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SPRACHE

S Gudula List

Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver


und sozialer Kompetenzen
Folgerungen für die Entwicklungsförderung

Die sprachliche Entwicklung von Kindern steht in engem Zusammenhang mit der kognitiven und sozialen
Entwicklung. Diese Prozesse sind in vielfältiger Weise in Interaktionen mit anderen Menschen eingebettet.
Frühpädagogische Fachkräfte sind sich dieser Zusammenhänge häufig nur sehr vage bewusst. In der vorlie-
genden Expertise beschreibt die Autorin zunächst den Zusammenhang zwischen Spracherwerb und Gedächt-
nis. Daran anknüpfend arbeitet sie die Rolle der Sprache für die Ausbildung von Selbstkonzepten sowie für die
Entwicklung der Fähigkeit heraus, Perspektiven von anderen Menschen wahrzunehmen. Die Autorin geht
auch auf die Ausbildung der inneren Sprache ein, welche die Grundlage für das reflektierende Handeln ist. Es
ist dabei ihr Anliegen, Leserinnen und Leser immer wieder auf ihr eigenes Erleben anzusprechen und auf diese
Weise die Zusammenhänge zwischen Sprache sowie kognitiver und sozialer Entwicklung deutlich zu machen.

WIFF
WiFFExpertisen
Expertisen | | 000
11
ISBN 978-3-935701-79-2
978-3-935701-95-2
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) stellt alle Ergebnisse in Form
von Print- und Online-Publikationen zur Verfügung.
Alle Publikationen sind erhältlich unter: www.weiterbildungsinitiative.de

WiFF Expertisen WiFF Studien WiFF Wegweiser WiFF Kooperationen


Weiterbildung
Wissenschaftliche Ana­ly- Ergebnisberichte der Exemplarisches Praxis- Produkte und Ergebnis-
sen und Berichte zu aktu- WiFF-eigenen Forschun- material als Orientierungs- berichte aus der Zu-
ellen Fachdiskussionen, gen und Erhebungen zur hilfe für die Konzeption sammenarbeit mit unter-
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministe- offenen Fragestellungen Vermessung der Aus- und und den Vergleich von schiedlichen Partnern
riums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e. V. und verwandten Themen Weiterbildungslandschaft kompetenzorientierten und Initiativen im Feld
Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutsch- von WiFF in der Frühpädagogik Weiterbildungsangeboten der Frühpädagogik
land mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige
Bildungswege zu fördern.
Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen
WiFF wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europä-
ischen Sozialfonds gefördert. Der Europäische Sozialfonds ist das zentrale arbeitsmarktpolitische

AUSBILDUNG
WEITERBILDUNG
InklusIon

AUSBILDUNG
WEITERBILDUNG
Förderinstrument der Europäischen Union. Er leistet einen Beitrag zur Entwicklung der Beschäf-
A
W A
Klaus Fröhlich-Gildhoff / Claudia Röser

Zertifizierungs­initiative­­

tigung durch Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des Unternehmergeistes, der Anpassungs- Beate Hock / Gerda Holz / Marlies Kopplow

Kinder in Armutslagen
Norbert Schreiber

Weiterbildung zur
Kompetenzorientierte Gestaltung
von Weiterbildungen
Frühpädagogik­Südbaden­(ZFS)
Ein­Modellprojekt­zur­Anrechnung­außerhochschulisch­erworbener­
Kompetenzen­auf­ein­Studium­der­Frühpädagogik
Grundlagen für armutssensibles Handeln in der Kindertagesbetreuung „Fachkraft für Frühpädagogik U3“

fähigkeit sowie der Chancengleichheit und der Investition in die Humanressourcen.


Evaluation einer Zertifikatsreihe Grundlagen für die Frühpädagogik

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) hat die Kompetenzentwicklung von Fachkräf-
Inklusion als Konzept für die Bildung, Betreuung und Erziehung aller Kinder schließt die pädagogische Arbeit
ten untersucht, die an der Weiterbildungsmaßnahme „Fachkraft für Frühpädagogik U3“ der Arbeiterwohlfahrt
mit armutsbetroffenen beziehungsweise sozial benachteiligten Kindern mit ein. Beate Hock, Gerda Holz und
(AWO) teilgenommen haben. Im vorliegenden Bericht wird dargestellt, in welchem Ausmaß und in welchen In Kooperation mit:
Marlies Kopplow stellen in dieser Expertise dar, welches Hintergrundwissen frühpädagogische Fachkräfte
Bereichen die Fachkräfte einen Kompetenzzuwachs bei sich selbst beobachtet haben, welche Veränderungen
über Kinder und Familien in Armutslagen benötigen und welche Implikationen sich für ein armutssensibles
die Einrichtungsleitungen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen haben und wie die
Handeln in der Kindertageseinrichtung hieraus ergeben.
einzelnen Module der Weiterbildung im Einzelnen bewertet wurden.

WiFF Wegweiser Weiterbildung | 7

WiFF Expertisen | 38 WiFF Studien | 21 WiFF Kooperationen | 5


ISBN 978-3-86379-115-5 ISBN 978-3-86379-112-4 ISBN 978-3-86379-105-6

DRUCK_Exp_Hock_Umschlag.indd 1-3 DRUCK_St_Schreiber_Umschlag_NEU.indd 1 13:24


18.03.14 07.01.14 10:14 DRUCK_WW_Inklusion_Weiterbildung_.indd 1 12.03.14 09:41
DRUCK_ZFS_Umschlag.indd 1 18.09.13 17:31

Band 38: Band 21: Band 7: Band 5:


Beate Hock / Gerda Holz / Marlies Norbert Schreiber: Weiterbildung Kompetenzorientierte Gestaltung Klaus Fröhlich-Gildhoff/
Kopplow: Kinder in Armutslagen zur „Fachkraft für Frühpädagogik von Weiterbildungen Claudia Röser: Zertifizierungs­
U3“ initiative Frühpädagogik
Zitiervorschlag: List, Gudula (2014): Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver und Südbaden (ZFS)

sozialer Kompetenzen. Folgerungen für die Entwicklungsförderung. Weiterbildungs­


initiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Expertisen, Band 11, 3., überarbeitete
Auflage. München Band 37: Band 20: Band 6: Band 4:
Daniela Kobelt Neuhaus/Günter Jan Leygraf: Fachberatung in Inklusion – Kinder mit Behinderung Autorengruppe Berufsfach­
Refle: Inklusive Vernetzung von Deutschland schule: Qualifikationsprofil
Band 5:
Kindertageseinrichtung und „Frühpädagogik“ – Berufs­
Band 19: Inklusion – Kulturelle Heterogenität
Sozialraum fachschule
© 2014 Deutsches Jugendinstitut e. V., 3., überarbeitete Auflage Joanna Dudek/Johanna Gebrande: in Kindertageseinrichtungen
Band 36: Quereinstieg in den Erzieherinnen­ Band 3:
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) Donja Amirpur: Behinderung und beruf
Band 4:
Expertengruppe „Anschluss­
Frühe Bildung – Bedeutung
Nockherstraße 2, 81541 München Migration – eine intersektionale
Band 18: und Aufgaben der pädagogischen
fähige Bildungswege“:
Analyse im Kontext inklusiver Kind­heitspädagogische
Telefon: +49 (0)89 62306-173 / -249 Frühpädagogik
Norbert Schreiber: Die Ausbildung Fachkraft
Bachelorstudiengänge und
von Kinderpflegerinnen und
E-Mail: info@weiterbildungsinitiative.de Band 35: Sozial­assistentinnen
Band 3: anschlussfähige Bildungs­wege
Zusammenarbeit mit Eltern
Lotte Rose/Friederike Stibane: Band 2:
Band 17:
Männliche Fachkräfte und Väter Band 2: Expertengruppe Berufs­
Herausgeber: Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI) in Kitas
Pamela Oberhuemer: Fort- und
Kinder in den ersten drei begleitende Weiterbildung:
Weiterbildung frühpädagogischer
Lektorat: Jürgen Barthelmes Lebensjahren Qualität in der Fort- und
Band 34: Fachkräfte im europäischen
Band 1: Weiterbildung von päda­
Gestaltung, Satz: Brandung, Leipzig Annika Sulzer: Kulturelle Hetero­ Vergleich
gogischen Fachkräften in
genität in Kitas. Anforderungen an Sprachliche Bildung
Titelfoto: gradt © Fotolia.com Fachkräfte
Kindertageseinrichtungen

Druck: Henrich Druck + Medien GmbH, Frankfurt a. M.

www.weiterbildungsinitiative.de Stand: April 2014

ISBN 978-3-935701-95-2
Gudula List

Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver


und sozialer Kompetenzen
Folgerungen für die Entwicklungsförderung

Eine Expertise der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)


Vorwort

Die sprachliche Entwicklung von Kindern steht in engem Zusammenhang mit der kognitiven und
sozialen Entwicklung und ist dabei dicht eingebettet in Interaktionen mit anderen Menschen.
Frühpädagogische Fachkräfte sind sich dieser Zusammenhänge häufig nur sehr vage bewusst. Sie
sehen zwar die sprachliche Entwicklung der Kinder, können sich jedoch nicht vorstellen, welche
kognitiven und sozialen Prozesse für diese Entwicklung mit verantwortlich sind und wie diese
verschiedenen Bereiche miteinander verflochten sind.
Vor diesem Hintergrund hat Gudula List im Auftrag der Weiterbildungsinitiative Frühpädago-
gische Fachkräfte (WiFF) die vorliegende Expertise „Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver
und sozialer Kompetenzen – Folgerungen für die Entwicklungsförderung“ erstellt.
Der erste Teil der Expertise behandelt den Spracherwerb und die Ausbildung der Leistungen, mit
denen Erfahrungen verarbeitet und wieder abgerufen werden, also den Zusammenhang zwischen
Spracherwerb und „Gedächtnis“. Dieser Aspekt hat eine überragende Bedeutung für alle anderen
Facetten der kindlichen Entwicklung und wird daher systematisch dargestellt.
Im zweiten Teil wird die Rolle der Sprache für die Ausbildung von Selbstkonzepten sowie die
Entwicklung der Fähigkeit herausgearbeitet, Perspektiven von anderen Menschen wahrzuneh-
men. Außerdem geht die Autorin auf die Ausbildung der inneren Sprache ein, die die Grundlage
für das reflektierende Handeln ist.
Die Expertise wurde von der WiFF-Expertengruppe „Sprachförderung“ veranlasst. Die Ver-
antwortung für die fachliche Aufbereitung der Inhalte liegt bei den jeweiligen Autorinnen und
Autoren. Die Expertisen bieten Material für die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten und
sollen zudem den fachlichen und fachpolitischen Diskurs anregen.

München, im März 2011

Angelika Diller Hans Rudolf Leu


Projektleitung WiFF Wissenschaftliche Leitung WiFF

4
Inhalt

1 Einleitung  6

2 Spracherwerb und die Entwicklung des Gedächtnisses 7


2.1 Prozedurales Gedächtnis und die Anfänge des Spracherwerbs 7
2.2 Erinnerung an Ereignisse und die sprachliche Verankerung von Weltwissen 8
2.3 Alltägliche Handlungsmuster und herausgehobene Ereignisse 10

3 Spracherwerb und die Entwicklung der Persönlichkeit 11


3.1 Spracherwerb und die Ausbildung von Selbstkonzepten 11
3.1.1 Das Selbst im Spiegel 11
3.1.2 Die Entstehung des Ich in der sozialen Interaktion 12
3.2 Spracherwerb und die Entwicklung des sozialen Verstehens 13
3.2.1 Anfänge des sozialen Verstehens 14
3.2.2 Die Rolle der Sprache bei der Ausbildung der Alltagspsychologie 14
3.3 Verinnerlichung sozial erworbenen Wissens und der Beginn selbstständigen
Handelns in Gemeinschaften 15
3.3.1 Äußere, „egozentrische“ und innere S­ prache – ihre Funktionen für die
Entwicklung16
3.3.2 Die Entwicklung von Selbstständigkeit und die Unterstützung von
Verantwortlichkeit  17

4 Kommentierte Literaturempfehlungen zu den einzelnen Themenbereichen 18

5
Gudula List

–– die Rolle des sozialen Dialogs bei der Ausbildung der


1 Einleitung inneren Sprache und des reflektierten Handelns in
Gemeinschaften, die mit der Ausbildung der „Spra-
che für sich“, also der inneren Sprache, einhergeht.

