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ACP

Applikationsbericht Nr.: 100.21.1

Thema: Lagerstromdrosseln zur Vermeidung von


Motorlagerschäden

Typ: Technik Langversion


Branche: keine, gerätespezifischer Bericht
Untergruppe: Lagerströme
Antriebsregler: 8220, 8200 vector, 9300 (15kW – 90 kW)

Klassifizierung: vertraulich, nur für Lenze Mitarbeiter


Weitergabe an Kunden erlaubt

Inhaltsverzeichnis

1. Lagerströme und deren Ursachen .................................................2


2. Common-mode-Spannung.............................................................3
3. Elektrisches Verhalten von Lagern ................................................4
4. Dämpfung von Lagerströmen ........................................................4
5. Reduzierung von Lagerströmen.....................................................5
6. Zusammenfassung ........................................................................7

Status Datum Version Bearbeiter


Erstausgabe D 11.09.03 V1.0 Rolf Sievers
Erstausgabe E
Erweiterung
Aktualisierung

100.21.1_V1.0_Lagerströme.doc Seite 1 von 7 Autor: Rolf Sievers


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Applikationsbericht Nr.: 100.21.1

Stand der Technik


Das Thema Lagerströme ist nicht neu, sondern beschäftigt forschende Techniker
seit einigen Jahrzehnten.

1. Lagerströme und deren Ursachen


Es werden zwei Arten von Lagerströmen unterschieden.

A) Zirkulierende Lagerströme
Bedingt durch Ständerunsymmetrien wie Bolzenlöcher, Stoßfugen oder ähnliches,
können hohe Änderungsgeschwindigkeiten der Motorspannung einen Fluss radial zur
Motorwelle erzeugen. Dieser Fluss treibt einen Strom längs der Motorwelle. Der
Spannungsabfall, den dieser Strom erzeugt, wird mit Wellenspannung bezeichnet. Der
Strom der längs der Motorwelle fließt, wird mit Zirkularstrom bezeichnet. Der
Zirkularstrom fließt durch beide Lager und hat entgegengesetzte Vorzeichen.

Die Gefahr von zirkulierenden Lagerströmen nimmt mit der Motorgröße und dem dU/dt
der Common-mode-Spannung (auch Gleichtaktspannung genannt) zu. Kurze
Motorleitungen sind kritischer als lange Motorleitungen.

B) Kapazitive Lagerströme
Der Rotor wirkt als Kondensator. Die Kapazität von Ständerwicklung zum Rotor und die
Kapazität vom Rotor zum Gehäuse bilden eine Reihenschaltung. Der Gleichtaktanteil der
Motorspannung (Common-mode-Spannung) treibt einen Strom durch die kapazitive
Reihenschaltung.

Die Gefahr von kapazitiven Lagerströmen nimmt mit der Motorgröße und der Länge der
Motorleitung zu.

Da der tatsächliche, resultierende Lagerstrom eine Überlagerung der beiden Stromarten


ist, kann zusammenfassend gesagt werden, dass der gesamte Lagerstrom mit der
Motorgröße und dem dU/dt der Common-mode-Spannung zunimmt, während die
Motorleitungslänge unbedeutend ist.

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2. Common-mode-Spannung
Wenn die Summe der Augenblicksspannungen der drei Motorphasen ungleich null ist,
ergibt sich eine Gleichtaktspannung gegenüber dem Erdbezug. Umrichterbedingt
ergeben sich prinzipiell drei Ursachen von Common-mode-Spannungen.

A) Wechselrichterschalten
Ein schaltender Wechselrichterausgang kann nur zwei Schaltzustände einnehmen. Der
Wechselrichter hat aber drei Ausgänge. Mit zwei Schaltzuständen ist es aber nicht
möglich, bei einer ungeraden Anzahl von Ausgängen die Summe der
Ausgangsaugenblicksspannung von null einzustellen. Bei drei Ausgängen erzeugt der
Wechselrichter zwangsläufig bei jedem Schaltzustand die Höhe der
Zwischenkreisspannung als Common-mode-Spannung.

B) Netzgleichrichten
Durch die Gleichrichtung des Netzes (dreiphasig) im Umrichter wird eine Common-mode
Spannung erzeugt, die 15% der Netzspannungsamplitude bei dreifacher Netzfrequenz
aufweist. Eine Filterung ist wegen der niedrigen Frequenz (150 Hz) technisch nicht
sinnvoll.

