Tragfähigkeit
k charakteristisch
max maximal
min minimal
s Stahl (engl.: steel)
R i. d. R. für Verwendung der Rechteckverteilung bei Betondruckspannungen
Rd Bemessungswert des Widerstands (engl.: resistance)
vorh vorhanden
zul zulässig
' Kennzeichen für Abminderung oder Reduktion
∅ Durchmesser

Kapitelnummer in DIN 1045-1 [11] → 7.3.2

Absatznummer in DIN 1045-1 [11] → (xx)

Gleichungsnummer in DIN 1045-1 [11] → Gl. (xx)


Tab. (x)
Tabellennummer in DIN 1045-1 [11] →
B. (xx)
Bildnummer in DIN 1045-1 [11] →

22
SCHEERER y PROSKE

23
Stahlbeton for Beginners

2 Ermittlung von Schnittgrößen

2.1 Allgemeines
Um komplexe Bauwerke aus Stahlbeton berechnen zu können, wird die Konstruktion zweck-
mäßigerweise in möglichst einfache ein- und zweidimensionale Teilsysteme zerlegt. Nach
ihrer Tragwirkung werden dann z. B. Scheiben-, Platten- und Stabtragwerke unterschieden.
Die Schnittgrößen können gemäß den Grundlagen der Statik mit üblichen Verfahren und Ta-
bellenwerken ermittelt werden. Dabei sind aber in vielen Fällen die gegenüber anderen Bau-
stoffen größeren geometrischen Abmessungen von Stäben und Knoten aus Stahlbeton zu
berücksichtigen. Eine weitere Besonderheit stellen die zumeist teilweise oder vollständig bie-
gesteifen Anschlüsse an den Knotenpunkten dar.

Schnittgrößen können grundsätzlich aus


• Lasten, z. B. Eigenlasten, Verkehrslasten, Schnee, Wind und
• Zwang, z. B. behinderte Temperaturverformung, Stützensenkung
entstehen, wobei bei statisch bestimmten Tragwerken keine Schnittgrößen infolge Zwang auf-
treten können. Schnittgrößen aus Zwangsbeanspruchung werden im Rahmen dieses Buches
nur für Ausnahmefälle behandelt. In vielen Fällen wird der Zwang konstruktiv berücksichtigt.
Um ein Bauteil bemessen zu können, müssen verschiedene Lastfälle kombiniert und jeweils
maximale und minimale Schnittgrößen bestimmt werden.

2.2 Auflagertiefen und Stützweiten


Für die Bemessung muß die Geometrie der Ersatz- oder Teilsysteme aus dem Gesamttrag-
werk abgeleitet werden. Die Grundlagen werden im folgenden vorgestellt. Auflagertiefen und
Stützweiten von Platten, Balken und ähnlichen Bauteilen können nach Gleichung (1) und
Tabelle 1 bestimmt werden. Die maßgebende Dimension eines Bauteils ist die effektive Stütz-
weite leff.

leff = ln + a1 + a2 7.3.1
(1)
Gl. (10)
mit: leff effektive Stützweite eines Bauteils (Balken, Platte)
ln lichter Abstand zwischen den Auflagervorderkanten
a1, a2 Abstand zwischen Auflagervorderkante und rechnerischer Aufla-
gerlinie
Empfehlungen für die Bestimmung von ai sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

(1) Platte / Balken frei aufliegend


leff leff,1 leff,2
(z. B. auf Mauerwerk)

a1 = min a/3 a1 = a/2 a2 = a/2


0,025 ln
a ln ln,1 a ln,2

Tabelle 1 Annahmen für den rechnerischen Auflagerpunkt

24
SCHEERER y PROSKE

(2) Platte / Balken bindet in leff leff,1 leff,2


Mauerwerk ein

Die elastische Einspannung


am Endauflager ist konstruk-
tiv zu berücksichtigen! a1 = min a/3
0,025 ln a1 = a/2 a2 = a/2
a ln ln,1 a ln,2
elastische Einspannung
konstruktiv berücksichtigen
(3) Platte / Balken, Stützung
durch Stahlbetonunterzüge, leff leff,1 leff,2
monolithische Verbindung

links: Die Torsionseinspan-


nung durch den Randunterzug
ist konstruktiv zu berücksich-
a1 = a/2
tigen. a1 = a/2 a2 = a/2
a ln ln,1 a ln,2

(4) Stahlbetonbalken in Stahl-


betonscheibe, monolithische leff
Verbindung

starre
Scheibe h

a1 = h/2
ln

Fortsetzung Tabelle 1 Annahmen für den rechnerischen Auflagerpunkt


An dem nun bekannten statischen Ersatzsystem können die Schnittgrößen ermittelt werden,
wobei zuerst bestimmt werden muß, ob es sich um ein statisch bestimmtes oder unbestimmtes
System handelt.

2.3 Wiederholung: statisch bestimmte Tragwerke

Bei statisch bestimmten Tragwerken können alle Schnittgrößen über die drei möglichen
Gleichgewichtsbedingungen bestimmt werden:
Σ Horizontalkräfte = Σ H = 0
Σ Vertikalkräfte = Σ V = 0 (2)
Σ Momente = Σ M = 0

Die Schnittgrößen werden entsprechend Abbildung 1 positiv definiert.


M M
V +
N N
V

Abbildung 1: Schnittgrößendefinition

25
Stahlbeton for Beginners

2.4 Wiederholung: Schnittgrößenfunktionen


Die Schnittgrößenfunktionen für Querkraft und Moment können aus der Belastungsfunktion
abgeleitet werden. Im allgemeinen gilt:
Funktion für die Belastung: p ( x ) (3)
Funktion für die Querkraft: V ( x ) = ∫ p ( x ) dx + V ( x = 0 ) (4)
Funktion für das Moment: M ( x ) = ∫ V ( x ) dx + M ( x = 0 ) (5)
Beispiel für eine konstante Streckenlast:
p ( x ) = −q
V ( x ) = −q ⋅ x + V ( x = 0 )

M ( x ) = −q ⋅ + x ⋅V ( x = 0 ) + M ( x = 0 )
2
Die Größen V(x = 0) und M(x = 0) stehen dabei für die Anfangsschnittgrößen am linken Auf-
lager des betrachteten Bauteiles oder Bauteilabschnittes, da hier i. d. R. der Ursprung für die
x-Achse festgelegt wird (x = 0). Der Sachverhalt ist in Abbildung 2 dargestellt. In diesem Bild
sind außerdem die Zusammenhänge zwischen Belastung und Stabachsenverdrehung (in Stab-
längsrichtung) und vertikaler Durchbiegung (z-Richtung) ergänzt.
q
Belastung:
x l p(x) = -q

ql -ql Querkraft:
2 2 Q(x) = ∫ p(x) dx + Q0

Moment:
2 M(x) = ∫ Q(x) dx + M0
ql
8 Abbildung 2: Beispiel für die
ql³ -ql³ Verdrehung: Ableitung der
24 5 24 EI ∫ M(x) dx + 0 Schnittkraftfunk-
ql 4
384 Durchbiegung: tionen aus der
EIw(x) = ∫ ∫ M(x) dx² + w0 Belastungsfunktion
Die Nullstellen für die Querkraft- und Momentenfunktion können durch Umstellen der Funk-
tionsgleichungen ermittelt werden. Für eine konstante Streckenlast –q ergibt sich somit z. B.:
V ( x = 0)
Querkraft: 0 = V ( x ) = −q ⋅ x + V ( x = 0 ) → xV ,0 =
q

Moment: 0 = M ( x ) = −q ⋅ + x ⋅V ( x = 0 ) + M ( x = 0 )
2
2 ⋅V ( x = 0 ) ⎛ V ( x = 0) ⎞ 2 ⋅ M ( x = 0)
2

→ xM ,0 = ± ⎜ ⎟ +
q ⎝ q ⎠ q

Maxima und Minima einer mathematischen Funktion erhält man, indem man die erste Ablei-
tung der Funktion = 0 setzt. Für die Linienlast ergibt sich somit für die Stelle des maximalen
Moments x(M = max M):
V ( x = 0)
0 = M ( x )′ = − q ⋅ x + V ( x = 0 ) → x ( M = max M ) =
q

26
SCHEERER y PROSKE

2.5 Statisch unbestimmte Tragwerke, Durchlaufkonstruktionen


Viele Stahlbetonbauteile können nur als statisch unbestimmte Systeme modelliert werden.
Der Unterschied zwischen statisch bestimmten und unbestimmten Tragwerken soll am Bei-
spiel eines über mehrere Felder durchlaufenden Balkens veranschaulicht werden. In Abbil-
dung 3 ist prinzipiell dargestellt, wie sich der Balken in Abhängigkeit vom statischen System
verformt. Bei statisch bestimmten Systemen sind die Felder nicht gekoppelt, beeinflussen sich
also nicht gegenseitig. In der Biegelinie stellen sich Knicke an den Auflagern ein, da sich dort
Gelenke befinden. Bei einem einzelnen belasteten Feld entstehen keine Schnittgrößen oder
Verformungen in den anderen Feldern. Im Unterschied dazu sind die Felder bei statisch unbe-
stimmten Balken nicht entkoppelt, die Verformung eines Feldes erzwingt Verformungen und
damit Schnittgrößen in den anderen. Damit reichen die drei Gleichgewichtsbedingungen nach
(2) - Ermittlung der Schnittgrößen bei statisch bestimmten Systemen - nicht mehr aus. Es sind
nun zusätzlich Kontinuitätsbedingungen zu erfüllen, z. B. dürfen also keine Knicke in der
Biegelinie entstehen.

M M
+

- - - - -
M + M

oben: unverformtes System und Belastung


Mitte: Verformung und Momentenlinie des Balkens, wenn dieser statisch bestimmt ist
unten: Verformung und Momentenlinie des Balkens, wenn dieser statisch unbestimmt ist

Abbildung 3: Verformungen statisch bestimmter und unbestimmter Durchlaufträger


Um die Berechnung von Schnittgrößen statisch unbestimmter Systeme zu vereinfachen, ste-
hen eine Vielzahl von Tafelwerken zur Verfügung. Im Rahmen dieses Buches sollen nur
durchlaufende Platten oder Balken diskutiert werden. Die folgenden Tabellen gelten für
durchlaufende Träger mit 2 ... 5 sowie unendlich vielen Feldern. Es gilt:

2
Moment = Tafelwert ⋅ q ⋅ leff bzw. Moment = Tafelwert ⋅ P ⋅ leff (6)

Kraft = Tafelwert ⋅ q ⋅ leff bzw. Kraft = Tafelwert ⋅ P (7)


Anwendungsgrenze: min leff ≥ 0,8 ⋅ max leff (8)

Die angegebenen Feldmomente stehen für die Maximalwerte in den entsprechenden Feldern.
Bei unterschiedlichen Stützweiten sind die Schnittgrößen an den Stützen mit den Mittelwerten
von leff der beiden angrenzenden Felder zu berechnen. Die Belastungen sind wie folgt defi-
niert.
Belastung 1 Belastung 2 Belastung 3 Belastung 4 Belastung 5 Belastung 6
q q q q P P
P

0,2 l 0,3 l
l 0,5 l 0,5 l 0,5 l 0,5 l
0,4 l 0,4 l 0,4 l 0,3 l 0,3 l

Abbildung 4: Definition der Belastungen für die Tafeln für Durchlaufträger

27
Stahlbeton for Beginners

Kraft-
Lastfall
größen Belastung 1 Belastung 2 Belastung 3 Belastung 4 Belastung 5 Belastung 6
M1 0,070 0,048 0,056 0,062 0,156 0,222
- 0,093 - 0,106 - 0,188 - 0,333
Mb - 0,125 - 0,078 0,207 0,244 0,313 0,667
1 2 0,786 0,911 1,375 2,667
A B C A 0,375 0,172
l l B 1,250 - 0,393 - 0,456 - 0,688 - 1,333
Vbl - 0,625 0,656
- 0,328
M1 0,096 0,065 0,076 0,085 0,203 0,278
Mb - 0,063 - 0,039 - 0,047 - 0,053 - 0,094 - 0,167
1 2 A 0,438 0,211
A B C 0,253 0,297 0,406 0,833
- 0,063 - 0,039
C - 0,047 - 0,053 - 0,094 - 0,167
M1 0,080 0,054 0,064 0,071 0,175 0,244
M2 0,025 0,021 0,024 0,025 0,100 0,067
Mb - 0,100 - 0,063 - 0,074 - 0,085 - 0,150 - 0,267
1 2 3 A 0,400 0,188 0,226 0,265 0,350 0,733
A B C D
l l l B 1,100 0,563 0,674 0,785 1,150 2,267
- 0,600 - 0,313 - 0,374 - 0,435 - 0,650 - 1,267
Vbl 0,500 0,250
0,300 0,350 0,500 1,000
Vbr
M1 0,101 0,068 0,080 0,090 0,213 0,289
- 0,050 - 0,032 - 0,037 - 0,043 - 0,075 - 0,133
M2 - 0,050 - 0,032 - 0,037 - 0,043 -0,075 - 0,133
1 2 3
A B C D Mb 0,450 0,219
0,263 0,307 0,425 0,867
A
M2 0,075 0,052 0,061 0,067 0,175 0,200
1 2 3 Mb - 0,050 - 0,032 - 0,037 - 0,043 - 0,075 - 0,133
A B C D
A - 0,050 - 0,032 - 0,037 - 0,043 - 0,075 - 0,133
Mb - 0,117 - 0,073 - 0,087 -0,099 - 0,175 -0,311
Mc - 0,033 - 0,021 - 0,025 - 0,029 - 0,050 - 0,089
1,200 0,626
1 2 3 B - 0,617 - 0,323 0,749 0,871 - 1,300 2,533
A B C D - 0,387 - 0,449 - 0,675 - 1,311
Vbl 0,583 0,303
0,362 0,421 - 0,625 1,222
Vbr
Mb 0,017 0,011 0,013 0,015 0,025 0,044
Mc - 0,067 - 0,042 - 0,050 - 0,057 - 0,100 - 0,178
1 2 3 0,017 0,011
A B C D Vbl - 0,083 - 0,053 0,013 0,015 0,025 0,044
- 0,062 - 0,071 - 0,125 - 0,222
Vbr
M1 0,077 0,052 0,062 0,069 0,170 0,238
M2 0,036 0,028 0,032 0,034 0,116 0,111
- 0,107 - 0,067 - 0,080 - 0,091 - 0,161 - 0,286
Mb - 0,071 - 0,045 - 0,053 - 0,060 - 0,107 - 0,190
Mc 0,393 0,183 0,220 0,259 0,339 0,714
A 1,143 0,590 0,707 0,822 1,214 2,381
1 2 3 4 0,929 0,455 0,546 0,638 0,892 1,810
A B C D E B 0,607 - 0,317 - 0,380 - 0,441 - 0,661 - 1,286
l l l l
0,536 0,273
C - 0,228 0,327 0,381 0,554 1,095
0,464 - 0,273 - 0,319 - 0,446 - 0,905
Vbl
Vbr
Vcl
M1 0,100 0,067 0,079 0,088 0,2 10 0,286
Mb - 0,054 - 0,034 - 0,040 - 0,046 - 0,080 - 0,143
1 2 3 4 - 0,036 - 0,023 - 0,027 - 0,031 - 0,054 - 0,095
A B C D E Mc 0,446 0,217
0,260 0,298 0,420 0,857
A
M2 0,080 0,056 0,065 0,071 0,183 0,222
Mb - 0,054 - 0,034 - 0,040 - 0,046 - 0,080 - 0,143
1 2 3 4 - 0,036 - 0,023 - 0,027 -0,031 - 0,054 - 0,095
A B C D E Mc - 0,054 0,034 - 0,040 - 0,046 - 0,080 - 0,143
A

28
SCHEERER y PROSKE

Mb - 0,121 - 0,076 - 0,090 - 0,102 - 0,181 - 0,321


Mc -0,018 -0,012 -0,013 -0,015 -0,027 -0,048
- 0,058 - 0,036 - 0,043 - 0,049 - 0,087 - 0,155
Md 1,223 0,640
0,767 0,889 1,335 2,595
1 2 3 4 - 0,621 - 0,326
A B C D E B - 0,390 - 0,452 - 0,681 - 1,321
0,603 0,314
Vbl 0,654
0,377 0,437 1,274
Vbr
Mb 0,013 0,009 0,010 0,011 0,020 0,036
Mc 0,054 - 0,033 - 0,040 - 0,045 - 0,080 - 0,143
0,049 - 0,031 - 0,037 - 0,042 - 0,074 - 0,131
Md - 0,080 - 0,050 - 0,060 - 0,067 - 0,121 - 0,214
1 2 3 4 - 0,013 - 0,009 - 0,010
A B C D E B 0,011 0,020 0,036
0,067 0,042
Vbl 0,050 - 0,056 - 0,100 - 0,178

Vbr
Mb - 0,036 - 0,023 - 0,027 - 0,031 - 0,054 - 0,095
Mc - 0,107 - 0,067 - 0,080 - 0,091 - 0,161 - 0,286
1 2 3 4 1,143 0,589
A B C D E C - 0,571 - 0,295 0,706 0,820 - 1,214 2,381
- 0,353 - 0,410 - 0,607 - 1,191
Vcl
Mb - 0,071 - 0,045 - 0,053 - 0,060 - 0,107 - 0,190
Mc 0,036 0,023
-0,214 -0,134 0,027 0,031 - 0,054 0,095
1 2 3 4
A B C D E C -0,160 -0,182 -0,321 -0,571
0,107 0,067
Vcl 0,080 0,091 - 0,161 0,286

29
Stahlbeton for Beginners

M1 0,078 0,053 0,062 0,069 0,171 0,240


0,033 0,026 0,030 0,032 0,112 0,099
M2 0,046 0,034 0,040 0,043 0,132 0,123
M3 0,105 - 0,066 - 0,078 - 0,089 - 0,158 - 0,281
0,079 - 0,050 - 0,059 - 0,067 - 0,118 -0,211
Mb 0,395 0,185 0,222 0,261 0,342 0,719
1,132 0,582 0,697 0,811 1,197 2,351
Mc 0,974 0,484 0,581 0,678 0,960 1,930
A 0,605 - 0,,316 - 0,378 - 0,439 - 0,658 - 1,281
1 2 3 4 5
A B C D E F 0,526 0,266 0,319 0,372 0,540 1,070
l l l l l B 0,474 - 0,234 - 0,281 - 0,328 - 0,460 - 0,930
0,500 0,250 0,300 0,350 0,500 1,000
C
Vbl
Vbr
Vcl
Vcr
M1 0,100 0,068 0,079 0,088 0,211 0,287
M3 0,086 0,059 0,070 0,076 0,191 0,228
Mb 0,053 - 0,033 - 0,040 - 0,045 - 0,079 - 0,140
1 2 3 4 5 0,039 - 0,025 - 0,030 - 0,034 - 0,059 - 0,105
A B C D E F
Mc 0,447 0,217 0,260 0,305
0,421 0,860
A
M2 0,079 0,055 0,064 0,071 0,181 0,205
- 0,025 - 0,030 - 0,034 - 0,059 - 0,105
M3 - 0,033 - 0,040 - 0,045 - 0,079 - 0,140
- 0,053 - 0,025 - 0,030 - 0,034 - 0,059 - 0,105
1 2 3 4 5 Mb 0,039
A B C D E F - 0,033 - 0,040 - 0,045 - 0,079 - 0,140
Mc 0,053

A
Mb - 0,120 - 0,075 - 0,089 - 0,101 - 0,179 - 0,319
- 0,022 - 0,014 - 0,016 - 0,019 - 0,032 - 0,057
Mc - 0,044 - 0,028 - 0,033 - 0,037 - 0,066 - 0,118
Md - 0,051 - 0,032 - 0,038 - 0,043 - 0,077 - 0,137
1,218 0,636 0,761 0,883 1,327 2,581
1 2 3 4 5 Me - 0,620 - 0,325 - 0,389 - 0,451 - 0,679 - 1,319
A B C D E F
0,598 0,373 0,432 0,647 1,262
B 0,311
Vbl
Vbr
Mb 0,014 0,009 0,011 0,012 0,022 0,038
- 0,057 - 0,036 - 0,043 - 0,048 - 0,086 - 0,153
Mc - 0035 - 0,022 - 0,026 - 0,030 - 0,052 - 0,093
Md - 0,054 - 0,034 - 0,040 - 0,046 - 0,081 - 0,144
- 0,086 - 0,054 - 0,065 - 0,072 - 0,129 - 0,230
1 2 3 4 5 Me 0,014 0,009 0,011 0,012 0,022 0,038
A B C D E F
- 0,072 - 0,045 - 0,053 - 0,060 - 0,108 - 0,191
B
Vbl
Vbr
Mb - 0,035 - 0,022 - 0,026 - 0,029 - 0,052 - 0,093
- 0,111 - 0,070 - 0,083 - 0,094 - 0,167 - 0,297
Mc - 0,020 - 0,013 - 0,015 - 0,017 - 0,031 - 0,054
Md - 0,057 - 0,036 - 0,043 - 0,048 - 0,086 - 0,153
1,167 0,605 0,725 0,841 1,251 2,447
1 2 3 4 5 Me - 0,576 - 0,298 - 0,357 - 0,414 - 0,615 - 1,204
A B C D E F
0,591 0,307 0,368 0,427 0,636 1,242
C
Vcl
Vcr
Mb - 0,071 - 0,044 - 0,052 - 0,060 - 0,106 - 0,188
0,032 0,020 0,024 0,027 0,048 0,086
Mc - 0,059 - 0,037 - 0,044 - 0,050 - 0,088 - 0,156
1 2 3 4 5
A B C D E F Md - 0,048 - 0,030 - 0,035 - 0,041 - 0,072 - 0,128
- 0,194 - 0,121 - 0,144 - 0,163 - 0,291 - 0,517
Me 0,103 0,064 0,076 0,086 0,154 0,274

30
SCHEERER y PROSKE

C - 0,091 - 0,057 - 0,068 - 0,077 - 0,136 - 0,242

Vcl
Vcr

Tabelle 2 Schnittgrößen für Durchlaufträger mit zwei bis fünf Feldern

Kraft-
Lastfall
größen Belastung 1 Belastung 2 Belastung 3 Belastung 4 Belastung 5 Belastung 6
MStütze -0,083 -0,052 -0,062 -0,071 -0,125 -0,222
J
k
K
l
L
m
M
n
N MFeld 0,042 0,031 0,036 0,040 0,125 0,111
l l l l l l V 0,500 0,250 0,300 0,350 0,500 1,000
Auflager 1,000 0,500 0,600 0,700 1,000 2,000
MStütze -0,042 -0,026 -0,031 -0,036 -0,063 -0,111
k l m n
J K L M N Mk=Mm 0,083 0,058 0,067 0,075 0,188 0,222
l l l l l l
Auflager 0,500 0,250 0,300 0,350 0,500 1,000
ML -0,114 -0,071 -0,085 -0,096 -0,171 -0,304
k l m n
J K L M N MK=MM -0,022 -0,014 -0,017 -0,019 -0,034 -0,060
l l l l l l
L 1,184 0,615 0,736 0,855 1,274 2,488
k l m n
MK=ML -0,054 -0,033 -0,040 -0,045 -0,079 -0,141
J K L M N Ml 0,071 0,051 0,059 0,065 0,171 0,192
l l l l l l
MJ=MM 0,014 0,009 0,010 0,012 0,021 0,037

Tabelle 3 Schnittgrößen für Durchlaufträger mit unendlich vielen Feldern

31
Stahlbeton for Beginners

2.6 Bemessungsmomente einachsig gespannter, durchlaufender Platten und Balken


2.6.1 Stützenmomente
Durchlaufende Platten und Balken dürfen bei der Schnittgrößenermittlung als frei drehbar ge-
lagert angesehen werden. Konstruktive Eck- und Randeinfassungsbewehrungen sind nicht als
Rahmenbewehrung zu betrachten.
Bei der Ermittlung der Stützenmomente wurde dementsprechend bisher eine gelenkige,
schneidenförmige Lagerung angenommen (siehe Tabelle 2), was allerdings nicht mit der
Wirklichkeit übereinstimmt. Im Bereich der flächigen Auflagerung über die Balken- bzw.
Stützenbreite a wird die Spitze des Stützenmomentes abgerundet. Dadurch sinkt der Maxi-
malwert M auf M'. Hierbei ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob eine monolithische Verbin-
dung mit der Unterstützung besteht oder nicht.
(1) Träger ist durch eine Fuge von der Unterstützung getrennt:
Größtwert MEd – entspricht der Schneidenlagerung - wird auf den Scheitelwert MEd'
abgemindert

a
a
MEd
M Ed ' = M Ed − ∆ M Ed = M Ed − CEd ⋅ (9) 7.3.2
MEd' 8 Gl. (11)

CEd

(2) Träger ist monolithisch mit der Unterstützung verbunden:


maßgebend wird der größere Wert der beiden Momente an den Auflagerrändern
I II

a
a M Ed , I = M Ed − VEd ,li ⋅ ≥ MI (10) (a)
2 7.3.2

MEd a (3)
MI MII M Ed , II = M Ed − VEd ,re ⋅ ≥ M II (10) (b)
2

Die Momente am Auflagerrand dürfen die Mindestwerte MI bzw. MII nach Abschnitt
2.6.2 nicht unterschreiten.
2.6.2 Mindestrandmomente
Weiterhin ist zu beachten, daß das Bemessungsmoment in den Anschnitten vertikaler Aufla-
ger von Durchlaufträgern 65 % des Momentes bei Annahme voller Einspannung am Aufla-
gerrand nicht unterschreiten darf.

32
SCHEERER y PROSKE

Tragwerk: q2 Mittelfelder q3
q1 Endfeld

leff,1 leff,2 leff,3


8.2 (5)
(11)
2 2 2
ln,1 l l
−0,65 ⋅ q1 ⋅ −0,65 ⋅ q2 ⋅ n,2 −0,65 ⋅ q3 ⋅ n,3
Statisches System und Mindest- 8 12 2

Randmomente MI und MII: ln,1 ln,2 ln,3

2.6.3 Mindestfeldmomente
Wenn kein genauerer Nachweis der teilweisen Einspannung geführt wird, sind bei gleichmä-
ßig verteilter Last folgende Mindestwerte der Feldmomente für die Bemessung einzuhalten.
q2 q3
q1
Tragwerk:
leff,1 leff,2 leff,3

Statisches System und Mindest- 2 q2 ⋅


leff ,2
2
2
leff ,1 leff ,3
feldmomente: q1 ⋅
14,2
24 q3 ⋅
24 (12)

2.6.4 Negative Feldmomente


Negative Feldmomente brauchen, wenn trotz biegesteifer Unterstützung freie Verdrehbarkeit
an den Auflagern vorausgesetzt wurde, nur berechnet werden mit:
Platten und Rippendecken: Eigenlast + 0,5 ⋅ veränderliche Last
(13)
Balken: Eigenlast + 0,7 ⋅ veränderliche Last

2.7 Schnittgrößen wasserbautypischer Konstruktionen


Ein spezieller Lastfall ist der Wasserdruck. Bei wasserbautypischen Konstruktionen kann der
Wasserdruck von innen, z. B. Behälter, oder von außen wirken, z. B. Einbauten in Talsperren.
Der Druck wirkt allseitig, die Höhe des Wasserdruckes pW ist abhängig vom Wasserstand hW.
pW = hW ⋅ γ W = hW ⋅10 kN/m³ (14)
mit: pW Wasserdruck
hW Wasserstandshöhe
γW Wichte von Wasser
Bei Behälterwänden entstehen infolge des allseitigen Druckes große Normalkräfte in Kombi-
nation mit Momenten- und Querkraftbeanspruchung. Um die Schnittgrößenermittlung zu er-
leichtern, stehen verschiedene Tafelwerke zur Verfügung.
Rechteckige Behälter:
Grundsätzliche Schnittgrößenverläufe für rechteckige Behälter sind in Abbildung 5 zu sehen.
Es gibt zahlreiche Tafelwerke, die für verschiedene Belastungsfunktionen die Schnittgrößen-
ermittlung erleichtern. Im Horizontalschnitt durch die Wand sind Normal- und Querkräfte
sowie Momente zu berechnen, im Vertikalschnitt Querkräfte und Momente. Das komplexe
System kann in Teilsysteme unterteilt werden. Bei quadratischen Behältern können die
Schnittgrößen in horizontaler Richtung am beidseitig eingespannten Stab berechnet werden,
siehe Gleichung (15) ff. und Abbildung 5. Der Stab ist dreifach statisch unbestimmt. Die
Stützkräfte A und B des Teilsystems bewirken Normalbeanspruchungen N in den angrenzen-
den Wänden.
33
Stahlbeton for Beginners

M V N

pi = f(z) 0 2! 3!

N V M

Abbildung 5: Schnittgrößenverläufe in den Wänden rechteckiger Behälter


q ⋅l q
A= B= (15)
2
q ⋅l2
max M Feld = A
l
B (16)
24
q ⋅l2 M
M Stütze =− (17)
12
Bei quadratischen Behältern mit konstanten Wanddicken verdrehen sich die Ecken des Behäl-
ters nicht, sie verschieben sich nur nach außen. Sind dagegen die Abmessungen der Wände
stark unterschiedlich (Dicke und/oder Länge), kommt es auf Grund der Steifigkeitsunterschie-
de zu Verdrehungen, die Schnittgrößen der kurzen und langen Wände sind nicht mehr gleich.
Die langen Wände werden sich mehr durchbiegen, die Feldmomente werden also dort auch
größer als bei den kurzen Wänden sein. Zur Veranschaulichung dient Abbildung 6.
pa

pi pi

quadratischer Behälter quadratischer Behälter unter rechteckiger Behälter unter


unter Innendruck Außendruck Innendruck

Abbildung 6: Verformung von rechteckigen Behältern unter Wasserdruck


Bei Außendruck, z. B. bei einem Entnahmeturm, ist in gleicher Weise zu verfahren, es ändern
sich lediglich die Vorzeichen der Schnittgrößen.

Behälter mit Kreisquerschnitt:


In horizontaler Richtung entstehen in kreisförmigen Behältern nur Normalkräfte, bei Innen-
druck Zug-, bei Außendruck demzufolge Druckkräfte.
pi ⋅ di
Innendruck: N =Z = (18)
2
pa ⋅ d a
Außendruck: N = D = − (19)
2
mit: di, da Innen- bzw. Außendurchmesser
pi, pa Innen- bzw. Außendruck

34
SCHEERER y PROSKE

pi
pi

Z Z pi

pi Z Z
d

Abbildung 7: Schnittgrößen bei Behältern mit Kreisquerschnitt bei Wasserinnendruck

Werden die Enden des Zylinders als ideal verschieblich (ohne Reibungsbehinderung) gelagert
angesehen, entstehen in vertikaler Richtung keine zusätzlichen Biegemomente. In der Praxis
kommt dieser Fall natürlich nicht vor. In Abhängigkeit von der Lagerung des Kopf- und Fuß-
punktes des Behälters entstehen Biegemomente mit unterschiedlichen Absolutwerten und
Schnittgrößenverläufen. Die Größe der Ringzugkräfte wird ebenfalls durch die Lagerungsbe-
dingungen beeinflußt. Die Berechnung dieser Schnittgrößen übersteigt den Rahmen dieses
Buches. In Abbildung 8 sollen lediglich qualitative Beispiele für mögliche Schnittkraftver-
läufe in der Zylinderwand gegeben werden.
whorizontal NRing Mvertikal whorizontal NRing Mvertikal whorizontal NRing Mvertikal

+ + + + + +
+ +
w
Zylinder mit Fußpunkt frei verschieblich Fußpunkt eingespannt Fußpunkt gelenkig gelagert
Innendruck und verdrehbar

Abbildung 8: Qualitativer Verlauf der Schnittgrößen in der Wand eines zylindrischen Be-
hälters bei Wasserinnendruck

35
Stahlbeton for Beginners

3 Bestandteile des Stahlbetons

3.1 Allgemeines
Stahlbeton ist ein Verbundbaustoff, d. h. die Baustoffe Stahl und Beton wirken als eine Ein-
heit statisch zusammen, wenn das Bauteil Beanspruchungen wie z. B. Biegung ausgesetzt
wird. Die Kombination zweier Materialien funktioniert nicht immer so selbstverständlich wie
bei Stahlbeton. Die Grundlagen für das gute statische und auch wirtschaftliche Zusammen-
wirken sind folgende Materialeigenschaften:
• hohe Druckfestigkeit des Betons
• hohe Zugfestigkeit des Stahls
• Beton ist relativ preiswert, die Menge des relativ teuren Stahls wird optimiert
• gleiche Wärmeausdehnung von Beton und Stahl
• Korrosionsschutz des Stahls durch das alkalische Milieu des umgebenden Betons.
Für die Aufnahme von Zuglasten ist der Beton wegen seiner geringen Zugfestigkeit ungeeig-
net. Unter Beachtung der erforderlichen Sicherheiten kostet die Aufnahme einer Zugkraft
durch Stahl nur etwa ein Achtel dessen, was für ein Betonzugglied aufgewendet werden müß-
te, vom Unterschied in der Leistungsfähigkeit der Materialien ganz zu schweigen. Eine
Zusammenstellung verschiedener Materialien, ihrer Festigkeiten und ihrer Materialkosten ist
in Tabelle 4 zu sehen.
Preis Dichte ρ zul. Spannung Preis Preis
Material
[€/kg] [kg/m³] σ [N/mm²] [€/m³] [€/MN]
Druck 25 3,3
Beton 0,04 2300 82,3
Zug 2,5 32,9
Glas (Einzelfilamente) 7,67 2800 2800 21 474,3 7,7
Stahl (eingebaut) 0,51 8000 500 4 090,3 8,2
Kohlenstoff 25,56 1800 4000 46 016,3 11,5
Spannstahl (eingebaut) 3,07 8000 1400 24 542,0 17,5
Holz 0,41 500 10 204,5 20,5
Brettschichtholz 0,85 600 14 512,3 36,6

Tabelle 4 Vergleich der Kosten verschiedener Baustoffe


Meist treten aber in Bauteilen sowohl Druck- als auch Zugspannungen auf. Die Idee war also,
ein Konstruktionselement zu schaffen, bei dem die Druckkräfte von dem preiswerten Baustoff
Beton, die Zugkräfte aber von Stahl oder anderen zugfesten, aber teureren Baustoffen aufge-
nommen werden. Sind die inneren Schnittgrößen bzw. Spannungen nach Größe, Richtung und
Lage bekannt, kann man die erforderlichen Stahleinlagen richtig bemessen und anordnen. Da-
zu sollen nachfolgend die Grundlagen erarbeitet werden.
Eine Kurzfassung der Entwicklung des Stahlbetonbaus befindet sich in 14.1, ausführlicher
kann sie in [36] oder in [37] nachgelesen werden. Der Baustoff Stahlbeton und seine
einzelnen Bestandteile werden im Lehrbrief von SCHORN [34] ausführlich beschrieben. Nach-
folgend werden nur einige besonders wichtige Zusammenhänge vorgestellt.

3.2 Beton 9.1

Beton ist ein künstliches Gestein, das aus sogenannten Zuschlagstoffen, das sind Sand, Kies
und/oder Splitt, sowie Wasser und Zement besteht. Dabei wirkt der Zement als Bindemittel.
Seine Wirkungsweise im Beton kann man sich mit Hilfe von Abbildung 9 verdeutlichen.
36
SCHEERER y PROSKE

(b)

"A"
Abbildung 9: Druckübertragung durch ein Korngerüst in einem
(a) Rohr
Wird ein Rohr mit einer Mischung aus Kies und Sand gefüllt und gut verdichtet, so kann die-
ses Korngerüst große Kräfte übertragen. Das ist aber nur möglich, wenn horizontale Kräfte,
die im Verhältnis zu den wirkenden vertikalen Kräften klein sind, aufgenommen werden kön-
nen, wie Abbildung 9 (a) verdeutlicht. Diese Aufgabe übernimmt dort das umhüllende zugfes-
te Rohr. Im Beton verklebt das Bindemittel die Zuschlagkörner miteinander und überträgt so-
mit die zwischen den Zuschlagkörnern entstehenden Zugkräfte. Dadurch können horizontale
Zugkräfte bis zu einem bestimmten Maß übertragen werden. Dieses Bindemittel wird im Be-
ton aus Zementstein, einem chemischen Reaktionsprodukt einer Mischung aus Zement und
Wasser, gebildet.
Das Grundprinzip der Herstellung eines künstlichen Steins war bereits den Römern bekannt.
Der so hergestellte Werkstoff wurde als „opus caementitium“ bezeichnet [37]. Er war wie Be-
ton hervorragend zur Übertragung von Druckkräften geeignet. Die Römer setzten ihn meist
nur in Konstruktionsteilen ein, die durch Druckkräfte beansprucht wurden. Auch heute ist der
Beton für druckbeanspruchte Bauteile einer der billigsten Baustoffe. Zu Betonbestandteilen,
zu seiner Herstellung und Prüfung sowie zu besonderen Eigenschaften, unterschiedlichen
Wichten und Festigkeiten siehe u. a. [26]. Im folgenden soll auf die Klassifizierung von
Beton, die Druckfestigkeit, die genormten Spannungs-Dehnungs-Beziehungen sowie auf
Schwinden und Kriechen eingegangen werden.
Beton kann anhand verschiedener Kriterien klassifiziert werden. Eine Möglichkeit ist, Beton
nach seinem Gewicht einzuteilen, wie Tabelle 5 zeigt. Im Rahmen dieses Buches soll nur der
Normalbeton betrachtet werden.
3.1.4 Trockenrohdichte [kg/m³]
bis Normalbeton 2000 ... 2600
3.1.6 Leichtbeton 800 ... 2000
Schwerbeton > 2600

Tabelle 5 Einteilung von Beton nach der Rohdichte


Die wichtigste Form der Unterscheidung ist die Einteilung des Betons in Druckfestigkeits-
klassen. Betone nach DIN 1045-1 werden entsprechend Abbildung 10 bezeichnet.

C 35/45
fck,cube = charakteristische Druckfestigkeit von 15er Würfeln nach 28 d
fck,cyl = fck = charakt. Druckfestigkeit von Zylindern mit ∅ = 15 cm, h = 30 cm nach 28 d
C = "concrete" bei Normal- und Schwerbeton, LC = "lightweight concrete" bei Leichtbeton
Abbildung 10: Bezeichnung der Betonfestigkeitsklassen
Aus Abbildung 10 wird deutlich, daß die Druckfestigkeit von Beton gestaltabhängig ist. Je
kleiner und kompakter die Geometrie eines Prüfkörpers ist, desto höher wird die Festigkeit

37
Stahlbeton for Beginners

ausfallen. Bei Baustoffprüfungen in Deutschland ist der 15er Würfel am gebräuchlichsten, die
Zylinderfestigkeit kommt dagegen der realen einaxialen Festigkeit von Beton am nächsten
und ist der Bezugswert für die Bemessung. In der alten Fassung der DIN 1045 [10] wurden
die Betone anhand der Festigkeit von 20er Würfeln klassifiziert. Ein Beton mit einer Nennfes-
tigkeit von βWN = 35 N/mm² wurde z. B. als B 35 bezeichnet. Nach HARTZ [21] können die
alten Festigkeitsklassen entsprechend Tabelle 6 in die neuen Festigkeitsklassen umgerechnet
werden.
alte Norm DIN 1045 (07/1988) [10] und Richtlinie für hochfesten Beton [28]
βWN [N/mm²] 5 10 15 25 35 45 55 65 75 85 95 105 115
neue Norm DIN 1045-1 (07/2001) [11]
fck [N/mm²] 8 8 12 20 30 35 45 55 60 70 80 90 100
fck,cube [N/mm²] 10 10 15 25 37 45 55 67 75 85 95 105 115

Tabelle 6 Betonfestigkeitsklassen und Umrechnung von der alten in die neue Norm, [21]
Außer der Geometrie beeinflussen auch die Lagerungsbedingungen während der Aushärtung
des Betons dessen mechanische Eigenschaften. In Deutschland werden die Prüfkörper bis
zum siebenten Tag unter Wasser und danach in einer Klimakammer in relativer Trockenheit
mit definierten Umgebungsbedingungen bis zum 28. Tag aufbewahrt. In anderen europäi-
schen Ländern werden die Prüfkörper bis zum 28. Tag unter Wasser gelagert, was zwangs-
läufig auch zu anderen Festigkeiten führt. Die verschiedenen Werte können mittels Umrech-
nungsfaktoren, die auf Grund von umfangreichen Versuchen empirisch gefunden wurden,
ineinander umgerechnet werden, siehe z. B. [8] oder [32].
Der Bemessungswert der Druckfestigkeit fcd für die Nachweise im Grenzzustand der Tragfä-
higkeit kann mit Hilfe des Teilsicherheitsbeiwertes für Beton und einem Faktor α berechnet
werden, der den Einfluß der Dauerlast, der in jedem Bauwerk zum Tragen kommt, berück-
sichtigt (näheres zum Sicherheitskonzept siehe Kapitel 4).
f ck 9.1.6
f cd = α ⋅ (20)
γc (2)
Gl. (67)
mit: α Abminderungsbeiwert zur Berücksichtigung von Langzeitwirkun-
gen auf die Druckfestigkeit von Beton, i. a. gilt: α = 0,85
γc Teilsicherheitsbeiwert für Beton, siehe auch Kapitel 4.5.2
γc = 1,5 ständige oder vorübergehende Bemessungssituation 5.3.3

γ c = 1,3 außergewöhnliche Bemessungssituation Tab. 2


1
ab C 55/67 ist γc mit γc' zu multiplizieren: γ c ' = ≥ 1, 0 5.3.3
f ck (21)
1,1 −
500 Gl. 3

Für die Bemessung ist die Kenntnis von den Spannungs-Verformungs-Beziehungen der Bau-
stoffe elementar. Die Ansichten über die Spannungsverteilung im Beton gehen sehr weit aus-
einander und reichen von der dreieckförmigen bis zur rechteckigen Gestalt. An dieser Stelle
soll auf Abschnitt 5.3.3 verwiesen werden, wo verschiedene Varianten der Druckspannungs-
verteilung für Beton vorgestellt werden. Bei älteren Bemessungsverfahren, z. B. beim n-Ver-
fahren, wurde der Zusammenhang zwischen Festigkeit und Verformung für Beton wie für
einen linear-elastischen Baustoff durch das Balkentheorem von BERNOULLI - Ebenbleiben der
Querschnitte unter Heranziehung des HOOK'schen Gesetzes - angenommen zu
σ c = Ec ⋅ ε c . (22)

38
SCHEERER y PROSKE

Der Elastizitätsmodul Ec sollte als Kennwert bzgl. der Verformungseigenschaften des Betons
gelten, ist dazu aber wegen des nichtlinearen Formänderungsverhaltens des Betons ungeeig-
net. Das wird nicht zuletzt durch die zahlreichen Bestimmungsverfahren für den Elastizitäts-
modul des Betons deutlich, der für Biege-, Druck- und Zugbeanspruchung unterschiedlich
ausfällt und als Sehnen- oder Tangentenmodul dargestellt werden kann.

Zahlreiche Versuche, von denen die Wichtigsten im Rahmen von Forschungsvorhaben des
Deutschen Ausschusses für Stahlbeton DAfStb durchgeführt und in der Schriftenreihe des
Deutschen Ausschusses für Stahlbeton in den Heften 120 bis 207 beschrieben worden sind
(als Beispiel sollen [30], [33] und [35] genannt werden), beschäftigten sich mit der Erfor-
schung des Verformungsverhaltens von Beton. Dabei wurde festgestellt, daß dieses von
zahlreichen Randbedingungen beeinflußt wird. Die wichtigsten sind:

• der Belastungsgrad σc/fck


• die Belastungsgeschwindigkeit
• die Art der Beanspruchung - Druck, Biegung oder Zug
• die Dauer der Belastung.

Im Ergebnis ist festzustellen, daß es keine allgemein gültige Spannungs-Verformungs-Bezie-


hung für die Betondruckzone gibt. Als Grundlage für ein Bemessungsverfahren muß daher je-
weils eine begründete Annahme getroffen werden. Die direkte Anwendung der vorgenannten
Forschungsergebnisse ist für ein praktisches Bemessungsverfahren zu aufwendig, selbst wenn
die jetzt noch offenen Fragen einmal gelöst sein werden. Bei einem Bemessungsverfahren
kann es sich daher nur um ein Näherungsverfahren handeln. Das trifft auch für das Traglast-
verfahren in der alten und neuen DIN 1045 [10], [11] zu, das auf Grundlage von Verfor-
mungstheorien entwickelt wurde und den in der CEB-FIP-Richtlinie [6] festgelegten inter-
nationalen Kenntnis- und Erfahrungsstand berücksichtigt.

In der DIN 1045-1 sind folgende drei σ-ε-Linien für Beton für die Querschnittsbemessung ge-
normt. Die Grenzwerte für die Verformungen sind abhängig von der Betonfestigkeitsklasse.
Grundsätzlich kann gesagt werden, daß mit steigender Festigkeit die Homogenität des Betons
und damit seine Sprödigkeit zunehmen, was eine Abnahme der Verformungen zur Folge hat.
Weiterhin soll erwähnt werden, daß Beton kriecht, d. h. sich unter Dauerlasten zeitabhängig
plastisch verformt.

9.1.6 Parabel-Rechteck-Diagramm Bilineares Diagramm Rechteckblock


= f ( c) = fcd x
c c
k x
fcd

⎡ ⎛ εc ⎞ ⎤
n
fck ≤ 50 N/mm²:
σ c = f cd ⋅ ⎢1 − ⎜ 1 − ⎟ ⎥ χ ≈ 0, 95 und k = 0,80
⎢⎣ ⎝ εc2 ⎠ ⎥

fck > 50 N/mm²:
f f
χ = 1, 05 − ck und k = 1 − ck
Abbildung 11: σ-ε-Linien für Beton nach [11] 500 250

39
Stahlbeton for Beginners

Die allgemein gültigen Kennwerte εci sind DIN 1045-1, Tabelle 9 – Normalbeton – bzw. Ta-
belle 10 – Leichtbeton – zu entnehmen; für Normalbeton siehe Tabelle 7.
Zeile Spalte ... 2 3 4 5 6 7 8 9 ... 15 16 9.1.7
Kenn- Tab. 9
Festigkeitsklassen
größe
1 fck ... 16 20 25 3 35 40 45 50 ... 100 [N/mm²]
2 fck,cube ... 20 25 30 37 45 50 55 60 ... 115 [N/mm²]
3 fcm ... 24 28 33 38 43 48 53 58 ... 108 [N/mm²]
4 fctm ... 1,9 2,2 2,6 2,9 3,2 3,5 3,8 4,1 ... 5,2 [N/mm²]
5 fctk;0,05 ... 1,3 1,5 1,8 2 2,2 2,5 2,7 2,9 ... 3,7 [N/mm²]
6 fctk;0,95 ... 2,5 2,9 3,3 3,8 4,2 4,6 4,9 5,3 ... 6,8 [N/mm²]
7 Ecm ... 27,4 28,8 30,5 31,9 33,3 34,5 35,7 36,8 ... 45,2 [kN/mm²]
... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...
10 n 2 ... 1,55 [-]
11 εc2 -2 ... -2,2 [‰]
12 εc2u -3,5 ... -2,2 [‰]
13 εc3 -1,35 -1,7 [‰]
14 εc3u -3,5 -2,2 [‰]

Tabelle 7 Materialkennwerte von Normalbeton, Auszug aus DIN 1045-1 [10]


In den Zeilen 4 ... 6 in Tabelle 7 sind die mittlere zentrische Zugfestigkeit und zwei
Quantilwerte der Zugfestigkeit angegeben. Letztere werden in Kapitel 4 näher erläutert. Wie
leicht zu erkennen ist, ist der Unterschied zwischen Druck- und Zugfestigkeit beachtlich.
Deshalb und wegen der erheblichen Streuungen, die bei Zugversuchen auftreten, wird bei der
Bemessung die Zugfestigkeit von Beton in der Regel nicht angesetzt. Bei der Verankerung
der Bewehrung und bei der Problematik der Rißbildung kann man die Zugfestigkeit aber nicht
vernachlässigen.
Die zentrische Zugfestigkeit fct stellt annähernd den Wert der tatsächlichen Zugfestigkeit des
Betons dar. Die zuverlässige Bestimmung dieses Kennwertes in Versuchen ist aber schwierig,
da schon eine geringe Exzentrizität in der Lasteinleitung zu stark abweichenden Ergebnissen
führt. Die Zugfestigkeit ist u. a. abhängig von der Art der Zuschläge und der Betonzusammen-
setzung, vom Betonalter, von den Erhärtungsbedingungen (Problematik Schwindrisse, siehe
unten und Abschnitt 10.3.1), von der Prüfkörpergröße und –geometrie und den Umgebungs-
bedingungen wie Temperatur und Feuchte.
Außer der zentrischen Zugfestigkeit sind noch die Spaltzugfestigkeit und die Biegezugfestig-
keit zu erwähnen. Die Spaltzugfestigkeit fct,sp ist eine Größe, die direkt bei der Bemessung
nicht benötigt wird, sie kann aber versuchstechnisch relativ einfach ermittelt werden. Sie ist
nur geringfügig größer als die zentrische Zugfestigkeit.
Die Biegezugfestigkeit fct,fl ist die maximal aufnehmbare Zugspannung am Zugrand eines
Biegebalkens. Sie ist größer als die Spaltzugfestigkeit und die zentrische Zugfestigkeit. Be-
sonderen Einfluß auf das Versuchsergebnis hat die Höhe des Biegebalkens h. Je höher der
Balken ist, desto niedriger ist die Biegezugfestigkeit. Bei der Ermittlung der Biegezug-
festigkeit unterscheidet man zwischen Dreipunkt- und Vierpunktversuch. Bei der zuerst ge-
nannten Versuchsanordnung ergeben sich um 10 ... 30 % höhere Werte, [24] und [26].
In Abbildung 12 sind mögliche Versuchsanordnungen zur Ermittlung der verschiedenen Zug-
festigkeiten zu sehen.

40
SCHEERER y PROSKE

Fu /2 Fu /2
= Fu

9
Z Z

15

15
30

15
60 l/3 l/3 l/3
60

zentrische Zugfestigkeit Spaltzugfestigkeit Biegezugfestigkeit (4-Punkt-Biegeversuch)


Abbildung 12: Versuchsanordnungen zur Ermittlung von Zugfestigkeiten
Die bekannten mathematischen Beziehungen zwischen den verschiedenen Zugfestigkeiten
sind i. d. R. auf empirischem Wege gefunden und können sehr unterschiedlich sein. An dieser
Stelle soll sich auf REINHARDT und HILSDORF [26] bezogen werden.
2 ⋅ Fu
Spaltzugfestigkeit fct,sp aus Versuchswerten: f ct , sp = (23)
π ⋅ d ⋅l
9.1.2 Zugfestigkeit fctm aus fct,sp berechnet: f ctm = 0,9 ⋅ f ct , sp (24)
(59)
0,7
⎛ hb ⎞
1,5 ⋅ ⎜ ⎟
Zugfestigkeit fctm aus fct,fl berechnet: f ctm = f ct , fl ⋅ ⎝ 100 mm ⎠
0,7 (25)
⎛ hb ⎞
1 + 1,5 ⋅ ⎜ ⎟
⎝ 100 mm ⎠
Eine Besonderheit des Betons sind die zeitabhängigen Verformungen. Hauptsächlich sind hier
Schwinden und Kriechen zu nennen.
Unter Schwinden versteht man die bedingt zeitabhängige und lastunabhängige Verkürzung
von Beton. Es findet zum größten Teil in den ersten drei bis vier Jahren nach der Herstellung
statt. Schwinden beruht auf Änderungen im Feuchtigkeitshaushalt des Zementgels, da mit der
Zeit das chemisch nicht gebundene Wasser verdunstet und damit der Zementstein schrumpft.
Schwinden ist teilweise reversibel. Es ist vor allem von folgenden Faktoren abhängig:
• Wasser- und Zementgehalt des Betons
• Feuchte und Temperatur der umgebenden Luft
• Bauteilabmessungen.
Das Gegenteil von Schwinden ist Quellen. Quellen kann bei hoher Umgebungsfeuchte oder
Wasserlagerung auftreten.
Unter Kriechen versteht man die zeit- und lastabhängige Zunahme von Verformungen, der
Beton entzieht sich quasi einer aufgezwungenen Dauerbelastung. Beim Kriechen wird che-
misch nicht gebundene Wasser aus den Mikroporen des Zementgels in die Kapillarporen ge-
preßt, wo es verdunsten kann. Das Kriechen wird mit zunehmendem Betonalter schwächer,
nach [24] kommt es aber erst nach sehr langer Zeit, zum Beispiel nach bis zu 20 Jahren bei
Bauten im Freien, zum Stillstand. Kriechen ist vor allem von folgenden Faktoren abhängig:
• Umgebungsfeuchte
• Betonzusammensetzung
• Bauteilabmessungen
• Erhärtungsgrad des Betons zu Beginn der Belastung
• Dauer und Größe der Last.
Auch Kriechverformungen sind teilweise reversibel. Kriechen kann bei jeder Beanspru-
chungsart auftreten, am häufigsten ist es bei Druckbelastung, z. B. bei vorgespannten Bautei-

41
Stahlbeton for Beginners

len und Stützen, zu beobachten und bei der Bemessung zu berücksichtigen. Nimmt eine auf-
gebrachte Spannung bei gleichbleibender Länge des Bauteils ab, spricht man von Relaxation.

3.3 Stahl 9.2

Da der Beton keine zuverlässig nutzbare Zugfestigkeit aufweist, ist zur Aufnahme von Zug-
kräften ein anderes Material erforderlich, Stahl hat sich als besonders geeignet erwiesen. Bei
den Betonstählen handelt es sich um Produkte, die gezielt für die Verwendung im Stahlbeton
hergestellt werden. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Optimierung hinsichtlich
der notwendigen Gebrauchseigenschaften erfahren haben, z. B. bzgl.
• Festigkeit
• Oberflächengestaltung zur Optimierung des Verbundes
• Verformbarkeit (große Bruchdehnung, Duktilität)
• Schweißeignung.
Als Betonstahl ist heute grundsätzlich nur noch gerippter Stahl zugelassen, der schweißgeeig-
net sein muß. In der Regel wird zwischen Stabstahl und Betonstahlmatten unterschieden. Die
wichtigsten Kennwerte für Betonstahl sind in Tabelle 8 zusammengestellt. Die Streckgrenze
fyk ist mit 500 N/mm², der E-Modul Es mit 200.000 N/mm² festgelegt.

Benennung BSt 500 S(A) BSt 500 M(A) BSt 500 S(B) BSt 500 M(B)
9.2.2
Erzeugnisform Betonstahl Betonstahlmatten Betonstahl Betonstahlmatten
Tab. 11
Duktilität normal hoch
fyk [N/mm²] 500
(ft/fyk) ≥ 1,05 ≥ 1,08
εuk [‰] 25 50

Tabelle 8 Kenngrößen für Betonstahl, Auszug aus DIN 1045-1 [11]


Der Grenzwert für die maximal zugelassene Stahldehnung ergibt sich aus der Forderung, die
Rißbreiten und die Durchbiegung zu beschränken. Im Zuge der neuen DIN 1045-1 wurde der
bisherige Maximalwert von 5 ‰ auf εsu = 25 ‰ für die Querschnittsbemessung angehoben
und damit an die europäische Normung angepaßt. Die σ-ε-Linie für die Querschnittsbemes-
sung zeigt Abbildung 13.

idealisierter Verlauf
Verlauf für die Bemessung
vereinfachte Annahme

9.2.4

arctan Es Abbildung 13: σ-ε-Linien für Betonstahl,


2,17 = 25 ‰
Querschnittsbemessung (fyd
2,5 mit γs = 1,15 berechnet)
Abbildung 14 zeigt beispielhaft die σ-ε-Linien zweier verschiedener Stahlsorten, die in Ver-
suchen ermittelt wurden. Es wird deutlich, daß die realen Werte von Bruchlast und Bruch-
verformung von Stahl viel größer sind, als sie laut DIN 1045-1 zugelassen werden. Allerdings
geht die Verfestigung nach Überschreiten der Streckgrenze mit sehr großen Verformungen
einher, was die Gebrauchstauglichkeit eines Stahlbetonbauteils erheblich beeinflussen würde.

