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Bemessung im konstruktiven Betonbau

Konrad Zilch · Gerhard Zehetmaier

Bemessung
im konstruktiven Betonbau

Nach DIN 1045-1 (Fassung 2008)


und EN 1992-1-1 (Eurocode 2)

2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

123
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. e.h. Konrad Zilch
TU München
LS Massivbau
Theresienstr. 90
80333 München
Konrad.Zilch@mb.bv.tum.de

Dr.-Ing. Gerhard Zehetmaier


Bilfinger Berger Ingenieurbau GmbH
Gustav-Nachtigal-Straße 3
65189 Wiesbaden
Gerhard.Zehetmaier@civil.bilfinger.com

ISBN 978-3-540-70637-3 e-ISBN 978-3-540-70638-0


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0
Springer Heidelberg Dordrecht London New York

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Vorworte

Vorwort zur 2. Auflage des Bemessens und Konstruierens im Massivbau bleibt


und zugleich den in der Praxis tätigen Ingenieuren als
Die nun vorliegende zweite Auflage erscheint grund- Nachschlagewerk die zum Verständnis normativer Re-
legend aktualisiert und um einige Kapitel erweitert in geln unabdingbar erforderlichen Hintergründe liefert.
völlig neuem Gewand. Eine Überarbeitung wurde ei- Es bleibt, allen zu danken, die an der Umarbeitung
nerseits durch die mittlerweile erschienenen Nationa- des Buches in ein neues Format – von dem wir über-
len Anhänge zu EN 1992-1-1 (Eurocode 2) erforder- zeugt sind, dass es kompakt dargestellte Information
lich, in denen verbindliche länderspezifische Festle- mit einem hohen Maß an Lesbarkeit verbindet – mit-
gungen getroffen wurden, wo EN 1992-1-1 nur Emp- geholfen haben. Nicht zuletzt gebührt dem Springer
fehlungen enthält. Um den praktischen Nutzen des Verlag großer Dank für die fortgesetzt vertrauensvol-
Bandes zu erhöhen, haben wir uns entschlossen, neben le Zusammenarbeit.
dem deutschen Nationalen Anhang auch die länderspe-
zifischen Regeln Österreichs aufzunehmen. Ein weite-
rer Grund für die Aktualisierung liegt in der 2008 er-
schienenen Neufassung von DIN 1045-1, in die – nicht München, Konrad Zilch
zuletzt ausgelöst durch die Arbeiten zum Eurocode – Juni 2009 Gerhard Zehetmaier
eine Reihe von Änderungen, Korrekturen und Klarstel-
lungen eingearbeitet wurden.
Das Spektrum behandelter Themen wird mit der
zweiten Auflage, teils Anregungen aus der Praxis fol- Vorwort zur 1. Auflage
gend, erheblich erweitert. Mit der Aufnahme der Kapi-
tel zu Stabwerkmodellen, zum Durchstanzen und zum Die Bemessung im konstruktiven Betonbau ist kei-
Ermüdungsnachweis wird – zusammen mit dem Ab- neswegs Empirie, sondern sie beruht auf Mechanik
schnitt über Schubfugen – nunmehr die gesamte Brei- und Festigkeitslehre und dem durch Modelle beschrie-
te normativer Nachweise im Grenzzustand der Trag- benen Verhalten der beteiligten Baustoffe Beton und
fähigkeit abgedeckt. Die Aufnahme des Kapitels zum Stahl sowie ihres Zusammenwirkens im Verbund. Ziel
Durchstanzen durchbricht in gewisser Weise das ur- dieses Lehrbuches ist es, sowohl Studierenden als
sprünglich verfolgte Konzept, die Grundlagen des Be- auch in der Praxis tätigen Absolventen ein vertief-
messens anschaulich am Beispiel von Stabtragwerken tes Verständnis der Massivbauweise und der zugehöri-
darzustellen und anschließend – in einem für einen gen Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit, im
späteren Zeitpunkt geplanten Erweiterungsband – auf Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit und der Dau-
Flächentragwerke zu übertragen. Allerdings sind wir erhaftigkeit zu vermitteln und ihr Gespür für die kon-
überzeugt, dass der Bruch mit der didaktischen Leitli- struktive Durchbildung zu wecken.
nie durch eine ausführliche Darstellung der Grundla- Die Fragestellungen werden dabei zunächst all-
gen und Hintergründe des Durchstanznachweises auf- gemein gültig auf theoretischer Grundlage mit den
gewogen wird. dazugehörigen Modellen dargestellt. Danach werden
Wir hoffen, dass der Band Studierenden weiterhin die aus diesen Grundlagen heraus zur Vereinfachung
eine verlässliche Grundlage für ein vertieftes Studium und allgemeinen Verbindlichkeit entwickelten Nor-
v
vi Vorworte

menformulierungen beschrieben und durch Beispiele Massivbau, die sich im Laufe der Jahre um die
verdeutlicht. Vorlesungen verdient gemacht haben und mit viel
Im letzten Jahrzehnt wurden zur Harmonisierung Engagement die erforderlichen Aktualisierungen
des Bauens in Europa europäische Normen entwickelt. vorgenommen haben, sei an dieser Stelle gedankt.
Auf der Basis europäischer Normen wurde im Jah- Desgleichen gebührt den Lehrstuhlmitarbeitern Dank,
re 2002 in Deutschland eine überarbeitete DIN 1045- welche die deutsche und europäische Normungsarbeit
1 als Vorwegnahme der zu erwartenden europäischen begleitet und unterstützt haben. Der Mannschaft
Regeln eingeführt. Diese Norm dient den Erläuterun- der Zilch + Müller Ingenieure GmbH sei für einige
gen als Hauptbezugsdokument. Inzwischen liegt auch wertvolle Anregungen zu Fragen der konstruktiven
die europäische Bemessungsnorm für den Stahlbeton- Durchbildung gedankt. Die Autoren bedanken sich
und Spannbetonbau DIN EN 1992-1-1, der EURO- darüber hinaus bei Herrn Dipl.-Ing. K. Borchert für
CODE 2, vor und wird in diesem Buch parallel zu die Durchsicht des Manuskripts und die Mitarbeit bei
DIN 1045-1 behandelt. Da allerdings der zugehörige der Erstellung der umfangreichen Bemessungshilfs-
nationale Anhang, in dem einige empfohlene Zahlen- mittel sowie bei den studentischen Hilfskräften, die
werte für die Anwendung in Deutschland festgelegt einen Großteil der vielen Bilder angefertigt haben.
werden können, noch nicht abschließend bearbeitet ist, Nicht zuletzt sei dem Springer-Verlag herzlich für
basieren die Erläuterungen auf den empfohlenen Wer- die entgegengebrachte Geduld und die Bereitschaft,
ten. Es soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dieses Buch auch zu einem für Studenten akzeptablen
dass ein Mischen der beiden Normen nicht zulässig Preis auf den Markt zu bringen, gedankt.
ist.
Das Buch wurzelt in den Grundvorlesungen zum
Massivbau, die der Erstverfasser seit über zehn Jahren
an der Technischen Universität München hält. Den München, Konrad Zilch
wissenschaftlichen Mitarbeitern des Lehrstuhls für September 2005 Gerhard Zehetmaier
Inhaltsverzeichnis

1 Betonbauteile – Grundlagen, 2.2.4 Nachweiskonzept für den


Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Grenzzustand der Tragfähigkeit 40
1.1 Verbundbaustoff Stahlbeton . . . . . . . . . 1 2.2.5 Nachweiskonzept für
1.1.1 Kennzeichnende die Grenzzustände der
Eigenschaften des Gebrauchstauglichkeit . . . . . . . 44
Verbundbaustoffs . . . . . . . . . . . 1 2.3 Bezugsachsen und Querschnittswerte . 46
1.1.2 Tragwerke und Tragelemente 2.3.1 Koordinatensysteme und
des Betonbaus . . . . . . . . . . . . . . 2 Bezugsachsen . . . . . . . . . . . . . . 46
1.2 Verhalten eines Einfeldbalkens – 2.3.2 Mitwirkende Breite von
Versuchsbeobachtungen . . . . . . . . . . . . 4 Plattenbalken . . . . . . . . . . . . . . . 48
1.2.1 Trag- und 2.3.3 Kennwerte des ungerissenen
Verformungsverhalten . . . . . . . 4 Querschnitts . . . . . . . . . . . . . . . 51
1.2.2 Versagensformen . . . . . . . . . . . 7 2.4 Idealisierungen des Tragsystems . . . . . 52
1.2.3 Prinzip der Vorspannung . . . . . 8 2.4.1 Lagerungsbedingungen . . . . . . 53
1.2.4 Betrachtungsebenen – 2.4.2 Effektive Stützweite . . . . . . . . . 54
Querschnitt und System . . . . . . 10 2.4.3 Maßgebende Biegemomente
1.3 Aufgaben der Bemessung – Struktur an Innenauflagern . . . . . . . . . . . 54
des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
1.4 Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4.1 Geschichte des Betonbaus . . . . 11
3 Werkstoffkennwerte und
1.4.2 Normung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Verbundverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
1.5 Normengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.1 Beton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 59
2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise 21 3.1.2 Beton unter
2.1 Anforderungen an Bauten und deren Druckbeanspruchung . . . . . . . . 60
Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.1.3 Beton unter Zugbeanspruchung 68
2.1.1 Hintergrund – Anforderungen 3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton . . 72
an bauliche Anlagen . . . . . . . . . 21 3.2.1 Zeitabhängige
2.1.2 Grenzzustände und Dehnungskomponenten . . . . . . 73
Dauerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . 22 3.2.2 Kriechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
2.1.3 Nachweiskonzepte . . . . . . . . . . 24 3.2.3 Kriechen bei veränderlichen
2.2 Sicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Spannungen – Superposition . . 79
2.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.2.4 Schwinden . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
2.2.2 Grundzüge der 3.2.5 Auswirkungen
Zuverlässigkeitstheorie . . . . . . 30 zeitabhängiger Dehnungen
2.2.3 Einwirkungen und auf Tragwerke . . . . . . . . . . . . . . 86
Einwirkungskombinationen . . . 36 3.3 Leichtbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
vii
viii Inhaltsverzeichnis

3.3.1 Trag- und 5 Grundlagen der Berechnung


Verformungsverhalten . . . . . . . 87 von Spannbetonbauteilen . . . . . . . . . . . . . . 161
3.3.2 Normative Regelungen . . . . . . 87 5.1 Arten und Ausführung der Vorspannung161
3.4 Betonstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 5.1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
3.4.1 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5.1.2 Vorspannung mit sofortigem
3.4.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 91 Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
3.4.3 Kennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 5.1.3 Vorspannung mit
3.5 Spannstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 nachträglichem Verbund . . . . . 162
3.5.1 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.1.4 Vorspannung ohne Verbund . . . 163
3.5.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 95 5.2 Schnittgrößen aus Vorspannung bei
3.5.3 Kennwerte für die Bemessung 97 statisch bestimmten Systemen . . . . . . . 164
3.6 Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 164
3.6.1 Verbundmechanismen . . . . . . . 99 5.2.2 Gleichgewicht am Querschnitt 165
3.6.2 Einflussgrößen – Prüfung . . . . 101 5.2.3 Berechnung mit Anker- und
3.6.3 Modellierung des Verbundes . . 103 Umlenkkräften . . . . . . . . . . . . . 166
3.6.4 Verbundverhalten von 5.2.4 Kreisförmiger
Spanngliedern . . . . . . . . . . . . . . 105 oder parabolischer
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton . . . 106 Spanngliedverlauf – Sonderfall 167
3.7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 106 5.2.5 Anmerkungen zur
3.7.2 Mehrachsiale Festigkeit Spanngliedführung . . . . . . . . . . 169
unbewehrten Betons . . . . . . . . . 107 5.2.6 Ermittlung von Spannungen
3.7.3 Kraftübertragung über Risse infolge Vorspannung . . . . . . . . 171
hinweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.3 Spannkraftverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
3.7.4 Mehrachsiale Festigkeit von 5.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Stahlbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
5.3.2 Spannkraftverluste während
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
des Spannvorganges . . . . . . . . . 173
4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – 5.3.3 Zeitabhängige
Stabwerkmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Spannkraftverluste . . . . . . . . . . 181
4.1 Kraftfluss in Betonbauteilen . . . . . . . . . 127 5.4 Rechenwerte der Vorspannkraft . . . . . . 184
4.1.1 Spannungsfelder in 5.4.1 Zulässige Spannkräfte . . . . . . . 184
ungerissenem Beton . . . . . . . . . 127 5.4.2 Charakteristische Werte der
4.1.2 Kraftfluss in gerissenem Vorspannkraft . . . . . . . . . . . . . . 186
Beton – Stabwerke . . . . . . . . . . 128 5.4.3 Bemessungswert der
4.2 Stabwerkmodelle – Grundlagen . . . . . . 131 Vorspannkraft . . . . . . . . . . . . . . 186
4.2.1 Plastizitätstheorie und 5.4.4 Spannbettzustand . . . . . . . . . . . 187
Grenzwertsätze . . . . . . . . . . . . . 131 5.4.5 Anrechnung der Vorspannung
4.2.2 Diskontinuitätsbereiche . . . . . . 132 bei Biegebeanspruchung . . . . . 188
4.2.3 Methodik des Bemessens mit Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Stabwerkmodellen . . . . . . . . . . 134
4.3 Entwurf von Stabwerkmodellen . . . . . 134 6 Biegung und Längskraft . . . . . . . . . . . . . . . 191
4.3.1 Modellierungsstrategie . . . . . . . 134 6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 191
4.3.2 Entwurfsgrundsätze . . . . . . . . . 136 6.1.1 Schnittgrößen und
4.3.3 Ergänzungen . . . . . . . . . . . . . . . 137 Gleichgewichtsbedingungen . . 191
4.4 Nachweis von Stabwerkmodellen . . . . 140 6.1.2 Tragverhalten des
4.4.1 Nachweis von Streben . . . . . . . 140 ungerissenen Balkens . . . . . . . . 192
4.4.2 Nachweis von Knoten . . . . . . . 142 6.1.3 Tragverhalten des gerissenen
4.5 Typische Stabwerkmodelle . . . . . . . . . . 147 Balkens – Grundsätze der
4.5.1 Einleitung konzentrierter Kräfte 148 Bemessung . . . . . . . . . . . . . . . . 194
4.5.2 Konsolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.1.4 Versagensarten und
4.5.3 Abgesetzte Auflager . . . . . . . . . 155 Dehnungszustände . . . . . . . . . . 196
4.5.4 Höhenversprung von Balken . . 157 6.1.5 Verformungsverhalten und
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Duktilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Inhaltsverzeichnis ix

6.1.6 Äußere und innere 7.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 248


Schnittgrößen . . . . . . . . . . . . . . 200 7.4.2 Tragverhalten bei
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 203 gerissenem, bewehrtem
6.2.1 Querschnitte ohne Trägersteg . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Druckbewehrung . . . . . . . . . . . 203 7.4.3 Tragmodell und
6.2.2 Querschnitte mit Bemessungsgrundlagen –
Druckbewehrung . . . . . . . . . . . 208 Fachwerkanalogie . . . . . . . . . . . 251
6.2.3 Bemessungshilfsmittel . . . . . . . 212 7.4.4 Bemessung nach DIN 1045-1 . 257
6.2.4 Vereinfachte Bemessung – 7.4.5 Bemessung nach EN 1992-1-1 261
Näherungsbeziehungen . . . . . . 214 7.4.6 Interaktion von Biegung und
6.3 Bemessung für überwiegende Querkraft – Versatzmaß . . . . . . 263
Längskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 7.5 Mindestquerkraftbewehrung . . . . . . . . 264
6.3.1 Mittige Zugkraft und 7.6 Bemessungswert der Querkraft –
Zugkraft mit geringer Ausmitte 216 Maßgebender Schnitt . . . . . . . . . . . . . . 265
6.3.2 Drucknormalkraft . . . . . . . . . . . 217 7.6.1 Direkte Lagerung –
6.3.3 Beliebige M -N - Auflagernahe Lasten . . . . . . . . 266
Kombinationen – 7.6.2 Indirekte Lagerung . . . . . . . . . . 267
Interaktionsdiagramm . . . . . . . 218 7.6.3 Auswirkungen geneigter
6.4 Querschnitte mit nicht rechteckiger Gurte und Spannglieder . . . . . . 269
Druckzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 7.7 Schub in Gurten gegliederter
6.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 221 Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
6.4.2 Plattenbalken . . . . . . . . . . . . . . . 222 7.7.1 Tragverhalten und Tragmodelle 272
6.4.3 Kreis- und 7.7.2 Fachwerkmodell und
Kreisringquerschnitte . . . . . . . . 226 Bemessung für Druckgurte . . . 273
6.4.4 Allgemeine Querschnitte – 7.7.3 Fachwerkmodell und
Schiefe Biegung . . . . . . . . . . . . 226 Bemessung für Zuggurte . . . . . 274
6.5 Bemessung vorgespannter Querschnitte 227 7.7.4 Interaktion von Längsschub
6.5.1 Vorspannung mit Verbund . . . . 227 und Querbiegung . . . . . . . . . . . 274
6.5.2 Vorspannung ohne Verbund . . . 230 7.8 Schubfugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
6.6 Sicherstellung ausreichender 7.8.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
Duktilität – Mindestbewehrung . . . . . . 231 7.8.2 Tragverhalten und Tragmodelle 279
6.6.1 Mindestbewehrung bei 7.8.3 Nachweis von Schubfugen . . . 282
Stahlbetonbauteilen . . . . . . . . . 231 7.8.4 Interaktion mit der
6.6.2 Mindestbewehrung bei Querkraftbemessung . . . . . . . . 285
vorgespannten Bauteilen . . . . . 232 7.8.5 Ergänzende Hinweise . . . . . . . . 287
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

7 Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 8 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295


7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
7.2 Tragverhalten bei ungerissenem 8.2 Tragverhalten bei reiner Torsion . . . . . 296
Trägersteg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 8.2.1 Spannungen in ungerissenen
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
Querkraftbewehrung . . . . . . . . . . . . . . . 239 8.2.2 Tragverhalten gerissener
7.3.1 Tragverhalten bei Stahlbetonbauteile . . . . . . . . . . 300
gerissenem, unbewehrtem 8.3 Torsionstragfähigkeit von Bauteilen
Trägersteg . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 mit prismatischem Querschnitt . . . . . . 302
7.3.2 Tragmodelle und 8.3.1 Bemessungsgrundlagen . . . . . . 302
Tragmechanismen . . . . . . . . . . 240 8.3.2 Bemessung für reine Torsion . . 306
7.3.3 Bemessung . . . . . . . . . . . . . . . . 243 8.4 Kombinierte Beanspruchungen . . . . . . 307
7.3.4 Interaktion von Biegung und 8.4.1 Interaktion von Torsion mit
Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Biegung und Längskraft . . . . . 308
7.4 Bemessung von Bauteilen mit 8.4.2 Interaktion von Torsion mit
Querkraftbewehrung . . . . . . . . . . . . . . . 248 Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
x Inhaltsverzeichnis

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 10.3.2 Kräfte und Verformungen des


ungerissenen Zugstabes . . . . . . 374
9 Durchstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 10.3.3 Kräfte und Verformungen des
9.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 gerissenen Zugstabes . . . . . . . . 374
9.1.1 Anwendungsbereiche . . . . . . . . 313 10.3.4 Auswirkungen
9.1.2 Nachweis im Überblick . . . . . . 316 langandauernder
9.1.3 Schnittgrößenermittlung . . . . . 317 Zugbeanspruchung . . . . . . . . . . 378
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung . . 321 10.3.5 Vorgespannter Zugstab . . . . . . . 378
9.2.1 Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . 321 10.4 Biegebeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . 381
9.2.2 Tragmodelle und 10.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 381
Nachweiskonzept . . . . . . . . . . . 322 10.4.2 Spannungen und
9.2.3 Auswirkungen exzentrischer Verformungen im Zustand I . . 382
Stützenlasten . . . . . . . . . . . . . . . 324 10.4.3 Querschnittswerte und
9.2.4 Nachweis gegen Spannungen im reinen
Durchstanzen ohne Zustand II . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Durchstanzbewehrung . . . . . . . 331 10.4.4 Verformungsberechnung
9.2.5 Kollapsbewehrung . . . . . . . . . . 339 durch Integration der
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung . . . . 341 M --Beziehung . . . . . . . . . . . . 387
9.3.1 Arten von 10.4.5 Vereinfachte Berechnung . . . . . 392
Durchstanzbewehrung . . . . . . . 341 10.4.6 Auswirkungen
9.3.2 Tragverhalten und zeitabhängigen Verhaltens . . . . 395
Versagensformen . . . . . . . . . . . 342 10.5 Querkraft und Torsion . . . . . . . . . . . . . . 399
9.3.3 Tragmodelle und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
Bemessungskonzepte . . . . . . . . 343
11 Nachweise in den Grenzzuständen
9.3.4 Nachweis nach DIN 1045-1 . . 345
der Gebrauchstauglichkeit . . . . . . . . . . . . . 403
9.3.5 Nachweis nach EN 1992-1-1 . . 352
11.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
9.4 Fundamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 11.1.1 Nachweisumfang . . . . . . . . . . . 403
9.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 355 11.1.2 Nachweisgrundlagen . . . . . . . . 404
9.4.2 Besonderheiten beim 11.1.3 Vorspannung . . . . . . . . . . . . . . . 404
Durchstanznachweis . . . . . . . . . 356 11.2 Spannungsbegrenzungen . . . . . . . . . . . 404
9.5 Vorgespannte Platten . . . . . . . . . . . . . . . 358 11.2.1 Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
9.5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 358 11.2.2 Anwendungsbereich –
9.5.2 Berücksichtigung Maßgebender Grenzzustand . . 406
der Vorspannung im 11.3 Begrenzung der Biegeverformung . . . . 407
Durchstanznachweis . . . . . . . . . 359 11.3.1 Grenzwerte und
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Nachweisverfahren . . . . . . . . . . 407
11.3.2 Nachweis durch Berechnung
10 Spannungen und Verformungen der Verformungen . . . . . . . . . . . 409
auf Gebrauchslastniveau . . . . . . . . . . . . . . . 365 11.3.3 Nachweis durch Begrenzung
10.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 der Biegeschlankheit
10.1.1 Verformungen – Arten, bei überwiegender
Ursachen und Zweck der Biegebeanspruchung . . . . . . . . 409
Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 365 11.4 Rissbreitenbegrenzung . . . . . . . . . . . . . 411
10.1.2 Grundlegende Annahmen . . . . 366 11.4.1 Ursachen und
10.2 Längsdruckkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Erscheinungsformen
10.2.1 Kurzzeitig wirkende von Rissen . . . . . . . . . . . . . . . . . 412
Druckbeanspruchungen . . . . . . 366 11.4.2 Allgemeines zu
10.2.2 Auswirkungen den Nachweisen –
zeitabhängigen Verhaltens . . . . 367 Anforderungsklassen . . . . . . . . 412
10.3 Längszugkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 11.4.3 Berechnung der Rissbreite . . . . 415
10.3.1 Tragverhalten bei 11.4.4 Vereinfachte Nachweise –
kurzzeitiger Zugbeanspruchung 371 Konstruktionsregeln . . . . . . . . . 418
Inhaltsverzeichnis xi

11.4.5 Mindestbewehrung zur 13.2.6 Nachweis der


Begrenzung der Rissbreite . . . . 420 Rotationsfähigkeit
11.4.6 Nachweise nach DIN 1045-1 . 426 plastischer Gelenke . . . . . . . . . 502
11.4.7 Nachweise nach EN 1992-1-1 . 428 13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang . . . . 506
11.4.8 Besonderheiten bei 13.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 506
Spannbetonbauteilen . . . . . . . . 432 13.3.2 Überlagerung von Last und
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Zwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
13.3.3 Berücksichtigung von Zwang
12 Nachweise gegen Ermüdung . . . . . . . . . . . . 439 in GZG und GZT . . . . . . . . . . . 510
12.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 13.3.4 Auswirkungen
12.1.1 Anwendungsbereiche . . . . . . . . 440 zeitabhängigen Verhaltens . . . . 512
12.1.2 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . 440 13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte
12.1.3 Nachweiskonzepte . . . . . . . . . . 443 Balken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 445 13.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 517
12.2.1 Betonstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 13.4.2 Berechnung der statisch
12.2.2 Spannstahl und Spannglieder . 450 unbestimmten Wirkung . . . . . . 518
12.2.3 Beton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 13.4.3 Ansatz der statisch
12.3 Ermüdungsverhalten bei unbestimmten Wirkung in
Bauteilen – Spannungsermittlung . . . . 454 Nachweisen . . . . . . . . . . . . . . . . 523
12.3.1 Bauteilverhalten – 13.4.4 Entwurfsstrategien unter
Versagensmechanismen . . . . . . 454 Nutzung der statisch
12.3.2 Betriebslasten . . . . . . . . . . . . . . 456 unbestimmten Wirkung . . . . . . 523
12.3.3 Schnittgrößenermittlung . . . . . 458 13.5 Torsion in statisch unbestimmten
12.3.4 Spannungsermittlung . . . . . . . . 459 Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
12.3.5 Besonderheiten bei Spannbeton 462 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
12.3.6 Besonderheiten bei
Querkraftbeanspruchungen . . . 466 14 Dauerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
12.4 Nachweis gegen Ermüdung . . . . . . . . . 471 14.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
12.4.1 Nachweisführung . . . . . . . . . . . 471
14.2 Schädigungsmechanismen . . . . . . . . . . 530
12.4.2 Betriebsfestigkeitsnachweis
14.2.1 Korrosion der Bewehrung . . . . 530
(Stufe 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
14.2.2 Betonangriff (Betonkorrosion) 533
12.4.3 Nachweis über
14.3 Prinzipien zur Sicherstellung der
schädigungsäquivalente
Dauerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
Spannungsschwingbreiten
14.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
(Stufe 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
12.4.4 Nachweis durch 14.3.2 Expositionsklassen . . . . . . . . . . 534
Spannungsbegrenzung (Stufe 1) 477 14.3.3 Betondeckung . . . . . . . . . . . . . . 535
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 14.3.4 Normenregelung nach
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 537
13 Statisch unbestimmte Systeme . . . . . . . . . . 487 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
13.1 Tragverhalten und Grundlagen . . . . . . 487
13.1.1 Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . 487 15 Grundlagen des Bewehrens
13.1.2 Folgerungen aus dem von Stahlbetonbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . 543
Tragverhalten . . . . . . . . . . . . . . 489 15.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543
13.1.3 Rotation plastischer Gelenke . . 491 15.2 Grundlegende Bewehrungsregeln . . . . 544
13.2 Schnittgrößenermittlung und 15.2.1 Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 544
Nachweiskonzepte im GZT . . . . . . . . . 493 15.2.2 Anordnung der Bewehrung
13.2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 493 im Querschnitt . . . . . . . . . . . . . 545
13.2.2 Elastizitätstheorie . . . . . . . . . . . 494 15.2.3 Umlenkungen – Biegen von
13.2.3 Plastizitätstheorie . . . . . . . . . . . 496 Betonstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
13.2.4 Elastizitätstheorie mit 15.3 Verankerung von Bewehrung . . . . . . . . 549
Umlagerung . . . . . . . . . . . . . . . 498 15.3.1 Verbundverankerung gerader
13.2.5 Nichtlineare Berechnung . . . . . 500 Stäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
xii Inhaltsverzeichnis

15.3.2 Weitere Möglichkeiten der 15.8.1 Zeichnungen für die


Verankerung . . . . . . . . . . . . . . . 553 Tragwerksplanung im
15.4 Stoßverbindung von Bewehrungsstäben 554 Massivbau . . . . . . . . . . . . . . . . . 572
15.4.1 Übergreifungsstöße . . . . . . . . . 555 15.8.2 Elemente einer
15.4.2 Direkte Stöße . . . . . . . . . . . . . . 558 Bewehrungszeichnung . . . . . . . 573
15.5 Konstruktionsregeln für Balken . . . . . . 559 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
15.5.1 Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
15.5.2 Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Aktuelle Ergänzungen zur Schlussfassung
15.5.3 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 des Nationalen Anhangs
15.5.4 Ergänzende Regeln für DIN EN 1992-1-1/NA vom November 2009 577
Plattenbalken . . . . . . . . . . . . . . . 568
15.6 Konstruktionsregeln für Stützen . . . . . 568 Normen und Richtlinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
15.6.1 Längsbewehrung . . . . . . . . . . . . 569
Symbole und Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . 583
15.6.2 Querbewehrung . . . . . . . . . . . . 569
15.7 Ausbildung indirekter Auflager . . . . . . 571 Bemessungshilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
15.8 Bewehrungszeichnungen . . . . . . . . . . . 571
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
Kapitel 1
Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

1.1 Verbundbaustoff Stahlbeton Bei bewehrten Bauteilen übernimmt der in den


Beton eingebettete Stahl bei der Rissbildung die
Betonbauwerke sind heute in vielfältigster Gestalt Ele- freiwerdende Betonzugkraft. Damit kann die hohe
mente unseres täglichen Lebens. Zwar verfügten be- Betondruckfestigkeit gemeinsam mit der hohen Zug-
reits römische Baumeister vor zwei Jahrtausenden über festigkeit des Stahls wirtschaftlich genutzt werden.
grundlegende Kenntnisse zur Herstellung von Beton, Bewehrter Beton, also Stahlbeton und Spannbeton, ist
aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde durch das damit ein klassischer Verbundbaustoff. Die Verbund-
Einlegen von stählernen Bewehrungselementen der wirkung zwischen Beton und eingebetter Bewehrung,
entscheidende Schritt hin zum Verbundbaustoff Stahl- die u. a. durch die dem Stahl aufgeprägten Rippen
beton moderner Prägung getan. Im Vergleich mit ande- erreicht wird, erzwingt, dass sich Beton und Stahl
ren Baustoffen kommt dem Konstruktionsbeton – ein bei Beanspruchung annähernd gleich verformen und
Begriff, der sowohl Stahlbeton als auch Spannbeton ermöglicht so das statische Zusammenwirken. Die
umfasst – angesichts der vielen Vorteile eine domi- hohe Widerstandsfähigkeit bewehrten Betons gegen-
nierende Stellung im Bauwesen zu. Das Verständnis über Umwelteinflüssen macht bewehrten Beton zu
der Wirkungsweise des Verbundbaustoffs ist allerdings einem preiswerten und zugleich robusten Baustoff. Bei
von zentraler Bedeutung für die Bemessung und Kon- sachgerechter Ausführung ist der eingebettete Stahl
struktion von technisch und ästhetisch anspruchsvollen durch die hohe Alkalität des Zementsteins zudem
und zugleich ökonomischen Bauwerken. dauerhaft vor Korrosion geschützt.
Neben der geringen Zugfestigkeit des Betons ha-
ben zwei Eigenschaften Konstruktion und Formgebung
von bewehrten Betonbauteilen wesentlich geprägt und
1.1.1 Kennzeichnende Eigenschaften zu typischen Bauformen geführt:
des Verbundbaustoffs
• die nahezu uneingeschränkte Formbarkeit und
• die monolithische Verbindung einzelner Bauteile.
Der Baustoff Beton ist dank seiner hohen Druckfes-
tigkeit, der in großen Mengen vorhandenen Ausgangs- Die Anpassung des Frischbetons an nahezu beliebi-
stoffe und der einfachen Herstellung in idealer Weise ge Schalungsformen ermöglicht die Optimierung von
zur Konstruktion von druckbeanspruchten Bauteilen Form oder Querschnittsabmessungen nach dem Ver-
nahezu beliebiger Form geeignet. Die fundamentale lauf der Schnittgrößen (Abb. 1.1); die eingebettete Be-
Eigenschaft des Baustoffs, die letztlich in der Ent- wehrung kann nach dem inneren Kraftfluss orientiert
wicklung von bewehrtem Beton mündete, ist allerdings werden. Durch die auch für abschnittweise hergestellte
seine geringe Zugfestigkeit. Die i. Allg. ein Zehntel Bauteile zu erzielende monolithische Verbindung kön-
der Druckfestigkeit nicht überschreitende Zugfestig- nen zum einen Bauteile hergestellt werden, die mehre-
keit führt dazu, dass zug- bzw. auch biegebeanspruchte re Funktionen und Tragwirkungen in sich vereinen und
Bauteile ausschließlich aus Beton nur in wenigen Aus- zum anderen durch vielfache statische Unbestimmtheit
nahmefällen sinnvoll sind. hohe Tragreserven aufweisen.
K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 1
DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
2 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

Unterzug (Hauptträger)

Unterzug (Nebenträger)

Randunterzug

Wandscheibe

Platte

Innenstütze

Randstütze
Fundament
Abbildung 1.1 Stahlbetondecke, Entwurf Pier Luigi Nervi
a Isometrie
(1953) – die Form folgt der Richtung der Hauptmomente (aus
Nervi u. a. 1957)

Die aufgezählten Eigenschaften bringen allerdings


auch einige Nachteile mit sich: Bei Tragwerken
aus Beton stellt das Eigengewicht im Vergleich zu
Stahltragwerken einen wesentlich größeren Anteil
an der gesamten Belastung dar. Zudem weisen
Betonbauten durch die monolithische Verbindung
einzelner Bauglieder nur eingeschränkte Variabilität
auf; Umnutzungen oder Umbauten sind unter Um- b Grundriss
ständen mit größeren Eingriffen in das Tragwerk Abbildung 1.2a,b Tragwerk und Tragelemente – Stahlbe-
verbunden. tonskelett eines Geschossbaus

tisches System wird unter dem Begriff Modellbildung


1.1.2 Tragwerke und Tragelemente
zusammengefasst.
des Betonbaus Tragelemente werden neben ihrer Geometrie pri-
mär durch die Art der Lastabtragung in Stab- und Flä-
Aus Stahl- und Spannbeton können die vielfältigs- chentragwerke bzw. Stützen, Balken oder Bogen und
ten Bauwerke – Geschossbauten, weitgespannte Hal- Scheiben, Platten oder Schalen unterschieden. Eindi-
len, Brücken, etc. – errichtet werden. Für die Berech- mensionale, d. h. linienförmige Elemente sind Stäbe,
nung müssen die Bauwerke allerdings auf das lastab- deren Querschnittsabmessungen b und h gegenüber ih-
tragende Grundgerüst, das Tragwerk reduziert werden rer Länge ` klein sind; allgemein gilt als Abgrenzung
(Abb. 1.2). Eine Betrachtung des gesamten Tragwerks `  2b bzw. `  2h (Abb. 1.3a). Stützen sind überwie-
als i. Allg. räumliche Struktur repräsentiert zwar am gend in ihrer Achse belastete Stäbe, während Balken
ehesten das wirkliche Tragverhalten, ist aber mit äu- als dominierende Elemente des Stahlbetonbaus vor-
ßerst hohem Aufwand verbunden und daher nur in we- wiegend senkrecht zu ihrer Achse, d. h. durch Biegung
nigen Fällen vertretbar. Im Allgemeinen wird das Trag- beansprucht werden. Einige typische Stabquerschnitte
werk in einzelne Tragelemente untergliedert, denen sind in Abb. 1.4 dargestellt. Durch die monolithische
Randbedingungen – z. B. Lagerungsbedingungen – zu- Verbindung können Stäbe zu Rahmen zusammenge-
gewiesen werden, die ihr Zusammenwirken mit dem fügt werden. Gekrümmte Stäbe – Bögen – ermöglichen
übrigen Tragwerk abbilden sollen. Die Konzentration eine für Beton günstige Abtragung vertikaler Lasten
des Bauwerks auf das Tragwerk bzw. einzelne, mitein- durch Normaldruckkräfte bei Verminderung der Bie-
ander durch Rand- oder Übergangsbedingungen ver- gemomente gegenüber einem Balken gleicher Spann-
knüpfte Tragelemente bzw. die Überführung in ein sta- weite. Im Idealfall wird für eine definierte Belastung
1.1 Verbundbaustoff Stahlbeton 3

Schwerachse
nyy

b
nyx
h
y
y
x
z

nxy
l
x
My Vy nxx

N Vz
h
Scheibenmittelfläche
T Mz

a Stab b Scheibe Abbildung 1.5 Maintalbrücke Veitshöchheim, DB-Hochge-


schwindigkeitsstrecke Würzburg-Fulda; Stahlbeton-Stabbogen,
Spannbetonhohlkasten (Der im Taktschieben hergestellte Hohl-
x Plattenmittelfläche kasten wird im Bild gerade über den Bogen geschoben; der an
der rechten Bogenhälfte angehängte Ballast dient zum Ausgleich
y der für Bogen ungünstigen exzentrischen Belastung.) (vgl. Nau-
z
h mann u. a. 1988)
mxy
mxx
qxz Talbrücken mit aufgeständerter oder abgehängter Fahr-
myy
bahn oder für Dachtragwerke bei Hallen eingesetzt
myx qyz (Abb. 1.5).
c Platte Flächentragwerke sind zweidimensionale Tragele-
mente, deren Bauhöhen h im Vergleich zu den übrigen
Abbildung 1.3a–c Tragelemente – Stab, Flächentragwerke
Abmessungen klein sind. Ebene Flächentragwerke
bf
werden abhängig von der dominierenden Tragwirkung
in Scheiben und Platten unterschieden. Während
hf
Scheiben primär parallel zur Mittelfläche beansprucht
werden, erfolgt die Belastung von Platten vorwiegend
h
h senkrecht dazu (Abb. 1.3b,c). Durch die schub- und
biegesteife Verbindung ebener Flächentragwerke
entstehen steife Faltwerke, deren Elemente sowohl
b Scheiben- als auch Plattenschnittgrößen abtragen. Im
bw
Stahlbetonbau werden Faltwerke angesichts der ein-
a Rechteck b Plattenbalken
fach zu realisierenden monolithischen Verbindungen
häufig verwendet (Abb. 1.6). Der aus Druckplatte
h und Stegscheibe zusammengesetzte Plattenbalken
ist zwar ein klassisches Faltwerk, für die Ermitt-
lung der Schnittgrößen und Beanspruchungen wird
er angesichts b; h  ` i. Allg. mit ausreichender
h
Genauigkeit als Stab betrachtet. Ähnliches gilt für
Hohlkastenträger.
c Kreis, Kreisring d Hohlkasten Schalen als Flächentragwerke mit gekrümmten
Mittelflächen werden abhängig von Form und Belas-
Abbildung 1.4a–d Typische Stabquerschnitte des Massivbaus
tung i. Allg. durch Schnittkräfte parallel und senkrecht
zur Mittelfläche beansprucht. Ähnlich dem Bogen
ist für Schalen eine Abtragung äußerer Lasten über
mit der Form einer Stützlinie die ausschließliche Be- Beanspruchungen in Schalenebene – so genannte
anspruchung des Bogens durch Druckkräfte erreicht. Membranspannungen – durch die Formgebung an-
Bögen werden u. a. für weitgespannte Tragwerke wie zustreben; zur Aufnahme von Biegemomenten sind
4 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

a Trapezfaltwerk Tragwerken mit äußerst dünnen Schalenstärken von


wenigen Zentimetern.

1.2 Verhalten eines Einfeldbalkens –


b Hohlkasten
Versuchsbeobachtungen

Der vorwiegend senkrecht zur Stabachse belastete Bal-


ken ist eines der fundamentalen Tragelemente des
Stahlbetonbaus. Anhand eines Versuchs an einem Ein-
feldbalken nach Abb. 1.8 werden die Grundprinzipien
c Plattenbalken des Tragverhaltens und der daraus abgeleiteten Regeln
Abbildung 1.6a–c Faltwerke zur Bemessung und Konstruktion exemplarisch vorge-
stellt. Der mit zwei Einzellasten F in den Drittelspunk-
ten belastete Einfeldbalken ist – der heute üblichen
Konstruktionspraxis folgend – mit einer Biegezugbe-
wehrung As1 und zusätzlich zwischen Lasteinleitungs-
punkten und Auflagern mit vertikalen, im Abstand sw
angeordneten geschlossenen Bügeln der Querschnitts-
a einfach gekrümmte Schale
fläche Aw (Summe beider Schenkel) zur Aufnahme
(Tonnenschale) der Querkraftbeanspruchungen bewehrt. Das Eigenge-
wicht des Balkens soll vernachlässigt werden.

1.2.1 Trag- und Verformungsverhalten


b zweifach gegensinnig
c freie Schalenform gekrümmte Schale
(Hängeform nach Isler) (Rotationshyperboloid) 1.2.1.1 Zustand I – ungerissener Balken

Abbildung 1.7a–c Schalen Solange die aus den Lasten hervorgerufenen Zugspan-
nungen am unteren Bauteilrand die Betonzugfestigkeit
nicht erreichen, verhält sich der Stahlbetonbalken wie
Schalen angesichts ihrer geringen Dicke wenig ge- ein Bauteil aus homogenem Material. In dem als Zu-
eignet. Da für Beton insbesondere Druckspannungen stand I bezeichneten ungerissenen Zustand werden die
günstig sind, werden in Schalen auftretende Zugbean- Lasten durch Längs- und Schubspannungen x , xz
spruchungen häufig durch Vorspannung kompensiert. und zx abgetragen, denen an den Einleitungspunkten
Zu den mathematisch beschreibbaren Schalenformen konzentrierter Kräfte – Lasteinleitungs- und Auflager-
zählen einfach gekrümmte Flächen (Zylinder- punkten – zusätzliche lokale Spannungen z überla-
schalen) und zweifach-einsinnig bzw. sinklastisch gert werden. Die in Abb. 1.8c wiedergegebene lineare
(Kugelschalen) oder -gegensinnig bzw. antiklas- Verteilung der Dehnungen und Spannungen über die
tisch (Sattelflächen, Hyperbolische Paraboloide) Querschnittshöhe folgt der elementaren Balkenbiege-
gekrümmte Flächen (Abb. 1.7a,b). Die Optimierung theorie; die Dehnungsnulllinie fällt mit der Schwerach-
der Schalenform zur Abtragung definierter Lasten aus- se des Verbundquerschnitts zusammen.
schließlich über Membranspannungen erfolgte in der Deutlich anschaulicher kann die sich tatsächlich
Vergangenheit u. a. durch experimentelle Methoden, einstellende Tragwirkung allerdings durch ein System
etwa nach den von Heinz Isler entwickelten Verfahren von Hauptzug- und Hauptdruckspannungen beschrie-
der pneumatischen Formen oder der Hängeformen ben werden. In Abb. 1.8c sind die Hauptspannungstra-
(Abb. 1.7c) (vgl. Ramm u. Schunck 1986). Heute jektorien, die in jedem Punkt die Richtung der zueinan-
werden numerische Methoden der Formfindung über der senkrecht gerichteten Hauptspannungen angeben,
Optimierungsalgorithmen verwendet (Bletzinger u. dargestellt. Im Bereich konstanter Biegemomente ver-
Ziegler 2000). Die Beanspruchung von Schalen laufen die Zug- und Drucktrajektorien annähernd par-
vorwiegend durch Membranspannungen führt zu allel zu den Bauteilrändern; in der Nähe des Aufla-
1.2 Verhalten eines Einfeldbalkens – Versuchsbeobachtungen 5

F F
Schnitt A - A
A

Asw

A As1

l/3 l/3 l/3


l
a Geometrie und Belastung
ME
F.l / 3

F
VE
-F
b Schnittgrößen
Schnitt B-B
Dehnungen Spannungen
B
ec2 sc

es1 ss
B sc < fct,eff
Zug
c Hauptspannungstrajektorien (Zustand I) Druck

B
ec2 sc
Fc

es1 ss Fs
B

d Auftreten erster Biegerisse (F ~ Fcr)

B ec2 sc
Fc

es1 ss Fs
B
e Ausgeprägtes Rissbild unmittelbar vor Erreichen der Bruchlast (F ~ Fu)

Abbildung 1.8a–e Einfeldbalken im Versuch

gers sind die Trajektorien um etwa 45ı gegen die Bau- zwischen den Lasteinleitungspunkten auf und dringen
teilachse geneigt. Die Durchbiegung des Balkens in senkrecht zur Richtung der Hauptzugspannungen in
Feldmitte ist in Abhängigkeit der aufgebrachten Last den Querschnitt vor. Der gerissene Querschnitt befin-
F in Abb. 1.9 wiedergegeben. Im ungerissenen Zu- det sich im Zustand II. Das aus den Einzellasten entste-
stand (F < Fcr ) verläuft die F -w-Beziehung annä- hende Biegemoment wird im gerissenen Querschnitt
hernd linear. durch ein inneres Kräftepaar aus der Stahlzugkraft und
der Resultierenden der Betondruckspannungen aufge-
nommen. Die Dehnungsnulllinie und damit der Hebel-
1.2.1.2 Übergang zum Zustand II – arm zwischen den inneren Kräften stellt sich so ein,
gerissene Betonzugzone dass zwischen innerem und äußerem Moment Gleich-
gewicht herrscht. Als Folge der gegenüber der Be-
Bei Erhöhung der Last wird zunächst im Bereich tonzugzone geringeren Dehnsteifigkeit der Bewehrung
M D const. am unteren Bauteilrand die Betonzugfes- rückt die Dehnungsnulllinie näher an den gedrückten
tigkeit erreicht; erste Biegerisse treten also im Bereich Rand; die Rissspitze reicht fast bis an die Dehnungs-
6 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

Belastung F
nulllinie heran. Die Dehnungsverteilung im gerisse-
Fu
nen Querschnitt kann weiterhin als linear angenom-
Bruch
men werden; gleiches gilt bei geringen Lasten in guter Fließen des
Betonstahls
Näherung für die Verteilung der Betondruckspannun-
EII
gen in der Druckzone. Mit dem Auftreten erster Ris-
se nimmt die Durchbiegung gegenüber dem Zustand I
überproportional zu (Abb. 1.9).
Wird die Belastung weiter erhöht, treten auch Ris- F F
se in den Bereichen zwischen den Auflagern und den Fcr erster Riss
Lasteinleitungspunkten auf. Allerdings verlaufen die w

so genannten Biegeschubrisse im Unterschied zu Bie-


gerissen gegenüber der Stabachse geneigt, ungefähr Durchbiegung in Feldmitte w
senkrecht zu den Hauptzugspannungstrajektorien, d. h.
annähernd parallel zur Richtung der Hauptdruckspan- Abbildung 1.9 Last-Verformungs-Beziehung
nungen (Abb. 1.8e). Während für den betrachteten
Querschnitt in Feldmitte die Dehnungen weiterhin als
linear verteilt angenommen werden können, wird die Rissbreiten. Mit weiterer Einschnürung weist die Be-
Verteilung der Betonspannungen in der Druckzone mit tondruckzone zunehmend Gefügeauflockerungen auf.
weiterer Belastung völliger. Bei höheren Druckstau- Bei Erreichen der Maximallast ist die Tragfähigkeit der
chungen treten zunehmend plastische Verformungen Druckzone erschöpft. Teile einer keilförmigen Bruch-
des Betons auf; die Druckspannungen nehmen damit zone können abgesprengt werden und führen beim be-
nicht mehr linear mit den Dehnungen zu. trachteten Versuchsbalken zu einem vollständigen Kol-
Abhängig von der Funktion, die der Balken in ei- laps. Je nach Konstruktion und Belastung sind andere
nem realen Tragwerk erfüllen müsste – etwa als Träger Versagensformen möglich.
einer Deckenkonstruktion – wären ab einer bestimm-
ten Höhe der Belastung die auftretenden Verformun-
gen bzw. die als Rissbreiten bezeichneten, sichtbaren 1.2.1.4 Rissbildung und Verbund
Öffnungen der Risse für die Nutzer des Gebäudes aus zwischen Bewehrung und Beton
ästhetischen oder funktionalen Gründen nicht mehr to-
lerierbar. Die Grenze der Gebrauchstauglichkeit des Das Rissbild, insbesondere der Abstand benachbar-
Balkens wäre damit erreicht; die auf Gebrauchslastni- ter Risse, weist für alle Laststufen starke Unregelmä-
veau möglichen bzw. zulässigen Beanspruchungen lie- ßigkeiten auf, da es vor allem mit der entlang des
gen daher i. Allg. deutlich unter der Tragfähigkeit des Bauteils streuenden Zugfestigkeit verknüpft ist. Ei-
Bauteils. ne exakte Vorhersage der Risslagen und des Riss-
Bei hoher Belastung ist mit Ausnahme der Bereiche verlaufs ist daher i. Allg. nicht möglich, allerdings
unmittelbar an den Auflagern der Träger auf gesamter lassen sich Gesetzmäßigkeiten ableiten. Bereits an-
Länge gerissen. Wenn sich keine neuen Risse mehr bil- gesprochen wurde, dass der Rissverlauf annähernd
den, ist das abgeschlossene Rissbild erreicht. Die Last- den Druckspannungstrajektorien folgt. Darüber hinaus
Durchbiegungs-Beziehung steigt in diesem Fall wieder schwankt der Rissabstand des abgeschlossenen Riss-
annähernd linear an. bildes nur in engen Grenzen. Die am unteren Quer-
schnittsrand durch die Wirkung der dort eingelegten
Bewehrung verteilten Risse laufen zudem in Richtung
1.2.1.3 Versagen des Druckrandes aufeinander zu und vereinigen sich zu
Sammelrissen. In den Rissquerschnitten muss die Be-
Bei weiterer Lasterhöhung erreicht die Biegezugbe- wehrung die gesamte Biegezugkraft aufnehmen; zwi-
wehrung in einem Rissquerschnitt im Bereich M D schen den gerissenen Querschnitten verbleiben aller-
const. die Streckgrenze. Eine darüber hinausgehende dings weiterhin ungerissene Bereiche der Betonzug-
Lasterhöhung ist bei fließender Bewehrung nur noch zone. Durch die Verbundwirkung der Bewehrung wird
in geringem Umfang durch die Stahlverfestigung und zwischen den Rissen ein Teil der Zugkraft wieder auf
die Vergrößerung der Hebelarme zwischen Stahlzug- den Beton übertragen, die Betonstahldehnungen sind
kraft und resultierender Betondruckkraft bei weiterer daher selbst im mittleren Drittel des Balkens nicht
Einschnürung der Druckzone möglich, geht aber ein- konstant, sondern nehmen zwischen den Rissen ab
her mit großen Verformungen und stark anwachsenden (Abb. 1.10).
1.2 Verhalten eines Einfeldbalkens – Versuchsbeobachtungen 7

Dehnungsnulllinie
• Biegezugversagen
Die Betonstahlbewehrung reißt nach großen plasti-
schen Verformungen, bevor der druckbeanspruchte
Beton versagt. Eine Sonderform des Biegezugver-
sagens kann bei sehr gering bewehrten Bauteilen
auftreten, wenn die Bewehrung nicht in der Lage ist,
es die im Riss freiwerdende Betonzugkraft aufzuneh-
men. Da das Bauteil bei Auftreten des ersten Ris-
ses ohne Vorankündigung kollabiert, ist dieser Me-
Betonstahldehnung chanismus in jedem Fall durch die Anordnung ei-
Abbildung 1.10 Verlauf der Betonstahldehnungen zwischen
ner ausreichenden Menge an Betonstahlbewehrung,
den Rissen im Bereich M D const. der Mindestbewehrung zu vermeiden (! Stahlver-
sagen, Abb. 1.11c).

1.2.2 Versagensformen
Querkraftversagen
Stahlbetonbalken können je nach Geometrie, Beweh- Im querkraftbeanspruchten Bereich können weitere
rungsmenge und Beanspruchung verschiedene Ver- Versagensmechanismen auftreten, die hier nur ange-
sagensmechanismen aufweisen; das anhand des Ver- sprochen und in Kap. 7 näher erläutert werden:
suchsbalkens nach Abb. 1.8 beschriebene Versagens-
bild ist nur eines der möglichen. Eine Einordnung der • Biegeschubversagen
Versagensformen erfolgt zweckmäßig nach den versa- Bei schwach bügelbewehrten Balken oder Bautei-
gensauslösenden Beanspruchungen in: len ohne Querkraftbewehrung wird durch das Vor-
• Biegeversagen und
• Querkraftversagen (Schubversagen).
F F
Das Bauteilversagen ist dabei stets ein lokales Phä-
nomen; die Versagensmechanismen laufen in einem
eng begrenzten Bereich ab, während das übrige Bau-
teil weitgehend intakt bleibt. Zudem sind die Versa- l/3 l/3 l/3
gensabläufe immer mit einer Überschreitung der Trag- l
fähigkeit von Bewehrungsstahl oder Beton verknüpft. a Geometrie und Belastung
Ein Nachweis der Tragfähigkeit muss daher zwingend
auf dem Konzept der Fehlstelle aufbauen: Das Versa-
gen tritt stets an einer Fehlstelle des Bauteils ein, in der
die Baustoffeigenschaften aufgrund der stochastischen
b Biegedruckversagen
Streuung äußerst ungünstige Werte annehmen.

Biegeversagen

• Primäres Biegedruckversagen
c Biegezugversagen
Der Beton der Druckzone wird zerstört, bevor die
Biegezugbewehrung fließt, d. h. bevor durch große
Verformungen oder breite Risse ein Versagen ange-
kündigt wird (! Betonversagen, Abb. 1.11b).
• Sekundäres Biegdruckversagen d Biegeschubversagen, Zugbruch der Bügel
Der sekundäre Biegedruckbruch entspricht dem
anhand des Versuchsbalkens geschilderten Versa-
gensmechanismus; nachdem die Bewehrung die
Streckgrenzdehnung überschritten hat, wird durch
große Verformungen die Druckzone stark einge- e Stegdruckversagen

schnürt und schließlich zerstört (! Betonversagen, Abbildung 1.11a–e Mögliche Versagensformen des Einfeld-
Abb. 1.11b). balkens
8 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

dringen eines kritischen Schubrisses und die damit daher in statisch bestimmt gelagerten Bauteilen ein
einhergehende starke Einschnürung der Druckzone reiner Eigenspannungszustand hervorgerufen; es ent-
die Biege- und Querkrafttragfähigkeit so stark ver- stehen keine Auflagerreaktionen. Die Vorspannung al-
mindert, dass ein schlagartiges Versagen der Druck- lein ruft am unteren Querschnittsrand Druckspannun-
zone eintritt (! Betonversagen, Abb. 1.11d). gen hervor, am oberen Rand gleichzeitig geringe Zug-
• Zugversagen der Bügelbewehrung spannungen, wenn der Stahlstab mit zp > h=6 außer-
Nach dem Fließen der Bügelbewehrung weiten sich halb des Kernquerschnitts liegt. Durch das Vorspannen
die Schubrisse stark auf; der Balken versagt – so- entsteht neben einer Verkürzung eine Verkrümmung
fern nicht vorher die Biegeschubtragfähigkeit der des Balkens (Abb. 1.12b).
Druckzone erreicht wird (Biegeschubversagen) – Wirken neben der Vorspannung das Eigengewicht
letztlich durch einen Zugbruch der Bügel (! Stahl- und die beiden Einzellasten F , überlagern sich die Bie-
versagen, Abb. 1.11d). gespannungen dem aus Vorspannung erzeugten Span-
• Stegdruckversagen nungszustand. Die Druckspannungen am unteren und
Bei Balken mit sehr starker Bügelbewehrung kann die Zugspannungen am oberen Querschnittsrand wer-
der Beton im Bereich des Steges zerstört wer- den reduziert. Die hohe Druckfestigkeit des Betons
den. Allerdings tritt dieser Versagensmechanismus wird damit ökonomischer ausgenutzt. Wenn sich am
eher bei stark profilierten Bauteilen, z. B. Platten- Zugrand die Spannungen aus Vorspannung und Las-
balken mit dünnen Stegen, auf (! Betonversagen, ten gerade aufheben, beginnt die Dekompression des
Abb. 1.11e). Querschnitts (Abb. 1.12c). Wird bei weiterer Laststei-
Neben den vorgestellten Mechanismen können wei- gerung die Betonzugfestigkeit am unteren Rand er-
tere, sekundäre Versagensformen, z. B. ein Veranke- reicht, treten wie bei einem Stahlbetonquerschnitt Ris-
rungsversagen der Biegezugbewehrung, auftreten. se auf. Bei ausreichend hoher Last beginnen die Be-
tonstahlbewehrung und auch der zusätzlich eingelegte
Spannstahlstab zu fließen. Im bruchnahen Lastbereich
1.2.3 Prinzip der Vorspannung wird sich damit das Tragverhalten eines Spannbeton-
balkens nicht wesentlich von dem eines Stahlbeton-
Wie am Beispiel des Einfeldbalkens beschrieben, ist balkens unterscheiden; die Versagensmechanismen des
die im Vergleich zur Druckfestigkeit geringe Zugfes- vorgespannten Balkens sind mit denen des nicht vor-
tigkeit von Beton dafür verantwortlich, dass bereits bei gespannten identisch. Für den Versagenszustand ist im
geringer Belastung Risse auftreten, die die Steifigkeit Spannstahl – im Unterschied zum Betonstahl – aller-
deutlich vermindern und damit größere Verformungen dings ein Teil der gesamten Dehnung als Vordehnung
nach sich ziehen. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhun- bereits vorweggenommen.
derts wurde daher der Gedanke verfolgt, in der Zug- Im Vergleich mit einem Stahlbetonbalken verbleibt
zone der Betonbauteile durch Vorspannen Druckspan- der Spannbetonbalken über einen deutlich größeren
nungen zu erzeugen, die den Zugspannungen aus äu- Lastbereich ungerissen; die auftretenden Biegeverfor-
ßeren Lasten entgegenwirken. Durch die Lastspannun- mungen werden damit stark vermindert (Abb. 1.13).
gen muss zunächst der Druck abgebaut werden, bis Durch Schwinden und Kriechen des Betons tritt nach
schließlich Zug auftreten kann. dem Vorspannen zusätzlich zur rein elastischen Ver-
Um das der Vorspannung zugrunde liegende Prin- formung eine allmählich auftretende Verkürzung der
zip zu erläutern, sei wieder der aus Abb. 1.8 be- Betonfaser in Höhe des Spannglieds ein, die damit zu
kannte Stahlbetonbalken betrachtet. In ein einbeto- einer zeitabhängigen Verminderung der Vordehnung
niertes Leerrohr wird nach dem Erhärten des Betons führt. Durch die so entstehenden Spannkraftverluste
ein Spannstahlstab eingeführt, der an beiden Enden wird ein umso größerer Anteil der ursprünglichen Vor-
mit Ankerplatte, Gewinde und Mutter versehen ist spannung abgebaut, je geringer die Spannstahldehnung
(Abb. 1.12a). Wird der Stab mit Hilfe der Muttern ge- zum Zeitpunkt t D 0 war. Daher werden für die Vor-
gen den Beton gespannt, wird über die Ankerplatten spannung nur hochfeste Stähle verwendet, die entspre-
eine exzentrische Vorspannkraft P (engl. Prestressing chend hoch vorgespannt werden können. Konventio-
force) ähnlich einer äußeren Last auf den Beton über- neller Betonstahl ist für das Vorspannen nicht geeignet.
tragen, die neben einer Normalkraft Np D P ein Die fundamentalen Vorteile von Spannbetonbautei-
entlang des Balkens konstantes Biegemoment Mp D len sind:
P  zp erzeugt. In jedem Querschnitt des Balkens
steht die Zugkraft des Spannstahlstabes mit der Beton- • Spannbetonbauteile weisen bei gleichem Quer-
druckkraft im Gleichgewicht. Durch Vorspannen wird schnitt gegenüber Stahlbetonbauteilen wesentlich
1.2 Verhalten eines Einfeldbalkens – Versuchsbeobachtungen 9

zp

a gewichtsloser Balken, Spannstahlstab noch nicht gespannt Schnitt A-A (Feldmitte)


s >0 s <0
A

P P
A
Betonspannungen aus Vorspannung allein
b gewichtsloser Balken, vorgespannt

F F
s >0 s <0
g
A
s
+ =
P P
scu = 0
A Betonspannungen aus Last und Vorspannung
c Dekompression

Abbildung 1.12a–c Vorspannung eines Einfeldbalkens

geringere Verformungen auf; bei vorgegebenen erhaftigkeit des Bauteils kann dadurch verbessert
Verformungsgrenzwerten können Spannbetonbau- werden.
teile daher deutlich schlanker ausgeführt werden; • Die durch zyklische Belastungen – z. B. Verkehr
gleichzeitig wird das Eigengewicht reduziert. Die auf Brücken – erzeugten Spannungswechsel der
Vorspannung erschließt damit für Betonbauteile Betonstahl- und Spannstahlbewehrung sind bei un-
den Bereich großer Spannweiten. gerissenen im Vergleich zu gerissenen Bauteilen
• Durch Vorspannung kann die Rissbildung stark re- deutlich reduziert. Das Risiko eines durch Materia-
duziert oder ggf. ganz vermieden werden. Zudem lermüdung ausgelösten Versagens wird damit we-
werden Risse, die durch eine selten auftretende Last sentlich vermindert.
hervorgerufen werden, wieder überdrückt. Die Dau-
Während für übliche Nutzungsbedingungen eine Ein-
schränkung der Rissbildung erwünscht ist, sollte für
den Traglastbereich ein bevorstehender Kollaps des
Bauteils durch deutlich sichtbare Risse und große Ver-
Belastung F formungen ablesbar sein. Die Höhe der erforderlichen
Spannbeton Stahlbeton
Vorspannkraft sollte sich daher im Regelfall an den Ge-
Fließen
EII Bruch brauchsbedingungen orientieren. Die zur Sicherstel-
lung der geforderten Tragfähigkeit ggf. fehlende Be-
Fcr
erster Riss wehrungsmenge ist wirtschaftlicher durch Betonstahl
Dekompression zu ergänzen.
Für die Festlegung der Vorspannkraft bzw. der
Spannstahlmenge ist daher von zentraler Bedeutung,
F F
unter welcher Belastung die Grenze zur Dekom-
w pression erreicht wird. Für die Dimensionierung der
Vorspannung ist dem entsprechend die Ermittlung
der rechnerischen Randspannung erforderlich, die
Durchbiegung w in Feldmitte infolge F sich aus einer Differenz gleich großer Zahlen – der
Abbildung 1.13 Last-Durchbiegungs-Beziehung – vorgespann- Zugspannung aus Belastung und der Druckspan-
ter und nicht vorgespannter Balken im Vergleich nung aus Vorspannung – ergibt. Differenzen ähnlich
10 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

großer Zahlen sind allerdings empfindlich gegenüber und Querschnittsbetrachtung wird anhand eines Quer-
geringen Veränderungen der Eingangswerte z. B. schnitts im mittleren Drittel des Balkens deutlich: Die
aus Rechenungenauigkeiten. Daher sollte i. Allg. Spannungsresultierenden nach Abb. 1.14 decken sich
bei der Berechnung von Spannbetonbauteilen auf mit dem Kräftepaar nach Abb. 1.8. Es sei allerdings
eine erhöhte Rechengenauigkeit, d. h. eine möglichst vorweggenommen, dass in realen Balken anstelle ei-
genaue Ermittlung der Eingangsparameter – z. B. der nes einzelnen schrägen Stabes grundsätzlich mehrere
Querschnittskennwerte – geachtet werden. Für die Bewehrungsstäbe eingebaut werden müssten, um die
Bemessung von Spannbetonbauteilen ist dem entspre- wirkliche Tragwirkung besser zu erfassen. Im Beispiel
chend umfassende Sachkenntnis erforderlich. Hinzu nach Abb. 1.8 werden anstelle der Schrägstabes ver-
kommt, dass die Herstellung von Spannbetonbauteilen tikale Bügel verwendet; Erläuterungen hierzu folgen
aufwändiger und lohnintensiver ist. Gleichzeitig in Kap. 7.
stellen die verwendeten, gegenüber Betonstahl emp- Fach- oder Stabwerkmodelle stellen ein äußerst
findlicheren Spannstähle erhöhte Ansprüche an den wertvolles Hilfsmittel zur systematischen Abbildung
Korrosionsschutz. des Kraftflusses dar. Erstmals in Ritter (1899) in ein-
facher Form vorgeschlagen, werden sie heute für die
Bemessung nahezu beliebiger Bauteile herangezogen
(Kap. 4) und bilden insbesondere die Grundlage der
1.2.4 Betrachtungsebenen – Querkraft- und Torionsbemessung (Kap. 7 und 8). Die
Querschnitt und System Anwendbarkeit erstreckt sich naturgemäß auch auf die
Bemessung für Biegung und Normalkraft, allerdings
Bisher wurde das Tragverhalten des biegebeanspruch- existieren hierfür Verfahren auf Grundlage einer Quer-
ten Balkens nach Abb. 1.8 vorwiegend auf Quer- schnittsbetrachtung, die eine deutlich exaktere Vorher-
schnittsebene anhand der Verteilungen von Dehnun- sage der Verteilung von Spannungen bzw. Kräften lie-
gen und Spannungen bzw. anhand resultierender Kräf- fern und primär auf einer Ermittlung der Dehnungsver-
te betrachtet. Neben der Querschnittsbetrachtung steht teilung im Querschnitt beruhen (Kap. 6).
gleichwertig die Betrachtung des gesamten Systems
oder von Teilsystemen auf der Grundlage einer verein-
fachten Vorstellung des Kraftflusses.
1.3 Aufgaben der Bemessung –
Die in Abb. 1.8b wiedergegebenen Trajektorien der
Hauptspannungen geben den Kraftfluss in einem unge- Struktur des Buches
rissenen Balken wieder. Die Trajektorien repräsentie-
ren hierbei Druck- und Zugspannungsfelder, die ver- Die Bemessung muss primär das Ziel verfolgen, ein
einfachend auf ihre Resultierenden reduziert werden Versagen des Bauteils oder Tragwerks ausgelöst durch
können. Die Anzahl der Spannungsresultierenden, die planmäßige oder – in begrenztem Umfang – unplan-
in Anlehnung an Fachwerkträger als Zug- und Druck- mäßige Einwirkungen sicher zu vermeiden und gleich-
stäbe bezeichnet werden, ist vom erwünschten Ge- zeitig alle aus der vorgesehenen Nutzung entstehen-
nauigkeitsgrad der Modellierung des Kraftflusses ab- den Anforderungen – etwa die Begrenzung auftreten-
hängig. Die einzelnen Stäbe münden an Knoten und der Verformungen – zu befriedigen. Die Bemessung
werden dort gelenkig untereinander gekoppelt. Da die zielt daher parallel auf Tragfähigkeit und Gebrauchs-
Spannungsfelder grundsätzlich miteinander im Gleich- tauglichkeit sowie deren Erhalt während der gesam-
gewicht stehen, müssen auch die Stabkräfte an Kno- ten Lebensdauer des Bauwerks ab. Da weder die viel-
ten diese Bedingung erfüllen. In Abb. 1.14 ist für den fältigen Einwirkungen auf Bauwerke noch die Eigen-
biegebeanspruchten Balken ein sehr stark abstrahier- schaften der Baustoffe und Bauwerke deterministisch
tes Stabwerkmodell eingetragen; die über Trajektorien festgelegt werden können, sondern vielmehr stochas-
beschriebenen Spannungsfelder werden allerdings an- tischer Natur sind, werden wahrscheinlichkeitstheore-
nähernd erfasst. tisch begründete Konzepte für eine Bemessung erfor-
Da mit zunehmender Belastung im Balken annä- derlich. Anforderungen an Bauwerke und Wege zu de-
hernd rechtwinklig zu den Zugspannungstrajektorien ren Erfüllung mit Hilfe von Elementen der Zuverläs-
Risse entstehen, müssen die frei werdenden Zugspan- sigkeitstheorie werden in Kap. 2 erläutert.
nungen durch Bewehrung aufgenommen werden. In Die für das Verständnis der folgenden Kapitel er-
Konsequenz müssten anstelle der in Abb. 1.14 dar- forderlichen Grundlagen zum Materialverhalten von
gestellten Zugstäbe Bewehrungsstäbe vorgesehen wer- Beton und Bewehrung sowie zu deren Zusammenwir-
den. Die prinzipielle Gleichwertigkeit von System- ken im Verbundbaustoff enthält Kap. 3, gefolgt von
1.4 Historie 11

F F

Resultierende der Spannungsfelder:


Zugspannungsfeld

Druckspannungsfeld

Abbildung 1.14 Zusammenfassung der Spannungsfelder zu resultierenden Kräften – stark vereinfachtes Stabwerkmodell

einem Kapitel über die oben vorgestellte Betrachtung brauchstauglichkeit folgen Kap. 11. Der darauf fol-
des Kraftflusses bzw. dessen vereinfachte Abbildung gende Abschnitt greift nochmals einen Nachweis im
in Stabwerkmodellen. Grenzzustand der Tragfähigkeit auf, den Nachweis ge-
Generell werden bei ungerissenen Betonbauteilen gen Ermüdung. Da dieser Nachweis allerdings auf der
alle Beanspruchungen durch ein System von Druck- Basis alltäglich wiederkehrender Lasten, also den Las-
und Zugspannungen abgetragen; durch die Rissbil- ten des Gebrauchszustandes, geführt werden muss, fin-
dung vollzieht sich mit der Aktivierung der Bewehrung den sich Erläuterungen hierzu im Kontext des Ge-
eine Umlagerung der inneren Kräfte. Die Mechanis- brauchsverhaltens.
men der Lastabtragung aus den möglichen Beanspru- Besonderheiten bei der Bemessung statisch
chungen infolge Biegung, Normalkraft, Querkraft und unbestimmter Systeme, insbesondere die mit der
Torsion sind daher komplex miteinander vernetzt. Tat- Verformungsfähigkeit verknüpfte Schnittgrößener-
sächlich erlaubt das Tragverhalten der Bauteile aber mittlung und die aus eingeprägten Verformungen
die separate Betrachtung von: entstehenden Zwangbeanspruchungen (Kap. 13),
Regeln zur Gewährleistung dauerhafter Bauwerke
• Biegung und Normalkraft (M , N ), (Kap. 14) und Grundlagen der Bewehrungsführung
• Querkraft (V ) und und der konstruktiven Ausbildung biegebeanspruchter
• Torsion (T ) Balken (Kap. 15) schließen den Band ab.
und ermöglicht damit eine wesentliche Vereinfachung
der Bemessung. Wechselwirkungen zwischen den ein-
zelnen Tragmechanismen können durch einfache Inter- 1.4 Historie
aktionsbeziehungen und insbesondere durch konstruk-
tive Regeln erfasst werden. Die Bemessung zur Sicher-
Die Geschichte des Betonbaus – obwohl im Verständ-
stellung der Tragfähigkeit (! Grenzzustand der Trag- nis Vieler eine junge Disziplin – spannt über mehr als
fähigkeit) wird nach Beanspruchungen getrennt in den
zwei Jahrtausende. Zumindest seit Beginn des 20. Jahr-
Kap. 6 (M , N ), 7 (V ) und 8 (T ) beschrieben. Eine
hunderts ist der Fortschritt im Betonbau auch eng mit
Sonderform des kombinierten Biege- und Querkraft-
der Entwicklung und Fortschreibung von Normen ver-
versagens ist das Durchstanzen bei Platten (Kap. 9).
knüpft. Werdegang, derzeitigem Stand und zukünftiger
Da Stahlbeton und Spannbeton parallel behandelt wer-
Entwicklung von Normen des Stahlbeton- und Spann-
den, ist den erforderlichen Grundlagen der Bemessung
betonbaus ist daher ein eigener Abschnitt gewidmet.
von Spannbetonbauteilen vorab Kap. 5 gewidmet.
Die Berechnung der Verformungen von Betonbau-
teilen ist für sich bereits wesentlicher Bestandteil der
Gebrauchstauglichkeitsnachweise, darüber hinaus al- 1.4.1 Geschichte des Betonbaus
lerdings grundlegende Voraussetzung für eine reali-
tätsnahe Schnittgrößenermittlung bei statisch unbe- Ein auch nur annähernd vollständiger Überblick über
stimmten Systemen oder bei Tragfähigkeitsnachwei- Geschichte und Entwicklungssprünge des Betonbaus
sen nach Theorie II. Ordnung. Eine Einführung in die ist wohl kaum möglich. An dieser Stelle seien ledig-
Berechnung von Spannungen und Verformungen auf lich die wichtigsten Entwicklungsstadien erwähnt und
Gebrauchslastniveau enthält Kap. 10. Darüber hinaus die jeweils damit verknüpften Namen hervorgehoben.
erforderliche Nachweise zur Sicherstellung der Ge- Viele hierüber hinausgehende Daten und Fakten zur
12 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

Römischer Beton mit


Geschichte des Bauingenieurwesens im Allgemeinen leichten Tuffbrocken
und zum Betonbau im Besonderen, angefangen mit und Bims ~9m
(Betonrohdichte r = 1,35)
der Antike bis in die Neuzeit sind in Straub (1964)
und Haegermann u. a. (1964) zu finden. Die – einen Tuffbrocken und
Ziegelsplitt (r = 1,50)
deutlich kürzeren Zeitraum umfassende – Geschich-
Tuffbrocken und
te des Spannbetonbaus bis etwa 1950 ist in Leonhardt Ziegelsplitt (r = 1,60)
(1973) enthalten. 43,30 m
Tuff- und Ziegelbrocken
(r = 1,60)

Travertin- und Tuffbrocken


1.4.1.1 Beton in der Antike (r = 1,75)
Travertinbrocken
Hydraulische Mörtel, die aus Kalk mit Zusätzen aus
gemahlenem Vulkangestein – also natürlichen Puzzo- Abbildung 1.15 Pantheon – Rohdichten des verwendeten Opus
Caementitium (römischer Beton)
lanen – oder Ziegelmehl hergestellt wurden, waren be-
reits um 1000 v. Chr. bei den Phöniziern bekannt. Die
Wurzeln des Betonbaus im eigentlichen Sinne sind al-
lerdings in der römischen Antike zu suchen. Aus der Allen Konstruktionen aus Opus Caementitum ist
griechischen Tradition mehrschaliger Mauern wird in gemein, dass sie lediglich in der Lage waren, Druck-
vorchristlicher Zeit eine Art Gussmauerwerk zunächst kräfte aufzunehmen; Bewehrung im heutigen Sinne
aus Kalkmörtel mit Tuff-, Ziegel- und Marmorbro- wurde nicht verwendet. In der Folgezeit ging das Wis-
cken entwickelt, das zwischen zwei Schalen aus auf- sen um die Herstellung von Beton vollständig verlo-
gemauertem Werkstein eingestampft wurde. Vitruv er- ren. Als eines der letzten bedeutenden Bauwerke in
wähnt 13 v. Chr. in seinen „De architectura libri de- der Tradition des Opus Caementitium wird häufig der
cem“, den „Zehn Büchern über das Bauen“ die Her- 1173 begonnene Schiefe Turm von Pisa angeführt. Er
stellung eines aus hydraulischem Mörtel – vorwiegend besteht aus einem mit Marmor verkleideten monoli-
aus Kalk mit natürlichen hydraulischen Zusätzen – und thischen Betonring. Allerdings wurde der Beton be-
Gesteinsbrocken bestehenden römischen Betons, dem reits mir derart geringer Qualität hergestellt, dass hier
Opus Caementitium (Lamprecht 1984). Der Name be- der Grundgedanke römischer Betonbauwerke ins Ge-
schreibt nach heutigem Verständnis zugleich den Bau- genteil verkehrt wird. In einigen Bereichen nehmen
stoff und die Bauweise selbst. die Hohlstellen bis zu 50% des Volumens ein; nicht
Als hydraulische Zusätze dienten natürliche Puzzo- mehr der Betonkern, sondern die dünne Marmorschale
lane – vulkanischer Tuff aus dem Gebiet um das heu- ist das primär lastabtragende Element (vgl. Leonhardt
tige Pozzuoli bei Neapel – und zerstoßene Tonziegel. 1997).
Der Betonkern übernahm dabei die eigentliche Trag-
funktion. Große Ähnlichkeit mit dem Beton heutiger
Prägung hat der bei Zweckbauten wie etwa den Fun- 1.4.1.2 Neuzeit – Entwicklung des Stahl-
damenten des Colosseums in Rom verwendete Opus und Spannbetons
Caementitium, der nicht mehr zwischen Mauerscha-
len, sondern gegen mehrmals verwendbare Brettscha- bis 1850
lungen hergestellt wurde. Die Abdrücke der Schalbret-
ter sind heute noch sichtbar. Vor allem im durch die industrielle Revolution gepräg-
Das spektakulärste Gebäude des antiken Rom ist ten England setzt Ende des 18. Jahrhunderts die Ent-
wohl das 115–126 n. Chr. unter Hadrian erbaute Pan- wicklung hydraulischer Bindemittel ein. Wurden zu-
theon. Rundbau und Kuppel bestehen aus Opus Cae- nächst dem klassischen Kalkmörtel noch natürliche
mentitium mit nach oben hin gestaffelter Rohdich- Puzzolane zugesetzt, gelingt James Parker 1796 der
te der Zuschläge (Abb. 1.15). Durch den, dem heu- entscheidende Schritt hin zum künstlich hergestellten
tigen Leichtbeton sehr ähnlichen Baustoff wird der hydraulischen Bindemittel; er stellt aus gebrannten to-
Gewölbeschub am Kuppelansatz deutlich reduziert. nigen Kalken seinen Romanzement her. Der ist aller-
Die Spannweite von 43,3 m wurde selbst mit den ge- dings nur bei ca. 1000ıC, damit nicht bis zur Sinterung
mauerten Kuppeln in Florenz (Brunelleschi, erbaut gebrannt, also nach heutigem Verständnis kein Zement
1420–1436, Spannweite 42,0 m) und Rom (Michelan- im engeren Sinne. 1825 bringt der Maurermeister Jo-
gelo und della Porta, erbaut 1588–1590, Spannweite seph Aspdin seinen Portlandzement äußerst erfolgreich
42,6 m) nicht erreicht. auf den Markt. Der Name geht auf einen Vergleich mit
1.4 Historie 13

dem auf der Halbinsel Portland an der englischen Ka- zenzrechte für Deutschland 1884 durch C. Freytag und
nalküste abgebauten hochwertigen Naturstein zurück. C. Heidschuch, 1886 durch G. A. Wayss beginnt auch
Erst 1844 führt Isaac Charles Johnson den Brand bis in Deutschland die Anwendung des Eisenbetons in
zur Sinterung bei 1400–1450ıC ein und erreicht damit großem Umfang.
eine deutliche Verbesserung der Materialeigenschaf- Ein Meilenstein in der Entwicklung ist die An-
ten. Das handwerkliche Experimentieren mit dem neu- wendung von Eisenbeton für Wände, Deckenplatten
en Baustoff bringt zu Beginn des 19. Jahrhunderts be- und Gewölbe im 1884–1894 errichteten Reichstags-
reits die ersten vollständig aus Beton errichteten Ge- gebäude in Berlin. In Zusammenhang mit den hierfür
bäude hervor. Bereits wenige Jahre später – gegen die durchgeführten Versuchen veröffentlicht M. Koenen,
Mitte des 19. Jahrhunderts – wird von Versuchen zur damals Bauleiter des Reichstagsgebäudes und später
Kombination von Beton mit Seilen, Drahtgeflecht und Leiter der Firma Beton- und Monierbau, erste Berech-
Eisenstäben berichtet – allerdings noch völlig ohne nungsverfahren, die klar die Wirkungsweise des Ei-
technisches Verständnis für die Wirkungsweise. senbetons zeigen. Parallel dazu entwickelt der Fran-
zose F. Hennebique monolithische Skelettkonstruktio-
nen unter der Prämisse sparsamsten Materialeinsatzes
1850 bis 1900 und führt damit den Plattenbalken als die wohl typisch-
ste Konstruktionsform des Eisenbetonbaus ein. Noch
1855 nimmt in Stettin das erste deutsche Portlandze- vor der Jahrhundertwende taucht die Idee des Vorspan-
mentwerk seinen Betrieb auf, gleichzeitig veröffent- nens von Beton auf: der Amerikaner Jackson erreicht
licht Max von Pettenkofer das bis dahin geheim ge- mit Gewindestäben im Beton nur geringe Spannkräfte;
haltene Herstellungsverfahren von Portlandzement. Im der Berliner Ingenieur Döhring nimmt diese Idee auf,
selben Jahr erhält Joseph Luis Lambot, provencalischer spannt aber mit Drähten – und mit mehr Erfolg – vor
Gutsbesitzer, ein Patent auf die Herstellung von Was- und erhält dafür 1888 ein Patent. 1898 wird in Berlin
serbehältern und Booten aus Zementmörtel mit Draht- der Deutsche Beton-Verein (DBV) gegründet.
geflechtbewehrung – und kommt damit seinem Lands-
mann Joseph Monier, einem Gärtner, der in ähnli-
cher Technik Blumenkübel fertigt, zuvor. 1867 erhält 1900 bis 1945
auch Monier das erste einer Reihe von Patenten für
verschiedene Bauteile, die jetzt schon mit Stäben be- Nach der Jahrhundertwende setzt eine rasante Weiter-
wehrt sind (Abb. 1.16). Er errichtet 1875 auch die welt- entwicklung des Eisenbetons ein. Emil Mörsch (1872–
weit erste Brücke aus „ Eisenbeton“. Allerdings zei- 1950) führt zunächst im Auftrag der Firma Wayss
gen Moniers Konstruktionen, dass er noch keine klare & Freytag, ab 1916 als Professor für Eisenbeton-
Vorstellung von der Wirkungsweise des Verbundbau- bau an der TH Stuttgart, umfangreiche Versuche an
stoffs hat – ganz im Gegensatz zum Juristen T. Hyatt Stahlbetonbauteilen durch. Bereits 1902 veröffentlicht
(USA), der zur gleichen Zeit in Veröffentlichungen er, aufbauend auf den Ergebnissen, die erste wirk-
Tragverhalten und Verbundwirkung des Eisenbetons lichkeitsnahe Theorie des Eisenbetons. Die Arbeiten
beschrieb. Durch den Erwerb der Monier’schen Li- Mörschs, von ihm zusammengefasst im zweibändigen
Werk „Der Eisenbetonbau – seine Theorie und Anwen-
dung“, bilden nahezu weltweit und über einige Jahr-
zehnte – in Teilen sogar bis heute – die Grundlage der
Bemessung. Gleichzeitig entwirft er richtungweisende
Bauwerke, wie etwa die 1903 bis 1904 errichtete und
2000 abgebrochene Isarbrücke in Grünwald bei Mün-
chen mit zwei jeweils 70 m weit gespannten Dreige-
lenkbogen (Abb. 1.17). 1907 wird der Deutsche Aus-
schuss für Eisenbeton gegründet. Er firmiert ab 1942
unter dem Namen Deutscher Ausschuss für Stahlbe-
ton (DAfStb) – und folgt damit der Namensänderung
des Baustoffs selbst. Der Ausschuss gibt 1916 die „Be-
stimmungen für die Ausführung von Bauwerken aus Ei-
senbeton“ heraus. Im September 1925 erscheint deren
Abbildung 1.16 Zeichnungen aus einem Patent Joseph Moniers Neuausgabe unter gleichem Titel erstmals als Norm
aus dem Jahr 1878 DIN 1045.
14 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

Abbildung 1.17 Isarbrücke in Grünwald, erbaut 1903–1904 Abbildung 1.19 Brücke über den Salginatobel (Robert Mail-
nach Plänen von Emil Mörsch lart, 1929)

Parallel zur Entwicklung des Stahlbetons werden Norm für Spannbetonbauwerke vor; die Einführung
die Grundlagen des Spannbetonbaus gelegt. Ein wird noch 10 Jahre auf sich warten lassen.
Wegbereiter des Spannbetons ist der französische Die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entste-
Ingenieur Eugène Freyssinet (1879–1962), der klar henden Betonbauwerke sind teils noch stark vom Ge-
erkennt, dass Schwinden und Kriechen eine wesent- danken der Materialersparnis geprägt, gleichwohl wer-
liche Rolle bei Spannkraftverlusten spielen, daher den wegweisende Bauten errichtet. Die rasche Weiter-
eine dauerhafte Wirkung der Vorspannung nur durch entwicklung des Betonbaus ab Mitte der 20’er Jahre
hohe Stahlspannungen zu erzielen ist. Er erhält 1928 ist unter anderem verbunden mit den Namen Franz Di-
ein Patent für sein Spannverfahren, dem weitere schinger und Ulrich Finsterwalder (1897–1953), spä-
Folgen. 1935 wird durch Wayss & Freytag der Begriff ter auch Hubert Rüsch (1904–1979), die spektakulä-
„Spannbeton“ eingeführt. Ein Jahr später wird nach re Betonschalen wie etwa die Zeiss-Planetarien oder
den Entwürfen Franz Dischingers (1887–1953) mit die Großmarkthallen in Frankfurt und Leipzig (1927
der Bahnhofsbrücke in Aue/Sachsen die weltweit mit 5820 m2 die weltweit größte überdachte Fläche)
erste Spannbetonbrücke errichtet – allerdings mit entwerfen (Abb. 1.18).1 International starken Einfluss
extern geführten, d. h. außerhalb des Betonquer- üben Robert Maillart (1872–1940, Schweiz; u. a. Sal-
schnitts liegenden, hängewerkartig angeordneten ginatobelbrücke, Abb. 1.19), Pier Luigi Nervi (1891–
Stäben aus Stahl vergleichsweise geringer Festigkeit. 1979, Italien; vgl. Abb. 1.1) und Eduardo Torroja
1938 führt E. Hoyer die Spannbettvorspannung mit (1899–1960, Spanien) aus.
Klaviersaitendraht ein. Die stationär im Spannbett
gefertigten, 100 m langen Träger werden nach dem
Erhärten des Betons in die gewünschten Längen 1945 bis heute
zerschnitten. Bereits 1943 liegt der Entwurf einer
Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg steht
angesichts des enormen Bedarfs an Wohn- und
Gewerbebauten sowie Bauwerken der Infrastruktur
einerseits, der allmählichen Verschiebung des Ver-
hältnisses von Lohn- zu Materialkosten andererseits,
im Zeichen der Rationalisierung von Bauverfahren
(vgl. Abbn. 1.21 und 1.22). Unter anderem steigt
die Verwendung von Fertigteilen im Hoch- und
Industriebau sprunghaft an (Abb. 1.20). Parallel zur
technischen Entwicklung wird Beton und insbeson-
dere Sichtbeton – nicht zuletzt durch die Bauten Le
Corbusiers (1887–1965) – in der Architektur der
Moderne salonfähig. Einen nicht unbeträchtlichen
1
Abbildung 1.18 Dischinger-Schale; Versuchsbelastung durch Die in Abb. 1.18 abgebildete Versuchsschale existiert noch
die Mitarbeiter des DYWIDAG-Konstruktionsbüros (1931) heute und kann in Wiesbaden-Erbenheim besichtigt werden.
1.4 Historie 15

Abbildung 1.20 Ästhetisch anspruchsvolles und rationelles


Bauen mit Fertigteilen: Wohnanlage Genter Straße, München
(A: Steidle und Partner; 1972)
Abbildung 1.22 Herstellung des Bogens einer Talbrücke –
Brücke über den Svinesund zwischen Schweden und Norwe-
gen (2005); Spannweite 247 m; Herstellung des Stahlbetonbo-
Anteil an der Entwicklung hatte dabei der Spannbeton. gens im Freivorbau Blaschko u. Torka (2005)
1950 entsteht mit der von Finsterwalder geplanten,
mit DYWIDAG-Stabspanngliedern vorgespannten
Lahnbrücke Balduinstein die erste Spannbetonbrücke
Neben dem Freivorbau etabliert sich ein weiteres, äu-
im Freivorbau, einem heute auch für weitgespannte
ßerst effizientes Bauverfahren für über mehrere Felder
Bogen verwendeten Bauverfahren (Abb. 1.22).
durchlaufende Spannbetonbrücken: Von Fritz Leon-
Drei Jahre später erscheint die unter Federführung
hardt (1909–1999) und Willi Baur wird das Takt-
des damaligen Professors für Massivbau der TH Mün-
schiebeverfahren entwickelt und erstmals in Reinform
chen, Rüsch, erarbeitete Spannbetonnorm DIN 4227 –
1965 beim Bau der Innbrücke Kufstein eingesetzt (vgl.
die weltweit erste ihrer Art. Bereits 1952 wird die
Abb. 1.5). Zeitgleich wird von Hans Wittfoht ein an-
FIP – Fédération International de la Précontrainte ins
deres Verfahren zum rationellen Bau von Spannbe-
Leben gerufen; ein Jahr später wird das CEB – Comité
tonbrücken eingeführt: Vorschubrüstungen – erstmals
Européen du Béton gegründet, das 1976 in Comité
beim Bau der Krahnenbergbrücke bei Andernach ein-
Euro-International du Béton umbenannt wird. Bei-
gesetzt (vgl. Wittfoht 1964) – erlauben die fast in-
de technisch-wissenschaftlichen Vereinigungen haben
dustrielle Herstellung durchlaufender Spannbetonbal-
den Wissens- und Erfahrungsaustausch zum Ziel; die
ken und tragen damit in den Folgejahren zum gewalti-
erstgenannte speziell auf dem Gebiet des Spannbetons,
gen Ausbau der Infrastruktur bei (Abb. 1.23). Vor al-
letztere für den Stahlbeton. Zudem sollen ihre Mitglie-
lem aber Leonhardt, von 1957 bis 1974 Professor für
der international einheitliche technische Regeln nach
Massivbau an der TH Stuttgart, ist in der zweiten Hälf-
aktuellsten Erkenntnissen erarbeiten, die als Grundla-
te des 20. Jahrhunderts durch wegweisende Konstruk-
ge für Normen dienen können (vgl. Abschn. 1.4.2).
tionen – u. a. den in Stuttgart erbauten, weltweit ersten
FIP und CEB vereinigen sich 1998 zur fib – fédération
Fernsehturm – wichtiger Impulsgeber der Entwicklung
international du béton mit Sitz in Lausanne.
im Betonbau.
Mit dem Ziel, effiziente und dauerhafte Konstruk-
tionen zu schaffen, werden Betone mit deutlich er-
weitertem Leistungsspektrum entwickelt. 1990 wird
für hochbelastete Stützen des Trianon-Hochhauses in
Frankfurt/Main erstmals in Deutschland großmaßstäb-
lich Hochleistungsbeton verwendet. Die Anwendung
von Betonen mit Druckfestigkeiten z. T. weit über
60 N/mm2 bis ca. 130 N/mm2 setzt im internationalen
Vergleich spät ein, ist aber heute größtenteils norma-
tiv erfasst. Die ersten Brücken aus Hochleistungsbe-
Abbildung 1.21 Herstellung des Bogens einer Talbrücke – Teu- ton in Deutschland entstehen 1998 bei Sasbach und
felstalbrücke bei Jena (1938); Spannweite 138 m; Herstellung Buchloe. Parallel dazu wird Selbstverdichtender Beton
des Stahlbetonbogens auf Leergerüst (Nachtaufnahme) entwickelt, bei dem die Verdichtungsarbeit nach dem
16 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

gezogen, die zur Entwicklung externer oder verbund-


loser Spannglieder im Brückenbau, damit zu äußerst
robusten Konstruktionen geführt haben (Abb. 1.24).

