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MASCHINENELEMENTE

Schrauben und Schraubenverbindungen

Prof. Dr.-Ing. H. Gruss


Schrauben und Schraubenverbindungen

Gliederung

5.1 Einführung

5.2 Grundformen von Schrauben und Muttern

5.3 Gewinde

54
5.4 Mechanisches Wirkprinzip von Schraubenverbindungen

5.5 Beanspruchung der Befestigungsschraube beim Anziehen

5.6 Anziehmethoden

5.7 Verspannte Schraubenverbindungen

5.8 Beanspruchungen in der Schraubenverbindung

5.9 Konstruktive Einflüsse auf die Beanspruchbarkeit

5.10 Werkstoffe und Herstellung

5.11 Betrachtungen zum Vorliegen dynamischer Betriebskräfte

5.12 Vorgehensweise zur rechnerischen Auslegung einer Schraubenverbindung

5.13 Hinweise zur Auslegung einer thermisch beanspruchten Schraubenverbindung

5.14 Sichern von Schraubenverbindungen


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5.1 Einführung

• Schrauben sind die am häufigsten eingesetzten Maschinenelemente zum


Verbinden von Bauteilen. Grund ist die weitgehende Normung.

• Das Funktionsprinzip ist das eines Keils, welcher um einen Kernquerschnitt


aufgewickelt ist und erlaubt folgende Einteilung in Grundanwendungen:

Kraftübersetzung: Erzeugung großer Axialkräfte durch kleine Umfangskräfte

Wegübersetzung: Erzeugung kleiner Axialwege durch große Umfangswege

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• Nach den Hauptfunktionen wird eingeteilt in:

Befestigungsschrauben: Drehbewegung führt zum Verspannen von zwei


Bauteilen.

Bewegungsschrauben (Schraubgetriebe): Umwandlung von Dreh- in


Längsbewegungen zur Erzeugung
großer Kräfte

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• Auf diesen Einteilungen basieren zahlreiche Anwendungen für Schrauben, z.B.


als:

Verbindungselement: Lösbare Verbindung von Bauteilen zur Erzeugung von


Vorspannungen.

Umwandlung von Ekin in Epot, um: - Aufnahme der axialen Betriebskraft


- Reibschluss zwischen Kupplungshälften
- Sicherung
Si h gegen LLosdrehen
d h
- Abdichten der Trennfugen

Kraftübertragung in der Verbindung:

Befestigen und Lösen

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Flanschanschluss Konsolanschluss
Beanspruchung durch Längskraft und Biegemoment Beanspruchung durch Querkraft und Biegemoment

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Stellelement: Einstellung von Anschlägen

Mikrometer

Muffenventil

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Arbeitselement: Momenten-Kraftwandlung (hohe Übersetzungen)

Schraubstock

Wagenheber

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5.2 Grundformen von Schrauben und Muttern nach DIN ISO 4759

a) Sechskantschraube mit Schaft k) Zylinderschraube mit Schlitz


b) Sechskantschraube mit Gewinde bis Kopf l) Flachkopfschraube mit Schlitz
c) Sechskantschraube mit Mutter für Stahlkonstruktionen m) Senkschraube mit Innensechskant
d)) Sechskantschrauben mit ggroßer Schlüsselweite n)) Senkschraube mit Schlitz
e) Sechskantschraube mit Zapfen o) Linsensenkschraube mit Schlitz
f) Sechskantschraube mit Ansatzspitze p) Senkschraube mit Schlitz und Mutter
g) Sechskantpassschraube mit Mutter q) Linsenschraube mit Kreuzschlitz
h) Sechskantpassschraube mit langem Gewindezapfen r) Vierkantschraube
i) Zylinderschraube mit Innensechskant s) Augenschraube
t) Kreuzlochschraube

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G
Genormte
t Schraubenüberstände
S h b üb tä d nach h DIN 78

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Stiftschrauben mit Übergangspassungen

Gewindestifte

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a) Sechskantmutter
b-c)
b c) niedrige Form o-p)
o p) Vierkantmutter
d) h= 1,5*d q) Schlitzmutter
e) große Schlüsselweite r) Zweilochmutter
f-i) Kronenmutter s) Kreuzlochmutter
k) selbstsichernd t) Nutmutter
l m)
l-m) Hutmutter u) Kreuzlochmutter
n) selbstsichernde Huttmutter

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5.3 Gewinde

• Schraubenverbindungen basieren auf der Paarung von Gewinden, dabei besitzen:

