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PAAG/HAZOP

Dr. Joachim Sommer


Fachbereich Anlagen und Verfahrenstechnik

Originalliteratur

1
Was bedeutet PAAG ?

Vermeiden von Störungen durch:

Prognose von Abweichungen

Auffinden der Ursachen

Abschätzen der Auswirkungen

Gegenmaßnahmen

HAZOP: Hazard and Operability

Mitte der 1960er Jahre:


Idee einer HazOp bei ICI in Manchester entwickelt

Mitte der 1970er Jahre:


Durch das Ereignis von Flixborough neue Bedeutung

Anfang der 1980er Jahre:


als PAAG durch BG Chemie in Deutschland eingeführt

In 2001:
Normung als IEC 61882 durch IEC

2
Prognose von Abweichungen

Auffinden der Ursachen

Fehlerbaumanalyse

3
Abschätzen der Auswirkungen

Ereignisablaufanalyse

Gegenmaßnahmen

Ereignisverhindernd Schadensbegrenzend

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Beispiel einer Anwendung

Von TKW via Pumpe P1:


Ethylbenzol

Behälter B1
Volumen: 25 m3

Anmerkungen:

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Vorgehensweise (Schritt 1)

Zergliedern der Anlage in überschaubare


Funktionseinheiten
(z. B. Tank mit Zuführungsleitung)

Zergliedern der Arbeitsschritte in überschaubare


Handlungssequenzen
(z. B. Befüllvorgang)

Praxisfragen zur Auswahl der Funktionseinheit

Welcher Umfang hat bei Ihnen eine Funktionseinheit?

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Festlegen der Sollfunktion

Befülle Behälter B1

bei Umgebungstemperatur

innerhalb 4 Stunden

mittels Pumpe P1

mit 22.000 Liter Ethylbenzol

aus Tankkesselwagen

Sinnvolle Elemente der Sollfunktion

Befülle Behälter B1 Ort

bei Umgebungstemperatur Temperatur

innerhalb 4 Stunden Zeitraum

mittels Pumpe P1 Weg / Druck

mit 22.000 Liter Ethylbenzol Menge / Stoff

aus Tankkesselwagen Quelle

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Praxisfragen zur Festlegung der Sollfunktion

Welche Detailtiefe und welcher Informationsgehalt


hat bei Ihnen eine Sollfunktion?

Anmerkungen:

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Vorgehensweise (Schritt 2)
Anwenden offener Fragestellungen durch Hinterfragen der
Sollfunktion mit sieben ”Leitworten”
► Nein (bzw. Nicht)
► Mehr / Weniger
► Sowohl als auch
► Teilweise
► Umkehrung
► Anders als

Interpretation der Leitworte

► Nein (bzw. Nicht): Sollfunktion wird nicht erfüllt

► Mehr / Weniger: quantitative Größen nehmen zu / ab

► Sowohl als auch: zusätzliche Stoffe, Wege, Effekte

► Teilweise: einzelne Komponenten fehlen

► Umkehrung: falsche Richtung

► Anders als: andere Stoffe, Wege, Effekte

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Prognose von Abweichungen

Abweichung

Befülle B1 nicht

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Praxisfragen zur Anwendung der Leitworte

Welche Leitworte kommen bei Ihnen zur Anwendung?

Werden alle Leitworte auf alle Elemente angewendet?

Anmerkungen:

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Vorgehensweise (Schritt 3)

Suche nach Ursachen: Warum?

Abweichung Ursache
Warum?
Befülle B1 nicht Pumpe defekt

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Frage: wie intensiv ist die Suche nach
Ursachen?
Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme
Befülle nicht ... Pumpe defekt Produktions- Ersatzpumpe
ausfall bereithalten
...
...

Wie umfangreich die Suche nach Ursachen sein sollte, hängt von
den potenziellen Auswirkungen der Abweichung ab.
Die Suche nach Ursachen ist ein entscheidender Zeitfaktor bei einer
PAAG-Studie. Hier zeigt sich das Gespür und die Erfahrung des
Moderators.

Praxisfragen zum Auffinden der Ursachen

Wie viele Ursachen werden bei Ihnen gesucht?

Werden auch die „Ursachen der Ursachen“ analysiert?

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Vorgehensweise (Schritt 4)

Beschreibung der Auswirkungen: Was passiert?

Abweichung Ursache Auswirkung


Warum? Was passiert?
Befülle B1 nicht Pumpe defekt Keine
Übernahme von
Ethylbenzol:
Produktions-
ausfall!