C) Modulation der dritten Oberschwingung


Zur Erzielung einer höheren Motoreffektivspannung wird der Spannungsgrundschwingung
bewusst eine dritte Oberschwingung aufmoduliert. Die dritte Oberschwingung erzeugt
eine Common-mode-Spannung in Höhe von 15% der Motorspannungsamplitude. Die
Frequenz dieser Spannung ist die dreifache Drehfeldfrequenz.

Die resultierende Common-mode-Spannung ist eine Überlagerung der drei aufgeführten


Common-mode-Anteile.

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3. Elektrisches Verhalten von Lagern

Die Fettschicht in den Lagern wirkt isolierend. Die Isolation der Fettschicht weist eine
Durchbruchspannung auf. In der Literatur werden Durchbruchspannungen von
10 V – 30 V genannt. Die Durchbruchspannung ist abhängig vom Lager, von der
Temperatur, vom verwendeten Fett usw.
Bei einer Lagerspannung von 8 – 9 V wird die Lagerfettschicht üblicherweise
durchschlagen.

4. Dämpfung von Lagerströmen

Wesentliche Maßnahme zur Dämpfung von Lagerströmen ist eine sachgemäße


Verkabelung und Erdung gemäß den Betriebsanleitungen.
Für die Erdung ist maßgebend, dass sie nicht nur ausreichend niederohmig für
Personenschutz ausgeführt ist, sondern auch mit geringer Hochfrequenzimpedanz
(grossflächige Kontaktierung).

Der Leistungsanschluss ist gemäß den Vorgaben der Installationsanweisung


auszuführen.

Besonders zu beachten ist:


• Es sind geschirmte Motorleitungen zu verwenden
• Der Leitungsschirm darf nicht unterbrochen sein.
• Der Schirm ist auf beiden Seiten aufzulegen.
• Das Auflegen des Schirmes muss mit einer 360°-Umschlingung erfolgen (z.B.
Bügelschelle).
• Die Schirmanbindung geräteseitig erfolgt mit Laschen am Schirmblech oder durch
Schellen (die Lagerstromdrosseln verfügen über eine geeignete Schirmschelle).
• Die Schirmanbindung am Motor erfolgt durch eine spezielle EMV-
Kabeldurchführung des Klemmkastens.

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5. Reduzierung von Lagerströmen

Da der Schwerpunkt der Lagerstromproblematik im Leistungsbereich ab ca.15 kW liegt,


hat Lenze für Motorleistungen von 15 – 90 kW spezielle Lagerstromdrosseln ins
Zubehörprogramm aufgenommen (drei verschiedene Typen). Hierdurch ist eine
Reduzierung der Lagerströme um den Faktor 5 bis 10 möglich, so dass der Energiegehalt
der so reduzierten Lagerströme nicht mehr ausreicht, die Lager zu schädigen und eine
ausreichende Lebensdauer der Motorlager sichergestellt ist.

In Verbindung mit den Lagerstromdrosseln können Frequenzumrichter sowie


Servoumrichter ohne Einschränkungen betrieben werden. Ein Einfluss auf die
Motorstromregelung der Servoumrichter ist vernachlässigbar.

Zusätzlich sind Verbesserungen bei Leistungen > 15 kW durch die Verwendung


symmetrischer Motorkabel möglich. Entweder durch ein dreiadriges Kabel, wobei der
Schirm gleichzeitig die Funktion des PE-Leiters übernimmt, oder ein sechsadriges Kabel
mit drei symmetrisch angeordneten PE-Leitungen reduzierten Querschnitts.

Bei Motorleistungen > 110 kW empfiehlt Lenze aus kommerziellen Gründen (Kosten) die
Verwendung von isolierten Motorlagern. Diese Lager sind in Abmaßen und Toleranzen
mit herkömmlichen Lagern identisch. Beim Einsatz von isolierten Lagern ist es jedoch
wichtig, dass die Wellenanbauten (last- und geberseitig) ebenfalls eine Isolierung
ausweisen, weil sonst z. B. die Lager eines Anbaugetriebes den Lagerstrom übernehmen
und geschädigt werden können.