- Bolzen  Außengewinde

- Mutter  Innengewinde

• Für
ü ddie
e Herstellung
e s e u g de
der Ge
Gewinde
de e
ergeben
gebe ssich
c folgende
o ge de Forderungen:
o de u ge

- Gewinde müssen geometrisch aufeinander abgestimmt sein


- Passungs- und Toleranzprobleme
Passungs

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• Infolge dessen besitzt ein Gewindesystem folgende Normfestlegungen:

- Profil Durchmesser
Profil, Durchmesser, Steigung und Toleranzen

• Es wird unterschieden tan  


zwischen:

-ein- und mehrgängig

- links- und rechtsgängig


P

-metrische
t i h und
d zöllige
ölli G Gewinde
i d
U  2 * * r
-Feingewinde

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• Die Kenngröße der Gewinde sind:

Steigung P: Bei einer vollen Schraubendrehung wird die Mutter um P in


Axialrichtung verschoben.

Steigungswinkel   tan( ) 

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Gewindeformen

Spitzgewinde (Befestigungsgewinde)
a) Metrisches Gewinde d) Trapezgewinde
b) Metrisches Feingewinde
c) Whitworth-Rohrgewinde
e) Sägengewinde

f) Rundgewinde

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Rundegewinde bei Glühlampe und Wasserflasche

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Profildaten der Rundgewinde, Whitworth-Rohrgewinde, Trapez- und Sägengewinde

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Weitere Gewindeformen

- Kegelgewinde im Rohrleitungsbau

- Gewinde für Holzschrauben

- selbstfurchende Gewinde

- Gewinde für Wälzschraubgetriebe

- Hoher Wirkungsgrad (> 80%)


Trapezgewinde: (ca.
(ca 50%)

- Geringe Wärme

- Keine Selbsthemmung (Bremse


erforderlich)
f d li h)

Kugelgewindespindel

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Normgerechte Darstellung von Schrauben und Gewindebohrungen

Sechskantschraube ISO 4014 – M8 x 40 – 8.8 Bemaßung Gewindesackloch

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5.4 Mechanisches Wirkprinzip von Schraubenverbindungen

• Die primäre mechanische Beziehung resultiert


aus der Überlagerung der Rotationsbewegung
(Umfangskraft im Gewinde) und der Translations-
bewegung (Längskraft in der Verbindung). Diese
wird im Wesentlichen beschrieben durch:

• Die Wi
Di Wirkung
k d
der R
Reibung
ib hä
hängtt von d
der B
Bewegungsrichtung
i ht ab.
b IInfolgedessen
f l d
muss unterschieden werden zwischen:

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• Anziehen und Last heben (Bewegungsschrauben)

Fax
FN

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• Lösen und Last senken (Bewegungsschrauben)

Fax
 

FU

 FR
 FN
 

 

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• Die bisherigen Berechnungen geschahen


am Beispiel des Flachgewindes (β=0°).
Jedoch steht die Normalkraft senkrecht zur
Flanke und ist damit um β/2 zur
Schraubenlängsachse geneigt.

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tan(  )
tan( ´)  
 
cos 
2

• Substitution:

• Somit ergibt sich für μ = 0,1

Trapezgewinde   30  tan(( ´)   ´

Metrisches Gewinde   60  tan( ´)   ´

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• Für Bewegungsschrauben bedeutet Reibungsarbeit Verlust. Bezogen auf eine


Umdrehung ist:

Nutzarbeit Wnutz  Fax * P

Aufwand Wauf  2 *  * M A  2 *  * r * FU

Wnutz Fax * P
• Der Wirkungsgrad für Bewegungsschrauben  
beträgt somit: Wauf 2 *  * r * FU

Fax 1 P P
 tan( )  
FU tan(   ' )  * dm 2 * * r

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5.5 Beanspruchung der Befestigungs-


schraube beim Anziehen

• Befestigungsschrauben werden mir


einer Montagevorspannkraft FM
angezogen.
g g Hierbei muss die Reibung
g
im Gewinde, am Schraubenkopf und an
der Mutter berücksichtigt werden.
FM … Montagevorspannkraft

für metrisches d2  P 
ISO-Gewinde M G  FM * *   1,155 * G 
mit β = 60° gilt: 2   * d2 
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Reibzahlen μG für verschiedene Oberflächen und Schmierzustände nach VDI-Richtlinie 2230

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Reibzahlen μK für verschiedene Oberflächen und Schmierzustände nach VDI-Richtlinie 2230

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Zulässige Montagevorspannkräfte FM,zul bei σv,zul = 0,9*Rp0,2 und zugehörige Anziehmomente MA für
Schaftschrauben mit metrischem Regelgewinde und Kopfabmessungen von Sechskant- und Zylinderschrauben.