42
SCHEERER y PROSKE

Torstahl 60, kaltverformt


= 738 N/mm²
= 02 = 600 N/mm²
= 11,8 %
[N/mm²]

600
Meßwerte
500 BSt III, naturhart
400 = 664 N/mm²
300 = 420 N/mm²
Bruchdehnung nach DIN 1045-1 = 24,1 %
200
= 25 ‰
100

0 [‰]
20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240

Abbildung 14: σ-ε-Linien für Betonstahl, Meßwerte zweier verschiedener Stahlsorten

3.4 Zusammenwirken von Stahl und Beton


Für das Zusammenwirken von Stahl und Beton ist Voraussetzung, daß beide Baustoffe unter
äußerer Beanspruchung möglichst gleiche Verformungen erleiden. Das tritt nur ein, wenn
zwischen beiden Baustoffen Kräfte übertragen werden können, siehe Abbildung 15. Diese
Kräfte müssen an der Oberfläche des Stahls wirken, die in direkter Verbindung mit dem Be-
ton steht.
Detail A:
ls = s ⋅ l
li = i ⋅ l

⋅lc
lc =
Stablänge l

Detail A

(c) Verbundwirkung am profilier-


ten Stab: Über Profilierung oder
(a) belasteter Stahlbetonstab (b) Verformung von Stahl und Beton, Haftung zusätzlich in den Stahl
bei Verbund: ∆li = ∆lc = ∆ls eingetragene Druckkräfte erzwin-
gen die gleiche Verformung wie
kein Verbund: ∆lc > ∆ls im umgebenden Beton.

Abbildung 15: Beispiel zur Erläuterung der Verbundwirkung zwischen Stahl und Beton
Unter Abbildung 15 (a) ist ein nicht knickgefährdeter Stahlbetonstab dargestellt, der auf
Druck beansprucht wird. Entsprechend Gleichung (26)
σ = E ⋅ε (26)
ist mit der Beanspruchung σ eine Verformung ε verbunden, die bei Druck zu einer Stauchung,
also Verkürzung, des Stabes führt. Wegen der unterschiedlichen E-Module von Stahl und Be-
ton ergäben sich die unter (b) dargestellten unterschiedlichen Verformungen D∆lc > ∆ls, wenn
sich beide Baustoffe unabhängig voneinander verformen könnten, denn jeder würde nur den
Lastanteil aufnehmen, der direkt auf seine Querschnittsfläche entfällt und sich entsprechend
seiner spezifischen Materialeigenschaften verformen. Bei einem Bewehrungsanteil As von
z. B. 1 % · Ac entfiele dann auch nur 1 % der Last auf den Bewehrungsstahl, der dann aber die
43
Stahlbeton for Beginners

gleiche Spannung aufweisen würde wie der umgebende Beton. Das führt aber nach Gleichung
(26) zu den schon in Abbildung 15 (b) dargestellten unterschiedlichen Verformungen im
Kurzzeitversuch. Bei einem Beton der Festigkeitsklasse C 30/37 würden sich also die Verfor-
mungen zwischen Beton und Stahlstab um den Faktor 6,3 unterscheiden (Gleichung (27)).
Schwinden und Kriechen des Betons würden die Verformungsdifferenzen noch vergrößern.
Es 200 000
εc = εs ⋅ = εs ⋅ ≈ 6,3 ⋅ ε s (27)
Ec 31900
Der Verbund, dessen Wirkungsweise für den Rippenstahl unter Abbildung 15 (c) veranschau-
licht wird, verhindert nun solche Verformungsdifferenzen und erzwingt die gleiche Verfor-
mung beider Baustoffe in Querschnittsfasern, die den gleichen Abstand von der Dehnungs-
nullinie haben. Das wird zuerst erreicht durch den Haftverbund in der Berührungsfläche
zwischen Beton und Stahl. Nach dessen Versagen wirkt der Reibungswiderstand, bei
profilierten Stählen (Rippenstählen) auch der Scherwiderstand der Betonkonsolen zwischen
den Rippen der Bewehrungsstähle. Die sich dabei einstellende Verformung εi erhält man aus
folgender Beziehung:
εc
εi = (28)
1 + n ⋅ ρl
Es
mit: n Verhältnis der E-Module beider Baustoffe, n = (29)
Ec
As
ρl geometrischer Bewehrungsgrad, ρl = (30)
Ac
In Zugstäben und in Zugbereichen von Biegeträgern kommt es bei Überschreitung der Beton-
zugfestigkeit zur Rißbildung. Im Riß selber muß der Bewehrungsstahl die ganze Zugkraft
allein übertragen, zwischen den Rissen wird durch den Verbund der Beton zur Mitwirkung
gezwungen, bis er wieder seine Zugfestigkeit erreicht und erneut reißt. In diesem Zusammen-
hang wird von Erstrißbildung und von abgeschlossener Rißbildung gesprochen. Einzelheiten
dazu können SCHIESSL [31] und Abschnitt 10.3 entnommen werden.
In DIN 1045-1 sind in Bild 30 alle für die Bemessung zulässigen Dehnungsverteilungen im
Grenzzustand der Tragfähigkeit geregelt, siehe Abbildung 16. Dargestellt sind links der Linie
0 – 0 die Dehnungen des Betonstahls As1 (untere Bewehrungslage) und As2 (oben liegend) und
rechts der Linie 0 – 0 die Betonstauchungen am oberen und unteren Rand des Querschnitts.
s = c =0‰
max s2 = max s1 = 25 ‰
2

As2 2 b c C
h d
10.2

As1 a d e B. (30)
1

3‰ (*) 2,175 ‰ -2 ‰
0
Abbildung 16: Mögliche Dehnungsverteilungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit für
Stahlbetonbauteile nach DIN 1045-1 [11]
Im folgenden soll erläutert werden, welche verschiedenen Belastungskombination durch die
einzelnen Bereiche gekennzeichnet werden, siehe auch [24].

44
SCHEERER y PROSKE

• Bereich zwischen a und b


Im Querschnitt treten nur Zugdehnungen mit max. εs = 25 ‰ auf. Z Z
Es handelt sich um Zugstäbe unter zentrischer Zugbeanspruchung
oder unter Längszug mit geringem außermittigen Lastangriff. Als
Bauteilwiderstand wirkt nur der Bewehrungsstahl, dessen Versagen gleichzeitig die
Bruchursache ist.
p
• Bereich zwischen b und c
Eine solche Dehnungsverteilung tritt bei reiner Biegung oder bei
Biegung mit Längskraft mit großer oder mittlerer Ausmitte auf. Bei
der Längskraft kann es sich sowohl um Druck als auch um Zug handeln. Am oberen
Querschnittsrand variiert die Betonstauchung zwischen 0 und εc2u, der Stahl ist mit ei-
ner Dehnung von εs1 = εuk = 25 ‰ maximal ausgelastet. Bruchursache ist das Versa-
gen des Bewehrungsstahls.
• Bereich zwischen c und d
Es handelt sich wie zuvor um reine Biegung oder Biegung mit
p
Längskraft mit großer oder mittlerer Ausmitte. Am oberen Quer-
schnittsrand ist der Beton mit der maximal zulässigen Stauchung
εc2u gedrückt – bei normalfestem Beton 3,5 ‰, sonst geringer –, die
Stahlspannung εs1 variiert im linken Teil von + 25 ‰ ... 3 ‰. Das heißt, es ist "zuviel"
Stahl eingelegt, welcher nicht voll ausgenutzt wird. Versagen wird hier der Beton,
nachdem der Stahl über die Streckgrenze hinaus gedehnt wurde. Der Bereich ab 3 ‰
und kleiner steht für Biegung mit Längsdruckkraft mit mittlerer und kleiner Ausmitte.
Die Bewehrung ist nicht ausgenutzt, der Beton ist jedoch immer noch maximal
gestaucht. Der Bruch wird infolge Betonversagens eintreten, bevor der Bewehrungs-
stahl seine Streckgrenze erreichen konnte. Die Linie (*) kennzeichnet die Kombina-
tion volle Auslastung des Betons und Auslastung des Stahl lediglich bis zur Streck-
grenze (εs = 2,175 ‰).
• Bereich zwischen d und e
Der Querschnitt weist nur Druckspannungen auf. Es handelt sich um Be- D
anspruchungskombinationen von Längsdruckkraft mit kleiner Ausmitte bis
zu zentrischer Druckbeanspruchung. Dabei muß mit kleiner werdender
Ausmitte, also mit zunehmender Stauchung am oberen Rand die zulässige
Verformung am oberen Rand vermindert werden. Die zulässigen Span- D
nungs-Dehnungs-Linien drehen sich um den Punkt C. Unter zentrischem
Druck beträgt die maximal zulässige Stauchung εc2, also bei normalfestem Beton
2,0 ‰. Bruchursache ist das Versagen des Betons.
Anmerkung: Bei geringen Ausmitten bis ed/h ≤ 0,1 darf bei Normalbeton der Grenz-
wert von 2,0 auf 2,2 ‰ angehoben werden.

3.5 Andere Bewehrungsmaterialien


Als Bewehrung sind grundsätzlich alle zugfesten Baustoffe geeignet, die mit dem Beton einen
Verbund eingehen können, mit diesem chemisch verträglich sind und annähernd die gleiche
Wärmeausdehnung haben. Besonders aus wirtschaftlichen Gründen ist jedoch Stahl das heute
vorwiegend eingesetzte Material für diesen Zweck. In Ländern mit entsprechenden Vorkom-
men wurde schon Bambus als Bewehrung eingesetzt, verstärkt wird auch daran gearbeitet,
Holz als Bewehrung zu verwenden. Die Anfälligkeit gegen Schädlinge und die Liefermög-
lichkeiten setzen hierbei aber noch enge Grenzen.

45
Stahlbeton for Beginners

Bedeutender erscheint da der Einsatz von Glas- und Kohlefasern. Während Kurzfasern schon
verhältnismäßig verbreitet sind, auch Kurzfasern aus Stahl, steht der Einsatz textiler Struktu-
ren erst am Anfang der Entwicklung, siehe u. a. CURBACH [7]. Mit textilen Strukturen lassen
sich gegenüber dem Einsatz von Kurzfasern erhebliche Materialeinsparungen erzielen, weil
textile Bewehrungen in ihrer Lage der Zugrichtung angepaßt werden können, während Kurz-
fasern meist ungerichtet im Beton liegen. Wenn textile Strukturen preiswert angeboten wer-
den können und die technologischen Probleme, die mit dem Einbau solcher Bewehrungen
noch verbunden sind, erfolgreich bewältigt werden können, ist mit einem verstärkten Einsatz
dieser Bewehrungselemente zu rechnen. Ein vollständiger Ersatz der Stahlbewehrung durch
textile Bewehrung ist jedoch nicht zu erwarten, vielmehr können neue Anwendungsmög-
lichkeiten für bewehrten Beton erschlossen werden, z. B. bei extrem dünnwandigen Bauteilen,
die bisher wegen der Mindestdicken zur Gewährleistung des Korrosionsschutzes nicht denk-
bar waren.
Eine weitere Alternative zu den herkömmlichen Verbundbaustoffen ist durch die Verwendung
von Glasfaserkabeln gegeben, die vor allem als Spannglieder eingesetzt werden können. Aber
auch auf diesem Gebiet muß noch viel getan werden, um einen allgemeinen und wirtschaft-
lichen Einsatz zu ermöglichen.
Bzgl. der Materialeigenschaften sind Kohlefasern noch besser geeignet als Glasfasern, aber
deren derzeitiger Preis läßt einen wirtschaftlichen Einsatz auf breiter Basis noch nicht zu.

3.6 Anforderungen an die Dauerhaftigkeit

3.6.1 Expositionsklassen 6.2

Bei der Bemessung eines Tragwerkes werden grundsätzlich Nachweise in den Grenzzustän-
den der Tragfähigkeit und der Gebrauchsfähigkeit geführt. Gleichzeitig ist aber auch auf eine
ausreichende Dauerhaftigkeit der Konstruktion zu achten, d. h. das Bauteil bzw. das Bauwerk
muß innerhalb des vorgesehenen Nutzungszeitraumes die Anforderungen an die Tragfähigkeit
und die geplante Nutzung erfüllen. Beispiele für dem Entwurf zugrunde liegende Lebensdau-
ern von Tragwerken sind in Tabelle 9 zusammengestellt.
Entwurfs-
Beispiele
Lebensdauer in [a]
1 ... 10 Tragwerke mit befristeter Standzeit
10 ... 25 Austauschbare Teile wie Kranbahnträger und Lager
15 ... 30 Landwirtschaftlich genutzte Tragwerke
50 Hochbauten und andere gebräuchliche Tragwerke
100 monumentale Hochbauten, Brücken und andere Ingenieurbauwerke

Tabelle 9 Entwurfs-Lebensdauern nach [15]


Die Nachweise zur Sicherung der Gebrauchstauglichkeit und der Dauerhaftigkeit können oft
nicht voneinander getrennt werden, z. B. dient die Beschränkung der Rißbreite sowohl der
Sicherstellung einer ansprechenden Optik als auch der Gewährleistung eines ausreichenden
Korrosionsschutzes. Einschränkungen bzgl. der Nutzungseigenschaften können nicht grund-
sätzlich vermieden werden, der Instandhaltungsaufwand sollte sich aber in angemessenen
Grenzen bewegen.
Die Umgebungsbedingungen werden in der in DIN 1045-1 aufgrund von chemischen und
physikalischen Einwirkungen differenziert. Einflüsse auf die Dauerhaftigkeit können z. B.
Zwangsbeanspruchungen aus behinderter Verformung oder auch das Einwirken aggressiver

46
SCHEERER y PROSKE

Medien wie Tausalz oder Salzwasser oder das Vorhandensein einer ständigen hohen Luft-
feuchtigkeit sein.
Jedes Bauteil ist entsprechend der Umgebungsbedingungen, die direkt einwirken, in Exposi-
tionsklassen einzuordnen. In Abhängigkeit davon wird eine Mindestbetonfestigkeitsklasse
festgelegt, die nicht unterschritten werden darf. Für ein Bauteil können natürlich auch mehre-
re Expositionsklassen zutreffen. Maßgebend wird dann immer die höchste Mindestbetonfes-
tigkeitsklasse. Die Expositionsklassen sind im Anhang, Kapitel 14.3 tabelliert.
Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit müssen auch noch weitere Anforderungen, z. B. an die
Betonzusammensetzung, erfüllt werden, nähere Angaben können DIN EN 206 [14] und
DIN 1045-2 [12] entnommen werden.

6.3 3.6.2 Betondeckung


Die wichtigsten Aufgaben der Betondeckung sind der Schutz der Bewehrung vor Korrosion
und die Sicherstellung eines guten Verbundes zwischen Stahleinlagen und Beton. DIN 1045-1
schreibt Mindestwerte cmin für die Betondeckung in Abhängigkeit von der Expositionsklasse
vor, die nicht unterschritten werden dürfen, siehe Tabelle 10.
6.3 Anforderungen an die Karbonatisierungsinduzierte Chloridinduzierte Chloridinduzierte Korro-
Betondeckung [mm] Korrosion Korrosion sion aus Meerwasser
Tab. 4
XC 1 XC 2 XC 3 XC 4 XD 1 XD 2 XD 3 XS 1 XS 2 XS 3
Betonstahl allgemein cmin ≥ ds bzw. dsV
1) 2)
cmin 10 20 25 40
∆c (Vorhaltemaß) 10 15
1)
Zusätzlich für Leichtbeton: cmin ≥ dg + 5 mm (außer XC 1)
2)
Bei Verschleißangriff: XM 1: cmin + 5 mm; XM 2: cmin + 10 mm; XM 3: cmin + 15 mm

Tabelle 10 Mindestbetondeckung cmin und Vorhaltemaß ∆c, Auszug aus DIN 1045-1 [11]
Der Mindestwert cmin muß um das Vorhaltemaß ∆c vergrößert werden. Dadurch sollen un-
planmäßige Abweichungen vom Sollwert, z. B. durch nicht korrekt verlegte Bewehrung oder
Fehler beim Einbau von Abstandhaltern, berücksichtigt werden. Das Vorhaltemaß ∆c darf um
0,5 cm verringert werden, wenn eine ständige Qualitätskontrolle von der Planung bis zur
Bauausführung dies rechtfertigt. Wird auf unebene Flächen oder direkt auf den Baugrund
betoniert, muß ∆c um mindestens 20 mm ... 50 mm erhöht werden.
Das Nennmaß der Betondeckung cnom ergibt sich als Summe aus Mindestbetondeckung cmin
und Vorhaltemaß ∆c.
cnom = cmin + ∆c (31)

47
Stahlbeton for Beginners

4 Sicherheitskonzept 5

4.1 Allgemeines
Bauwerke haben im Sinne der Bauordnungen sicher zu sein, d. h. die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht zu gefährden. Sicherheit ist die Fä-
higkeit eines Tragwerkes, Einwirkungen zu widerstehen. Die Zuverlässigkeit eines Tragwer-
kes ist ein Maß für die Sicherstellung dieser Fähigkeiten. Die Zuverlässigkeit wird im gegen-
wärtig vorliegenden Bauvorschriftenwerk als Wahrscheinlichkeit interpretiert. Zusätzlich
wird bei außergewöhnlichen Einwirkungen gestattet, ein Restrisiko zu akzeptieren. Damit
wird neben der Wahrscheinlichkeit des Versagens auch die Konsequenz des Versagens des
Tragwerkes berücksichtigt. Dieses Maß erlaubt die Einordnung der Gefährdung durch Bau-
werke im Vergleich zu anderen natürlichen und technischen Risiken.
f

Versagen R

Abbildung 17: Darstellung der Zuverlässigkeit als Wahrscheinlichkeit der Übertretung eines
Grenzzustandes, der eine Funktion der Einwirkung E und des Widerstandes R
eines Tragwerkes ist. Die Unsicherheiten der beiden Größen folgen statisti-
schen Verteilungsfunktionen.
Die Zielwerte für die Versagenswahrscheinlichkeit liegen bei Nachweisen der Tragfähigkeit
bei ca. 10-6 pro Jahr und beim Nachweis der Gebrauchstauglichkeit bei ca. 10-3 pro Jahr.
Grundlage für die Wahl einer Wahrscheinlichkeit als Zuverlässigkeitsmaß ist eine statistische
Beschreibung der Eingangsgrößen für die Nachweise. Dieser Grundsatz spiegelt sich auch in
dem Sicherheitskonzept wider, das der DIN 1045-1 zugrunde liegt, da hier charakteristische
Werte für die Eingangsgrößen gewählt wurden. Diese sind als Quantilwerte festgelegt. Ein
Quantil ist ein beliebiger Wert einer Zufallsgröße, der mit einer bestimmten Wahrscheinlich-
keit erreicht oder überschritten wird.
Damit wird implizit vorausgesetzt, daß zum einen genügend Informationen über die Zufalls-
größe vorhanden sind und daß in der Tat die veränderlichen Einwirkungen oder die Eigen-
schaften von Materialien zufälligen Schwankungen unterliegen. Systematische Fehler können
also durch diesen Ansatz nicht berücksichtigt werden. Um systematische Fehler auszuschlie-
ßen, werden grundlegende Forderungen erhoben, die sich sowohl auf die Bauplanung als auch
auf die Ausführung beziehen.
Es ist sinnvoll, ein Sicherheitskonzept prinzipiell für alle Bauwerke zu entwickeln, unabhän-
gig von der Art des Baumaterials. Dieser Überlegung folgt die DIN 1045-1 [11], deren
Sicherheitskonzept auf der baustoffunabhängigen DIN 1055-100 [13] basiert. Durch diese neu
erarbeitete Norm gelten grundsätzlich für alle in Deutschland errichteten Bauwerke die
gleichen Sicherheitsanforderungen.

48
SCHEERER y PROSKE

Ziel aller rechnerischen Nachweise ist es nachzuweisen, daß


• eine ausreichende Tragfähigkeit, auch als Bruchsicherheit bezeichnet,
• eine gute Gebrauchsfähigkeit und
• eine ausreichende Dauerhaftigkeit
für die untersuchten Konstruktionen oder Bauteile gewährleistet werden kann.
Die rechnerischen Nachweise erfolgen für alle Bemessungssituationen durch folgenden Ver-
gleich:
Grenze von Beanspruchbarkeit, Auf-
einwirkenden Größe = auftretende nahmekapazität, Bauteilwiderstand oder

Beanspruchungen maßgebender Wert einer bestimmten
Bauteileigenschaft
Allgemein ist nachzuweisen:
Ed ≤ Rd bzw. Ed ≤ Cd (32)
mit: Ed Bemessungswert einer Beanspruchung
E d = (Fd 1 , Fd 2 ,..., a d 1 , a d 2 ,..., X d 1 , X d 2 ,...) (33)
Fd Bemessungswert einer Einwirkung
Fd = γ ⋅ G, γ ⋅ P, γ ⋅ ... (34)
ad Bemessungswert einer geometrischen Größe
Rd Bemessungswert des Tragwiderstandes
Rd = ( X d 1 , X d 2 ,..., ad 1 , ad 2 ,...,) (35)
Xd Bemessungswert einer Baustoffeigenschaft
Cd Bemessungswert des Gebrauchstauglichkeitskriteriums
Dabei werden die Bemessungswerte immer aus charakteristischen Werten gebildet, die um
einen Sicherheitsfaktor erhöht wurden.
In den folgenden Abschnitten sollen nun die einzelnen Bestandteile des Nachweises
entsprechend Gleichung (32) erläutert werden.

4.2 Grenzzustände der Beanspruchbarkeit


Die Sicherheit gilt als erbracht, wenn die Eigenschaften des Tragwerkes die Anforderungen
aus Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit erfüllen. Wie schon erwähnt, sind entsprechend
der Anforderungen hinsichtlich des vorgesehenen Nutzungszweckes während der geplanten
Nutzungsdauer Nachweise für Tragwerke und Tragwerksteile in unterschiedlich definierten
Grenzzuständen durchzuführen.
Man unterscheidet zwei Gruppen von Grenzen bzw. Grenzzuständen:
• Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT):
Die Grenzzustände der Tragfähigkeit bezeichnen diejenigen Zustände, bei deren un-
mittelbarer Überschreitung ein Einsturz oder eine andere Form des Versagens eintritt;
gekennzeichnet sind sie durch einen der nachfolgend genannten Fälle:
- Bruch oder Versagen eines Querschnittes
- starke örtliche Verformungen
- Ausbildung einer Gelenkkette
- Umkippen des Tragwerks
- Knicken oder Beulen (Stabilitätsversagen).

49
Stahlbeton for Beginners

• Grenzzustand der Gebrauchtauglichkeit (GZG):


Die Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit stellen die Nut-
zungsbedingungen und Gebrauchseigenschaften, z. B. hinsichtlich der Bauteilverfor-
mung, sicher. Diese Nachweise dürfen z. T. durch Einhalten von konstruktiven Regeln
geführt werden. Die Überschreitung der Grenzzustände der Gebrauchtauglichkeit sind
gekennzeichnet durch einen der nachfolgend genannten Fälle (Beispiele):
- übermäßige Formänderungen, besonders Durchbiegungen, die die Nutzung behin-
dern oder Einbauteile schädigen
- übermäßige Rißbildung oder zu große Rißweiten
- zu große (spürbare) Schwingungen
- Eindringen von Wasser oder Feuchtigkeit
- Korrosion der Bewehrung.
Eine ausreichende Dauerhaftigkeit des Tragwerkes darf bei Einhaltung bestimmter konstruk-
tiver Regeln und bei einer regelgerechten Nachweisführung in den Grenzzuständen der Trag-
fähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit als sichergestellt angesehen werden, Kapitel 3.6.

4.3 Beanspruchungen
Als Beanspruchungen können auftreten:
• Lasten:
- Eigenlast → sind verhältnismäßig gut bekannt
- Nutz- oder Verkehrslasten mit deutlich größeren Streuungen als die Eigenlasten
Angaben dazu in DIN 1055 [13], Teil 1 (Eigenlasten) und Teil 3 (Verkehrslasten).
• klimatische Einwirkungen:
- Wind
- Schnee
- Temperatur
Klimatische Einwirkungen werden durch wahrscheinlichkeitstheoretische Untersu-
chungen aus 3-, 10- oder 100-Jahres-Zyklen (Meßwerten) ermittelt. Angaben dazu
sind in DIN 1055, Teil 4 (Windlasten) und Teil 5 (Schnee- und Eislast) zu finden.
• Zwang:
- innerer Zwang, z. B. infolge von unterschiedlichen Temperaturbeanspruchungen
über die Querschnittsdicke oder bei Behinderung der Formänderungen infolge von
Temperaturänderungen oder von Schwinden in statisch unbestimmt gelagerten Kons-
truktionen.
- äußerer Zwang, z. B. infolge unterschiedlicher Fundamentsetzungen
Bei den Beanspruchungen sind noch folgende Begriffe zu beachten:
• Gebrauchslast:
Dabei handelt es sich um die tatsächliche oder die wahrscheinlich zu erwartende Bean-
spruchung.
• Traglast:
Bruchlast oder Tragfähigkeit. Dabei handelt es sich um einen Rechenwert, meist um
die mit einem Last- oder Sicherheitsfaktor vergrößerte Gebrauchlast.

4.4 Charakteristische und andere repräsentative Werte


Sowohl Beanspruchungen als auch Beanspruchbarkeiten unterliegen Streuungen, die im allge-
meinen durch die GAUß'sche Normalverteilung entsprechend Gleichung (36) ausreichend

50
SCHEERER y PROSKE

angenähert werden können. Die Verteilung der Probenhäufigkeit ϕ(x), ausgehend vom Mittel-
wert βWm, folgt der Beziehung:
x
1 −
ϕ ( x) = ⋅ e 2⋅σ x = β ( x ) − βWm
2
mit: (36)
σ ⋅ 2 ⋅π
Abbildung 18 zeigt zwei Verteilungskurven für den gleichen Mittelwert βWm. Diese beiden
Betone sind aber hinsichtlich der Sicherheit nicht gleichwertig, da dafür die maßgebenden
oder charakteristischen Festigkeitswerte – die sogenannten 5-%-Quantilwerte – übereinstim-
men müßten, wie in Abbildung 19 gezeigt wird. Daraus ist zu erkennen, daß bei größeren
Streuungen (größere Standardabweichung σ) auch ein größerer Mittelwert erreicht werden
muß, um die gleiche Sicherheit zu erzielen, wie bei geringerer Streuung. Für die Wirtschaft-
lichkeit bei der Fertigung ist es also z. B. wichtig, die Streuungen der Materialkennwerte
möglichst gering zu halten. Nun wird auch verständlich, daß in der Norm charakteristische
Werte und keine Mittelwerte als Grundlage für die Dimensionierung festgelegt sind.

500
σ = Standardabweichung
450 β Wm = mittlere Festigkeit aller Proben
400 *)
charakteristischer Wert
350 σ / β Wm = 1/12 = 0,0833
Probenanzahl

300
250
200
150 σ / β Wm = 1/6 = 0,167
100
*)
50
*)
0
-0,5 -0,4 -0,3 -0,2 -0,1 β Wm
0 =0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
x = β (x) - β Wm

Abbildung 18: Normalverteilungen bei gleichem Mittelwert βWm aber unterschiedlicher


Standardabweichung σ

500 σ = Standardabweichung
β Wm,1 = β Wm = mittlere Festigkeit
450
aller Proben
400 *)
charakteristische
σ / β Wm,1 = 1/12 = 0,0833
350 Festigkeit = 0,83 β Wm,1
Probenanzahl

300
250 β Wm,2 = 1,13 β Wm,1
200 σ / β Wm,2 = 1/6 = 0,167

150
100
50 *)

0
-0,5 -0,4 -0,3 -0,2 -0,1 β Wm
0 =0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
x = β (x) - β Wm

Abbildung 19: Normalverteilungen für gleichwertige Betone mit unterschiedlichen


Standardabweichungen σ

51
Stahlbeton for Beginners

Der charakteristische Wert einer Einwirkung wird entweder als Mittelwert einer statistischen
Verteilung als oberer oder unterer Wert oder als Nennwert beschrieben. Die Eigenlasten eines
Tragwerkes dürfen in den meisten Fällen durch einen einzigen charakteristischen Wert unter
Berücksichtigung der Geometrie und der Durchschnittswichte nach DIN 1055-1 angegeben
werden.
Bei einer veränderlichen Einwirkung entspricht der charakteristische Wert Qk entweder
• einem oberen Wert, der während der festgelegten Bezugsdauer mit einer vorgegeben-
en Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird oder
• einem festgelegten Nennwert, wenn eine Wahrscheinlichkeitsverteilung unbekannt ist.
Bei veränderlichen Einwirkungen wird unterschieden, wie häufig mit deren Eintreten zu rech-
nen ist. Einen Überblick über die Varianten gibt Abbildung 20.
F
Bemessungswert

Charakteristischer Wert 98 % für Frep

Seltener Wert 90 % für FD

+
Häufiger Wert v = 300 bzw.
95 % für Frep
Quasi-ständiger
Wert 50 % für Frep

Abbildung 20: Repräsentative Werte und Bemessungswerte einer veränderlichen Einwir-


kung
Der charakteristische Wert Fk einer zeitabhängigen veränderlichen Einwirkung soll in der Re-
gel so gewählt werden, daß er während eines Jahres mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 %
nicht erreicht bzw. nicht häufiger als im Mittel einmal in 50 Jahren überschritten wird.
Für außergewöhnliche Lasten werden üblicherweise keine charakteristischen Lasten sondern
sofort Bemessungswerte bereitgestellt.
Bei häufigen Werten ψ1 · Fk ist davon auszugehen, daß der repräsentative Wert im Mittel
300mal pro Jahr überschritten wird bzw. die Überschreitungswahrscheinlichkeit im Mittel
5 % beträgt. „ψι“ ist ein Kombinationsbeiwert, siehe Abschnitt 4.5.3.
Der quasi-ständige Wert ψ2 · Fk einer veränderlichen Einwirkung steht für das zeitliche
Mittel. Er wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % über- bzw. unterschritten.

4.5 Sicherheitsbeiwerte

4.5.1 Allgemeines
Wie schon erläutert, werden für die Bemessung die charakteristischen Werte von Einwirkun-
gen und Bauteilwiderständen um Sicherheitsfaktoren erhöht. Im folgenden soll erläutert
werden, wovon die Größe eines Sicherheitsfaktors abhängen kann.
In Abbildung 21 wird die Streuung einer Belastung, z. B. einer durch ein Moment erzeugten
Spannung, der Streuung der Festigkeit in dem beanspruchten Bauteil gegenübergestellt.

52
SCHEERER y PROSKE

1)
300 2)
char. Wert der Beanspruchung
5) char. Wert der Festigkeit
3)
Bereich möglichen Versagens (Über-
250 schneidung der beiden Verteilungskurven)
= σm 4)
Sicherheitsabstand der char. Werte
5)
Sicherheitsabstand der Mittelwerte
200
Häufigkeit

150
Belastung
100
4)
Festigkeit
= β Wm
50
1) 2)
3)
0
-0,5 -0,25 0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5
x = σ (x) - σ m = β (x) - β Wm + 0,75

Abbildung 21: Gegenüberstellung von Beanspruchung und Festigkeit, Beispiel


Es ist zu erkennen, daß es keine absolute Sicherheit gibt, sondern nur eine gewisse Wahr-
scheinlichkeit, daß kein Versagen einritt. Zone 3), Abbildung 21, kennzeichnet den Bereich
der Versagenswahrscheinlichkeit. Sie kann verringert werden, indem der Sicherheitsabstand
zwischen Beanspruchung und Widerstand (Festigkeit) vergrößert wird. Dem sind aber Gren-
zen gesetzt:

Aus wirtschaftlichen Gründen kann der Sicherheitsabstand nicht beliebig groß gewählt
werden.
• Selbst bei sehr großem Sicherheitsabstand verbleiben Überschneidungsbereiche.
Der in größeren Abständen herausgegebene Bauschadensbericht der Bundesregierung [1] be-
weist, daß es immer wieder zu Störfällen und zum Versagen von Konstruktionen kommt. Da
sich jeder Ingenieur seiner Unzulänglichkeiten und derer anderer Mitwirkender bewußt sein
muß, sollen an dieser Stelle einzelne Einflüsse ausführlich dargelegt werden. Dabei soll durch
die Kennzeichnung „E“ für Einwirkung, Schnittgröße, Beanspruchung und Belastung (effect)
bzw. „R“ (resistance) für Widerstand und Festigkeit deutlich gemacht werden, wo sich die
genannten Unsicherheiten besonders auswirken. Es sollen nur die wichtigsten Einflüsse be-
nannt werden. In Tabelle 11 werden Beispiele für Unsicherheiten angegeben.
1. E Ungenauigkeiten bei den Lastannahmen
2. E mangelhafte Erfassung der tatsächlichen Spannungen, weil unsere Gleichungen ein Modell der
Wirklichkeit beschreiben, nicht jedoch die Wirklichkeit selbst
3. E, R Abweichungen vom angenommenen statischen System
4. R Abweichungen der Baustoffeigenschaften von den angenommenen Werten
5. E, R Vernachlässigung der räumlichen Wirkung der Konstruktionen und Bauwerke
6. E, R Rechenungenauigkeiten und kleinere Rechenfehler
7. E, R Nichterkennen von Schnitten, die für die Bemessung maßgebend werden
8. E vernachlässigte Einwirkung, z. B. Zwang
9. R Fehler in der Bauausführung
10. R Mängel in der Festigkeit der Baustoffe, z. T. örtlich begrenzt
11. R falsche Lage der Bewehrung
12. R Korrosionseinflüsse

Tabelle 11 Zusammenstellung von Unsicherheiten

53
Stahlbeton for Beginners

Jeder dieser Einflüsse müßte nun hinsichtlich seiner Eintretenswahrscheinlichkeit beurteilt


werden und einen eigenen Faktor zugeteilt bekommen. Diese einzelnen Faktoren müßten
dann getrennt betrachtet oder in geeigneter Weise zusammengefaßt werden. Die Verwendung
solcher einzelner Faktoren wäre für eine normale Bemessung viel zu aufwendig und kom-
pliziert. Auch ist es unwahrscheinlich, daß alle Einflüsse immer und gleichzeitig auftreten
werden. Es muß also eine geeignete Zusammenfassung erfolgen, um eine praktikable Anwen-
dung zu ermöglichen. Es dürfte aber deutlich geworden sein, daß ein ausreichend hoher Si-
cherheitsbeiwert erforderlich wird. Weiterhin ist zu bedenken, daß es eine absolute Sicherheit
nicht gibt, daß immer ein Rest an Unsicherheit (Versagenswahrscheinlichkeit) verbleibt.
Die Grenzzustände der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit unterscheiden sich insbe-
sondere durch die für den jeweiligen Nachweis geforderte Sicherheit (Zuverlässigkeit). Die
DIN 1055-100 [13] verwendet für die Nachweise in den Grenzzuständen der Tragfähigkeit
das Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte. Teilsicherheitsbeiwerte sind Sicherheitsfaktoren, die
einer Belastungs- oder Widerstandsgröße zugeordnet werden.
Die Belastungs- und Widerstandsgrößen sind repräsentative Werte. Der wichtigste repräsenta-
tive Wert ist der charakteristische Wert (Gk, Qk, fck, ...). Zusätzlich werden beim repräsentati-
ven Wert auch Kombinationsfaktoren ψ berücksichtigt, die die geringe Wahrscheinlichkeit
des gleichzeitigen Auftretens mehrerer extremaler Belastungen bei unabhängigen, zeitlich
veränderlichen Lasten erfassen.
Mit Teilsicherheitsbeiwerten γ gewichtete repräsentative Größen werden als Bemessungswerte
(Gd, Qd, fcd, ...) bezeichnet. Bemessungswerte einer Größe sind diejenigen Werte, bei denen
mit größter Wahrscheinlichkeit ein Überschreiten des Grenzzustandes zu erwarten ist.
Durch diese Aufteilung in material- und einwirkungsabhängige Sicherheitsanteile können die
unterschiedlichen Streuungen der einzelnen Kenngrößen genauer berücksichtigt werden. Die
Bemessungswerte der Widerstandsgrößen – in Gleichung (37) für Beton und Stahl - werden
allgemein wie folgt formuliert:
⎛ f f yk ⎞ 5.2
Rd = R ⎜ α ck ; ⎟ (37)
⎝ γc γs ⎠ (1)

4.5.2 Teilsicherheitsbeiwerte
Die Teilsicherheitsbeiwerte für die Bestimmung des Tragwiderstandes sind Tabelle 12 zu ent-
nehmen.
Spalte 1 2
Zeile
Bemessungssituation Beton γc 1), 2)
Betonstahl γs
Ständige und vorübergehende 5.3.3
1 1,5 1,15
Bemessungssituation Tab. (2)
Außergewöhnliche
2 1,3 1,0
Bemessungssituation
1)
für Beton ab C 55/67 siehe (26)
2)
für unbewehrte Bauteile Erhöhung auf γc = 1,8 für die ständige und vorübergehende Bemessungssituation und
auf γc = 1,55 für die außergewöhnliche Bemessungssituation

Tabelle 12 Teilsicherheitsbeiwerte für die Bestimmung des Tragwiderstandes


Die Teilsicherheitsbeiwerte für die Einwirkungen sind in DIN 1045-1, Tabelle 1, zusammen-
gefaßt, Auszüge sind in Tabelle 13 zu sehen. Es ist anzumerken, daß im üblichen Hochbau
ständige Lasten nicht günstig angesetzt werden brauchen und der Teilsicherheitsbeiwert auch
bei durchlaufenden Bauteilen für alle Felder konstant angenommen werden darf.

54
SCHEERER y PROSKE

5.3.3
Auswirkung Ständige Einwirkung γG Veränderliche Einwirkung γQ
günstig 1,0 0
Tab. (1)
ungünstig 1,35 1,5

Tabelle 13 Teilsicherheitsbeiwerte für die Einwirkungen auf Tragwerke im Grenzzustand


der Tragfähigkeit
Die Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit werden in der Regel ohne
Verwendung von Teilsicherheitsbeiwerten durchgeführt.
Durch das Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte unterscheidet sich die DIN 1045-1 [11] deut-
lich von der bisherigen Vorgehensweise nach DIN 1045 (07/1988) [10]. Dort und auch in der
ETV Beton [16] wurde noch mit einem globalen Sicherheitsfaktor γ gerechnet. Allgemein war
nachzuweisen:
Widerstand R
Einwirkung E ≤ oder γ ⋅ Einwirkung E ≤ Widerstand R (38)
γ
Für den globalen Sicherheitsbeiwert galt 1,75 ≤ γ ≤ 2,10, wobei
• der kleinere Wert für durch intensive Rißbildung vorangekündigtes Versagen (über-
wiegende Biegebeanspruchung),
• der größere Wert für Versagen ohne Vorankündigung (sprödes Betonversagen, z. B.
bei völlig überdrückten Querschnitten) stand.

4.5.3 Kombinationsbeiwerte
Wie in 4.5.1 erwähnt, wird mit Hilfe von Kombinationsfaktoren der Tatsache Rechnung
getragen, daß es oft nur wenig wahrscheinlich ist, daß mehrere extremale Belastungen bei
unabhängigen, zeitlich veränderlichen Lasten gleichzeitig auftreten.
In Abhängigkeit von der Bemessungssituation wird unterschieden zwischen:
• seltener Wert: i. a. Produkt aus ψ0 ⋅ Qk
• häufiger Wert: i. a. Produkt aus ψ1 ⋅ Qk
• quasi-ständiger Wert: i. a. Produkt aus ψ2 ⋅ Qk.
In Tabelle 14 sind beispielhaft Kombinationsbeiwerte nach DIN 1055-100 [13] zusammenge-
stellt. Bei mehreren gleichzeitig auftretenden Nutz- oder Verkehrslasten ist der jeweils größte
Beiwert ψ zu verwenden.
Einwirkung ψ0 ψ1 ψ2
a
Nutzlasten
Kategorie A Wohn- und Aufenthaltsräume 0,7 0,5 0,3
Kategorie B Büros 0,7 0,5 0,3
Kategorie C Versammlungsräume 0,7 0,7 0,6
Kategorie E Lagerräume 1,0 0,9 0,8
Verkehrslasten
Kategorie H Dächer 0 0 0
Schnee- und Eislasten
Orte bis + 1000 m ü. NN 0,5 0,2 0
Orte ab + 1000 m ü. NN 0,7 0,5 0,2
a
Abminderungswerte für mehrgeschossige Hochbauten siehe DIN 1055-3
Tabelle 14 Bemessungswerte unabhängiger Einwirkungen im GZG

55
Stahlbeton for Beginners

4.5.4 Einwirkungskombinationen

4.5.4.1 Grenzzustände der Tragfähigkeit


Die Nachweise für die Bemessung im GZT werden mit den Bemessungswerten der Bauteilwi-
derstände Rd und den Bemessungswerten der Einwirkungen Ed unter Ansatz zusätzlicher, ma-
terial- bzw. einwirkungsabhängiger Teilsicherheitsbeiwerte geführt. Für die Kombination der
anzusetzenden Einwirkungen sind in den GZT drei unterschiedliche Bemessungssituationen
zu unterscheiden:
Ständige und vorübergehende Bemessungssituation (nicht für Materialermüdung):
⎧ ⎫
E d = E ⎨∑ γ G , j ⋅ Gk , j ⊕ γ P ⋅ Pk ⊕ γ Q ,1 ⋅ Qk ,1 ⊕ ∑ γ Q ,i ⋅ψ 0,i ⋅ Qk ,i ⎬ (39)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Außergewöhnliche Bemessungssituation:
⎧ ⎫
E dA = E ⎨∑ γ GA, j ⋅ Gk , j ⊕ γ PA ⋅ Pk ⊕ Ad ⊕ ψ 1,1 ⋅ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬ (40)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Bemessungssituation infolge Erdbeben:


⎧ ⎫
E dAE = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ γ l ⋅ AEd ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬ (41)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

mit: ⊕ „in Kombination mit“


Ed Bemessungswert der Beanspruchung
Gk charakteristischer Wert der ständigen Einwirkung
Pk charakteristischer Wert der Vorspannung
Qk charakteristischer Wert der veränderlichen Einwirkung
Qk,1 Leitwert der veränderlichen Einwirkungen
Ad Bemessungswert der außergewöhnlichen Einwirkungen
AEd Bemessungswert infolge Erdbebens
γG, γQ, γP, γPA Teilsicherheitsbeiwerte
ψ 0, ψ 1, ψ 2 Kombinationsbeiwerte
γl Wichtungsfaktor (siehe DIN 1055-100 und Entwurf DIN 4149)

Unter den ständigen und vorübergehenden Bemessungssituationen werden alle während der
Nutzungsdauer des Bauwerkes und im Bau- und Reparaturzustand des Bauwerkes planmäßig
zu erwartenden Zustände verstanden. Eine außergewöhnliche Bemessungssituation bezeichnet
einen Zustand während oder nach einer außergewöhnlichen Einwirkung wie Anprall oder Ex-
plosion.

4.5.4.2 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit


Die einzelnen Nachweise in den GZG sind in der Regel mit den folgenden Einwirkungskom-
binationen, die sich durch den zu berücksichtigenden Anteil der veränderlichen Einwirkungen
unterscheiden, zu führen. In diesen Einwirkungskombinationen werden die ständigen Einwir-
kungen und die Vorspannung mit ihren charakteristischen Werten Gk bzw. Pk und der verän-
derlichen Einwirkungen mit den maßgebenden Kombinationsbeiwerten berücksichtigt.

56
SCHEERER y PROSKE

Seltene Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d ,rare = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 0,i ⋅ Qk ,i ⎬ (42)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Häufige Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d , frequ = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ ψ 1,1 ⋅ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬ (43)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Quasi-ständige Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d , perm = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬ (44)
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

4.5.4.3 Vereinfachte Kombinationen für den Hochbau


Um die Arbeit mit dem Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte zu erleichtern, wurden verein-
fachte Kombinationen für den Hochbau entwickelt. Es hat sich allerdings herausgestellt, daß
die Erleichterung in vielen Fällen nur gering ist und zudem die berechneten Werte u. U. auf
der unsicheren Seite liegen können. Darum wurden die vereinfachten Kombinationen bau-
aufsichtlich nicht eingeführt, obwohl sie in der DIN 1055-100 zu finden sind. Auf die Vorstel-
lung dieses Verfahrens wird hier verzichtet.

57
Stahlbeton for Beginners

5 Biegebemessung 10.2

5.1 Allgemeines
Die Bemessung soll einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Gebrauchslast und
rechnerischer Bruchlast gewährleisten.
Die Stahlbetonbemessung beruht auf den Erkenntnissen über die Festigkeitseigenschaften der
eingesetzten Baustoffe und ist bzgl. der theoretischen Grundlagen weitgehend unabhängig
von den aktuellen Vorschriften. Die Grundlagen, die dafür erarbeitet wurden, können u. a. in
[18], [19] und [24] nachgelesen werden. Ziel der Bemessung ist es, einen ausreichenden Si-
cherheitsabstand zwischen Gebrauchslast und rechnerischer Bruchlast zu gewährleisten.
Bei der Biegebemessung muß nachgewiesen werden, ob einer äußeren Belastung – also einem
Biegemoment – ein ausreichend großer innerer Widerstand – hier ein inneres Moment – ent-
gegengesetzt werden kann. Der Sachverhalt ist in Abbildung 22 dargestellt.

Balken Querschnitt mit


unverformt resultierenden
q Bauteilwiderständen: Dc

Momentenlinie
+ infolge q
MEd Zs
Balken verformt, Oberseite: Druck
Unterseite: Zug

Abbildung 22: Grundlagen der Biegebemessung

Der Balken wird in Trägermitte maximal durch ein äußeres Moment belastet. Der Balken
biegt sich nach unten durch, an der Oberseite entstehen Druckspannungen, an der Unterseite
Zugspannungen. Das Bauteil kann dieser Belastung an der Oberseite die Betondruckfestigkeit
entgegensetzen, an der Unterseite müssen Stahleinlagen die Zugspannungen aufnehmen. Das
Kräftepaar aus Betondruckkraft und Stahlzugkraft bildet das innere Moment. Sind die inneren
Kräfte nach Lage und Größe bekannt, kann eine Aussage über die zulässige Belastung des
Bauteils getroffen werden.
Diese Bauteilwiderstände sind resultierende Kräfte. Größe und Lage der Resultierenden sind
von den Materialeigenschaften (druck- und zugfest oder nur druckfest; ideal elastisch,
elastisch-plastisch oder nichtlinear elastisch) abhängig. Mögliche Grenzfälle werden in den
nächsten beiden Abschnitten für den Rechteckquerschnitt besprochen. Dabei werden folgende
Vereinbarungen getroffen:
• Es wird ein linearer Dehnungsverlauf über die Querschnittshöhe vorausgesetzt (Hypo-
these von BERNOULLI vom Ebenbleiben der Querschnitte).
• Die Zugfestigkeit von Beton wird nicht angerechnet. Es wird von Zustand II – gerisse-
ner Betonquerschnitt – ausgegangen.
• Es wird voller Verbund zwischen Stahleinlagen und Beton vorausgesetzt, d. h. es gilt
in Höhe der Stahleinlagen εs = εc.

58
SCHEERER y PROSKE

5.2 Spannungs- und Verformungszustände am statisch bestimmt gelagerten Biegebal-


ken
Im Stahlbetonbau wird grundsätzlich zwischen zwei Zuständen unterschieden:
• Zustand I: Der Beton ist auch in der Zugzone ungerissen.
• Zustand II: Der Beton ist gerissen, Zugkräfte können nur noch vom Stahl aufge-
nommen werden.
Zur Erläuterung soll der Balken aus dem vorigen Bild dienen. Solange die untere Randspan-
nung unter der Biegezugfestigkeit fct,fl des Betons bleibt, ist der Querschnitt ungerissen, das
Bauteil befindet sich im Zustand I, siehe Abbildung 23 links. Die Spannungsnullinie liegt bei
Rechteckquerschnitten in der Schwerelinie des Bauteils.
Betonquerschnitt Ac
Druck,
MEd 2 Stauchung

h Nullinie
Nullinie

Zug,
b Dehnung
Bewehrungs-
stahl As1
ZUSTAND I ZUSTAND II

Abbildung 23: Gegenüberstellung von Zustand I und Zustand II

Im Zustand I gilt für den Beton: σ c ≤ f ct , fl (45)


Im Zustand I gilt für den Stahl: σ c * = Ec ⋅ ε c * = σ s * = Es ⋅ ε s *
εc * = ε s *
Es
σ s* = ⋅σ c *
Ec (46)
mit: * Querschnittsfaser, in der die Stahleinlagen in den Beton eingebettet
sind
Wird die Last weiter gesteigert, vergrößern sich die Verformungen, bis die Zugfestigkeit des
Betons an der Unterseite des Balkens überschritten wird. Der Querschnitt beginnt an der ma-
ximal beanspruchten Stelle oder an Stellen mit lokalen Schwachstellen zu reißen, das Bauteil
geht in den Zustand II über, siehe Abbildung 23 rechts. Der wirksame Querschnitt besteht nur
noch aus der Biegedruckzone und den Stahleinlagen.

5.3 Schnittgrößen und Gleichgewichtsbedingungen

5.3.1 Innere und äußere Kräfte


Bei der Biegebemessung werden Normalkräfte und Momente berücksichtigt. Als Bezugsach-
se dient die Schwerachse des ungerissenen Betonquerschnitts.
Die Bemessungsgleichungen sollen an einem einfach bewehrten Rechteckquerschnitt herge-
leitet werden, der entsprechend Abbildung 24 durch ein äußeres Moment MEd und eine äußere
Normalkraft NEd beansprucht wird. MEd und NEd können durch eine außermittige Lage der
Normalkraft N ersetzt werden. Fall a) zeigt eine exzentrische Zugkraft, Fall b) eine exzentri-
sche Druckkraft. In Fall c) ist dargestellt, wie die äußeren Schnittgrößen auf die Schwerachse
des Bewehrungsstahls bezogen werden, was für die Bemessung zweckmäßig ist.
59
Stahlbeton for Beginners

N - als Druckkraft
e negativ, Fall b)
MEd -

= =
NEd
h e = MEd/NEd
ys1 + MEds = MEd - NEd ys1
e NEds = NEd
b
N - als Zugkraft Fall c)
positiv, Fall a)

Abbildung 24: Äußere Kräfte am einfach bewehrten Stahlbetonquerschnitt


Das Moment um den Schwerpunkt der Stahleinlagen MEds (Fall c)) besteht dann aus dem
äußeren Moment MEd und einem Versatzmoment infolge des Verschiebens der Normalkraft in
den Schwerpunkt der Stahleinlagen.
Allgemein gelten folgende Vorzeichenregeln:
• Moment M: Absolutwert
• Längskraft N: positiv = Zugkraft, negativ = Druckkraft
• Querschnittswerte, z. B. ys1, d: Absolutwert
Die äußeren Kräfte sind durch Lastannahmen und Schnittgrößenermittlung bekannt.
Die inneren Kräfte werden durch die Bauteilwiderstände aktiviert. Sie stehen mit den äußeren
Kräften im Gleichgewicht. Beim einfach bewehrten Balken setzt sich die Summe der inneren
Kräfte aus der Betondruckkraft DEd,c und der Stahlzugkraft ZEd,s1 zusammen, Abbildung 25.
fyd

x Z s = Dc
DEd,c (47)
h z d

Abbildung 25: Innere Kräfte am einfach be-


b ZEd,s1 wehrten Stahlbetonquerschnitt
Begriffsbestimmungen und Erläuterungen zur Abbildung 25:
• h Gesamthöhe des Querschnittes
• b Breite des Querschnittes
h d
• d statische Nutzhöhe. Die statische Nutzhöhe d ist der
Abstand vom Schwerpunkt der Stahleinlagen zum
meistgedrückten Rand. Sie ist kleiner als die Bau-
b
teildicke h, da der Bewehrungsstahl von Beton über-
deckt ist. ds,bü ≥ cnom,bü ≥ cnom,sl

• b · d Nutzquerschnitt
• x Druckzonenhöhe = Höhe der durch Druckspannungen beanspruchten Betonquer-
schnittsfläche. Sie kann mittels des Beiwertes ξ in Abhängigkeit von d angege-
ben werden.
x =ξ ⋅d (48)
• z Hebelarm der inneren Kräfte. Der Hebelarm z der inneren Kräfte ist der Abstand
vom Schwerpunkt der Stahleinlagen zur resultierenden Druckkraft DEd,c und
kann mittels des Beiwertes ζ in Abhängigkeit von d angegeben werden.

60
SCHEERER y PROSKE

z = ς ⋅d (49)
Für die Angabe der inneren Kräfte sollen folgende Vorzeichenregeln gelten:
• allgemein: Zug = positiv; Druck = negativ
• εc und σc: als Absolutwert
• εs und σs: als Absolutwert
• innere Kräfte wie DEd,c und ZEd,s1: als Absolutwert, Kraftrichtung entsprechend ihrer
Wirkung als Druck- oder Zugkraft.

5.3.2 Lage und Größe der Stahlzugkraft


Resultierende Kräfte erhält man grundsätzlich durch Integration der materialspezifischen
Spannungsverteilung über die jeweils beanspruchte Querschnittsfläche, beim Stahl also über
den Bewehrungsquerschnitt As1, beim Beton über die gedrückte Betonfläche.
Beim Bewehrungsstahl ist die resultierende Zugkraft einfach zu ermitteln, da die Spannungs-
verteilung linear ist. Die Stahlzugkraft kann also mit Hilfe der Stahlspannung in der Schwer-
achse des Stahles bestimmt werden, wenn die Stahldehnung bekannt ist. Die Lage der Stahl-
zugkraft ist durch die Wahl der Betondeckung festgelegt. Die innere Zugkraft kann wie folgt
angegeben werden:
Z Ed , s1 = As1 ⋅ σ s = ρl ⋅ b ⋅ d ⋅ σ s (50)
mit: As1 Stahlfläche
σs Spannung in der Schwerachse des Bewehrungsstahls
As1
ρl auf den Nutzquerschnitt bezogener Bewehrungsgehalt, ρl = . (30)
b⋅d
Der geometrische Längsbewehrungsgrad ρl steht für das Verhältnis
zwischen der Fläche des Bewehrungsstahles und der Fläche des
Nutzquerschnittes b ⋅ d.

