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Management Mathematics for


European Schools
http://www.mathematik.uni-
kl.de/~mamaeusch/

Input-Output-Modelle und Markov-Ketten

Ao. Univ.-Prof. Werner Peschek1

Dieses Projekt wurde veröffentlicht mit Unterstützung durch die EU mittels einer
teilweisen Förderung im Rahmen des Sokrates Programms.

Der Inhalt des Projektes reflektiert nicht notwendigerweise den Standpunkt der
EU, noch unterliegt es irgendeiner Verantwortung seitens der EU.

1
Assistent in der Abteilung für Didaktik der Mathematik, Universität Klagenfurt

-1-
Input-Output-Modelle und Markov-Ketten
Ich möchte zwei wirtschaftstheoretische (gelegentlich auch wirtschaftspraktische) Modelle
behandeln, von denen zumindest das erste auch in manchen Schulbüchern für die HAK und
AHS zu finden ist.

Ich beginne mit einem Beispiel zur

Materialverflechtung

Beispiel: Ein Betrieb erzeugt aus drei Bestandteilen B1 , B2 , B3 zwei Zwischenprodukte


Z1 , Z2 und aus diesen die Endprodukte E1 und E2 .
Die jeweils zur Produktion erforderlichen Mengen sind aus folgendem Graphen
ersichtlich:

Bestand- Zwischen- End-


teile produkte produkte

B1 3
Z1
5 7
E1
8 8
B2
4
6
2
E2
B3 2
6 Z2

 3 5
   7 8
Verflechtungsmatrizen: (B→Z) =  8 4  ; (Z→E) =  
 2 6  6 2
 

Benötigt man z. B. 2 ME von Z1 und 3 ME von Z2 (Nachfrage NZ), so führt


dies auf folgenden Produktionsbedarf XB an Bestandteilen B1 , B2 bzw. B3 :

B1 : 3⋅2 + 5⋅3 = 21
B2 : 8⋅2 + 4⋅3 = 28
B3 : 2⋅2 + 6⋅3 = 22
 21
   2
In Matrizenschreibweise: XB = (B→Z) ⋅ NZ =  28  mit NZ =  
 22   3
 
Entsprechend: XZ = (Z→E) ⋅ NE

-2-
Will man für eine bestimmte Nachfrage NE nach Endprodukten den Bedarf XB
an Bestandteilen direkt ermitteln, so benötigt man die Verflechtungsmatrix
(B→E). Wie man sich anhand des Graphen leicht überlegt, gilt

(B→E) = (B→Z) ⋅ (Z→E)

und somit XB = (B→E) ⋅ NE = (B→Z) ⋅ (Z→E) ⋅ N E

In unserem Beispiel erhalten wir etwa für eine Nachfrage von E1 = 3 und E2 = 4

 3 5  289 
   7 8  3  
XB =  8 4  ⋅   ⋅   =  528 
 2 6  6 2  4  262 
   

Diese step-by-step Bearbeitung des Sachverhalts wird etwas unübersichtlich,


wenn man neben der Nachfrage nach Endprodukten noch eine zusätzliche
Nachfrage nach Zwischenprodukten und/oder Bestandteilen – z. B. für ein
Ersatzteillager – zu bedienen hat, und sie versagt, wenn in der
Materialverflechtung auch Rückflüsse auftreten.
Man wird in solchen Fällen besser die gesamte Materialverflechtung in einer
Verflechtungsmatrix darstellen:

Für die Produktion einer Mengeneinheit (ME) von


B1 B2 B3 Z1 Z2 E1 E2
B1 0 0 0 3 5 0 0
B2 0 0 0 8 4 0 0
B3 0 0 0 2 6 0 0
benötigt man von
Z1 0 0 0 0 0 7 8
(in ME)
Z2 0 0 0 0 0 6 2
E1 0 0 0 0 0 0 0
E2 0 0 0 0 0 0 0

Bezeichnet man diese Verflechtungsmatrix mit A und den Produktionsbedarf


an B1 , B2 , ... , E2 mit X, so gibt

0 0 0 3 5 0 0  x1 
   
0 0 0 8 4 0 0  x 2 
0 0 0 2 6 0 0  x 3 
   
A⋅X =  0 0 0 0 0 7 8 ⋅  x 4 
2   x 5 
0 0 0 0 0 6

0 0 0 0 0 0 0  x 6 
   
0 0 0 0 0 0 0  x 7 

den internen („sekundären“), aus der Materialverflechtung resultierenden


Bedarf an.