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5.6 Anziehmethoden

• Die zu berücksichtigende Reibung hängt auch von der Anziehmethode ab.


Das Anziehen von Schrauben kann erfolgen

- von Hand mit Gabel- oder Ringschlüssel

- mit Drehmomentenschlüssel

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- mit Verlängerungsbegrenzung

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1. Dabei wird die Schraubenlänge wird vor und während der Montage
gemessen. Unter Anwendung des Hook‘schen Gesetztes wird gewünschte
Vorspannkraft errechnet.

2. Alternativ dazu können g


große Schrauben so langeg erwärmt werden,, bis
sich die gewünschte Dehnung. Dann erfolgt die Montage „ohne“
Kraftaufwand. Beim Erkalten zieht sich der Schraubenbolzen zusammen
und erzeugt die erforderliche Vorspannung
Vorspannung.

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3. Bei großen Schrauben wird


das hydraulische Anziehen
eingesetzt (Druckkessel,
(Druckkessel
Windräder). Hierbei wird das
hinausstehende Ende der
Schraube durch eine Mutter
gefasst, unter Druck gezogen
und verlängert. Im Anschluss
wird die Schraubenmutter bis
zur Anlage geschraubt und
der Druck abgelassen.

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- mit Streckgrenzenkontrolle

Anziehen der Schraubenverbindungen


Schraubenverbindungen, bis Trennflächen „satt
satt“ anliegen.
anliegen
Anschließend wird das Verhältnis von Anziehdrehmoment zu Anziehdrehwinkel
gemessen. Sobald kein linearer Zusammenhang mehr besteht, wird
Anziehvorgang beendet
beendet.

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- mit Drehwinkelsteuerung

Die Verbindung wird definiert vorgespannt (Kopfauflage muss anliegen)


anliegen). Mittels
Umrechnung von Verdrehwinkel der Mutter auf die Verlängerung der Schraube
erfolgt die Verdrehung, bis in den plastischen Bereich hinein.

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- durch motorische Verfahren (Serienfertigung)

mit Drehschraubern

mit Schlagschraubern

- Durch Drehimpulse, Erfahrungswerte / Erprobung an


betreffender Schraubverbindung

- Für hoch beanspruchte Verbindungen zu ungenau


(Streuung)

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• Die aus dem Montageverfahren und den auftretenden Reibungsverhältnissen


resultierenden Unsicherheiten müssen bei der Berechnung der
Montagevorspannkraft FM bzw.
bzw der nach dem Setzen eintretenden (effektiven)
Vorspannkraft FV durch den Anziehfaktor αA berücksichtigt werden.

• Dabei muss die tatsächliche Vorspannkraft in einem Intervall liegen.

• Beim Anziehfaktor handelt es sich eigentlich um einen

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• Die Gleichung zur Berechnung des Anziehfaktors gilt nicht für hydraulisches
Anspannen bzw. Erwärmen, da während des Verspannvorgangs keine Reibung
auftritt Ebenso tritt keine Torsionsbeanspruchung auf
auftritt. auf.

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Anziehfaktoren nach der


VDI-Richtlinie 2230

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Anziehfaktoren nach der


VDI-Richtlinie 2230

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5.7 Verspannte Schraubenverbindungen

• Die Belastung von Befestigungsschrau-


benverbindungen ist neben äußeren
Krafteinwirkungen auch von dem
Verspannungszustand
g g
geprägt.
g

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Verspannungsschaubild – bei Abschluss des Montagevorgangs

Nachgiebigkeit
g g

Schraube:

Flansch:

Nachgiebigkeit
g g = 1 / Federsteifigkeit
g

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Verspannungsschaubild – bei Abschluss des Montagevorgangs

F
Vereinfachung der Darstellung

f f

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Verspannungsschaubild – Vorspannkraftverlust FZ im betriebsbereiten unbelasteten Zustand

F Vorspannkraftverlust infolge
plastischer Einebnung von
Oberflächenrauhigkeiten in
kräfteübertragenden Flächen
sowie Relaxation des Schrauben-
schaftes (Setzerscheinungen).