5.3.3 Lage und Größe der Betondruckkraft


Die Berechnung der Druckkraft ist aufgrund der i. d. R. nichtlinearen Spannungsverteilung in
der Druckzone schwieriger. Die durchzuführende Integration über die Betonspannungsvertei-
lung und die gedrückte Fläche ist allgemein in Abbildung 26 und Gleichung (51) formuliert.
b
z
x

a
Dc

Zs

Abbildung 26: Resultierende Druckkraft bei konstanter Querschnittsbreite


z=x
(51)
Dc = b ⋅ ∫σ
z =0
c dz

61
Stahlbeton for Beginners

In der DIN 1045-1 ist der Verlauf des nichtlinearen Anteil der σ-ε-Linie von Beton entspre-
chend Gleichung (52) vorgegeben, siehe auch in Abbildung 11 in Abschnitt 3.2. Für normal-
festen Beton gilt n = 2. Mit dieser Spannungsverteilung sind Lage und Größe der Betondruck-
kraft eindeutig bestimmbar.
⎡ ⎛ εc ⎞ ⎤
n

σ c = f cd ⋅ ⎢1 − ⎜1 − ⎟ ⎥ (52)
⎢⎣ ⎝ ε c 2 ⎠ ⎥⎦
Dieser Festlegung gingen aber viele Forschungsarbeiten und Diskussionen voraus, da die An-
sichten über die Druckspannungsverteilung im Beton sehr weit auseinander gehen und vom
Dreieck bis zum Rechteck reichen. Auf die aus Versuchen gewonnenen Spannungsverteilun-
gen wurde schon im Abschnitt 3.2 kurz hingewiesen und festgestellt, daß sich daraus keine
allgemein gültige Spannungsverteilung ableiten läßt. Für die praktische Bemessung mußte
daher eine idealisierte Spannungsverteilung festgelegt werden, die die wirklich vorhandene,
unbekannte, beliebige Spannungsverteilung zufriedenstellend ersetzen kann. In ersten Trag-
lastverfahren wurde die quadratische Parabel als Spannungsverteilung angenommen, während
die Bemessungsverfahren nach [16] und [27] von einer rechteckigen Spannungsverteilung in
der Betondruckzone ausgingen. Die nun in DIN 1045-1 [11] vorgestellte Formulierung
stimmt mit den Annahmen in der alten DIN 1045 [10] überein.
Die Betondruckkraft kann abweichend von Gleichung (51) auch wie folgt angegeben werden.
Dabei wird die Nichtlinearität im Völligkeitsbeiwert α berücksichtigt.
Dc = b ⋅ x ⋅ α ⋅ σ c , Rand (53)
mit: σc,Rand Randspannung für Beton
α Beiwert zur Beschreibung der Völligkeit der Spannungsverteilung
in der Betondruckzone, 0 ≤ α ≤ 1
Als maximal zulässige Betonrandspannung σc wird der Bemessungswert der Betondruckkraft
fcd, Gleichung (20), der Bemessung zugrunde gelegt.
Die maximale Druckkraft, die ein Betonquerschnitt aufnehmen kann, ist die mittige Druck-
kraft. In diesem Fall liegt in der Betondruckzone eine rechteckförmige Spannungsverteilung
vor, d. h. der Beton wird in der gesamten Druckzone mit der maximal möglichen Stauchung
ausgenutzt. Die Spannungsverteilung weist demzufolge ihre größtmögliche Völligkeit auf, es
gilt α = 1,0. Die daraus resultierende maximale Betondruckkraft des Nutzquerschnitts b ⋅ d
wird mit DEd,0 bezeichnet und wird mit Gleichung (53) bestimmt. DEd,0 greift in diesem Spe-
zialfall im geometrischen Schwerpunkt des Querschnitts an.
DEd ,0 = b ⋅ d ⋅ f cd . (54)
α ist also ein Kennwert für die Auslastung der Betondruckzone. In Tabelle 15 sind verschie-
dene Spannungsverteilungen mit den dazugehörigen Völligkeitsbeiwerten zusammengestellt.
Für die genaue Bestimmung der Lage von DEd,c wird außerdem der Abstand a, siehe Abbil-
dung 26, der Resultierenden vom meistgedrückten Rand definiert, der mittels des Höhenbei-
wertes ka unabhängig von der statischen Nutzhöhe d angegeben werden kann.
a = ka ⋅ x (55)
Alle in Tabelle 15 dargestellten Spannungsverteilungen lassen sich durch gleichwertige recht-
eckförmige Spannungsverteilungen ersetzen, wobei die Bedingung der gleichbleibenden
Schwerpunktslage zu einer verringerten Randspannung σc,R führt. Mit dieser Substitution er-
hält man eine rechteckförmige Spannungsverteilung, die für die Biegebemessung besonders
leicht zu handhaben ist.
62
SCHEERER y PROSKE

quadratische Parabel-Rechteck-
dreieckförmig rechteckförmig a)
Halbparabel Verteilung

Spannungsverteilung 3/7

4/7

Völligkeitsbeiwert α 1/2 2/3 17/21 1


Schwerpunktabstand ka 1/3 3/8 99/238 1/2
Spannung für ein
gleichwertiges
Spannungsrechteck
3/4 8/9 289/297 = 0,73 1
σ c,R α
=
σ c 2 ⋅ ka
a)
entspricht einem vollständig plastifizierten Querschnitt

Tabelle 15 Beispiele für die Völligkeit der Betondruckzone bei unterschiedlicher Span-
nungsverteilung
Es treten aber auch gering ausgelastete Querschnitte auf, für die max σc < fcd bleibt. Um ne-
ben der Völligkeit auch diesen Einfluß zu erfassen, kann α in α' überführt werden.
σc
α ' =α ⋅ (56)
f cd
Für σc = fcd wird α' = α.
Es soll noch die Beziehung
α '⋅ ξ = ω1 (57)
eingeführt werden. Der Wert ω1 ist sehr gut als Leitwert für Bemessungstafeln zu verwenden,
da er angibt, welcher Bruchteil der Nutzhöhe d zur Übertragung der durch die vorhandene Be-
lastung hervorgerufenen Druckkraft bei Ansatz einer gleichmäßigen Betonspannung fcd erfor-
derlich ist. Die Gleichungen (53) und (54) lauten somit:
DEd ,c = b ⋅ x ⋅ α ⋅ σ c = b ⋅ d ⋅ ξ ⋅α '⋅ f cd
= b ⋅ d ⋅ ω1 ⋅ f cd
= ω1 ⋅ DEd ,0 (58)

5.3.4 Einführung der Verformungsbedingungen, Festlegung der kritischen Zustände


Die Betondruckkraft kann nun nach Lage und Größe bestimmt werden, allerdings nur, wenn
der Verformungszustand bekannt ist. Mit der Annahme einer ideellen rechteckförmigen Span-
nungsverteilung in der Betondruckzone kann zwar ein brauchbares Bemessungsverfahren
aufgestellt werden, es sind aber Aussagen zu α' und ka zu treffen, wenn der Beton in seiner
Tragfähigkeit nicht voll ausgeschöpft wird, wozu wiederum der Begriff „volle Ausnutzung
der Tragfähigkeit“ definiert werden muß.
Außerdem ist zu beachten, daß auch die Spannung im Bewehrungsstahl deutlich sinkt, wenn
dessen Belastung unter die Streckgrenze abfällt.

63
Stahlbeton for Beginners

Diese Forderungen können durch die Einführung von Formänderungsbedingungen erfüllt


werden, die allerdings auch Näherungen darstellen, weil die aus Versuchen gefundenen
Grenzwerte stark streuen. Die Querschnittsverformung kann auf Grund zahlreicher Versuche
näherungsweise bis zum Erschöpfungszustand als geradlinig über den Querschnitt verteilt
angenommen werden (Ebenbleiben der Querschnitte - Hypothese von BERNOULLI und
NAVIER). Eine Mitwirkung des Betons auf Zug wird wiederum vernachlässigt. Die Formände-
rungsbedingung kann entsprechend Abbildung 27 angegeben werden.
2

x −ε c 2 h
x= d =ξ = ≤ (59)
d ε s1 − ε c 2 d
d

Abbildung 27: Formänderungsbedingungen für Stahlbeton-


1
Stauchung Dehnung querschnitte
Sind Verformungsgrenzwerte festzulegen, muß überlegt werden, was dadurch erreicht werden
soll. Zum Beispiel darf ein Bauwerk oder Bauteil während seiner Nutzungszeit in seiner Ver-
wendungsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden. Eine solche Beeinträchtigung kann durch
mancherlei Ursachen entstehen, das Erreichen der Bruchlast ist nur einer der möglichen
Grenzfälle, noch dazu ein recht unwahrscheinlicher. Meist wird ein Bauwerk oder Bauteil lan-
ge vor der Bruchlast seine Gebrauchsfähigkeit verlieren.
Im Zusammenhang mit der Bemessung interessiert in erster Linie der Grenzzustand, der
durch Grenzwerte für die Randverformungen εs und/oder εc im Erschöpfungszustand (Bruch-
zustand) bestimmt wird. Unter Gebrauchslast können zudem Grenzzustände bzgl. der Rißbrei-
te, der Durchbiegung oder der Stahlspannung bei Ermüdungsbeanspruchung auftreten.
Der Grenzwert für die größte Stahldehnung max εs = 25 ‰ ergibt sich aus der Forderung, die
zulässigen Rißbreiten und die Durchbiegung zu beschränken, was der bisherigen
europäischen Normung entspricht. Der Grenzwert gilt einheitlich für den in der DIN 1045-1
[11] genormten Betonstahl. In der alten DIN 1045 [10] war diese Grenze mit 5 ‰ festgelegt,
was bei der Verwendung von alten Bemessungstafeln unbedingt berücksichtigt werden muß.
Die Festlegung einer Grenzstauchung für Beton ist wesentlich schwieriger. Die maximale Be-
tonstauchung kann in Abhängigkeit von Querschnittsform, Belastungsgeschwindigkeit und
Belastungsdauer zwischen 2 ... 5 ‰ für normalfesten Normalbeton schwanken, siehe auch
3.2. Für mittige Druckbeanspruchung kann z. B. auf Grund der Versuchsergebnisse von GRAF
und RÜSCH im DAfStb-Heft 198 eine Bruchstauchung von 2 ‰ als feststehend angenommen
werden. Dabei versagen sämtliche Fasern des Querschnitts unter Bruchlast gleichzeitig.
Bei Biegung tritt dagegen zuerst nur in der Randfaser der Biegedruckzone eine Erschöpfung
der Tragfähigkeit ein. Es findet eine Kräfteumlagerung nach innen statt, da in der Randfaser
Gefügelockerungen auftreten. Die Nullinie verlagert sich in Richtung auf den gezogenen
Rand, und die Ausnutzbarkeit der Betondruckzone steigt, indem die weiter innen liegenden
Bereiche aktiviert werden. Ausgehend von dieser Erkenntnis hat sich für die Biegebeanspru-
chung allgemein die Annahme von εc2u = − 3,5 ‰ als kritische Randstauchung für normal-
festen Normalbeton bis zu einer Festigkeitsklasse C 50/60 durchgesetzt, wobei die Span-
nungen entsprechend den Angaben in Abbildung 11 den Stauchungen zugeordnet werden.
Wenn die Dehnungsnullinie den Querschnitt verläßt (Druckkraft mit kleiner Exzentrizität),
sinkt die kritische Randstauchung am höher beanspruchten Rand von 3,5 ‰ auf den für mit-
tige Druckbeanspruchung feststehenden Wert von 2 ‰ ab. Für Normalbeton darf bei kleiner
Exzentrizität bis ed/h ≤ 0,1 εc2 = -2,2 ‰ gesetzt werden.

64
SCHEERER y PROSKE

Bei höherer Betondruckfestigkeit sinkt die zulässige Bruchstauchung.


Bei Biegung wird der Bruchzustand dadurch bestimmt, daß an einem Querschnittsrand die
Betonstauchung εc = − 3,5 ‰ (Normalbeton bis C 50/60, sonst geringer) oder in der Zugbe-
wehrung die maximale Stahldehnung von εs = 25 ‰ erreicht wird. Beide Grenzwerte können
auch gleichzeitig auftreten.
Mit den Angaben der Abbildung 11 und der Abbildung 27 liegen auch die Verformungs- und
Spannungswerte bei Nichtausnutzung der Tragfähigkeit der Betondruckzone bzw. der Beweh-
rung fest. Mit diesen Angaben lassen sich alle Verformungen in Abhängigkeit von ω1 errech-
nen, so daß mit ω1 als Leitwert Bemessungstafeln aufgestellt werden können.

5.3.5 Gleichgewichtsbedingungen, bezogene Größen und Bemessungsgleichungen


Um die Bemessung durchführen zu können, müssen die inneren Kräfte mit den Schnittgrößen
infolge äußerer Belastung im Gleichgewicht stehen. Es gilt:
Momentengleichgewicht: (ΣM)s = 0 M Eds = M Ed − N Ed ⋅ ys1 = DEd ,c ⋅ z
0 = M Eds − DEd ,c ⋅ z (60)
Normalkraftgleichgewicht: ΣΗ = 0 N Ed = Z Ed , s − DEd ,c
0 = Z Ed , s − DEd ,c − N Ed (61)
Für den Sonderfall reine Biegung vereinfachen sich die Gleichungen wie folgt:
Momentengleichgewicht: (ΣM)s = 0 M Eds = M Ed = DEd ,c ⋅ z
= b ⋅ d 2 ⋅ ξ ⋅ α '⋅ ς ⋅ f cd
= b ⋅ d 2 ⋅ ω1 ⋅ ς ⋅ f cd (62)
Normalkraftgleichgewicht: ΣΗ = 0 Z Ed , s = DEd ,c
ρl ⋅ b ⋅ d ⋅ σ s = b ⋅ d ⋅ ξ ⋅α '⋅ f cd (63)
MEds ist das Moment um den Schwerpunkt der Stahleinlagen. Setzt man voraus, daß die äuße-
ren Schnittgrößen, die Baustoffe und die Geometrie des Trägers bekannt sind, verbleiben als
einzige Unbekannte Größe und Lage der Betondruckkraft DEd,c. Mittels einer guten Schätzung
der Dehnungsverteilung über die Trägerhöhe können alle unbekannten Größen berechnet wer-
den. Allerdings ist keine geschlossene Lösung möglich.
Den einfachsten Lösungsweg stellen Bemessungstafeln oder -diagramme dar. Um diese zu er-
zeugen, sind innerhalb der zulässigen Verformungsgrenzen für verschiedene Dehnungsver-
teilungen die aufnehmbaren Bruchschnittgrößen zu ermitteln und tabellarisch oder grafisch
zusammenzufassen. Um die Bemessungshilfsmittel weitgehend unabhängig von Querschnitts-
dimensionen und Materialkennwerten handhaben zu können, werden dimensionslose Größen
eingeführt.
N Ed f
bezogene Normalkraft: n= = α ⋅ ξ = ρl ⋅ yd (64)
f cd ⋅ b ⋅ d f cd
M Eds
bezogenes Moment: µ Eds = = ω1 ⋅ ς = ξ ⋅ ς ⋅ α ' (65)
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
Mit bezogenen Schnittgrößen erhält man von Randspannungen und Querschnittsabmessungen
unabhängige Gleichungen. Bezogene Schnittgrößen entsprechen damit denjenigen am
Einheitsquerschnitt. Als Einheitsquerschnitt bezeichnet man einen Querschnitt mit den Ab-
messungen b = d = 1 m und der Betonfestigkeit fcd = 1 MN/m². Gleichung (65) gilt für alle

65
Stahlbeton for Beginners

Belastungsfälle von der reinen Biegung (NEd = 0, MEd = MEds) bis zur mittigen Druckkraft
(MEd = 0, MEds = − NEd ⋅ ys1) und ist die allgemeinste, von allen Baustoffeigenschaften unab-
hängige Darstellung des Momentengleichgewichts.
Bisher bezogen sich alle Ausführungen auf den Rechteckquerschnitt. Für Kreis-, Kreisring-
und Dreieckquerschnitte lassen sich die erforderlichen Bemessungsgleichungen in gleicher
Weise ableiten, ebenso für Querschnitte mit Druckbewehrung (Kapitel 5.4.2).

5.3.6 Grenzen
Eine untere Grenze für die Biegebemessung gibt es quasi nicht. Eine Mindestbewehrungs-
menge dient der Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit, was näher in
Kapitel 10 behandelt wird.
Eine obere Grenze für die Beanspruchung eines Biegebauteils entsteht durch die Forderung
der Sicherstellung einer ausreichenden Duktilität, um einem plötzlichen, spröden Bauteilver-
sagen vorzubeugen. Die Gefahr eines Sprödbruches besteht, wenn die Ausnutzung des Quer-
schnittes extrem hoch ist, d. h. die Betondruckzone sehr groß ist. Die Spannungsnullinie ver-
schiebt sich zum weniger gedrückten Rand hin, die Auslastung des Bewehrungsstahls wird
unwirtschaftlich, da sie unter die Streckgrenze sinkt. Um diesem Fall vorzubeugen, wird z. B.
der gesamte Querschnitt vergrößert, eine höhere Betonfestigkeitsklasse gewählt oder die
Tragfähigkeit der Druckzone durch Bewehrungsstahl erhöht, man spricht dann von doppelter
oder von Druckbewehrung, siehe Kapitel 5.4.2.
Wird nach linear-elastischer Ermittlung der Schnittgrößen die Druckzonenhöhe wie folgt be-
grenzt, können diese Maßnahmen entfallen, eine ausreichende Verformungsfähigkeit gilt als
sichergestellt.
x
ξ= = 0, 45 bis C 50/60 (66) (a) 8.2
d (3)
x
ξ = = 0,35 ab C 55/67 (66) (b)
d
Nach DIN 1045-1 gelten diese Grenzen ausdrücklich für:
• Durchlaufträger, deren Stützweiten sich maximal um den Faktor 2 voneinander unter-
scheiden
• vorwiegend auf Biegung beanspruchte Riegel von Rahmen o. ä. Bauteile
• durchlaufende, in Querrichtung kontinuierlich gestützte Platten.
Werden diese Grenzen überschritten, kann z. B. über den Nachweis der Rotationsfähigkeit ein
ausreichendes plastisches Verformungsvermögen nachgewiesen werden. Der Nachweis der
Rotationsfähigkeit ist nicht Bestandteil dieses Buches. Weiterhin besteht die Möglichkeit,
durch geeignete konstruktive Maßnahmen die Verformungsfähigkeit des Betons zu steigern,
z. B. durch eine enge Verbügelung der Druckzone.

5.4 Ausgewählte Bemessungsverfahren

5.4.1 Einfach bewehrte Rechteckquerschnitte


Beim sogenannten ω1-Verfahren handelt es sich um ein dimensionsloses Verfahren. Als Ein-
gangswerte für die Berechnung müssen folgende Größen bekannt sein:
• Bemessungswerte der Schnittgrößen infolge äußerer Belastung (NEd und MEd)
• Querschnittsgeometrie (b und d)
• Materialkennwerte (fcd und fyd)
66
SCHEERER y PROSKE

Die Bemessungstafeln sind analog zu Tabelle 16 aufgebaut, ausführlichere Tabellen befinden


sich im Anhang, Abschnitt 14.4. Es ist unbedingt zu beachten, daß ab einer Festigkeitsklasse
von C 55/67 für jede Betonklasse extra Diagramme bzw. Tafeln verwendet werden müssen,
da sich ab dort die zulässigen Verformungen je Festigkeitsklasse ändern.
C 12/15 ... C 50/60 M Eds = M Ed − N Ed ⋅ ys1 (60)
µ Eds ω1 ξ = x/d ζ = z/d ε s1 εc2 σ s1
[-] [-] [-] [-] [‰] [‰] [N/mm²] M Eds
µ Eds = (65)
0,01 0,0096 0,0300 0,9896 25,00 -0,77 456,5 b ⋅ d 2 ⋅ f cd
0,02 0,0193 0,0438 0,9845 25,00 -1,15 456,5
... ... ... ... ... ... ... f cd N Ed
As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ + (67)
0,44 2,0434 0,8303 0,6546 0,72 -3,50 143,0 σ s1 σ s1
0,45 3,0080 0,8726 0,6370 0,51 -3,50 102,1

Tabelle 16 Tafel für die Biegebemessung von Rechteckquerschnitten bei einfacher Be-
wehrung für Betone bis zu einer Festigkeitsklasse C 50/60, Auszug
Bei der Bemessung wird zweckmäßigerweise folgendermaßen vorgegangen:
(1) Ermittlung des auf den Bewehrungsschwerpunkt bezogenen Momentes MEds nach Glei-
chung (60). Druckkräfte sind negativ, Zugkräfte positiv einzusetzen.
(2) Bildung des bezogenen Momentes µEds nach Gleichung (65).
(3) Ablesen der Beiwerte:
ω1 zur Ermittlung der Bewehrung
ξ zur Überprüfung der Druckzonenhöhe bei Plattenbalken
ζ zur Berechnung des inneren Hebelarms, z. B. für die Querkraftbemessung
Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden.
(4) Ermittlung der Bewehrung nach Gleichung (67).
(5) Wahl der Bewehrung unter Beachtung der statischen und konstruktiven Erfordernisse. Es
sind z. B. minimale und maximale Stababstände zu beachten, Platz für Rüttellücken vor-
zusehen und die Einhaltung der Betondeckung sicherzustellen.
Hinweis bezüglich der zu verwendenden Einheiten:
Da die Bemessungsgrundwerte µEds, ω1, ξ, ζ und ρl frei von Einheiten sind, muß bei der Be-
messung nach Tafeln mit einander entsprechenden Einheiten gearbeitet werden. Im Hinblick
darauf, daß die Festigkeiten fcd und fyd i. d. R. in N/mm² (entspricht MN/m²) angegeben wer-
den, empfiehlt es sich, diese Einheiten soweit wie möglich aufzunehmen. Daher sind
• Spannungen in [MN/m²] bzw. [N/mm²]
• Momente in [MNm]
• Längen in [m]
einzuführen. Da aber As1 in cm² erhalten werden soll, sind in Gleichung (67) b und d in cm
einzusetzen bzw. zur Umrechnung von m² in cm² der Faktor 104 einzuführen.

5.4.2 Doppelt bewehrte Rechteckquerschnitte


Bei sehr hoch beanspruchten Bauteilen kann es vorkommen, daß die Tragfähigkeit des Betons
nicht ausreicht, um die Biegedruckkraft aufzunehmen. Das bezogene Moment ist sehr groß,
die Biegezugbewehrung As1 ist mit Werten unterhalb des Bemessungswertes der Streckgrenze
fyd nur gering ausgelastet. Damit wird die Konstruktion unwirtschaftlich. In einem solchen

67
Stahlbeton for Beginners

Fall ist es möglich, die Tragfähigkeit der Druckzone durch das Einlegen von Bewehrungsstahl
zu erhöhen. Der Querschnitt erhält eine Druckbewehrung oder auch doppelte Bewehrung.
Die Anordnung von Druckbewehrung erhöht die Kosten und den Arbeitsaufwand und er-
schwert das Betonieren. Die Druckbewehrung muß sorgfältig durch Bügel gegen Ausknicken
gesichert werden. Grundsätzlich sollte man bei reiner Biegung Druckbewehrung vermeiden.
Ausnahmen sind besonders hoch beanspruchten Bereiche, z. B. lokale Querschnittseineng-
ungen durch Öffnungen etc. Bei Biegung mit Längsdruckkraft und kleiner Exzentrizität ist
Druckbewehrung jedoch erforderlich.
Bemessungsgleichungen können analog zum einfach bewehrten Querschnitt hergeleitet wer-
den. Abbildung 28 verdeutlicht die Kräfteverteilung im Querschnitt. Zur Unterscheidung
werden die beiden Bewehrungslagen mit As1 (Zugbewehrung) und As2 (Druckbewehrung) ge-
kennzeichnet.
c2 u
fcd
d2 s2
DEd,As2
ys2 +MEd
x= d DEd,c
h d +NEd
ys1 z= d zs2 = d - d2

ZEd,s1 ZEd,s1(s2)
b d1 s1

Abbildung 28: Kräfte und Bezeichnungen am doppelt bewehrten Stahlbetonquerschnitt


Die Stahlzugkraft ZEd,s1 entspricht der bisherigen Größe ZEd,s und steht im Gleichgewicht zur
Betondruckkraft und der eventuell vorhandenen äußeren Normalkraft NEd. Zusätzlich muß
von der unteren Bewehrungslage noch die Zugkraft ZEd,s1(s2) aufgenommen werden, die in ih-
rem Betrag der Stahldruckkraft in der Druckbewehrung DEd,As2 entspricht. Das Normalkraft-
gleichgewicht nach Gleichung (61) ist wie folgt zu erweitern:
Normalkraftgleichgewicht: ΣΗ = 0 N Ed = Z Ed − DEd (68)
mit: Z Ed = Z Ed , s = Z Ed , s1 + Z Ed , s1( s 2)
DEd = DEd ,c + DEd , As 2
und: Z Ed , s1 = N Ed + DEd ,c
Z Ed , s1( s 2) = DEd , As 2
Das Momentengleichgewicht nach Gleichung (60) wird erweitert zu:
Momentengleichgewicht: (ΣM)s = 0 M Eds = M Ed − N Ed ⋅ ys1
= DEd ,c ⋅ z + DEd , As 2 ⋅ zs 2 (69)
Die Berechnung wird folgendermaßen durchgeführt:
(1)Bildung des bezogenen Momentes µEds nach Gleichung (65).
M Eds
µ Eds = (65)
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
(2)Überprüfen, ob Druckbewehrung erforderlich ist: µEds > µ*Eds ?
Das Grenzmoment µ*Eds entspricht dem Moment, was bei einer Dehnungsverteilung von
εc2 = -3,5 ‰ für die Betonstauchung und εs1 = 2,175 ‰ für die Dehnung des Betonstahles
an der Streckgrenze vom Querschnitt aufgenommen werden kann.

68
SCHEERER y PROSKE

wenn ja, dann gilt µ Eds = µ Eds


*
+ ∆µ Eds
(70)
bzw. M Eds = M *Eds + ∆ M Eds

(3)Berechnung für den Anteil µ*Eds (bzw. M*Eds):


Für diesen Wert kann der erste Teil der Bewehrung As1 berechnet werden. Dazu können
direkt die Kennwerte aus den Tafeln für einfache Bewehrung übernommen werden. Die
Menge der Druckbewehrung ist am geringsten, wenn die Betondruckzone innerhalb der
zulässigen Grenzen maximal ausgenutzt wird, d. h. die Grenzen nach Gleichung (66) die
Größe von µ*Eds bestimmen.
f cd N Ed
As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ + (67)
σ s1 σ s1

(4)Berechnung für den Anteil ∆µEds (bzw. ∆MEds):


Die Differenz ∆µEds muß durch ein zusätzliches Kräftepaar aufgenommen werden. Da die
Drucktragfähigkeit des Betons schon mit der Aufnahme von µ*Eds ausgenutzt wurde, muß
eine Druckbewehrung eingelegt werden, die das Restmoment ∆MEds aufnehmen kann. Es
gilt:
∆ M Eds = DEd , As 2 ⋅ zs 2 (siehe auch Abbildung 28) (71)
und Z Ed , s1( s 2) = DEd , As 2 (68)
Die durch den Bewehrungsstahl aufnehmbaren Kräfte sind von der vorhandenen Stahl-
dehnung abhängig. Für As1 ist diese mit εs1 = 2,175 ‰ fest vorgegeben. Für As2 kann sie
wie folgt berechnet werden, wenn der Abstand der Druckbewehrung vom meist gedrück-
ten Rand d2 festgelegt wurde:

(a) Dehnung εs2:


c2

s2
d2
x x − d2
=

εc2 ε s2
x= ·d
d2
ξ ⋅d − d
εs2 = d ⋅ ε = ⎛1 − d 2 ⎞ ⋅ ε (72)
⎜ ⎟ c2
ξ ⋅d ⎝ d ⋅ξ ⎠
c2
s1

(b) Anrechenbare Stahlspannung σ's2:


Die Stahlspannung in der Bewehrung ist abhängig von der Dehnung. Wenn die
Dehnung bekannt ist, kann die Spannung direkt berechnet werden. Dabei ist aller-
dings zu beachten, daß im Bereich der Druckbewehrung die Betondruckspannung
schon zur Aufnahme von µ*Eds angesetzt wurde. Deshalb ist dieser Wert von der
Stahlspannung σs2, Abbildung 29, abzuziehen. Wird die Druckbewehrung in der
Nähe des meistgedrückten Randes angeordnet, ist die volle Betondruckspannung fcd
abzuziehen. Liegt der Stahl weiter davon entfernt, muß überprüft werden, ob die
Betonspannung in dieser Querschnittsfaser kleiner als fcd ist. Deshalb wird der Bei-
wert φ eingeführt, der angibt, inwieweit die Betondruckspannung in Höhe der
Druckbewehrung ausgenutzt wird, Gleichung (73).

69
Stahlbeton for Beginners

s2
c 2u

s2
fcd ’s2
DEd,As2 n
⎛ ε ⎞
εs2 > εc2: φ = 1 − ⎜1 − s 2 ⎟
DEd,c
zs2 = d - d2 ⎝ εc2 ⎠ (73)
z=

·d = d (1 - d2 / d) εs2 < εc2: φ =1
ZEd,s1 ZEd,s 1(s2)
s1

Abbildung 29: Anrechenbare Stahlspannung für Druckbewehrung


Somit ergibt sich die anrechenbare Stahlspannung zu:
σ s' 2 = σ s 2 − f cd ⋅ φ (74)
(c) Berechnung der erf. Druckbewehrung As2, Einführung des Beiwertes ω2:
⎛ d ⎞
As 2 ⋅ σ s′2 ⋅ d ⎜1 − 2 ⎟
∆ M Eds DEd , As 2 ⋅ ys1 ⎝ d ⎠ (75)
∆µ Eds = = =
b ⋅ d ⋅ f cd
2
b ⋅ d ⋅ f cd
2
b ⋅ d ⋅ f cd
2

∆µ Eds ⋅ b ⋅ d 2 ⋅ f cd ∆µ Eds b ⋅ d ⋅ f cd f cd
As 2 = = ⋅ = ω2 ⋅ b ⋅ d ⋅
⎛ d2 ⎞
1−
d2 σ s 2 − f cd ⋅ φ σ s 2 − f cd ⋅ φ (76)
σ s′2 ⋅ d ⎜ 1 − ⎟
⎝ d ⎠ d
∆µ Eds
mit: ω2 =
d2 (77)
1−
d
(d) Berechnung von As1(s2):
Es gilt folgendes Kräftegleichgewicht:
DEd , As 2 = As 2 ⋅ σ 's 2 = As1( s 2) ⋅ σ s1 = Z Ed , s1( s 2) (78)
σ 's 2 f cd σ' f
As1( s 2) = As 2 = ω2 ⋅ b ⋅ d ⋅ ⋅ s 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd (79)
σ s1 σ s 2 − f cd ⋅ φ σ s1 σ s1
(5)Zusammenfassung aller erforderlichen Bewehrungsmengen:
f cd
Druckbewehrung: As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ (80)
σ s 2 − f cd ⋅ φ
f cd N Ed
Zugbewehrung: As1 = ω1, ges ⋅ b ⋅ d ⋅ + ω1, ges ⋅ , mit: ω1, ges = ω1 + ω 2 (81)
σ s1 σ s1
(6)Formeln ohne Berücksichtigung der Abminderung der Stahlspannung σs2 auf den anre-
chenbaren Wert σ's2. In Tafeln erscheint dann nur noch der Beiwert ω1.
f cd
Druckbewehrung: As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ (82)
σ s2
f cd N Ed
Zugbewehrung: As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ + ω1 ⋅ (83)
σ s1 σ s1

70
SCHEERER y PROSKE

5.4.3 Bemessung mit Hilfe der rechteckförmigen Spannungsverteilung


Nach Tabelle 15 in Abschnitt 5.3.3 läßt sich jede beliebige für die Betondruckzone angenom-
mene Spannungsverteilung in ein gleichwertiges Rechteck mit gleicher Größe und gleicher
Lage der Resultierenden umwandeln. Die DIN 1045-1 erlaubt die Anwendung einer konstan-
ten Spannungsverteilung für die Querschnittsbemessung, wenn sowohl die zulässige Beton-
bruchspannung fcd als auch die Höhe der Druckzone x abgemindert werden, Abbildung 30.
c2 u ⋅ fcd fck ≤ 50 N/mm²:
k = 0,8 (84) a
k⋅x DEd,c
MEd x χ = 0,95 (85) a
h d
fck > 50 N/mm²:
k = 1 - fck / 250 (84) b
ZEd,s1
b s1
χ = 1,05 - fck / 500 (85) b

Abbildung 30: Rechteckförmige Spannungs-Dehnungs-Beziehung für Beton


Durch diese Vereinfachung ist mit den folgenden Formeln eine Bemessung ohne Bemes-
sungstafeln möglich. Der Index "R" soll für "rechteckige Spannungsverteilung" stehen.
zulässige Betondruckkraft: DEd ,c = b ⋅ χ ⋅ f cd ⋅ k ⋅ x = b ⋅ f cd , R ⋅ xR (86)

zulässige Stahlzugkraft: Z Ed , s1 = As1 ⋅ f yd (87)


Gleichgewicht: ⎛ x ⎞ (88)
(I) M Eds = DEd ,c ⋅ z = b ⋅ f cd , R ⋅ xR ⋅ ⎜ d − R ⎟
⎝ 2 ⎠
(II) DEd ,c = Z Ed , s1 = b ⋅ f cd , R ⋅ xR = As1 ⋅ f yd (89)

2
M Eds x 2 M Eds
aus (I): = d ⋅ xR − R → 0 = xR − d ⋅ xR + 2
b ⋅ f cd , R 2 b ⋅ f cd , R
M Eds
xR ,1/ 2 = d ± d 2 − 2 (90)
b ⋅ f cd , R

xR M Eds
mit: ω1R = ≤ 1, 0 (91) und µ Eds , R = (92)
d b ⋅ d 2 ⋅ f cd , R

ergibt sich: ω1R = 1 − 1 − 2 ⋅ µ Eds , R (93)

aus (II): Z Ed , s1 = DEd ,c → As1 ⋅ f yd = b ⋅ f cd , R ⋅ xR = b ⋅ f cd , R ⋅ d ⋅ ω1R

f cd , R
ergibt sich: As1 = ω1R ⋅ d ⋅ b ⋅ (94)
f yd

Durch Umstellen erhält man außerdem die Bestimmungsgleichung für den Hebelarm der in-
neren Kräfte, (95).
zR = ζ R ⋅ d (95)
ω1R
mit: ζ R = 1− (96)
2

71
Stahlbeton for Beginners

Auch bei diesem Verfahren ist auf die Einhaltung der Grenzwerte für das Verhältnis x/d zu
achten. Wird eine doppelte Bewehrung erforderlich, ist sinngemäß nach Abschnitt 5.4.2 zu
verfahren.

5.4.4 Vergleich des genauen ω1-Verfahrens mit der Näherung mittels Rechteckblock
Im folgenden sollen das ω1-Verfahren und das Näherungsverfahren mit rechteckförmiger
Spannungsverteilung (ω1R-Verfahren) miteinander verglichen werden. Die Bewehrung soll je-
weils für ein relativ niedriges (Querschnitt schlecht ausgelastet) und ein relativ hohes Moment
(Querschnitt stark ausgelastet) ermittelt werden.

gegeben:
Schnittgrößen: Beispiel 1: MEds = 86 kNm
Beispiel 2: MEds = 256 kNm
Geometrie: d = 40 cm
b = 30 cm
Material: Stahl BSt 500 S(A) → fyd = 500/1,15 = 434,8 N/mm²
f 35
Beton C 35/45 → f cd = α ⋅ ck = 0,85 ⋅ = 19,8 N/mm²
γc 1,5
gesucht:
erforderliche Bewehrungsmenge
(a) mit Tafeln (ω1-Verfahren)
(b) ω1R-Verfahren
Lösung:
Beispiel 1 nach Tafeln, ω1-Verfahren ω1R-Verfahren
M Eds M Eds
µ Eds = µ Eds , R =
bezogenes b ⋅ d 2 ⋅ f cd b ⋅ d 2 ⋅ f cd , R
Moment: 0, 086 MNm 0, 086 MNm
= = 0, 090 = = 0, 095
0,3 ⋅ 0, 42 m³ ⋅19,8 MN/m² 0,3 ⋅ 0, 4 m³ ⋅ 0,95 ⋅19,8 MN/m²
2

ω1R = 1 − 1 − 2 ⋅ µ Eds , R = 1 − 1 − 2 ⋅ 0, 095 = 0,1001


ω1 = 0,0901
xR = ω1R ⋅ d = 0,1001 ⋅ 40 cm = 4, 0 cm
Beiwerte: ξ = x/d = 0,1181 x = 4,7 cm
ζ = z/d = 0,9512 z = 38,0 cm ω1R 0,1001
ς R = 1− = 1− = 0,9499 → z = 38, 0 cm
2 2
f cd f cd , R
As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ As1 = ω1R ⋅ b ⋅ d ⋅
Erforderli- f yd f yd
che Beweh- 19,8 N/mm² 0,95 ⋅19,8 N/mm²
rung: = 0, 0901 ⋅ 30 ⋅ 40 cm² ⋅ = 0,1001 ⋅ 30 ⋅ 40 cm² ⋅
434,8 N/mm² 434,8 N/mm²
= 4,93 cm² = 5, 21 cm²
Vergleich: 100,0 % 105,5 %
Vergleich
εs1 = 25,00 ‰ εs1 = 25,00 ‰
der Span-
εc2 = -3,35 ‰ εc2 = -3,50 ‰
nungsver-
teilungen: σs1 = 456,5 = 525/1,15 N/mm² σs1 = 434,8 N/mm²

72
SCHEERER y PROSKE

Beispiel 2 nach Tafeln, ω1-Verfahren ω1R-Verfahren


bezogenes M Eds M Eds
µ Eds = = 0, 270 µ Eds , R = = 0, 284
Moment: b ⋅ d 2 ⋅ f cd b ⋅ d 2 ⋅ f cd , R

ω1R = 1 − 1 − 2 ⋅ µ Eds , R = 0,3430


ω1 = 0,3217
xR = ω1R ⋅ d = 13, 7 cm
Beiwerte: ξ = x/d = 0,4001 x = 16,0 cm
ζ = z/d = 0,8336 z = 33,3 cm ω1R
ς R = 1− = 0,8285 → z = 33,1 cm
2
Erforderli- f cd f cd , R
che Beweh- As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ = 17, 61 cm² As1 = ω1R ⋅ b ⋅ d ⋅ = 17,84 cm²
f yd f yd
rung:
Vergleich: 100,0 % 101,3 %
Vergleich
εs1 = 25 ‰ εs1 = 25,00 ‰
der Span-
εc2 = -3,50 ‰ εc2 = -3,50‰
nungsver-
teilungen: σs1 = 456,5 = 525/1,15 N/mm² σs1 = 434,8 N/mm²

Grundsätzlich kann festgestellt werden, daß mit dem Näherungsverfahren eine größere Be-
wehrungsmenge ermittelt wird als mit der genauen Variante, das ω1R-Verfahren liegt somit
auf der sicheren Seite. Für den gering ausgelasteten Querschnitt (Beispiel 1) ist die Abwei-
chung relativ hoch, sie wird mit steigender Beanspruchung kleiner. Die Unterschiede resultie-
ren zum einen aus der geringeren Auslastung des Bewehrungsstahles, da beim Näherungsver-
fahren mit einer konstanten Spannung fyd = 500/1,15 = 434,8 N/mm² gerechnet wird. Zum
anderen ist der Rechteckblock eine gute Näherung für das voll ausgebildete Parabel-Recht-
eck-Diagramm, also bei hoher Auslastung der Druckzone. Im Beispiel 1 - geringe Auslastung
der Druckzone - ist dann die Abweichung bezüglich der Lage der Resultierenden und damit
der Größe des inneren Hebelarmes schon recht beachtlich.

5.5 Bewehrungsführung und Konstruktionsregeln

5.5.1 Bewehrungsführung

5.5.1.1 Allgemeines
Im üblichen Hochbau kommen vor allem gerade Stäbe mit und ohne Endhaken, aufgebogene
Stäbe und Bügel zum Einsatz. Bei flächigen Bauteilen werden vorgefertigte Betonstahlmatten
verwendet.
Stahleinlagen sollen Zugkräfte aufnehmen. Insbesondere sollen sie bzgl. ihrer Lage und
Ausrichtung den realen Zugspannungsverläufen im Bauteil entsprechen. Leonhardt [24] em-
pfiehlt, maximal 20° Richtungsabweichung zwischen Hauptbewehrung und Hauptzugspan-
nungen zuzulassen. Die Bewehrungsmenge sollte proportional zur Größe der Zugspannungen
sein und kann bei Bedarf abgestuft werden.
Für das Tragverhalten sind dünnere Stäbe mit kleineren Stababständen günstiger als wenige
Stäbe mit großem Durchmesser (theoretische Hintergründe siehe Kapitel 10).
Beim Einbau der Bewehrung muß sichergestellt werden, daß sie während des Betoniervor-
gangs exakt in ihrer Lage bleibt. Zu diesem Zweck müssen die Stäbe mit Rödeldraht mitein-
ander verbunden werden. Löten und Punktschweißen ist ebenfalls möglich, auf der Baustelle
aber sehr unpraktisch. Bei Fertigteilen kommen dieses Verfahren aber häufiger zur Anwen-
dung. Geschweißte Bewehrungskörbe können auch vorgefertigt und komplett auf die Bau-

73
Stahlbeton for Beginners

stelle geliefert und dort eingebaut werden. Um die Betondeckung zu gewährleisten, werden
Abstandhalter eingebaut. In Abbildung 43 sind einige Varianten zu sehen.

Zementklötze Kunststoffhalter Ständer für obere Bewehrungslage, Abstandshalter

Abbildung 31: Abstandhalter, Beispiele

Werden Stäbe gebogen, erhöht sich die Beanspruchung des Stahls und des Betons.
Stahl:
Der Stab wird plastisch verformt, am Rand wird die Streckgrenze erreicht. Nach dem
Biegen bleiben Gefügeveränderungen und Eigenspannungen im Stab erhalten. Ein Rück-
biegen muß grundsätzlich möglich sein, allerdings werden die Gefügeveränderungen da-
durch nicht aufgehoben. Niedrige Temperaturen und hohe Biegegeschwindigkeit mindern
die Biegefähigkeit.
(a) (b)
+ +
ds +

Abbildung 32: Spannungen in Bewehrungsstahl beim Biegen, nach [38]; (a) unter
Wirkung des erforderlichen Biegemomentes; (b) Eigenspannungen
nach dem Biegen
Beton:
Bei gekrümmten Stäben entstehen zusätzliche Spannungen im umgebenden Beton, siehe
Abbildung 33. Je kleiner der Krümmungsradius ist, desto größer werden diese Spannun-
gen. Sie können leicht die einaxiale Festigkeit des Betons überschreiten.
Zs Zs
Außenkante
Zs Beton
1
2 dbr Dcu
dcu Zs ZH ZH

mit: dcu Umlenkkräfte entlang der Stabkrümmung


Dcu resultierende Umlenkkraft im Beton
ZH horizontale Zugkräfte infolge pu, Achtung: es können lokale Abplatzungen in der Nähe
von Bauteilrändern entstehen!

Abbildung 33: Beanspruchungen bei gekrümmten Stäben, nach [38]

Deshalb sind Mindestbiegerollendurchmesser dbr vorgeschrieben, die Eigenspannungen im


Stahl und die Belastung des Betons zu begrenzen. Die seitlich entstehenden Spaltzugkräfte
erfordern außerdem eine ausreichende Betonüberdeckung oder eine Querbewehrung. Die Be-
stimmungen sind Tabelle 17 zu entnehmen.

74
SCHEERER y PROSKE

12.3.1 Haken, Winkelhaken, Schlaufen Schrägstäbe oder andere gebogene Stäbe


Tab. 23 Stabdurchmesser Mindestwerte der Betondeckung rechtwinklig zur Biegebene
ds < 20 mm ds ≥ 20 mm > 100 mm und > 7 · ds > 50 mm und > 3 · ds > 50 mm oder > 3 · ds
4 · ds 7 · ds 10 · ds 15 · ds 20 · ds

Tabelle 17 Mindestbiegerollendurchmesser dbr


Für nach einem Schweißvorgang zu biegende Bewehrung oder Bewehrungsmatte sind zusätz-
lich die Werte aus Tabelle 18 einzuhalten.
12.3.1 vorwiegend ruhende Belastung vorwiegend nicht ruhende Belastung
Tab. 24 Schweißung Schweißung Schweißung auf der Schweißung auf der
außerhalb des innerhalb des Außenseite der Biegung Innenseite der Biegung
Biegebereiches Biegebereiches
a < 4 · ds 20 · ds
20 · ds 100 · ds 500 · ds
a ≥ 4 · ds wie Tabelle 17

Tabelle 18 Mindestbiegerollendurchmesser dbr bei Biegen nach dem Schweißen


In der DIN 1045-1 sind zusätzliche Bestimmungen für Stäbe enthalten, die Hin- und Zurück-
gebogen werden. Darauf soll aber nicht näher eingegangen werden.

5.5.1.2 Bewehren mit Stabstahl


Der übliche maximale Stabdurchmesser beträgt 28 mm. Stäbe mit ds > 32 mm dürfen nur in
12.1
Bauteile mit einer Mindestdicke von 15 · ds eingebaut werden.
Stabstahl wird in der Regel in Längen von 12,0 m hergestellt und geliefert. Für die Breite von
vorgefertigten Biegeformen oder Matten ist bei Transport auf der Straße 2,45 m die Grenze,
auf der Schiene 2,65 m.
Allgemein sind folgende Mindestabstände beim Verlegen von Stabstahl einzuhalten. Damit
soll ein ordnungsgemäßes Einbringen und Verdichten des Betons sowie ein möglichst guter
Verbund gewährleistet werden.
⎧ 20 mm

12.2 sn ≥ ⎨ 2 ⋅ d s
⎪d + 5 mm
⎩ g (97)
mit: sn lichter Abstand zwischen zwei Stäben
dg Größtkorndurchmesser des Betons
Außerdem muß in gewissen Abständen Rüttellücken für einen Innenrüttler gelassen werden
(mind. 8 cm).
In Abhängigkeit von der Art des Bauteils und dessen Beanspruchung sind auch Maximalab-
stände für Bewehrung einzuhalten. Die entsprechenden Bestimmungen sind dann im jeweili-
gen Abschnitt dieses Skripts zu entnehmen, für biegebeanspruchte Bauteile z. B. Kapitel 5.5.2
für vorwiegend biegebeanspruchte Bauteile oder 7.5 für die Querkraftbewehrung.

5.5.1.3 Bewehren mit Betonstahlmatten


Betonstahlmatten bestehen aus rechtwinklig zusammengeschweißten Rippenstählen. Die Ver-
bindung erfolgt durch Punktschweißen. Die Stabdurchmesser betragen maximal 12 mm.

75
Stahlbeton for Beginners

Man unterscheidet zwischen Lager- und Listenmatten. Lagermatten werden aus häufig ver-
langten Stahlquerschnitten vorgefertigt und im Lager vorgehalten. Sie haben Standardabmaße
von 5,00 × 2,15 m oder auch 6,00 × 2,15 m bei großen Stabdurchmessern. Bei Listenmatten
kann der Auftraggeber die Stabdurchmesser und Abstände weitgehend selber bestimmen.
Der Aufbau von Matten und ihre Bezeichnung werden in der folgenden Abbildung erläutert.
Durchmesser und Stababstände in der Längsrichtung der Matte werden vor (über) dem Bruch-
strich angegeben, für die Querrichtung danach (darunter). Die Buchstaben „d“ oder „D“ kenn-
zeichnen einen Doppelstab. Doppelstäbe kommen bei Lagermatten nur in der Längsrichtung
vor.
L
Grundriß:
Quer-
üq

schnitt:
dsl2 , Einfachstäbe
sl

im Stoßbereich
Darstellung in einer
sl

dsl1 , Doppelstäbe Bewehrungszeichnung:


möglich
77
B R3

B
ül sq sq 3
Querstab mit dsq


dsq2 dsq1 L
Längsschnitt: Längsstab mit dsl

mit: L Mattenlänge ül Überstand der Längsstäbe


B Mattenbreite üq Überstand der Querstäbe
sl Abstand der Längsstäbe dsl Durchmesser der Längsstäbe
sq Abstand der Querstäbe dsq Durchmesser der Querstäbe
sl · dsl1/dsl2 - nli/nre
Bezeichnung: BSt 500 M(A)
sq · dsq1/dsq2 - mAn/mEn
mit: m, n Anzahl der Stäbe mit dsl1 bzw. dsq2
Index 1, 2 Regeldurchmesser bzw. Durchmesser am Mattenrand
Index li, re links bzw. rechts
Index An, En Anfang bzw. Ende
150 · 6,0 d/6,0 - 2/2
Beispiel 1: BSt 500 M(A)
250 · 6,0
→ Längsrichtung: links und rechts 2 Einzelstäbe Ø 6, sonst Doppelstäbe Ø 6,
Stababstand 150 mm
→ Querrichtung: Ø 6 alle 250 mm
Kurzbezeichnung der Lagermatte: R377 A
150 · 6,0 d/6,0 - 4/4
Beispiel 2: BSt 500 M(A)
100 · 7,0
→ Längsrichtung: links und rechts 4 Einzelstäbe Ø 6, sonst Doppelstäbe Ø 6,
Stababstand 150 mm
→ Querrichtung: Ø 8,5 alle 150 mm
Kurzbezeichnung der Lagermatte: Q377 A

Abbildung 34: Aufbau und Kennzeichnung von Betonstahlmatten, nach [32], [38]
Matten werden in der Kurzbezeichnung durch „R“ und „Q“ unterschieden. Q-Matten haben in
beiden Tragrichtungen etwa den selben Bewehrungsquerschnitt, eignen sich dadurch z. B.
zum Bewehren zweiachsig gespannter Decken. R-Matten besitzen in der Nebentragrichtung
(Querrichtung) nur mindestens 20 % der Tragfähigkeit der Längsrichtung. Sie werden also in

76
SCHEERER y PROSKE

einachsig gespannten Konstruktionen eingebaut. Die Zahl in der Kurzbeschreibung gibt den
100fachen Bewehrungsquerschnitt in [cm²] in der Mattenlängsrichtung an. Das Lieferpro-
gramm für Lagermatten ist im Anhang, Kapitel 14.7 zu finden.

5.5.1.4 Darstellung von Bewehrung


Die folgenden Ausführungen beruhen vor allem auf GOLDAU [17] und WOMMELSDORFF [38].
Bei flächigen Bauteilen ist die untere und wenn vorhanden die obere Bewehrungslage im
Grundriß in je einer Zeichnung darzustellen. Ebenfalls ist die Darstellung eines oder gegeben-
enfalls mehrerer Schnitte erforderlich. Bei stabförmigen Bauteilen sind Längs- und Quer-
schnitt zu zeichnen.
Bewehrungspläne sollten im Maßstab M 1 : 50 oder größer dargestellt werden. Bei Platten,
Balken oder Stützen ist oft sogar M 1 : 25 zweckmäßig. Ecken, Knoten oder sonstige Berei-
che mit konzentrierter und komplizierter Bewehrungsführung sind als Detail im Maßstab
M 1 : 5 oder 1 : 10 darzustellen. Dies gilt z. B. für die Durchdringung von Stützen durch Un-
terzüge.
Aus der Zeichnung müssen Stabform und Biegemaße eindeutig hervorgehen. Dazu ist ein
Stahlauszug anzufertigen.
In der folgenden Tabelle sind Beispiele für verschiedene Linienarten und deren wichtigsten
Anwendungen aufgeführt.

Linienart (Beispiele) Anwendung (Beispiele)


Vollinie
breit Begrenzung der Flächen geschnittener Bauteile; Bewehrungsstab
mittel sichtbare Kanten, kleine geschnittene Flächen, Bewehrungsmatte
dünn Raster-, Maß-, Hinweislinien, Pfeile, Schraffuren
Strichlinie
mittel unsichtbare Kanten von Bauteilen
dünn Nebenrasterlinien
Strichpunktlinie
breit Kennzeichnung von Schnittebenen
mittel Stoff-, Symmetrieachsen

Tabelle 19 Verwendung von Linienarten und -stärken

In Tabelle 22 sind einige der wichtigsten Zeichen, Symbole und Biegeformen für Beweh-
rungszeichnungen dargestellt.

Darstellung in der Bewehrungsskizze


Ø 8 – 10,0
Ø 8 s = 10 Stabdurchmesser 8 mm, alle 10 cm verlegt
Ø 8 / 10

7 ; 7 Positionsnummer Stabstahl; Bewehrungsmatte

gerader Stab

Tabelle 20 Elemente einer Bewehrungszeichnung, Beispiele

77
Stahlbeton for Beginners

Matte; oben: im Grundriß, unten: im Schnitt

Bügel; links und Mitte: offen biegen, rechts: geschlossen biegen (z. B. Stützen)

Bezeichnung von Stäben in der Bewehrungszeichnung

1 2

Stahlauszug
Stab mit Winkelhaken
10 230 10
7 3Ø10/20 L = 230 Positionsnummer: 7, Anzahl: 3, Durchmesser: 10 mm, Länge: 2,30 m, Länge
der Winkelhaken: 10 cm
10
10 cm Winkelhaken, oben: Ansicht, unten: Draufsicht
10

15 15 cm Haken
dbr = 35 cm 35 cm Biegerollendurchmesser

45° 40 20 45° 5 mit 45° aufgebogener Stab mit Winkelhaken, Biegerollendurchmesser der
20 10
20 dbr = 35 cm 60 Aufbiegungen: 35 cm, Biegerollendurchmesser Winkelhaken: 5 ds
oben: Ansicht; unten: Draufsicht im Grundriß
1 :5 Kröpfung im Verhältnis 1 : 5 (z. B. Anschlußstäbe bei Stützen)

Fortsetzung Tabelle 20 Elemente einer Bewehrungszeichnung, Beispiele

Positionsnummern von Stabstahl werden in Kreisen, von Matten in Rechtecken dargestellt.


Jede Biege- und jede Mattenform erhält eine eigene Positionsnummer. Verschiedene Stab-
durchmesser bei gleichen Biegeformen müssen ebenfalls unterschiedlich bezeichnet werden.
Die Stäbe und Matten werden jeweils durchgehend numeriert.
Es werden folgende Stabmaße unterschieden:
(A) Schnittlänge - am gerade Stab gemessen, in [cm] angeben
(B) Biegelänge - in der Stabachse gemessen, in [cm] angeben
(C) Einbaulänge - Stabaußenmaß im gebogenen Zustand
(D) Paßlänge - Schalungsmaß minus Betondeckung
(E) Hakenmaß - außen bis außen gemessen.
Beispiele für die Anwendung sind in Abbildung 35 dargestellt.

B ds
E

ds ds B
A D D E C

Abbildung 35: Stabmaße

78
SCHEERER y PROSKE

In Bewehrungszeichnungen werden nur die Hauptmaße der Schalung übertragen, Längen über
1 m in [m], darunter in [cm].
Für die Bewehrung sind folgende Maßeinheiten zu verwenden:
• Biegemaße:
cm
• cm – bei gebogenen Stäben = Σ der Teilmaße = Achsmaße ai in
Schnittlängen:
Abbildung 36)
• Stabdurchmesser: mm
• Biegewinkel: °
• Mattengrößen: cm, Länge/Breite (Mattenlänge = Haupttragrichtung)
Die Höhen von Bügeln, Aufbiegungen u. ä. sind als Einbaumaße, also auf die Stabaußenkante
bezogen, anzugeben, siehe Abbildung 36.
cnom cnom
h

cnom
a1
ds 40
62 h = b - 2 cnom

v
d
53
53

a ds
cnom
40

r
db
2
v = d - 2 cnom
a3 b h

Abbildung 36: Maße bei Bügeln und Aufbiegungen (nicht maßstäblich!)


Im nächsten Bild wird erläutert, wie die einzelnen Maße berechnet werden können.
2,54 15
1
15
35

a = Schalmaß (2,69 m) – 2 · cnom


2
25

2,69
b = Schalmaß (2,69 m) – 2 · cnom
1 a c = Verankerungsmaß, siehe Abschnitt 9 (Stab 2:
c = 15 cm + l1)
d

c
c d = Hakenmaße, siehe Abschnitt 9
b
c

a
2

Abbildung 37: Maße bei Bügeln und Aufbiegungen (nicht maßstäblich!)


In den folgenden Bildern werden einige Beispiele für Bewehrungszeichnungen gezeigt.
9,20
24 6,86 80 1,30
24
49

m
,16
1,26

0
d=
50

3,50

10.2
5,00

4,02

10.1
1,26
24
66

1,50
60

Abbildung 38:
49

Bsp. Schal- und


24

24 3,40 1,00 24 4,08 24


Positionszahl einer
9,20 Decke, aus [17]

79
Stahlbeton for Beginners

1,10
3,40
5 3 6, L=1,10 m
3 2 2=4 10, L=3,40 m

188
12 R 257
6 R
11

11
3

2 3 2+3=9 6, L=1,55 m
2 5

1,55 m
25
5

R
5
4 2
11

11

2
4 3
25 7
4 R
11

4
2 R
25 21 2
7 R2
9
8
18
R
13

5
88
R1

4
11

4
8 1
18
R
14 1
21
R2
8
88
R1
10

10

Untere Lage
Obere Lage

21 1 R
R2 221
7
2

20 21 6 57 57
2

4
4,90 m
5
1 2+5=7 10, L=4,90 m

Schnitt 2-2 Schnitt 1-1

1 2 2

31
4
13

31

Abbildung 39: Bewehrungsplan zu Abbildung 38, aus [17]

80
SCHEERER y PROSKE

Abbildung 40: Beispiel Balken, aus [17]

81
Stahlbeton for Beginners

Abbildung 41: Beispiel Fundament

82
SCHEERER y PROSKE

Abbildung 42: Beispiel Fertigteilstütze, aus [17]

83
Stahlbeton for Beginners

5.5.2 Konstruktionsregeln für überwiegend biegebeanspruchter Bauteile

5.5.2.1 Mindest- und Höchstbewehrung überwiegend biegebeanspruchter Bauteile 13.1.1

Den Bestimmungen zur Mindestbewehrung zur Sicherung eines duktilen Bauteilverhaltens


liegt zugrunde, daß das Versagen eines Bauteils ohne Vorankündigung bei der Erstrißbildung
verhindert werden muß. Für Stahlbetonbauteile gilt diese Bedingung als erfüllt, wenn die
Grundsätze zur Mindestbewehrung nach DIN 1045-1, Abschnitt 13.1.1 eingehalten werden.
Die Mindestbewehrung ist für das Rißmoment mit dem Mittelwert der Zugfestigkeit fctm zu 13.1.1
ermitteln, die Stahlspannung darf zu σs = fyk angenommen werden. Die Ermittlung der Riß- (1)
schnittgrößen wird ausführlich in Kapitel 10.3 behandelt. An dieser Stelle sollen der Vollstän-
digkeit halber nur die Berechnungsformeln angegeben werden. Dieser Nachweis des duktilen
Bauteilverhaltens entspricht sinngemäß dem unteren Grenzwert min ω1, der beim ω1-Verfah-
ren nach alter DIN 1045 [10] zu beachten war.
b ⋅ h2
Rißmoment im Zustand I kurz vor dem Erstriß: M R = f ct ⋅ W = f ctm ⋅ (98)
6
mit: W Widerstandsmoment des Querschnitts im Zustand I
b ⋅ h2
W= für einen Rechteckquerschnitt
6
fct = fctm, Mittelwert der Zugfestigkeit
Rißmoment im Zustand II: M R = As ⋅ σ sR ⋅ 0,8 ⋅ h (99)

mit: σsR = fyk

Durch Gleichsetzen der beiden Formeln ergibt sich die erforderliche Mindestbewehrung für
das Rißmoment zu
f ctm ⋅ b ⋅ h 2 f b⋅h
erf As = = ctm ⋅ . (100)
6 ⋅ f yk ⋅ 0,8 ⋅ h f yk 4,8
Folgende grundsätzliche Regeln müssen berücksichtigt werden: 13.1.1
• Die Mindestbewehrung ist gleichmäßig über die Breite und anteilig über die Höhe der (3)
Zugzone zu verteilen.
• Die im Feld einzulegende Mindestbewehrung ist grundsätzlich zwischen den Aufla-
gern durchzuführen, unabhängig von den Regelungen der Zugkraftdeckung, Kapitel 8.
• Über den Innenauflagern durchlaufender Konstruktionen ist die oben liegende Min-
destbewehrung in beiden anschließenden Feldern mindestens über eine Länge von ¼
der Stützweite einzulegen, bei Kragarmen über die gesamte Kraglänge.
• Die Mindestbewehrung ist an den End- und Zwischenauflagern mit der Mindestveran-
kerungslänge zu verankern, siehe Abschnitt 9.4 sowie Gleichung (157) und (158).
Bei hochbewehrten Balken, bei denen das Verhältnis x/d = 0,45 (bis zu einer Festigkeitsklasse 13.1.1
von C 50/60) überschritten wurde, ist eine Umschnürung der Biegedruckzone anzuordnen. (5)
Bei Verwendung von Bügeln hierzu gilt:
d s ≥ 10 mm und smax entsprechend Tabelle 22, unterste Zeile (101)
Schließlich gibt es noch eine obere Grenze für den Bewehrungsgehalt in einem Querschnitt,
der auch im Bereich von Übergreifungsstößen nicht überschritten werden darf.
13.1.1
max As = 0, 08 ⋅ Ac (102) (4)

84
SCHEERER y PROSKE

13.2
5.5.2.2 Balken und Plattenbalken
Oft werden bei der Idealisierung der Tragwerke real vorhandene Randeinspannungen rech-
nerisch nicht erfaßt. Das ist z. B. der Fall, wenn an den Endauflagern ein Gelenk und damit
eine freie Verdrehbarkeit des Balkens angenommen wird, obwohl durch aufgehende Wände
die Verformungsfähigkeit eingeschränkt ist, siehe auch Tabelle 1, Zeile 2. In einem solchen
Fall sind die Endauflager für folgendes Stützmoment zu bemessen.
13.2.1
M Endauflager ≥ 0, 25 ⋅ M Feld (103)
(1)
Die ermittelte Bewehrung muß vom Auflagerrand aus mindestens über ¼ der Länge des End-
feldes eingelegt werden.
Bei Verwendung von Einzelstäben oder Stabbündeln mit ds (bzw. dsV) > 32 mm ist eine Haut-
bewehrung anzuordnen. Die Bestimmungen sind in DIN 1045-1, Kapitel 13.2.4 nachzulesen.