1.4.2 Normung

Durch den europäischen Einigungsprozess vollzog


sich die Entwicklung und Fortschreibung von Be-
tonbaunormen in den letzten Jahrzehnten als dualer
Prozess mit national gültigen DIN-Normen auf der
einen und europäisch-einheitlichen Regelwerken auf
Abbildung 1.23 Bau einer Spannbetonbrücke mit Vorschubrüs- der anderen Seite. Mit der zukünftig geltenden Norm
tung heute EN 1992-1-1 findet diese duale Entwicklung ihren
Abschluss.

Einbringen des Betons in die Schalung entfällt. Das


Entwicklungspotential für Betone ist dabei lange noch 1.4.2.1 DIN-Normen
nicht ausgereizt; derzeit wird intensiv an der Entwick-
lung ultrahochfester Betone gearbeitet, die Druckfes- Die Entwicklung deutscher Betonbaunormen bis in die
tigkeiten oberhalb von 300 N/mm2 erreichen können. beginnenden 80’er Jahre ist ausführlich in Goffin u. a.
Aus den Unzulänglichkeiten, die einigen Konstruktio- (1982) dargestellt; die wesentlichen Eckdaten sind:
nen im Zuge der stürmischen Fortschritte der Spannbe-
tonbauweise eigen waren, wurden mittlerweile Lehren
1916 Als Vorläufer der Normen gibt der Deutsche
Ausschuss für Eisenbeton die Bestimmungen für
die Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton
heraus.
1925 Die Bestimmungen des Deutschen Ausschuss für
Eisenbeton werden erstmals als DIN 1045 ver-
öffentlicht. Überarbeitungen folgen 1932, 1937,
1943 und 1959.
1953 Als weltweit erste Spannbeton-Norm wird
DIN 4227 herausgegeben.
1972 Angesichts des erweiterten Kenntnisstandes
wird eine grundlegende Überarbeitung der
DIN 1045 erforderlich. Als wesentliche Neue-
rung wird die n-freie Bemessung, d. h. die
Biegebemessung heutiger Prägung über Grenz-
dehnungen eingeführt. Zur Beschreibung der
Spannungsverteilung in der Betondruckzone
wird das Parabel-Rechteck-Diagramm vor-
geschlagen. 1975, 1978 und 1988 erscheinen
aktualisierte Neuausgaben der DIN 1045.
1979 DIN 4227 wird in überarbeiteter Form als
DIN 4227 Teil 1 veröffentlicht; neue Erkennt-
nisse z. B. zur Rissbreitenbeschränkung und
der Querkraftbemessung, desgleichen Erfah-
rungen mit neuen Bauweisen machen eine
Abbildung 1.24 Bang-Na-Expressway, Bangkok – Hochstraße Neuausgabe erforderlich. Zwischen 1981 und
in Segmentbauweise; Blick in einen durch externe Spannglieder 1986 werden Teile zur teilweisen Vorspannung,
vorgespannten Hohlkasten zur Segmentbauart, zu Spannleichtbeton und
1.4 Historie 17

Vorspannung ohne Verbund ergänzt. 1988 wird CODES zu erarbeiten, wird 1989 an das
der ursprüngliche Teil 1 neu herausgegeben. CEN (Comité Européen de Normalisation)
2001 DIN 1045 erscheint vollständig überarbeitet in übertragen.
vier Teilen. Teil 1 fasst die bisher in getrennten 1992 In der ersten Phase auf dem Weg zu einheit-
Normen geregelte Bemessung von Stahlbeton- lichen europäischen Normen wird der Teil
und Spannbetonbauteilen zusammen. Mit der 1-1 des EUROCODE 2 (EC 2) Planung von
Neuausgabe der DIN 1045 werden die zukünfti- Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil
gen europäischen Normen auf nationaler Ebene 1-1: Grundlagen und Anwendungsregeln für
bereits vorweggenommen. den Hochbau als Vornorm zur probeweisen
2008 Die Teile 1 bis 3 der DIN 1045 werden neu her- Anwendung veröffentlicht. Die europäischen
ausgegeben; Teil 1 enthält neben einigen Druck- Normen bestehen jeweils aus einem Grundteil
fehlerkorrekturen auch zusätzliche Klarstellun- (hier dem Teil 1-1), der durch weitere Teile
gen der bisheringen Regeln sowie einige neue, für spezifische Konstruktionen oder Bauweisen
mit dem Eurocode abgeglichene Regeln z. B. in (z. B. dem Teil 2 für den Brückenbau) ergänzt
Bezug auf die Bemessung von Schubfugen. Mit wird. In Deutschland kann der Grundteil des
der Ausgabe 2008 erscheint die letzte Fassung EC 2, herausgegeben als DIN V ENV 1992-1-1
der DIN 1045 vor dem Übergang zu den Euro- damit als Alternative zu DIN 1045 angewendet
codes. werden. Die Norm baut dabei im Wesentlichen
auf dem CEB FIP ModelCode 1978 auf.
2004 Eine Neufassung des EUROCODE 2, Teil
1.4.2.2 Normenentwicklung 1-1 erscheint als EN 1992-1-1. Die CEN-
auf europäischer/internationaler Ebene Mitgliedsorganisationen, z. B. das DIN, sind
verpflichtet, EN 1992-1-1 als Ersatz für natio-
Als Vorläufer europäischer Normen können die von nale Normenwerke nach einem vorgegebenen
CEB und FIP gemeinsam herausgegebenen Mustervor- Zeitplan verbindlich einzuführen.
schriften angesehen werden. 1978 erscheint der CEB
FIP ModelCode 1978. Er vereint das aktuelle Wis-
sen zur Bemessung im Stahlbeton- und Spannbeton- 1.4.2.3 Gegenwart und Zukunft
bau und bietet gleichzeitig ein zuverlässigkeitstheore-
tisch fundiertes Sicherheitskonzept auf Grundlage von In Deutschland ist derzeit DIN 1045 Tragwerke aus
Teilsicherheitsbeiwerten. 1991 wird der CEB FIP Mo- Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Teil 1 Bemessung
delCode 1990 veröffentlicht, der neben Regeln auch und Konstruktion für die Bemessung von Tragwer-
umfangreiche Erläuterungen zu Grundlagen und Mo- ken des allgemeinen Hochbaus verbindlich. Die Norm
dellen enthält. Die Mustervorschriften dienen als we- baut auf dem 1992 veröffentlichten Grundteil des EC 2
sentliche Basis der durch den europäischen Einigungs- auf, wurde aber umfassend umstrukturiert, enthält ei-
prozess initiierten Vereinheitlichung technischer Re- ne Reihe aktualisierter Regelungen und nimmt da-
geln (vgl. Breitschaft 1995; Litzner 2002): mit Inhalte der 2004 erschienen EN 1992-1-1 vorweg.
Für Brückenbauwerke existiert der auf Grundlage der
1975 Die Kommission der Europäischen Gemein- DIN V ENV 1992-1-1 erarbeitete und an DIN 1045-1
schaft beschließt auf Grundlage der 1957 angepasste DIN-Fachbericht 102 Betonbrücken.
geschlossenen Römischen Verträge die Schaf- In absehbarer Zeit werden in den CEN-
fung harmonisierter technischer Regeln für das Mitgliedsstaaten2 die nationalen Regelwerke durch
Bauwesen, der EUROCODES, um Handels- EN-Normen ersetzt werden. Das vollständige, euro-
hemmnisse zu beseitigen. paweit einheitliche Regelwerk für den Entwurf, die
1987 Die Einheitliche Europäische Akte tritt mit dem 2
CEN-Mitgliedsstaaten sind die 27 Länder der Europäischen
Ziel in Kraft, einen europäischen Binnenmarkt Union (im Einzelnen: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutsch-
zu schaffen. 1988 folgt die vom Ministerrat der land, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Itali-
EG verabschiedete Bauproduktenrichtline als en, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Ös-
einer der wesentlichen Eckpfeiler der Harmoni- terreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei,
sierung technischer Regeln, in der die primären Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn, das
Vereinigte Königreich und Zypern – Stand 2009) sowie die Mit-
Anforderungen an Bauprodukte (Mechanische gliedsstaaten der Europäischen Freihandelszone EFTA (im Ein-
Festigkeit, Standsicherheit, Dauerhaftigkeit, zelnen: Island, Norwegen und die Schweiz; Liechtenstein ist an
etc.) definiert werden. Die Aufgabe, EURO- den schweizerischen Normen orientiert).
18 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

Berechnung und die Bemessung von Tragwerken Stand der Technik dar, die bis dahin geltenden Regel-
umfasst insgesamt 10 einzelne Pakete, die EUROCO- werke – für die Bemessung im Betonbau insbesondere
DES (EC), die wiederum in verschiedene, teils auf die Reihe ÖNORM B 4700 – sind dann außer Kraft
spezifische Anwendungsbereiche bezogene Teile z. B. gesetzt.
zur Bemessung für den Brandfall oder den Brückenbau
untergliedert sind:
1.5 Normengrundlage
EC 0 EN 1990 – Grundlagen der Tragwerksplanung
EC 1 EN 1991 – Einwirkungen auf Tragwerke
Der Band verfolgt das Ziel, die Grundlagen der Be-
EC 2 EN 1992 – Stahlbeton- und
messung von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen vor
Spannbetontragwerke
dem Hintergrund des Tragverhaltens auf mechanischer
EC 3 EN 1993 – Stahlbauten
Basis und damit weitgehend unabhängig von Normen
EC 4 EN 1994 – Verbundtragwerke
zu beschreiben. Der Transfer des Grundlagenwissens
EC 5 EN 1995 – Holzbauwerke
in das Handwerkszeug für die alltägliche, praktische
EC 6 EN 1996 – Mauerwerksbauten
Bemessung führt allerdings unmittelbar auf die jeweils
EC 7 EN 1997 – Geotechnik
geltenden Bemessungsnormen. Im vorliegenden Band
EC 8 EN 1998 – Auslegung von Bauwerken gegen
werden als Bezugsdokumente die derzeit verbindliche
Erdbeben
Norm DIN 1045-1 sowie parallel die zukünftig maß-
EC 9 EN 1999 – Aluminiumbauten
gebende Norm EN 1992-1-1 gegenübergestellt.
Für die Einführung des europäischen Regelwerkes Eine Besonderheit der EUROCODES ist deren Auf-
werden inhaltlich zusammengehörige Normenteile zu bau; die einzelnen Teile – auch EN 1992-1-1 – beste-
Normenpaketen geschnürt – für den Betonhochbau hen aus folgenden Elementen:
z. B. die Teile 1-1 (Grundlagen) und 1-2 (Brandbe-
messung) der EN 1992 zusammen mit den relevanten • Hauptteil
Lastnormen der Reihe EN 1991, Regeln zur Bemes- • normative oder informative Anhänge
sung von Gründungen (EN 1997) und für die Erdbe- • Nationaler Anhang
benbemessung (EN 1998). Einen Meilenstein in der Der Text des Hauptteils – in EN 1992-1-1 zwölf
Überführung der nationalen Normen in europäisch- Kapitel einschließlich Titelblatt und Vorwort – so-
einheitliche Regeln stellt das DoW (engl. Date of wie die Anhänge A bis J, die ergänzende Informa-
Withdrawal) dar, der Zeitpunkt, an dem die widerspre- tionen u. a. zum Kriechen und Schwinden (informa-
chenden nationalen Normen vom Normungsinstitut – tiver Anhang ) oder zu den geforderten Eigenschaf-
in Deutschland vom DIN – zurückgezogen werden ten von Betonstählen (normativer Anhang) enthalten,
müssen. Für den Betonhochbau muss dies u. a. durch sind für alle Mitgliedsländer des CEN inhaltlich iden-
den Rückzug von DIN 1045-1 bis spätestens zum März tisch. Eingeführt wird das Regelwerk in den einzel-
2010 geschehen. nen Staaten als Übersetzung des englischen Originals;
Bauaufsichtliche Relevanz erhält DIN EN 1992-1-1 die deutsche Fassung – als DIN EN 1992-1-1 veröf-
in Deutschland allerdings erst mit der Aufnahme in die fentlicht – ist daher wortgleich mit den in Österreich
Musterliste der Technischen Baubestimmungen3 und als ÖNORM EN 1992-1-1 und in der Schweiz als
die anschließende bauaufsichtliche Einführung. Dies SN EN 1992-1-1 veröffentlichten Normentexten.
ist nach derzeitigem Stand frühestens Anfang 2011 zu In dem europaweit einheitlichen Text sind aller-
erwarten. dings einige Punkte ausgespart, die hoheitliche Be-
In Österreich wird der Wechsel zu lange der einzelnen CEN-Mitgliedsstaaten betreffen.
ÖNORM EN 1992-1-1 dagegen bereits früher Hierzu gehören die Sicherheit, Dauerhaftigkeit und
vollzogen; die Koexistenzperiode, in der die EU- Wirtschaftlichkeit baulicher Anlagen. Parameter, die
ROCODES gleichwertig mit nationalen Normen diese Bereiche berühren, u. a. Teilsicherheitsbeiwerte,
verwendet werden dürfen, endet bereits Mitte 2009. Anforderungsklassen der Betondeckungen zur Sicher-
Ab diesem Zeitpunkt stellen die EUROCODES den stellung der Dauerhaftigkeit, etc., werden ebenso wie
ausschließlich regional gültige Größen – z. B. Schnee-
3
Die Liste der Technischen Baubestimmungen enthält techni- lastzonen – als länderspezifisch festzulegende Parame-
sche Regeln für die Planung, Bemessung und Konstruktion bau- ter (engl. Nationally Determined Parameters, NDPs)
licher Anlagen, die auf Grundlage des § 3 der Musterbauordnung
eingeführt und damit allgemein verbindlich sind. Die Musterlis- bezeichnet und in den nationalen Anhängen durch je-
te der Technischen Baubestimmungen kann unter www.dibt.de des Mitgliedsland individuell bestimmt. In EN 1992-
eingesehen werden. 1-1 können an insgesamt 122 stellen nationale Festle-
Literatur 19

gungen getroffen werden; zu länderspezifisch festzule- Dabei wird der Inhalt von EN 1992-1-1, dem EURO-
genden Parametern enthält der Normentext allerdings CODE 2, Teil 1-1, in der eingeführten, europaweit einheit-
empfohlene Werte. In nationalen Anhängen kann zu- lichen Fassung dargestellt. Den in EN 1992-1-1 für länder-
spezifisch festzulegende Parameter (NDPs) empfohlenen
dem die normativ verbidliche Anwendung einzelner, in Werten werden die Festlegungen nach den beiden Natio-
der einheitlichen Fassung als informativ gekennzeich- nalen Anhängen Deutschlands und Österreichs, also die
neter Anhänge vereinbart werden. Darüber hinaus kön- Regeln nach:
nen sie ergänzende Regeln und Hinweise enthalten, D DIN EN 1992-1-1/NA
die dem Inhalt von EN 1992-1-1 nicht entgegenstehen
A ÖNORM B 1992-1-1
dürfen, allerdings auch nicht zwingend ihre Entspre-
chung in den nationalen Anhängen anderer Länder fin- in tabellarischer Form am Ende des Normentextes gegen-
übergestellt. Über die NDPs hinaus werden die wesentli-
den müssen. chen nationalen Ergänzungen der beiden Länder angege-
Für die Tragwerksplanung sind daher neben den ben.
Regeln in EN 1992-1-1 auch die Festlegungen desje-
nigen nationalen Anhangs bindend, der von dem Land,
in dem das Bauwerk errichtet wird, erarbeitet und ein- NDP EU D A
geführt wurde. ˛cc 1,0 0,85 1,0
In Deutschland werden die länderspezifischen Fest-
Variable empfohlener Wert nach Wert nach
legungen des nationalen Anhangs als DIN EN 1992- Wert DIN EN 1992-1-1/NA ÖNORM B 1992-1-1
1-1/NA herausgegeben; mit der Veröffentlichung des
Weißdrucks des Nationalen Anhangs DIN EN 1992-
1-1/NA ist Anfang 2010 zu rechnen.4 In Österreich
wurden die nationalen Festlegungen als eigen- Normenbezüge bei Beispielen
ständige ÖNORM B 1992-1-1, die zusammen mit Die in diesem Band enthaltenen Beispiele folgen – soweit
ÖNORM EN 1992-1-1 zu verwenden ist, bereits nicht ausdrücklich anders vermerkt – DIN 1045-1 (Fas-
Anfang 2007 herausgegeben. Anders als in Österreich sung 2008).
wurde in Deutschland versucht, durch die geschickte
Wahl der NDPs zusammen mit einer Reihe von Mischungsverbot!
Ergänzungen eine weitgehende Übereinstimmung
Sowohl DIN 1045-1 als auch EN 1992-1-1 bilden in sich
mit der nationalen Vorgängernorm, in dem Fall mit
geschlossene Normenwerke mit jeweils abgestimmten
DIN 1045-1 zu erreichen.
Berechnungsformaten und Konstruktionsregeln. Grund-
In der Schweiz wird auf die Erarbeitung eines na-
sätzlich gilt daher ein Mischungsverbot; die Bemessung
tionalen Anhanges verzichtet; die für SN EN 1992-
von Betonbauteilen muss durchgängig nach den Bestim-
1-1 länderspezifisch festzulegenden Parameter müssen
mungen einer der beiden Normen erfolgen. EN 1992-1-1
zwischen Planer und Bauherrn projektbezogen fest-
muss zudem mit jenem nationalen Anhang angewandt
gelegt werden. Die in den letzten Jahren erarbeite-
werden, der von dem Land, in dem die bauliche Anlage
ten nationalen Regelwerke – für den Betonbau v. a.
errichtet wird, eingeführt wurde.
SIA 262 – werden als den Eurocodes nicht widerspre-
chend erachtet und können damit weiterhin angewandt
werden.
Darstellung von Normenbezügen
Die – typografisch abgesetzten – Normenbezüge in die- Literatur
sem Band spiegeln im Vergleich mit den vorangestell-
ten phänomenologischen Beschreibungen und mecha- B LASCHKO, M.; T ORKA, J.: Ein Bogen spannt von
nisch begründeten Modellen die zugehörigen Regeln nach
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wieder. Auf eine wörtliche Schweden nach Norwegen. In: Bauingenieur 80
Wiedergabe wird zugunsten einer gestrafften, inhaltlich al- (2005), S. 188–196
lerdings vollständigen Darstellung verzichtet.5
negativ). In EN 1992-1-1 wird allerdings – im Gegensatz zu
DIN 1045-1 – auf die Angabe von Vorzeichen bei Spannun-
4
Die hier vorgestellten nationalen Regelungen basieren auf dem gen und Dehnungen, z. B. bei den Schwindmaßen oder den
Gelbdruck (Entwurf) von DIN EN 1992-1-1/NA vom September Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton, verzichtet. Um eine
2008; im Vergleich mit der letztlich geltenden Fassung können einheitliche Darstellung zu erreichen, werden im vorliegenden
sich noch geringfügige Änderungen ergeben. Band – soweit nicht explizit anders angegeben – auch die Kenn-
5
In diesem Buch werden Vorzeichen bei Spannungen und Deh- größen nach EN 1992-1-1 vorzeichenrichtig und damit abwei-
nungen mechanisch korrekt verwendet (! Zug positiv, Druck chend vom Normentext angegeben.
20 1 Betonbauteile – Grundlagen, Tragverhalten

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Kapitel 2
Konzepte und Grundlagen der Nachweise

2.1 Anforderungen an Bauten geforderten Gebrauchseigenschaften aufweisen.2 Dies


und deren Erfüllung bedeutet zum einen, dass das Bauwerk ausreichend
tragfähig ist, um die erwarteten Lasten aufnehmen
zu können, gleichzeitig die Tragfähigkeit auch durch
Bei baulichen Anlagen werden allgemein hohe An-
Umwelteinflüsse, die im Laufe der Lebensdauer
forderungen an Sicherheit bzw. Zuverlässigkeit und
auftreten und z. B. Bewehrungskorrosion auslösen
Gebrauchsfähigkeit gestellt. Dem Ingenieur wird die
oder das Betongefüge angreifen, nicht vermindert
Aufgabe übertragen, im Rahmen von Entwurf und
wird. Zum anderen entstehen aus der vorgesehenen
Tragwerksplanung ebenso wie bei der Bauausführung
Nutzung des Bauwerks spezifische Forderungen an die
und der Instandhaltung während der Nutzungsdauer
Gebrauchstauglichkeit,3 die teils allgemeiner Natur
des Bauwerks das geforderte Zuverlässigkeitsniveau
sind und teils durch den Bauherrn vorgegeben werden
durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen und auf-
können. Damit können die Anforderungen allgemein
recht zu erhalten. Hierfür werden Rahmenbedingungen
mit drei Begriffen beschrieben werden:
definiert und Werkzeuge zur Verfügung gestellt, die
weitestgehend unabhängig von der Bauart sein müs- • Tragfähigkeit
sen, um bauartübergreifend ein gleichmäßiges Zuver- • Gebrauchstauglichkeit
lässigkeitsniveau zu gewährleisten. Ausgangspunkt der • Dauerhaftigkeit
Sicherheitsüberlegungen bzw. der Formulierung von
Zur Eingrenzung des Verlustes an Menschenleben oder
Nachweiskonzepten sind die an bauliche Anlagen ge-
der Schäden, die im Falle eines Versagens von Bautei-
stellten Anforderungen.
len oder Bauwerken eintreten, werden zudem zwei ele-
mentare Forderungen an bauliche Anlagen formuliert:
• Versagensankündigung
2.1.1 Hintergrund – Soweit möglich, muss das bevorstehende Versa-
Anforderungen an bauliche Anlagen gen eines Bauwerks bzw. Bauteils durch übermäßi-
ge Verformungen, deutlich sichtbare Risse, etc. er-
Grundlegend ist zu fordern, dass Bauwerke unab- kennbar sein. Dies gilt unabhängig davon, ob das
hängig von den verwendeten Baustoffen oder den
elementaren Konstruktionsprinzipien allen möglichen 2
Die wesentlichen Anforderungen an Bauwerke und Baupro-
Einwirkungen und Einflüssen mit ausreichender dukte werden z. B. in Anhang A zur Bauproduktenrichtlinie ge-
Zuverlässigkeit1 standhalten und darüber hinaus die nannt; die EUROCODES, also auch EN 1992, sind insbesonde-
re als Werkzeuge zur Erfüllung der ersten beiden Forderungen
nach mechanischer Festigkeit und Standsicherheit und Brand-
schutz konzipiert. Im Rahmen dieses Bandes wird allerdings der
1
Unter Zuverlässigkeit sei hier die Eigenschaft verstanden, die in EN 1992-1-2 geregelte bauliche Brandschutz ausgeklammert.
3
vorgesehene Funktion für die beabsichtigte Nutzungsdauer mit Die Gebrauchstauglichkeit muss von der Gebrauchsfähigkeit
ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit zu erfüllen (vgl. Rackwitz unterschieden werden. Letztere umfasst im juristischen Sinne
2001). sowohl die Gebrauchstauglichkeit als auch die Tragfähigkeit.

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 21


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
22 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

Versagen durch Überlastung oder durch den Festig-


keitsverlust eines Baustoffs ausgelöst wird.
• Schadenstoleranz
Bei ungeplanten Einwirkungen – z. B. Explosio-
nen – müssen die daraus verursachten Schäden
in Relation zur Schadensursache stehen (vgl. Bei-
spiel 2.1).
Die grundlegenden Anforderungen an Bauwerke müs-
sen durch:
• die Wahl geeigneter Baustoffe,
• einen zweckmäßigen Entwurf der Konstruktion
bzw. des Tragwerks,
• eine zutreffende Bemessung,
• eine zweckmäßige konstruktive Durchbildung und
Abbildung 2.1 Ronan Point Accident (1968)
• geeignete Überwachungsverfahren, die Entwurf,
Berechnung, Herstellung der Bauprodukte, Errich-
tung der Anlage und Nutzung erfassen,
auch ein tragendes Fassadenelement zerstört. Die darüber
gewährleistet werden. Speziell für die Bemessung liegende Deckenplatte verliert damit Teile des Auflagers,
der Tragwerke kann allerdings nicht das vollstän- stürzt auf die darunter liegende Deckenplatte und löst da-
dige Spektrum aller möglichen Tragzustände in mit einen progressiven Kollaps aus, der zum Einsturz ei-
seiner Gesamtheit erfasst werden. Die den modernen nes ganzen Gebäudeteils und dem Verlust von vier Men-
Regelwerken – u. a. DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 – schenleben führt (Abb. 2.1). Die Ursache des Unfalls war
gegenüber den Schadensfolgen wohl in keinem Fall ange-
zugrunde liegenden Sicherheitskonzepte sehen vor, messen. In der Tat wurde durch diesen, als Ronan Point
dass stellvertretend für die mögliche Bandbreite der Accident bekannt gewordenen, Schadensfall die Diskus-
Zustände ausgesuchte Grenzzustände des Tragwerks sion um die Angemessenheit von Ursache und Schaden
untersucht werden, die Grenzzustände der Tragfähig- initiiert und führte zur Aufnahme entsprechender Regeln
keit und die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit. in internationale Normenwerke.
Als Grenzzustand wird allgemein ein Zustand des
Tragwerks verstanden, bei dessen Überschreiten die
mit dem Grenzzustand verknüpfte Funktion nicht 2.1.2 Grenzzustände und Dauerhaftigkeit
mehr erfüllt ist.
Die Grenzzustände können bereits bei der Bauaus-
führung, bei Inbetriebnahme oder erst während der Die Grenzzustände der Tragfähigkeit (GZT; engl.
Nutzungsdauer des Bauwerks eintreten. Grundlage der Ultimate Limit States, ULS) bezeichnen diejenigen
Sicherheitsphilosophie ist daher die Sicherstellung der Zustände, bei deren Überschreiten eine ausreichen-
Dauerhaftigkeit eines Bauwerks, d. h. die Erhaltung de Standsicherheit des Tragwerks nicht mehr gewähr-
von Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit während leistet ist. Das Versagen kann dabei sowohl durch
der gesamten Nutzungsdauer. Die Gewährleistung der einmalige Überbeanspruchung in Form eines Kollaps
Dauerhaftigkeit besitzt daher einen mit der Tragfä- des Gesamttragwerks bzw. einzelner Tragwerksteile
higkeit und der Gebrauchstauglichkeit vergleichbaren oder durch den Verlust der Lagesicherheit eintreten
Stellenwert. Die gesellschaftlich begründeten Anfor- als auch durch Materialermüdung ausgelöst werden.
derungen an die Zuverlässigkeit von Bauwerken wer- Ein Ermüdungsversagen von Beton oder Bewehrung
den unter anderem in bauartübergreifenden Regelwer- ist allerdings weniger eine Folge einmaliger Ereig-
ken zusammengefasst; national in DIN 1055-100 als nisse sondern vielmehr Konsequenz aus einer Akku-
Grundlage u. a. für DIN 1045-1, auf europäischer Ebe- mulation von Schädigungen bei wechselnden (dyna-
ne in EN 1990 als Referenz für EN 1992-1-1. mischen) Lasten z. T. weit unterhalb der Tragfähig-
keit. Nach dem Überschreiten dieses Grenzzustandes
Beispiel 2.1 ist i. Allg. ein Wiederaufbau erforderlich; aus der Sicht
Im 18. Stockwerk des 23-stöckigen, vorwiegend aus der Statistik ist für den GZT daher eine äußerst gerin-
Betonfertigteilelementen errichteten Wohnhauses Ronan
Point im Londoner Vorort Newham entzündet sich, aus- ge Eintretenswahrscheinlichkeit zu fordern. In dem in
gelöst durch einen Funken, ausgeströmtes Gas. Durch die Abschn. 1.2 beschriebenen Versuch ist der Grenzzu-
Explosion werden einige nichttragende Innenwände, aber stand der Tragfähigkeit mit dem Versagen eines Quer-
2.1 Anforderungen an Bauten und deren Erfüllung 23

schnittes durch den Zugbruch der Bewehrung oder


dem Druckversagen des Betons erreicht
Nach Überschreiten der Grenzzustände der
Gebrauchstauglichkeit (GZG; engl. Serviceability
Limit States, SLS) ist die uneingeschränkte, bestim-
mungsgemäße Funktion des Tragwerks bzw. eines
seiner Teile nicht mehr gegeben. Dazu zählt auch,
wenn das Wohlbefinden der Nutzer oder das äußere
Erscheinungsbild des Bauwerks beeinträchtigt wird.
Im Unterschied zum GZT können die Grenzzustände
der Gebrauchstauglichkeit während der Nutzungs-
dauer eines Bauwerks zum Teil mehrmals auftreten.
Die zu akzeptierende Eintretenswahrscheinlichkeit Abbildung 2.2 Kongresshalle Berlin – Einsturz des südlichen
hängt allerdings in starkem Maß davon ab, ob dem Randbogens mit dem Außendach (21. Mai 1980)
Grenzzustand irreversible Auswirkungen – z. B.
plastische Verformungen – oder Konsequenzen für
die langfristige Tragfähigkeit des Bauteils zugeordnet rosionsbedingte Brüche ihrer den Randbogen tragenden
sind. So kann die Gebrauchstauglichkeit einer Stahl- Spannglieder“ verursacht (Schlaich u. a. 1980).
betondecke durch übermäßige Durchbiegungen, die Das symbolträchtige Dach der Kongresshalle (A: Hugh
zu optisch störenden Rissen in Trennwänden führen, Stubbins) – Beitrag der USA zur internationalen Bauaus-
eingeschränkt sein; mit der Verformung sind hier stellung INTERBAU 1957 und Geschenk an die Stadt
allerdings keine Auswirkungen auf die langfristige Berlin – wurde als sattelförmig gekrümmtes, zwischen
den Druckbögen hängendes Betondach konzipiert. Aus
Tragfähigkeit bzw. auf die Dauerhaftigkeit verbunden.
statischen Gründen erhielt es aber einen zusätzlichen
Diese Aussage ist aber für die Grenzzustände der Ringbalken auf der Auditoriumswand. Das Außendach
Gebrauchstauglichkeit nicht generalisierbar. Weist ein zwischen Ringbalken und Druckbogen bestand aus dün-
Wasserbehälter z. B. breite Risse auf, durch die Was- nen, vorgespannten und mit äußerst wenig Betonstahlbe-
ser austreten kann, ist zweifellos die Gebrauchstaug- wehrung versehenen Zugbändern und hatte die Aufgabe,
die Bögen gegen den Ringbalken rückzuverankern.
lichkeit eingeschränkt. Gleichzeitig ist aber der Kor-
rosionsschutz der Bewehrung, damit die Dauerhaftig- Durch unvermeidliche Bewegungen des Bogens, die u. a.
aus den im Tagesgang wechselnden Temperaturen her-
keit des Tragwerks beeinträchtigt; langfristig ist eine vorgerufen wurden, entstanden im Übergangsbereich der
Einschränkung der Tragfähigkeit durch Bewehrungs- Zugbänder zu Bogen und Ringbalken breite Risse, die
korrosion zu erwarten. Nachweise in den GZG weisen den Korrosionsschutz der Spannglieder stark einschränk-
daher Berührungspunkte zur Dauerhaftigkeit auf und ten (Abb. 2.3c). Die eingesetzten vergüteten Spanndräh-
sind in einigen Fällen als „versteckte“, d. h. implizite te waren zudem hochempfindlich gegenüber Spannungs-
risskorrosion (vgl. Abschn. 3.5); in den kritischen Über-
Dauerhaftigkeitsnachweise zu werten. gangsbereichen waren viele Spannglieder angerostet, ei-
Die Dauerhaftigkeit ist zwar im engeren Sinne nige wiesen Drahtbrüche auf. Vor dem Einsturz waren
nicht mit einem Grenzzustand verknüpft, die Sicher- neun unmittelbar nebeneinander liegende Spannglieder
stellung der Dauerhaftigkeit ist aber eine fundamen- bereits gebrochen (Hundt u. Porzig 1982). Letztlich aus-
tale Anforderung an bauliche Anlagen. Die während gelöst durch die Erwärmung des Bogens am 21. Mai ris-
sen in schneller Folge weitere Spannglieder, bis schließ-
der Nutzungsdauer auf das Bauwerk einwirkenden, lich der südliche Bogen zusammen mit dem Außendach
chemischen und physikalischen Umwelteinflüsse, aber abstürzte. Ganz offensichtlich war die Dauerhaftigkeit
auch mechanischer Verschleiß, etc. dürfen bei an- des Tragwerks im Sinne einer langfristigen Sicherung der
gemessenem Instandhaltungsaufwand keine nachteili- Tragfähigkeit nicht gewahrt.
gen Auswirkungen auf Tragfähigkeit oder Gebrauchs- Aktuelle Normen tragen der Sicherstellung der Dauer-
tauglichkeit zeigen. haftigkeit in weit größerem Umfang Rechnung. Einige
Aspekte sollen herausgegriffen werden:

Beispiel 2.2 • Die damals ausgeführte Betondeckung der Spannglie-


Am 21. Mai 1980, nur 23 Jahre nach der Fertigstellung, der von planmäßig 2,25 cm ist nach heutigen Maßstä-
stürzte der südliche Randbogen mit dem Außendach der ben für den Korrosionsschutz bei weitem nicht mehr
Berliner Kongresshalle, dem heutigen Haus der Kulturen ausreichend.
der Welt, ein. Dabei fand ein Journalist den Tod. Nach • In die Zugbänder des Außendaches müsste eine
dem abschließenden Gutachten wurde der Schaden durch Betonstahl-Mindestbewehrung eingebaut werden,
„konstruktive Mängel bei der Planung und Bauausfüh- die ein Versagen des Bauteils bei Ausfall von
rung der Außendächer und als Folge davon durch kor- Spanngliedern verhindert oder zumindest ein bevor-
24 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

stehendes Versagen so frühzeitig ankündigt, dass eine


Evakuierung möglich wird.
• Durch eine veränderte chemische Zusammensetzung,
geänderte Herstellungsverfahren und strenge Aufla-
gen bei Lagerung, Transport und Einbau des Spann-
stahls wird die Gefährdung durch Spannungsrisskor-
rosion ausgeschlossen.

2.1.3 Nachweiskonzepte

Die Konzepte aktueller Normenwerke für Nachweise


in den Grenzzuständen sowie die Gewährleistung der
Außendach Ringbalken Randbogen
Dauerhaftigkeit basieren auf der Dualität von:
• expliziten rechnerischen Nachweisen und
• konstruktiven Regeln.
Soweit möglich und im Aufwand vertretbar, werden
Nachweise durch Berechnung geführt. In erhebli-
chem Umfang, insbesondere zur Sicherstellung der
Auditoriumswand
Dauerhaftigkeit, können Nachweise aber durch die
Einhaltung konstruktiver Vorgaben erbracht werden.
Widerlagerscheibe Konstruktive Regeln stellen darüber hinaus u. a. die
Anwendbarkeit von Rechenmodellen und deren Ver-
a Dachtragwerk
einfachungen sicher. Beide Elemente sind daher nicht
unabhängig voneinander zu sehen; die an Bauwerke
gestellten Anforderungen können nur durch eine ge-
g
gun

Zugband/ Außendach meinsame Anwendung von rechnerischen Nachweisen


we

und Konstruktionsregeln erfüllt werden.


Be

Ringbalken

Bogengewicht
Spannglied 2.1.3.1 Rechnerische Nachweise
Bogendruckkraft
in den Grenzzuständen

b Schnitt durch Bogen und Außendach Durch Berechnung ist nachzuweisen, dass die Anfor-
derungen an Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit
Betonierfuge
im Hinblick auf das geforderte Zuverlässigkeitsniveau
Bogen
eingehalten werden. Lasten, Baustoffeigenschaf-
starke Korrosion der Spannglieder,
vermehrt Sprödbrüche ten, Abmessungen, etc. sind allerdings durch mehr
oder minder große Unsicherheiten behaftet. Der
Spannglied stochastische Charakter der Eingangsgrößen muss
vereinzelt dementsprechend bei den rechnerischen Nachweisen
Korrosion und
Sprödbrüche unverformt berücksichtigt werden. Die Streuungen der Größen
verformt
werden durch wahrscheinlichkeitstheoretische und
Ringbalken
statistische Verfahren erfasst; für eine praxisgerechte
Bemessung werden darauf aufbauend Sicherheits-
Zugband (Außendach) elemente in Form von Teilsicherheitsbeiwerten
angegeben (vgl. Abschn. 2.2). Die Nachweisführung
c Schadensursachen erfolgt in allen Grenzzuständen grundsätzlich mit
Abbildung 2.3a–c Kongresshalle Berlin – Tragwerk und Ursa- Bemessungswerten, die mit dem Index „d“ (engl.
chen des Einsturzes design) gekennzeichnet werden.
2.1 Anforderungen an Bauten und deren Erfüllung 25

Nachweise in den Grenzzuständen 2.1.3.2 Sicherstellung der Dauerhaftigkeit


der Tragfähigkeit (GZT)
Die rechnerischen Nachweise in den Grenzzuständen Die langfristige Sicherung der für den Erhalt von Trag-
der Tragfähigkeit basieren i. Allg. auf einer Gegen- fähigkeit und Gebrauchstauglichkeit erforderlichen Ei-
überstellung des Bemessungswertes der Auswirkun- genschaften ist naturgemäß mit den möglichen Schädi-
gen von Einwirkungen Ed (engl. Effects of actions) – gungsmechanismen verknüpft:
allgemein als Beanspruchungen bezeichnet – mit dem
Bemessungswert des Bauteilwiderstandes Rd (engl. • Korrosion der Bewehrung, damit Reduktion der
Resistance) nach Gl. (2.1). Querschnittsfläche, der Duktilität und des Ermü-
dungswiderstandes;
Ed  Rd (2.1) • Zerstörung des Betongefüges durch physikalischen,
Hierbei stellen Ed und Rd allgemeine Vergleichsgrö- mechanischen oder chemischen Angriff, damit Re-
ßen dar. Wegen des nichtlinearen Verhaltens von Be- duktion des Querschnittes und der Tragfähigkeit so-
tonbauteilen kann der Nachweis nicht – wie z. B. wie Beeinträchtigung des Korrosionsschutzes der
im Holzbau üblich – anhand von Spannungen aus- Bewehrung.
gezeichneter Querschnittspunkte geführt werden, son-
Die genannten Mechanismen können bisher nur be-
dern muss i. Allg. auf Schnittgrößenniveau – z. B.
dingt in mathematische Zusammenhänge gefasst und
MEd  MRd – oder Lastniveau – z. B. qEd  qRd –
damit einem rechnerischen Nachweis zugänglich ge-
erfolgen. Nachweise gegen ein Ermüdungsversagen
macht werden. In den aktuellen Normenwerken – DIN
sind naturgemäß auch dem Grenzzustand der Tragfä-
1045-1 bzw. EN 1992-1-1 – sind daher mit Aus-
higkeit zugeordnet. Wegen des im Vergleich zu einer
nahme der „versteckten“ Nachweise im Rahmen des
Überbeanspruchung veränderten Versagensmechanis-
GZG noch keine expliziten Formate für rechnerische
mus wird ein modifiziertes Nachweisformat gewählt:
Nachweise enthalten. Die Dauerhaftigkeit wird über
Der Bemessungswert einer normierten Schädigungs-
die impliziten Nachweise hinaus durch die Einhaltung
summe DEd wird der Grenzschädigung 1 gegenüber-
konstruktiver Regeln sowie Anforderungen an Zu-
gestellt.
sammensetzung, Nachbehandlung und Schutz des Be-
DEd  1 (2.2) tons gewährleistet. In Konstruktionsregeln werden die
für den jeweiligen Zweck zutreffenden Haupteinfluss-
Nachweise in den Grenzzuständen parameter aufgegriffen und in mehr oder minder empi-
der Gebrauchstauglichkeit (GZG) rische Zusammenhänge gesetzt.
Rechnerische Nachweise der Gebrauchstauglichkeit Rechnerische Nachweise zur Dauerhaftigkeit sind
umfassen die Begrenzung von Spannungen, Rissbrei- heute Forschungsgegenstand. Sie werden bei herausra-
ten und Verformungen. Formal der Nachweisgleichung genden Bauwerken im Einzelfall eingesetzt und in spä-
des GZT ähnlich, ist mit Gl. (2.3) nachzuweisen, dass tere Normengenerationen Einzug halten (Schießl u. a.
der Bemessungswert der Beanspruchung Ed den Be- 2004; FIB 2006).
messungswert des Gebrauchstauglichkeitskriteriums
Cd nicht überschreitet. Beispiel 2.3
Exemplarisch werden die Konstruktionsregeln zur Ver-
Ed  C d (2.3) meidung von Betonstahlkorrosion in Verbindung mit der
Die Größen Ed bzw. Cd können hier jeweils Re- Karbonatisierung des Betons herausgegriffen. Der Korro-
sionsschutz wird wesentlich durch die Dicke und Diffusi-
chenwert bzw. Grenzwert einer Spannung, einer onsdichtigkeit der Betondeckung sichergestellt. Dem ent-
Verformungsgröße oder einer Rissbreite sein. Die sprechend betreffen konstruktive Regeln primär die Be-
in den Bemessungsnormen enthaltenen Nachweise tondeckung und die Betondruckfestigkeit, die über den
im GZG stellen grundlegende Anforderungen an die w=z-Wert (Gewichtsverhältnis von Wasser zu Zement
Gebrauchstauglichkeit üblicher Wohn-, Gewerbe- bei der Betonrezeptur) mit der Permeabilität des Betons
verknüpft ist. DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthalten
und Industriebauten sicher. Darüber hinaus können Mindestwerte cmin und Vorhaltemaße c der erforder-
weitere Anforderungen aus der vorgesehenen Nut- lichen Betondeckung, die eine durch Karbonatisierung
zung des Bauwerks – z. B. bei Grundwasserwannen ausgelöste Bewehrungskorrosion während der Nutzungs-
und Wasserbehältern die Forderung nach Wasserun- dauer, die als Zielwert mit 50 Jahren vorgegeben ist,
durchlässigkeit – entstehen, denen durch gesonderte, verhindern sollen. Das Gefährdungspotential der Umge-
bung – bei karbonatisierungsinduzierter Korrosion pri-
gegenüber DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 ggf. ver- mär das Feuchteangebot – wird durch die Einordnung des
schärfte Anforderungen Rechnung getragen werden Bauteils in Expositionsklassen nach EN 206-1 quantifi-
kann. ziert. Unter anderem existieren die Expositionsklassen:
26 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

cnom 2.1.3.4 Verbindlichkeit von Regeln


cnom Längsbewehrung
Bügelbewehrung Die Unterscheidung zwischen echten Gebrauchs-
tauglichkeitsnachweisen und (versteckten) Dau-
cnom
Δc = 15 mm erhaftigkeitsnachweisen ist entscheidend für die
cnom Δc = 10 mm cmin = 20 mm Verbindlichkeit der Regeln, da erstere nur im Hinblick
cmin = 10 mm
a XC1
auf die Nutzung durch den Bauherrn formuliert
b XC3
(z.B. Innenbauteile) (z.B. Außenbauteile) werden können (normative Empfehlungen stellen
nur Richtwerte dar), letztere im Interesse der Ge-
Abbildung 2.4a,b Beispiel 2.3 – Betondeckung der Bewehrung
für zwei unterschiedliche Expositionsklassen (Mindestwerte und
währleistung langfristiger Tragfähigkeit dagegen
Vorhaltemaße nach DIN 1045-1) zwingend einzuhalten sind. In den Normentexten
von DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wird hinsichtlich
des Verbindlichkeitsgrades zwischen Prinzipien und
XC1 trockene Umgebung wie in Innenräumen oder Anwendungsregeln unterschieden:
ständig nasse Umgebung wie bei Bauteilen unter
Wasser; • Prinzipien enthalten allgemeine Festlegungen, De-
finitionen und Angaben, die eingehalten werden
XC3 mäßig feuchte Umgebung wie bei Bauteilen, zu müssen. In DIN 1045-1 sind Prinzipien in gerader
denen die Außenluft häufig oder ständig zutritt Schrift gedruckt, während sie in EN 1992-1-1 durch
hat. ein vorangestelltes „P“ gekennzeichnet sind.
• Anwendungsregeln sind allgemein anerkannte Re-
Den Expositionsklassen werden Mindestwerte cmin und
Vorhaltemaße c zugeordnet. Nach DIN 1045-1, 6.2
geln, die den Prinzipien folgen und deren Anfor-
bzw. EN 1992-1-1, 4.4.1.2 (empfohlene Werte in Klam- derungen erfüllen. Abweichungen von den Anwen-
mern) gelten folgende Größen (Abb. 2.4): dungsregeln sind zulässig, wenn sie mit den Prinzi-
pien übereinstimmen und im Hinblick auf die nach
XC1 cmin D 10 mm (10 mm) , c D 10 mm (10 mm) der jeweiligen Norm zu erzielende Tragfähigkeit,
Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit gleich-
XC3 cmin D 20 mm (25 mm) , c D 15 mm (10 mm) wertig sind. In DIN 1045-1 sind Anwendungsregeln
in kursiver Schrift gedruckt.
Ausführliche Erläuterungen zu möglichen Schädigungs-
mechanismen und zu Maßnahmen und Konstruktionsre-
geln, die dauerhafte Bauwerke gewährleisten, folgen in
Kap. 14.
2.2 Sicherheitskonzept

2.2.1 Grundlagen
2.1.3.3 Konstruktionsregeln

Bereits anhand des Beispiels 2.3 wurde deutlich, dass Die Sicherheit bzw. die Zuverlässigkeit eines Bau-
konstruktive Regeln neben rechnerischen Nachweisen werks wird zum einen durch Streuungen der Beanspru-
eine wesentliche Rolle in der Bemessung von Beton- chungen und der Beanspruchbarkeiten sowie zum an-
bauteilen spielen. Über die Dauerhaftigkeit hinaus be- deren durch Fehler bei Planung, Ausführung und Nut-
treffen sie u. a. folgende Aspekte: zung – also durch menschliches Fehlverhalten – ge-
fährdet. Menschliches Fehlverhalten ist nicht durch ein
• Durch konstruktive Regeln wird die Anwendbarkeit Sicherheitskonzept zu erfassen, sondern muss durch
von Rechenmodellen gewährleistet. Gleichzeitig zielgerichtete Maßnahmen wie z. B. die Prüfung ei-
wird sichergestellt, dass Verformungen, die er- ner statischen Berechnung, Qualitätssicherung bei der
forderlich sind, damit sich ein der Bemessung Herstellung des Bauwerks sowie Wartung und Instand-
zugrunde gelegter Kräftezustand im Tragwerk haltung während der Nutzung weitestgehend ausge-
einstellt, ohne übermäßige Rissbildung auftreten schlossen werden. Lediglich der stochastische Cha-
können. rakter der Eingangsgrößen kann durch probabilistische
• Konstruktionsregeln wie z. B. die Vorgabe von Verfahren – die eine Quantfizierung der stochastischen
Mindest- und Höchstbewehrungsmengen sollen Unsicherheiten voraussetzen – erfasst werden.
u. a. eine Ankündigung des Versagens im GZT Anstelle des weitgehend subjektiven Sicherheitsbe-
sicherstellen. griffes werden objektive Bewertungsmaßstäbe erfor-
2.2 Sicherheitskonzept 27

Stichprobe Grundgesamtheit

relative Häufigkeit fX(x)

xi
FX ( xi ) = ò f X ( x )dx sX sX
--¥
¥

x x
xi xi mx
a Histogramm b Verteilungsdichte

Summenhäufigkeit FX (x)

1 1

p( x < xi )
x x
xi xi
c Summenhäufigkeit d Verteilungsfunktion

Abbildung 2.5a–d Diskrete empirische Verteilungen einer Stichprobe und mathematische Verteilungen der zugehörigen Grundge-
samtheit

derlich, die eine allgemeine Festlegung der Größen samtheit, hier also der Gesamtheit aller möglichen Er-
von Einwirkungen und Bauteilwiderstand, die einer gebnisse bei Druckfestigkeitsprüfungen an quasi un-
Bemessung zugrunde zu legenden sind, erlauben. Im endlich vielen Prüfkörpern, und sind zudem von den
Bauwesen wird dies – bauartübergreifend – durch den Zufälligkeiten der Stichprobenentnahme abhängig. Bei
Ansatz charakteristischer Werte der Einwirkungen und zunehmendem Umfang der Stichprobe gehen Histo-
der Widerstände bzw. Baustoffeigenschaften und die gramm und Linie der Summenhäufigkeit in stetige Ver-
Vorgabe von Teilsicherheitsbeiwerten, die die Erfor- läufe über. Für die Beschreibung der Grundgesamt-
dernisse der Zuverlässigkeit in eine zahlenmäßige Be- heit werden anstelle des durch Klassen definierten Hi-
wertung umsetzen, erreicht. Die Basis des Sicherheits- stogramms mathematische Funktionen verwendet. Das
konzepts bildet daher die stochastische Beschreibung Histogramm findet seine Entsprechung in der Vertei-
von Eingangsgrößen über Verteilungsfunktionen. lungsdichte fX .x/, die Summenhäufigkeit entspricht
der Verteilungsfunktion FX .x/. Es gilt:4
Zxi
2.2.1.1 Stochastische Verteilungen
FX .xi / D fX .x/ dx ;
Werden die Ergebnisse einer Stichprobe – z. B. die an 1

Betonproben ermittelten Druckfestigkeiten – in Klas- 0  FX .xi /  1 : (2.4)


sen gleicher Eigenschaften – d. h. gleicher Festigkei- Dabei bezeichnet FX .xi / die Wahrscheinlichkeit p
ten – eingeteilt, ist die relative Häufigkeit des Auf- (engl. probability) des Ereignisses, dass ein Wert,
tretens eines bestimmten Wertes anschaulich in einem
4
Histogramm darstellbar. Die Aufsummierung bzw. In- Notation:
tegration der relativen Häufigkeiten des Histogramms Mit großen Buchstaben (z. B. X) werden Merkmale oder Eigen-
schaften (z. B. Druckfestigkeit) bezeichnet; kleine Buchstaben
ergibt eine Summenlinie der Häufigkeiten (Abb. 2.5). (z. B. x) kennzeichnen eine Realisierung der Eigenschaft. Grie-
Histogramm und Summenlinie der Stichprobe sind nur chische Buchstaben (z. B. X für den Mittelwert) werden zur
ein mehr oder weniger genaues Abbild der Grundge- Kennzeichnung von Größen der Grundgesamtheit verwendet.
28 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

d. h. eine Realisierung x kleiner oder gleich xi ist fx(x) s s


(Abb. 2.5):
Zxi
FX .xi / D p.x  xi / D fX .x/ dx : (2.5)
x
1 m
a Normalverteilung
Verteilungen werden u. a. durch den Mittelwert oder
Erwartungswert X nach Gl. (2.6), die Varianz oder fx(x)
Streuung X2 nach Gl. (2.7), die aus der Varianz abge-
leitete Standardabweichung X nach Gl. (2.8) und den
Variationskoeffizienten VX nach Gl. (2.9) beschrieben.
Z
C1
m
x

X D x  fX .x/ dx ; (2.6) b log-Normalverteilung


1
fx(x)
Z
C1

X2 D .x  X /2  fX .x/ dx ; (2.7)


1
q
X D X2 ; (2.8) x
m
X
VX D (2.9) c Gumbel-Verteilung (Extremwert Typ I - max)
X
Abbildung 2.6a–c Im Bauwesen gebräuchliche Verteilungs-
Zur Beschreibung der stochastischen Natur von dichten
Größen existiert eine Vielzahl mathematischer
Verteilungsfunktionen. In den Natur- und Ingenieur-
wissenschaften kommt der Normalverteilung und Bei symmetrischen Verteilungen, z. B. der Normal-
der log-Normalverteilung wesentliche Bedeutung zu. verteilung, fallen Mittelwert und Median zusammen.
Daneben werden zur Darstellung spezieller Ereignisse Die im Bauwesen verwendeten Quantile von Vertei-
weitere Verteilungen, z. B. Extremwertverteilungen lungen werden als charakteristische Werte bezeichnet.
verwendet (Abb. 2.6). Eine umfassende Darstellung Im Sinne einer zuverlässigkeitsorientierten Bemessung
stochastischer Grundlagen enthalten u. a. Weber werden i. Allg. für Einwirkungen obere charakteristi-
(1992); Bronstein u. a. (1993). sche Werte und für Widerstände – z. B. Baustofffes-
tigkeiten – untere charakteristische Werte, i. Allg. 5%-
Quantile, verwendet.
2.2.1.2 Charakteristische Werte

Für die Anwendung im Bauwesen ist vorrangig von In- 2.2.1.3 Normalverteilung
teresse, welcher Wert xi D xp für eine vorgegebene
Wahrscheinlichkeit p unterschritten oder erreicht wird; Viele in den Ingenieurwissenschaften betrachtete Grö-
xp wird als p-Quantil bezeichnet. Für die Betondruck- ßen, aber z. B. auch Körpermaße, folgen einer der
festigkeit wäre etwa das 5%-Quantil xpD0;05 , also der elementarsten stetigen und symmetrischen Verteilung,
Wert der Druckfestigkeit, den im hypothetischen Fall der Normalverteilung. Wesentliche Bedeutung kommt
unendlich vieler Prüfungen (Grundgesamtheit) nur 5% der Normalverteilung u. a. wegen des zentralen Grenz-
der Ergebnisse unterschreiten oder gerade erreichen, wertsatzes zu, wonach sich die Verteilung der Summe
relevant. n beliebiger Zufallsvariablen unabhängig vom Vertei-
lungstyp der Variablen mit wachsendem n der Normal-
FX .xp / D p ! pX .x  xp / D p (2.10) verteilung annähert (vgl. Bronstein u. a. 1993). Die
symmetrische Dichtefunktion, die Gauß’sche Glocken-
Das p-Quantil entspricht der Fläche unter der Vertei- kurve nach Abb. 2.6a folgt Gl. (2.11).
lungsdichte fX .x/ links des Wertes xp . Entsprechend
ist das 50%-Quantil xpD0;5 mit dem Median oder Zen- 1 1 2
fX .x/ D p  e 2 Œ.xX /=X  ;
tralwert identisch und teilt die Verteilungsdichte in X 2
zwei Hälften mit einem Flächeninhalt von jeweils 0,5. für  1  x  1 (2.11)
2.2 Sicherheitskonzept 29

Die Normierung auf X D 0 und X D 1 erfolgt Im Bereich des Bauwesens sind vor allem ständige
durch die Transformation Lasten oder Abmessungen annähernd normalverteilt.
x  X Festigkeitskenngrößen folgen dem gegenüber nur bei
uD (2.12)
X geringen Streuungen einer Normalverteilung; eher
zutreffend ist hier die Annahme log-normalverteilter
und führt zur Standardnormalverteilung, für deren
Größen. Dessen ungeachtet wird z. B. für Beton
Dichtefunktion fU .u/ D 'U .u/ und Verteilungsfunkti-
eine Normalverteilung der Druckfestigkeit vorausge-
on FU .u/ D ˚U .u/ mit 1  u  C1 geschrieben
setzt (vgl. DIN 1045-2 bzw. Zäschke 2003).
werden kann:
Wird nun eine Eigenschaft (z. B. Festigkeit) anhand
1 einer Stichprobe mit n Versuchen geprüft, müssen die
fU .u/ D 'U .u/ D p e 2 u ;
1 2
(2.13)
2 zufälligen Abweichungen, die der Stichprobe gegen-
Z
C1 über der experimentell naturgemäß nicht überprüfba-
FU .u/ D ˚U .u/ D 'U .u/du : (2.14) ren Grundgesamtheit eigen sind, durch zusätzliche,
von n sowie der geforderten Aussagewahrscheinlich-
1
keit (Konfidenzniveau) abhängige Sicherheitselemen-
Für ˚U .u/ existiert keine geschlossene Lösung; Wer- te berücksichtigt werden (Rackwitz 1981); (Struck
te der Standardnormalverteilung sind u. a. in Bronstein 1981). Entsprechende Quantilfaktoren Kp , die in Ab-
u. a. (1993) tabelliert. Aufgrund der Symmetrie gilt: hängigkeit des Prüfumfangs eine Bestimmung von
Quantilwerten erlauben, sind für näherungsweise nor-
˚U .u/ D 1  ˚U .u/ : (2.15)
malverteilte Zufallsgrößen u. a. in DIBt (1986) und Fi-
Die Quantilwerte normalverteilter Größen werden über scher (1995) angegeben; für große n nähern sich die
Gl. (2.16) berechnet. Quantilfaktoren denen der Grundgesamtheit an. Aller-
dings lässt DIBt (1986) die Annahme normalverteilter
xp D X C Kp  X (2.16) Größen für die Ermittlung der bei Festigkeitskenngrö-
Die Quantilfaktoren Kp verknüpfen den Quantilwert ßen relevanten unteren Quantilwerte nur zu, wenn die
mit den i. Allg. bekannten Größen X und X und sind Prüfergebnisse lediglich gering streuen (Variationsko-
für Normalverteilungen u. a. in DIBt (1986) tabelliert. effizient VX  0;1) und berücksichtigt damit, dass Fes-
Wegen der symmetrischen Dichtefunktion gilt tigkeitskennwerte nicht negativ sein können.

Kp .xp / D Kp .x1p / : (2.17)


Für die im Zusammenhang mit der Bemessung wich- 2.2.1.4 Weitere Verteilungen
tigen 5%- bzw. 95%-Quantile einer normalverteilten
Grundgesamtheit ist Kp D 1;645 bzw. C1;645 Ebenfalls eine Reihe naturwissenschaftlicher Phäno-
(Abb. 2.7). mene folgen den stetigen, asymmetrischen (rechts-
schiefen) log-Normalverteilungen, d. h. einer Normal-
verteilung der logarithmierten Zufallsgrößen, so z. B.
nach Kolmogorow die Partikelgröße bei fortlaufenden
fx(x)
Kp=0,01 = -2,326 Zerteilungsprozessen, ebenso viele Werkstoffparame-
Kp=0,02 = -2,054
ter (Abb. 2.6b). Der Definitionsbereich beginnt – im
Kp=0,05 = -1,645
Kp=0,10 = -1,232
Unterschied zur Normalverteilung – erst bei x D 0; die
log-Normalverteilung eignet sich daher insbesonde-
re zur Beschreibung von grundsätzlich positiven Fes-
tigkeiten. Streckgrenze und Zugfestigkeit von Beton-
sX sX stahl sind eher log-normalverteilt. Die Dichtefunktion
x p =0 ,05
fX .x/ gehorcht Gl. (2.18) (vgl. Gl. 2.11).
Fx ( x p ) =
ò f x (x ) dx = 0,05 Kp=0,95 = 1,645
1 1 1 2
0
fX .x/ D p   e 2 Œ.ln.x/X /=X  ;
mx X 2 x
x für x > 0 (2.18)
xp = 0,01
xp = 0,02
xp = 0,05

xp = 0,50
xp = 0,10

xp = 0,95

Die Transformation Y D ln.X / führt zu einer normal-


verteilten Größe Y , deren Quantile durch die Bezie-
Abbildung 2.7 Charakteristische Werte einer Normalvertei- hungen der Normalverteilung (Gl. 2.16) mit den dafür
lung, Quantile angegebenen Faktoren Kp gegeben sind. Für die Quan-
30 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise
x
stoffeigenschaften dienen. Die hier wiedergegebenen
x x
Elemente der Zuverlässigkeitstheorie sollen lediglich
zum Verständnis des Sicherheitskonzepts beitragen.
EX(x) AX(x) Umfassendere Darstellungen sind u. a. in Schneider
(1994); Spaethe (1998); Faber (2003) sowie in Rack-
witz (2001) enthalten.
t fX(x) fX(x)
Δt Δt
2.2.2.1 Versagenswahrscheinlichkeit
Abbildung 2.8 Verteilungen von Extremwerten EX .x/ und und Sicherheitsindex
Augenblickswerten AX .x/ bei Zufallsprozessen
Zunächst wird angenommen, dass Beanspruchung E
und Widerstand R jeweils durch stochastisch vonein-
tilwerte der log-normalverteilten Größe folgt: ander unabhängige Normalverteilungen – charakteri-
xp D eŒY CKp Y  (2.19) siert durch (E , E ) bzw. (R , R ) – beschrieben wer-
den können. Da die zu E und R gehörigen Dichte-
mit den Kenngrößen der transformierten, normalver-
funktionen nach Abb. 2.9a nicht begrenzt sind, exis-
teilten Zufallsgröße Y
q  tieren stets Bereiche, in denen r < e gilt, d. h. in denen
 X die Beanspruchungen den Widerstand übersteigen und
Y D ln 1 C VX2  VX D ;
X somit die Tragfähigkeit nicht gegeben ist. Eine Über-
für Vx  0;25 ; (2.20) schneidung der beiden Bereiche ist praktisch nicht zu
0 1
vermeiden, d. h. Sicherheit im eigentlichen Wortsinne
B X C
Y D ln @ q A: (2.21)
1 C VX
2
zentrale Sicherheitszone
fR(r)
Im Unterschied zu den ständig vorhandenen Las- fE(e)
ten (z. B. Eigengewicht) werden für zeitlich veränderli- nominale Sicherheitszone
R
che Lasten (z. B. Verkehr) asymmetrische Extremwert-
verteilungen verwendet, die jeweils aus dem breiten 2.sR

Spektrum auftretender Belastungen nur die Verteilung


der auf ein vorgegebenes Zeitintervall bezogenen re-
lativen Maxima erfassen (Abb. 2.8). Gewöhnlich wird E

für Lasten eine Gumbel-oder Extremwert-I-Verteilung 2.sE

der Maxima angenommen (Abb. 2.6c). Die in Re- r, e


gelwerken angegebenen Lastgrößen stellen also nicht mE mR
Ek R k
charakteristische Werte der Grundgesamtheit dar, son- E>R Versagen
a Definition der Sicherheitszonen
dern entsprechen charakteristischen Werten der relati-
ven Extrema.
fR(r)
fE(e)
(2)
2.2.2 Grundzüge 2.sR
(1)
der Zuverlässigkeitstheorie
2.sE(2)
Der Kern der Bemessung ist in der Lösung der Un-
gleichung E  R zu sehen. Der stochastische Cha- 2.sE(1)
rakter von E und R erfordert die mit Hilfe der Zu- r, e
verlässigkeitstheorie mögliche, objektive Quantifizie- mE mR
Ek(2) Ek(1) Rk
rung der notwendigen Sicherheit. Im Sinne einer sinn-
vollen und praxisorientierten Handhabung mündet der b Auswirkungen veränderter Streuungen auf die
Versagenswahrscheinlichkeit
Ansatz zuverlässigkeitstheoretischer Verfahren in Teil-
sicherheitsbeiwerten, die als Multiplikatoren zur Ska- Abbildung 2.9a,b Verteilungsdichten von Beanspruchung E
lierung der Nennwerte von Einwirkungen und Bau- und Widerstand R
2.2 Sicherheitskonzept 31

fR(r)
kann nicht garantiert werden. Durch eine Erhöhung b.aE.sE b.aR.sR
fE(e)
der Tragfähigkeit des Bauteils z. B. durch die Erhö-
hung des Bewehrungsanteils, eine Vergrößerung des
R
Querschnitts, etc. rückt fR .r/ nach rechts, der Bereich

Ed = Rd
mit r < e, d. h. die Versagenswahrscheinlichkeit wird 2.sR
geringer. Eine Aufgabe der Zuverlässigkeitstheorie ist
nun, ein ausreichendes Maß für den Abstand zwischen
E
den beiden Verteilungsdichten festzulegen.
Die zentrale Sicherheitszone ist durch den Abstand 2.sE
der Mittelwerte R und E festgelegt, die wesent-
r, e
lich kleinere nominale bzw. dezentrale Sicherheitszone mE mR
Ek Rk
durch den Abstand der für die Bemessung verwende-
ten charakteristischen Werte Ek und Rk . Offensicht- fG (g)
b.sG
lich wird die Versagenswahrscheinlichkeit in wesentli-
G
chem Maß durch die auftretenden Streuungen von E 0
= p(g < 0) =
pf = = ò fG (g ) dg 2.sG
und R gesteuert (Abb. 2.9b): Sind die Beanspruchun- -
-¥¥

gen E bei unverändertem Widerstand R mit deutlich g


kleineren Unsicherheiten behaftet, d. h. E.2/ < E.1/ , 0 mG

sinkt auch die Versagenswahrscheinlichkeit. Abbildung 2.10 Zustandsfunktion G D R E ; Definition von


Wird die Zustandsfunktion G D R  E eingeführt, Versagenswahrscheinlichkeit pf und Sicherheitsindex ˇ
beschreibt der Bereich G < 0 den Versagensbereich
(Abb. 2.10). Die Beziehung
G DRE D0 (2.22) verteilung verknüpfte, gleichwertige Beschreibungen
des vorhandenen Zuverlässigkeitsniveaus. Unter
wird als Grenzzustandsgleichung bezeichnet. Da E
Zuverlässigkeit im mathematischen Sinn versteht man
und R unabhängig normalverteilt sind, ist auch die
das Komplement zur Versagenswahrscheinlichkeit,
Summe bzw. hier die Differenz G normalverteilt. Es
die Überlebenswahrscheinlichkeit pr D 1  pf . Mit
gilt
wachsendem ˇ fällt die Versagenswahrscheinlichkeit,
G D R  E ; (2.23) das Zuverlässigkeitsniveau steigt an (Tabelle 2.1).
q
Die operative Versagenswahrscheinlichkeit pf dient
G D R2 C E2 : (2.24)
also der Definition eines einzuhaltenden Zuverlässig-
Die zentrale Sicherheitszone entspricht nun dem Ab- keitsniveaus und sollte generell nicht mit der relativen
stand des Mittelwertes G zu g D 0 und kann Häufigkeit eines Versagensereignisses verwechselt
durch ein Vielfaches der Standardabweichung G aus- werden. Grundsätzlich betreffen die vorgestellten
gedrückt werden (Abb. 2.10). Der Multiplikator ˇ wird Zusammenhänge zeitinvariante Zuverlässigkeits-
als Sicherheitsindex bezeichnet und entspricht dem in- probleme. Veränderungen etwa der Festigkeiten
versen Variationskoeffizienten der Zustandsfunktion. mit der Zeit, z. B. Alterungsphänomene, sind nicht
G R  E enthalten. Gleichzeitig werden aber in Einwir-
ˇD Dq (2.25)
G 2 C 2
kungsmodellen zeitabhängige Effekte veränderlicher
R E
Lasten, z. B. Wiederkehrperioden (Verkehrslasten,
Die operative Versagenswahrscheinlichkeit pf (f – Schnee, Wind, Temperatur) erfasst. Die Versagens-
engl. failure) entspricht der Fläche unter der Dichte- wahrscheinlichkeiten gelten daher nur für einen
funktion für G  0: Bezugszeitraum.
Z0
pf D p.G<0/ D FG .g D 0/ D fG .g/ dg
1 Tabelle 2.1 Operative Versagenswahrscheinlichkeit pf und zu-
  gehörige Sicherheitsindizes ˇ für 1 Jahr bzw. 50 Jahre
G
D˚  D ˚ .ˇ/ : (2.26) pf 101 102 103 104 105 106 107
G
ˇ (1 a) 1,28 2,32 3,09 3,72 4,27 4,75 5,20
Die Versagenswahrscheinlichkeit pf und der Si- ˇ (50 a) – 0,21 1,67 2,55 3,21 3,83 4,41
cherheitsindex ˇ sind damit über die Standardnormal-
32 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

2.2.2.2 Allgemeines zu Teilsicherheitsbeiwerten den Teilsicherheitsbeiwerten R bzw. E , mit denen das


über ˇ definierte Zuverlässigkeitsniveau erreicht wird:
Der Bemessung liegen Quantilwerte der Beanspru- Ed E C ˇ˛E E
chungen und der Widerstände zugrunde; mit den zu- E D D
Ek E C Kp;E E
gehörigen Quantilfaktoren Kp;E und Kp;R (< 0Š) gilt:
1 C ˇ˛E VE
Ek D E C Kp;E  E ; (2.27) D ; (2.35)
1 C Kp;E VE
Rk D R C Kp;R  R : (2.28)
Rk R C Kp;R R
Der Abstand zwischen G und g D 0 wird durch R D D
Rd R  ˇ˛R R
die Streuungen von E und R bestimmt. Die Verknüp- 1 C Kp;R VR
fung von G mit den Standardabweichungen E und R D : (2.36)
1  ˇ˛R VR
nach Gl. (2.24) ist allerdings nichtlinear. Eine Lineari-
sierung wird durch die Einführung von Wichtungsfak- Die Bemessungswerte werden dem entsprechend aus
toren ˛E und ˛R , die damit den Anteil der jeweiligen Multiplikation bzw. Division charakteristischer Wer-
Variable an der Versagenswahrscheinlichkeit beschrei- te mit zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerten ermittelt.
ben, erreicht. Grundsätzlich gilt R  1 und E  1.
q
G D R2 C E2 D ˛R R C ˛E E (2.29) Ed D Ek   E ; (2.37)
Rk
Die Wichtungsfaktoren sind dabei über die Gln. (2.30) Rd D (2.38)
R
und (2.31) mit den Standardabweichungen von E und
R verknüpft. Der transparente Aufbau der Beziehungen für Si-
E cherheitsbeiwerte nach den Gln. (2.35) und (2.36) zeigt
˛E D q ; (2.30) die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Größe von
R C E2
2
R und E :
R
˛R D q (2.31) ˇ angestrebtes bzw. vorgegebenes Zuver-
R2 C E2 lässigkeitsniveau;
Kp;R , Kp;E vorgegebene Quantile der Verteilungen
Aus der gewählten Definition folgt
der widerstehenden und beanspruchen-
˛E2 C ˛R2 D 1 : (2.32) den Größen (Zuverlässigkeitsniveau);
In der Bemessung wird eine über die operative Ver- VR , VE Streuungen der widerstehenden bzw. be-
sagenswahrscheinlichkeit bzw. den Sicherheitsindex ˇ anspruchenden Größen;
festgelegte zentrale Sicherheitszone R E gefordert. ˛R , ˛E Einfluss der Variablen R und E auf die
Mit Hilfe der Wichtungsfaktoren folgt aus Gl. (2.25): Versagenswahrscheinlichkeit, d. h. Ge-
q wichtung der Streuungen.
R  E D ˇ  R2 C E2
Die Teilsicherheitsbeiwerte sind durch die Wich-
D ˇ˛R R C ˇ˛E E : (2.33) tungsfaktoren ˛E und ˛R nach den Gln. (2.30) und
Durch Umordnen der jeweiligen Anteile auf die Sei- (2.31) mit den Streuungen beider Vergleichsgrößen
te der Beanspruchungen bzw. des Widerstandes wird E und R verknüpft. Damit sind E und R grund-
daraus die allgemeine Nachweisgleichung des Grenz- sätzlich gekoppelt und treffen daher nur für definierte
zustandes: Kombinationen von E und R zu. Eine für den prak-
tischen Gebrauch im Rahmen einer Bemessung erfor-
  ˇ˛ R D E C ˇ˛E e (2.34)
„ R ƒ‚ R … „ ƒ‚ … derliche Entkopplung der Teilsicherheitsbeiwerte wird
Rd Ed nur durch vorgegebene konstante Wichtungsfaktoren
Gleichung (2.34) besagt, dass der Bemessungswert Ed ermöglicht (vgl. König u. a. 1982).
der Beanspruchungen im Grenzzustand gerade den Beispiel 2.4
Bemessungswert Rd des Bauteilwiderstandes erreicht. Für den in Abb. 2.11 dargestellten, zugbeanspruchten
Die Bemessungswerte sind im allgemeinen Fall die Stab sollen die operative Versagenswahrscheinlichkeit,
Koordinaten des Bemessungspunktes; die Wichtungs- und der Bemessungspunkt mit zugehörigen Teilsicher-
faktoren beschreiben damit dessen Lage (Abb. 2.10). heitsbeiwerten ermittelt werden. Als Vergleichsgrößen
liegen die angreifende Zugkraft (!E , Beanspru-
Die Bemessungswerte sind ähnlich den charakteris- chung) und die Zugtragfähigkeit des Stabes (!R,
tischen Werten aufgebaut. Der Quotient aus Bemes- Widerstand) vor. Die beiden streuenden Größen sollen
sungswerten und charakteristischem Werten entspricht durch Normalverteilungen beschrieben werden können.
2.2 Sicherheitskonzept 33

fR(r)
damit die operative Versagenswahrscheinlichkeit nach
fE(e)
Gl. (2.26).
Ed = Rd
G 52
ˇ D D D 4;81 ;

Bemessungspunkt
G 10;8
pf D ˚.ˇ / D 7;78  107

Die Lage des Bemessungspunktes – des Punktes, dem


die höchste Versagenswahrscheinlichkeit zugeordnet ist –
F wird über die Wichtungsfaktoren ˛E und ˛R nach den
mE mR Gln. (2.30) und (2.31) bestimmt.
r, e
0 25 50 75 100 125 E 9;6
Ek Rk
˛E D q D p D 0;887 ;
9;62 C 5;02
R C E
2 2

Abbildung 2.11 Beispiel 2.4 – Zugstab; Verteilungsdichten der R 5;0


Einwirkungen und des Bauteilwiderstandes ˛R D q D p D 0;462 ;
9;62 C 5;02
R C E
2 2

˛E2 C ˛R2 D 0;8872 C 0;4622 D 1


Dabei ist die Zugtragfähigkeit des Stabes z. B. durch
qualitätssichernde Maßnahmen in der Herstellung nur Die Bemessungswerte der Einwirkung Ed und des Wi-
mit geringen Streuungen behaftet: derstands Rd folgen damit unmittelbar aus Gl. (2.34):

Beanspruchung E Widerstand R Ed D E C ˇ ˛E E
(Zugkraft) (Zugtragfähigkeit) D 48 C 4;81  0;887  9;6 D 88;9 kN ;
E D 48 kN R D 100 kN
Rd D R  ˇ ˛R R
E D 9,6 kN R D 5,0 kN
! VE D 0,20 ! VR D 0,05 . D 100  4;81  0;462  5;0 D 88;9 kN
Als charakteristische Werte Ek bzw. Rk werden das 95%- ) Ed D Rd :
Quantil der Beanspruchungen bzw. das 5%-Quantil des
Bauteilwiderstandes – jeweils bezogen auf die Grundge- Die im Vergleich zu den Streuungen des Widerstandes
samtheit verwendet (für Einwirkungen ist allerdings der großen Streuungen der Beanspruchungen führen dazu,
Ansatz des 98%-Quantils üblich). Mit Kp;E D 1;645 und dass der Bemessungspunkt nur wenig unterhalb Rk liegt.
Kp;R D 1;645 folgt: Dies drückt sich insbesondere in den Teilsicherheitsbei-
werten E und R aus. Aus den Gln. (2.36) und (2.35)
Ek D E C Kp;E  E folgt:
D 48 C 1;645  9;6 D 63;8 kN ;
1 C ˇ ˛E VE Ed 88;9
Rk D R C Kp;R  R E D D D D 1;39 ;
1 C Kp;E VE Ek 63;8
D 100  1;645  5;0 D 91;8 kN :
1 C Kp;R VR Rk 91;8
R D D D D 1;03 :
Die Sicherheitsabstände zwischen Mittelwerten (zentra- 1  ˇ ˛R VR Rd 88;9
le Sicherheitszone) bzw. charakteristischen Werten (no-
minelle Sicherheitszone) stehen in Beziehung zu einem Angesichts der im Vergleich geringen Streuungen von R
zentralen Sicherheitsbeiwert 0 bzw. einem Nennsicher- liegt R nahe an 1,0.
heitsbeiwert k . Letzterer entspricht dem globalen Si-
cherheitsbeiwert des Vorgänger-Normenkonzepts (z. B.
DIN 1045:1988-07). 2.2.2.3 Verallgemeinerungen
R 100
0 D D D 2;08 ; Die bisher vorgestellten Grundlagen der Zuverlässig-
E 48
Rk 91;8 keitstheorie geben den tatsächlichen Charakter der Fra-
k D D D 1;44
Ek 63;8 gestellung nur sehr stark abstrahiert wieder. Zunächst
sollen wieder zwei voneinander unabhängige und nor-
Die Kenngrößen der ebenfalls normalverteilten Zustands-
funktion G folgen nach den Gln. (2.23) und (2.24):
malverteilte Dichtefunktionen fE .e/ und fR .r/ be-
trachtet werden. Die gemeinsame zweidimensionale
G D R  E D 100  48 D 52 kN ; Verteilungsdichte fE;R .e; r/ nach Abb. (2.12a) besitzt
q p das Volumen 1. Die hier lineare Grenzzustandsglei-
G D R2 C E2 D 5;02 C 9;62 D 10;8 kN :
chung G D R  E D 0 teilt den Versagensbereich
Aus G und G errechnet sich der Sicherheitsindex ˇ als ab; das Volumen des abgetrennten Bereichs entspricht
Inverse des Varianzkoeffizienten gemäß Gl. (2.25) und der Versagenswahrscheinlichkeit pf und kann durch
34 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

fE,R(e,r)
Integration nach Gl. (2.39) (Faltungsintegral) berech-
r
net werden. Der Bemessungspunkt liegt auf der Ge- Bemessungs-
raden der Grenzzustandsgleichung am Ort des Maxi- punkt =0
R-E
mums der Dichtefunktion.
0 rDe 1
Z
C1 Z
pf D fE .e/ @ fR .r/dr A de (2.39)
e
1 1

Durch Transformation in den Standardraum nach a Zweidimensionale Verteilungsdichte


Gl. (2.40), d. h. durch Umwandlung von fE .e/ und ~
fE~(e)
fR .r/ in Standardnormalverteilungen, liegt die Spitze
der Dichtefunktion im Ursprung; Linien gleicher
Zuverlässigkeit sind als konzentrische Kreise um den
e~

Üb
Ursprung darzustellen.

er be
le re
e  E r  R r~

be ic
aE . b
eQ D ; rQ D

ns h
r~
(2.40)

-
E R

Ve ere
b
rs ich
~
Der Bemessungspunkt liegt nun auf dem Lot zur

fR~(r)
b

ag
en
Grenzzustandsgeraden durch den Ursprung, d. h.