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Verspannungsschaubild – Betriebskraft FA und Klemmkraft FK im belasteten Zustand

F Schrauben-
Schrauben
zusatzkraft:

Flanschent-
Flanschent
lastungskraft:
FV

fS fP f

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• Damit errechnet sich unter Betriebskraft die Gesamtbelastung der Schraube

Schadensfall:

• Zugleich wird die Klemmkraft zwischen den Fügeteilen kleiner

Schadensfall:

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Verspannungsschaubild – Betriebskraft FA und Klemmkraft FK im belasteten Zustand

FV

f
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Elastische Nachgiebigkeit der Schraube δS

- Schraube ist Stab, bestehend aus hintereinander geschalteten Federn

- Nachgiebigkeit des Kopfes K


lKo
K  l Ko  0,4 * d
ES * AN

- Nachgiebigkeit eines nicht eingeschraubten Einzelelements  S ,i


l S ,i
 S ,i 
ES * AN ,i nicht eingeschraubtes Gewindeteil d2  d3
 Spannungsquerschnitt A = AS mit dS dS 
2

- Nachgiebigkeit des eingeschraubten Gewindeteils  G - Nachgiebigkeit des Mutterprofils  M


lG lM Durchsteckverbindung : lM  0,4 * d
G  lG  0,5 * d M  eingeschra
g ubte
ES * AS EM * AN Schraubenverbindung : lM  0,33 * d

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Elastische Nachgiebigkeit der verspannten Teile δP

•Die Formgebung und die Lasteinleitung beeinflussen maßgeblich das


Verformunsgverhalten.
In der VDI-Richtlinie 2230 ist festgelegt, dass die Verformungen der verspannten
Teile in etwa der Verformung einer Hülse der der Klemmlänge lK und einem
Ersatzquerschnitt Aers entsprechen, der die Ausbildung der sich im
Verspannungsbereich ausbreitenden Druck- und Verformungskegel berücksichtigt.

Somit gilt näherungsweise:

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Elastische Nachgiebigkeit der verspannten Teile δP

• Nachgiebigkeit der einzelnen Fügeteile  P,i


l K ,i
 P ,i 
EP ,i * Aers ,i

• 2 Grenzfälle:

Fall a) Flansch ist dünne Hülse  Druckbereich entspricht Hülsenquerschnitt


Fall c) Flansch ist unendlich große Platte  Druckkegel unabhängig von Flanschgröße

 Fall b) Flansch ist endlich große Platte  empirisch ermittelter Ersatzquerschnitt


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Ersatzdruckzylinder zur
Berechnung der elastischen
Nachgiebigkeiten verspannter
Hülsen und Platten

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Einfluss der Krafteinleitung in die Verbindung

• In der bisherigen Betrachtung wurde der Angriff der Betriebskraft unmittelbar am


Schraubenkopf angenommen. Jedoch hängt in Wirklichkeit der Ort der
Krafteinleitung von der konstruktiven Ausführung der Baugruppe ab.

• Die Aspekt findet ebenso in der VDI-Richtlinie 2230 Berücksichtigung

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n 1 n  0,5 n0

F F F

f f f

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Berechnung der Nachgiebigkeiten in Abhängigkeit der Krafteinleitung

n … Krafteinleitungsfaktor

   i  S   P  const  
1 1 1
 
ci cS cP

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Berechnung der Schraubenzusatzkraft in Abhängigkeit der Krafteinleitung

 p ´ n *  p

 S ´  S  (1  n) *  P

n * P
FSA  FA *
 S  (1  n) *  P  n *  P

n * P
FSA  FA *
S  P

FSA  FA * n *  K

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Krafteinleitungsfaktoren für typische Konstruktionsfälle

a) Deckelverschraubung mit weit von der Trennfuge liegendem Kraftangriffspunkt

b) und c) mit näher zur Trennfuge rückendem Kraftangriffspunkt

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Vorspannkraftverlust infolge
Vorspannkraftverlust durch Setzen plastischer Einebnung von
Oberflächenrauhigkeiten in
F k äft üb t
kräfteübertragenden
d Flä
Flächen
h
fz sowie Relaxation des Schrauben-
schaftes (Setzerscheinungen).
FM
FZ

FV Setzbetrag:

fS fP f
f´S f´P
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• Die Setzbeträge hängen von der Oberflächenbeschaffenheit der verspannten


Teile ab. Die in der Tabelle aufgeführten Werte geben einen Überblick für
verspannte Teile aus Stahl
Stahl. Bei Aluminium müssen die doppelten Werte
herangezogen werden.