13.3 5.5.2.3 Platten


Die folgenden Bestimmungen gelten für Ortbeton-Vollplatten mit einer Bereite b ≥ 4 · h.
Für die Biegezugbewehrung bei Platten gelten folgende Grundsätze:
• maximaler Stababstand s, Längsbewehrung (Zwischenwerte linear interpolieren):
max s = 250 mm bei h ≥ 250 mm
max s = 150 mm bei h ≤ 150 mm
• maximaler Stababstand s, Querbewehrung: s ≤ 250 mm
• freie ungestützte Ränder sind durch Steckbügel einzufassen, h
außer bei Fundamenten oder innenliegenden Bauteilen des üb-
≥2h
lichen Hochbaus
• konstruktive Einspannbewehrung wie bei Balken, siehe oben
• Querbewehrung as,quer einachsig gespannter Platten:
as,quer ≥ 20 % der Längsbewehrung as,längs
ds,quer ≥ 5 mm bei Matten
Ansonsten sind sinngemäß die Bestimmungen für Balken und Plattenbalken einzuhalten.
Weiterhin ist folgende konstruktive Regelung zu beachten:
Mindestdicke:
Vollplatten allgemein: 7 cm
mit Querkraftbewehrung (Aufbiegungen): 16 cm
mit Querkraftbügelbewehrung: 20 cm

85
Stahlbeton for Beginners

6 Plattenbalken

6.1 Tragverhalten
Unter einem Plattenbalken versteht man einen Balken, der monolithisch mit einer Platte ver-
bunden ist. Man unterscheidet zwischen ein- und beidseitigen Plattenbalken (Abbildung 43).
Ein auf Biegung beanspruchter Plattenbalken stellt ein hinsichtlich des Baustoffes Stahlbeton
optimiertes Bauteil dar, wenn sich die Platte in der Druckzone befindet. Der "verbreiterte"
Balken kann sehr hohe Druckkräfte übertragen, in dem schmaleren Steg kann die Bewehrung
zur Abtragung der Querkräfte und die Biegezugbewehrung untergebracht werden. Da Beton
(fast) keine Zugkräfte aufnehmen kann, kann er in der Biegezugzone eingespart werden, das
Eigengewicht wird verringert.
Druckplatte Druckplatte

Steg Steg

As As

Abbildung 43: Plattenbalken, links: beidseitig; rechts: einseitig


Bei einem Plattenbalkenquerschnitt ergibt sich in der Mehrzahl der Fälle eine veränderliche
Randspannung über die Querschnittsbreite. Abbildung 44 verdeutlicht, daß sich die gesamte
Querschnittsbreite b = b1 + bw + b2 an der Spannungsübertragung beteiligt, nur mit abnehmen-
der Wirksamkeit mit zunehmender Entfernung vom Steg. Aus diesem veränderlichen Span-
nungskörper wird unter Beachtung der Biegesteifigkeit der Platte ein ideeller Spannungs-
körper mit konstanter Randspannung und der ideellen Breite beff = beff,1 + bw +beff,2 ermittelt.
Diese ideelle Breite wird "mitwirkende Plattenbreite" genannt.

b1
beff,1

bw b2
beff,2

ideeller Spannungskörper
wirklicher Spannungskörper

wirkliche Nullinie
ideelle Nullinie

Abbildung 44: Spannungskörper in der Druckzone eines T-Querschnitts


Die mitwirkende Plattenbreite ist eine Ersatzgröße für die Berechnung. Die resultierende Be-
tondruckkraft infolge der realen Spannungsverteilung über die gesamte Querschnittsbreite
entspricht der resultierenden Druckkraft aus dem ideellen Spannungskörper mit der Breite beff.
Dabei bleibt die Lage der Nullinie im Steg unverändert, wie auch der oben stehenden Skizze
entnommen werden kann. Die Lage der resultierenden Druckkraft verschiebt sich bei der

86
SCHEERER y PROSKE

ideellen Spannungsverteilung etwas vom meistgedrückten Rand weg, d. h. der Hebelarm wird
kleiner, die damit berechnete Stahlmenge geringfügig größer. Die mitwirkenden Plattenbreite
ist z. B. abhängig von der Art der Belastung, den Lagerungsbedingungen, der Anzahl der Fel-
der eines Trägers, der Stützweite und vom Steifigkeitsverhältnis zwischen Steg und Platte.
Die mitwirkende Plattenbreite kann für biegebeanspruchte Plattenbalken unter gleichmäßiger
Belastung nach DIN 1045-1 [11] näherungsweise wie folgt ermittelt werden:
7.3.1 beff = ∑ beff ,i + bw (104)
(8), (9)
⎧ ≤ 0, 2 ⋅ l0 beff,1 beff,2
B. (2) mit: beff ,i = 0, 2 ⋅ bi + 0,1 ⋅ l0 ⎨ b1 b2
⎩≤ bi bw
bi tatsächlich vorhandene Gurtbreite
l0 wirksame Stützweite
bw Stegbreite
Die wirksame Stützweite l0 entspricht dem Abstand der Momentennullpunkte. Bei gleichmä-
ßig verteilten Einwirkungen und ungefähr gleichen Steifigkeitsverhältnissen des Trägers in
den verschiedenen Feldern darf l0 nach Abbildung 45 ermittelt werden.

7.3.1 l0 = 0,85 leff,1 (


*) 0,7 leff,2
B. (3) 1,5 leff,3
leff,1 leff,2 leff,3

*) l0 = 0,15 (leff,1 + leff,2)


(

Abbildung 45: Wirksame Stützweite nach DIN 1045-1 [11]


Damit kann ein Plattenbalken wie ein Rechteckquerschnitt der Breite beff (Platte in der Druck-
zone) bemessen werden, solange die Nullinie in der Platte bleibt, d. h. der Querschnitt über
die gesamte mitwirkende Breite beff gedrückt ist. Befindet sich die Platte in der Zugzone, ist
bw für die Breite der Druckzone anzusetzen.

6.2 Berücksichtigung von Stegspannungen


Liegt die Nullinie im Steg, muß der Steganteil besonders berücksichtigt werden, da bei den
bisher angegebenen Gleichungen für die Biegebemessung immer von einem konstanten
Rechteckquerschnitt ausgegangen wurde. Näherungsweise kann dieser Fall durch folgende
Beziehung abgegrenzt werden
h
ω1 bzw. ω1R ≤ ϕ = , (105)
d
weil im Bereich ξ > ϕ, aber ω1 ≤ ϕ die gleichen Bewehrungsflächen As1 ermittelt werden wie
mit einer exakten Berechnung unter Berücksichtigung der Stegspannungen. Ist die Bedingung
nach Gleichung (105) nicht mehr eingehalten, müssen die Stegspannungen berücksichtigt
werden. Das kann z. B. nach LÖSER ET AL. [25], Abschnitt 7.4 erfolgen. Hier soll kurz das
Verfahren bei Ansatz einer rechteckförmigen Spannungsverteilung vorgestellt werden.
Der Plattenbalkenquerschnitt wird in zwei Teile aufgeteilt, den Platten- und den Steganteil.
Die Platte hat die Breite bPl nach Gleichung (106).
bPl = beff − bw (106)
Nun kann berechnet werden, welches Moment allein der voll gedrückte Plattenanteil aufneh-
men kann, die Differenz muß dann der Steg übernehmen.

87
Stahlbeton for Beginners

⎛ h ⎞
Plattenanteil: M Eds , Pl = DEd , Pl ⋅ z Pl = bPl ⋅ hPl ⋅ f cd , R ⋅ ⎜ d − Pl ⎟ (107)
⎝ 2 ⎠
mit: bPl = beff ,1 + beff ,2 (108)
Steganteil: M Eds , St = M Eds − M Eds , Pl (109)
Die Bewehrung kann dann ebenfalls für beide Anteile getrennt ermittelt werden, zum Schluß
wird sie addiert und insgesamt in den Steg eingelegt.
Plattenanteil: DEd , Pl = Z Ed , Pl Plattenanteil
(110)
bPl ⋅ hPl ⋅ f cd , R = As1, Pl ⋅ f yd
bPl ⋅ hPl ⋅ f cd , R Steganteil
As1, Pl = (111)
f yd
M Eds , St
Steganteil: µ Eds , R , St = (112)
bw ⋅ d 2 ⋅ f cd , R
ω1R , St = 1 − 1 − 2 ⋅ µ Eds , R , St
f cd , R
As1, St = ω1R , St ⋅ d ⋅ bw ⋅ (113)
f yd

gesamt: As1 = As1, Pl + As1, St (114)

6.3 Anordnung der Bewehrung


Bei Plattenbalken geht man davon aus, daß sich Anteile der gedrückten Platte an der Abtra-
gung des Biegemomentes beteiligen. Liegt die Platte im Biegezugbereich, müßte sie sich also 13.2.1
ebenfalls an der Lastableitung beteiligen. Das wird durch das Auslagern der Bewehrung vom
(2)
Bereich über dem Steg in die Platte erreicht. Laut DIN 1045-1 darf die Biegezugbewehrung
maximal über die halbe mitwirkende Plattenbreite verteilt werden.
Zum besseren Verständnis, welche Bewehrungen in Plattenbalken eingebaut werden müssen,
dient die folgenden Darstellung.
8 6 10

35
165
220 165
8 6 8 185
8 8
590
4 16
25 5
150
4 58 25
300
Abbildung 46: Beispiel für die Anordnung von Bewehrung in einem Plattenbalken

88
SCHEERER y PROSKE

89
Stahlbeton for Beginners

7 Querkraftbemessung

7.1 Zum Tragverhalten


Wie Abbildung 47 zeigt, existiert in einem biegebeanspruchten Bauteil ein System aus schrä-
gen Hauptzug- und -druckspannungen, gegen die die Tragfähigkeit des Bauteils nachgewiesen
werden muß. In der Höhe der Schwerachse sind die Spannungen in einem Winkel von 45°
bzw. 135° gegen die Schwerachse geneigt.

45°

45° : Hauptzugspannung
: Hauptdruckspannung

Abbildung 47: Hauptspannungen bei einem Einfeldbalken unter Gleichlast


Ein charakteristisches Rißbild für einen schlanken Biegeträger ist in Abbildung 48 zu sehen
(Darstellung überhöht). In Trägermitte verlaufen die Hauptzugspannungen nahezu horizontal,
die Risse demzufolge senkrecht in Richtung der Druckspannungstrajektorien. Zu den Aufla-
gern hin vergrößert sich die Neigung der Risse, sie können sogar flacher als 45° werden. Man
spricht dort von Schubrissen.

Abbildung 48: Rißbild eines Einfeldbalkens unter Gleichlast


In Abbildung 49 sind historische Aufnahmen von Bruchbildern von Stahlbetonbalken aus
dem Jahre 1908 von RITTER [29] zu sehen. Ritter entwickelte anhand dieser Versuche erste
Modellvorstellungen über die Lastabtragung in Balken durch Fachwerkmodelle.

Abbildung 49: Bruchbilder von Stahlbetonbalken nach RITTER [29]

Die Hauptspannungen können bei Annahme eines ungerissenen Querschnittes mit den Glei-
chungen (115) bis (118) berechnet werden:

90
SCHEERER y PROSKE

M
Biegespannung: σ x = ± (115)
W
V ⋅S
Schubspannung: τ = τ xz = τ zx = (116)
I ⋅b

(σ x − σ z ) + τ 2
2
σ x +σ z (117)
Hauptzugspannung: σI = +
2 4
(σ x − σ z ) + τ 2
2
σ x +σ z (118)
Hauptdruckspannung: σ II = −
2 4
Der Winkel zur Horizontalen kann nach Gleichung (119) berechnet werden.
2 ⋅τ
tan 2α = (119)
σx
Die Größen τ, σx und σz sind Rechenhilfswerte. Real existieren nur die Hauptspannungen σI
und σII. Die senkrecht zur Balkenachse wirkenden Spannungen σz sind in der Regel so klein,
daß sie vernachlässigt werden können. Eine Ausnahme bilden Bereiche mit lokaler Lasteinlei-
tung wie z. B. an Auflagern oder unter vertikalen Einzellasten. Durch die Biegebemessung
wurden bisher nur horizontale Druck- und Zugspannungen abgedeckt. Vertikale bzw. schräge
Zugspannungen werden bei der Querkraftbemessung betrachtet. Wenn von einer Querkraft-
oder Schubbewehrung gesprochen wird, ist in Wirklichkeit eine Bewehrung gemeint, die die
Hauptzugspannungen in der Nähe der Auflagerpunkte aufnehmen soll. Die größten Haupt-
zugspannungen entstehen bei reiner Biegung in der Schwerelinie an der Stelle, wo die Biege-
spannungen gleich Null sind – also am Auflager. Sie sind betragsmäßig gleich den Schub-
spannungen. So ist die eigentlich falsche Bezeichnung entstanden.

7.2 Versagensszenarien
Bisher wurde vom ungerissenen Querschnitt ausgegangen. Wann und auf welche Art und
Weise ein Stahlbetonbauteil, welches auf Biegung und Querkraft beansprucht wird, versagt,
hängt u. a. von folgenden Faktoren ab:
• Geometrie des Bauteils
• Bewehrungsgrad, -durchmesser und -anordnung
• Betonfestigkeit
• Art der Belastung.
Aus Bruchbildern kann die Ursache des Versagens abgeleitet werden.
Biegebruch (V ≈ 0):
a) Die Streckgrenze des Stahles wird erreicht, es entstehen Risse M M
in der Zugzone. Bei Laststeigerung wandern die Risse höher,
die Druckzone wird stark eingeschnürt, bis sie versagt.
b) Bei hohem Bewehrungsgrad versagt der horizontale Druck-
gurt plötzlich, bevor der Stahl die Fließgrenze erreicht hat.
Schubbiegebruch:
In Bereichen großer Querkräfte entwickeln sich aus Biegerissen M
Schubrisse in Richtung der Druckspannungstrajektorien, bis die
Druckzone so stark eingeschnürt ist, daß sie versagt. Diese Ver- V
sagensart wird bei Bauteilen ohne Schubbewehrung, z. B. Plat-
ten, oder bei sehr gering bewehrten Bauteilen beobachtet.

91
Stahlbeton for Beginners

Schubzugbruch: M
Versagensart bei normaler Querkraftbewehrung. Risse bilden
sich analog zum Fachwerkmodell, es versagen entweder die Bü-
V
gel oder die Biegedruckzone.
Stegdruckbruch:
M
Bei sehr hoher Steg- und Biegezugbewehrung versagen die
schrägen Druckstreben (Hauptdruckspannungen!). Diese Art des
Versagens kommt vor allem bei Trägern mit dünnen Stegen und V
abstehenden Flanschen vor.
Verankerungsbruch (Zugbewehrung): M
Wenn die Verankerungslänge nicht ausreicht, kommt es zum
Gleiten der Biegezugbewehrung am Auflager. Der Träger ver-
V
sagt schlagartig.

7.3 Modelle für die Lastabtragung


Das von MÖRSCH entwickelte Modell zur Abtragung einer kombinierten Querkraft- und
Biegebeanspruchung wird i. a. als "Klassische Fachwerkanalogie" bezeichnet. Das Modell be-
steht im wesentlichen aus parallelen, horizontalen Druck- und Zuggurten, aus in beliebigem
Winkel α geneigten Zugstäben und um Θ = 45° geneigten Druckstreben. Das Modell wurde
aus Bruchbildern von Versuchen an Balken abgeleitet und orientiert sich am Hauptspannungs-
bild, siehe Abbildung 47. In Abbildung 50 sind verschiedene Modelle zusammengestellt.
a) parallelgurtiges Pfostenfachwerk mit senkrechten b) parallelgurtiges Strebenfachwerk (Aufbiegungen,
Zugstäben (Bügel) und Druckstreben unter 45° Schrägbügel oder Schubzulagen)

M M

= 90° = 45° V = 45° = 45° V

c) Bogen mit Zugband bzw. Sprengwerk als Modelle für Platten ohne
Querkraftbewehrung

Zugstab
Druckstab

Abbildung 50: Fachwerkmodelle für kombinierte Beanspruchung aus Biegemoment und


Querkraft
Aus dem allgemeinen Modell, Abbildung 51, können auf einfache Art und Weise die Stab-
kräfte und damit die erforderliche Bewehrungsmenge ermittelt werden. Die horizontalen Stä-
be wurden schon bei der Biegebemessung nachgewiesen. Den geneigten, über die gesamte
Querschnittsbreite aufgeweiteten Betondruckstreben wirkt die Betonfestigkeit entgegen. Die
geneigten Hauptzugkräfte müssen durch Bewehrung aufgenommen werden. Werden Modelle
mit schrägen Zugstäben genutzt, müssen entsprechend Schrägbügel oder Längsstäbe mit Auf-
92
SCHEERER y PROSKE

biegungen eingebaut werden. Baupraktisch am günstigsten sind allerdings senkrechte Bügel,


die vertikale Zugstäbe abdecken können.
"B" D
Knoten "A": Knoten "B":

z DV DV
V A=V ZV
Z
"A" s Z1 D1
A=V

Abbildung 51: Allgemeines Fachwerkmodell für Querkraftbeanspruchung

Stabkräfte und Bewehrung ergeben sich wie folgt.


z z
s= + = z ⋅ ( cot α + cot Θ )
tan α tan Θ
V 1
sin Θ = → DV = V ⋅
DV sin Θ
V 1
sin α = → ZV = V ⋅
ZV sin α
ZV V 1
Zugkraft ZV auf die Länge s bezogen: ZV ' = = ⋅
s z sin α ⋅ ( cot α + cot Θ )

ZV ' V 1
erforderliche Bewehrung: erf asw = = ⋅
zulσ s zulσ s ⋅ z sin α ⋅ ( cot α + cot Θ )

Werden bestimmte feste Werte für die Neigungswinkel angenommen, vereinfachen sich die
oben hergeleiteten Formeln:

• schräge Druckstreben unter Θ = 45°, Zugstäbe mit α = beliebig:


tan Θ = tan 45° = 1, cot Θ = cot 45° = 1
1 V 1 V 1
s = z ⋅ ( cot α + 1) , ZV = V ⋅ , ZV ' = ⋅ = ⋅
sin α z sin α ⋅ ( cot α + 1) z cos α + sin α

V 1
erforderliche Bewehrung: erf asw = ⋅ [cm²/m]
zulσ s ⋅ z sin α + cos α

• vertikale Zugstäbe mit α = 90°, Druckstreben Θ = beliebig:


sin α = sin 45° = 1, tan α = tan 45° = ∞, cot α = cot 45° = 0
V 1
s = z ⋅ cot Θ , ZV = V , ZV ' = ⋅
z cot Θ
V 1
erforderliche Bewehrung: erf asw = ⋅ [cm²/m]
zulσ s ⋅ z cot Θ
• Druckstäbe unter 45° und vertikale Zugstäbe:
93
Stahlbeton for Beginners

sin α = 1, tan α = ∞, cot α = 0, tan Θ = 1, cot Θ = 1


V
s = z , ZV = V , ZV ' =
z
V
erforderliche Bewehrung: erf asw = [cm²/m]
zulσ s ⋅ z
Für den Spezialfall Druckstäbe unter 45° und vertikale Zugstäbe sollen in Abbildung 52 auch
noch die restlichen Stabkräfte angegeben werden. Konkret Fall wurde ein Einfeldbalken mit
einer mittigen Einzellast ausgewählt. Für diesen Fall gilt:
• konstanter Verlauf der Querkraft → konstante Größe der vertikalen Zugkräfte
• demzufolge konstante Größe der schrägen Druckstäbe
• veränderliche Kräfte in den horizontalen Gurten, was dem veränderlichen Momenten-
verlauf entspricht
beachte: entsprechend dem Fachwerkmodell ist die Zugkraft am Auflager ≠ 0, auch wenn
das Moment = 0 ist!
F

F/2
V = +F/2
+
V
-
-F/2
M
+

D1 D2 D3
s1

s2

s3

s4
D

D
ZV1

ZV2

ZV3

Z1 Z2 Z3 Z4

A = F/2 3 A = D3
2 A = D2 Kräfte im
A = D1 Druckgurt
ZVi = konstant = V = F/2
A = Z1 1/2
Dsi = konstant = F/2 · 2
2 A = Z2
3 A = Z3
Abbildung 52: Klassische Fachwerk-
Kräfte im
4 A = Z4
Zuggurt analogie nach MÖRSCH
Mit dem vorgestellten Modell ließen sich die Grundsätze der Bemessung für Querkräfte gut
erklären. Die Annahmen dieses vereinfachten Modells sind aber in vielen Fällen nicht zutref-
fend bzw. ausreichend. Eine Verbesserung kann schon damit erreicht werden, daß verschiede-
ne Fachwerke überlagert werden, womit eine bessere Anpassung an veränderliche Schnitt-
kraftverläufe erreicht werden kann. Solche Modelle werden auch als "Netzfachwerke" be-
zeichnet, siehe Abbildung 53 a). Sie sind i. d. R. mehrfach statisch unbestimmt. Der Verlauf
der Druck- und Zugkraftlinie wird begradigt und dem Momentenverlauf angepaßt. Allerdings
sind beide Linien am Auflager um ein Versatzmaß al versetzt. Im Falle des dargestellten Ein-
feldträgers ist die Druckkraft am Auflager noch null, die Zugkraft besitzt aber schon einen
bestimmten Betrag. Für diese Kraft muß die Verankerungslänge der Biegezugbewehrung aus-
gelegt werden.

94
SCHEERER y PROSKE

a) Überlagerung mehrerer Fachwerkmodelle b) geneigter Obergurt


F und veränderliche
Druckstrebenneigung
in Abhängigkeit von
der Größe der Quer-
M− kraft
al z Linie
A = F/2 Druckkraftlinie
D = M − V ⋅ (1 − cot Θ)
al z 2 c) direkte Ableitung
M−
z Linie einer auflagernahen
einfaches Fachwerk Einzellast
zweifaches Fachwerk Zugkraftlinie
Netzfachwerk
al = z ⋅ (1 − cot Θ) = Versatzmaß Z = M + V ⋅ (1 − cot Θ)
2 z 2

Abbildung 53: Modifizierungen von Fachwerkmodellen

Weiterhin haben Versuche gezeigt, daß in vielen Fällen der Druckgurt nicht horizontal ver-
läuft, sondern besonders in der Nähe der Auflager geneigt ist. Damit trägt er einen Teil der
Querkraft, die sonst über den Steg abgeleitet werden müßte, in das Auflager ab. Damit geht
eine Entlastung der Stegkräfte einher, Abbildung 53 b).

Außerdem kann beobachtet werden, daß sich bei auflagernahen Lasten ein direkter Kraftfluß
von der Lasteinleitungsstelle zum Auflager ausbildet. Vor allem aber haben Versuche gezeigt,
daß diese Druckstreben oft flacher als 45° geneigt sind. Das hat zur Folge, daß die Stegzug-
kräfte kleiner werden, die schrägen Stegdruckkräfte und die Kräfte im horizontalen Zuggurt
aber zunehmen, was sich zum Beispiel auf die Verankerungslänge der Biegezugbewehrung
auswirkt, Abbildung 53 c).

Das Tragverhalten von Platten kann am zutreffendsten mit den Modellen "Bogen mit Zug-
band" oder "Sprengwerk mit Zugband" abgebildet werden, siehe Abbildung 50. Durch die ge-
ringen Abmessungen kann sich keine Fachwerktragwirkung wie bei Balken einstellen. Leon-
hard [24] erklärt die Tragwirkung wie folgt. Geht eine Platte in den Zustand II über, bilden
sich auch im Querkraftbereich zunächst Biegerisse. Die Betonzähne zwischen den Rissen
werden auf Biegung beansprucht, die Biegeverformung der Zähne wird aber durch die Korn-
verzahnung in den Rißflächen (Rißrauhigkeit) und durch die Dübelwirkung der Bewehrung
behindert. Dadurch können Kräfte über die Rißufer hinweg übertragen werden. Die Risse
setzen sich erst wieder stärker fort, wenn die beschriebenen Behinderungen infolge stärkerer
Dehnung der Biegezugbewehrung aufgehoben werden. Die Biegedruckzone wird zunehmend
eingeschnürt, es bildet sich ein Druckgewölbe aus. Die Querkrafttragfähigkeit ist also stark
von der Dehnsteifigkeit des Zugbandes abhängig. Im Verhältnis zur Plattendicke ist der Effekt
der Kornverzahnung bei dünnen Platten deutlich größer als bei dicken.

95
Stahlbeton for Beginners

7.4 Bemessung 10.3

7.4.1 Grundlagen
Grundsätzlich ist nachzuweisen:
VEd ≤ VRd (120)
Der Bemessungswert der Querkraft VEd darf wie folgt angenommen werden: 10.3.2
• Gleichlast + direkte Lagerung:
Wert im Abstand von 1 · d vom Auflagerrand → ABER: dies gilt nicht für den Nach-
weis der Druckstrebe!
• indirekte Lagerung:
Wert am Auflagerrand für ALLE Nachweise.
h2 direkte Lagerung: ( h1 − h2 ) ≥ h2 (121) 7.3.1
h1
B. (8)
gestütztes Bauteil
stützendes Bauteil
indirekte Lagerung: ( h1 − h2 ) < h2 (122)

Abbildung 54: Abgrenzung von direkter und indirekter Lagerung


Weiterhin gibt es Zusatzregelungen für auflagernahe Einzellasten, geneigte Ober- und Unter-
gurte von Trägern sowie für Spannglieder.
Die Widerstandsseite setzt sich im wesentlichen aus 3 Größen zusammen:
• VRd,ct aufnehmbare Querkraft für ein Bauteil ohne Querkraftbewehrung 10.3.1
• VRd,sy durch die Tragfähigkeit der Querkraftbewehrung begrenzte aufnehmbare
Querkraft
• VRd,max infolge der Druckstrebentragfähigkeit begrenzte aufnehmbare Querkraft.
Es gilt:
VEd ≤ VRd ,ct → rechnerisch keine Querkraftbewehrung erforderlich (123)
VEd ≤ VRd , sy → Querkraftbewehrung erforderlich (124)
VEd ≤ VRd ,max → muß in allen Querschnittsbereichen erfüllt sein (125)

7.4.2 Bauteile ohne rechnerisch erforderliche Querkraftbewehrung 10.3.3


Das Bemessungskonzept beruht auf den Modellvorstellungen der Rißverzahnung zwischen
den Betonzähnen, die beim Übergang in den Zustand II entstehen, Abbildung 55.

fct

Fk2
Fk1
Fk,i: Kräfte infolge Kornverzahnung
F1 F2 FDü,i: Kräfte infolge Dübelwirkung
FDü1 FDü2

Abbildung 55: Am Betonzahn angreifende Kräfte nach [39]


Das Bauteilversagen tritt letztendlich durch Überschreiten der Zugfestigkeit des Betons an der
Einspannung am Ende der Betonzähne in Verbindung mit dem Ausfall der Rißverzahnung

96
SCHEERER y PROSKE

ein. In [39] werden diese Modelle als "Zahnmodelle" bezeichnet. Dadurch wird eine bessere
Anpassung an Versuchsergebnisse erreicht als nur durch eine Variation der Druckstrebennei-
gung im Fachwerkmodell. Die aus Versuchen abgeleitete Gleichung, die den Einfluß der
Betonzugfestigkeit und der Kornverzahnung im Riß berücksichtigt, lautet:
10.3.3
VRd ,ct = ⎡ 0,10 ⋅ κ ⋅η1 ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ f ck ) − 0,12 ⋅ σ cd ⎤ ⋅ bw ⋅ d
1/ 3
⎣ ⎦ (126)
Gl. (70)
Gl. (71)
200
mit: κ κ = 1+ ≤ 2 , Berücksichtigung der Tatsache, daß dünnere Bau-
d
teile bei gleicher Last bezogen auf die Bauteildicke eine höhere
Querkrafttragfähigkeit aufweisen
η1 = 1 für Normalbeton, für Leichtbeton geringer
Asl
ρl ρl = ≤ 0, 02 , Längsbewehrungsgrad
bw ⋅ d
Asl Fläche der Biegezugbewehrung, die mindestens um d +
Verankerungslänge (siehe Skizze) über den betrachteten
Schnitt hinausreicht

σcd N Ed
σ cd = , Bemessungswert der Betonlängsspannung in Höhe des
Ac
Schwerpunkts des Querschnitts
NEd Bemessungswert der Längskraft im Querschnitt infolge
äußerer Lasten (Druck negativ; Eine Druckkraft verzö-
gert die Rißbildung, verringert die Rißbreiten und erhöht
demzufolge die Querkrafttragfähigkeit.)
bw kleinste Querschnittbreite innerhalb der Zugzone
Ist VEd ≤ VRd,ct (123), ist rechnerisch keine Querkraftbewehrung erforderlich. Auf eine Quer-
kraftbewehrung darf bei folgenden Bauteilen verzichtet werden:
• Platten und plattenförmige Bauteile mit b/h < 5
• Rippen- und Kassettendecken,
es muß aber an jeder Querschnittsstelle die Einhaltung von VRd,max gewährleistet sein, was bei
Platten aber i. d. R. nur bei großen Längskräften kritisch werden dürfte. In allen anderen Fäl-
len, also z. B. bei Balken und Plattenbalken, ist stets eine Mindestschubbewehrung anzuord-
nen. Folgender Mindestbewehrungsgrad ist einzuhalten:
Asw
Bewehrungsgrad allgemein: ρw = (127)
sw ⋅ bw ⋅ sin α
Mindestbewehrungsgrad: min ρ w = ρ mit ρ nach Tabelle 21 (128)
fck [N/mm²] 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55
ρ [‰] 0,51 0,61 0,70 0,93 0,93 1,02 1,12 1,21 1,31 1,34

Tabelle 21 Grundwerte ρ für die Ermittlung der Mindestbewehrung


Das Nachweiskonzept der alten DIN 1045 [10] beruhte auf der Berechnung von Schubspan-
nungen τ. Den entsprechenden Wert erhält man, indem man die Schubkraft auf die schubüber-
tragende Fläche bezieht.

97
Stahlbeton for Beginners

VRd ,ct 1
= 0,10 ⋅ ⎡κ ⋅η1 ⋅ (100 ⋅ ρ1 ⋅ f ck ) − 0,12 ⋅ σ cd ⎤ ⋅
1/ 3
τ Rd ,ct = (129)
bw ⋅ d ⎣ ⎦ ζ

10.3.4
7.4.3 Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung
Für die Fälle, bei denen VRd,ct < VEd ≤ VRd,max ist, muß sowohl eine erforderliche Querkraftbe-
wehrung ausgerechnet als auch die Tragfähigkeit der Betondruckstrebe nachgewiesen werden.
Die Begrenzung der maximal aufnehmbaren Querkraft durch VRd,max entspricht im Prinzip
dem Grenzwert τ03 in der alten DIN 1045 [10]. Die maximal beanspruchte Druckstrebe wird
immer am Auflagerrand nachgewiesen, eine Abminderung nach Abschnitt 7.4.1 ist nicht zu-
lässig.
Zur Ermittlung von VRd,max darf die Neigung der Druckstreben in bestimmten Grenzen frei
gewählt werden. Als obere Grenze für den Druckstrebenwinkel wird 45° empfohlen. In be-
gründeten Spezialfällen darf dieser Wert überschritten werden, als absolute obere Begrenzung
ist Gleichung (130) einzuhalten.
0,58 ≤ cot Θ entspricht 59,9° (130)
Die untere Grenze für den Neigungswinkel der Druckstrebe lautet:
σ cd
1, 2 − 1, 4 ⋅
f cd ⎧ 3, 0 (entspricht 18, 4°) für Normalbeton 10.3.4
cot Θ ≤ ≤ ⎨ (131)
Gl. (73)
VRd ,c ⎩ 2, 0 (entspricht 26, 6°) für Leichtbeton
1−
VEd
In dieser Gleichung ist der Betontraganteil VRd,c enthalten, der wie folgt ermittelt werden kann
(zuvor erläuterte Variablen werden nicht noch einmal aufgeführt):
⎛ σ ⎞ 10.3.4
VRd ,c = β ct ⋅ 0,1 ⋅η1 ⋅ f ck
1/ 3
⋅ ⎜1 + 1, 2 ⋅ cd ⎟ ⋅ bw ⋅ z (132)
⎝ f cd ⎠ Gl. (74)

mit: βct = 2,4 → entspricht dem Rauhigkeitsbeiwert für verzahnte Fugen 10.3.4
z Hebelarm der inneren Kräfte, wird entweder aus der Biegebemessung (2)
übernommen oder mit der Näherung z = 0,9 ⋅ d berechnet. beachte:
z ≤ d − 2 ⋅ cnom
cnom Wert bzgl. der Längsbewehrung in der Druckzone
Der Betontraganteil berücksichtigt den über einen Querriß hinweg übertragbaren Anteil der
Querkraft. Konkret handelt es sich um den vertikalen Anteil der Rißreibungskraft unter der
Annahme, daß der Riß um 40° geneigt ist, [39]. Ergibt sich für VRd,ct ein größerer Wert als die
einwirkende Querkraft VEd, sind die unteren Grenzwerte für den Druckstrebenwinkel anzuset-
zen. Ist die Neigung der Druckstrebe festgelegt, kann sowohl der Nachweis der Tragfähigkeit
der Druckstrebe durch die Ermittlung von VRd,max geführt als auch die erforderliche Beweh-
rung durch die Ermittlung von VRd,sy bestimmt werden. Hierzu können verschiedene Fälle
differenziert werden.
Ist der Winkel Θ bekannt, können der Bemessungswert der durch die Tragfähigkeit der Quer-
kraftbewehrung begrenzten aufnehmbaren Querkraft VRd,sy und der Bemessungswert der durch
die Druckstrebentragfähigkeit begrenzten maximal aufnehmbaren Querkraft VRd,max bestimmt
werden.

98
SCHEERER y PROSKE

Allgemeiner Fall, Normalbeton:


In diesem Fall ist der Neigungswinkel α zwischen Querkraftbewehrung und Bauteillängsach-
se zu berücksichtigen.
Asw
10.3.4
VRd , sy = ⋅ f yd ⋅ z ⋅ ( cot Θ + cot α ) ⋅ sin α (133)
Gl. (77) sw
Gl. (78) sw ⋅VRd , sy
Asw = in [cm²] (134)
f yd ⋅ z ⋅ ( cot Θ + cot α ) ⋅ sin α
VRd , sy
asw = in [cm²/m] (135)
f yd ⋅ z ⋅ ( cot Θ + cot α ) ⋅ sin α
cot Θ + cot α
VRd ,max = bw ⋅ z ⋅α c ⋅ f cd ⋅ (136)
1 + cot 2 Θ
Bauteile mit Querkraftbewehrung rechtwinklig zur Bauteilachse
Für Querkraftbewehrung, die rechtwinklig zur Bauteilachse eingebaut wird – was der Regel-
fall sein sollte – können die Bemessungsgleichungen vereinfacht werden. Es gilt α = 90° und
damit sin α = sin 90° = 1 und cot α = cot 90° = 0.
10.3.4 Asw
VRd , sy = ⋅ f yd ⋅ z ⋅ cot Θ (137)
Gl. (75) sw
sw ⋅VRd , sy
Asw = in [cm²] (138)
f yd ⋅ z ⋅ cot Θ
VRd , sy
asw = in [cm²/m] (139)
f yd ⋅ z ⋅ cot Θ

Für cot Θ dürfen auch folgende Näherungen verwendet werden:


10.3.4 • reine Biegung: cot Θ = 1,2
(5) • Biegung + Längsdruck: cot Θ = 1,2
• Biegung + Längszug: cot Θ = 1,0.
10.3.4 b ⋅ z ⋅α c ⋅ f cd
VRd ,max = w (140)
Gl. (76) cot Θ + tan Θ
mit: αc α c = 0, 75 ⋅η1 , Abminderungsbeiwert für die Druckstrebentragfähigkeit
Rechnerisch erforderliche Querkraftbewehrung bei senkrechten Bügeln und Druckstreben un-
ter 45°, Normalbeton:
Es gilt α = 90° (sin 90° = 1, cot 90° = 0) und Θ = 45° (tan 45° = 1, cot 45° = 1).
VRd , sy = asw ⋅ f yd ⋅ z (141)
sw ⋅ VEd
Asw = in [cm²]
f yd ⋅ z (142)
VEd
asw = in [cm²]
f yd ⋅ z (143)

99
Stahlbeton for Beginners

7.5 Anordnung der Querkraftbewehrung 12.7

7.5.1 Grundsätze
Die Querkraftbewehrung soll sich an den in Kapitel 7.1 vorgestellten Tragmodellen orientie-
ren. Demzufolge sollten Platten ohne Querkraftbewehrung ausgeführt werden. Ausnahmen
sind sehr hoch beanspruchte Platten, was z. B. im Brückenbau der Fall sein kann. Bei Balken
wird im Idealfall die Schubbewehrung analog der Richtung der schiefen Hauptzugspannungen
angeordnet, was allerdings baupraktisch schwierig zu realisieren ist. Möglich sind folgende
Formen der Querkraftbewehrung, die auch kombiniert werden können.

Aufbiegung Bügel Schubzulagen

Abbildung 56: Formen der Querkraftbewehrung


Bügel sind die gebräuchlichste Form. Sie nehmen die Stegzugkräfte auf und müssen entspre-
chend des Modells in Abbildung 57 die Zugbewehrung einschließen und möglichst die ge-
samte Druckzone umfassen. Bügel müssen geschlossen werden, um den Kraftfluß zu gewähr-
leisten. Auch die horizontalen Bügelschenkel erhalten nicht zu vernachlässigende Zugkräfte,
da sich die Druckstreben allein auf die Bügelecken abstützen können, da nur dort Vertikal-
komponenten aufgenommen werden können. Deshalb müssen bei breiten Trägern mehrschnit-
tige Bügel eingesetzt werden, siehe Abbildung 56 rechts und Tabelle 22, wo die Grenzwerte
für die maximal zulässigen Bügelschenkelabstände aufgeführt sind. Ein Bügel mit zwei Bü-
gelschenkeln wird als zweischnittig bezeichnet, je nach Anordnung von zusätzlichen Schub-
zulagen oder Zulagebügeln spricht man entsprechend von dreischnittig, vierschnittig usw.

D D Z

Z D
D D
D
Z Z

Abbildung 57: Fachwerkmodell zur Wirkungsweise von Bügeln


Obwohl für die Verankerung von Bügeln in der Regel nur wenig Platz zur Verfügung steht,
muß für eine ausreichende Verankerung sowohl im Druck- als auch im Zuggurt gesorgt wer-
den. Als Verankerungselemente kommen daher bevorzugt Haken und Winkelhaken zum Ein-
satz, siehe Abbildung 58, es sind aber auch angeschweißte Querstäbe möglich (DIN 1045-1,
Abbildung 56).
≥ 10·ds 12.7
≥ 5·ds
B. (56)
Abbildung 58: Ausbildung von Haken und Winkelhaken
ds ds bei Bügeln
Außerdem ist zu unterscheiden, ob der Bügel in der Druck- oder in der Zugzone des Bauteils
geschlossen wird. Beim Schließen in der Zugzone muß die Übergreifungslänge ls entspre-
chend Abbildung 59 gewährleistet werden. Bei Plattenbalken kann die durchgehende Quer-
100
SCHEERER y PROSKE

bewehrung der Platte zum Schließen der Bügel herangezogen werden, Abbildung 59 rechts.
Dabei darf aber der Bemessungswert der Querkraft VEd maximal 2/3 der maximalen Quer-
krafttragfähigkeit VRd,max betragen.
ls ls

12.7

≥ 10·ds
B. (56)

Abbildung 59: Schließen von Bügeln; links: in der Zugzone; Mitte: in der Druckzone; rechts:
bei Plattenbalken
Bei Fertigteilträgern mit extrem dünnen Stegen (bw ≤ 80 mm) dürfen einschnittige Schubzula-
gen als alleinige Querkraftbewehrung verwendet werden, wenn die Druckzone und die Biege-
zugbewehrung gesondert durch Bügel umschlossen werden, z. B. bei Fertigteilbindern mit
Doppel-T-Querschnitt.

13.2.3 7.5.2 Zur konstruktiven Durchbildung von Balken und Plattenbalken


Die Bestimmungen zur Mindestbewehrung, siehe Abschnitt 7.4.2, sind immer einzuhalten.
Ansonsten sind folgende Punkte zu beachten:
• Bei Endauflagern muß mindestens ein Bügel hinter der rechnerischen Auflagerlinie
liegen.
• Jede Bügelecke muß durch einen Längsstab gesichert werden.
• Folgende Maximalwerte der Längs- und Querabstände der Bügelschenkel dürfen nicht
überschritten werden:
13.2.3 Festigkeitsklasse
a)
Tab. (31) Querkraftausnutzung ≤ C 50/60 > C 50/60 ≤ C 50/60 > C 50/60
Längsabstand Querabstand
0,7·h bzw. 0,7·h bzw. h bzw. h bzw.
VEd ≤ 0,30 VRd,max
300 mm 200 mm 800 mm 600 mm
0,5·h bzw. 0,5·h bzw.
0,30 VRd,max < VEd ≤ 0,60 VRd,max h bzw. h bzw.
300 mm 200 mm
600 mm 400 mm
VEd > 0,60 VRd,max 0,5·h bzw. 200 mm
a)
VEd und VRd,max wie in Abschnitt 7.4, näherungsweise darf VRd,max mit Θ = 40° berechnet werden.

Tabelle 22 Größte Längs- und Querabstände smax von Bügelschenkeln und Quer-
kraftzulagen
• Die Querkraftbewehrung entlang der Bauteillängsachse muß an jeder Stelle den Be-
messungswert der Querkraft VEd abdecken; bei Tragwerken des üblichen Hochbaus
darf entsprechend Abbildung 60 vereinfacht werden.
13.2.3 d lA lE Es gilt: AE ≤ AA (144)
B. (68)
AA VRd,sy mit: AA Auftragsfläche
AE AE Einschnittsfläche
VEd d d
l A ≤ und lE ≤
2 2

Abbildung 60: Einschneiden der Querkraftlinie

101
Stahlbeton for Beginners

7.5.3 Zur konstruktiven Durchbildung von Ortbetonplatten 13.3.3


Bei Platten mit b/h > 5 ohne rechnerisch erforderliche Querkraftbewehrung braucht keine
Mindestquerkraftbewehrung angeordnet werden. Bauteile mit b/h < 4 sind als Balken zu
behandeln, Zwischenbereiche sind nach DIN 1045-1, 13.3.3 (2) zu interpolieren. Muß eine
Querkraftbewehrung eingelegt werden, sind die Stababstände nach DIN 1045-1, 13.3.3 (3)
festzulegen.

7.6 Anschluß von Gurten 10.3.5

Der Anschluß von Gurten muß bei gegliederten Querschnitten wie Hohlkästen bei Brücken
oder Plattenbalken im Hochbau nachgewiesen werden. Das Tragmodell wird am besten an-
hand der Abbildung 61 erläutert. Dargestellt ist ein Plattenbalken mit der Platte in der Druck-
zone. Dieses Beispiel soll ausführlicher erläutert werden, bei Zugflanschen ist dann entspre-
chend zu verfahren. Der Lastabtrag in Längsrichtung kann wie bei einem einfachen Balken
durch ein Fachwerkmodell verdeutlicht werden. Der Unterschied zum einfachen Balken be-
steht darin, daß sich das Druckspannungsfeld in der Platte aufweiten kann. Der Kraftfluß im
Druckgurt kann wiederum mit einem Stabwerkmodell gezeigt werden, Abbildung 61 unten.
M

D/2

A/2
A/2

D/2

Abbildung 61: Anschluß von Druckgurten


Schräge Druckstreben bewirken die Verteilung der Druckspannungen über die Breite des Gur-
tes, dabei entstehen senkrecht zur Bauteilachse Zugspannungen, die durch die sogenannte An-
schlußbewehrung aufgenommen werden müssen. Allerdings muß nicht die volle Druckkraft
im Anschnitt zwischen Steg und Platte übertragen werden, sondern nur der Plattenanteil, da
ein Teil der Druckkraft ja direkt im Steg verbleibt. Das Fachwerkmodell im Flansch ent-
spricht dem Modell für die Querkraft im Steg, es ist lediglich horizontal ausgerichtet. Der
Druckstrebenwinkel Θ darf vereinfacht nach Gleichung (145) bzw. (146) angesetzt werden.
Druckflansch: cot Θ = 1, 2 → Θ = 50, 2° (145) 10.3.5
(3)
Zugflansch: cot Θ = 1, 0 → Θ = 45° (146)
Der horizontale Druckgurt wird durch die Druckkraft, die im Flansch übertragen werden soll,
gebildet. Er befindet sich in etwa im Schwerpunkt der Fläche hf · beff,i, Abbildung 62. Die ver-
tikalen Zugstäbe müssen durch die Anschlußbewehrung gebildet werden. Da die Druckkraft
i. d. R. über die Plattendicke verteilt mit der Resultierenden in Plattenmitte wirkt, muß also
auch die Bewehrung gleichmäßig an Ober- und Unterseite der Platte verteilt werden.

102
SCHEERER y PROSKE

Die anzuschließende Druckgurtkraft verändert sich über die Trägerlänge, wenn die Querkraft
V veränderlich ist. Der Nachweis ist dann, nicht mit der maximal zu übertragenden Gurtkraft
Fd,max zu führen, sondern mit dem Schubfluß vEd, der auf die Länge av bezogen wird, siehe
[39], Abbildung 62 und Gleichung (147). Handelt es sich um einen Zugflansch, muß die An-
schlußbewehrung für die in der ausgelagerten Bewehrung übertragenen Kräfte bemessen wer-
den.
beff Fd beff beff
10.3.5 beff,2
bw
beff,1 av
B. (34)

Fd hf

sf Fd + Fd anzuschließende
Fd + Fd Bereiche
Asf

Abbildung 62: Fachwerkmodell für den Anschluß von Gurtplatten


F ⎧ v f , Rd , sy
vEd = d ,max ≤ ⎨ (147)
av ⎩v f , Rd ,max
mit: av Bezugslänge, über die die Gurtkraftdifferenz ∆Fd als konstant angese-
hen werden kann
av ≤ ½ des Abstandes der Momentennullpunkte bei relativ konstan-
tem Schubfluß
av ≤ Abstand des Querkraftsprunges bei großen Einzellasten
Bei der Bestimmung der Querkraftwiderstände in Gleichung (147) müssen im Vergleich zur
regulären Querkraftbemessung folgende Größen ersetzt werden:
bw durch hf
z durch av
σcd durch die mittlere Betonlängsspannung im anzuschließenden Gurtabschnitt mit der
Länge av
Wie aus dem Fachwerkmodell deutlich wird, muß die ermittelte Anschlußbewehrung af,sw je
zur Hälfte an der Ober- und an der Unterseite der Platte angeordnet werden. Laut DIN 1045-1
ist es zulässig, bei kombinierter Beanspruchung von Querbiegung in der Platte und Schubbe-
anspruchung zwischen Flansch und Steg – das ist der Regelfall bei Plattenbalken, lediglich
den größeren der beiden erforderlichen Bewehrungsquerschnitte einzulegen. Es gilt also:
10.3.5 • ½ af,sw > asl,Platte → an Ober- und Unterseite je ½ af,sw einlegen.
(4) • ½ af,sw < asl,Platte → an der Oberseite asl,Platte und an der Unterseite ½ af,sw einlegen.
Bei dieser Regelung ist allerdings zu beachten, daß bei einem System aus Platten und Unter-
zügen die Querbiegung in der Platte und die Querkraft im Unterzug mit dem jeweiligen Maxi-
malwert durchaus an der selben Stelle auftreten können. Wenn kein genauerer Nachweis
geführt wird, sollten in diesem Fall also die beiden Bewehrungen asl,Platte und af,sw addiert statt
aufeinander angerechnet werden.
Weiterhin gilt natürlich, daß bei durchgehender unterer Bewehrung in der Platte diese voll auf
den unten einzulegenden Anteil von af,sw angerechnet werden darf, da diese Bewehrung
i. d. R. nicht durch Traglasten beansprucht wird, sondern nur konstruktiv über den Zwischen-
auflagern durchgeführt wird.

103
Stahlbeton for Beginners

8 Zugkraftdeckung 13.2.2

8.1 Grafisches Verfahren


Bisher wurde die erforderliche Biegezugbewehrung im Bereich der maximalen Momente
ermittelt. Aber genau wie bei der Querkraftbewehrung, die abschnittsweise abgestuft werden
darf, kann dies auch für die Biegebewehrung erfolgen. Der Einbau von Eisen, die für das
maximale Moment dimensioniert wurden, über die gesamte Länge des Trägers wäre eine un-
wirtschaftliche Lösung, Abbildung 63. Die Ermittlung der statisch notwendigen Menge der
Biegezugbewehrung bezogen auf die Längsachse des Biegebauteils erfolgt durch die Zug-
kraftdeckung. Warum der Nachweis der Zugkraftdeckung als Abschluß der Biegebeweh-
rungsermittlung im Rechengang erst nach der Ermittlung der Querkraftbewehrung stattfindet
und woher der Begriff „Zugkraftdeckung“ kommt, wird im folgenden erläutert.
g
q
As aus Biegebemessung bekannt (für das maximale Feldmoment und das
l l
minimale Stützenmoment ermittelt)
As As? Beanspruchung ist geringer als bei max MFeld und min MStütze, wieviel
MS
As? Bewehrung ist hier erforderlich, wie lang muß diese sein?

MF MF
As As

Abbildung 63: Beispiel eines statischen Systems mit Momentengrenzlinie


Bei der Zugkraftdeckung wird in drei Schritten aus der Momentengrenzlinie die Zugkraftlinie
und daraus die Zugkraftdeckungslinie in Abhängigkeit von der vorhandenen Bewehrung er-
stellt. Diese Schritte können grafisch oder rechnerisch durchgeführt werden. Dazu gehören:
1. Erstellen der Momentenlinie über die Trägerlänge:
Dieser Schritt erfolgte normalerweise bereits bei der Ermittlung der maßgebenden Schnitt-
größen, also auch des maßgebenden Momentenbildes. Das Ergebnis ist i. A. ein Längen-
Momenten-Diagramm, siehe Abbildung 64 links.
g
MStütze [kNm] bzw.
q Z [kN] s,Stütze

5,0 m 5,0 m 0 1 2 3 4 5m

MS
MFeld [kNm] bzw.
Zs,Feld [kN]
MF
Linkes Feld des Zweifeldträgers, Momenten- und
Statisches System und Momentenbild Zugkraft-Diagramm

Abbildung 64: Beispiel eines Momenten-Zugkraft-Diagramms


2. Erstellen der Zugkraftlinie:
Das Moment M kann über den Hebelarm der inneren Kräfte z in eine zugehörige Stahlzug-
kraft Zs umgerechnet werden, Gleichung (148). Der Hebelarm der inneren Kräfte wurde
bei der Biegebemessung für die jeweils maßgebenden Momente ermittelt. Die Umrech-
nung vom Momentenbild in ein Zugkraftbild erzeugt kein wirklich neues Diagramm, es

104
SCHEERER y PROSKE

ändert sich nur die Einheit der y-Achse des unter Punkt 1. erstellten Diagramms, da sich
Zugkraft und Moment direkt proportional verhalten, siehe Abbildung 64 rechts.
M M
Z s = Ed = Ed (148)
z ς ⋅d
3. Berechnung der infolge Zs erforderlichen Bewehrungsmenge:
Im dritten Schritt berechnet man aus der Zugkraft eine erforderliche Bewehrungsmenge,
die dann mit der vorhandenen Bewehrungsmenge verglichen werden kann. Würde man die
Linie der erforderlichen Stahlmenge ebenfalls in das Diagramm aus Abbildung 64 eintra-
gen, würde sie die gleiche Gestalt wie die Momenten- und die Zugkraftlinie haben, da As
linear abhängig von der abzudeckenden Zugkraft und damit vom Moment ist.
Zs
As = (149)
f yd
Die bisher berechneten und dargestellten Größen hatten immer nur einen Bezug zu erforder-
lichen Werten. Wir haben ein Momentenbild, welches abgedeckt werden muß, wir kennen ein
Zugkraftbild, welches wir abdecken müssen und wir haben eine erforderliche Stahlfläche, die
wir mindestens einlegen müssen. Eine vorhandene Bewehrung kann nun ohne große Proble-
me ebenfalls in dieses Diagramm eingetragen werden, Abbildung 65. Visuell wird damit so-
fort deutlich, ob die vorhandenen Werte die Erfordernisse erfüllen.
0 1 2 3 4 5m
MFeld [kNm] bzw.
3 Stäbe Zs,Feld [kN] bzw.
2 Stäbe
1 Stab erf As [cm²]
vorh As bei abgestufter Bewehrung

Abbildung 65: Prinzipskizze abgestufte Bewehrung


Die Fragen vom Anfang sind aber noch offen: Warum heißt das gesuchte Diagramm nicht
Momenten- oder Biegebewehrungsdeckungsdiagramm sondern Zugkraftdeckungslinie und
warum muß die Querkraftbewehrung vor der Zugkraftdeckung berechnet werden. Beide Fra-
gen haben eine gemeinsame Lösung. Bei der Ermittlung der Querkraftbewehrung wurde das
Fachwerkmodell eingeführt. Dieses Modell beschreibt den Abtrag der Schnittgröße Querkraft
auf eine deutlich andere Art und Weise als das Modell für das Biegemoment bei der Schnitt-
größe Moment. Beide Schnittgrößen treten aber gleichzeitig auf, also müssen auch beide
Modelle gleichzeitig wirksam sein. Neben den Zugkräften aus dem Biegemoment treten dann
auch Zugkräfte aus dem Fachwerkmodell für die Querkraft auf, und diese sind nicht vernach-
lässigbar. Während in Auflagernähe eines Einfeldträgers das Moment nahezu 0 ist und damit
aus dieser Schnittgröße keine Zugkraft resultiert, ergibt das Fachwerkmodell für den Quer-
kraftabtrag durchaus in diesem Bereich an der Unterseite des Biegeträgers eine horizontale
Zugkraft, siehe auch Abbildung 50 bis Abbildung 52 zu den Fachwerkmodellen. Dieser Zug-
kraftanteil aus dem Fachwerkmodell muß zu dem Zugkraftanteil aus Biegung addiert werden.
Heutzutage wäre durch den Einsatz eines Computers für jeden Abschnitt eines Trägers die
Addition dieser beiden Anteile sofort möglich. Vereinfacht kann aber auch auf grafischem
Wege anstelle der Addition der beiden Anteile die Momentenlinie einfach um das Versatzmaß
al von den Maximalwerten weg hin zu den Auflagern verschoben werden. Das Versatzmaß ist
abhängig von der Größe des inneren Hebelarms und von der Neigung der Streben im Fach-
werkmodell. Es wird mit Gleichung (150) berechnet.