Sprache ist das bedeutsamste Medium der sozialen Um das Lesen zu erleichtern, wird im Text auf Belege
Interaktion. Mit dieser Feststellung sind jedoch ihre verzichtet. Es gibt jedoch am Ende des Beitrags eine
Funktionen nicht erschöpfend beschrieben: Spra- kommentierte Liste mit Empfehlungen für weiterfüh-
che leitet das Denken an, bahnt dem Bewusstsein rende Literatur zu den einzelnen Themenbereichen
den Weg, verknüpft Erinnerungen in Raum und (Kapitel 4).
Zeit, reguliert die spontane Emotionalität, steuert
die Ich-Entwicklung, macht Handlungen plan- und
kontrollierbar – und Sprache tradiert das Wissen von
Generation zu Generation. Mit dem Fortschreiten
des Spracherwerbs in der Kindheit bilden und verän-
dern sich die Voraussetzungen für all diese spezifisch
menschlichen Leistungen.
Wer Kinder in ihrer Entwicklung anregen, beglei-
ten und sprachlich fördern will, ist daher gut beraten,
gerade nicht allein auf das zu achten, was Kinder reden
und verstehen. Es gilt den Blickwinkel weit zu öffnen,
um die wechselseitigen Einflüsse sprachlicher, kogni-
tiver und sozialer Prozesse wahrzunehmen und auf sie
einzuwirken.
Die vorliegende Expertise gliedert sich in zwei the-
matische Teile:
Im ersten Teil (Kapitel 2) geht es um den Spracher-
werb und die Ausbildung der Leistungen, mit denen
Erfahrungen verarbeitet und wieder abgerufen werden,
also um den Zusammenhang von Spracherwerb und
„Gedächtnis“. In diesem Begriff steckt sehr viel mehr
als der Alltagsgebrauch nahelegen könnte, der ja vor
allem kurz- oder langfristiges, gutes oder schlechtes
Behalten-Können meint. Das Thema hat eine über-
ragende Bedeutung für alle anderen Facetten der
kindlichen Entwicklung, sodass es vorab für sich allein
systematisch dargestellt zu werden verdient.
Im zweiten Teil (Kapitel 3) wird dann jeweils über
wichtige Aspekte der psychischen Entwicklung in
lebensgeschichtlicher Abfolge während der Vorschul-
zeit berichtet. Über
–– die Rolle der Sprache bei der Ausbildung von Selbst-
konzepten,
–– ihre Funktion bei der Entwicklung sozialer Fantasie,
der Fähigkeit also, Perspektiven anderer Menschen
wahrzunehmen, und sich auf sie einzurichten,

6
Spracherwerb und die Entwicklung des Gedächtnisses

des Abrufs verfügt. Insgesamt sorgt dieses System


2 Spracherwerb und die dafür, dass wir lebenslang auf unterschiedliche Weise
vieles lernen können, dass wir uns sicher zu bewegen
Entwicklung des Gedächtnisses wissen, neue Informationen bewerten, uns auf bereits
vorhandenes Wissen beziehen können und sozial
angemessen zu handeln imstande sind.
Wie diese Fähigkeiten sich in der Kindheit ausbau-
Das Gedächtnis sollte man sich nicht als einen Schrank en, darüber liefert die entwicklungspsychologische
vorstellen, in den wir Erfahrungen, die uns einmal Forschung inzwischen ein gut fundiertes Bild: Die
wichtig waren, ablegen und bei Bedarf wieder he- einzelnen Gedächtnistätigkeiten bilden sich, über Jah-
rausholen. Nein, es ist die zentrale Instanz im Nerven- re gestreckt, miteinander und nacheinander heraus;
system, die unsere Geschichte organisiert, indem sie dabei sind die meisten dieser Entwicklungsvorgänge
die Vergangenheit in die Gegenwart hineinträgt und mit dem Erwerb der Sprechfähigkeit und der Sprache
Zukunftsplanung möglich macht. aufs Engste verknüpft.
Versuchen Sie einmal, sich vorzustellen, Sie verlören
plötzlich Ihre Erinnerungen an all das, was Sie persönlich
erlebt haben, aber nicht das Faktenwissen, das Sie sich im 2.1 Prozedurales Gedächtnis und die
Lauf der Zeit über Gespräche, Bücher und Unterricht ange- Anfänge des Spracherwerbs
eignet haben (dieses Krankheitsbild findet sich in der Tat in
der klinisch-neurologischen Erfahrung): Die Menschen, die Am Anfang der kindlichen Entwicklung steht die
Sie früher gut gekannt haben, wären Ihnen heute fremd. körperliche Bewegung, die vor allem mit Minenspiel,
Sie könnten zwar die Frage, wie die Hauptstadt von Frank- Gestik und Lautäußerungen rasch in eine Art Dialog
reich heißt, sofort beantworten, nicht aber die Erinnerung mit Betreuungspersonen einmündet und stets von
wachrufen, dass Sie noch im vergangenen Jahr mit Ihrer Emotionen, also von Lust und Unlust begleitet wird.
Freundin den Louvre besichtigt haben. Die wechselweise Imitation zwischen Kindern und
Der mentale Rückgriff auf die eigene Lebensgeschichte Bezugspersonen führt auf diese Weise zum Beginn
wäre Ihnen also versperrt. Vermutlich würden Sie auch des sozialen Lernens. Neue Erkenntnisse belegen, dass
emotional unbeteiligter erscheinen als früher. Keines- Nachahmungen einer früher wahrgenommenen Ak-
wegs müssten Sie jedoch auf Ihr Faktenwissen, auch nicht tion auf einen erneuten entsprechenden Auslösereiz
auf lebenspraktische Fertigkeiten verzichten, denn Sie hin sogar schon bald auch nach einem gewissen Zeit-
könnten Handlungen, die SIe gut eingeübt haben, etwa abstand möglich wird. Das zeigt an, dass erste Gedächt-
wie das Klavierspielen oder das Wechseln eines Autorei- nisleistungen früh ins Spiel kommen. Auch Anzeichen
fens, nach wie vor sicher ausführen. Im Unterschied hier- für eine beginnende Wahrnehmung der Selbstwirk-
zu gibt es aber auch andere klinische Beobachtungen an samkeit lassen sich bereits in den ersten Wochen und
Patienten, die zwar die Erinnerungen an die Zeit vor der Monaten beobachten, wenn ein Baby lernt, wie es bei-
Erkrankung bewahrt haben, aber sich neue Fakten nicht spielsweise durch Strampeln ein Mobile in Bewegung
einprägen können, sodass praktisch mit jeder Stunde für setzen kann, wie es dabei Vergnügen empfindet und
sie eine neue Exis­tenz beginnt. infolge dessen den Vorgang unermüdlich wiederholt.
Was sagen derartige Krankheitsbilder, die sich bei- Das ist der Beginn der Ausbildung senso-motorischer
spielsweise nach Hirnverletzungen ergeben können, (Empfindung und Bewegung miteinander verkoppeln-
über den ganz alltäglichen Umgang der Menschen mit der) Programme, die später das Krabbeln, Laufen und
ihren zurückliegenden Erfahrungen aus – was ermög- viele weitere überlebenswichtige Bewegungsabläufe
licht ihnen, in der Gegenwart den Alltag zu meistern gewährleisten. Solche Leistungen werden am Bewusst-
und die Zukunft anzusteuern? sein vorbei implizit gelernt. Die Fachwelt nennt das,
Zunächst zeigen die klinischen Erfahrungen, was auf diesem Wege zuverlässig in Schaltkreisen
dass unser Gedächtnis kein einheitliches Gebilde ist, eingeschliffen wird, prozedurales Gedächtnis. Seine
sondern über diverse separate Schaltkreise und über Dienste stehen uns in vielen Bereichen lebenslang zur
unterschiedliche Formen der Einspeicherung und Verfügung – auch für neues Lernen in späterem Alter.

7
Gudula List

Machen Sie sich nur klar, wie Sie, ohne es überhaupt zu sind, sich absichtsvoll zu äußern und Sprache so weit
bemerken, selbst den Mund öffnen, wenn Sie einen Kran- zu verstehen, wie ihre Erfahrungswelt reicht. Dabei
ken füttern, wie Sie ohne Nachdenken einer drohenden sind es insbesondere der melodische Sprachfluss von
Gefahr, auch einer bisher unbekannten, ausweichen, oder außen und die Eigenaktivität, mit der sich die Kinder
wie Sie blitzschnell aus Bewegungen und Minenspiel eines in ihn einklinken, die zu dem verhelfen, was in den
Gegenübers auf seine Stimmung schließen, weil Sie im Sprachwissenschaften Basisgrammatik genannt wird,
Ansatz automatisch seine Regungen intern mit vollziehen! die Intonation, die Wahrnehmung der Wortgrenzen,
Diese schon früh wirksamen Abläufe von Imitation und die Beherrschung der Stellung und Hervorhebung von
Bewegungskontrolle graben sich tief im basalen Gehirn Einheiten in einfachen Äußerungen.
ein, verschalten sich mit den für die Senso-Motorik zustän- In diesem frühen Alter sind Kinder in der Lage, im-
digen Bereichen des Großhirns und werden dauerhaft und plizites Lernen zugleich oder zeitversetzt auch in mehr
wirkungsvoll vom prozeduralen Gedächtnis gesteuert. als einer Sprachvariante (seien es Standardsprache und
Meist wird diese implizite Gedächtnistätigkeit in einer ihrer Dialekte oder unterschiedliche Sprachen) zu
den Lehrbüchern durch Beispiele von Bewegungsko- leisten. Die Kinder benötigen unter günstigen Bedin-
ordinationen wie dem Fahrradfahren veranschaulicht. gungen hierzu keine spezielle Förderung, wohl aber
Besonders wichtig für unser Thema ist jedoch, dass zu Anregung und Kommunikation – günstig heißt, dass
den sich automatisierenden Abläufen auch die senso- die Sprachen ähnlich präsent sind und vor allem von
motorische Leistung beim Sprechen und Hörverstehen den Kindern als sozial behutsam empfunden werden.
zählt. Sie wird im ersten Lebensjahr vorbereitet und Es ist demnach in jedem Fall von entscheidender
in den zwei oder drei folgenden Lebensjahren so weit Wirkung, mit Kleinkindern (in einer oder mehreren
ausdifferenziert, dass der Austausch konkreter Mittei- Sprachvarianten) viel zu reden, auch wenn sie nur Teile
lungen im sozialen Umfeld gelingt. Das weist auf eine davon, am Anfang sogar nur die emotionale Tönung,
Sonderstellung unserer Gattung hin: Das Sprechenler- verstehen.
nen mündet in die vielfältigen Leistungen der Sprach-
fähigkeit ein, die später andere Gedächtnisformen als
die prozeduralen beanspruchen werden und dennoch 2.2 Erinnerung an Ereignisse und die
grundlegend auf diese implizit erworbenen Vollzüge sprachliche Verankerung von Weltwissen
angewiesen bleiben.
Sprache ist genetisch angelegt, zu ihrer Ausdifferen- Das Kennzeichen impliziten Lernens ist, dass es ohne
zierung bedarf es allerdings der persönlichen Aktion, bewusste Kontrolle erfolgt und ohne dass wir die einzel-
nämlich der Eigenaktivität und der Abstimmung mit nen Teilschritte automatisierter Handlungen je beden-
sozialer Anregung im sprachlichen Austausch. Die ken können. Beim Vorgang des Sprechens ist das beson-
Verkoppelung der akustischen und visuellen Sinnes­ ders spürbar. Kein Mensch kann sich bewusst machen,
erfahrung (der Ansprache) des Gegenübers mit den was er im Einzelnen mit seinen Sprechwerkzeugen tut
eigenen Artikulationsbewegungen und mit den und wie er in der Kindheit das Sprechen erlernt hat. Und
Rückmeldungen, die hiervon an das Gehirn geliefert doch ist es gerade das implizit erworbene Sprechen, das
werden, sichern von Geburt an jedem Kind, das hören den Weg zu bewusstem Erleben ebnen wird.
kann, grundsätzlich die Fähigkeit, Lautsprache zu er- Die Erinnerung an eigene Erlebnisse und die Verge-
werben (einem nicht hörenden Kind auf vergleichbare genwärtigung von Faktenwissen beruhen auf anderen
Weise die Gebärdensprache, wenn sie denn im Umfeld als den prozeduralen Systemen von Einspeicherung
zur Verfügung steht). und Abruf. Im Verlauf des Vorschulalters wird der
Die Kleinkinder merken nichts von diesem Lernen, Umgang hiermit langsam angebahnt – zuletzt die
mit dem die Sprachentwicklung einsetzt. Weit ent- willkürliche Kontrolle der Kinder über ihre eigene
fernt davon, darüber nachdenken zu können, was mit Lebenserfahrung: Das auf sich selbst bezogene Wissen
ihnen geschieht, werden sie in der Regel um ihren drit- darüber, wo, wann und mit welchen Effekten sie etwas
ten Geburtstag herum die Lautgestalten und grundle- erlernt oder erlebt haben.
genden Bauprinzipien der sie umgebenden Sprachen Dieses autobiografische Gedächtnis wird in der Fach-
hinlänglich internalisiert haben, sodass sie in der Lage welt vielfach als eine Unterabteilung des allgemeinen