Richtwerte für Setzbeträge für Werkstoffe aus Stahl


nach der VDI-Richtlinie 2230
alternativ

Starrschraube: Dehnschraube:
0 , 34
l 
f Z  3,29 *  K  *10 3 mm f Z  3,16 * l K *  S * E S  *10 3 mm
0 ,17

d
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• Weitere irreversible Vorgänge bewirken Vorspannungsverluste, so z.B.:

- das Setzen von Dichtungen nach erstmaliger Belastung

- die Beanspruchung der Schrauben im teilplastischen Bereich

Vorspannkraftverlust infolge plastischer Verformung

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Konstruktive Beeinflussung des Verspannungsverhaltens

• Das Hauptauslegungskriterium bei Schraubenverbindungen ist die Belastbarkeit


der Schraube. Daher versucht man, die Zusatzbeanspruchungen durch die
Betriebskraft auf die Schraube gering zu halten.

• Konstruktive Maßnahmen sind:

- Optimierung der Krafteinleitung  Verminderung von n

- Einsatz von Dehnschrauben und Dehnhülsen

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Gegenüberstellung von DehnSchraube (links) und StarrSchraube (rechts)

FV,SS
FV,DS
FA

f f

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Dehnhülse

Dehnschraube

Flansch

• Dehnschrauben und Dehnhülsen besitzen folgende

Vorteile: - unempfindlicher gegenüber Betriebskraft und Biegebeanspruchungen

- geringerer Vorspannungsverlust durch Setzen und therm. Dehnungen

Nachteile: - aufwendige Schraubenfertigung (nicht genormt)

- größerer Platzbedarf

- geringere Klemmkräfte (mögl. Schadensfall)


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Verschraubung eines Kolbens

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5.8 Beanspruchungen in der Schraubenverbindung

5.8.1 Statische Beanspruchungen im Schraubenquerschnitt

• Für die Festigkeitsbetrachtung von Schrauben wird mit Nennspannungen


gerechnet. Infolge von Kerben im Gewinde, unterschiedlicher tragender
Querschnitte und der konstruktionsbedingten Krafteinleitung wird die berechnete
Bauteilfestigkeit experimentell verifiziert.
verifiziert

• Zugspannungen im Schraubenquerschnitt

d 2  d3
wobei d S 
2

Beachte: Bei Dehnschrauben kleinster Querschnitt maßgebend


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• Torsionsspannungen (vor dem Eintreten des Setzvorgangs)

 * dS 3
wobei Wt  bei Anspannmethode:
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Hinweis: Bei Dehnschrauben werden


Maßnahmen zu Vermeidung
von Torsionsbeanspruchung
getroffen, daher mechanisches,
hydraulisches oder thermisches
Anspannen.
Anspannen

Dehnschrauben mit Festhalte-


möglichkeit beim Anziehen

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• Biegebeanspruchungen sollten im Betriebszustand vermieden werden, sind


jedoch fertigungsbedingt nicht immer zu vermeiden.

Fertigungsbedingte Ursachen können sein:

- schiefe Kopf- oder Mutterauflage


- nicht zentrische Gewinde
- nicht fluchtende Durchgangsbohrungen

• Vergleichsspannungen werden nach der Gestaltänderungsenergiehypothese


berechnet.

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5.8.2 Flächenpressung an Kopf und Mutter

• Maßgebend ist die Flächenpressung p aus der maximalen Schraubenkraft vor


Eintreten der Setzvorgänge.

Ap 

4

* dW  d a
2 2
 Ap 

4

* dW  d h
2 2

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• Die entsprechenden Flächen sind bei den Schraubenverbindungen festgelegt. Bei


Eigenkonstruktionen ist besonderes Augenmerk darauf zu richten. Bei nicht
ausreichender Festigkeit (z.
(z BB. Guss) empfiehlt es sich:

Zulässige Grenzflächenpressung in Kopf


Kopf- und Mutterauflagenflächen nach VDI 2230

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5.8.3 Beanspruchung im Schraubengang

• Bei Befestigungsschrauben müssen Scherfestigkeit und Flächenpressung im


Schraubengang nicht nachgerechnet werden, wenn die genormten
Einschraubtiefen eingehalten werden.

