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Akademie

Modul 1
Einführung in das
Qualitätsmanagement

1.1-C Bedeutung und Historie


des Qualitätsmanagements

Autoren

Dr. Gerhard Gietl


Dipl.-Ing. Thomas Lehner

TÜV SÜD Gruppe - TÜV" © TÜV SÜD AKADEMIE GMBH


Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1-C QM- Seite 1
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Inhaltsverzeichnis
Lernziele .... .... ................ ...... ... .. ... ......................................... .... ... ..... .. .. ... ... ..... .. .. 5
Bedeutung des Qualitätsmanagements ................. ................. .. .. ..................... 6
1.1 Historische Betrachtung .... ...... .. .... .......................... .. .......................... .. .. 6
1.2 Persönlichkeiten des Qualitätsmanagements ............ .......... .. ............ .... 12
1.3 Qualität und Qualitätswesen ........ .. .. .. ............................... ............. ....... 13
2 Definition: Qualitätsmanagementsystem ........................... ................ ... .. ........ 16
3 Qualitätsmanagement als Firmenstrategie in Zusammenhang
mit dem europäischen Binnenmarkt und der Globalisierung ................ .... .. .... 17
4 Vorstellung von Qualitätssicherungsnormen:
Nationale und internationale Regelwerke .......................................... ............ 19
(
5 Qualitätsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland .............................. 21
6 Motive für die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen ...................... 24
7 Die Weiterentwicklung QM zu TQM .............. .... .......... .. ...... .... .. ...... .... .... ....... 26
7.1 Entwicklung des TQM .... .... ................... .. ......................... .. ................... 26
7.2 Säulen des TQM ............................................. ... ...... ..................... .... .... 27
7.3 Verständnis des TQM .................. .. ...... ...... ................ .... .... .. ................. 29
Wiederholungsfragen ................ .................. .................................. .. ................... 32
Literaturverzeichnis ........ .. .. ..................................... ..... .. ................... ... .... ..... .... . 33

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Lernziele

Sie erhalten einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der
Qualitätsidee. Sie verstehen den Qualitätsbegriff unter einem kundenorien-
tierten und produktbezogenen Ansatz sowie aus der absoluten, herstellungs-
und wertorientierten Perspektive.

Sie verstehen den Zusammenhang zwischen Qualitätsmanagement, Firmen-


strategie und Wettbewerbsfähigkeit im globalen/europäischen Wettbewerb.

Sie haben einen Einblick in nationale und internationale Regelwerke, die die
Verbreitung des Qualitätsgedankens unterstützt haben.

Sie erhalten einen Überblick über die Qualitätsentwicklung in der Bundesrepublik


Deutschland.
(

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1 Bedeutung des Qualitätsmanagements

1.1 Historische Betrachtung

Dieser Abschnitt vermittelt einen kleinen Streifzug in die geschichtliche


Entwicklung des Qualitätsgedankens sowie der Qualitätssicherung.

Die Beschäftigung mit Qualität und den damit verbundenen Problemen und
Lösungsmöglichkeiten reicht bis in das Altertum zurück. So durften im alten
Ägypten Längenmessungen ausschließlich von qualifizierten Messkräften
durchgeführt werden. Auch der ca. 3700 Jahre alte Codex Hammurabi ist be-
rühmt und berüchtigt wegen seiner drakonischen Strafen für schlechte Qualität
am Bau.

Aus dem Codex Hammurabi:

"Wenn ein Baumeister ein Haus baut für einen Mann und es für ihn
vollendet, so soll dieser ihm als Lohn zwei Schekel Silber geben für je
einen Sar. (1 Schekel =360 Weizenkörner =9,1 g; 1 Sar =14,88 m2).

Wenn ein Baumeister ein Haus baut und macht seine Konstruktion
nicht stark, so dass es einstürzt und verursacht den Tod des
Bauherrn, dieser Baumeister soll getötet werden. Wenn der Einsturz
den Tod eines Sohnes des Bauherrn verursacht, so sollen sie einen
Sohn des Baumeisters töten .

Kommt ein Sklave des Bauherrn dabei um, so gebe der Baumeister
einen Sklaven von gleichem Wert.

Wird beim Einsturz Eigentum zerstört, so stelle der Baumeister wie-


der her, was immer zerstört wurde.

Weil er das Haus nicht fest genug baute, baue er es auf eigene
Kosten wieder auf.

Wenn ein Baumeister ein Haus baut und macht die Konstruktion nicht
stark genug, so dass eine Wand einstürzt, dann soll er sie auf eigene
Kosten verstärkt wieder aufbauen."

Eine weitere historische Quelle für Qualitätsanforderungen an Baustoffe stellt


das Werk "Oe architectura" des römischen Architekten Vitruv dar (1. Jh. v.Chr.).
Darin heißt es:

"Man streiche sie (die Ziegel) im Frühjahr und Herbst, damit sie
gleichmäßig trocknen; denn die, die in der Sonne gestrichen werden ,
haben den Fehler, dass sie von der heftigen Sonnenhitze äußerlich
eine Kruste bekommen und trocken scheinen, obwohl sie innerlich
noch feucht sind .... "

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Im Mittelalter spielten die Zünfte eine wichtige Rolle, die mit ihren Normen die
Qualität der hergestellten Produkte regelten.

Einen Beitrag zur Qualitätsverpflichtung und somit zur Haftung für das Produkt
gibt der Auszug aus einer Handwerksverordnung aus dem Mittelalter wieder.

Aus der Handwerksverordnung für Gold- und Silberschmiede:

"Ebenso hatten die Gold- und Silberschmiede genaue Vorschriften.


Alles verarbeitete Silber sollte gutes Kaufmannsgut sein, so dass es
des Stadtzeichens wert war.

Gold unter 16 Karat durfte für den Handel nicht verarbeitet werden
und nur auf Bestellung war es gestattet, bis auf 14 Karat herunterzu-
gehen.
(
Alle 6 Monate bestellte das Handwerk zwei Meister als Gold- und
Silberschauer und diese hatten dann von Zeit zu Zeit unvermutet in
allen Werkstätten herumzugehen, die angefertigten Arbeiten auf ih-
ren Feingehalt zu prüfen und alles, was nicht den vorgeschriebenen
Feingehalt hatte, zu zerbrechen und den Meister in Strafe zu nehmen.

Wer Kupfer, Zinn, Blei, Stahl oder Eisen in Gold oder Silber des
Betrugs wegen verbarg, wurde an Leib und Gut bestraft. Wer unedle
Metalle als Edelmetalle verkaufte, dem wurden die Hände und Füße
zusammengebunden und er dann in der Donau ertränkt."

Wie ernsthaft Qualität auch in naher Vergangenheit betrachtet wurde, zeigen


uns Ausschnitte aus dem "GENERAL REGULATIV" der Fa. Friedrich Krupp aus
dem Jahre 1872:

§ 1 Es ist bei allen Anlagen - wie im Betriebe der Werke im groß-


(
en wie im einzelnen - als das oberste Grundgesetz das Ziel im
Auge zu behalten: dass die Firma in der Fabrikation stets das
Ausgezeichnetste und möglichst Vollkommene zu leisten habe.

§ 2 Um dieses Ziel zu erreichen, sind Rohstoffe und Hilfsmaterialien


nie in anderer als der besten Qualität anzuschaffen, und es
ist ferner stets darauf sorgfältig Bedacht zu nehmen, dass die
zweckmäßigsten Maschinen hergestellt, die möglichst vollkom-
mene Fabrikationsmethode angewandt werde.