8
Spracherwerb und die Entwicklung des Gedächtnisses

Erinnerungsvermögens für Ereignisse angesehen. tionen und mit der Ausweitung der Handlungsräume,
Für die Ausbildung des Selbst-Verstehens (der Selbst- die Entwicklung der Erinnerungsfähigkeit merklich
konzepte) ist es jedoch von so großer Bedeutung, dass und schafft damit Voraussetzungen für bewusstes
dieses Thema im zweiten Teil des Beitrags (Kapitel 3) Handeln. Die Sprache der Kinder in gemeinsamen
noch einmal gesondert aufgegriffen wird. Handlungssituationen herauszufordern, wird von nun
Zunächst soll es hier um die fachsprachlich so an nicht nur Sprechen und Verstehen fördern, sondern
bezeichnete Unterscheidung von episodischem Ge- zugleich auf das Erinnern, auf das Vorstellungsvermö-
dächtnis (der Erinnerung an erlebte Ereignisse) und gen und auf die sich anbahnende Handlungsfähigkeit
semantischem Gedächtnis (der Verfügung über me- einwirken.
dial vermitteltes Wissen) gehen. Für beide gilt, dass Es beginnt die Zeit der Begriffsbildung, also der
sie expliziten (deklarativen) Charakter haben, d. h. wir geistigen Ordnung von Ereignissen, Lebewesen und
können diese Inhalte bewusst aufrufen und über sie Gegenständen in Klassen nach ihrer Ähnlichkeit in der
berichten. Daher sind sie intensiv verknüpft mit der äußeren Erscheinung oder in ihren Eigenschaften und
Aneignung sprachlicher Bedeutungen. schließlich nach ihrer Übereinstimmung darin, wie sie
Wir wissen inzwischen viel über die unterschied- dem Handeln dienen. Begriffe verhelfen dazu, erfolg-
lichen Typen des Einspeicherns und Abrufens von reich erlebtes Handeln planvoll wieder einzusetzen.
Erfahrungen und Informationen. Zunächst waren Dazu müssen die benutzten Mittel (z. B. Wasser aus der
es klinische Beobachtungen, die gezeigt haben, dass Gießkanne, mit dem man ein verwelkendes Pflänzchen
einzelne Gedächtnissysteme durch unterschiedliche wieder aufrichten kann) als mentale Repräsentationen
Hirnverletzungen separat beschädigt werden können. (sozusagen vor dem geistigen Auge) verfügbar sein.
Solche Kenntnisse erweisen sich auch als hilfreich für das Diese begrifflichen Repräsentationen über das, was
Verständnis dessen, wie sich in der Kindheit die Sprach- man mit Dingen, in den verschiedenen Situationen
und Gedächtnistätigkeiten miteinander verknüpfen. tun kann, entstehen beim miteinander Handeln und
Kinder zeigen schon früh einfache Formen der werden für künftiges Handeln gebraucht.
Merkfähigkeit, wenn sie beispielsweise zeitverzögert Solche entscheidenden Entwicklungsaufgaben
eine Handlung imitieren oder Gesichter und Spiel- benötigen Zeit und vielfältige Erfahrung (vielleicht
zeuge wiedererkennen, etwas später, indem sie nach gießt ein Zweijähriger erst einmal Saft in einen Blu-
Gegenständen suchen, die man vor ihnen versteckt hat. mentopf). Vor allem verhilft die Sprache allmählich
Bevor Kinder aktiv über Sprache verfügen, stellt sich dazu, Ordnung in die Welt und in das eigene Han-
schon früh auch die Merkfähigkeit für häufig erlebte deln zu bringen – allein schon mithilfe von einzelnen
Handlungsketten ein, wie sie sich bei der Pflege, dem Wörtern, mit denen die mentalen Repräsentationen
Zubettgehen und anderen gemeinschaftlichen Akti- sich verbinden und damit ihre Bedeutungen erhal-
onen ergeben, die immer dem gleichen Schema folgen: ten. Auf diese Weise werden Erfahrungen auch für
Zuerst bilden sich auf dem Hintergrund eingespie- den Fall aufbewahrt, dass die Dinge gar nicht in der
lter Sequenzen Erwartungen an jeweils nächste Schrit- konkreten Anschauung vorhanden, sondern nur in
te des Geschehens aus. Das Gedächtnis scheint hierfür der Vorstellung präsent sind. So gewinnen Wörter
zunächst nach vorn zu wirken und noch nicht zurück. über ihre Funktion, etwas zu bezeichnen, hinaus eine
Doch wenn Kinder ab zwei, drei Jahren beginnen, sich Symbolkraft, die sie zu geistigen Instrumenten macht.
mit mehrgliedrigen Äußerungen an Gesprächen zu Der Aufbau des Wortschatzes und die Verknüpfung
beteiligen, kann man beobachten, wie sie sich geistig sprachlicher Einheiten mit Sinn und Bedeutung leiten
auch in die Vergangenheit begeben können, denn sie so die im Gedächtnis verankerte Erkenntnis über die
beziehen sich vereinzelt sogar auf die Zeit, in der sie Beschaffenheit der zunächst noch kleinen, aber sich
selbst noch gar nicht gesprochen haben. stetig erweiternden Welt ein.
Demnach ist wohl aktive Sprache nicht die unab- Zunächst geht der Erwerb aktiv eingesetzter Wörter
dingbare Voraussetzung, um zurückliegende Erinne- (meist in der ersten Hälfte des zweiten Lebensjahres)
rungen dem beginnenden deklarativen Gedächtnis langsam voran. Und meist beziehen sich die zuerst
zuzuführen. Jedoch beschleunigt sich jetzt, mit der ausgesprochenen Wörter auf Personen oder Objekte in
fortschreitenden Beteiligung an sprachlichen Interak- unmittelbarer Nähe. Dabei kommt es zu den entwick-

9
Gudula List

lungslogisch ganz konsequenten Unter- und Überdeh- sie wenig später auch über die Besonderheit herausge-
nungen gegenüber dem erwachsenen Wortgebrauch. hobener Ereignisse (über markante Episoden, die sie er-
Zuerst mag nur die eigene Katze „Miau“ heißen. Später lebt haben) berichten. Schon die meisten Vierjährigen
könnte alles, was Räder hat, „Auto“ genannt werden. sind bereit, die Frage, was sie am Wochenende erlebt
Das sind keine „Fehler“, im Gegenteil, hieran lässt sich haben, als Aufforderung aufzufassen etwas besonders
ablesen, wie sich die Begriffsbildung in den kleinen Aufregendes zu berichten.
Köpfen abspielt. Mit der Zeit, meist gegen Ende des Wenn die Gedächtnispsychologie sich auf Erwach-
zweiten Lebensjahres, festigt und beschleunigt sich der sene bezieht, gilt als semantisches Gedächtnis dasjenige
aktive Wortgebrauch, und es gelingen erste Zusam- Wissen, das wir dank der Medien (durch Bücher, Be-
menfügungen von Wörtern zu Aussagen. Damit beginnt richte, Fernsehen, Unterricht) über das hinaus ansam-
die Eroberung der linguistischen Regelsysteme. Bereits meln, was wir im episodischen Gedächtnis als persönlich
auf der Wortebene lässt sich als ein sicheres Zeichen erlebten Besitz speichern. Die Systeme sind, wie man
beobachten, dass Kinder anfangen, den Sprachfluss schon lange aus der Neuropathologie zuverlässig weiß,
aufzubrechen und selbst neu zusammenzusetzen: in unterschiedlichen Schaltkreisen organisiert, die je-
Eine Zweijährige weiß beispielsweise, dass man eine doch lebenslang einander zuarbeiten: Allgemeine
Strumpfhose braucht, wenn man friert, und sie ver- Wissensbestände – von den früh erlebten Routinen
langt nach „Handhosen“, wenn es draußen kalt ist. angefangen bis zu den stets anwachsenden, auch me-
Das gibt Stoff zum Reden (für Kinder und Erwachse- dial vermittelten Erfahrungen – verhelfen dazu, dass
ne) über Vorkommnisse, Pläne und Überraschendes – die selbst erlebten Ereignisse platziert, bewertet und
und auch über die Sprache selbst! Wenn zu Hause und interpretiert werden können. Und dies wiederum be-
in den Einrichtungen viel mit den Kindern gesprochen wirkt, dass medial vermitteltes Wissen zu einem Teil
wird, wenn Wörter und Aussagen anschaulich in Erklä- des persönlich geprägten Gedächtnisses wird.
rungen, Begründungen und Erzählungen eingebettet In der Ausbildung der kindlichen Gedächtnistätig-
werden, wenn man viele interessante Gespräche über keiten steckt also zunächst das handelnd erfahrene
Erlebtes und Mögliches mit ihnen führt – wird nicht Wissen über Regelmäßigkeiten der Alltagsorganisati-
nur die wachsende Ausdrucksfähigkeit der Kinder da- on den Rahmen ab, in dem erst allmählich Besonder-
von profitieren, sondern ihre Entwicklung insgesamt heiten des eigenen Erlebens als solche wahrgenommen
gefördert und ihr Verhältnis zur Sprache beeinflusst. werden. Je bewusster dies dann geschieht, desto aufge-
schlossener werden die Kinder auch für „semantisches“
Wissen, das sie aus anderen Quellen als der eigenen
2.3 Alltägliche Handlungsmuster und Erfahrung beziehen, beispielsweise aus dem Fernse-
herausgehobene Ereignisse her, vor allem aber aus Gesprächen. Man sieht, welche
große Bedeutung für die Kinder zunächst das verbal be-
Durch diese Gespräche werden Kinder dabei unter- gleitete Ausagieren wiederholter Handlungsschemata
stützt, ihre Erfahrungen als zeitlich und räumlich orga- als Orientierungsfolie über das hat, was „man“ tut und
nisiertes Weltwissen dem Gedächtnis zuzuführen. Zu- was von einem erwartet wird: Das Händewaschen vor
nächst einmal brauchen sie hierfür einen verlässlichen, dem Essen, das Zähneputzen danach.
in Sprache gefassten Bestand an Wissen über Routinen Darüber hinaus wird deutlich, welches Förder­
und Grundmuster von Abfolgen, wie sie typischerweise potenzial für die gesamte Entwicklung in den Ge-
beim Einkaufen, beim Sonntagsspaziergang, bei der Be- sprächen liegt, die Erwachsene mit Kindern über das
grüßung im Kindergarten erlebt und gestaltet werden. führen, was sie selbst beeindruckt hat, was andere be-
Dreijährige sind meist noch sehr damit beschäftigt, richten, was man sich zusammen ausdenken kann. Im
solch beständiges Wissen über das anzusammeln, was Kindergartenalltag lässt sich darauf hinwirken (und
in der Regel, in welchen Schritten und mit welchen mit Ratschlägen nach Hause zu bedenken geben!),
Mitteln geschieht. Fragt man, was am letzten Sonntag dass Entwicklungsförderung nicht allein als Sprach-
geschehen ist, so werden sie zunächst aufzählen, was training verstanden werden darf, sondern insgesamt
immer wieder vorkommt: lange schlafen, anziehen, auf die Erweiterung bewusster Möglichkeiten des
spazieren gehen … Erst vor diesem Hintergrund können Denkens und Handelns zielt.