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5.9 Konstruktive Einflüsse auf die Beanspruchbarkeit

Verformung von Schraube und Mutter

Lastaufteilung auf die Gewindegänge

a) mit Normmutter (Druckmutter) b) mit Stulpmutter c) mit Zugmutter

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Konstruktive Vergleichmäßigung der Gewindebelastung durch:

b) kegelig ausgedrehtes Gewinde


c) hinterdrehtes Gewinde
d) Stulpmutter (axiale Entlastungskerbe)
e) Zugmutter
f) Stiftschraube unter Zuglast

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• Eine andere Möglichkeit der Vergleichmäßigung der Gewindebelastung ist die


Wahl eines Mutternwerkstoffes mit kleinem Elastizitätsmodul.

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Notwendige Gewindelänge

• Zu wenig tragende Gewindelänge  zu hohe Pressung im Gewindegang


Mutter oder Schraubengewinde scheren ab
(weicherer Werkstoff gibt nach
 meist Mutter betroffen))

Versagen einer
Schraubenverbindung
a)) Mutter abgestreift
g
b) Schraube abgestreift

• Zu langes Gewinde
 Ge debo e reißt
Gewindebolzen e ß ab (am
(a Kopf),
op ),
da Zugbeanspruchungen zu hoch sind
 Schadensfall

Versagen einer
Schraubenverbindung
c) Gewindebolzen gebrochen

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• Hieraus ergeben sich Empfehlungen für die Gewindelänge, die bei genormten
Muttern bzw. Einschraubgewinden für Befestigungsschrauben berücksichtigt
werden sollten
sollten.

Mindesteinschraubtiefen in Sacklochgewinde

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Kerben

• Das Einbringen von Gewinden bedeutet grundsätzlich Kerbwirkung, bei mehreren


Windungen ist davon besonders der Gewindeanfang (unterhalb des
Schraubenkopfes) betroffen. Des Weiteren können die Kerbbeanspruchungen
durch sorgfältiges
g g Gestalten des Gewindeauslaufs sowie durch Vermeidung g
großer Querschnittübergänge vermindert werden.

Kerbstellen einer Schraubenverbindung

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Konstruktive Optimierung der Gewindeausläufe von Schrauben

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• Im Kerbgrund einer Schraube (analog zum gekerbten Rundstab), liegt unter


Zugbeanspruchung im Bauteilinnern ein dreiachsiger Spannungszustand mit
gleichsinnig gerichteten Hauptspannungen vor.
vor

- positive Zugspannung  1max

- positive Umlaufspannung (Tangentialspannung)  2

- positive Radialspannung  3

 Maßgebend ist die maximale


Zugspannung in der Randfaser

• Gleichzeitig müssen Biegebeanspruchungen


auf die Schraube vermieden werden! Spannungszustand
links) im glatten Stab
rechts) im ringgekerbten Zugstab

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• Zur Vermeidung von Biegebeanspruchung


auf die Schraube leiten sich folgende
Konstruktionsempfehlungen ab:

Gestaltungsbeispiele zur Vermeidung von Biegebeanspruchungen auf die Schraube


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5.10 Werkstoffe und Herstellung

• Folgende Anforderungen werden an die Werkstoffe für Schrauben und Muttern


gestellt:

- hohe Festigkeit (Streckgrenze und Zugfestigkeit hoch)

- hohe Zähigkeit (Verhältnis Zugfestigkeit zu Streckgrenze groß)

• Da die Schraube nicht den Werkstoffgesetzen für einen ungekerbten Stab


gehorcht sowie aufgrund der oben genannten Forderung, orientiert sich die
Schraubenbezeichnung an der Festigkeit und Zähigkeit und ist somit
werkstoffunabhängig.

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Festigkeitsklassen nach DIN EN ISO 898

Nomenklatur:

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a b c d e f

Stufen der spanlosen Fertigung: Durch das Einrollen des Gewindegangs


a-c: Doppeldruckpresse entstehen Fließbehinderungen
d: Abgratmaschine
e: Spitzmaschine
f: Gewindewalzmaschine  höhere statische Festigkeit

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Festigkeitsklassen
g nach DIN EN ISO 898

Verschlüsselte
Kennzahl

Angabe der höchsten Schrauben-


Festigkeitsklassen bei Scheiben und
festigkeitsklasse, die ebenso für
Muttern und Einfluss auf die Baugröße
die Mutter zulässig ist, ohne dass
Abstreifen zu erwarten ist
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5.11 Betrachtungen zum Vorliegen dynamischer Betriebskräfte