§ 3 Es ist ferner mit sorgsamer Aufmerksamkeit wie in der


Voraussicht so in der Ausführung und Kontrolle darauf zu achten,
dass keine Stockungen eintreten und keinerlei Überraschungen
vorkommen, dass jedes entstehende Bedürfnis die Befriedigung
vorbereitet finde. Jeder von dem Ersten bis zum Letzten wird
hierzu immer die geeignete Gelegenheit finden .

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Akadtlmie

Eine weitere Aussage zur qualitativ hochwertigen Arbeit stellt auch das folgende
Zitat von Robert Bosch dar:

"Das Beste, was sich bei gutem Willen nach reiflicher Überlegung
und eingehenden Versuchen, mit den vollkommensten Hilfsmitteln
der Technik aus den besten Rohstoffen herstellen lässt, ist gerade
gut genug, den Namen "BOSCH" zu tragen."

Dieser kurze geschichtliche Rückblick zeigt die Entwicklung des Qualitätsge-


dankens von der Endkontrolle durch den Verbraucher bzw. staatliche Stellen,
über schriftliche Vorgaben für Qualitätsanforderungen, die Bedeutung von
Ressourcen und Herstellungsmethoden bis hin zum qualitätsbewussten und
eigenverantwortlich handelnden Mitarbeiter.

Die Geschichte der Qualitätsbetrachtung in Kunden-lieferanten-Beziehungen


begann im Jahre 1887, als vom Britischen Unterhaus beschlossen wurde, dass
alle nach England importierten Waren mit einer Herkunftsbezeichnung verse-
hen werden mussten. Der dabei entstandene Begriff "Made in Germany" war
ursprünglich als Brandmal gedacht, wandelte sich aber im Laufe der Jahrzehnte
zu einem ausgesprochenen Qualitätsprädikat.

Mit dem Aufschwung der Industrialisierung Anfang der 20er Jahre setzte durch
den Siegeszug der Arbeitsteilung (Taylorismus) eine ungünstige Entwicklung für
ein umfassenderes Qualitätsverständnis ein. Die Verantwortung für Kosten, Zeit
und Qualität wurde aufgespalten und nicht als ganzheitliche Aufgabe betrach-
tet. Die Einführung einer strengen Qualitätskontrolle war zur Aufrechterhaltung
eines bestimmten Standards der Produkte notwendig.

Der zweite Weltkrieg hat vor allem in den USA dazu beigetragen, das
Qualitätswesen in der Produktion zu fördern. Die gewaltigen Mengen an
Kriegsmaterial konnten nur durch eine stark verbesserte Qualitäts- und
Fertigungsplanung hergestellt werden. Die Bedeutung der Qualität wurde er-
kannt und gezielt gefördert.

Im Jahre 1951 schrieb Joseph Juran das "Quality Control Handbook". Diese
Qualitätsinitiative beschäftigte sich mit der Frage, welche Kosten für die
Qualitätssicherung tragbar und welche Kosten für sie unzumutbar sind. Juran
definierte in seinem Buch folgende Kostenarten:

• Unvermeidbare Kosten, z.B. Durchführung von Stichproben und Inspektionen


zur Fehlerverhütung,

• vermeidbare Kosten wie Fehler, Mängel, Materialfehler.

Bereits jetzt wurde erkannt, dass konventionelle Qualitätskontrolle unter den


geltenden Kostenaspekten bei weitem nicht mehr ausreicht.

Armand Feigenbaum sprach 1956 in seiner "Total Quality Control" darüber,


dass Spitzenqualität nicht von den Unternehmen erreicht werden könnte, die
Qualitätsprobleme ausschließlich ihren Fertigungsabteilungen überließen.

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Qualitätssicherung sollte daher in folgenden Phasen der Produktherstellung be-


rücksichtigt werden:

• Einkauf und Entwicklung - Herstellung - Verkauf - Marketing

Dies bedeutet nichts anderes als:

• Prüfung der Konstruktionsentwürfe I Prüfung der Entwicklung

• Prüfung eingesetzter Materialien und

• Prüfung der Produkte.

Somit bedeutet Total Quality Control, dass keine Abteilung des Unternehmens
Gesamtverantwortung übernehmen muss. Für die Betriebsamkeit und
Funktionstüchtigkeit ist nur die Geschäftsleitung zuständig.
(
Nach dem Konzept von A. Feigenbaum wurde eine neue Qualitätsphilosophie
erschaffen, das sogenannte "Reliability Engineering". Hierfür wurde noch
stärker Bezug auf die Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie genommen.
Ausgangspunkt waren die Raumfahrt- und Elektrotechnologie, die zu neuen
Qualitätskonzepten führten:

• Spezifische Methoden zur Senkung von Ausschussraten bereits im


Entwurfsstadium der Produkte

• Aufdeckung möglicher Schwächen von Konstruktionen durch Fehler-


Ursachen-Analysen

• Analysen zur Berechnung der Fehlerhaftigkeit von Schlüsselbauteilen

• Lebensdauerprüfungen im Rahmen der spezifizierten Beanspruchungs-


( standards.

Viele Qualitätsansätze haben ihren Ursprung im militärischen Bereich. 1961


wurde bei der Entwicklung und Produktion von Raketen der US Army das "Null-
Fehler-Programm" verwirklicht (siehe 1.2).

In den 60er und 70er Jahren begann das Zeitalter der japanischen Herausforde-
rung. Den Japanern gelang es vorbildlich , das zum Teil in den USA entwickelte
Gedankengut der Qualifätsphilosophie in die alltägliche Praxis der Betriebe
zu integrieren und mit spezifisch japanischen Elementen zu verknüpfen, um
der Mentalität und Kultur des Landes gerecht zu werden. Diese Integration
und konsequente Umsetzung des Qualitätsgedankens auf allen Ebenen des
Unternehmens schuf die Voraussetzung für den Siegeszug der japanischen
Industrie und den raschen Aufstieg zur ökonomischen Weltmacht. Diese
Entwicklung ist auch in den ASEAN-Staaten zu beobachten.

Der restlichen Welt wurden die Erfolgspotenziale der ständigen Verbesserungs-


prozesse und die Möglichkeiten der Qualitätsinstrumente vor Augen geführt.

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Erst in den 80er Jahren realisierten die westlichen Industriegesellschaften die


drohenden Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrien. In der Folge
setzte eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Qualitätsmanagement ein.

Ein wichtiger Schritt war die Anforderung an die Lieferanten, ihre


Qualitätsfähigkeit nachzuweisen . Erstmals wurde dies in den "Allied Quality
Assurance Publications" (AQAP) der NATO festgelegt. Für die danach ope-
rierenden Lieferanten entstand ein erheblicher Wettbewerbsvorteil gegenüber
anderen Anbietern. Die NASA schloss sich dieser Vorgehensweise an und
verlangte von ihren Zulieferern ein analoges Qualitätssicherungssystem nach
festgelegten Parametern.

Dieses Vorgehen hat sich so gut bewährt, dass auch im zivilen Bereich
Normen für Qualitätssicherungssysteme erstellt wurden. In der Folge
hielten Qualitätsmanagementsysteme Einzug in viele Industrie- und spä-
ter auch Dienstleistungsbranchen. Sie sollten im modernen Management
eines Unternehmens zur allgemeinen Denkweise aller Mitarbeiter auf allen
Ebenen werden und somit zum erklärten Bestandteil der Firmenpolitik und
Unternehmenskultur.