10
Spracherwerb und die Entwicklung der Persönlichkeit

3.1.1 Das Selbst im Spiegel


3 Spracherwerb und die Die wichtigste Errungenschaft, die durch die Ausbil-
dung des Langzeitgedächtnisses hervorgebracht wird,
Entwicklung der Persönlichkeit besteht darin, über sich selbst nachdenken zu lernen.
Die Entwicklung beginnt damit, dass die eigene
Person als getrennt von der Umgebung „gesehen“
werden kann. Die meisten Kinder interessieren sich
Soziale Interaktionen in den frühen Jahren, die Erkun- schon früh für ihr eigenes Spiegelbild und versuchen,
dung der nahen Umwelt und die Verankerung der Er- mit ihm zu kommunizieren. Zunächst behandeln sie
fahrungen im Gedächtnis bereiten Kinder darauf vor, es wie einen Spielkameraden und suchen ihn hinter
ihre Individualität in Gemeinschaften auszubilden. dem Spiegel. Aber bald vermitteln sie den Eindruck,
Diese Entwicklung soll an drei Punkten veranschau­ dass sie die Beschaffenheit eines Spiegels zu verstehen
licht werden, nämlich beginnen, denn sie beobachten sich selbst bei rhyth-
–– der Ich-Bildung, mischen Bewegungen davor und fangen an, sich nach
–– dem sozialen Verstehen, etwas umzudrehen, das sie zunächst im Spiegel neben
–– dem Einklinken in kollektives Wissen und der damit sich gesehen haben.
entstehenden selbstständigen Handlungsfähigkeit. Um den zweiten Geburtstag herum lässt sich auf
ein manifestes Körperselbst schließen, wenn ein Kind
im Spiegel einen farbigen Punkt auf seiner Nase wahr-
3.1 Spracherwerb und die Ausbildung von nimmt, den man ihm unbemerkt aufgetragen hatte. Es
Selbstkonzepten untersucht nämlich daraufhin die eigene Nase, anstatt
am Spiegel zu reiben. Ab diesem Zeitpunkt werden die
Die meisten Menschen können sich als Erwachsene nicht Kinder sich auch auf Videos erkennen und sich selbst
an das erinnern, was sie vor ihrem vierten Geburtstag mit ihrem Namen oder dem Fürwort „ich“ benennen.
erlebt haben: An was erinnern Sie sich als erstes? Wie Fragt man sie nach ihren Eigenschaften, werden sie
alt waren Sie damals? Sind Sie ganz sicher, dass Sie diese zunächst konkrete Leistungen erwähnen („ich kann
Erinnerung selbsttätig aufrufen, oder ist es nicht eher gut klettern“). Eigenschaftswörter, die abstrakte Merk-
so, dass man dieses Ereignis später vielfach mit Ihnen male kennzeichnen („ich bin sportlich“), kommen
besprochen hat? viel später. Dies wird eine noch ferne Etappe in der
Mit dem Älterwerden wird die Erinnerung an die er- Begriffsbildung markieren, wenn Sprache nicht mehr
sten Jahre versperrt. Dieses Phänomen ist als kindliche nur der Bezeichnung von etwas Präsentem oder der
Amnesie bekannt. Es wird mit der sich über Jahre er- Mitteilung eines unmittelbaren Bedürfnisses dient,
streckenden Entwicklung des Langzeitgedächtnisses sondern Verallgemeinerungen über konkrete Situa-
in der Kindheit in Verbindung gebracht. Wie oben tionen hinaus ermöglicht.
beschrieben, sind schon sehr kleine Kinder durchaus Das Erkennen des eigenen Spiegelbildes ist also
in der Lage, ihr Gedächtnis zum Wiedererkennen von tatsächlich ein wichtiger Schritt der beginnenden
Menschen und Dingen zu nutzen. Später, mit begin- Begegnung mit sich selbst. Er zieht die Erkenntnis nach
nendem deklarativem Gedächtnis, können Ereignisse sich: Ich bin von anderen beobachtbar, andere können
auch reproduziert werden. Noch im Vorschulalter sehen, was „ich“ bin, was ich leiste und was ich noch
können Kinder sich einige Zeit zurück besinnen, viel- nicht kann. Stolz auf etwas Vollbrachtes, Scheu vor
leicht sogar noch mit vier Jahren über ihren zweiten fremden Menschen, Verlegenheit und Scham, auch
Geburtstag sprechen. Doch später im Leben werden Widerspruch und Trotz beim Auskundschaften der
sie hiervon nichts mehr wissen – es sei denn man hätte eigenen Möglichkeiten deuten darauf hin, dass ein
ihnen Fotos gezeigt oder immer wieder von diesem Kind sich auf den Weg von der Selbst-Wahrnehmung
Geburtstag erzählt, bei dem sich etwas besonders zur Bildung von Selbst-Konzepten macht – zum Nach-
Aufregendes abgespielt hatte. denken über sich und zum „Sich-Spiegeln im anderen“.

11
Gudula List

3.1.2 Die Entstehung des Ich in der sozialen Raum verließen und erst wiederkommen würden, wenn
Interaktion die ganze „Vorstellerei“ vorbei ist.
Die Autobiografie, also das Vermögen über das eige- Die Menschen stellen sich als erzählendes Ich dar, das
ne Ich zu erzählen (so sehe ich mich jetzt, so war ich sich im Lebenslauf verändert. Sie schaffen für ihr Selbst-
früher, so möchte ich werden), entsteht im Gespräch verständnis sinnvolle Zusammenhänge, indem sie still
und entwickelt sich lebenslang. Woher aber kommen für sich oder im Gespräch mit anderen ihre Geschichte
die Informationen? Man beobachtet das eigene Tun erzählen und sie immer neu gewichten und bewerten.
und seine Folgen, vergleicht sich mit anderen, und Es geht dabei nicht um getreuliches Nacherzählen, son-
ständig gibt es direkte soziale Mitteilungen („Das dern um ausgewählte, rekonstruierte und interpretierte
hast du fein gemacht!“) oder indirekte, nonverbale Ereignisse, von denen sie als Personen geformt worden
Botschaften („Er wechselt die Straßenseite, er mag mir sind und die ihre Bedeutung für das Selbstgefühl im
nicht begegnen!“). Laufe der Zeit verändern können. D ­ iese herausgeho-
Wie in allen Bereichen der Wahrnehmung spielt benen Episoden erhalten ihren Stellenwert dadurch,
auch hier das Prinzip der Auswahl der Informati- dass man sie erzählen möchte. Andere mögen genau sie
onen die entscheidende Rolle: Eine Person nimmt als repräsentativ wahrnehmen für das, was mich vom
bestimmte Informationen zur Kenntnis, während sie Alltäglichen abhebt. Denn so sehr wir einerseits bemüht
andere vernachlässigt. sind, uns als typisch und damit als Kultur bestätigend zu
Die moderne Psychologie zieht gern den Begriff verstehen, so intensiv stellen wir unsere Individualität
der dynamischen Selbstkonzepte heran, wenn sie die sicher, indem wir mit unserer Biografie auch Außerge-
Individualität einer Person beschreibt. Damit wird wöhnliches, eben Erzählenswertes darstellen.
nicht nur die subjektive, im sozialen Kontakt herge- Bis zum Alter von mindestens drei Jahren haben
stellte Sicht des Individuums auf sich selbst in den die alltäglichen Abläufe die wichtigste Funktion für
Vordergrund gerückt. Mit dem Plural (der Selbstkon- das Einprägen der ersten Lebenserfahrungen. Das
zepte) wird auch betont, dass diese subjektive Sicht verändert sich erst, wenn allmählich die Bedeutung
sich in unterschiedlichen Bereichen verschieden von ganz bestimmten Ereignissen, die sich von der nor-
ausgestalten wird (im Hinblick auf die körperliche malen Routine abheben, für die Selbstwahrnehmung
Erscheinung, das Leistungsvermögen, die sozialen wichtig wird. Die Autobiografie beginnt also dort, wo
Kompetenzen). Ihre unmittelbare Wirkung entfal- Kinder sich bewusst werden und darüber reden kön-
ten Selbstkonzepte in ständigen, unvermeidbaren nen, dass sie es waren, die etwas ganz Besonderes an
Selbstdarstellungen. Niemand kommt umhin, über einem konkreten Ort zu einer bestimmten Zeit erlebt
die Vielfältigkeit der Konzepte über das eigene Selbst haben. Durch die damit einhergehende sprachliche
immerwährend Auskunft zu geben, indem er sich in Verankerung wird die infantile Amnesie außer Kraft
sozialen Situationen verhält, und wir alle variieren gesetzt, d. h. von dieser Zeit an können wir uns auf
dies, je nachdem in welcher Situation und wem ge- unsere Geschichte besinnen und uns als Konstrukteure
genüber wir uns befinden. unseres Ichs empfinden.
Lehnen Sie sich einen Augenblick zurück und stellen Sie Es sind nicht einmal die Ereignisse selbst, die das
sich vor, sie hätten fünf Jahre nach Ihrem Schulabschluss bei Kindern ab etwa vier Jahren bewirken, sondern es
ein erstes Klassentreffen. Alle wären aufgefordert, etwas ist das Reden über das Besondere an einem Ereignis.
über sich zu erzählen. Was würden Sie den anderen Nicht das, was oft geschieht (Fahrten mit der Straßen-
mitteilen? Dass Sie inzwischen zwei Kinder haben, dass bahn zur Kita) hält das autobiografische Gedächtnis
Sie im Beruf erfolgreich sind, dass für Sie die Schulzeit fest, sondern die persönliche Beteiligung („Mami hat
langweilig war? Wie immer Sie es anstellen, Sie verraten unseren Fahrschein verloren!“), verknüpft mit einem
dabei Prioritäten über das, was Ihnen im Moment in die- Ort und einem Zeitpunkt (Haltestelle am Rathaus, früh
ser Situation als Ausdruck Ihrer Person wichtig erscheint. am Morgen), einer besonderen sozialen Erfahrung
Und wenn Sie auf einer Party mit lauter unbekannten („Der Kontrolleur war nett!“) und einer emotionalen
Leuten wären, wo die Gastgeber vorschlagen, dass jeder Verarbeitung („Mami ist rot geworden und wir waren
sich den anderen kurz vorstellt? Sie würden auch dann froh!“). Vor dem Hintergrund dessen, was alltäglich
etwas über sich mitteilen, wenn Sie unbeobachtet den geschiet, wird eine autobiografische Erinnerung so

