AKTUELL ❚ POLITIK
Versteckspiel beenden!
Aktionen am Tag gegen Homophobie
17. Mai, Tag gegen Homophobie: Knutschende Pärchen in Berlin, Podiumsdiskussion an der FH Frankfurt
"Mobbing gegen Schwule ist immer noch all-
gegenwärtig", sagt Detlev Buchholz, der seit
dem Wintersemester Präsident der Fach-
hochschule Frankfurt mit rund 9.000 Studie-
renden ist. Er weist hin auf fehlende rechtliche
Gleichstellung in Sachen Hinterbliebenen-
versorgung und im Steuerrecht der Eingetra-
genen Lebenspartnerschaft, denkt aber auch
an das Klima gegenüber Schwulen und Les-
ben innerhalb der Ingenieurwissenschaften.
"Dort gibt es sicher noch viel Versteckspiel.
Ich bin überzeugt, dass sich im Bewusstsein
der Gesellschaft noch viel tun muss!"
Anlässlich des Internationalen Tags gegen
Homophobie hat das jüngst gegründete
Queer-Referat der FH Frankfurt eine Podiums-
disskussion organisiert. Dabei diskutieren
Buchautor Ronny Blaschke, Sozialarbeiter
und Studierende über Erfahrungen mit
Homophobie im Alltag. Ronny Blaschke hat
das Buch "Versteckspieler" über den schwu-
len, früheren DDR-Nationalspieler Marcus
Der Lufthansa-Fall
Flugbegleiter weiter am Boden
Die Entlassung des Lufthansa-Flugbegleiters
Shinichi Uto nach sexuellen Kontakten mit
seinem minderjährigen Freund, ist am
19. März vom Arbeitsgericht Frankfurt bestä-
tigt worden. Der nach 16 Jahren Dienst ent-
lassene Steward hatte gegen die fristlose
Kündigung geklagt. Der 43-jährige Uto war
im September 2008 unter dem Vorwurf des
"Sex mit Minderjährigen" im Lufthansa-Crew-
hotel in Tokyo verhaftet worden, als er dort
mit seinem damals 17-jährigen Lebensge-
10 MAI 2009
Urban geschrieben, der seine Profikarriere
wegen persönlicher Probleme als ungeouteter
Schwuler abbrach.
Am Fall dieses verhinderten Profifuß-
ballers lässt sich laut Detlev Buchholz exem-
plarisch aufzeigen, wie das Versteckspiel als
Ungeouteter zu psychischen Problemen füh-
ren kann. "Das ist kein Einzelfall. Ich habe
Persönlichkeiten gesehen, die daran zerbro-
chen sind." Detlev Buchholz war neun Jahre
lang bei den "Rosa Kehlchen" und in der
Jugendarbeit stark engagiert und kennt des-
halb nach eigenen Worten Berührungsängste
gegenüber Schwulen und Lesben an deut-
schen Schulen, gerade auch den Gymnasien.
"Es muss ein Klima herrschen, in dem
Schwule und Lesben zum Beispiel angstfrei
über das Wochenende mit ihrem Partner be-
richten können. Das ist noch längst nicht
überall der Fall." Homophobie an Schulen
und Hochschulen sieht er in diesem Sinn als
weit verbreitete Realität.
fährten übernachtete. Der Vorfall hatte für
ein Rauschen im japanischen Boulevard-
Blätterwald gesorgt, so dass die Lufthansa
ihm aufgrund eines "enormen Imagescha-
den" kündigte. In der Provinz, in der sich
Uto aufhielt, gilt mit 18 Jahren ein höheres
Schutzalter für homosexuelle Beziehungen
als im restlichen Japan, wo das Schutzalter
für Homosexuelle mit 16 Jahren endet. Nur
wusste Uto nach eigenen Angaben nichts
davon. Dieser Argumentation folgte das Ar-
Der Tag gegen Homophobie erinnert an den
17. Mai 1990. Damals beschloss die Weltge-
sundheitsorganisation (WHO) Homosexuali-
tät aus der Liste psychischer Krankheiten zu
streichen. Als Erfinder des Gedenktages gilt
der französische Universitätsprofessor Louis-
Georges Tin. In Deutschland zeigt sich vor
allem das Anti-Gewalt-Projekt Maneo, getra-
gen von Berlins schwulem Beratungszen-
trum Mann-O-Meter e.V., mit Veranstaltun-
gen rund um das Datum aktiv. Dort zieht der
"Maneo-Kuss-Marathon" quer durch die
Hauptstadt. Geküsst wird öffentlichkeits-
wirksam an Orten, die als No-Go-Area für
schwule und Lesben gelten. (wewo)
Foto: Dennis Sabisch/photocase
Int. Tag gegen Homophobie, So, 17.5.2009. Veranstaltungen:
So, 17.5., 18 Uhr Film "Fremde Haut" mit Jasmin Tabatabei
als Flüchtling, die sich als Mann ausgibt, um in Deutschland
leben zu können. Mal Sehn Kino, Adlerflychtstr. 6
Podiumsdiskussion der FH Frankfurt am Mo, 18.5., 17:30
Uhr im Café Kurzschluss, Kleiststr. 5, Frankfurt.
beitsgericht aber nicht: Die Befürchtungen
der Lufthansa, durch solche Vorfälle einen
Imageverlust mit wirtschaftlichen Folgen zu
erleiden, seien gerechtfertigt. Uto hätte als
gebürtiger Japaner wissen müssen, dass sexu-
elle Kontakte zu homosexuellen Minderjähri-
gen in seinem Heimatland verboten seien.