Der Weg zum Qualitätsmanagement führte von der rein produktbezogenen


Endkontrolle (Qualitätskontrolle) zunächst zur Qualitätssicherung. Durch den
Einsatz statistischer Methoden und durch Maßnahmen zur Fehlervermeidung be-
reits während der Herstellung wurde der Qualitätsbegriff von der Produktqualität
auf die Kontrolle von Entwicklungs- und Produktionsprozessen ausgeweitet. Bis
dahin war Qualität in erster Linie die Aufgabe von Spezialisten im Unternehmen.

Mit dem Schritt von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement wur-


de die Beherrschung von Qualität zur Führungsaufgabe. Die Planung und
Verbesserung von Prozessen sowie deren Zusammenwirken wurde in die
Betrachtungen einbezogen. Der Qualitätsbegriff umfasste nun auch die
der Produktion vor- und nachgelagerten Bereiche und sogenannte "weiche
Faktoren", wie z.B. die Schulung und Motivation von Mitarbeitern und die
Einbeziehung der Kundenanforderungen in die Qualitätsplanung.

Die jüngere Entwicklung des Qualitätsmanagements, deren Inhalte innerhalb


bestimmter Normen Niederschlag fand, zeigt Abbildung 1.

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AJ(ademie

Entwicklun des Qualitätsmana ements


1980 Gründung des Technischen Komitees 1501Te 176

1987 Verabschiedung der Normentwürfe zu DIN ISO 9000 ff.

1990 Änderung des Produkthaftungsgesetzes mit verschärften


Pflichten für die Hersteller von Produkten

1990 Verabschiedung der europäischen Normen EN 29000 - 29004

1993 Überarbeitung der Normenreihe DIN ISO 9000 - 9004

1994 Verabschiedung der DIN EN ISO 9000:1994 ff. 5000


12/2000 Verabschiedung der DIN EN ISO 9000:2000 ff.
JD151
12/2008 Verabschiedung der D1N EN ISO 9001:2008
~ 00 er
12/2009 Herausgabe der DIN EN ISO 9004:2009
(
Abb. 1: Entwicklung des
jeS'U~ J<:-lJö vlr~
Qualitätsmanagements

In den 90er Jahren gewannen moderne Ansätze des "Total Quality Management"
(TQM) an Bedeutung. Im Mittelpunkt stehen dabei der verstärkte Kundenfokus
sowie die Einbeziehung aller Mitarbeiter und Unternehmensbereiehe in die
Qualitätsbetraehtung. Äußerst wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der
Qualitätsgedanke durch alle Hierarchieebenen sowie über alle Abteilungsgrenzen
hinweg gelebt wird. Ein in Europa weit verbreiteter Ansatz für diese umfassende
Betrachtung von Qualitätsaspekten ist das EFQM-Modell für Excellence (siehe
hierzu aueh Abschnitt 7 in diesem Kapitel).

Entwicklun des Qualitätswesens

TQM

~
~
,"

Qualitäts- ,

management

Qualitäts-
sicherung

~
Qualitäts-
ti
M

., ,
kontrolle

zeitliche Entwicklung

Abb. 2: Entwicklung des


Qualitätswesens

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In der zweiten Hälfte der 90er Jahre entwickelten sich zunehmend integrierte
Managementsysteme, die neben der Qualität auch Umwelt- und Arbeitssicher-
heitsaspekte berücksichtigen.

1.2 Persönlichkeiten des Qualitätsmanagements

In diesem Kapitel werden Ihnen bedeutende Persönlichkeiten vorgestellt, die


die Entwicklung des Qualitätsmanagements maßgeblich beeinflusst haben.

Crosby, Philip B.

Crosby war Direktor für Qualität bei ITT und wurde Anfang der 60er Jahre vom
US-Verteidungsministerium für die Konzeption des Null-Fehler-Programms aus-
gezeichnet. Dieses Programm zielte darauf ab, Menschen so eng wie möglich an
das Ziel der Perfektion heranzuführen. Das Entstehen von Fehlern am Produkt
darf nicht als normal betrachtet werden. Die Analyse der Fehlerursachen und die
Einleitung von Korrekturmaßnahmen sollen dazu beitragen, das Auftreten von
Fehlern in der Arbeitstätigkeit zu reduzieren. Weiterhin beschäftigte sich Crosby
intensiv mit den Aspekten der Qualitätskosten und des Qualitätscontrollings.

Deming, W. Edwards

Deming entwickelte nach dem Krieg in Japan die Kernpunkte und Geisteshaltung
zur ständigen Verbesserung der Qualität und Unternehmensleistungen. In
Anerkennung seiner Verdienste um das systematische Qualitätsmanagement
wird ihm zu Ehren in Japan der sogenannte Deming-Preis vergeben.

Demings Qualitätsphilosophie ist durch drei Grundhaltungen geprägt:

• Jede Aktivität kann als Prozess aufgefasst und entsprechend verbessert


werden.

• Problemlösungen allein genügen nicht, sondern fundamentale Veränderungen


sind erforderlich.

• Das Topmanagement muss den kontinuierlichen Verbesserungsprozess ak-


tiv unterstützen und mit gutem Beispiel vorangehen.

Darüber hinaus ist Deming bekannt geworden für die Formulierung seiner
,,14-Punkte", der ,,7 tödlichen Krankheiten" eines Qualitätsmanagements sowie
der Demingschen Reaktionskette und dem PDCA-Zyklus (= Plan Do Check Act).

Feigenbaum, Armand V.

Feigenbaum war in der Qualitätssicherung bei General Electric tätig und be-
schäftigte sich dort mit der Entwicklung von Total Quality und Systemen.

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Bekannt geworden ist er durch die Konzeption des TQC-Konzepts (Total Quality
Control).

Mit diesem Konzept soll eine das gesamte Unternehmen umfassende


Qualitätsstrategie entwickelt werden, die sich vollständig auf die Erfüllung der
Kundenbedürfnisse ausrichtet. Er entwickelte eine Sichtweise, die Qualität
nicht als statisches, sondern als bewegliches Ziel begreift, welches durch den
Kunden bestimmt und verändert wird.

Fernerführte er den Begriff des Simultaneous Engineering in das Qualitätswesen


ein. Dies bedeutet die nahezu gleichzeitige Bearbeitung von Aufgaben im Pro-
duktentstehungsprazess durch verschiedene, miteinander verknüpfte betrieb-
liche Arbeitsgruppen.

( Ishikawa, Kaoru

Ishikawa war Offizier der japanischen Marine und entwickelte bereits


1943 das nach ihm benannte Ursache-Wirkungs-Diagramm. Es deckt die
Problem ursachen auf, die von bestimmten Einflussfaktoren herrühren können.

Weitere Konzepte, die maßgebend von ihm geprägt wurden, waren die Bildung
der Qualitätszirkel und ein mitarbeiterorientiertes Modell für eine unterneh-
mensweite Qualitätsarbeit (Company Wide Quality Contra I). Ishikawa war einer
der Pioniere des japanischen Qualitätsmanagements und Vordenker des be-
rühmten Ministeriums für internationalen Handel und Industrie (MITI).

Juran, Joseph M.

Der Amerikaner Juran entwickelte eine sogenannte Qualitätstrilogie als ma-


nagementorientierte Unternehmensphilosophie. Sie beschreibt die systema-
( tische und kontinuierliche Verbesserung der Qualität und erfolgt in drei sich
immer wiederholenden Schritten: Prozessplanung - Implementierung und
Absicherung - Prozessverbesserung. Juran integrierte auch die von Pareto
entwickelte 80:20-Regel in die betriebliche Praxis. Diese Regel drückt aus,
dass die meisten Auswirkungen auf eine relativ kleine Zahl von Ursachen zu-
rückzuführen sind. 80 % der Wirkungen resultieren oft aus 20 % der möglichen
Ursachen.