12
Spracherwerb und die Entwicklung der Persönlichkeit

wichtig, dass sie andern erzählt werden will. Es dauert dass man sich häufig mit ihnen über zurückliegende
allerdings geraume Zeit, bis solche Ereignisse mit- Erlebnisse und über Pläne für die Zukunft unterhält,
einander verknüpft und als charakteristisch für die dabei viele offene, weiterführende Fragen stellt, gut
Lebenslinie bewusst werden können – die Arbeit an der zuhört, die Kinder zu Ausführlichkeit ermuntert und
Autobiografie hält im Grunde das ganze Leben über an. sie möglichst oft selbst herausfinden lässt, worüber sie
Schon vor der Zeit, in der Kinder über ihre ganz kon- sprechen möchten.
kreten, besonderen Erlebnisse von sich aus berichten
können, reden Erwachsene in der Regel gern mit ihnen
über das, was sie gemeinsam erlebt haben. Das ist gut 3.2 Spracherwerb und die Entwicklung
so, auch dass dabei die Erwachsenen zunächst die Regie des sozialen Verstehens
führen. Sie heben die Bedeutung gemeinsam erlebten
Geschehens hervor, akzentuieren die besonderen Af- Es gibt kaum einen Bereich der kindlichen Entwick-
fekte, die damit verbunden waren, und inszenieren auf lung, der in den letzten Jahrzehnten so intensiv er-
diese Weise den Auftakt für die Kontinuität einer eigen- forscht und so kontrovers diskutiert worden ist wie
ständigen Lebens­geschichte. Den Gesprächspartnern die Ausbildung einer theory of mind (ein Begriff aus
stehen dabei ganz unterschiedliche Stile zur Verfügung: dem Englischen, der in anderen Sprachen fast immer
Bei besonders ausschmückender Rede über gemeinsam unübersetzt bleibt).
Erlebtes werden Details hervorgehoben, Gefühle ange- Mit theory of mind ist Folgendes gemeint:
sprochen und die Beteiligung der Kinder herausgelockt. Die Kinder entwickeln in der Vorschulzeit die
In anderen Gesprächen können die Erwachsenen eher Fähigkeit, sich selbst und anderen mentale Zustände
auf bestimmten Punkten beharren, wiederholen ihre zuzuschreiben. Sie beginnen die Handlungen ihrer
Fragen und arbeiten auf enge Antworten der Kinder hin, Gegenüber zu interpretieren und das eigene Handeln
die sie am Ende womöglich selbst einbringen. hierauf einzustellen. Sie lernen also zu begreifen und
Zahlreiche Untersuchungen von Mutter-Kind- zu akzeptieren, dass Menschen unterschiedliche
Dialogen belegen immer wieder, dass ein ausschmü- Wünsche, Emotionen, Kenntnisse, Meinungen und
ckender, ansprechender und herausfordernder Ge- Absichten haben, die mit ihren eigenen nicht über-
sprächsstil, der schon mit Kindern im Alter von zwei, einstimmen müssen. In der Regel beginnen sie im
drei Jahren gepflegt wird, deren Erzählfreudigkeit Alter ab vier Jahren über solche Unterschiede nach-
begünstigt, die sich dann im vierten und in den fol- zudenken und zu sprechen und erreichen dann in den
genden Lebensjahren entsprechend weiterentwickeln nächsten Lebensjahren darin eine zunehmend sichere
kann. Die kindliche Erzählfähigkeit, die sich beispiels- Handhabung.
weise beim Betrachten von Bilderbüchern oder beim Derartige Aussagen zu Entwicklungszeitpunkten
Ausdenken von fiktiven Geschichten beobachten und leiten sich aus komplizierten Untersuchungen her, die
fördern lässt, macht insgesamt in der Vorschulzeit bereits in den frühen 1980er-Jahren durchgeführt wur-
wichtige Fortschritte. Erzieherinnen und Erzieher den und viele nachfolgende Studien angeregt haben.
werden Gesprächsstrategien als Teil ihres professio- Es kann an dieser Stelle nicht im Einzelnen ausgeführt
nellen Handelns verstehen, mit denen sie die Kinder werden, welche ausgeklügelten Konstellationen in
zum Erzählen anzuregen wissen. Aber auch für sie den experimentellen Labors für die Untersuchungen
ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass dem Erzählen hergestellt werden können. Deshalb soll nur ein ein-
über das, was selbst mit anderen erlebt wurde, ein be- ziger Versuch in seinen Grundzügen wiedergegeben
sonderer Stellenwert zukommt, denn dies bringt die werden, um zu veranschaulichen, auf welche Weise
Entwicklung der Selbstkonzepte auf den Weg. sich abstrakte Aussagen (wie die eben gemachten
Vielfach ist inzwischen erwiesen, dass anspruchs- zu den kognitiven Errungenschaften ab dem vierten
volle Gesprächsstile nicht das Privileg gebildeter Schich- Lebensjahr) konkret durch kontrollierte Forschung
ten bleiben müssen. Sie sind (er)lernbar. Erzieherinnen belegen lassen:
und Erzieher müssen, wo es nötig ist, die häuslichen Man hat Gruppen von Kindern, die sich jeweils im
Gesprächspartner für die Einsicht gewinnen, welche dritten, vierten und fünften Lebensjahr befanden, im
Bedeutung es für die Entwicklung ihrer Kinder hat, Einzelversuch Situationen spielerisch vorgeführt, hier

13
Gudula List

in einer arrangierten kleinen Küche vorgeführt und 3.2.1 Anfänge des sozialen Verstehens
dabei das Geschehen für sie kommentiert: Bevor die eigene Sicht auf eine Szene von der Sicht
Max hilft seiner Mutter beim Auspacken der Ein- eines anderen unterschieden werden kann, muss
käufe und legt die Schokolade in den grünen Schrank. zumindest ein intuitives Begreifen davon entwickelt
Dann geht er zum Spielen nach draußen, kann also sein, dass hinter allem bewussten Handeln Absichten
nicht sehen, wie seine Mutter in der Zwischenzeit ein stehen. In den letzten Jahren sind Zeigegesten genauer
bisschen Schokolade zum Backen verbraucht und die beobachtet worden, die offenbar schon von Klein-
angebrochene Tafel danach nicht wieder in den grü- kindern mit wenig mehr als einem Jahr geleistet und
nen, sondern in den blauen Schrank legt. Später kommt auch bei anderen interpretiert werden.
Max hungrig zurück und hat Lust auf Schokolade. Die Es könnte sein, dass Kinder bereits in diesem Alter
Kinder wurden nun gefragt: Wo wird Max die Schokola- Gründe hinter solchen Gesten vermuten. Sie sehen
de suchen? Die untersuchten Kinder wussten ja, wo sie beispielsweise zu, wie eine erwachsene Person beim
sich inzwischen tatsächlich befand. Alle Dreijährigen Aufräumen der herumliegenden Dinge in einen Korb
zeigten durchweg auf den blauen Schrank, was ihrer auf ein Spielzeug zeigt, und sind bereit, daraufhin
eigenen Anschauung entsprach. Die älteren Kinder diesen Gegenstand in den Korb zu legen. Kurz danach
konnten dagegen (in steigender Anzahl) berücksich- zeigt in veränderter Situation eine andere Person auf
tigen, dass Max gar nicht wissen konnte, was sie selbst denselben Gegenstand, woraufhin das Kind nach dem
mit eigenen Augen gesehen haben, nämlich dass die Spielzeug greift und es ihr reicht. Darf man da nicht
Schokolade mittlerweile ihren Platz gewechselt hatte, mutmaßen, dass dieses Kind zumindest ein implizites
und konnten also auf den grünen Schrank deuten, in Verständnis dafür hat, was andere Menschen wissen,
dem Max die Schokolade vermuten musste. fühlen und beabsichtigen?
Welchen Dienst leistet die Alltagspsychologie (um Bis ein Kind in der Lage ist, verbal auszudrücken
die es hier geht) in unser aller alltäglichem Leben? Wir „Ich weiß, dass du darauf zeigst, weil du willst, dass ich
stehen ständig vor der Notwenidgkeit, uns in andere dir beim Aufräumen helfe“ muss noch viel geschehen.
hinen zu versetzen, um unser eigenes soziales Handeln Aber die Kombination von Zeigegesten, Blicken und
zu steuern. Denken Sie nur an einen ganz banalen Fall: ersten Wörtern dürfte in der Tat schon als strukturierte
Sie sind mit einem Freund verabredet und stecken selbst kommunikative Handlung aufgefasst werden, die
mit Ihrem Auto im Stau. Die Zeit vergeht. Sie denken: Er mehr bedeutet als „Ich will das haben!“
wird unruhig werden, sich Sorgen machen! Was tun Sie? In letzter Zeit ist viel vom „kompetenten Säugling“
Sie werden zum Handy greifen, um ihm mitzuteilen, und vom „Forschergeist in Windeln“ die Rede. Diese
dass es Ihnen gut geht, es aber leider etwas später werden Schlagworte haben die Forschungslandschaft belebt
wird. Nicht alle Erwachsenen beweisen in solchen und und auch den Alltag in Familie und Kindertagesein-
viel wichtigeren Situationen die gleiche Sensibilität. Aber richtungen angeregt. Der kindlichen Entwicklung ist
prinzipiell ist es genau diese Alltagspsychologie, die uns es allemal zuträglich, wenn man in das, was Kinder
als soziale und zivilisierte Wesen auszeichnen kann. tun, ein wenig mehr hinein interpretiert als sie tatsäch-
Untersuchungen zum Bereich der Alltagspsycho- lich bereits vollbringen können. So verhilft man ihnen
logie sind in vielen Regionen der Welt durchgeführt in die Zonen der nächsten Entwicklung: Was Kinder
worden, und die Zuordnung zu den Alterstufen wur- heute nur zusammen mit anderen leisten können, das
de dabei im Schnitt bestätigt. Mit zwei Fragen hat werden sie morgen allein zustande bringen. Dennoch
die Forschung sich in den letzten Jahren besonders ist es sinnvoll, zwischen vorbereitenden Leistungen
beschäftigt: und manifesten Kompetenzen zu unterscheiden – bei
Wie wird die Alltagspsychologie vorbereitet, die der Sprache ebenso wie beim sozialen Verstehen.
Kinder ab etwa dem vierten Lebensjahr mit der Fä-
higkeit ausstattet, die Perspektive anderer von der 3.2.2 Die Rolle der Sprache bei der Ausbildung
eigenen zu unterscheiden? der Alltagspsychologie
Was hat die Ausbildung dieser Fähigkeit mit den In diesem Zusammenhang hat auch die Anreicherung
Fortschritten zu tun, die Kinder in diesem wichtigen des Wortgebrauchs, insbesondere das Verständnis
Lebensabschnitt in ihrem Spracherwerb machen? und die Verwendung von Bezeichnungen für mentale