Einteilung schwingender Beanspruchungen

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Dynamische Wechselbeanspruchung am ungekerbten Stab

σ
σG

σa σA
σm t
0 σa σA

σG

Ermüdungsbruchsicherheit für Stab


G  m  A
G
SD 

  m a

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• Für dynamische (Wechsel)-Beanspruchung der Schraube gilt:

- σA,Schraube = 10 … 25% σA,Stab (Grund:


(G d Kerbwirkung
K b ik am G
Gewinde)
i d )

- Haupteinflussfaktoren auf σA,Schraube sind Durchmesser und Herstellungsart


(z B schlussgerollt oder schlussvergütet
(z.B. schlussvergütet, aus Tabellen zu entnehmen)

- σM hat keinen Einfluss auf σA,Schraube

Ermüdungsbruchsicherheit für Schraube


 G   A
G  A
SD  
 a
   a

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Beispiele dynamischer Belastungen technischer Systeme

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Äußere Betriebskräfte als wechselnde Zug-Druck-Kräfte

FV

fS f
fP
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Einfluss der Schraubenfertigung auf die Ausschlagfestigkeit σA

Dauerfestigkeit schlussvergüteter Schrauben Dauerfestigkeit schlussgerollter Schrauben

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5.12 Vorgehensweise zur rechnerischen Auslegung einer Schraubenverbindung

• In der VDI-Richtlinie wird die Berechnung nach einem festgelegten Vorgehen in


Schritten vorgeschlagen, das die bisher dargestellten Zusammenhänge
berücksichtigt. Ausgangsbasis sind zunächst die Hauptdimensionierungsformel

sowie die gegebenen Werte aus der Konstruktion und den Betriebsbedingungen

- Klemmlänge l K - Betriebskraft pro Schraube FA


- Krafteinleitung n und deren statische und dynamische Anteile
- Schraubenanzahl - erforderliche Klemmkraft FK ,erf

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Berechnungsschritt 1:

Grobdimensionierung des
Schraubendurchmessers und
Wahl der Festigkeitsklasse bei
Ausnutzen der Streckgrenze
durch die Montagevorspannung
für den ersten Entwurf.

Überschlägige Grobdimensionierung
einer Schraube nach VDI 2230

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Berechnungsschritt 2

• Bestimmung des Anziehfaktors  A abhängig von der gewählten


Montagemethode.

Berechnungsschritt 3

• Bestimmung g der Nachgiebigkeiten


g g von Schraube  S und verspannten
p Teilen P
und Ermittlung des Kraftverhältnisses  K    n *  K

Berechnungsschritt 4

• Bestimmung des Vorspannverlustes FZ durch Setzen.

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Berechnungsschritt 5

• Bestimmung der maximalen Vorspannkraft FM , max nach der


Hauptdimensionierungsformel und das Anziehdrehmoment M A, max , unter
Einhaltung der Bedingung M A, max  M A, zul . Gegebenenfalls Wiederholung ab
Berechnungsschritt
g 1.

Berechnungsschritt 6

• Kontrolle auf Einhaltung der maximalen statischen Schraubenkraft.


FS , ges  FS ,max

Berechnungsschritt 7

• Kontrolle auf Einhaltung der erforderlichen Klemmkraft.

FK  FK ,erf

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Berechnungsschritt 8

• Kontrolle auf Einhaltung der maximal zulässigen Dauerschwingbeanspruchung.


A
a 
SD

Berechnungsschritt 9

• Kontrolle auf Einhaltung der maximal zulässigen Flächenpressungen unter Kopf-


und Mutternauflage.

p zul
p

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5.13 Hinweise zur Auslegung einer thermisch beanspruchten


Schraubenverbindung

• Unterschiedliche Betriebstemperaturen der flüssigen Medien sowie


unterschiedliche Werkstoffe von Flansch und Schraube führen zu dynamischer
Belastung
g der Schraubenverbindung g

TAu ≤ TM ≤ TAo

S h b  Stahl,
Schraube St hl αS = 13*10-66 1/K

Flansch  MgAl8Zn,
g , αP = 23*10-6 1/K

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Betriebskraft FA – Berechnung