1.3 Qualität und Qualitätswesen


Es gibt eine Vielzahl von Definitionsversuchen für den Qualitätsbegriff. Die
Betrachtung kann aus unterschiedlichen Perspektiven erfolgen:

Kundenorientierter Ansatz:

• Quality is fitness for use. (J.M. Juran)

• Quality is meeting and/or exceeding customer expectations. (AT&T)

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Herstellerorientierter Ansatz:

• Qualität ist Einhalten von Spezifikationen. (P.B. Crosby)

Absoluter Ansatz:

• Qualität ist das Maß der Güte einer Leistung, das durch verschiedene
Klassen (z.B. "gut", "mittel", "schlecht") kategorisiert werden kann.

Produktorientierter Ansatz:

• Qualität ist das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses durch den Kunden


aus der Preis-leistungs-Perspektive.

Wertorientierter Ansatz:

• Quality is the degree of Excellence at an acceptable price and control of


variability at an acceptable cost. (A. Feigenbaum)

Obwohl der Begriff Qualität auch vom Deutschen Institut für Normung (DIN EN
ISO 9000:2005) definiert ist, wird er im allgemeinen Sprachgebrauch häufig
unterschiedlich verwendet und interpretiert.

Qualität ist ein subjektiver Begriff.

Anbieter von Gütern minderer Qualität können im Marktgeschehen ebenso er-


folgreich sein wie Anbieter von Produkten mit höherer Qualität. Voraussetzung
für den unternehmerischen Erfolg ist immer das Vorhandensein eines entspre-
chenden Marktes und damit auch einer Nachfrage.

Versucht man mit Hilfe der Literatur den Begriff Qualität zu klären, so treffen sich
die meisten Vorschläge der Autoren in dem Punkt, dass der Verwendungszweck
eines Produktes die Qualität definiert. Die Qualität wird aus der Sicht der Kunden
definiert.

Die DIN EN ISO 9000:2005 definiert Qualität wie folgt:

"Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt."

Unter einem inhärenten Merkmal wird eine kennzeichnende Eigenschaft ver-


standen, die einer Einheit (z.B. einem Produkt) innewohnt bzw. ständig zuge-
hörig ist.

Beispiel: Das Material und die Gewindeneigung einer Schraube sind in-
härent, da sich bei deren Änderung die Funktion bzw. die Art der Schraube
ändern würde. Der Preis hingegen kann geändert werden, ohne dass die
Funktionseigenschaften der Schraube beeinflusst werden.

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Der Grad, in dem diese Merkmale einer Einheit festgelegte, üblicherweise vo-
rausgesetzte oder verpflichtende Anforderungen erfüllen, definiert die Qualität.

Das Urteil über die Qualität eines Produkts fällt der Benutzer oder Verbraucher
auf Grund des Nutzens, den der Konsument durch das Produkt erzielt. Um den
Anforderungen des Marktes gerecht zu werden, muss das Produkt die gestell-
ten Anforderungen erfüllen und Kundenzufriedenheit auslösen.

Ein tieferes Verständnis von Qualität darf aber im Unternehmen nicht allein auf
das Endprodukt beschränkt sein. Qualität soll ein umfassender Ansatz werden.

Demzufolge bedarf das richtige Verständnis des Qualitätsbegriffs einer


Erweiterung in mehrfacher Hinsicht:

Die Qualität der Produkte und Dienstleistungen wird ergänzt um die


(
• Qualität der Prozesse,

• Qualität der Arbeitsbedingungen,

• Qualität der Umweltleistungen.


Erweiterter Qualitätsbe riff

Qualität bezieht sich auf

• Produkte und Dienstleistungen für den Kunden

• Prozesse

• Arbeitsbedingungen

• Umweltleistungen

Abb. 3: Erweiterter
Qualitätsbegriff

Der Hintergrund des Anspruchs auf hohe Qualität für ein Unternehmen ist der
dadurch erhoffte Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern.

Eine überlegene Qualität erhöht einerseits die Marktakzeptanz der Produkte


und damit bei Erzielung entsprechender Preise den Gewinn des Unternehmens,
andererseits reduzieren sich die Risiken für außerordentliche Aufwendungen
wie z.B. Regressansprüche, Garantieleistungen, Rückholaktionen o.ä.

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2 Definition: Qualitätsmanagementsystem

Die steigenden Anforderungen an die Sicherstellung von Qualitätim Unternehmen


führte zur bereits angesprochenen Entwicklung von der Qualitätskontrolle über
die Qualitätssicherung hin zum Qualitätsmanagement.

Was bedeutet der Begriff Qualitätsmanagement ?

Q (7- Um in einem modernen Unternehmen die immer komplexer werdenden Aufgaben


im Bereich der Qualität bewältigen zu können, sind umfangreiche organisato-
rische Maßnahmen zu treffen. Dies bedeutet, dass Qualität im Gegensatz zu der
vorwiegend auf Fehler reagierenden Qualitätskontrolle bzw. Qualitätssicherung
aktiv beherrscht, d. h. gemanagt, werden muss.

Die Gesamtheit aller qualitätsbezogenen Aktivitäten und Zielsetzungen wird als


Qualitätsmanagement bezeichnet. Der Begriff impliziert eine wichtige - in der
Praxis leider häufig vernachlässigte - Anforderung:

Qualität ist auch eine Aufgabe des (Top-)Managements, der Unternehmens-


leitung.

Ein geplantes und strukturiertes Modell mit einer dokumentierten Darstellung von
Aufbau- und Ablauforganisation zur Sicherung der Produkt- und Prozessqualität
nennt man Qualitätsmanagementsystem (QM-System). Es stellt die Organi-
sationsstruktur, Verfahren, Prozesse und Ressourcen zur Verwirklichung des
Qualitätsmanagements zur Verfügung und legt die Verantwortlichkeiten und
Kompetenzen fest. Nahezu jeder Betriebsbereich sollte in dieses System inte-
griert sein, wobei die zu erfüllenden Aufgaben sehr unterschiedlich sein können.

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3 Qualitätsmanagement als Firmenstrategie in Zusammen-
hang mit dem europäischen Binnenmarkt und der Globali-
sierung

Das Qualitätsbewusstsein hat sich in den letzten Jahren in vielen Ländern des
europäischen Binnenmarktes verstärkt. Speziell die deutsche Wirtschaft wird
daher Abschied von der Illusion nehmen müssen, sie habe Qualität für sich ge-
pachtet. Das ehemalige Gütesiegel "Made in Germany" ist keine Garantie mehr
für eine gesicherte Zukunft der deutschen Wirtschaft.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer ständig zunehmenden


Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen. Weitere Aspekte, die eine er-
folgreiche Firmenstrategie berücksichtigen muss, sind die Öffnung der
Ostmärkte und der technische Fortschritt, vor allem im Bereich der modernen
( Kommunikationsstrukturen (z.B. Internet). Die Dynamik der Märkte stellt für alle
Unternehmen eine große Herausforderung dar.

Bisher hat sich die deutsche Industrie immer auf den relativ hohen
Ausbildungsstand in der Belegschaft stützen können und auf den qualifizierten
Facharbeiter, um den die Deutschen vom Ausland beneidet wurden. Doch dieser
Neid schwindet, da in vielen Ländern des europäischen Binnenmarktes die Aus-
und Weiterbildung erheblich verbessert geworden ist, während in Deutschland
sogar von Rückschritten in diesem Bereich die Rede ist. Dieser Aufholprozess
hat sich auch in einer Annäherung an den deutschen Qualitätsstandard aus-
gedrückt. In vielen Bereichen der Industrie, z.B. Uhren, Radio, Fernseher oder
Fotoausrüstung, wurde der deutsche Standard sogar deutlich übertroffen, was
einen rapiden Rückgang dieser Industriezweige zur Folge hatte.