14
Spracherwerb und die Entwicklung der Persönlichkeit

Tätigkeiten und Zustände viel Beachtung gefunden: leisten. Dieser Prozess schließt in einem Leben nie ganz
Wissen, glauben, denken, erinnern – oder: Traurig, ab, doch bis zum Schulbeginn werden schon wichtige
froh, erschrocken sein. Kinder fangen solche Wörter Etappen bewältigt.
auf, die in ihrer Umgebung ständig im Gespräch be- Kinder leisten für die Ausbildung ihres Sprachver-
nutzt werden. Sie verwenden sie auch selbst schon mögens in den ersten drei, vier Lebensjahren viel – und
ab dem zweiten, dritten Lebensjahr, obwohl diese Be- dies ganz mühelos. Erst auf dieser Basis kann dann ihre
zeichnungen doch für etwas ganz Abstraktes stehen, ins Erwachsenenleben einmündende Fähigkeit begin-
dessen Sinn sie noch gar nicht voll begreifen können. nen, Meinungen auszutauschen, Verständigung über
Es reicht nicht aus, solche Wortverwendungen einfach Bedeutungsdifferenzierungen herbeizuführen und
zu registrieren, und damit auf einen sprachlichen Ent- komplexe zeitliche Verhältnisse und Begründungs-
wicklungsstand zu schließen. Man muss schon genauer zusammenhänge mit anderen zu verhandeln. All dies
auf die kognitiven Hintergründe achten. Am Anfang erfordert die soziale Fantasie, von der die Rede war,
ist der Sinn, den ein Kind mit Wörtern verknüpft, noch und ist ohne die Mittel der sprachlichen Bedeutungs-
durchaus unbestimmt. Differenzierung, Klarheit und systeme und ohne komplex geschachtelten Satzbau
die Annäherung an das, was Erwachsene mit Wortbe- nicht zu bewältigen. Insofern hängt die Entwicklung
deutungen verbinden, ergeben sich erst mit der Zeit. einer theory of mind aufs Engste mit dem fortschreit-
Durchaus werden sprachliche Mittel schon im tenden Spracherwerb zusammen.
zweiten Lebensjahr mit kommunikativer Absicht ein- Erwachsene (und ältere Spielgefährten) können
gesetzt. Doch sollte dies noch nicht auf einen vollgül- diese Entwicklung beschleunigen und bestärken. Der
tigen Gebrauch von Wörtern als Symbolen im engeren unterschiedlich häufige und ausschmückende Ge-
Sinn gedeutet werden. Denn der Erwerb symbolischen brauch erwachsener Gesprächspartner beim Erzählen
Sprachgebrauchs beruht auf der (gemeinsam mit be- und beim Bilderbuchanschauen hat, hat sich in vielen
reits Sprachkundigen zu leistenden) Erarbeitung von Untersuchungen mit Zwei- und Dreijährigen als ein
lexikalischen (und dann grammatischen) Systemen, in Faktor erwiesen, der sich ein, zwei Jahre später mess-
denen Wörter in Netzwerken von Beziehungen zu ande- bar auf die soziale Fantasie der Kinder auswirkt und
ren Wörtern erst ihren allgemein anerkannten Platz an ihrem Verständnis und aktiven Sprachgebrauch
gewinnen. Wörter, sofern sie nicht Namen sind, defi- über Motive, Denkvorgänge und Emotionen abgele-
nieren sich demnach als Symbole über andere Wörter sen werden kann. Mit Kindern sollte also viel darüber
eines Sprachsystems und ermöglichen auf diese Weise gesprochen werden, wie sie sich selbst und wie andere
den Austausch komplexer Bedeutungen im Gespräch. sich fühlen, und warum, was sie und andere wissen
Wörter, wie „wissen“ und „glauben“ beispielsweise können und was nicht, wie man sich täuschen kann
stehen für ganz unterschiedliche mentale Vorgänge: und wie Absichten in Handlungen umzusetzen sind.
„Wissen“ bezieht sich auf einen verlässlichen men-
talen Besitz, „glauben“ dagegen auf eine Vermutung,
der eine gewisse Unsicherheit anhaftet. So verorten 3.3 Verinnerlichung sozial erworbenen
sich Wörter und Aussagen in Netzwerken, in denen Wissens und der Beginn selbstständigen
eine Position durch andere Positionen ihre Bedeutung Handelns in Gemeinschaften
erhält. Hierin sind die Sprachen unendlich produktiv.
Sie liefern das Material, um in Gesprächen wechselsei- Was tun Sie, wenn Sie für sich alleine sind, über ein Pro-
tig ein Verständnis der jeweiligen Kenntnisse, Vorstel- blem nachdenken, sich an den gestrigen schönen Abend
lungen und Gefühle zu erzeugen oder auszuhandeln. mit Freunden erinnern, Pläne schmieden oder ein Gesche-
Dies setzt die Fähigkeit voraus, neben der eigenen hen beobachten, an dem Sie selbst nicht beteiligt sind, das
auch die Perspektiven der anderen zu übernehmen. Sie aber innerlich angeht? – Sie werden mit sich selber re-
Um Mitglied einer Sprachgemeinschaft zu werden, den, in innerer Sprache. Alle Erwachsenen tun das, nicht
um also teilzuhaben am Symbolsystem einer Sprache, unbedingt in ganzen Sätzen, eher verkürzt, nur für Sie
muss ein Kind den Übergang vom pragmatisch (durch selbst verständlich. Wir haben uns angewöhnt, dies still
Handeln) gelernten Bezeichnen zur kulturbestimmten, für uns zu tun. Denn laut mit sich selbst zu reden, gilt als
konventionalisierten Benutzung der Symbolsysteme verpönt. Es ist mit der in unserer Kultur hochgehaltenen

15
Gudula List

Vorstellung von einer sich selbst kontrollierenden Person die Prozesse, die ursprünglich auf die Interaktion mit
nicht gut verträglich. Allenfalls sieht man amüsiert da- anderen angewiesen waren, für sich allein zu bewerk-
rüber hinweg, wenn Sie auf der Straße stolpern und sich stelligen. Das Sprechen mit anderen wird auf diese
mit einem hörbaren Fluch nach dem Stein umsehen, der Weise in die Auseinandersetzung der Person mit sich
das verursacht hat. selbst überführt. Innere Sprache erlangt damit eine
Leise mit uns selbst zu reden ist äußerst hilfreich, Steuerungsfunktion für die eigene Handlungsorga-
wenn nicht unentbehrlich zur Anleitung und Kon­trol­ nisation und führt auch den sprachlichen Austausch
le unserer Handlungen. Es gibt zahlreiche Unter­su­ mit anderen auf ein neues Niveau.
chungen, die belegen, dass die Problem­lösungs­kapa­ Mit kulturell und historisch als Kennzeichnung
zität nachlässt, wenn die Versuchspersonen an der für diese Theorie wird auf den Transfer von Wissen
inneren Rede gehindert werden (z. B. indem man sie und Können angespielt, der sich von Generation zu
dabei von 100 rückwärts zählen lässt). Die Etappen, die Generation (und darüber hinaus durch in Medien
ein Kind bewältigt, um aus ursprünglich direkter so- niedergelegte Traditionen) ereignet. Erwachsene
zialer Interaktion, die Fähigkeit zu entwickeln, leise führen die Kinder in Bedeutungswelten hinein, zu-
mit sich selbst zu reden und damit selbstständiges nächst ganz konkret und handwerklich, dann immer
Denken anzuleiten, markieren ein wichtiges Thema mehr mit symbolischen Mitteln. Neben der Sprache,
des Spracherwerbs – vorausgesetzt, man hat hiervon die die Kinder mit anderen immer wirkungsvoller
eine umfassende Vorstellung und begreift den Sprach­ benutzen, entwickeln sie allmählich den selbststän-
erwerb in seinem Stellenwert als integrierenden Teil digen Umgang mit dem geschichtlich gewachsenen
der Gesamtentwicklung der Person. Bedeutungs- und Handlungswissen. Sie lernen, die
In einem derart umfassenden Sinn wurde in der „Sprache für sich“ zu beherrschen, an die eigene Per-
damaligen Sowjetunion durch eine Gruppe von son Aufträge zu richten, ihre Handlungen im Voraus
Wissen­schaftlern das Forschungsprogramm einer zu planen und bei der Ausführung zu kontrollieren.
„kulturhistorischen Theorie des Psychischen“ erarbeitet. In der modernen Psychologie wird dies gern als die
Die zentrale Figur dieser Gruppe ist zwischen 1924 und Ausbildung „exekutiver Funktionen“ bezeichnet.
seinem frühen Tod 1934 Lev Vygotskij gewesen. Im Zunächst ist die Kommunikation, die die Kinder mit
Folgenden werden einige der Kernaussagen skizziert, sich selber zu pflegen beginnen, hörbar. Man kann beo-
denn diese Theorie wurde (nach langer Unterdrü- bachten, wie sie ihre Handlungen sprachlich begleiten
ckung in der Stalin-Zeit) als bedeutender Beitrag zur oder sich Ziele setzen, z. B. beim einsamen Malen zu
Entwicklungspsychologie in aller Welt aufgegriffen sich sagen „Das wird jetzt ein Haus mit Bäumen!“ oder
und wird bis heute weiter bearbeitet und ergänzt. beim Hantieren mit Spielzeug „Nein, anders rum!“.
Diese nur der Form nach äußere, aber funktionell
3.3.1 Äußere, „egozentrische“ und innere bereits mit dem Denken verknüpfte egozentrische
­Sprache – ihre Funktionen für die Entwicklung Sprache bildet den Übergang vom äußeren Sprechen
Entsprechend der Entwicklungstheorie von Vygotskij mit anderen zu seiner inneren Form. Innere Sprache
gilt für alle komplexen geistigen Funktionen (Denken, wird zu einem Werkzeug, mit dem sich ab der Vor-
Problemlösen, Umgang mit Begriffen und Urteilen) schulzeit das Denken entfaltet und sich Vorstellungen
das Gesetz der allmählichen Verinnerlichung von entwickeln, die über das Aktuelle hinausweisen. Es
zunächst äußeren, sozial organisierten Tätigkeiten. geht um die Entstehung des individuellen Bewusstseins
Nicht nur als Beispiel, sondern als Basis für die geistige aus sozialen Quellen. Die Kinder sind im Begriff zu
Entwicklung schlechthin wird dies anhand der Ent- lernen, wie sie mit Problemen fertig werden, wie sie
wicklung der kindlichen Sprachfähigkeit ausgeführt. selbstbestimmt mit anderen interagieren, und wie sie
Ihr Ursprung liege demnach in konkreten Handlun- sich die Rollenerwartungen und die gültigen Regeln
gen, die Kinder im sozialen und kommunikativen in der Gemeinschaft aneignen können. Die Autono-
Austausch erfahren und ausüben. Im Laufe der Zeit mie, die so entsteht, erlaubt mit der Zeit, die eigene
kommt dann die Möglichkeit hinzu, für diesen Aus- Individualität als geschichtliche Person mit Zukunft zu
tausch verbale Mittel immer kundiger einzusetzen. sehen sowie auch andere Menschen mit ihren jeweils
Und schließlich bildet sich die Gewohnheit heraus, eigenen Erfahrungen und Interessen zu begreifen.