105
Stahlbeton for Beginners

z
al = ⋅ ( cot Θ − cot α ) ≥ 0 (150) 13.2.2
2 Gl. (147)
mit: Θ, α entsprechend Querkraftbemessung
z entsprechend Biegebemessung oder allgemein z = 0,9 ⋅ d
Das Verschieben der Zugkraftlinie wird in Abbildung 66 demonstriert. Betrachtet man die
Lage eines Punktes auf dem Längen-Zugkraft-Diagramm, erkennt man deutlich, daß sich die
Zugkraftwerte an der entsprechenden Stelle x erhöht haben. In anderen Worten: die Verschie-
bung der Momenten- bzw. Zugkraftbilder entspricht der Erhöhung der Zugkraftwerte an einer
definierten Stelle. Damit wird der Anteil aus dem Querkraftmodell den Zugkräften infolge des
Biegemomentes hinzugerechnet.
M [kNm]
bzw.
Zs [kN]
0
M [kNm] Versatzmaß al
bzw.
Zs [kN]
M [kNm] Zs inf. V an x = x1
bzw. 0 Zs inf. M an x = x1
Zs [kN]
0
al al
x1
0 1 2 3 4 5 x [m]
M [kNm]
bzw. Erhöhung der Zugkraft Zs,x1 an x = x1 vom Anteil infolge des
Zs [kN]
Momentes Zs,M auf Zs,x1 = Zs,M,x1 + Zs,V,x1 (Zs,V,x1 ist der Anteil
0 infolge des Fachwerkmodells für die Querkraft)

0 1 2 3 4 5 x [m]

Abbildung 66: Versetzen der Zugkraftlinie um das Versatzmaß al


In Abhängigkeit von der Größe der Querkraft unterscheiden sich die Fachwerkmodelle, was
wiederum zu verschiedenen Beträgen der Zugkräfte in den Fachwerken führt. Diese unter-
schiedlichen Modelle müssen auch bei der Zugkraftdeckung berücksichtigt werden, da der
Betrag der Verschiebung al vom Querkraftmodell ab hängt. Da wir gezeigt haben, daß die
Verschiebung einer Erhöhung des Zugkraftdeckungswertes entspricht, bestimmt der Betrag
der Verschiebung auch den Betrag der Erhöhung der Zugkraft.
Die so erstellte versetzte Zugkraftlinie muß abschließend durch Bewehrung abgedeckt wer-
den. Da die Bewehrung aber nicht kontinuierlich an die Momentenlinie angepaßt werden
kann, wird die Linie der aufnehmbaren Zugkraft im Gegensatz zur Linie der aufzunehmenden
Zugkraft stufenförmig verlaufen, wie schon in Abbildung 65 angedeutet wurde. Die waage-
rechten Linien der Zugkraftdeckungslinie bezeichnet man als Bewehrungshorizonte. Diese
Bewehrungshorizonte müssen vom Betrag her immer über den Linien für die erforderliche
Bewehrung liegen, die ja konform zum Zugkraftbild sind. Das Eintragen der Bewehrungshori-
zonte ist in der folgenden Skizze dargestellt.

106
SCHEERER y PROSKE

Diese Zugkraft muß mindestens


Bewehrungshorizonte
aufgenommen werden!
M [kNm]
bzw. 5 Bewehrungseisen
Zs [kN] 4 Bewehrungseisen
3 Bewehrungseisen
2 Bewehrungseisen
1 Bewehrungseisen

1 Bewehrungseisen
2 Bewehrungseisen
3 Bewehrungseisen
4 Bewehrungseisen

0 1 2 3 4 5 x [m]

Abbildung 67: Eintragen von Bewehrungshorizonten, Beispiel


Durch das Eintragen von Bewehrungshorizonten ist der Vergleich zwischen der zwingend er-
forderlichen Bewehrung und der nach der Biegebemessung vorgesehenen Bewehrung mög-
lich. Die gewählte Bewehrung muß immer größer oder gleich der statisch erforderlichen sein,
d. h. die gewählten Bewehrungshorizonte müssen vom Betrag her höher oder identisch mit
der Zugkraftlinie sein. Die Staffelung der Durchmesser als auch die Durchmesser selbst kön-
nen frei gewählt werden. Dabei sollte das Verhältnis zwischen Materialeinsparung und erhöh-
tem Arbeits- und Planungsaufwand beachtet werden.
Die Vorgehensweise wird in Abbildung 68 verdeutlicht. Vom Schnittpunkt der Zugkraftlinie
mit dem Bewehrungshorizont wird eine Hilfslinie in Richtung des höheren Betrages der Zug-
kraft gezeichnet (linkes Bild). Am Schnittpunkt mit der nächsthöheren Bewehrungslage kann
die höhere Lage auf eben diese Länge gekürzt werden. In DIN 1045-1 wird dieser Schnitt-
punkt mit E bezeichnet, was „rechnerischer Endpunkt“ der Bewehrung bedeutet. Dadurch
erhält man die Grundlänge dieses Biegewehrungseisens, also noch ohne die erforderliche Ver-
ankerungslänge (Kapitel 9). Kürzt man alle Bewehrungshorizonte auf das erforderliche Maß
(ohne Verankerungslängen), erhält man die stufenförmige Zugkraftdeckungslinie (rechts im
Bild).
Zs Hilfslinien, kürzen bis hier
5 Stäbe E
4 Stäbe E
Zugkraftdeckungslinie E
3 Stäbe
2 Stäbe E
1 Stab E

1 Stab
E
2 Stäbe
3 Stäbe

0 1 2 3 4 5 x [m] 0 1 2 3 4 5 x

Abbildung 68: Vorgehensweise bei der Ermittlung der abgestuften Bewehrung


In Abbildung 69 ist dargestellt, wie die ermittelten Längen später auf den Bewehrungszeich-
nungen wiederzufinden sind. Allerdings fehlt immer noch die jeweils erforderliche Veranke-
rungslänge. Wie diese berechnet wird, ist in Kapitel 9 nachzulesen.

107
Stahlbeton for Beginners

Bewehrungs- Pos. 1: l = ... m


skizze Pos. 2: l = ... m
Pos. 3: l = ... m
Pos. 4: l = ... m
Pos. 5: l = ... m

Zs

0 1 2 3 4 5 x
Pos. 6: l = ... m
Pos. 7: l = ... m
Pos. 8: l = ... m

Abbildung 69: Darstellung der verschiedenen Positionen in einer Bewehrungsskizze (Anga-


ben bzgl. der genauen Lage der Stäbe, Durchmesser, Länge, Positionsnum-
mern etc. sind zu ergänzen!)
An dieser Stelle wird die Bezeichnung Zugkraftdeckungslinie verständlich. Die eingelegte
Bewehrung muß mindestens soviel Zugkraft aufnehmen, wie im Bauteil infolge Moment (und
Querkraft) vorhanden ist.
Zusammenfassend sollen noch einmal alle notwendigen Arbeitsschritte aufgeführt werden:
(1) Momentenlinie erstellen (dabei Maßstab für die Darstellung der Momente und
Längen wählen)
(2) Zugkraftbild aus Momentenbild ableiten (neuen Maßstab für Kräfte errechnen)
(3) Versatzmaß in Abhängigkeit vom Querkraftmodell ermitteln
(4) Zugkraftbild um den Betrag des Versatzmaßes verschieben
(5) Bewehrungshorizonte wählen und eintragen
(6) erforderliche Bewehrungslänge festlegen
Die Zugkraftdeckung ist ein graphisches Verfahren. Die Momente, Kräfte und Längen dürfen
aus dem Diagramm abgemessen werden. Es empfiehlt sich deshalb, z. B. mit Millimeterpa-
pier zu arbeiten. Geringe Ableseungenauigkeiten oder Skizzierfehlern sind akzeptabel.
Noch einige Bemerkungen zur Anwendung. Die Berechnung der Zugkraftdeckung erfolgt
heutzutage in der Praxis nur noch rechnergesteuert. Insgesamt ist die Staffelung der Beweh-
rung, insbesondere im Hochbau, durch die Zugkraftdeckungslinie nicht mehr so intensiv zu
finden, wie z. B. noch vor einigen Jahren. Während damals die Einsparung von Stahl im Vor-
dergrund stand, sind heute im wesentlichen die Kosten der Ingenieurstunden und die Kosten
der Stahlliste entscheidend. Außerdem ist der Verlegeaufwand bei vielen verschiedenen
Positionen höher, da mehr Lagerplatz auf der Baustelle bereitgestellt werden muß und die Zu-
ordnung und exakte Ausrichtung der verschiedenen Eisen länger dauert, als wenn nur eine Art
Eisen eingebaut werden soll. Letztlich ist auch das Risiko von Fehlern größer, da Stähle in der
falschen Lage eingebaut werden können. Sinnvolle Anwendungsgebiete sind der Brücken-
und Fertigteilbau.

108
SCHEERER y PROSKE

8.2 Konstruktive Regeln


Platten:
13.3.2 • Mindestens ½ der Feldbewehrung ist ins Auflager zu führen und dort zu verankern.
(1) • Bei Platten ohne Querkraftbewehrung gilt al = 1,0 · d.
Balken:
• Mindestens ¼ der Feldbewehrung ist ins Endauflager zu führen und dort zu verankern.
13.2.2 • Mindestens ¼ der Feldbewehrung ist um 6 ds übers Zwischenauflager zu führen.
(6), (9), • Zur Aufnahme positiver Momente an Zwischenstützen, z. B. infolge Baugrundsetzun-
(10) gen, sollte die Bewehrung durchlaufen.

109
Stahlbeton for Beginners

9 Verankerung von Bewehrung 12.6 ff.

9.1 Allgemeines
Wie in Abschnitt 3.4 erläutert, ist Stahlbeton ein Verbundbaustoff. Der Verbund gewährleis-
tet, daß in Stahl und Beton gleiche Dehnungen vorhanden sind und Kräfte von einem Baustoff
auf den anderen übertragen werden können. Werden Stäbe zur Kraftübertragung nicht mehr
benötigt, müssen sie kraftschlüssig im Beton verankert werden. Verankerungen sind zum Bei-
spiel auch nötig bei komplizierten Bewehrungsführungen. Außerdem müssen Stäbe in vielen
Fällen gestoßen werden, dann muß ebenfalls über den Verbund die Kraftweiterleitung ge-
währleistet werden.

9.2 Eigenschaften des Verbundes


Von der Güte des Verbundes hängt die Wirksamkeit von Verankerungen ab. Die Verbund-
wirkung entsteht durch das Zusammenwirken mehrerer Mechanismen. LEONHARDT [24] un-
terscheidet zwischen:
• Haftverbund
• Reibungsverbund
• Scherverbund.
Die Qualität des Verbundes ist von vielen Faktoren abhängig, zum Beispiel von: 12.4

• Betongüte, Betonzusammensetzung und Konsistenz


• Profilierung und Durchmesser des Bewehrungsstahles
• der Lage des Stahles beim Betonieren
• der Größe der Betondeckung.
Lage des Stahles beim Betonieren:
Wesentlich ist, ob der Stab beim Einbringen des Betons waagerecht, geneigt oder senkrecht
liegt und wie hoch er bzgl. des Schalungsbodens eingebaut wurde.
Beim Erhärten setzt sich der Frischbeton etwas und es sammelt sich Wasser unter den Stäben
an, was später verdunstet. Wenn die Bewehrung also hoch über dem Boden liegt, können
Hohlräume oder Porenansammlungen entstehen, siehe Abbildung 70. Die im Verbund liegen-
de Mantelfläche des Stahles kann sich dann bis auf die Hälfte reduzieren.

Hohlraum Poren

Abbildung 70: Bildung von Hohlräumen und Poren unter waagerechten Bewehrungsstäben
In DIN 1045-1 wird deshalb zwischen "guten" und "mäßigen" Verbundbedingungen unter-
schieden. Die entsprechenden Kriterien sind in Abbildung 71 zusammengefaßt. Dargestellt
sind die Bedingungen für "guten" Verbund, in allen anderen Fällen ist von mäßigem Verbund
auszugehen.

110
SCHEERER y PROSKE

12.4 h ≤ 30 cm
B. (54)
Betonierrichtung

= 45...90° h
= 0...45° h ≤ 30 cm beliebig

h > 30 cm ≥ 30 cm
≤ 30 cm
h > 30 cm

Abbildung 71: Bedingungen für "guten" Verbund nach DIN 1045-1


Betongüte, Betonzusammensetzung und Konsistenz:
Grundsätzlich steigt die Verbundfestigkeit mit der Betonfestigkeit.
Betone mit niedrigerem Feinkornanteil weisen bessere Verbundeigenschaften auf, die Absetz-
erscheinungen sind geringer. Bei steiferer Konsistenz verringern sich die Wasserablagerun-
gen, die Matrix wird insgesamt dichter, fester und weniger anfällig gegenüber Verformungen.
Größe der Betondeckung:
Wie in Abbildung 72 gut zu sehen ist, entstehen durch die Druckbeanspruchung der Beton-
konsolen an den Rippen Ringzugspannungen um den Bewehrungsstab herum. Je geringer die
Betondeckung ist, desto mehr müssen die Druckstreben umgelenkt werden und desto höher
fallen die Zugspannungen und damit die Beanspruchung des Verbundes aus. Wird die Zugfes-
tigkeit des Betons überschritten, können Längsrisse entlang des Stahles entstehen, die Ver-
bundfestigkeit wird geringer. Bei hoher Konzentration von Stößen oder Verankerungen muß
deshalb unter Umständen eine Querbewehrung vorgesehen werden.
Kraftfluß Stabwerkmodell

Zugtra-
jektorien

Drucktra-
jektorien
Stahl-
zugkraft Zugring

Abbildung 72: Spannungen am Bewehrungsstab

9.3 Verbundspannung
Zur Erläuterung der Verbundspannungen soll ein zentrisch gezogener Stahlbetonstab wie in
Abbildung 73 herangezogen werden. Am Ende des Stahlstabes beträgt die Kraft im Stahl
Zs = Z, entsprechend die Stahlspannung σs0 = Zs/As und die Stahldehnung εs0 = σs0/Es. Ab der
Stelle, an der der Stahl in den Beton einbindet, werden über den Verbund Anteile der Zugkraft
Zs = Z auf den Beton übertragen. Die Beanspruchung im Stahlstab sinkt, die des Betons steigt.
Dem Beton wird eine Zugverformung aufgezwungen. Nach einer gewissen Einleitungslänge
lE sind die Dehnungen von Beton und Stahl gleich, es gilt εs = εc. Innerhalb der Eintragungs-

111
Stahlbeton for Beginners

länge lE wirken an der Oberfläche des Stahlstabes die Verbundspannungen fbd. Sie sind im Be-
reich der Enden des Stahlbetonstabes maximal und 0, wenn der Verbund vollständig wirkt.
Z Z

s0

fbd - Abbildung 73: Verbundspannungen


+ fbd,m am zentrisch gezo-
genen, ungerissenen
lE s = n ⋅ c, c = s, fc = 0 lE Zugstab
Wird ein Bewehrungsstab verankert, ist er also erst in einem bestimmten Abstand von seinem
Ende aus voll wirksam und kann Lasten abtragen. Deshalb muß die Stablänge um eine ent-
sprechende Verankerungslänge vergrößert werden. Die Verankerungslängen werden unter
Verwendung eines über die Verankerungslänge konstanten Mittelwertes der Verbundspan-
nung fbd berechnet. fbd kann mit den Gleichungen (151) bis (154) berechnet oder aus Tabel-
le 23 abgelesen werden. Tabelle 23 gilt für gute Verbundbedingungen und Stabdurchmesser
bis 32 mm, in allen anderen Fällen sind die Werte mit den Faktoren analog den Gleichungen
(152) bis (154) zu multiplizieren.
f ctk ;0,05 (151)
guter Verbund und ds ≤ 32 mm: fbd = 2, 25 ⋅ 12.5
γc (2) – (6)
mäßiger Verbund: Abminderung mit dem Faktor 0,7 (152) Gl. (139)
132 − d s
ds > 32 mm: Abminderung mit dem Faktor
100 (153)
1
Querzug *): Abminderung mit dem Faktor
3 (154)
*)
Diese Bestimmung gilt für Querzug rechtwinklig zur Bewehrungsebene, wenn Risse
parallel zu den Stäben erwartet werden müssen. Auf die Abminderung kann bei einer
Begrenzung der Weite dieser Risse auf maximal 0,2 mm und vorwiegend ruhender
Belastung verzichtet werden.
charakteristische Betondruckfestigkeit fck in N/mm² 12.5
12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 Tab. (25)
fbd in [N/mm²] 1,6 2,0 2,3 2,7 3,0 3,4 3,7 4,0 4,3 4,4

Tabelle 23 Bemessungswerte der Verbundspannung fbd für Betonstahl bei gutem Verbund
und ds ≤ 32 mm nach DIN 1045-1 (Auszug)
Die DIN 1045-1 erlaubt eine Erhöhung der Verbundspannung in folgenden Fällen: 12.5

• Es ist rechtwinklig zur Bewehrungsebene ein Querdruck p vorhanden (mittlerer Quer- (5)
druck im Verankerungs- oder Übergreifungsbereich in N/mm²).
1
→ Erhöhung um ≤ 1,5
1 − 0, 04 ⋅ p
• Allseitig ist eine durch Bewehrung gesicherte Betondeckung von mindestens10 · ds
vorhanden (Übergreifungsstöße: ein Achsabstand der Stöße von mehr als 10 · ds).
→ Erhöhung um 50 %.

112
SCHEERER y PROSKE

9.4 Verankerung von Stäben

Das Grundmaß der Verankerungslänge lb wird nach Gleichung (155) bestimmt


12.6.2 d s f yd
(1) + (2)
lb = ⋅ , (155)
4 fbd
Gl. (140)
die erforderliche Verankerungslänge lb,net beträgt nach Gleichung (156)
12.6.3 (3) As ,erf
lb ,net = α a ⋅ lb ≥ lb ,min . (156)
Gl. (141) As ,vorh
mit: As,erf, As,vorh rechnerisch erforderliche bzw. vorhandene Längsbewehrung
lb,min Mindestwert der Verankerungslänge
Zugstäbe: lb ,min = 0,3 ⋅ α a ⋅ lb ≥ 10 ⋅ d s
Druckstäbe: lb ,min = 0, 6 ⋅ lb ≥ 10 ⋅ d s
αa Beiwert in Abhängigkeit von der Verankerungsart nach
Tabelle 24

Diese Verankerungslänge gilt grundsätzlich für Stäbe, die außerhalb von Auflagern verankert
werden.

Die erforderliche Verankerungslänge kann durch verschiedene Arten der Ausbildung der En-
den der zu verankernden Stäbe verkürzt werden. Bei liegenden Stäben bedingt das gerade
Stabende die größte Verankerungslänge, Haken, Winkelhaken und Schlaufen verkürzen diese.
Bei angeschweißten Querstäben wirken der Verbund des Längs- und des Querstabes zusam-
men. Die Tragfähigkeit des Querstabes wird von der Festigkeit des Schweißknotens bestimmt,
diese ist beim einbetonierten Stab deutlich höher als beim nackten Stahl, was Versuche nach
[24] ergaben. Bei stehenden Stäben, z. B. in Stützen, bewirken Abbiegungen hingegen keine
Verkürzung der Verankerungslänge.

Beiwert αa c
12.6
Art und Ausbildung der Verankerung Zug- Druck-
Tab. (26) stäbe a stäbe
1,0 1,0
ds

a) Gerade Stabenden
lb,net

b) Haken c) Winkelhaken d) Schlaufen 0,7 b -


ds (1,0)
≥5
°
0
15
≥ 5ds

dbr dbr
...

dbr
°

150°
90

ds

ds
ds

lb,net lb,net lb,net

0,7 0,7
ds

e) Gerade Stabenden mit mindestens einem


angeschweißten Stab innerhalb von lb,net lb,net

Tabelle 24 Zulässige Verankerungsarten nach DIN 1045-1

113
Stahlbeton for Beginners

Beiwert αa c
Art und Ausbildung der Verankerung Zug- Druck-
stäbe a stäbe
f) Haken g) Winkelhaken h) Schlaufen (Draufsicht) 0,5 b -
ds (0,7)
≥5

°0
15
≥ 5ds
dbr dbr

...
°
150°

90

ds

ds
ds dbr

lb,net lb,net lb,net

mit jeweils einem angeschweißtem Stab innerhalb von lb,net


i) Gerade Stabenden mit mindestens zwei angeschweißten s 0,5 0,5

ds
Stäben innerhalb von lb,net mit s < 100 mm und ≥ 5 ds und
≥ 50 mm; nur zulässig bei Einzelstäben mit ds ≤ 16 mm und
lb,net
bei Doppelstäben mit ds ≤ 12 mm
a
Werte in Klammern gelten, wenn
- im Krümmungsbereich rechtwinklig zur Krümmungsebene die Betondeckung kleiner als 3 ds beträgt
- kein Querdruck vorhanden ist
- keine enge Verbügelung vorhanden ist.
b
Bei Schlaufenverankerungen mit Biegerollendurchmesser dbr ≥ 15 ds darf αa auf 0,5 reduziert werden.
c
Für angeschweißte Querstäbe gilt ds,quer/dsl ≥ 0,7. Die Verbindungen sind als tragende Verbindungen auszu-
führen.
Fortsetzung Tabelle 24 Zulässige Verankerungsarten nach DIN 1045-1
Zusätzliche Bestimmungen sind bei Verwendung von Stäben mit ds > 32 mm einzuhalten. Da
diese Stabdurchmesser im normalen Hochbau nicht üblich sind, soll an dieser Stelle auf eine
Erläuterung verzichtet werden. Angaben zur Querbewehrung bei Verankerungen sind in
DIN 1045-1, Kapitel 12.6.3 nachzulesen. Im Kapitel 12.8.3 der DIN 1045-1 finden sich An-
gaben zur Querbewehrung bei Übergreifungen.
Werden Bewehrungsstäbe im Bereich von Auflagern verankert, kann die erforderliche Veran-
kerungslänge lb,net verringert werden. Es gilt:
• am Endauflager
2
direktes Auflager: lb ,dir = ⋅ lb ,net ≥ 6 ⋅ d sl (157) 13.2.2 (8)
3 Gl. (149)
indirektes Auflager: lb ,ind = lb ,net ≥ 10 ⋅ d sl (158) Gl. (150)

Die Verankerung muß mindestens die Zugkraft Fsd entsprechend (159) aufnehmen
können.
al V 13.2.2 (7)
Fsd = VEd ⋅
+ N Ed ≥ Ed (159)
z 2 Gl. (148)
• an Zwischenauflagern durchlaufender Bauteile:
Die Bewehrung ist um mindestens 6 ds hinter die Auflagervorderkante zu führen. 13.2.2 (9)
Druckstäbe dürfen nicht mit Haken, Winkelhaken oder Schlaufen verankert werden. Krüm-
mungen erzeugen eine Biegebeanspruchung im Stab und erhöhen die Gefahr des Ausknickens
und damit von Betonabplatzungen, siehe Abbildung 74. Besonders bei großen Stabdurchmes-
sern ist auf eine ausreichende Querbewehrung zu achten, da durch den Spitzendruck wiede-
rum Querzug im Beton erzeugt wird.

114
SCHEERER y PROSKE

Abbildung 74: Schädigung der Betondeckung bei abge-


bogenen Stabenden bei Druckstäben
Auf die Verankerung von Bügeln wurde in Abschnitt 7.5 eingegangen.

12.8 9.5 Stöße von Bewehrungsstäben


Stöße können indirekt unter Mitwirkung des Betons – Übergreifungsstöße – oder direkt –
Schweißen, Muffen – ausgeführt werden, wobei Übergreifungsstöße die übliche Variante dar-
stellen. Bei Stäben mit ds > 32 mm sind Übergreifungsstöße nur bedingt anwendbar. Sie soll-
ten versetzt angeordnet werden, um die Konzentration von Querzugspannungen zu minimie-
ren. Die konstruktiven Regeln nach Abbildung 75 sind einzuhalten.
12.8.1
(a) (b) ≥ 1,3 ls
≥ ds ds
B. (57)
≥ 20 mm
≥ 2 ds
s
≥ 20 mm
≤ 4 ds
s0
Bauteilkante Bauteilkante

Abbildung 75: Querabstand (a) und Längsversatz (b) von Bewehrungsstäben im Stoßbe-
reich
Die Übergreifungslänge ls wird nach Gleichung (160) bestimmt.
12.8.2 ls = lb ,net ⋅ α1 ≥ ls ,min (160)
Gl. (144)
mit: ls,min Mindestwert der Übergreifungslänge
⎧ ≥ 15 ⋅ d s
ls ,min = 0,3 ⋅ α a ⋅ α1 ⋅ lb ⎨
⎩≥ 200 mm
α1 Beiwert für die Übergreifungslänge nach Tabelle 25
αa analog Tabelle 24, aber ohne Berücksichtigung von angeschweißten
Querstäben

12.8.2 Anteil der ohne Längsversatz gestoßenen


Stäbe am Querschnitt einer Bewehrungslage
Tab. (27)
≤ 30 % > 30 %
s ≥ 10 ds und s0 ≥ 5 ds 1,0 1,0
ds < 16 mm
s < 10 ds und s0 < 5 ds 1,2 1,4
Zugstoß
s ≥ 10 ds und s0 ≥ 5 ds 1,0 1,4
ds ≥ 16 mm
s < 10 ds und s0 < 5 ds 1,4 2,0
Druckstoß 1,0

Tabelle 25 Beiwerte α1 für die Übergreifungslänge nach DIN 1045-1

115
Stahlbeton for Beginners

Wie schon bei der Verankerung von Bewehrungsstäben muß auch bei Übergreifungsstößen 12.8.3
eine Querbewehrung angeordnet werden. Es gelten folgende Grundsätze:
• Gesamtfläche der Querbewehrung ΣASt ≥ Querschnittsfläche As eines Stabes
• wenn s ≤ 10 ds, dann muß die Querbewehrung in vorwiegend biegebeanspruchten
Bauteilen bügelartig ausgebildet sein
• Verteilung der Querbewehrung entsprechend Abbildung 76
je ½ ASt je ½ ASt
≤ 150 ≤ 150
Fsd Fsd 12.8.3
Fsd Fsd
B. (59)
ls/3 ls/3 ls/3 ls/3 ≤ 4 ds
ls ls ≤ 50 mm

Abbildung 76: Verteilung der Querbewehrung bei Übergreifungsstößen

Wenn die in Abschnitt 13 der DIN 1045-1 [11] festgelegten Konstruktionsregeln eingehalten
werden, darf bei Stäben mit ds < 16 mm bis zu einer Festigkeitsklasse von C 55/67 auf eine
zusätzliche Querbewehrung im Bereich von Übergreifungsstößen verzichtet werden. Gleiches
gilt für Stäbe kleiner 12 mm für Betone ab C 60/75 oder wenn grundsätzlich in einem beliebi-
gen Querschnitt höchstens 20 % der Stäbe gestoßen werden.
Übergreifungsstöße sind durch Bügel zu umschließen, wenn bei mehrlagigen Bewehrungen
mehr als 50 % der Stäbe einer Lage in einem Schnitt gestoßen werden.

9.6 Stöße von Matten in zwei Ebenen 12.8.4

Beträgt der Bewehrungsquerschnitt as maximal 12 cm²/m, dürfen Matten ohne Längsversatz


gestoßen werden, bei größeren Querschnitten dürfen Vollstöße nur in der inneren Lage erfol-
gen, wenn der gestoßene Anteil nicht mehr als 60 % des erforderlichen Betrags von as beträgt.
Die Übergreifungslänge von Matten ermittelt man mit Gleichung (161).
as ,erf 12.8.4
ls = lb ⋅ α 2 ⋅ ≥ ls ,min (161)
as ,vorh Gl. (145)

mit: ls,min Mindestwert der Übergreifungslänge


⎧≥ s
ls ,min = 0,3 ⋅ α 2 ⋅ lb ⎨ q
⎩ ≥ 200 mm
α2 Beiwert für die Berücksichtigung des Mattenquerschnitts
a ⎧ ≥ 1, 0
α 2 = 0, 4 + s ,vorh ⎨
8 ⎩≤ 2, 0
sq Abstand der geschweißten Mattenstäbe

Weiterhin ist zu beachten, daß bei mehrlagiger Bewehrung die Stöße um mindestens 1/3 ls in
Längsrichtung versetzt werden müssen. Im Gegensatz zu Einzelstäben ist keine zusätzliche
Querbewehrung im Stoßbereich erforderlich. Die Querbewehrung von einachsig gespannten
Platten und von Wänden darf an einer Stelle gestoßen werden, die Übergreifungslänge richtet
sich nach Tabelle 26. Weiterhin müssen mindestens 2 Längsstäbe innerhalb von ls entspre-
chend Abbildung 77 angeordnet sein.
12.8.3 Stabdurchmesser der Querstäbe
Tab. (28) ds ≤ 6 mm 6 mm < ds ≤ 8,5 mm 8,5 mm < ds ≤ 12 mm ds > 12 mm

116
SCHEERER y PROSKE

Mindestübergreifungs- ≥ sl ≥ sl ≥ sl ≥ sl
längen der Querstäbe ≥ 150 mm ≥ 250 mm ≥ 350 mm ≥ 500 mm
mit sl = Stababstand der Längsstäbe

Tabelle 26 Mindestübergreifungslängen der Querstäbe


≥ 5 ds
≥ 50 mm
12.8.3 Fsd Fsd
Fsd Fsd
B. (60)
ls ls

Abbildung 77: Übergreifungsstöße von Betonstahlmatten

117
Stahlbeton for Beginners

10 Gebrauchstauglichkeit 11

10.1 Allgemeines
Bei der Stahlbetonbemessung wird zwischen den Grenzzuständen der Tragfähigkeit und den
Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit unterschieden. Beispiele dafür, wodurch die Ge-
brauchsfähigkeit eingeschränkt werden kann, sind in Abschnitt 4.2 aufgeführt. Solche Mängel
können z. B. durch fehlerhafte Berechnung oder mangelhafte Bauausführung aber auch durch
zweckentfremdete Nutzung entstehen. Die Sicherstellung der Gebrauchtauglichkeit eines
Bauwerkes während des vorgesehenen Nutzungszeitraumes ist eng an die Sicherstellung der
Dauerhaftigkeit des Tragwerkes gekoppelt. Die Dauerhaftigkeit kann zum Beispiel durch
große Rißweiten, die die Korrosion der Bewehrung ermöglichen, negativ beeinflußt werden.
Nach DIN 1045-1 müssen im Rahmen der Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchs-
tauglichkeit folgende Nachweise geführt werden:
• Begrenzung von Spannungen
• Begrenzung der Rißbreiten und Nachweis der Dekompression
• Begrenzung der Verformungen.

10.2 Spannungsbegrenzung 11.1

Spannungsbegrenzungen können notwendig werden, um nichtelastische Verformungen zu


vermeiden oder zu begrenzen oder um einer übermäßigen Schädigung des Betongefüges ent-
gegenzuwirken. Negative Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit können zum Beispiel
durch übermäßig große Kriechverformungen entstehen, weshalb sich die Notwendigkeit der
Begrenzung der Betondruckspannungen unter quasi-ständigen Einwirkungen ergeben kann.
Nachweise für Spannungsbegrenzungen sind gegebenenfalls sowohl im Bauzustand als auch
im Endzustand zu führen. Die Nachweise dürfen entfallen, wenn es sich um nicht vorgespann-
te Bauwerke des üblichen Hochbaus handelt und
•die Schnittgrößen nach der Elastizitätstheorie mit maximal 15prozentiger Umlagerung
im GZT ermittelt wurden
• die bauliche Durchbildung den Konstruktionsregeln aus DIN 1045-1, Kapitel 13 ent-
spricht.
Deshalb soll im Rahmen dieses Buches diese Problematik nicht vertieft werden.

10.3 Begrenzung der Rißbreiten


11.2
10.3.1 Grundlagen der Rißbildung
Grundsätzlich kann eine Bewehrung die Rißbildung in Stahlbetonbauteilen nicht verhindern
sondern nur einschränken und Rißbreiten und Rißabstände beeinflussen. Da Beton nur eine
geringe Zugfestigkeit besitzt, treten schon bei kleinen Zugspannungen Risse auf. Die Zug-
spannungen können durch Lasten oder durch Zwang entstehen. Risse infolge Eigenspannun-
gen treten z. B. vor allem in den ersten zwei Tagen nach dem Betonieren auf. Der junge Beton
besitzt noch nahezu keine Zugfestigkeit, ist aber hohen Spannungen infolge Temperaturunter-
schieden ausgesetzt, siehe Abbildung 78. Ursache hierfür ist das Entstehen von Wärme
während der Hydratation und das gleichzeitige Abkühlen außenliegender Bereiche, z. B. bei
frühem Ausschalen. Besonders gefährdet sind Bauteile mit großen Abmessungen, wie große
Fundamente oder Staumauern, da hier die Unterschiede zwischen den sich abkühlenden
äußeren Schichten und dem warmen Bauteilinneren besonders groß werden können. Zwang

118
SCHEERER y PROSKE

entsteht auch, wenn ein neues Bauteil an ein altes anbetoniert wird, ein typisches Beispiel da-
für ist eine Wand, die auf einem zuvor hergestellten Fundament errichtet wird, Abbildung 79.
und fct

frühe Rißbildung
durch Zwang
c,t

Zugfestigkeit fct

Zwansgsspannung
c,t beim Abkühlen

~ 10 h Erhärtungszeit

Abbildung 78: Entwicklung von Betonzugfestigkeit und Zwang infolge ∆T nach [24]

Wand, junger Beton


Risse

Fundament, älterer Beton

Abbildung 79: Beispiel für Rißbildung bei Verbindung Alt- und Neubeton nach [24]
Forschungen ergaben, daß bis zu einer Rißweite von ca. 0,4 mm keine erhöhte Korrosionsge-
fahr für den Betonstahl besteht. Die Bewehrung soll Risse auf ein "erträgliches" optisches
Maß beschränken. Risse nahezu vermeiden kann man nur, wenn man mögliche Zugspannun-
gen sehr gering hält oder dauerhaft überdrückt, was in der Regel unwirtschaftlich bzw. bei
Stahlbeton unsinnig ist.
Die Rißbildung im jungen Beton kann durch geeignete Maßnahmen beeinflußt werden:
• Zementgehalt begrenzen, damit ist eine niedrigere Hydratationswärme zu erwarten
• langsam erhärtende Zementsorte wählen
• niedriger w/z-Wert
• sorgfältige Nachbehandlung.
Es gibt verschiedene Arten von Rissen, hier sollen einige Beispiele aufgeführt werden:
• Mikrorisse und Gefügerisse
Diese sehr feinen und i. d. R. kurzen Risse treten innerhalb des Betongefüges auf und
sind mit dem bloßen Auge oft gar nicht zu erkennen. Sie entstehen meist durch Eigen-
spannungen oder Spannungsumlenkungen z. B. an harten Zuschlagkörnern. Sie
vermindern die Zugfestigkeit besonders in Betonierrichtung und tragen somit zu den
großen Streuungen der Zugfestigkeit bei.
• Trennrisse
Der Riß durchtrennt den ganzen Querschnitt infol- Z Z
ge zentrischer Zugbeanspruchung oder bei Zug mit
geringer Ausmitte.
• Biegerisse
entstehen infolge Biegung und reichen vom äuße- M M
ren Rand der Zugzone maximal bis zur Spannungs-
nullinie.

119
Stahlbeton for Beginners

• Sammelrisse
entstehen zum Beispiel bei hohen oder stark be-
wehrten Biegebauteilen. Es bilden sich zwar an der M M
Unterseite viele kleinere Risse, die aber nicht weit
in den Querschnitt hinein reichen. Diese kleineren
Risse können sich zu Sammelrissen vereinigen, die
wiederum die Spannungsnullinie erreichen können.
• Schubrisse
entstehen durch hohe schiefe Hauptzugspannungen infolge Querkraft oder Torsion. In
ihrer Richtung orientieren sie sich am Verlauf der Hauptzugspannungstrajektorien, sie-
he auch Abbildung 47 und Abbildung 48 im Kapitel Querkraftbemessung.
• Längsrisse entlang von Bewehrungsstäben
werden häufig durch das Setzen des Frischbetons erzeugt, sie können aber auch infol-
ge Volumenvergrößerung des Bewehrungsstabes entstehen, wenn dieser korrodiert.
Eine weitere Ursache kann das Überschreiten der ertragbaren Verbundspannung sein.
Diese Risse können bis zur Bauteilaußenkante vordringen oder zu Betonabplatzungen
führen.
• Oberflächen- / Netzrisse
entstehen durch Eigenspannungen z. B. infolge Schwindens. Sie kön-
nen ungerichtet sein, wenn die Zwangsspannung ungerichtet ist, oder
sich an einer vorherrschenden Zugrichtung orientieren. Solche Risse
sind meist nicht tief sondern nur nahe der Oberflächen zu finden. Sie
können in der Regel nicht durch Bewehrung beeinflußt werden.
Ein besonderer Effekt im Zusammenhang mit der Rißbildung in Stahlbetonbauwerken ist bei
Konstruktionen zu beobachten, die eigentlich wasserundurchlässig sein sollten. Es handelt
sich um die Selbstheilung. Dieser Effekt tritt bei Trennrissen aus kurzzeitigem frühem Zwang
auf, in denen sich freier Kalk aus nichtgebundenem Zement anlagert. In Verbindung mit
Wasser reagiert der Zement und die Risse werden verschlossen.
Die Rißweite wurde in der alten DIN 1045 entsprechend Abbildung 80 definiert (Anmerkung:
Im Augenblick ist die Regelung nicht eindeutig. Es wird auf das DAfStb-Heft 525 verwiesen,
welches bei Redaktionsschluß noch in Bearbeitung war: geplanter Erscheinungstermin Okto-
ber 2003). Im Bild erkennt man klar, daß die Rißweite direkt am Bewehrungsstab deutlich
kleiner als an der Bauteiloberfläche ist. Diese Tatsache ist u. a. wichtig für den Korrosions-
schutz. Die Rippen am Bewehrungsstab erzeugen einen Scherverbund, der dem ungehinderten
Öffnen des Risses entgegenwirkt. Mit wachsendem Abstand von diesen Betonzähnen wächst
die Rißweite, sowohl in Richtung auf die Außenseite des Bauteils als auch bzgl. des seitlichen
Abstandes des Risses vom Bewehrungsstab. Daraus kann geschlußfolgert werden, daß über
den Stababstand die sichtbare Rißbreite beeinflußt werden kann.
gestörter Verbund

innere Risse

sichtbare Rißweite wk

Abbildung 80: Definition der Rißweite w nach [24]

120
SCHEERER y PROSKE

In Abbildung 81 ist ein zentrisch gezogener Betonstab zu sehen. Unter der Annahme, daß in-
folge idealen Verbundes die Dehnungen von Beton und Stahl gleich sind, kann man folgende
Spannungen im Querschnitt ableiten:
As Ac
Z Z c c s = n· c

h
s
+ +

Abbildung 81: Zentrischer Zugstab im Zustand I


σs σc
= εs = εc = (162)
Es Ec
σc
σ s = Es ⋅ = n ⋅σ c (163)
Ec
Es
mit: n= (29)
Ec
Die Zugkraft Z wird sowohl vom Stahl als auch vom Beton aufgenommen:
σ c ⋅ Ac ,netto + σ s ⋅ As = Z (164)

mit: Ac ,netto = Ac − As (165)

Z = σ c ⋅ ( Ac − As ) + n ⋅ σ c ⋅ As
Z = σ c ⋅ [ Ac − As + n ⋅ As ]
Z = σ c ⋅ ⎡⎣ Ac + As ⋅ ( n − 1) ⎤⎦ (166)

Z
σc = und σ s = n ⋅σ c (167)
Ac + As ⋅ ( n − 1)
Bei Verbundbaustoffen ist es zweckmäßig, mit ideellen Querschnittswerten zu arbeiten. Die
einzelnen Anteile werden entsprechend ihres E-Moduls gewichtet und zusammengerechnet.
Damit kann dann der Verbundquerschnitt so betrachtet werden, wie wenn er aus einem homo-
genen Material bestehen würde.
Ai = Ac + ( n − 1) ⋅ As (168)

Z
σc = (169)
Ai
Wird bei weiterer Steigerung der Zugkraft Z an einer Stelle des Querschnitts die Betonzugfes-
tigkeit erreicht, kommt es zum ersten Riß. Die genaue Stelle, an der der Erstriß auftritt, kann
i. d. R. nicht vorhergesagt werden. Die zuvor über den gesamten Verbundquerschnitt verteilte
Zugkraft Z muß nun allein vom Bewehrungsstahl aufgenommen werden, wodurch dieser an
der Stelle des Risses einen plötzlichen Spannungszuwachs erfährt, siehe Abbildung 82.

121
Stahlbeton for Beginners

As Ac
Z Z

a) Dehnungen
s : Stahldehnung
=0 c,s : Betondehnung in Höhe des Stahles
lE lE
b) Spannungen
s : Stahlspannung

n· c,s : Betonspannung in Höhe des Stahles


0 c,s

fbd
c) Verbundspannung fbd
0

Abbildung 82: Erstrißbildung am zentrisch gezogenen Stab, nach [38]


Eine Bewehrung muß also außer den Anforderungen der Tragfähigkeit auch denen der Rißbil-
dung entsprechen können. Die Spannungen im Stahl kurz vor bzw. kurz nach dem ersten Riß
können wie folgt angegeben werden.
kurz vor dem Erstriß: σ s* = n ⋅ f ct (170)
ZR
kurz nach dem Erstriß: σ sR = >> σ s
*
(171)
As
Die Rißschnittgröße ZR kann nach Gleichung (172) berechnet werden.
Z R = f ct ⋅ Ai = f ct ⋅ ( Ac + ( n − 1) ⋅ As ) (172)

Die Stahlspannung beim Auftreten des ersten Risses σsR ergibt sich zu
f ct ⋅ ⎡⎣ Ac + ( n − 1) ⋅ As ⎤⎦
σ sR =
As
⎛A ⎞
= f ct ⋅ ⎜ c + n − 1⎟ (173)
⎝ As ⎠
Üblich ist auch folgende Schreibweise:
⎛ 1 ⎞
σ sR = f ct ⋅ ⎜ + n − 1⎟
⎝ ρl ⎠
f
= ct ⋅ ⎡⎣1 + ρl ⋅ ( n − 1) ⎤⎦ (174)
ρ l

As1
mit: ρl auf den Nutzquerschnitt b·d bezogener Bewehrungsgehalt, ρl = (30)
b⋅d
Wird der Einfluß der Bewehrung bei der Ermittlung des ideellen Querschnitts vernachlässigt,
vereinfacht sich Gleichung (174) entsprechend (175).
f ct
σ sR = (175)
ρl
Bei Biegebeanspruchung gelten die gleichen Grundsätze wie bei zentrischem Zug, nur daß die
Stelle des Erstrisses im Bereich des maximalen Momentes vermutet werden kann. Im Augen-
122
SCHEERER y PROSKE

blick der Rißbildung wirkt das Rißmoment MR, die zugehörige Zugkraft muß wiederum von
der Bewehrung aufgenommen werden. Für Rechteckquerschnitte gilt bei reiner Biegung und
Querschnitt im Zustand I (ungerissen) folgende Beziehung:
MR 6⋅MR
f ct = =
W b ⋅ h2
b ⋅ h2
M R = f ct ⋅ (98)
6
Im Zustand II gilt unmittelbar nach der Rißbildung:
Moment = Kraft ⋅ Hebelarm = Z ⋅ d = As ⋅ σ s ⋅ d (176)
vereinfachte Annahmen: d ≈ 0,95 ⋅ h
z ≈ 0,85 ⋅ d
→ z ≈ 0,95 ⋅ 0,85 ⋅ d ≈ 0,80 ⋅ d (177)

M R = As ⋅ σ sR ⋅ 0,8 ⋅ h (99)

Setzt man (98) und (99) gleich, ergibt sich eine Bestimmungsgleichung für die Stahlspannung
beim Auftreten des Erstrisses σsR, Gleichung (178).
b ⋅ h2
M R = As ⋅ σ sR ⋅ 0,8 ⋅ h = f ct ⋅
6
b⋅h b⋅h
σ sR = f ct ⋅ ≈ 0, 2 ⋅ f ct ⋅
6 ⋅ As ⋅ 0,8 As
f ct
σ sR ≈ 0, 2 ⋅ (178)
ρl
Vergleicht man die Gleichungen (175) und (178), kann man schlußfolgern, daß die beim Auf-
treten des Erstrisses plötzlich auf σsR ansteigende Stahlspannung abhängig von der Art der
Belastung (M, N oder Kombination), dem Bewehrungsgrad ρl und der Betonzugfestigkeit fct
ist.
Sind erst wenige Risse entstanden, ist der Rißabstand groß. Zwischen den Rissen verbleiben
Bereiche, in denen Stahl und Beton die gleichen Dehnungen aufweisen. In diesen bereichen
befindet sich der Stab also noch im Zustand I ist. Risse zwischen den schon vorhandenen kön-
nen erst entstehen, wenn über den Verbund zwischen Beton und Bewehrung wieder genügend
Zugspannungen vom Stahl auf den umgebenden Beton übertragen werden, damit die Bean-
spruchung des Betons dessen Zugfestigkeit erreichen kann. Für den Rißabstand a gilt allge-
mein:
lE + v0 ≤ a < 2 ⋅ ( lE + v0 ) (179)

mit: lE Lasteintragungslänge, Bedeutung siehe auch Kapitel 9.3


v0 kleiner Bereich unmittelbar neben dem Riß, in dem der Haftverbund
verlorengeht und der Scherverbund gestört oder nicht vorhanden ist
(siehe Abbildung 80)
Nach [24] kann die Eintragungslänge nach Gleichung (180) berechnet werden.

123
Stahlbeton for Beginners

f ct ⋅ Act
lE = (180)
fc ⋅ ∑ u
mit: Σu Summe der Umfänge der Bewehrungsstäbe
Act gezogene Betonfläche im Zustand I
zentrischer Zug: Act = b ⋅ h
1
Biegung: Act = ⋅ b ⋅ h
2
fct Zugfestigkeit von Beton. bei Biegung darf die Biegezugfestigkeit fct,fl
angesetzt werden. Zur Größenordnung von fct,fl siehe Abschnitt 3.2 und
Gleichung (25). In [24] ist pauschal der Faktor 1,25 angegeben.
Die Rißbildung setzt sich solange fort, bis in keinem Bereich des Bauteils mehr die Zugspan-
nungen im Beton dessen Zugfestigkeit fct überschreiten. Man spricht dann von abgeschlos-
sener Rißbildung. Die Dehnungen und Spannungen von Beton und Stahl sind sowohl für den
Erstriß als auch für das abgeschlossene Rißbild in Abbildung 83 dargestellt.
Erstrißbildung:
M 2. 1. 3. M
As

0 (a) oben:
lE lE lE lE Erstriß
2. und 3. Riß


0
c,s
(b)

Abgeschlossene Rißbildung: (a) Dehnungen


M 2. 4. 1. 5. 3. M s: Stahldehnung

c,s : Betondehnung in Höhe des Stahles

(b) Spannungen
(a) s: Stahlspannung

c,s : Betonspannung in Höhe des Stahles

n· c,s
0 (b)

Abbildung 83: Rißbildung beim Biegebalken, nach [38]


Der Zusammenhang zwischen der Verformung am Bauteilrand und den Rißschnittgrößen ist
in Abbildung 84 dargestellt. Anfangs wachsen die Dehnungen linear mit steigender Belas-
tung. Nach Erreichen des Rißmomentes entstehen bei nur geringer Laststeigerung schnell
weitere Risse, was die Ursache für ein sprunghaftes Anwachsen der Verformungen ist. Nach
Abschluß der Rißbildung steigen die Verformungen wieder annähernd linear an, da nur noch
geringfügige Steifigkeitsänderungen auftreten. Zwischen den Rissen wirkt der Beton immer
noch teilweise der Zugbeanspruchung entgegen, weshalb die ohne eine solche Mitwirkung be-
rechnete Momenten-Verformungs-Beziehung bei gleicher Belastung q höhere Dehnungen ε
aufweist.

124
SCHEERER y PROSKE

M Einfluß der Mitwirkung des


Betons zwischen den Rissen
Mftk
I
and (a) abgeschlossene εI, MI Moment und Dehnung bei
Rißbildung Erstrißbildung (Rißlast)
Zust

II
MI,II

nd
(b) Erstrißbildung εI,II, MI,II Moment und Dehnung beim

sta
MI Übergang von der Erstrißbil-
Zu
dung zum abgeschlossenen
er
in

System: Rißbild
Re

q
εftk, Mftk Moment und Dehnung bei Er-
reichen der Streckgrenze des
M
Bewehrungsstahles

Abbildung 84: Zusammenhang zwischen Biegung und Dehnung bei ansteigender Bean-
spruchung q, nach [38]
Bei der Aufzählung verschiedener Rißarten wurden auch die Sammelrisse beschrieben und
skizziert. Im Bereich der Biegezugbewehrung sind viele gut verteilte Risse zu sehen, die sich
im schwach bewehrten Steg (die Stegbewehrung wurde in der entsprechenden Skizze nicht
dargestellt) zu wenigen breiten Sammelrissen vereinigen. Man kann schlußfolgern, daß sich
die Wirkung der Bewehrung auf den Beton nur bis zu einer gewissen Entfernung vom Stahl-
stab erstreckt, man spricht von der "Wirkungszone der Bewehrung", siehe u. a. [24] und [38].
In größerer Entfernung hat also der Verbund keinen Einfluß mehr auf den umgebenden Beton.
Daraus kann man schlußfolgern, daß die Stahlstäbe einen genügend kleinen Abstand zuein-
ander aufweisen müssen, um Rißweiten und Abstände wirkungsvoll begrenzen zu können. In
DIN 1045-1 sind folgende Ansätze zur Abschätzung der Wirkungszone Ac,eff angegeben.
11.2.3 Balken Platte zugbeanspruchtes Bauteil
B. (53)
2,5 d1 ≤ 0,5 (h - x)

d1
2,5 d1 ≤ 0,5 h
h

d1
2,5 d1
d1

Schwerachse der Bewehrung Wirkungsbereich Ac,eff


x = Höhe der Druckzone im Zustand I
Abbildung 85: Wirkungszone Ac,eff der Bewehrung, nach [11]

11.2 10.3.2 Nachweise nach DIN 1045-1

10.3.2.1 Grundsätze
In der DIN 1045-1 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß
• die Rißbildung "nahezu" unvermeidbar ist.
• die Rißbreite bzgl. der Anforderungen von Ästhetik und Dauerhaftigkeit zu beschrän-
ken ist.
• bestimmte Einflüsse, wie z. B. chemisches Schwinden, in den angegebenen Rechen-
verfahren nicht erfaßt werden.
• zwischen Einzelrißbildung und abgeschlossenem Rißbild zu unterscheiden ist.
• mit den angegebenen Verfahren nur Anhaltswerte berechnet werden können.
• sich die Formeln auf die Wirkungszone der Bewehrung beziehen.

125
Stahlbeton for Beginners

Die DIN 1045-1 eine Unterteilung der Bauwerke in Mindestanforderungsklassen A ... F als
Grundlage für die Berechnung vor. Von der Anforderungsklasse hängt ab, welche Lastkombi-
nation man den Nachweisen zur Rißbreitenbegrenzung zugrunde legen muß.
11.2.1
Expositionsklasse Mindestanforderungsklasse
Tab. (19)
Vorspannart
.... Stahlbetonbauteile
XC1 ... F
XC2, XC3, XC4 ... E
XD1...3, XS1...3 ... E

Tabelle 27 Mindestanforderungsklassen in Abh. von der Expositionsklasse, Auszug [11]


Anforderungs- Dekom- Rißbreiten- Rechenwert der
klasse pression begrenzung Rißbreite wk in mm 11.2.1

A selten - Tab. (18)

B häufig selten
0,2
C quasi-ständig
häufig
D
E - 0,3
quasi-ständig
F 0,4

Tabelle 28 Anforderungen bzgl. Dekompression und Rißbreitenbegrenzung


Als Mindestanforderungsklasse für Stahlbetonbauteile ist grundsätzlich die Klasse F bei XC 1
und E bei allen anderen Expositionsklassen zu wählen. Erläuterungen zu den Anforderungs-
klassen sind im Anhang in Tabelle 40 nachzulesen.
Bei den Nachweisen zur Begrenzung der Rißbreite ist grundsätzlich zwischen Lasteinwirkung
und Zwangseinwirkung zu differenzieren. Die Nachweise umfassen den Nachweis der Min-
destbewehrung und den Nachweis der Begrenzung der Rißbreite unter der maßgebenden Ein-
wirkungskombination. Bei Zwangseinwirkung muß eine ausreichende Mindestbewehrung
eingelegt werden, damit die Risse gut verteilt auftreten und eine gewisse Breite nicht über-
schreiten. Risse, die infolge Lasteinwirkung entstehen, sind nach [39] vor allem von der vor-
handenen Stahlspannung und der Bewehrungsanordnung abhängig. Der Nachweis kann hier
vereinfacht über zulässige Stabdurchmesser oder Stababstände in Abhängigkeit von der
Stahlspannung geführt werden.
Für Platten in der Expositionsklasse XC 1, die im wesentlichen durch Biegung beansprucht
werden und nicht dicker als 20 cm sind, dürfen die Nachweise entfallen, wenn die Beweh-
rungsregeln nach DIN 1045-1, 13.3 eingehalten werden.