Nicht nur im Ausland, sondern auch im Inland wachsen die Ansprüche der
Kunden an die Qualität von Produkten und Dienstleistungen ständig. Eine der
zentralen Managementaufgaben wird daher die Realisierung von Qualitätsma-
nagementsystemen sein.

Das gilt für alle Branchen und Betriebsgrößen.

Ein Qualitätsmanagement ist aber keine Garantie gegen das Auftreten von
Fehlern bei Produkten oder Dienstleistungen!

Mit dem Nachweis eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems und der


damit verbundenen konsequenten Nachweisführung der Produktherstellung
kann der Hersteller aber darlegen, dass er alles in seiner Macht stehende getan
hat, um Fehler zu vermeiden und Kundenanforderungen zu erfüllen.

Viele Firmen, vor allem aus dem europäischen Ausland oder aus Nordamerika
(NAFTA), werden deshalb als Bestätigung für einen hohen Standard des ein-
geführten und realisierten Qualitätsmanagementsystems von Lieferanten
Zertifikate zum Qualitätsmanagement verlangen.

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Gerade die mittelständische Industrie muss eine offensive Strategie des


Qualitätsmanagements betreiben. Dies ist auch deshalb überlebenswichtig,
weil sich die Produkthaftung und das Qualitätsbewusstsein der Kunden deutlich
verschärft haben.

In der EG wurden wichtige Vorarbeiten für eine gemeinsame Qualitätsmanage-


mentstrategie geleistet. EG-weit werden immer mehr Managementsysteme in
den Betrieben installiert, die nach einem einheitlichen Regelwerk gestaltet sind
und bei bewusster Orientierung an den Wünschen und Vorstellungen der Kunden
alle Phasen des Produktionszyklus einschließen. Obwohl manche mittelstän-
dische Unternehmer Qualitätsmanagement immer noch falsch verstehen, zeigt
sich die deutliche Verbesserung der Qualitätsstandards in den Prozessen der
Unternehmen durch die ISO 9000 ff. Deren inhaltliche Fokusierung auf Kunden-
und Prozessorientierung bewirkt eine erhebliche Bewusstseinsänderung in
Bezug auf die Interpretation von Qualitätsmanagementsystemen.

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4 Vorstellung von Qualitätssicherungsnormen


Nationale und internationale Regelwerke

Die Produkte werden immer komplexer, Prüfungen und Prüfaufwand für den
Käufer immer komplizierter. Daraus folgt, dass bei Unternehmen schon in der
Entwicklung, in der Planung und in der Fertigung bzw. in allen Bereichen des
Unternehmens, qualitätssichernde Maßnahmen durchgeführt werden müssen.

Ein solch konkretes Bündel bereichsübergreifender Qualitätssicherungsmaß-


nahmen, welches sich nicht nur in Prüfungen der Organisation erschöpfen darf,
muss in einem Qualitätssicherungssystem zusammengefasst werden.

Forderungen an Qualitätssicherungssysteme sind inzwischen in einer Reihe von


technischen Regelwerken niedergelegt, die größtenteils normativen Charakter
haben.
(
Diese Regelwerke ersetzen keinesfalls technische Forderungen der Qualitäts-
normen für Produkte. Sie müssen als Ergänzungen zu den produktspezifischen
Anforderungen gesehen werden und nicht als deren Alternative.

Diese Entwicklung ging von den USA mit den hohen Qualitätsanforderungen
des militärischen Bereiches aus und begann mit der MIL-Q 9858 aus dem Jahre
1963, die von den westlichen Ländern übernommen wurde. Sie setzte sich spä-
ter in den hohen Sicherheitsanforderungen für Kernkraftwerke fort.

Danach entstanden eine Vielzahl firmen- und branchenspezifischer, nationaler


und schließlich branchenübergreifender Qualitätssicherungs-Regelwerke.

Dies sind zum Beispiel:

• Die AQAP -1 , -4, -9 und 13, die sich aus der MIL-Q 9858 entwickelten und für
die NATO-Länder bei Lieferungen militärischer Produkte zum verbindlichen
Vertragsbestandteil wurden.

• Die kanadische Norm CAN 3-Z 299.1 - 4 stammt ursprünglich aus dem Kern-
kraftanlagenbau und wurde nun auch auf andere Produktbereiche erweitert.

• Die KTA 1401, vom kerntechnischen Ausschuss herausgegeben, ist sehr


branchenspezifisch formuliert und regelt die allgemeinen Anforderungen an
die Qualitätssicherung von Kernkraftwerken.

• Die QSF-Regelwerke beschreiben die Anforderungen an die


Qualitätssicherung für die Luft- und Raumfahrtindustrie und sind in 4
Nachweisstufen (A, B, C und D) aufgegliedert.

• Die GMP (Good Manufacturing Practice) stellt verbindliche Forderungen an


die Hersteller von Lebensmitteln und Arzneimitteln. Sie hat im Lebensmittel-
und Gesundheitsbereich Gesetzescharakter.

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Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 19
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Internationale Normenwerke

MIL-Q - 9858 QM-Programm des US-Verteidigungsministeriums

AQAP-1,-4,-9 NATO-Forderungen an ein Qualitätssicherungssystem für


die Lieferung militärischer Produkte

AQAP-13 NATO-Forderungen an die Qualitätslenkung von Software

CAN 3-Z 299 Quality Assurance Program (Kernkraftanlagen)

KTA 1401 Allgemeine Anforderungen an die QS von Kernkraftanlagen

QSF A, B, C, D Anforderungen an die QS in Luft- und Raumfahrtindustrie

GMP Good Manufacturing Practice der WHO, verbindliche Anfor-


derungen an Lebensmittel- und Arzneimittelhersteller

Abb. 4: Internationale
Normenwerke

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Seite 20 -1.1 -C QM Rev. 051 Stand: Dezember 2009
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5 Qualitätsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Für die deutsche Industrie lässt sich der Wandel des Qualitätsgedankens ab-
hängig vom Wandel des Marktes seit der Währungsreform 1948 bis heute in
fünf Phasen unterteilen:

1. Phase: Mangelwirtschaft

In den ersten Jahren nach Kriegsende gab es einen Engpass für alle
Konsumgüter. In dieser sogenannten Mangelwirtschaft musste der Konsument
abnehmen, was er am Markt bekommen konnte. Der Qualitätsmaßstab wurde
vom Anbieter festgelegt. Eine qualitative Differenzierung gab es zur damaligen
Zeit höchstens durch eine Sortierung bzw. in Form von Handelsklassen.

(
2. Phase: Aus@glichener Markt

Schon bald nach dieser für den Kunden unbefriedigenden Situation stellte
sich ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage durch die zunehmende
Produktionstätigkeit ein. Der Wirtschaftsaufschwung hatte begonnen.

Mit zunehmendem Angebot verschlechterte sich die Marktmacht der Anbieter


und gleichzeitig wuchs die Nachfragemacht der Käufer. Dem Abnehmer war es
nun möglich, erste Qualitäts- und natürlich auch Preisforderungen zu stellen.
Es war eine Zunahme des Verbraucher- und Qualitätsbewusstseins festzustel-
len. Die Konsumenten konnten nun bei fast allen Produkten zwischen verschie-
denen Angeboten wählen und vergleichen.

