Ausweisung des Autors aus dem Offiziersstand. Held als Repräsentant des Militärs begriffen. Negative Bewertung des Protagonisten.
2. Lieutenant Gustl und der innere Monolog
Innovatives Gestaltungsmittel. Vorbild: ‘Les lauriers sont coupés’ (1887) von Edouard Dujardin. Psychologisch äußerst differenzierte Gestaltung des Protagonisten und dadurch auch Darstellung eines genauen Bildes der Gesellschaft. Keine Erzählung im engen Sinne. Bewusstseinsstrom des Helden liefert Tatbestände und Erinnerungen aus seinem Leben auf diskontinuierliche Weise. Ergebnis ist ein ambivalentes und gestörtes Charakterbild. Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl (1900).
Biographische Informationen werden durch die dramatische Situation nach
dem Zwischenfall mit dem Bäcker ständig relativiert. Keine epische Distanz. Der bevorstehende Tod bestimmt das Erinnerte und Erzählte. Informationen kreisen um seine eigene Familie, Details aus seinem eigenen Leben (Abgang aus der Schule und Eintritt ins Militär), sein Verhältnis zu den Frauen, seine Spielschulden, das bevorstehende Duell mit dem Doktor. Kombination dieser Informationen ergibt ein dichtes Netz inhaltlicher Bezüge.
3. Der Standpunkt des Protagonisten:
Spielt sich als vernünftiger und gesunder Mensch auf. Hebt seine vermeintliche Überlegenheit immer wieder hervor (Anwendung von aggressivem Ton; antisemitische und antisozialistische Ausfälle; Ausdruck seines Patriotismus). Lebt für das Militär und würde am liebsten auch im Militärdienst sterben; hat keine eigene Seele. Arthur Schnitzler: Leutnant Gustl (1900)
Steht einer feindlichen bürgerlichen Welt gegenüber (reagiert mit Verachtung
auf den zivilen und akademischen Bereich; ist unfähig zu einem normalen Verhältnis mit Frauen). Begegnet der Welt mit Vorurteilen. Arroganz und Überlegenheit drücken sich auch gestisch und verbal aus (Diminutive; beleidigende Worte) Versucht ständig seine Angst zu verbergen (eigene Zurechtweisungen, humorvolle Wendungen).
4. Das Militär und der Ehrenkodex
Fragwürdiger Ehrenkodex verwandelt Gustl in ein inkonsequentes Wesen. Entscheidung fürs Weiterleben entlarvt die Scheinhaftigkeit dieser Moral. Duell war innerhalb des Militärs eine geregelte Institution der extralegalen Rechtsfindung. Diente der Klassendistinktion und Besonderheit des Standes. Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl (1900)
Gustl vertritt einen strengen Ehrenstandpunkt (Verpflichtung zum Duell und
zum Selbstmord wegen Beleididung des Bäckers). Regeln des Militärs gewähren ihm Geborgenheit und Identität. In der Grenzsituation Gustls erweist sich zugleich das Inhumane dieser Institution (militärische Erziehung verändert und entfremdet die Menschen). Gustl ambivalenter Charakter; vermittelt kritische Vision gegen die Institution der Armee und auch gegen allgemeine Wervorstellungen. Tragik und Komik als die zwei Seiten des Protagonisten