Wenn zusätzliche Ausgangsdrosseln wie Motordrosseln, Motorfilter oder Sinusfilter zum


Einsatz kommen, so sollte wegen der optimalen Schirmkontaktierung immer die
Lagerstromdrossel direkt an der Motorleitung angeschlossen werden, während die
zusätzlichen Filter direkt am Gerät anzuschliessen sind.

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Daten Lagerstromdrosseln
Allgemeine Angaben:

Induktivität: 3 x 100 mH + 50 % - 20 %
Max. Netzspannung: 550 V AC
Schaltfrequenz: 1 kHz – 8 kHz
16 kHz (Stromderating siehe Tabelle)
Modulation: verlustleistungs- und geräuschoptimiert Max.
Länge der Motorkabel: 100 m kapazitätsarm
(ohne zusätzliche Maßnahmen) 50 m Standardkabel
Prüfspannung: 2500 V AC
Isolationswiderstand gegen Masse: > 1 M Ohm bei 1 kV
Kühlung: Luft, freie Konvektion
Klimatische Bedingungen: Klasse 3K3 nach EN 50178
Überspannung: Kategorie III nach VDE 0110
Verschmutzungsgrad: VG 2 nach VDE 0110
Temperaturen: Betrieb – 10 ° C … + 40 ° C
+ 40 ° C … + 55 ° C mit Derating 2,5 % / K
Rüttelfestigkeit: Beschleunigung bis 2 g
Temperaturüberwachung: Temperaturschalter (Öffner)
1,5 A / 250 V AC, Klemmenbez. T1, T2

Typabhängige Angaben

Baugröße 1 2 3
Typbezeichnung ELD3-001H066 ELD3-001H135 ELD3-001H205
Artikelnummer 463436 463450 463451
Zugeordnete Geräteleistung 15 – 30 kW 45 -55 kW 75 – 90 kW
Motorstrom dauernd 66 Aeff 135 Aeff 205 Aeff
(= 4 kHz)
Motorstrom dauernd (8kHz) 59 Aeff 110 Aeff 171 Aeff
Motorstrom dauernd 44 Aeff 77 Aeff 108 Aeff
(16 kHz)
Motorstrom 60 sec. 150 % Inenn 150 % Inenn 150 % Inenn
Motorstrom 1 sec. 200 % Inenn 200 % Inenn 200 % Inenn
Motorkabel Aussen ø 12 – 30 mm 22 – 50 mm 33 – 60 mm
Leiterquerschnitt 4 - 25 mm2 16 – 70 mm2 50 – 120 mm2
Länge der angeschlagenen 300 mm 400 mm 400 mm
Kabelenden
Ring - Kabelschuh M8 M8 M 10
Befestigungsmaße in mm 100 x 90 100 x 106 100 x 106
Abmaße in mm 220 x 136 x 315 220 x 152 x 350 220 x 152 x 350
(L x B x H)
Gewicht 11 kg 16,5 kg 20 kg

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6. Zusammenfassung

Beim Einsatz von Geräteleistungen > 15 kW ist es, wie auch bei anderen Wettbewerbern,
aus Gründen der Betriebssicherheit und zur Erreichung höchst möglicher Betriebsstunden
empfehlenswert, immer die Lagerstromdrosseln einzusetzen. Bei einem 55 kW Antrieb
entstehen dadurch Material-Mehrkosten von ca.5% (bezogen auf den gesamten Antrieb).

Genauso sollten bei Geräteleistungen > 110 kW immer isolierte Motorlager verwendet
werden, wobei die Material- Mehrkosten auch hier in ähnlicher Grössenordnung liegen.
Bei Geräteleistungen < 11 kW ist der Einsatz von zusätzlichen Lagerstromdrosseln
nach bisherigen Erfahrungen nicht erforderlich. Falls jedoch ein zusätzlicher Schutz
gewünscht wird, so können hier Motorentstörmodule aus dem Zubehörprogramm 8200 v
eingesetzt werden, die ein vergleichbares Verhalten zeigen.

Hinweis:

Weitere Informationen zur Installation der Lagerstromdrosseln sind in der


Montageanleitung enthalten (Art.-Nr.466 379).

Informationen zum Messverfahren von Lagerströmen sind im Applikationsbericht


Nr.300.12.2 unter Punkt 2.3.13 aufgeführt.

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