3. Phase: Verstärkter Wettbewerb

Der zunehmende Konkurrenzdruck zwischen den Lieferanten versetzte den


Kunden in die Lage, fehlerfreie Ware zu verlangen. Fehlerbehaftete Produkte
führten zu Beanstandungen, mit denen der Kunde seine Unzufriedenheit zum
Ausdruck bringen konnte. Die Position des Kunden wurde zusätzlich dadurch
gestärkt, dass er neben den heimischen Produkten auch zunehmend auf
Importe zurückgreifen konnte.

Maßnahmen zur Korrektur von fehlerhaften Produkten während der


Leistungserstellung gab es bis dahin nur in ganz wenigen Betrieben, da sich
die Qualitätskontrolle nur auf nachträgliche Fehlererkennung beschränkte.
Allmählich wurde daher die Qualitätskontrolle durch weitergehende Maßnahmen
der Qualitätssicherung und später des Qualitätsmanagements ersetzt (siehe
Kapitel 1.1).

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Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 21
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Die Stunde des Qualitätsmanagementsystems hatte infolge der Marktsättigung


und der zunehmenden Wettbewerbsintensität geschlagen. Ein Qualitätsmanage-
mentsystem, welches sich nicht nur auf Endprodukte alleine bezieht, sondern
Fehler im ganzen Bereich des Unternehmens eliminiert, trägt zur Verbesserung
der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidend bei.

4. Phase: Austauschbarkeit von Gütern

Die Qualität der Konsumgüter wird unter dem Druck des Wettbewerbs vergleich-
bar und austauschbar. Um sich von der Konkurrenz abzuheben und den Kunden
dauerhaft an das Unternehmen zu binden, genügt die alleinige Orientierung an
der Produktqualität nicht mehr, da diese von den Verbrauchern als selbstver-
ständlich vorausgesetzt wird.

Neue Parameter zur Hebung des Qualitätsniveaus und des Images des
Unternehmens müssen gefunden werden:

• Betreuung des Kunden über den üblichen Rahmen hinaus in Form von
Service und Nebenleistungen

• Einsatz von gezielten Marketingmaßnahmen zur Beeinflussung der


Verbraucher.

5. Phase: Erwartung fortlaufender Produktinnovationen

Im Zuge der Globalisierung hat der Wettbewerbsdruck eine neue Dimension


angenommen. Wem es nicht gelingen wird, den Kunden immer wieder durch
eigene kreative Leistungen und Produktinnovationen zu überraschen, der wird
den Kunden an einen innovativen und preisgünstigeren und damit leistungsfä-
higeren Mitbewerber verlieren.

Zudem werden die Produktlebenszyklen der an den Märkten offerierten


Produkte oder auch Dienstleistungen in Zukunft immer kürzer.

Im Bereich des Qualitätsmanagements setzt eine Entwicklung zur Prozessorien-


tierung ein. Die ständige Verbesserung beschränkt sich nicht nur auf das Produkt,
sondern wird erweitert auf die Prozesse. Die Prozessoptimierung rückt immer
mehr in den Vordergrund. Die Faktoren Zeit, Flexibilität und Kreativität werden
dabei zunehmend wichtiger für die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit.

Prozessorientierung bedeutet insbesondere die Orientierung am Kunden


bzw. an den Kundenerwartungen. Die Gestaltung der Prozesse soll die op-
timale Erfüllung der Kundenanforderungen gewährleisten und damit die
Kundenzufriedenheit sicherstellen.

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Seite 22 -1.1-C QM Rev. 051 Stand: Dezember 2009
Die Weiterentwicklung des Qualitätsverständnisses und von Qualitätsmana-
gementsystemen in diese Richtung stellt einen Schritt hin zum Total Quality
Management dar. Diese Denkweise wird künftig auch für kleinere Unternehmen
und über alle Branchen hinweg an Bedeutung gewinnen.

Die Akzeptanz und zunehmende Implementierung der unterschiedlichen TQM-


Modelle in den Unternehmen unterschiedlichster Größen und Branchen wird
durch das steigende Verständnis und die zunehmende Kenntnisnahme ver-
schiedener Qualitätspreise forciert. Die Inhalte sowohl der nationalen Preise
(z. B. Ludwig-Erhard-Preis) als auch der internationalen Auszeichnungen
(z. B. Europäischer Qualitätspreis der EFQM (European Foundation for Ouality
Management)) basieren auf einem TOM-Ansatz, der von allen Unternehmen
gleichermaßen genutzt werden kann, bzw. sollte.

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Rev. 05/ Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 23
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6 Motive für die Einführung von Qualitätsmanagement-


systemen

Für die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen gibt es zahlreiche


Motive, die im folgenden stichpunktartig aufgelistet werden:

• Erfüllung der Kundenanforderungen durch systematisches Ausschalten von


qualitätsbeeinträchtigenden Unzulänglichkeiten (Fehlervermeidung)

• Vertrauen zwischen Kunde und Lieferant auch auf internationaler Ebene


(Kundenzufriedenheit)

• Senkung der Kosten, Verbesserung der Ertragskraft, Sicherung der


Arbeitsplätze

• Steigerung der Mitarbeitermotivation durch Transparenz und Verantwortungs-


bewusstsein

• DIN EN ISO Zertifikat als Marketinginstrument (Imagegewinn)

• Erlangen von Vorteilen gegenüber der nationalen Konkurrenz und im inter-


nationalen Wettbewerb

• Systematische Identifizierung, Analyse und Verbesserung von qualitätsrele-


vanten Prozessen

• Kontinuierliche Verbesserung von Produkt bzw. Dienstleistung

• Verbesserung der betrieblichen Organisation, klare Festlegung von Aufgaben


und Verantwortlichkeiten (Schnittstellenregelungen)

• Vorteile in der Produkthaftung durch Risikoreduzierung

• Absicherung vor Organisationsverschulden

• Zwingende Forderung des Kunden an seine Lieferanten

• Voraussetzung zur Abgabe einer Konformitätserklärung

Der aus Sicht der Unternehmen zur Zeit wohl wichtigste Aspekt ist zweifels-
ohne die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Bei gleichem Preisniveau
hat der Anbieter eines Produkts mit Qualitätsmanagementsystem bessere
Absatzchancen als der Mitbewerber ohne Qualitätsmanagementsystem.

Die Installation eines Qualitätsmanagementsystems ist jedoch kein Garant für


das Erlangen hoher Qualität. Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem
bietet lediglich die Voraussetzung hierfür. Es kommt entscheidend darauf an,
dass alle Mitarbeiter des Unternehmens das QM-System aktiv gestalten und
die Verbesserungspotenziale für das Unternehmen in voller Breite erschließen.

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Seite 24 -1 .1-C QM Rev. 051 Stand: Dezember 2009
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In Anbetracht dieser klaren und überzeugenden Argumente für die Einführung


eines QM-Systems darf aber nicht übersehen werden, dass dessen Einführung
wohl durchdacht und gut vorbereitet sein sollte. Wie jede Änderung im be-
trieblichen Alltag wird auch die Einführung eines QM-Systems nicht bei allen
Mitarbeitern auf freudige Aufnahme stoßen. Die Angst vor dem Unbekannten,
die Unkenntnis bezüglich der neuen Begriffe und die notwendigen
Verhaltensänderungen wecken innere Widerstände gegen das Qualitätsmana-
gementsystem. Einige Mitarbeiter werden sogar versuchen, die Einführung des
QM-Systems zu behindern. Dieser Tatsache sollte man sich immer bewusst
sein. Die QM-System-Einrichtung hat nicht nur Freunde, sondern auch Feinde.