-s
~
e
er weist den minimalen Abstand der Geraden zum aR . b
Maximum der Dichtefunktion auf. Der Abstand
zwischen Bemessungspunkt und Ursprung ist ˇ, die Bemessungspunkt
Achsabschnitte des Bemessungspunktes entsprechen
dem mit den vorher vorgestellten Wichtungsfaktoren
˛E und ˛R skalierten Sicherheitsindex (Abb. 2.12b). nichtlineare
Grenzzustandsbedingung G
Die Wichtungsfaktoren sind damit als Kosinus der
Winkel zwischen den Koordinatenachsen und dem Lot lineare
Grenzzustandsbedingung G
auf die Grenzgerade zu interpretieren.
Im Allgemeinen ist die Versagenswahrscheinlich- b Projektion der in den Standardnormalraum transformierten,
zweidimensionalen Verteilungsdichte
keit mit mehr als zwei Variablen verknüpft. Die bei n
Variablen n-dimensionale Dichtefunktion wird dann Abbildung 2.12a,b Verteilungsdichte und Grenzzustandsfunk-
durch eine .n  1/-dimensionale Hyperfläche in einen tion bei zwei unabhängigen Variablen
Versagens- und einen Überlebensraum geteilt. Der
Bemessungspunkt entspricht weiterhin dem minima-
len Abstand der Grenzzustandsfläche vom Ursprung erfolgen i. Allg. durch den Vergleich rechnerischer
des Koordinatensystems, die Achsabschnitte des Versagenswahrscheinlichkeiten bzw. zugehöriger
Bemessungspunktes sind den n Wichtungsfaktoren ˛ Zuverlässigkeitsindizes mit vorgegebenen Zielwer-
zugeordnet. ten. Für den Gebrauch in der Bemessungspraxis
Das skizzierte Vorgehen unter Verwendung der sind probabilistische Verfahren nur in Sonderfällen
stochastischen Verteilung aller Variablen in Kom- zweckmäßig. Das in aktuellen Bemessungsnormen
bination mit einer exakten Grenzzustandsfunktion verankerte semi-probabilistische Sicherheitskonzept
wird als vollständig probabilistische Methode bzw. (Stufe I) baut auf den Verfahren der Stufen III und II
Methode der Stufe III bezeichnet. Verfahren zur pro- auf; allerdings werden wesentliche Vereinfachungen
babilistischen Analyse, die auf punktuelle Näherungen für die Anwendung eingeführt.
beliebiger Verteilungen durch Normalverteilungen
bzw. auf vereinfachten Formulierungen beliebiger
nichtlinearer Grenzzustandsfunktionen aufbauen, 2.2.2.4 Allgemeines zu additiven
werden als Methoden der Stufe II klassifiziert. Hierzu Sicherheitselementen
zählen die Zuverlässigkeitstheorie erster bzw. zweiter
Ordnung (FORM – First Order Reliability Method; Bei manchen funktionalen Zusammenhängen der
SORM – Second Order Reliability Method) (u. a. Grenzzustandsgleichung (z. B. nicht linear, Grundwert
Rackwitz u. Fiessler 1978; Schneider 1994; Rackwitz der Variablen D 0) und auch bei großen Streuungen
2001). Nachweise auf der Grundlage probabilis- der stochastischen Variablen kann das Ziel einer
tischer Verfahren entsprechend Stufe III oder II gleichmäßigen Sicherheit nicht allein über multipli-
2.2 Sicherheitskonzept 35

kative Teilsicherheitsbeiwerte erreicht werden. Als chenmodelle, die ebenfalls mit Unsicherheiten behaf-
Beispiel diene der in Abb. 2.11 dargestellte Stab, tet sind. Die zu den Basisvariablen gehörenden Teil-
diesmal jedoch unter Druckbelastung. Bei Erreichen sicherheitsbeiwerte F (engl. Force) bzw. M (engl.
der Euler’schen Knicklast versagt der ideale Stab. Fer- Material) müssen daher zusätzlich zu den Streuungen
tigungstoleranzen in Form einer Ausmitte beeinflussen der Basisvariablen selbst auch die Unsicherheiten der
dabei die Tragfähigkeit stark. Ein multiplikativer verwendeten Modelle enthalten:
Teilsicherheitsfaktor auf die planmäßige Ausmitte (
f : : : Unsicherheiten der Einwirkungen
e0 D 0 hilft nicht, allein ein additives Sicherheitsele- F D
ment, in diesem Fall die ungewollte Ausmitte ea , ist Ed : : : Unsicherheiten des Modells
8
zielführend. ˆ
ˆ m : : : Unsicherheiten der
<
M D Baustoffeigenschaften
2.2.2.5 Semi-probabilistisches Sicherheitskonzept ˆ
:̂  : : : Unsicherheiten des Modells
Rd
Zur Definition der erforderlichen Zuverlässigkeit bau- Analog zu den Gln. (2.37) und (2.38) können damit
licher Anlagen werden in Regelwerken, z. B. DIN ausgehend von charakteristischen Werten die Bemes-
1055-100 oder EN 1990, für verschiedene Bemes- sungswerte der Einwirkungen und der Materialeigen-
sungssituationen Zielwerte des Sicherheitsindex ˇ ver- schaften angegeben werden.
einbart, die in der Bemessung zu gewährleisten sind.
Die Erfüllung der geforderten Zuverlässigkeit erfolgt Fd D Fk  F ; (2.41)
allerdings nicht wie bei Verfahren der Stufen III und Xk
Xd D (2.42)
II explizit z. B. in der Form ˇvorh  ˇerf , sondern in- M
direkt über den Vergleich von Bemessungswerten der Die Teilsicherheitsbeiwerte F werden u. a. in DIN
Beanspruchungen Ed und des Bauteilwiderstandes Rd , 1055-100 bzw. EN 1990 angegeben; die den Materi-
die über Teilsicherheitsbeiwerte E und R errechnet aleigenschaften zugeordneten Beiwerte M werden da-
werden. Für das semi-probabilistische Sicherheitskon- gegen in den Bemessungsnormen, z. B. DIN 1045-1
zept werden die erforderlichen Informationen über den bzw. EN 1992-1-1 vereinbart.
stochastischen Charakter der Variablen auf den cha-
rakteristischen Wert reduziert. Die Teilsicherheitsbei- Normenregelung nach DIN 1055-100
werte E , R werden über die vorgegebenen Zielwer- und EN 1990
te ˇ festgelegt und müssen die Streuungen der jewei- Die in DIN 1055-100, Anhang B bzw. EN 1990, Anhang
C angegebenen Zielwerte des Zuverlässigkeitsindex ˇ für
ligen Größe berücksichtigen. Hierfür werden konstan- verschiedene Bemessungssituationen sind in Tabelle 2.2
te Wichtungsfaktoren ˛E und ˛R verwendet, die damit zusammengestellt. Für ˇ D 3;8 werden Wichtungsfak-
eine Entkopplung der Teilsicherheitsbeiwerte ermögli- toren ˛E und ˛R für den GZT vereinbart, die für 0;16 <
chen. Durch die Wahl von Wichtungsfaktoren, die für E =R < 7;6 eine im Mittel zutreffende Ableitung von Teil-
die im Bauwesen auftretenden Streuungen „im Mittel“ sicherheitsbeiwerten E und R erlauben:
zutreffen, ist allerdings nicht mehr für alle Tragwer- ˛E D 0;7 ;
ke bzw. Kombinationen von Basisvariablen ein iden- ˛R D 0;8 :
tisches, allerdings in allen Fällen ein ausreichendes
Zuverlässigkeitsniveau zu erzielen. Der Begriff semi- Sofern E =R außerhalb des Intervalls [0,16; 7,6] liegt,
probabilistisch bringt zudem zum Ausdruck, dass ein d. h. wenn eine Größe äußerst geringe Streuungen
Abgleich der Sicherheitselemente anhand der Erfah-
rungen mit dem Zuverlässigkeitsniveau des bisher ver-
wendeten deterministischen Sicherheitskonzeptes vor- Tabelle 2.2 Zielwerte des Zuverlässigkeitsindex ˇ nach
DIN 1055-100 und EN 1990
genommen wurde. Dies war insbesondere deshalb not-
wendig, da nicht für alle streuenden Eingangsgrößen Grenzzustand Zuverlässigkeitsindex ˇ
im erforderlichen Umfang statistische Daten zur Ver- 1 Jahr 50 Jahre
fügung standen.
Anstelle der Vergleichsgrößen Beanspruchung E Tragfähigkeit 4,7 3,8
und Widerstand R sind i. Allg. die Einwirkungen F Ermüdung 1,5 – 3,8a
und die Baustoffeigenschaften X als Basisvariable zu Gebrauchstauglichkeitb 3,0 1,5
betrachten und daher mit charakteristischen Werten Fk a
Abhängig von Prüfbarkeit, Instandsetzbarkeit und Schadens-
und Xk einzuführen. Die Transformation der Basis- toleranz
b
variablen in die Vergleichsgrößen erfolgt durch Re- Bei nicht reversiblen Zuständen
36 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

aufweist – z. B. Lasten aus der Wasserfüllung eines R D 1;13 näherungsweise dem für Betonstahl im GZT
Troges – sollte für die Variable mit der größeren Standard- anzusetzenden Teilsicherheitsbeiwert s D 1;15 (s. Ab-
abweichung ˛ D 1;0 und für die Variable mit der kleineren schn. 2.2.4). Zusätzlich zu den Streuungen der Stahlfes-
tigkeiten selbst (! m ) und den Streuungen des Stab-
Standardabweichung ˛ D 0;4 verwendet werden. Enthält querschnitts wird die mit Unsicherheiten behaftete geo-
das Einwirkungsmodell mehrere Einwirkungen, d. h. metrische Lage im Bauteil als Modellunsicherheit (!
Basisvariablen, gilt der angegebene ˛E -Werte nur für Rd ) berücksichtigt.
die Leiteinwirkung; für die übrigen Einwirkungen wird
˛E D 0;4  0;7 verwendet.

2.2.3 Einwirkungen
Beispiel 2.5
Elemente des semi-probabilistischen Sicherheitskonzep-
und Einwirkungskombinationen
tes sollen anhand des Zugstabes aus Beispiel 2.4 erläu-
tert werden. Da den Betrachtungen der Grenzzustand der Mit dem Begriff Einwirkungen werden alle Arten von
Tragfähigkeit, d. h. das Überschreiten der Zugtragfähig-
Einflüssen, denen Bauwerke ausgesetzt sind, zusam-
keit des Stabes zugrunde liegt, wird als Zielwert des Zu-
verlässigkeitsindex ˇ D 4;7 (Bezugszeitraum 1 Jahr) mengefasst. Angesichts eines breiten Spektrums an
gewählt. In Kombination mit vorgegebenen Wichtungs- Ursachen und Auftretenshäufigkeiten sind Einwirkun-
faktoren ˛E D 0;7 und ˛R D 0;8 können die Teil- gen generell vielfältiger Natur. Im Kontext rechne-
sicherheitsbeiwerte E und R nach den Gln. (2.36) und rischer Nachweise der Tragfähigkeit und Gebrauch-
(2.35) bestimmt werden:
stauglichkeit werden lediglich Einwirkungen betrach-
1 C ˇ ˛E VE 1 C 4;7  0;7  0;2 tet, die durch Schnittgrößen oder Spannungen quan-
E D D D 1;25 ;
1 C Kp;E VE 1 C 1;645  0;2 tifizierbare Beanspruchungen des Bauteils zur Folge
1 C Kp;R VR 1  1;645  0;05 haben; Umwelteinflüsse – etwa chemischer Angriff –
R D D D 1;13 : werden ausgenommen.
1  ˇ ˛R VR 1  4;7  0;8  0;05
Zur Beschreibung der Einwirkungen werden er-
Die Bemessungswerte Ed und Rd ergeben sich unabhän- hebliche Idealisierungen erforderlich. Generell ist das
gig voneinander zu:
gleichzeitige Eintreten aller möglichen Einwirkungen
Ed D Ek  E D 63;8  1;25 D 79;8 kN ; mit ihren Maximalwerten äußerst unwahrscheinlich;
Rk 91;8 eine Auslegung von Tragwerken für Beanspruchun-
Rd D D D 81;2 kN :
R 1;13 gen, die aus der Überlagerung der Größtwerte aller
Einwirkungen hervorgerufen werden, ist nicht sinn-
Da der vorgegebene Zuverlässigkeitsindex ˇZiel D 4;7
geringfügig kleiner ist als der aus der Grenzzustandsbe-
voll und sicherlich nicht wirtschaftlich. Für rechne-
dingung der stochastischen Verteilungen berechnete Wert rische Nachweise müssen daher Kombinationen von
ˇ D 4;81, ist der Bemessungswert der Beanspruchungen Einwirkungen angesetzt werden, die für verschiede-
etwas kleiner als der des Widerstandes. Zur Einhaltung ne Situationen ausreichende Zuverlässigkeit – ausge-
der geforderten Zuverlässigkeit dürfte z. B. – einen unver- drückt durch den Zielwert des Sicherheitsindex ˇ – ge-
änderten Variationskoeffizienten VE vorausgesetzt – der
Mittelwert der Beanspruchungen E geringfügig größer
währleisten. Eine Klassifizierung auftretender Einwir-
sein. kungen kann nach den Gesichtspunkten:
(
Die Eingangsgröße Rk , hier festgelegt als der charak-
direkt
teristische Wert der Zugtragfähigkeit des Stabes, stellt . . . Art und Ursache !
keine für einen Tragfähigkeitsnachweis zu verwenden- indirekt
de Grundgröße dar. In der Bemessung wird i. Allg. von 8
ˆ
ˆ
den Festigkeiten des Materials, hier also der charakte-
. . . Auftretenshäufigkeit < ständig
ristischen Zugfestigkeit des Stabes (! Xk ) ausgegan-
! veränderlich
gen. Das Rechenmodell, mit dem die Transformation der und Einwirkungsdauer ˆ
Basisvariable Xk in die Vergleichsgröße Rk erfolgt, ist :̂ außergewöhnlich
hier – denkbar einfach – die Multiplikation mit der Quer- (
schnittsfläche AStab : ortsfest
. . . Lokalisierung !
Rk D Xk  AStab : frei
(
Der auf die Basisvariable Xk zu beziehende Teilsicher- . . . Anzahl der ruhend
heitsbeiwert M muss daher neben den Streuungen der !
Zugfestigkeit selbst (! m ) die naturgemäß vorhande-
Lastwechsel nicht ruhend
(
nen Streuungen der Stabquerschnittsfläche, die hier als
. . . Erzeugung von statisch
Modellunsicherheiten (! Rd ) berücksichtigt werden, !
erfassen. Im Übrigen entspricht der hier errechnete Wert Beschleunigungen dynamisch
2.2 Sicherheitskonzept 37

erfolgen. Für die Formulierung von Einwirkungskom- Indirekte Einwirkungen – Zwang


binationen und Sicherheitselementen ist vor allem die
Eingruppierung nach den drei erstgenannten Kriterien Indirekte Einwirkungen entstehen aus aufgezwunge-
relevant. Für Nachweise gegen Materialermüdung ist nen Verformungen; traditionell werden indirekte Ein-
die Abgrenzung von (vorwiegend) ruhenden und nicht wirkungen mit dem Begriff Zwang bezeichnet. In Ab-
(vorwiegend) ruhenden Einwirkungen, die i. Allg. bei hängigkeit der Auswirkungen auf Querschnitts- und
einer auf die Nutzungsdauer bezogenen Lastwechsel- Bauteilebene muss zwischen innerem und äußerem
zahl von 1  104 erfolgt, ausschlaggebend.5 Nicht vor- Zwang unterschieden werden.
wiegend ruhende Einwirkungen treten u. a. bei Bautei- Innerer Zwang entsteht, wenn sich aufgezwungene
len unter fließendem Verkehr, Kranbahnen oder Mas- Verformungen auf Querschnittsebene nicht frei einstel-
ten in böigem Wind auf. len können und zu einem Eigenspannungszustand füh-
Dynamische Einwirkungen erzeugen Beschleuni- ren. Das statische System des Bauteils ist für das Auf-
gungen in wesentlicher Größe. Die dynamische Erhö- treten innerer Zwangsspannungen unwesentlich. Da
hung der statischen Belastungen durch die Massenträg- Eigenspannungen keine Schnittgrößen zur Folge ha-
heitskräfte des Bauteils kann i. Allg. durch statische ben, ist innerer Zwang nicht unmittelbar in der Be-
Ersatzlasten, die faktorisiert mit Hilfe von Schwingbei- messung zu berücksichtigen. Innerer Zwang entsteht
werten (fließender Verkehr) oder Böenreaktionsfakto- z. B. infolge des Abfließens der Hydratationswärme
ren (Windanregung) auf die statischen Lasten bezogen während der Betonerhärtung oder aus ungleichmäßi-
werden, erfasst werden. Treten Beschleunigungen we- gem Schwinden des Betons (Abb. 2.13). Angesichts
sentlicher Größe auf, z. B. bei Maschinenfundamenten, der Vielzahl möglicher Ursachen können Eigenspan-
Glockentürmen o. ä., kann allerdings eine detaillierte nungen auf Querschnittsebene generell nicht ausge-
dynamische Berechnung erforderlich werden, in der schlossen werden. Innerer Zwang führt in vielen Fällen
u. a. das Risiko von Resonanzeffekten, die eintreten, zu Betonzugspannungen an den Querschnittsrändern,
wenn die Anregungsfrequenz im Bereich einer Bau- die die verbleibende (effektive) Zugfestigkeit z. T. deut-
teileigenfrequenz liegt, bewertet wird. lich herabsetzen und unter Umständen die Rissbildung
einleiten.
Werden einem Bauteil Verformungen von außen
2.2.3.1 Unterscheidung nach Art und Ursache aufgezwungen oder die freie Verformung durch
angrenzende Bauteile oder Lager behindert, entstehen
Einwirkungen können nach den Ursachen, die Bean- Spannungen aus äußerem Zwang. Im Unterschied
spruchungen in einem Bauteil hervorrufen, in Ein- zu innerem Zwang bilden diese Spannungen auf
wirkungen infolge Lasten oder Verformungen, d. h. Querschnittsebene resultierende Schnittgrößen, damit
in direkte oder indirekte Einwirkungen unterschieden auch Auflagerreaktionen. Äußerer Zwang entsteht
werden. aus Setzungsdifferenzen benachbarter Stützungen,
Bauteilverformungen infolge Schwinden oder Verfor-
mungen aus Temperaturbeanspruchungen und setzt
Direkte Einwirkungen – Last eine statisch unbestimmte Lagerung des Bauteils

Lasteinwirkungen, z. B. Eigenlasten aus Gravitations-


ecs,i ecs
kräften, äußere Kräfte und Momente aus Verkehrs- t = t1 t = t0
oder Nutzlasten, Schnee, Wind, etc., werden zu den di-
+

sc
Betonquerschnitt

rekten Einwirkungen gezählt. Für die Bemessung an-


zusetzende Zahlenwerte direkter Einwirkungen sind
-

Lastnormen – in Verbindung mit DIN 1045-1 u. a.


den Normen der Reihe DIN 1055 bzw. für EN 1992-
1-1 den Normen der Reihe EN 1991 – zu entneh-
+

men. 50 % 100 %
a Feuchte- b freie c mittlere
verteilung im Schwind- Schwind-
Betonquerschnitt verformung verformung,
5 Eigenspann-
Für eine Tiefgaragendecke, die zweimal wöchentlich von ei- ungen
nem Müllfahrzeug befahren wird (jeweils hin und zurück!), wird
bei einer üblichen Nutzungsdauer von 50 Jahren bereits der Abbildung 2.13a–c Eigenspannungszustand (innerer Zwang)
Grenzwert von 1104 Lastwechsel erreicht; ein Ermüdungsnach- aus dem Trocknungsschwinden eines Betonquerschnitts (nach
weis wäre hier erforderlich. Müller u. Kvitsel 2002)
38 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

Einwirkung
Zeitpunkt
ständige
Eigenlast Einwirkungen
Ds
t
(G)
Stunden

kurzfristige
Ds Nutzlast

0 M quasi
t ständige
a statisch bestimmte Lagerung Tage Wochen Nutzlast

veränderliche
Einwirkungen
Schnee
t (Q)
Minuten
Ds

Wind
t
Sekunden
Ds außer-
M gewöhnliche
Einwirkungen
t
Erdbeben (A)

b statisch unbestimmte Lagerung


Abbildung 2.15 Auftreten und zeitliche Veränderung von Ein-
Abbildung 2.14a,b Auswirkungen einer aufgezwungenen Ver- wirkungen (schematisch)
formung auf statisch bestimmt bzw. unbestimmt gelagerte Bau-
teile
rer Auftretenshäufigkeit und der zugehörigen Einwir-
kungsdauer in ständige (! G), veränderliche (! Q),
voraus (Abb. 2.14). Durch die Abhängigkeit der außergewöhnliche (! A) und seismische (! AE ) Ein-
Beanspruchungen aus äußerem Zwang von der Größe wirkungen unterschieden. In Abb. 2.15 werden unter-
der aufgezwungenen bzw. behinderten Verformungen schiedliche Einwirkungen über der Zeitachse schema-
sind Zwangschnittgrößen mit den absoluten Werten tisiert als Blockprozesse dargestellt.
der Steifigkeiten entlang des Bauteils verknüpft. Da
bei Betonbauteilen mit einsetzender Rissbildung
die Steifigkeiten z. T. drastisch reduziert werden,
besteht bei Zwangschnittgrößen eine ausgeprägte Ständige Einwirkungen G
Abhängigkeit der Beanspruchungen vom Lastniveau.
Die Berechnung von Schnittgrößen infolge äußeren Ständige Einwirkungen sind während der Nutzungs-
Zwangs bei statisch unbestimmten Systemen wird in dauer des Bauwerks nur geringen Änderungen un-
Abschn. 13.3 erläutert. terworfen. Hierzu zählen u. a. das Eigengewicht des
Indirekte Einwirkungen sind nur in eingeschränk- Tragwerks, Lasten aus ortsfesten Ausbauten wie Bo-
tem Umfang in Lastnormen zu finden. Zur Berechnung denbelägen oder Fahrbahnbelägen bei Straßenbrücken,
von Verformungen aus Temperaturbeanspruchungen aber auch statischer Erddruck. Einwirkungen, die sich
können Bemessungswerte für den konstanten Anteil monoton einem Grenzwert annähern, z. B. indirekte
TN sowie die über den Querschnitt linear veränderli- Einwirkungen aus Kriechen und Schwinden, werden
chen Anteile TMy und TMz z. B. DIN 1055-7 oder ebenfalls als ständig wirkend betrachtet. Gleiches gilt
EN 1991-1-5 entnommen werden. Andere Kenngrößen für Einwirkungen aus Vorspannung, allerdings existie-
für indirekte Einwirkungen müssen individuell verein- ren hier gesonderte Regeln zur Anrechnung in Nach-
bart werden; Setzungen bzw. Setzungsdifferenzen sind weisen. Im Fall des Eigengewichts ist der charakte-
z. B. einem Bodengutachten zu entnehmen. ristische Wert Gk – z. B. aus der Multiplikation der
als Mittelwerte angegebenen Abmessungen mit mittle-
ren Wichten – wegen der i. Allg. geringen Streuungen
2.2.3.2 Unterscheidung als Mittelwert (50%-Quantil) definiert. Wichten von
nach Auftretenswahrscheinlichkeit Bau- und Lagerstoffen sind z. B. in DIN 1055-1 bzw.
und Einwirkungsdauer EN 1991-1-1 zu finden. Sofern allerdings das Trag-
werk insbesondere für Nachweise der Lagesicherheit
Ungeachtet ihres Ursprungs aus Lasten oder einge- empfindlich auf Streuungen des Eigengewichts rea-
prägten Verformungen werden Einwirkungen nach ih- giert, (z. B. Waagebalkensysteme), sind obere und un-
2.2 Sicherheitskonzept 39

tere charakteristische Werte gk;sup (95%-Quantil) und 2.2.3.3 Einwirkungskombinationen –


gk;inf (5%-Quantil) anzusetzen. Repräsentative Werte

Wie in Abb. 2.15 schematisch dargestellt ist, treten


Veränderliche Einwirkungen Q die Maxima veränderlicher Einwirkungen nicht gleich-
zeitig auf. Für Nachweise in den Grenzzuständen der
Veränderliche Einwirkungen weisen während der Nut- Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit sind daher
zungsdauer häufige und/oder signifikante Änderungen nach Nachweisziel differenzierte Kombinationen von
auf. Hierzu zählen direkte Einwirkungen aus Nutzlas- Einwirkungen erforderlich. Aufbauend auf Turkstra u.
ten, Verkehrslasten, Schneelasten, Wind, etc. sowie in- Madsen (1980) ist durch die Betrachtung veränderli-
direkte Einwirkungen aus Temperatur. Die in Normen cher Einwirkungen als stochastische Blockprozesse ei-
angegebenen charakteristischen Werte veränderlicher ne Kombination möglich. Eine Einwirkung Qk;1 wird
Einwirkungen stellen i. Allg. 98%-Quantilwerte der mit ihrem Größtwert als Leiteinwirkung betrachtet, die
stochastischen Verteilung der Extremwerte dar. Dem übrigen veränderlichen Einwirkungen Qk;i >1 treten
entsprechend wird der charakteristische Wert Qk mit zum gleichen Zeitpunkt nur mit verminderter Intensität
einer Wahrscheinlichkeit von 98% in einem Bezugs- auf. Die Größe der übrigen Einwirkungen Qk;i >1 wird
zeitraum von einem Jahr nicht überschritten bzw. tritt über deren Auftretenswahrscheinlichkeiten gesteuert.
während 50 Jahren im Mittel nur einmal ein (mittlere Erläuterungen zu den theoretischen Grundlagen von
Wiederkehrperiode 50 Jahre). Nutzlasten für Decken Lastkombinationen sind u. a. in Schneider (1994) und
üblicher Hochbauten sind gewöhnlich räumlich zufäl- Rackwitz (2001) zu finden.
lig verteilt; für die praktische Anwendung werden sie In DIN 1055-100 bzw. EN 1990 werden hierfür re-
durch deterministisch vorgegebene räumliche Vertei- präsentative Werte der veränderlichen Einwirkungen
lungen – i. Allg. gleichmäßig verteilte Lasten – ersetzt. definiert, die jeweils einer Auftretenshäufigkeit zuge-
Da der Transformation eine Bezugsfläche zugrunde ordnet sind (Abb. 2.16). Die Größe des repräsentativen
liegt, kann für lastweiterleitende Bauteile wie Stützen Wertes im Vergleich mit dem charakteristischen Wert
oder Wände angesichts der vergrößerten Lasteinzugs- wird über Kombinationsbeiwerte i mit 0  i  1
fläche eine Abminderung der Nutzlasten in Abhän- festgelegt. Folgende repräsentative Werte werden ver-
gigkeit der Einflussfläche vorgenommen werden (vgl. einbart:
Schmidt u. Cornelius 2004).
Qk charakteristischer Wert
0  Qk Kombinationswert
Die Kombinationsbeiwerte werden so festge-
Außergewöhnliche
legt, dass bei ihrer Verwendung in Einwir-
und seismische Einwirkungen A, AE
kungskombinationen die angestrebte Zuver-
lässigkeit des Tragwerks – ausgedrückt durch
Außergewöhnliche Einwirkungen können in ihrer Grö-
ˇ – erreicht wird.
ße erheblich sein, besitzen aber eine geringe Auftre-
1  Qk häufiger Wert
tenswahrscheinlichkeit bei gleichzeitig kurzen Einwir-
Der häufige Wert wird i. d. R. höchstens 300
kungsdauern. Hierzu zählen z. B. Explosionsdruck, der
mal je Jahr bzw. nur während maximal 5%
Anprall eines Fahrzeuges oder Schiffes an Brücken-
eines Bezugszeitraums erreicht.
pfeiler oder Brand. Im Allgemeinen werden außer-
gewöhnliche Einwirkungen nur für die Betrachtung
des Grenzzustandes der Tragfähigkeit relevant; ange-
Q
sichts der oft signifikanten Schäden an Bauwerken tre- Qd = gQ.Qk (Bemessungswert)
ten Forderungen an die Gebrauchstauglichkeit nach
dem Auftreten eines außergewöhnlichen Ereignisses
in den Hintergrund. Einwirkungen aus Erdbeben bzw. Qk (charakteristischer Wert)
die einem Bauwerk daraus aufgezwungenen Beschleu- y .Q (Kombinationswert)
0 k

nigungen und Verformungen werden im Rahmen des y1.Qk (häufiger Wert)


Sicherheits- und Nachweiskonzepts als Sonderform y .Q (quasi-ständiger Wert)
2 k
außergewöhnlicher Einwirkungen behandelt. Die in
t
Normen angegebenen Größen außergewöhnlicher Ein-
wirkungen stellen mangels aussagekräftiger Informa- Abbildung 2.16 Repräsentative Werte einer veränderlichen
tionen zu deren stochastischer Natur Nennwerte dar. Einwirkung
40 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

2  Qk quasi-ständiger Wert te von Beanspruchung und Bauteilwiderstand geführt


Der quasi-ständige Wert einer veränderlichen (Gl. 2.1).
Einwirkung entspricht dem zeitlichen Mittel-
Ed  Rd
wert, der mit einer Häufigkeit von 50% unter-
und überschritten wird. Für einen linear-elastischen Zusammenhang zwischen
Einwirkungen F und Beanspruchungen E, d. h.
Normenregelung nach DIN 1055-100 für eine Schnittgrößenermittlung auf Grundlage der
und EN 1990 Elastizitätstheorie zeigt Abb. 2.17 schematisiert das
Die Kombinationsbeiwerte für veränderliche Einwirkungen Vorgehen bei einem Nachweis im GZT. Wegen der
nach DIN 1055-100 bzw. EN 1990 für Hochbauten sind linearen Verknüpfung von F und E gilt das Super-
einschließlich der normativen Kategorisierung in Tabelle positionsgesetz uneingeschränkt; Beanspruchungen
2.3 wiedergegeben. (Schnittgrößen) können getrennt für verschiedene
Einwirkungen berechnet und anschließend überlagert
werden. Gleichzeitig führt die Anwendung der Teil-
Tabelle 2.3 Kombinationsbeiwerte i für Hochbauten nach
DIN 1055-100, Anhang A, Nutzlastkategorie in Klammern (ab- sicherheitsbeiwerte F entweder auf charakterstische
weichende Kombinationsbeiwerte nach EN 1990, Anhang A.1 Werte der Einwirkungen oder der Beanspruchun-
in eckigen Klammern) gen nach Gl. (2.43) zu identischen Ergebnissen.
In vielen Fällen ist es daher effizient, die Schnitt-
Einwirkungen 0 1 2
größenermittlung mit charakteristischen Werten der
Nutzlastena Einwirkungen durchzuführen und Teilsicherheits-
Wohn-/Aufenthaltsräume (Kat. A) 0,7 0,5 0,3 und Kombinationsbeiwerte erst anschließend auf die
Büros (Kat. B) 0,7 0,5 0,3 jeweils für den Nachweis erforderlichen Schnittgrößen
Versammlungsräume (Kat. C) 0,7 0,7 0,6
anzuwenden. Im Gegensatz dazu können wegen
Verkaufsräume (Kat. D) 0,7 0,7 0,6
Lagerräume (Kat. E) 1,0 0,9 0,8 charakteristischer Wert
Fk
einer Einwirkung
Verkehrslasten
Unsicherheiten der gf
Fahrzeuglast  30 kN (Kat. F) 0,7 0,7 0,6 Einwirkungen
Rechen- gEd
Fahrzeuglast  160 kN (Kat. G) 0,7 0,5 0,3 modell
Modellunsicherheiten

Dächer (Kat. H) 0 0 0
Schnee- und Eislasten Charakteristischer Wert
Ek
einer Beanspruchung
Orte bis NN + 1000 m 0,5 0,2 0
Orte über NN + 1000 m 0,7 0,5 0,2 gF
Windlasten 0,6 0,5 [0,2] 0
Temperatureinwirkungenb 0,6 0,5 0 Ed
Bemessungswert
einer Beanspruchung
c
Baugrundsetzungen 1,0 1,0 1,0
Sonstige Einwirkungenc 0,8 0,7 0,5 Ed £ R d
a
Abminderungsbeiwerte der Nutzlasten für lastweiterleitende
Bauteile mehrgeschossiger Hochbauten enthält DIN 1055-3 Bemessungswert Rd
eines Bauteilwiderstandes
bzw. EN 1991-1
b
Nicht für Brandeinwirkungen
c gRd Rechen-
In EN 1990 nicht enthalten Modellunsicherheiten modell

Bemessungswert
einer Baustoffeigenschaft Xd

gM
2.2.4 Nachweiskonzept für den
Grenzzustand der Tragfähigkeit gm Unsicherheiten der
Baustoffeigenschaft
charakteristischer Wert
Xk
Auf der Grundlage des in Abschn. 2.2.2 skizzier- einer Baustoffeigenschaft
ten semi-probabilistischen Sicherheitskonzepts wer- Abbildung 2.17 Nachweiskonzept für den Grenzzustand der
den die rechnerischen Nachweise im Grenzzustand Tragfähigkeit bei linear-elastischer Schnittgrößenermittlung
der Tragfähigkeit als Vergleich der Bemessungswer- (idealisiert, keine additiven Sicherheitselemente)
2.2 Sicherheitskonzept 41

des i. d. R. nichtlinearen Zusammenhangs zwischen Einwirkungen baut auf dem in Abschn. 2.2.3 vorge-
Baustoffeigenschaften (Festigkeiten ! X ) und Bau- stellten Konzept der Leiteinwirkung auf. In DIN 1055-
teilwiderstand (z. B. widerstehendes Moment ! R) 100 und EN 1990 werden nach den Bemessungssitua-
die Materialteilsicherheitsbeiwerte M ausschließlich tionen drei Einwirkungskombinationen unterschieden.
auf Xk angewandt werden (Gl. 2.44).
( )
Fd D Fk  F
Einwirkung ! ; (2.43) Ständige und vorübergehende Bemessungssituationen
Ed D Ek   F
(alternativ) Für die Grundkombination der Einwirkungen bei
Xk Nachweisen im Bau- bzw. Betriebszustand wird die
Widerstand ! Xd D (2.44) Leiteinwirkung, d. h. die vorherrschende veränderliche
M
Einwirkung Qk;1 mit dem charakteristischen Wert,
Nachweiskonzepte für nichtlineare Verknüpfungen
alle weiteren veränderlichen Einwirkungen mit dem
von F und E (nichtlineare Schnittgrößenermittlung)
Kombinationsbeiwert eingeführt. Vorherrschend ist
werden für statisch unbestimmte Tragwerke relevant
generell diejenige veränderliche Einwirkung, deren
(s. Abschn. 13.2.5).
Ansatz zum ungünstigsten Wert Ed führt.
X
2.2.4.1 Bemessungssituationen Ed D G;j  Gk;j C p  Pk C Q;1  Qk;1
j
X
Die verschiedenen, im Nachweiskonzept nach C Q;i  0;i  Qk;i (2.45)
DIN 1055-100 oder EN 1990 mit Situationen be- i >1
zeichneten Zustände eines Bauwerks – Bauzustand,
normale Nutzung, Katastrophenfall – wirken sich In Gl. (2.45) bezeichnet Pk den charakteristischen
einerseits auf die gleichzeitig vorhandenen Lasten, Wert der Vorspannung. Gleichung (2.46) ist äquivalent
andererseits auf das geforderte Zuverlässigkeitsniveau zu Gl. (2.45), erlaubt allerdings eine einfachere Iden-
aus. Für Nachweise im GZT werden vier verschiedene tifizierung der Leiteinwirkung. Zunächst werden alle
Bemessungssituationen definiert: veränderlichen Einwirkungen mit dem Kombinations-
wert 0;i Qk;i berücksichtigt; lediglich die verbleiben-
• ständige Situation
de Differenz .1  0;1 /Qk;1 der Leiteinwirkung, die
übliche Nutzungsbedingungen eines Tragwerks
sich aus der Bedingung max Œ.1  0;i /Qk;i  ergibt, ist
• vorübergehende Situation
zu addieren.
zeitlich begrenzte Zustände, z. B. während der Er-
X
stellung (Bauzustand) oder der Instandsetzung Ed D G;j  Gk;j C p  Pk
• außergewöhnliche Situation j
Zustände, die sich auf außergewöhnliche Einwir- X
kungen beziehen C Q;i  0;i  Qk;i
• Erdbeben. i 1
C Q;1  .1  0;1 /  Qk;1 (2.46)
Im Rahmen des Sicherheitskonzepts wird nicht zwi-
schen ständigen und vorübergehenden Situationen un-
terschieden, d. h. für Bauzustände sind keine Abstriche
Außergewöhnliche Bemessungssituationen
hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit mög-
lich. Dem gegenüber wird bei außergewöhnlichen Si-
Parallel zur außergewöhnlichen Einwirkung wird die
tuationen und insbesondere bei Erdbeben angesichts
Leiteinwirkung Qk;1 mit dem häufigen Wert 1;1 Qk;1 ,
des äußerst seltenen Eintretens eine reduzierte Zuver-
alle weiteren veränderlichen Einwirkungen mit dem
lässigkeit toleriert.
quasi-ständigen Wert 2;i Qk;i angesetzt. Gleichzeitig
sind gegenüber der ständigen/vorübergehenden Situa-
2.2.4.2 Einwirkungen und tion reduzierte Teilsicherheitsbeiwerte zu berücksich-
Einwirkungskombinationen des GZT tigen.
X
Für Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit EdA D GA;j  Gk;j C pA  Pk C Ad
müssen gleichzeitig auftretende ständige, veränderli- j
X
che und außergewöhnliche Einwirkungen in ihrer Grö- C 1;1  Qk;1 C 2;i  Qk;i (2.47)
ße festgelegt werden. Die Kombination verschiedener i >1
42 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

Analog zu Gl. (2.46) ist eine vereinfachte Bestim- Kategorie C: Versammlungsräume):


mung der maßgebenden Kombination möglich, wenn
0 D 0;7 1 D 0;7 2 D 0;6
als verbleibende Differenz der Leiteinwirkung .1;1 
2;1 /Qk;1 verwendet wird. Anhand des Bemessungsmoments über dem Innenaufla-
ger MEd;B wird die Kombination von Einwirkungen dar-
gestellt. Zunächst werden aus charakteristischen Werten
Erdbeben der Einwirkungen charakteristische Beanspruchungen er-
rechnet; die ständigen Einwirkungen g1k und g2k werden
Für Erdbeben wird eine separate Einwirkungskombi- hierfür zu gk D 35 kN/m zusammengefasst. Die Laststel-
nation festgelegt, bei der auf Teilsicherheitsbeiwer- lung zur Ermittlung des minimalen Stützmomentes ist in
Abb. 2.18b wiedergegeben.
te verzichtet wird; gleichzeitig werden lediglich die
quasi-ständigen Anteile der veränderlichen Lasten als Mgk D 490;0 kNm
wirksam angesehen. Mqk D 210;0 kNm
X
EdAE D Gk;j C Pk C 1  AEd MGk D 202;5 kNm
j MQk D 162;0 kNm
X
C 2;i  Qk;i (2.48) Das Bemessungsmoment der ständigen/vorübergehenden
i 1 Bemessungssituation, der Grundkombination errechnet
sich nach Gl. (2.45). Da zwei unabhängige veränderliche
In Gl. (2.48) ist 1 mit 0;8  1  1;4 ein Beiwert Einwirkungen vorhanden sind, müssen zwei Kombinatio-
nach DIN 4149, der die Bedeutung des Bauwerks bzw. nen überprüft werden:
die Folgen bei dessen Verlust bewertet. Der sog. Be- Leiteinwirkung: qk
deutungsbeiwert 1 ist lediglich in der Einwirkungs-
kombination nach DIN 1055-100 enthalten. MEd;B D G .Mgk C MGk / C Q Mqk C Q 0 MQk
D 1;35  .490;0  202;5/
Normenregelung nach DIN 1055-100/EN 1990 C1;5  .210;0/ C 1;5  0;7  .162;0/
Die zur Berechnung der maßgebenden Bemessungs- D 1420;0 kNm
werte der Einwirkungen bzw. der Beanspruchungen im
GZT anzuwendenden Teilsicherheitsbeiwerte F sind in Tabelle 2.4 Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen nach
Tabelle 2.4 zusammengestellt. Zum Ansatz des Teilsi- DIN 1045-1 i. V. m. DIN 1055-100 bzw. EN 1992-1-1 i. V. m. EN
cherheitsbeiwerts Q bei Einwirkungen aus Zwang vgl. 1990 – ohne Ermüdung (abweichende Werte nach EN in Klam-
Abschn. 13.3.3 mern)

Teilsicherheitsbeiwerte Bemessungssituation
Beispiel 2.6
für Einwirkungen s/va ab
Für den in Abb. 2.18a dargestellten Unterzug eines
Deckensystems, der über zwei Felder durchläuft, sollen
() G 1,35 1,00
die maßgebenden Biegemomente für die Bemessung im ständigcd
GZT ermittelt werden. Zur Berechnung der Bemessungs- (C) G 1,00 1,00
schnittgrößen des Unterzugs darf nach DIN 1055-3, ständig – () G;sup 1,10 / 1,05 1,00
6.1 (5) die Deckennutzlast abgemindert werden, da
Lagesicherheite (C) G;inf 0,90 / 0,95 0,95 (1,0)
der Unterzug als lastweiterleitendes, sog. sekundäres
Bauteil anzusehen ist. Von dieser Möglichkeit wird hier () Q 1,50 1,00
veränderlich
nicht Gebrauch gemacht. Folgende Einwirkungen sind (C) Q 0 0
anzusetzen:
() P 1,00 1,00
Vorspannung
g1k D 30 kN=m (Eigengewicht Unterzug und (C) P 1,00 1,00
Deckenplatte) außergewöhnlich A – 1,00
g2k D 5 kN=m (Bodenaufbau pauschal) a
ständige und vorübergehende Bemessungssituation
qk D 15 kN=m (DIN 1055-3, b
außergewöhnliche Bemessungssituation
c
Kategorie C1: q D 3 kN=m2 / Nachweise für Biegung und Längskraft im Bauzustand dür-
fen nach DIN 1045-1, 5.3.3 (4) bei Fertigteilen unter Ansatz
In der Mitte von Feld 2 fängt der Unterzug eine Stütze ab: reduzierter Teilsicherheitsbeiwerte G D Q D 1;15 geführt
werden
Gk D 150 kN d
(C) ! günstige Wirkung; () ! ungünstige Wirkung
e
Qk D 120 kN Nach DIN 1055-100 dürfen bei ausreichend kleinen Schwan-
kungen der ständigen Einwirkungen, z. B. beim Nachweis der
Für die veränderlichen Einwirkungen qk , Qk gelten Auftriebssicherheit, die Werte G;sup D 1;05 und G;inf D 0;95
folgende Kombinationsbeiwerte (vgl. Tabelle 2.3 ! angesetzt werden.
2.2 Sicherheitskonzept 43

Leiteinwirkung: Qk schnitte die möglichen Beanspruchungen durch Biege-


momente (Momentengrenzlinie).
MEd;B D G .Mgk C MGk / C Q MQk C Q 0 Mqk
D 1;35  .490;0  202;5/
C1;5  .162;0/ C 1;5  0;7  .210;0/ 2.2.4.3 Teilsicherheitsbeiwerte
D 1398;4 kNm des Bauteilwiderstands im GZT

Der Bauteilwiderstand R ist, dem Sicherheitskon-


maßgebend ) MEd;B D 1420;0 kNm
zept entsprechend, mit den Bemessungswerten
Leiteinwirkung ist demnach qk ; da allerdings beide ver- der Baustoffeigenschaften (Festigkeiten) Xd nach
änderlichen Einwirkungen mit identischen Kombinati- Gl. (2.44) zu berechnen.
onsbeiwerten 0 belegt sind, wäre hier offensichtlich ge-
Xk
wesen, dass die Einwirkung, die das größere Stützmo- Xd D
ment erzeugt, Leiteinwirkung sein muss. M
In Abb. 2.18b werden die Momentenlinien des Unterzugs Die Materialteilsicherheitsbeiwerte M nach DIN
für die vier dargestellten Lastanordnungen wiedergege-
ben; die grau unterlegte Fläche beschreibt für alle Quer-
1045-1 bzw. EN 1992-1-1 werden im Folgenden
vorgestellt; die charakteristischen Werte der Baustoff-
Qk festigkeiten Xk enthält Kap. 3.
Qk
Gk Gk
Normenregelung nach DIN 1045-1
qk qk
und EN 1992-1-1
gk gk
Die Teilsicherheitsbeiwerte für Bauteilwiderstände nach
0,50 0,70 A B C DIN 1045-1, 5.3.3 sowie nach EN 1992-1-1, 2.4.2.4 sind
-1- -2-
0,40 einschließlich der für EN 1992-1-1 national festgelegten
5,0 l1 = 8,0 l2 = 12,0 Größen in Tabelle 2.5 zusammengestellt.
a System und Belastung

2.2.4.4 Besonderheiten bei Nachweisen


-1- -2- gegen Ermüdung
M in kNm
-1500
3
-1420 Extremalen, während der Nutzungsdauer eines Bau-
1 werks einmalig auftretenden Einwirkungen kommt für
die Ermüdung (engl. fatigue) nur untergeordnete Be-
-500
deutung zu, da sie nur wenig zur Schädigung bei-
0 tragen. Ein Ermüdungsversagen wird vielmehr durch
188
die Akkumulation, d. h. die Anreicherung der wäh-
2 rend der Nutzung auftretenden Schädigungen ausge-
1000 löst. Der wesentliche Anteil an der Gesamtschädi-
4 gung entsteht daher unter häufig auftretenden Bean-
1608
spruchungen. Der Nachweis gegen Ermüdung ist aus
2000
diesem Grund – im Gegensatz zu den übrigen Nach-
1 min MEd,B ( ) 3 min MEd,1 ( ) weisen im GZT – nicht unter der Prämisse des Ein-
gg = 1,35 gg = 1,00 tretens einer mit Teilsicherheitsbeiwerten belegten ex-
gG = 1,35 gG = 1,35
gq = 1,50 gq = 1,50
tremalen Beanspruchung zu führen. Statt dessen müs-
gQ = 1,50 gQ = 1,50 sen dem Nachweis die Gebrauchslasten zugrunde ge-
( )
legt werden (vgl. Abschn. 2.2.5); der Teilsicherheits-
2 max MEd,1 4 max MEd,2 ( ) beiwert der Einwirkungen F;fat wird zu 1 gesetzt. Die
gg = 1,35 gg = 1,35 in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthaltenen Ermü-
gG = 1,00 gG = 1,35
gq = 1,50 dungsnachweise sind konzeptionell als Betriebsfestig-
gq = 1,50
gQ =0
gQ = 1,50 keitsnachweise zu verstehen. Der Betriebsfestigkeits-
b Momentengrenzlinie
nachweis im engeren Sinne (Stufe 3) wird durch den
Vergleich einer bezogenen Schadenssumme DEd mit
Abbildung 2.18a,b Beispiel 2.6 – Zweifeldträger mit ständi- dem Grenzwert 1 nach Gl. (2.2) geführt.
gen und veränderlichen Einwirkungen; Bemessungsmomente im
GZT für die Grundkombination DEd  1
44 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

Tabelle 2.5 Teilsicherheitsbeiwerte für Bauteilwiderstände Tabelle 2.6 Teilsicherheitsbeiwerte für Ermüdungsnachweise
nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Werte sowie nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Werte und län-
landesspezifisch festzulegende Werte (NDPs) nach NA-D und derspezifisch festzulegende Parameter)
NA-A)
DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)
DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs) EU D A
EU D A
 a Einwir-
F;fat 1,0 1,0 EU EU
Normal- s/v 1;5 1;5c0 1,5 1,5 kungen
  EU
beton (c ) a 1;3 1;3c0 1,2 1,3
Normal-  a
 a c;fat 1;5 1;5c0 1,5 EU EU
Leicht- s/v 1;5 1;5c0 1,5 1,5 beton
  EU
beton (c ) a 1;3 1;3c0 1,2 1,3 Leicht-  a
c;fat 1;5 1;5c0 1,5 EU EU
beton
Beton- s/v 1,15 1,15
EU EU
stahl (s ) a 1,0 1,0 Beton-
s;fat 1,15 1,15 EU EU
stahl
Spann- s/v 1,15 1,15
EU EU
stahl (s ) a 1,0 1,0 Spann-
s;fat 1,15 1,15 EU EU
stahl
a
Für höherfeste Betone ab der Festigkeitsklasse C55/67 bzw.
a
LC55/60 wird der Materialteilsicherheitsbeiwert c nach Für Betone der Festigkeitsklassen C55/67 bzw. LC55/60 und
DIN 1045-1, 5.3.3 (9) mit c0 erhöht, um Einflüsse größerer höher ist c mit c0 D 1=.1;1  fck =500/ zu multiplizieren.
Materialsprödigkeit und größerer Streuungen zu erfassen (vgl.
Abschn. 3.1):
1 Normenregelung nach DIN 1045-1
c0 D ; mit fck in N/mm2 : (2.49)
1;1  fck =500 und EN 1992-1-1
Bei werksmäßig hergestellten Fertigteilen können die Streuun- Die Teilsicherheitsbeiwerte für Ermüdungsnachweise
gen der Betonfestigkeit zum einen durch die industrielle Herstel- nach DIN 1045-1, 5.3.3 bzw. EN 1992-1-1, 2.4.2.3 und
lung, vor allem aber durch Aussonderung von Bauteilen, die Ab- 2.4.2.4 einschließlich der national festzulegenden Werte
nahmekriterien nicht entsprechen, deutlich eingeschränkt wer- nach NA-D und NA-A sind in Tabelle 2.6 zusammenge-
den. Sofern die Einhaltung von Zielwerten der Betonfestigkeit
stellt.
durch Überprüfung am fertigen Bauteil und ggf. Aussonderung
im Rahmen eines mit der Überwachungsstelle abgestimmten
Qualitätssicherungskonzepts gewährleistet werden, kann nach
DIN 1045-1, 5.3.3 (7) c D 1;35 dem Nachweis im GZT zu-
grunde gelegt werden. 2.2.5 Nachweiskonzept
für die Grenzzustände
der Gebrauchstauglichkeit
Die in den Regelwerken als Alternativen vorgege-
benen drei Nachweisstufen erfordern mit zunehmen- Für die Nachweise in den Grenzzuständen der Ge-
der Nachweistiefe eine detailliertere Beschreibung der brauchstauglichkeit, die allgemein Gl. (2.3) folgen,
Einwirkungen, die nicht mehr nur die auftretenden werden Bemessungswerte von Beanspruchungen Ed
Maxima, sondern die gesamte während des Betriebs den Bemessungswerten von Gebrauchstauglichkeits-
auftretende Belastung einschließlich der zugehörigen kriterien Cd gegenübergestellt.
Auftretenshäufigkeit, sog. Lastkollektive, umfasst. Für
spezifische Bauteile sind Lastkollektive normativ ge- Ed  C d
regelt, z. B. für Kranbahnen in DIN 4212 und für Stra-
Um die Einwirkungen auf Gebrauchslastniveau realis-
ßenbrücken in DIN-Fachbericht 102 bzw. EN 1992-2.
tisch zu erfassen, werden die Teilsicherheitsbeiwert der
Dem gegenüber sind für Baustoffe Teilsicherheitsbei-
Einwirkungsseite zu F D 1;0 gesetzt.
werte der Ermüdungsfestigkeiten c;fat und s;fat de-
finiert, die weitestgehend identisch mit den üblichen
Teilsicherheitsbeiwerten des GZT sind (Tabelle 2.6). 2.2.5.1 Bemessungssituationen
Ausführliche Erläuterungen zu Ermüdungsnachweisen
folgen in Kap. 12; zusätzliche Hinweise zum Nach- Nachweise der Gebrauchstauglichkeit erfassen durch
weis bei Betonbrücken sind in Zilch u. a. (2004) zu fin- die Begrenzung von Spannungen, Verformungen und
den. Rissbreiten das Verhalten eines Bauteils während der
2.2 Sicherheitskonzept 45

üblichen Nutzung; außergewöhnliche Ereignisse sind Analog zur Grundkombination kann durch die Über-
für die GZG i. Allg. nicht relevant. Die Nachweise er- führung in Gl. (2.51) eine vereinfachte Ermittlung der
fordern allerdings eine feinere Differenzierung der je- Leiteinwirkung erreicht werden.
weils zu berücksichtigenden Einwirkungen; parallel zu X X
den repräsentativen Werten von Einwirkungen werden Ed;rare D Gk;j C Pk C 0;i  Qk;i
folgende Bemessungssituationen vereinbart: j i 1

• seltene Situation (engl. rare) C.1  0;1 /  Qk;1 (2.51)


! Auftreten irreversibler Auswirkungen
• häufige Situation (engl. frequent)
! Auftreten reversibler Auswirkungen Häufige Kombination
• quasi-ständige Situation (engl. permanent)
! Langzeitauswirkungen. Häufig, d. h. während etwa 5% der Nutzungszeit auf-
tretende Einwirkungen für Nachweise reversibler Be-
Bei einigen Gebrauchseigenschaften führt bereits die messungssituationen werden durch Gl. (2.52) definiert.
einmalige Überschreitung des Grenzzustandes zu ir- Eine vereinfachte Ermittlung der Leiteinwirkung er-
reversiblen Auswirkungen; z. B. bleiben nicht tolera- laubt Gl. (2.53).
ble, klaffende Risse zurück, wenn die Betonstahlbe- X
wehrung im Riss nur einmal während der Nutzungs- Ed;frequ D Gk;j C Pk C 1;1  Qk;1
dauer die Streckgrenze überschreitet. Um dies zu ver- j
hindern, ist nachzuweisen, dass dies selbst unter der X
C 2;i  Qk;i (2.52)
größten, während der Nutzung zu erwartenden Bean-
i >1
spruchung – dem seltenen Ereignis – nicht eintritt. X X
Dem gegenüber kann das mehrmalige Auftreten re- Ed;frequ D Gk;j C Pk C 2;i  Qk;i
versibler Effekte während der Nutzungsdauer durchaus j i 1

akzeptiert werden; einem rechnerischen Nachweis wä- C .1;1  2;1 /  Qk;1 (2.53)
ren dem entsprechend Beanspruchungen zugrunde zu
legen, die im Vergleich zum seltenen Ereignis häufiger
eintreten können. Für Nachweise, die Langzeitauswir- Quasi-ständige Kombination
kungen wie z. B. die langfristig zu erwartenden Verfor-
mungen infolge Kriechen betreffen, sind lediglich die Die quasi-ständige Einwirkungskombination nach
quasi-ständig vorliegenden Beanspruchungen relevant. Gl. (2.54) erfasst für Nachweise von Langzeitaus-
wirkungen die im zeitlichen Mittel vorliegenden
Einwirkungen.
2.2.5.2 Einwirkungskombinationen in den GZG
X X
Ed;perm D Gk;j C Pk C 2;i  Qk;i (2.54)
Analog zu den Einwirkungskombinationen im GZT j i 1
folgen die Kombinationen in den Grenzzuständen der
Gebrauchstauglichkeit dem Konzept der Leiteinwir- Beispiel 2.7
kung. In der formalen Darstellung der Kombinationen Für den in Abb. 2.18 (Beispiel 2.6) vorgestellten, über
zwei Felder durchlaufenden Unterzug sollen die Bemes-
wird auf das Anschreiben von F D 1;0 verzichtet.
sungsmomente der seltenen Einwirkungskombination im
GZG ermittelt werden. Mit den charakteristischen Bean-
Seltene Kombination spruchungen aus Beispiel 2.6 folgt für das selten auftre-
tende Stützmoment MEd;rare;B nach Gl. (2.50):
Die seltene oder charakteristische Kombination nach
Gl. (2.50) entspricht der um die Teilsicherheitsbei- MEd;rare;B D Mgk C MGk C Mqk C 0  MQk
werte reduzierten Grundkombination für Nachweise
D 490;0  202;5  210;0  0;7  162;0
ständiger/vorübergehender Bemessungssituationen im
GZT. Sie stellt den auf Gebrauchsniveau zu erwarten- D 1015;9 kNm :
den Höchstwert bzw. den im Mittel einmal in 50 Jahren
Die Überprüfung zweier Leiteinwirkungen (qk , Qk ) er-
auftretenden Wert der Einwirkungen dar.
X übrigt sich hier, da in Beispiel 2.6 als Leiteinwirkung qk
Ed;rare D Gk;j C Pk C Qk;1 identifiziert wurde und die seltene Einwirkungskombina-
tion wird mit den gleichen Kombinationsbeiwerten gebil-
j
X det wird wie die Grundkombination. Die maßgebenden
C 0;i  Qk;i (2.50) Momentenlinien sind in Abb. 2.19 der Momentengrenz-
i >1
linie des GZT aus Abb. 2.18 gegenübergestellt.
46 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

-1- -2- ßen und Spannungen wesentlich. Bei asymmetrischen


Querschnitten – z. B. einseitigen Plattenbalken – liegen
M in kNm
-1500
die Hauptachsen I und II gegenüber dem eingezeich-
neten y–z-System um ˇ nach Gl. (2.55) gedreht.
-1016 1
2Iyz
-500 tan.2ˇ/ D (2.55)
Iz  Iy
0
115 Allerdings sind bei einseitigen oder asymmetrischen
2
Plattenbalken des Massivbaus Besonderheiten durch
1000
die i. Allg. monolithische Verbindung zu Deckenplat-
1145 ten oder querlaufenden Unterzügen zu berücksichtigen
Hüllfläche der Bemessungs-
momente im GZT 3 (vgl. Abschn. 6.4.2).
2000

1 min MEd,rare,B ( ) 2 max MEd,rare,1 ( ) 2.3.1.1 Schnittgrößen und Verformungsgrößen


Y0 Qk
Gk
qk qk Gk Am räumlichen Stabelement wirken die in Abb. 2.20
gk gk
für das positive Schnittufer dargestellten 6 Schnittgrö-
ßen.6 Für den ebenen, i. Allg. auf das x–z-System be-
3 max MEd,rare,2 ( )
zogenen Fall wird die Anzahl der Schnittgrößen auf 3
Qk reduziert.
Gk
Y0 q k ˚ T
gk allgemein: Nx Vy Vz T My Mz ; (2.56a)
˚ T
Abbildung 2.19 Beispiel 2.7 – Momentenlinien der seltenen eben: Nx Vz My (2.56b)
Einwirkungskombination und zugehörige Lastanordnungen
Im Unterschied zu den übrigen Schnittgrößen wirkt
das Torsionsmoment T nicht im Querschnittsschwer-
punkt sondern im Schubmittelpunkt. Für den Quer-
2.3 Bezugsachsen und Querschnittswerte schnitt nach Abb. 2.20 fallen beide Punkte allerdings
zusammen.
2.3.1 Koordinatensysteme Die verformte Lage eines beliebigen Punktes des
räumlichen Stabes kann in Bezug zur unverformten
und Bezugsachsen Lage durch äußere Verformungsgrößen, ausgedrückt
durch einen Verschiebungsvektor u und einen Ver-
Die Definition von Koordinatensystemen sowie zu- drehungsvektor ' eindeutig beschrieben werden. Die
geordneten Kraft- und Weggrößen folgt der klassi- Komponenten der beiden Vektoren werden zweckmä-
schen Theorie der Stabtragwerke. In diesem Band ßig auf die kartesische Basis (der unverformten Lage)
werden ausschließlich lokale, rechtshändige, kartesi- bezogen und beschreiben damit gleichzeitig die kine-
sche Basen verwendet. Per Definition fällt die lokale matischen Freiheitsgrade (Abb. 2.20). Für ebene Pro-
x-Achse mit der Querschnittsschwerachse zusammen, bleme verbleiben 3 äußere Verformungsgrößen bzw.
die y-Achse spannt mit der z-Achse eine zur Schwer- Freiheitsgrade.
achse normale Ebene auf, die i. Allg. als Schnittebene 8 9 8 9
ˆ u > ˆ >
im Sinne des Schnittprinzips angesehen wird. Schnitt- ˆ
< x= > < 'x >
ˆ =
ufer erhalten durch das lokale Koordinatensystem ih- allgemein: u D uy ; ' D 'y ; (2.57a)
ˆ > ˆ >
re Orientierung: Am positiven Schnittufer bildet die :̂ u > ; :̂ ' >;
z z
positive x-Achse die Normale, am negativen Schnitt- ( )
ufer dagegen die negative x-Achse. Die y- und die ux ˚ 
z-Achse repräsentieren die Querschnittshauptachsen, eben: u D ; ' D 'y : (2.57b)
uz
sofern für das Zentrifugalmoment Iyz D 0 gilt. Für
symmetrische Querschnitte stellt die Symmetrieachse
eine der Trägheitshauptachsen dar. Bei Bezug auf die 6
Definition positiver Schnittgrößen (vgl. Krätzig u. Wittek
Trägheitshauptachsen vereinfachen sich die für homo- 1995): Eine Schnittgröße ist positiv, wenn ihre Vektorkompo-
gene Querschnitte mit ideal elastischem Materialver- nenten am positiven (negativen) Schnittufer in Richtung der zu-
halten geltenden Beziehungen zwischen Schnittgrö- gehörigen positiven (negativen) Achse der lokalen Basis weisen.
2.3 Bezugsachsen und Querschnittswerte 47

y Vy uy
N ux
x

jy
My T
Vz uz jx
z

Mz jz

a Koordinatensystem b Schnittgrößen c Äußere Verformungsgrößen

Abbildung 2.20a–c Positive Stabschnittgrößen am positiven Schnittufer, zugehörige äußere Verformungsgrößen

Korrespondierend zu den Schnittgrößen existieren


für einen Abschnitt der Länge dx des allgemeinen Stab x
sechs, für den ebenen Fall drei innere Verformungsgrö-
ßen (Abb. 2.21): z
r
d jy
˚ T dx
allgemein: "x xy xz y z #x ; (2.58a)
eben: f"x  gT : (2.58b)
z

ux ux+dux
2.3.1.2 Bezugsachsen dx
dx+ exdx
Die Bezugsachse für Schnittgrößen, Verformun- dj y
du x
gen, etc. ist gewöhnlich die x-Achse des lokalen ex =
=
dx
ky =
=
dx
Koordinatensystems, also die Schwerachse des Brutto-
a Längsdehnung b Krümmung
querschnittes (vgl. Abschn. 2.3.3). Allerdings können
als Bezugspunkte neben dem Schwerpunkt nahezu
beliebige Querschnittspunkte gewählt werden, sofern dx
x
die entstehenden Exzentrizitäten der Schnittgrößen
berücksichtigt werden. Ein weiterer Gesichtspunkt
z
ist eine im Zuge des Baufortschrittes veränderte
g g
Lage des Schwerpunktes wie z. B. bei Fertigteilen, dws
die durch Ortbeton ergänzt werden. Eine Umrech-
nung der Schnittgrößen vom Bau- zum Endzustand djx

unter Berücksichtigung der Exzentrizitäten ist hier


unumgänglich. dws dj x
J=
=
dx
Bei gevouteten Trägern nach Abb. 2.22 weist dx r x
die Schwerachse einen Knick auf, an dem in den
Verläufen von Normal- und Querkraft Unstetigkei-
dw s
ten entstehen. Anstelle eines Schnittes normal zur g xz =
= g dx = r J dx = r djx
dx
Schwerachse kann alternativ auch ein vertikaler
c Schubverzerrung d Verwindung
Schnitt geführt werden; die Berechnung erfolgt in
diesem Fall mit Longitudinal- und Transversalkräf- Abbildung 2.21a–d Innere Verformungsgrößen (nach Krätzig
ten L und T . Da im Massivbau Nachweise auf u. Wittek 1995)
Schnittgrößenebene geführt werden, ist allerdings
von elementarer Bedeutung, dass die einwirken-
den Kräfte fN V M gT bzw. fL T M gT und die schnitte zu beziehen sind. In Abb. 2.22 gelten
Bauteilwiderstände jeweils auf zugehörige Quer- für Nachweise auf der Basis von Longitudinal-
48 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

A Schwerachse
B
schnitt deutlich verringertes Eigengewicht – häufig
als biegebeanspruchte Tragglieder eingesetzt. Die
h monolithische Verbindung eines Steges mit einer
Druckplatte wirft allerdings einige Probleme bei
A der rechnerischen Behandlung auf. Zur Erläuterung
B
bw
soll zunächst ein Plattenbalken aus homogenem,
A
ideal elastischem Material, der als Einfeldträger mit
Gleichlasten beansprucht wird, betrachtet werden.

A
Verlauf der Schwerachse
2.3.2.1 Tragverhalten bei Biegung –
h’/2
Modellvorstellung
ME
Fc
z’ d’ Bei Biegebeanspruchung wirkt die Platte als Druck-,
V = NE h’/2 der Steg als Zuggurt; mit zunehmendem Abstand von
VE
Fs den Stegen entzieht sich der Druckgurt allerdings
Kräfte am Schnitt A-A der Lastabtragung durch nichtebene Verzerrungen
a
des Querschnittes; die Druckspannungen nehmen mit
zunehmendem Abstand vom Steg ab (Abb. 2.23).
Ein Ebenbleiben der Querschnitte über die gesamte
a Normal- und Querkraft Breite ist demnach nicht mehr vorauszusetzen. Das
B Tragverhalten der Platte kann näherungsweise durch
eine Berechnung als Scheibe, die durch Randschub-
spannungen beansprucht wird (vgl. Girkmann 1959)
B oder mit Hilfe der Methode der finiten Elemente
System durch eine Abbildung des Plattenbalkens als Faltwerk
erfasst werden. Um eine aufwändige Berechnung zu
Fc vermeiden, wird die unebene Spannungsverteilung
ME h/2 durch einen flächengleiche Verteilung mit über die
V
= z* d* Breite beff konstanten Spannungen, die dem – i. d. R.
Fs LE unmittelbar über dem Steg auftretenden – Maximal-
TE h/2
wert entsprechen, ersetzt. Der reale Querschnitt wird
a also auf einen fiktiven Ersatzquerschnitt mit sog.
Kräfte am Schnitt B-B
mitwirkender Breite beff reduziert, der unter der An-
nahme einer ebenen Dehnungsverteilung die gleichen
b Longitudinal- und Transversalkraft maximalen Spannungen aufweist wie der tatsächliche
Querschnitt. Die räumlich komplexe Tragwirkung des
Abbildung 2.22a,b Gevouteter Träger – Schnittgrößen bei Be- Plattenbalkens wird damit für die Berechnung auf
zug auf unterschiedliche Achsen
ein ebenes Stabelement reduziert. Die mitwirkende
Plattenbreite ist neben der Querschnittsgeometrie
allerdings auch von der Lastanordnung und den
und Transversalkräften gegenüber den Nach- Lagerungsbedingungen abhängig. Zum Verständnis ist
weisen mit Normal- und Querkräften veränderte die in Abb. 2.24 wiedergegebene, mechanisch nicht
Querschnittswerte. völlig korrekte Modellvorstellung hilfreich: Ausge-
hend vom Auflager werden die Druckspannungen
allmählich durch Schubspannungen im Anschluss
Steg-Platte in den Druckgurt eingeleitet und strahlen
2.3.2 Mitwirkende Breite von Plattenbalken mit zunehmender Entwicklungslänge weiter in die
Platte aus. Die mitwirkende Breite in Feldmitte ist
Profilierte Querschnitte wie Plattenbalken werden damit in erheblichem Maß von der Spannweite des
wegen ihrer werkstoffgerechten und wirtschaftli- Plattenbalkens abhängig.
chen Formgebung – reduzierter Querschnitt der Beton weist im Unterschied zum bisher betrachte-
Zugzone und damit gegenüber einem Rechteckquer- ten, homogen elastischen Material bei hohen Druckbe-
2.3 Bezugsachsen und Querschnittswerte 49

beff
x
sx obere x
Randspannung sx max sx sx
beff

Nullinie Nullinie
beff,1 bw beff,2
max sx
max sx b1 b2

a Druckspannungsverteilung b Idealisierung c Bezeichnungen


bei Biegebeanspruchung

Abbildung 2.23a–c Plattenbalken – Verteilung der Druckspannungen und Idealisierung durch mitwirkende Breite (nach Brendel
1960); Bezeichnungen

2.3.2.2 Mitwirkende Breite bei Durchlaufträgern


Zugtrajektorien
Drucktrajektorien Bei biegebeanspruchten Durchlaufträgern (Abb. 2.25a)
übernehmen die Momentennullpunkte im Hinblick auf
die Ausstrahlung der Spannungen die Funktion der
Auflager. Zur Bestimmung der mitwirkenden Breite

M
Abbildung 2.24 Plattenbalken – Hauptspannungstrajektorien in
Steg und Platte A A-A

beff
anspruchungen ein ausgeprägt nichtlineares, z. T. plas-
tisches Verhalten auf. Durch lokale Plastifizierungen
der Druckplatte in Stegnähe können Bereiche mit grö-
ßerem Abstand zum Steg, die sich bisher der Lastab- Näherung
A
tragung entzogen haben, aktiviert werden. Die mitwir- Vereinfachung
wirklich
beff = const.
kende Breite wächst also bei hohen Beanspruchungen a Biegung
z. T. deutlich an.
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 verankerten
Beziehungen zur Berechnung der mitwirkenden Brei- F
te wurden auf elastizitätstheoretischer Grundlage für F
einen beidseitig gelenkig gelagerten, symmetrischen, N
einfeldrigen Plattenbalken unter Gleichlastbeanspru- b~
~ 35° A A-A
chung für den Ort des größten Feldmomentes abgelei-
tet. Die rechnerisch mitwirkende Plattenbreite gibt da-
beff

her für die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit,


d. h. bei annähernd linearem Materialverhalten des Be-
tons, eine brauchbare Näherung an. Für die Grenzzu-
stände der Tragfähigkeit ist – abhängig von der Hö-
he der Beanspruchungen der Betondruckplatte – ei- A s = const.
ne deutlich größeren mitwirkenden Breite zu erwarten.
Der für den Gebrauchszustand ermittelte Wert für beff b Normalkraft

stellt allerdings eine i. Allg. auf der sicheren Seite lie- Abbildung 2.25a,b Plattenbalken als Durchlaufträger – mitwir-
gende Abschätzung dar. kende Plattenbreite
50 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

können Durchlaufträger daher auf eine Kette von Ein- Normenregelung nach DIN 1045-1
feldträgern, die durch die Momentennullpunkte abge- und EN 1992-1-1
grenzt werden, reduziert werden. Für elastisches Mate- Die mitwirkende Breite beff für Plattenbalken darf für Bie-
rial gilt die Modellvorstellung der mitwirkenden Breite gebeanspruchung infolge annähernd gleichmäßig verteil-
ter Einwirkungen nach DIN 1045-1, 7.3.1 sowie nach
ebenfalls bei Zugbeanspruchung; die im Bereich ne- EN 1992-1-1, 5.3.2.1 angenommen werden zu:
gativer Stützmomente zugbeanspruchte Platte folgt in
X
Bezug auf die mitwirkende Breite also den gleichen beff D beff;i C bw (2.59)
Gesetzmäßigkeiten wie im Bereich der Druckbean-
spruchungen. Bei Stahlbetonbauteilen gilt die mitwir- mit
kende Breite für Zuggurte allerdings nur, solange der
beff;i D 0;2bi C 0;1  l0  0;2  l0
Gurt in ungerissenem Zustand verbleibt. Bilden sich
 bi : (2.60)
in der gezogenen Platte Risse, muss die Zugkraft zu-
mindest in den Rissen vollständig durch die Beweh- Hierbei sind (vgl. Abbn. 2.23, 2.26 und 2.27):
rung aufgenommen werden. Die mitwirkende Breite
des Zuggurts reduziert sich im Wesentlichen auf den l0 die wirksame Stützweite
Wirkungsbereich Ac;eff der Bewehrung. Nähere Anga- bi die tatsächliche Gurtbreite
ben hierzu folgen in Abschn. 11.4.3. bw die Stegbreite.
Für Schnittgrößenermittlung und Bemessung sind Bei Platten, die im Stegbereich Vouten aufweisen, ist die
die berechneten, auf den Querschnitt des maxima-
Stegbreite bw entsprechend DIN 1045-1 nach Abb. 2.26
len Biegemomentes bezogenen, mitwirkenden Breiten
um die unter einem Winkel von 45ı ermittelte Breite
i. Allg. für den gesamten zugehörigen Bereich anzuset-
bv zu vergrößern. Die wirksame Stützweite l0 , die bei
zen (vgl. Abb. 2.25a). Bei durchlaufenden, annähernd
annähernd gleichmäßig verteilten Einwirkungen dem
gleichmäßig beanspruchten Trägern ist für die Vertei-
Abstand der Momentennullpunkte entspricht, kann bei
lung der Biegeschnittgrößen der Einfluss der verrin-
annähernd gleichen Steifigkeitsverhältnissen der Ein-
gerten Steifigkeit in den kurzen Bereichen der Zwi-
zelfelder näherungsweise aus Abb. 2.27 entnommen
schenauflager gewöhnlich nur von geringem Einfluss.
werden. Nach EN 1992-1-1 sollte für die Anwendung von
Für die Schnittgrößenermittlung ist es in diesen Fällen
Abb. 2.27 das Verhältnis der Stützweiten benachbarter
ausreichend, die mitwirkenden Breite konstant über die
Felder zwischen 2=3 und 3=2 liegen.
zugehörige Feldlänge anzusetzen (vgl. DAfStb 2003).

2.3.2.3 Mitwirkende Breite 45°


bv
bei Normalkraftbeanspruchung
hf

Im Bereich der Auflagerpunkte – z. B. durch Vorspan-


hv

nung – eingeleitete Normalkräfte wirken ähnlich wie


Beanspruchungen aus Biegung; über eine Entwick-
lungslänge werden sich z. B. Druckspannungen über beff,i

den Querschnitt ausbreiten. Bei Durchlaufträgern sind bi


bw
allerdings Unterschiede zu berücksichtigen: Die Aus-
breitung der Spannungen und damit die mitwirkende Abbildung 2.26 Mitwirkende Breite – Bezeichnungen, Anrech-
Breite ist wesentlich von den Übergangsbedingungen nung von Vouten nach DIN 1045-1
bzw. den Festhaltungen abhängig. Am Beispiel des
Durchlaufträgers in Abb. 2.25b wird deutlich, dass für
die gegebene Einwirkung am Zwischenauflager wegen l0 = 0,85 leff,1 l0 = 0,7 leff,2
der fehlenden Festhaltung keine Einschnürung mög- l0 = 0,15 (leff,1 + leff,2)
lich ist. Außerhalb der Krafteinleitungsbereiche kann
daher für Normalkraftbeanspruchungen i. Allg. die ge- leff,3
leff,1 leff,2
samte Plattenbreite als mitwirkend angesehen werden.
In Konsequenz müssen Biegemomente aus Vorspan- Kragarm:
DIN 1045-1: l0 = 1,5 leff,3
EN 1992-1-1: l0 = 0,15 leff,2 + leff,3
nung i. Allg. unter Ansatz der gesamten Breite bzw.
den damit berechneten Querschnittswerten ermittelt Abbildung 2.27 Angenäherte wirksame Stützweiten `0 zur Be-
werden. rechnung der mitwirkenden Plattenbreite
2.3 Bezugsachsen und Querschnittswerte 51

2.3.3 Kennwerte Fleßner 1962). Die Kennwerte des Bruttoquerschnitts


des ungerissenen Querschnitts werden als Näherung für die Vorbemessung, d. h.
zu einem Zeitpunkt, in dem die Bewehrungsmenge
unbekannt ist verwendet. Kenngrößen mit Bezug auf
Im Stahlbeton- und insbesondere im Spannbetonbau
den Bruttoquerschnitt werden mit dem Index „c“
werden drei Typen von Querschnittswerten mit jeweils
versehen (Abb. 2.28).
unterschiedlicher mechanischer Aussagekraft verwen-
X
det: Ac D Ajc ; (2.61)
• Bruttoquerschnitt j
P
• Nettoquerschnitt j Ajc zQcj
• Ideeller Querschnitt. zc D ; (2.62)
Ac
X X  2
Der Bruttoquerschnitt entspricht einem homogenen Icy D j
Icy C Ajc zcj (2.63)
Betonquerschnitt mit den äußeren Abmessungen j j
des realen Querschnitts. Betonstahl oder Spannstahl
werden nicht gesondert berücksichtigt; die Kennwerte
werden daher von der Menge der Bewehrung, dem Ajc Bruttofläche des Teilquerschnitts j
Verpresszustand der Spanngliedhüllrohre, etc. nicht zQcj Koordinate des Schwerpunktes des Teilquer-
beeinflusst. Der Nettoquerschnitt bezeichnet den schnittes j mit Bezug auf ein beliebig gewähltes
reinen Betonquerschnitt, d. h. den Bruttoquerschnitt Querschnittskoordinatensystem
abzüglich der Bewehrung. Schließlich repräsentiert zc Koordinate des Gesamtquerschnittsschwerpunk-
der ideelle Querschnitt den realen Verbundquerschnitt; tes im gewählten Querschnittskoordinatensystem
in den Kenngrößen sind die Bewehrungslagen mecha- (zQc )
j
nisch korrekt, d. h. mit den Quotienten der E-Moduli zc Koordinate des Schwerpunktes des Teil-
von Bewehrung und Beton berücksichtigt. querschnittes j im Koordinatensystem des
Die Kennwerte gerissener Querschnitte werden – Gesamtquerschnittsschwerpunktes
abhängig von der vorherrschenden Beanspruchung,
zcj D zQcj  z c
z. B. Zug oder Biegung – im Zusammenhang mit der
Berechnung von Spannungen und Verformungen in Für Stahlbetonbauteile stellen Bruttoquerschnittswer-
Kap. 10 dieses Bandes hergeleitet. te generell eine ausreichend genaue Näherung für die
Schnittgrößenermittlung und die Bemessung dar. Im
Unterschied dazu reagieren Nachweise z. B. der Bau-
2.3.3.1 Bruttoquerschnittswerte teilrandspannungen (! Dekompressionsnachweis) für
Spannbetonbauteile deutlich empfindlicher auf Verän-
Bruttoquerschnittswerte können durch Zerlegung des derungen der Querschnittswerte. Bei der Bemessung
Querschnittes in geometrisch einfache Formen, z. B. von Spannbetonbauteilen ist daher grundsätzlich ei-
Trapeze, ermittelt werden. Bei beliebigen Querschnit- ne exaktere Berechnung unter Verwendung der jeweils
ten mit ggf. unregelmäßigen Berandungen ist die zutreffenden Netto- bzw. ideellen Querschnittswerte
Anwendung von Konturintegralen zweckmäßig (vgl. erforderlich.