- FA kann eine mechanische oder eine thermische oder eine zusammengesetzte


Belastung darstellen …

…, wodurch eine Längenänderung der vorgespannten Schraube


hervorgerufen wird. Dabei wird die Schraube als Stab angesehen

- Berechnung / Simulation des thermischen Betriebskraftanteils FA,th

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Überlegungen zur dynamischen Ermüdungsbruchsicherheit SD

A wobei die Ausschlagspannung σa


SD 
a a 
 * FA
2 * AS

Überlegung:
- FAo liegt bei TAo vor, da die Schraube durch die größere Flanschausdehnung
zusätzlich beansprucht wird; entsprechend FAu bei TAu

Ergebnis für die Starrschraube:

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Maßnahmen zur Erhöhung von SD

1. Einsatz einer Schraube mit ähnlichem Ausdehnungskoeffizient wie Flansche

αS(Stahl) = αP(Flange)

Dehnhülse
2. Hülse mit geringem E-Modul

 Erhöhung der Gesamtnachgiebigkeit


der Fügeteile (Flansch & Hülse) Flansch

 kleineres Kräfteverhältnis
f ΦK

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Maßnahmen zur Erhöhung von SD

3 Einsatz einer Dehnschraube mit Dehnhülse


3.

 Dehnhülse mit geringem Ausdehnungskoeffizient

 gleiche Ausdehnung der Fügeteile (Flansch & Hülse) und Schraube

Dehnhülse
MgAl8Zn

Stahl Flansch

g g ,
Invar-Legierungen,
z.B FeNi25

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lth , Schraube  lth ,versp. Teile Gl 1


Gl.

lth ,versp. Teile  lth , H  lth , P Gl. 2

Schraube lth , S   S * T * l K , S Gl. 3

Flansch lth , P   P * T * l K , P Gl. 4

Hülse lth , H   H * T * lK , H Gl. 5

Einsetzen der Gleichungen 3 – 5 in 1 und umstellen nach  H * lK ,H

  H * lK , H   S * lK ,S   P * lK , P
Ergebnis für die Dehnschraube mit Hülse:
- Die Ermüdungsbruchsicherheit SD FA  0 lim S D  
verschleißfrei

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5.14 Sichern von Schraubenverbindungen

• Eine richtig gestaltete und beanspruchungsgerecht ausgelegte


Schraubenverbindung benötigte keine zusätzliche Sicherungselement

, wenn bei allen Betriebszuständen eine ausreichende Vorspannung vorhanden ist.

• Dennoch treten in der Praxis insbesondere bei dynamischen


y Belastungen
g zwei
Versagensformen durch Vorspannungsverlust auf.

Lockern:
oc e Klemmkraftverlust
e a e us infolge
o ge p
plast.
as Verformung
e o u g ((Alu-Stahl),
u S a ), Se
Setzen,
e ,
Temperatureinfluss

Losdrehen: keine Selbsthemmung des Gewindes infolge von Relativbewegungen in


den Trennfugen  Schraube und Mutter verdrehen sich

Verlieren: von Schraube und Mutter durch Gleitbewegungen

100
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• Maßnahmen für die Reduzierung der Setzbeträge (Lockern):

- Streckgrenzengesteuertes Anziehen
(max. Vorspannung)

- Nachziehen nach kurzer Betriebszeit


(Räder beim Auto)

- Dehnschrauben

- hochelastische Schrauben,
Tellerfedern Spannscheiben
Tellerfedern,

- Unterlegscheiben
 Red.
R d d der P
Pressung  geringere
i S
Setzung
t

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Einfluss konstruktiver Maßnahmen auf die Dauerhaltbarkeit von Schraubenverbindungen

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• Sicherungselemente gegen Losdrehen:

- durch Hindern am Verdrehen


Verdrehen. Hat auf das Lockern keinen Einfluss

- Vergrößerung Setzbetrag
federnd (a-g)
reibschlüssig (h und i) - Beschädigung der a – g sind wirkungslos
Oberflächen

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Verhindern des Losdrehens durch


durch Kleben  Stoffschluss

Losdrehverhalten bei dyn. Beanspruchung

zu c)
a) Normschraube mit
Loctitet-Schraubensicherung

b) Federkopfschraube

c) Federkofschraube mit
Verriegelungszähnen

d) Mutter mit Polyamidring

e) Schraube mit Zahnscheibe

f) Schraube mit Federring

g) ungesicherte Normschraube

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• Sicherungselemente gegen Verlieren:

- beruhen auf größtenteils auf Formschluss oder Kombination mit Formschluss

Drahtsicherung

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Notizen

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