10.3.2.2 Mindestbewehrung zur Aufnahme von Zwangs- und Eigenspannungen 11.2.2

Zur Aufnahme von Zwangseinwirkungen und Eigenspannungen wird eine Mindestbewehrung


eingelegt. Sie ist für die Erstrißbildung auszulegen, d. h. die Bewehrungsmenge muß so groß
sein, daß das mit der Erstrißbildung einhergehende plötzliche Ansteigen der Stahlspannung
ohne kritische Verformungen oder Versagen des Stahles aufgenommen werden kann. Die
Stahlspannung soll dabei noch unterhalb der Streckgrenze liegen, da andernfalls der Steifig-
keitsabfall im Bauteil beim ersten Riß so stark sein würde, daß dieser eine Riß immer weiter
auseinanderklaffen und es nicht zur Bildung weiterer Risse kommen würde, [39].
Bis zum Abschluß der Erstrißbildung wird die Rißschnittgröße nicht nennenswert überschrit-
ten, siehe auch Abbildung 84, weshalb die Schnittgröße, die zum Erstriß führt, Grundlage für

126
SCHEERER y PROSKE

die Berechnung sein darf. Sind bei Stahlbetonbauteilen die Zwangsschnittgrößen kleiner als
die Rißschnittgrößen, darf die Mindestbewehrung für erstere ausgelegt werden. Bei geglieder-
ten Querschnitten, z. B. Plattenbalken, ist die Rißbreitenbeschränkung für jeden Teilquer-
schnitt extra durchzuführen. Der mindestens erforderliche Stahlquerschnitt As,min kann über-
schlägig nach Gleichung (181) bestimmt werden.
11.2.2 Act
Gl. (127)
As ,min = kc ⋅ k ⋅ f ct ,eff ⋅ (181)
σs
mit: As,min Mindestbewehrung; in der Zugzone des betrachteten Querschnittes,
am gezogenen Rand und zur Vermeidung breiter Sammelrisse anzu-
ordnen
Act siehe Gleichung (180)
fct,eff wirksame Zugfestigkeit des Betons zum betrachteten Zeitpunkt. Es
ist der Mittelwert der Zugfestigkeit fctm der Betonklasse anzusetzen,
die zum Zeitpunkt des Entstehens der Risse erwartet wird. Dabei ist
besonders zu beachten, daß oft eine höhere Betonfestigkeit geliefert
wird, als im Entwurf vorgesehen wurde. Bei Rißbildung infolge
frühzeitigem Zwang, z. B. bei abfließender Hydratationswärme, ist
fctm,28d zu halbieren. Wenn die Risse nicht sicher vor 28 d eintreten,
muß eine Mindestzugfestigkeit von 3,0 N/mm² angesetzt werden.
kc Beiwert zur Berücksichtigung der Zugspannungsverteilung im Zu-
stand I und der Änderung von d bei Übergang in den Zustand II
⎡ σc ⎤
kc = 0, 4 ⋅ ⎢1 + ⎥ ≤1
⎣⎢ k1 ⋅ f ct ,eff ⎦⎥
⎧1,5 ⋅ h / h′ für eine Drucknormalkraft
k1 =⎨
⎩2/ 3 für eine Zugnormalkraft
h Höhe des Teil-/Querschnitts
⎧h für h < 1 m
h' =⎨
⎩1 m für h ≥ 1 m
σc Betonspannung in Höhe der Schwerelinie des Teil-/
Querschnitts im Zustand I unter der beim Gesamtquer-
schnitt zur Erstrißbildung führenden Einwirkungskom-
bination, σc < 0 bei Druckspannungen, σc = 0 bei reiner
Biegung
k Beiwert zur Berücksichtigung nichtlinear verteilter Betonzugspan-
nungen
(a) Zug infolge im Bauteilinnern hervorgerufenen Zwangs:
⎧0,8 für h ≤ 0,3 m
k =⎨
⎩0,5 für h ≥ 0,8 m
Zwischenwerte linear interpolieren
h: kleinerer Wert von Höhe oder Dicke des Teil-/Querschnitts
(b) Zug infolge außerhalb des Bauteils hervorgerufenen Zwangs:
k=1
σs zulässige Betonstahlspannung nach Tabelle 29 in Abhängigkeit vom
Grenzdurchmesser ds*

127
Stahlbeton for Beginners

Ist die erforderliche Mindestbewehrung bekannt, kann die Rißweite indirekt über die geeig-
nete Wahl des Stabdurchmessers entsprechend Gleichung (182) bestimmt werden. Dabei wird
die Stahlspannung aus den schon erwähnten Gründen auf die Streckgrenze fyk = 500 N/mm²
begrenzt. Außerdem ist der Grenzdurchmesser von der vorhanden Stahlspannung σs abhängig.
* kc ⋅ k ⋅ ht f ct ,eff * f
ds = ds ⋅ ⋅ ≥ d s ⋅ ct ,eff (182)
11.2.3
4 ⋅ ( h − d ) f ct ,0 f ct ,0 Gl. (129)

mit: ds modifizierter Grenzdurchmesser für Zwangsbeanspruchung


ds* Grenzdurchmesser nach Tabelle 29
fct,0 = 3,0 N/mm², siehe auch Tabelle 29
ht Höhe der Zugzone des Teil-/Querschnitts im Zustand I
Grenzdurchmesser ds* der Stäbe in [mm] in 11.2.3
Stahlspannung Abhängigkeit vom Rechenwert der Rißbreite w
k
σs in N/mm² Tab. (20)
wk = 0,4 mm wk = 0,3 mm wk = 0,2 mm
160 56 42 28
200 36 28 18
240 25 19 13
280 18 14 9
320 14 11 7
360 11 8 6
400 9 7 5
450 7 5 4

Tabelle 29 Grenzdurchmesser ds* für Betonstahl nach DIN 1045-1 [11], bezogen auf die
Betonzugfestigkeit fct,0 = 3,0 N/mm²
Für den Stabdurchmesser gelten weiterhin folgende Ansätze:
∑d 2
si
• d sm = bei unterschiedlichen Stabdurchmessern
∑d si

• d sV = n ⋅ d s Vergleichsdurchmesser bei Stabbündeln


• ds des Einzelstabes bei Bewehrungsmatten (mit Doppelstäben)
Beim vereinfachten Nachweis der Rißbreite infolge Zwangsbeanspruchung wird nachgewie-
sen, daß die erforderliche Mindestbewehrungsmenge eingelegt und der entsprechende Grenz-
durchmesser ds* eingehalten wurde. Es kann folgendermaßen vorgegangen werden. In Ab-
hängigkeit von der zulässigen Rißbreite wk wird in Tabelle 29 eine zweckmäßige Stahl-
spannung σs gewählt. Mit dieser wird die Mindestbewehrungsmenge As,min nach Gleichung
(181) ermittelt, die Bewehrung wird festgelegt. Mit dem zu der gewählten Stahlspannung σs
gehörenden Grenzdurchmesser ds* (nach Tabelle 29) wird überprüft, ob der gewählte Stab-
durchmesser zulässig ist, Gleichung (182).

10.3.2.3 Beschränkung der Rißbreite bei Lastbeanspruchung 11.2.3

Auch für diesen Fall ist in der DIN 1045-1 ein Näherungsverfahren mit vereinfachten Annah-
men angegeben. Wie schon bei der Beschränkung der Rißbreiten unter Zwangsbeanspruchung
ist es möglich, durch Einhalten konstruktiver Regeln die Rißbreiten in Abhängigkeit von der
Stahlspannung auf ein zulässiges Maß zu begrenzen. Es gibt zwei Möglichkeiten, den Nach-
weis zu führen. Es können wiederum die Stabdurchmesser mit Hilfe von Tabelle 29 begrenzt
werden, es kann aber auch ein maximaler Stababstand nach Tabelle 30 festgelegt werden.

128
SCHEERER y PROSKE

Beide Verfahren sind gleichberechtigt. Auch wenn nur eine von beiden Bedingungen erfüllt
ist, gilt der Nachweis als erfüllt. Zum Beispiel werden bei Balken die Bestimmungen des
Grenzdurchmessers oft nicht eingehalten, die Stababstände liegen aber im zulässigen Bereich.
11.2.3 Höchstwerte der Stababstände in [mm] in Ab-
Stahlspannung hängigkeit vom Rechenwert der Rißbreite wk
Tab. (21)
σs in N/mm² wk = 0,4 mm wk = 0,3 mm wk = 0,2 mm
160 300 300 200
200 300 250 150
240 250 200 100
280 200 150 50
320 150 100 -
360 100 50 -

Tabelle 30 Maximale Stababstände für Betonstahl nach DIN 1045-1 [11]


Im Gegensatz zu Abschnitt 10.3.2.2 wird die Stahlspannung σs nicht gewählt, sondern ist für
den gerissenen Querschnitt für die maßgebende Beanspruchungskombination entsprechend
Tabelle 28 zu berechnen. Auch muß ähnlich Gleichung (182) der Grenzdurchmesser bei An-
wendung von Tabelle 30 nachgewiesen werden, allerdings ist bei Lastbeanspruchung Glei-
chung (183) zu verwenden.
11.2.3 * σ s ⋅ As 1 * f ct ,eff
ds = ds ⋅ ⋅ ≥ ds ⋅ (183)
Gl. (131) 4 ⋅ ( h − d ) ⋅ b f ct ,0 f ct ,0
mit σs Stahlspannung im Zustand II
b Breite der Zugzone
Der Nachweis wird also geführt, indem zuerst die von der Anforderungsklasse abhängige
Lastkombination herausgesucht wird. Mit diesen Schnittgrößen wird die Stahlspannung in der
bei der Bemessung festgelegten Bewehrung berechnet. Bei Variante 1 wird aus Tabelle 29 der
zugehörige Grenzdurchmesser ds* in Anhängigkeit von der kalkulierten Rißbreite wk abgele-
sen und mit Gleichung (183) überprüft, ob der vorgesehene Durchmesser ds zulässig ist. Bei
Variante 2 wird aus Tabelle 30 der zulässige Stababstand lim sl in Abhängigkeit von der
berechneten Stahlspannung σs und der zulässigen Rißbreite wk abgelesen und mit dem vorge-
sehenen Bewehrungskonzept verglichen.
Nach [39] wurde mit 4,0 cm für d1 in Abbildung 85 bei der Ermittlung der zulässigen Stab-
abstände gerechnet. Diese Annahme ist für Platten üblich, aber bei Balken und mehrlagiger
Bewehrung auf der unsicheren Seite. Deshalb sollte in diesen Fällen der Nachweis über den
Grenzdurchmesser vorgezogen werden.

11.2.4 10.3.2.4 Berechnung der Rißbreite – genaues Verfahren nach DIN 1045-1
Die Berechnung von zu erwartenden Rißbreiten ist kompliziert. Deshalb ist in der Norm
DIN 1045-1 ein Näherungsverfahren mit vereinfachten Annahmen entwickelt worden. Damit
ist es möglich ist, Rißbreiten explizit zu berechnen. Das Verfahren beruht nach [39] auf For-
schungen von KÖNIG und TUE und wurde auf überwiegend mechanischer Basis hergeleitet.
Im Rahmen dieses Buches soll allerdings nicht näher darauf eingegangen werden.

11.3
10.4 Begrenzung der Verformungen
Verformungen im Gebrauchszustand müssen begrenzt werden, damit die ordnungsgemäße
Funktion des Bauteils oder von Maschinen und Geräten, die sich auf dem Tragwerk befinden,

129
Stahlbeton for Beginners

sichergestellt werden kann und das Erscheinungsbild des Bauteils selbst oder angrenzender
Konstruktionen wie Verglasungen und leichte Trennwände nicht beeinträchtigt wird. In der
DIN 1045-1, Kapitel 11.3 werden ausschließlich vertikale Verformungen infolge statischer
Einwirkungen betrachtet.
In der DIN 1045-1 sind Richtwerte für zulässige Verformungen angegeben. Gegebenenfalls
können die Anforderungen vermindert oder erhöht werden, natürlich müssen hierbei auch die
Wünsche des Bauherrn beachtet werden. Bei Bürogebäuden, Wohnhäusern und anderen
Bauwerken des allgemeinen Hochbaus sind die Richtwerte akzeptabel.
Für die quasi-ständige Einwirkungskombination gilt für den maximalen Durchhang f:
l
f ≤ für Balken, Platten oder Kragbalken (184) 11.3.1 (8)
250
Überhöhungen bei der Fertigung, um den erwarteten Durchhang ganz oder teilweise auszu-
gleichen, sollten den Wert l/250 nicht überschreiten.
Um Schäden an angrenzenden Bauteilen zu vermeiden, sollte die Bestimmung von Gleichung
(184) von l/250 auf l/500 verschärft werden, wenn diese angrenzenden Bauteile größere
Durchbiegungen nicht ohne Schaden aufnehmen können.
Der Nachweis der Verformungen kann vereinfachend durch die Begrenzung der Biege-
schlankheit erfolgen. Es gilt für Normalbeton:
li (185)
Allgemein im üblichen Hochbau: ≤ 35
d
11.3.2 (2)
2
li
Deckenplatten mit erhöhten Anforderungen: ≤ 150 (186)
d
mit: li Ersatzstützweite bei vorwiegender Biegebeanspruchung; bei linienförmig
gelagerten Rechteckplatten ist die kleinere der beiden Ersatzstütz-
weiten zu verwenden
li = α ⋅ leff

α nach Tabelle 31
leff siehe Schnittgrößenermittlung, Gleichung (1) und Tabelle 1

Statisches System Beiwert α 11.3.2


leff 1,0 Tab. (22)

leff 0,8

leff 0,6

leff 2,4

Tabelle 31 Beiwert α zur Bestimmung der Ersatzstützweite, nach [11]

130
SCHEERER y PROSKE

131
Stahlbeton for Beginners

11 Bemessung von Druckgliedern 8.6

11.1 Tragverhalten druckbeanspruchter Bauteile


Typische druckbeanspruchte Bauteile sind Stützen und Wände. Es können folgende Bean-
spruchungskombinationen unterschieden werden:
N N N N
e
M Hy
H (a) zentrische (mittige) Druckkraft
Hx (b) mittige Druckkraft und Horizontalkraft
mit/ohne Moment (einachsige Biegung)
(c) außermittige Druckkraft
(d) Druckkraft und zweiachsige Biegung

(a) (b) (c) (d)

Abbildung 86: Beanspruchung von Druckgliedern

Bei der Biegebemessung wurden die Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung ermittelt, d. h.
am unverformten System. Dabei werden Durchbiegungen und ungewollte Lastausmitten nicht
berücksichtigt. Allerdings müssen Verformungen bei der Schnittgrößenermittlung immer
dann berücksichtigt werden, wenn sie merklichen Einfluß auf die Schnittgrößen und auf die
Tragfähigkeit eines Bauteils haben. Man spricht dann von Theorie II. Ordnung. Dabei wird
aber vorausgesetzt, daß die auftretenden Verformungen klein sind. Bei Druckgliedern muß
nachgewiesen werden, daß die Bruchschnittgrößen nicht überschritten werden und daß das
Tragwerk auch bei einer Verformung im stabilen Gleichgewicht bleibt.
Theorie I. Ordnung: Theorie II. Ordnung: P
auf Biegung beanspruchter Balken → Schnittgrößen exzentrisch belastetes
werden durch die Verformungen nicht beeinflußt Druckglied → das Mo-
ment in der Mitte der I
Stütze wird durch die M =P·e
l << l v e
P Verformung vergrößert max M = M II
= P · (e + v)
v
l
max M = MI = P · l / 2
P

Abbildung 87: Unterschied zwischen Theorie I. und II. Ordnung

Das Versagen von Druckgliedern kann in Spannungsprobleme (Überschreiten der zulässigen


Spannungen) und Stabilitätsprobleme (Verlust der Standsicherheit, z. B. seitliches Ausknik-
ken) unterteilt werden. Die Versagensart ist stark von der Schlankheit des Druckgliedes ab-
hängig. Je gedrungener das Bauteil ist, desto eher wird ein Versagen infolge Überschreitens
der zulässigen Spannungen eintreten, und je schlanker es ist, desto eher wird es ausknicken. In
der alten DIN 1045 [10] wurden Druckglieder in Schlankheitsgruppen unterteilt, denen man
folgende Versagensmechanismen zuordnen konnte. Druckglieder mit geringer Schlankheit
versagen durch Erreichen der Bruchschnittgrößen Nu und Mu (siehe Fall 1 in Abbildung 88).
Man spricht von einem Spannungsproblem nach Theorie I. Ordnung (Materialversagen). Bei
Druckgliedern mit mäßiger Schlankheit (Fall 2 in Abbildung 88) können die auftretenden

132
SCHEERER y PROSKE

Verformungen nicht mehr vernachlässigt werden. Die aufnehmbare Vertikallast wird kleiner,
gleichzeitig vergrößert sich das Moment infolge anwachsender Exzentrizität. Letztendlich
versagt das Druckglied wieder durch das Überschreiten zulässiger Spannungen, es handelt
sich nun aber um ein Spannungsproblem nach Theorie II. Ordnung (Materialversagen). Die
dritte Gruppe stellten Druckglieder mit hoher Schlankheit dar. Bei einer Laststeigerung neh-
men die Verformungen übermäßig zu, der Stab wird instabil, bevor die Bruchschnittgrößen
erreicht werden, es tritt Stabilitätsversagen ein.
Nu Fälle:
Nu 1, Mu1
1 N 2 N 3 N
Nu2, Mu2 Nkr2, Mkr2
e·N v·N
2 v e
1
Materialversagen
e·N v·N
Nu und Nu und
3
Nkr , M 3 3
Nu , Mu 3 Mu = N · e Mu = N · (e + v)
3 kr Nkr und
Mkr = N · (e + v)
Mu Nu, Mu: Bruchschnittgrößen infolge Materialversagens
Nkr, Mkr: Bruchschnittgrößen infolge Stabilitätsversagens

Abbildung 88: Versagensmöglichkeiten von Druckgliedern nach [24]

Bezüglich der Stabilität können drei Gleichgewichtslagen unterschieden werden:


(a) stabil: Kugel rollt nach einer Auslenkung wieder in die Aus-
gangslage zurück
(b) labil: Kugel entfernt sich nach einer Auslenkung von ihrer
Ausgangslage
(c) indifferent: Kugel bleibt liegen, wohin sie bewegt wurde, die ge-
ringste Störung würde zu einer weiteren Fortbewegung
führen. Dies ist auch der Fall, wenn ein Tragwerk genau mit seiner
Knicklast Fki belastet wird. Es ist dann gerade noch das Kräftegleichge-
wicht am verformten System erfüllt. Eine weitere Laststeigerung würde
ein Ausknicken und damit ein Versagen zur Folge haben. Die Verfor-
mung, die das Tragwerk bei Belastung mit der Knicklast Fki aufweist,
wird auch Knickfigur genannt.
Der Verbundbaustoff Stahlbeton besitzt einige Besonderheiten, die bei Stabilitätsuntersuchun-
gen beachtet werden müssen, z. B.:
• keine lineare σ-ε-Beziehung
• durch Rißbildung wird der wirksame Betonquerschnitt und damit die Biegesteifigkeit
verringert, die Durchbiegung dementsprechend erhöht
• großer Unterschied zwischen Druck- und Zugfestigkeit des Betons
• die zeitabhängigen Verformungen des Betons können sich negativ auswirken
• die Mitwirkung von Beton auf Zug zwischen den Rissen wird vernachlässigt.

11.2 Knicklängen
Die Drucktragfähigkeit eines Stabes hängt u. a. stark von seiner Knicklänge – in DIN 1045-1
Ersatzlänge l0 genannt - ab. Die Knicklänge ist die Länge, über die ein gedrücktes Bauteil frei
ausknicken kann. Allgemein kann gesagt werden, daß die Knick- bzw. Ersatzlänge der Ab-
stand der Wendepunkte der Knickfigur des Systems ist. Die allgemeine Berechnungsformel
ist in (187) angegeben, Beispiele für Knicklängen sind in Abbildung 89 zu aufgeführt.

133
Stahlbeton for Beginners

l0 = β ⋅ lcol (187) 8.6.2 (4)

mit: l0 Ersatzlänge von Einzeldruckgliedern


β Knicklängenbeiwert
lcol Länge des Stabes zwischen den idealisierten Einspannstellen

(1) (2) (3) (4) (5) l0

lcol l0 lcol = l0 lcol l0 lcol l0 lcol

= 2,0 = 1,0 = 0,7 = 0,5 l0 = 1,0

Abbildung 89: Beispiele für Knicklängen

Die Knicklänge ist von den Lagerungsbedingungen des Stabes und von der Aussteifung des
Systems abhängig, vergleiche z. B. den beidseitig gelenkig gelagerten Stab und den beidseitig
eingespannten Stab in Abbildung 89. Eine Einspannung an beiden Enden bewirkt eine Halbie-
rung der Knicklänge gegenüber der gelenkigen Lagerung. Den selben Effekt können Ausstei-
fungen oder horizontale Festhaltungen erzielen. Beispiel (5) ist ein verschiebliches System,
wodurch die Knicklänge doppelt so groß wie die in Beispiel (4) ist, obwohl es sich in beiden
Fällen um beidseitig eingespannte Stäbe handelt. Den Unterschied zwischen einem verschieb-
lichen und einem unverschieblichen Rahmen zeigt Abbildung 90.

= 1,0 = 0,5 Abbildung 90: Knicklängen für Rahmen


Im Stahlbetonbau können allerdings oftmals die Lagerungsbedingungen nicht so eindeutig de-
finiert werden, in der Regel liegen elastische Einspannungen vor. Die Knicklänge ist dann
vom Grad der Einspannung abhängig, siehe Abbildung 91, an dieser Stelle soll aber nicht auf
mögliche Näherungsverfahren eingegangen werden. Erläuterungen zu diesem Thema finden
sich u. a. in [8] oder [38].

volle Einspannung, = 0,5


gelenkige Lagerung, = 1,0
elastische Einspannung, 0,5 < < 1,0

Abbildung 91: Einfluß des Einspanngrades

134
SCHEERER y PROSKE

11.3 Bemessung

8.6.1 11.3.1 Allgemeines


Grundsätzlich müssen Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung berücksichtigt werden, wenn
8.6.1 (1)
durch diese die Tragfähigkeit um mehr 10 % vermindert wird. Die Bemessungswerte sind un-
ter Berücksichtigung von Maßungenauigkeiten und Unsicherheiten bzgl. Lage und Richtung
der Lasten zu ermitteln, z. B. durch geometrische Imperfektionen. Für Einzeldruckglieder dür-
fen die geometrischen Ersatzimperfektionen durch Ansatz einer zusätzlichen ungewollten
8.6.4 (1) Ausmitte der Längskräfte ea in ungünstigster Richtung berücksichtigt werden. Die Imperfek-
tionen brauchen natürlich nur bei Berücksichtigung von Einflüssen nach Theorie II. Ordnung
angesetzt werden.
8.6.4 l0
ea = α a1 ⋅ (188)
Gl. (33) 2
mit: αa1 Winkel der Schiefstellung gegen die Sollachse (im Bogenmaß)
1 1
7.2 α a1 = ≤ (189)
Gl. (4) 100 ⋅ lcol [m] 200

Die σ-ε-Linien für Beton und Betonstahl wurden in den Abschnitten 3.2 und 3.3 vorgestellt
und sind auch für Druckglieder gültig. Bei vollständig überdrückten Querschnitten darf die
Dehnung im Punkt C in Abbildung 16 aus Kapitel 3.4 (im folgenden noch einmal dargestellt)
den Wert εc2 nicht überschreiten. Für normalfesten Beton beträgt diese Grenze also 2,0 ‰,
was auch den Bestimmungen der alten DIN 1045 entspricht.
10.2 = =0‰
max s2 = max s1 = 25 ‰
B. (30)
c2

A s2 s2 b c C
h d

A s1 a d e
s1

c1

3‰ (*) 2,175 ‰ -2 ‰
0

Abbildung 16: Mögliche Dehnungsverteilungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit für


Stahlbetonbauteile nach DIN 1045-1

11.3.2 Einteilung der Tragwerke und Bauteile


Druckbeanspruchte Systeme und Bauteile müssen nach ihrer Verschieblichkeit in verschieb-
lich und unverschieblich eingeteilt werden (vergleiche auch die Betrachtungen zur Knicklän-
ge). Eine Abschätzung, ob ein ausgesteiftes Tragwerk als unverschieblich angesehen werden
kann, erlaubt Absatz (5) in 8.6.2 der DIN 1045-1. Auf dieses Kriterium soll aber an dieser
Stelle nicht näher eingegangen werden.

11.3.3 Nachweisverfahren
Nach der Schlankheit des Druckgliedes und der Art der Belastung richtet sich die Form des
Nachweises. Deshalb muß zunächst der Schlankheitsgrad λ ermittelt werden.

135
Stahlbeton for Beginners

l0
λ= (190) 8.6.2 (4)
i
mit: i Trägheitsradius (des reinen Betonquerschnitts)
Ic
i= , für Rechteckquerschnitte gilt i = 0, 289 ⋅ b
Ac
Grundsätzlich muß zwischen schlanken und nicht schlanken Einzeldruckgliedern unterschie-
den werden. Die Grenzschlankheiten werden nach Gleichung (191) bis (194) ermittelt. Wer-
den die Grenzwerte nicht überschritten, müssen keine Auswirkungen nach Theorie II. Ord-
nung berücksichtigt werden.
• allgemein für verschiebliche oder unverschiebliche Einzeldruckglieder:
⎧ 25 für vEd ≥ 0, 41 (191) 8.6.3

λmax = ⎨ 16
für vEd < 0, 41 (192)
Gl. (27) –
⎪ v (Gl. 29)
⎩ Ed
N Ed
mit: vEd vEd =
Ac ⋅ f cd (193)
NEd Bemessungswert der mittleren Längsdruckkraft des Einzel-
druckgliedes
Ac Querschnittsfläche des Druckgliedes
• für Einzeldruckglieder in unverschieblichen ausgesteiften Tragwerken, wenn
zwischen den Enden keine Querlasten oder Lastmomente auftreten und die
Längskraft über die Stützenlänge konstant ist – gilt also nur für "echte" Pen-
delstützen:
⎧ ⎛ e01 ⎞
⎪ = 25 ⋅ ⎜ 2 − ⎟ für vEd ≥ 0, 41 8.6.3
λcrit ⎨ ⎝ e02 ⎠ (194)
⎪ Gl. (30)
⎩ = 25 für beidseitig gelenkig gelagerte Stützen
mit: e01/e02 Verhältnis der Lastausmitten der Längskraft an den Stützenen-
den mit |e01| ≤ |e02|, siehe auch Abbildung 92

NEd NEd NEd 8.6.3


B. (13)
e0 e02 e02

e01 e01

NEd NEd NEd Abbildung 92: Definition von e01 und e02

Kommt Gleichung (194) zur Anwendung, sind die Stützenenden aber mindestens für eine Be- 8.6.3 (9)
lastung nach Gleichung (195) zu bemessen.
h 8.6.3
M Rd ≥ N Ed ⋅ und N Rd ≥ N Ed (195)
20 Gl. (31),
Gl. (32)
mit: h Abmessung der Stütze in der betrachteten Richtung

136
SCHEERER y PROSKE

8.6.3 (5) Kriechen darf i. d. R. vernachlässigt werden, wenn die Stützen an beiden Enden monolithisch
mit den lastabtragenden Bauteilen verbunden sind oder bei verschieblichen Tragwerken für
das Einzeldruckglied λ < 50 und e0/h < 2 gilt.
8.6.3 (6) Für schlanke Einzeldruckglieder dürfen die Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung vereinfa-
chend nach dem Modellstützenverfahren ermittelt werden, Kapitel 11.3.4.

8.6.5 11.3.4 Modellstützenverfahren


Das Verfahren wird bei folgenden Randbedingungen empfohlen (in anderen Fällen sind ande-
re Verfahren geeigneter):
NEd
• runder oder rechteckiger Stützenquerschnitt HEd
• für die Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung
8.6.5 gilt e0 < 0,1·h (es ist auch grundsätzlich für Wirkungslinie der

l = 2 l0
B. (12) kleinere Ausmitten anwendbar, die auf der si- Resultierenden
cheren Seite liegenden Abweichungen wach- von NEd und HEd
sen dann aber stark an, siehe [22])
8.6.5 (3)
Definition einer Modellstütze: M2 M1 e2 e1
• Kragstütze mit einer Länge von l = ½ · l0 Mtot etot

• Stützenfuß eingespannt, Stützenkopf frei ver-


schieblich
• Biegelinie entsprechend der Skizze rechts
• Die Nachweisstelle ist der Stützenfuß, da sich dort die maßgebende Kombination von
Längskraft und maximalem Moment ergibt (Theorie II. Ordnung).
Die Gesamtausmitte etot bei konstant durchgehenden Stützenquerschnitten wird wie folgt be-
rechnet.
8.6.5 etot = e1 + e2 = e0 + ea + e2 (196)
Gl. (34) -
Gl. (40) mit: ea ungewollte zusätzliche Ausmitte, siehe Gleichung (188)
e0 planmäßige Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung
M
e0 = Ed 0
N Ed
bei linear veränderlichem Momentenverlauf über die Stützenlänge in
unverschieblichen Rahmentragwerken gilt:
⎧0, 6 ⋅ e02 + 0, 4 ⋅ e01
e0 = max ⎨
⎩ 0, 4 ⋅ e02
MEd0 Bemessungsbiegemoment nach Theorie I. Ordnung
e01, e02 siehe Abbildung 92
e2 zusätzliche Lastausmitte nach Theorie II. Ordnung, vereinfacht:
2
1 l
e2 = K1 ⋅ ⋅ 0
r 10
⎧λ
⎪ − 2,5 für 25 ≤ λ ≤ 35
K1 = ⎨10
⎪⎩ 1 für λ > 35

137
Stahlbeton for Beginners

1/r Stabkrümmung im maßgebenden Schnitt, vereinfacht:


1 ε yd
= 2 ⋅ K2 ⋅
r 0,9 ⋅ d
K2 Beiwert zur Berücksichtigung der Krümmungsab-
nahme beim Anstieg der Längsdruckkräfte
N − N Ed
K 2 = ud ≤1
N ud − N bal
Nud Bemessungswert der Grenztragfähigkeit des
Querschnitts unter zentrischem Druck
N ud = − ( f cd ⋅ Ac + f yd ⋅ As )

NEd Bemessungswert der aufzunehmenden Längs-


kraft (Druck negativ)
Nbal aufnehmbare Längsdruckkraft bei maximaler
Momententragfähigkeit des Querschnitts; ver-
einfacht für symmetrisch bewehrte Rechteck-
querschnitte: N bal = − ( 0, 4 ⋅ f cd ⋅ Ac )

εyd = fyd/Es
Anmerkung: K2 = 1 liegt immer auf der sicheren
Seite!
Zu bemessen ist die Stütze dann für die einwirkende Normalkraft NEd und das Gesamtmoment
Mtot nach Theorie II. Ordnung.
M tot = N Ed ⋅ ( e0 + ea + e2 ) = N Ed ⋅ etot (197)
Die Gleichung für e2 kann vereinfacht werden, wenn allgemein von der Verwendung von Be-
tonstahl BSt 500 ausgegangen wird und K2 = 1 gesetzt wird. Es gilt:
500 N/mm²/1,15
ε yd = (198)
200 000 N/mm²
2
l 1
e2 = K1 ⋅ 0 ⋅ (199)
d 2070

11.3.5 Unbewehrte Druckglieder 8.6.7

Unbewehrte Druckglieder kommen besonders in Form von Wänden und gedrungenen Stützen
mit geringer Momentenbeanspruchung vor. Grundsätzlich muß das Versagen eines Bauteils
bei Erstrißbildung ohne Vorankündigung vermieden werden. Für stabförmige unbewehrte
Druckglieder ist diese Bedingung erfüllt, wenn ed/h < 0,4 eingehalten wird (ed = Ausmitte der
Längskraft).
Weiterhin ist zu beachten, daß wegen der geringeren Verformungsfähigkeit von unbewehrten
Bauteilen gegenüber bewehrten der Sicherheitsfaktor für Beton γc vergrößert werden muß:
γ c = 1,8 für ständige und vorübergehende Bemessungssituationen (bewehrt: 1,5)
(200) 5.3.3 (8)
γ c = 1,55 für eine außergewöhnliche Bemessungssituation (bewehrt: 1,3)

138
SCHEERER y PROSKE

Nach DIN 1045-1 sind unbewehrte Druckglieder grundsätzlich als schlanke Bauteile anzuse-
hen, unabhängig vom eigentlichen Schlankheitsgrad. Gilt lcol/h < 2,5, brauchen allerdings kei-
ne Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung berechnet werden. Die Schlankheit am Einbauort
sollte 85 nicht überschreiten.
Für die Bemessung gelten folgende Grundsätze:
• Ebenbleiben der Querschnitte
• Betonzugspannungen dürfen nicht angesetzt werden
• σ-ε-Linie von Beton siehe Kapitel 3.2
• rechnerisch darf maximal die Betonfestigkeitsklasse C 35/45 angesetzt werden.
Die von einem schlanken unbewehrten Bauteil aufnehmbare Längsdruckkraft kann wie folgt
berechnet werden.
8.6.7 N Rd = − ( b ⋅ h ⋅ f cd ⋅ ϕ ) (201)
Gl. (44)
mit: NRd Bemessungswert der aufnehmbaren Längsdruckkraft
b, h Abmessungen des Querschnitts
ϕ Beiwert zur Berücksichtigung der Auswirkungen nach Theorie II. Ord-
nung auf die Tragfähigkeit von unbewehrten Druckglieder in unver-
schieblich ausgesteiften Tragwerken
8.6.7
⎛ etot ⎞ l0 etot
Gl. (45) ϕ = 1,14 ⋅ ⎜1 − 2 ⋅ ⎟ − 0, 02 ⋅ und 0 ≤ ϕ ≤ 1− 2 ⋅
⎝ h ⎠ h h
etot = e0 + ea + eϕ

e0 Lastausmitte nach Theorie I. Ordnung, nach Erfordernis


unter Berücksichtigung der Einwirkungen aus anschlie-
ßenden Decken sowie aus horizontalen Windlasten
ea ungewollte Zusatzausmitte infolge geometrischer Im-
perfektionen; bei fehlenden genaueren Angaben gilt:
l0
ea = 0,5 ⋅
200
eϕ Ausmitte infolge Kriechen, i. a. vernachlässigbar
Für weitergehende Erläuterungen verweist die DIN 1045-1 auf das DAfStb-Heft 525, welches
bei Redaktionsschluß noch in Bearbeitung war (geplanter Erscheinungstermin Oktober 2003).

13.5 11.4 Konstruktive Regeln für Stützen und andere druckbeanspruchte Bauteile
Die hier angeführten konstruktiven Regeln sind der DIN 1045-1 entnommen. Allerdings sind
die Regelungen nicht mehr so ausführlich wie in der bisher gültigen Norm. Deshalb wird teil-
weise auf bisher gültige, sinnvolle Konstruktionsregeln zurückgegriffen bzw. auf die Angaben
in der 15. Ausgabe der Schneider-Bautabellen [32].
Stützengeometrie:
• allgemein: Verhältnis der größeren zur kleineren Querschnittsabmessung b/h < 4
• Mindestmaße: (stehend) vor Ort betoniert: 20 cm
waagerecht betonierte Fertigteile: 12 cm

139
Stahlbeton for Beginners

Längsbewehrung:
• Mindestdurchmesser: 12 mm ≤ 300 mm
• je Ecke mindestens 1 Stab h
mindestens 6 Stäbe bei Kreisquerschnitten
• maximaler Stababstand: 300 mm
b
bei h ≤ b ≤ 400 mm genügt 1 Stab je Ecke
Längsbewehrungsgrad
• mindestens 15 % der Längsdruckkraft soll vom Bewehrungsstahl aufgenommen wer-
den können
1
Mindestbewehrung: As ,min = 0,15 ⋅ N Ed ⋅ (202)
f yd
• die Längsbewehrung darf auch im Bereich von Stößen maximal 9 % des Betonquer-
schnitts betragen
Höchstbewehrung: As ,max = 0, 09 ⋅ Ac (203)
Bügelbewehrung
• durch Bügel können maximal 5 Längsstäbe am Ausknicken gehindert werden, für wei-
tere Stäbe sind Zusatzbügel erforderlich, siehe Abbildung 93
min h

≤ 15 dsbü
sbü
≤ 15 dsbü

Abbildung 93: Konstruktionsregeln für Stützen, Zwischenbügel


⎧6 mm bei Stabstahl

• Mindestdurchmesser: d sbü ≥ ⎨ 5 mm bei Matten
⎪ d /4
⎩ sl
⎧12 ⋅ d sl

• Bügelabstand: sbü ≤ ⎨ min h
⎪30mm

• Bügelabstand bei Zusatzbügeln: maximal 2 · sbü
Wände: 13.7

• Verhältnis der größeren zur kleineren Querschnittsabmessung b/h ≥ 4


• bei überwiegender Biegebeanspruchung sind die Bestimmungen für Platten einzuhal-
ten
• minimaler lotrechter Bewehrungsgehalt: As ≥ 0,0015· Ac
minimaler lotrechter Bewehrungsgehalt bei schlanken Wänden: As ≥ 0,003· Ac
maximaler lotrechter Bewehrungsgehalt: As ≤ 0,04· Ac

140
SCHEERER y PROSKE

• minimale Querbewehrung: ≥ 20 % der lotrechten Bewehrung


minimale Querbewehrung bei schlanken Wänden: ≥ 50 % der lotrechten Bewehrung
minimale Querbewehrung bei |NEd| ≥ 0,3 · fcd ·Ac: ≥ 50 % der lotrechten Bewehrung
• ds,Querbewehrung ≥ ¼ ds,lotrecht
• max s = 350 mm bei benachbarten waagerechten Stäben
• Umschließung der lastabtragenden lotrechten Bewehrung durch Bügel, wenn diese
≥ 0,02 Ac ist
• Umschließung der freien Ränder von Wänden durch Steckbügel, wenn As ≥ 0,003 Ac
• Sicherung der vertikalen Stäbe durch S-Haken
• Mindestwanddicken in [cm]:
13.7 unbewehrt bewehrt
Tab. (32) Betonfestig- Decken über Wände Decken über Wände
Herstellung
keitsklasse nicht durch- nicht durch-
durchlaufend durchlaufend
laufend laufend
< C 12/15 Ortbeton 20 14 - -
Ortbeton 14 12 12 10
≥ C 16/20
Fertigteil 12 10 10 8

Tabelle 32 Mindestwanddicken

141
Stahlbeton for Beginners

12 Fundamente

12.1 Allgemeines
Fundamente müssen alle Lasten aus dem Bauwerk in den Boden abtragen. Dabei darf weder
die Tragfähigkeit des Bauteils noch die des Bodens überschritten werden. Die Standsicherheit
eines Bauwerks ist also nicht nur abhängig von der Tragfähigkeit des Fundamentes, es muß
also auch gegen viele Versagensmöglichkeiten des Baugrundes abgesichert werden, z. B.
Grundbruch, Kippen, Gleiten, zu große und ungleichmäßige Setzungen.
Grundsätzlich kann man Gründungen in Flach- und Tiefgründungen unterteilen:
• Flachgründungen:
Einzelfundamente (unter Stützen), Streifenfundamente (unter Wänden), Fundament-
platten
• Tiefgründungen:
Pfahlgründungen (z. B. Bohr- oder Rammpfähle), Schlitzwände, Brunnengründungen,
Senkkästen
Flachgründungen werden bei dichtgelagertem und tragfähigem Baugrund angewendet, sie
sind i. d. R. preisgünstiger als Tiefgründungen. Letztere werden notwendig, wenn der Bau-
grund weniger gut bzw. schlecht tragfähig ist oder extrem hohe Lasten in den Boden eingelei-
tet werden müssen. Außerdem können mit Tiefgründungen gegebenenfalls Zugkräfte in den
Baugrund abgetragen werden. Im Rahmen dieses Buches sollen lediglich Flachgründungen
behandelt werden.
Flachgründungen sind mindestens 80 cm tief zu gründen, da die Gründungssohle forstfrei lie-
gen muß. Wenn man ein Fundament entwirft, sind im Vorfeld noch weitere Fragen zu beant-
worten:
• Welche Bodenpressungen sind zulässig?
• Wie ist die Spannungsverteilung im Baugrund, da bei Flachgründungen grundsätzlich
keine Zugspannungen in den Boden übertragen werden können?
• Soll das Fundament bewehrt oder unbewehrt ausgeführt werden?
• Mit welchen Verfahren sollen die Schnittgrößen ermittelt werden?

12.2 Bodenpressungen und Wahl der Fundamentgröße


Die Verteilung der Pressungen im Boden ist stark abhängig von dessen Steifigkeit und von
der des Fundamentkörpers sowie von der Höhe der Auflast.
In Abbildung 94 sind verschiedene Beispiele für Sohlspannungsverteilungen unter starren
Gründungskörpern zu sehen (nach [24]). Bild (a) zeigt grundsätzlich die Abhängigkeit der
Verteilung infolge unterschiedlich hoher Auflasten. Die Last F1 ist relativ gering, die Sicher-
heit gegen Grundbruch ist hoch. Die Sohlspannungsverteilung ist relativ gleichmäßig, nur an
den Fundamenträndern sind Spannungsspitzen zu sehen. Wird die Last F1 auf den deutlich
höheren Wert F2 gesteigert, konzentriert sich die maximale Spannung immer mehr in Rich-
tung Fundamentmitte, die Grundbruchgefahr steigt erheblich an. Ähnliche Unterschiede be-
stehen auch in Abhängigkeit von der Steifigkeit des anstehenden Bodens. In den Bildern (b)
und (c) sind Spannungsverteilungen bei gleichen Lasten Fi und unterschiedlich steifen Böden
dargestellt. Ist der Boden steif, treten Spannungsspitzen an den Fundamenträndern auf, siehe
(b), ist der Boden weich, ist die Spannungsverteilung eher gleichmäßig und konzentriert sich
in der Mitte, siehe (c).

142
SCHEERER y PROSKE

Fi
Fi Fi

0,1

0 0
0,2
(a) (b) (c)

Abbildung 94: Verteilung der Bodenpressung σ0 unter starren Fundamenten


Bei einem biegeweichen Fundament, Abbildung 95, verformt sich die Fundamentplatte unter
Belastung, (a), was zu einer homogeneren Belastung des Bodens führt, Spannungsspitzen sind
weniger ausgeprägt. Bei einem steifen Boden konzentriert sich die Last direkt unter der Stüt-
ze, (b), bei einem weichen Boden verteilen sich die Sohlpressungen relativ konstant unter der
Fundamentplatte, (c).
Fi Fi

Fi

0
(a) (b) (c) 0

Abbildung 95: Verteilung der Bodenpressung σ0 unter biegeweichen Fundamenten


Beim Nachweis der Bodenpressungen darf näherungsweise ein konstanter Verlauf angenom-
men werden. Bei einem mittig belasteten Fundament kann demzufolge die gesamte Funda-
mentfläche angesetzt werden, bei einem exzentrisch beanspruchten Fundament (in der Skizze
mit Exzentrizität in x-Richtung)) verkleinert sich die Fundamentfläche AF auf AF', siehe Ab-
bildung 96.
Fi ex Fi

0 0

bx/2 bx/2 2e bx/-2e


bx AF = bx ⋅ by bx AF ′ = ( bx − 2 ⋅ ex ) ⋅ by

Abbildung 96: Anrechenbare Fundamentfläche beim Nachweis der Sohlspannungen


Für die Bemessung von Einzel- und Streifenfundamenten darf ein linearer Verlauf der Boden-
pressungen angenommen werden. Die Ermittlung der Spannungsverteilung in der Fundament-
sohle bei einachsiger Ausmitte wird im folgenden erläutert.
Die Vertikalkomponente R der Resultierenden in der Sohlfuge ergibt sich entsprechend Glei-
chung (204) aus dem Eigengewicht des Fundamentes GF und allen Auflasten ΣN aus Stützen,
Wänden, Boden (z. B. Auffüllungen) und anderen Vertikallasten, z. B. Auftrieb infolge
Grundwasser (beachte Vorzeichen!).

∑V = 0 → R = GF + ∑ N (204)
Den Angriffspunkt dieser Resultierenden mit der Ausmitte ex erhält man, indem man in der
Sohlfuge das Momentengleichgewicht um den Punkt m (ΣM)m bildet.

143
Stahlbeton for Beginners

M
N a
Fundament
(I): (∑ M ) m
= R ⋅ ex
H
GF
(II): (∑ M ) m
= M + H ⋅d − N ⋅a
h
Sohlfuge R ⋅ ex = M + H ⋅ d − N ⋅ a
m ex
bx R Mm M + H ⋅d − N ⋅a
ex = = (205)
R R
Bei der Berechnung der Randspannungen muß unterschieden werden, ob die Resultierende
innerhalb oder außerhalb einer der beiden Kernflächen angreift. Die Kernflächen sind in Ab-
bildung 97 definiert.
bx

3 × by/6 r1 r2
by r
ey
1. Kernfläche r1 = 0,25 r
R 2. Kernfläche r2 = 0,59 r
ex 3 × bx/6

Abbildung 97: Definition der Kernflächen


bx
Gilt ex ≤ , (206)
6
dann greift R innerhalb der Kernfläche an, d. h. daß die Randspannung am weniger gedrück-
ten Rand zwar 0 werden kann, dort aber gerade noch keine Zugspannungen auftreten, die
Sohlfuge also über die gesamte Fundamentfläche mit Druckspannungen belastet wird. Bei der
ständigen Bemessungssituation muß die Resultierende immer innerhalb der ersten Kernfläche
angreifen. Dann kann vorausgesetzt werden, daß die Standsicherheit des Bauwerks nicht
durch Kriechverformungen des Baugrundes beeinflußt wird. Die Spannungen an den Funda-
menträndern können in diesem Fall mit Hilfe der Gleichungen (207) und (208) einfach be-
rechnet werden.
Lastangriff innerhalb der ersten Kernfläche
R M
σ 1/ 2 = ±
AF WF (207)
mit: AF Fundamentfläche; Rechteck: AF = bx ⋅ by
2
bx
WF Widerstandsmoment; Rechteck: WF = by ⋅
6
R Summe der Vertikallasten
M Summe der Momente in der Sohlfuge: M = R ⋅ ex

R ⎛ 6 ⋅ ex ⎞
σ 1/ 2 = ⎜1 ± ⎟ (208)
bx ⋅ by ⎝ bx ⎠
Beim Sonderfall des Lastangriffs auf der Grenze der Kernfläche vereinfachen sich die For-
meln wie folgt:
Lastangriff auf der Grenze der ersten Kernfläche
R
σ1 = 0 σ2 = 2⋅ (209)
bx ⋅ by

144
SCHEERER y PROSKE

bx
Gilt ex > , (210)
6
dann ist nur noch ein Teil der Fundamentsohle überdrückt, es entsteht eine klaffende Sohl-
fuge. Damit verändern sich auch die Formeln zur Berechnung der Randspannungen, da keine
Zugspannungen übertragen werden können, dieser Anteil also nicht in das Kräftegleichge-
wicht eingehen kann.
Lastangriff innerhalb der zweiten Kernfläche
R
σ1 = 0 σ2 = 2⋅
3 ⋅ c ⋅ by (211)

Die Grenze der zweiten Kernfläche wird mit dem Klaffen der Sohlfuge bis zur Mitte der Sohl-
fläche festgelegt, was einer Exzentrizität von
bx
ex = (212)
3
entspricht. Auch unter Einfluß von Verkehrslasten darf die Exzentrizität keinen größeren
Wert annehmen. Die Randspannungen ergeben sich wie folgt:
Lastangriff auf der Grenze der zweiten Kernfläche
R
σ1 = 0 σ2 = 4⋅
bx ⋅ by (213)

In Abbildung 98 sind noch einmal alle zuvor besprochenen Fälle zusammengefaßt.


bx bx
R greift auf der
R greift innerhalb der
Grenze der ersten
ersten Kernfläche an
Kernfläche an
R 2 bx 0 R 2
ex < bx
1
6 ex =
ex < 1/6 bx ex = 1/6 bx 6
bx bx
R greift auf der
R greift innerhalb der
Grenze der zweiten
zweiten Kernfläche an
Kernfläche an
R 2 bx b R 2
klaffen- ex < ex < x bx
de Fuge 6 3 ex =
2c c 2 c = 1/3 bx = ex c = 1/6 bx 3

Abbildung 98: Berechnung der Sohlspannungen bei einachsiger Ausmitte ex


Die Spannungen bei zweiachsiger Ausmitte und Angriff innerhalb der ersten Kernfläche –
keine klaffende Sohlfuge – können nach Gleichung (214) ermittelt werden. Für den Fall klaf-
fende Sohlfuge wäre die Berechnung ungleich komplizierter, hier sollte auf Tabellenwerke
zurückgegriffen werden.
R M M
σ= ± x± y (214)
bx ⋅ by Wy Wx
Auf der Grundlage der Angaben zur Berechnung der Sohlspannungsverteilung ist es nun ein-
fach, ein Fundament überschlägig zu dimensionieren. Über den Nachweis der zulässigen
Sohlspannung kann zunächst die erforderliche Größe der Grundfläche des Fundamentes
berechnet werden. Weiterhin muß beachtet werden, daß unter ständigen Lasten die Resul-
tierende die Sohlfuge innerhalb der ersten Kernfläche schneiden muß, unter Verkehrslasten
innerhalb der zweiten Kernfläche.

145
Stahlbeton for Beginners

12.3 Schnittgrößenermittlung bei Flachgründungen


Bei Streifenfundamenten können die Schnittgrößen wie bei einem Balken ermittelt werden. In
Abbildung 99 ist ein Beispiel dargestellt, das zugehörige statische System ist ein Balken auf
zwei Stützen mit Kragarmen.
Fundament: Statisches System und Belastung:
F F

0 F F

Abbildung 99: Schnittgrößenermittlung bei Streifenfundamenten


Bei Einzelfundamenten ist ein Näherungsverfahren unter Berücksichtigung der veränderli-
chen Momentenverteilung in der Fundamentplatte üblich. Das statische System ist ein beid-
seitiger Kragarm. Als Belastung wird die durch die Auflast erzeugte geradlinige Bodenpres-
sung angesetzt. Dabei ist zu beachten, daß die Eigenlast des Fundamentes und eine eventuell
vorhandene gleichmäßig verteilte Auflast keine Biegung in der Fundamentplatte hervorrufen.
Es müssen Momente in beide Richtungen, also Mx und My, betrachtet werden.
Die Berechnung der Momentenverteilung soll hier am Beispiel einer konstanten Bodenpres-
sung σ0 und des Momentes My vorgestellt werden.
Das maximale Stützenmoment ergibt sich entsprechend Gleichung (215).
N
σ 0 [kN/m²] = oder σ 0 y′ [kN/m] = σ 0 ⋅ bx
bx ⋅ by
2
by b y N by
max M y = σ 0 y′ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ bx
2 4 by ⋅ bx 8
by
=N⋅
8 (215)
Wie schon im Kapitel 2.6.1 erläutert, kann das Stützenmoment bei flächiger Lagerung abge-
mindert werden. Mit Gleichung (216) wird entsprechend der Ausführungen in [32] das Mo-
ment an der Stütze ausgerundet, was einem nicht monolithischen Anschluß entspricht. Dieses
Vorgehen kann damit begründet werden, daß der Boden nachgiebig ist und somit mit einem
ausgerundeten Moment der wirkliche Schnittgrößenverlauf besser wiedergegeben werden
kann. Andere Autoren, z. B. [9], [32] oder [38], favorisieren die Abminderung analog dem
Vorgehen bei einem biegesteifen Anschluß, wenn Stütze oder Wand monolithisch in das Fun-
dament einbinden, Gleichung (217). An dieser Stelle soll freigestellt werden, ob grundsätzlich
mit der Abminderung nach (216) oder (217) gearbeitet wird.
cy
by ⎛ c y
cy ⎞ by N
M y = max M y − N ⋅ = N ⋅ ⎜1 − ⎟⎟
8 8 ⎜⎝ by ⎠ 0 (216)
b ⎛ c ⎞
M x = N ⋅ x ⎜1 − x ⎟
8 ⎝ bx ⎠ My

146
SCHEERER y PROSKE

cy
(b − cy ) ( by − c y ) = N ⋅ b y
2 2 2
⎛ cy ⎞ by N
y N
M y = σ0 ⋅b ⋅ = ⋅ bx ⋅ ⋅ ⎜1 − ⎟⎟
x
8 bx ⋅ by 8 8 ⎜ by
⎝ ⎠ 0 (217)
2
N ⋅ bx ⎛ cx ⎞
Mx = ⋅ ⎜1 − ⎟ My
8 ⎝ bx ⎠
Die nach (216) oder (217) ermittelten Bemessungsmomente müssen nun noch über die Quer-
schnittsbreite verteilt werden. Das Verfahren ist in Abbildung 100 dargestellt. Die Funda-
mentfläche wird in Streifen aufgeteilt und jedem Streifen wird ein prozentualer Anteil des
Gesamtmomentes Mx oder My zugeteilt. Die Summe der Momente der Einzelstreifen muß na-
türlich wieder 100 % ergeben. Üblich ist es, mit insgesamt 4 (z. B. [38]) oder 8 (z. B. [32])
Streifen zu arbeiten.
N

cx Zugkraftlinie
Momentenlinie
by cy N max My
My,Ed
Versatzmaß a1

Querverteilung: × My
1 2 3 4 z. B.: Streifen 1 - 8 % von My
4 × bx/8 Streifen 2 - 10 % von My
bx Streifen 3 - 14 % von My
Streifen 4 - 18 % von My

Abbildung 100: Querverteilung des Biegemomentes My – Verfahren mit 8 Streifen

My Mx
M y ,i = ⋅α bzw. M x ,i = ⋅α (218)
bx by
mit: i Nummer des Streifens, i = 1, 2, 3, 4
α Beiwert nach Tabelle 33 in Abhängigkeit vom Verhältnis ci/bi

Streifen-Nr. (siehe ci/bi =


Abbildung 100) 0,1 0,2 0,3
1 7 8 9
2 10 10 11
3 14 14 14
4 19 18 16

Tabelle 33 Faktoren α für die Verteilung des Gesamtmomentes auf die einzelnen Streifen
Die Schnittgrößenermittlung bei Fundamentplatten ist komplizierter, i. d. R. kommen das Bet-
tungsmodulverfahren oder FEM-Berechnungen unter Verwendung von Rechentechnik zum
Einsatz.

147
Stahlbeton for Beginners

12.4 Unbewehrte Fundamente


Unbewehrte Fundamente werden in der Regel nur bei geringen Lasten ausgeführt, häufig als
Streifenfundamente unter Wänden. Bei hohen Lasten und/oder geringer Tragfähigkeit des
Bodens würden die Fundamente unnötig groß und damit unwirtschaftlich werden. Das Eigen-
gewicht kann durch Abtreppen verringert werden, was aber einen erhöhten Arbeitsaufwand
bedeutet.
In einem unbewehrten Fundament breiten sich die Druckspannungen allseitig aus, die dabei
auftretenden Querzugspannungen müssen vom Beton aufgenommen werden. Deshalb ist der
Lastausbreitungswinkel α in Abhängigkeit von der Betonklasse zu begrenzen. Allgemein gilt,
daß mit steigender Betonfestigkeit auch die Biegezugfestigkeit des Betons größer wird, der
Lastausbreitungswinkel α also flacher und die Fundamentdicke geringer werden kann.
In Tabelle 34 sind die zulässigen Lastausbreitungswinkel in Form des Verhältnisses 1 : n an-
gegeben.
Bodenpressung
100 200 300 400 500
σ0 [kN/m²] ≤
C 8/10 1,1 1,6 2,0 2,0 2,0
Betonfestig-
keitsklasse

C 12/15 1,0 1,3 1,6 1,8 2,0


C 20/25 1,0 1,0 1,2 1,4 1,6
C 30/37 1,0 1,0 1,0 1,2 1,3

Tabelle 34 Verhältnisse 1 : n der zulässigen Lastausbreitungswinkel bei unbewehrten


Fundamenten
Die erforderliche Fundamenthöhe ergibt sich dann entsprechend Gleichung (219).
F

ü cx ü d ≥ ü ⋅ zul n (219)

bx Abbildung 101: Bezeichnungen am unbewehrten Fundament


Die Auslegung eines unbewehrten quadratischen Fundamentes kann wie folgt durchgeführt
werden, bei rechteckigem Grundriß ist analog zu verfahren.
σ q = zulσ 0 − σ G
q
erf bx =
σq
1
ü= ( erf bx − cx )
2
erf d ≥ ü ⋅ zul n
mit: σG geschätzte Fundamenteigenlast
σq Bodenpressung, die für alle anderen Lasten genutzt werden kann
ü Überstand, siehe Abbildung 101
Nun sind mit den gewählten Fundamentabmessungen die Nachweise der zulässigen Boden-
pressung und der Einhaltung des zulässigen Lastausbreitungswinkels zu führen. Gegebenen-
falls sind die Abmessungen anzupassen.

148
SCHEERER y PROSKE

12.5 Bewehrte Fundamente

12.5.1 Allgemeines
Bewehrte Fundamente sind überall dort anzuordnen, wo unbewehrte Fundamente unwirt-
schaftlich wären. Bewehrte Fundamente werden auf einer Sauberkeitsschicht betoniert. Die 5
bis 10 cm dicke Sauberkeitsschicht ist aus Beton einer niedrigen Festigkeitsklasse, z. B
C 8/10. Sie dient als saubere und ebene Unterlage zum Verlegen der Bewehrung und zum
Aufstellen der seitlichen Schalung. Wenn bewehrte Fundamente im Grundwasserbereich an-
geordnet werden müssen, ist zu prüfen, ob das anstehende Wasser aggressiv ist. Eventuell ist
dann eine schärfere Rißbreitenbeschränkung nötig oder die Wahl eines Spezialzementes.
Die Grundfläche ist wieder so groß zu wählen, daß die Bodenpressungen σ0 die zulässigen
Werte nicht überschreiten, die Fundamentdicke kann allerdings geringer gewählt werden. Da-
für sind Nachweise für Biegung und Durchstanzen erforderlich.

12.5.2 Biegebemessung
Die Schnittgrößen werden wie unter 12.3 erläutert berechnet und in Querrichtung verteilt. Die
Biegebemessung kann mit den bekannten Verfahren durchgeführt werden. Dabei sollte die
größere statische Höhe für das höhere Bemessungsmoment vorgesehen werden. Der Vollstän-
digkeit halber sollen hier die Formeln noch einmal für die Bemessung in y-Richtung angege-
ben werden, für die x-Richtung ist analog zu verfahren. Die Berechnung erfolgt zweckmäßi-
gerweise tabellarisch.
Zunächst wird für jeden Streifen i das bezogene Bemessungsmoment gebildet.
M Eds , y ,i
µ Eds , y ,i = 2 (220)
bx ,i ⋅ d y ⋅ f cd
Aus den Tafeln (Biegebemessung) werden die benötigten Beiwerte entnommen und die erfor-
derliche Stahlmenge je Streifen ermittelt.
f cd
As1, y ,i = ω1,i ⋅ bx ,i ⋅ d y ⋅ (221)
σ s1
An dieser Stelle wird klar, daß das Streifenverfahren eine aufwendig zu verlegende Beweh-
rung ergibt. In [38] wird ein weiteres Näherungsverfahren vorgestellt. Man verzichtet zu-
nächst auf die Aufteilung des Gesamtmomentes M und berechnet für dieses die Gesamtbe-
wehrung As1. Dann verteilt man As1 so, daß in einem mittleren Streifen mit einer Breite von
bi/2 insgesamt 2/3 von As1 und in den beiden Randstreifen der Breite bi/4 jeweils 1/6 der
Gesamtbewehrung eingelegt wird. Bei Verwendung von lediglich einem Stabdurchmesser
sind nun nur noch zwei verschiedene Stababstände zu beachten.
10.5.6 Mindestmomente:
Nach DIN 1045-1 sind Platten im Bereich von Stützen für Mindestmomente mEd zu bemessen,
um die Querkrafttragfähigkeit sicherzustellen. Diese Bestimmung kommt dann zum Tragen,
wenn die bei der Schnittgrößenermittlung bestimmten Momente kleiner als die Werte nach
Gleichung (222) sind. Dies Bedingung sollte immer vor dem Durchstanznachweis geprüft
werden, da in diesen der Biegebewehrungsgehalt eingeht.
mEd , x = η x ⋅ VEd bzw. mEd , y = η y ⋅ VEd (222)
mit: ηx, ηy Momentenbeiwerte nach Tabelle 35
VEd aufzunehmende Querkraft

149
Stahlbeton for Beginners

Die Mindestmomente sollen entsprechend Abbildung 102 auf die in Tabelle 35 festgelegten
Breiten verteilt werden.