~
zc1 Ac1
Sc1
~ zc Dzn Sn
zc ~
zc2 Ac2 yn Dzi
yc Si
Sc yi
zc zn
zcp znp zip
Sc2 zcs An zns Ai zi zis
_ 1)A
(a p -
Ap p

As _ 1)A
(a s - s

b Nettoquerschnitt c ideeller Querschnitt


a Bruttoquerschnitt
(Index “c”) (Index “n”) (Index “i”)

Abbildung 2.28a–c Querschnittswerte, Bezeichnungen


52 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

2.3.3.2 Nettoquerschnittswerte des E-Moduls; per Definition wird der E-Modul des
Betons (i. d. R. Sekantenmodul Ecm ) verwendet. Mit
Nettoquerschnittswerte beschreiben den reinen Beton- Es Ep
querschnitt abzüglich der Bewehrungsstränge. Sie wer- ˛s D ; ˛p D (2.67)
Ec Ec
den u. a. bei Betrachtungen zur Interaktion von Be-
ton und Bewehrung auf Querschnittsebene (! Krie- können die ideellen Querschnittswerte bei Bezug auf
chen, Schwinden, Vorspannung) genutzt. Kenngrößen, das Schwerpunktskoordinatensystem des Bruttoquer-
die Bezug auf den Nettoquerschnitt nehmen, werden schnitts wie folgt berechnet werden.
mit „n“ indiziert. Bei Bezug auf das Schwerpunktsko- Ai D Ac C .˛s  1/As C .˛p  1/Ap ; (2.68)
ordinatensystem des Bruttoquerschnitts folgt: P j j P k k
X X .˛s  1/ j As zcs C .˛p  1/ k Ap zcp
An D Ac  Ajs  Akp ; zi D ;
(2.64) Ai
j k (2.69)
P j j P X  2
j As zcs C Akp zcp
k
j j
zn D 
k
; (2.65) Ii;y D Icy C Ac zi C .˛s  1/
2
As zis
An j
X    2
Iny D Icy C Ac zn2  Ajs j 2
zns X
C.˛p  1/ Akp zipk (2.70)
j
 2 k
X
 Akp znp
k
: (2.66) Bei Spannbetonbauteilen wird der Beitrag der Be-
k tonstahlbewehrung zu den ideellen Querschnittswerten
häufig vernachlässigt.
In den Gln. (2.64–2.66) bezeichnen j und k jeweils
Bewehrungslagen mit gleicher z-Koordinate. Im Beispiel 2.8
Spannbetonbau werden sog. Nettoquerschnittswer- Die Auswirkungen des Ansatzes unterschiedlicher Quer-
te auch zur Beschreibung des Zustandes vor dem schnittswerte werden anhand des vorgespannten Platten-
balkens nach Abb. 2.29 deutlich. Die zur Berechnung der
Herstellen des Verbundes, d. h. dem Verpressen der ideellen Querschnittswerte erforderlichen E-Moduli sind:
Hüllrohre (Vorspannung mit nachträglichem Verbund)
bzw. allgemein zur Beschreibung von Bauteilen mit Ec D 28 300 N/mm2 (Betonfestigkeitsklasse C30/37)
Vorspannung ohne Verbund verwendet. Bei dieser Es D 200 000 N/mm2
Definition sind lediglich die von den Spannglie- Ep D 195 000 N/mm2
dern bzw. den Hüllrohren eingenommenen Flächen
im Querschnitt vom Bruttoquerschnitt abzuziehen In der Zusammenstellung werden die wesentlichen Quer-
(vgl. Definition des „ideellen Nettoquerschnitts“ in schnittskenngrößen wiedergegeben; zs ist hierbei der Ab-
stand zwischen Schwerpunkt und oberem Querschnitts-
Abschn. 5.2.5). rand. Die Prozentzahl in Klammern beschreibt jeweils die
Veränderung gegenüber den Bruttoquerschnittswerten.
zs A Iy
2.3.3.3 Ideelle Querschnittswerte
Brutto 0,318 m 0,438 m2 40;54  103 m4
Netto 0,311 m 0,433 m 2
39;20  103 m4
Ideelle Querschnittswerte beziehen sich auf Quer-
schnitte mit im Verbund liegender Bewehrung und (–2,2%) (–1,0%) (–3,3%)
repräsentieren damit Stahlbetonquerschnitte bzw. Ideell 0,349 m 0,464 m2 48;02  103 m4
Spannbetonquerschnitte nach Verpressen der Hüll- (+9,8%) (+6,0%) (+18,5%)
rohre (Vorspannung mit nachträglichem Verbund) In Abb. 2.29 ist die Spannungsverteilung infolge des sta-
sowie allgemein Querschnitte mit Spannbewehrung tisch bestimmten Anteils der Vorspannung für Brutto-
in sofortigem Verbund. Die Eigenträgheitsmomente und ideelle Querschnittswerte wiedergegeben.
der Bewehrungslagen sind i. d. R. klein gegenüber den
anderen Anteilen der Flächenträgheitsmomente und
werden vernachlässigt. Kennwerte mit Bezug auf den
ideellen Querschnitt werden mit dem Index „i“ ver- 2.4 Idealisierungen des Tragsystems
sehen. Zur einheitlichen Anrechnung verschiedener,
im starren Verbund liegender Werkstoffe erfordert die Tragwerke müssen für die Schnittgrößenermittlung
Berechnung ideeller Querschnittswerte einen Bezugs- und Bemessung im Rahmen der Modellbildung auf
wert der elastischen Verformungseigenschaften, d. h. statische Systeme zurückgeführt werden. Da eine
2.4 Idealisierungen des Tragsystems 53

1,50
3,30 2,53 (-23,3%)
S1 zc=0,318 0,15

A1 -4,57
S Dzi=0,031
dp=0,82
ds=0,90

-4,31
Si

1,00
brutto

0,85
S2
ideell

Ap=18,6cm2 Pmt= 2000 kN


(spmt = 1075 N/mm2)
As=25,1cm2
A2 -17,09 -21,47
(-20,4%)
0,25
a Querschnitt b Spannungsverteilung infolge Vorspannung

Abbildung 2.29a,b Beispiel 2.8 – Auswirkungen unterschiedlicher Querschnittswerte auf die Spannungsverteilung infolge Vor-
spannung

exakte Abbildung der Wirklichkeit nicht möglich ist, des Brückenbaus ein. Balken oder Platten, die auf
werden Idealisierungen erforderlich. Fehler, die aus Mauerwerk oder Betonwänden ohne Anschlussbeweh-
Abweichungen zwischen realem Tragverhalten und rung aufbetoniert werden, können als frei drehbar
idealisiertem System entstehen, werden z. T. durch gelagert angesehen werden, sofern die freie Verfor-
konstruktive Regeln aufgefangen. mung nicht durch Auflasten o. ä. behindert wird. Ei-
ne gelenkige Lagerung bedeutet allerdings auch, dass
sich Drehbewegungen z. B. aus der Biegeverformung
2.4.1 Lagerungsbedingungen des Balkens bzw. der Platte einstellen können, die
zu einem teilweisen Aufreißen der Lagerfuge führen
können.
Die für das statische System angenommenen Lage-
rungsbedingungen wirken sich entscheidend auf Größe
und Verteilung der Schnittgrößen aus. Eindeutige La- 2.4.1.2 Teilweise Einspannung
gerungsverhältnisse liegen nur in wenigen Fällen vor
und werden – wie z. B. im Brückenbau üblich – im Die freie Drehbarkeit wird durch Auflasten z. B.
Wesentlichen nur durch die Anordnung spezieller La- aus aufgehenden Wänden oder durch einen mono-
ger geschaffen. In der Mehrzahl der Fälle werden sich lithischen Anschluss an stützende Bauteile (z. B.
durch die monolithische Verbindung von Balken oder Anschluss von Balken oder Platten an Unterzüge ohne
Platten mit Stützen, Wänden oder Unterzügen Lage- speziell dafür ausgelegte Einspannbewehrung) behin-
rungsbedingungen einstellen, die zwischen der freien dert. Die aus der teilweisen Einspannung entstehenden
Drehbarkeit (gelenkige Lagerung) und der vollständi- Zwängungen bzw. Biegemomente brauchen bei Be-
gen Behinderung der Verdrehung (starre Einspannung) folgung konstruktiver Regeln i. d. R. nicht explizit
liegen. Für übliche Hochbauten erlauben DIN 1045-1 berücksichtigt werden. Beispielsweise muss an gelen-
und EN 1992-1-1 erhebliche Idealisierungen der Lage- kig angenommenen Endauflagern zur Aufnahme der
rungsbedingungen; im Einzelfall muss der Einspann- rechnerisch nicht berücksichtigten Einspannmomente
grad aus dem Verformungsvermögen der Verbindung konstruktiv obere Bewehrung angeordnet werden (vgl.
zweier Bauteile bzw. der Steifigkeit der Bauteile selbst Kap. 15).
ermittelt werden; die folgenden Erläuterungen können
lediglich als Anhalt dienen.
2.4.1.3 Einspannung

2.4.1.1 Frei drehbare Lagerung Eine planmäßige Einspannung muss durch die explizi-
te Bemessung für das Einspannmoment und eine ent-
Eine vollständig frei drehbare Lagerung stellt sich sprechende Bewehrungsführung erreicht werden. Der
im Wesentlichen nur bei Anordnung spezieller La- Einspanngrad ist dabei abhängig von den Steifigkeits-
ger, z. B. Elastomerlager bzw. Lagerkonstruktionen verhältnissen der verbundenen Bauteile.
54 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise

Normenregelung nach DIN 1045-1


Nach DIN 1045-1, 7.3.2 (1) dürfen durchlaufende Balken
h h
und Platten des üblichen Hochbaus unter der Annahme
frei drehbarer Lagerung berechnet werden. Sofern der ln
ai ln
ai
Balken bzw. die Platte monolithisch mit den Innen- leff leff
auflagern verbunden ist, sind in Zusammenhang mit
der Annahme freier Drehbarkeit Mindestmomente am
a
a
3
ai
a
2
a ai = min ( (
h a
,
2 2

Auflageranschnitt zu berücksichtigen (vgl. Abschn. 2.4.3). a Endauflager - frei drehbar b Endauflager - monolitische
Verbindung (volle Einspannung)
In rahmenartigen Tragwerken des üblichen Hochbaus
darf nach DIN 1045-1, 7.3.2 (6) bei Innenstützen, die mit
h h
Balken biegefest verbunden sind, die Rahmenwirkung
vernachlässigt werden, wenn alle horizontalen Kräfte a ai
ln ln
ai
durch aussteifende Scheiben aufgenommen werden und leff
leff
wenn das Stützweitenverhältnis benachbarter Felder mit Mittellinie a a
ai =
annähernd gleicher Steifigkeit 0;5 < leff;1 = leff;2 < 2;0 des Lagers 2
c Endauflager mit Lagerkörper d durchlaufende Bauteile
beträgt. An Endauflagern muss dagegen eine Rahmen-
wirkung stets erfasst werden.

h
ai
ln h
Normenregelung nach EN 1992-1-1 leff
ln
EN 1992-1-1, 5.3.2.2 (2) erlaubt analog zu DIN 1045-1
a leff
die Berechnung durchlaufender Platten und Balken unter a ai =
ai = 0
2
der Annahme frei drehbarer Lagerung bei Beachtung
e Kragarm eines f freier Kragträger
entsprechender Mindestmomente. Durchlaufträgers

Abbildung 2.30a–f Beispiele zur Bestimmung der effektiven


Stützweite von Balken und Platten nach DIN 1045-1 und DAfStb
(2003)

2.4.2 Effektive Stützweite

Die Stützweite eines Balkens oder einer Platte wird 2.4.3 Maßgebende Biegemomente
i. d. R. durch die Resultierenden der Auflagerpressun- an Innenauflagern
gen vorgegeben. Sofern das Bauteil durch speziel-
le Lager unterstützt wird, ist die Stützweite durch
die Lagermitten festgelegt; allerdings ist die Verwen- Die für statische Berechnungen übliche Annahme ei-
dung von Lagern im Hochbau die Ausnahme. In al- ner Schneidenlagerung mit infinitesimal kleiner Lager-
len anderen Fällen ist die effektive Stützweite von den breite führt bei Innenauflagern von Durchlaufträgern
Auflager- und Einspannbedingungen abhängig. Allge- bzw. bei Kragträgern zu lokalen Extremwerten der ne-
mein gilt: gativen Biegemomente, die bei endlichen Abmessun-
gen der Unterstützungen nicht auftreten. Für die Be-
leff D ln C a1 C a2 : (2.71) messung darf die vorgenommene Idealisierung durch
eine Abminderung des Stützmoments berücksichtigt
In Gl. (2.71) ist ln der lichte Abstand zwischen den werden. Hierfür muss zwischen einer frei drehbaren
Auflagervorderkanten, a1 und a2 sind die Abstände und einer monolithischen Auflagerung unterschieden
zwischen den Auflagervorderkanten und den idea- werden.
lisierten Auflagerlinien. In Abb. 2.30 sind Beispiele
für die Bestimmung der effektiven Stützweite in
Anlehnung an DIN 1045-1 bzw. DAfStb (2003) 2.4.3.1 Frei drehbare Lagerung (Auflagerung
dargestellt. Nach EN 1992-1-1 gilt für die Fälle a, auf Mauerwerk, Stahlträger, etc.)
d und e abweichend von den Angaben in Abb. 2.30
ai D min.h=2I a=2/. Bei sehr großen Auflager- Bei nicht monolithischer, d. h. frei drehbarer Lage-
tiefen können a1 und a2 aus der Verteilung der rung wird eine gleichmäßige Verteilung der Auflager-
Auflagerpressungen abgeleitet werden. pressungen CEd =a infolge des Bemessungswertes der
2.4 Idealisierungen des Tragsystems 55

Lagerreaktionskraft CEd angenommen (Abb. 2.31a). g d + qd


Bei parabelförmigem Verlauf des gegendrehenden Mo-
ments aus CEd =a wird das Stützmoment durch die La-
gerpressung ausgerundet; in der rechnerischen Aufla-
gerlinie, d. h. in der Mitte des Auflagers, beträgt der
Abzugswert
  2 ln,li a ln,re
CEd a CEd  a
MEd D  D : (2.72)
a 8 8 MEd
0
Als Eingangswert der Bemessung darf damit jMEd
D j
MEd
jMEd j  MEd angesetzt werden. Die Ausrundung des M'Ed
Stützmoments ist unabhängig vom verwendeten Ver-
fahren zur Schnittgrößenermittlung möglich.
CEd

2.4.3.2 Monolithisches Auflager CEd / a

Bei monolithischer Lagerung z. B. einer durchlaufen-


den Platte auf einem Unterzug wird das Stützmoment CEd . a 2
M Ed =
a 8
ebenfalls durch die gegendrehende Wirkung der Auf-
a frei drehbare Lagerung
lagerpressung vermindert. Zusätzlich ist durch die mo-
nolithische Verbindung eine Ausbreitung der Biege- gd + qd
druckkraft und damit eine Vergrößerung des Hebel-
arms der inneren Kräfte möglich. Das ausgerundete
Moment in Auflagermitte ist daher für die Bemessung ~1:3
der Bewehrung i. Allg. nicht maßgebend. Statt dessen
wird das Anschnittmoment am Auflagerrand der Be-
ln,li a ln,re
messung zugrunde gelegt. Nach Abb. 2.31b folgt das
Moment MEd;li am linken Auflagerrand zu
MEd
a a2
MEd;li D MEd  VEd;li   .gd C qd /  : (2.73)
2 8 MEd
MEd,li MEd,re
Bei üblichen Auflagerbreiten können die Auswirkun-
gen der Belastung .gd Cqd / vernachlässigt werden; die
Anschnittmomente sind dann
a VEd,re
MEd;li D MEd C jVEd;li j  ; (2.74a)
2 VEd,li CEd
a
MEd;re D MEd C jVEd;re j  (2.74b) gd + q d
2
MEd,li MEd
mit VEd;li und VEd;re als Bemessungswerte der Quer-
VEd,li
kraft in der rechnerischen Lagerachse. Für die Bemes-
a/2
sung ist damit der Anschnitt maßgebend, dem die be-
tragsmäßig kleinere Querkraft zugeordnet ist. Hierfür b monolitisches Auflager
sind Biegemoment MEd und Querkraft VEd im Übrigen Abbildung 2.31a,b Maßgebende Werte der Stützmomente an
für die gleiche Einwirkungskombination und Lastan- Innenauflagern
ordnung zu ermitteln.
Eine Bemessung für das Anschnittmoment setzt
voraus, dass eine Vergrößerung des inneren Hebel- wenn die Bauhöhen des lastbringenden und des lastab-
arms, d. h. eine Ausbreitung der Druckzone in die nehmenden Bauteils annähernd gleich sind (indirekte
Unterstützung möglich ist. Bei einer Lagerung durch Lagerung, vgl. Abschn. 7.6.2).
Überzüge ist dies nicht der Fall; dem entsprechend Bei durchlaufenden Balken und Platten, die über
muss der Bemessung das ausgerundete Moment in den Innenauflagern als frei drehbar gelagert idealisiert
der Lagerachse zugrunde gelegt werden. Gleiches gilt, werden, müssen Mindestwerte der Anschnittmomen-
56 2 Konzepte und Grundlagen der Nachweise
g d + qd
Literatur

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währleisten, dass sich die rechnerisch angenommene anforderungen für die Bemessung baulicher Anla-
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Normenregelung nach DIN 1045-1 M ÜLLER, H.S.; K VITSEL, V.: Kriechen und Schwin-
und EN 1992-1-1 den von Beton – Grundlagen der neuen DIN 1045-1
Nach DIN 1045-1, 7.3.2 und EN 1992-1-1, 5.3.2.2 darf bei und Ansätze für die Praxis. In: Beton- und Stahlbe-
frei drehbarer Lagerung unabhängig vom gewählten Ver- tonbau 97 (2002), Nr. 1, S. 8–19
fahren der Schnittgrößenermittlung eine Ausrundung des R ACKWITZ, R.: Zur Statistik von Eignungs- und Zu-
Stützmoments nach Gl. (2.72) vorgenommen werden. Bei lassungsversuchen für Bauteile. In: Bauingenieur 56
monolithischer Verbindung darf das Anschnittmoment der (1981), S. 103–107
Bemessung zugrunde gelegt werden. Dabei sollte das An- R ACKWITZ, R.: Zuverlässigkeit von Tragwerken. In:
schnittmoment die Mindestwerte nach Gl. (2.75) nicht un- Z ILCH ,K. U . A . (Hrsg.): Handbuch für Bauingenieu-
terschreiten. re. Berlin : Springer-Verlag, 2001, S. 1/217–1/254
Literatur 57

R ACKWITZ, R.; F IESSLER, B.: Structural reliability S TRUCK, W.: Bemessungswerte und charakteristische
under combined random load sequences. In: Com- Werte von Bauteilwiderständen unter Einbeziehung
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S CHIESSL, P.; G EHLEN, Ch. ; S ODEIKAT, Ch.: Dau- lungsblatt der Bundesanstalt für Materialprüfung
erhafter Konstruktionsbeton für Verkehrsbauwerke. (BAM) 11 (1981), Nr. 11, S. 316–325
In: Beton-Kalender 2004. Berlin : Ernst & Sohn, T URKSTRA, C.J.; M ADSEN, H.O.: Load combination
2004, S. 155–220 in codified structural design. In: Proc. ASCE 106
S CHLAICH, J.; KORDINA, K. ; E NGELL, H.-J.: Tei- (1980), S. 2527–2543
leinsturz der Kongresshalle Berlin – Schadensur- W EBER, H.: Einführung in die Wahrscheinlichkeits-
sachen. Zusammenfassendes Gutachten. In: Beton- rechnung und Statistik für Ingenieure. Stuttgart :
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S PAETHE, G.: Die Sicherheit tragender Baukonstruk- dungsnachweis bei Massivbrücken. In: Beton Kalen-
tionen. Wien : Springer, 1998 der 2004. Berlin : Ernst & Sohn, 2004, S. 309–406
Kapitel 3
Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

3.1 Beton sind die beiden Normen im DIN Fachbericht 100


zusammengefasst. Die im Folgenden vorgestellten
Im Rahmen dieses Bandes werden die Eigenschaften Kennwerte gelten für erhärteten Normalbeton (Fest-
des Betons nur insoweit behandelt, als sie für die Be- beton) nach den genannten Normen; Ergänzungen für
messung relevant werden. Für baustofftechnologische Leichtbeton werden in Abschn. 3.3 angegeben.
Gesichtspunkte wird auf Fachliteratur verwiesen.
Kenngrößen für die Planung –
ein Vorhersageproblem
3.1.1 Allgemeines
Die detaillierte Beschreibung des mechanischen Ver-
Beton bezeichnet einen Baustoff aus Zement, Betonzu- haltens von Beton erfordert eine Vielzahl von Para-
schlag (Gesteinskörnungen) und Wasser, dem zur Be- metern, die dem Ingenieur zum Zeitpunkt der Planung
einflussung bestimmter Eigenschaften auch Betonzu- i. Allg. nicht bekannt sind. Die Bemessung baut daher
satzmittel und Zusatzstoffe beigegeben werden kön- zweckmäßig auf einfachen Kenngrößen auf, die das
nen. Umfassende Erläuterungen sowohl der stoffli- Verhalten zwar nicht vollständig und exakt, aber für die
chen Zusammenhänge als auch der Eigenschaften von Bemessung hinreichend genau beschreiben und wäh-
Frisch- und Festbeton enthalten z. B. Wesche (1993); rend der Herstellung des Bauwerks einfach zu überprü-
Grübl u. a. (2001); Reinhardt (2005). Die Klassifizie- fen sind. Zentrale Größe für die Bemessung ist – nicht
rung von Festbeton erfolgt u. a. nach seiner Trocken- zuletzt wegen der unkomplizierten Prüfung – die auf
rohdichte: einen Zylinder mit einem Durchmesser von 150 mm
und einer Höhe von 300 mm bezogene Betondruck-
Leichtbeton   2000 kg=m3 festigkeit. Das Spektrum möglicher Druckfestigkeiten
Normalbeton 2000 kg=m3 <   2600 kg=m3 wird dabei in Festigkeitsklassen mit Bandbreiten von
Schwerbeton  > 2600 kg=m3 . 5 N/mm2 bzw. bei höherfestem Beton von 10 N/mm2
eingeteilt.
Darüber hinaus wird Beton u. a. nach dem Ort der Her- Alle weiteren, für eine Bemessung relevanten
stellung und Verwendung (Baustellenbeton, Transport- Parameter wie Zugfestigkeit oder Elastizitätsmodul
beton, Ortbeton, etc.) oder nach besonderen Anforde- werden über Korrelationsbeziehungen mit der Druck-
rungen und Eigenschaften (wasserundurchlässiger Be- festigkeit verknüpft. Die im Bauprozess realisierte
ton, Sichtbeton, Massenbeton, etc.) eingeordnet. Betondruckfestigkeit unterliegt daher i. Allg. einer um-
Anforderungen, Eigenschaften, Herstellung und fassenden Konformitätskontrolle.1 Die empirisch für
Konformitätskriterien für Betone, die für Ortbeton-
bauwerke und Fertigteile nach DIN 1045-1 bzw. 1
Im Rahmen einer auf die Druckfestigkeit bezogenen Konformi-
EN 1992-1-1 verwendet werden, sind in EN 206-1 tätskontrolle wird anhand einer Stichprobe, d. h. einer begrenz-
geregelt. DIN 1045-2 enthält zu EN 206-1 ergänzende ten Anzahl an Proben aus der Grundgesamtheit, mit Hilfe sto-
nationale Regelungen; für eine einfachere Anwendung chastischer Verfahren überprüft, ob der betrachtete Beton mit

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 59


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
60 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Zementkorn Zementstein “Bauteile”


Normalbeton abgeleiteten Verknüpfungsbeziehungen CSH-Fasern Zuschlag
der mechanischen Kennwerte mit der Druckfestigkeit
erfüllen übliche Genauigkeitsanforderungen – trotz
der den Kenngrößen eigenen, erheblichen Streuungen.
Bei einer Reihe von Bauwerken müssen allerdings
schärfere Anforderungen an die Vorhersage von Risse
Verformungen erfüllt werden, etwa bei Spannbeton- Pore
brücken, die im Freivorbau hergestellt werden. Hier
mm mm dm
sind detaillierte Untersuchungen zum E-Modul des
verwendeten Betons parallel zur Planung obligat; a Mikro-Ebene b Meso-Ebene c Makro-Ebene
gleichzeitig sollte der E-Modul auch konsequent der
Abbildung 3.1a–c Betrachtungsebenen der Struktur und des
Konformitätskontrolle unterliegen. Werden allge- Verhaltens von Beton
mein hohe Anforderungen an die Berechnung von
Durchbiegungen gestellt, ist zudem die experimentelle
Bestimmung der Zugfestigkeit empfehlenswert. Für die Planung und Berechnung von Tragwerken
Die Verknüpfungsbeziehungen weiterer Parameter letztlich entscheidend ist die Makro-Ebene; dieser Ebe-
mit der Druckfestigkeit, die in vielen Bemessungsre- ne zugeordnete Modelle betrachten den Werkstoff Be-
geln bereits implizit enthalten sind, gelten naturgemäß ton auf Bauteilniveau als quasi-homogenen Baustoff,
nur mehr eingeschränkt, wenn die Betonzusammen- der durch integrale Materialgesetze beschrieben wer-
setzung erheblich von der üblicher Normalbetone ab- den kann (Abb. 3.1). Die Voraussetzung eines homo-
weicht. Dies ist u. a. bei Leichtbeton oder Beton mit genisierten Baustoffs auf Makro-Ebene bedingt aller-
Zuschlägen aus rezyklierten Gesteinskörnungen der dings, dass die Abmessungen des betrachteten Bauteils
Fall. Speziell für den letztgenannten Betontyp wur- wesentlich größer als die der verwendeten Zuschläge
de ein duales Konzept entwickelt, das zwischen an- sind. Dem entsprechend setzen die in der Ingenieurpra-
gepasstem Beton und angepasster Bemessung unter- xis verwendeten Materialgesetze Mindestabmessun-
scheidet. Für den angepassten Beton wird die Zusam- gen vom Fünffachen des Größtkorns voraus.
mensetzung so eingeschränkt, dass eine Bemessung
mit den für Normalbeton geschaffenen Regeln mög-
lich ist. Im Gegensatz dazu kann bei entsprechender 3.1.2.1 Modellvorstellung – Meso-Ebene
Anpassung der Bemessungsregeln ein deutlich breite-
res Spektrum an Betonzusammensetzungen eingesetzt Die für das Verständnis des Tragverhaltens hilfreichen
werden. Für Leichtbetone wurde in DIN 1045-1 bzw. Modelle auf Meso-Ebene charakterisieren erhärteten
EN 1992-1-1 konsequent der Weg einer angepassten Beton vereinfacht als Zweiphasensystem. Die Eigen-
Bemessung beschritten. schaften des Festbetons werden daher zum einen von
den Eigenschaften der Komponenten Zuschlag und
Matrix, wesentlich aber auch vom Zusammenwirken
3.1.2 Beton unter Druckbeanspruchung der beiden Phasen bestimmt. Aufbauend auf dieser
Modellvorstellung kann das Verhalten von Normalbe-
ton erklärt werden. Allerdings ist eine Differenzierung
Die Zusammensetzung und das Verhalten des ausge- zwischen Betonen mit bisher üblicher Festigkeiten und
prägt inhomogenen Baustoffs Beton können auf drei höherfesten Betonen zweckmäßig. Der Übergang wird
verschiedenen, hierarchischen Ebenen betrachtet wer- durch Änderungen im Materialverhalten markiert und
den (vgl. Wittmann 1983). Während Modelle auf liegt – je nach gewählter Zusammensetzung – bei einer
Mikro-Ebene Struktur und Eigenschaften des Zement- Druckfestigkeit im Bereich von fcm  55 N=mm2 .
steins beschreiben, erfassen Modelle der Meso-Ebene Bei bisher üblichen Normalbetonen liegen Fes-
das Zusammenwirken von Zementstein und Zuschlag tigkeit und insbesondere Steifigkeit der Zuschläge
unter Einbeziehung von Poren, Einschlüssen und mi- deutlich über denen der Zementmatrix. Dies führt
kroskopischen Rissen. dazu, dass äußerlich gleichmäßig aufgebrachte Druck-
spannungen nicht gleichförmig verlaufen, sondern
vor allem über die Zuschläge übertragen werden.
ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit in die geforderte Festig-
keitsklasse einzuordnen ist (vgl. Zäschke 2003). Angesichts der Die Abweichung der Druckspannungen von der von
unvermeidbaren Streuungen der Betonfestigkeit ist hier die Fest- außen aufgeprägten Richtung erzeugt senkrecht zu
legung von Klassen mit definierter Bandbreite unumgänglich. den Druckspannungsrichtungen Querzugspannungen
3.1 Beton 61

|sc| |sc|

fc

~0,4 fc

Querzugspannung Längsstauchung ec < 0 Querdehnung ec,q > 0

Druckspannung

a Modellvorstellung (Meso-Ebene) b Spannungs-Dehnungs-Beziehung

Abbildung 3.2a,b Modell des Tragverhaltens von Normalbeton

(Abb. 3.2a). Die Kontaktflächen zwischen Zementstein 3.1.2.2 Verhalten auf Makro-Ebene –
und Zuschlag weisen gegenüber den Zuschlägen bzw. einachsiale Druckfestigkeit
der ungestörten Zementmatrix eine verringerte Zug-
festigkeit auf. Durch Einflüsse während der Erhärtung, Die experimentelle Untersuchung des Verhaltens
z. B. das Schwinden des Zementsteins, sind bereits druckbeanspruchten Betons erfolgt durch zentrische
im unbelasteten Beton an den Kontaktflächen Defekte Druckversuche. Die einachsiale Druckfestigkeit eines
vorhanden. Durch die Querzugspannungen entstehen Betons entspricht dem in einem Druckversuch gemes-
dort bereits bei Druckspannungen ab etwa 40% der senen Höchstwert der Druckspannungen (Abb. 3.2b).
Druckfestigkeit vermehrt Mikrorisse. Bei stetig an- Die Belastung bis zum Bruch wird monoton anstei-
steigender äußerer Druckkraft wachsen die Mikrorisse gend i. Allg. in 1 bis 2 Minuten aufgebracht; die
an und vereinigen sich zu makroskopisch sichtbaren ermittelte Festigkeit wird daher als Kurzzeitdruckfes-
Rissen, die primär um die Zuschlagkörner herumlau- tigkeit bezeichnet. Mit zunehmendem Betonalter steigt
fen. Die fortschreitende Mikro- und Makrorissbildung die Kurzzeitdruckfestigkeit durch die fortschreitende
geht mit zunehmendem Steifigkeitsverlust einher; Hydratation des Zements weiter an. Dabei ist die
die Last-Verformungs-Beziehung ist charakteristisch Druckfestigkeitsentwicklung abhängig von der Ze-
gekrümmt (Abb. 3.2b). Die sukzessive Makrorissbil- mentart und den Randbedingungen der Lagerung wie
dung führt zur Auflockerung des Betongefüges und Temperatur und Feuchteangebot. Damit die Vergleich-
schließlich zum Bruch. barkeit von Ergebnissen verschiedener Prüfungen u. a.
Höherfeste Betone weisen deutlich erhöhte Zement- im Rahmen von Konformitätskontrollen gewährleistet
steinfestigkeiten auf; zudem stellt die Kontaktzone ist, werden Probekörper und Rahmenbedingungen
zwischen Matrix und Zuschlag u. a. wegen der verän- der Prüfung wie Betonalter, Lagerungsbedingungen,
derten Zusammensetzung, z. B. der Zugabe von Mi- klimatische Randbedingungen und Versuchsdurch-
krosilika und dem deutlich reduzierten w=z-Wert, kei- führung normativ geregelt. Druckversuche für Betone
ne ausgeprägte Schwachstelle mehr dar. Das Tragver- entsprechend DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 sind in
halten nähert sich dadurch weiter einem homogenen den Normen der Reihe EN 12390 festgelegt.
Werkstoff an; Gefügeauflockerungen treten in gerin- Die Ergebnisse eines Druckversuchs hängen in
gerem Umfang auf. Mit zunehmender Druckfestigkeit starkem Maß von der Schlankheit des Probekörpers
wird das Versagen gegenüber normalfesten Betonen ab (vgl. Bonzel 1959). Durch den unmittelbaren Kon-
spröder; das Versagen tritt z. T. explosionsartig ein. takt mit starren Druckplatten wird die Querdehnung
Angesichts der erhöhten Matrixfestigkeit sowie vor al- behindert. Die aus der Querdehnungsbehinderung
lem der deutlich gesteigerten Haftfestigkeit zwischen hervorgerufenen Druckspannungen – vorstellbar als
Matrix und Zuschlag weisen die Bruchflächen höher- eine Art „Druckgewölbe“ – überlagern sich den
fester Betone einen weitaus größeren Anteil durch- Querzugspannungen, verzögern dadurch die Entste-
trennter, d. h. gerissener Zuschlagkörner auf. hung von Makrorissen und führen damit zu einer
62 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Verteilungsdichte
Bruchkörper D f c = 8 N/mm² ≈ 1,64 s

300
150
150

fck = 25 N/mm²
Querdehnungs-
behinderung s » 5 N/mm²

Draufsicht auf die Prüfkörper

fcm = 33 N/mm²
150 5%-Quantile

150
150

150 150 150 C25/30

a Würfel, b Würfel, c Zylinder, 15 25 35 45


Belastung über Belastung über Belastung über Betondruckfestigkeit fc in N/mm²
Stahldrahtbürsten starre Druckplatten starre Druckplatten
Abbildung 3.4 Stochastische Verteilung der Druckfestigkeit ei-
Abbildung 3.3a–c Druckfestigkeitsprüfung mit Standardver- ner Festigkeitsklasse; Kenngrößen (Beispiel: C20/25)
suchskörpern

lokalen Erhöhung der Festigkeit (Abb. 3.3). Mit Nach Rüsch u. a. (1969) konnte die Druckfestig-
zunehmender Schlankheit, d. h. mit ansteigendem keit von Betonen damals üblicher Festigkeiten bis
Verhältnis der Höhe zur Kantenlänge der Grundfläche fc  50 N=mm2 mit ausreichender Genauigkeit
bzw. zu deren Durchmesser, nimmt der Einfluss der als normalverteilt mit einer unabhängig vom Mit-
Querdehnungsbehinderung und damit die Druckfes- telwert konstanten (mittleren) Standardabweichung
tigkeit des Probekörpers ab; bei ansonsten identischen fc  5 N=mm2 angenommen werden. Eine Aus-
Bedingungen sinkt die Druckfestigkeit. wertung unter Einschluß neuerer Versuchsergebnisse
Eine unbehinderte Querdehnung kann alternativ in Tue u. a. (2007) belegt, dass die Standardabwei-
durch den Austausch starrer Druckplatten gegen chung auch bei höherfesten Betonen nicht wesentlich
Stahldrahtbürsten (sog. Münchner Bürsten, vgl. ansteigt. Dies hat zur Folge, dass nach Gl. (2.28) der
Hilsdorf 1965) erreicht werden. Da eine Querdeh- Abstand zwischen charakteristischem Wert und Mit-
nungsbehinderung bei realen Bauteilen nicht generell telwert mit fc D 1;645  fc  8 N=mm2 unabhängig
vorausgesetzt werden kann, entsprechen die an einem von der Druckfestigkeitsklasse konstant ist (Abb. 3.4).
Zylinder ermittelten Kenngrößen eher dem tatsächli-
chen Bauteilverhalten bei einachsialer Beanspruchung.
Als Basisgröße für die Bemessung nach DIN 1045-1 3.1.2.3 Verformungsverhalten
bzw. EN 1992-1-1 wird daher die an einem Zylin- und Spannungs-Dehnungs-Beziehung
der nach Abb. 3.3c ermittelte Druckfestigkeit fc;zyl bei kurzzeitiger Belastung
(Kurzbezeichnung: fc ) verwendet.
Der Bemessung wird der untere charakteristische Beton zeigt unter kurzzeitig einwirkender, einachsia-
Wert derg Zylinderdruckfestigkeit fck – definiert ler Druckbeanspruchung den in den Abbn. 3.2 und 3.5
als 5%-Quantil der Grundgesamtheit – zugrunde dargestellten, typischen, grob in drei Bereiche zu un-
gelegt. Gleichzeitig beschreibt fck in N/mm2 die tergliedernden Zusammenhang zwischen Spannungen
Festigkeitsklasse, zu deren Kennzeichnung bei Nor- und Dehnungen. Bis etwa jc j  0;4fc ist das Verhal-
malbeton „C“, bei Leichtbeton „LC“ vorangestellt ten nahezu linear-elastisch. Bei darüber hinausgehen-
wird. Ergänzt wird die Bezeichnung durch die cha- der Beanspruchung bewirkt die Mikrorissbildung eine
rakteristische Würfeldruckfestigkeit fck;cube (z. B. Abnahme der Steifigkeit, damit eine überproportionale
C20/25 ! Normalbeton mit fck D 20 N=mm2 Zunahme der Dehnungen, bis schließlich die Druck-
und fck;cube D 25 N=mm2 ). Die zur Bestimmung festigkeit fc erreicht wird. Sowohl die Steifigkeitsab-
charakteristischer Werte erforderlichen statistischen nahme als auch die erreichbare Festigkeit sind in ho-
Kenngrößen wurden u. a. auf der Grundlage von hem Maß von der Belastungsgeschwindigkeit abhän-
auf Baustellen entnommenen Stichproben überprüft. gig (Abb. 3.5); mit langsamerer Laststeigerung oder
3.1 Beton 63

|sc| / fc
Verbindung mit einer reduzierten Verzahnung auftre-
tender Makrorisse.
Zur mathematischen Beschreibung des Zusammen-
1,0 hangs zwischen Druckspannung und Dehnung bei ein-
achsialer Beanspruchung liegt eine Vielzahl von An-
0,8 sätzen vor (vgl. Eibl u. Ivanyi 1976). Aufbauend auf
de
dt = Vorschlägen in Grasser (1968) und Sargin (1971) wur-
d 1 00
dt e

de =
dt
0,6 0
/7 de in DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 eine an Druckver-
= d
10
suchen kalibrierte, gebrochen rationale Funktion mit
10
0
0
0
/1

0
0,4 00 drei Freiwerten aufgenommen. Mit den Bezeichnun-
/1
m
in gen nach DIN 1045-1 gilt:
mi
n  2
0,2
Ec0 "c "c
Ec1  "c1  "c1
0,0 c D fcm    ; (3.1)
0 1 2 3 4 5 6 1C E c0
Ec1  2  "c
"c1
Betondruckstauchung e c in ‰
für 0  "c  "c1u :
Abbildung 3.5 Spannungs-Dehnungs-Linien bei unterschiedli- In Gl. (3.1) bedeuten (vgl. Abb. 3.6):
chen Belastungsgeschwindigkeiten (nach Rasch 1962)
fcm Mittelwert der Druckfestigkeit
"c1 Dehnung bei Erreichen der Druckfestigkeit
fcm
längerer Belastungsdauer sinken Steifigkeit und Fes-
"c1u Bruchdehnung
tigkeit deutlich ab (Rasch 1962). Die Dauerstandfes-
Ec0 Elastizitätsmodul als Tangente im Ursprung
tigkeit ist gegenüber der Kurzzeitfestigkeit reduziert
der -"-Linie
(vgl. Abschn. 3.2).
Ec1 Sekantenmodul durch den Ursprung und den
Bei verformungsgesteuerten Versuchen fallen im
Scheitelpunkt:
anschließenden Bereich bei sukzessiver Zerstörung des
Betongefüges die Spannungen mit zunehmender Deh- Ec1 D  f"cm
c1
.
nung ab. Der Kurvenverlauf im abfallenden Bereich Die drei unabhängigen Parameter fcm , "c1 und Ec0
ist das Ergebnis einer lokalen Schädigung bzw. Auf- werden in Abhängigkeit der Betondruckfestigkeit
lockerung des Betonkörpers und damit abhängig vom bzw. der Betonfestigkeitsklasse in DIN 1045-1 bzw.
Verhältnis der Probekörpergröße zur Größe des Scha- EN 1992-1-1 angegeben (vgl. Tabellen 3.2 und 3.3).
densbereichs. Während also der ansteigende Ast we- Der Quotient Ec0 =Ec1 beschreibt die plastische
gen der annähernd gleichmäßig verteilten Mikro- bzw. Verformungsfähigkeit des Betons bis zum Erreichen
Makrorissbildung als objektive und damit übertrag- der Druckfestigkeit und wird als Plastizitätszahl k
bare Spannungs-Dehnungs-Beziehung angesehen wer- bezeichnet. Mit zunehmender Druckfestigkeit des
den kann, gilt der entfestigende Ast streng nur für Be- Betons nimmt k ab und deutet damit auf die verrin-
zugslängen entsprechend den üblichen Probekörper- gerten plastischen Verformungen bzw. die steigende
längen von 15–30 cm (Meyer u. König 1998). Die Sprödigkeit hin (Abb. 3.7).
Querdehnung des Betons nimmt bis jc j  0;8fc Das Verformungsverhalten von Beton im annähernd
proportional zur Längsstauchung mit einer Querdehn- linearen Bereich der Spannungs-Dehnungs-Linie wird
zahl   0;2 zu und steig bei weiterer Annäherung im Mittel durch den Sekantenmodul Ecm zwischen
an die Druckfestigkeit durch die zunehmende Gefü- dem Ursprung und jc j D 0;4 fcm erfasst. Wegen der
geauflockerung und die damit verbundene Volumenzu- bereits bei geringen Beanspruchungen eintretenden
nahme überproportional an. Hiervon zu unterscheiden nichtlinearen Verformungen ist der Sekantenmo-
ist die bei gerissenen Betonbauteilen wirksame Quer- dul i. Allg. kleiner als der Tangentenmodul Ecm
dehnzahl, die i. Allg. zu Null gesetzt werden kann. (Abb. 3.6). Wie eingangs erwähnt, unterliegt der
Das veränderte Materialverhalten höherfester Be- tatsächliche E-Modul eines Betons gegenüber dem
tone zeigt sich in der Last-Verformungs-Beziehung normativen Rechenwert deutlichen Streuungen. Bei
durch einen weniger stark gekrümmten ansteigenden Tragwerken, die sensitiv gegenüber Schwankungen
Ast in Verbindung mit einem deutlich steileren Abfall des E-Moduls reagieren, ist eine experimentelle Klä-
im Nachbruchbereich. Zurückzuführen ist dies auf die rung im Vorfeld empfehlenswert. Da die elastischen
verminderte Mikrorissbildung im ansteigenden Ast so- Eigenschaften in starkem Maß mit der Steifigkeit
wie die spröde Reaktion bei Querzugbeanspruchung in der verwendeten Zuschläge verknüpft sind, kann der
64 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

|sc|
3.1.2.4 Druckbeanspruchung –
fcm Annahmen für die Nachweise im GZG

Generell sollten Nachweise im Grenzzu-


stand der Gebrauchstauglichkeit – etwa Ver-
formungsberechnungen – auf Grundlage der mit
Gl. (3.1) definierten Arbeitslinie geführt werden. Da
allerdings unter Gebrauchsbeanspruchungen oft nur
0,4.fcm kleine Betondruckspannungen bis jc j  0;4fcm
arctan Ec0 auftreten, ist die Verwendung einer linearisierten
-"-Beziehung, die für kurzzeitig wirkende Druck-
arctan Ecm beanspruchungen durch Ecm charakterisiert wird,
arctan Ec1
ausreichend genau. Der Zusammenhang zwischen
|ec|
Spannungen und Dehnungen ist damit festgelegt durch
|ec1| |ec1u|

Abbildung 3.6 Wirklichkeitsnahe Spannungs-Dehnungs-Linie


c;GZG D "c  Ecm (3.3)
nach DIN 1045-1 – Bezeichnungen
Bei längerfristig wirksamen Spannungen sollten die
|sc| in N/mm² zeitabhängigen Verformungsanteile z. B. über einen
120 effektiven E-Modul berücksichtigt werden (vgl. Ab-
C 100/115
schn. 3.2).
100

C 80/95
3.1.2.5 Druckbeanspruchung –
80
Annahmen für die Bemessung im GZT

Die Nachweise im GZT bauen auf dem mit Teilsicher-


60 C 60/75 heitsbeiwerten nach 2.2.4 errechneten Bemessungs-
wert der Druckfestigkeit fcd auf.
fck
40 fcd D ˛  (3.4)
C 40/50 c
In Gl. (3.4) deckt c alle stochastischen Einflüsse
20 C 20/25 auf die Druckfestigkeit ab, ˛ berücksichtigt alle
nichtstochastischen Effekte. Mit ˛ werden daher zum
|ec| in ‰ einen Langzeitauswirkungen berücksichtigt, zum
0 1 2 3 4 anderen Abweichungen der Zylinderdruckfestigkeit
von der tatsächlichen, einachsialen Druckfestigkeit
Abbildung 3.7 Spannungs-Dehnungs-Linien nach DIN 1045-1
für unterschiedliche Betonfestigkeitsklassen
im Bauteil aufgefangen. Der Beiwert basiert auf
Versuchen zur Festigkeit unter langandauernden
Druckbeanspruchungen nach Rüsch (1960) und Rüsch
für quarzitischen Zuschlag abgeleitete Rechenwert u. a. (1968), die eine Dauerstandfestigkeit von etwa
durch Korrekturwerte an Zuschläge aus anderen 80% der Kurzzeitfestigkeit ausweisen (vgl. Abb. 3.5).
Gesteinsarten angepasst werden (vgl. DAfStb 2003, Allerdings bezieht sich der Bemessungswert der
Anhaltswerte nach EN 1992-1-1 in Klammern): Druckfestigkeit fcd auf ein Betonalter von 28 Ta-
gen und vernachlässigt damit den weiteren Anstieg
Ec0;mod D ˛E  Ec0 (3.2) der Festigkeit mit zunehmendem Betonalter durch
mit: Nacherhärtung. Der Zuwachs wird primär durch
die Geschwindigkeit der Festigkeitsentwicklung des
˛E D 1;05–1;45 .1;20/ für Basalt, dichten Kalkstein Zements, allerdings auch durch Randbedingungen wie
z. B. Umgebungstemperaturen gesteuert. Gleichzeitig
˛E D 0;80–1;20 .1;00/ für Quarz, Quarzite
ist ein Teil des Dauerstandseinflusses bereits in
˛E D 0;70–1;10 .0;90/ für Kalkstein Bemessungsgleichungen u. a. für den Nachweis der
˛E D 0;55–0;85 .0;70/ für Sandstein: Querkraft- oder Durchstanztragfähigkeit enhalten,
3.1 Beton 65

|sc| in N/mm²
da diese anhand von Bauteilversuchen kalibriert
wurden, deren Versuchdurchführung sich i. Allg. s-e-Linie nach Gl. (3.1)
50
über einen erheblich größeren Zeitraum erstreckt als fcm
die normgemäße Prüfung von Probekörpern. Diese
gegenläufigen Effekte werden in Bemessungsnormen 40 fck

unterschiedlich bewertet: Nach DIN 1045-1 gilt


grundsätzlich ˛ D 0;85, lediglich in begründeten 30 PR-Diagramm
Fällen darf 0;85 < ˛  1;0 angenommen werden. Im fck
fcd = a
Gegensatz hierzu erlaubt EN 1992-1-1 den pauschalen gc
20
Ansatz von ˛ D 1;0 sofern die Festigkeit auf eine
Betonalter von nicht mehr als 28 Tagen bezogen wird. |ec2u|
10 |ec2|
Da allerdings in Deutschland vorwiegend Zemente
verwendet werden, deren Festigkeitszuwachs über
0
28 Tage hinaus eingeschränkt ist, gibt das NA D |ec| in ‰
0 1 2 3
parallel zu DIN 1045-1 eine Abminderung auf 85%
vor und erlaubt höhere Werte nur in Einzelfällen. Abbildung 3.8 Parabel-Rechteck-Diagramm für Nachweise im
Zur Bemessung von Stahlbeton- und Spannbe- Grenzzustand der Tragfähigkeit (Beispiel C40/50, Bezeichnun-
gen nach DIN 1045-1)
tonquerschnitten für Biegung und Längskraft im
Grenzzustand der Tragfähigkeit wurden vereinfachte |sc| in N/mm²
Beziehungen zur Beschreibung der Spannungsvertei-
lung in der Druckzone biegebeanspruchter Bauteile 50 C 100/115
unter kurzzeitig wirkenden Beanspruchungen abgelei-
tet. Von zentraler Bedeutung für die Bemessung ist das C 80/95
40
in Grasser (1968) entwickelte und für höherfeste Be-
tone ab der Festigkeitsklasse C55/67 verallgemeinerte C 60/75
30
Parabel-Rechteck-Diagramm (PR-Diagramm) (vgl.
Quast 1981), das – wie die Bezeichnung bereits C 40/50
20
andeutet – die Spannungsverteilung durch einen
parabolisch2 ansteigenden Ast und ein horizontales
10 C 20/25
Plateau nach Gl. (3.5) beschreibt (Abb. 3.8).
8  n
ˆ
ˆ "c
< 1  1  "c2 ;
0 |ec| in ‰
c D fcd  für 0  "c  "c2 (3.5) 1 2 3
ˆ
:̂ 1 ; für " > "  " Abbildung 3.9 Parabel-Rechteck-Diagramme nach DIN 1045-
c2 c c2u
1 für verschiedene Betonfestigkeitsklassen (Bemessungswerte)
In Gl. (3.5) bedeuten:
fcd Bemessungswert der Betondruckfestigkeit nach wird i. d. R. nur ungenügend abgebildet. Zudem gibt
Gl. (3.4) das PR-Diagramm im Unterschied zur Arbeitslinie
"c2 Dehnung bei Erreichen von fcd (Übergang das entfestigende Verhalten bei hohen Dehnungen
Parabel-Rechteck) nicht wieder, unterstellt damit plastisches Verhalten
"c2u Bruchdehnung des hochbeanspruchten Betons und impliziert Um-
n Exponent. lagerungsmöglichkeiten zu geringer beanspruchten
Bereichen. Für Bauteile, die keine Umlagerungsmög-
Die Größen "c2 , "c2u und n sind für DIN 1045-1 in Ta- lichkeiten bieten, etwa wenn die Dehnungen über
belle 3.2, für EN 1992-1-1 in Tabelle 3.3 enthalten. den gesamten Querschnitt im Bereich zwischen "c2
Es sei betont, dass das PR-Diagramm als an- und "c2u liegen, wie z. B. bei den annähernd zentrisch
genäherte Beschreibung der Spannungsverteilung druckbeanspruchten Gurten gegliederter Plattenbalken
das Materialverhalten druckbeanspruchten Betons der Fall, ergibt das PR-Diagramm unrealistisch hohe
im Sinne einer Arbeitslinie wie z. B. nach Gl. (3.1) Tragfähigkeiten. Hier werden Einschränkungen in der
nicht wiedergeben kann. Insbesondere die Steifigkeit Bemessung erforderlich.
2
Lediglich für Beton der Festigkeitsklassen bis C50/60 be- Als Alternative zum PR-Diagramm existieren wei-
schreibt der ansteigende Ast eine Parabel 2. Ordnung; bei hö- tere Spannungs-Dehnungs-Linien für die Bemessung;
heren Betonfestigkeiten nimmt der Exponent ab. in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wurden die bilineare
66 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

| c|
feldruckfestigkeit fck;cube mit vorangestelltem C für Nor-
fcd
malbeton. Die Betonfestigkeitsklassen reichen von C12/15
.f ( .f )
cd cd bis C100/115 (Tabelle 3.2). Rechenwerte für Mittelwert
und charakteristischen Wert der Druckfestigkeit sind über
Gl. (3.6) verknüpft (vgl. Abb. 3.4).
fck D fcm  fc ; mit fc D 8 N/mm2 (3.6)
Spannungs-Dehnungs-Linien für Verformungsberech-
| c|
nungen
Die wirklichkeitsnahe Spannungs-Dehnungs-Linie bei ein-
(1-k). c2u c3 c2 c2u = c3u achsialer, kurzzeitig wirkender Druckbeanspruchung nach
((1- ). cu2) ( cu2 = cu3) DIN 1045-1, 9.1.5 wird durch Gl. (3.7) beschrieben.
Parabel-Rechteck-Diagramm k    2
bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie c D fcm  ; (3.7)
1 C .k  2/  
Spannungsblock
Ec0  "c1 "c
mit k D I D
a Spannungs-Dehnungs-Linien für die Bemessung im GZT fcm "c1
Gleichung (3.7) ist für "c  "c1u definiert und prinzipiell
- .fcd (- .fcd)
identisch mit Gl. (3.1). Die kennzeichnenden Stauchungen
c "c1 und "c1u sind in Abhängigkeit der Betonfestigkeitsklas-
se in Tabelle 3.2 enthalten. Der Tangentenmodul Ec0 kann
x k.x ( .x) Fcd vereinfachend durch den aus der Druckfestigkeit abgelei-
teten Rechenwert Ec0m ersetzt werden:
d
Ec0m D 9500.fck C 8/1=3 D 9500  fcm
1=3
: (3.8)

s Fsd Bei nichtlinearer Schnittgrößenermittlung ist fcm in


Gl. (3.7) durch den Rechenwert fcR D 0;85  ˛  fck (bis
b Definition des Spannungsblocks C50/60) bzw. fcR D 0;85  ˛  fck =c0 (ab C55/67) zu
ersetzen.
Abbildung 3.10a,b Bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie und
Der für Berechnungen mit linearisierter  -"-Linie im
Spannungsblock (Bezeichnungen nach EN 1992-1-1 in Klam-
GZG zu verwendende mittlere Sekantenmodul Ecm folgt
mern)
aus Gl. (3.9):
fcm
Ecm D ˛i  Ec0m ; mit ˛i D 0;8 C 0;2  : (3.9)
Spannungs-Dehnungs-Linie und der Spannungsblock 88
aufgenommen (Abb. 3.10). Bemessungswerte und Spannungs-Dehnungs-Linien
Für normalfeste Betone der Festigkeitsklassen bis für Nachweise im GZT
Der Bemessungswert der Druckfestigkeit fcd nach
C50/60 bleiben die Kennwerte "c2 , "c2u und n des DIN 1045-1, 9.1.6 ist:
Parabel-Rechteck-Diagramms konstant. Das spezi-
fisch sprödere Verhalten von höherfesten Betonen der fck
fcd D ˛  : (3.10)
Festigkeitsklassen ab C55/67 wird durch reduzierte c
Werte für "c2u und n bei verkürztem Plateau erfasst In Gl. (3.10) bedeuten:
(Tabelle 3.2, Abb. 3.9). Gleiches gilt für die Größen "c3 ˛ Beiwert zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen
und "c3u der bilinearen Spannungs-Dehnungs-Linie. auf die Druckfestigkeit sowie zur Umrechnung zwi-
schen Zylinderdruckfestigkeit und einachsialer Druck-
festigkeit des Betons
Normenregelung nach DIN 1045-1 D 0;85
Klassifizierung – Druckfestigkeit c Teilsicherheitsbeiwert für Beton (vgl. Abschn. 2.2.4)
Für die Bemessung werden die Betone nach der Druck- D 1;50 (ständig, vorübergehend)
festigkeit in Betonfestigkeitsklassen eingeteilt. Der Klas- D 1;30 (außergewöhnlich)
sifizierung nach DIN 1045-1 liegt der charakteristische Für Beton der Festigkeitsklassen ab C55/67 ist c mit
Wert fck (5%-Quantil) der an einem Zylinder mit h=D D c0 zu multiplizieren.
300=150 mm in einem Betonalter von 28 Tagen ermittelten c0 Zusätzlicher Teilsicherheitsbeiwert für höherfeste Be-
Druckfestigkeit zugrunde (Lagerung nach DIN EN 12390-2 tone ab C55/67
bis zur Prüfung unter Wasser bzw. bei  95% RH). 1
D mit fck in N/mm2 .
Nach DIN 1045-2 darf die Druckfestigkeit im Rahmen 1;1  f ck
500
der Konformitätsprüfung alternativ auch an einem Wür-
fel mit einer Kantenlänge von 150 mm ermittelt werden. Gleichung 3.10 beschreibt den Bemessungswert der ein-
Die Klassenbezeichnung erfolgt daher durch die Angabe achsialen Druckfestigkeit ungerissenen Betons. Eine Ver-
sowohl der Zylinderdruckfestigkeit fck als auch der Wür- minderung der Druckfestigkeit durch Querzugspannun-
3.1 Beton 67

gen oder Risse parallel oder schräg zur Richtung der Der unter anderem für Nachweise von Bauzuständen er-
Druckspannungen muss berücksichtigt werden (vgl. Ab- forderliche charakteristische Wert fck .t / zum Zeitpunkt t
schn. 3.7.4 dieses Bandes). (Betonalter in Tagen) ist
Als rechnerische Spannungs-Dehnungs-Linien dürfen (
verwendet werden: fcm .t /  8 ; für 3  t  28
fck .t / D : (3.14)
fck ; für t  28
• Parabel-Rechteck-Diagramm nach Gl. (3.5)
(! fcd ; n; "c2 ; "c2u ) Spannungs-Dehnungs-Linien für Verformungsberech-
• bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie nach Abb. 3.10a nungen
(! fcd ; "c3 ; "c3u ) Die Spannungs-Dehnungs-Linie für Verformungsberech-
nungen wird in EN 1992-1-1, 3.1.5 analog zu DIN 1045-
• Spannungsblock nach Abb. 3.10a und b
1 nach Gl. (3.7) beschrieben. Die kennzeichnenden Stau-
(! fcd ; k; ).
chungen c1 und cu1 in ‰ sind (vgl. Tabelle 3.3):
Die Kenngrößen zur Definition der Spannungs-Dehnungs- "c1 D 0;7.fcm /0;31  2;8 ; (3.15)
Linien sind in Tabelle 3.2 enthalten. Die für den Span-  4
98  fcm
nungsblock anzurechnenden effektiven Werte von Druck- "cu1 D 2;8  27   3;5 : (3.16)
festigkeit und Druckzonenhöhe sind nach DIN 1045-1 (vgl 100
Abb. 3.10b): Der Tangentenmodul Ec0 wird auf den mittleren Sekanten-
( modul Ecm bezogen; als Sekantenmodul Ecm (in kN/mm2 )
  0;95 durch den Ursprung und jc j D 0;4fcm bzw. als Tangen-
für fck  50 N/mm2
tenmodul Ec0 im Ursprung wird definiert:
8 k D 0;80
<  D 1;05  fck : (3.11)  0;3
500 fcm
für fck > 50 N/mm2 Ecm D 22  ; (3.17)
: k D 1;0  fck
10
250
Ec0 D 1;05  Ecm : (3.18)
Sofern die Breite der Druckzone zum stärker gedrückten
Der mit zunehmender Betonerhärtung ansteigende E-
Rand hin abnimmt, sollte   fcd nach DIN 1045-1 um 10%
Modul wird an den Rechenwert der altersabhängigen Be-
abgemindert werden. Zur Anwendung des Spannungs- tonfestigkeit geknüpft:
blocks vgl. Abschn. 6.1.6.  
fcm .t / 0;3
Ecm .t / D Ecm  ; (3.19)
fcm
Normenregelung nach EN 1992-1-1 fcm .t /
mit D ˇcc .t / : (3.20)
Klassifizierung – Druckfestigkeit fcm
Wie nach DIN 1045-1 wird Beton auch nach EN 1992-1-1, Bemessungswerte und Spannungs-Dehnungs-Linien
3.1.2 in Druckfestigkeitsklassen auf Basis des charakte- für Nachweise im GZT
ristischen Wertes (5%-Quantil) der Zylinderdruckfestigkeit Der Bemessungswert der einachsialen Druckfestigkeit
fck bzw. der Würfeldruckfestigkeit fck;cube , ermittelt jeweils nach EN 1992-1-1, 3.1.6 ist:
im Alter von 28 Tagen, eingruppiert. Die möglichen Beton-
festigkeitsklassen für die Bemessung nach EN 1992-1-1 fck
fcd D ˛cc  : (3.21)
werden durch Cmax (! NDP, Tabelle 3.1) nach oben abge- c
grenzt. Charakteristischer Wert fck und Mittelwert fcm der
Zylinderdruckfestigkeit sind ebenfalls über Gl. (3.6) mitein- In Gl. (3.21) bedeutet:
ander verknüpft. ˛cc Beiwert zur Berücksichtigung von Langzeitauswir-
Ergänzend werden in EN 1992-1-1 Rechenwerte der kungen ! NDP (Tabelle 3.1)
Druckfestigkeit in Abhängigkeit der Erhärtungszeit t ange- Sofern die Betonfestigkeit in einem Alter von mehr
geben, die an die 28-Tage-Festigkeit geknüpft sind: als 28 Tagen bestimmt wird, ist ˛cc mit kt zu multi-
plizieren
fcm .t / D ˇcc .t /  fcm ; (3.12) kt
" r !# Beiwert zur Berücksichtigung der Festigkeitsent-
28 wicklung ! NDP (Tabelle 3.1)
mit ˇcc .t / D exp s 1  : (3.13) c Teilsicherheitsbeiwert
t
! NDP (Tabelle 3.1, vgl. Tabelle 2.5).
Gleichung (3.13) darf angewandt werden, sofern die Er- Nach EN 1992-1-1 darf das Parabel-Rechteck-Diagramm
härtungsbedingungen nicht wesentlich von EN 12390-2 (fcd , "c2 , "cu2 , n) als Spannungs-Dehnungs-Linie ver-
abweichen. Es bedeuten: wendet werden. Darüber hinaus kann z. B. eine bilineare
Spannungs-Dehnungs-Linie (fcd , "c3 , "cu3 ) oder der
t Alter des Betons in Tagen Spannungsblock (fcd , , ) für die Querschnittsbe-
s Beiwert in Abhängigkeit des verwendeten Zements messung angewandt werden. Die z. T. von DIN 1045-1
D 0;20 für CEM 42,5 R, CEM 52,5 N, CEM 52,5 R abweichenden Parameter zur Definition des Parabel-
D 0;25 für CEM 32,5 R, CEM 42,5 N Rechteck-Diagramms und der bilinearen Spannungs-
D 0;38 für CEM 32,5 N. Dehnungs-Linie sind in Tabelle 3.3 zusammengestellt.
68 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

In EN 1992-1-1 findet sich zudem eine abweichende Raumklima gelagert werden (! fc;dry )3 . Die bei was-
Festlegung für die Kenngrößen des Spannungsblocks sergelagerten Proben i. d. R. geringere Festigkeit wird
(Bezeichnungen vgl. Abb. 3.10). durch eine Umrechnungsbeziehung erfasst:
(
 D 1;0 fck;cube D 0;92  fck;dry ; bis C50/60 ; (3.25)
für fck  50 N/mm2
 D 0;80
( 50
D 0;95  fck;dry ; ab C55/67 : (3.26)
 D 1;0  fck200
für 50 < fck  90 N/mm2 50
 D 0;8  fck400
(3.22)
3.1.3 Beton unter Zugbeanspruchung
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Einschränkend darf Beton der Festigkeitsklasse C12/15 Die Festigkeit von Beton bei Zugbeanspruchung ist
nur in Bauteilen eingesetzt werden, die lediglich durch vor- im Vergleich zur Druckfestigkeit gering und erreicht
wiegend ruhenden Einwirkungen beansprucht werden. lediglich 5 bis maximal 15% der Festigkeit bei ein-
achsialer Druckbeanspruchung. Zur Erläuterung dieses
Tabelle 3.1 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Be-
Phänomens kann an das bereits beschriebene Zweipha-
messungswert der Betondruckfestigkeit fcd senmodell aus Zuschlagkörnern, die in eine Zement-
steinmatrix eingebettet sind, angeknüpft werden.
NDP EU D A

Cmax C90/105 C100/115 EU


3.1.3.1 Tragverhalten, Bruchenergie
˛cc 1,0 0,85 EU
Das in Abb. 3.11 dargestellte Prisma aus normalfestem
kt 0,85 –a EU Beton zeigt für Zugbeanspruchungen bis  70% der
s/v 1,50 1,50
Zugfestigkeit fct ein annähernd linear elastisches
cb EU Verhalten. Die Steifigkeit ist gut durch den für druck-
a 1,20 1,30
beanspruchten Beton abgeleiteten Tangentenmodul
a
im Einzelfall festzulegen Ec0m zu beschreiben. Bei weiterer Laststeigerung
b
s/v D ständige und vorübergehende Bemessungssituation, setzt das Wachstum der bereits im unbelasteten Beton
a D außergewöhnliche Bemessungssituation; vgl. Tabelle 2.5
vorhandenen Mikrorisse ein. In einem räumlich
begrenzten Bereich, der Rissprozesszone, vornehmlich
in der Umgebung von Kerben oder Fehlstellen, bilden
3.1.2.6 Umrechnung sich vermehrt senkrecht zur Beanspruchungsrich-
von Druckfestigkeitskenngrößen tung verlaufende Mikrorisse. Diese vereinigen sich
sukzessive, bis schließlich ein mit bloßem Auge
Die an verschiedenen Probekörpern ermittelten Druck- sichtbarer Makroriss entsteht (Abb. 3.11). Bei Beto-
festigkeiten unterscheiden sich aufgrund der jeweils nen üblicher Festigkeiten bis  55 N=mm2 laufen
vorliegenden Querdehnungsbehinderungen, können die Makrorisse vorwiegend entlang der Kontakt-
aber zueinander in Beziehung gesetzt werden (vgl. flächen von Matrix und Zuschlag. Bei elastischem
Abb. 3.53). Annähernd identische Lagerungsbedin- Verhalten sind die Dehnungen noch gleichmäßig
gungen vorausgesetzt, kann zwischen Würfeln mit über die Prismenlänge verteilt; mit zunehmender
Kantenlängen von 150 mm (! fck;cube ) bzw. 200 mm Mikrorissvereinigung nehmen die Dehnungen in der
(! fck;cube;200 ) und den Normzylindern (! fck ) Rissprozesszone überproportional zu, man spricht von
umgerechnet werden: Lokalisierung.

fck;cube;200 D 0;95  fck;cube ; (3.23)


3
fck D 0;82  fck;cube : (3.24) Die nach DIN EN 12390-2 Anhang NA zugelassene Lage-
rung zur Ermittlung von fc;dry entspricht der geübten Praxis
Abweichend zu den standardisierten Lagerungsbedin- nach der mittlerweile abgelösten nationalen Normengeneration,
gungen – Wasserlagerung bzw. Lagerung bei  95% d. h. insbesondere DIN 1048-5. Aus den angegebenen Umrech-
nungsformeln zur Berücksichtigung von Probenschlankheit und
RH bis zur Prüfung – dürfen die Probekörper nach dem Lagerungsbedingungen folgt eine mit Hartz (2002) übereinstim-
nationalen Anhang zu DIN EN 12390-2 sieben Tage mende Zuordnung der Festigkeitsklassen nach altem und neuem
feucht bzw. unter Wasser und anschließend 21 Tage bei Normenwerk.
3.1 Beton 69

Tabelle 3.2 Festigkeits- und Formänderungskennwerte für Normalbeton nach DIN 1045-1
Betonfestigkeitsklassen (DIN 1045-1)

C100/115
C90/105
Symbol

C12/15

C16/20

C20/25

C25/30

C30/37

C35/45

C40/50

C45/55

C50/60

C55/57

C60/75

C70/85

C80/95
Einheit

fck N/mm² 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 70 80 90 100


fck,cube N/mm² 15 20 25 30 37 45 50 55 60 67 75 85 95 105 115
fcm N/mm² 20 24 28 33 38 43 48 53 58 63 68 78 88 98 108

fctm N/mm² 1,6 1,9 2,2 2,6 2,9 3,2 3,5 3,8 4,1 4,2 4,4 4,6 4,8 5 5,2
fctk;0,05 N/mm² 1,1 1,3 1,5 1,8 2 2,2 2,5 2,7 2,9 3 3,1 3,2 3,4 3,5 3,7
fctk;0,95 N/mm² 2 2,5 2,9 3,3 3,8 4,2 4,6 4,9 5,3 5,5 5,7 6 6,3 6,6 6,8

Ec0m kN/mm² 25,8 27,4 28,8 30,5 31,9 33,3 34,5 35,7 36,8 37,8 38,8 40,6 42,3 43,8 45,2
Ecm kN/mm² 21,8 23,4 24,9 26,7 28,3 29,9 31,4 32,8 34,3 35,7 37,0 39,7 42,3 43,8 45,2
αi - 0,85 0,85 0,86 0,88 0,89 0,90 0,91 0,92 0,93 0,94 0,95 0,98 1,00 1,00 1,00

εc1 ‰ (< 0) 1,8 1,9 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,55 2,6 2,65 2,7 2,8 2,9 2,95 3,0
εc1u ‰ (< 0) 3,5 3,4 3,3 3,2 3,1 3,0 3,0

n - 2 2,0 1,9 1,8 1,7 1,6 1,55


εc2 ‰ (< 0) 2,0 2,03 2,06 2,1 2,14 2,17 2,2
εc2u ‰ (< 0) 3,5 3,1 2,7 2,5 2,4 2,3 2,2

εc3 ‰ (< 0) 1,35 1,35 1,4 1,5 1,6 1,65 1,7


εc3u ‰ (< 0) 3,5 3,1 2,7 2,5 2,4 2,3 2,2

Tabelle 3.3
Festigkeits- und Formänderungskennwerte für Normalbeton nach EN 1992-1-1 (schattierte Spalte nur nach DIN EN 1992-1-1)
Betonfestigkeitsklassen (EN 1992-1-1)

C100/115
C90/105
Symbol

C12/15

C16/20

C20/25

C25/30

C30/37

C35/45

C40/50

C45/55

C50/60

C55/57

C60/75

C70/85

C80/95
Einheit

fck N/mm² 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 70 80 90 100


fck,cube N/mm² 15 20 25 30 37 45 50 55 60 67 75 85 95 105 115
fcm N/mm² 20 24 28 33 38 43 48 53 58 63 68 78 88 98 108

fctm N/mm² 1,6 1,9 2,2 2,6 2,9 3,2 3,5 3,8 4,1 4,2 4,4 4,6 4,8 5,0 5,2
fctk;0,05 N/mm² 1,1 1,3 1,5 1,8 2,0 2,2 2,5 2,7 2,9 3,0 3,1 3,2 3,4 3,5 3,7
fctk;0,95 N/mm² 2,0 2,5 2,9 3,3 3,8 4,2 4,6 4,9 5,3 5,5 5,7 6,0 6,3 6,6 6,8

Ecm kN/mm² 27,1 28,6 30,0 31,5 32,8 34,1 35,2 36,3 37,3 38,2 39,1 40,7 42,2 43,6 44,9

εc1 ‰ (< 0) 1,8 1,9 2,0 2,1 2,2 2,25 2,3 2,4 2,45 2,5 2,6 2,7 2,8 2,8 2,8
εcu1 ‰ (< 0) 3,5 3,2 3,0 2,8 2,8 2,8 2,8

n - 2,0 1,75 1,6 1,45 1,4 1,4 1,4


εc2 ‰ (< 0) 2,0 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,6
εcu2 ‰ (< 0) 3,5 3,1 2,9 2,7 2,6 2,6 2,6

εc3 ‰ (< 0) 1,75 1,8 1,9 2,0 2,2 2,3 2,4


εcu3 ‰ (< 0) 3,5 3,1 2,9 2,7 2,6 2,6 2,6

In einem verformungsgesteuerten Versuch fällt die Der Übergang von der Mikrorissbildung zur Makro-
-l-Linie nach Erreichen der Höchstspannung fct rissbildung und schließlich zur vollständigen Trennung
stetig bis zur vollständigen Trennung der Rissufer ab. der Rissufer erfolgt bei normalfestem Beton konti-
70 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Dl dDl dDl dDl diejenige Energie bezeichnet, die erforderlich ist, um


dx dx dx
einen Trennriss über eine Einheitsfläche zu erzeugen.
Sie entspricht der Fläche unter der, um die elastischen
l
Dehnungen bereinigte, -l-Linie (Abb. 3.11c), d. h.
der von der Zugspannungs-Rissöffnungs-Beziehung
eingeschlossenen Fläche. Gf stellt eine Material-
eigenschaft des Betons dar (Hillerborg 1983) und
F1 F2
wird neben der Festigkeit des Zementsteins (nähe-
F3
a Lokalisierung rungsweise erfassbar durch die Betondruckfestigkeit)
von der Sieblinie, der Oberflächenbeschaffenheit
sc sc
und dem Größtkorndurchmesser des Zuschlags be-
fct fct stimmt. In CEB/FIP (1993) wird zu ihrer Berechnung
2
Gf
Gl. (3.28) angegeben.
1
3  
wcr
fcm 0;7
Gf D Gf0  (3.28)
Dl wcr fcm0

b s-Dl-Beziehung c s-wcr-Beziehung
mit

Abbildung 3.11a–c Beton unter Zugbeanspruchung – Lokali- fcm0 D 10 N=mm2 (Bezugswert)


sierung der Rissbildung Gf0 Grundwert der Bruchenergie in Nmm/mm2 in
Abhängigkeit des Größtkorndurchmessers dg

D 0;025 für dg D 8 mm
nuierlich; durch die rissüberbrückende Wirkung der
Zuschläge ist eine Übertragung von Zugspannungen D 0;030 für dg D 16 mm
möglich (Duda 1991). D 0;038 für dg D 32 mm :
Höherfeste Betone zeigen ein hiervon abweichen-
des Verhalten. Durch die eingeschränkte Mikrorissbil- Bei höherfesten Betonen nimmt die Bruchenergie nur
dung erfolgt das Versagen ausgehend von kleinen Fehl- mehr in geringem Umfang mit der Druckfestigkeit zu;
stellen sehr spröde. Die Makrorisse verlaufen vermehrt als Grenzwert, ab der Gf nicht weiter ansteigt, wird
durch die Zuschlagkörner, eine Verklammerung der in CEB/FIP (1993) fcm D 80 N=mm2 vorgeschlagen.
Rissufer ist daher nur mehr in geringem Umfang mög- Aus Gf leitet sich die charakteristische Länge lch
lich; die -l-Linie fällt steiler ab (Remmel 1994). ab. Sie entspricht der halben Länge eines zentrisch ge-
Da auch ein Versagen druckbeanspruchten Betons pri- zogenen Betonkörpers, dessen gespeicherte elastische
mär durch die Überschreitung der Zugfestigkeit infol- Energie Ge bei c D fct identisch ist mit der zur Er-
ge Querzugspannungen eingeleitet wird, ist das be- zeugung eines Trennrisses erforderlichen Bruchener-
schriebene Verhalten höherfester Betone unter Zugbe- gie Gf .
anspruchung auch für das spröde, z. T. explosionsartige
Zlch
Versagen im Druckversuch verantwortlich.
Der Verlauf der -l-Linie im Nachbruchbereich, Ge D c "c dx (3.29a)
d. h. nach dem Erreichen der Zugfestigkeit fct , umfasst lch
neben der annähernd elastischen Zugdehnung des Be- 1 fct
tons außerhalb der Prozesszone die Verlängerung der D  fct   2  lch (3.29b)
2 Ec
Prozesszone selbst bzw. die Öffnung wcr des Makro- f2
risses. D ct  lch (3.29c)
Ec
c Š
l D  l C wcr (3.27) D Gf (3.29d)
Ec
Der über die Probenlänge gemittelte, abfallende Ast Aufgelöst nach lch folgt:
der Spannungs-Dehnungs-Linie mit "c D l= l stellt Gf  Ec
damit – im Unterschied zum ansteigenden Ast – kei- lch D (3.30)
fct2
ne reine Materialeigenschaft mehr dar, sondern ist
abhängig von der Probenlänge. Mit zunehmendem l Im Rahmen der Modellbildung kennzeichnet 2  lch
fällt die Kurve steiler ab. Als Bruchenergie Gf wird die Probenlänge, bei der nach Erreichen der Zug-
3.1 Beton 71

fct ,fl
festigkeit wegen Ge D Gf die elastische Energie
fct
schlagartig freigesetzt und damit der Körper unmittel- 2,5
bar getrennt wird. Dem gegenüber bewirken geringere
Probenlängen im -l-Diagramm nach Überschreiten 2,0
des Spannungsmaximums einen allmählich abfallen-
1,5
den, d. h. entfestigenden Ast. Die Größe lch wird da- ModelCode 1990

her auch als kritische Länge bezeichnet. Ungeachtet 1,0


dessen ist lch im engeren Sinne keine reale physika- EN 1992-1-1
0,5
lische Größe, sondern beschreibt als Materialkonstan-
hb in mm
te die Sprödigkeit des Werkstoffs; bei Beton liegt lch 0,0
zwischen 200 und 400 mm. Mit steigender Festigkeit 0 200 400 600 800

nimmt die Sprödigkeit zu, die charakteristische Län- Abbildung 3.13 Zusammenhang zwischen Biegezugfestigkeit
ge fällt ab. Es existieren allerdings Korrelationen zwi- und zentrischer Zugfestigkeit
schen lch und physikalischen Größen; z. B. beträgt die
Länge der Rissprozesszone ca. 0,3–0;5  lch (Hillerborg
1983). 1993) kann aus der Spaltzugfestigkeit fct;sp bzw. der
Biegezugfestigkeit fct;fl die zentrische Zugfestig-
keit näherungsweise mit Gl. (3.31) bzw. Gl. (3.32)
3.1.3.2 Prüfung der Zugfestigkeit errechnet werden.
Die Bemessungsregeln nach DIN 1045-1 und EN fct D 0;9fct;sp ; (3.31)
1992-1-1 bauen grundsätzlich auf der zentrischen  0;7
Zugfestigkeit fct auf. Allerdings ist deren expe- hb
1;5 h0
rimentelle Bestimmung im Vergleich zur Prüfung fct D fct;fl   0;7 (3.32)
hb
der Druckfestigkeit erheblich aufwändiger, da eine 1 C 1;5 h0
Einleitung der Zugkraft frei von Exzentrizitäten selbst
über Stahlplatten, die auf Betonprismen aufgeklebt In Gl. (3.32) bezeichnet hb die Balkenhöhe in mm; h0
werden (Abb. 3.12a), schwierig zu realisieren ist. Zur ist mit h0 D 100 mm ein Bezugswert. In Biegezug-
weniger fehleranfälligen Prüfung werden statt dessen versuchen treten deutliche Maßstabseffekte in Erschei-
i. d. R. Spaltzug- und Biegezugversuche verwendet nung; mit verringerter Balkenhöhe hb steigt die Bie-
(Abb. 3.12b,c). Nach dem ModelCode 1990 (CEB/FIP gezugfestigkeit gegenüber der zentrischen Zugfestig-
keit an. Für den Standard-Biegezugversuch (quadrati-
scher Querschnitt mit hb D 150 mm) ergibt sich nach
Gl. (3.32) fct;fl  1;5fct . Neben der in CEB/FIP (1993)
F angegebenen Umrechnungsbeziehung existieren wei-
tere, z. T. auf bruchmechanischen Überlegungen basie-
F
rende Ansätze für den Zusammenhang von zentrischer
Zugfestigkeit und Biegezugfestigkeit (z. B. Jahn 1983;
2 Fu
d l fct ,sp = Reineck 1990). In Abb. 3.13 ist Gl. (3.32) der verein-
d p l
4 Fu
fct = fachten Beziehung nach EN 1992-1-1 (Gl. 3.38) ge-
d2 p
d genübergestellt.