Für heterosexuelle Beziehungen gilt in Japan
übrigens ein Schutzalter von nur 13 Jahren.
Uto überlegt jetzt mit seinem Anwalt gegen
das Urteil Revision einzulegen. (cos)
Die Homo-Heiler kommen!
Proteste gegen "Seelsorger-Kongress" in Marburg
Foto: Hellfirez/photocase
Nach den Protesten von Bündnis90 /Die Grünen und des Lesben-
und Schwulenverbandes (LSVD), stellt jetzt auch der Marburger
SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Spies den "6. Internationalen
Kongress für Psychotherapie und Seelsorge" an der Philipps-Univer-
sität Marburg in Frage. Spies hat den Streit um evangelikale "Homo-
Heiler" beim Kongress zum Anlass genommen, eine Anfrage an die
hessische Landesregierung zu stellen, wie jene zukünftig den "dis-
kriminierungsfreien Umgang mit Homosexualität innerhalb von
Versprochen – gehalten. Die FDP-Bundestags-
fraktion setzt sich aktiv für die Bürgerrechte ein.
Auch in dieser Wahlperiode haben wir eine Politik
verfolgt, die Lesben und Schwule in die Mitte der
Gesellschaft stellt.
Schluss mit jeder Diskriminierung!
Ihr Ansprechpartner in der FDP-Bundestagsfraktion
Michael Kauch michael.kauch@bundestag.de
www.fdp-fraktion.de | www.csd-liberal.de
Landeseinrichtungen sicherstellen" möchte. Bisher schweigt die
CDU/FDP-Landesregierung beharrlich zu dem Thema.
Wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet, haben sich unter der
Führung des ASTA-Schwulenreferats diverse Gruppen formiert, die
Protestaktionen gegen die Veranstaltung organisieren. Auf dem Kon-
gress, der vom 20. bis 24. Mai in der Stadthalle und Universität statt-
findet, bieten Wissenschaftler Seminare zum Thema Identität und
sexuelle Orientierung an, die als "Umpoler" von Homosexuellen
bundesweit bekannt sind. Darunter sind Dr. Christl Ruth Vonholdt
vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft und Markus
Hoffmann von der Seelsorge-Organisation Wüstenstrom e.V. Zwar
hat sich Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) inzwischen von den
umstrittenen drei Teilnehmern distanziert, lehnte aber weiterhin ab,
den Kongress insgesamt zu verbieten. Auch die Universität hält an
dem Kongress fest, da diese Referenten nur eine "Minderheitenmei-
nung" vertreten.
Kinderärztin Vonholdt vertritt bizarre wie wissenschaftlich wider-
legte Thesen: zum Beispiel dass Homosexuelle häufiger Minder-
jährige belästigen und Dildos benutzen. Die Organisation Wüsten-
strom ist da subtiler und schreibt der "homosexuell empfindende
Mensch" sehne sich nach einer Stimme, da er "auf der Suche nach
einer Identität" sei. Wüstenstrom hilft dann "diese selbstbewusste
Stimme als beständige Kraft in ihm aufzubauen," denn "dann könnte
er das homosexuelle Verhalten lassen." Evangelikale Aktivisten die
immer mehr die Nähe zu wissenschaftlichen Einrichtungen suchen,
sehen die Kritik als "versuchten Meinungsterror", so Generalsekretär
Hartmut Steeb von Deutschen Evangelischen Allianz.
Es drängt sich dem Beobachter die Frage auf: Wenn kranke
Menschen Kranke heilen können, wird Wasser dann immer zu
Wein? (cos)
Lebenspartnerschaftsgesetz
Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – dafür haben wir zwei
Anträge in den Bundestag eingebracht. Und zahlreiche
Änderungsanträge zu Gesetzesvorhaben der Regierung.
Wir wollen volle Gleichstellung – inklusive Adoptions-
recht!
Steuerrecht
Wir haben einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung von
Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartnern bei der Erb-
schaftsteuer eingebracht. Nicht nur gleiche Freibeträge:
Wir fordern auch gleiche Steuersätze!
Aktiv in Europa
Europa muss eine Wertegemeinschaft für Toleranz
sein. Dafür haben wir im Bundestag gearbeitet. Dafür
haben FDP-Abgeordnete auch in Osteuropa demons-
triert. Wir wollen, dass Lesben und Schwule in ganz
Europa frei leben können!