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Frage: werden Gegenmaßnahmen
berücksichtigt?
Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme
Befülle mehr Nicht möglich
als 22 m³ ... wegen
Überfüll-
sicherung
Grundregel: Technische und organisatorische Gegenmaßnahmen
werden zunächst nicht berücksichtigt!
Somit ist eine konservative Abschätzung der Auswirkungen
möglich.
Die Berücksichtigung „Ausfall vorhandener Gegenmaßnahmen“
als Fehlerursache liegt im Ermessen des Moderators

Praxisfragen zum Abschätzen der Auswirkungen

Betrachten Sie die Auswirkungen

• der Abweichung oder

• der verschiedenen Ursachen?

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Frage: wie viel ist weniger, wie viel ist
mehr?
Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme
Befülle weniger Ein Tropfen?
als 22 m³ ...
Ein m³ ?
100 % ?

Quantifizierung ist Ermessenssache:


• Welche Toleranzen sind sinnvoll?
• Welche Fehlermöglichkeiten sind sinnvoll?
Eine Festlegung liegt im Ermessen des Tutors und des Teams

Frage: was alles berücksichtigen bei


„sowohl als auch“ und bei „anders als“?
Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme
Befülle sowohl Verwechslung
mit Ethylbenzol Verunreinigung
als auch mit...

Auswahl ist Ermessenssache:


• Welche Toleranzen sind sinnvoll?
• Welche Fehlermöglichkeiten sind sinnvoll?
Eine Festlegung liegt im Ermessen des Tutors und des Teams

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Vorgehensweise (Schritt 5)

Festlegen von Gegenmaßnahmen: Was tun?

Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme


Warum? Was passiert? Was tun?
Befülle B1 nicht Pumpe defekt Keine Ersatzpumpe
Übernahme von bereithalten
Ethylbenzol:
Produktions-
ausfall!

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Praxisfragen zum Festlegen der Maßnahmen

Gibt es bei Ihnen Bewertungskriterien


für die „Qualität“ der Gegenmaßnahmen?

Wie werden bei Ihnen vorhandene


und zusätzliche Maßnahmen differenziert?

Anmerkungen:

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Dokumentation

Abweichung Ursache Auswirkung Maßnahme


Warum? Was passiert? Was tun?
Befülle B1 nicht Pumpe defekt Keine Ersatzpumpe
Übernahme von bereithalten
Ethylbenzol:
Produktions-
ausfall!

Praxisfragen zur Dokumentation

Welche „Werkzeuge“ nutzen Sie zur Dokumentation?

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Ablauf einer PAAG-Studie

► Beschreibung des betrachteten Systems


(z. B. durch Projektleiter anhand R&I)
► Formulieren von Sollfunktionen
(entsprechend der Komplexität des Systems)
► Anwenden der Leitworte
(unter Leitung des Moderators)
► Dokumentation der Studie in Formblättern

Erfolg der Methodik


Durch Verknüpfen der Sollfunktion mit den sieben
Leitworten entstehen zwangsläufig hypothetische
Fehlzustände eines nicht bestimmungsgemäßen
Betriebes, die auch in der Praxis auftreten können.

Somit können Fehler sicher aufgedeckt werden,


bevor sie auftreten und Schaden anrichten!

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Erforderliche Unterlagen
In Abhängigkeit des untersuchten Prozesses:
Verfahrensbeschreibung
(Verfahrenshandbuch, Arbeitsanweisungen)
Anlagenbeschreibung
(Aufstellungspläne, R&I, PLT-Funktionspläne)
Stoffbeschreibung
(Sicherheitsdatenblatt, Reaktionskenngrößen)

Anmerkungen:

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PAAG-Team: Zusammensetzung
(Beispiel)
• Forschung / Projektentwicklung
• Betrieb / Projektleitung , ggfs. Meister
• Ingenieurtechnik
• MSR-Technik
• Arbeits-/Anlagensicherheit
• Umweltschutz (ggfs. nur bei Bedarf)
• Brandschutz (nur bei Bedarf)

Praxisfragen zur Teamzusammensetzung

Wer arbeitet bei Ihnen im PAAG-/Hazop-Team mit?

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PAAG-Modifikation „Verfahrenstechnik“
Leitwort nein mehr weniger Sowohl Umkehr Anders
Parameter als auch als
Stoff Verun- Falsche Ver-
reinigt Phase tauscht
Menge kein Zu Zu
viel wenig
Druck/ Zu Zu
Temp. hoch tief
Zeitraum Zu Zu
langsam schnell
Zeitpunkt Zu früh Zu spät Falsche
Abfolge
Ort Leckage Andere Ver-
Richtung tauscht
sonstiges AusfallE Zünd-
nergie quelle

Praxisfragen zur Modifikation

Werden bei Ihnen Leitwort-“Kataloge“ verwendet?

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