F
3.1.3.3 Kennwerte
a Zentrischer Zugversuch b Spaltzugversuch

F F
Die in Versuchen festgestellte Korrelation zwischen
2 2 Druck- und Zugfestigkeit von Beton (u. a. Heilmann
Fu l 1969) erlaubt die Ableitung eines rechnerischen
hb fct ,fl =
b hb2 Mittelwertes der zentrischen Zugfestigkeit fctm aus
l l l der Druckfestigkeit. Bei höherfesten Betonen steig
3 3 3 b = hb
die Zugfestigkeit wegen der veränderten Bruchmecha-
c Biegezugversuch
nismen allerdings nicht mehr im gleichen Maß mit
Abbildung 3.12a–c Ermittlung der Zugfestigkeit im Versuch der Druckfestigkeit an; hierfür wird ein in Remmel
72 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

(1994) vorgeschlagener, modifizierter Zusammenhang Tabelle 3.4 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Be-
verwendet. messungswert der Betonzugfestigkeit fctd

Normenregelung nach DIN 1045-1 NDP EU D A


Nach DIN 1045-1, 9.1.2 und 9.1.7 wird der Mittelwert der
˛ct 1,0 0,85a EU
zentrischen Zugfestigkeit wie folgt bestimmt:
kt 0,85 –b EU
bis C50/60 fctm D 0;30  fck2=3 ; (3.33a)
 
fcm s/v 1,50 1,50
ab C55/67 fctm D 2;12  ln 1 C : (3.33b) cc EU
10 a 1,20 1,30
Die 5%- und 95%-Quantilwerte der zentrischen Zugfestig- a
für den Nachweis der Verankerungslänge nach EN 1992-1-1,
keit werden unter Annahme eines konstanten Variations-
8.4.2 (2) darf ˛ct D 1;0 angenommen werden.
koeffizienten aus den Mittelwerten abgeleitet: b
im Einzelfall festzulegen
c
fctkI0;05 D 0;7  fctm ; (3.34) s/v D ständige und vorübergehende Bemessungssituation,
a = außergewöhnliche Bemessungssituation; vgl. Tabelle 2.5
fctkI0;95 D 1;3  fctm : (3.35)
Die Umrechnung zwischen Spaltzugfestigkeit und zentri-
scher Zugfestigkeit darf mit Gl. (3.31) vorgenommen wer- Die Umrechnung zwischen Spaltzugfestigkeit und zentri-
den. scher Zugfestigkeit darf nach Gl. (3.31) vorgenommen
werden:
fct D 0;9fct;sp
fct D 0;9fct;sp
Ein expliziter Bemessungswert der Zugfestigkeit wird nur
in Zusammenhang mit dem Nachweis von Schubfugen In EN 1992-1-1, 3.1.8 wird zusätzlich eine Beziehung zur
nach DIN 1045-1, 10.3.6 angegeben, allerdings erfolgt Ermittlung der rechnerischen Biegezugfestigkeit aus der
auch der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit über Haupt- rechnerischen zentrischen Zugfestigkeit in Abhängigkeit
spannungen (DIN 1045-1, 10.3.3) oder der Nachweis der der Bauteilhöhe h (in mm) angegeben, mit der sinnge-
Spaltzugspannungen im Verankerungsbereich von Spann- mäß ebenfalls charakteristische Werte umgerechnet wer-
gliedern mit sofortigem Verbund (DIN 1045-1, 12.10.2) mit den können:
einem Bemessungswert nach Gl. (3.36)  
h
fctm;fl D 1;6   fctm  fctm (3.38)
fctkI0;05 1000
fctd D : (3.36)
c Darüber hinaus definiert EN 1992-1-1, 3.1.6 einen Bemes-
In Gleichung (3.36) bedeutet: sungswert der Betonzugfestigkeit:

c fctkI0;05
Teilsicherheitsbeiwert für unbewehrten Beton nach fctd D ˛ct  (3.39)
DIN 1045-1, 5.3.3 c
D 1;8 (ständige und vorübergehende Bemessungs- In Gl. (3.39) bedeuten:
situation)
D 1;3 (außergewöhnliche Bemessungssituation). ˛ct Beiwert zur Berücksichtigung von Langzeitauswir-
kungen sowie von ungünstigen Auswirkungen aus
Normenregelung nach EN 1992-1-1 der Art der Belastung ! NDP (Tabelle 3.4)
Mittelwert und Quantilwerte der zentrischen Zugfestigkeit Sofern die Betonfestigkeit in einem Alter von mehr
werden in EN 1992-1-1, 3.1.2 analog zu DIN 1045-1 defi- als 28 Tagen bestimmt wird, ist ˛ct mit kt zu multipli-
niert: zieren.
( kt ! NDP (Tabelle 3.4)
0;30  fck2=3
 ;  für fck  50 N/mm2 c Teilsicherheitsbeiwert für Beton ! NDP (Tabel-
fctm D fcm ;
2;12  ln 1 C 10 ; für fck > 50 N/mm2 le 3.4)
fctkI0;05 D 0;7  fctm ;
fctkI0;95 D 1;3  fctm :
Für die zeitliche Entwicklung der Zugfestigkeit finden sich 3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton
in EN 1992-1-1, 3.1.2 Näherungsbeziehungen:
fctm .t / D Œˇcc .t / ˛
 fctm : (3.37)
Beton zeigt bereits unter üblichen Gebrauchsbedin-
In Gleichung (3.37) bedeuten: gungen ein ausgeprägt zeitabhängiges Verhalten; vor
allem die mit der Zeit auftretenden Dehnungen können
ˇcc zeitabhängiger Verlauf der Druckfestigkeitsentwick-
lung nach Gl. (3.13) ein Mehrfaches der elastischen Dehnung betragen. Ge-
˛ D 1;0 für t < 28 Tage wöhnlich werden die zeitabhängigen Effekte unterteilt
D 0;5 für t  28 Tage. in:
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 73

• Schwinden als lastunabhängige Volumenverminde- beiten zur Superposition von Kriechdehnungen (u. a.
rung, Trost 1967; Trost u. Wolff 1970). Grundlagen und
• Kriechen als allmähliche Zunahme der Dehnung bei Hintergründe der derzeit in Regelwerken verankerten
vorgegebener konstanter Spannung und Modelle sind u. a. in Müller (1986) und Müller u.
• Relaxation als allmähliche Abnahme der Spannung Kvitsel (2002) enthalten.
bei vorgegebener konstanter Dehnung. Im folgenden Abschnitt werden die Ursachen
und Hintergründe zeitabhängigen Betonverhaltens
Da die beiden letztgenannten Effekte identischen
zugunsten der ausführlichen Darstellung der derzeit
Mechanismen entspringen und zudem in realen
in Normen enthaltenen mathematischen Beziehungen
Tragstrukturen selten in Reinform zu Tage treten,
knapp gehalten. Die wesentlichen Auswirkungen
werden Kriech- und Relaxationsprobleme gemeinsam
von Schwinden und Kriechen auf Tragwerke werden
behandelt; beide Begriffe beschreiben allgemein das
am Ende des Abschnittes angesprochen, detailliert
viskose Verhalten von Beton. Gleichzeitig ist die
allerdings in den Abschnitten zur Berechnung von
formelmäßige Trennung von Schwind- und Kriech-
Verformungen bzw. zur Berechnung von Zwang-
prozessen als Rechenvereinfachung zu sehen, da in
schnittgrößen bei statisch unbestimmten Tragwerken
Versuchen immer Wechselwirkungen beider Phäno-
(s. Kap. 10 bzw. 13) erläutert.
mene zu beobachten sind. Mit den Kriechdehnungen
eng verknüpft ist eine weitere wesentliche Kenngröße
von Beton, die Dauerstandfestigkeit, d. h. die höchste,
theoretisch unendlich lange ertragene Spannung, die 3.2.1 Zeitabhängige
gegenüber der Kurzzeitfestigkeit deutlich reduziert Dehnungskomponenten
sein kann.
Die große Bedeutung des zeitabhängigen Ver-
haltens für Betonkonstruktionen wurde bereits früh Eine mit konstanter Druckspannung beanspruchte
erkannt und erstmals in den von Dischinger veröffent- Betonprobe zeigt bei unveränderlichen Umgebungsbe-
lichten, richtungweisenden Arbeiten in analytische dingungen die in Abb. 3.14 wiedergegebene zeitliche
Formulierungen gefasst (Dischinger 1937, 1939). Entwicklung der Dehnung. Die zum Zeitpunkt t
Mittlerweile existiert eine große Bandbreite an Li- aufgetretenen Betondehnungen können in den last-
teratur zum zeitabhängigen Verhalten von Beton. unabhängigen Anteil "cs .t; ts / aus Schwinden und
Zusammenfassungen über Kriech- und Schwindmo- die lastabhängigen Anteile "ci .t0 / aus elastischer
delle sind in Rüsch u. Jungwirth (1976); Hilsdorf u. Verformung und "cc .t; t0 / aus Kriechen zerlegt werden
Müller (1987); Bažant (1988); CEB (1990) zu finden; (Gl. 3.40).
nach wie vor von erheblicher Bedeutung sind die Ar- "c .t/ D "cs .t; ts / C "ci .t0 / C "cc .t; t0 / (3.40)
Als Schwinden wird vor allem die Volumenvermin-
sc (t) derung durch das Austrocknen des Betons sowie die
von den Feuchterandbedingungen unabhängige Volu-
sc (t0)
menreduktion durch chemische Prozesse als Folge der
Hydratation des Zements bezeichnet. Der Beginn der
Austrocknung wird in Gl. (3.40) durch ts angegeben,
t0 te t t0 beschreibt den Zeitpunkt, zu dem die Belastung auf-
ec (t) gebracht wird. Die Schwinddehnung nähert sich bei
konstanten Umgebungsbedingungen mit zunehmender
eci (te)
Zeit asymptotisch einem Endwert, dem Endschwind-
maß "cs;1 an.
ecd (t,t0,te) Gleiches kann bei konstanter Belastung näherungs-
ecc (t,t0)
weise für die Kriechdehnung angenommen werden,
ecc (t > te) sofern die Beanspruchung einen Schwellenwert in
eci (t0) Abhängigkeit der Druckfestigkeit nicht überschrei-
ecs (ts)
tet. Kriechen bezeichnet dabei die lastabhängigen
Verformungen insbesondere des Zementsteins, deren
ts t0 te t
Zusammenhänge komplex und noch nicht vollständig
Abbildung 3.14 Dehnungskomponenten von Beton im Einstu- geklärt sind. Eine entscheidende Funktion kommt
fenversuch dabei dem im Zementstein enthaltenen Wasser zu.
74 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Unter anderem entstehen Kriechdehnungen aus Umla- 3.2.2 Kriechen


gerungsprozessen der Wassermoleküle in Verbindung
mit Gleitvorgängen in der Zementmatrix. Durch Ände- Das Modell zur Abschätzung des Kriechens wurde un-
rungen des Feuchtegehaltes, z. B. durch Austrocknen, ter der Prämisse der Proportionalität zwischen Span-
werden die Kriechvorgänge beschleunigt. nungen und Kriechdehnungen, d. h. für lineares Krie-
Bei Spannungen unterhalb jc j  0;4fcm ist chen entwickelt und gilt daher für Druckbeanspru-
Beton in guter Näherung als linear-viskoelastisches chungen bis  0;4fcm . Normativ wird zur Abgrenzung
Material zu beschreiben; die Kriechdehnungen sind die charakteristische Zylinderdruckfestigkeit fckj zum
proportional zu den aufgebrachten Spannungen (li- Zeitpunkt der Lastaufbringung t0 verwendet; das Mo-
neares Kriechen). Für Beanspruchungen oberhalb dell ist damit für jc j  0;45fckj anwendbar. Dem We-
von  0;4fcm setzt das Wachstum der Mikrorisse sen nach beschreibt das Kriechmodell Beton als ein al-
ein, die Proportionalität zwischen Spannungen und terndes, linear-viskoelastisches Material.
Kriechdehnungen geht mit zunehmend nichtlinearem
Materialverhalten des Betons verloren (nichtlineares
Kriechen, Abb. 3.15). Anhaltendes Mikrorisswachs- 3.2.2.1 Dehnungsanteile, Einflüsse und Ansätze
tum unter Dauerbeanspruchungen bedeutet eine
fortschreitende Zerstörung des Betongefüges; bei Kriechen kann in die zwei Anteile Grundkriechen und
Beanspruchungen oberhalb jc j  0;6  0;8fcm Trocknungskriechen unterschieden werden. Der ers-
kann ein vorzeitiges Versagen eintreten; damit ist die te Anteil bezeichnet die bei behindertem Feuchteaus-
Dauerstandfestigkeit erreicht. tausch – z. B. bei versiegelten Proben – auftretenden
Wird der Betonkörper zum Zeitpunkt te vollstän- Kriechdehnungen, letzterer die infolge des Feuchte-
dig entlastet, stellt sich die elastische Rückverformung austausches mit der Umgebung durch Diffusionspro-
"ci .te / unmittelbar ein. Zusätzlich geht ein Teil der all- zesse zusätzlich entstehenden Dehnungen (Abb. 3.16).
mählich aufgetretenen Kriechdehnung, die daher als Mit einem Anstieg der Kriechdehnung ist zu rechnen
verzögert elastische Dehnung "cd .t; t0 ; te / bezeichnet bei:
wird, zurück (Abb. 3.14).
Den in Versuchen beobachteten zeitabhängigen Ef- • höherer Beanspruchung,
fekten sind generell große Streuungen eigen. Mit den • zunehmendem Zementgehalt bzw. Zementsteinvo-
im Folgenden vorgestellten Modellen zur Vorhersage lumen,
von Kriech- und Schwinddehnungen werden Mittel- • geringerem Hydratationsgrad, d. h. verringertem
werte abgeschätzt. Die auf die Endwerte der Verfor- Betonalter bei Belastungsbeginn,
mungen für t ! 1 bezogenen Variationskoeffizien- • höherem Wassergehalt und steigender Geschwin-
ten liegen bei etwa 30%. Wenn Tragwerke auf Varia- digkeit des Wasserverlusts, d. h. im Vergleich zum
tionen der zeitabhängigen Verformungen empfindlich Volumen zunehmende Oberfläche (z. B. bei abneh-
reagieren – z. B. bei wesentlichen Schnittgrößenumla- mender Bauteildicke) und geringerem Feuchtean-
gerungen zwischen Bau- und Endzustand bei einigen gebot der Umgebung,
statisch unbestimmten Konstruktionen – empfiehlt es • höherer, während der Belastung konstanter Tempe-
sich, obere und untere Quantilwerte von Kriechzahl ratur.
und Endschwindmaß anzunehmen. Bei höherfestem Beton ist das Kriechvermögen durch
die höhere Festigkeit und die deutlich verringerte Po-
rosität in Verbindung mit dem geringen w=z-Wert ein-
σc
geschränkt. Als Folge ist u. a. das Trocknungskriechen
wesentlich vermindert (Abb. 3.16).
σc
_
Die auftretenden Kriechdehnungen werden bei li-
~0,4 fc
Ec
φ nichtlineares Kriechen nearem Kriechen mit Hilfe der Kriechzahl '.t; t0 / als
lineares Kriechen
Vielfaches der elastischen Kurzzeitdehnung "ci;28 be-
rechnet:
σc
εcσ = _ (1+φ) "cc .t; t0 / D "ci;28  '.t; t0 / ; (3.41)
Ec
c .t0 /
mit "ci;28 D : (3.42)
Ec
εc
Da der E-Modul mit der Festigkeitsentwicklung des
Abbildung 3.15 Lineares und nichtlineares Kriechen Betons verknüpft ist und daher i. Allg. mit steigen-
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 75

dem Betonalter zunimmt, wird die Kriechdehnung un- reversible Anteile – die verzögert elastischen Dehnun-
abhängig vom tatsächlichen Belastungsalter an den gen "v;el .t; t0 / mit zugehöriger Kriechzahl 'v;el .t; t0 // –
E-Modul für ein Betonalter von 28 Tagen gekop- und irreversible Anteile – die Fließdehnung "fl .t; t0 /
pelt. Dem in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 veran- mit 'f l .t/ – aufgespalten wurden (Gl. 3.46).
kerten Kriechmodell liegt als Bezugswert der Tangen-
tenmodul im Ursprung Ec0 zugrunde. Ausgehend von '.t; t0 / D 'v;el .t; t0 / C 'fl .t/  'fl .t0 / (3.46)
Gl. (3.41) können elastische Dehnungen und Kriech-
dehnungen zur gesamten spannungsinduzierten Deh- Der additiven Verknüpfung sind Nachteile eigen –
nung "c zusammengefasst werden: nachteilig ist insbesondere, dass der Verlauf der Fließ-
dehnung und der vom Belastungsalter t0 abhängige
"c .t; t0 / D "ci .t0 / C "ci;28 '.t; t0 / (3.43a)
  Absolutwert durch die gleiche Funktion beschrieben
Ec
D "ci;28 C '.t; t0 / (3.43b) werden – die u. a. in Hilsdorf u. Müller (1987); Mül-
Ec .t/ ler u. Kvitsel (2002) diskutiert werden.
D "ci;28 .n.t/ C '.t; t0 // : (3.43c) Die aktuelle Normengeneration, zu der u. a.
Mit DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 zählen, baut auf einer
multiplikativen Verknüpfung einzelner Funktionen
1
I.t; t0 / D .n.t/ C '.t; t0 // (3.44) (Produktansatz) auf, die die Auswirkungen der
Ec Einflussparameter sowie den zeitlichen Verlauf der
folgt aus Gl. (3.43c) Kriechdehnung beschreiben. Die Kriechzahl '.t; t0 /
wird nach Gl. (3.47) aus der Grundkriechzahl '0 ,
"c .t; t0 / D c .t0 /  I.t; t0 / : (3.45)
d. h. dem Endwert für t ! 1, und der Funktion des
Die Kriech- oder Komplianzfunktion I.t; t0 / nach zeitlichen Verlaufs ˇc .t; t0 / bestimmt. Für t0 nimmt
Gl. (3.44) ist eine charakteristische Materialeigen- ˇc .t; t0 / den Wert 0, für t ! 1 den Wert 1 an.
schaft und gibt die gesamte spannungsinduzierte
Dehnung unter der Wirkung einer konstanten '.t; t0 / D '0  ˇc .t; t0 / (3.47)
Einheitslast an; n.t/ bezeichnet den Kehrwert der Al-
terungsfunktion des E-Moduls und berücksichtigt die Sowohl DIN 1045-1 als auch EN 1992-1-1 gehen auf
verminderte elastische Verformung mit zunehmendem das im ModelCode 1990 verankerte Formelwerk zur
Erstbelastungsalter. Ermittlung der Kriechverformungen zurück und stim-
Die in der Vergangenheit entwickelten mathema- men daher weitgehend überein.
tischen Formulierungen der Kriechfunktion bzw. der
Kriechzahl können in Summations- und Produktan-
sätze unterschieden werden. In der abgelösten Nor- 3.2.2.2 Größe und zeitlicher Verlauf
mengeneration, z. B. DIN 4227, war ein Summati- des Kriechens – Formelapparat
onsansatz verankert, für den die Kriechdehnungen in
Eine rechnerische Abschätzung der Kriechdehnungen
erfolgt auf Basis der zum Planungszeitpunkt bekannten
Kriechzahl j
Parameter; dem entsprechend wird der Einfluss der Po-
normalfester Beton rosität des Betongefüges auf Diffusionsprozesse ledig-
höherfester Beton RH = 65 % lich über die Druckfestigkeit fcm erfasst. Weitere Para-
meter sind die relative Luftfeuchte der Umgebungsluft
RH, die wirksame Bauteildicke h0 , das Alter des Be-
tons bei Belastungsbeginn t0 und die summarisch über
Trocknungskriechen Grundkriechen den Beiwert ˛ erfasste Hydratationsgeschwindigkeit
des verwendeten Zements. Die in Gl. (3.47) enthaltene
versiegelt Grundkriechzahl '0 ist aus den folgenden Elementen,
die die Komponenten Trocknungs- und Grundkriechen
RH = 65 % sowie den Einfluss des Betonalters bei Belastungsbe-
versiegelt
ginn widerspiegeln, zusammengesetzt:
t0 Belastungsdauer (t-t0)
'0 D 'RH  ˇ.fcm /  ˇ.t0 / (3.48)
Abbildung 3.16 Entwicklung der Kriechverformungen – Kom-
ponenten bei normalfestem und höherfestem Beton mit
76 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten
2 3
1  RH
RH In den Gln. (3.49) bis (3.53) bedeuten:
6 7
'RH D 41 C q 0
 ˛1 5  ˛2 ; (3.49)
3
0;1 hh10 RH relative Luftfeuchte der Umgebung in %,
RH0 Bezugsgröße 100%,
16;8 t0 tatsächliches Betonalter bei Belastungsbeginn
ˇ.fcm / D p ; (3.50)
fcm in Tagen,
1 t1 Bezugsgröße 1 Tag,
ˇ.t0 / D  0;2 : (3.51) t0;eff wirksames Betonalter bei Belastungsbeginn in
0;1 C t0;eff
t1 Tagen,
h0 wirksame Bauteildicke in mm nach Gl. (3.54),
Mit Korrekturfaktoren ˛1 , ˛2 und ˛3 wird der Ein-
h1 Bezugsgröße 100 mm,
fluss der Betondruckfestigkeit berücksichtigt, u. a. die
˛ Beiwert zur Berücksichtigung der Festigkeits-
mit steigender Festigkeit – d. h. dichterem Gefüge –
entwicklung des Betons; in Abhängigkeit vom
verringerten Auswirkungen des Feuchteangebots auf
Zementtyp Tabelle 3.5 zu entnehmen,
die Kriechfähigkeit (! 'RH ) sowie den verzöger-
˛i Beiwerte zur Berücksichtigung des Einflusses
ten Kriechverlauf durch gebremste Diffusionsprozesse
der Betondruckfestigkeit.
(! ˇH ).
  Die wirksame Bauteildicke h0 als Maß für Geschwin-
35 0;7
˛1 D ; (3.52a) digkeit und Intensität des Austrocknungsprozesses ent-
fcm
  spricht dem Verhältnis zwischen der Querschnittsflä-
35 0;2 che Ac in mm2 und dem der Umgebung ausgesetzten
˛2 D ; (3.52b)
fcm Umfang u in mm (Abb. 3.17).
 
35 0;5
˛3 D (3.52c) 2Ac
fcm h0 D (3.54)
u
Die ˛-Faktoren wurden gegenüber dem ModelCo-
de 1990 eingeführt, um die ursprünglich für normal- Bei Hohlkastenquerschnitten sollte die dem Kas-
feste Betone entwickelten Beziehungen auf höherfeste teninneren zugewandten Oberfläche nur zu 50%
Betone anwenden zu können (vgl. Hilsdorf u. Müller angerechnet werden, sofern der Luftaustausch und
1999). Damit wird aber gleichzeitig die Kriechfähig- damit die Angleichung an die Feuchtebedingungen der
keit und -geschwindigkeit von Betonen mit geringerer Umgebung eingeschränkt sind. Allen anderen Hohl-
Festigkeit (fcm < 35) überbewertet. In EN 1992-1-1 querschnitten, z. B. Kreisringen, ist diese Problematik
wird dies durch die zusätzliche Abgrenzung ˛i  1;0 ebenfalls zueigen.
ausgeglichen; DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 unter- Die zeitliche Entwicklung der Kriechdehnungen
scheiden sich daher in den Kriechbeiwerten für Beton- wird mit ˇc .t; t0 / über eine hyperbolische Potenzfunk-
festigkeitsklassen C25/30 und kleiner. tion beschrieben:
Die vorgestellten Beziehungen gelten für normal " t t #0;3
0
t1
bzw. schnell erhärtende Zemente (vgl. Tabelle 3.5); ˇc .t; t0 / D t t0 : (3.55)
hierfür ist t0;eff D t0 . Die Auswirkungen einer verän- ˇH C t1
derten Festigkeitsentwicklung können durch die Modi-
fikation des wirksamen Belastungsalters t0;eff berück- In Gl. (3.55) bedeutet:
sichtigt werden. Parallel dazu ist es möglich, durch ein "  18 #
RH h0
verändertes Belastungsalter eine Temperaturbehand- ˇH D 150  1 C 1;2   C 250  ˛3
lung des Betons vor der Belastung – z. B. eine Wärme- RH0 h1
behandlung von Fertigteilen – bzw. eine während der  1500  ˛3 : (3.56)
Belastung dauerhaft außerhalb des Bereichs von 10ı C
bis 20ı C liegende Temperatur anzurechnen. Hierzu
enthalten CEB (1990) und Anhang B zu EN 1992-1- 3.2.2.3 Nichtlineares Kriechen
1 Hinweise.
2 3˛
Für Beanspruchungen oberhalb jc j  0;4fcm ist die
6 9 7 Proportionalität zwischen Spannungen und Kriechdeh-
t0;eff D t0  4  1;2 C 15 (3.53)
t0 nungen nicht mehr gegeben; die Kriechzahl steigt mit
2C t1 dem Beginn der Mikrorissbildung deutlich an (Stöckl
 0;5 Tage 1981; Streit 1991; Shen 1992) (Abb. 3.15). Nä-
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 77

Tabelle 3.5 Beiwerte ˛, ˛as , ˛ds1 und ˛ds2 in Abhängigkeit vom Zementtyp (Zuordnung der Zementtypen zu den Linien in den
Nomogrammen Abb. 3.18 und 3.27)

Linie Nr. Zementtyp Merkmal Festigkeitsklasse ˛ ˛as ˛ds1 ˛ds2


nach DIN EN 197-1

„1“ SL langsam erhärtend 32,5 N –1 800 3 0,13


„2“ N,R normal oder schnell erhärtend 32,5 R; 42,5 N 0 700 4 0,12
„3“ RS schnell erhärtend, hochfest 42,5 R; 52,5 N; 52,5 R 1 600 6 0,12

Ansatz der in etwas abgewandelter Form auch Eingang


h bh in EN 1992-1-1 gefunden hat.
h0 =
b+h
h h0 = h 'k .1; t0 / D '.1; t0 /  eŒ˛ .k 0;40/ (3.57)
b mit
a Rechteck- Querschnitt b Platte jc j
k D I ˛ D 1;5 :
fcm .t0 /
bf
In Gl. (3.57) bedeuten:
hf
'.1; t0 / Endkriechzahl für lineares Kriechen, z. B.
b f hf + bw h - bw hf
h h0 = nach Abb. 3.18
bf + h
c kriechauslösende Druckspannung,
fcm .t0 / Mittelwert der Betondruckfestigkeit zum
bw
Zeitpunkt der Lastaufbringung.
c Plattenbalken
Durch die Verknüpfung der Endkriechzahl mit der
anliegenden Druckspannung ist eine Superposition bei
h h veränderlichen Spannungen nicht mehr möglich.
h h0 = h h0 » 2t £
2 2

t Normenregelung nach DIN 1045-1


d Kreisquerschnitt e Kreisring (Innenraum nicht belüftet) In DIN 1045-1, 9.1.4 werden für lineares Kriechen (jc j 
0;45fckj mit fckj D fck .t0 / als charakteristischer Druck-
bo festigkeit zum Zeitpunkt des Aufbringens kriechauslösen-
ho der Spannungen) lediglich Endkriechzahlen '.1; t0 / an-
bw Innen-
gegeben. Hierzu wurden aus den Gln. (3.47) bis (3.55)
hi
raum h für eine Belastungsdauer t  t0 von 70 Jahren Kriech-
zahlen '.1; t0 / für Innen- (50% RH) und Außenbautei-
hu
le (80% RH) in Nomogrammform angegeben (Abb. 3.18).
bu Die Kriechzahlen werden hierbei auf den Tangentenmo-
bi dul Ec0 im Ursprung bezogen; Ec0 kann vereinfacht durch
bo ho + bu hu + 2bw h i Ec0m nach Tabelle 3.2 ersetzt werden. Für mittlere relative
h0 =
b o + h + 0,5(b i + hi ) Luftfeuchten zwischen 40% und 100% ist eine Extra- bzw.
f Kastenquerschnitt
(Innenraum schwach belüftet) Interpolation zulässig.
Bei Druckspannungen jc j > 0;45fckj muss nichtlineares
Abbildung 3.17a–f Wirksame Bauteildicke h0 – Beispiele
Kriechen mit Hilfe geeignete Ansätze berücksichtigt wer-
den.

Normenregelung nach EN 1992-1-1


herungsweise können nichtlineare Kriechverformun- In EN 1992-1-1, 3.1.4 werden Endkriechzahlen '.1; t0 / in
gen über eine modifizierten Endkriechzahl 'k .1; t0 / Nomogrammform angegeben, die für Betonfestigkeitsklas-
nach (vgl. CEB/FIP 1993) abgeschätzt werden; ein sen oberhalb C25/30 mit DIN 1045-1 übereinstimmen (vgl.
78 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

2 3
1 C20/25
1
RH=50% C25/30
t0 in Tagen

2 C30/37
3 C35/45
5 C40/50
C45/55
10 C50/60
C55/67
20 C60/75
30 C70/85
C80/95
50
C90/105
C100/115
100
6 5 4 3 2 1 0 10 30 50 70 90 110 130 150
j(¥ ,t0)
® h0 in cm

a Nomogramm zur Ermittlung der Endkriechzahl für Normalbeton und trockene Umgebungsbedingungen
(trockene Innenräume, relative Luftfeuchte RH = 50%)

5 3
2

2 3
1
C20/25
1
RH=80% C25/30
t0 in Tagen

2
C30/37
3
C35/45
5 C40/50
C45/55
10 C50/60
C55/67
20 C60/75
30 C70/85
50 C80/95
C90/105
100 C100/115
6 5 4 3 2 1 0 10 30 50 70 90 110 130 150
j(¥ ,t0)
® h0 in cm

b Nomogramm zur Ermittlung der Endkriechzahl für Normalbeton und feuchte Umgebungsbedingungen
(Außenluft, relative Luftfeuchte RH = 80%)

Abbildung 3.18a,b Nomogramme zur Ermittlung der Endkriechzahl '.1; t0 / für trockene (! a) und feuchte (! b) Umgebungs-
bedingungen nach DIN 1045-1 und DIN EN 1992-1-1 für Normalbeton (Zuordnung der Linien „1“, „2“ und „3“ zu Zementtypen
nach Tabelle 3.5)

Abb. 3.18). Die Kriechzahlen sind in der aktuellen Ausga- 'nl .1; t0 / D '.1; t0 /  eŒ1;5.k 0;45/ ; (3.58)
be auf einen Tangentenmodul Ec D 1;05  Ecm bezogen. In jc j
Anhang B zu EN 1992-1-1 wird ergänzend ein Formelwerk mit k D
fck .t0 /
zur Berechnung von Kriechzahlen '.t; t0 / für beliebige Be-
lastungsdauern t  t0 angegeben, das mit den hier ange-
gebenen Gln. (3.47) bis (3.55) identisch ist; zusätzlich gilt 3.2.2.4 Dauerstandfestigkeit
˛1 , ˛2 bzw. ˛3  1;0.
Sofern bei Belastungsbeginn t0 Druckspannungen jc j >
0;45fck .t0 / auftreten, muss die Nichtlinearität des Krie- Durch die mit zunehmender Belastungsdauer infolge
chens z. B. durch Gl. (3.58) berücksichtigt werden. des Mikrorisswachstums kontinuierlich fortschreiten-
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 79

|ec|
che Streuungen auf (Rüsch 1960; Rüsch u. a. 1968)
Primär- Sekundär- Tertiär-
kriechen kriechen Bruch
(Abb. 3.20).
kriechen

3.2.2.5 Kriechen und Dauerstandfestigkeit


unter Zugbeanspruchungen
eci
elastische Dehnung
Wird Beton dauerhaft durch Zugspannungen bean-
sprucht, zeigt er ähnlich dem Verhalten bei Druck-
Zeit t - t0 (linear)
beanspruchung zeitabhängige Dehnungen mit gegen-
Abbildung 3.19 Kriechverformungen bei Beton unter hoher über fctm verminderter Dauerstand-Zugfestigkeit. Die
Dauerlast wenigen Untersuchungen zum Zugkriechen legen na-
he, dass in einem Beanspruchungsbereich 0  c 
0;6 fctm lineares Kriechen vorausgesetzt werden kann;
de Entfestigung können hohe Dauerlasten zu einem gleichzeitig können die für Druckspannungen entwi-
Versagen des Betons bei gegenüber der Kurzzeitfes- ckelten Modelle bzw. Kriechzahlen übernommen wer-
tigkeit fcm deutlich reduzierten Spannungen führen. den (Kordina u. a. 2000). Die dauerhaft zu ertragende
Abbildung 3.19 zeigt die bei hohen Dauerbeanspru- Zugbeanspruchung wird ebenfalls durch fortschreiten-
chungen charakteristische, in drei Bereiche zu unter- des Mikrorisswachstum gesteuert. Nach Reinhardt u.
gliedernde Entwicklung der Kriechdehnungen; insbe- Cornelissen (1985) fällt die Zugfestigkeit bei langan-
sondere die überproportionale Zunahme der Dehnung dauernden Beanspruchungen allerdings sehr schnell ab
im dritten Ast (tertiäres Kriechen) beschreibt eine pro- und erreicht nach kurzer Zeit – z. T. bereits nach 24
gressive Entfestigung, die einem Druckversagen un- Stunden – die Dauerstandfestigkeit von 0,6–0,7fctm.
mittelbar vorausgeht. Dem gegenüber wird bei gerin-
gen Beanspruchungen (lineares Kriechen) i. Allg. der
Bereich des primären Kriechens nicht verlassen (Streit
1991). Parallel zur Dauerbeanspruchung steigt die sta- 3.2.3 Kriechen bei veränderlichen
tische Festigkeit durch den mit der Zeit zunehmen- Spannungen – Superposition
den Hydratationsgrad (Nacherhärtung) weiter an. Die
Dauerstandfestigkeit ist damit abhängig vom Belas- Das Modell zur Vorhersage der Kriechdehnungen setzt
tungsalter t0 und dem Hydratationsfortschritt. Die in konstante Beanspruchungen voraus; die Betondruck-
Versuchen ermittelte Dauerstandfestigkeit liegt im Be- spannungen in realen Tragwerken erfüllen diese Be-
reich von 0,65–0;85fcm , weist allerdings beträchtli- dingung in vielen Fällen nicht. Bei Fertigteilen treten
zwischen Bau- und Endzustand ebenso beträchtliche
Änderungen der langfristig wirkenden Betondruck-
|ec| in ‰ spannungen auf wie z. B. bei Brücken, die abschnitts-
ze weise bzw. im Freivorbau hergestellt werden.
7 en
gr
uc
h Für geringe Beanspruchungen (jc j  0;4fcm ), d. h.
6 Br
0.80 lineares Kriechen, ist die Superposition zeitabhängiger
75
0.

5 Dehnungen aus verschiedenen Spannungsstufen mög-


70
0.85 0. lich, das Boltzmann’sche Superpositionsprinzip gilt.
4 0
0.6 50 Die hierfür grundlegende Erkenntnis – und gleichzei-
0.90 0.
3
sc / fc = 1,0
tig die wesentliche Weiterentwicklung gegenüber dem
2
Modell in Dischinger (1937) – folgt aus der Betrach-
tung des Betons als alterndes linear-viskoelastisches
1 Material. Von Dischinger wurden ideale Kriechkur-
t0 = 56 d
ven (Whitney’sche Idealkurven) vorausgesetzt, die für
10 100 1000 min 7d 70 d 700 d Dauerlasten unabhängig vom Zeitpunkt der Lastauf-
Zeit t - t0 (log)
bringung gelten (Abb. 3.21a). Damit geht – im Wi-
Abbildung 3.20 Kriechverformungen bei verschiedenen Last- derspruch zu Versuchen (vgl. Trost u. a. 1978) – die
niveaus – Dauerstandfestigkeit Kriechdehnung bei Belastung eines alten Betons gegen
80 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

j(t) sc (t)

j(t2) Ds c (t 3 )
j(t1)
j(t1) Ds c (t 2 )
j(t2)
Ds c (t 1 )

t s c (t 0 )
t0 t1 t2
t
a Idealkurve nach Dischinger t0 t1 t2 t3

a Spannungen
j(t,t0)
ecs(t)

3
t å Ds (t i ) I (t , t i )
t0 t1 t2 i =1

b Kriechkurven eines alternden


viskoelastischen Materials ( = Beton)
s c (t 0 ) I ( t , t 0 )
Abbildung 3.21a,b Kriechzahlen für verschiedene Belastungs-
zeitpunkte t
t0 t1 t2 t3

Null. Dagegen beginnt bei viskoelastischen Materiali-


en für jede aufgebrachte Beanspruchung die Kriechge- s c (t 0 ) I ( t , t 0 )
schichte erneut; die Alterung bewirkt jedoch eine Ver- e ci (t 0 )
t
ringerung der Kriechfähigkeit (Abb. 3.21b). t0
+

Ds c (t 1 ) I (t, t 1 )
3.2.3.1 Relaxationsbeiwert De ci (t 1 )
t
t1
Die Druckbeanspruchung einer Betonprobe wird nach +
Abb. 3.22a in n Stufen aufgebracht. Die gesamte span-
nungsinduzierte Dehnung zum Zeitpunkt t errechnet Ds c (t 2 ) I (t, t 2 )
De ci (t 2 )
sich dann aus: t
t2
"c .t/ D "c .t; t0 / C "c1 .t1 / +

C"c2 .t2 / C    C "cn .tn / (3.59a)


Ds c (t 3 ) I (t, t 3 )
c .t0 / De ci (t 3 )
D Œn.t0 / C '.t; t0 / t3
t
Ec
c .t1 / b spannungsinduzierte Dehnungen
C Œn.t1 / C '.t; t1 / C : : : (3.59b)
Ec Abbildung 3.22a,b Superposition zeitabhängiger Dehnungen
c .t0 / bei veränderlicher Spannung
D Œn.t0 / C '.t; t0 /
Ec
Xn
c .ti /
C Œn.ti / C '.t; ti / : (3.59c)
Ec
i D1 c .t0 /
"c .t/ D Œn.t0 / C '.t; t0 / (3.60)
Wird anstelle einer abschnittsweise konstanten Ec
Spannungsfunktion eine stetig veränderliche Bean- Zt
spruchung betrachtet, wird der Summenausdruck in @c ./ 1
C  Œn./ C '.t; / d :
Gl. (3.59c) zu einem Integral über das Zeitintervall @ Ec
Dt0
Œt0 ; t:
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 81

sc(t) sc(t)
Wird Gl. (3.60) mit Hilfe der Kriechfunktion I.t; ti /
nach Gl. (3.44) angeschrieben, ergibt sich ein in der sc sc
Literatur häufig anzutreffender Ausdruck (u. a. DAfStb
t t
2003): t0 te t0 te
-sc
a Spannungen
"c .t/ D c .t0 /I.t; t0 /
ecs(t) ecs(t)
Zt
@c ./
C I.t; /d : (3.61) sc(t0).I(t,t0)
@
Dt0 t t
t0 te t0 te sc(te).I(t,te)
Vereinfachend kann die Veränderung des E-Moduls
mit zunehmendem Betonalter vernachlässigt werden c spannungsindizierte Dehnungen b Superposition

(n.t/ ! 1). Aus Gl. (3.60) folgt dann: Abbildung 3.23a–c Anwendung der elementaren Superpositi-
on von Kriechverformungen bei veränderlichen Spannungen
c .t0 /
"c .t/ D Œ1 C '.t; t0 /
Ec Rt @c . /
Zt Dt0 @
 '.t; /d
@c ./ 1 .t; t0 / D
C  Œ1 C '.t; / d : Œc .t/  c .t0 /  '.t; t0 /
@ Ec Pn
Dt0 c .ti /  '.t; ti /
D i D1 : (3.64)
(3.62) c .t; t0 /  '.t; t0 /

Berechnungen aufbauend auf Gl. (3.62) sind i. Allg. Der Relaxationsbeiwert .t; t0 / nach Gl. (3.64) er-
nur numerisch über eine zeitliche Diskretisierung der fasst zum einen den zeitlichen Verlauf der Spannun-
Kriechprozesse möglich. Ein Beispiel für die Auftei- gen und zum anderen die mit zunehmendem Betonalter
lung der Spannungsgeschichte zur Superposition von verminderte Kriechfähigkeit;  wird daher auch als Al-
Kriechdehnungen ist in Abb. 3.23 dargestellt. Eine ver- terungsbeiwert bezeichnet. Der wesentliche Vorteil be-
einfachte Superposition der Kriechanteile veränderli- steht darin, dass .t; t0 / näherungsweise vorab berech-
cher Spannungen wird durch die Substitution des Inte- net werden kann und damit die aufwändige Integration
gralausdrucks erreicht (vgl. Trost 1967): zur Bestimmung der Kriechverformungen entfällt. Der
Relaxationsbeiwert variiert allgemein in den Grenzen
c .t0 / 0;5  .t; t0 /  1;0. Mit hinreichender Genauigkeit
"c .t/ D Œ1 C '.t; t0 /
Ec kann .t; t0 / für stetig veränderliche Spannungen als
2 t
Z konstant mit  D 0;8 angenommen werden (vgl. Trost
1 @c ./
C 4 d 1967; CEB 1993), zumal der Beiwert lediglich mul-
Ec @ tiplikativ mit der – allgemein mit großen Streuungen
Dt0
3 behafteten – Kriechzahl '.t; t0 / verknüpft ist.
Zt
@c ./
C  '.t; /d 5 (3.63a)
@ 3.2.3.2 Effektiver E-Modul
Dt0
c .t0 /
D Œ1 C '.t; t0 / Mit Gl. (3.63b) können die Auswirkungen konstan-
Ec ter und zeitlich veränderlicher Spannungen auf die
c .t/  c .t0 / Kriechverformungen getrennt betrachtet werden. Für
C
Ec den Anteil infolge c .t0 / gilt:
c .t/  c .t0 /
C  .t; t0 /'.t; t0 / (3.63b) c .t0 /
Ec "c .t/ D  Œ1 C '.t; t0 / (3.65a)
Ec
c .t0 /
D Œ1 C '.t; t0 / c .t0 /
Ec D (3.65b)
Ec;eff
c .t; t0 /
C  Œ1 C .t; t0 /'.t; t0 / ; Ec
Ec ) Ec;eff D : (3.65c)
1 C '.t; t0 /
(3.63c)
Mit Ec;eff beschreibt Gl. (3.65) den effektiven E-Modul,
mit mit dem die Berechnung von Kriechverformungen er-
82 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

heblich vereinfacht wird. Für den zeitlich veränderli- 3.2.3.3 Relaxation


chen Anteil lässt sich auf analogem Weg ein effektiver
E-Modul ableiten. Relaxation beschreibt den zeitabhängigen Abbau von
c .t; t0 / Spannungen bei konstanten Dehnungen. Mit Hilfe des
"c .t/ D  Œ1 C .t; t0 /'.t; t0 / (3.66a) Relaxationsbeiwertes .t; t0 / kann für reine Relaxati-
Ec
on – d. h. ohne Berücksichtigung des Schwindens – ei-
c .t; t0 /
D 0 (3.66b) ne Näherungslösung zur Berechnung des Spannungs-
Ec;eff abbaus ermittelt werden. Ausgehend von der Kontinui-
0 Ec tätsbedingung der Dehnungen
) Ec;eff D (3.66c)
1 C .t; t0 /'.t; t0 /
"c .t/ D "c .t0 / (3.71)
Sofern bei kombinierter Beanspruchung der ständig
vorhandene Anteil c .t0 / überwiegt, kann näherungs- folgt aus
weise .t; t0 / D 1;0 gesetzt werden; damit wird Ec "c .t0 / D c .t0 / ; (3.72)
0
Ec;eff D Ec;eff und
mit Gl. (3.63b) der Spannungsabbau zum Zeitpunkt t:
c .t0 / C c .t; t0 / c .t/
"c .t/   ;
Ec;eff Ec;eff 0 D Ec "c .t/  c .t0 / (3.73a)
Ec D c .t0 /Œ1 C '.t; t0 / C Œc .t/  c .t0 /
mit Ec;eff D (3.67)
1 C '.t; t0 /  Œ1 C .t; t0 /'.t; t0 /  c .t0 / : (3.73b)
Für ausschließlich konstanten Betonspannungen, d. h. Gleichung (3.73b) kann nach dem Verhältniswert der
c .t; t0 / D 0, liefert Gl. (3.67) die exakte Lösung; Spannungen c .t/=c .t0 / aufgelöst werden:
bei erheblichem Anteil veränderlicher Spannungen ist
sie oft eine ausreichend genaue Näherung. c .t/ '.t; t0 /
D 1 ; (3.74a)
Da Verformungsberechnungen i. Allg. der Sekan- c .t0 / 1 C .t; t0 /'.t; t0 /
tenmodul Ecm – der das elastische Verhalten des Be- D 1  .t; t0 / : (3.74b)
tons bei Betonspannungen bis jc j  0;4fcm im Mittel
beschreibt – zugrunde zu legen ist, ist auch für Ec;eff Die Relaxationszahl .t; t0 / nach Gl. (3.74b) gibt die
der Bezug auf Ecm sinnvoll. Bei Verwendung der E- Abnahme der Spannung bei konstanter Dehnung an
Moduli nach DIN 1045-1 gilt für die spannungsindu- und ist damit formal analog zur Kriechzahl definiert
zierten Verformungsanteile näherungsweise: Trost (1987).

c c Ecm Beispiel 3.1


"c .t/ D C   '.t; t0 / (3.68a) Auf einen Betonzylinder des Durchmessers 200 mm nach
Ecm E Ec0m
 cm  Abb. 3.24 wird im Alter von 30 Tagen eine zeitlich kon-
c Ecm stante Druckstauchung "c aufgebracht. Gesucht ist der
D  1  '.t; t0 / (3.68b)
Ecm Ec0m Anteil der Druckspannungen c .t /, der für t ! 1 noch
c im Beton vorhanden ist.
D ; (3.68c)
Ec;eff Die Kriechdehnung wird durch folgende Parameter be-
schrieben:
mit
2Ac h
Ecm Ecm '.1; 30/ D 2;61 I h0 D
uc
D D 100 mm :
Ec;eff D ; ˛i D : (3.69) 2
1 C ˛i  '.t; t0 / Ec0m
Mit .1; 30/  0;8 folgt die Relaxationszahl
Nach Gl. (3.69) kann also der effektive E-Modul nach .1; 30/ zu:
DIN 1045-1 auf den Sekantenmodul Ecm bezogen wer-
den, wenn die Kriechzahl mit dem Verhältnis der E- '.1; 30/
.1; 30/ D
Moduli ˛i nach Gl. (3.9) skaliert wird. Für Berechnun- 1 C .1; 30/'.1; 30/
gen nach EN 1992-1-1 gilt Gl. (3.69) ebenfalls, sofern 2;61
D D 0;845
˛i D 1=1;05 D 0;95 D const. eingesetzt wird. 1 C 0;8  2;61
8 c .1/
ˆ Ecm ) D 1  0;845 D 0;155 :
ˆ c .t0 D 30/
< 1 C ˛  '.t; t / ; .DIN 1045-1/
i 0
) Ec;eff D (3.70) Damit fällt die zum Zeitpunkt t0 aufgebrachte Spannung
ˆ Ecm
:̂ ; .EN-1992-1-1/ auf 15,5% des Ausgangswertes ab. Abb. 3.24 zeigt den
1 C 0;95  '.t; t0 / zugehörigen Zeitverlauf.
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 83

sc(t)
genschaften erweitert werden. Grundsätzlich ist aller-
sc(t0)
dings für Beton die Altersabhängigkeit der Modell-
1.0
parameter zu beachten. Im Rahmen numerischer Me-
thoden können derartige Modelle um die bei höheren
C30/37
0,8 Beanspruchungen auftretenden nichtlineare Effekte er-
CEM I 32,5R
RH = 50% gänzt werden (vgl. Shen 1992; Fritsche 2001).
t0 = 30d
0,6

d = 200mm
0,4
3.2.4 Schwinden
0,2
0,155
3.2.4.1 Dehnungsanteile und Einflüsse
0
0 100 200
t - t0 in Tagen Im Unterschied zum Kriechen sind Ursachen und Ab-
läufe wie auch die wesentlichen Einflussparameter der
Abbildung 3.24 Beispiel 3.1 – rechnerische Abnahme der
Druckspannung bei einem Relaxationsversuch an einer Beton-
Schwinddehnungen weitgehend geklärt. Zur rechne-
probe rischen Erfassung werden die maßgebenden Kompo-
nenten, die Trocknungsschwinddehnung "cds .t; ts / aus
der Austrocknung des Bauteils und die Schrumpfdeh-
3.2.3.4 Weitere Methoden zur Erfassung nung "cas .t/ als Summe des chemischen Schwindens
von Kriechdehnungen und des autogenen Schwindens (innere Austrocknung)
getrennt behandelt (Gl. 3.75).
Neben den analytischen, an Kriechversuchen kalibrier-
ten Vorhersagemodellen können insbesondere für nu- "cs .t; ts / D "cas .t/ C "cds .t; ts / (3.75)
merische Berechnungen vorteilhaft rheologische Mo-
delle verwendet werden (vgl. Bažant 1988). Das
zeitabhängige Verhalten viskoelastischer Stoffe wird Trocknungsschwinden erfordert einen Feuchte-
durch die Kombination einfacher Grundelemente – gradienten, d. h. einen Feuchteunterschied zur
Hooke’sche Feder und Newton’scher Dämpfer – abge- Umgebung und ist daher wie das Trocknungskriechen
bildet. Exemplarisch ist in Abb. 3.25 ein vierparamet- mit der Form des Bauteils und dem Feuchteangebot
riges Modell als Reihenschaltung eines Kelvin-Voigt- der Umgebung verknüpft. Trocknungsschwinden setzt
Modells mit einem Maxwell-Modell wiedergegeben, mit dem Beginn der Austrocknung, z. B. mit dem
mit dem das Kriechverhalten von Beton angenähert Ende der Nachbehandlung ein. Die Diffusionstheorie
werden kann. Rheologische Modelle können durch legt allerdings nahe, dass sich die Oberfläche, die
St’Venant’sche Reibelemente um viskoplastische Ei- der Umgebung ausgesetzt ist, nur auf den zeitlichen
Verlauf des Trocknungsschwindens, nicht aber auf
den theoretischen Endwert "cds1 auswirkt. Die Diffu-
Kelvin-Voigt- sc(t) sionsprozesse können auch in umgekehrter Richtung
Modell sc
ablaufen; durch Wasseraufnahme, d. h. Quellen nimmt
das Betonvolumen zu. Trocknungsschwinddehnungen
E1 h1 t können allerdings nicht vollständig durch Quellen
t0 t1
kompensiert werden, da sie nur zum Teil reversibel
e(t)
sc sind.
E2
1 h2 Im Gegensatz zum Trocknungsschwinden sind Grö-
h2 sc ße und Verlauf der Schrumpfdehnung unabhängig von
sc
E2
E1 sc Feuchteangebot, Bauteilform und Beginn des Aus-
P sc sc E1 trocknens ts , sondern werden allein durch die Zusam-
Maxwell- E2 mensetzung des Betons gesteuert; die Schrumpfdeh-
t
Modell t0 t1
nung wächst mit steigendem Zementanteil, also auch
a Rheologisches b Spannung und Dehnung in Abhängigkeit mit steigender Betonfestigkeit an (Abb. 3.26). Ein er-
Modell der Zeit heblicher Anteil der Schrumpfdehnungen tritt bereits
Abbildung 3.25a,b Abbildung linear-viskoelastischen Ma- während der Betonerhärtung, also bereits in den ersten
terialverhaltens mit einem rheologischen Modell Tagen nach dem Betonieren auf.
84 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Schwindmaß, ecs (<0)


8 h  RH 3 i
ˆ
ˆ 1;55  1  ;
RH = 65 % ˆ
ˆ 100
<
für 40%  RH < 99%  ˇs1
normalfester Beton ˇRH .RH/ D ;
RH = 65 % ˆ
ˆ 0;25 ;
höherfester Beton
ˆ

Trocknungsschwinden ecds
für RH  99%  ˇs1
versiegelt (3.81)
mit
Schrumpfen ecas  0;1
35
ˇs1 D  1;0 : (3.82)
fcm
versiegelt Mit den Gln. (3.81) und (3.82) wird zwischen Schwin-
den und Quellen unterschieden. Erreicht oder über-
t=0 ts Betonalter t schreitet das Feuchteangebot (99  ˇs1 /% RH, stellen
Trocknungsdauer t - ts
sich rechnerisch positive Quelldehnungen "cds ein.
Abbildung 3.26 Entwicklung der Schwindverformungen – we- Der Zeitverlauf des Trocknungsschwindens, d. h.
sentliche Komponenten bei normalfestem und höherfestem Be- die Geschwindigkeit der Diffusionsprozesse, wird al-
ton lein durch die wirksame Bauteildicke h0 gesteuert.
v
u .t  ts /=t1
ˇds .t  ts / D u
t  2 (3.83)
3.2.4.2 Größe und zeitlicher h0
350  h1 C .t  ts /=t1
Verlauf – Formelapparat
In den Gln. (3.76) bis (3.83) bedeuten, sofern noch
Die gesamte Schwinddehnung zum Zeitpunkt t nicht im Zusammenhang mit den Kriechdehnungen er-
errechnet sich aus der Addition der Anteile nach läutert:
Gl. (3.75). Schwinddehnungen werden getrennt nach
Trocknungsschwinden und Schrumpfen – analog zum ts Betonalter zum Beginn der Austrocknung in
Kriechen – durch die multiplikative Verknüpfung Tagen
des jeweiligen Endwertes mit einer Verlaufsfunktion ˛as Beiwert zur Berücksichtigung des Zement-
beschrieben. Die Schrumpfdehnung folgt aus typs nach Tabelle 3.5
˛ds1 , ˛ds2 Beiwerte zur Berücksichtigung des Zement-
"cas .t/ D "cas0 .fcm /  ˇas .t/ (3.76) typs nach Tabelle 3.5
ˇs1 Beiwert zur Berücksichtigung der inneren
mit dem allein von der Druckfestigkeit und der Ze- Austrocknung des Betons
mentart abhängigen Endwert der Schrumpfdehnung
Normenregelung nach DIN 1045-1
 2;5
fcm In DIN 1045-1, 9.1.4 werden lediglich die Endschwind-
"cas0 .fcm / D ˛as   106 : (3.77) maße "cas1 und "cds1 zur Berechnung der gesamten
60 C fcm Schwindverformung nach
Der Zeitverlauf stellt sich unabhängig von den Rand- "cs1 D "cas1 C "cds1 (3.84)
bedingungen ein:
angegeben. Die in Nomogrammform (Abb. 3.27b) dar-
 q 
0;2 t gestellten Endwerte der Schrumpfdehnungen basieren
ˇas .t/ D 1  e t1
: (3.78) auf den angegeben Beziehungen für ˇas .1/ D 1, die
Endwerte der Trocknungsschwinddehnung (Abb. 3.27a)
Für die Dehnung aus Trocknungsschwinden gilt:
beziehen sich auf eine Trocknungszeit t –ts von 70 Jahren.
"cds .t; ts / D "cds0 .fcm /  ˇRH .RH/
ˇds .t  ts / ; (3.79) Normenregelung nach EN 1992-1-1
EN 1992-1-1, 3.1.4 und EN 1992-1-1, Anhang B enthal-
mit ten die oben angeführten Beziehungen für Endschwind-
maße und zugehörige Zeitverläufe in leicht vereinfachter
"cds0 .fcm / D Form. Die gesamte Schwinddehnung zum Zeitpunkt t ist
  
(Nomenklatur nach EN 1992-1-1):
˛ds2  f10
cm
.220 C 110  ˛ds1 /  e  106 (3.80)
"cs .t; ts / D "ca .t / C "cd .t; ts / : (3.85)
3.2 Zeitabhängiges Verhalten von Beton 85

50 60 70 80 RH in %
1000

800

600
h0 in mm

400

3
200 2
1

0
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 10 30 50 70 90 110
ecds ¥ in ‰ fck in N/mm2

4
a Endwert der Trocknungsschwinddehnung ecds¥

5 3
2

-0,30
1

-0,25 2

3
-0,20
in ‰

-0,15 b Endwert der Schrumpfdehnung ecas ¥


8
ecas

-0,10

EN 1992-1-1
-0,05

0
10 30 50 70 90 110
fck in N/mm 2

Abbildung 3.27a,b Nomogramme zur Ermittlung der Endwerte der Trocknungsschwinddehnung "cds1 (! a) und der Schrumpf-
dehnung "cas1 nach DIN 1045-1 für Normalbeton (In b Schrumpfdehnung "ca1 nach EN 1992-1-1 eingetragen; Zuordnung der
Linien „1“, „2“ und „3“ zu Zementtypen nach Tabelle 3.5)

  
Für die Schrumpfdehnung "ca .t / gilt: ˛ds2 f10
cm
"cd0 D 0;85 .220 C 110˛ds1 /  e
"ca .t / D "ca1  ˇas .t / (3.86)
 106  ˇRH (3.89)
Die Beziehung für den Endwert der Schrumpfdehnung
"cas1 wurde gegenüber Gl. (3.77) linearisiert und unab- mit ˇRH nach Gl. (3.81) und den Beiwerten ˛ds1 und ˛ds2
hängig von der Zementart formuliert (Abb. 3.27): nach Tabelle 3.5. Der Grundwert "cd0 ist dem entspre-
chend gegenüber den oben angegebenen Beziehungen
"cas1 D 2;5.fck  10/  106 ; (3.87) bzw. DIN 1045-1 um den Faktor 0,85 reduziert. Der End-
der Zeitverlauf ˇas .t / folgt Gl. (3.78). Die Trocknungs- wert beträgt:
schwinddehnung ist: "cd1 D "cd0  kh ; (3.90)
"cd .t; ts / D "cd0  kh  ˇds .t; ts / : (3.88)
mit kh als Abminderungsbeiwert in Abhängigkeit der wirk-
Der Grundwert des Trocknungsschwindens "cd ist samen Bauteildicke h0 :
86 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

h0 D 100 mm ! kh D 1;00 • Bei Berechnungen nach Theorie II. Ordnung kön-


h0 D 200 mm ! kh D 0;85 nen die zusätzlichen zeitabhängigen Verformungen
h0 D 300 mm ! kh D 0;75
h0  500 mm ! kh D 0;70. Vergrößerungen der Exzentrizitäten und damit ver-
änderte Lastschnittgrößen bewirken.
Der Zeitverlauf des Trocknungsschwindens ist abweichend
von Gl. (3.83) definiert: Im Hinblick auf indirekte Einwirkungen auf Systeme-
.t  ts / bene, d. h. äußeren Zwang gilt (vgl. Abschn. 2.2.3):
ˇds .t; ts / D q : (3.91)
.t  ts / C 0;04  h30 • Bei statisch bestimmt gelagerten Systemen treten
Durch den gegenüber Gl. (3.83) veränderten Zeitverlauf lediglich zusätzliche Verformungen auf; Schnittgrö-
wird unterstellt, dass die Trocknungsschwinddehungen ßen aus Schwinden und Kriechen entstehen nicht
schneller eintreten, allerdings ist der Endwert "cd1 im (vgl. Kap. 10).
Vergleich zu den Werten nach DIN 1045-1 kleiner. (Für • In statisch unbestimmt gelagerten Systemen kön-
die Eingangswerte und Ergebnisse der Beziehungen nen aus behinderten zeitabhängigen Verformungen
nach EN 1992-1-1 gelten die für DIN 1045-1 bzw. für die Zwangschnittgrößen entstehen (s. Abschn. 13.3.4).
Gln. (3.76) bis (3.83) angegebenen Einheiten.) • Gleichzeitig können dauernd wirkende Zwang-
schnittgrößen aus eingeprägten Verformungen –
z. B. aus Baugrundsetzung – durch Kriechen bzw.
Relaxation vermindert werden (s. Abschn. 13.3.4).
3.2.5 Auswirkungen zeitabhängiger
Bei vorgespannten Bauteilen ist zudem zu beachten,
Dehnungen auf Tragwerke dass durch die Kopplung der Betondehnungen bzw.
der Bauteilverformungen mit der Spannstahldehnung
Zur Eingruppierung von Konsequenzen zeitabhängiger durch Schwinden und Kriechen des Betons Spann-
Verformungen aus Kriechen und Schwinden auf Trag- kraftverluste eintreten (vgl. Abschn. 5.3.3).
werke muss – wie allgemein bei eingeprägten bzw. be-
hinderten Verformungen (indirekte Einwirkungen, vgl.
Abschn. 2.2.3) – zwischen Querschnitts- und Syste- 3.3 Leichtbeton
mebene unterschieden werden. Auf Querschnittsebe-
ne entsteht unabhängig vom statischen System innerer Der in DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 normativ ge-
Zwang: regelte Konstruktionsleichtbeton ist gefügedichter Be-
• Bei reinen Betonquerschnitten erzeugen eingepräg- ton mit einer Trockenrohdichte zwischen 800 und
te, über den Querschnitt ungleichmäßig verteilte 2000 kg/m3 (bzw. 2200 kg/m3 nach EN 1992-1-1) mit
Dehnungen Eigenspannungen. Dies ist insbesonde- porigen, mineralischen Leichtzuschlägen. Neben na-
re dann der Fall, wenn die Dehnungen mit Diffu- türlichen Gesteinskörnungen, etwa Naturbims, werden
sionsprozessen, d. h. dem Austrocknen des Quer- künstlich hergestellte Leichtzuschläge wie Blähton,
schnitts verknüpft sind, namentlich bei Trocknungs- Blähschiefer oder Ziegelsplitt verwendet. Das verrin-
kriechen und -schwinden (vgl. Abb. 2.13). Die Ef- gerte Gewicht des Leichtbetons kann bei weitgespann-
fekte verlaufen z. T. gegenläufig; Eigenspannungen ten Bauwerken oder bei mehrstöckigen Hochbauten
aus dem Trocknungsschwinden werden durch Krie- vorteilhaft sein. Daneben sind die Wärmedämmeigen-
chen bzw. Relaxation reduziert. Im Allgemeinen schaften gegenüber Normalbeton verbessert. Durch
entstehen durch Diffusionsprozesse Zugspannun- die veränderte Struktur weicht das Tragverhalten von
gen an den Bauteilrändern. Leichtbeton z. T. erheblich von Normalbeton ab (Faust
• In Verbundquerschnitten wird Beton mit nicht krie- 2002; König u. Faust 2003; Reinhardt 2005).
chenden/schwindenden Materialien – z. B. Beton-
stahl – kombiniert. Durch die gegenseitige Verfor- Normatives Konzept
mungsbehinderung entstehen ebenfalls Eigenspan-
nungen (vgl. Kap. 10). In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wird für Leichtbe-
Auf Systemebene gilt für die Auswirkungen zeitabhän- ton das Konzept einer angepassten Bemessung ver-
giger Verformungen auf Beanspruchungen aus direk- folgt. Zentraler Eingangswert ist – wie bei Normal-
ten Einwirkungen: beton auch – der charakteristische Wert der Zylin-
derdruckfestigkeit4 flck , der i. Allg. einer Konformi-
• Lastschnittgrößen nach Theorie I. Ordnung werden
durch zeitabhängige Verformungen nicht verändert 4
Den Fußzeigern der Materialkenngrößen wird bei Leichtbeton
(s. Abschn. 13.3.4). ein l vorangestellt.
3.3 Leichtbeton 87

tätsprüfung unterliegt. Ziel des normativen Konzepts


ist es, die Bemessungsgleichungen für Normalbeton
gleicher Druckfestigkeit zu übernehmen und – soweit
erforderlich – das veränderte Tragverhalten durch er-
gänzende Korrekturbeiwerte zu erfassen. Dem ent-
sprechend werden auch die übrigen, mit der Druck-
festigkeit verknüpften Materialkennwerte wie Zugfes-
tigkeit, E-Modul, Endschwindmaß und Endkriechzahl
über Korrekturfaktoren an die entsprechenden Größen
von Normalbeton gekoppelt. Das Verhalten von Bau-
teilen aus Leichtbeton muss dem entsprechend im Ver-
gleich mit dem von Bauteilen aus Normalbeton be-
trachtet werden. Querzugspannung
Druckspannung

3.3.1 Trag- und Verformungsverhalten Abbildung 3.28 Leichtbeton – Modellvorstellung des Tragver-
haltens auf Meso-Ebene

3.3.1.1 Verhalten unter Kurzzeitbeanspruchung


 erfasst werden kann, ergänzt werden. Zusätzlich
Bei Leichtbeton sind Druckfestigkeit und Steifigkeit zu den Festigkeitsklassen werden Leichtbetone daher
der Zuschläge tendenziell geringer als die der um- in Rohdichteklassen, die jeweils durch inf und sup
gebenden Zementmatrix. Leichtbeton muss daher im abgegrenzt werden, eingruppiert.
Vergleich zu Normalbeton gleicher Druckfestigkeit ei-
ne deutlich höhere Matrixfestigkeit aufweisen. Druck-
spannungen werden vorwiegend über die Matrix über- 3.3.1.2 Zeitabhängiges Verhalten
tragen; die aus den Umlenkungen entstehenden Quer-
zugspannungen laufen durch die Zuschlagkörner und Allgemein bieten die weicheren Zuschläge einen ge-
können ein Zugversagen des Leichtzuschlags auslösen ringeren Widerstand gegenüber dem Schwinden des
(Abb. 3.28). Da die Bruchflächen von Leichtbeton be- Zementsteins; der Endwert des Schwindmaßes ist da-
dingt durch die vermehrt gerissenen Zuschlagkörner – her im Vergleich zu Normalbeton gleicher Festigkeit
ähnlich denen höherfester Betone – eine verringer- erhöht. Der zeitliche Verlauf der Schwinddehnung ist
te Mikrorauigkeit aufweisen, ist die Kraftübertragung u. a. mit dem Wassergehalt der porigen Zuschläge ver-
durch die Verzahnung der Rissufer eingeschränkt. knüpft und tritt durch die langsame Abgabe des in den
Im Vergleich mit Normalbeton gleicher Druckfes- Zuschlägen gespeicherten Wassers verzögert auf (Kö-
tigkeit sind Zugfestigkeit und E-Modul vermindert; nig u. Faust 2003); normative Angaben zum zeitlichen
das Versagen druckbeanspruchten Betons wird mit Verlauf fehlen allerdings. Die in Versuchen gemesse-
abnehmender Rohdichte der Zuschläge spröder, d. h. nen Kriechdehnungen liegen dagegen in der gleichen
der abfallende Ast nach Erreichen der Festigkeit im Größenordnung wie die gleichfester Normalbetone. Da
einachsialen Druckversuch wird verkürzt. Durch die die Kriechdehnung über die Kriechzahl '.t; t0 / auf den
gleichzeitig verringerte Querdehnung von Leichtbeto- E-Modul bezogen wird, muss bei Leichtbeton der re-
nen ist der Einfluss überlagerter Querdruckspannungen duzierte E-Modul als Abminderung bei '.t; t0 / berück-
aus der Querdehnungsbehinderung bei Druckfestig- sichtigt werden.
keitsprüfungen weniger deutlich; die für Normalbeton
angegebenen Relationen zwischen den am Würfel
und am Zylinder ermittelten Druckfestigkeiten gelten
nicht. 3.3.2 Normative Regelungen
Tragverhalten und Festigkeit sind neben der
Festigkeit des Zementsteins an die Eigenschaften Die Verknüpfung der Kennwerte von Leichtbeton
des Leichtzuschlags gekoppelt; die für Normalbeton mit den für Normalbeton abgeleiteten Größen erfolgt
aus Versuchen abgeleiteten Relationen zwischen der durch die Korrekturfaktoren E , 1 , 2 und 3 :
Druckfestigkeit und den übrigen Bemessungskenn-
werten müssen daher um den Einfluss des Zuschlags, E ! E-Modul I 1 ! Zugfestigkeit I
der in guter Näherung durch dessen Trockenrohdichte 2 ! Kriechzahl I 3 ! Schwinddehnung :
88 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Um einen fließenden Übergang zwischen Leicht- und Die verminderte Zugfestigkeit wird über 1 erfasst
Normalbeton zu schaffen, werden die Reduktionsfak- (Gl. 3.97); fctm ist die Zugfestigkeit eines Normalbetons
toren von Zugfestigkeit und E-Modul, 1 und E , so gleicher Druckfestigkeit:
8 9
formuliert, dass für  D 2200 kg=m3 die Kenngrö- ˆ >
ˆ 0;30  .flck /
2=3
ˆ >
>
ßen von Normalbeton erreicht werden. Zur leichteren ˆ
< >
=
bis LC50/55
Lesbarkeit wird in den Bemessungsregeln insbesonde- flctm D 1  D 1  fctm :
ˆ 2;12  ln Œ1 C .flck C 8/=10 >
ˆ >
ˆ >
>
re nach DIN 1045-1 nicht zwischen flck und fck unter- :̂ ab LC55/60 ;
schieden; soweit nicht ausdrücklich angegeben, gelten
(3.97)
die Bemessungsregeln grundsätzlich für Normal- und
Leichtbeton. Die oberen und unteren charakteristischen Werte der Zug-
festigkeit folgen analog Normalbeton zu:
flctkI0;05 D 0;7  flctm D 1  fctkI0;05 ; (3.98)
Tabelle 3.6 Leichtbeton – Rohdichteklassen, Rechenwert der
Trockenrohdichte und charakteristischer Wert der Wichte nach flctkI0;95 D 1;3  flctm D 1  fctkI0;95 : (3.99)
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 Verformungskennwerte
Verformungsberechnungen wird die für Normalbeton de-
Rohdichteklassen
finierte Spannungs-Dehnungs-Linie nach Gl. (3.7) bzw.
D1,0 D1,2 D1,4 D1,6 D1,8 D2,0 Abb. 3.7 mit modifizierten Werten für E-Modul und Bruch-
stauchung bzw. Plastizitätszahl k zugrunde gelegt. Ein
Rechenwert inf 801 1001 1201 1401 1601 1801 entfestigender Ast der Spannungs-Dehnungs-Linie wird
3 nicht berücksichtigt.
in kg/m sup 1000 1200 1400 1600 1800 2000

Wichte unbewehrt 1050 1250 1450 1650 1850 2050 Elc0m D E  Ec0m ; (3.100)
in kg/m 3
bewehrt 1150 1350 1550 1750 1950 2150 Elcm D E  Ecm ; (3.101)
flcm
"lc1 D k  ; (3.102)
Elcm
(
1;1 für Leichtbeton mit Leichtsand
mit k D ;
1;3 für Leichtbeton mit Natursand
Normenregelung nach DIN 1045-1
"lc1u D "lc1 (3.103)
In DIN 1045-1, 9.1 werden die Bemessungskennwerte von
Leichtbeton angegeben. Die Einordnung von Leichtbeton In den Gln. (3.100) und (3.101) bezeichnen Ec0m bzw. Ecm
in die Druckfestigkeitsklassen LC12/13 bis LC60/66 erfolgt den Tangenten- bzw. Sekantenmodul eines Normalbetons
analog zu Normalbeton anhand der Zylinderdruckfestig- gleicher Druckfestigkeit.
keit bei einem Betonalter von 28 Tagen (Tabelle 3.8). Ta-
Bemessungswerte und Spannungs-Dehnungs-Linien
belle 3.6 gibt die Einordnung in Rohdichteklassen wieder.
für Nachweise im GZT
Die angegebenen Wichten für unbewehrten und bewehr-
Zur Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit
ten Leichtbeton sind als charakteristische Werte der Er-
können alle für Normalbeton angegebenen, idealisierten
mittlung des Eigengewichts zugrunde zu legen. Die Re-
Beschreibungen der Spannungsverteilungen angewendet
chenwerte der Leichtbetoneigenschaften werden dagegen
werden:
auf Grundlage des oberen Grenzwertes sup der jeweili-
gen Rohdichteklasse ermittelt. Mit den Korrekturfaktoren • Parabel-Rechteck-Diagramm (PR-Diagramm)
1 , 2 , 3 und E werden die Materialkennwerte auf dieje- ! flcd ; "lc2 ; "lc2u ; n
nigen eines Normalbetons gleicher Festigkeit fck D flck : • Bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie ! flcd ; "lc3 ; "lc3u
 2 • Spannungsblock ! fcd ; ; k.
E D ; (3.92) Die kennzeichnenden Parameter der ersten beiden Druck-
2200
spannungsverteilungen können Tabelle 3.8 entnommen
1 D 0;40 C 0;60  ; (3.93) werden; die Parameter  und k des Spannungsblocks ent-
2200
( sprechen denen von Normalbeton. Der Bemessungswert
1,3 für LC12/13 und LC16/18 der Druckfestigkeit flcd folgt zu:
2 D ; (3.94)
1,0 sonst flck
( flcd D ˛  : (3.104)
1,5 für LC12/13 und LC16/18 c
3 D : (3.95)
1,3 sonst In Gl. (3.104) bedeuten:

Kennwerte der Druck- und Zugfestigkeit ˛ Beiwert zur Berücksichtigung u. a. von Langzeitaus-
Für den Mittelwert der Druckfestigkeit wird analog zu Nor- wirkungen,
malbeton eine unabhängig von der Festigkeit konstante D 0;75 bei Anwendung von PR-Diagramm oder
Standardabweichung vorausgesetzt: Spannungsblock
D 0;80 bei Anwendung der bilinearen Spannungs-
flcm D flck C flc mit flc D 8 N/mm2 : (3.96) Dehnungs-Linie
3.4 Betonstahl 89

c Teilsicherheitsbeiwert des Betons nach Tabelle 2.5 In den Gln. (3.110) und (3.111) bedeuten:
D 1;50 (ständige/vorübergehende Bemessungssitua-
tion) ˛lcc Beiwert u. a. zur Berücksichtigung von Langzeit-
D 1;30 (außergewöhnliche Bemessungssituation) auswirkungen (! Druckfestigkeit) ! NDP (Tabel-
Für Leichbeton der Festigkeitsklassen ab LC55/60 ist le 3.7)
c mit c0 zu multiplizieren ˛lct Beiwert u. a. zur Berücksichtung von Langzeitaus-
c0 D 1=.1;1  flck =500/. wirkungen (! Zugfestigkeit) ! NDP (Tabelle 3.7)
c Teilsicherheitsbeiwert für Beton (vgl. Tabelle 2.5)
Zeitabhängiges Verhalten ! NDP (Tabell 3.7)
Für Leichtbeton sind Endkriechzahl '.1; t0 / und End-
schwinddehnung "cs1 eines Normalbetons gleicher Fes- Zeitabhängiges Verhalten
tigkeit wie folgt zu modifizieren: Die Regelungen zum Kriechen von Leichtbeton sind iden-
'l .1; t0 / D E  2  '.1; t0 / (3.105) tisch mit denen in DIN 1045-1. Im Rahmen der Be-
"lcs1 D 3  "cs1 (3.106) rechnung von Schwinddehnungen wird der Korrekturfak-
tor 3 nur auf den Wert der Trocknungsschwinddehnung
Normenregelung nach EN 1992-1-1 "cd .t; ts / bezogen. Die Kennwerte der Schrumpfdehnung
In Abschn. 3 des Kap. 11 „Zusätzliche Regeln für Bauteile "ca .t / werden von Normalbeton übernommen.
und Tragwerke aus Leichtbeton“ werden die Materialkenn-
werte beschrieben. Dabei folgt EN 1992-1-1 weitgehend
DIN 1045-1. Die Einordnung in Rohdichteklassen (Tabel- D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
le 3.6) und die aus abgeleiteten Korrekturbeiwerte 1 ,
Die Anwendbarkeit der Festigkeitsklasse LC12/13 wird auf
2 , 3 und E sind mit DIN 1045-1 identisch. In EN 1992-
1-1 werden allerdings über die Festigkeitsklassen nach vorwiegend ruhende Einwirkungen beschränkt. Darüber
DIN 1045-1 hinaus weitere Klassen LC70/77 und LC80/88 hinaus wird festgehalten, dass E auch zur Umrechnung
festgelegt. des Tangentenmoduls Elc0m D E  Ec0m aus dem Kenn-
Kennwerte der Druck- und Zugfestigkeit wert für Normalbeton herangezogen werden kann.
Die Druck- und Zugfestigkeitskenngrößen sind in Tabel-
le 3.9 wiedergegeben; mit Ausnahme von flcm für die
Festigkeitsklassen LC12/13 und LC16/18 sind alle Werte Tabelle 3.7 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den
mit DIN 1045-1 identisch. Bemessungswerten der Druck- und Zugfestigkeit von Leichtbe-
ton
Verformungskennwerte
Wie bei DIN 1045-1 wird Verformungsberechnungen NDP EU D A
die wirklichkeitsnahe Spannungs-Dehnungs-Linie nach
Gl. (3.7) mit modifizierten Kennwerten zugrunde gelegt. 0,75a
Durch die bereits für Normalbeton gegenüber DIN 1045-1 ˛lcc 0,85 EU
0,80b
unterschiedlichen kennzeichnenden Dehnungen ergeben
sich auch hier Abweichungen (Tabelle 3.9):
˛lct 0,85 EU EU
Elcm D E  Ecm ; (3.107)
s/v 1,50 1,50
flcm cc EU
"lc1 D k  ; (3.108) a 1,20 1,30
Elcm
( a
bei Verwendung des Parabel-Rechteck-Diagramms oder des
1;0 für alle Leichtbetone
mit k D ; Spannungsblocks
1;1 für Leichtbeton mit Natursand b
bei Verwendung des bilinearen Spannungs-Dehnungs-Diagramms
c
"lc1u D "lc1 : (3.109) s/v D ständige und vorübergehende Bemessungssituation, a D
außergewöhnliche Bemessungssituation; vgl. Tabelle 2.5
Hier bezeichnet Ecm den Sekantenmodul eines Normalbe-
tons gleicher Festigkeit.
Bemessungswerte und Spannungs-Dehnungs-Linien
für die Nachweise im GZT
Es können alternativ das Parabel-Rechteck-Diagramm,
die bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie und der Span- 3.4 Betonstahl
nungsblock verwendet werden. Die Kenngrößen n, "lc2 und
"lcu2 bzw. "lc3 und "lcu3 sind in Tabelle 3.9 zusammenge-
stellt. Die Bemessungswerte der Druck- bzw. Zugfestigkeit Normenwerke setzen für Bemessungs- und Konstruk-
flcd bzw. flctd sind: tionsregeln teils explizit, vorwiegend aber implizit be-
flck stimmte Eigenschaften und Ausprägungen des Beton-
flcd D ˛lcc  ; (3.110) stahls voraus. Von zentraler Bedeutung für die Bemes-
c
flctk sung ist u. a. die durch eine spezielle Formgebung der
flctd D ˛lctd  : (3.111) Oberfläche erzielte Verbundwirkung zwischen Stahl
c
90 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Tabelle 3.8 Festigkeits- und Formänderungskennwerte für Leichtbeton nach DIN 1045-1
Betonfestigkeitsklassen - Leichtbeton (DIN 1045-1)

LC12/13

LC16/18

LC20/22

LC25/28

LC30/33

LC35/38

LC40/44

LC45/50

LC50/55

LC55/60

LC60/66
Symbol

Einheit
flck N/mm² 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60
flck,cube N/mm² 13 18 22 28 33 38 44 50 55 60 66
flcm N/mm² 17 22 28 33 38 43 48 53 58 63 68

flctm N/mm² η1 · fctm


flctk;0,05 N/mm² η1 · fctk;0,05
flctk;0,95 N/mm² η1 · fctk;0,95

Elc0m kN/mm² ηE · Ec0m


Elcm kN/mm² ηE · Ecm
εlc1 ‰ (< 0) k · flcm / Elcm
εlc1u ‰ (< 0) εlc1

n - 2,0 1,9
εlc2 ‰ (< 0) 2,0 2,03 2,06
εlc2u ‰ (< 0) 3,5 · η1 ≤ εc2u

εlc3 ‰ (< 0) 1,8


εlc3u ‰ (< 0) 3,5 · η1 ≤ εc3u

Tabelle 3.9 Festigkeits- und Formänderungskennwerte für Leichtbeton nach EN 1992-1-1


Betonfestigkeitsklassen - Leichtbeton (EN 1992-1-1)
LC12/13

LC16/18

LC20/22

LC25/28

LC30/33

LC35/38

LC40/44

LC45/50

LC50/55

LC55/60

LC60/66

LC70/77

LC80/88
Symbol

Einheit

flck N/mm² 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 70 80
flck,cube N/mm² 13 18 22 28 33 38 44 50 55 60 66 77 88
flcm N/mm² 17 22 28 33 38 43 48 53 58 63 68 78 88

flctm N/mm² η1 · fctm


flctk;0,05 N/mm² η1 · fctk;0,05
flctk;0,95 N/mm² η1 · fctk;0,95

Elcm kN/mm² ηE · Ecm


εlc1 ‰ (< 0) k · flcm / Elcm
εlcu1 ‰ (< 0) εlc1

n - 2,0 1,75 1,60 1,45 1,4


εlc2 ‰ (< 0) 2,0 2,2 2,3 2,4 2,5
εlcu2 ‰ (< 0) 3,5 · η1 3,1η1 2,9η1 2,7η1 2,6η1

εlc3 ‰ (< 0) 1,75 1,8 1,9 2,0 2,2


εlcu3 ‰ (< 0) 3,5 · η1 3,1η1 2,9η1 2,7η1 2,6η1

und Beton. Die Anforderungen, denen Betonstahl ge- schaften, die für die Bemessung von wesentlich sind –
nügen muss, werden durch Produktnormen definiert z. B. die Einordung in Duktilitätsklassen oder die Fest-
und durch bemessungsspezifische Kennwerte ergänzt. legung des Ermüdungswiderstandes – in DIN 1045-
In Deutschland gilt derzeit DIN 488 Betonstahl als 1 ergänzt. Daneben wird für weitere Betonstähle mit
Produktnorm und wird durch Anforderungen an Eigen- spezifischen Ausprägungen, z. B. verzinkte Stäbe oder
3.4 Betonstahl 91

Betonstahl mit Gewinderippen, die in Verbindung mit vorwiegend aus kaltverformten Einzeldrähten mit
DIN 1045-1 uneingeschränkt angewendet werden sol- einem Durchmesser von 5 bis 12 mm, die maschinell
len, die Gleichwertigkeit über allgemeine bauaufsicht- durch Widerstandspunktschweißen zu orthogonalen
liche Zulassungen des DIBt5 festgestellt. Bewehrungsnetzen verarbeitet werden. Matten werden
Durch die Einführung europäisch harmonisierter in Standardgrößen als Lagermatten mit Stabdurchmes-
Produktnormen wird zukünftig eine prinzipielle Li- sern von 6 bis 10 mm, einer Länge von 6 m und einer
beralisierung des Einsatzes von Betonstahl vollzogen. Breite von 2,30 m als Q-Matten (as;quer D as;längs )
Die zukünftige harmonisierte Produktnorm EN 10080 bzw R-Matten (as;quer  0;2  as;längs ) oder als
enthält allerdings keine technischen Klassen – also Listenmatten mit vom Konstrukteur individuell fest-
Betonstahlsorten – mehr, sondern definiert im Wesent- zulegenden Abmessungen und Querschnittsflächen
lichen allgemeine Leistungsmerkmale und Prüfverfah- hergestellt.
ren. Dies bedeutet, dass auch nach der Einführung Betonstahl bis zu einem Durchmesser von 14 mm,
von EN 10080 länderspezifischen technischen Regeln der für die Weiterverarbeitung zu Matten, Gitterträ-
die Aufgabe zukommet, aus dem breiten Spektrum gern oder ähnlichem, aber auch zur Produktion von
der in Europa angebotenen Betonstahlsorten diejeni- sog. Stabstahl vom Ring bestimmt ist, wird i. Allg.
gen auszuwählen, die für eine Anwendung im jewei- auf kompakte Ringe von 500–3000 kg gespult. Ring-
ligen Land zugelassen sind. In Deutschland wird dies material muss vor der weiteren Verarbeitung durch
durch DIN 488 bzw. deren Neufassung (Ausgabe Au- Richten wieder zu geraden Stäben umgearbeitet wer-
gust 2009) oder aber durch bauaufsichtliche Zulassun- den. Der Richtvorgang stellt eine Kaltverformung des
gen erfolgen (vgl. Hartz 2006). Stahls dar; die Anforderungen an Betonstähle muss
Ringmaterial daher in gerichtetem Zustand – d. h. im
Einbauzustand – erfüllen. Betonstahl vom Ring wird
derzeit generell über bauaufsichtliche Zulassungen ge-
3.4.1 Arten regelt (vgl. Rußwurm u. Martin 1993). Die Klassifizie-
rung von Betonstählen erfolgt durch den charakteristi-
Betonstähle werden als naturharte, kaltverformte oder schen Wert der Streckgrenze. Zur Bezeichnung wird
wärmebehandelte Stähle hergestellt. Während die na- diesem Wert (in N/mm2 ) das Kürzel „BSt“ vorange-
turharten Betonstähle als so genannte mikrolegierte stellt und durch Kennbuchstaben, die Duktilitätsklasse
Stähle ihre Festigkeitseigenschaften alleine aus der bzw. Stahlherstellung näher charakterisieren, ergänzt
chemischen Zusammensetzung erhalten, werden bei (z. B. BSt 500 A).
kaltverformten Betonstählen durch Ziehen, Kaltwal-
zen, Tordieren, etc. als Folge einer Veränderung der
mirkrokristallinen Struktur deutlich höhere Festigkei-
ten gegenüber dem Ausgangsmaterial erzielt. Bei kalt- 3.4.2 Eigenschaften
verformten Stählen geht bei Erwärmung ( 500ıC)
durch die teilweise Reversibilität der Strukturverän- In Abb. 3.29 sind Spannungs-Dehnungs-Linien ver-
derungen die Festigkeitserhöhung verloren. Wärmebe- schiedener Stähle bei Zugbeanspruchung wiederge-
handelte Stähle, sog. TEMPCORE-Stähle, durchlaufen geben. Naturharter und wärmebehandelter Betonstahl
unmittelbar nach dem Walzen im rotglühenden Zu- weist eine ausgeprägte Streckgrenze fy mit anschlie-
stand eine Wasserkühlstrecke. Durch das Abschrecken ßendem Plateau und Verfestigungsbereich bis zum Er-
(Härten) der Randzone in Verbindung mit anschließen- reichen der Zugfestigkeit ft auf, während kaltverform-
der Wiedererwärmung (Anlassen), die die im Kern ver- ter Betonstahl kontinuierlich in den Verfestigungsbe-
bliebene Walzhitze bewirkt, wird eine Festigkeitsstei- reich übergeht. Bei letzteren wird die Spannung, bei
gerung erreicht. der eine bleibende (plastische) Dehnung von 0,2% er-
Betonstähle werden gegenwärtig als Betonstab- reicht wird, als Streckgrenze fy vereinbart. In verfor-
stähle oder Betonstahlmatten sowie als Ringmaterial mungsgesteuerten Versuchen ist bei Bezug der Span-
angeboten. Stabstahl mit einer Regellänge von 12 bis nungen auf den Ausgangsquerschnitt ein abfallender
15 m und einem Durchmesser zwischen 6 und 40 mm Ast zu beobachten, der durch die Brucheinschnürung
ist vorwiegend naturharter oder wärmebehandelter hervorgerufen wird. Die Bruchdehnung "u ist definiti-
Stahl. Betonstahlmatten – charakterisiert durch den onsgemäß die Dehnung bei Erreichen des Spannungs-
Bewehrungsquerschnitt as je Laufmeter – bestehen maximums. Der charakteristische Werte der Streck-
grenze fyk wird als 5%-Quantil definiert, während die
5
Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin charakteristische Bruchdehnung "uk dem 10%-Quantil
92 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

ss, sp in N/mm2

2000

fp
kaltgezogener Draht
(Litzen St 1570/1770)
fp0,2
1500 fp0,1

warmgewalzter, behandelter Spannstahl


(Stabspannglieder St 1080/1230)
1000

ft
fy

BSt 500 kaltverformt BSt 500 naturhart,


wärmebehandelt

12 25 50 75 100 es ep in ‰

Abbildung 3.29 Spannungs-Dehnungs-Linien von Beton- und Spannstählen

entspricht. Weitgehend unabhängig vom Herstellungs- (Kennzeichnung „KR“) zu den normalduktilen Stählen
verfahren liegt der E-Modul von Betonstahl im Mit- zählt (vgl. Riedinger 2003). Da das Verformungsver-
tel bei 200 000 N/mm2 . Das beschrieben Verhalten so- mögen von Betonbauteilen nicht allein mit der Duk-
wie die Kennwerte gelten in einem Temperaturbereich tilität des Betonstahls, sondern ebenfalls eng mit des-
von 40 bis C100ıC; bei weit darüber hinausgehen- sen Verbundeigenschaften verknüpft ist, wird für die
den Temperaturen – z. B. Brandeinwirkungen – ist mit Eingruppierung in die Klassen A bis C gerippter Be-
z. T. deutlichen Änderungen zu rechnen. tonstahl vorausgesetzt, dessen Rippengeometrie Min-
Die Duktilität eines Betonstahls, d. h. die Fähigkeit, destwerten für die bezogene Rippenfläche fR genügen
nach Überschreiten der Streckgrenze die Dehnung muss.
bei konstanter oder ansteigender Spannung noch zu Eine weitere wesentliche Eigenschaft von Beton-
vergrößern, ist ein wesentliches Merkmal für die stahl ist dessen Widerstand gegen ein Ermüdungsver-
Verformungsfähigkeit von bewehrten Betonbauteilen sagen, also ein Versagen, dass durch eine Vielzahl
im Grenzzustand der Tragfähigkeit. Wesentliche von Spannungswechseln deutlich unterhalb der Streck-
Kenngrößen für die Duktilität sind die charakteristi- grenze ausgelöst wird. Hierzu enthalten DIN 1045-1
sche Bruchdehnung "uk sowie das charakteristische und EN 1992-1-1 Anforderungen. Die Ermüdungsei-
Streckgrenzverhältnis .ft =fy /k ; anhand dieser Pa- genschaften von Betonstählen werden in Verbindung
rameter wird Betonstahl in die Duktilitätsklassen mit Nachweisen gegen Ermüdung in Abschnitt 12.2.1
A, B und C eingeteilt (Tabelle 3.10). Die Klasse C erläutert.
wird gegenüber den Klassen A (normalduktil) und
B (hochduktil) primär für Sonderanwendungen in
erdbebengefährdeten Gebieten eingesetzt und ist daher Tabelle 3.10 Anforderungen an Betonstabstähle und Beton-
in DIN 1045-1 nicht enthalten. stahlmatten nach DIN 1045-1 (in Klammern Anforderungen
Wie Abb. 3.29 zeigt, ist bei kaltverformten Be- nach EN 1992-1-1, sofern abweichend)
tonstählen die Duktilität herstellungsbedingt vermin- Merkmal Duktilitätsklasse
dert. Gegenwärtig erfüllt Betonstabstahl BSt 500 nach
A B C
DIN 488 die Anforderungen an Duktilitätsklasse B,
(normalduktil) (hochduktil) (Erdbeben)
während Betonstahlmatten BSt 500 nach DIN 488 in
die Klasse A einzuordnen sind. Für bauaufsichtlich fyk 500 500 –
zugelassene Betonstähle muss die Duktilitätsklasse in in N/mm2 (400–600) (400–600) (400–600)
den Zulassungsbescheiden angegeben werden. Im All-  1;05  1;08 –
gemeinen kann aber bei Ringmaterial davon ausgegan- .ft =fy /k
( 1;05) ( 1;08) ( 1;15 < 1;35)
gen werden, dass warmgewaltzter Stahl (Kennzeich-
"uk in ‰  25  50  75
nung „WR“) zu den hochduktilen, kaltgewalzter Stahl
3.4 Betonstahl 93
ss b1 ~
~ 65° bis 70° b3 ~
~ 60° e
fy

~ 45° bis 50°


es

b2 ~
naturhart e

cs cs
fy
kaltverformt

Abbildung 3.30 Bauschinger-Effekt

a Betonstahl BSt 500S nach DIN 488-2

Das Verhalten druckbeanspruchten Betonstahls b4 ~


~ 40° bis 60°
kann bis zum Erreichen der Quetschgrenze mit dem
Zug-E-Modul beschrieben werden. Im Allgemeinen cs
ist davon auszugehen, dass die Quetschgrenze mit
der Streckgrenze identisch ist. Bei kaltverformtem
Stahl tritt durch die Veränderung des mikrokristallinen Einprägung
Gefüges bei Druckbeanspruchung der Übergang in T sphärisches Viereck
den plastischen Bereich allerdings bei Spannungen
js j < fy ein (Abb. 3.30). Dieser, als Bauschinger- e
Effekt bezeichnete Mechanismus wird im Rahmen der
Bemessung i. Allg. vernachlässigt. e/3