16
Spracherwerb und die Entwicklung der Persönlichkeit

3.3.2 Die Entwicklung von Selbstständigkeit und Tugenden des zivilisierten Zusammenlebens ein, die
die Unterstützung von Verantwortlichkeit von entscheidender Bedeutung für das spätere Leben
Die hörbare, an sich selbst gerichtete Sprache bei sind. Entwicklungsbegleitung ist herausgefordert,
Kindern, die in der kulturhistorischen Entwicklungs- diese Fähigkeiten anzuregen und zu unterstützen.
theorie als Übergangsphänomen zur inneren Sprache Sprachförderung geschieht im Dialog – er ist nicht nur
beschrieben worden ist, wird heute kaum noch „ego- für gelingende soziale Verständigung unentbehrlich,
zentrisch“ genannt (dieser etwas irreführende Aus- sondern auch um Kinder in die Lage zu versetzen, mit
druck stammt für diesen Kontext von Jean Piaget und sich selbst zu kommunizieren.
wurde, wenn auch kritisch, von Vygotskij übernom-
men). In der angloamerikanischen Rezeption erfährt
dieses Phänomen seit Langem starke Beachtung und
es hat sich dort die Bezeichnung private speech einge-
bürgert. Solche Sprachäußerungen bieten sich für die
empirische Untersuchung mit Kindern an, schließlich
kann man sie, anders als die innere Sprache, registrie-
ren und im Experiment Bezüge zu Leistungsdaten der
verschiedensten Art herstellen.
Dass die Sprache, die Kinder beim Spielen an sich
selber richten, ohne sie an andere zu adressieren,
besonders in solchen Situationen hervortritt, wo Pro-
bleme und Schwierigkeiten auftreten, hat sich bereits
in den Untersuchungen von Vygotskij erwiesen. Heute
besteht ein großes Interesse daran, die Zusammenhän-
ge und Wirkungen von private speech in stärker kon-
trollierten Experimenten unter Beweis zu stellen: Man
misst Erfolge in zielgerichteten Aufgabenstellungen
oder misst beispielsweise die Fähigkeit, Ablenkungen
zu widerstehen, und bringt diese Werte mit der vorher
beobachteten Praxis des spontanen Selbstgesprächs
in Verbindung. Die hierfür verwendeten englischen
Ausdrücke „executive functioning“ oder „self regula-
tion“ sind Schlagwörter, die recht technisch anmuten
können. Die Referenz auf den inhaltlichen Anspruch
der kulturhistorischen Entwicklungstheorie wird da-
bei nicht immer offensichtlich.
Entwicklungsbegleitung und Sprachförderung
im Alltag geschehen nicht unter Laborbedingungen,
sondern zu Hause und in den Einrichtungen. Hierbei
lohnt es sich, unbedingt darauf zu achten, dass Kinder
spontan zu sich sprechen und daraus Nutzen für das
ziehen, was sie gerade tun oder sich vornehmen. Sie
lernen dabei viel, denn es ist der Auftakt zu selbst-
bestimmtem Handeln in der Gemeinschaft: Sich zu
konzentrieren, die Aufmerksamkeit gut unter Kon-
trolle zu haben, nicht zuviel auf einmal zu wollen,
sich eins nach dem andern vornehmen, ein Bedürfnis
auch einmal aufschieben, andere ausreden lassen und
sich dann überlegt hierauf zu beziehen – all dies leitet

17
Gudula List

Spracherwerb und die Entwicklung des


4 Kommentierte Gedächtnisses (Kapitel 2)
Literaturempfehlungen zu den Ein (in meinen Augen) besonders schönes Buch über
einzelnen Themenbereichen das Gedächtnis stammt von einem der bedeutends-
ten Neuropsychologen der Gegenwart und ist ein
eindruckvolles Beispiel dafür, wie sich hochkarätige
Wissenschaft verständlich und mitmenschlich präsen-
Ein Wort vorab zur Auswahl tieren kann. Es liegt in deutscher Übersetzung vor, ist
Dieser Beitrag richtet sich vor allem an frühpädago- leider im Moment im Buchhandel nicht lieferbar, steht
gische Fachkräfte, die sich für Sprachförderung enga- aber in jeder guten Bibliothek:
gieren und sich hierin aus- und weiterbilden möchten. Daniel L. Schacter
Das hat mich veranlasst, zwar im Text komplizierte Wir sind Erinnerung. Gedächtnis und Persönlich-
Zusammenhänge nicht ungebührlich zu vereinfachen, keit
aber bei den Literaturempfehlungen Zurückhaltung Reinbek 2001 (Rowohlt) (Orig. 1996)
vor allzu fachsprachlichen psychologischen Texten zu
üben. So finden sich in dieser Liste nicht die thematisch Einen knappen, aber fundierten Überblick über die
zwar einschlägigen, aber nicht immer leicht zu hand- einzelnen Gedächtnissysteme und ihre hirnorga-
habenden Forschungsberichte aus der großen „Enzy- nischen Grundlagen gibt
klopädie der Psychologie“, ganz zu schweigen von der Hans J. Markowitsch
überwiegend englischsprachigen Zeitschriftenlitera- Neuropsychologie des Gedächtnisses
tur, in der sich die aktuelle Forschung in erster Linie nie- In: Spektrum der Wissenschaft, September 1996,
derschlägt. Verzichtet habe ich auch auf die Erwähnung S. 52 – 61
einzelner Veröffentlichungen aus Forschungsgruppen,
die in Deutschland besonders intensiv experimentelle Ein wichtiges Kapitel über Gedächtnisfunktionen in
Arbeit über die hier verhandelten Entwicklungspro- der frühen Kindheit aus einem insgesamt empfehlens-
zesse leisten. Wie sie sich im Internet auffinden lassen, werten, weil lesefreundlich geschriebenem Buch, das
möchte ich jedoch mit einem Beispiel hier angeben: in Übersetzung vorliegt, schrieb
www.uni-bamberg.de/biks/publikationsliste/. Auf Lise Eliot
der anderen Seite wollte ich vermeiden, populäres Was geht da drinnen vor? Die Gehirnentwicklung
Schrifttum aufzulisten, für das ich eine wissenschaftlich in den ersten fünf Lebensjahren
fundierte Empfehlung nicht verantworten könnte, und Berlin 2001 (Berlin Verlag) (Orig. 1999)
das im Übrigen für Interessierte leicht selbst auffindbar Kapitel 13: Die Entstehung des Gedächtnisses,
ist. Insgesamt ist die Auswahl persönlich geprägt, was S. 471 – 504
an den Kommentaren abzulesen sein wird.
Es gibt international einige Forschungszentren, die Einen Überblick über die Entwicklung des Gedächt-
für die Themen dieses Beitrags besonders viel geleistet nisses bei Kindern geben
haben. Dazu gehört die jahrzehntelange Arbeit von Ka- Wolfgang Schneider / Gerhard Büttner
therine Nelson und ihren zahlreichen Mitarbeiterinnen Entwicklung des Gedächtnisses
und Mitarbeitern in den USA. Die Autorin hat kürzlich In: Oerter, Rolf / Montada, Leo (Hrsg.): Entwicklungs-
Bilanz in einem Buch gezogen, das ich für die Thematik psychologie. Ein Lehrbuch. 3. Aufl. Weinheim 1995
dieses Beitrags insgesamt empfehlen möchte. Leider ist (Beltz), S. 654 – 704 (Kapitel 14)
es (noch) nicht übersetzt, jedoch in gut verständlichem
Englisch verfasst:
Katherine Nelson
Young minds in social worlds. Experience, meaning,
and memory
Cambridge, Mass. 2007 (Harvard University Press)

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Kommentierte Literaturempfehlungen zu den einzelnen Themenbereichen

Spracherwerb und die Ausbildung von Spracherwerb und die Entwicklung des
Selbstkonzepten (Kapitel 3.1) sozialen Verstehens (Kapitel 3.2)

Ein ausführlicher Beitrag über die Entwicklung von Der Autor Michael Tomasello stammt aus den USA
Selbstkonzepten: und arbeitet in Leipzig am Max-Planck-Institut für
Urs Fuhrer / Alexandra Marx / Antje Holländer / Janine Evolutionäre Anthropologie. Seine Bücher, stets rasch
Möbes ins Deutsche übersetzt, fußen auf umfangreichen
Selbstbildentwicklung in Kindheit und Jugend empirischen Einzeluntersuchungen seiner Arbeits-
In: Greve, Werner (Hrsg.): Psychologie des Selbst. gruppen und bieten gut lesbare Zusammenfassungen
Weinheim 2000 (Beltz), S. 39 – 57 der viel beachteten Thesen zur Entwicklung geteilter
Aufmerksamkeit und kindlicher Intersubjektivität:
Auch ein Kapitel aus einem insgesamt empfehlens- Michael Tomasello
werten Buch bezieht sich insbesondere auf die Aus- Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation.
bildung von Selbstkonzepten: Frankfurt am Main 2009 (Suhrkamp) (Orig. 2008)
Martin Dornes Kapitel 4: Ontogenetische Ursprünge, S. 121 – 182
Die emotionale Welt des Kindes
Frankfurt am Main 2000 (Fischer) Der Autor bietet auch interessante Kapitel zu den
Kapitel 5: Die Rolle des Spiegel(n)s in der kindlichen Themen Spracherwerb, kulturelles Lernen und Hand-
Entwicklung, S. 175 – 226 lungsfähigkeit:
Michael Tomasello
Ein Grundlagentext zur sozialen Konstruktion der Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Den-
Autobiografie, der von einem Altmeister der ame- kens. Zur Evolution der Kognition
rikanischen Psychologie stammt, liegt in deutscher Frankfurt am Main 2006 (Suhrkamp) (Orig. 1999)
Sprache vor: Kapitel 5: Sprachkonstruktionen und die Kognition
Jerome Bruner von Ereignissen, S. 173 – 204
Self-Making and World-Making. Wie das Selbst und Kapitel 6: Rede und repräsentationale Neubeschrei-
seine Welt autobiographisch hergestellt werden bung, S. 205 – 252
In: Journal für Psychologie, 7 / 1999, S. 11 – 21
Zur Ausbildung einer theory of mind:
Der folgende Sammelband mit Beiträgen aus der Eine der wichtigsten Autorinnen in diesem Feld ist
aktuellen interdisziplinären Forschung über das auto- die Kanadierin Janet W. Astington. Eines ihrer Bücher,
biografische Gedächtnis enthält auch Übersetzungen schon vor mehr als einem Jahrzehnt erschienen, ist
einiger prominenter Autoren aus dem Englischen: übersetzt worden und insgesamt ausgesprochen
Harald Welzer / Hans J. Markowitsch (Hrsg.) angenehm zu lesen. Neue Forschungen können in
Warum Menschen sich erinnern können. Fort- diesem Buch naturgemäß nicht berücksichtigt sein,
schritte der interdisziplinären Gedächtnisfor- jedoch werden die Grundlagen sehr einleuchtend
schung dargestellt.
Stuttgart 2006 (Klett-Cotta) Für das Thema des sozialen Verstehens sind insbe-
sondere die Kapitel 6, 7, 8 relevant:
Unter anderem findet sich in diesem Band ein Text von: Janet W. Astington
Katherine Nelson Wie Kinder das Denken entdecken
Über Erinnerungen reden: Ein soziokultureller München 2000 (Reinhardt) (Orig. 1993)
Zugang zur Entwicklung des autobiographischen Kapitel 6: Wie Kinder über das Wünschen denken,
Gedächtnisses (S. 78–94) S. 92 – 111
Kapitel 7: Wie Kinder über das Wissen denken,
S. 112 – 125
Kapitel 8: Wie Kinder über Überzeugungen denken,
S. 126 – 153