-3-
Bezeichnet man die externe Nachfrage („Primärbedarf“) nach B1 , B2 , ... , E2 mit
N, so gilt:

X = N + A⋅X
Gesamtbedarf (in ME) = Primärbedarf (in ME) + Sekundärbedarf (in ME)

In unserem Beispiel ergibt sich für eine externe Nachfrage von 5 ME B1 , 10


ME B3 , 5 ME Z1 , 2 ME Z2 , 3 ME E1 und 4 ME E2 :
 x1   5   0 0 0 3 5 0 0  x1 
       
x2   0  0 0 0 8 4 0 0  x 2 
 x  10   0 0 0 2 6 0 0  x 3 
 3      
x4  =  5  + 0 0 0 0 0 7 8 ⋅  x 4 
x   2  0 0 0 0 0 6 2   x 5 
 5   
x6   3  0 0 0 0 0 0 0  x 6 
       
x7   4  0 0 0 0 0 0 0  x 7 

Dieses Gleichungssystem ist sehr einfach direkt zu lösen, da A eine Dreiecks-


matrix ist. Man kann aber auch durch Umformung obiger Matrizengleichung
eine allgemeine Lösungsstrategie angeben:

X = N + A ⋅ X ⇔ X – A ⋅ X = N ⇔ (E – A) ⋅ X = N ⇔ X = (E – A)-1 ⋅ N

In unserem Beispiel:

1 0 0 −3 −5 0 0 1 0 5 51 34 
0 3
   
0 1 0 −8 −4 0 0  0 1 4 80 72 
0 8
0 0 1 − 2 −6 0 0  0 0 6 50 28 
1 2
   
E − A = 0 0 0 1 0 − 7 − 8 (E − A) −1 = 0 0 0 7 8
0 1
0  
 0 0 0 1 − 6 − 2  0 0 0 0 1 6 2
0 0 0 0 0 1 0  0 0 0 0 0 1 0
   
0 0 0 0 0 0 1  0 0 0 0 0 0 1

1 0 0 3 5 51 34   5   319 
     
0 1 0 8 4 80 72   0   576 
0 0 1 2 6 50 28   10   294 
     
X = ( E − A) −1 ⋅ N =  0 0 0 1 0 7 8  ⋅  5  =  58 
0 0 0 0 1 6 2   2   28 

0 0 0 0 0 1 0   3  3 
     
0 0 0 0 0 0 1   4  4 

-4-
Offene Leontief – Modelle
Ein ökonomisches System, zum Beispiel eine Volkswirtschaft, setzt sich aus mehreren
voneinander abhängigen Bereichen zusammen. Die Abhängigkeit besteht darin, dass jeder
Bereich zur Erbringung von Leistungen als „Input“ sowohl Leistungen aus dem eigenen
Bereich als auch Leistungen aus anderen Bereichen benötigt („Sekundärbedarf“).
Darüber hinaus gibt es für die Leistungen der einzelnen Bereiche im Allgemeinen auch eine
externe Nachfrage („Primärbedarf“).
Es geht – wie bei der Materialverflechtung – um die Frage, welche Leistungen (hier gemessen
in Geldeinheiten GE) von den einzelnen Bereichen erbracht werden müssen, damit der
Primär- und der Sekundärbedarf gedeckt werden können. Ähnlich wie bei der Material-
verflechtung gilt:
Gesamtleistung (in GE) = Primärbedarf (in GE) + Sekundärbedarf (in GE)

Beispiel: Eine Volkswirtschaft bestehe aus den drei Bereichen A, B, C.


Aus der folgenden Tabelle ist ersichtlich, welche Leistungen (in GE) jeder
Bereich benötigt, um selbst Leistungen im Wert von 1 GE erbringen zu
können:
aus den Bereichen
A B C
Leistungen im Wert von (GE)
Für Leistungen A 0,1 0,2 0,1
im Wert von 1 GE B 0,1 0,2 0,1
benötigt C 0 0,3 0,1

In einer bestimmten Zeitperiode ist aus allen übrigen Wirtschaftssektoren (die


nicht zu A, B oder C gehören) ein Bedarf von Produkten aus A, B, C im Wert
von 1000, 300, 500 GE zu erwarten.
Welche Leistungen (in GE) müssen in A, B bzw. C erbracht werden?