Zur Verbesserung des Verbundes zwischen Beton


und Bewehrung weist Betonstahl i. Allg. Rippen auf. e e
Derzeit werden Stäbe mit verschiedenen Rippenfor- t
men und Ausrichtungen gegenüber der Stabachse her- b Betonstahl BSt 500 c Betonstahl BSt 500M
gestellt. Die Oberflächengestaltung dient dabei gleich- mit Tiefrippung nach allg. nach DIN 488-4
bauaufsichtlicher Zulassung
zeitig der Identifizierung des Betonstahls (Abb. 3.31).
Form und Anordnung der Rippen, insbesondere die Abbildung 3.31a–c Oberflächenprofilierung von Betonstählen
Ausrundung der Rippen am Übergang zum Kernquer-
schnitt, beeinflussen durch die Kerbwirkung in hohem
Maß die Ermüdungsfestigkeit. Da Rippen, die senk- 3.4.3 Kennwerte
recht zur Stabachse verlaufen oder in Längsrippen ein-
münden, für das Ermüdungsverhalten ungünstig sind, Für die Bemessung von Bauteilen wird das Verfor-
werden Rippen i. d. R. schräg angeordnet und sichel- mungsverhalten des Betonstahls durch idealisierte,
förmig ausgebildet. Um die in den Bemessungsregeln linearisierte Spannungs-Dehnungs-Linien mit einem
vorausgesetzte Verbundwirkung – z. B. für die Be- elastischen Ast und ideal elastischem Plateau bzw.
schränkung von Rissbreiten – sicherzustellen, werden plastisch verfestigendem Ast beschrieben. Kennlinien
Mindestwerte der bezogenen Rippenfläche fR vorgege- mit ansteigendem Ast berücksichtigen den mit zu-
ben. Dabei ist die in Rehm (1961) eingeführte bezoge- nehmenden plastischen Dehnungen einhergehenden
ne Rippenfläche ein geometrisches Maß, dass die Ver- Anstieg der Spannungen bis zur Zugfestigkeit.
bundwirkung üblicher gerippter Betonstähle quantifi-
ziert (vgl. 3.6). Wenn die Rippengeometrie – wie z. B. Normenregelung nach DIN 1045-1
bei tiefgeripptem Betonstahl nach Abb. 3.31 – deut- Die Regelungen in DIN 1045-1, 9.2.1 und 9.2.2 beziehen
lich von den bisher in DIN 488 vorgegebenen Aus- sich ausschließlich auf gerippte Betonstähle BSt 500 der
prägungen abweicht, werden i. Allg. Verbundversuche Duktilitätsklassen A und B, die DIN 488 entsprechen oder
nach allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen gleich-
durchgeführt, um hinsichtlich der Verbundwirkung die wertig sind. Die Einteilung in die Duktilitätsklassen ent-
Gleichwertigkeit zu üblichem geripptem Betonstahl zu spricht Tabelle 3.10. DIN 1045-1 enthält darüber hinaus
gewährleisten. weitere Anforderungen an Betonstähle (Ermüdungsfestig-
94 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

σs
Tabelle 3.11 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den
idealisierter Verlauf
ftk,cal
Bemessungswerten für Betonstahl
fyk
ftk,cal NDP EU D A
fyk γs
γs fyk;max (N/mm2 ) 600 500 EU
Verlauf vereinfachte
für die Annahme für die
Bemessung Bemessung "ud 0;9  "uk 25‰ EU

s/v 1,15
sa EU EU
a 1,00
arctan Es a
s/v D ständige und vorübergehende Bemessungssituation, a = au-
εs ßergewöhnliche Bemessungssituation; vgl. Tabelle 2.5
εsu = 0,025

Abbildung 3.32 Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls


fyk;min untere Grenze des charakteristischen Wertes
nach DIN 1045-1 für die Bemessung im GZT
der Streckgrenze
D 400 N/mm2
fyk;max obere Grenze des charakteristischen Wertes der
keit, Biegbarkeit, etc.). Als Kennwerte für die Bemessung Streckgrenze ! NDP (Tabelle 3.11)
im Grenzzustand der Tragfähigkeit werden festgelegt: ftk charakteristischer Wert
 der Zugfestigkeit
= k  fyk mit k D ffyt nach Tabelle 3.10
k
fyk charakteristischer Wert der Streckgrenze Es Elastizitätsmodul
D 500 N/mm2 D 200 000 N/mm 2

ftk;cal charakteristischer Wert der Zugfestigkeit für die "ud Bemessungswert der Bruchdehnung für die Be-
Bemessung messung ! NDP (Tabelle 3.11).
D 525 N/mm2
Es Elastizitätsmodul Die Bemessungswerte von Streckgrenze und Zugfestigkeit
D 200 000 N/mm2 sind (vgl. Abb. 3.33)
"su rechnerische Bruchdehnung für die Bemessung fyk
D 25‰. fyd D ; (3.114)
s
Die Bemessungswerte von Streckgrenze und Zugfestigkeit fyk "ud
ftd D k   : (3.115)
sind s "uk
fyk Der Teilsicherheitsbeiwert s wir im Nationalen Anhang de-
fyd D ; (3.112)
s finiert (! NDP, Tabelle 3.11). Der Bemessung ist eine bili-
ftk;cal neare Spannungs-Dehnungs-Linie nach Abb. 3.33 zugrun-
ftd;cal D ; (3.113)
s de zu legen. Wenn anstelle des ansteigenden Astes der
mit s D 1;15 für ständige/vorübergehende und s D 1;0 horizontale Ast verwendet wird, entfällt die Dehnungsbe-
für außergewöhnliche Bemessungssituationen (vgl. Tabel- grenzung auf "ud .
le 2.5). Die rechnerischen Spannungs-Dehnungs-Linien
für die Bemessung sind in Abb. 3.32 wiedergegeben.
ss
Vereinfachend darf anstelle des ansteigenden ein horizon- idealisierter Verlauf
taler oberer Ast für die Bemessung angesetzt werden. k × f yk
fyk f yk

gs
Normenregelung nach EN 1992-1-1 f yk
gs Verlauf vereinfachte
Die für eine Bemessung im Grenzzustand der Tragfähig- für die Annahme für die
keit nach EN 1992-1-1, 3.2.7 anzusetzende Spannungs- Bemessung Bemessung
Dehnungs-Linie baut auf den Parametern fyk , ftk , "uk und
Es des jeweils verwendeten Betonstahls auf. Abweichend
von DIN 1045-1 wird für die Bemessungswerte der Grenz-
dehnung und der Zugfestigkeit zwischen den Duktilitäts-
arctan Es
klassen unterschieden; die Anforderungen an Eigenschaf-
ten der Betonstähle folgen Tabelle 3.10. Zusätzlich wird es
durch fyk;min und fyk;max ein breites Spektrum verschie- e ud e uk
dener Betonstahlgüten definiert, für die die Bemessungs-
und Konstruktionsregeln in EN 1992-1-1 zutreffen. Im Ein- Abbildung 3.33 Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls
zelnen gelten folgende Größen: nach EN 1992-1-1 für die Bemessung im GZT
3.5 Spannstahl 95

D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen


In Verbindung mit DIN EN 1992-1-1 sollen nur Betonstäh-
le der Sorte BSt 500 verwendet werden. Sofern sie nicht
durch DIN 488 beschrieben sind, bedürfen sie einer all- 1
gemeinen bauaufsichtlichen Zulassung. Im Rahmen der
Querschnittsbemessung darf unabhängig von der Duktili-
2
tätsklasse für den Rechenwert der Zugfestigkeit k  fyk 
"ud ="uk vereinfachend ftk;cal D 525 N/mm2 angenommen
werden. Für die Anwendung im Brückenbau (in Verbin- 3
dung mit DIN EN 1992-2) darf ausschließlich hochdukti-
ler Stahl der Klasse B in Form von Stabstählen verwendet 4
werden. Dies schließt Stabstähle, die aus Ringmaterial ge-
fertigt werden, ein. 1 Stabspannglied mit aufgerolltem Gewinde und
Verankerungsmutter
A ÖNORM EN 1992-1-1 – Ergänzungen 2 Stabspannglied mit Gewinderippen
In Österreich werden Betonstähle mit Streckgrenzen von
3 Spannstahllitze aus 7 Drähten mit
fyk D 420 N/mm2 .Sorte B420B/ Verankerungskeil
D 500 N/mm2 .Sorten B500A und B500B/ 4 profilierter Spanndraht
D 550 N/mm2 .Sorten B550A und B550B/
D 600 N/mm2 .Sorte B600A/ Abbildung 3.34 Gebräuchliche Spannstähle
entsprechend ÖNORM B42700 und ONR 24200-7 ver-
wendet. Die genannten Normen werden zukünftig durch
ÖNORM B4707 ersetzt.
werden schlussvergütet oder kaltgezogen und anschlie-
ßend angelassen. Durch den zur Erzielung höherer Fes-
tigkeiten gegenüber Betonstählen angehobenen Koh-
3.5 Spannstahl lenstoffgehalt geht bei Spannstählen die Schweißeig-
nung verloren.
Spannstähle weisen gegenüber Betonstahl erheblich Da sich vergütete Spannstähle in der Vergangenheit
höhere Festigkeiten auf. Damit werden hohe Stahldeh- empfindlich gegenüber Spannungsrisskorrosion (s. u.)
nungen möglich, die zur Minimierung der zeitabhän- gezeigt haben, werden heute für Spannglieder aus
gigen Spannkraftverluste erforderlich werden. Derzeit Drähten oder Litzen vorwiegend kaltgezogene Drähte
sind Spannstähle nicht genormt, sondern werden über verwendet.
allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen geregelt. Zu- Derzeit erfolgt die Klassifizierung von Spann-
künftig treten an die Stelle nationaler Zulassungen Pro- stählen durch die charakteristischen Werte der
duktnormen der Reihe DIN EN 10138 und alterna- 0,2%-Dehngrenze (Spannung bei 0,2% bleibender
tiv europäisch-technische Zulassungen (engl. ETA – Dehnung) und der Zugfestigkeit; der Bezeichnung
European Technical Approvals) der EOTA.6 wird „St“ vorangestellt (z. B. St 1570/1770; vgl.
Abb. 3.29). Nach DIN EN 10138 wird sich die
Bezeichnung nur mehr auf den charakteristischen
3.5.1 Arten Wert der Zugfestigkeit mit vorangestelltem „Y“ und
nachgestellten Kennziffern und -buchstaben beziehen
(z. B. Y 1770).
Spannstähle werden als runde oder ovale, glatte oder
profilierte Drähte mit Durchmessern bis 10 mm, als
Litzen, die aus drei oder sieben untereinander verlitz-
ten glatten oder profilierten Drähten bestehen, oder als 3.5.2 Eigenschaften
Stäbe mit aufgewalzten Gewinderippen oder aufgeroll-
tem Gewinde bis zu Durchmessern von 50 mm herge- 3.5.2.1 Verhalten bei Zugbeanspruchung
stellt (Abb. 3.34).
Die für Spannstähle erforderliche hohe Festigkeit Nur warmgewalzter Spannstahl für Stabspannglieder
wird bei Stabspanngliedern durch warmwalzen, kaltre- weist eine ausgeprägte Streckgrenze mit anschließen-
cken und anschließendes Anlassen erreicht. Drähte dem Plateau und Verfestigung auf, während Drähte
6
European Organisation for Technical Approvals, Brüssel durch den Ziehvorgang kaltverformt werden und da-
96 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

mit bei Zugbeanspruchung kontinuierlich vom elasti- -spannung steigen die Relaxationsverluste überpropor-
schen in den plastisch-verfestigenden Bereich überge- tional an, nähern sich dafür aber in kürzerer Zeit einem
hen (vgl. Abb. 3.29). Endwert an. Die Höhe der Verluste wird neben der ein-
Für die Bemessung werden charakteristische Werte geprägten Dehnung durch Zusammensetzung und Her-
der Zugfestigkeit fpk und der technischen Streckgren- stellung des Stahls sowie durch die Temperaturen, de-
ze fp0;1k verwendet. Im Unterschied zu kaltverform- nen er ausgesetzt ist, bestimmt.
tem Betonstahl wird bei Spannstahl als Streckgrenze Die auftretenden Spannungsverluste werden in Re-
die Spannung bei 0,1% bleibender Dehnung verein- laxationsversuchen bei 20ı C über eine Standzeit von
bart. Der derzeit noch zur Bezeichnung herangezogene 1000 Stunden bei konstanter Dehnung ermittelt. Die
charakteristische Wert fp0;2k der Spannung bei 0,2% aufgebrachte Initialspannung p0 zum Zeitpunkt t D 0
bleibender Dehnung ist lediglich bei warmgewalzten beträgt hierfür 0;7fp , d. h. 70% der tatsächlichen Zug-
Stäben weitgehend identisch mit fp0;1k und kann bei festigkeit des geprüften Stahls. Nach dem Spannungs-
den übrigen Spannstahlarten mehr oder minder deut- verlust 1000 in % der Initalspannung p0 werden z. B.
lich abweichen. Für den in Abb. 3.29 aufgenommenen in EN 1992-1-1 drei Relaxationsklassen unterschie-
Spannstahl St 1570/1770 ist fp0;1k D 1500 N=mm2 ein den, wobei allerdings Stähle der Klasse 1 gegenwärtig
häufig anzutreffender Wert. kaum mehr hergestellt werden.
Allgemein weisen Litzen und Drähte gegenüber
Stabspanngliedern höhere Streckgrenzen und Festig- Klasse 1:
keiten auf. DIN EN 10138 sieht für die verschiede- 1000 D 8;0% ! Drähte oder Litzen
nen Erzeugnisse folgende Bandbreiten der charakteris- mit normaler Relaxation
tischen Zugfestigkeit vor: Klasse 2:
Stäbe fpk D 1030–1230 N=mm2 1000 D 2;5% ! Drähte oder Litzen
mit niedriger Relaxation
Drähte fpk D 1570–1860 N=mm2
Klasse 3:
Litzen fpk D 1700–2160 N=mm2 .
1000 D 4;0% ! warmgewalzte und vergütete
Der E-Modul von Drähten beträgt im Mittel Stäbe.
205 000 N/mm2 ; Litzen weisen einen geringeren
E-Modul von 195 000 N/mm2 auf. Die Duktilität von Kennwerte der Relaxationsverluste müssen aus der Zu-
Spannstahl bzw. Spanngliedern wird in hohem Maß lassung oder der ETA des Spannstahls hervorgehen
durch das Verbundverhalten gesteuert; nach DIN 1045- bzw. können künftig DIN EN 10138 entnommen wer-
1 darf daher die Einordnung in Duktilitätsklassen nach den. Der Endwert für t ! 1 beträgt ein Mehrfa-
der Art der Vorspannung erfolgen: ches des 1000 h-Wertes; nach DIN V ENV 1992-1-1
(1992) wurde als Endwert der dreifache Relaxations-
Klasse A normalduktil ! Spannglieder im soforti-
verlust nach 1000 Stunden angenommen. In EN 1992-
gen Verbund
1-1 sind dagegen analytische Beziehungen enthalten,
Klasse B hochduktil ! Spannglieder im nachträgli-
die eine Berechnung der Relaxationsverluste ausge-
chen Verbund und Spannglieder ohne Ver-
hend von 1000 für beliebige Zeitintervalle erlauben.
bund.
Die Zunahme über 1000 Stunden hinaus wurde dabei
Grundsätzlich müssen die Kennwerte des Spann- neu bewertet.
stahls der zugehörigen allgemeinen bauaufsichtlichen Rechenwerte des Relaxationsverlustes für die Be-
Zulassung bzw. zukünftig – soweit es sich nicht um messung werden in Abhängigkeit der Initialspannung
Spannstähle handelt, die durch DIN EN 10138 erfasst pm0 =fpk , d. h. mit Bezug auf den charakteristischen
werden – der europäischen technischen Zulassung ent- Wert der Zugfestigkeit angegeben. Die Unterschiede
nommen werden. im Bezug der Ausgangsspannung zwischen den Er-
gebnissen der Relaxationsversuche und Rechenwer-
ten wurde im Zuge der Erarbeitung von EN 1992-1-
3.5.2.2 Zeitabhängiges Verhalten – Relaxation 1 berücksichtigt, daher ergeben sich im Vergleich zu
DIN V ENV 1992-1-1 (1992) z. T. deutlich verringerte
Bei Spannstählen, die über lange Zeit hohen Dehnun- Relaxationsverluste. Die Endwerte (t D 5  105 Stun-
gen ausgesetzt sind, nehmen die Spannungen mit zu- den  57 Jahre) der Relaxationsverluste für die An-
nehmender Standzeit allmählich ab. Das mit Relaxa- haltswerte 1000 der drei Klassen sind in Abb. 3.35 den
tion bezeichnete Phänomen ist bei Spannstählen hoch- Endwerten nach DIN V ENV 1992-1-1 (1992) gegen-
gradig nichtlinear; mit höherer Ausgangsdehnung bzw. übergestellt.
3.5 Spannstahl 97

Relaxationsverlust
Ds pr
chanismen (vgl. Isecke 1983; Isecke u. a. 1995);
s pm0
in % stark vereinfacht dargestellt, schreitet unter hohen
EN 1992-1-1 (2004)
Spannungen ein Anriss z. B. an lokalen Fehlstellen –
Klasse 1
35
DIN V ENV 1992-1-1 (1992) Verletzungen oder Korrosionsnarben – ins Innere des
30
Stahls fort. Wenn eine kritische Risstiefe erreicht ist,
bricht der Stahl ohne zusätzliche Verformung.
25 Bei wasserstoffinduzierter SpRK dringt atomarer
Klasse 1
20 Klasse 3 Wasserstoff, der z. B. bei Korrosionsreaktionen ent-
steht, in das Metallgitter ein und führt zu einer deut-
15 lichen Versprödung des Spannstahls. Das Risikopoten-
Klasse 2
10
tial der SpRK ist vor allem in einem unangekündigten
Klasse 3
Versagen von Spannbetonbauteilen nach z. T. jahrelan-
5 Klasse 2
ger Standzeit zu sehen (vgl. Kongreßhalle Berlin, Bei-
s pm0 spiel 2.2). Allerdings setzt ein Totalausfall eines Bau-
0
0,6 0,7 0,8 f pk teils bestimmte, heute nicht mehr zulässige Konstrukti-
onsprinzipien voraus – etwa die Abwesenheit von Min-
Klasse 1 Drähte oder Litzen, normale Relaxation
Klasse 2 Drähte oder Litzen, niedrige Relaxation destbewehrung aus Betonstahl.
Klasse 3 warmgewalzte und vergütete Stäbe Die Empfindlichkeit von Spannstählen gegenüber
Abbildung 3.35 Relaxation von Spannstahl – Endwerte für SpRK hängt in starkem Maß von deren chemischen
t ! 1 nach EN 1992-1-1 und DIN V ENV 1992-1-1 (06.1992) Zusammensetzungen und den Herstellungsverfahren
ab und wächst mit zunehmender Festigkeit an. In der
Vergangenheit waren insbesondere bei ölschlussvergü-
3.5.2.3 Anmerkungen zur Dauerhaftigkeit teten Drähten des Produktionszeitraums 1950 bis 1965
von Spannstahl und nur mehr äußerst selten bei den zwischen 1965 und
1978 produzierten Drähten Schäden zu beobachten.
Bei Spannstählen nimmt das plastische Verformungs- Die derzeit hergestellten Spannstähle sind gene-
vermögen mit steigender Festigkeit ab und ist gegen- rell unempfindlich gegenüber SpRK (vgl. Bertram u. a.
über Betonstahl deutlich reduziert. Verletzungen der 2002). Grundsätzliche Überlegungen zu Sicherheit und
Spannstahloberfläche oder Korrosionsnarben wirken Dauerhaftigkeit im Spannbetonbau enthält im Übrigen
als Kerben; Spannungsspitzen im Kerbgrund können König u. a. (1998).
nur mehr eingeschränkt durch lokale Plastifizierung
abgebaut werden. Kerben können daher Ausgangs-
punkt für ein sprödes, d. h. verformungsloses Versa- 3.5.3 Kennwerte für die Bemessung
gen durch Materialermüdung bei zyklischer Belastung
oder durch Korrosion sein. Spannstähle sind daher
während des Einbaus und insbesondere im Endzustand Analog zu Betonstahl werden für Spannstahl ideali-
sorgfältig vor Korrosion zu schützen. sierte Spannungs-Dehnungs-Linien zur Beschreibung
Die Anforderungen an den Korrosionsschutz sind des Tragverhaltens vorausgesetzt (Abb. 3.36 und 3.37).
dabei grundsätzlich höher als bei dem weniger emp- Normenregelung nach DIN 1045-1
findlichen Betonstahl. Bei Vorspannung mit nachträg- Nach DIN 1045, 9.3.3 ist der Bemessung im Grenzzu-
lichem oder sofortigem Verbund wird der Korrosions- stand der Tragfähigkeit eine Spannungs-Dehnungs-Linie
schutz erreicht durch eine dicke und dichte Betonde- nach Abb. 3.36 mit den Kenngrößen:
ckung, durch ein vollständig verpresstes Hüllrohr – fp0;1k charakteristischer Wert der 0,1%-Dehngrenze
(techn. Streckgrenze)
soweit vorhanden – und eine restriktive Begrenzung fpk charakteristischer Wert der Zugfestigkeit
auftretender Rissbreiten (Korrosionsschutz durch Pas- Ep Elastizitätsmodul
sivierung). Spannglieder für Vorspannung ohne Ver- D 205 000 N/mm2 (Stäbe und Drähte)
bund besitzen bereits eine separate Ummantelung mit D 195 000 N/mm2 (Litzen)
Korrosionsschutzmassen in einer Polyethylen-Hülle. (sofern in den Zulassungen nichts anderes festge-
legt wird).
Spannstähle können neben der klassischen,
abtragenden Korrosion durch Spannungsrisskor- Die Kennwerte müssen der jeweiligen allgemeinen bau-
aufsichtlichen Zulassung entnommen werden. Die Bemes-
rosion (SpRK), die bei hochfesten Spannstählen sungswerte der technischen Streckgrenze bzw. der Zug-
(fpk > 1000 N=mm2 ) i. d. R. wasserstoffinduziert festigkeit sind fp0;1k =s bzw. fpk =s mit s D 1;15 für stän-
ist, gefährdet sein. Die SpRK folgt komplexen Me- dige/vorübergehende und s D 1;0 für außergewöhnliche
98 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten
sp
idealisierter Verlauf Bei Anwendung des horizontale Astes wird wie bei der
fpk Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls auf eine
fp0,1k f pk Dehnungsbegrenzung verzichtet. Der Bemessungs-
fp0 ,1k gs wert der technischen Streckgrenze fpd ist analog zu
gs DIN 1045-1 definiert; die Spannstahlspannung wird für die
Verlauf vereinfachte Bemessung durch Gl. (3.118) begrenzt.
für die Annahme für die
Bemessung Bemessung fp0;1k
fpd D (3.117)
s
fpk "ud
pd   : (3.118)
s "uk
arctan Ep
Zur Ermittlung von Relaxationsverlusten werden in
ep
EN 1992-1-1, 3.3.2 abhängig von den Relaxationsklassen
ep(0)+0,025 Bestimmungsgleichungen angegeben; die Endwerte für
Abbildung 3.36 Spannungs-Dehnungs-Linie des Spannstahls t ! 1 sind in Abb. 3.35 dargestellt.
nach DIN 1045-1 für die Bemessung im GZT

sp Tabelle 3.12 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den


idealisierter Verlauf Bemessungswerten für Spannstahl
fpk
fp0,1k f pk NDP EU D A
fp0 ,1k gs
gs ".0/
p C 0;025
Verlauf vereinfachte "ud 0;9"uk EU
für die Annahme für die  0;9"uk
Bemessung Bemessung
s/v 1,15
s EU EU
a 1,00

arctan Ep

ep
3.5.3.1 Spannverfahren
e ud e uk

Abbildung 3.37 Spannungs-Dehnungs-Linie des Spannstahls Als Spannverfahren werden Systeme bestimmter
nach EN 1992-1-1 für die Bemessung im GZT Hersteller bezeichnet, die neben den Zuggliedern
aus Spannstahl – d. h. Drähten, Litzen oder Stä-
ben – auch Verankerungen, Kopplungen, Hüllrohre,
Bemessungssituationen (vgl. Tabelle 2.5). Als Grenzdeh- etc. umfassen. Spannverfahren existieren für die
nung des Spannstahls gilt (vgl. Abb. 3.36): verschiedenen Vorspannkonzepte (vgl. Abschn. 5.1) in
".0/
p C0;025 : (3.116) vielfältigen Ausprägungen, z. B. als Draht- oder Lit-
zenbündelspannglieder, Monolitzen, Spannbänder aus
Dabei ist ".0/
p die Vordehnung des Spannstahls im PE-ummantelten Litzen, etc. (vgl. Zilch u. a. 2001;
(fiktiven) Spannbettzustand (vgl. Abschn. 5.4.4). Die Rombach 2003; Kollegger u. a. 2004). Für jedes
Grenzdehnung ist daher keine reine Materialeigenschaft. Spannverfahren werden derzeit Produkteigenschaften,
Vereinfachend darf anstelle des ansteigenden der hori- Produktzusammensetzung, Herstellung, Transport
zontale obere Ast verwendet werden. und Einbau durch allgemeine bauaufsichtliche Zu-
lassungen des DIBt geregelt. Zukünftig werden die
Normenregelung nach EN 1992-1-1 nationalen durch europäisch-technische Zulassungen
ersetzt. In den Spannverfahrenszulassungen werden
Nach EN 1992-1-1,3.3.6 ist die Spannungs-Dehnungs-
Linie für die Bemessung im Grenzzustand der Tragfähig- wesentliche Kennwerte für Entwurf und Berechnung
keit nach Abb. 3.37 ebenfalls durch die Kennwerte fp0;1k , angegeben, z. B.:
fpk und Ep nach EN 10138 oder eine entsprechende Eu-
ropäische Technische Zulassung (ETA) bestimmt. Sofern • die zu verwendenden Spannstähle und zugehörige
der ansteigende Ast der Spannungs-Dehnungs-Linie für Materialeigenschaften,
die Bemessung genutzt wird, ist die Dehnung auf "ud zu • Anzahl und Querschnittsform der verwendeten
begrenzen. Hierbei ist Drähte oder Litzen je Spannglied,
"ud Bemessungswert der Bruchdehnung für die Be- • Typen, Formen und Abmessungen der Verankerun-
messung ! NDP (Tabelle 3.12) gen,
3.6 Verbund 99

• zulässige Krümmungsradien, Die Verbundwirkung eines gerippten Betonstahls be-


• Mindestwerte der Betonfestigkeiten zum Vorspann- ruht auf den drei Mechanismen:
zeitpunkt,
• Haftung,
• Kenngrößen der Spannkraftverluste (Reibbeiwert,
• Reibung,
Ankerschlupf, Relaxation).
• mechanische Verzahnung,
deren Aktivierung mit Relativverschiebungen des Be-
wehrungsstabes gegenüber dem umgebenden Beton,
3.6 Verbund dem Schlupf verknüpft ist. Die beiden letztgenann-
ten Verbundmechanismen treten teilweise gleichzei-
Das Zusammenwirken von Beton und Bewehrung wird tig auf und sind versuchstechnisch nur schwer zu
durch den Verbund – d. h. die Fähigkeit, zwischen den separieren. Zur Beschreibung des Verbundverhaltens
beiden Baustoffen Kräfte zu übertragen – ermöglicht wird ein Zusammenhang zwischen Verbundspannung
(vgl. Abschn. 1.1). Damit die Verbundwirkung akti- b als Summe der einzelnen Mechanismen und Re-
viert und damit der einbetonierte Bewehrungsstahl ef- lativverschiebung s, die Verbundspannungs-Schlupf-
fektiv wirksam werden kann, ist die Bildung von Ris- Beziehung verwendet. Die b -s-Beziehung stellt da-
sen im Beton nötig. Stahlbetonbauteile weisen daher mit kein Stoffgesetz im eigentlichen Sinn dar, son-
in der Regel Risse auf. Gleichzeitig ist die Verbund- dern bildet als Pseudo-Stoffgesetz summarisch kom-
wirkung von zentraler Bedeutung hinsichtlich der Ver- plexe Wechselwirkungen ab.
teilung der Risse sowie deren Rissöffnung und damit Zur Beschreibung der einzelnen Mechanismen sei
der Steifigkeit und des Verformungsverhalten des Bau- ein Ausschnitt des Balkens betrachtet (Abb. 3.39). Der
teils. Haftverbund infolge chemischer Adhäsion und Ver-
zahnung der Grenzflächen zwischen Stahl und Beton
im mikroskopischen Bereich ist nur gering belastbar
und wird bereits bei kleinsten Relativverschiebungen
3.6.1 Verbundmechanismen zerstört. Dem entsprechend steigt die Verbund-
Schlupf-Beziehung zunächst steil an. Nach dem
Die Verbundwirkung wird – abhängig von der Ober- Überwinden der Haftung werden Reibverbundspan-
flächenprofilierung des Bewehrungsstabes – über eine nungen aktiviert, die annähernd unabhängig von der
Reihe komplexer Mechanismen erreicht; vereinfa- Größe der Relativverschiebung sind (Coulomb’sche
chend wird die Kraftübertragung durch eine in der Reibung). Bei den heute nicht mehr gebräuchlichen
Grenzfläche von Bewehrung und Beton wirkende glatten Betonstählen oder bei glatten Spanndrähten
Schub- oder Verbundspannung b (engl. bond) be- ist die Reibung die dominierende Verbundwirkung.
schrieben. Verbundbeanspruchungen entstehen immer Im Unterschied hierzu wird bei geripptem Beton-
dann, wenn sich Dehnungen bzw. die Spannungen
entlang eines Bewehrungsstabes ändern. Die Differenz
der an den beiden Schnittufern angreifenden Zugkräfte Biegeriss As , U s
(Primärriss)
des in Abb. 3.38b dargestellten Stabelementes der
Länge dx muss mit den über den Stabumfang Us Ausschnitt
wirkenden Verbundspannungen im Gleichgewicht tb
stehen:
ss s s + ds s
As ds D Us b dx (3.119a)
ds ds Stahlspannung ss
) b D  : (3.119b)
dx 4
Verbundbeanspruchungen treten dem entsprechend Betonspannung sc in Höhe dx
der Bewehrung
u. a. in folgenden Situationen auf:
• Rissbildung; zwischen den Rissen Übertragung von
Teilen der Stahlzugkraft auf den Beton; Verbundspannung tb
• Endverankerung oder Stoß von Bewehrungsstäben
durch Übergreifung; a Spannungsverteilungen b Differentielles Element

• Behinderung von Betonverformungen aus Schwin- Abbildung 3.38a,b Verbund bei einem Stahlbetonbalken im
den und Kriechen. Bereich M D const.
100 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

hen ausgehend von den Rippen geneigt verlaufende


1 sekundäre Verbundrisse (Goto 1971).
Abhängig vom Verhältnis der mittleren Rippenhö-
Schlupf s1
he aR zum Rippenabstand c beginnen die Rippen den
Sekundärriss Beton lokal als Keil oder entlang der Mantelfläche
Verbundkraft
des Stabes abzuscheren. Damit ist die maximale Ver-
bundtragfähigkeit erreicht (Abb. 3.39).
2 Mit weiter
ansteigendem Schlupf werden die Betonkonsolen bei
abnehmender Verbundspannung fortschreitend zerstört
(Abb. 3.39).
3 Vollständig abgeschert sind sie, wenn
der Schlupf dem lichten Abstand zwischen zwei Rip-
2 pen entspricht. Dann können nur mehr annähernd kon-
stante Reibverbundspannungen f (engl. friction) in
Schlupf s2 der Scherfläche übertragen werden. Der Stab wird kon-
tinuierlich aus dem Beton herausgezogen; die Versa-
gensform wird daher als Ausziehversagen bezeichnet.
Im Gebrauchszustand eines Bauteils wird u. a. durch
die Forderung, dass Rissbreiten klein bleiben müssen,
das Verbundspannungsmaximum i. Allg. nicht erreicht.
Für Berechnungen auf Gebrauchslastniveau ist dem
entsprechend lediglich der ansteigende Ast relevant.
Der Scherwiderstand und damit die Verbundtragfä-
3
higkeit eines gerippten Bewehrungsstabes ist an Form,
Schlupf s3
Neigung und Höhe aR der Rippen sowie deren Abstand
cm gekoppelt. Als Vergleichsmaßstab des Verbundver-
haltens verschieden gerippter Stäbe wurde in (Rehm
1961) die bezogene Rippenfläche fR als Verhältnis der
Rippenaufstandsfläche FR zur Mantelscherfläche FS
eingeführt (Abb. 3.40):

FR
fR D (3.120a)
τ FS
P
.  .dk C aR /  e/  aR
P
2
gerippter Stahl D (3.120b)
.  .dk C 2  aR /  e/  cl
3 P
.  ds  e/  aR

1
(3.120c)
 ds  cm
aR
glatter Stahl   0;6 : (3.120d)
cm
s

Abbildung 3.39 Verbundmechanismen gerippten Betonstahls In Gl. (3.120) bedeuten:


(in Anlehnung an Eligehausen u. a. 1983)
dk Kerndurchmesser des Stabes
ds Nenndurchmesser des Stabes
e Abstand der Rippen in Stabumfangsrichtung
stahl der wesentliche Anteil des Verbundes über (vgl. Abb. 3.31)
die mechanische Verzahnung der Rippen mit dem cl lichter Abstand der Rippen in Stablängsrich-
umgebenden Beton erzielt. Bei Relativverschiebungen tung
stützen sich die einzelnen Rippen auf die vor ihnen cm mittlerer Abstand der Rippen in Stablängsrich-
liegenden Betonkonsolen ab und erzeugen dabei hohe tung
Druckspannungen, die wegen des an den Konsolen (in Abb. 3.31 mit cs bezeichnet).
vorherrschenden, dreiachsialen Druckspannungszu-
standes ein mehrfaches der Zylinderdruckfestigkeit Gleichung (3.120c) entspricht der z. B. in DIN 488
erreichen können (Abb. 3.39).
1 Gleichzeitig entste- oder DIN EN ISO 15630 vorgegebenen Bestimmungs-
3.6 Verbund 101
cm sichtbare Rissbreite wcr
cl Bauteiloberfläche
FR Ausbruchkegel
aR

dk ds

FS

Abbildung 3.40 PDefinition der bezogenen Rippenfläche fR


(schematisch für e D 0)

gleichung für fR ; für Schrägrippen ist die Projektion x x


der Rippenfläche in Stablängsrichtung einzusetzen.7
Ausgehend von den Rippen breiten sich die Druck- gestörter Verbund ( ~ 2 - 5 ds)
spannungen zunächst gegen den Stab geneigt, rotati-
Abbildung 3.42 Verbundstörung durch den Ausbruch eines Be-
onssymmetrisch aus; die Spannungsresultierenden bil- tonkegels

Druckstreben
Zugring
den einen Druckkegel. Durch die Umlenkung ent-
stehen Zugspannungen, die ringförmig um die Be-
wehrung verlaufen und – sofern sie die Betonzugfes-
tigkeit erreichen – zur Rissbildung entlang des Sta-
bes führen (Abb. 3.41) (Tepfers 1979). Bei geringer
Betondeckung spalten die Längsrisse die Betonschale;
gleichzeitig fällt die Verbundspannung schlagartig ab.
Die Verbundtragfähigkeit bei Sprengrissversagen ist
dann an die Dicke der Betondeckung und ggf. vorhan-
a räumlicher Spannungszustand dene Querbewehrung, die ein unkontrolliertes Öffnen
tb des Spaltrisses verhindert, gekoppelt.
Ausziehversagen Tritt der Bewehrungsstab aus dem Beton aus, z. B.
unmittelbar an Primärrissen, die aus der Biegebean-
spruchung des Balkens entstandenen sind, kann sich
der Druckkegel nicht gegen das Rissufer abstützen.
Sekundärriss
Sprengrissversagen Die Druckstreben müssen über Zugspannungen
Sprengriss s „rückgehängt“ werden. Bei höheren Verbundbe-
c Verbundspannungs-Schlupf- anspruchungen wird dabei die Betonzugfestigkeit
Beziehung (schematisch)
überschritten; am Primärriss bildet sich ein Ausbruch-
kegel, der die Übertragung von Verbundspannungen
lokal einschränkt (Abb. 3.42).

3.6.2 Einflussgrößen – Prüfung

b Sprengrissbildung durch Ringzugspannungen Das Verbundverhalten eines einbetonierten Beweh-


Abbildung 3.41a–c Ausbreitung der durch Verbund eingeleite-
rungsstabes wird i. Allg. durch Ausziehversuche
ten Druckspannungen; Sprengrissbildung geprüft (Abb. 3.43); der über eine definierte Verbund-
länge lb einbetonierte Stab wird aus dem Prüfkörper
7
herausgezogen. Als angenäherte Verbundspannungs-
Wegen der in Gl. (3.120c) enthaltenen Näherungen – z. B. dem Schlupf-Beziehung wird die aus der angreifenden
Ersatz des lichten Rippenabstands cl durch den mittleren Rip-
penabstand cm – kann fR nur als Kenngröße der Verbundwir- Kraft errechnete, über die Verbundlänge konstant an-
kung herangezogen werden, wenn die Rippenbreite etwa den in genommene Verbundspannung b D F=.ds lb / über
DIN 488 angegebenen Richtwerten entsprechen. der Relativverschiebung am spannungslosen Ende des
102 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Relativverschiebungs-
messung Verbundbereichs auch die Bildung eines Ausbruch-
kegels nachvollzogen werden kann (Abb. 3.43b). In
Annahme Bügel DIN EN 10080 wird neben dem Pull-Out-Versuch ein
Balkenversuch, der ebenfalls in RILEM (1994) be-
Verbundlänge schrieben wird, zur Prüfung der Verbundmerkmale von
tb l b = 5d s
Betonstählen vorgeschlagen.
tatsächliche weiche
Verteilung Trennlage
Neben dem bereits erläuterten Auswirkungen
verbundfreie unterschiedlicher Oberflächenprofilierungen, die
Verbund-
spannungen
Länge über fR berücksichtigt werden, existiert eine Fülle
weiterer Einflussgrößen auf das Verbundverhalten, die
F F
u. a. in fib (2000) umfassend diskutiert werden. Die
Draufsicht wesentlichen sind:
• Betondruckfestigkeit
• Lage des Stabes beim Betonieren
• Spannungen senkrecht zur Stabachse
• Langandauernde oder zyklische Belastung.
a "Pull-Out"-Körper nach RILEM b Konsolausziehkörper
nach Janovic

Abbildung 3.43a,b Verbundversuchskörper Betondruckfestigkeit


Die mechanischen Eigenschaften des den Stab umge-
benden Betons wirken sich dominant auf das Verbund-
verhalten aus. Mit ansteigender Festigkeit nehmen so-
Stabes aufgetragen. Da wegen der Verbundwirkung wohl die Verbundtragfähigkeit als auch die Verbund-
die Längsdehnung des Stabes über die Verbundlänge steifigkeit, d. h. die Steigung der b -s-Beziehung zu.
abnimmt, wird auch der Schlupf mit zunehmendem Der Einfluss auf die maximale Verbundspannung (Ver-
Abstand zum belasteten Stabende hin kleiner. Die bundfestigkeit) lässt sich allgemein durch Gl. (3.121)
Annahme einer über lb konstanten Verbundspan- beschreiben. Die funktionelle Abhängigkeit von fc
nung ist damit eine Näherung, deren Abweichung wird in der Literatur unterschiedlich bewertet; zumin-
von den wirklichen Verhältnissen mit zunehmender dest für ein Sprengrissversagen ist die Verknüpfung
Verbundlänge größer wird. In standardisierten Aus- der Verbundtragfähigkeit mit der Zugfestigkeit, d. h.
ziehversuchen wird als repräsentative Verbundlänge k D 2=3 in Gl. (3.121) einleuchtend (vgl. Noakow-
lb D 5ds vorgeschlagen (vgl. Janovič 1979; RILEM ski 1988); während bei Versuchen mit Ausziehversa-
1994); bei kürzeren Verbundlängen kann der Einfluss gen k D 1=2 eher die Versuchsergebnisse widerspie-
lokaler Inhomogenitäten – Fehlstellen oder große gelt (vgl. Eligehausen u. a. 1983).
Zuschlagkörner unmittelbar vor den Rippen – zu
erheblichen Streuungen der Ergebnisse führen. b;max  fck (3.121)
Neben der Verbundlänge beeinflussen Größe und
Form des Prüfkörpers und insbesondere die Lage des
Lage des Stabes beim Betonieren
Stabes im Körper die Ergebnisse der Ausziehversu-
che. Die Abmessungen des in RILEM (1994) vor- Während des Verdichtens des Frischbetons setzen sich
geschlagenen sog. Pull-Out-Versuchskörpers vermei- schwerere Bestandteile ab, überschüssiges Wasser und
den eine Sprengrissbildung (Abb. 3.43a). Der im Ver- Luftblasen steigen nach oben und sammeln sich z. T.
bundbereich druckbeanspruchte Beton entspricht zwar unter horizontal liegenden Stäben. Nach dem Erhärten
nicht unbedingt den Verhältnissen in der Zugzone ei- weist der die Stäbe unmittelbar umgebende Beton eine
nes biegebeanspruchten Balkens, dessen ungeachtet ist höhere Porosität bei gleichzeitiger Anreicherung von
der Prüfkörper für Vergleichsversuche zwischen Stä- Zementmatrix auf (Abb. 3.44a). Die daraus entstehen-
ben verschiedener Oberflächenprofilierung geeignet. de Reduktion von Verbundfestigkeit und -steifigkeit
Als wirklichkeitsnähere Abbildung der Verbundzo- des Bewehrungsstabes ist umso ausgeprägter, je weiter
ne eines biegebeanspruchten Balkens wurde in Jano- der Stab vom Schalungsboden bzw. der Unterkante des
vič (1979) ein Ausziehkörper mit ausmittig liegen- Frischbetons entfernt ist und kann bis zu 50% betra-
dem Stab vorgestellt, bei dem neben der Sprengriss- gen (vgl. Martin u. Noakowski 1981). In Normenwer-
bildung bei geringen Betondeckungen durch die An- ken wird vereinfachend in Abhängigkeit des Abstandes
ordnung einer weichen Trennschicht unterhalb des von der Unterkante des Frischbetons zwischen guten
3.6 Verbund 103

tb tb s.t/ D s0 .1 C kt / ; (3.122)
guter Verbund s0 s(t )
mit kt D .1 C 10  t/0;08  1 :
mäßiger Verbund
s(t ) = s0 (1 + k t ) Der Ansatz gilt naturgemäß nur im ansteigenden Ast
der b -s-Beziehung (vgl. Sippel 1996). Zur Superposi-
s0 × k t
tion der Kriechverformungen bei veränderlichen Span-
porenreicher
Beton nungen vgl. Rohling (1987); Sippel (1996). Die bei
s s zyklischer Belastung auftretenden Effekte ähneln dem
a Auswirkungen b Auswirkungen Kriechen unter konstanter Last (vgl. Rohling 1987;
mäßigen Verbundes langandauernder Belastung Rehm u. Eligehausen 1977). Bei konstanter Oberspan-
Abbildung 3.44a,b Auswirkungen von Einflussparametern auf nung und Schwingbreite wird ebenfalls Linearität zwi-
die Verbund-Schlupf-Beziehung schen Beanspruchung und von der Lastwechselzahl N
abhängigem Schlupf unterstellt.
s.N / D s0 .1 C kN / ; (3.123)
und mäßigen Verbundbedingungen unterschieden. Bei mit kN D .1 C N /0;107  1
vertikal in der Schalung stehenden Stäben zeigt der Be-
ton unmittelbar unter den Rippen ebenfalls eine höhere
Porosität. Wird der Stab nach unten – in Setzrichtung –
gezogen, ist ähnlich den horizontal liegenden Stäben
3.6.3 Modellierung des Verbundes
eine Beeinträchtigung des Verbundverhaltens zu beob-
achten, die bei Beanspruchung gegen die Setzrichtung
nicht auftritt. Dessen ungeachtet wird in DIN 1045- Wie erläutert, wird das Verbundverhalten einbetonier-
1 oder DIN EN 1992-1-1 Stäben mit einer Neigung ter Bewehrung idealisiert über Verbundspannungs-
> 45ı gegen die Horizontale generell guter Verbund Schlupf-Beziehungen, die auch als Verbundgesetze
unterstellt. bezeichnet werden, beschrieben. Mittlerweile existiert
ein breites Spektrum verschiedener b -s-Beziehungen,
(u. a. Rehm 1961; Martin 1973; Eligehausen u. a.
Spannungen senkrecht zur Stabachse 1983; Noakowski 1978, 1988; König u. Tue 1996),
Zusätzliche äußere Querzugspannungen, die u. a. aus die sich allerdings z. T. deutlich unterscheiden. Die
Querbiegung entstehen (z. B. bei zweiachsig gespann- Unterschiede der verschiedenen Verbundgesetze spie-
ten Platten), können die Sprengrissbildung wesentlich geln zum einen die in Versuchen zu beobachtenden
beschleunigen. Demgegenüber verbessern Querdruck- großen Streuungen und zum anderen den Einfluss
spannungen – die z. B. über Auflagern auftreten – die der Versuchskörper, die zur Ableitung der Ansätze
Verbundwirkung. verwendet wurden, wieder.
Da für den Gebrauchszustand eines Bauteils der
ansteigende Ast der b -s-Beziehung nicht verlassen
Langandauernde oder zyklische Belastung wird, beschränken sich viele Verbundgesetze auf die-
Wegen der hohen Druckspannungen, die von Rippen sen Bereich; den genannten Verbundgesetzen gemein
auf den Beton übertragen werden, treten bei langan- ist die Beschreibung des ansteigenden Astes durch eine
dauernden Belastungen Kriechverformungen ein. Bei Potenzfunktion (vgl. Gl. 3.124). Für Traglastanalysen
konstanter Verbundspannung nimmt der Schlupf all- wurde in Eligehausen u. a. (1983) ein abschnittsweise
mählich zu, bei konstant gehaltenem Schlupf fällt die definiertes Verbundgesetz formuliert, das den vollstän-
Verbundspannung ab. Nach Franke (1976) ist im erst- digen Schlupfbereich umfasst und in CEB/FIP (1993)
genannten Fall die Zunahme des Schlupfs proportional in etwas modifizierter Form wiedergegeben ist.
zur Höhe der Verbundspannung, entsprechend kann 8  ˛
lineares Kriechen unterstellt werden. Im Unterschied ˆ
ˆ   s
für 0  s  s1
ˆ
ˆ
b;max s1
zum Kriechen von Beton sind die Kriechverfor- ˆ
ˆ
ˆ b;max ;
< für s1 < s  s2
mungen weitestgehend irreversibel Rohling (1987).
b .s/ D b;max  b;max  f .s  s2 / ;
Nach Franke kann die Linearität zur Bestimmung ˆ
ˆ s3 s2
ˆ
ˆ
vereinfachter isochroner Verbundspannungs-Schlupf- ˆ
ˆ für s2 < s  s3
Beziehungen genutzt werden (Abb. 3.44b). Für den :̂
f ; für s3 < s
von der Belastungszeit t (in Stunden) abhängigen
Schlupf gilt: (3.124)
104 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Der in Abb. 3.45 dargestellte Ansatz beschreibt tationsfähigkeit (GZT) berücksichtigt. Allerdings
das mittlere Verbundverhalten; der Variationskoeffi- werden Verbund-Schlupf-Beziehungen nicht explizit
zient gegenüber den Ergebnissen zugrunde liegender angegeben; während im GZG bzw. bei der Ermittlung
Verbundversuche beträgt dabei etwa 20%. Die Abmin- der Rotation die Verbundwirkung über Annahmen
derung der Verbundtragfähigkeit an Primärrissen durch zum Verlauf der Betonstahlspannungen zwischen
lokale Verbundlösungen bzw. das Ausbrechen eines Rissen erfolgt, wird im GZT bei Verankerungen
Betonkegels kann nach CEB/FIP (1993) entlang ei- und Übergreifungen eine vom Schlupf unabhängige,
nes Einflussbereichs von 5ds durch eine lineare Ab- konstante Verbundspannung herangezogen, die sich
minderung der Verbundspannungen b;mod .s/ D b .s/  auf die Verbundtragfähigkeit bei Sprengrissbildung
.x=5ds / berücksichtigt werden (Abb. 3.42). Ein ver- bezieht. Die Normen erfassen ausschließlich gerippte
feinertes Modell zur Anrechnung von Verbundstörun- Stäbe; durch die Vorgabe von Mindestwerten der
gen an Querrissen ist u. a. in Kreller (1989) enthalten. bezogenen Rippenfläche fR wird eine Mindestver-
In Sigrist (1995); Alvarez (1998); Marti u. a. (1998) bundtragfähigkeit vorausgesetzt. Normenregelung zur
wird dargestellt, dass unter Verwendung einer kon- Berechnung mittlerer Verbundspannungen und von
stanten, schlupfunabhängigen Verbundspannung die Verankerungs- bzw. Übergreifungslängen werden in
Abbildung des Riss- und Verformungsverhaltens von Abschn. 15.3 angegeben.
Stahlbetonbauteilen näherungsweise möglich ist.
In DIN 1045-1 und DIN EN 1992-1-1 wird die
Verbundwirkung der Bewehrung zur Berechnung Differentialgleichung des Verbundes
von Rissbreiten und Verformungen (GZG), zur
Ermittlung von Verankerungs- und Stoßlängen bei Als Grundelement bewehrter Stahlbetonbauteile wird
Übergreifungsstößen sowie zur Ermittlung der Ro- das in Abb. 3.46a dargestellte, differentielle Element
eines Zugstabes betrachtet. Die Zugkraftdifferenzen
von Beton und Bewehrung müssen mit den über den
tb s1 = 1,0 mm Stabumfang Us wirkenden Verbundspannungen b .s/
fck s 2 = 3,0 mm im Gleichgewicht stehen.
s3 = c l (lichter Rippenabstand)
a = 0,4
2 b .s/  Us  dx D ds  As D dc  Ac (3.125a)
t b,max = 2,5 f ck (1,25 f ck )
ds Us
t f = 1,0 f ck (0,50 f ck ) ) D b .s/  (3.125b)
dx As
1 tf dc Us
) D b .s/  (3.125c)
dx Ac

s Der Schlupf zwischen Bewehrung und Beton ergibt


s1 s2 s3
a Verbundgesetz bei Ausziehversagen (z.B. Betondeckung > 5 ds) sich an jeder Stelle aus der Differenz der Verschiebun-
gen von Stahl und Beton
tb s1 = 0,6 mm
fck s 2 = 0,6 mm
s D us  uc : (3.126)
s3 = 1,0 mm (2,5 mm)
a = 0,4 Wird für Stahl und Beton ein linear-elastisches Ma-
2
t b,max = 2,0 × f ck (1,00 f ck ) terialverhalten vorausgesetzt, folgt aus Gl. (3.126) bei
t f = 0,3 × f ck (0,15 f ck ) einmaliger Differenzierung nach x:

1
ds dus duc
D  (3.127a)
dx dx dx
tf
D "s  "c (3.127b)
s1 = s2 s3
s
s c
D  : (3.127c)
b Verbundgesetz bei Sprengrissversagen (z.B. Betondeckung = 1 ds) Es Ec
Abbildung 3.45a,b Rechnerische Verbundspannungs-Schlupf-
Beziehung nach dem ModelCode 1990 (CEB/FIP 1993) für ge- Nach nochmaligem Differenzieren der Gl. (3.127c)
rippten Betonstahl (abweichende Kenngrößen für mäßige Ver- und Einsetzen der Gln. (3.125b) und (3.125c) ergibt
bundbedingungen in Klammern) sich:
3.6 Verbund 105

d2 s Us Us für den Einzelrisszustand zu berechnen (vgl. 11.4.3).


D b .s/  C b  (3.128a)
dx 2 Es As Ec Ac Wegen der im Vergleich zur Bewehrung i. Allg.
 
Us Us sehr viel größeren Dehnsteifigkeit Ec Ac wird häufig
) s 00  b .s/  C D 0: Us =.Ec Ac / D 0 gesetzt, d. h. der Einfluss der Beton-
Es As Ec Ac
(3.128b) dehnungen auf die Relativverschiebungen zwischen
Bewehrung und Beton wird vereinfachend vernachläs-
Gleichung (3.128b) wird als Differentialgleichung sigt. Zur Lösung der DGL für den Einzelrisszustand
(DGL) des verschieblichen Verbundes bezeichnet. bzw. das abgeschlossene Rissbild vgl. u. a. Noakowski
Sie stellt eine mathematische Verknüpfung von (1978); Krips (1984).
Dehnungen, Relativverschiebungen und Verbund-
spannungen dar. Aufbauend auf der DGL lassen sich
mit Verbundgesetzen b .s/ und bekannten Randbe-
dingungen Lösungen für Relativverschiebungen und 3.6.4 Verbundverhalten von Spanngliedern
Spannungen z. B. an bzw. zwischen Rissen ableiten.
Für die in Abb. 3.46b dargestellte Verankerung eines Die Verbundmechanismen glatter, gerippter oder profi-
Bewehrungsstabes gelten am Ende der Stör- oder lierter Spanndrähte bzw. Stabspannglieder unterschei-
Einleitungslänge lt folgende Randbedingungen: den sich nicht grundlegend von den für Betonstahl
beschriebenen Mechanismen. Litzen zeigen allerdings
RB 1 s.x D 0/ D 0 ;
gegenüber Einzeldrähten wegen der Verseilung der
RB 2 "s .x D 0/  "c .x D 0/ D 0 : Drähte und die daraus bei Relativverschiebungen ent-
Wird der ansteigende Ast der b -s-Beziehung nach stehende aufgezwungene Verdrillung verbesserte Ver-
Gl. (3.124) verwendet, lässt sich die DGL analytisch bundeigenschaften (vgl. Will 1997). Bei Vorspannung
lösen. Mit dem Ansatz mit nachträglichem Verbund existiert eine zusätzli-
che Verbundfuge zwischen Hüllrohr und umgebendem
s.x/ D C  x n (3.129) Bauteilbeton, die zu einer Abminderung insbesondere
ergeben sich Koeffizient C und Exponent n zu der Verbundsteifigkeit führt.
   Da Einzellitzen und Bündelspannglieder aus Litzen
b;max Us Us oder Drähten eine unregelmäßige, für die Übertragung
C D  C
s1˛ Es As Ec Ac von Verbundspannungen zum umgebenden Beton bzw.
1=.1˛/ Einpressmörtel zur Verfügung stehende Berandung
.1  ˛/2
 ; (3.130) aufweisen, wurden für eine vereinfachte Anrechnung
2 C 2˛ in Trost u. a. (1980) äquivalente Durchmesser dp
2 eines Ersatzstabes definiert, die in DIN 1045-1 und
nD : (3.131)
1˛ DIN EN 1992-1-1 wiederzufinden sind (Abb. 3.47a):
Mit bekanntem Verlauf der Relativverschiebungen 8 p
ˆ
ˆ 1;6  Ap für Draht- und
s.x/ lassen sich auch Dehnungs- bzw. Spannungs- ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
verläufe in Bewehrung und Beton angeben. Glei- ˆ
ˆ
Litzenbündelspannglieder
ˆ
ˆ
chung (3.129) kann in Verbindung mit C und n dazu < 1;20  d
Draht für Einzellitzen mit
genutzt werden, Einleitungslängen und Rissbreiten dp D :
ˆ
ˆ 3 Drähten
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
x us, uc ˆ 1;75  dDraht für Einzellitzen mit
ˆ
Ac :̂
7 Drähten
F
As lt
Allgemeine Verbundspannungs-Schlupf-Beziehun-
s(x) gen für Spannglieder sind z. B. im CEB/FIP (1993)
dx
x enthalten. Ähnlich Betonstahl wird die Verbund-
sc sc + dsc wirkung in Regelwerken vereinfacht über konstante
tb
ss + dss Verbundspannungen (Verbundverankerung von
RB 1: s (x = 0) = 0
ss RB 2: e s ( x = 0) - e c ( x = 0) = 0
Spanngliedern bei Vorspannung im sofortigen Ver-
bund) oder implizit über Annahmen zur Völligkeit des
a Gleichgewicht b Berechnung Spannungsverlaufs zwischen Rissen (Rissbreitenbe-
am differentiellen Element des Schlupfverlaufs
schränkung, Zusammenwirken mit dem Betonstahl)
Abbildung 3.46a,b Zugstab – Differentielles Element angerechnet.
106 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Einpressmörtel

Hüllrohr

wirksame Verbundfläche

umgebender Beton

a wirksame Verbundfläche von Litzenbündeln


mehrachsial
beanspruchtes Element

tb Abbildung 3.48 Mehrachsiale Beanspruchung bei Stab- und


gerippter Betonstahl Flächentragwerken (nach Vecchio u. Collins 1986)

Spannstahl

nur in wenigen Fällen anzutreffen, etwa bei druckbe-


anspruchten Stützen oder in der Druckzone biegebean-
spruchter Balken. In der überwiegenden Zahl der Fälle,
insbesondere bei räumlichen Tragwerken wie Schei-
s ben, Platten oder Schalen, treten Beanspruchungen in
mehreren Raumrichtungen auf. Gleiches gilt allerdings
b Verbundverhalten im Vergleich mit Betonstahl (schematisch)
auch in bestimmten Bereichen linearer Tragelemente,
Abbildung 3.47a,b Verbundverhalten von Spanngliedern etwa in den Auflagerbereichen oder Stegen von Stab-
tragwerken (Abb. 3.48).
Mehrachsiale Spannungszustände beeinflussen die
Bei Vorspannung mit sofortigem Verbund erfahren tatsächliche Festigkeit des Betons. Dabei sind die Aus-
die Einzeldrähte oder Litzen durch die Vordehnung ei- wirkungen auf die Zugfestigkeit eher gering, wohinge-
ne Querkontraktion, die bei Übertragung der Spann- gen die nutzbare Druckfestigkeit in erheblicher Band-
kraft auf das Bauteil im Verankerungsbereich wegen breite variiert. Während also die einachsiale Druckfes-
der dort abnehmenden Spannstahldehnung zurückgeht. tigkeit fc für Nachweise der Biegedruckzone (! Bie-
Durch die behinderte Ausdehnung entstehen radial zu gebemessung) verwendet werden kann, müssen festig-
Draht oder Litze Druckspannungen, die insbesondere keitsmindernde Effekte bei Nachweisen von Tragwir-
den Reibungsverbund deutlich erhöhen (Hoyer-Effekt). kungen, bei denen mehrachsiale Spannungszustände
Bemessungswerte der Verbundspannungen fbp sind in herrschen, berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass
DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 enthalten. Bei Rissbil- u. a. für Nachweise der Querkraft- und Torsionstragfä-
dung im Verankerungsbereich geht der Hoyer-Effekt higkeit oder für die Bemessung mit Stabwerkmodel-
verloren; dem entsprechend müssen die Bemessungs- len eine modifizierte, effektive Druckfestigkeit ange-
werte der Verbundspannungen um bis zu 50% abge- setzt werden muss.
mindert werden. Mehrachsiale Beanspruchungen wirken sich auf
unbewehrten und bewehrten Beton in Zusammenhang
mit der Rissbildung naturgemäß unterschiedlich aus.
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton Erreichen Zugspannungen die Betonzugfestigkeit,
reißt unbewehrter Beton in zwei Stücke und ist danach
nicht mehr in der Lage, Zugkräfte aufzunehmen (s.
3.7.1 Allgemeines Abschn. 3.7.2). Im Unterschied dazu wird sich bei
bewehrtem Beton die Zugkraft nach der Rissbildung
In den vorangegangenen Abschnitten wurde lediglich vom Beton auf die Bewehrung umlagern. Die Be-
die einachsiale Beanspruchung von Beton z. B. im wehrung verhindert das unkontrollierte Klaffen der
Druckversuch am Zylinder betrachtet. Bei realen Trag- Risse und ermöglicht damit die weitere Übertragung
werken sind einachsiale Beanspruchungen allerdings von Kräften über Risse hinweg (s. Abschn. 3.7.4).
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 107

Dabei können nicht nur Zugkräfte senkrecht zum aufeinander senkrecht stehenden Schnitten paarweise
Riss transportiert werden, sondern auch Scherkräfte gleich sind, also z. B. yz D zy gilt. Damit ist S
parallel zum Riss. Dies wird durch Mechanismen wie symmetrisch. Der Mittelwert der Hauptdiagonalglie-
Rissverzahnung und Dübelwirkung der Bewehrung der m D .x C y C z /=3 beschreibt den hydro-
erreicht (s. Abschn. 3.7.3). statischen Anteil des Spannungstensors.
Durch Drehung des Koordinatensystems kann ge-
nau eine Basis gefunden werden, für die alle Schub-
spannungskomponenten ij zu Null werden; es tre-
3.7.2 Mehrachsiale Festigkeit ten lediglich Normalspannungen, die sog. Hauptspan-
unbewehrten Betons nungen 1 , 2 und 3 auf. Die Achsen dieses ausge-
zeichneten Koordinatensystems weisen entsprechend
Die Auswirkungen mehrachsialer Beanspruchungen in die Hauptspannungsrichtungen; die Hauptspannun-
auf die Druckfestigkeit unbewehrten Betons lassen gen wirken stets in zueinander senkrechten Schnittebe-
sich anschaulich anhand des Meso-Modells erläutern nen.
(vgl. Abb. 3.2). Ein Druckbruch wird durch Querzug- 2 3
spannungen eingeleitet. Druckspannungen senkrecht 1 0 0
6 7
zur Hauptdruckrichtung kompensieren zunächst die S0 D 64 0 2 0 7
5 (3.133)
Querzugspannungen, verzögern somit das Versagen 0 0 3
und heben damit die Druckfestigkeit an, während Zug-
spannungen den Versagenseintritt beschleunigen und Die Spannungstensoren nach den Gln. (3.132) und
die Druckfestigkeit vermindern. (3.133) beschreiben denselben Spannungszustand. Die
Bei ebenen Spannungszuständen, wie sie in Schei- Hauptspannungen können daher als Eigenwerte des
ben vorherrschen, werden die – naturgemäß in beiden Spannungstensors berechnet werden.  als Skalar, E
Richtungen senkrecht zur Hauptdruckspannung wir- als Einheitsmatrix und n als Beschreibung der Ortho-
kenden – Querzugspannungen nur in einer Ebene über- normalbasis ergibt sich ein homogenes lineares Glei-
lagert. Der Anstieg der Druckfestigkeit bei Querdruck chungssystem (Gl. 3.134).
in nur einer Richtung ist daher gering. Im Unterschied
dazu ist für dreiachsialen Druck eine erhebliche Ver- .S   E/ n D 0 (3.134)
größerung der Druckfestigkeit zu erwarten.
Analog zur einachsialen Druckfestigkeit erfolgt Gleichung (3.134) besitzt nichttriviale Lösungen,
die mechanische Beschreibung der mehrachsialen wenn die aus den Koeffizienten des Gleichungssys-
Festigkeit auf der Makro-Ebene unter Annahme eines tems gebildete Determinante zu Null wird.
homogen-isotropen Materialverhaltens von Beton.
det.S   E/ D 0 (3.135)

Ausmultipliziert, ergibt Gl. (3.135) ein Polynom 3.


3.7.2.1 Mechanische Grundlagen Grades in , das charakteristische Polynom nach
Gl. (3.136). Die reellen Lösungen des Polynoms sind
Der allgemein mehrachsiale Spannungszustand in ei- die Hauptspannungen 1 , 2 und 3 .
nem Volumenelement kann in einem beliebigen kar-
tesischen Koordinatensystem durch einen Spannungs-  3 C I1   2 C I2   C I3 D 0 (3.136)
tensor S mit 9 Komponenten beschrieben werden. Die
Hauptdiagonalglieder x , y und z sind Normalspan- Hierbei sind
nungen, die übrigen Elemente Schubspannungen. I1 D x C y C z D 1 C 2 C 3 ; (3.137)
2 3 
I2 D xy
2
C yz
2
C xz
2
 x y C y z C z x
x xy xz
6 7 D  .1 2 C 2 3 C 3 1 / ; (3.138)
SD6 4 yx y yz 5
7 (3.132)
I3 D det.S/ D 1 2 3 : (3.139)
zx zy z
Da die Hauptspannungen unabhängig von der Orien-
Die Komponenten des Spannungstensors sind jeweils tierung des gewählten Koordinatensystems sind, müs-
abhängig von der Orientierung des gewählten Koordi- sen auch die Koeffizienten I1 , I2 und I3 in Gl. (3.136)
natensystems. Aus dem Momentengleichgewicht um davon unabhängig sein; sie werden daher als Invarian-
die drei Achsen folgt, dass die Schubspannungen in ten des Spannungstensors bezeichnet. Im Allgemeinen
108 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

2 xy
werden die Hauptspannungen der Größe nach geordnet tan ˛ 0 D ; (3.143)
mit x  y
x C y
1;2 D
1  2  3 . < 0 für Druck/ : (3.140) 2
r
x  y  2
Damit beschreibt 3 die Hauptdruckspannung und 1 ˙ C 2
xy : (3.144)
2
die Hauptzugspannung. Anschaulich werden mehrach-
siale Spannungszustände mit Hilfe des Mohr’schen Aus dem Mohr’schen Spannungskreis können die Haupt-
Spannungskreises in der --Ebene dargestellt (s. Bei- spannungen unmittelbar als Schnittpunkte des Kreises
mit der Achse D 0 abgelesen werden.
spiel für den ebenen Spannungszustand).
Beispiel 3.2
Der ebene Spannungszustand wird durch die Normal- 3.7.2.2 Mehrachsiale Festigkeit
spannungen x , y und die Schubspannungen xy D
yx beschrieben. Für ein beliebig um den Winkel ˛ ge-
drehtes Koordinatensystem ( --System) lassen sich aus Ob ein bestimmter Spannungszustand zum Versagen
den Gleichgewichtsbedingungen Transformationsbezie- führt, wird durch die Kombination der einzelnen
hungen für die Spannungskomponenten ableiten: Spannungskomponenten bestimmt; die Angabe einer
 D x cos2 ˛ C y sin2 ˛ singulären Festigkeit ist daher nur in Sonderfäl-
len, z. B. bei der Reduktion auf einen einachsialen
C2 xy sin ˛ cos ˛ ; (3.141a) Spannungszustand (! fc ) sinnvoll. Im allgemeinen
 D x sin ˛ C y cos ˛
2 2
Fall wird ein Spannungszustand mit einem Grenz-
2 sin ˛ cos ˛ ; (3.141b) spannungszustand, der gleichbedeutend mit dem
xy
Versagenszustand ist, verglichen. Dabei wird der
 D .x  y / sin ' cos ˛ Grenzspannungszustand durch Bruchhypothesen
C xy .cos
2
˛  sin2 ˛/ : (3.141c) definiert. Der Spannungszustand wird angesichts der
Aus den Transformationsbeziehungen ergibt sich nach
Unabhängigkeit vom gewählten Koordinatensystem
Umformen die Gleichung des Mohr’schen Spannungs- zweckmäßig durch Hauptspannungen 1 , 2 und 3
kreises in der  - -Ebene (Abb. 3.49) beschrieben. Für bestimmte Spannungszustände kann
aus den Spannungskomponenten eine singuläre Ver-
.  M /2 C 2
D r2 ; (3.142) gleichsgröße abgeleitet werden, die über das Erreichen
x C y     2
M D ; r2 D
x y
C xy2
:
des Grenzspannungszustandes Auskunft gibt.
2 2 Im Hauptspannungsraum grafisch dargestellt, ergibt
Für den ebenen Spannungszustand können die Haupt- die Bruchhypothese eine Bruchspannungsfläche, die
spannungen 1 und 2 alternativ zur Eigenwertberech- alle ertragbaren Hauptspannungskombinationen (1 -
nung über die Bedingung  D 0 aus den Transforma- 2 -3 ) umhüllt. Die für Beton zutreffende Bruchspan-
tionsbeziehungen abgeleitet werden. Zunächst ergibt sich nungsfläche ist in Abb. 3.50 wiedergegeben. Die ma-
aus Gl. (3.141c) der Winkel ˛ 0 , um den die Hauptspan-
nungen zu x und y gedreht wirken. Mit bekanntem ˛ 0
thematische Beschreibung der Bruchspannungsfläche
lassen sich die Hauptspannungen bestimmen: ist das Bruchkriterium.
Für die Bruchspannungsfläche von Beton ist kenn-
zeichnend, dass unter dreiachsialer Druckbeanspru-
t chung ein Vielfaches der einachsialen Druckfestig-
(s1+s2)/2
keit erreicht werden kann. Unter rein hydrostatischer
txy Druckbeanspruchung tritt – abgesehen von plastischen
sx txy
x Verformungen – kein Versagen ein; die Grenzfläche ist
tyx
y sy also in Richtung der Äquisektrix (hydrostatische Ach-
se mit 1 D 2 D 3 ) geöffnet. Gleichzeitig weitet
a’ 2a’ sx s
sich die Bruchspannungsfläche in Richtung der Äqui-
s2 sy s1
sektrix ähnlich einem Trichter auf, d. h. mit zunehmen-
s1 dem hydrostatischen Spannungsanteil nimmt die effek-
1
a’ x
s2 tive Festigkeit von Beton zu. Dies unterscheidet Beton
2

z. B. von zähen Materialien wie Stahl, deren Festigkeit


2 )/
1 -s

2 unabhängig vom hydrostatischen Anteil ist. Die Grenz-


(s

y
fläche für Stahl weist daher keine Trichterform auf son-
Abbildung 3.49 Mohr’scher Spannungskreis dern verläuft parallel zur Äquisektrix. Klassische, aus
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 109

s3 (<0)
aus der Boden- und Felsmechanik bekannte Bruch-
kriterium nach Mohr und Coulomb, das ein Versagen
Druckmeridian durch Gleiten entlang einer geneigten Scherfläche bei
Erreichen einer Grenzschubspannung postuliert. Die
hydrostatische
Achse von Mohr/Coulomb vorgeschlagene Abhängigkeit der
s1 = s2 = s3
Grenzspannung von Kohäsion c und innerem Rei-
Grenzkurve bungswinkel ' nach Gl. (3.145) lässt sich für Beton
des ebenen
Spannungs- Deviatorebene in ein Bruchkriterium im Hauptspannungsraum ab-
zustandes hängig von der einachsialen Zug- und Druckfestigkeit
Zugmeridian
umformen (s. Beispiel 3.3).

s2 (<0) max D c   tan ' (3.145)


s3
Komplexere Bruchkriterien für mehrachsial bean-
s2
spruchten Beton wurden u. a. in Willam u. Warnke
s1 (<0) (1974) und Ottosen (1977) formuliert; das im Model-
s1 Code 90 CEB/FIP (1993) enthaltene Kriterium geht
auf die letztgenannte Arbeit zurück. Weitere Ansätze
Abbildung 3.50 Bruchspannungsfläche für Beton im Haupt- sind in Eibl u. Ivanyi (1976) und CEB (1983) zu fin-
spannungsraum
den. Das aus dem Stahlbau bekannte Kriterium nach
Huber, Hencky und von Mises ist wegen der fehlenden
Abhängigkeit vom hydrostatischen Spannungszustand
dem Stahlbau bekannte Bruchkriterien z. B. von Hu- auf Beton nicht anwendbar.
ber, Hencky und von Mises sind wegen der fehlenden Bruchkriterien in Kombination mit einer Beschrei-
Abhängigkeit vom hydrostatischen Spannungszustand bung des Verformungsverhaltens finden insbesondere
auf Beton nicht anwendbar. bei nichtlinearen Finite-Element-Berechnungen räum-
Im Zugbereich bildet die Bruchspannungsflä- licher Strukturen Verwendung (vgl. Hofstetter u. Mang
che eine charakteristische Kappe. Wie anhand des 1995; Rogge 2002).
Meso-Modells erläutert, tritt bei Anwesenheit von Für die Bemessungspraxis ist dagegen primär die
Querzugspannungen – d. h., wenn mindestens eine effektive Festigkeit in ausgewählten Schnittebenen der
der Hauptspannungen positiv wird – eine erhebliche allgemeinen Bruchspannungsfläche relevant. Dies ist
Verminderung der effektiven Druckfestigkeit ein. Die zum einen der ebene Spannungszustand mit 2 D 0,
dreiachsiale Zugfestigkeit unterscheidet sich nur ge- zum anderen der rotationssymmetrische Spannungs-
ringfügig vom Wert bei einachsialer Beanspruchung. zustand mit 1 D 2 . Auf letzteren lässt sich ein in
Bei einem einachsialen Würfeldruckversuch treten der Praxis häufig ausgenutztes Phänomen zurückfüh-
wegen der Querdehnungsbehinderung Druckspannun- ren, die Teilflächenbelastung, d.h. die erhebliche Stei-
gen senkrecht zur Hauptdruckrichtung auf, damit liegt gerung der nutzbaren Flächenpressung über die ein-
der Versuch im Druck-Druck-Bereich. Dem entspre- achsiale Druckfestigkeit hinaus bei Belastungsflächen,
chend werden gegenüber annähernd einachsialer Be- die gegenüber der Betonoberfläche klein sind.
anspruchung – z. B. Zylinderdruckversuchen – höhere
Festigkeiten erreicht.
Die bisher entwickelten Bruchkriterien bilden die
Beispiel 3.3
Bruchspannungsfläche von Beton in unterschiedlichen
Das Mohr-Coulomb’sche Bruchkriterium unterstellt mit
Komplexitätsstufen ab und unterscheiden sich z. T. er- Gl. (3.145), dass die ertragbare Schubspannung in Ab-
heblich im Gültigkeitsbereich. Als einfachster Ansatz hängigkeit von der in der Scherfläche wirkenden Nor-
geht die Normalspannungshypothese vom Erreichen malspannung linear ansteigt. Die in Abb. 3.51 dargestell-
des Bruchzustandes aus, wenn eine der drei Haupt- te Grenzlinie ist daher per Definition die Hüllkurve al-
ler möglichen Mohr’schen Kreise, d. h. die Tangente an
spannungen im Zug- oder Druckbereich einen vorge-
die Kreise der Grenzspannungszustände. Aus Abb. 3.51a
gebenen Grenzwert überschreitet. Für Beton trifft dies folgt für die Grenzlinie
lediglich bei dreiachsialen Zugbeanspruchungen zu
und kommt unter dieser Einschränkung mit Grenz D 1 C 3 .1  3 /=2 c
C D : (3.146)
fct als Rankine-Kriterium zur Anwendung. 2 sin ' tan '
Für Beton im mehrachsialen Zug-Druck- bzw. Nach Umformen ergibt sich die Bruchbedingung im
Druck-Druck-Bereich deutlich besser geeignet ist das Hauptspannungsraum
110 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

|t| s3 ( < 0)

t = c - s tan j =s
3

=s
2
s1
c
(s1 - s3) / 2

s3 s1 j s

(s1 + s3) / 2 [(s1 - s3) / 2] / sin j s2 ( < 0)

c / tan j
a Bruchkriterium nach Mohr-Coulomb
s1 ( < 0)

|t| Abbildung 3.52 Bruchkriterium für Beton nach Mohr-Coulomb


im Hauptspannungsraum
t = c - s tan j

3.7.2.3 Festigkeit bei ebenem Spannungszustand

c Für ebene Spannungszustände (2 D 0) wurde


j s in Kupfer (1973) die in Abb. 3.53 wiedergegebene
Versagenskurve ermittelt. Bei zweiachsialen Druck-
fc fct
beanspruchungen zeigt sich eine deutliche Erhöhung
b Mohr-Coulomb-Kriterium für Beton
der Druckfestigkeit auf  1;25fc für 1 D 0;53
bzw.  1;15fc bei 1 D 3 . Im Zug-Druck-Bereich
Abbildung 3.51a,b Mohr’scher Spannungskreis und Bruchkri- fällt die aufnehmbare Druckspannung – wie erwar-
terium nach Mohr-Coulomb
tet – mit ansteigendem Querzug deutlich ab. Die
zweiachsiale Zugfestigkeit unterscheidet sich dagegen
1 C sin ' 1  sin ' kaum vom Wert bei einachsialer Beanspruchung.
1  3 D 1: (3.147)
2c cos ' 2c cos ' In Abb. 3.53 ist zusätzlich die Grenzkurve nach
dem im vorangegangenen Beispiel abgeleiteten
Um die Parameter c und ' durch sinnvolle Größen für
Beton zu ersetzen, werden einachsiale Grenzspannungs-
Mohr-Coulomb-Bruchkriterium nach Gl. (3.149)
zustände (Bruchzustände ! 1 D fct oder 3 D fc ) eingetragen.
betrachtet, d. h. jeweils 1 bzw. 3 in Gl. (3.147) zu Null
gesetzt (Abb. 3.51b).
2c cos ' s3 / fc
1 D 0 ; 3 D fc ) fc D (3.148a)
1  sin '
2c cos ' -1,0
1 D fct ; 3 D 0 ) fct D (3.148b)
1 C sin ' s1 / fc
In Gl. (3.147) eingesetzt, folgt nach kurzem Umformen zentrischer
Zugversuch
s1
fc Spaltzug-
3 D fc C 1  k mit k D : (3.149)
fct versuch
s3
Hierbei ist 2 zunächst beliebig; die Herleitung gilt aller-
dings parallel für die Kombination aller Hauptspannungs-
3
s
=

paare. Im Hauptspannungsraum grafisch dargestellt, er-


1
s

Prismendruck-
gibt das Mohr-Coulomb’sche Bruchkriterium eine sechs- versuch (h/d=4)
Mohr-Coulomb-Kriterium
seitige, aber ungleichseitige Pyramide um die Äquisek- -1,0
trix (Abb. 3.52). Es sei allerdings darauf hingewiesen, Zylinderdruck-
dass der Proportionalitätsfaktor k für tatsächliche Ver- Würfeldruckversuch -1,15 versuch (h/d=2)
hältnisse fc =fct nur mit Einschränkungen zutrifft (vgl. -1,25
Abb. 3.53); k sollte vielmehr aus der Regression von Er-
gebnissen an Betonprobekörpern unter mehrachsialer Be- Abbildung 3.53 Festigkeit bei ebenem Spannungszu-
anspruchung bestimmt werden. stand (nach Kupfer 1973)
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 111

Umfangreiche Versuchsreihen zeigen allerdings, Festigkeit mit einem Proportionalitätsfaktor k D 4


dass der Festigkeitszuwachs unter mehrachsialer gut beschrieben wird (vgl. Richart u. a. 1928; Marti
Druckbeanspruchung mit zunehmender Betonfestig- 1980).
keit geringer ausfällt; bei hochfesten Betonen werden
die in Abb. 3.53 angegebenen Werte nicht mehr fc;3 D fc  k  1 mit k D 4 (3.150)
erreicht (vgl. Curbach u. Speck 2003; Hampel 2006).
In Abb. 3.54 sind Ergebnisse aus Versuchen an
Betonzylindern Gl. (3.150) und der Beziehung nach
3.7.2.4 Festigkeit bei rotationssymmetrischem EN 1992-1-1 für den Druckmeridian der Rendulic-
Spannungszustand Ebene gegenübergestellt.
Neben dem Anstieg der Festigkeit wird durch
Rotationssymmetrische Spannungszustände 1 D den rotationssymmetrischen Spannungszustand auch
2  3 treten u. a. bei umschnürten Druckgliedern eine erhebliche Vergrößerung der Verformbarkeit
auf, bei denen nach dem Fassreifenprinzip Querdruck- und insbesondere der plastischen Dehnungen nach
spannungen aus der Behinderung der Querdehnung Überschreiten der Maximalspannung erreicht. Die
entstehen. Die experimentelle Bestimmung der drei- deutlich gesteigerte Duktilität wird insbesondere für
achsialen Druckfestigkeit bei rotationssymmetrischem Nachweise der Verformbarkeit plastischer Gelenke
Querdruck erfolgt z. B. an Zylindern in Triaxialzellen, im Rahmen einer Bemessung für Erdbebenbeanspru-
bei denen Querpressungen durch Flüssigkeitsdruck chungen genutzt (vgl. EN 1998). Hierfür wurden
erzeugt werden (vgl. Rogge 2002). vereinfachte Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton
Die Grenzkurve der aufnehmbaren Spannungen bei mehrachsialem Druck aus den Linien für ein-
entspricht dem Schnitt der Bruchspannungsfläche achsiale Beanspruchung abgeleitet (vgl. Mander u. a.
nach Abb. 3.50 mit der Ebene 1 D 2 , der sog. Ren- 1988). Für Nachweise u. a. nach EN 1998 werden
dulic-Ebene. Die obere Schnittkurve (1 D 2  3 ) in EN 1992-1-1 modifizierte Parabel-Rechteck-Dia-
wird als Druckmeridian bezeichnet, die untere als gramme angegeben.
Zugmeridian (vgl. Abb. 3.50). Für umschnürte Druck-
glieder ist die erstgenannte Grenzlinie von Bedeutung.
Bei Querdruckbeanspruchungen bis 1 D 2  0;5fc 3.7.2.5 Teilflächenbelastung
kann die Grenzlinie durch eine Gerade nach dem
Mohr-Coulomb’schen Bruchkriterium entsprechend Lastflächen, die deutlich kleiner als die belasteten Be-
Gl. (3.149) idealisiert werden. Die Auswertung einer tonoberflächen sind, können Betondruckspannungen
Vielzahl von Versuchen zeigt, dass die mehrachsiale aufnehmen, die erheblich über der einachsialen Druck-
festigkeit fc liegen. Die Flächen zur Einleitung kon-
zentrierter Lasten – z. B. Lager, Stützen oder Anker
von Spanngliedern – können unter Ausnutzung dieser
Eigenschaft bewusst klein gehalten werden.
fc,3 / fc
3,0 s3

2,5 s2 d0
s1
F F
2,0
sc,radial
-
1,5
+
Versuchsergebnisse
1,0 Mohr-Coulomb-Kriterium (k = 4)
EN 1992-1-1 d 02 p
0,5 Ac 0 =
4
d 12p
s1 / fc = s2 / fc Ac1 =
0
4 F
0 s c ,x =
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 Ac1 x
d1
Abbildung 3.54 Festigkeit bei rotationssymmetrischem Druck-
spannungszustand – Vergleich mit Versuchsergebnissen nach Abbildung 3.55 Einleitung von Einzelkräften – Hauptspan-
Rogge (2002) nungstrajektorien und Spannungen senkrecht zur Lastachse
112 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