19
Gudula List

Janet W. Astington ist auch erste Herausgeberin eines Zum Abschluss möchte ich ein schon älteres Buch von
neueren Sammelbandes, für den praktisch alle wich- Jerome Bruner empfehlen, der viel für die Psychologie,
tigen anglophonen Autorinnen und Autoren Beiträge insbesondere für die Sprach- und Kulturpsychologie,
geliefert haben, die im Bereich des Zusammenhangs geleistet hat. Die jüngste Ausgabe auf Deutsch:
der kindlichen Entwicklung und des sozialen Verste- Jerome Bruner
hens mit den Prozessen des Spracherwerbs arbeiten. Wie das Kind sprechen lernt
Für diejenigen, die mit dem Englischen auf gutem Fuß Bern 2002 (Huber) (Orig. 1983)
stehen, sei also empfohlen: Obwohl die kulturhistorische Theorie der Arbeitsgrup-
Janet W. Astington / Jodie A. Baird (Eds.) pe um Vygotskij in diesem Buch nicht direkt angespro-
Why language matters for theory of mind chen wird, finden sich Kernkonzepte dieser Schule
Oxford 2005 (University Press) wieder (Spracherwerb als Kulturaneignung, Koopera-
tion in der „Zone der nächsten Entwicklung“ – hier
„Spracherwerbs-Unterstützungs-System“ genannt).
Verinnerlichung sozial erworbenen Anhand dieses Textes wird erkennbar, wie intensiv
­Wissens und der Beginn selbstständigen im Westen auf der russischen Traditionslinie weiterge-
Handelns in Gemeinschaften (Kapitel 3.3) arbeitet worden ist. Veröffentlicht wurde es, ein Vier-
teljahrhundert vor dem Werk von Katherine Nelson,
Eine, wie der Autor im Vorwort schreibt, informations- das am Anfang dieser Empfehlungsliste steht, und das
reiche, dabei elementare Einführung in die Psycholo- seinerseits den Fortschritt dokumentiert, der seither in
gie der kulturhistorischen Schule, das auch ein Kapitel der Psychologie des Spracherwerbs und der kindlichen
über Vygotskij enthält: sozialen Entwicklung geleistet wurde. Zusammen mit
Carlos Kölbl den Anregungen der kulturhistorischen Tradition
Die Psychologie der kulturhistorischen Schule. Lev können diese beiden Bücher daher als Eckpunkte der
Vygotskij, Lurija, Leont’ev modernen Disziplin gelesen werden.
Göttingen 2006 (Vandenhoeck & Ruprecht), S. 25 – 65
(Kapitel 3)

Ein besonders inhaltsreiches und zugleich authen-


tisches Erinnerungsbuch stammt von dem Wegge-
fährten Vygotskijs, von Alexander Lurija. Es erschien
1982 und ist in deutscher Übersetzung verfügbar:
Alexander R. Lurija
Romantische Wissenschaft. Forschungen im Grenz­
bezirk von Seele und Gehirn
Reinbek 1993 (Rowohlt)

Zur Vervollständigung ein Sammelband, der den


neueren Forschungsstand der englischsprachigen
Rezeption über die Funktionen des Sprechens mit sich
selbst wiedergibt:
Adam Winsler / Charles Fernyhough / Ignacio Montero
(Eds.)
Private speech, executive functioning, and the
development of verbal self-regulation Cambridge
2009 (University Press)

20
Zur Autorin

Prof. Dr. Gudula List


Professorin a. D. (geb. 1938), Studium der Psychologie und Sprachwis-
senschaft in Freiburg und Konstanz, war an verschiedenen Hochschu-
len tätig, zuletzt in der Heilpädagogischen Fakultät der Universität zu
Köln. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Entwicklungs-, Kognitions- und
Sozialpsychologie, insbesondere im Hinblick auf Sprach­entwicklung,
sprachliche Interaktion und Mehrsprachigkeit. Seit einiger Zeit kon­
zentriert sie sich auf den kindlichen Sprachenerwerb und seine För-
derung im Elementarbereich.
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) stellt alle Ergebnisse in Form
von Print- und Online-Publikationen zur Verfügung.
Alle Publikationen sind erhältlich unter: www.weiterbildungsinitiative.de

WiFF Expertisen WiFF Studien WiFF Wegweiser WiFF Kooperationen


Weiterbildung
Wissenschaftliche Ana­ly- Ergebnisberichte der Exemplarisches Praxis- Produkte und Ergebnis-
sen und Berichte zu aktu- WiFF-eigenen Forschun- material als Orientierungs- berichte aus der Zu-
ellen Fachdiskussionen, gen und Erhebungen zur hilfe für die Konzeption sammenarbeit mit unter-
Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministe- offenen Fragestellungen Vermessung der Aus- und und den Vergleich von schiedlichen Partnern
riums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e. V. und verwandten Themen Weiterbildungslandschaft kompetenzorientierten und Initiativen im Feld
Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutsch- von WiFF in der Frühpädagogik Weiterbildungsangeboten der Frühpädagogik
land mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige
Bildungswege zu fördern.
Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen Zuletzt erschienen
WiFF wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europä-
ischen Sozialfonds gefördert. Der Europäische Sozialfonds ist das zentrale arbeitsmarktpolitische

AUSBILDUNG
WEITERBILDUNG
InklusIon

AUSBILDUNG
WEITERBILDUNG
Förderinstrument der Europäischen Union. Er leistet einen Beitrag zur Entwicklung der Beschäf-
A
W A
Klaus Fröhlich-Gildhoff / Claudia Röser

Zertifizierungs­initiative­­

tigung durch Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des Unternehmergeistes, der Anpassungs- Beate Hock / Gerda Holz / Marlies Kopplow

Kinder in Armutslagen
Norbert Schreiber

Weiterbildung zur
Kompetenzorientierte Gestaltung
von Weiterbildungen
Frühpädagogik­Südbaden­(ZFS)
Ein­Modellprojekt­zur­Anrechnung­außerhochschulisch­erworbener­
Kompetenzen­auf­ein­Studium­der­Frühpädagogik
Grundlagen für armutssensibles Handeln in der Kindertagesbetreuung „Fachkraft für Frühpädagogik U3“

fähigkeit sowie der Chancengleichheit und der Investition in die Humanressourcen.


Evaluation einer Zertifikatsreihe Grundlagen für die Frühpädagogik

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) hat die Kompetenzentwicklung von Fachkräf-
Inklusion als Konzept für die Bildung, Betreuung und Erziehung aller Kinder schließt die pädagogische Arbeit
ten untersucht, die an der Weiterbildungsmaßnahme „Fachkraft für Frühpädagogik U3“ der Arbeiterwohlfahrt
mit armutsbetroffenen beziehungsweise sozial benachteiligten Kindern mit ein. Beate Hock, Gerda Holz und
(AWO) teilgenommen haben. Im vorliegenden Bericht wird dargestellt, in welchem Ausmaß und in welchen In Kooperation mit:
Marlies Kopplow stellen in dieser Expertise dar, welches Hintergrundwissen frühpädagogische Fachkräfte
Bereichen die Fachkräfte einen Kompetenzzuwachs bei sich selbst beobachtet haben, welche Veränderungen
über Kinder und Familien in Armutslagen benötigen und welche Implikationen sich für ein armutssensibles
die Einrichtungsleitungen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen haben und wie die
Handeln in der Kindertageseinrichtung hieraus ergeben.
einzelnen Module der Weiterbildung im Einzelnen bewertet wurden.

WiFF Wegweiser Weiterbildung | 7

WiFF Expertisen | 38 WiFF Studien | 21 WiFF Kooperationen | 5


ISBN 978-3-86379-115-5 ISBN 978-3-86379-112-4 ISBN 978-3-86379-105-6

DRUCK_Exp_Hock_Umschlag.indd 1-3 DRUCK_St_Schreiber_Umschlag_NEU.indd 1 13:24


18.03.14 07.01.14 10:14 DRUCK_WW_Inklusion_Weiterbildung_.indd 1 12.03.14 09:41
DRUCK_ZFS_Umschlag.indd 1 18.09.13 17:31

Band 38: Band 21: Band 7: Band 5:


Beate Hock / Gerda Holz / Marlies Norbert Schreiber: Weiterbildung Kompetenzorientierte Gestaltung Klaus Fröhlich-Gildhoff/
Kopplow: Kinder in Armutslagen zur „Fachkraft für Frühpädagogik von Weiterbildungen Claudia Röser: Zertifizierungs­
U3“ initiative Frühpädagogik
Zitiervorschlag: List, Gudula (2014): Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver und Südbaden (ZFS)

sozialer Kompetenzen. Folgerungen für die Entwicklungsförderung. Weiterbildungs­


initiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Expertisen, Band 11. 3., überarbeitete
Auflage. München Band 37: Band 20: Band 6: Band 4:
Daniela Kobelt Neuhaus/Günter Jan Leygraf: Fachberatung in Inklusion – Kinder mit Behinderung Autorengruppe Berufsfach­
Refle: Inklusive Vernetzung von Deutschland schule: Qualifikationsprofil
Band 5:
Kindertageseinrichtung und „Frühpädagogik“ – Berufs­
Band 19: Inklusion – Kulturelle Heterogenität
Sozialraum fachschule
© 2014 Deutsches Jugendinstitut e. V., 3., überarbeitete Auflage Joanna Dudek/Johanna Gebrande: in Kindertageseinrichtungen
Band 36: Quereinstieg in den Erzieherinnen­ Band 3:
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) Donja Amirpur: Behinderung und beruf
Band 4:
Expertengruppe „Anschluss­
Frühe Bildung – Bedeutung
Nockherstraße 2, 81541 München Migration – eine intersektionale
Band 18: und Aufgaben der pädagogischen
fähige Bildungswege“:
Analyse im Kontext inklusiver Kind­heitspädagogische
Telefon: +49 (0)89 62306-173 / -249 Frühpädagogik
Norbert Schreiber: Die Ausbildung Fachkraft
Bachelorstudiengänge und
von Kinderpflegerinnen und
E-Mail: info@weiterbildungsinitiative.de Band 35: Sozial­assistentinnen
Band 3: anschlussfähige Bildungs­wege
Zusammenarbeit mit Eltern
Lotte Rose/Friederike Stibane: Band 2:
Band 17:
Männliche Fachkräfte und Väter Band 2: Expertengruppe Berufs­
Herausgeber: Deutsches Jugendinstitut e. V. (DJI) in Kitas
Pamela Oberhuemer: Fort- und
Kinder in den ersten drei begleitende Weiterbildung:
Weiterbildung frühpädagogischer
Lektorat: Jürgen Barthelmes Lebensjahren Qualität in der Fort- und
Band 34: Fachkräfte im europäischen
Band 1: Weiterbildung von päda­
Gestaltung, Satz: Brandung, Leipzig Annika Sulzer: Kulturelle Hetero­ Vergleich
gogischen Fachkräften in
genität in Kitas. Anforderungen an Sprachliche Bildung
Titelfoto: gradt © Fotolia.com Fachkräfte
Kindertageseinrichtungen

Druck: Henrich Druck + Medien GmbH, Frankfurt a. M.

www.weiterbildungsinitiative.de Stand: April 2014

ISBN 978-3-935701-95-2
SPRACHE
S Gudula List

Spracherwerb und die Ausbildung kognitiver


und sozialer Kompetenzen
Folgerungen für die Entwicklungsförderung

Die sprachliche Entwicklung von Kindern steht in engem Zusammenhang mit der kognitiven und sozialen
Entwicklung. Diese Prozesse sind in vielfältiger Weise in Interaktionen mit anderen Menschen eingebettet.
Frühpädagogische Fachkräfte sind sich dieser Zusammenhänge häufig nur sehr vage bewusst. In der vorlie-
genden Expertise beschreibt die Autorin zunächst den Zusammenhang zwischen Spracherwerb und Gedächt-
nis. Daran anknüpfend arbeitet sie die Rolle der Sprache für die Ausbildung von Selbstkonzepten sowie für die
Entwicklung der Fähigkeit heraus, Perspektiven von anderen Menschen wahrzunehmen. Die Autorin geht
auch auf die Ausbildung der inneren Sprache ein, welche die Grundlage für das reflektierende Handeln ist. Es
ist dabei ihr Anliegen, Leserinnen und Leser immer wieder auf ihr eigenes Erleben anzusprechen und auf diese
Weise die Zusammenhänge zwischen Sprache sowie kognitiver und sozialer Entwicklung deutlich zu machen.

WIFF
WiFFExpertisen
Expertisen | | 000
11
ISBN 978-3-935701-79-2
978-3-935701-95-2

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