Wie bei der Materialverflechtung muss gelten:

X = N + A ⋅ X beziehungsweise X = (E – A)-1 ⋅ N

 0,1 0,1 0  1000


   
wobei A =  0,2 0, 2 0,3  und N =  300 
 0,1 0,1 0,1   500 
   

−1
 x A   0,9 − 0,1 0   1000 1220
       
Somit ist  x B  =  − 0 ,2 0,8 − 0,3  ⋅  300  =  980 
 x   − 0,1 − 0,1 0 ,9   500   800 
 C      

-5-
Lineare Modelle der Materialverflechtung und offene Leontief-Modelle haben die selbe
Struktur:
Für jedes Produkt (Leistungen aus jedem Bereich) gibt es eine externe Nachfrage
(Primärbedarf), insgesamt also einen Nachfragevektor N.
Die Materialverflechtungen (die Produktionsabhängigkeiten) untereinander lassen sich in
einer Matrix A = (aij ) darstellen, wobei aij die Lieferung (den Output) des Produkts (des
Bereichs) i für das Produkt (den Bereich) j angibt bzw. umgekehrt den Input von j aus i.
Die von jedem Produkt (Bereich) benötigte Menge (Leistung) wird durch den Vektor X
dargestellt.
Man nennt solche Modelle Input -Output-Modelle; es gilt:

X=N+A⋅X beziehungsweise X = (E – A)-1 ⋅ N

Die Verflechtungsmatrix A nennt man daher auch Input -Output-Matrix, die Matrix (E – A)-1
heißt Leontief-Matrix (Technologie-Matrix, Leontief-Inverse).

Markov-Ketten

Markov-Ketten sind Folgen von Zufallsversuchen, wobei


- als Versuchsergebnis nur ein Zustand (von vielen möglichen) in Frage kommt
- das Versuchsergebnis vom Ausgangszustand sowie von (bekannten) Wahrscheinlich-
keiten für den Übergang von einem Zustand in einen anderen abhängig ist
(“Übergangswahrscheinlichkeiten”)

Beispiel: Auf einem Markt konkurrieren drei Anbieter (Marken) A, B, C.


Der folgenden Tabelle entnimmt man, dass von jenen Abnehmern, die heute
ein Produkt der Marke A besitzen, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne 30%
erneut A kaufen werden, 40% werden zur Marke B wechseln, 30% zur Marke
C. Entsprechendes gilt für B und C.

ZU
A B C
A 0,3 0,4 0,3
VON B 0,4 0,1 0,5
C 0,1 0,3 0,6

Gefragt ist nach den Marktanteilen, auf die sich die Marken A, B und C auf
lange Sicht einpendeln werden (falls sie das tun!), wenn die aktuellen
Marktanteile für A, B bzw. C 40%, 50% und 10% betragen.
Ausgangssituation: xA = 40%; xB = 50%; xC = 10%

-6-
Nach einer Zeitperiode ist der Marktanteil dann

xA(neu 1) = 0,3 ⋅ 0,4 + 0,4 ⋅ 0,5 + 0,1 ⋅ 0,1 = 33%

xB(neu 1) = 0,4 ⋅ 0,4 + 0,1 ⋅ 0,5 + 0,3 ⋅ 0,1 = 24%

xC(neu 1) = 0,3 ⋅ 0,4 + 0,5 ⋅ 0,5 + 0,6 ⋅ 0,1 = 43%

Neue Ausgangssituation: xA = 33%; xB = 24%; xC = 43%


Nach einer weiteren Zeitperiode ist der Marktanteil dann

xA(neu 2) = 0,3 ⋅ 0,33 + 0,4 ⋅ 0,24 + 0,1 ⋅ 0,43 = 23,8%

xB(neu 2) = ........................................... = 28,5%


xC(neu 2) = .............................................. = 47,7%

In Matrizenschreibweise: Xt+1 = PT ⋅ Xt
wobei PT die zur gegebenen Übergangsmatrix
P = (pij) transponierte Matrix ist, Xt bzw. Xt+1
sind die Vektoren der Marktanteile in den
Zeitpunkten t bzw. t+1.

Eine mehrmalige Iteration lässt vermuten, dass sich die Marktanteile auf den
„Gleichgewichtszustand“

xA ≈ 22,6% xB ≈ 26,9% xC ≈ 50,5%

„einpendeln“.

Einpendeln meint, dass für alle Produkte und jede (weitere) Zeitperiode gilt:

Marktanteil alt = Marktanteil neu das heißt X = PT ⋅ X

I: xA = 0,3xA + 0,4xB + 0,1xC


II: xB = 0,4xA + 0,1xB + 0,3xC
III: xC = 0,3xA + 0,5xB + 0,6xC
Offensichtlich liegt ein homogenes Gleichungssystem vor; wir streichen die
3. Zeile, nehmen aber hinzu, dass die Summe der Marktanteile 100% ergeben
muss:

IV: xA + xB + xC = 1

Damit: 0,7xA – 0,4xB – 0,1xC = 0


-0,4xA + 0,9xB – 0,3xC = 0
xA + xB + xC = 1

xA ≈ 22, 58% ; xB ≈ 26,88% ; xC ≈ 50,54%

-7-
Im vorliegenden Beispiel ist der erreichte Gleichgewichtszustand unabhängig von der Wahl
der Ausgangswerte – man spricht von ergodischen Markov-Ketten.
Das muss nicht so sein. In der im Folgenden grafisch gegebene n Markov-Kette wird zwar
auch für jeden Ausgangszustand ein Gleichgewichtszustand erreicht, dieser ist jedoch von der
Wahl des Ausgangszustands abhängig – man spricht von nicht-ergodischen Markov-Ketten.