Ausgehend von der Belastungsfläche breiten sich Die lokale Druckfestigkeit unter der pLastplatte ist
die Druckspannungen im Beton aus und erzeugen ein nach Gl. (3.153c) mit dem Verhältnis Ac1 =Ac0 der
charakteristisches, flaschenförmiges Druckspannungs- möglichen Verteilungsfläche Ac1 zur Belastungs-
feld (Abb. 3.55). Durch die Ausbreitung und Umlen- fläche Ac0 verknüpft. Da allerdings nur ein ebener
kung der Kräfte wird ein mehrachsialer Spannungs- Schnitt betrachtet wird, werden günstige Einflüsse
zustand erzeugt. Radial zur Lastachse wirken unmit- aus der Schubspannungsübertragung in tiefer lie-
telbar unterhalb der Lastplatte Druckspannungen, die gende Schichten vernachlässigt. Wie Versuche zur
aus der Querdehnungsbehinderung durch den umge- Teilflächenbelastung bereits in Bauschinger (1876)
benden Beton erzeugt werden. Mit größerem Abstand und später in Spieth (1959) gezeigt haben, ist die
zur Lastfläche treten Querzugspannungen auf, die – so- Abhängigkeit mit
fern sie nicht durch Bewehrung bzw. die Betonzug- s
festigkeit aufgenommen werden – den Betonkörper Ac1
spalten. Es sei darauf hingewiesen, dass konzentrierte fc;3 D fc  (3.154)
Ac0
Kräfte im Einleitungsbereich komplexe Spannungszu-
stände erzeugen, die eine konsequente Verfolgung des gegenüber Gl. (3.153c) tatsächlich günstiger. Versu-
Kraftflusses erfordern (! Querzug). Die Bemessung che u. a. in Pohle (1957) belegen, dass bei ausreichen-
der Einleitungsbereiche wird daher in Zusammenhang der Querdehnungsbehinderung, d. h. bei sehr großem
mit Stabwerkmodellen in Abschn. 4.5.1 erläutert; im Verhältnis Ac1 =Ac0 und ggf. zusätzlicher Umschnü-
Folgenden wird lediglich die zulässige Betonpressung rungsbewehrung mehr als das 10-fache der einachsia-
unmittelbar unter der Lastplatte betrachtet. len Druckfestigkeit erreicht werden kann. Allerdings
Für die Region direkt unterhalb der zunächst gehen hohe Pressungen bereits mit lokalen Gefügezer-
kreisrund angenommenen Lastplatte der Fläche Ac0 störungen, d. h. einer Pulverisierung des Betons unter
kann die Tragwirkung in einem Schnitt senkrecht der Lastplatte und damit verbunden großen Einsenkun-
zur Lastachse nach Abb. 3.56 verdeutlicht werden. gen der Lastplatte einher. In vielen Regelwerken, u. a.
Die Querdehnung des belasteten Bereichs wird durch DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wird die Teilflächen-
den umgebenden Beton behindert. Die aus der Quer- pressung daher auf jc;max j  3fcd begrenzt.
dehnungsbehinderung erzeugten radial gerichteten Der Geltungsbereich von Gl. (3.154) erstreckt sich
Druckspannungen pr stehen mit Ringzugspannungen lediglich auf Normalbeton. Bei Leichtbeton wurde
im umgebenden Beton im Gleichgewicht. Da mit durch Versuche ein geringerer Anstieg der möglichen
dem Auftreten von Radialrissen die Tragfähigkeit des Teilflächenpressung festgestellt, der auf ein anderes
Betonkörpers erschöpft ist, ergibt sich die maximale Querdehnungsverhalten und insbesondere auf die im
Radialpressung für eine Ringzugspannung gleich der
Betonzugfestigkeit fct .

d1
pr;max  d0 D fct  .d1  d0 / (3.151) d0
d1  d0
) pr;max D fct 
d0
s ! pr
Ac1
D 0;1fc  1 (3.152)
Ac0
In Gl. (3.152) wird näherungsweise fct  0;1fc ver-
wendet. Die Druckfestigkeit bei rotationssymmetri-
schem Querdruck folgt aus Gl. (3.150) mit c1 D fct

pr;max zu Ac0 Ac1


d1
fc;3 D fc C 4  pr;max (3.153a) d0 pr
s !
Ac1
D fc C 0;4  fc  1 (3.153b) fct
Ac0
s !
Ac1
D fc  0;4  C 0;6 : (3.153c) Abbildung 3.56 Querdehnungsbehinderung und Ringzugspan-
Ac0 nungen im Randbereich teilbelasteter Flächen
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 113

Vergleich zu Normalbeton geringere Zugfestigkeit bei d1


gleicher Druckfestigkeit zurückzuführen ist (vgl. Heil- ed

mann 1983). Nach Walraven u. a. (1995) fällt bei


b1 eb
Leichtbeton die aufnehmbare Teilflächenpressung zu- F b1,red = b1-2eb
dem mit abnehmender Trockenrohdichte ab.
A c0,red
Allerdings ist auch bei hochfestem Normalbeton
d1,red = d1 - 2ed
der Festigkeitszuwachs für mehrachsialen Druckspan- F F
nungszuständen gegenüber Betonen normaler Festig-
keit eingeschränkt (Curbach u. Speck 2003; Hampel
2006). Die mögliche Teilflächenbelastung bleibt ten- b1,red

1:2

1:2
1:2

1:2
denziell hinter Gl. (3.154) zurück. Dies wird zwar nicht
in den normativen Regeln reflektiert, sollte aber be-
rücksichtigt werden.
Damit sich ein mehrachsialer Druckspannungs- _ 3d
d2 < _ 3b
b2 <
1,red 1,red
zustand unter der Lastplatte einstellen kann, müssen
allerdings einige Randbedingungen erfüllt sein (vgl. Abbildung 3.58 Exzentrische Lasteinleitung
Abb. 3.57). Die Verteilungsfläche Ac1 muss der
Belastungsfläche Ac0 geometrisch ähnlich sein;8 F F F
die Schwerpunkte beider Flächen müssen auf der
Wirkungsrichtung der Last liegen. Insbesondere bei b1

1:2
1:2
h
Lasten, die in Rand- oder Eckbereichen eingeleitet
werden, begrenzt diese Bedingung die zulässigen
bb22
Pressungen. Damit die Querdehnungsbehinderung
im erforderlichen Umfang wirksam werden kann, Abbildung 3.59 Einleitung mehrerer Druckkräfte
muss die Betonoberfläche, auf der die Lastplatte
angeordnet ist, zumindest die Größe von Ac1 bei mit
Ac0 identischem Schwerpunkt aufweisen; wird der auf 3fcd führt dazu, dass die Verteilungsfläche höchs-
Querschnitt zur Lastplatte hin verjüngt, muss die tens mit Ac1 D 9Ac0 D 3b1  3d1 in Rechnung gestellt
Umschnürungswirkung durch Bewehrung erzeugt werden kann.
werden. Eine ungleichmäßige Belastung von Ac0 , d. h. ei-
Es kann angenommen werden, dass sich die Druck- ne exzentrisch auf die Lastplatte wirkende Resultieren-
spannungen maximal im Verhältnis 1 W 2, d. h. mit de kann durch eine reduzierte Lastfläche Ac0;red erfasst
ˇmax  26;6ı gegen die Lastachse ausbreiten. Der werden (Abb. 3.58). Wirken mehrere Druckkräfte auf
Abstand zwischen den beiden Flächen muss demnach den Betonkörper, dürfen sich die Teilflächen innerhalb
h  max.b2  b1 ; d2  d1 / betragen. Die Begrenzung der Höhe h nicht überschneiden. Bei Lastplatten mit
geringem Abstand zueinander wird durch diese Forde-
F b1 rung die für die Lastverteilung zu Verfügung stehende
Ac0
Höhe h begrenzt (Abb. 3.59).
d1 Die Bedingung der geometrischen Ähnlichkeit von
Ac0 und Ac1 ist häufig – z. B. bei der Einleitung kon-
zentrierter Kräfte an Scheibenrändern, d. h. bei be-
grenzter Spannungsausbreitung in einer Richtung –
nicht streng erfüllt. Die Anwendung von Gl. (3.154)
_ 3d
d2 < würde ohne Berücksichtigung der Ähnlichkeitsforde-
1
rung zu hohe rechnerische Tragfähigkeiten ergeben.
Ac1
Für diesen Fall gelten streng genommen die Zusam-
_ 3b
b2 < menhänge des ebenen Spannungszustandes, d. h. der
1
Zuwachs an Tragfähigkeit ist auf den in Abb. 3.53
Abbildung 3.57 Modell der Spannungsverteilung bei Teilflä-
chenbelastung für unbewehrte Scheiben dargestellten Wertebereich –
normativ i. d. R. durch Rd;max D 1;1fcd erfasst –
8
Mit geometrischer Ähnlichkeit ist hier gemeint, dass Ac1 durch begrenzt. Allerdings wurden in Wurm u. Daschner
zentrische Streckung aus Ac0 hervorgeht; Winkel und Strecken- (1983) für diese Fälle – aufbauend auf Versuchen an
verhältnisse der beiden Flächen stimmen überein. Scheiben – mit Gl. (3.155) eine gegenüber Gl. (3.154)
114 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

modifizierte Beziehung angegeben, die nicht an die Er- • Wirken mehrere Druckkräfte, dürfen sich die rechneri-
füllung geometrischer Änlichkeit gebunden ist. schen Verteilungsflächen innerhalb der Höhe h nicht
überschneiden.
s
Ac1 Nach DIN 1045-1 sind im Lasteinleitungsbereich
fc;3 D fc  3 (3.155)
Ac0 entstehende Querzugkräfte stets durch Bewehrung
aufzunehmen.
Allerdings sollten die auftretenden Querzugspannun-
gen in jedem Fall durch Bewehrung abgedeckt werden
(s. Abschn. 4.5.1). Normenregelung nach EN 1992-1-1
Bei der Verankerung von Spanngliedern treten Druckfestigkeit bei ebenem Druckspannungszustand
unter den Ankerplatten Spannungen auf, die die Für den Nachweis ebener Druckknoten von Stabwerkmo-
einachsiale Druckfestigkeit i. d. R. deutlich überstei- dellen gilt nach EN 1992-1-1, 6.5.4 der Grenzwert der auf-
nehmbaren Druckspannung Rd;max gemäß Gl. (3.158).
gen. Die Begrenzung der Betonpressungen erfolgt
analog zu teilbelasteten Flächen durch die Vorgabe 0
Rd;max D k1   fcd (3.158)
von Mindestachs- und -randabständen der Anker,
d. h. durch die Bereitstellung von Verteilflächen. In Gl. (3.158) bedeuten:
Unabhängig davon wird für Spanngliedverankerungen k1 ! NDP (Tabelle 3.13)
im Rahmen bauaufsichtlicher Zulassungen Umschnü- 0
Abminderungsbeiwert der Druckfestigkeit ! NDP
rungsbewehrung des unmittelbaren Einleitungsbe- (Tabelle 3.13)
reiches in Form von Wendeln und Zusatzbewehrung fcd Bemessungswert der einachsialen Druckfestigkeit.
vorgeschrieben. Die zulässigen Pressungen des
Sofern der Knoten durch Bewehrung umschnürt ist oder
Verankerungsbereiches werden unmittelbar über Ver- eine Querdehnungsbehinderung anderweitig zuverlässig
suchsreihen an einbetonierten Ankern bestimmt und gewährleistet werden kann, ist eine Erhöhung von Rd;max
in den bauaufsichtlichen Zulassungen des Spannver- um bis zu 10% möglich (vgl. EN 1992-1-1, 6.5.4 (5))
fahrens definiert (vgl. ETAG 013). Gleichung (3.154) Druckfestigkeit bei rotationssymmetrischem Druck-
kommt nicht zur Anwendung spannungszustand
Für rotationssymmetrische Druckbeanspruchungen mit 2
Normenregelung nach DIN 1045-1 als Querdruck werden in EN 1992-1-1, 3.1.9. modifizierte
Druckfestigkeit bei ebenem Druckspannungszustand Kennwerte angegeben. Für den charakteristischen Wert
Nach DIN 1045-1, 10.6.3 darf im Rahmen des Nachweises der mehrachsialen Druckfestigkeit fck;c gilt:
von Knoten in Stabwerkmodellen bei ebenem Druckspan- 8  
nungszustand Rd;max nach Gl. (3.156) angesetzt werden. < fck  1;0 C 5;0 j2 j für j2 j  0;05fck
fck;c D  f ck 
: fck  1;125 C 2;5 j2 j für j2 j > 0;05fck
Rd;max D 1;1  1  fcd (3.156) fck
(3.159)
Das Verhältnis der Hauptdruckspannungen 3 =1 braucht
hierbei nicht berücksichtigt zu werden. Zusätzlich werden kennzeichnende Dehnungen des
Parabel-Rechteck-Diagramms auf Grundlage der Größen
Teilflächenbelastung "c2 und "cu2 nach Tabelle 3.3 angegeben.
Bei Teilflächenbelastung gilt nach DIN 1045-1, 10.7 für die
aufnehmbare Druckspannung in der Belastungsfläche Ac0  2
fck;c
sinngemäß "c2;c D "c2  ; (3.160)
fck
8 q 2
< fcd  Ac1  3;0  fcd (Normalbeton) "cu2;c D "cu2 C 0;2 (3.161)
A
 c0=4800 fck
Rdu D
: f  Ac1  2400
3
 flcd (Leichtbeton) :
lcd Ac0 Wird die Druckfestigkeit nach Gl. (3.159) für den Nach-
(3.157) weis von Knoten von Stabwerkmodellen unter räumlichem
Druck verwendet, soll nach EN 1992-1-1, 6.5.4 (6) eine
Die Bezeichnungen und Randbedingungen entsprechen Druckspannung von Rd;max D k4  0  fcd nicht überschrit-
Abb. 3.57. Die im Text bereits genannten Voraussetzungen ten werden (k4 ! NDP, Tabelle 3.13).
gelten uneingeschränkt:
Teilflächenbelastung
Die Regelungen für die aufnehmbare Druckspannung bei
• Ac0 und Ac1 müssen geometrisch ähnlich sein. Teilflächenbelastung nach EN 1992-1-1, 6.7 stimmen mit
• Die Schwerpunkte von Ac0 und Ac1 müssen auf der DIN 1045-1 überein. Lediglich für Leichtbeton ergeben
Wirkungslinie der Belastung liegen. sich gegenüber Gl. (3.157) Änderungen:
• Die Maße der Fläche Ac1 dürfen in jeder Richtung
 =4400
höchstens gleich dem dreifachen Betrag der entspre- Ac1 3
chenden Maße von Ac0 sein. Rdu D flcd    flcd : (3.162)
Ac0 2200
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 115

Tabelle 3.13 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den


Bemessungswerten der Festigkeit bei mehrachsialen Druckbe-
anspruchungen tcr tcr
scr scr scr scr
NDP EU D A
tcr Detail tcr
0 Mikro-
1  fck =250 1,0 EU rauigkeit
k1 1,0 1,1 EU vcr
k4 3,0 1,1 a
EU wcr

a a Makrorauigkeit b Mikrorauigkeit
Höhere Werte bis k4 D 3,0 bei genauerem Nachweis
Abbildung 3.60a,b Verzahnung der Rissufer – Rauigkeit
3.7.3 Kraftübertragung über Risse hinweg
Die Übertragung von Kräften in der Rissebene wird
Da die Zugfestigkeit von Beton im Vergleich zur durch die spezifische Rauigkeit des Makrorisses er-
Druckfestigkeit gering ist, wird Bewehrung eingelegt, möglicht. Hierbei ist zwischen der primär für die
der die Aufgabe zukommt, nach der Rissbildung die Verzahnung verantwortlichen lokalen Mikrorauigkeit,
freiwerdenden Zugkräfte zu übernehmen. Die ersten d. h. der Beschaffenheit der Rissoberfläche, und der
Risse werden sich dabei annähernd senkrecht zur globalen Makrorauigkeit, d. h. Form und Verlauf des
Richtung der Hauptzugspannungen und damit parallel Risses, zu unterscheiden (Abb. 3.60). Bei normalfesten
zur Hauptdruckrichtung ausbilden. Zunächst könnte Betonen verlaufen Risse vorwiegend um die Zuschlag-
also davon ausgegangen werden, dass die Druckspan- körner herum; die Übertragung von Kräften zwischen
nungen nach der Rissbildung annähernd parallel zur den Rissufern wird durch die Verzahnung der aus der
Längsachse prismatischer Bruchkörper wirken und Oberfläche ragenden Zuschlagkörner mit dem gegen-
damit die Abminderung der Druckfestigkeit gegenüber überliegenden Rissufer bewirkt.
dem Versuch am Zylinder nur gering ist. Im Unterschied dazu durchtrennen Risse bei
Tatsächlich ändert sich durch die Rissbildung der höherfestem Beton vermehrt die Zuschlagkörner
gesamte Spannungszustand, die Hauptdruckrichtung (Abb. 3.61). Die Mikrorauigkeit ist dem entspre-
des gerissenen Elements wird häufig gegenüber dem chend verringert; eine Übertragung von Kräften
ungerissenen Zustand gedreht sein. Dies ist mecha- ist in reduziertem Umfang an den Kontaktstellen
nisch allerdings nur möglich, wenn über Rissen neben möglich (Walraven u. Stroband 1993; Schießl 2004).
Normalspannungen auch Scherspannungen übertragen Risse in Leichtbeton weisen wegen der niedrigeren
werden können. Der Transport von Scherkräften über Zuschlagfestigkeiten zu höherfestem Beton ver-
Risse hinweg wird primär durch die mechanische Ver- gleichbare Rissoberflächen auf (Daschner u. Kupfer
zahnung der rauen Rissufer bewirkt. Werden die Risse 1982). Wesentlichen Einfluss auf die Höhe der über
durch Bewehrung gekreuzt, wirken die einzelnen Stäbe Rissverzahnung zu übertragenden Spannungen haben
zunächst wie eine Schubverdübelung der Rissflanken, demnach:
gleichzeitig wird die Bewehrung gedehnt und vergrö-
• der Betontyp (Normalbeton, Leichtbeton),
ßert Anpressdruck und damit Reibung der Rissufer ge-
• die Druckfestigkeit von Zuschlag und Zementstein-
geneinander.
matrix und
Die Tragmechanismen beeinflussen die effektive
• Siebline und Größtkorn des Zuschlags.
Druckfestigkeit der Betonprismen zwischen den Ris-
sen. Zunächst werden daher die Mechanismen, die ei- Die Rissverzahnungswirkung wird durch Relativ-
ne Übertragung von Scherkräften über Risse ermögli- verschiebungen vcr der Oberflächen gegeneinander ak-
chen, erläutert. tiviert, setzt aber gleichzeitig voraus, dass die Riss-
öffnung wcr im Vergleich zur Größe der Zuschlä-
ge klein bleibt. Abhängig von vcr und wcr entstehen
3.7.3.1 Rissverzahnung an vielen Stellen Kontaktkräfte, deren Komponenten
parallel und normal zur Rissebene zusammengefasst
Mit Rissverzahnung wird die Übertragung von Kräften die Rissverzahnungsspannung cr und die gleichzei-
zwischen den rauen Oberflächen eines Risses bei ei- tig wirkende Normalspannung cr ergeben. Dies be-
ner Scherbewegung der beiden Flächen gegeneinander deutet, dass eine Übertragung von Schubspannungen
bezeichnet. Die grundlegenden Mechanismen erschlie- zwischen Rissufern nur möglich ist, wenn die Riss-
ßen sich bei Betrachtung des Zweiphasenmodells. öffnung wcr durch Normalspannungen cr behindert
116 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten
wcr wcr
steinmatrix des gegenüberliegenden Rissufers benutzt.
vcr vcr
Auf der Grundlage wahrscheinlichkeitstheoretisch si-
mulierter Verteilungen der Zuschlagkörner in der Riss-
Kontaktzone
fläche kann die Rissverzahnungswirkung nachvollzo-
scr scr scr scr
gen werden. Die in Abb. 3.62 wiedergegebenen Er-
tcr tcr tcr tcr gebnisse einer von Walraven durchgeführten Modell-
Kontaktstellen rechnung zeigen den charakteristischen Verlauf von cr
und cr in Abhängigkeit der Rissgleitung vcr für ver-
Matrix Zuschlagkorn
schiedene, konstant gehaltene Rissöffnungen wcr . Ab-
bildung 3.62 belegt den einsichtigen Umstand, dass mit
a normalfester Beton b höherfester Beton ansteigender Rissgleitung eine zunehmende Normal-
Abbildung 3.61a,b Einfluss der Betonfestigkeit auf die Risso- spannung erforderlich wird, um die Rissöffnung kon-
berfläche stant zu halten.

wird. Normalspannungen werden entweder von außen 3.7.3.2 Dübelwirkung


aufgebracht oder durch die mit der Rissöffnung ein-
hergehende Längsdehnung eines den Riss kreuzenden Führen die Ufer eines Risses eine Scherbewegung
Bewehrungsstabes erzeugt. Die zwischen den Riss- gegeneinander aus, wird neben der Rissverzahnung
oberflächen ablaufenden Mechanismen führen dem die Dübelwirkung kreuzender Bewehrungsstäbe akti-
entsprechend zu komplexen Wechselwirkungen zwi- viert. Bei kleiner Betondeckung in Kraftrichtung wird
schen den Spannungen cr , cr und den Verschiebun- die Tragfähigkeit durch die Betonzugfestigkeit be-
gen vcr , wcr , die stark nichtlineare Abhängigkeiten zwi- stimmt. Das Versagen der Dübelwirkung wird dann
schen den einzelnen Größen zur Folge haben. durch einen fortschreitenden Riss in der Ebene der Be-
In Walraven (1980) wird als Modellvorstellung der wehrung eingeleitet (vgl. Abb. 7.11). Dieser Mechanis-
Rissverzahnung das Eindringen starrer, ideal kugel- mus ist primär für die Querkrafttragfähigkeit biegebe-
förmiger Zuschläge in die starr-plastische Zement- anspruchter Bauteile relevant (vgl. Baumann u. Rüsch
1970).
Bei ausreichender Betondeckung wird dagegen
σcr
die Tragfähigkeit des Stabes selbst entscheidend.
τcr Nach Paulay u. a. (1974) können die drei Tragmecha-
wcr fc,cube ≈ 33 N/mm2 nismen Stabbiegung, Scherung und Schrägzug (engl.
dg = 32 mm kinking) unterschieden werden.
τcr Im Versuch verhalten sich einbetonierte, durch
τcr in N/mm2 vcr σcr Querlasten beanspruchte Stäbe bis ca. 40% der Trag-
10
9 wcr = 0,1 0,2 0,3 0,4
last annähernd elastisch und können gut durch einen
0,5 0,6 0,7
8
0,8
Stab auf elastischer Bettung modelliert werden. Bei
7
0,9 weiterer Laststeigerung plastiziert der durch Loch-
6
5
1,0 leibungspressungen belastete Beton unter dem Stab.
4 Allerdings kann durch den sich einstellenden mehr-
3
2
1
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0
M
1
vcr in mm V
2 V
ds
3 V a
4 1,0 l
5 0,9 v
0,4 0,5 0,6 0,8 V
6
0,2 0,3 0,7 V
7 wcr = 0,1
M
σcr in N/mm2

Abbildung 3.62 Rissverzahnung – Schub- und Normalspan- a Biegung b Scherung c Schrägzug


nungen cr , cr in Abhängigkeit von Rissgleitung vcr und Riss-
öffnung wcr ; Ergebnisse einer numerischen Simulation aus Wal- Abbildung 3.63a–c Mechanismen der Dübelwirkung (nach
raven (1980) Paulay u. a. 1974)
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 117
e 0
Bereiche plastifizierten
Betons
Fließgelenk Vu

ds vcr ds

mögliche Abplatzungen
sc Lochleibungs-
pressungen
Mpl
wcr

Abbildung 3.64 Dübelwirkung – idealisierte Darstellung Stabbiegemoment

l
achsialen Druckspannungszustand ein Mehrfaches der
einachsialen Druckfestigkeit aufgenommen werden.
Abbildung 3.65 Modell der Dübelwirkung in Anlehnung an
Mit zunehmender Belastung der Bereich plastifi- Rasmussen (1962)
zierten Betons; gleichzeitig kann Beton am Rissufer
muschelförmig abplatzen. In der Folge wandert der
Querschnitt mit dem maximalen Stabbiegemoment Aus der Auswertung von Versuchsergebnissen wird
weiter vom Rissufer weg. in Rasmussen (1962)
Die fortschreitende Vergrößerung des Hebelarms p und Vintzeleou u. Tassios (1986)
für den Vorfaktor k=3 D 1;3 angegeben (! c 
führt dazu, dass letztlich die Biegetragfähigkeit des 5fc), in Pruijssers (1988) 1,35, während anhand neue-
Dübels traglastbestimmend wird. Die Tragfähigkeit ist rer Versuche in Randl (2005) für den Vorfaktor 1,18
erreicht, wenn sich im Stab ein Fließgelenk – im Ver- ermittelt wird. Gleichung (3.165) kann einfach um die
such etwa im Abstand ds vom Riss zu beobachten – Wirkung zusätzlicher Exzentrizitäten (e ¤ 0) erwei-
gebildet hat. Die Schertragwirkung ist untergeordnet. tert werden. Die gleichzeitige Wirkung von Längszug-
Traganteile aus Schrägzugwirkung treten erst bei sehr spannungen s in Stab wird durch eine quadratische
großen Rissuferverschiebungen auf und sind dem ent- Interaktionsbeziehung erfasst (vgl. Vintzeleou u. Tas-
sprechend in baupraktischen Bereich vernachlässigbar. sios 1986).
Ein Biegeversagen setzt allerdings voraus, dass der  2  
Stab mindestens 6ds zu beiden Seiten des Risses in den V s  As 2
C D 1;
Beton eingebettet ist. Vu fy  As
Bei gleichzeitiger Wirkung von Längszugkräften im s  2
Stab wird das plastische Biegemoment und damit die s
) Vu;red D Vu  1  (3.166)
Tragfähigkeit für Querlasten reduziert. Ein auf Zug fy
ausgenutzter Stab kann keinen Beitrag mehr zur Ver- Es sei allerdings angemerkt, dass neben Gl. (3.165)
dübelung der beiden Rissufer leisten. eine Vielzahl weiterer, z. T. vollständig empirischer
Ein Modell zur Berechnung der Dübeltragfähigkeit Bemessungsgleichungen für querbelastete, einbeto-
angelehnt an Rasmussen (1962) ist in Abb. 3.65 wie- nierte Stäbe existieren. So werden Scherbolzen oder
dergegeben. Ausgehend von der Vorstellung, dass die Querkraftdorne, die eine planmäßige Übertragung
Lochleibungspressungen c D k  fc des plastifizier- von Querkräften über Bewegungsfugen ermöglichen,
ten Betons als Vielfaches der einachsialen Festigkeit i. Allg. nach einem in DAfStb-Heft 346 veröffentlich-
konstant angenommen werden können, im Fließgelenk ten, aus den Ergebnissen in Cziesielski u. Friedmann
Mpl D fy  Wpl mit Wpl D ds3 =6 erreicht wird und (1983) und Paschen u. Schönhoff (1983) abgelei-
gleichzeitig am Ort des Fließgelenks dM=dx D V D teten Ansatz bemessen. Die dort enthaltene Formel
0 gilt, lässt sich die Traglast bestimmen: für Stahlversagen basiert auf einer zu Gl. (3.165)
vergleichbaren Modellvorstellung. Zusätzlich wird
l2
Mpl D Vu  l  c  ds  ; (3.163) eine empirische Beziehung zur Überprüfung eines
2 möglichen Betonversagens angegeben.
Vu D c  ds  l D k  fc  ds  l : (3.164) Für Elemente der Befestigungstechnik – Dübel,
Kopfbolzen, etc. – hat sich ein empirisches Bemes-
Nach Einsetzen von Gl. (3.164) in Gl. (3.163) und Auf- sungsformat durchgesetzt, das für Stahlversagen die
lösen nach Vu folgt Bettung des Betons vernachlässigt. Im Allgemeinen
p q wird die Versagenslast mit Vu D ˛  As  fu mit
Vu D k=3  ds2  fc  fy : (3.165) ˛ D 0;6 (Dübel) bis ˛ D 0;7 (an Ankerplatten ange-
118 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

schweißte Kopfbolzen) und fu als Stahlzugfestigkeit kaum von unbewehrtem Beton. Zugspannungen in
ermittelt (vgl. Eligehausen u. Mallée 2000). Neben mehreren Richtungen bewirken Risse im Beton und
dem Stahlversagen muss auch bei Befestigungsmitteln führen letztlich zur Umlagerung der Zugkraft auf die
Betonversagen geprüft werden. Dies erfolgt i. d. R. Bewehrung; die Tragfähigkeit wird dem entsprechend
mit dem mittlerweile in bauaufsichtliche Zulassungen durch Menge und Ausrichtung der Bewehrung be-
aufgenommenen Concrete-Capacity-Verfahren (vgl. stimmt. Zu den Auswirkungen schiefwinklig zu den
Fuchs u. Eligehausen 1995). Beanspruchungsrichtungen angeordneter Bewehrung
bei Flächentragwerken vgl. Baumann (1972).

3.7.3.3 Schub-Reibung
3.7.4.1 Druckfestigkeit bei gleichzeitig
Scherbeanspruchungen werden über Risse in bewehr- wirkendem Querzug – Allgemeines
tem Beton durch eine Kombination der oben erläuter-
ten Tragwirkungen Rissverzahnung und Dübelwirkung Die Kombination von Druckbeanspruchungen mit
übertragen. Die Aktivierung der Rissverzahnung durch Querzug ist dagegen insbesondere für ebene Span-
Scherbewegungen der Rissflächen gegeneinander geht nungszustände in Scheiben oder Trägerstegen von
einher mit einer Öffnung des Risses senkrecht zur Ebe- immenser praktischer Bedeutung, da eine z. T. deut-
ne. Kreuzende Bewehrung verklammert den Riss und liche Verminderung der nutzbaren Druckfestigkeit
wird durch die Rissöffnung gedehnt. Die in der Beweh- fc;eff gegenüber der einachsialen Druckfestigkeit zu
rung erzeugte Zugkraft steht mit Druckspannungen, beobachten ist (Gl. 3.167).
die wiederum auf die Rissfläche wirken, im Gleichge-
wicht. fc;eff D   fc (3.167)
Kreuzende Bewehrung trägt folglich gleichzeitig
durch Dübelwirkung und Längszugbeanspruchung in Gleichung (3.167) beinhaltet mit  (in DIN 1045-1 mit
Zusammenhang mit der Rissverzahnung zur Schub- ˛c bezeichnet) einen von den jeweiligen Randbedin-
übertragung bei. Beide Tragwirkungen beeinflussen gungen abhängigen Abminderungsbeiwert.9 Zur Er-
sich gegenseitig; mit Gl. (3.166) kann die Interaktion forschung der vielfältigen Einflussgrößen auf fc;eff und
rechnerisch abgebildet werden. zur Bestimmung von  wurde eine Vielzahl von Ver-
Die Anteile der Zug- bzw. Biegetragfähigkeit des suchen insbesondere an bewehrten, mehrachsial bean-
Stabes, die auf die beiden Tragmechanismen entfallen, spruchten Scheiben durchgeführt (u. a. Vecchio u. Col-
sind u. a. von der Rauigkeit der Rissoberfläche abhän- lins 1982, 1986; Schäfer u. a. 1990; Kollegger u.
gig. Bei sehr glatten Rissoberflächen wird der größte Mehlhorn 1990; Schießl 2004). Ein kritischer Über-
Teil der Tragfähigkeit des Bewehrungsstabes durch die blick über die experimentelle Forschung zur effektiven
Dübelwirkung aufgezehrt, die induzierten Druckspan- Druckfestigkeit von Scheiben unter Druck-Querzug-
nungen senkrecht zur Rissebene bleiben dann nur auf Belastung ist in Roos (1995) zu finden.
niedrigem Niveau.
Die Tragwirkungen sind in der Schub-Reibungs-
Theorie zusammengefasst. Da der Mechanismus ins- 3.7.4.2 Tragverhalten
besondere für die Bemessung von schubbeanspruchten
Fugen elementare Bedeutung besitzt, werden Tragmo- Das in Abb. 3.66a dargestellte, ungerissene Scheiben-
delle und Rechenansätze in Zusammenhang mit dem element wird ausschließlich durch einachsialen Druck
Nachweis von Schubfugen erläutert (vgl. Abschn. 7.8). beansprucht. Nach der Versagenskurve von Kupfer
(Abb. 3.53) versagt das Element bei Erreichen der
Druckfestigkeit fc (!   1;0). Gleichzeitig wirken-
de, geringe Querzugspannungen 1 < fct vermindern
3.7.4 Mehrachsiale Festigkeit nach Abb. 3.53 die Druckfestigkeit bereits, selbst wenn
von Stahlbeton sie noch nicht zur Rissbildung führen ( < 1;0).

9
Die mehrachsiale Festigkeit von bewehrtem Beton Die ersten Versuche zur Druckfestigkeit von Beton bei
ist primär im Bereich kombinierter Druck-Zug- zweiachsialer Druck-Querzug-Beanspruchung wurde am Insti-
tut Technique du Batiment et des Travaux Publics in Paris an be-
Beanspruchung von Interesse. Für mehrachsialen
wehrten Scheiben durchgeführt und in Robinson u. Demorieux
Druck unterscheidet sich – abgesehen von der Spalt- (1969) sowie Robinson u. Demorieux (1970) veröffentlicht. Der
wirkung der Bewehrung – Stahlbeton hingegen Beiwert ist daher auch als Robinson-Faktor bekannt.
3.7 Mehrachsiale Festigkeit von Beton 119

achsialen Druckfestigkeit ab ( ! 0;75, vgl. Roos


1995).
Durch Rissbildung und Aktivierung der Bewehrung
ändert sich der Kräftezustand in einem Bauteil grund-
s2 legend. Die Richtung der Hauptdruckspannung wird
daher im Allgemeinen nicht mehr parallel zu den Ris-
s1 (~0) sen verlaufen, d. h. Druckfeldwinkel und Risswin-
q
kel ˇ werden voneinander abweichen (Abb. 3.66c).
a ungerissen (fc,eff = fcd) Dies ist allerdings nur möglich, wenn in den Rissen
Scherkräfte übertragen werden können; Rissverzah-
nung und Dübelwirkung der Bewehrung müssen also
aktiviert werden. Die effektive Druckfestigkeit ist da-
mit unmittelbar an die Schubtragfähigkeit in den Ris-
sen geknüpft. Anders ausgedrückt: Die Abweichung
der Druckfeldrichtung von der Rissrichtung besitzt
s2 großen Einfluss auf fc;eff (vgl. Schießl 2004).
Eine der Einflussgrößen auf fc;eff ist die von aussen
s1 aufgebrachte Dehnung der kreuzenden Bewehrung.
q=b
Mit zunehmender Dehnung wächst die Rissöffnung
b Druckstreben parallel zu Rissen an, die Rissverzahnungswirkung nimmt entsprechend
(fc,eff ~ 0,75 fcd) ab. Gleichzeitig wird der Traganteil der Dübelwir-
kung durch die Überlagerung mit Längszugspannun-
gen reduziert. Die über Verbund in den Beton einge-
leiteten Querzugspannungen wachsen zudem an. Er-
reicht die Bewehrung die Streckgrenze, ist bei einer
Abweichung der Druckfeldrichtung von der Rissrich-
s1 tung ˇ   30ı bereits mit einer Verminderung der
t Druckfestigkeit um 40% zu rechnen ( ! 0;6). Bei
s2
b
sn weiter ansteigender Querdehnung " > "sy nimmt u. a.
q durch die stark anwachsende Rissöffnung der Schub-
c Druckstreben schräg über Risse hinweg
traganteil im Riss ab, die effektive Druckfestigkeit fällt
(fc,eff ~ 0,5 - 0,6 fcd) rapide ( ! 0;2). Aus der Auswertung einer Viel-
zahl von Scheibenversuchen wird in Vecchio u. Collins
Abbildung 3.66a–c Effektive Druckfestigkeit von Beton – Ein-
fluss der Rissrichtung (1986) für normalfesten Beton Gl. (3.168) vorgeschla-
gen (Abb. 3.67).10

fc;eff 1
D  1;0 (3.168)
Werden Zugspannungen in Höhe der Betonzugfes- fc 0;8  0;34  "1 ="c2
tigkeit aufgebracht, bilden sich Trennrisse. Da die ers- In Gl. (3.168) beschreibt "1 die Hauptzugdehnung und
ten Risse im Allgemeinen senkrecht zur Hauptzug- "c2 die rechnerische Bruchstauchung des Betons mit
spannung entstehen, wirken die Druckkräfte entspre- "c2 D 2‰.
chend Abb. 3.66b weiterhin parallel zu den Rissen Wegen des veränderten Rissverhaltens weisen hö-
auf annähernd prismatische Betonkörper. Damit tre- herfeste Betone im Allgemeinen eine verringerte Mi-
ten nahezu keine Scherbewegungen der Rissufer ge- krorauheit und damit eine eingeschränkte Rissverzah-
geneinander auf; eine Schubkraftübertragung über Ris- nungswirkung auf (vgl. Abschn. 3.7.3). Gleichzeitig
se hinweg findet kaum statt. Allerdings werden wei- besitzen sie ein geringeres plastisches Verformungs-
terhin Querzugspannungen durch die Verbundwirkung vermögen, d. h. eine ausgeprägtere Sprödigkeit. Die ef-
der Bewehrung in die Betonprismen eingeleitet und fektive Festigkeit nimmt daher bei Druckfeldern, die
vermindern dadurch die Druckfestigkeit gegenüber der
ungerissenen Scheibe. Darüber hinaus verlaufen Risse 10
Gleichung (3.168) findet sich v. a. in Normen und Richtlini-
nie völlig parallel; die Prismen weisen festigkeitsmin- en des angloamerikanischen Raums, u. a. in US-amerikanischen
dernde Einschnürungen auf. Mit zunehmender Quer- Bemessungsregeln für Brückenbauwerke – den AASHTO LRFD
zugbeanspruchung sinkt fc;eff auf ca. 75% der ein- Bridge Design Specifications wieder.
120 3 Werkstoffkennwerte und Verbundverhalten

fc,eff / fc 3.7.4.3 Regelungen in Normenwerken


1,0
Die in DIN 1045-1 verankerte Regelung zur effektiven
0,8
Druckfestigkeit ist an Schlaich u. Schäfer (1983) ange-
0,6 lehnt, allerdings wird die Verringerung der Festigkeit
0,4 gegenüber ungerissenem Beton nur für den Fall annä-
hernd rissparalleler Druckfelder erfasst (˛c D 0;75).
0,2
Dies ist u. a. in der Einführung der zusätzlichen unteren
Hauptzugdehnung e1 in ‰
0 Abgrenzung des Druckstrebenwinkels nach Reineck
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 (2001) im Rahmen der Querkraftbemessung begrün-
Abbildung 3.67 Reduktion der Druckfestigkeit nach det, mit der die Abweichung der Druckfeldrichtung
Gl. (3.168) Vecchio u. Collins (1986) von der Rissrichtung bei großen Querkräften begrenzt
wird. Für risskreuzende Druckfelder wird auf DAfStb
(2003) verwiesen, wo für diesen Fall ˛c D 0;60 an-
gegeben wird. Bei Torsionsbeanspruchungen kreuzen
Risse kreuzen, gegenüber Beton üblicher Festigkeit Druckfelder Risse stets in ungünstigen Winkeln, zu-
stärker ab, bei Bewehrungsdehnungen im Bereich der sätzlich erfahren die Druckstreben eine Verwölbung
Fließdehnungen ist eine Verringerung der Festigkeit ihrer Flanken. DIN 1045-1 sieht hier eine weitere Ab-
um bis zu 60% zu beobachten ( ! 0;4, vgl. Schießl minderung auf ˛c D 0;525 vor. DIN 1045-1 überlässt
2004). Daraus folgt, dass  zumindest für höherfeste dem Anwender bei der Wahl der effektiven Druckfes-
Betone an die Betonfestigkeit geknüpft werden muss. tigkeit einen Entscheidungsspielraum; allerdings sollte
Dies geschieht z. B. in EN 1992-1-1 direkt durch die der Bemessungswert stets vorsichtig und unter Berück-
formelmäßige Abhängigkeit zwischen  und fck , in sichtigung beider Querrichtungen festgelegt werden.
DIN 1045-1 allerdings nur implizit durch die Definiti- EN 1992-1-1 verfolgt einen anderen Weg, da ins-
on des zusätzlichen Teilsicherheitsbeiwertes c0 zur Be- besondere im Rahmen der Querkraftbemessung plan-
rechnung des Bemessungswertes fcd (vgl. Abb. 3.68). mäßig sehr flache Druckstreben mit erheblicher Ab-
Aus der Beschreibung des Tragverhaltens wird weichung von der Rissrichtung genutzt werden kön-
deutlich, dass die effektive Druckfestigkeit gerissenen nen. Die effektive Druckfestigkeit wird für alle Fälle
Betons unmittelbar an die Fähigkeit zur Schubkraft- der Beanspruchung entsprechend konservativ festge-
übertragung in Rissen und damit an die Rissbreite legt. Allerdings ist  als national festzulegender Para-
geknüpft ist. Die Anwendung der Normenwerte für meter (NDP) definiert.
fc;eff setzt also voraus, dass ausreichend Bewehrung Da hinter dem NA D grundsätzlich die Absicht
vorhanden ist, um die Rissbreiten im Grenzzustand steht, EN 1992-1-1 mit Hilfe der NDP’s soweit als
der Tragfähigkeit ausreichend klein zu halten. Dies möglich an DIN 1045-1 anzugleichen, wird durch den
ist im Allgemeinen der Fall, wenn die Bestimmun- im NA vermeintlich kompliziert definierten Beiwert 
gen zur Rissbreitenbegrenzung des entsprechenden lediglich eine zu DIN 1045-1 identische Normenlage
Regelwerks eingehalten werden. geschaffen.
Normenregelung nach DIN 1045-1
Für die effektive Druckfestigkeit gilt nach DIN 1045-1 all-
fc,eff / fck gemein
0,5
fcd;eff D ˛c  fcd ; (3.169)
0,4 mit:
˛c D 0;75  1 bei Druckstreben parallel zu Rissen für
0,3
die Bemessung von Druckstreben in Stab-
werkmodellen nach DIN 1045-1, 10.6.3
0,2 ac = 0,75
ac = 0,60
bzw. allgemein im Rahmen der Querkraft-
DIN 1045-1
ac = 0,525 bemessung nach DIN 1045-1, 10.3
0,1 EN 1992-1-1 ˛c D 0;60  1 bei Druckstreben, die Risse kreuzen (Er-
gänzung nach DAfStb-Heft 525)
Betondruckfestigkeit fck in MPa
0,0 ˛c D 0;525  1 im Rahmen der Bemessung für Torsion
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 nach DIN 1045-1, 10.4
Abbildung 3.68 Einfluss der Festigkeitsklasse auf die effektive und 1 D 1;0 für Normalbeton; für Leichtbeton vgl.
Druckfestigkeit nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 Gl. (3.93).
Literatur 121

Tabelle 3.14 Länderspezifisch festzulegende Parameter – Abminderungsbeiwert für die mehrachsiale Festigkeit gerissenen Betons

NDP EU D A

0;6  .1  fck =250/ (C) 0;675  1 (Querkraft allgemein)a


0;5  .1  flck =250/ (LC) 0;525  1 (Torsion)a EU
0 : : : 0;7 (Schubfugen, nach Rauigkeit)a

1 D b
0;75  1a EU

1;25  1 (Druck parallel zum Riss)a


0
1  fck =250 1;00  1 (Druck kreuzt Riss)a EU
0;875  1 (starke Rissbildung, V + T)a
a
Für Betonfestigkeitsklassen C55 und höher ist mit (1,1fck =500/ zu multiplizieren
b
Höhere Werte möglich, sofern Spannung der Querbewehrung wd < 0,8 fyk , vgl EN 1992-1-1, 6.2.3 (3); nicht nach NA-A

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! NDP
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Kapitel 4
Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

4.1 Kraftfluss in Betonbauteilen Zwar sind Tragwerkselemente generell dreidimen-


sionale Körper, allerdings weisen sie häufig in der Di-
Kraftfluss bezeichnet anschaulich den Weg von Kräf- ckenrichtung keine oder kaum Spannungsvariationen
ten auf Lastpfaden ausgehend vom Punkt der Lastein- auf und können damit direkt als zweidimensionale Ele-
leitung durch das Tragwerk hindurch bis zu den Auf- mente betrachtet werden. In den übrigen Fällen ist oft
lagern. Die Ähnlichkeit mit Partikelströmungen von eine Zerlegung in einzelne, ggf. zueinander senkrechte
deren Quelle bis zur Mündung legt den Begriff Fluss Scheiben möglich.
nahe. In bewehrten Betonbauteilen können durch Riss- Sehr anschaulich lassen sich Hauptspannungen bei
bildung erhebliche Umlagerungen der inneren Kräf- Scheiben durch Trajektorien- oder durch Hauptspan-
te – gleichbedeutend mit einer Verlagerung des Kraft- nungsbilder darstellen. Trajektorien verlaufen in jedem
flusses – eintreten. Der wesentliche Unterschied zwi- Punkt tangential zur Richtung der Hauptspannungen.
schen homogen-elastischen Bauteilen und gerissenem Da diese stets senkrecht zueinander wirken, schnei-
Stahlbeton liegt in der Tatsache, dass bei letzterem der
Kraftfluss durch die Anordnung der Bewehrung gezielt
beeinflusst werden kann. Dies bietet große Freiheiten
bei Bemessung und Konstruktion.

4.1.1 Spannungsfelder
in ungerissenem Beton
Zug (s1)
a Trajektorien Druck (s2)
Der Kraftfluss in ungerissenem Beton kann durch die
Verteilung der Hauptspannungen innerhalb des Trag-
werks illustriert werden. Hauptspannungen 1 , 2 und
3 eignen sich schon deshalb, weil sie dem tatsäch-
lichen Tragverhalten von Beton, d. h. der Abtragung
von Lasten über Druck- und Zugkräfte entsprechen.
Schubspannungen  sind dagegen Hilfswerte, deren
Größe von der Wahl des Koordinatensystems abhängt
und die nicht mit realen Tragwirkungen des Baustoffs Zug (s1)
Beton korrespondieren (s. Abschn. 3.7.2.1). Da unge- Druck (s2)
rissener Beton vereinfachend als ideal-elastisches Ma- b Hauptspannungen

terial angesehen werden kann, können die Hauptspan- Abbildung 4.1a,b Spannungsfelder – Trajektorien- und Haupt-
nungen auf Grundlage der Elastizitätstheorie ermittelt spannungsbilder am Beispiel eines Trägers mit hochgesetztem
werden. Auflager

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 127


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
128 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

Störbereich Drucktrajektorien
Zugtrajektorien
a Balken b wandartiger Träger (ohne und mit Randverstärkung)

c Konsole

Abbildung 4.2a–c Hauptspannungstrajektorien bei linear elastischem Materialverhalten

den sich Trajektorien im rechten Winkel (Abb. 4.1a).


Der Abstand zwischen den einzelnen Trajektorien be-
schreibt die Spannungsintensität. Anders bei Haupt-
spannungsbildern; hier kennzeichnen Vektoren in aus-
gewählten Punkten jeweils die Richtung der Haupt-
spannungen (Abb. 4.1b). Die Größe der Spannungen
Druckresultierende
wird durch die Länge des Vektors ausgedrückt.1
Die Trajektorienbilder für einige typische Trag- Zugresultierende
werksbereiche nach Abb. 4.2 zeigen, dass sich im Knoten (Gelenk)
Innern des Bauteils ausgehend von den Einleitungs-
punkten der Lasten Druck- und Zugspannungsfelder
ausbreiten. Die Spannungsfelder weisen einige charak-
teristische Merkmale auf: In der Nähe von Lastein-
leitungen, Lagern, einspringenden Ecken und Quer- Abbildung 4.3 Zusammenfassung von Spannungsfeldern zu
Resultierenden
schnittssprüngen – also allgemein bei Diskontinui-
täten – entstehen Spannungskonzentrationen, die in
einem unregelmäßigen Hauptspannungsbild münden. zielte Beeinflussung der Steifigkeit lässt sich in einem
Zwischen den Diskontinuitäten existieren Bereiche mit Tragwerk der Kraftfluss steuern (vgl. Abb.4.2b).
regelmäßigem Verlauf der Hauptspannungen. So weist Der Kraftfluss in Tragwerken aus ungerissenem Be-
der Balken nach Abb. 4.2a in einem Störbereich, der ton lässt sich einfacher darstellen, wenn die Span-
sich über eine Länge etwa gleich der Balkenhöhe er- nungsfelder zu Resultierenden zusammengefasst wer-
streckt, ein unregelmäßiges Trajektorienmuster auf, den, die abschnittsweise gerade verlaufen. Dadurch
dass sich im anschließenden Bereich deutlich ver- entsteht ein fachwerkartiges Netz von Druck- und
gleichmäßigt. Zugspannungsresultierenden, die in bestimmten Trag-
Abbildung 4.2 zeigt darüber hinaus, dass ein Trag- werksregionen – sog. Knotenbereichen – ihre Rich-
werk stets bestrebt ist, Kräfte auf kürzestem Weg von tung ändern, d. h. untereinander kurzgeschlossen wer-
der Lasteinleitung zum Lager zu transportieren; Span- den (Abb. 4.3). Das Fachwerk ist zunächst mit den Las-
nungen treten entlang der direkten Verbindungslinie ten und Randkräften im Gleichgewicht.
konzentriert auf. Die Abtragung von Kräften auf direk-
tem Weg ist gleichbedeutend mit einer Minimierung
der Tragwerksverformung. Umgekehrt ziehen Berei- 4.1.2 Kraftfluss in gerissenem
che mit höherer Steifigkeit Kräfte an, d. h. durch ge- Beton – Stabwerke
1
Bei den Hauptspannungsbildern dieses Kapitels werden die
Vektoren der Hauptdruckspannungen durch kontinuierliche, di- Die in Abschn. 4.1.1 vorgestellten Betrachtungen
cke Linien, die der Hauptzugspannungen durch dünne, punktier- zum Kraftfluss basieren auf der Annahme homogen-
te Linien wiedergegeben. elastischen Materialverhaltens. Da aber Beton eine
4.1 Kraftfluss in Betonbauteilen 129

im Vergleich zur Druckfestigkeit nur sehr geringe


Zugfestigkeit aufweist, werden die auftretenden
Zugspannungen schon bei kleinen Belastungen zur
Rissbildung führen. Mit dem Auftreten eines Risses
fallen die Zugspannungsfelder bzw. die idealisierten
Zugstäbe aus. Damit erfüllt das Fachwerk nicht mehr
die Gleichgewichtsbedingungen, d. h. es verliert seine
Tragfähigkeit und wird in der Regel kinematisch. Die
Tragfähigkeit kann allerdings wieder hergestellt wer-
den, wenn Bewehrung die frei werdenden Zugkräfte
übernimmt.

4.1.2.1 Stabwerkmodelle und ihre Elemente

Der Kraftfluss kann folglich auch in gerissenen Beton-


bauteilen durch fachwerkartige Strukturen – sog. Stab-
und Resultierende
werkmodelle – abgebildet werden. Die Grundelemente
der Stabwerke sind:
• Zugstreben
• Druckstreben
• Knoten.
Zugstreben sind in der Regel Bewehrungssträn-
Abbildung 4.4a–d Flaschenförmiges, seitlich begrenztes
ge, die zwischen zwei Knoten gerade verlaufen.
Druckfeld
Betonzugstreben sind nur zu vertreten, wenn die
Spannungen in den Zugspannungsfeldern deutlich
unterhalb der effektiven Betonzugfestigkeit bleiben. Knoten laufen stets drei oder mehr Streben zusammen
Betondruckstreben idealisieren dagegen komple- und ändern ihre Richtung. Dabei können zwei Typen
xe ebene oder räumliche Spannungsfelder. Die in von Knoten unterschieden werden:
Abb. 4.4b wiedergegebenen Hauptspannungsverläufe
• konzentrierte Knoten
für den elementaren Fall einer einzelnen Druckstrebe
• kontinuierliche Knoten.
zwischen zwei konzentrierten Lasten zeigen, dass
innerhalb des Feldes durch die Ausbreitung und die Bei konzentrierten oder singulären Knoten handelt es
damit verbundene Umlenkung der Spannungen zusätz- sich um lokal eng begrenzte Tragwerksbereiche z. B.
liche Querzugspannungen entstehen. Die Abbn. 4.4c an Einleitungsstellen konzentrierter Kräfte, bei der
und d geben die zugehörigen idealisierten Span- Verankerung eines Hauptbewehrungsstranges, etc., in
nungsfelder bzw. das daraus abgeleitete, verfeinerte dem sich Kräfte auf geringem Raum kurzschließen
Stabwerkmodell wieder. Die einfache Druckstrebe müssen. Knoten  1 in den Abbn. 4.4c und d ist ein
kann also weiter in Zug- und Druckstreben – sog. typisches Beispiel eines konzentrierten Knotens. Im
Subsysteme – untergliedert werden. Mit Stabwerk- Allgemeinen stellen diese Typen von Knoten die kriti-
modellen ist daher eine sukzessive Detaillierung, d. h. schen Regionen eines Tragwerks dar; ihre Bemessung
eine zunehmend genauere Betrachtung möglich. und konstruktive Gestaltung bedarf größter Sorgfalt.
Wegen der charakteristischen Form der Lastausbrei- Umgekehrt sind viele Mängel und Schäden an Beton-
tung hat sich für Druckstreben zwischen konzentrier- konstruktionen auf eine ungenügende Ausbildung die-
ten Kräften die Bezeichnung flaschenförmiges Druck- ser Knoten zurückzuführen (vgl. Schlaich u. Schäfer
spannungsfeld eingebürgert (vgl. Abschn. 4.4.1 und 2001).
4.5.1). Kontinuierliche oder verschmierte Knoten treten
Da den Streben nur Längskräfte zugewiesen wer- dagegen dort auf, wo die Richtungsänderung breiter
den, sind die Knoten im statischen Sinn ideale Gelen- Druckfelder über einen größeren Bereich des Trag-
ke. Tatsächlich handelt es sich bei Knoten in der Re- werks erfolgen kann (vgl. Knoten  2 in Abb. 4.4c und
gel um hoch beanspruchte Regionen eines Tragwerks, d). Gleichzeitig kann bei verschmierten Knoten Be-
die einen komplexen Spannungszustand aufweisen. In wehrung auf größerer Breite verteilt werden.
130 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

4.1.2.2 Abbildung des Kraftflusses 4.1.2.3 Historie


als Grundlage einer Bemessung
Wegen des hohen Maßes an Anschaulichkeit und
Die Reduktion des in der Regel komplexen Kraftflus- Transparenz wurden idealisierte Abbildungen des
ses auf eine innere fachwerkartige Tragstruktur kann Kraftflusses schon in der Frühzeit der Stahlbetonbau-
gleichzeitig als Instrument für die Bemessung von weise für die Bemessung genutzt. Erwähnenswert
Bauteilen im Grenzzustand der Tragfähigkeit herange- ist vor allem das von Ritter eingeführte und von
zogen werden. Dabei wird die Bemessungsaufgabe zu- Mörsch erweiterte Fachwerkmodell, das bis heute die
nächst auf das geometrische Konstruieren z. B. eines Grundlage insbesondere der Querkraftbemessung von
Stabwerks zurückgeführt. In Marti (1985) wird emp- Balken bildet (vgl. Ritter 1899; Mörsch 1908).
fohlen, die Aufgabe mit einer maßstäblichen Zeich- Ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden
nung des Bauteils, in die Stäbe und Knoten mit den durch Arbeiten zur Anwendung der Plastizitätstheo-
zugehörigen Abmessungen eingetragen werden, zu be- rie im Stahlbetonbau die theoretischen Grundlagen für
ginnen. Diese – dem Naturell konstruktiver Ingenieure die Bemessung mit Spannungsfeldern oder Stabwer-
entsprechende – Herangehensweise trägt zur mittler- ken geschaffen. Ergänzend hierzu wurden die für ei-
weile breiten Akzeptanz der Methode bei. ne verallgemeinerte Anwendung notwendigen Gren-
Bemessung von Betonbauteilen für den Grenzzu- zen der Tragfähigkeit von Betondruckfeldern in mehr-
stand der Tragfähigkeit bedeutet im engeren Sinn, die achsial beanspruchten Tragwerksbereichen erforscht
Abmessungen des Betonquerschnitts sowie die Be- (vgl. Abschn. 3.7). Auf diesen Grundlagen aufbauend
wehrungsmenge so festzulegen, dass der Bemessungs- entstanden zwei Schulen. An der ETH Zürich wurde –
wert des Bauteilwiderstandes gleich oder größer als der geprägt durch Bruno Thürlimann – die Bemessung mit
Bemessungswert der Einwirkungen ist. In der Notation Spannungsfeldern begründet. Eng an die Plastizitäts-
des grundlegenden Normenkonzepts ist dies theorie angelehnt, wird die weitgehend freie Wahl der
inneren Tragstruktur, d. h. Spannungsfelder und Kno-
Ed  Rd : (4.1) ten, postuliert. Restriktionen aus dem begrenzt plas-
tischen Verhalten von Stahlbeton werden z. B. durch
Spannungsfelder oder Stabwerkmodelle können dem Anwendungsregeln eingeführt (Thürlimann u. a. 1983;
entsprechend für den Nachweis im GZT genutzt wer- Marti 1985; Muttoni u. a. 1996).
den, wenn die Tragfähigkeit aller Elemente nachgewie- Parallel zur Züricher Schule wurde von Jörg
sen wird; im Einzelnen: Schlaich und Kurt Schäfer in Stuttgart die Methode
• Bewehrte Zugstreben: Nachweis ausreichender Be- der Stabwerkmodelle entwickelt, die – zwar aufbauend
wehrungsmenge mit As  Ftd =fyd auf dem unteren Grenzwertsatz der Plastizitätstheo-
• Druckstreben: Nachweis ausreichender Tragfähig- rie – eine enge Orientierung der inneren Tragstruktur
keit mit cd  Rd;max an den Spannungsfeldern der linearen Elastizitäts-
• Konzentrierte Knoten: Nachweis ausreichender theorie vorgibt. Erweitert zu einem systematischen
Tragfähigkeit mit cd  Rd;max Bemessungskonzept wurde die Methode der Stab-
• Knoten, in denen Bewehrung verankert wird: Ver- werkmodellen (engl. strut-and-tie models) in Schlaich
ankerungsnachweis des Bewehrungsstranges. (1984); Schlaich u. a. (1987) vorgestellt, später in den
ModelCode90 aufgenommen und schließlich mit ENV
Hierbei bezeichnet Ftd den Bemessungswert der Kraft 1992-1-1 und auf nationaler Ebene mit DIN 1045-1
in Zugstreben, cd ist der Bemessungswert der Be- erstmals normativ gefasst und damit zur Anwendung
tondruckspannungen in Druckstreben bzw. in konzen- zugelassen. Die breite Akzeptanz der Schlaich’schen
trierten Knoten und Rd;max beschreibt die unter den Stabwerkmodelle ist auf die Anlehnung an die Elasti-
jeweiligen Randbedingungen – z. B. mehrachsialen zitätstheorie zurückzuführen, womit das – i. d. R. nicht
Spannungszuständen – maßgebende effektive Beton- explizit nachgewiesene – Verhalten auf Gebrauchslast-
druckfestigkeit fcd;eff (vgl. Abschn. 3.7). Im Übrigen niveau besser abgedeckt wird. In Schlaich u. Schäfer
ist gerade bei der Anwendung von Spannungsfeldern (2001) sind auf die Sicherheitskonzepte der aktuellen
und Stabwerkmodellen die konstruktive Durchbildung Normengeneration abgestimmte, umfassende Erläu-
des Bauteils – insbesondere Bewehrungsanordnung, - terungen der Methode zu finden. In den folgenden
umlenkung und -verankerung – integraler Bestandteil Abschnitten wird ebenfalls vornehmlich das Bemessen
der Bemessung. mit den Schlaich’schen Stabwerkmodellen vorgestellt.
4.2 Stabwerkmodelle – Grundlagen 131

4.2 Stabwerkmodelle – Grundlagen Realität vereinbar. Dagegen ist bewehrter Beton als
Verbundbaustoff durchaus in der Lage erhebliche plas-
tische Verformungen aufzunehmen. Grundsätzlich er-
4.2.1 Plastizitätstheorie und Grenzwertsätze
fordert die begrenzte Verformbarkeit von Beton aber
Einschränkungen in der Anwendung der Plastizitäts-
Die Beschreibung des mechanischen Verhaltens von theorie, z. B. im Hinblick auf die effektive Betondruck-
Tragwerken besteht aus drei grundlegenden Baustei- festigkeit oder die Orientierung von Druckspannungs-
nen: feldern für Stabwerkmodelle (vgl. Abschn. 4.3 und
4.4).
1. Gleichgewicht,
Umfangreiche Erläuterungen zur Anwendung der
z. B. Gleichgewicht zwischen Lasten und inneren
Plastizitätstheorie auf Stahlbetontragwerke sind u. a.
Kräften oder Spannungen,
in Marti (1980), Thürlimann u. a. (1983) und Marti
2. Kinematik,
u. a. (1999) zu finden.
z. B. die Kopplung innerer Verzerrungsgrößen an
äußere Weggrößen sowie
3. Werkstoffgesetze,
Grenzwertsätze
die Gleichgewicht und Kinematik verknüpfen, d. h.
Spannungen mit Verzerrungen in Beziehung set-
Die beiden, auf Hill (1951) und Drucker u. a.
zen.
(1951, 1952) zurückgehenden Grenzwertsätze be-
In Bezug auf Werkstoffgesetze geht die lineare Elas- sitzen im Rahmen der Plastizitätstheorie zentrale
tizitätstheorie vom Hooke’schen Werkstoff aus und Bedeutung:
unterstellt einen linearen Zusammenhang zwischen • Statischer (unterer) Grenzwertsatz
Spannungen und Verzerrungen (Abb. 4.5b), d. h. das Jeder Kräfte- oder Spannungszustand, der statisch
Verhalten bei geringer Beanspruchung und ungerisse- zulässig ist und die Fließbedingung nicht verletzt,
nem Bauteil wird auf den gesamten Beanspruchungs- beschreibt eine untere Grenze der Traglast.
bereich extrapoliert. • Kinematischer (oberer) Grenzwertsatz
Im Rahmen der Plastizitätstheorie werden dagegen Ein Belastungssystem, das mit einem kinematisch
starr-plastische Werkstoffgesetze mit unbegrenzter zulässigen Bewegungsmechanismus ein Gleichge-
plastischer Verformbarkeit vorausgesetzt. Nach dem wichtssystem bildet, beschreibt eine obere Grenze
Überschreiten der Fließgrenze können uneinge- der Traglast.
schränkt Verformungen ohne Spannungszuwachs
aufgenommen werden. Da sie damit die Verfor- Der statische Grenzwertsatz bedeutet, dass jeder be-
mungen, die bis zum Erreichen der Fließgrenze liebige Kräfte- oder Spannungszustand innerhalb eines
eintreten, um ein Vielfaches übersteigen, können Tragwerkes, der:
letztere vernachlässigt werden. Damit werden in der
• mit den äußeren Kräften (D statische Randbedin-
Plastizitätstheorie Spannungen und Verzerrungen
gungen) im Gleichgewicht steht und auch an jedem
entkoppelt (Abb. 4.5c). Für duktile Werkstoffe – auch
Punkt im Inneren des Tragwerks – d. h. insbeson-
Betonstahl – ist die Annahme starr-plastischen Verhal-
dere an den Knoten des Stabwerks – alle Gleichge-
tens eine für den Grenzzustand der Tragfähigkeit zu
wichtsbedingungen erfüllt (statische Zulässigkeit),
vertretende Vereinfachung.
und
Beton ist per se ein spröder Werkstoff mit gerin-
• an keiner Stelle die Festigkeit des Materials über-
ger, zudem mit der Betonfestigkeit abnehmender plas-
schreitet (Einhaltung der Fließbedingung),
tischer Verformbarkeit; die Annahme starr-plastischen
Materialverhaltens erscheint zunächst kaum mit der ein möglicher Kräftezustand ist, der entweder dem tat-
sächlichen Zustand bei Erreichen der Grenztragfähig-
keit des Tragwerks entspricht oder zumindest einen
s s s Zustand beschreibt, der noch unterhalb der Traglast
liegt, d. h. Tragreserven aufweist.
Eine Bemessung im Sinne des statischen Grenz-
wertsatzes bedeutet daher: Für eine gegebene Belas-
e e e tung muss ein Stabwerk oder Spannungsfeld gefun-
a reales Verhalten b Elastizitätstheorie c Plastizitätstheorie
den werden, das sowohl im Inneren als auch mit
Abbildung 4.5a–c Werkstoffgesetze den angreifenden Kräften im Gleichgewicht steht. Die
132 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

Querschnittsabmessungen sowie die Bewehrungsmen- werden und bedarf ausreichender Erfahrung. Zur An-
ge sind so zu wählen, dass an keiner Stelle die effek- wendung bei statisch unbestimmten Systemen vgl. Ab-
tive Betondruckfestigkeit oder die Festigkeit der Be- schn. 13.2.3.
wehrung überschritten wird.
In Abb. 4.6 sind neben dem Hauptspannungsbild
nach E-Theorie für einen wandartigen Träger drei 4.2.2 Diskontinuitätsbereiche
mögliche Stabwerkmodelle dargestellt, die alle den
statischen Grenzwertsatz erfüllen. Trotzdem sind die
Stabwerkmodelle oder Spannungsfelder können
drei Modelle nicht gleichwertig; es werden sich im Ge-
generell für die Bemessung aller Tragwerksbereiche
brauchszustand unterschiedliche Rissbilder, Rissbrei-
verwendet werden. Allerdings existieren für Berei-
ten und Verformungen einstellen. Trotz der theoretisch
che, in denen die elementare Technische Biegelehre
identischen Traglast werden sich in realen Bauteilen
näherungsweise erfüllt ist, den sog. B-Bereichen,
unterschiedliche Bruchlasten ergeben, die auf die Ab-
Standardverfahren, die eine schnelle, häufig wirt-
weichungen des Werkstoffs Stahlbeton von den An-
schaftlichere und im Allgemeinen durch Programme
nahmen der Plastizitätstheorie zurückzuführen sind.
weitestgehend automatisierte Bemessung erlauben.
Für die Bewertung der Güte von Stabwerkmodellen
Die Anwendung von Stabwerkmodellen ist daher in
greifen daher spezifische Überlegungen für bewehrten
der Praxis auf Diskontinuitätsbereiche (D-Bereiche)
Beton (vgl. Abschn. 4.3.2 und 4.3.3)
begrenzt, in denen die Anwendung der Technischen
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dem
Biegelehre nicht mehr vertreten werden kann.
kinematischen (oberen) Grenzwertsatz für die unmit-
In Schlaich u. Schäfer (2001) wird darauf ver-
telbare Bemessung nur geringe Bedeutung zukommt.
wiesen, dass ungenügend bemessene und konstruktiv
Ausgehend von der Vorstellung, dass ein Tragwerk
schlecht gelöste D-Bereiche die häufigste Quelle von
durch die Entstehung plastischer Zonen (Gelenke)
Schäden sind. Eine konsistente und anschauliche Be-
einen kinematischen Mechanismus bildet, kann z. B.
messung mit Stabwerken besitzt also insbesondere in
durch die Anwendung des Prinzips der virtuellen
D-Bereichen erhebliche Bedeutung.
Arbeit bei bekannter Tragfähigkeit in den Gelenken
die Traglast des Systems ermittelt werden. Da die
Bereiche zwischen den Gelenken nur Starrkörperbe- 4.2.2.1 B-Bereiche
wegungen ausführen, bleibt der Spannungszustand in
diesen Regionen unbestimmt, d. h. einer Bemessung In B-Bereichen (B steht z. B. für Bernoulli oder Bal-
zunächst nicht zugänglich. ken) wird die Anwendbarkeit der klassischen Biege-
Der kinematische Grenzwertsatz wird daher primär theorie vorausgesetzt. Diese baut auf den Hypothe-
zur Schnittgrößenermittlung in statisch unbestimmten sen von Bernoulli auf, wonach bei schlanken Bautei-
Systemen und zur Traglastermittlung bei existierenden len (Spannweite deutlich größer als Querschnittshö-
oder im Entwurf bereits vorliegenden Tragwerken an- he, i. Allg. l= h > 2 bzw. lk = h > 1 bei Kragträgern)
gewandt. Da die Traglast allerdings von oben her ange- die Querschnitte eben bleiben und auch nach der Ver-
nähert wird, liegt der kinematische Grenzwertsatz per formung weiterhin senkrecht zur Balkenachse stehen.
se auf der unsicheren Seite; eine Anwendung setzt vor- Auf diesen Annahmen baut die Differentialgleichung
aus, dass mehrere mögliche Mechanismen untersucht der Balkenbiegung M D EI w 00 auf. Gleichzeitig

a Hauptspannungen b Stabwerkmodelle

Abbildung 4.6a,b Mögliche Stabwerkmodelle für einen wandartigen Träger


4.2 Stabwerkmodelle – Grundlagen 133

h2 h2 h2

h1 h2 h2 h h
h
h1 h h h1
h h2 h2 h1 h1
h1

a Querschnittssprung Rahmenecke Balken mit Öffnung Fundament

h h h

h 2 h h

b Endauflager Einzellast Einzellast Wandartiger Träger

h
h

c Querschnitt Ausgeklingtes Auflager h Konsole


a Geometische Diskontinuitäten
b Statische Diskontinuitäten
c Kombinierte Diskontinuitäten

Abbildung 4.7a–c Diskontinuitätsbereiche in Tragwerken – Anwendung des Prinzips von Saint-Venant (nach Schlaich u. Schäfer
2001)

sind die Dehnungen einer Querschnittsfaser proportio- • geometrische Diskontinuitäten (Abb. 4.7a)
nal zu deren Abstand von der Dehnungsnulllinie (Na- z. B. Querschnittssprünge, Aussparungen, Ecken
vier), d. h. die Dehnungen sind linear über den Quer- • statische Diskontinuitäten (Abb. 4.7b)
schnitt verteilt. z. B. Auflager, Lasteinleitung, Verankerung von
Bei elastischem und homogenem Material sind die Spanngliedern.
Spannungen in jedem Punkt des Querschnitts über die
Häufig treten geometrische und statisch Diskontinuitä-
kennzeichnenden Querschnittswerte, z. B. Fläche, Flä-
ten kombiniert auf (Abb. 4.7c). Scheiben und wandar-
chenträgheitsmoment, etc., aus den Schnittgrößen zu
tige Träger (l= h < 2) weisen im Allgemeinen nichtli-
bestimmen (z. B. Hauptachsenformel  D N=A C
near verteilte Dehnungen auf, bestehen also aus einem
M  z=I ). Bei gerissenen Stahlbetonquerschnitten gilt
einzigen D-Bereich.
die lineare Dehnungsverteilung unverändert, allerdings
Die Ausdehnung von D-Bereichen kann mit Hilfe
greifen für die Spannungsermittlung hiervon abwei-
des Prinzips von Saint-Venant abgeschätzt werden. Da-
chende Verfahren (vgl. Kap. 6).
nach wirken die nichtlinearen Spannungen aus Diskon-
tinuitäten im Allgemeinen nur in einem Bereich, des-
sen Größe etwa dem größten Abstand zwischen den
4.2.2.2 D-Bereiche Gleichgewichtskräften, die eine Diskontinuität abbil-
den, entspricht.2
D-Bereiche (D für Diskontinuität) weisen im Allge- Bei Balken reichen die Gleichgewichtskräfte in der
meinen eine ausgeprägt nichtlineare Verteilung der Regel über die Querschnittshöhe, damit erstreckt sich
Dehnungen auf. Die Hauptspannungsbilder zeigen 2
Spannungskonzentrationen und starke Unregelmä- Das von Jean Claude Barré de Saint Venant im 19. Jahrhundert
formulierte Prinzip lautet sinngemäß: In hinreichender Entfer-
ßigkeiten (Abbn. 4.1 und 4.2). Die Störungen in nung vom Angriffsbereich eines Lastsystems hängt dessen Wir-
der Spannungsverteilung können folgende Ursachen kung auf mechanische Größen – insbesondere Spannungen – nur
haben: noch von dessen statisch Resultierender ab.
134 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

der D-Bereich über eine Länge l  h (vgl. Abb. 4.7). bedingungen – z. B. entsprechende Auflager oder
Eine exakte Bestimmung des D-Bereichs erübrigt sich, Kräfte – eingefügt werden.
da Stabwerkmodelle auch über diese Regionen hin- 8. Entwicklung eines geeigneten Stabwerkmodells (s.
aus anwendbar sind. Eine grobe Abgrenzung der Be- Abschn. 4.3.1 und 4.3.2)
reiche ist ausreichend, zumal die Ausdehnung durch 9. Berechnung der Stabkräfte (s. Abschn. 4.3.3)
Rissbildung, d. h. veränderte Steifigkeiten beeinflusst 10. Bemessung der Zugstreben (s. Abschn. 4.4.1)
wird. 11. Nachweis der Druckstreben (s. Abschn. 4.4.1)
12. Nachweis der Knoten (s. Abschn. 4.4.2)
13. Ergänzende konstruktive Durchbildung (u. a. An-
ordnung von konstruktiver Bewehrung)
4.2.3 Methodik des Bemessens
mit Stabwerkmodellen Die Entwicklung eines Stabwerkmodells (Punkt 8) so-
wie die Bestimmung der Strebenkräfte ist naturgemäß
Mit Blick auf die für B-Bereiche zur Verfügung nicht völlig unabhängig von den Nachweisen der ein-
stehenden und weitestgehend automatisierten zelnen Elemente sowie der konstruktiven Durchbil-
Standard-Bemessungsverfahren (vgl. Kap. 6 bis dung. Die erforderlichen Abmessungen der Knoten,
9) ist die Anwendung von Stabwerkmodellen in die sich aus der Begrenzung der Druckspannungen
Praxis häufig auf Diskontinuitätsbereiche begrenzt. ergibt, wie auch die konstruktiven Erfordernisse bei
Diesem Umstand wird u. a. in Schlaich u. Schäfer der Anordnung von Bewehrungsstäben – z. B. der Ab-
(2001) durch die Entwicklung eines systematischen stand zwischen zwei Lagen, die erforderlichen Veran-
Bemessungskonzeptes Rechnung getragen. Dabei kerungslängen und mögliche Biegeradien – beeinflus-
empfiehlt es sich, in folgenden Schritten vorzugehen: sen die Geometrie des Stabwerkmodells. Die Schritte
8 bis 13 beschreiben daher vereinfachend einen itera-
tiven Prozess. Allerdings werden sich die Iterationen
1. Idealisierung und Modellierung des gesam-
mit einiger Erfahrung im Konstruieren von Stabwer-
ten Tragwerkes einschließlich der Belastungen
ken zunehmend erübrigen.
und Lagerungsbedingungen, d. h. Festlegen des
statischen Systems und der Belastung.
2. Ermittlung der Auflagerreaktionen und der
Schnittgrößenverteilungen. Dies kann bei statisch 4.3 Entwurf von Stabwerkmodellen
unbestimmten Systemen z. B. auf Grundlage der
Elastizitätstheorie erfolgen.
3. Abgrenzung zwischen D- und B-Bereichen des 4.3.1 Modellierungsstrategie
Tragwerks.
4. Bemessen der B-Bereiche. Sofern das Tragwerk Der zentrale Gedanke der Bemessung mit Stabwerk-
über B-Bereiche verfügt, werden diese mit Hilfe modelle ist, dass durch die Anordnung der Bewehrung
der Verfahren nach den Kap. 6 bis 9 oder ggf. durch in einem Bauteil der innere Kraftfluss in fast beliebi-
die Anwendung von Stabwerkmodellen bemessen. ger Weise vorgegeben werden kann. In anderen Wor-
5. Festlegung der statischen Randbedingungen der D- ten: Das innere Tragsystem wird durch die Bemessung
Bereiche. Hierzu zählt neben den Lasten und Auf- festgelegt, nicht umgekehrt.
lagerkräften, die unmittelbar auf den D-Bereich Dies bedeutet, dass ausgehend von den Spannungs-
wirken, auch die Festlegung der Spannungen bzw. feldern eines ungerissenen Bauteils mit einsetzender
Kräfte im Schnitt zwischen D- und B-Bereich. Die- Rissbildung Umlagerungen der Kräfte – insbesondere
se Randspannungen und -kräfte müssen mit der der Zugkräfte zu den Bewehrungssträngen – stattfin-
Bemessung der B-Bereiche konsistent sein, d. h. den müssen, bis sich spätestens mit Erreichen der Trag-
aus deren Bemessung übernommen werden. last der vorgegebene Tragmechanismus einstellt. Um-
6. Überprüfung des Gleichgewichts der einzelnen D- lagerungen können allerdings nur durch Verformungen
Bereiche. Die aus dem Tragwerk herausgetrennten des Bauteils bzw. einzelner Bereiche ermöglicht wer-
D-Bereiche müssen – dem Schnittprinzip gehor- den.
chend – für sich im Gleichgewicht sein. Für ideal-plastische Materialien kann, dem unteren
7. Untergliederung des D-Bereichs – soweit erforder- Grenzwertsatz entsprechend, jedes beliebige Tragsys-
lich – in einzelne, zueinander senkrechte oder ggf. tem – d. h. Stabwerkmodell – gewählt werden, da aus-
parallele Ebenen. Dabei müssen an den Verknüp- reichendes Verformungsvermögen vorausgesetzt wird.
fungspunkten der einzelnen Ebenen Kontinuitäts- Bewehrter Beton weist dem gegenüber allerdings ei-
4.3 Entwurf von Stabwerkmodellen 135

ne begrenzte Verformbarkeit auf. So kann die Ver- zusammengefasst, dass sie der Größe nach ihren
formbarkeit in einzelnen Tragwerksbereichen bereits Gegenkräften – Lagerkräfte, Spannungsresultieren-
erschöpft sein, bevor sich der gewünschte innere Span- de im Schnitt zum B-Bereich, etc. – entsprechen
nungszustand einstellt. Im äußersten Fall führt dies (Abb.4.8b). Die Kraft bleibt dann auf ihrem Weg
zu einem Tragwerksversagen noch bevor die Bemes- durch das Tragwerk – entlang ihres Lastpfades –
sungslast erreicht wird. konstant. Die Richtung des Lastpfades stimmt
In Konsequenz muss für bewehrte Betonbauteile si- an Quelle und Mündung mit der Richtung der
chergestellt werden, dass die erforderlichen Umlage- Resultierenden bzw. der Last oder Lagerkraft
rungen der Kräfte klein und damit die Verformungen überein, dazwischen verläuft der Pfad polygon-
begrenzt bleiben; anders gesagt muss die Verträglich- artig. Lastpfade können einander nicht kreuzen.
keit der Verformungen gewährleistet sein. Dies wird in Jeder Richtungswechsel erzeugt Umlenkkräfte, die
erster Linie durch eine geschickte Wahl des Stabwerk- untereinander im Gleichgewicht stehen müssen
modells erreicht. (Abb.4.8c). Dabei sollte der Lastpfad stets den
Neben der Sicherstellung der Tragfähigkeit müssen kürzesten Weg zwischen Einleitungspunkt und
aber auch Anforderungen an die Gebrauchstauglich- Lager verfolgen.
keit und Dauerhaftigkeit – vor allem die Begrenzung • Modellierung mit Hilfe kinematischer Überlegun-
von Rissbreiten und Verformungen – erfüllt werden gen (vgl. Muttoni u. a. 1996)
(vgl. Kap. 2). Stabwerkmodelle basieren auf dem sta- Zunächst wird ein möglichst einfaches inneres
tischen Traglastsatz der Plastizitätstheorie und setzen Tragsystem gewählt, um anschließend die Ver-
unbegrenzte Verformbarkeit voraus, sind daher zwar formungen, die das Bauteil unter der Belastung
für die Bemessung im GZT brauchbar, aber zunächst erfahren würde, qualitativ zu skizzieren. Da sich
nicht für Nachweise auf Gebrauchslastniveau geeignet. in unbewehrten Bereichen als Folge von Zug-
Nach Schlaich und Schäfer sollte daher die Wahl dehnungen klaffende Risse ergeben, wird nach
des Stabwerkmodells unmittelbar an die Spannungs- Anschauung festgelegt, welche Bereiche zusätz-
felder des ungerissenen Bauteils, d. h. nach linearer lich mit Zugstreben ausgestattet werden müssen.
Elastizitätstheorie angelehnt sein. Damit wird sicher- Ergänzende Druckstreben vervollständigen – der
gestellt, dass Umlagerungen und erforderliche Verfor- Forderung nach Gleichgewicht folgend – das
mungen bis zum Erreichen des vorgegebenen Tragsys- Modell. Dieses Vorgehen wird wiederholt, bis sich
tems klein bleiben. Gleichzeitig ist ein befriedigen- ein nach Anschauung und Intuition des Planers
des Verhalten auf Gebrauchslastniveau zu erwarten. befriedigendes Verhalten ergibt.
Die Modellierungsstrategie erlaubt zudem, Nachweise
zur Rissbreitenbegrenzung mit demselben Modell zu Gleich welche Strategie gewählt wird, das gefunde-
führen. ne Stabwerkmodell – insbesondere Lage und Rich-
Sowohl DIN 1045-1 als auch EN 1992-1-1 sehen tung der Streben – sollte, dem Vorschlag von Schlaich
die Orientierung von Stabwerkmodellen an der Span- und Schäfer folgend, anhand der Spannungsfelder aus
nungsverteilung nach linearer Elastizitätstheorie vor. linear-elastischer Berechnung optimiert werden. Ein
Zu den Einschränkungen bei der Anlehnung an Er- probates Werkzeug zur Ermittlung der Spannungsfel-
gebnisse der Elastizitätstheorie vgl. Abschn. 4.3.3. der in ungerissenen Bauteilen sind Finite-Elemente-
Berechnungen mit grobmaschigen Netzen, die heu-

Modellfindung
p A B A B
Für die Modellfindung stehen verschiedene Methoden
zur Verfügung, unter anderem:
C
C C
• Unmittelbare Übernahme von Richtung und Lage
T
der Streben aus den Spannungsfeldern nach Elasti- T T
zitätstheorie
A B A B A B
• Lastpfadmethode (Schlaich u. Schäfer 2001)
Das Modellieren mit der Lastpfadmethode baut a Geometrie b Lastpfade c Stabwerkmodell
und Belastung und Umlenkkräfte
auf der Ähnlichkeit einer Partikelströmung mit
dem Fluss der Kräfte durch das Tragwerk auf. Abbildung 4.8a–c Lastpfadmethode (Schlaich u. Schäfer
Zunächst werden die Lasten so zu Resultierenden 2001)
136 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

te bereits ohne großen Aufwand durchzuführen sind. damit die Geometrie des Stabwerkes korrekt wie-
Über die Anpassung an Spannungsfelder nach Elastizi- derzugeben.
tätstheorie hinaus müssen allerdings die charakteristi- 5. Unter mehreren möglichen Stabwerkmodellen
schen Tragmechanismen von bewehrtem Beton beach- sollte dasjenige bevorzugt werden, welches die
tet werden, die in den Entwurfsgrundsätzen des folgen- geringsten Umlagerungen der inneren Kräfte, d. h.
den Abschnitts zusammengefasst sind. die geringsten Verformungen erfordert. Für dieses
Modell nimmt die Formänderungsarbeit, also die
bis zum Erreichen des Fließzustandes geleistete
elastische Arbeit, ein Minimum an (vgl. Kupfer
4.3.2 Entwurfsgrundsätze 1964).
Z
Der Entwurf von Stabwerkmodellen sollte einigen ele- 1
Wv D F  dx (4.2a)
mentaren Regeln folgen, die im Wesentlichen stahl- 2
betontypisches Verhalten reflektieren (vgl. Schlaich u. 1X
Schäfer 2001): D Fi  i  li (4.2b)
2
i
1X
1. Die Anordnung der Bewehrung sollten bauprak-  Ftd;j  sy  lj (4.2c)
2
tischen Gesichtspunkten folgen; d. h. vorzugswei- j
se gerade Stäbe sollten parallel und senkrecht zu ) Min
den Bauteilkanten angeordnet werden. Die Beweh-
rung sollte, soweit möglich, nah am Rand des Bau- Die Beschränkung auf eine Summation nur über
teils platziert werden, um eine effektive Kontrol- die Zugstreben nach Gl. (4.2c) basiert auf der
le der Rissbreiten zu gewährleisten. Die Zugstre- Annahme, dass die wesentlichen Verformungsan-
ben des Stabwerkmodells müssen naturgemäß den teile durch die gerade fließende Bewehrung ent-
Hauptbewehrungssträngen im Bauteil entsprechen. stehen, während Stauchungen der Betondruckstre-
Für die Betrachtung größerer Tragwerksbereiche ben vernachlässigbar sind. Von dieser Vereinfa-
ist es ausreichend, Bewehrungsscharen aus meh- chung sollte bei hoch beanspruchten Druckstreben
reren Betonstahlstäben durch einen idealisierten großer Länge kein Gebrauch gemacht werden (s.
Zugstab in deren Schwerlinie abzubilden. Dagegen Abb. 4.10b). Gleichung (4.2c) bedeutet in anderen
empfiehlt sich, bei der Untersuchung von Details Worten, ein Stabwerkmodell mit wenigen kurzen
und Knoten zumindest einzelne Bewehrungslagen Zugstreben ist stets günstiger als eines mit vielen
explizit zu berücksichtigen. langen. Dieses objektive Kriterium führt vor Au-
Die Ausrichtung von Bewehrungssträngen nach gen, dass für das Modell nach Abb. 4.10c ein ge-
den Hauptzugspannungsrichtungen einer elasti- genüber den Modellen nach den Abbn. 4.10a und
schen Berechnung (sog. Trajektorienbewehrung) b deutlich ungünstigeres Verhalten zu erwarten ist.
ergibt selten eine praktikable Bewehrungsführung.
Gleichzeitig sollte Bewehrung so angeordnet
werden, dass mehrere Lastfälle damit abgedeckt
a3 a3
werden können; dies ist mit Trajektorienbeweh- a1 a1
sc1 sc3 sc1 sc3
rung ebenfalls selten möglich.
2. Hochbeanspruchte Druckstreben sollten mit den Fc1 Fc3
Druckfeldern nach Elastizitätstheorie übereinstim-
men, um erforderlich Umlagerungen zu minimie-
Fc1
ren.
3. Die Winkel, mit denen Zug- und Druckstreben Fc2

in Knoten aufeinander treffen, sollten zwischen Fc2 Fc3


30ı und 60ı liegen. Deutlich flachere oder steile-
sc2 sc2
re Druckfeldwinkel sind i. d. R. unrealistisch und
verletzen die Verträglichkeit. a2 a2