Typische Argumente, die gegen die Einführung von QM-Systemen angeführt


werden, sind z.B. :

• Die notwendige Dokumentation bedingt eine Papierflut und führt zum Einzug
( des Bürokratismus.

• Die Dokumentation ist zu theoretisch und in der Praxis nicht anwendbar.

• Die System-Einrichtung und Zertifizierung ist zu teuer.

• Systemaufbau und -pflege erfordern einen hohen zeitlichen Einsatz der be-
teiligten Mitarbeiter, Zeit ist aber in vielen Betrieben eine knappe Ressource.

• Die Kunden werden die Anstrengungen nicht durch einen höheren Marktpreis
honorieren.

• In der Vergangenheit wurde die Norm auch nicht angewandt, das


Unternehmen hat sich aber dennoch entwickelt.

• Durch die Anforderungen der Norm wird der notwendige Spielraum für das
Tagesgeschäft und die Flexibilität der Mitarbeiter unnötig eingeschränkt.

• Die Mitarbeiter fühlen sich leichter ersetzbar, da wichtiges Know-how des


Betriebes schriftlich dokumentiert wurde.

• Angst vor Rationalisierung und Arbeitsplatzverlust macht sich breit.

• In größeren Unternehmen / anderen Branchen macht ein QM-System viel-


leicht Sinn , aber in unserem Unternehmen ist dies nicht praktikabel ....

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Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 25
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7 Die Weiterentwicklung QM zu TQM

7.1 Entwicklung des TQM

Die in vielen Wirtschaftsräumen über längere Zeiträume relativ stabil bleibenden


wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines Unternehmens gehören zum gro-
ßen Teil der Vergangenheit an. Das immer schneller werdende Tempo des
technischen Fortschritts und die sich ständig ändernden Marktbedingungen
führten und führen zu einer Neuorientierung der Managementansätze.
Unterschiedlichste Ansätze haben sich aus rein betriebswirtschaftlich orien-
tiertem Gedankengut ergeben (Prozesskostenrechnung, Target Costing, ....).
Demgegenüber haben viele Unternehmen und Manager erkannt, dass sich die
Kernthematik für ein erfolgreiches Unternehmen auf hohe Qualität und betriebs-
wirtschaftliche Aspekte fokussiert. Die Synthese beider Strömungen bildet den
Ausgangspunkt der TQM-Betrachtung eines Unternehmens.

Diese Entwicklung und die bereits angesprochene Erweiterung des ursprüng-


lichen Qualitätsgedankens hat zur Folge, dass Qualität nicht mehr länger
die alleinige Aufgabe einer Abteilung "Prüfwesen" bzw. "Qualitätswesen" ist.
Statt dessen ist die Notwendigkeit der Einbeziehung der Bereiche Marketing,
Vertrieb, Beschaffung, usw. in die Qualitätsbetrachtungen heute unbestritten.
Die Erkenntnis, dass nicht die Qualität des Produktes alleine ausschlaggebend
für den Erfolg eines Unternehmens ist, sondern auch die Qualität der Prozesse,
ist für dieses neue Qualitätsverständnis verantwortlich.

Diese umfassende hierarchie- und abteilungsübergreifende Qualitätsbetrach-


tung hat unvermeidlich zur Folge, dass sich die zu berücksichtigenden
Unternehmensprozesse nicht nur auf operative Fertigungs- oder Dienstleistungs-
prozesse, sondern ebenso auf die Führungsprozesse beziehen müssen. Auch
strategisch weitreichende Überlegungen des Top-Managements mit entspre-
chenden langfristigen Auswirkungen und die Umsetzung der Überlegungen und
Planungen in Aktivitäten, müssen unter dem Aspekt Qualität erfolgen:

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Seite 26 -1.1 -C QM Rev. 05 I Stand: Dezember 2009
Akademie

Entwicklun sstufen des TQM

Qualitätssicherung:
Abteilungsbezogen, Mitarbeiter des Qualitätswesens
Prüfbezogen, starres System, Prüfnormen, Zertifikat
Prüfungen der Tätigkeiten der Vergangenheit

Qualitätsmanagement:
Abteilungsübergreifend, alle Mitarbeiter
PD CA-Zyklus, dynamisches System, v. a. operative Prozesse
Prüfungen der Tätigkeiten der Vergangenheit und Zukunft

Total Quality Management:


das gesamte Unternehmen, alle Mitarbeiter, alle Prozesse
PDCA-Zyklus, dynamisches System, operativ und strategisch
Prüfungen der Tätigkeiten der Vergangenheit und Zukunft
(
Abb. 5: Entwicklungsstufen
des TQM

7.2 Säulen des TQM

In der jüngeren Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Zufriedenstellung


der Kunden durch die Ausrichtung der Unternehmensprozesse auf den
Kundennutzen erfolgt. Die Überprüfung der Prozesse hinsichtlich ihrer Effektivität
und Effizienz, beziehungsweise die optimale Gestaltung der Prozessabläufe
und der Prozesslandschaft in einem Unternehmen gewinnen immer mehr an
Bedeutung. Die Betrachtung von Prozessen unter dem Aspekt Qualität kann
ebenso wie die Kundenorientierung als eine der Säulen eines umfassenden
Qualitätsmanagements angesehen werden.

Säulen des TQM

Prozess- Mitarbeiter- Kunden- Selbst-


orientierung orientierung orientierung positionierung

Abb. 6: Säulen des TQM

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Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1 -C QM - Seite 27
Akademie

Im Unternehmen werden Prozesse, die zur Erreichung der Kundenzufriedenheit


beitragen, zum größten Teil durch Mitarbeiter verwirklicht. Erfolgt die Bewertung
der Prozesse unter qualitativen Gesichtspunkten, muss demzufolge der Mensch-
neben den finanziellen Mitteln - in die Betrachtung mit einbezogen werden. Dabei
ist der Qualitätsbegriff nicht nur als Abgleich etwaiger messbarer Fehlleistungen
eines Einzelnen oder mehrerer Mitarbeiter gegenüber den Vorgaben zu ver-
stehen. Vielmehr treten auch die Beziehung und das Zusammenwirken der
Mitarbeiter untereinander, die sogenannten "weichen Faktoren", in den Fokus
der Qualität. So sind gute "qualitative" Beziehungen zwischen Führungskräften
und Mitarbeitern oder das Vorhandensein eines guten Betriebsklimas zwischen
den Mitarbeitern unabdingbar für die vollständige Nutzung der Fähigkeiten und
Kreativität der Mitarbeiter. Die Mitarbeiterorientierung ist damit ein weiterer we-
sentlicher Bestandteil eines TQM-Ansatzes.

Die Führung einer Organisation sollte jedoch nicht nur Kunden, Mitarbeiter und
die damit zusammenhängenden Prozesse in den Mittelpunkt der Überlegungen
stellen. Über diese wichtigen Faktoren hinaus muss das gesamte Umfeld des
Unternehmens betrachtet werden. Die Abwägung der unterschiedlichsten
Interessengruppen und der gesamten Gesellschaft beeinfiusst das Unternehmen
direkt oder indirekt über Märkte. Das Unternehmen wird durch die Interessen der
Gesellschafter, Aktieninhaber, Banken, Versicherungen, etc. ebenso beeinfiusst,
wie durch Regulative und Meinungsbilder der Gesellschaft. Im Spannungsfeld
dieser vielfältigen, teilweise konkurrierenden Einfiussfaktoren gilt es für das
Unternehmen, sich selbst zu positionieren. Die Selbstpositionierung unter qua-
litativen Aspekten zu sehen, ist gerade für sehr erfolgreiche Unternehmen ein
wichtiges Instrumentarium zur Weiterentwicklung geworden.