Lage der ηx anzusetzende ηy anzusetzende 10.5.6


Stütze Zug an der Breite b a) Zug an der Breite b a) Tab. (14)
Platten- Platten- Platten- Platten-
oberseite b) unterseite b) oberseite b) unterseite b)
Innenstütze 0,125 0 0,3 ly 0,125 0 0,3 lx
Randstütze, 0,25 0 0,15 ly 0,125 0,125 je [m] Plat-
Rand "x" a) tenbreite
Randstütze, 0,125 0,125 je [m] Plat- 0,25 0 0,15 lx
Rand "y" a) tenbreite
Eckstütze 0,5 0,5 je [m] Plat- 0,5 0,5 je [m] Plat-
tenbreite tenbreite
a)
Definitionen siehe Abbildung 102
b)
Plattenoberseite = die der Lasteinleitungsfläche gegenüberliegende Seite, Plattenunterseite = Seite, auf der
die Lasteinleitungsfläche liegt

Tabelle 35 Momentenbeiwerte η und Verteilungsbreiten der Momente


0,30 ly

mEd,y x
y
0,15 lx 0,30 lx mEd,x
ly

0,15 ly

lx

Abbildung 102: Bereich für den Ansatz der Mindestbiegemomente

12.5.3 Durchstanzen 10.5

12.5.3.1 Allgemeines
Bei Bruchversuchen an dünnen Platten kann folgendes Bruchbild beobachtet werden.

Abbildung 103: Durchstanzkegel bei einem Fundament


Durch konzentriert eingeleitete Einzellasten, die auf einer relativ kleinen Fläche wirken, wird
ein kegelförmiger Stumpf aus der Platte herausgebrochen. Diese Versagensart kann sowohl
bei dünnen Deckenplatten als auch bei Fundamenten unter hohen Stützenlasten auftreten.
Beim Durchstanzen handelt es sich grundsätzlich um ein Querkraftproblem. Die Nachweise
sind entlang genau definierter Nachweisschnitte – den kritischen Rundschnitten - zu führen.

150
SCHEERER y PROSKE

Mit Aload wird die Lasteinleitungsfläche bezeichnet. Für diese gelten folgende Bestimmungen:
10.5.2 • kreisförmig: ∅ ≤ 3,5 d
• rechteckig: Umfang u ≤ 11 d und 0,5 ≤ cx : cy ≤ 2
Dabei ist d die mittlere statische Nutzhöhe. Bei Flächen mit beliebigem Grundriß ist sinnge-
mäß zu verfahren.

Die kritischen Rundschnitte sind entsprechend Abbildung 104 zu führen. Die Rundschnitte
benachbarter Lasteinleitungsflächen dürfen sich nicht überschneiden. Die kritische Fläche
Acrit ist parallel zur Lasteinleitungsfläche anzunehmen.

10.5.2
B. (39) … Lasteinleitungsfläche Aload
B. (41) 1,5 d r kritische Fläche Acrit
Umfang des kritischen Rundschnittes ucrit 1,5 d
kritischer Radius rcrit
kritischer Rundschnitt

(a) (b) (c)


≤6d l1 ≤ l2 b1/2

b1
r 1,5 d 1,5 d 1,5 d
l2
b1/2
rcrit a1/2 a1/2
1,5 d

a≥2b

(d) (e)

≤3d

1,5 d ≤3 1,5 d 1,5 d


d
1,5 d

zu (a), (d): kritische Rundschnitte nicht in der Nähe eines freien Randes
zu (b): kritische Rundschnitte in der Nähe von Öffnungen sind abschnittsweise nicht wirksam, wenn l1 > l2,
dann ist l2 durch (l1 · l2)0,5
zu (c): maßgebende Abschnitte für den kritischen Rundschnitt bei ausgedehnten Auflagerflächen mit
⎧a

a1 ≤ ⎨2 ⋅ b und b ≤ ⎧⎨b
1
⎪5, 6 ⋅ d − b ⎩ 2,8 ⋅ d
⎩ 1

zu (e): kritische Rundschnitte nahe freien Rändern

Abbildung 104: Kritische Rundschnitte nach DIN 1045-1 [11]

Es sind folgende Nachweise zu führen:

151
Stahlbeton for Beginners

• Nachweis der Betondruckstrebe im kritischen Rundschnitt


• Bauteile ohne rechnerische Durchstanzbewehrung: Nachweis der Tragfähigkeit im kri- 10.5.3 (7)
tischen Rundschnitt
• Bauteile mit rechnerischer Durchstanzbewehrung: Dimensionierung der Durchstanz-
bewehrung in einem oder mehreren inneren Rundschnitten und Nachweis im Über-
gangsbereich zwischen Durchstanz- und Querkrafttragfähigkeit in einem äußeren
Rundschnitt im Abstand von 1,5 · d von der letzten Bewehrungsreihe.
Die Bauteilwiderstände sind wie folgt definiert:
⎧vRd ,ct - Tragfähigkeit eines Bauteils ohne Durchstanzbewehrung (223)
⎪v
⎪ Rd ,max - Tragfähigkeit der Druckstrebe
vEd ≤⎨ 10.5.3 (1)
⎪ vRd , sy ,i - Tragfähigkeit der Zugstrebe entlang des inneren Rundschnittes i
⎪⎩ vRd ,ct ,a - Tragfähigk. in einem Schnitt außerhalb der Durchstanzbewehrung
Im Gegensatz zur alten Regelung ist der kritische Rundschnitt weiter nach außen gerückt,
wodurch der Durchstanzwinkel mit ca. 34° flacher ist als zuvor. Das entspricht besser den Er-
gebnissen neuerer Durchstanzversuche. Außerdem wurde insgesamt die Zahl der Bemes-
sungsschnitte erhöht.
Der Bemessungswert der Querkraft muß für den Nachweis auf die Länge des Umfangs des
10.5.3 (3)
kritischen Rundschnittes bezogen werde. Da die Bodenpressung im Bereich des Stanzkegels
die Durchstanzgefahr vermindert, kann VEd um 50 % der Resultierenden der Bodenpressung
innerhalb des kritischen Rundschnittes abgemindert werden.
β ⋅VEd
vEd = (224) 10.5.3 (2)
u
mit: β Beiwert zur Berücksichtigung einer nicht rotationssymmetrischen
Querkraftverteilung im Rundschnitt
für unverschiebliche Systeme gilt:
⎧1, 00 wenn technisch keine Lastausmitte möglich ist
⎪ 1, 05 bei Innenstützen

β =⎨
⎪ 1, 40 bei Randstützen
⎪⎩ 1,50 bei Eckstützen
Bei verschieblichen Systemen sind genauere Untersuchungen nötig.
VEd gesamte aufzunehmende Querkraft; bei Fundamenten und Bodenplat-
ten Abminderung wie oben
u Umfang des betrachteten Rundschnittes

12.5.3.2 Bauteile ohne rechnerisch erforderliche Durchstanzbewehrung 10.5.4

Der Nachweis ist entlang des kritischen Rundschnittes zu führen.


Nachweis: vEd ≤ vRd ,ct (225)
Der Bauteilwiderstand vRd,ct wird mit Gleichung (226) ermittelt. Die Tragfähigkeit ist gegen-
über dem Nachweis für Querkräfte erhöht, hier kommt die Steigerung der Tragfähigkeit von
Beton unter mehraxialer Druckbeanspruchung zum Tragen.
vRd ,ct = ⎡0,14 ⋅η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ f ck ) − 0,12 ⋅ σ cd ⎤ ⋅ d
1/ 3

⎣ ⎦ (226)

152
SCHEERER y PROSKE

mit: η1 η1 = 1,0 für Normalbeton


200
κ κ = 1+ ≤2
d [mm]&
ρl mittlerer Bewehrungsgrad der Biegezugbewehrung innerhalb des kri-
tischen Rundschnittes, die innerhalb des kritischen Rundschnittes im
Verbund liegt und außerhalb dessen verankert ist
⎧ f cd
⎪0, 40 ⋅ f
ρl = ρlx ⋅ ρly ≤ ⎨ yd
⎪ 0, 02

d mittlere statische Nutzhöhe in [mm], d = 0,5 ⋅ ( d x + d y )

σcd Bemessungswert der Betonnormalspannung in [N/mm²]innerhalb des


betrachteten Rundschnittes infolge Vorspannung oder sonstigen Ein-
wirkungen (N > 0 → Längsdruckkraft)
1 1 ⎛N N ⎞
σ cd = ⋅ (σ cd , x + σ cd , y ) = ⋅ ⎜ Ed , x + Ed , y ⎟
2 2 ⎜⎝ Ac , x Ac , y ⎟⎠

10.5.5 12.5.3.3 Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung


Platten mit Durchstanzbewehrung müssen laut DIN 1045-1 mindestens 20 cm dick sein. Es
sind folgende Nachweise zu führen.
⎧vRd ,max längs des kritischen Rundschnittes

Nachweise: vEd ≤ ⎨vRd , sy in jedem inneren Rundschnitt (227)
⎪v längs des äußeren Rundschnittes
⎩ Rd ,ct ,a
Dem Bemessungsmodell liegt ein Fachwerk zugrunde. Die Zugstreben müssen durch die
Durchstanzbewehrung abgedeckt werden, die Nachweise hierzu sind in mehreren Schnitten –
den kritischen Rundschnitten - zu führen.

Nachweis von vRd,max


Der Bauteilwiderstand entlang des kritischen Rundschnitts wird in Anlehnung an Versuchser-
gebnisse wie folgt ermittelt. Es handelt sch hierbei um die maximale Querkrafttragfähigkeit
von Platten mit Durchstanzbewehrung.
vRd ,max = 1,5 ⋅ vRd ,ct (228)

Nachweis von vRd,sy


Die folgenden Formulierungen gelten für Durchstanzbewehrung, die rechtwinklig zur Platten-
ebene gleichmäßig über den jeweils betrachteten Umfang verteilt wird. Für die erste (innere)
Bewehrungsreihe im Abstand von 0,5 · d von der Stütze gilt:
κ s ⋅ Asw ⋅ f yd
vRd , sy = vRd ,c + (229)
u
mit: vRd,c = vRd,ct, Betontraganteil nach Gleichung (226)

153
Stahlbeton for Beginners

κs Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der Bauteilhöhe auf die


Wirksamkeit der Bewehrung. Die Verankerung der Durchstanzbe-
wehrung in dünnen Platten ist nicht so wirksam wie in dicken. Bei
Platten mit d ≥ 80 cm wird κs = 1, da angenommen werden kann, daß
die Verankerung der Längsbewehrung voll wirksam ist.
d [mm] − 400 ⎧≥ 0, 7
κ s = 0, 7 + 0,3 ⋅ ⎨
400 ⎩ ≤ 1, 0
κs · Asw · fyd Bemessungskraft der Durchstanzbewehrung in Richtung der
aufzunehmenden Querkraft für jede Reihe der Bewehrung
u Umfang des Nachweisschnittes
Für alle weiteren Bewehrungsreihen im Abstand von sw ≤ 0,75 · d gilt:
κ s ⋅ Asw ⋅ f yd ⋅ d
vRd , sy = vRd ,c + (230)
u ⋅ sw
mit: sw wirksame Breite einer Bewehrungsreihe nach Abbildung 105,
sw ≤ 0,75 · d
Der letzte nachzuweisende Schnitt ist derjenige, an dem rechnerisch keine Durchstanzbeweh-
rung mehr erforderlich ist, d. h. es gilt dort vEd ≤ vRd,ct.
10.5.5
B. (45)
VEd

= 45°... 60°
u1 ua
d

d/2 1,5 d lw ≤ 1,5 d


u1 u2 u3 ui ua
d/2
VEd sw sw sw 1,5 d

u1 u2 u3 ui ua
d
Abbildung 105: Nachweisschnitte für den Nachweis der
lw Durchstanzbewehrung
Werden Schrägstäbe als Durchstanzbewehrung eingesetzt, müssen diese einen Winkel zwi-
schen 45 ... 60° mit der Plattenebene einschließen. Sie müssen spätestens in einem Abstand
von 1,5 · d vom Stützenrand entfernt enden. Der Nachweis muß in einem Abstand von 0,5 · d
vom Stützenrand erfolgen. Es dürfen nicht mehr als zwei Reihen Schrägstäbe hintereinander
angeordnet werden.
1,3 ⋅ As ⋅ sin α ⋅ f yd
vRd , sy = vRd ,c + (231)
u
mit: α Winkel zwischen Schrägstab und Plattenebene, siehe Abbildung 105

Nachweis von vRd,ct,a


Der äußere Rundschnitt liegt 1,5 · d von der letzten Bewehrungsreihe entfernt. Dort ist nun
folgender Nachweis der Querkrafttragfähigkeit zu führen.

154
SCHEERER y PROSKE

vRd ,ct ,a = κ a ⋅ vRd ,ct (232)


mit: κa Beiwert zur Berücksichtigung des Übergangs zum Plattenbereich,
der ohne Querkraftbewehrung tragfähig ist
0, 29 ⋅ lw
κa = 1− ≥ 0, 71
3,5 ⋅ d
lw Abstand der äußersten Bewehrungsreihe vom Stützenrand
oder nach DIN 1045-1 Breite des Bereiches mit Durchstanz-
bewehrung außerhalb der Lasteinleitungsfläche, siehe auch
Abbildung 105
vRd,ct nach Gleichung (226); es ist der Bewehrungsgehalt ρl im äußeren
Rundschnitt zu berücksichtigen!
Mindestwert der Durchstanzbewehrung:
Die erforderliche Durchstanzbewehrung der inneren Rundschnitte darf folgenden Wert nicht
unterschreiten:
A
Senkrechte Durchstanzbewehrung: ρ w = sw ≥ min ρ w (233)
u ⋅ sw
A ⋅ sin α
Schrägstäbe: ρw = s ≥ min ρ w (234)
u ⋅ sw
mit: sw =d
min ρw nach Tabelle 22

12.5.4 Bewehrungsführung
Bei bewehrten Fundamenten ist besonders auf die Einhaltung der geforderten Betondeckung
zu achten, da im Boden und eventuell im Grundwasser erhöhtes Korrosionsrisiko besteht.
Biegezugebwehrung:
Es wird empfohlen, einen einheitlichen Stabdurchmesser zu wählen und bei Abstufung der
Bewehrungsmenge in Querrichtung die Stababstände zu variieren. Dabei sind die maximal
zulässigen Stababstände zu beachten. Die Biegezugbewehrung sollte in Längsrichtung i. d. R.
nicht abgestuft werden. Die Stabdurchmesser sollten aus Gründen der Gebrauchstauglichkeit
möglichst dünn gewählt werden. Die Verankerung erfolgt mit Haken an den Enden.
Durchstanzbewehrung:
Man unterschiedet folgende Arten der Durchstanzbewehrung:
• Schrägstäbe in mindestens zwei zueinander senkrechten Tragrichtungen
• ringförmig angeordnete Bügel
• spezielle Bewehrungselemente, z. B. Bügelleitern
In DIN 1045-1, 13.3.3 sind die Anforderungen für die Durchstanzbewehrung von Platten ge-
regelt. Für den Stabdurchmesser gilt:
d s ≤ 0, 05 ⋅ d (235)

Ist bei Bügeln rechnerisch nur eine Reihe Durchstanzbewehrung erforderlich, ist eine zweite
Bewehrungsreihe mit Mindestbewehrung nach Gleichung (233) mit sw = 0,75 · d anzuordnen.
Die Grundsätze der Anordnung der Durchstanzbewehrung sind in Abbildung 106 dargestellt.
155
Stahlbeton for Beginners


1,
5
d
≤ 0,25 d
≤ 0,25 d

d/2 d/2 ≤ 3/4 d ≤ 3/4 d d/2 ≤ d/2 ≤ 1,5 d

Abbildung 106: Anordnung der Durchstanzbewehrung

156
SCHEERER y PROSKE

157
Stahlbeton for Beginners

13 Literaturverzeichnis
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Fließbeton. Schriftenreihe des DAfStb, Heft 400, Beuth Verlag Berlin, 1989, S. 177-185

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[11] DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton. Teil 1: Bemessung und
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[12] DIN 1045-2: Deutsche Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 Beton – Festlegung,


Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Ausgabe November 2000, Beuth Verlag
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[13] DIN 1055: Lastannahmen für Bauten. Teil 1: Wichte und Flächenlasten von Baustoffen,
Bauteilen und Lagerstoffen. Ausgabe Juli 2001; Teil 3: Eigen- und Nutzlasten für Hoch-
bauten. Ausgabe Januar 2001; Teil 4: Windlasten. Entwurf März 2001; Teil 5: Schnee-
last und Eislast. Entwurf März 2001; Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung,
Sicherheitskonzept und Bemessungsregeln. Ausgabe Dezember 2000; Beuth Verlag
Berlin

[14] DIN EN 206-1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Deutsche Fas-
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158
SCHEERER y PROSKE

[16] ETV Beton – Berechnung und bauliche Durchbildung. TGL 33401 ... 33405, Ausgabe
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[17] Goldau, R.: Bewehrungszeichnen, Band 1 – 3. Bauverlag GmbH Berlin · Wiesbaden,


1981

[18] Grasser, E.: Bemessung für Biegung mit Längskraft, Schub und Torsion. in: Bemessung
der Stahlbetonbauteile. Beton-Kalender 1994, Teil I, Verlag Ernst & Sohn Berlin,
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[19] Grasser, E.; Kordina, K.; Quast, U.: Bemessung von Beton- und Stahlbetonbauteilen
nach DIN 1045 - Biegung mit Längskraft, Schub, Torsion und Nachweis der Knick-
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[20] Grasser, E.; Thielen, G.: Hilfsmittel zur Berechnung der Schnittgrößen und Formän-
derungen von Stahlbetontragwerken nach DIN 1045, Ausgabe Juli 1988. Schriftenreihe
des DAfStb, Heft 240, Verlag Ernst & Sohn Berlin, 1991
[21] Hartz, U.: Neues Normenwerk im Betonbau. DIBt-Mitteilungen 1/2002, S. 2-6
[22] Kordina, K.; Quast, U.: Bemessung von schlanken Bauteilen für den durch Tragwerks-
verformungen beeinflußten Grenzzustand der Tragfähigkeit – Stabilitätsnachweis. in:
Bemessung der Stahlbeton- und Spannbetonbauteile nach DIN 1045-1. Teil II, Beton-
Kalender 2001, Teil I, Verlag Ernst & Sohn Berlin, S. 349–416

[23] Kordina, K.; Quast, U.: Bemessung von schlanken Bauteilen – Knicksicherheitsnach-
weis. in: Bemessung der Stahlbetonbauteile. Beton-Kalender 1994, Teil I, Verlag Ernst
& Sohn Berlin, S. 493–597 (siehe auch vorhergehende und nachfolgende Jahrgänge)

[24] Leonhardt, F. et al.: Vorlesungen über Massivbau. Teil 1: Grundlagen zur Bemessung
im Stahlbetonbau. 3. Auflage 1983; Teil 2: Sonderfälle der Bemessung im Stahlbeton-
bau. 3. Auflage 1986; Teil 3: Grundlagen zum Bewehren im Stahlbetonbau. 3. Auflage
1977; Teil 4: Nachweis der Gebrauchsfähigkeit. 2. Auflage 1978; Springer-Verlag Ber-
lin/Heidelberg/New York

[25] Löser, B.; Löser, H.; Wiese, H.; Stritzke, J.: Bemessungsverfahren für Beton- und Stahl-
betonbauteile. Verlag Ernst & Sohn Berlin, 19. Auflage, 1986

[26] Reinhardt, H.-W.; Hilsdorf, H. K.: Beton. in: Betonkalender 2001, Teil 1, Verlag Ernst
& Sohn Berlin, 2001, S. 1-144

[27] RGW: Beton- und Stahlbetonkonstruktionen, RGW-Standard ST 119-73: Projek-


tierungsgrundlagen RGW-Richtlinie RS 119-73: Leitfaden für die Projektierung

[28] Richtlinie für hochfesten Beton, Ergänzung zur DIN 1045/07.88 für die Festigkeits-
klassen B 65 bis B 115. Deutscher Ausschuß für Stahlbeton DAfStb im DIN Deutschen
Institut für Normung e.V., August 1995

[29] Ritter, W.: Die Bauweise Hennebique. 4. Auflage des Sonderdrucks aus der Schweize-
rischen Bauzeitung, Band 33 (1899), Nr. 5, 6 und 7

[30] Rüsch, H.: Versuche zur Festigkeit der Biegedruckzone. Schriftenreihe des DAfStb,
Heft 120, Verlag Ernst & Sohn Berlin, 1955

159
Stahlbeton for Beginners

[31] Schießl, P.: Grundlagen der Neuregelung zur Beschränkung der Rißbreite. Schriften-
reihe des DAfStb, Heft 400, Beuth Verlag Berlin, 1989, S. 157-175

[32] Schneider, H.-J.: Bautabellen mit Berechnungshinweisen, Beispielen und europäischen


Vorschriften. 11. bis 15. Auflage, Werner Verlag Düsseldorf, 1995 bis 2002

[33] Scholz, G.: Theoretische Auswertung von Heft 120 – Festigkeit der Biegedruckzone.
Schriftenreihe des DAfStb, Heft 139, Verlag Ernst & Sohn Berlin, 1961

[34] Schorn, H. et al.: Übungen zur Materialtechnologie – Baustoffe, Teil 1 (Stand Oktober
1996) und Teil 2: Fragen und Aufgaben zur Vorlesung (Ausgabe Sommersemester
1998). TU Dresden, Fakultät Bauingenieurwesen, Institut für Tragwerke und Baustoffe,
Lehrstuhl für Baustoffe, 1998

[35] Schriftenreihe des DAfStb: Weitere Versuche zu Festigkeits- und Formänderungskenn-


werten der Betondruckzone in den Heften 148, 153, 154, 155, 185, 190, 191, 196, 198,
204 und 207, Verlag Ernst & Sohn Berlin, verschiedene Jahre

[36] Straub, H.: Die Geschichte der Bauingenieurkunst. 3. Auflage, Birkhäuser Verlag Basel
und Stuttgart, 1975

[37] Wayss-Festschrift: Vom Caementum zum Spannbeton – Beiträge zur Geschichte des
Betons. 1. – Teil A: Haegermann, G.: Vom Caementum zum Zement. Teil B: Huber-
ti, G.: Die erneuerte Bauweise. Teil C: Möll, H.: Der Spannbeton.; 2. - Deinhard, M.:
Massivbrücken gestern und heute.; 3. - Leonhard, A.: Von der Cementware zum kons-
truktiven Stahlbetonfertigteil. Bauverlag, Wiesbaden und Berlin, 1964 bzw. 1965

[38] Wommelsdorff, O.: Stahlbetonbau, Bemessung und Konstruktion. Teil 1: Biegebean-


spruchte Bauteile. 6. Auflage, 1989; Teil 2: Stützen und Sondergebiete des Stahlbeton-
baus. 5. Auflage, 1993; Werner Verlag Düsseldorf

[39] Zilch, K.; Rogge, A.: Bemessung der Stahlbeton- und Spannbetonbauteile nach
DIN 1045-1, Teil1. in: Betonkalender 2001, Teil 1, Verlag Ernst & Sohn Berlin, 2001,
S. 205-416

160
SCHEERER y PROSKE

161
Stahlbeton for Beginners

14 Anhang

14.1 Die Geschichte des Stahl- und Spannbetonbaus


Die wichtigsten Namen, Ereignisse und Daten zur Geschichte des Stahlbetonbaues (früher
Eisenbeton) und Spannbetonbaues sind folgende:
1824 Der Bauunternehmer JOSEF ASPDIN entwickelt in England den sogenannten Portland-
zement
1855 Erstes deutsches Portlandzementwerk bei Stettin
In der Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Möglichkeit zur Verstärkung von Werk-
stücken aus Beton durch Stahleinlagen allgemein bekannt.
1855 LAMBOT (Frankreich) erhält ein Patent für die Herstellung von Booten aus Stahlbeton.
Sein erstes Boot aus bewehrtem Mörtel, genannt ,,ferriciment“, baute LAMBOT bereits
1855.
1861 stellt der Gärtner MONIER seine Blumenkübel aus Zementmörtel her, in den er zur
Verstärkung ein Gerippe aus Stahldrähten einbettet.
1867 bekommt MONIER sein erstes Patent für Betonkübel mit Stahleinlagen. In den folgen-
den Jahren erwirbt er weitere Patente für Röhren, Platten, Brücken und widmet sich
mit Ausdauer und Erfolg ihrer Anwendung. Seine Konstruktionen, auf rein empiri-
scher Grundlage ermittelt, zeigen, daß ihr Erfinder noch keine klare Vorstellung von
der statischen Wirkung der Stahleinlagen im Beton hat.
1877 Veröffentlichung von HYATT (USA) über Versuche mit Eisenbetonkonstruktionen.
HYATT erkannte schon klar die Tragwirkung: Bewehrung wurde nur auf der Zugseite
eingelegt. Er baute in London ein Haus aus Stahlbeton und machte darin einen Brand-
versuch. Das Haus steht heute noch.
1878 Neue grundlegende Patente MONIER's, die die Grundlage für die Einführung des Stahl-
betons in anderen Ländern darstellen.
Im folgenden wird nun ein Abriß der Entwicklung des Stahl- und Spannbetonbaus in Deutsch-
land gegeben:
1884 kaufen die Firmen Freytag & Heidschuch in Neustadt a. d. H. und Martenstein &
Josséaux in Offenbach a. M. von MONIER das deutsche Patent für Süddeutschland und
sichern sich das Vorkaufsrecht für das übrige Deutschland.
1886 treten die beiden Firmen das Vorkaufsrecht an den Ingenieur G. A. WAYSS ab. Dieser
gründet in Berlin ein Unternehmen für Beton- und Monierbauten. Er führt in größerem
Maßstab Versuche an MONIER-Konstruktionen durch, indem er durch Probebelastun-
gen zeigt, daß die Anordnung von Stahlstäben im Beton einen wirtschaftlichen Wert
hat. Das Ergebnis der Versuche veröffentlicht er
1887 Erscheinen der Broschüre ,,Das System MONIER, Eisengerippe mit Zementumhül-
lung“. Reg.-Baumeister MATTHIAS KOENEN, der von der preußischen Regierung zu
diesen Versuchen entsandt wird, gibt aufgrund der Versuche in der gleichen Broschüre
ein empirisches Berechnungsverfahren für einige MONIERkonstruktionen an. Dieses
zeigt, daß er die statische Wirkungsweise der Stahleinlagen klar erkannte. Damit liegt
eine technisch richtige Grundlage für die Berechnung der Stahleinlagen vor und die
neue Bauweise findet mehr und mehr Anwendung. Die weitere wissenschaftliche Er-
forschung des Stahlbetons erfolgt hauptsächlich in Deutschland.

162
SCHEERER y PROSKE

1888 DÖHRING, Berlin, meldet ein Patent an, welches zur Minimierung von Rissen gespann-
te Drahteinlagen in Platten, Latten und Bälkchen vorsieht.
1898 wird der ,,Deutsche Beton-Verein“ gegründet (durch HÜSER und vor allem EUGEN
DYCKERHOFF). Er ist eine Vereinigung der allmählich entstehenden Eisenbetonindus-
trie zur Förderung des Betonbaus.
1900 Um die Jahrhundertwende und darüber hinaus ist der Stahlbetonbau noch durch das
Nebeneinander von verschiedenen Systemen gekennzeichnet. In den darauffolgenden
Jahren setzt sich immer mehr der wissenschaftliche Grundsatz durch, den Baustoff im
Ganzen gemäß seinen Eigenschaften und der Kräfteverteilung einzusetzen.
MÖRSCH baut die von KOENEN begonnene Theorie weiter aus und untermauert sie
durch zahlreiche Versuche, die anfangs im Auftrag der Fa. Wayss & Freytag, der er
angehört, später auf der breiteren Basis des Deutschen Ausschusses für Eisenbeton an
der Materialprüfanstalt der TH Stuttgart unter der Leitung von BACH und GRAF durch-
geführt werden. Die von MÖRSCH entwickelte Theorie bildet die Grundlage unserer
heutigen Stahlbetontheorie.
Weitere sehr tatkräftige Entwicklungsarbeit leisten EMPERGER, SALINGER, MELAN und
VISENTINI in Österreich.
1904 bringt der Deutsche Beton-Verein zusammen mit dem Verband Deutscher Architek-
ten- und Ingenieur-Vereine die ,,Vorläufigen Leitsätze für die Vorbereitung, Ausfüh-
rung und Prüfung von Eisenbetonbauten“ heraus und trägt damit erheblich zur
Verwendung des Stahlbetons im Hochbau bei.
1906 LABES fordert für die Deutsche Reichsbahn eine 1,3- bis 2,5fache Sicherheit gegen
auftretende Risse, da er glaubte, daß der Rostschutz sonst nicht mehr gewährleistet sei.
Die Folge wären unwirtschaftlich dicke Stahlbetonabmessungen gewesen. Um diese
Entwicklung zu vermeiden, machte KOENEN im Jahre 1907 den Vorschlag, die Be-
wehrung vorzuspannen. In den folgenden Jahren wurden daraufhin in der Materialprü-
fungsanstalt Stuttgart Versuche an vorgespannten Balken durchgeführt, über die BACH
1910 berichtete. Damit hat man zwar nachgewiesen, daß die Rißgefahr durch die Vor-
spannung bewältigt werden kann. KOENEN und MÖRSCH erkannten jedoch schon 1912,
daß durch das Schwinden und Kriechen des Betons die damals geringe Vorspannung
mit einer Stahlspannung von 60 N/mm² fast völlig verloren geht.
1907 entwickelt sich aus einem Ausschuß des Deutschen Beton-Vereins der ,,Deutsche
Ausschuß für Eisenbeton“ (später Deutscher Ausschuß für Stahlbeton), der die weitere
Erforschung der Stahlbetonbauweisen mit Geldern des Staates, der Vereine und der In-
dustrie durchführt. Seine Arbeiten und Versuchsergebnisse veröffentlicht er in beson-
deren Heften, von denen bisher mehr als 500 erschienen sind.
1916 gibt dieser Ausschuß die ,,Bestimmungen für Ausführung von Bauwerken aus Eisen-
beton“ heraus.
Außer den bereits erwähnten Forschern und Institutionen haben in Deutschland die Baufirmen
Beton- und Monierbau, Dyckerhoff & Widmann, Wayss & Freytag sowie Züblin durch For-
schung und Entwicklung neuer Konstruktionen wesentlich zum Ausbau der Stahl- und Spann-
betonbauweise beigetragen. Diese Firmen haben Spitzenleistungen im Brückenbau, Hallenbau
usw. hervorgebracht.
1928 FREYSSINET (Frankreich) wendet zuerst die Vorspannung nur zum Beseitigen der Deh-
nung von Zugbändern an. Er erfaßt aber rasch ihre viel größere Bedeutung. FREYS-
SINET beschäftigt sich beharrlich mit dem Kriechen des Betons und dem daraus resul-
tierenden Abbau der Spannkraft. Er erkennt, daß man die dauerhafte Wirkung der Vor-

163
Stahlbeton for Beginners

spannung nur durch Verwendung von hochfestem Stahl sicherstellen kann und meldet
mehrere Patente an. FREYSSINET wendet die Vorspannung nicht nur für Bauwerke an,
sondern auch für Maste, Pfähle und die Rahmen schwerer Maschinen.
DISCHINGER, Berlin, meldet ein Patent für nach Art eines Hängewerks geführte Spann-
glieder an, die außerhalb des Betonquerschnitts, jedoch innerhalb der Bauhöhe des
Tragwerkes liegen (Spannbeton ohne Verbund). Die Kriech- und Schwindverluste sol-
len durch Nachspannen ausgeglichen werden. Er hat damit als erster die Bedeutung
schräg geführter Spannglieder für die Aufnahme der Querkraft erkannt.
In den dreißiger Jahren erfolgt die Umbenennung von Eisenbeton in Stahlbeton, weil alles
schmiedbare Eisen die Bezeichnung ,,Stahl“ erhält.
1943–1953 werden in Deutschland die ersten Richtlinien für Spannbeton ausgearbeitet. Die
Methode, die Spannglieder innerhalb des Betonquerschnitts in Hüllrohren zu
führen, um sie gegen die erhärtete Konstruktion anspannen zu können und den
Verbund anschließend durch injizieren herzustellen, setzt sich immer mehr
durch und bildet die Grundlage für die Ausführung von weitgespannten Bau-
werken.

164
SCHEERER y PROSKE

14.2 Auswahl an Lastannahmen nach DIN 1055 [13], Auszüge

14.2.1 1055-1 (01/2001): Einwirkungen auf Tragwerke – Wichten und Flächenlasten


von Baustoffen, Bauteilen und Lagerstoffen
Zeile Rohdichteklasse Wichte a in [kN/m³]
1 0,35 5,5
11 1,0 12,0
12 1,2 14,0
12 1,4 16,0
18 2,4 24,0
a
einschließlich Fugenmörtel und übliche Feuchte

Tabelle 36 Wichte für Mauerwerk

Zeile Gegenstand Flächenlasten in [kN/m²]


2 Kalk-, Gipskalk-, Gipssand 0,60
3 Gipskalkputz auf Putzträger (30 mm) 0,50
8 Kalkmörtel, Kalkgips, Gipssandmörtel (20 mm) 0,35
9 Kalkzementmörtel (20 mm) 0,40
19 Wärmedämmverbundsystem 0,30
20 Zementmörtel (20 mm) 0,42

Tabelle 37 Flächenlasten für Putze

Zeile Gegenstand Flächenlasten je cm Dicke in [kN/m²]


6 Gipsestrich 0,20
7 Gußasphaltestrich 0,23
9 Kunstharzestrich 0,22
12 Zementestrich 0,22
18 Linoleum 0,13
20 Teppichböden 0,03

Tabelle 38 Fußboden- und Wandbeläge

Flächenlast
Zeile Gegenstand
in [kN/m²]
7 Bitumen- und Polymerbitumendach-Dichtungsbahn einschl. Klebemasse, je Lage 0,07
7 Bitumen- und Polymerbitumen-Schweißbahn, einschl. Klebemasse, je Lage 0,07
11 Dampfsperren einschl. Klebemasse bzw. Schweißbahn, je Lage 0,07
12 Ausgleichsschicht, lose verlegt 0,03
13 Dach- und Bauwerksabdichtungen aus Kunststoffbahnen, lose verlegt, je Lage 0,02
14 Schwerer Oberflächenschutz – Kiesschüttung, d = 5 cm 1,0

Tabelle 39 Dach- und Bauwerksabdichtungen mit Bitumen- und Kunststoff- sowie


Elastomerbahnen in verlegtem Zustand

165
Stahlbeton for Beginners

14.2.2 1055-3 (01/2001): Eigen- und Nutzlasten für Hochbauten


Lotrechte Nutzlasten (einschließlich Trennwandzuschlag) dürfen für die Lastweiterleitung auf
sekundäre Tragglieder, wie z. B. Unterzüge, Stützen, Wände, nach der folgenden Gleichung
abgemindert werden:
q k ' = α A ⋅ qk (236)
mit: qk' abgeminderte Nutzlast
qk Nutzlast
αA Abminderungsbeiwert
10
Kategorie A, B, F: α A = 0,5 + ≤ 1, 0
A
10
Kategorie C – E: α A = 0,7 + ≤ 1,0
A
A Einzugsfläche der Lasten

Zei- Kate- qk in Qk in
Nutzung Definition/Nutzung
le gorie [kN/m²] [kN]
Räume mit ausreichender Querverteilung der
Lasten; Räume und Flure in Wohngebäuden;
2 A A2 Wohn- und Aufenthaltsräume 1,5 --
Betten- und Stationsräume in Krankenhäu-
sern; Hotelzimmer, Küchen, Toiletten
Büroflächen ohne besondere Anforderungen,
4 B Büro 2,0 2,0
einschließlich der Flure
Räume; Versammlungsräu- Flächen mit Tischen, z. B. Cafés, Speisesäle,
5 C1 3,0 4,0
me, die der Ansammlung von Lesesäle
C Personen dienen können
Sport- und Spielflächen, z. B. Tanzsäle,
8 C4 (wenn nicht in anderer Kate- 5,0 7,0
gorie festgelegt) Bühnen, Gymnastikräume
Flächen in Fabriken a und Werkstätten a mit
13 E1 Fabriken und Werkstätten; 5,0 4,0
leichtem Betrieb
Ställe; Flächen, auf denen
14 E E2 Lagerflächen, einschl. Bibliotheken 6,0 b 7,0
Anhäufungen von Gütern
a a
stattfinden können; Zugänge Flächen in Fabriken und Werkstätten mit
15 E3 7,5 b 10,0
mittlerem oder schwerem Betrieb
16 F Balkone Dachterrassen, Laubengänge, Loggien usw. 4,0 2,0
a
Nutzlasten in Fabriken und Werkstätten gelten als vorwiegend ruhend. Im Einzelfall sind sich häufig wiederho-
lende Lasten je nach Gegebenheit als nicht vorwiegend ruhende Lasten nach DIN 1055-3, 6.4 einzuordnen.
b
Bei diesen Werten handelt es sich um Mindestwerte, gegebenenfalls sind höhere Lasten anzusetzen.

Tabelle 40 Lotrechte Nutzlasten für Decken, Treppen und Balkone

Eine Überlagerung der Einwirkungen nach Tabelle 40 mit den Schneelasten ist nicht erforder-
lich.

Kategorie Nutzung Dachneigung qka in [kN/m²] Qk in [kN]


nicht begehbare Dächer, außer für übliche ≤ 20° 0,75 1,0
H
Erhaltungsmaßnahmen und Reparaturen ≥ 40° 0 1,0
a
Zwischenwerte sind linear zu interpolieren.

Tabelle 41 Nutzlasten für Dächer

166
SCHEERER y PROSKE

14.2.3 1055-5 (03/2001): Lastannahmen für Bauten, Verkehrslasten – Teil 5: Schneelast


und Eislast
Der charakteristische Wert der Schneelast S0 ist als eine unabhängige veränderliche Einwir-
kung zu betrachten. Die charakteristischen Werte für die Schneelasten auf dem Boden sind in
Abhängigkeit von der Schneezone Z und der Geländehöhe über NN für die mitteleuropäische
Region nach (237) zu berechnen. Die Werte können aber auch den entsprechenden Diagram-
men in DIN 1055-5, 3.1 abgelesen werden.
⎡ ⎛ H S ⎞2 ⎤
sk = ( 0,13 + 0, 264 ⋅ ( Z − 0,5 ) ) ⋅ ⎢1 + ⎜ ⎟ ⎥ in [kN/m²] (237)
⎢⎣ ⎝ 256 ⎠ ⎥⎦
mit: sk charakteristischer Wert für die Schneelast auf dem Boden
Z Intensität der Schneelast, Z = 2 für Dresden
HS Geländehöhe über NN in [m]
Die Schneelast auf dem Dach nun ist in Abhängigkeit von der Dachform und sk nach Glei-
chung (238) zu ermitteln. Die Last wirkt lotrecht und ist auf die waagerechte Projektion der
Dachfläche zu beziehen. Mögliche Lastbilder sind in DIN 1055-5, 3.3 dargestellt.
s = m µ i ⋅ sk (238)
mit: mµi Formbeiwert für die Schneelast, siehe DIN 1055-5, 3.3
Bsp.: Flachdach ohne Sprünge oder dergleichen, Formbeiwert:
µ1 = 0,8 für 0° ≤ α ≤ 15°
Die maßgebende Schneelast muß nicht mit der Verkehrslast überlagert werden, da sie den
zeitweiligen Aufenthalt von Personen berücksichtigt und nicht zeitgleich wirken kann.

14.3 Expositionsklassen nach DIN 1045-1


Beschreibung der Mindestbeton-
Klasse Beispiele für die Zuordnung von Expositionsklassen
Umgebung festigkeitsklasse
1 Kein Korrosions- oder Angriffsrisiko
Bauteile ohne Bewehrung in nicht betonangreifender Um- C 12/15
X0 Kein Angriffsrisiko gebung, z. B. Fundamente ohne Bewehrung ohne Frost,
Innenbauteile ohne Bewehrung LC 12/13
2 Bewehrungskorrosion, ausgelöst durch Karbonatisierung
Bauteile in Innenräumen mit normaler Luftfeuchte (ein-
Trocken oder ständig C 16/20
XC 1 schließlich Küche, Bad und Waschküche in Wohnge-
naß LC 16/18
bäuden); Bauteile, die sich ständig unter Wasser befinden
Naß oder selten C 16/20
XC 2 Teile von Wasserbehältern, Gründungsbauteile
trocken LC 16/18
Bauteile, zu denen die Außenluft häufig oder ständig Zu-
gang hat, z. B. offene Hallen; Innenräume mit hoher Luft- C 20/25
XC 3 Mäßige Feuchte
feuchte, z. B. in gewerblichen Küchen, Bädern, Wäscherei- LC 20/22
en, in Feuchträumen von Hallenbädern und in Viehställen
Wechselnd naß und Außenbauteile mit direkter Beregnung; Bauteile in Wasser- C 25/30
XC 4
trocken wechselzonen LC 25/28
3 Bewehrungskorrosion, ausgelöst durch Chloride, ausgenommen Meerwasser
Bauteile im Sprühnebelbereich von Verkehrsflächen; Ein- C 30/37
XD 1 Mäßige Feuchte
zelgaragen LC 30/33

Tabelle 42 Expositionsklassen

167
Stahlbeton for Beginners

Beschreibung der Mindestbeton-


Klasse Beispiele für die Zuordnung von Expositionsklassen
Umgebung festigkeitsklasse
Naß oder selten Schwimmbecken und Solebäder; Beiteile, die chloridhalti- C 35/45
XD 2
trocken gen Industriewässern ausgesetzt sind LC 35/38
Wechselnd naß und Bauteile im Spritzwasserbereich von taumittelbehandelten C 35/45
XD 3
trocken Straßen; direkt befahrene Parkdecks LC 35/38
4 Bewehrungskorrosion, ausgelöst durch Chloride aus Meerwasser
Salzhaltig Luft, kein
C 30/37
XS 1 unmittelbarer Kon- Außenbauteile in Küstennähe
LC 30/33
takt mit Meerwasser
C 35/45
XS 2 Unter Wasser Bauteile in Hafenanlagen, die ständig unter Wasser liegen
LC 35/38
Tidebereich, Spritz-
C 35/45
XS 3 wasser- und Sprüh- Kaimauern in Hafenanlagen
LC 35/38
nebelbereich
5 Betonangriff durch Frost mit und ohne Taumittel
Mäßige Wassersätti- C 25/30
XF 1 Außenbauteile
gung ohne Taumittel LC 25/28
Mäßige Wassersätti- Bauteile im Sprühnebel- oder Spritzwasserbereich von tau-
C 25/30
XF 2 gung mit Taumittel mittelbehandelten Verkehrsflächen, soweit nicht XF 4;
LC 25/28
oder Meerwasser Bauteile im Sprühnebelbereich von Meerwasser
Hohe Wassersätti- Offene Wasserbehälter; Bauteile in der Wasserwechselzone C 25/30
XF 3
gung ohne Taumittel von Süßwasser LC 25/28
Bauteile, die mit Taumitteln behandelt werden; Bauteile im
Hohe Wassersätti- Spritzwasserbereich von taumittelbehandelten Verkehrsflä-
C 30/37
XF 4 gung mit Taumittel chen mit überwiegend horizontalen Flächen; direkt befahre-
LC 30/33
oder Meerwasser ne Parkdecks; Bauteile in der Wasserwechselzone, Räumer-
laufbahnen in Kläranlagen
6 Betonangriff durch chemischen Angriff der Umgebung
Chemisch schwach
C 25/30
XA 1 angreifende Umge- Behälter von Kläranlagen; Güllebehälter
LC 25/28
bung
Chemisch mäßig an-
greifende Umgebung Bauteile, die mit Meerwasser in Berührung kommen; Bau- C 35/45
XA 2
und Meeresbauwer- teile in betonangreifenden Böden LC 35/38
ke
Industrieabwasseranlagen mit chemisch angreifenden Ab-
Chemisch stark an- C 35/45
XA 3 wässern; Gärfuttersilos und Futtertische der Landwirtschaft;
greifende Umgebung LC 35/38
Kühltürme mit Rauchgasableitung
7 Betonangriff durch Verschleißbeanspruchung
Mäßige Verschleiß- Bauteile von Industrieanlagen mit Beanspruchung durch C 30/37
XM 1
beanspruchung luftbereifte Fahrzeuge LC 30/33
Schwere Verschleiß- Bauteile von Industrieanlagen mit Beanspruchung durch C 30/37
XM 2
beanspruchung luft- oder vollgummibereifte Gabelstapler LC 30/33
Bauteile von Industrieanlagen mit Beanspruchung durch
elastomer- oder stahlrollenbereifte Gabelstapler; Wasser-
Extreme Verschleiß- C 35/45
XM 3 bauwerke in geschiebebelasteten Gewässern, z. B. Tosbek-
beanspruchung LC 35/38
ken; Bauteile, die häufig mit Kettenfahrzeugen befahren
werden

Fortsetzung Tabelle 42 Expositionsklassen

168
SCHEERER y PROSKE

14.4 Tafeln für Biegung ohne Druckbewehrung


c 2u
fcd M Eds = M Ed + N Ed ⋅ ys1

DEd,c M Eds
+MEd x= d µ Eds =
h d
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
+NEd z= d
ys1 f N
As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd + Eds
ZEd,s1 σ s1 σ s1
b d1 s1

C 12/15 ... C 50/60


µEds ω1 ξ = x/ d ζ = z/ d εs1 εc2 σs1
[‰] [‰] [N/mm²]
0,01 0,0096 0,0300 0,9896 25,00 -0,77 456,5
0,02 0,0193 0,0438 0,9845 25,00 -1,15 456,5
0,03 0,0292 0,0553 0,9801 25,00 -1,46 456,5
0,04 0,0390 0,0659 0,9758 25,00 -1,76 456,5
0,05 0,0490 0,0761 0,9713 25,00 -2,06 456,5
0,06 0,0591 0,0864 0,9666 25,00 -2,37 456,5
0,07 0,0693 0,0969 0,9616 25,00 -2,68 456,5
0,08 0,0797 0,1074 0,9565 25,00 -3,01 456,5
0,09 0,0901 0,1181 0,9512 25,00 -3,35 456,5
0,10 0,1011 0,1306 0,9457 23,29 -3,50 454,9
0,11 0,1125 0,1446 0,9399 20,71 -3,50 452,4
0,12 0,1240 0,1587 0,9340 18,55 -3,50 450,4
0,13 0,1358 0,1730 0,9280 16,73 -3,50 448,6
0,14 0,1476 0,1876 0,9220 15,16 -3,50 447,1
0,15 0,1597 0,2023 0,9158 13,80 -3,50 445,9
0,16 0,1720 0,2173 0,9096 12,61 -3,50 444,7
0,17 0,1844 0,2325 0,9033 11,56 -3,50 443,7
0,18 0,1971 0,2479 0,8969 10,62 -3,50 442,8
0,19 0,2099 0,2636 0,8903 9,78 -3,50 442,0
0,20 0,2230 0,2796 0,8837 9,02 -3,50 441,3
0,21 0,2363 0,2958 0,8770 8,33 -3,50 440,6
0,22 0,2498 0,3123 0,8701 7,71 -3,50 440,1
0,23 0,2636 0,3292 0,8631 7,13 -3,50 439,5
0,24 0,2777 0,3464 0,8559 6,60 -3,50 439,0
0,25 0,2921 0,3639 0,8486 6,12 -3,50 438,5
0,26 0,3067 0,3818 0,8412 5,67 -3,50 438,1
0,27 0,3217 0,4001 0,8336 5,25 -3,50 437,7
0,28 0,3371 0,4189 0,8258 4,86 -3,50 437,3
0,29 0,3528 0,4381 0,8178 4,49 -3,50 437,0
0,30 0,3690 0,4577 0,8096 4,15 -3,50 436,7

C 55/67
µEds ω1 ξ = x/ d ζ = z/ d εs1 εc2 σs1
[‰] [‰] [N/mm²]
0,01 0,0096 0,0302 0,9896 25,00 -0,78 456,5
0,02 0,0193 0,0441 0,9844 25,00 -1,15 456,5
0,03 0,0292 0,0556 0,9800 25,00 -1,47 456,5
0,04 0,0390 0,0662 0,9757 25,00 -1,77 456,5
0,05 0,0490 0,0765 0,9712 25,00 -2,07 456,5
0,06 0,0591 0,0868 0,9665 25,00 -2,38 456,5

169
Stahlbeton for Beginners

C 55/67, Fortsetzung
µEds ω1 ξ = x/ d ζ = z/ d εs1 εc2 σs1
[‰] [‰] [N/mm²]
0,07 0,0693 0,0972 0,9615 25,00 -2,69 456,5
0,08 0,0797 0,1078 0,9564 25,00 -3,02 456,5
0,09 0,0906 0,1211 0,9508 22,50 -3,10 454,1
0,10 0,1019 0,1354 0,9450 19,80 -3,10 451,6
0,11 0,1133 0,1498 0,9392 17,59 -3,10 449,5
0,12 0,1249 0,1645 0,9332 15,75 -3,10 447,7
0,13 0,1366 0,1794 0,9272 14,18 -3,10 446,2
0,14 0,1485 0,1944 0,9210 12,84 -3,10 444,9
0,15 0,1606 0,2097 0,9148 11,68 -3,10 443,8
0,16 0,1729 0,2253 0,9085 10,66 -3,10 442,9
0,17 0,1854 0,2411 0,9021 9,76 -3,10 442,0
0,18 0,1980 0,2571 0,8956 8,96 -3,10 441,2
0,19 0,2109 0,2734 0,8890 8,24 -3,10 440,6
0,20 0,2240 0,2900 0,8822 7,59 -3,10 439,9
0,21 0,2374 0,3069 0,8754 7,00 -3,10 439,4
0,22 0,2510 0,3241 0,8684 6,47 -3,10 438,9
0,23 0,2648 0,3416 0,8613 5,97 -3,10 438,4
0,22 0,2473 0,3194 0,8703 6,60 -3,10 439,0
0,23 0,2606 0,3363 0,8634 6,12 -3,10 438,5
0,24 0,2743 0,3536 0,8564 5,67 -3,10 438,1

14.5 Tafeln für Biegung mit Druckbewehrung


c2 u
fcd
s2
’s2
M Eds = M Ed + N Ed ⋅ ys1
d2 s2
DEd,As2 M Eds
+MEd µ Eds =
ys2 DEd,c b ⋅ d 2 ⋅ f cd
h d x= d
+NEd zs2 = d - d2 f N
ys1 z= d = d (1 - d2/d) As1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd + Eds
σ s1 σ s1
ZEd,s1 ZEd,s1(s2) f cd
b d1 s1
As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅
σ s′2 = f yd − f cd ⋅ φ ε s1 = 2,175 ‰ σ s1 = f yd σ s′2
mit:
Dehnungen in [‰], Spannungen in [N/mm²]

C 12/15 ... C 50/60


d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,25 d2/d = 0,30
εs2 = -3,22 εs2 = -2,93 εs2 = -2,65 εs2 = -2,37 εs2 = -2,08 εs2 = -1,80

µEds φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 0,990
σs 2 = 435,8 σs 2 = 435,5 σs 2 = 435,2 σs 2 = 435,0 σs 2 = 416,0 σs 2 = 359,3

ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,371 0 0,499 0 0,499 0 0,499 0 0,499 0 0,499 0 0,499
0,38 0,009 0,509 0,010 0,509 0,010 0,510 0,011 0,510 0,012 0,511 0,013 0,512
0,39 0,020 0,519 0,021 0,520 0,022 0,521 0,024 0,523 0,025 0,524 0,027 0,526
0,40 0,030 0,530 0,032 0,531 0,034 0,533 0,036 0,535 0,038 0,538 0,041 0,540
0,41 0,041 0,540 0,043 0,542 0,046 0,545 0,049 0,548 0,052 0,551 0,055 0,555
0,42 0,051 0,551 0,054 0,554 0,057 0,557 0,061 0,560 0,065 0,564 0,070 0,569
0,43 0,062 0,561 0,065 0,565 0,069 0,568 0,074 0,573 0,078 0,578 0,084 0,583
0,44 0,072 0,572 0,076 0,576 0,081 0,580 0,086 0,585 0,092 0,591 0,098 0,598
0,45 0,083 0,582 0,088 0,587 0,093 0,592 0,099 0,598 0,105 0,604 0,113 0,612
0,46 0,093 0,593 0,099 0,598 0,104 0,604 0,111 0,610 0,118 0,618 0,127 0,626

170
SCHEERER y PROSKE

C 12/15 ... C 50/60, Fortsetzung


d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,25 d2/d = 0,30
εs2 = -3,22 εs2 = -2,93 εs2 = -2,65 εs2 = -2,37 εs2 = -2,08 εs2 = -1,80

µEds φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 0,990
σs 2 = 435,8 σs 2 = 435,5 σs 2 = 435,2 σs 2 = 435,0 σs 2 = 416,0 σs 2 = 359,3

ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,47 0,104 0,603 0,110 0,609 0,116 0,616 0,124 0,623 0,132 0,631 0,141 0,640
0,48 0,115 0,614 0,121 0,620 0,128 0,627 0,136 0,635 0,145 0,644 0,155 0,655
0,49 0,125 0,624 0,132 0,631 0,140 0,639 0,149 0,648 0,158 0,658 0,170 0,669
0,50 0,136 0,635 0,143 0,642 0,152 0,651 0,161 0,660 0,172 0,671 0,184 0,683
0,51 0,146 0,645 0,154 0,654 0,163 0,663 0,174 0,673 0,185 0,684 0,198 0,698
0,52 0,157 0,656 0,165 0,665 0,175 0,674 0,186 0,685 0,198 0,698 0,213 0,712
0,53 0,167 0,666 0,176 0,676 0,187 0,686 0,199 0,698 0,212 0,711 0,227 0,726
0,54 0,178 0,677 0,188 0,687 0,199 0,698 0,211 0,710 0,225 0,724 0,241 0,740
0,55 0,188 0,687 0,199 0,698 0,210 0,710 0,224 0,723 0,238 0,738 0,255 0,755
0,56 0,199 0,698 0,210 0,709 0,222 0,721 0,236 0,735 0,252 0,751 0,270 0,769
0,57 0,209 0,709 0,221 0,720 0,234 0,733 0,249 0,748 0,265 0,764 0,284 0,783
0,58 0,220 0,719 0,232 0,731 0,246 0,745 0,261 0,760 0,278 0,778 0,298 0,798
0,59 0,230 0,730 0,243 0,742 0,257 0,757 0,274 0,773 0,292 0,791 0,313 0,812
0,60 0,241 0,740 0,254 0,754 0,269 0,768 0,286 0,785 0,305 0,804 0,327 0,826

C 55/67
d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,25 d2/d = 0,30
εs2 = -2,84 εs2 = -2,57 εs2 = -2,31 εs2 = -2,05 εs2 = -1,78 εs2 = -1,52

µEds φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 1 φc = 0,985 φc = 0,936