Beispiele

1. Gegeben sei der folgende Graph („Gozinto-Graph“) einer Materialverflechtung:

Erstellen Sie eine Matrix A = (aij) die angibt, welche Mengen Ri zur Produktion einer
Mengeneinheit von Zj benötigt werden (erste Produktionsstufe) und eine Matrix B =
(bij) die angibt, welche Mengen Zi zur Produktion einer Mengeneinheit von Pj benötigt
werden (zweite Produktionsstufe).
Ermitteln Sie aus A und B eine Matrix C = (cij) die angibt, welche Mengen Ri zur
Produktion einer Mengeneinheit von Pj benötigt werden. Berechnen Sie welche
Rohstoffmengen R und welche Mengen der Zwischenprodukte Z benötigt werden, um
200 ME von P1 und 400 ME herzustellen!
Zusätzlich zu den Endprodukten P werden als Ersatzteile 15, 10, 10 ME von Z1 , Z2
bzw. Z3 benötigt. Ermitteln Sie alle benötigten Mengen mit Hilfe der Leontief-Matrix!

2. Gegeben ist der nebenstehende Mengenstrukturplan eines


chemischen Prozesses. Für A besteht ein externer Bedarf
von 1000 ME, für B und C ein externer Bedarf von je
500 ME.
Ermitteln Sie die in A-F erforderlichen Produktions-
mengen!

-8-
3. Eine Mineralölfirma kann extern täglich Produkte im Wert von 130.000 GE absetzen,
zur Herstellung von Produkten im Wert von einer GE benötigt sie jedoch Kohle im
Wert von 0,1 GE, Elektrizität im Wert von 0,3 GE und Dieselöl (aus eigener
Produktion) im Wert von 0,2 GE.
Ein Elektrizitätswerk verzeichnet einen externen Bedarf von 120.000 GE täglich,
benötigt zur Erbringung von Leistungen im Wert einer GE jedoch Treibstoff im Wert
von 0,3 GE, Kohle im Wert von 0,5 GE und Strom (aus eigener Produktion) im Wert
von 0,1 GE.
Die Kohlenmine schließlich benötigt zur Förderung von Kohle im Wert von einer GE
Treibstoff im Wert von 0,1 GE und Strom im Wert von 0,3 GE. Der tägliche externe
Bedarf beträgt 20.000 GE.
Berechnen Sie mit Hilfe der Leontief-Inversen die täglichen Produktionsmengen, mit
denen der interne und der externe Bedarf dieser drei Unternehmen gedeckt werden
kann!

4. (Beispiel nach Bürger u.a.: Mathematik Oberstufe 3)


Wir teilen die Volkswirtschaft eines Landes in
die Sektoren Landwirtschaft, Handel und
Gewerbe, Industrie und Transport.
Produktion und Verbrauch der Güter (in einer
bestimmten Zeitspanne) sind in nebenstehender
Figur (in GE) angegeben.
Es besteht folgende externe Nachfrage (in GE)
nach den Gütern
der Landwirtschaft: 18
des Handels und Gewerbes: 12
der Industrie: 8
des Transports: 2
Ermitteln Sie mit Hilfe der Leontief-Inversen wie viel in jedem Sektor produziert
werden muss! Interpretieren Sie das Ergebnis!

5. Ermitteln Sie die Marktanteile, auf die sich die Unter-


nehmen R, S und T längerfristig einpendeln werden,
wenn das Käuferverhalten einer Markov-Kette mit
den angegebenen Übergangswahrscheinlichkeiten
entspricht!

6. Verfolgen Sie die Entwicklung der Marktanteile


für die im Graphen angegebene Markov-Kette
durch drei Zeitperioden, wobei Sie von
a) 70%, 10%, 10%, 10%
b) 10%, 10%, 10%, 70%
Marktanteilen für A, B, C bzw. D ausgehen!
Versuchen Sie, eine vom Ausgangszustand
unabhängige Prognose für den Gleichgewichtszustand zu ermitteln! Was erkennt man
daraus?

-9-

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