Selbst ositionierun eines Unternehmens

Abb. 7: Selbstpositionierung
eines Unternehmens

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Seite 28 -1 .1-C QM Rev. 051 Stand: Dezember 2009
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Fasst man die bisherigen Aussagen zusammen, erweitert sich derOualitätsbegriff


um die Kunden, Prozesse, Mitarbeiter und die Selbstpositionierung. In die
Oualitätsbetrachtung werden somit auch Prozesse einbezogen, die nicht unmit-
telbar auf den Kunden ausgerichtet sind. Selbst die in monetären Zahlen nicht
quantifizierbaren Bereiche, wie etwa der Umgang mit und zwischen Mitarbeitern,
bleiben vom Oualitätsbegriff nicht unberührt.

Diese umfassende qualitative Betrachtung aller Prozesse über alle Hierarchie-


ebenen und Mitarbeiter hinweg im gesamten Umfeld des Unternehmens sollte
mit einem strukturierten, systematischen Managementmodell gesteuert werden:
dem TOM.

Inhalte des TQM

Total:
( • Alle Funktionen I Ebenen
• Alle Kunden
• Alle Lieferanten
• Gesellschaft

Qualität:
• Führung
• Prozesse
• Produkte

Management:
• Strategisch
• Operativ
• Lang-, kurzfristig

Abb. 8: Inhalte des TQM

( Die Definition von TOM als Führungsmethode, als strategisches Hilfsmittel für
Führungskräfte zur Sicherstellung des langfristigen Unternehmenserfolgs, kann
demnach als Managementmodell gesehen werden.

7.3 Verständnis des TQM

Obwohl inzwischen viele Unternehmen den Weg zum TOM erfolgreich einge-
schlagen haben, ist dieser Begriff in einigen Organisationen negativ besetzt.

Dies ist auf ein falsches Verständnis bzw. auf gravierende Fehler bei der
Umsetzung des TOM-Gedankens zurückzuführen. Nicht selten wurden zuvor
groß angekündigte TOM-Ansätze nicht konsequent weiterverfolgt oder sie
scheiterten an der fehlenden Unterstützung des Top-Managements. Dieses
"Aktivitäten im Sand verlaufen lassen" hat vielfach zu einer negativen Haltung
und Skepsis bei zunächst motivierten Mitarbeitern geführt.

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Rev. 051 Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 29
Akademie

Unter TOM verstehen viele eine Unternehmensphilosophie. Sicherlich spie-


geln sich in TOM und dessen Umsetzung grundlegende Unternehmensfragen
mannigfaltig wider. Bei den umzusetzenden Maßnahmen zur Einführung des
TOM ist in vielen Fällen ein grundsätzliches Umdenken in den "Köpfen" aller
Führungskräfte und Mitarbeiter gefordert. Die Führungskräfte müssen den
Inhalt, Sinn und Zweck solcher Konzepte und Modelle verstanden haben. Gerade
weil TOM Inhalte bietet, die für viele Unternehmensmitglieder ein Umdenken im
Rahmen der personellen Eigenschaften und Mentalitäten erfordern, kann be-
reits zu einem sehr frühen Zeitpunkt ein Widerwillen, eine Ablehnung und damit
einhergehend ein völlig falsches Verständnis auftreten. Häufig wird TOM bei der
Einführung als Denkweise, Philosophie oder Handlungsmaxime ausgegeben.
Plakative Slogans verlieren sich jedoch sehr häufig im Tagesgeschäft, auch
wenn sie ernst gemeint sind. Die Einführung eines TOM-Konzeptes ist - wie
bei allen anderen Projekten auch - bereits in der Anfangsphase zum Scheitern
verurteilt, wenn angekündigte Aktivitäten nicht umgesetzt werden.

Aus diesem Grund sollte TOM nicht nur als Philosophie und Denkmodell ver-
standen und vermittelt werden. Vielmehr kann TOM auch rein pragmatisch als
Führungsmodell, als Unternehmensstrategie oder als umfassend ausgestatteter
"Managementwerkzeugkasten" gesehen werden.

TOM beinhaltet die Umsetzung von Maßnahmen in konkrete Ergebnisse. Die


Beurteilung des eigenen Vorgehens aufgrund von Zahlen, Daten und Fakten,
d.h. von messbaren Ergebnissen, ist ein wesentlicher Bestandteil eines TOM-
Konzeptes. Grundlage hierfür ist die Bildung und Verfolgung von Kennzahlen.

TOM sollte im Sinne einer Zusammenfassung und Bündelung von Aktivitäten


verstanden und vermittelt werden, die Oualität in den Mittelpunkt verschiede-
ner Handlungsfelder stellt und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch
Betrachtung von Ergebnissen misst.

Ein TOM-Konzept, das bereits in vielen Unternehmen Eingang gefunden hat,


beschreibt die Selbstbewertungsmethode nach dem EFOM-Modell.

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Seite 30 -1.1-C QM Rev. 05 / Stand: Dezember 2009
( Akademie
"(1' --

EFQM-Kriterien als TQM-Modell

Leader- Key
ship Results
10% M
1S%

(
Abb. 9: EFQM-Modell

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Rev. 05/ Stand: Dezember 2009 1.1-C QM - Seite 31
Akademie

Wiederholungsfragen

1. Warum war der Qualitätsbegriff während der gesamten Entwicklung der


Zivilisation immer von Bedeutung?

2. Wie kam es zu dem Begriff "Made in Germany"?

3. Was bedeutet "Total Quality Contro!"?

4. Welche Bedeutung hatte der 2. Weltkrieg für die Entwicklung des Qualitäts-
managements?

5. Was machte Japan in der Nachkriegszeit so erfolgreich?

6. Was kennzeichnet die Qualitätsphilosophie von Deming?

7. Welchen Beitrag leistete Kaoru Ishikawa für das Qualitätsmanagement?

8. Erläutern Sie den Begriff "Qualitätsmanagement".

9. Was beschreibt die Qualitätstrilogie von J. Juran?

10. Was kennzeichnet die 5. Phase der Qualitätsentwicklung in der BRD?

11. Welche Anforderungen an die Qualitätsentwicklung werden künftig ge-


steilt?

12. Erläutern Sie kurz fünf Motive, die für die Einrichtung eines QM-Systems
sprechen.

13. Geben Sie fünf häufig vorkommende Widerstände gegen QM-Systeme an.

14. Erläutern Sie den Begriff "Total Quality Management".

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Seite 32 -1 .1·C QM Rev. 05 I Stand: Dezember 2009
Akademie

Literaturverzeichnis

1. Brauer, Jörg Peter, Horn, Thomas Horn. DIN EN ISO 9000:2000 umset-
zen. Gestaltungshilfen für den Aufbau Ihres Qualitäsmanagementsystems.
Hanser Verlag, München, 2006.

2. DIN EN ISO 9000:2005-12: Qualitätsmanagementsysteme - Grundlagen


und Begriffe, Hrsg.: Deutsches Institut für Normung e.v., Beuth Verlag,
Berlin (www.beuth.de)

3. Kamiske, Gerd F., Brauer, JÖrg-Peter. ABC des Qualitätsmanagements.


Hanser Verlag, München, 2002.

4. Pfeifer, Tilo, Schmitt, Walter, Masing , Walter; Masing Handbuch


Qualitätsmanagement; Hanser Verlag, München, 2007.
(
5. Rothlauf, JÜrgen. Total Quality Management in Theorie und Praxis.
Oldenbourg Verlag, München, 2003.

6. Zink, Klaus J.. TQM als integratives Managementkonzept. Hanser Verlag,


München, 2004

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