σs 2 = 435,4 σs 2 = 435,2 σs 2 = 434,9 σs 2 = 408,8 σs 2 = 356,1 σs 2 = 303,3

ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,350 0 0,459 0 0,459 0 0,459 0 0,459 0 0,459 0 0,459
0,38 0,032 0,491 0,034 0,493 0,036 0,495 0,038 0,497 0,040 0,500 0,043 0,503
0,39 0,042 0,502 0,045 0,504 0,047 0,507 0,050 0,510 0,054 0,513 0,057 0,517
0,40 0,053 0,512 0,056 0,515 0,059 0,519 0,063 0,522 0,067 0,526 0,072 0,531
0,41 0,063 0,523 0,067 0,526 0,071 0,530 0,075 0,535 0,080 0,540 0,086 0,545
0,42 0,074 0,533 0,078 0,537 0,083 0,542 0,088 0,547 0,094 0,553 0,100 0,560
0,43 0,084 0,544 0,089 0,549 0,094 0,554 0,100 0,560 0,107 0,566 0,115 0,574
0,44 0,095 0,554 0,100 0,560 0,106 0,566 0,113 0,572 0,120 0,580 0,129 0,588
0,45 0,106 0,565 0,111 0,571 0,118 0,577 0,125 0,585 0,134 0,593 0,143 0,603
0,46 0,116 0,575 0,122 0,582 0,130 0,589 0,138 0,597 0,147 0,606 0,157 0,617
0,47 0,127 0,586 0,134 0,593 0,141 0,601 0,150 0,610 0,160 0,620 0,172 0,631
0,48 0,137 0,596 0,145 0,604 0,153 0,613 0,163 0,622 0,174 0,633 0,186 0,645
0,49 0,148 0,607 0,156 0,615 0,165 0,624 0,175 0,635 0,187 0,646 0,200 0,660
0,50 0,158 0,618 0,167 0,626 0,177 0,636 0,188 0,647 0,200 0,660 0,215 0,674
0,51 0,169 0,628 0,178 0,637 0,189 0,648 0,200 0,660 0,214 0,673 0,229 0,688
0,52 0,179 0,639 0,189 0,649 0,200 0,660 0,213 0,672 0,227 0,686 0,243 0,703
0,53 0,190 0,649 0,200 0,660 0,212 0,671 0,225 0,685 0,240 0,700 0,257 0,717
0,54 0,200 0,660 0,211 0,671 0,224 0,683 0,238 0,697 0,254 0,713 0,272 0,731
0,55 0,211 0,670 0,222 0,682 0,236 0,695 0,250 0,710 0,267 0,726 0,286 0,745
0,56 0,221 0,681 0,234 0,693 0,247 0,707 0,263 0,722 0,280 0,740 0,300 0,760
0,57 0,232 0,691 0,245 0,704 0,259 0,719 0,275 0,735 0,294 0,753 0,315 0,774
0,58 0,242 0,702 0,256 0,715 0,271 0,730 0,288 0,747 0,307 0,766 0,329 0,788
0,59 0,253 0,712 0,267 0,726 0,283 0,742 0,300 0,760 0,320 0,780 0,343 0,803
0,60 0,263 0,723 0,278 0,737 0,294 0,754 0,313 0,772 0,334 0,793 0,357 0,817

171
Stahlbeton for Beginners

14.6 Tafeln für die Bemessung von Druckgliedern

Für alle C
BSt 500 S
d1/h = 0,05
NEd
=
Ed,0
fcd ⋅ b ⋅ h
-3 c2 u s2

d2 s2 fcd ’s2
DEd,As2
ys2 +MEd DEd,c
h d x= d
+NEd zs2 = d - d2
-2,5 ys1 z= d = d (1 - d2/d)

ZEd,s1 ZEd,s1(s2)
b d1 s1

-2
0 ,8
k=
c

0,7
kc =
-1,5

k c = 0,6
-1

-0,5 kc = 0,5
kc = 0,4
kc = 0,3
0
= 5 0 5 0
s1
,0
0,0 0,1 0,1 0,2
0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 MEd
=
Ed,m
fcd ⋅ b ⋅ h²

0,5

[MN/m²]
fcd
s1,0 = s2,0 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
≤ 0,045
100
1 fcd
s1,0 = s2,0 ≥ 0,075 ⋅ |vEd,0| ⋅
fyd
[cm²] [cm²] [cm] [cm]
As 1 = A s2 = s1,0 ⋅b ⋅h
[MN/m²]
fcd [cm] [cm] [cm²/m²] |NEd[MN]|
1,5 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
⋅b ⋅h ≥ 750 ⋅ [MN/m²]
100 fyd

Abbildung 107: Symmetrisch bewehrter Rechteckquerschnitt, alle Betone, d1/h = 0,05

172
SCHEERER y PROSKE

Für alle C
BSt 500 S
NEd d1/h = 0,10
=
Ed,0
fcd ⋅ b ⋅ h

-3 c2 u s2

d2 s2 fcd ’s2
DEd,As2
ys2 +MEd DEd,c
h d +NEd x= d
zs2 = d - d2
-2,5 ys1 z= d = d (1 - d2/d)

ZEd,s1 ZEd,s1(s2)
b d1 s1

-2
,8
=0
k c

0,7
kc =
-1,5

k c = 0,6
-1

-0,5
kc = 0,5
kc = 0,4
kc = 0,3
0
= 5 0 5 0
s1
,0
0,0 0,1 0,1 0,2
0
MEd
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 =
Ed,m
fcd ⋅ b ⋅ h²

0,5

[MN/m²]
fcd
s1,0 = s2,0 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
≤ 0,045
100
1 fcd
= ≥ 0,075 ⋅ |vEd,0| ⋅
s1,0 s2,0
fyd
[cm²] [cm²] [cm] [cm]
As 1 = As 2 = s1,0 ⋅b ⋅h
[MN/m²]
fcd [cm] [cm] [cm²/m²] |NEd[MN]|
1,5 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
⋅b ⋅h ≥ 750 ⋅ [MN/m²]
100 fyd

Abbildung 108: Symmetrisch bewehrter Rechteckquerschnitt, alle Betone, d1/h = 0,10

173
Stahlbeton for Beginners

Für alle C
BSt 500 S
NEd d1/h = 0,15
=
Ed,0
fcd ⋅ b ⋅ h

-3 c2 u s2

d2 s2 fcd ’s2
DEd,As2
ys2 +MEd DEd,c
h d x= d
+NEd zs2 = d - d2
-2,5 ys1 z= d = d (1 - d2/d)

ZEd,s1 ZEd,s1(s2)
b d1 s1

-2

0,8
=
k c

-1,5
0,7
kc=

,6
kc = 0
-1

-0,5
kc = 0,5
kc = 0,4
0 kc = 0,3
= 05 10 15 20
s1
, 0
0, 0, 0, 0,
0
MEd
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 =
Ed,m
fcd ⋅ b ⋅ h²

0,5

[MN/m²]
fcd
s1,0 = s2,0 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
≤ 0,045
100
1 fcd
= ≥ 0,075 ⋅ |vEd,0| ⋅
s1,0 s2,0
fyd
[cm²] [cm²] [cm] [cm]
A s1 = As 2 = s1,0 ⋅b ⋅h
[MN/m²]
fcd [cm] [cm] [cm²/m²] |NEd[MN]|
1,5 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
⋅b ⋅h ≥ 750 ⋅ [MN/m²]
100 fyd

Abbildung 109: Symmetrisch bewehrter Rechteckquerschnitt, alle Betone, d1/h = 0,15

174
SCHEERER y PROSKE

Für alle C
BSt 500 S
NEd d1/h = 0,25
=
Ed,0
fcd ⋅ b ⋅ h

-3 c2 u s2

d2 s2 fcd ’s2
DEd,As2
ys2 +MEd DEd,c
h d x= d
+NEd zs2 = d - d2
-2,5 ys1 z= d = d (1 - d2/d)

ZEd,s1 ZEd,s1(s2)
b d1 s1

-2
,8
=0
kc

-1,5
,7
=0
kc

-1
,6
kc = 0

-0,5

0
= kc = 0,5
0
0

5
5

0,2
0,1

0,1
0,0

,0
s1
0
MEd
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 =
Ed,m
fcd ⋅ b ⋅ h²
kc =
0,4

0,5
kc
=
0,3
[MN/m²]
fcd
s1,0 = s2,0 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
≤ 0,045
100
1 fcd
= ≥ 0,075 ⋅ |vEd,0| ⋅
s1,0 s2,0
fyd
[cm²] [cm²] [cm] [cm]
A s1 = As 2 = s1,0 ⋅b ⋅h
[MN/m²]
fcd [cm] [cm] [cm²/m²] |NEd[MN]|
1,5 = s1,0 ⋅ [MN/m²]
⋅b ⋅h ≥ 750 ⋅ [MN/m²]
100 fyd

Abbildung 110: Symmetrisch bewehrter Rechteckquerschnitt, alle Betone, d1/h = 0,25

175
Stahlbeton for Beginners

14.7 Tafeln für Betonstahlmatten BSt 500 M (A)


Länge Längsrichtung Quer- Gewicht

Mattenbe-
Randeinsparung

zeichnung
(Längsrichtung)
Mattenaufbau in
Breite Querrichtung schnitte
Stabab- Innen- Rand- Anzahl der längs je je m²
stände bereich bereich Längsrandstäbe quer Matte
m mm links rechts cm²/m kg

150 · 6,0 1,88


Q188 A 32,4 3,01
150 · 6,0 1,88
5,00 150 · 7,0 2,57
ohne Q257 A 44,1 4,10
2,15 150 · 7,0 2,57
150 · 8,0 3,35
Q335 A 57,7 5,37
150 · 8,0 3,35
150 · 6,0 d / 6,0 – 4 / 4 3,77
Q337 A 67,6 5,24
6,00 150 · 7,0 3,85
mit
2,15 150 · 7,0 d / 7,0 – 4 / 4 5,13
Q513 A 90,0 6,98
150 · 8,0 5,03

150 · 6,0 1,88


R188 A 26,2 2,44
250 · 6,0 1,13
5,00 150 · 7,0 2,57
ohne R257 A 32,2 3,00
2,15 250 · 6,0 1,13
150 · 8,0 3,35
R335 A 39,2 3,65
250 · 6,0 1,13
150 · 6,0 d / 6,0 – 2 / 2 3,77
R337 A 46,1 3,57
6,00 250 · 6,0 1,13
mit
2,15 150 · 7,0 d / 7,0 – 2 / 2 5,13
R513 A 58,6 4,54
250 · 6,0 1,13

Der Gewichtsermittlung der Lagermatten liegen folgende Überstände zugrunde:


Q188 A - Q335 A: Überstände längs: 100/100 mm Überstände quer: 25/25 mm
Q377 A - Q513 A: Überstände längs: 100/100 mm Überstände quer: 25/25 mm
R188 A - R335 A: Überstände längs: 125/125 mm Überstände quer: 25/25 mm
R377 A - R513 A: Überstände längs: 125/125 mm Überstände quer: 25/25 mm
„d“ = Doppelstab in Längsrichtung
Randausbildung der Lagermatten: Doppelstäbe / Einzelstäbe

Q 377 A, Q513 A

R 377 A, R513 A

Tabelle 43 Liste Lagermatten

176
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 1: Beispiel eines einfachen Stahlbetongebäudes


Zerlegen Sie das Gebäude in statische Elemente, die Sie berechnen können.
Längsschnitt A - A

3% + 14,00 3% Mauerwerk

4,00
+ 10,00

72
4,00
B + 6,00 B

35 35

6,50
± 0,00

50
dF
C

Grundriß B - B

1,125
1,30

B
35
A A
5,65
6,00
35

A
1,30
1,125

30 7,725 35 7,65 35 7,725 30


7,90 8,00 7,90

1 2 3 4
C

Abbildung 111: Längsschnitt und Grundriß

177
Stahlbeton for Beginners

Schnitt C - C A B
Detail A
Warmdach Pos. 1
Decke über Dachgeschoß
Pos. 1.1 Dachplatte
Dachgeschoß Pos. 1.2 Dachbalken
(DG oder 2. OG) Belag
Estrich Detail B
Wärmedämmung Pos. 2
Decke über 1. OG
Pos. 2.1 Deckenplatte
Pos. 2.2 Deckenbalken

1. Obergeschoß Belag
Detail C
(1. OG) Estrich
Wärmedämmung Pos. 3
22

Decke über EG
70

Pos. 3.1 Deckenplatte


Pos. 3.2 Deckenbalken
50

1,30 6,00 1,30

Erdgeschoß 35 35
(EG) Pos. 4
Stützen

Pos. 5
Fundamente Fundamente

Abbildung 112: Querschnitt

Detail A 5 cm Kiesschüttung Hafter Wärme-


1 cm Dachabdichtung dämmung
8 cm Dämmplatten Abdeckung
16 cm Porenbetonaufmauerung oder Gefälle
Bohle, d > 30 cm
Gefällebeton (Variante: Decken- Putz
platte mit Gefälle ausbilden)
1 cm Feinausgleich/Dampfsperre Keil
15
i. M. 45 cm
15 ... 51 cm

+ 14,00 m
22

Putz
72
50

24

600 130 6 cm

35

Abbildung 113: Detail A


178
SCHEERER y PROSKE

Detail B
Belag (Kunststoffboden) Fensterbank Holzrahmen
5 cm Fließestrich Naturstein Alu-Abdeckbank
4 cm Trittschalldämmung
2 cm Feinausgleich
Mörtelbett

Putz

+ 10,00 m

22
Putz

72
50
24

600 130 6 cm

35

Abbildung 114: Detail B

Detail C
Belag (Kunststoffboden) Fensterbank Holzrahmen
5 cm Fließestrich Naturstein Alu-Abdeckbank
4 cm Trittschalldämmung
2 cm Feinausgleich
Mörtelbett

Putz

+ 6,00 m
22

Putz 17,5
72
50

600 130 6 cm

35

Abbildung 115: Detail C

179
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 2: Übung zur Schnittgrößenermittlung bei statisch bestimmten Tragwerken


Zeichnen Sie die Schnittgrößenbilder ein!
Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3
P P q q

a a l l/3
l l

Beispiel 4 Beispiel 5 Beispiel 6


q q P a
l l l

180
SCHEERER y PROSKE

Beispiel 7 Beispiel 8 Beispiel 9


q l/5 P q
l/3 l/3 l/3
l l l l

Beispiel 10 Beispiel 11 Beispiel 12


q P P
H
l l 2a a

181
Stahlbeton for Beginners

Beispiel 13 Beispiel 14
P P
H
a

182
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 3: Ermittlung der charakteristischen Einwirkungen


Gegeben ist der Aufbau einer Decke in einem Bürogebäude und der Aufbau eines Daches.
Dafür sollen die charakteristischen Flächenlasten ermittelt werden.
Teppich
5 Estrich
2
25

60

25

I. Eigengewicht g1

Stahlbetonplatte: 0,25 m ⋅ 25 kN/m3 = 6,25 kN/m2


g1 = 6,25 kN/m2
II. Ausbaulast g2

Teppich 0,03 kN/m2


Estrich 0,05 m ⋅ 22 kN/m3 = 1,10 kN/m2
Trittschalldämmung 0,02 kN/m 2
Abgehängte Decke 1) 0,50 kN/m2
1)
Wählt man Gipskartonplatten mit 3 cm Dicke ergibt sich ein Flächengewicht von
0,11 kN/m²/cm ⋅ 3 cm = 0,33 kN/m². Zusätzlich müssen noch Halterungen etc. dazugerechnet
werden. Deshalb wurde pauschal der Wert von 0,50 kN/m² gewählt.

g 2 = 1,65 kN/m2

III. Verkehrslast q

Verkehrslast q1 = 4,00 kN/m 2

Angesetzt werden Flächen mit fester Bestuhlung (Kategorie C 2) mit q1 = 4,00 kN/m², da in
modernen Bürogebäuden heute immer auch Versammlungsräume vorgesehen werden.

Zuschlag für leichte Trennwände ∆q = 0,80 kN/m 2


q = 4 ,80 kN/m 2

183
Stahlbeton for Beginners

4 Plattenbelag
3 Kies
8 Schaumglas
3

25
71

25

I. Eigengewicht g1

Stahlbetonplatte: 0,25 m ⋅ 25 kN/m3 = 6,25 kN/m2


g1 = 6,25 kN/m2

II. Ausbaulast g2

Plattenbelag 0,04 m ⋅ 24 kN/m3 = 0,96 kN/m2


Kies 0,03 m ⋅ 20 kN/m3 = 0,60 kN/m2

Nach DIN 1055-3, 4, (2) ist Kies eine veränderliche Last, wird hier aber vereinfacht als
ständige Last angesetzt.

Schaumglas 0,08 m ⋅ 1 kN/m3 = 0,08 kN/m2


Gefälleestrich 0,03 m ⋅ 22 kN/m3 = 0,66 kN/m2
Abdichtung 0,20 kN/m2

Laut DIN 1055-1, Tab. 20, Zeile 7-13 liegen die Werte für Abdichtungen zwischen 0,02 kN/m2
und 0,07 kN/m2 . da genaue Konstruktionsangaben fehlen, wurde ein pauschaler Wert gewählt.

Abgehängte Decke 0,50 kN/m2


g 2 = 3,00 kN/m2

III: Verkehrslast q
q = 0,75 kN/m²
IV. Schneeslast s
(Schneelastzone Z = 2, Alpine Region, Geländehöhe über NN: 500 m)
⎡ ⎛ 500 ⎞ 2 ⎤
s k = (0,33 + 0,638 ⋅ (2 − 0,5)) ⋅ ⎢1 + ⎜ ⎟ ⎥ = 1,90 kN/m
2

⎢⎣ ⎝ 723 ⎠ ⎥⎦
s = 0,8·1,90 = 1,52 kN/m2
Die maßgebende Schneelast muß nicht mit der Verkehrslast (q = 0,75 kN/m²) überlagert
werden, da diese den zeitweiligen Aufenthalt von Personen berücksichtigt und nicht zeitgleich
wirken kann.

184
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 4: Einwirkungskombination
Ein Stahlbetoneinfeldträger, der ein Dachgeschoß überspannt, besitzt eine Spannweite von
8 m. Bestimmt werden soll das Verhältnis zwischen maßgebendem Bemessungsmoment in
der ständigen und vorübergehenden Einwirkungskombination im Grenzzustand der Tragfä-
higkeit und der quasi-ständigen Einwirkungskombination im Grenzzustand der Gebrauchs-
tauglichkeit.

Es sind verschiedene Einwirkungen möglich: Eigenlast und Ausbaulast, Schneelast, Windlast


und Nutzlast. Zur Nutzlast zählt neben einer möglichen Personenlast auch die Last aus Kies,
der beim Dachaufbau verwendet wird. Gemäß DIN 1055-3 muß der Kies als veränderliche
Last angesetzt werden, da er bei Dachumbauarbeiten nicht in allen Feldern vorhanden sein muß.

gk
∆gk
sk
wk
kk
qk

8,0 m

Aus den Einwirkungen, ermittelt auf Grundlage der entsprechenden Normen, soll das maß-
gebende Bemessungsmoment für die ständige und vorübergehende Einwirkungskombination
im Grenzzustand der Tragfähigkeit und für die quasi-ständige Einwirkungskombination im
Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit bestimmt werden.
Zunächst werden die charakteristischen Biegemomente in Feldmitte für jede Einwirkung be-
rechnet:

pk ⋅ l 2
Einwirkung Linienlast Mk = Norm
8
kN
Eigenlast g k = 3,10 M gk = 24,80 kNm DIN 1055-1
m
kN
Ausbaulast ∆g k = 0,80 M ∆gk = 6, 40 kNm DIN 1055-1
m
kN
Schneelast sk = 1,52 M sk = 12,16 kNm DIN 1055-5
m
kN
Windlast wk = −0, 64 M wk = −5,12 kNm DIN 1055-4
m
kN
Kies kk = 1, 40 M kk = 11, 20 kNm DIN 1055-3
m
kN
Personenlast qk = 0, 75 M qk = 6, 00 kNm DIN 1055-3
m

Der Ansatz zur Ermittlung des Bemessungsmomentes für die ständige und vorübergehende
Einwirkungskombination lautet:

185
Stahlbeton for Beginners

M Ed = ∑ γ G ⋅ Gk + γ P ⋅ Pk + γ Q ⋅ Qk + ∑ γ Q ⋅ψ 0 ⋅ Qki
i >1

Um das Bemessungsmoment zu ermitteln, werden die Kombinationsfaktoren und die Teil-


sicherheitsbeiwerte der Einwirkungen benötigt:

1. Kombinationsbeiwerte

Kategorie H (Dach) ψ0 = 0, 0 ψ2 = 0, 0
Schnee ψ0 = 0,5 ψ2 = 0, 0
Wind ψ0 = 0, 6 ψ2 = 0, 0
Kies (Sonstige) ψ0 = 1, 0 ψ2 = 1, 0

2. Teilsicherheitsfaktoren
Eigen- und Ausbaulasten γ G = 1,35
Veränderliche Einwirkungen γ Q = 1,5

Die allgemeine Formel zur Ermittlung eines Bemessungswertes läßt offen, welche veränder-
liche Einwirkung, das sind in diesem Fall Wind, Schnee, Nutzlast und Kieslast, die Leitein-
wirkung ist. Deshalb müssen im folgenden die Leiteinwirkungen variiert werden.

Leiteinwirkung Personenlast:
M Ed = 1,35 ⋅ 24,8 kNm + 1,35 ⋅ 6, 4 kNm + 1,5 ⋅ 6 kNm
+ 1,5 ⋅ (1, 0 ⋅11, 2 kNm + 0, 6 ⋅ (−5,12 kNm) ⋅ 0 + 0,5 ⋅12,16 kNm)
M Ed = 77, 04 kNm
Leiteinwirkung Schneelast:
M Ed = 1,35 ⋅ 24,8 kNm + 1,35 ⋅ 6, 4 kNm + 1,5 ⋅12,16 kNm
+ 1,5 ⋅ (1, 0 ⋅11, 2 kNm + 0, 6 ⋅ (−5,12 kNm) ⋅ 0 + 0 ⋅ 6, 0 kNm)
M Ed = 77,16 kNm
Leiteinwirkung Kies:
M Ed = 1,35 ⋅ 24,8 kNm + 1,35 ⋅ 6, 4 kNm + 1,5 ⋅11, 2 kNm
+ 1,5 ⋅ (0,5 ⋅12,16 kNm + 0, 6 ⋅ (−5,12 kNm) ⋅ 0 + 0 ⋅ 6, 0 kNm)
M Ed = 68, 04 kNm
Das größte, also maßgebende, Bemessungsmoment ergibt sich bei der Leiteinwirkung Schnee.
Insgesamt liegen aber alle Bemessungsmomente relativ nah beieinander.
Der Ansatz zur Ermittlung des Bemessungsmomentes für die quasi-ständige Einwirkungs-
kombination lautet:
M Ed = ∑ Gk + Pk + ∑ψ 2 ⋅ Qk

186
SCHEERER y PROSKE

In dieser Formulierung existiert keine Leiteinwirkung mehr. Deshalb reicht eine Formel aus:
M Ed = 24,8 kNm + 6, 4 kNm
+ 1, 0 ⋅11, 2 kNm + 0, 0 ⋅ (−5,12 kNm) ⋅ 0 + 0, 0 ⋅12,16 kNm + 0, 0 ⋅ 6, 0 kNm
M Ed = 42, 4 kNm
Das Verhältnis von 42,4 kNm /77,16 kNm entspricht 55 %.

187
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 5: Auswahl von Expositionsklassen


Für die verschiedenen Oberflächenausbildungen direkt befahrener Parkdecks von Parkhäusern
sind die Expositionsklassen zu wählen. Die folgende Tabelle zeigt die Lösungen dafür.

188
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 6: Ermittlung der erforderlichen Biegebewehrung


Für einen Kragplatte soll die Biegezugbewehrung ermittelt werden. Der Kragarm besitzt eine
Länge von 1,9 m und eine Dicke von 0,26 m. Am Kragarm wirkt eine Nutzlast als Linienlast
in Querrichtung von 40 kN/m. Die Breite des Kragarmes beträgt 1 m.

f = 40 kN/m

0,2
F=f b
C 20/25

1,0 m
1,9 m

Das Stützmoment an der Einspannung infolge Linienlast beträgt:


M Q = F ⋅ l = 1,9 m ⋅ 0,04 MN = 0,076 MNm .
Das Stützmoment infolge Eigengewicht des Kragarms ergibt sich zu:
l 1,90 m
MG = d ⋅ b ⋅γ ⋅ l ⋅ = 0,26 m ⋅ 1 m ⋅ 25 kN/m3 ⋅ 1,90 m ⋅ = 11,7 kNm = 0,0117 MNm .
2 2
Für die Biegebemessung wird das Moment unter ständiger und vorübergehender Einwir-
kungskombination benötigt. Dafür ergibt sich:
M Ed = γ G ⋅ M G + γ Q ⋅ M Q = 1,35 ⋅ 0,0117 MNm/m + 1,5 ⋅ 0,076 MNm/m = 0,129 MNm/m .
Weiterhin gilt:
Betonsorte C 20/25
Baustahl BSt 500
Betondeckung 3 cm
Bügeldurchmesser ∅ 1 cm
Stabdurchmesser ∅ 2 cm
2
Statische Nutzhöhe: d = 26 − 3 − 1 −= 21 cm
2
Für das bezogene Moment erhält man:
M Eds 0,129 MNm
µ Eds = = = 0, 258
f ck 20
b ⋅ d 2 ⋅α ⋅ 1⋅ 0, 21 m³ ⋅ 0,85 ⋅
2
MN/m²
γ 1,5
Aus den Bemessungstabellen erhält man in Abhängigkeit vom bezogenen Moment folgende
Werte:

C 12/15 ... C 50/60


µEds ω1 ξ = x/ d ζ = z/ d εs1 εc2 σ s1
[‰] [‰] [N/mm²]
0,25 0,2921 0,3639 0,8486 6,12 -3,50 438,5
0,26 0,3067 0,3818 0,8412 5,67 -3,50 438,1

189
Stahlbeton for Beginners

Damit ergibt sich für die Bewehrung:


f cd N Eds 20 MPa m2 cm 2
as1 = ω1 ⋅ b ⋅ d ⋅ + = 0,3038 ⋅ 0, 21 m ⋅1, 0 m ⋅ 0,85 ⋅
= 0, 00166 = 16, 6
σ s1 σ s1 1,5 ⋅ 434,8 MPa m m
2 2
Gemäß folgender Tabelle kann man 16,6 cm /m durch 6 ∅ 20 mm (18,85 cm ) realisieren.

Durchmesser in mm
6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 28 32 40
1 0,28 0,50 0,79 1,13 1,54 2,01 2,54 3,14 3,80 4,52 6,16 8,04 12,57
2 0,57 1,01 1,57 2,26 3,08 4,02 5,09 6,28 7,60 9,05 12,32 16,08 25,13
3 0,85 1,51 2,36 3,39 4,62 6,03 7,63 9,42 11,40 13,57 18,47 24,13 37,70
4 1,13 2,01 3,14 4,52 6,16 8,04 10,18 12,57 15,21 18,10 24,63 32,17 50,27
5 1,41 2,51 3,93 5,65 7,70 10,05 12,72 15,71 19,01 22,62 30,79 40,21 62,83
6 1,70 3,02 4,71 6,79 9,24 12,06 15,27 18,85 22,81 27,14 36,95 48,25 75,40
7 1,98 3,52 5,50 7,92 10,78 14,07 17,81 21,99 26,61 31,67 43,10 56,30 87,96
8 2,26 4,02 6,28 9,05 12,32 16,08 20,36 25,13 30,41 36,19 49,26 64,34 100,53
Anzahl Stäbe

9 2,54 4,52 7,07 10,18 13,85 18,10 22,90 28,27 34,21 40,72 55,42 72,38 113,10
10 2,83 5,03 7,85 11,31 15,39 20,11 25,45 31,42 38,01 45,24 61,58 80,42 125,66
11 3,11 5,53 8,64 12,44 16,93 22,12 27,99 34,56 41,81 49,76 67,73 88,47 138,23
12 3,39 6,03 9,42 13,57 18,47 24,13 30,54 37,70 45,62 54,29 73,89 96,51 150,80
13 3,68 6,53 10,21 14,70 20,01 26,14 33,08 40,84 49,42 58,81 80,05 104,55 163,36
14 3,96 7,04 11,00 15,83 21,55 28,15 35,63 43,98 53,22 63,33 86,21 112,59 175,93
15 4,24 7,54 11,78 16,96 23,09 30,16 38,17 47,12 57,02 67,86 92,36 120,64 188,50
16 4,52 8,04 12,57 18,10 24,63 32,17 40,72 50,27 60,82 72,38 98,52 128,68 201,06
17 4,81 8,55 13,35 19,23 26,17 34,18 43,26 53,41 64,62 76,91 104,68 136,72 213,63
18 5,09 9,05 14,14 20,36 27,71 36,19 45,80 56,55 68,42 81,43 110,84 144,76 226,19
19 5,37 9,55 14,92 21,49 29,25 38,20 48,35 59,69 72,23 85,95 116,99 152,81 238,76
20 5,65 10,05 15,71 22,62 30,79 40,21 50,89 62,83 76,03 90,48 123,15 160,85 251,33

190
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 7: Bestimmung der mitwirkenden Plattenbreite


Für einen Plattenbalken sei die mitwirkende Plattenbreite in Feldmitte zu ermitteln. In der fol-
genden Abbildung ist das Bauteil dargestellt.
0,2

0,5 m 0,3 1,1 m


0,7 m

6,0 m

Für die Ermittlung der mitwirkenden Plattenbreite ist vorab die wirksame Stützweite l0 zu
bestimmen. Bei einem Einfeldträger gilt
l0 = 1, 0 ⋅ leff,1 = 1, 0 ⋅ 6, 0 = 6, 0 m

Die mitwirkende Plattenbreite für einen zweiseitigen Plattenbalken kann folgendermaßen


bestimmt werden:
beff = ∑ beff ,i + bw

Dabei ist:
⎧≤ 0,2 ⋅ l0
beff ,i = 0,2 ⋅ bi + 0,1 ⋅ l0 ⎨
⎩≤ bi
Man erhält:
0,5 m
beff ,1 = 0, 2 ⋅ + 0,1⋅ 6, 0 m = 0, 65 m
2
!
≤ 0, 2 ⋅ 6, 0 m = 1, 20 m
!
≤ 0,5 m = 0,50 m

1,1 m
beff ,2 = 0, 2 ⋅ + 0,1 ⋅ 6, 0 m = 0, 71 m
2
!
≤ 0, 2 ⋅ 6, 0 m = 1, 20 m .
!
≤ 1,1 m = 1,10 m

Die jeweils kleinsten Werte sind maßgebend. Man erhält für die mitwirkende Breite:

beff = ∑ beff ,i + bw = ( 0,50 + 0, 71) + 0,30 = 1,51 m .

191
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 8: Bestimmung der zulässigen Einwirkung bei gegebener Biegebewehrung


Auf Grund der Umnutzung eines Gebäudes soll die Tragfähigkeit eines vorhandenen Stahl-
betonbalkens neu bestimmt werden. Bekannt sind die Stahllängsbewehrung im Feld und die
Betonfestigkeitsklasse. Alle erforderlichen Angaben können der nachfolgenden Skizze ent-
nommen werden. Es wird davon ausgegangen, daß die Regelungen der DIN 1045-1 für die
Expositionsklassen und die Betondeckung eingehalten wurden.

Statisches System Querschnitt (A-A)

A
2 Ø20
qk
g+Dg

0,50
Ø8

A
5 Ø16
6,80 m

0,24

Bei den Baustoffen handelt es sich um:


Betonstahl BST 500 S (A) mit
f yk 500
f yd = = = 434,8 N/mm 2
γS 1,15
und mit 5 ∅ 16 um As1 = 10,05 cm2.
Beton C 30/37 mit
f ck 30
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 17 N/mm 2
γc 1,5
Das Eigengewicht des Stahlbetonbauteils ist mit γ = 25 kN/m3 zu ermitteln. Die Ausbaulast
beträgt 12,5 kN/m. Die maximale Nutzlast ist zu ermitteln. Es handelt sich um ein Innenbau-
teil. Für die Eigen- und Ausbaulast soll ein Teilsicherheitsfaktor von 1,35 und für die ver-
änderliche Einwirkung ein Teilsicherheitsfaktor von 1,5 gelten.
Zunächst ist die statische Nutzhöhe zu ermitteln. Dazu sind die Expositionsklassen zu bestim-
men.
1. Expositionsklasse für Bewehrungskorrosion: XC 1 mit Mindestfestigkeitsklasse C 16/20
Vorhanden: XC 1 und C30/37
2. Ermittlung der erforderlichen Betondeckung
Infolge XC 1 gilt :
cmin = 10 mm
∆c = 10 mm
cnom = 10 + 10 = 20 mm

192
SCHEERER y PROSKE

Infolge Verbund:
Längsstab Bügel
cmin = d S , L = 16 mm cmin = 10 mm
∆c = 10 mm ∆c = 10 mm
cnom = 16 + 10 = 26 mm cnom = 10 + 10 = 20 mm
Verlegemaße für die Bewehrung
cv ,l = 28 mm cv , Bü = 20 mm

Bügel sind maßgebend!


3. Ermittlung der statischen Nutzhöhe:
dS ,L
d = h − cv , Bü − d Bü − 1, 2
2 d = 50 − 2, 0 − 0,8 − = 46, 6 cm
2
4. Im folgenden Schritt wird das maximal aufnehmbare Bemessungsmoment in Feldmitte
ermittelt.
Gegeben ist die Gleichung für die erforderliche Biegebewehrung:
ω ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd
As =
f yd
Diese wird umgeformt:
As ⋅ f yd 10, 05 ⋅10−4 ⋅ 434,8
ω= = = 0, 2298
b ⋅ d ⋅ f cd 0, 24 ⋅ 0, 466 ⋅17
Aus der Bemessungstafel erhält man damit das zugehörige bezogene Moment
µ Eds ≅ 0, 20
Die Gleichung für das bezogene Moment kann man ebenfalls umformen:
M Eds
µ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd

M Eds = µ Eds ⋅ b ⋅ d 2 ⋅ f cd = 0, 20 ⋅ 0, 24 ⋅ 0, 4662 ⋅17 = 0,177 MNm

5. Im letzten Schritt kann der maximale Anteil der Nutzlast ausgerechnet werden.
5.1 Zusammenstellung der Einwirkungen
Eigengewicht des Balkens G = γ ⋅b ⋅ h
kN
G = 25 ⋅ 0, 24 ⋅ 0,50 = 3
m
kN
Ausbaulast ∆g = 12,5
m
Nutzlast q=?

193
Stahlbeton for Beginners

5.2 Charakteristische Momente


g ⋅ l 2 3 ⋅ 6,82
M g ,k = = = 17,34 kNm = 0,01734 MNm
8 8
∆g ⋅ l 2 12,5 ⋅ 6,82
M ∆g ,k = = = 72, 25 kNm = 0,07225 MNm
8 8
q ⋅ l 2 q ⋅ 6,82
M q ,k = = = 5, 78 m 2 ⋅ q
8 8
5.3 Bemessungsmoment
M Ed = γ G ⋅ ( M g ,k + M ∆g , k ) + γ Q ⋅ M q ,k
M Ed = 1,35 ⋅ (17,34 + 72, 25) + 1,5 ⋅ (5, 78 ⋅ q )
M Ed = 120,95 kNm + 8, 67 m 2 ⋅ q
5.4 Berechnung von q
M Eds = M Ed − N Ed ⋅ zs1
N Ed = 0
M Eds = M Ed = 0,177 MNm
0,177 = 0,1201 + 8, 67 ⋅ q
MN kN
q = 6,56 ⋅10−3 = 6,56
m m

194
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 9: Querkraftbemessung (Nachweis der Druckstrebe am Auflager)


Gegeben ist ein Wasserbehälter aus Stahlbeton. Es ist zu prüfen, ob eine Querkraftbewehrung
erforderlich ist. Anschließend soll die maximal mögliche Querkrafttragfähigkeit unter der An-
nahme, daß Querkraftbewehrung eingelegt werden kann, berechnet werden.

1,5 m
1,5 m
2,8 m

pA
0,6 m
0,2 m

A B C

pA

1,5 m 1,5 m

Für die Ermittlung der Belastung durch den Wasserdruck wird die Wand als Zweifeldträger
betrachtet. Für die Berechnung der Schnittgrößen ist ein Auszug aus einer Tabelle für Durch-
laufträger wiedergegeben. Das Bauteil darf als Platte betrachtet werden.

Kraft = Tafelwert · pA · l

pA pC= 0
Kraft-
Lastfall
größen
A B C
l l
A 0,35
1 2 Vbl -0,40
A B C
Vbr 0,23
l l
C -0,02

195
Stahlbeton for Beginners

Material Behälter: C 20/25; BSt 500 S(A)


Lasten: Wasserfüllung
Infolge Eigenlast entsteht eine Normalkraft im Zweifeldträger:
am Lager B (Trägermitte): NEd = 8,0 kN/m
am Lager A (Behälterfußpunkt): NEd = 16,0 kN/m.
Anzurechnende Längsbewehrung: 8 ∅ 12 mm pro Meter
Die statische Nutzhöhe darf mit d ≈ 0,95 h angenommen werden.
Stützweite l = 1,5 m
Teilsicherheitsbeiwerte: γ c = 1,5 γ s = 1,15 γ Q = 1,5 γ G = 1,35
f yk 500
Baustoffe: f yd = = = 434,8 N/mm 2
γs 1,15
f ck 20
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 11,3 N/mm 2
γc 1,5

Querschnitte: Asl = 9, 05 cm 2

bw = 1 m , h = 0, 20 m
d = 0,95 ⋅ 0, 20 = 0,19 m
kN
Wichte Wasser: γ w = 10
m3
kN
Berechnung von pA p A = γ w ⋅ h = 10 ⋅ 3 = 30
m2
kN
Berechnung von VBl,d VBl = −0, 4 ⋅ PA ⋅ l = −0, 4 ⋅ 30 ⋅1,5 = −18
m
kN
VBl ,d = γ Q ⋅ VBl = 1,5 ⋅ (−18) = −27
m
Berechnung von Vd im Abstand von d
kN
A = 0,35 ⋅ PA ⋅ l = 0,35 ⋅ 30 ⋅1,5 = 15, 75
m
kN
Ad = γ Q ⋅ A = 1,5 ⋅15, 75 = 23, 63
m
Die Berechnung von Vd erfolgte mittels Strahlensatz
Vd = 20, 6 kN
Zuerst wird geprüft, ob eine Querkraftbewehrung erforderlich wird, d.h. Vd ≤ VRd ,ct
VRd ,ct = (0,1 ⋅ηl ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ f ck )1/ 3 − 0,12 ⋅ σ cd ) ⋅ bw ⋅ d
mit
ηl = 1, 0 für Normalbeton
200 200
κ = 1+ = 1+ = 1, 07 ≤ 2 Einfluß der Bauteilhöhe
d 190

196
SCHEERER y PROSKE

Asl 9, 05 ⋅10−4
ρl = = = 4, 76 ⋅10−3 ≤ 0, 02 Längsbewehrungsgrad
bw ⋅ d 1⋅ 0,19
N
f ck = 20
mm 2
N Ed , B 8 kN
σ cd = = = 40 2
Ac 1 ⋅ 0, 2 m
VRd ,ct = (0,1⋅1, 0 ⋅1, 07 ⋅ (100 ⋅ 4, 76 ⋅10−3 ⋅ 20)1/ 3 − 0,12 ⋅ 0, 04) ⋅1⋅ 0,19 = 0, 04217 MN = 42, 2 kN

Nachweis
Vd = 20, 6 kN < VRd ,ct = 42, 2 kN Es ist keine Querkraftbewehrung erforderlich.

Im zweiten Schritt soll geprüft werden, wie hoch die maximale Querkrafttragfähigkeit ist. Für
die maximale Querkrafttragfähigkeit ist in der Regel das Versagen der Betondruckstrebe am
Auflager verantwortlich.

VRd ,max = α c ⋅ f cd ⋅ bw ⋅ z ⋅
(cot ϑ + cot α )
(1 + cot 2 ϑ )
mit
α c = 0,75 ⋅ηl = 0,75 ⋅1,0 = 0,75
z = 0,9 ⋅ d = 0,9 ⋅ 0,19 = 0,171
cot ϑ = 1,2 Biegung mit Längsdruck
cot α = 0 senkrechte Bügel (Annahme)
1, 2
VRd ,max = 0, 75 ⋅11,33 ⋅1⋅ 0,171 ⋅ = 0, 715 MN = 715 kN
1 + 1, 22

197
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 11: Rißbreitennachweis I


Für eine Brücke soll der Rißbreitennachweis infolge Last geführt werden. Die Brücke ist in
den folgenden Abbildungen dargestellt, wobei die oberen Bilder Ansicht und Schnitt zeigen
und die unteren beiden Bilder das FE-Modell.
Längsträger Querträger
Fahrbahnplatte 1000
200 300
200
150
350
600 150 150
625
500 2975 3000 2975 500
450 450
10350
Bogen bzw. Bodenplatte

Der Nachweis der Rißbreite ist ein Nachweis im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit. In
diesem Grenzzustand kennt die DIN 1045-1 bzw. der DIN-Fachbericht verschiedene Einwir-
kungskombinationen. Diese sind:
Seltene Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d ,rare = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 0,i ⋅ Qk ,i ⎬
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Nicht-häufige Einwirkungskombination
⎧ ⎫
Ed ,non − frequ = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ψ 1,1 ⋅ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 1,i ⋅ Qk ,i ⎬
⎩ j ≥1 i >1 ⎭
Häufige Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d , frequ = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ ψ 1,1 ⋅ Qk ,1 ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

Quasi-ständige Einwirkungskombination:
⎧ ⎫
E d , perm = E ⎨∑ Gk , j ⊕ Pk ⊕ ∑ψ 2,i ⋅ Qk ,i ⎬
⎩ j ≥1 i >1 ⎭

198
SCHEERER y PROSKE

Für die Durchführung des Rißbreitennachweis ist zunächst die maßgebende Einwirkungs-
kombination in Abhängigkeit von der Anforderungsklasse zu wählen. Da es sich um ein Stahl-
betonbauwerk handelt, wird die Anforderungsklasse E gewählt.

Anforderungs- Dekom- Rißbreiten- Rechenwert der


klasse pression begrenzung Rißbreite wk in mm
A selten -
B häufig selten
0,2
C quasi-ständig
häufig
D
-
E quasi-ständig 0,3

Damit ist die quasi-ständige Einwirkungskombinationen für die Ermittlung der maßgebenden
Schnittgröße zu verwenden. Die Stahlspannung unter dieser Einwirkungskombination wird
mit dem Programm INCA2 berechnet (siehe Bild).

Für die maximale Stahlspannung der maßgebenden Bewehrungseisen ∅ 14 mm erhält man:


σ s , perm,∞ = 240 MPa
Die zulässige Stahlspannung für den ∅ 14 mm erhält man aus folgender Tabelle, wobei eine
Neuberechnung des Grenzdurchmessers im vorliegenden Fall nicht notwendig wird.

Grenzdurchmesser ds* der Stäbe in [mm] in


Stahlspannung Abhängigkeit vom Rechenwert der Rißbreite w
k
σs in MPa
wk = 0,4 mm wk = 0,3 mm wk = 0,2 mm
160 56 42 28
200 36 28 18
240 25 19 13
280 18 14 9
320 14 11 7
360 11 8 6
400 9 7 5
450 7 5 4

Damit ist der Nachweis erbracht, denn es gilt


vorh σ s , perm ,∞ = 240 MPa < zul σ s , perm ,∞ = 280 MPa .

199
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 12: Rißbreitennachweis II


Für eine Brücke ist der Nachweis der Rißbreite im frühen Betonalter zu führen. Der Nachweis
soll erbracht werden, in dem gezeigt wird, daß die vorhandenen Betonspannungen infolge
Temperaturbelastung, Kriechen und Schwinden unter Berücksichtigung des zeitlich veränder-
lichen E-Moduls unterhalb der zulässigen Betonspannungen liegen. Die Ermittlung der vor-
handenen Zugspannungen erfolgt mit einem FE-Programm. Die folgende Abbildung zeigt für
den halben Brückenquerschnitt die Temperatur, die Temperatur-, die Kriech- und die Schwind-
dehnungen und die Spannung in x-Richtung.
Temperatur in °C
14.242
MN
17.633
21.024
24.415
Y MX
27.806
31.197
Z X 34.588
37.979
41.37
44.761
Temperaturdehnungen .168E-03
.205E-03
MN
.242E-03
.278E-03
.315E-03
Y MX
.352E-03
.388E-03
Z X .425E-03
.462E-03
.498E-03
Kriechdehnungen -.125E-04
-.819E-05
-.387E-05
.451E-06
Y MN .477E-05
.910E-05
Z X .134E-04
.177E-04
MX
.221E-04
.264E-04
Schwinddehnungen -.290E-03
-.259E-03
-.227E-03
-.195E-03
-.163E-03
Y MX
MN
-.132E-03
-.998E-04
Z X -.680E-04
-.363E-04
-.450E-05
Spannung in x-Richtung in N/m^2
-.150E+07
MX
-.120E+07
-892643
Y -587466
MN -282290
22887
Z X 328063
633240
Beachte: E-Modul im Querschnitt unterschiedlich! 938417
.124E+07

Die zulässige Zugspannung des Betons soll nach 70 Stunden 2,1 MPa betragen. Damit erhält
man für den Nachweis:
vorh f c ,t = 1,5 MPa < zul f c ,t = 2,1 MPa .

200
SCHEERER y PROSKE

Aufgabe 13: Zugkraftdeckungslinie


Ein Balken wurde für eine konstante Linienlast bemessen. Das maximale Moment von
214 kNm erfordert eine Biegezugbewehrung von 4 ∅ 20. 2 Stäbe werden außerhalb des End-
auflagers verankert → POS 2 (siehe Skizze).

A B
Balken
C 30/37
BSt 500 S
20 10 10 20
POS 1 2 ∅ 20
POS 2 2 ∅ 20

Weiterhin sind gegeben:


Statische Höhe: d = 50 cm
Bezogener innerer Hebelarm: z/d = 0,839
Maximal aufzunehmende Stahlzugkraft: max Z = max MEd / z = 511,0 kN
Querkraft am Endauflagerrand: VEd = 119,0 kN

Zunächst sind die notwendigen Angaben für die Darstellung der Zugkraftdeckungslinie zu er-
mitteln. Anschließend soll die notwendige Stablänge für POS 2 grafisch bestimmt und die Ver-
ankerungslänge berechnet werden, um abschließend die Gesamtlänge des Stabes POS 2 an-
geben zu können. Abschließend ist die Verankerung am Endauflager für POS 1 nachzuweisen.

Beton C30/37
f ck 20
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 11,3 N/mm 2
γc 1,5
BSt 500 S (A) 4 ∅ 12 mm
f yk 500
f yd = = = 434,8 N/mm 2
γs 1,15
Zuerst werden im folgenden Diagramm die Momenten- und die Zugkraftlinie eingezeichnet.
Danach wird die um a1 versetzte Zugkraftlinie eingetragen.
z
a1 = (cot ϑ − cot α ) ≥ 0 Versatzmaß
2
z = 0,839 ⋅ d = 0,839 ⋅ 0,5 = 0, 42 m
cot ϑ = 1, 2
0, 42
a1 = ⋅1, 2 = 0, 252 m
2
Für die zeichnerische Darstellung der Zugkraftdeckungslinie wird die Kraft pro Stab benötig.

201
Stahlbeton for Beginners

AS = 3,14 cm 2 pro Stab

Z s1 = f yd ⋅ As = 434,8 ⋅ 3,14 ⋅10−4 = 0,1365 MN = 136,5 kN Zugkraft pro Stab

Z s 2 = 273 kN
Z s 3 = 409,5 kN
Z s 4 = 546 kN
Diese Werte können in das folgende Diagramm eingezeichnet werden.
Trägerlänge in m
-0,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,5 6 6,5 7 7,5
0 0
50 50
100 100

Biegemoment in kNm
150 150
M/z-Linie in kN

Momentenlinie
200 200
250 Zugkraftlinie 250

300 300

350 350
400 400

450 Zugkraft- um a l versetzte 450


deckungs- Zugkraftlinie
500 linie 500

550 550
l
600 600

Die Grundlänge des Stabes kann nun aus der Zeichnung ausgemessen werden:
Grundlänge l = 6,15 − 0,85 = 5,3 m Werte aus der Darstellung
d s f yd
Grundmaß der Verankerungslänge lb = ⋅
4 f bd
N
fbd = 3, 0
mm 2
20 434,8
lb = ⋅ = 724, 7 mm ≈ 72,5 cm
4 3, 0
As ,erf
Erforderliche Verankerungslänge lb ,net = α a ⋅ ⋅ lb ≥ lb ,min
As ,vorh
α a = 1,0
As ,erf 2
=
As ,vorh 4

202
SCHEERER y PROSKE

2
lb ,net = 1, 0 ⋅ 72,5 ⋅ = 36, 25 cm
4
Mindestverankerungslänge lb ,min = 0,3 ⋅ lb ≥ 10 ⋅ d s
lb ,min = 0,3 ⋅ 72,5 = 21, 75 cm ≥ 20 cm
Die Gesamtlänge ergibt sich zu: lgesamt = l + 2 ⋅ lb ,net = 5,3 + 2 ⋅ 0,3625 = 6, 03 m

Die Verankungslänge am Endauflager für Pos 1 wird wie folgt berechnet:


a1 VEd
Zu verankernde Zugkraft: Fsd = VEd ⋅ ≥
z 2
0, 252
Fsd = 119 ⋅ = 71, 4 kN
0, 42

erf As
Verankerungslänge lb.net = α a ⋅ lb ⋅ ≥ lb ,min
vorh As
erf As 71, 4 kN
= hier als Verhältnis der Kräfte
vorh As 273, 2 kN
71, 4
lb ,net = 1, 0 ⋅ 72,5 ⋅ = 18,95 cm
273, 2
lb ,min = 0,3 ⋅ lb ≥ 10 ⋅ d s
lb ,min = 0,3 ⋅ 72,5 = 21, 75 cm ≥ 20 cm
lb ,net = 18,95 cm < lb ,min = 21, 75 cm ist maßgebend!
lb ,net = lb ,min = 21, 75 cm
2 2
lb , dir ≥ ⋅ lb ,net = ⋅ 21, 75 = 14,5 cm
3 3
≥ 6 ⋅ d s = 6 ⋅ 2 = 12 cm

203
Stahlbeton for Beginners

Aufgabe 14: Bemessung einer Innenstütze


Die unten dargestellte Innenstütze eines durch Wände ausreichend ausgesteiften Gebäudes mit
einem regelmäßigen Rahmensystem wird durch eine Bemessungsnormalkraft NEd=2450 kN
belastet. Das Eigengewicht der Stütze darf vernachlässigt werden. Die Stütze besitzt eine
Breite von 50 cm, eine Dicke von 30 cm und eine statische Höhe von 6,00 m. Die Beton-
deckung beträgt 2,5 cm. Es sollen ein Beton C 35/45 und ein Baustahl BSt 500 S (A) verwendet
werden. Welches Bemessungsmoment ergibt sich für die Stütze bei Verwendung des Modell-
stützenverfahrens? Wie hoch ist die erforderliche Bewehrung für dieses Bemessungsmoment.
0,62 m

N = 2450 kN N
N
s = 6,00 m

A A
5,38 m

N 0,50 m
0,30 m
0,30 m

Schnitt A-A:

f ck = 30 MPa
f yk = 500 MPa

Auf Grund der Tatsache, daß es sich um einen Innenstütze in einem ausgesteiften Gebäude
mit regelmäßigem Rahmensystem handelt, darf die Stütze als oben und unten gelenkig gela-
gert angenommen werden. Damit ergibt sich eine Knicklänge von 6,0 m.

204
SCHEERER y PROSKE

Die maßgebende Schlankheit ergibt sich für den Stützenrechteckquerschnitt zu:


l0
λ=
i
l0 = β ⋅ lcol = 1⋅ 6 m = 6 m (Ersatzlänge)

I
i=
A
0,5 ⋅ 0,33
I= = 1,125 ⋅10−3 m 4
12
A = 0,5 ⋅ 0,3 = 0,15 m 2
1,125 ⋅10−3
i= = 0, 0867 m
0,15
6
λ= = 69, 2 .
0, 0867
Die Breite beträgt 0,5 m. Da die Breite bei der Berechnung des Trägheitsmomentes unter dem
Bruchstrich steht, ergibt sich bei einer größeren Breite eine geringere Schlankheit. Die ge-
ringere Schlankheit wird hier nicht weiter untersucht.
Die maßgebende bezogene Normalkraft ergibt sich zu:
N Ed
vEd =
b⋅h⋅ f cd

f ck 35
f cd = α ⋅ = 0,85 ⋅ = 19,83 MPa Bemessungswert der Betondruckspannung
γc 1,5
−2, 45
ν Ed = = 0,824
0,3 ⋅ 0,5 ⋅19,83
Eine Untersuchung nach Theorie II. Ordnung kann entfallen, wenn in Abhängigkeit von der
bezogenen Normalkraft gilt:
λmax ≤ 25 vEd ≥ 0, 41

16
λmax ≤ vEd < 0, 41
vEd

Im vorliegenden Fall gilt λmax ≤ 25 . Dieser Wert wird überschritten. Einzelstützen in ausge-
steiften Systemen dürfen auch dann ohne Berücksichtigung der Theorie II. Ordnung bemes-
sen werden, wenn gilt:
⎛ e01 ⎞
λ ≤ 25 ⋅ ⎜ 2 − ⎟.
⎝ e02 ⎠

Bei gelenkigem Anschluß gilt λ ≤ 25 ⋅ 2 = 50 . Auch dieses Kriterium wird nicht erfüllt:
λ = 69, 2 > 50 .
Damit müssen Momente aus Theorie II. Ordnung berücksichtigt werden. Das Bemessungs-
moment ergibt sich gemäß Modellstützenverfahren aus:
205
Stahlbeton for Beginners

M Ed = N Ed ⋅ etot
etot = e0 + ea + e2 Summe aller Außermittigkeiten

Die Außermitten werden im folgenden ermittelt:


1. Lastausmitten sind auf Grund der Annahme gelenkiger Anschlüsse nicht vorhanden.
M Ed
e0 = =0
N Ed
2. Ausmitten aus Imperfektionen
l0
ea = α al ⋅
2
1 1
α a1 = = = 4, 082 ⋅10−3 ≤ 1/ 200
100 ⋅ lcol 100 ⋅ 6

6
ea = 4, 082 ⋅10−3 ⋅ = 0, 012 m
2
3. Ausmitte aus Theorie II. Ordnung
1
e2 = K1 ⋅ 0,1⋅ l02 ⋅
r
K1 = 1 für λ > 35

1 2 ⋅ K 2 ⋅ ε yd
= Stabkrümmung am maßgebenden Querschnitt
r 0,9 ⋅ d
f yd
ε yd = Bemessungswert der Stahldehnung an der Streckgrenze
ES
f yk 500
f yd = = = 434, 7 MPa
γs 1,15
ES = 200.000 MPa
434, 7
ε yd = = 2,174 ⋅10−3
200000
0, 012
d = 0,3 − 0, 025 − 0, 008 − = 0, 261 m
2
N ud − N Ed
K2 = ≤ 1, 0
N ud − N bal
N ud = −( f cd ⋅ Ac + f yd ⋅ As ) Längskrafttragfähigkeit für MEd = 0

Ac ≅ A = 0,15 m 2
As = 4,52 ⋅10−4 m 2

N ud = −(19,83 ⋅ 0,15 + 434, 7 ⋅ 4,52 ⋅10−4 ) = −3,17 MN

206
SCHEERER y PROSKE

N bal ≈ −0,5 ⋅ Ac ⋅ f cd Längskrafttragfähigkeit für MEd = Mmax


N bal = −0,5 ⋅ 0,15 ⋅19,83 = −1, 49 MN
−3,17 − (−2, 45)
K2 = = 0, 43 ≤ 1
−3,17 − (−1, 49)

1 2 ⋅ 0, 43 ⋅ 2,174 ⋅10−3
= = 7,96 ⋅10−3
r 0,9 ⋅ 0, 261
e2 = 1 ⋅ 0,1 ⋅ 62 ⋅ 7,96 ⋅10−3 = 0, 029 m
4. Summe aller Außermittigkeiten
etot = 0 + 0, 012 + 0, 029 = 0, 041 m
Das Bemessungsmoment beträgt dann:
M Ed = N Ed ⋅ etot = −2, 45 ⋅ 0, 041 = −0,1 MNm
Für die Verwendung der Bemessungstafeln wird das bezogene Moment gebraucht.
M Ed 0,1
µ Ed = = = 0,112
b ⋅ h ⋅ f cd 0,5 ⋅ 0,32 ⋅19,83
2

Für das Ablesen von ωtot aus den Bemessungstafeln wird das Verhältnis d1/h benötigt.
d1 = 2,5 + 0,8 + 0, 6 = 3,9 cm
d1 3,9
= = 0,13
h 30
Aus der Bemessungstafel (Anhang 14.6) ergibt sich:
ωtot = 0, 2
und damit:
b ⋅ h ⋅ f cd 0,5 ⋅ 0,3 ⋅19,83
As ,tot = ωtot ⋅ = 0, 2 ⋅ = 1,37 ⋅10−3 m 2 = 13, 7 cm 2
f yd 434,8

Es werden je Seite 8 ∅ 16 gewählt.

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Stahlbeton for Beginners

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