4. Knoten, an denen drei Druckstreben zusammen-


a Modellvariante 1 b Modellvariante 2
treffen (Druckknoten, vgl. Abschn. 4.4.2), sollten
konsequent nach Abb. 4.9b modelliert werden, um Abbildung 4.9a,b Konsequente Modellierung von Druckkno-
die Lage des Resultierenden-Schnittpunktes und ten (vgl. Reineck 2005)
4.3 Entwurf von Stabwerkmodellen 137

a b c betrachteten Lastfall. Das Stabwerkmodell in Abb. 4.4


q q q
ist beispielsweise nicht in der Lage, Lasten senkrecht
zur Wirkungsrichtung der primären Belastungen auf-
zunehmen.
Ganz allgemein gelten Stabwerkmodelle unabhän-
gig vom Grad ihrer statischen Bestimmtheit zunächst
nur für den betrachteten Lastfall. Allerdings sind sta-
Wv = Σ Ftd,j ε sy lj tisch bestimmte und insbesondere statisch unbestimm-
Wv,1 ⇒ 100% Wv,2 ⇒ 64% Wv,3 ⇒ 424% te Stabwerkmodelle eher in der Lage, Kräfte aus an-
(Achtung: bei Berücksichtigung des hochbeanspruchten Druckgurts
deren Lastfällen abzutragen. Die Modelle sollten aller-
in Modell 2 ergibt sich allerdings für εc = -2,5‰ bereits Wv,2 > Wv,1!) dings so entworfen werden, dass Lage und Richtung
wichtiger Streben sowie hoch beanspruchter (konzen-
Abbildung 4.10a–c Stabwerkmodelle für wandartige Träger – trierter) Knoten für die verschiedenen Lastfälle jeweils
Anwendung des Prinzips vom Minimum der Formänderungs-
energie im Modell erfasst werden. Umgekehrt ist es nicht oh-
ne weiters möglich, Ergebnisse, die an verschiedenen
Stabwerkmodellen erzielt wurden, einfach zu überla-
6. Im ersten Schritt sollte ein möglichst einfaches
gern. Dies ist nur dann akzeptabel, wenn die Kon-
Modell entworfen werden, dass die wichtigsten
sequenzen insbesondere aus der Überlagerung bzw.
Lastpfade abbildet. Teilbereiche können an-
Kreuzung von Zug- und Druckstreben z. B. durch den
schließend durch Subsysteme einer verfeinerten
Ansatz zutreffender effektiver Druckfestigkeiten und
Betrachtung zugänglich gemacht werden.
die Wahl realistischer Kreuzungswinkel erfasst wer-
7. Die Bauteilränder und -oberflächen, die nicht oh-
den. Grundsätzlich sinnvoll ist es, wenn die Modelle
nehin durch eine Zugstrebe im Stabwerkmodell
für die verschiedenen Lastfälle im Wesentlichen – d. h.
vertreten sind, müssen konstruktiv mit Beweh-
hinsichtlich der Lage wichtiger Knoten und Druckstre-
rung – am besten orthogonalen Bewehrungsnet-
ben – übereinstimmen.
zen – versehen werden, um auftretende Risse in
ihrer Breite zu begrenzen. Hierbei sind die Regeln
zur Mindestbewehrung zu beachten.
4.3.3.2 Stabkräfte in statisch unbestimmten
Selbst objektive Kriterien zur Wahl günstiger Mo- Stabwerkmodellen
delle führen nie zu eindeutigen Lösungen. Dies bedeu-
tet erheblichen Gestaltungsspielraum in der Bemes- Reale Tragwerke sind innerlich hochgradig statisch un-
sung und erfordert gleichzeitig Gespür des Anwenders bestimmte Systeme; in einigen Fällen kann ein be-
für das Tragverhalten von bewehrtem Beton. friedigendes Tragverhalten – v. a. auf Gebrauchslast-
niveau – nur durch statisch unbestimmte Stabwerkmo-
delle erreicht werden. Klassisches Beispiel ist die mit
4.3.3 Ergänzungen einer Einzellast beanspruchte Scheibe nach Abb. 4.11.
Da sich die Stabkräfte nicht mehr allein aus Gleichge-
4.3.3.1 Ermittlung der Stabkräfte – Allgemeines wichtsbedingungen berechnen lassen, sind zusätzliche
Bedingungen erforderlich. Hier gibt es drei Möglich-
Bei der Wahl statisch bestimmter Stabwerke lassen keiten:
sich die Strebenkräfte mit den elementaren Werkzeu- 1. Zerlegung in mehrere, hinsichtlich Lage und Rich-
gen der Statik – z. B. Knotengleichgewicht und Rit- tung von Druck- und Zugstreben aufeinander abge-
terschnitt – bestimmen. Häufig werden durch die en- stimmter, statisch bestimmte Stabwerke, denen je-
ge Abstimmung der Stabwerksgeometrie mit der Be- weils ein Teil der gesamten Last zugewiesen wird.
lastung Modelle allerdings Quadratmaschen aufwei- 2. Reduktion auf statisch bestimmte Systeme durch
sen, d. h. kinematisch sein – etwa das Stabwerkmodell die Vorgabe einzelner Stabkräfte
für flaschenförmige Druckstreben nach Abb. 4.4. Dies 3. Berechnung als statisch unbestimmtes Stabwerk
kann zu Problemen bei der Stabkraftermittlung mit über Gleichgewichts- und Verformungsbedingun-
Hilfe von Stabwerksprogrammen führen; allerdings gen, nachdem die einzelnen Streben mit Stabstei-
können diese Schwierigkeiten leicht umgangen wer- figkeiten belegt wurden.
den, wenn zusätzliche (per se spannungslose) Beton-
druckstreben als Diagonalen eingefügt werden. Kine- Die erste Möglichkeit fußt unmittelbar auf der
matische Modelle gelten allerdings nur für den jeweils Plastizitätstheorie; ausreichende Verformungsfähig-
138 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

1 2 oder einer Berechnung des Bauteils nach linearer


F F F F Elastizitätstheorie (FE-Berechnung einer Scheibe)
+ = entnommen werden. Hierzu sind die Spannungen der
jeweils betroffenen Spannungsfelder in geeigneten
Schnitten aufzusummieren. Da hierbei das spezifische
Verhalten von Stahlbeton, d. h. die Veränderung der
Steifigkeit durch Rissbildung, nicht berücksichtigt
Abbildung 4.11 Entwicklung statisch unbestimmter Stabwerk- wird, ist eine ggf. unwirtschaftliche Einschätzung
modelle
insbesondere der Zugstrebenkräfte möglich (vgl.
Fußnote zu Möglichkeit 1).
keit vorausgesetzt, kann die Aufteilung der Last Der dritte Weg zur Berechnung statisch unbestimm-
weitgehend frei erfolgen. Für bewehrten Beton ter Stabwerke basiert darauf, dass vorab die Steifig-
sollte, um breite Risse und schädliche Verformun- keiten der Streben ermittelt werden. Dies erfordert
gen zu vermeiden, die Aufteilung zumindest an für Druckstäbe die Festlegung effektiver Querschnitte.
die Steifigkeitsverhältnisse zwischen den einzelnen Für die Steifigkeit von Zugstreben sollte die Mitwir-
Stabwerken angelehnt werden; die Steifigkeiten der kung des Betons erfasst werden; näheres hierzu ist in
Streben sind hierfür zumindest grob zu schätzen (vgl. Kap. 10 dieses Bandes zu finden. Auf Basis der ange-
Möglichkeit 3). nommenen Steifigkeiten lassen sich die Stabkräfte mit
In Abb. 4.11 werden zwei statisch bestimmte Stab- Hilfe üblicher baustatischer Verfahren – z. B. über ein-
werke überlagert. Da die Druckstreben des Teilmodells fache Stabstatikprogramme – ermitteln.
1 die deutlich steiferen Lastpfade darstellen, wird der
größte Anteil der Lasten über dieses Modell aufge-
nommen; auf Teilmodell  2 entfällt wegen der gerin- 4.3.3.3 Grenzen in der Orientierung
geren Dehnsteifigkeit der Rückhängebewehrung nur nach Elastizitätstheorie
ein kleiner Teil der Last. Umgekehrt gilt: Wenn der
Lastanteil, der zunächst über Zugstreben nach oben ge- Die Orientierung der Stabwerkmodelle an den Ergeb-
hängt wird, zu klein angenommen und in der Folge nissen der Elastizitätstheorie dient primär dem Zweck,
die Rückhängebewehrung zu schwach ausgelegt wird, die Verträglichkeit der Verformungen sicherzustellen
entstehen unmittelbar hinter dem Einleitungspunkt der und erforderliche Umlagerungen klein zu halten. Des-
Last klaffende Risse.3 sen ungeachtet sind Umlagerungen als Folge der Riss-
Der zweite mögliche Weg für die Berechnung bildung in gewissem Umfang möglich.
statisch unbestimmter Stabwerkmodelle entspricht der Dies wird z. B. in der Bemessung von biegebean-
Reduktion des Systems auf ein statisch bestimmtes spruchten Balken im Rahmen der Standardbemessung
Stabwerk durch die Vorgabe einer entsprechenden für B-Bereiche genutzt: Wegen der geringen Dehnstei-
Anzahl an Stabkräften, z. B. durch Vorgabe des figkeit der Bewehrung im Vergleich zur ungerissenen
Bewehrungsquerschnittes einzelner Zugstreben. Zugzone verschiebt sich die Dehnungsnulllinie im Zu-
Diese Kräfte können entweder geeignet geschätzt ge der Rissbildung zum gedrückten Rand hin und be-
wirkt eine Einschnürung der Druckzone. Der Hebel-
3
Die Einleitung von konzentrierten Lasten nach Abb. 4.11 ent- arm zwischen den Druck- und Zugspannungsresultie-
spricht u. a. der häufig anzutreffenden Innenverankerung von renden beträgt für den ungerissenen Querschnitt z D
Spanngliedern in flächenhaften Bauteilen wie z. B. in Boden-
oder Fahrbahnplatten von Hohlkastenbrücken. Die lineare Elas- 2=3h, für gerissene Querschnitte steigt er auf z D 0;8h
tizitätstheorie ergibt eine Aufteilung von jeweils 50% der Kraft und darüber hinaus an. Eine Bemessung mit dem He-
auf die Bereiche vor (D Druckstreben) und hinter (D Zugstre- belarm des ungerissenen Querschnitts, d. h. nach Elas-
ben) dem Einleitungsbereich. Durch Rissbildung nimmt die Stei- tizitätstheorie, führt daher zu erheblich mehr Beweh-
figkeit der Rückhängung deutlich ab; die Lastaufteilung ver- rung, als zur Sicherstellung der Tragfähigkeit notwen-
schiebt sich damit zugunsten der Abtragung über Druckstreben.
Geht die Steifigkeit der Rückhängung gegen Null, d. h. wird kei- dig wäre.
ne Rückhängebewehrung angeordnet, nehmen die Druckstreben Ein weiteres, bereits klassisch zu nennendes
naturgemäß die volle Last auf. Die Folge sind klaffende Ris- Beispiel für die Grenzen der Modellierung nach
se hinter der Verankerung aus Gründen der Verträglichkeit der Ergebnissen linear-elastischer Berechnungen ist der
Verformungen. Im Allgemeinen wird daher ein Anteil von min- in Abb. 4.12 wiedergegebene Versuch an einem
destens 25% der eingeleiteten Kraft über Bewehrung zurückge-
hängt, nach DIN-Fachbericht 102 sind sogar 35% rückzuveran- wandartigen Einfeldträger nach Leonhardt u. Walther
kern (vgl. hierzu DIN 4227 und Eibl u. Iványi 1973; Garske (1966). Wird der Druckgurt in den Schwerpunkt des
1996). Druckspannungsfeldes nach E-Theorie gelegt, beträgt
4.3 Entwurf von Stabwerkmodellen 139

der Abstand vom unteren Rand ca. 0;7h. Der innere


Hebelarm ergibt sich damit zu  0;6h (Abb. 4.12b
und c). Mit diesem Modell sind allerdings nur ca.
40% der tatsächlich erreichten Bruchlast zu erklären.
Im Versuch konnte beobachtet werden, dass kurz
vor dem Versagen der Scheibe Risse weit an den
oberen Rand vorgedrungen waren, der Druckgurt also
deutlich stärker am oberen Rand konzentriert war. Die
C C
für den Traglastzustand eher zutreffende Verteilung
der Spannungsfelder bzw. der Resultierenden mit
vergrößertem Hebelarm ist in Abb. 4.12d wiederge-
geben. Die geprüfte Scheibe wies also ausreichend a Hauptspannungen
Verformungsfähigkeit auf, um erhebliche Umlage-
rungen der Druckkräfte zu ermöglichen. Das innere
Tragsystem entwickelt sich folglich mit zunehmender b Spannungen senkrecht zum Schnitt C-C

Lasthöhe vom Modell nach Abb. 4.12c zu dem nach A B


Abb. 4.12d (Schlaich u. Schäfer 2001).
Dass die direkte Übernahme der Zugspannungsfel-
der und -kräfte nach Elastizitätstheorie in ein Stab-
werkmodell in manchen Fällen nicht ausreicht, um die
Tragfähigkeit sicherzustellen, zeigt das abschließende
Beispiel nach Abb. 4.13. Das Stabwerkmodell offen-
bart, dass rechts neben der Öffnung eine nicht uner-
hebliche Menge an Aufhängebewehrung erforderlich
wird, während die Berechnung nach Elastizitätstheo-
rie dort sogar geringe Druckspannungen ausweist (vgl.
A B
c Stabwerkmodell

Abbildung 4.13a–c Wandartiger Träger mit Aussparung – Auf-


hängebewehrung neben der Aussparung nur aus dem Stabwerk-
modell ersichtlich!
sy

- Rombach 2000). Es sei angemerkt, dass das abge-


bildete Stabwerkmodell noch durch ein weiteres Sub-
+
system mit einer schrägen Zugstrebe, die den Haupt-
zugspannungen an der rechten oberen Ecke der Aus-
sparung folgt, ergänzt werden sollte (vgl. Schlaich u.
a Rissbild nach dem Versuch b Spannungen nach E-Theorie Schäfer 2001).
Normenregelung nach DIN 1045-1
Zum Entwurf von Stabwerkmodellen finden sich in
DIN 1045-1, 10.6.1 drei grundlegende Prinzipien:
• Stabwerkmodelle bestehen aus Betondruckstreben,
Zugstreben und verbindenden Knoten,
• die Strebenkräfte müssen unter Wahrung des Gleich-
gewichts für die Einwirkungen im GZT ermittelt werden
und
• die Zugstreben müssen nach Lage und Richtung mit
der zugeordneten Bewehrung übereinstimmen.
c Modell für den d Modell für den Ergänzt werden die Prinzipien durch eine Reihe von An-
Gebrauchszustand Bruchzustand wendungsregeln:
Abbildung 4.12a–d Versuch an einem wandartigen Träger • Stabwerkmodelle und insbesondere Lage und Rich-
nach Leonhardt u. Walther (1966) und zugehörige Stabwerkmo- tung wichtiger Druckstreben sind nach der Spannungs-
delle für den Gebrauchs- und Bruchzustand – Veränderung des verteilung gemäß linearer Elastizitätstheorie zu orien-
Hebelarms tieren.
140 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

• Stabwerke dürfen kinematisch sein, wenn die Geome- werden kann, dass die Streckgrenzdehnung der Be-
trie auf die Lastkonfiguration abgestimmt ist. wehrung erreicht wird, lässt sich der Tragwiderstand
• Für die Berechnung der Strebenkräfte bei statisch un-
FtRd der Zugstrebe bzw. umgekehrt die erforderliche
bestimmten Modellen dürfen die Steifigkeiten der Stre-
ben näherungsweise berücksichtigt werden. Alternativ Bewehrungsmenge As;req nach den Gln. (4.3) und (4.4)
kann das Stabwerk durch die Wahl von Strebenkräften berechnen.
in Anlehnung an die Kräfte einer Berechnung nach E-
Theorie auf ein statisch bestimmtes Modell zurückge- Ftd  FtRd D As  fyd (4.3)
führt werden. Ftd
• Ergebnisse aus mehreren Stabwerkmodellen dürfen ) As;req D (4.4)
nur dann überlagert werden, wenn die Modelle für je- fyd
de Einwirkung im Wesentlichen übereinstimmen. Da Stabwerkmodelle konstante Strebenkräfte voraus-
Normenregelung nach EN 1992-1-1 setzen, muss die Bewehrung zumindest zwischen kon-
EN 1992-1-1, 5.6.4 enthält zu den Prinzipien nach
zentrierten Knoten ungeschwächt durchgeführt wer-
DIN 1045-1 identische Regeln für den Entwurf von
den. Bei verschmierten Knoten ist eine Abstufung
Stabwerkmodellen. Eine Orientierung vor allem wich-
der Bewehrung möglich, da dort die Umlenkung von
tiger Streben an der Elastizitätstheorie, d. h. eine
Druckkräften in größeren Bereichen erfolgt. Die Re-
näherungsweise Sicherstellung der Verträglichkeit der
gionen, in denen bei verschmierten Knoten Bewehrung
Verformungen wird dagegen nur explizit gefordert, wenn
anzuordnen ist, können durch verfeinerte Stabwerkmo-
das Modell für Nachweise in den Grenzzuständen der
delle – d. h. die Aufteilung einer einzelnen in meh-
Gebrauchstauglichkeit wie z. B. für Spannungs- oder
rere parallele Druckstreben – bestimmt werden (vgl.
Rissbreitennachweise verwendet werden soll.
DAfStb 2003).
Zugstreben, die mit Spannbewehrung abgedeckt
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen werden, erfordern gesonderte Überlegungen. Vor-
Die in DIN 1045-1 enthaltenen Anwendungsregeln werden spannkräfte – ggf. einschließlich der zeitabhängigen
im NA zu EN 1992-1-1 ergänzt. Verluste – werden zweckmäßig als äußere Belastung
in Form von Anker- und Umlenkkräften berücksichtigt
(entspricht formal Ansatz  B nach Abschn. 5.4.5).
Damit kann die Spannstahlspannung, die der Zu-
4.4 Nachweis von Stabwerkmodellen satzdehnung im GZT entspricht, für die Zugstrebe
genutzt werden. Für Vorspannung mit sofortigem oder
Der Nachweis von Druck- und Zugstreben sowie den nachträglichem Verbund ist die nutzbare Spannung
Knoten des Stabwerkmodells für den Grenzzustand z. B. nach DIN 1045-1 auf die technische Streckgrenze
der Tragfähigkeit basiert auf dem Vergleich der Be- limitiert. Der nutzbare Tragwiderstand der Zugstrebe
messungswerte von Einwirkungen und Widerständen ist
Ed  Rd . Die Bemessung von Bauteilen – d. h.  
0;9fpk
die Festlegung der Querschnittsabmessungen und der FtRd D Ap   pmt : (4.5)
s
erforderlichen Bewehrungsmenge – über den Nach-
weis von Stabwerkmodellen ist allerdings iterativ an In Gl. (4.5) bezeichnet pmt die Spannstahlspannung
den Modellentwurf gekoppelt. Erst durch die erfor- zum Zeitpunkt t (z. B. t D 0 oder t ! 1) ohne die
derlichen Abmessungen von Streben und Knoten oder Zusatzdehnung infolge der betrachteten Einwirkungs-
die Verankerungslängen von Bewehrungsstäben kann konfiguration.
die Geometrie letztlich festgelegt werden. Wie er- Unbewehrte Zugstreben, die planmäßig die Beton-
wähnt, werden die Iterationen mit zunehmender Er- zugfestigkeit nutzen, sollten nur in Ausnahmefällen
fahrung im Entwurf von Stabwerkmodellen überflüssig verwendet werden, da ihre Tragfähigkeit generell von
werden. vielen Faktoren, vor allem von den gleichzeitig wir-
kenden, häufig nicht explizit erfassten Zwangsspan-
nungen, abhängt. Hinweise hierzu sind in Schlaich u.
Schäfer (2001) zu finden.
4.4.1 Nachweis von Streben

4.4.1.1 Zugstreben 4.4.1.2 Druckstreben

Zugstreben müssen in aller Regel durch Bewehrung Druckstreben werden für achsial gerichtete, über den
abgedeckt werden. Da im GZT davon ausgegangen Querschnitt der Strebe konstante Betondruckspannun-
4.4 Nachweis von Stabwerkmodellen 141

gen cd mit Gl. (4.6) nachgewiesen. In vielen Fällen werden allerdings Annahmen über
jFcd j das Rissbild getroffen werden müssen; im Zweifel soll-
jcd j D  Rd;max (4.6) te  D 0;6 gewählt werden. Ist mit sehr starker Riss-
Ac;eff
bildung kombiniert mit ungünstigen Beanspruchungen
In Gl. (4.6) beschreibt Ac;eff die effektive Querschnitts- zu rechnen, sollten geringere effektive Druckfestigkei-
fläche der Strebe; bei bekanntem Rd;max können da- ten angenommen werden ( D 0;525). Dies ist z. B.
mit deren erforderliche Abmessungen ermittelt wer- bei Gurten von Hohlkastenträgern der Fall, die Zugbe-
den. Bei ebenen Tragelementen wie z. B. Scheiben, anspruchungen aus Biegung und umlaufende und sich
Konsolen oder Trägerstegen wird die Breite der Stre- kreuzende Zug- und Druckstreben aus Torsion aufwei-
be senkrecht zur Betrachtungsebene in der Regel der sen.
Bauteilbreite entsprechen. Wie schon angedeutet, gibt es verschiedene cha-
Über Rd;max D fcd;eff D fcd wird die effekti- rakteristische Ausprägungen von Druckstreben, die zu
ve Druckfestigkeit4 bei mehrachsialem Spannungszu- drei Grundformen zusammengefasst werden können
standes mit dem zu erwartenden Rissbild als kenn- (Abb. 4.14):
zeichnenden Parameter eingeführt (s. Abschn. 3.7.4).
Hierbei differenziert DIN 1045-1 und parallel dazu • prismatische, parallele Spannungsfelder
NA D feiner als EN 1992-1-1, in der lediglich • fächerförmige Spannungsfelder
zwischen ungerissenem und gerissenem Beton unter- • flaschenförmige Spannungsfelder.
schieden wird. Unabhängig davon wird stets vorausge- Während prismatische Felder vorwiegend als Druck-
setzt, dass die Winkel zwischen Druck- und Zugstre- gurte biegebeanspruchter Bauteile auftreten, verbinden
ben des Stabwerkmodells in realistischen Grenzen ( fächerförmige Spannungsfelder konzentrierte mit ver-
30–60ı) gewählt werden. Nach DIN 1045-1 zusammen schmierten Knoten z. B. als Druckfelder im Endaufla-
mit DAfStb (2003) gilt ( wird dort mit ˛c bezeichnet; gerbereich von Balken. Flaschenförmige Druckfelder
1 D 1 für Normalbeton): z. B. nach Abb. 4.4 verbinden zwei konzentrierte Kno-
 D 1;01 bei ungerissenem Beton ten. Zwischen den Knoten weitet sich das Druckfeld
D 0;751 bei Druckstreben parallel auf; bezüglich der mitwirkenden Breite beff und der
aus der Aufweitung entstehenden Querzugspannungen
zu Rissen vgl. Abschn. 4.5.1.
D 0;601 wenn Druckstreben Bei Druckspannungsfeldern, die sich zu Knoten hin
Risse kreuzen stark einschnüren, wird der Spannungsnachweis an der
D 0;5251 bei ungünstigen Bedingungen: Stelle der größten Einschnürung, d. h. am Übergang
zum Knoten maßgebend. Da Knoten ohnehin nachge-
Die einachsiale Druckfestigkeit fcd . D 1;0/ kann wiesen werden müssen, erübrigt sich damit ein geson-
vor allem bei prismatischen Druckstreben, z. B. bei derter Nachweis der Druckstrebe.
Druckgurten in B-Bereichen biegebeanspruchter Bau- Die Idealisierung von Druckstreben als axial be-
teile verwendet werden (vgl. Biegebemessung nach anspruchte Stäbe mit konstanter Spannungsverteilung
Kap. 6). Risse parallel zur Druckstrebenrichtung wer- bereitet mitunter Probleme am Übergang zwischen
den u. a. durch den aus der Spannungsausbreitung ent- D- und B-Bereichen (Abb. 4.15). Die Bemessung
stehenden Querzug hervorgerufen; dem entsprechend mit Stabwerkmodellen setzt voraus, dass mit dem
sollte für die häufig vorkommenden flaschenförmigen Heraustrennen des D-Bereichs aus dem Tragwerk die
Druckfelder zwischen konzentrierten Knoten höchs- Randbedingungen – in diesem Fall die Verteilung
tens Rd;max D 0;751  fcd . D 0;75/ gewählt der Druckspannungen im Schnitt – konsistent über-
werden. Dies setzt allerdings eine weitgehende Aus- nommen werden (vgl. Abschn. 4.2.3, Punkt 5). Im
richtung der Druckstreben nach der Spannungsvertei-
lung gemäß Elastizitätstheorie voraus. In querkraftbe-
anspruchten Trägerstegen kann nach DIN 1045-1 für
die schrägen Druckstreben ebenfalls  D 0;75 an-
genommen werden, da die Begrenzung des zulässi-
gen Druckstrebenwinkels starke Abweichungen zwi-
schen Druckfeld- und Rissrichtung vermeidet (Reineck
2001).
4 a Prisma b Fächer c Flasche
Der Praxis in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 folgend, ist Rd;max
ein Kennwert der Festigkeit, damit per se positiv. Abbildung 4.14a–c Typen von Druckspannungsfeldern
142 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

Konzentrierte Knoten weisen äußerst komplexe


Tragmechanismen und Spannungszustände auf; einem
Nachweis werden sie nur durch pragmatische Ver-

D- Bereich
einfachungen zugänglich. In der Praxis hat sich die
Einteilung in drei Grundformen von Knoten bewährt,
auf die der Großteil möglicher Knoten zurückgeführt
werden kann. Je nach dem Typ der Streben, die sich in
c fcd
einem Knoten treffen, entstehen folgende Typen:5
fcd
• Druckknoten (CCC-Knoten)
B- Bereich • Druck-Zug-Knoten mit Verankerung eines Beweh-
rungsstranges (TCC-Knoten)
e
• Knoten mit Bewehrungssträngen in zwei Richtun-
gen, z. B. Umlenkungen (TTC-Knoten).
Abbildung 4.15 Kontinuität von Druckspannungsfeldern am
Übergang zwischen B- und D-Bereichen (vgl. Abb. 4.27) Für konzentrierte Knoten muss primär nachgewie-
sen werden, dass die Betondruckspannungen die für
die jeweiligen Randbedingungen zutreffende effekti-
biegebeanspruchten B-Bereich werden Spannungs- ve Betondruckfestigkeit fcd;eff D   fcd D Rd;max
Dehnungs-Linien für Beton nach Abschn. 3.1.2 wie nicht überschreiten. Dabei ist fcd;eff innerhalb eines
z. B. das Parabel-Rechteck-Diagramm verwendet, Knotens – analog zu den Streben – abhängig vom
mit denen Druckspannungsverteilungen für linear vorherrschenden mehrachsialen Spannungszustand (s.
über den Querschnitt verteilte Dehnungen abgebildet Abschn. 3.7.4).
werden können. Dem steht für den D-Bereich die Knoten mit Zugstreben erfordern zusätzlich den
Annahme konstanter Spannungen gegenüber. Für den Nachweis der sicheren Verankerung bzw. Umlenkung
Druckknoten in Abb. 4.15 kann Rd;max D 1;11  fcd des Bewehrungsstranges. Da die Knoten jeweils in
angesetzt werden (vgl. Abschn. 4.4.2), während das einer Ebene nachgewiesen werden, muss die Ebene
prismatische Druckfeld im angrenzenden B-Bereich senkrecht dazu in der Regel durch konstruktive Maß-
auf die einachsiale Druckfestigkeit fcd begrenzt ist. nahmen wie z. B. Bewehrung zur Aufnahme von Spalt-
Daraus folgt wegen des größeren Hebelarms ein zugkräften erfasst werden.
sprunghafter Anstieg der Biegetragfähigkeit beim
Übergang vom B- zum D-Bereich.
Ein kontinuierlicher Übergang zwischen beiden Be- 4.4.2.1 Druckknoten
reichen wird durch die Modifikation der Spannungen
im D-Bereich – z. B. durch die Verwendungen des Druckknoten nach Abb. 4.16 treten unter anderem bei
Spannungsblocks nach Abb. 3.10 – erreicht (DAfStb Einzellasten und Konsolen auf. Im GZT ist nachzuwei-
2003; Reineck u. Fitik 2005). Unabhängig davon sollte sen, dass die Spannungen an den Knotenrändern cd;1 ,
die Höhe des prismatischen Druckfeldes in Bereichen cd;2 und cd;3 die Betondruckfestigkeit (! Rd;max )
mit parallelem Druck- und Zuggurt (B-Bereich) nicht nicht überschreiten. Gleichwertig dazu ist der Nach-
größer sein als sie sich aus der linearen Dehnungsver- weis von cd;1 und cd;0 .
teilung ergeben würde. Der in ebenen Druckknoten herrschende zweiach-
siale Druckspannungszustand wirkt günstig auf die ef-
fektive Festigkeit; so kann z. B. nach DIN 1045-1 eine
4.4.2 Nachweis von Knoten Erhöhung um 10% gegenüber der einachsialen Druck-
festigkeit angesetzt werden: Rd;max D 1;11 fcd .
In Stabwerkmodellen treffen sich jeweils mindestens Die Abmessungen a1 und a0 des Knotens können
drei Streben in singulären (konzentrierten) oder konti- grundsätzlich frei gewählt werden; über die Winkel
nuierlichen (verschmierten) Knoten. Nur in singulären 2 und 3 sind dann die Abmessungen der Druckstre-
Knoten werden Kräfte auf eng begrenztem Raum über ben an den Rändern des Knotens festgelegt. Allerdings
hohe Betondruckspannungen kurzgeschlossen. Zur Si- wird häufig a1 durch die Größe von Lagerplatten oder
cherstellung der Tragfähigkeit müssen daher singulä- 5
Im angelsächsischen Sprachraum ist die Kurzform der Knoten-
re Knoten nachgewiesen werden; kontinuierliche Kno- bezeichnung nach den drei angreifenden Kräften verbreitet; mit
ten werden im Allgemeinen durch Konstruktionsregeln ‘C’ für Druck (engl. compression) und ‘T’ für Zug (engl. tensi-
abgedeckt. on) folgt: ‘CCC’, ‘TCC’ und ‘TTC’.
4.4 Nachweis von Stabwerkmodellen 143

Fcd,2 Fcd,3 kann daher auf diese beiden Komponenten beschränkt


a3
werden:
,2
2

cd
a
F F q2 q3
scd,2
cd
,3 Fcd;1
cd;1 D  Rd;max ; (4.14)
a1 b
scd,3
Fcd,1 Fcd;2 cos 2
a0
cd;0 D
q2 scd,0 q3 a0 b
scd,1 Fcd;3 cos 3
D  Rd;max : (4.15)
Fcd,12 Fcd,3 a0 b
Fcd,13
a12 a13 Fcd,1 Die optimale Höhe a0 ergibt sich, wenn im Knoten ein
Fcd,1 Fcd,2 hydrostatischer Spannungszustand herrscht, d. h.
a1 Krafteck
Fcd,1 = Fcd,12 + Fcd,13
cd;1 D cd;2 D cd;3 D cd;0 : (4.16)
Abbildung 4.16 Druckknoten
Dies ist der Fall, wenn alle Streben senkrecht auf die
Knotenberandungen treffen; aus Abb. 4.16 ist abzule-
die Abmessungen des Druckgurtes in angrenzenden B- sen:
a1
Bereichen bereits vorgegeben sein. Grundsätzlich ist a0 D : (4.17)
es nicht notwendig, dass die Streben senkrecht auf den tan 2 C tan 3
Knotenrändern stehen; allerdings bietet dies erhebliche Wenn für den Knoten a0  a0 gewählt wird, ist der
Vorteile für den Nachweis (s. u.). Nachweis cd;1  Rd;max hinreichend für den Nach-
Im allgemeinen Fall ergeben sich die Spannungen weis des gesamten Druckknotens; alle anderen Nach-
an den Knotenrändern zu6 weise sind automatisch erfüllt.
Fcd;1 Fcd;2 Fcd;3
cd;1 D ; cd;2 D ; cd;3 D ;(4.7)
a1 b a2 b a3 b 4.4.2.2 Druck-Zug-Knoten
mit b als Dicke des Bauteils senkrecht zur Knotenebe-
ne. Es gilt (vgl. Abb. 4.16): Druck-Zug-Knoten nach Abb. 4.18, in denen Beweh-
rungsstränge enden und wirksam verankert werden
a2 D a12 sin 2 C a0 cos 2 ; (4.8) müssen, treten unter anderem an Endauflagern von
a3 D a13 sin 3 C a0 cos 3 : (4.9) Balken und wandartigen Trägern oder bei der exzen-
Hierbei beschreiben a12 und a13 gleichzeitig die Auf- trischen Einleitung konzentrierter Kräfte z. B. an Kon-
teilung der Druckkraft Fcd;1 auf die beiden Streben. solen auf.
Aus dem Gleichgewicht in Richtung von Fcd;1 folgt: Die Verankerung der Bewehrung kann hierbei
auf verschiedenen Wegen erfolgen (Abb. 4.17; s.
Fcd;2;v Fcd;2 Abschn. 15.3):
a12 D a1  D a1 sin 2  ; (4.10)
Fcd;1 Fcd;1
• Ankerkörper am Stabende
Fcd;3;v Fcd;3
a13 D a1  D a1 sin 3  : (4.11) • Verbundverankerung gerader Stäbe
Fcd;1 Fcd;1 • Verbundverankerung in Kombination mit zusätz-
Eingesetzt in die Gln. (4.8) und (4.9) ergeben sich die lichen Maßnahmen (Endhaken, Schlaufen, ange-
Strebenabmessungen. schweißte Querstäbe, etc.).
Fcd;2 Die konstruktive Gestaltung der Verankerung entschei-
a2 D a1 sin2 2  C a0 cos 2 ; (4.12)
Fcd;1 det über die erforderliche Verankerungslänge, über die
Fcd;3 die Zugkraft der Bewehrung abgegeben wird, und ist
a3 D a1 sin2 3  C a0 cos 3 (4.13) damit maßgebend für die Abmessungen des Knotens.
Fcd;1
Ankerkörper am Ende des Stabes nach Abb. 4.17b
Da keine Schubspannungen an den Knotenrändern werden z. B. angeschweißt oder auf den vorab mit
wirken, sind die beiden senkrecht zueinander stehen- einem Gewinde versehenen Bewehrungsstab aufge-
den Spannungskomponenten cd;1 und cd;0 gleich- schraubt und sind i. d. R. auf die volle Zugkraft As fyd
zeitig Hauptspannungen des Knotens; der Nachweis des Stabes ausgelegt. Die Zugkraft wird daher als
konzentrierte Druckkraft hinter dem Knoten eingelei-
6
Im Folgenden werden die Betragszeichen für Fcd;i der Über- tet und erfordert ggf. den Nachweis der Teilflächen-
sichtlichkeit halber weggelassen. belastung vor dem Ankerkörper. Bei einer Veranke-
144 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

a2 Fcd,2
Ftd Ftd
Fc
d,2
Ftd

q2
lb
a Verbundverankerung b Ankerkörper scd,2 Fcd,1

s0
Abbildung 4.17a,b Möglichkeiten der Verankerung von Be-

u
Ftd

s
wehrung

s0
rung über Verbund wird die Stabzugkraft über radial scd,1
gerichtete Druckstreben, die von den Rippen ausge- _
> 2s0 Fcd,1 Fcd,2
hen, an den Beton übertragen (Abb. 4.17a; vgl. Ab- _
> s/2 a1 Fcd,1
schn. 3.6). Die Umlenkung der Druckstreben erzeugt lb,dir
Ftd Krafteck
gleichzeitig Ringzugspannungen. Vereinfachend wird
angenommen, dass entlang der Verankerungslänge lb a mit Überstand der Bewehrung
über den Stabumfang verteilte konstante Verbundspan-
nungen b wirken. Um die erforderliche Verankerungs-
länge eines Stabes zu ermitteln, wird für b der in a2
Ausziehversuchen ermittelte Bemessungswert der Ver- Fc
bundfestigkeit fbd eingesetzt. Aus dem Gleichgewicht d,2

entlang eines mit Ftd D As fyd ausgenutzten Stabes er- q2


gibt sich lb nach Gl. (4.18).
scd,2
Ftd ds fyd
lb D D (4.18)
fbd Us 4fbd u = s+ds Ftd

Hierbei bezeichnet Us den Umfang des Stabes. Die


Verbundfestigkeit fbd hängt von zahlreichen Einfluss- scd,1
größen ab (vgl. Abschn. 3.6.2); beispielsweise kann < 2s0
< s/2 Fcd,1
bei Querdruck, der in Druck-Zug-Knoten i. d. R. vor- a1
lb,dir
handen ist, fbd um 50% vergrößert bzw. die erforder-
lich Verankerungslänge mit dem Faktor 2=3 reduziert
werden. b ohne Überstand der Bewehrung
Durch die Ausbildung des Stabes als Schlaufe,
Abbildung 4.18a,b Knoten mit Verankerung von Bewehrung –
durch die Formung des Stabendes als Haken oder Druck-Zug-Knoten
durch das Aufschweißen von Querstäben wird eine
Kombination der Tragwirkungen Verbund und Kon-
taktpressung erreicht. Nur mehr etwa 70–50% der
Zugkraft müssen durch Verbund übertragen werden, rung  2s0 und  s=2), kann die volle Höhe
die Verankerungslänge lb wird entsprechend reduziert des Zuggurtes angesetzt werden. Mit s als Achsab-
(vgl. Abschn. 15.3). stand und n als Anzahl der Bewehrungslagen folgt
Die Ausbreitung der über Verbund, Ankerkörper, (Abb. 4.18a):
etc. eingeleiteten Druckspannungen am Beginn des
Knotens (in Abb. 4.18 linkes Ende) entscheidet über u D n  s C 2s0 : (4.19)
die wirksame Höhe u des Zuggurtes und damit letzt-
lich über die Geometrie des Knotens und die Abmes- • Wirken keine Druckspannungen (Überstand der Be-
sungen der Druckstrebe für Fcd;2 . Hierbei begrenzt der wehrung < 2s0 ), ist der Zuggurt auf das Beweh-
Abstand der Zugstrebe vom Rand – d. h. die Beton- rungspaket begrenzt (Abb. 4.18b):
deckung der außenliegenden Bewehrung – die Aus-
breitung. Vereinfachend werden nur zwei Fälle unter- u D n  s C ds ; (4.20)
schieden:
Die gängige und in EN 1992-1-1 übernommene
• Wirken am Beginn des Knotens bereits Druckspan- Darstellung des Knotens basiert auf der Annahme,
nungen (Ankerkörper oder Überstand der Beweh- dass die eingeleiteten Druckspannungen cd;1 über die
4.4 Nachweis von Stabwerkmodellen 145

volle Höhe des idealisierten Zuggurtes durch Druck- Gleichung (4.22) zusammen mit cd;1  Rd;max ent-
bzw. Verbundspannungen umgelenkt werden; d. h. die spricht wieder dem Nachweis der Hauptspannungen
Druckstrebe für Fcd;2 trifft unter dem Winkel 2 auf die im Knoten.
Vorderkante der Lagerplatte (vgl. Schlaich u. Schäfer Die für den Verankerungsnachweis der Bewehrung
2001; Reineck 2005). Die Länge a1 des Knotens wird vorhandene Verankerungslänge beginnt an der Kno-
in der Regel durch die Lagerabmessungen festgelegt; tenvorderseite – nach DIN 1045-1 an der Vorderkante
mit bekanntem Druckstrebenwinkel 2 folgt daraus a2 der Lagerplatte (Abb. 4.18), nach EN 1992-1-1 etwas
nach Gl. (4.21). großzügiger am Schnittpunkt zwischen der Schwerli-
nie der Bewehrung und dem Rand des Knotens.
a2 D a1 sin 2 C u cos 2 (4.21)

In DIN 1045-1 wird allerdings davon ausgegan- 4.4.2.3 Umlenkung von Bewehrung
gen, dass die Druckspannungen generell erst dann
umgelenkt werden können, wenn sie auf die erste Knoten nach Abb. 4.19, in denen der Richtungswech-
Bewehrungslage treffen. Durch diese Annahme wird sel einer Zugkraft – in der Regel mit abgebogenen Be-
die Druckstrebenbreite a2 im Fall nach Abb. 4.18a wehrungsstäben – durch eine Druckkraft im Gleichge-
um .s0  ds =2/ cos 2 reduziert; gleichzeitig liegt der wicht gehalten wird, treten u. a. in Rahmenecken oder
Schnittpunkt der Resultierenden nicht mehr mittig über Balken mit aufgebogener Bewehrung, z. B. an abge-
der Lagerplatte. setzten Auflagern auf.
Für den Druck-Zug-Knoten sind folgende Nachwei- Der Richtungswechsel der Zugkraft erzeugt radial
se zu führen: gerichtete Umlenkpressungen u D Ftd =.dbr =2 C ds =2/
• Nachweis der Druckspannungen cd;1  Rd;max mit dbr als Biegerollendurchmesser.7 Sofern die Zug-
und cd;2  Rd;max kraft im Stab entlang der Krümmung konstant bleibt,
• Verankerungsnachweis der Bewehrung (s. Ab- weist die Resultierende der Umlenkpressung stets in
schn. 15.3). Richtung der Winkelhalbierenden (Abb. 4.19a). Für
die gebräuchlichste Anwendung – ein um 90ı abgebo-
Die effektive Betondruckfestigkeit ist durch Querzug- gener Stab – ist bei Ftd;1 D Ftd;2 D Ftd der Druckstre-
spannungen, die unmittelbar durch die Bewehrung benwinkel pD 45ı , die Druckstrebenkraft folgt zu
eingeleitet werden oder als Folge der Verbundver- Fcd D F ptd 2, für die Breite der Druckstrebe gilt
ankerung entstehen, gegenüber der einachsialen a D dbr = 2.
Druckfestigkeit verringert. Nach DIN 1045-1 gilt Im allgemeinen Fall trifft die Druckstrebe
Rd;max D 0;751 fcd , wenn alle Winkel zwischen nicht in der Winkelhalbierenden auf die Umlen-
Zug- und Druckstreben mindestens 45ı betragen. kung (Abb. 4.19b). Dies ist gleichbedeutend mit
Dessen ungeachtet ist mit akzeptablem Verhalten des Ftd;1 ¤ Ftd;2 ; die Differenz der beiden Zugkräfte muss
Knotens bis zu Druckstrebenneigungen 2 D 30ı zu im Bereich der Umlenkung über Verbund verankert
rechnen (vgl. DAfStb 2003); entsprechend können werden. Gleichzeitig wird die Breite der Druckstrebe
Winkel zwischen 30ı und 60ı frei gewählt werden. reduziert:
Werden für die Verankerung der Bewehrung An-
kerkörper verwendet, entsteht analog zum Druckkno- a D dbr sin  : (4.23)
ten ein mehrachsialer Druckspannungszustand, d. h. es
darf Rd;max D 1;11 fcd angesetzt werden. Die Veran- In Gl. (4.23) bezeichnet  den kleineren der beiden
kerung mit Schlaufen kombiniert die Wirkung von An- Winkel zwischen Zug- und Druckstrebe.
kerkörpern mit der Verbundverankerung; gleichzeitig Für Umlenkungen ist nachzuweisen, dass die
erzeugen die Schlaufen eine teilweise Umschnürung Druckspannungen cd die effektive Druckfestigkeit
des Knotens. In Schlaich u. Schäfer (2001) und DAfStb nicht überschreiten. Da Querzug in zwei Richtungen
(2003) wird für diesen Fall eine gegenüber der reinen zu erwarten ist, legt z. B. DIN 1045-1 die Druckfestig-
Verbundverankerung etwas höhere effektive Druckfes- keit mit Rd;max D 0;751 fcd fest. Allerdings braucht
tigkeit Rd;max D 0;851 fcd empfohlen. dieser Nachweis bei einlagiger Bewehrung nicht
Auf den Nachweis für cd;2 kann verzichtet werden, geführt werden, da die zulässigen Biegerollendurch-
wenn für die (fiktiven) Druckspannungen aus der Ver-
ankerung des Zuggurtes Gl. (4.22) erfüllt ist.
7
Der Biegerollendurchmesser dbr ist der Durchmesser des Dor-
Ftd nes oder der Rolle, um die der Bewehrungsstab gebogen wird;
cd;0 D  Rd;max (4.22) dbr bezieht sich daher auf den Innendurchmesser.
ub
146 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

Ftd,1 a unrealistisches
Stabwekmodell
Ftd,1
q
scd
Ftd,2 Fcd

45°
_ l b,net
>

DFtd
cd
Fcd
F
dbr/2 Ftd,2
a q
Ftd,2
Ftd,1
b realistisches Modell c zugehörige Bewehrung
Ftd,1 = Ftd,2
q = 45o Abbildung 4.20a–c Rahmenecke mit unterschiedlichen Bauhö-
a Umlenkung mit q = 45o hen von Riegel und Stiel

wiesen, dass durch die Ausbreitung der entlang des


Ftd,1
Ftd,1 Stabes eingeleiteten Umlenkpressungen – ähnlich der
Einleitung konzentrierter Kräfte – Querzugspannun-
Fcd
q Ftd,2 gen senkrecht zur Betrachtungsebene entstehen, die
scd durch geeignete Bewehrung, z. B. eine Umbügelung,
aufgenommen werden müssen.
Wird der Zugkraftunterschied Ftd D jFtd;1 Ftd;2 j
cd
F

Ftd,2 Fcd zu groß – wie dies z. B. bei Rahmenecken mit erheb-


a

q lich unterschiedlichen Bauhöhen von Stiel und Riegel


dbr/2 der Fall ist – ergeben sich ausgeprägt spitze Winkel
Ftd,1
Ftd,2 zwischen Zug- und Druckstrebe (Abb. 4.20). Dem Mo-
Ftd,1 > Ftd,2
q < 45o
dell entsprechend ist dies gleichbedeutend mit einer er-
heblichen Abnahme der Zugkraft über die Abbiegung.
Tatsächlich wird die Zugkraft entlang der Stabkrüm-
b Umlenkung mit q = 45o
mung annähernd konstant sein; eine Verankerung von
Abbildung 4.19a,b Knoten mit Umlenkung von Bewehrung Ftd muss dem entsprechend bereits im Bereich vor
der Krümmung erfolgen. Daher trifft die Druckstre-
be in der Winkelhalbierenden, d. h. unter 45ı auf den
messer bereits die Einhaltung von Rd;max sicherstellen Knoten. Durch zusätzliche (in Abb. 4.20 horizontale)
(vgl. DIN 1045-1, 12.3.1 oder EN 1992-1-1, 8.3). Zugstreben muss die Druckstrebe umgelenkt werden,
Bei mehrlagiger Bewehrung addieren sich die Um- um schließlich in den Druckgurt des Stiels zu mün-
lenkkräfte der einzelnen Lagen. Der Nachweis ist dann den. Die Summe dieser Zugstrebenkräfte entspricht für
nicht mehr automatisch erfüllt, sondern muss über  D 45ı der Zugkraftdifferenz Ftd .
Gl. (4.24) oder Gl. (4.25) geführt werden. Für die ers- Normenregelung nach DIN 1045-1
te Gleichung muss  der kleinere der Winkel zwischen Bemessung von Zug- und Druckstreben
Zug- und Druckstrebe sein (s. o.), für Gl. (4.25) gilt Für den Nachweis der Betondruckstreben werden in
diese Einschränkung nicht. DIN 1045-1, 10.6.2 sowie ergänzend in DAfStb-Heft 525
folgende Bemessungswerte der Druckstrebenfestigkei-
Fcd ten Rd;max angegeben (1 D 1;0 für Normalbeton, für
cd D (4.24)
bdbr sin  Leichtbeton vgl. Abschn. 3.3):
maxfFtd;1 Ftd;2 g • ungerissene Druckzonen:
D (4.25) Rd;max D 1;01  fcd
bdbr sin  cos 
• Druckstreben parallel zu Rissen:
 Rd;max Rd;max D 0;751  fcd
• Druckstreben kreuzen Risse:
Die Gleichungen setzen für den Ansatz der gesamten Rd;max D 0;61  fcd
Dicke b des Bauteils eine über b gleichmäßig verteil- • starke Rissbildung:
te Bewehrung voraus. Ergänzend wird darauf hinge- Rd;max D 1;01  fcd .
4.5 Typische Stabwerkmodelle 147

In Bereichen mit parallelem Druck- und Zuggurt (B- Tabelle 4.1 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Be-
Bereiche) sollte die Höhe des Druckspannungsfeldes zur messungswert der Druckfestigkeit von Knoten
Wahrung der Verträglichkeit nicht größer gewählt werden,
als sie sich bei ebener Dehnungsverteilung ergeben NDP EU D A
würde.
Als Anwendungsregel wird darauf hingewiesen, dass 1;251 Druck parallel zum Rissa
0 fck
Druckstreben, deren Druckfelder sich zu konzentrierten  1 250
1;001 Druck kreuzt Rissa;b EU
Knoten stark einschnüren, nicht gesondert nachgewiesen
0;8751 starke Rissbildung, V + Ta
werden brauchen, wenn Nachweise für die angeschlosse-
nen Knoten geführt werden. k1 1;00 1;10 EU
Für Zugstreben wird der Bemessungswert der Stahl- k2 0;85 0;75 EU
spannung begrenzt auf fyd bei Betonstahl und 0;9fp0;1k =s k3 0;75 0;75 EU
bei Spannstahl. Die Bewehrung muss ungeschwächt bis in
konzentrierte Knoten geführt werden. Bei verschmierten k4 3;00 1;10c EU
Knoten kann die Bewehrung gestaffelt werden, vorausge- a
Für Betonfestigkeitsklassen C55 und höher ist  mit (1,1fck =500/
setzt, alle umzulenkenden Druckwirkungen werden durch
zu multiplizieren
Bewehrung erfasst. b
Gilt auch für den Nachweis von Knoten entsprechend EN 1992-1-1,
Bemessung von Knoten 6.5.4
DIN 1045-1 stellt in Abschnitt 10.6.3 die drei typischen c
Höhere Werte bis k4 D 3,0 bei genauerem Nachweis
Knotenformen – Druckknoten, Druck-Zug-Knoten und Um-
lenkung von Bewehrung (vgl. Abbn. 4.16, 4.18 und 4.19) –
vor und gibt Bemessungswerte der Druckfestigkeit Rd;max
an (1 D 1;0 für Normalbeton, für Leichtbeton vgl. Ab- Bemessung von Knoten
schn. 3.3): In EN 1992-1-1, 6.5.4 werden folgende Bemessungswer-
te der Druckfestigkeit in konzentrierten Knoten angegeben
• Druckknoten: (mit  0 , k1 , k2 und k3 ! NDP, Tabelle 4.1):
Rd;max D 1;11  fcd
• Druck-Zug-Knoten: • Druckknoten (Abb. 4.16):
Rd;max D 0;751  fcd . Rd;max D k1   0  fcd
• Druck-Zug-Knoten (Abb. 4.18):
Für den Nachweis von Druck-Zug-Knoten mit dem
Rd;max D k2   0  fcd
genannten Bemessungswert Rd;max wird vorausgesetzt,
• Druck-Zug-Knoten mit Verankerung von Bewehrung in
dass alle Winkel zwischen Zug- und Druckstreben
mehreren Richtungen, Umlenkungen (Abb. 4.19):
mindestens 45ı betragen.
Rd;max D k3   0  fcd .
Sofern höhere Werte der Druckfestigkeit genutzt wer-
den sollen, müssen genauere Nachweise, z. B. der Nach- Die oben angegebenen Bemessungswerte der Druck-
weis der Teilflächenpressung nach DIN 1045-1, 10.7, ge- spannungen dürfen bei vorliegen einer der folgenden Be-
führt werden. Der Nachweis von Umlenkungen wird durch dingungen um 10% erhöht werden:
die Einhaltung zulässiger Biegerollendurchmesser nach
• Dreiachsialer Druck wird sichergestellt.
DIN 1045-1, 12.3.1 erfüllt.
• Alle Winkel zwischen Druck- und Zugstreben betragen
Für weitere Angaben wird auf DAfStb-Heft 525 verwie-
mindestens 55ı .
sen. Dort finden sich folgende Ergänzungen:
• An Auflagern oder durch Einzellasten aufgebrachte
• Wird die Bewehrung in Druck-Zug-Knoten mit Schlau- Spannungen sind gleichmäßig verteilt und der Knoten
fen verankert, kann ein erhöhter Bemessungswert der ist durch Bügel gesichert.
Druckfestigkeit Rd;max D 0;851 fcd angesetzt werden. • Die Bewehrung ist in mehreren Lagen angeordnet.
• Die Forderung, den Bemessungswert Rd;max D • Im Knoten wird zuverlässig Querdruck durch die Anord-
0;751 fcd für Druck-Zug-Knoten nur bei Druckstreben- nung der Lager oder durch Reibung erzeugt.
winkeln größer 45ı anzuwenden, wird eingeschränkt.
Es bestehen keine Bedenken für eine Anwendung bis Wenn gewährleistet wird, dass stets dreiachsialer Druck
zu Druckstrebenwinkeln von 30ı . herrscht und die wirkenden Kräfte bekannt sind, kann dem
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Nachweis die effektive Druckfestigkeit für rotationssym-
Bemessung von Zug- und Druckstreben metrische Druckspannungszustände nach EN 1992-1-1,
Nach EN 1992-1-1, 6.5.2, gelten für den Nachweis von 3.1.9 zugrunde gelegt werden. Die obere Grenze der Fes-
Druckstreben in Stabwerkmodellen folgende Bemes- tigkeit ist gegeben durch Rd;max D k4   0  fcd (k4 ! NDP,
sungswerte der Druckfestigkeit: Tabelle 4.1).
• Bereiche mit Querdruck oder ohne Querzug:
Rd;max D fcd
• gerissen Druckzonen:
Rd;max D 0;6 0 fcd mit  0 ! NDP. 4.5 Typische Stabwerkmodelle
Für die Bemessung von Zugstreben wird in EN 1992-
1-1, 6.5.3 auf die Spannungs-Dehnungs-Linien von Beton-
stahl und Spannstahl für die Querschnittsbemessung ver- In den folgenden Abschnitten werden Stabwerkmodel-
wiesen. le für sich wiederholende, typische Diskontinuitätsbe-
148 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle
a

FEd F F/2 F/2


y
+ sy 1 ~ a/4
- Fcd,1
sx z = b/2
~b h
q
2 ~ 0,6 b
Ftd,1

R R = F/2
b x

a Hauptspannungen b Spannungen sx und sy c Stabwerkmodell d Bewehrung

Abbildung 4.21a–d Einleitung einer konzentrierten Einzellast – Standardfall schlanke Scheibe (b= h  1;6)

reiche von Tragwerken vorgestellt. Der begrenzte Um- mäßig über die Breite verteilten Spannungen erfolgt in
fang kann naturgemäß nicht die volle Bandbreite der einem Diskontinuitätsbereich, dessen Länge etwa der
möglichen Probleme abdecken, vielmehr sollten die Breite b entspricht (vgl. Prinzip von Saint Venant, Ab-
Beispiele als Einstieg in das Entwerfen eigener, den schn. 4.2.2).
jeweiligen Randbedingungen im Allgemeinen besser Durch die Umlenkung der Druckspannungen
angepasster Stabwerkmodelle angesehen werden. Eine entstehen unmittelbar unterhalb der Lastfläche
Vielzahl weiterer typischer Stabwerke ist z. B. in Jen- Querdruckspannungen, die mit Querzugspannungen
newein u. Schäfer (1992); Schlaich u. Schäfer (2001) in größerer Entfernung zur Belastungsfläche im
und Reineck (2005) zu finden. Gleichgewicht stehen. Da jene Spannungen einen
Spaltriss erzeugen können, werden sie als Spalt-
zugspannungen bezeichnet. Größe und Verteilung
der Spaltzugspannungen hängen primär davon ab,
4.5.1 Einleitung konzentrierter Kräfte wie stark die Druckspannungen umgelenkt werden
müssen, d. h. vom Verhältnis a=b. Mit größerer
Die Einleitung konzentrierter Kräfte oder Lasten in Breite der Lastfläche a im Verhältnis zu b werden
ein Betonbauteil, z. B. Lasten aus Stützen, Auflagern die Querzugspannungen vermindert. Der Wechsel
oder Spanngliedverankerungen, stellt ein häufig wie- von Querdruckspannungen zu Spaltzugspannungen
derkehrendes Problem der Bemessung dar. In vielen (Nulldurchgang der Spannungsverteilung) findet mit
Fällen wird eine räumliche Ausbreitung der Spannun- zunehmender Lastplattenbreite in immer größerer
gen möglich sein, allerdings soll zunächst – der Mo- Entfernung zum Rand statt (Abb. 4.22).
dellierungsstrategie für Stabwerke folgend – nur eine Am belasteten Rand der Scheibe, unmittelbar ne-
Schnittebene betrachtet werden. ben der Lastplatte, treten zusätzliche Randzugspan-
nungen auf, die parallel zum Rand ausgerichtet sind
(vgl. Abbn. 4.21a und b). Bei zentrischer Lastein-
4.5.1.1 Zentrische Einzellast leitung in schlanke Scheiben sind die Randzugspan-
nungen gering und können bei Anordnung einer kon-
Abbildung 4.21 zeigt den häufigen Fall der Einlei- struktiven Oberflächenbewehrung vernachlässigt wer-
tung einer Kraft FEd in eine schlanke Scheibe mit den. Bei exzentrischer Lasteinleitung werden Rand-
b= h < 1; die Ausbreitung der Druckspannungen aus- zugspannungen allerdings bemessungsrelevant.
gehend von der Lastfläche8 der Breite a hin zu gleich- In Abb. 4.21c sind die Resultierenden der Span-
nungsfelder in Form eines einfachen Stabwerkmodells
8
Vorausgesetzt wird, dass Druckspannungen über die gesam-
te Belastungsfläche gleichmäßig verteilt sind. Ungleichmäßige ren Berechnung eine idealisierte, verkleinerte Belastungsfläche
Spannungsverteilungen treten u. a. bei Lastplatten auf, die nur mit konstant verteilten Druckspannungen, die in etwa dem Maxi-
in Teilbereichen beansprucht werden – etwa wenn konzentrierte malwert der ungleichförmigen Verteilung entsprechen, zugrunde
Lasten aus Stahlstützen in Stirnplatten mit deutlich größeren Ab- gelegt werden. Als Näherung kann die Spannungsausbreitung in
messungen eingeleitet werden. In diesen Fällen sollte der weite- der Lastplatte unter 45ı angenommen werden.
4.5 Typische Stabwerkmodelle 149

- 0,4 - 0,2 0 0,2 0,4


Die Spaltzugkraft Ftd;1 muss – sofern sie nicht
sy / s0
durch die Betonzugfestigkeit abgedeckt oder durch
10 b/a = äußeren Querdruck kompensiert werden kann – durch
0,2
3,3
5
Bewehrung aufgenommen werden, die hinter dem
2,0 2,5
Knoten  2 verankert sein muss. Hierfür geeignet sind
a 0,4
F F 1,4
1,7 z. B. geschlossene Bügel, die senkrecht zur Lastachse
y 1,25 angeordnet und bis an den Bauteilrand geführt werden.
1,1
0,6 Die Verteilung der Querbewehrung kann dabei dem
Verlauf der Querzugspannungen nach E-Theorie
t x angepasst werden, um Zugkraftumlagerungen im
b 0,8
Zuge der Rissbildung zu minimieren. In Grasser u.
s0 = F / (bt) Thielen (1991) wird hierfür eine mit zunehmendem
1,0 Abstand von der Lastfläche linear abnehmende
x/b Bewehrungsmenge im Bereich x D 0;1b  0;9b
vorgeschlagen. Nach Schlaich u. Schäfer (2001) ist
Abbildung 4.22 Verlauf und Größe der Spaltzugspannungen dagegen auch eine gleichmäßig über eine Höhe von
y in der Lastachse für verschiedene Verhältnisse b=a (nach
Jyengar 1960)
0;6b verteilte Querbewehrung, dessen Schwerpunkt
mit dem Zugstab Ftd;1 zusammenfällt, d. h. einen
Abstand a=4 C b=2 vom belasteten Rand aufweist,
ausreichend (Abb. 4.21d).
wiedergegeben. Um die Ausbreitung der Druckspan- Sofern eine Ausbreitung der Druckspannungen in
nungen erfassen zu können, müssen die Spannungen allen Richtungen möglich ist, kann die räumliche Ver-
in der Schnittfläche in mindestens zwei Resultierende teilung durch ein dreidimensionales Stabwerkmodell
aufgeteilt werden (hier R D FEd =2). Bei den Kno- abgebildet werden. Deutlich übersichtlicher ist aller-
ten 2 handelt es sich um verschmierte Knoten, da dings die Betrachtung zweier, zueinander senkrecht
die Umlenkung der Spannungen jeweils über einen stehender, ebener Stabwerke nach Abb. 4.21c, zumal
ausgedehnten Bereich erfolgt. Die Wirkungslinie der die Spaltzugbewehrung in der Regel in Form zweier
Resultierenden Ftd;1 sollte durch den Schwerpunkt orthogonaler Bewehrungsscharen in einer Ebene senk-
der verteilten Spaltzugspannungen verlaufen. Als gu- recht zur Lastachse vorgesehen wird. Auswertungen
te Näherung gilt z D b=2 wobei b gleichzeitig die des 3-dimensionalen Spannungszustandes auf analyti-
Länge des Diskontinuitätsbereiches beschreibt; z be- schem Weg (Jyengar u. Prabhakara 1971) und über
zeichnet hierbei den inneren Hebelarm, d. h. den Ab- Finite-Elemente-Berechnungen zeigen, dass die für
stand zwischen Fcd;1 und Ftd;1 . Mit z D b=2 folgt zwei orthogonale Richtungen aufsummierten Spalt-
für den Neigungswinkel  der Druckstrebe gegen die zugkräfte nicht erheblich geringer sind als die Kräf-
Horizontale te aus der Betrachtung ebener Scheiben. Es ist daher
zu empfehlen, die Spaltzugkraft und in Konsequenz
b=4  a=4 1 a die erforderliche Querbewehrung auf der Basis ebe-
cot  D D 1 : (4.26)
z 2 b ner Stabwerke in zwei senkrecht zueinander liegen-
den Ebenen zu ermitteln. Dabei ist für jede Richtung
Aus dem Kräftegleichgewicht an Knoten  2 ergibt sich
jeweils die gesamte Druckkraft F zugrunde zu le-
mit Gl. (4.26) eine einfache Beziehung zur Berechnung
gen (vgl. Grasser u. Thielen 1991).
der Querzugkraft Ftd;1 :
Anstelle zweier orthogonaler Bewehrungsscharen
jFEd j jFEd j  a können insbesondere bei rotationssymmetrischer
Ftd;1 D cot  D 1 : (4.27) Spannungsausbreitung Wendel zur Aufnahme des
2 4 b
als Ringzug auftretenden Spaltzuges verwendet
Die Zugkraft nach Gl. (4.27) stimmt für a=b  0;1 werden (vgl. Hiltscher u. Florin 1972).
gut mit dem Integral der Spaltzugspannungen nach der Wegen des Gleichgewichts zwischen Ftd;1 und Fcd;1
Elastizitätstheorie überein (vgl. Jyengar 1960); bei nehmen auch die Querdruckspannungen unmittelbar
sehr stark konzentrierten Lasten (a=b < 0;1) sollte in unterhalb der Lastfläche mit sinkendem a=b zu. Da
Gl. (4.27) anstelle des Vorfaktors 0,25 eher 0,30 ver- die effektive Druckfestigkeit durch den mehrachsia-
wendet werden. Im Übrigen wurde Gl. (4.27) auf Ba- len Druckspannungszustand angehoben wird, können
sis ähnlicher Überlegungen bereits in Mörsch (1924) in der Lastfläche Beanspruchungen ertragen werden,
abgeleitet. die über der einachsialen Druckfestigkeit liegen. Die-
150 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

a
ser Effekt wird im Rahmen der Teilflächenbelastung
F
genutzt (vgl. Abschn. 3.7.2). Bei räumlicher Ausbrei- y
tung der Druckspannungen folgt für die in der Lastflä-
che aufnehmbare Spannung (s. Gl. 3.154)
z £ 0,8h

p h
jc j  fcd;eff D fcd  Ac1 =Ac0  3fcd ;

x
mit Ac1 als Verteilungsfläche ( b 2 ) und Ac0 als Be-
lastungsfläche ( a2 ). Da die Querdruckspannungen
mit den Spaltzugspannungen im Gleichgewicht stehen, b

ist mit dem Auftreten eines klaffenden Spaltrisses in a Hauptspannungen und Stabwerkmodell
der Regel auch die Tragfähigkeit unter der Lastfläche F
erschöpft (vgl. Sundermann u. Schäfer 1997). Ver- y
-
- sy
gleichsrechnungen in Schlaich u. Schäfer (2001) zei-
gen, dass bei ungünstigen geometrischen Verhältnisse sx
-
(a=b ! 0;5) Spaltrissbildung bereits bei Druckspan- -
nungen deutlich unterhalb der einachsialen Druckfes-
-
tigkeit (jc j  0;6fcd ) einsetzen kann. Dem ent-
sprechend fordern DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 bei -
x
Ausnutzung höherer zulässiger Teilflächenpressungen
fcd;eff > fcd , die Zugkraft Ftd;1 generell durch Beweh-
rung abzudecken. b Spannungen sx und sy

Abbildung 4.23a,b Einleitung einer konzentrierten Einzellast


in eine breite Scheibe (b= h  1;6)
4.5.1.2 Lasteinleitung in eine breite Scheibe

Erfolgt die Einleitung konzentrierter Lasten in eine 4.5.1.3 Exzentrisch stehende Einzellast
breite Scheibe oder ist die zur Spannungsausbreitung
zur Verfügung stehende Höhe begrenzt, kann nicht In Abb. 4.24 greift die konzentrierte Kraft mit der
mehr von gleichmäßig verteilten Druckspannungen Exzentrizität e gegenüber der Scheibenachse an. Am
in der Anschnittsfläche ausgegangen werden (vgl. gegenüberliegenden Anschnitt der schlanken Scheibe
Abb. 4.23). Nach dem Saint Venant’schen Prinzip sind die Spannungen wegen h > b wieder linear ver-
kann das Stabwerkmodell nach Abb. 4.21c bis zu einer teilt und können mit Hilfe der Technischen Biegelehre
Scheibenbreite b D h C a bzw. einer zur Verfügung ermittelt werden.
stehenden Höhe h D b  a angewandt werden. Der Konstruktion des zugehörigen Stabwerkmo-
Die Annahme gleichmäßig verteilter Spannungen dells geht zunächst die Zusammenfassung der Span-
führt allerdings bis b  1;6h zu keinem wesentlichen nungen im Anschnitt in vier Resultierende Rc1 , Rc2
Fehler bei der Berechnung der Querzugkraft Ftd;1 , so- und Rc3 für Druckspannungen und Rt1 als Zugspan-
fern für den Hebelarm ein oberer Grenzwert angelehnt nungsresultierende voraus. Dabei entsprechen Rc1 und
an die Balkentheorie eingeführt wird (vgl. Schlaich u. Rc2 zusammen gerade FEd ; die Aufteilung der Span-
Schäfer 2001): nungen auf die beiden Resultierenden wird durch die
b Wirkungslinie der Belastung bestimmt. Aus Gründen
zD  0;8h : (4.28) des Gleichgewichts folgt Rc3 D Rt1 . Die Kräfte Rc3
2
und Rt1 schließen sich innerhalb der Scheibe unterein-
Bei Scheiben größerer Breite weicht die Span- ander kurz, während Rc1 und Rc2 mit der eingeleiteten
nungsverteilung in der Anschnittsfläche dagegen Last FEd auf kürzestem Weg verbunden werden. Auf
bereits erheblich von der unterstellten gleichmäßigen Grundlage dieser Gesetzmäßigkeiten ergibt sich das in
Verteilung ab. Hier ist eine Idealisierung durch kon- Abb. 4.24c wiedergegebene Stabwerkmodell.
stante Druckspannungen, die über eine effektive Breite Als Folge der exzentrischen Lasteinleitung entsteht
beff wirken, z. B. in Anlehnung an die Regelung für unmittelbar neben der Lastfläche, parallel zur belas-
unbegrenzte flaschenförmige Druckspannungsfelder teten Bauteiloberfläche eine Zugstrebe Ftd;2 , die in
(vgl. Abb. 4.26), sinnvoll. der lastabgewandten Scheibenecke umgelenkt und als
4.5 Typische Stabwerkmodelle 151

e
schen den Grenzen e D b=6 und e D b=2 als konser-
a vative Näherung für Gl. (4.29) vorgeschlagen.
FEd FEd
y  
sy 1
Ftd;2 D FEd    (4.30)
6
sx
~b h
Da in den Betrachtungen die Vergrößerung des inne-
ren Hebelarms im Zuge der Rissbildung nicht berück-
sichtigt wird, liegt die so ermittelte Zugkraft auf der
sicheren Seite.
Angesichts der Konzentration der Randzugkraft in
x einem schmalen Band nahe der belasteten Oberfläche
wird die Betonzugfestigkeit nur selten zur Aufnahme
b
von Ftd;2 ausreichen. Die entsprechend erforderliche
a b
FEd
Bewehrung sollte so nahe wie möglich am Rand an-
geordnet und in den Biegezugbereich (! Ftd;3 ) fort-
1 geführt werden.
Ftd,2
Abbildung 4.25 gibt die Verhältnisse bei Belastung
Ftd,1 q
mit zwei exzentrisch aber symmetrisch zur Scheiben-
achse angreifenden Einzellasten wieder. Da die Re-
Ftd,3 sultierende der beiden Kräfte mit der Belastung in
a Hauptspannungen Abb. 4.21 übereinstimmt, liegen am Ende des Dis-
b Spannungen sx und sy kontinuitätsbereichs x  b in beiden Fällen identi-
c Stabwerkmodell
sche Spannungszustände – hier gleichmäßig verteilte
Druckspannungen – vor.
Rc1 Rc2 Rc3 Rt1
c

Abbildung 4.24a–c Exzentrische Lasteinleitung e e


a a
FEd FEd FEd FEd
Zugstrebe Ftd;3 weitergeführt wird. Das bedeutet, die - - y
Randzugspannungen nehmen gegenüber der mittigen + sy + +
-
Lasteinleitung deutlich zu, während die Spaltzugspan- sx
nungen (! Ftd;1 ) wegen der begrenzten Lastausbrei- ~b h
tung reduziert werden.
Am Knoten  1 in der lastabgewandten Ecke
wird die Zugkraft durch eine unter 45ı einfallende
Druckstrebe umgelenkt; es gilt folglich Ftd;2 D Ftd;3 .
Die Randzugkraft Ftd;2 entspricht also der Resultie-
renden des Zugspannungskeils in der Anschnittfläche. b x
Aus der Annahme einer ebenen Spannungsverteilung a b
folgt mit der bezogenen Exzentrizität  D e=b die FEd FEd
Zugkeilkraft nach Gl. (4.29).
FEd Ftd,1
Ftd;2 D Rt1 D .6  1/2 (4.29)
24
Zugspannungen am Querschnittsrand entstehen erst,
Fcd,1
wenn FEd außerhalb des Kernquerschnitts angreift,
d. h. bei e > b=6; der Anwendungsbereich der
Gl. (4.29) ist daher auf b=6 < e  b=2 begrenzt. Für a Hauptspannungen
b Spannungen sx und sy
den Extremfall einer Schneidenbelastung (a ! 0) am c Stabwerkmodell
äußersten Rand folgt als Randzugkraft Ftd;2 D FEd =3.
c
In Grasser u. Thielen (1991) wird für die Randzug-
kraft Ftd;2 eine lineare Beziehung nach Gl. (4.30) zwi- Abbildung 4.25a–c Lasteinleitung durch zwei Einzellasten
152 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

In Abb. 4.25 ist ein vereinfachtes Stabwerkmo- a a


F F
dell dargestellt, in dem die Ausbreitung der Druck-
spannungen ausgehend von den zwei Belastungsflä- D z h=b z = h/2 h = H/2
T
chen vernachlässigt wurde. Aus dem Modell ist daher
die Notwendigkeit einer Spaltzugbewehrung unter den B H
beff
H
konzentrierten Lasten nicht zu erkennen. Allerdings D
T
kann das grobe Modell beliebig verfeinert werden,
z. B. durch die Aufteilung der Druckspannungen in F F
der Anschnittsfläche in vier Resultierende und Mo- b b
dellierung der beiden Einleitungsbereiche in Anleh- a begrenzte Ausbreitung b unbegrenzte Ausbreitung
nung an Abb. 4.21. Dessen ungeachtet gibt bereits das
Abbildung 4.26a,b Flaschenförmige Druckspannungsfelder
grobe Modell den wesentlichen Kraftfluss wieder und
zeigt, dass Bewehrung parallel zum belasteten Rand er-
forderlich ist, um die Randzugspannungen aufzuneh-
gegeben (Abb. 4.26b):
men.9
Für die letztendliche Wahl der Bewehrung in Last- beff D h C 0;65a (4.31)
einleitungsbereichen ist allerdings von großer Bedeu- FEd  a
tung, ob die Kräfte gleichzeitig wirken oder – wie z. B. ) Ftd;1 D 1  0;7 : (4.32)
4 h
bei der Verankerung mehrerer Spannglieder am En- Bei breiten Scheiben entstehen allerdings umlaufende
de eines Balkens – nacheinander aufgebracht werden. Randzugspannungen, die eine Bewehrung parallel zu
Sofern die Lasten oder Lastgruppen nicht gleichzeitig den Rändern erfordert.
wirken, müssen die einzelnen Zustände jeweils für sich
untersucht werden.

4.5.2 Konsolen
4.5.1.4 Flaschenförmiges Druckspannungsfeld
Konsolen werden häufig im Hoch- und Industriebau –
Das flaschenförmige Druckspannungsfeld – eine der insbesondere bei Fertigteilkonstruktionen – für die
drei möglichen Ausprägungen von Druckfeldern (s. Auflagerung von Trägern oder Platten verwendet. Da
Abschn. 4.4.1) – ist an die konzentrierte Einleitung von Konsolen ausgeprägt nichtlineare Dehnungsverteilun-
Druckkräften an Knoten gekoppelt und daher eng mit gen aufweisen, sind sie einer Standardbemessung nicht
der Lasteinleitung verknüpft. zugänglich. Bemessungsverfahren auf der Grundlage
Abbildung 4.26a gibt den Fall einer seitlich be- von Fachwerkmodellen wurden daher bereits in Franz
grenzten Spannungsausbreitung in schlanken Elemen- u. Niedenhoff (1963) vorgeschlagen.
ten wieder. Wegen der offensichtlichen Verwandtschaft Mittlerweile enthalten u. a. Schäfer (1992); Eli-
mit der Lasteinleitung nach Abb. 4.21 kann die Spalt- gehausen u. Gerster (1993); Steinle u. Hahn (1995);
zugkraft aus Gl. (4.27) ermittelt werden. Die Anwen- Hegger u. Roeser (2003); Reineck (2005) Bemes-
dungsgrenze bei kurzen bzw. breiten Scheiben ist wie- sungskonzepte, die alle im Wesentlichen auf dem in
der bei b  h D H=2 zu sehen; bei größeren Breiten Abb. 4.27 vereinfacht wiedergegebenen Stabwerk-
wird zwischen den Einleitungspunkten keine gleich-
förmige Spannungsverteilung mehr erreicht.
Für Scheiben größerer Breite bzw. bei allgemein ac
unbegrenzter seitlicher Spannungsausbreitung sollte FEd
eine effektive Breite beff mit idealisierter konstan- Ftd,1 1

ter Druckspannungsverteilung angenommen werden.


In Schlaich u. Schäfer (2001) wird hierzu folgende, in
EN 1992-1-1 aufgenommene Näherung für a  h an- z hc
C1
q
9
Das Stabwerkmodell nach Abb. 4.25 ist mit dem Modell für
2
wandartige Träger unter verteilter Belastung eng verwandt. Im a
Prinzip sind Randbedingungen, Belastungen und der Kraftfluss
im Bauteil identisch, nur wir die Bewehrung – eher willkürlich –
einmal als ‘Randzugbewehrung’, das andere Mal als ‘Biegebe-
wehrung’ bezeichnet (vgl. Schlaich u. Schäfer 2001). Abbildung 4.27 Konsole – einfaches Stabwerkmodell
4.5 Typische Stabwerkmodelle 153

modell aufbauen. Mitunter wurden unterschiedliche muss. Mit zunehmender Schlankheit der Konsole
Sichtweisen kontrovers diskutiert (vgl. Roeser u. muss die Neigung  der Druckstrebe abnehmen, um
Hegger 2005; Reineck u. Fitik 2005). Eine aktuelle die Lasten weiterhin unmittelbar in Knoten  2 zu
Aufbereitung der vorliegenden Bemessungsverfahren leiten. Eine direkte Abtragung der gesamten Last ist
findet sich in Fingerloos u. Stenzel (2007). allerdings nur bis zu einer bestimmten Druckstreben-
Das Tragverhalten von Konsolen ist unmittelbar mit neigung möglich; die Grenzneigung wird im Bereich
deren Schlankheit – ausgedrückt durch das Verhält- von   63ı (a=z  0;5) (Reineck 2005) und
nis ac = hc – verknüpft. Hierbei ist ac der Abstand   45ı (a=z  1) (in Anlehnung an Eibl u. Zeller
der Last zur Vorderkante der Stütze oder Wand – die 1993) vermutet.
Druckseite ist maßgebend – und hc ist die Höhe der In schlankeren Konsolen, d. h. bei flacheren
Konsole (Abb. 4.27). Dabei steht ac = hc stellvertretend Druckstrebenneigungen, muss ein Teil der Last über
für das aus mechanischer Sicht über das Tragverhal- vertikale Zugstreben nochmals hochgehängt und von
ten entscheidende Verhältnis der inneren Hebelarme dort als Druckstrebe in den Knoten  2 abgeleitet
a=z – gleichzeitig der Kotangens des erforderlichen werden, während der Rest weiterhin auf direktem
Druckstrebenwinkels . Weg abgetragen wird (Abb. 4.28b). Mit abnehmender
Bei kurzen Konsolen kann die Last über die Neigung  wird der direkt übertragene Anteil der
Druckstrebe C1 direkt in den Knoten  2 abgetragen Last weiter verringert, in Konsequenz nimmt die
werden (Abb. 4.28a); die Aufweitung der Druckstrebe erforderliche vertikale Bewehrung zu. Unbegrenzt
zwischen den Knoten  1 und  2 erzeugt Querzug, der flache Druckstrebenneigungen sind nicht möglich; ab
durch horizontale Bewehrung aufgenommen werden einem Grenzwinkel, der z. B. in Jennewein u. Schäfer

a
ac
FEd
Ftd,1 1 d1

z d hc
q q
a0
a0
2
FEd
a1 sRd,max
a gedrungene Konsole
a1
FEd d Detail Knoten 2

Ftd,1
1

2
Ftd,2

FEd
b schlanke Konsole
FEd

Ftd,1
1

Ftd,2
q
2
Abbildung 4.28a–d
Stabwerkmodelle für Kon-
solen mit unterschiedlichen FEd
Schlankheiten; zugehörige
Bewehrung c sehr schlanke Konsole
154 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

(1992) mit  D 26;6ı (a=z D 2) angegeben wird, Da die gesamte Breite des Knotens  2 mit der Breite
muss die vertikale Bewehrung für die gesamte Last der Druckzone im anschließenden D-Bereich überein-
ausgelegt werden (Abb. 4.28c).10 stimmen sollte, ist es sinnvoll, im Rahmen einer Be-
Da das Verhältnis a=z zu Beginn einer Bemes- messung nach DIN 1045-1, für Rd;max anstelle von
sung nicht bekannt ist, werden Konsolen vereinfa- 1;1fcd die geringere Bemessungsfestigkeit des Span-
chend nach der Schlankheit ac = hc klassifiziert: nungsblocks  fcd zu verwenden (vgl. Abb. 4.15).11
Mit Schritt 2 wird, mit vorab ermittelter oder ge-
• ac = hc  0;5 – gedrungene Konsole
schätzter Schwerpunktslage d1 der Bewehrung, der
Die Last wird zur Gänze unmittelbar in den Knoten
Hebelarm z bzw. die Druckstrebenneigung  fest-
2 abgetragen; horizontale Bewehrung wird erfor-
gelegt. Die Höhe a0 des Knotens  2 kann frei ge-
derlich
wählt werden, allerdings empfiehlt es sich, a0 mög-
• 0;5 < ac = hc  1;0 – schlanke Konsole
lichst klein und damit den Hebelarm zur Zugstrebe
Nur mehr ein Teil der Last wird direkt abgetragen,
so groß wie möglich anzunehmen. Optimal ausgenutzt
für den Rest muss vertikale Bewehrung (Bügel) an-
wird der Knoten, wenn ein hydrostatischer Druckspan-
geordnet werden.
nungszustand herrscht, d. h. die Druckstrebe C1 senk-
• 1;0 < ac = hc  1;5 – sehr schlanke Konsole
recht auf den Knoten trifft. Gleichzeitig werden damit
Eine direkte Abtragung der Last ist nicht möglich,
alle weiteren Nachweise des Knotens erfüllt. Die Or-
vertikale Bewehrung, die für die volle Last ausge-
thogonalitätsbedingung lässt sich durch Gl. (4.34) aus-
legt ist, muss eingelegt werden.
drücken.
Konsolen mit ac > 1;5hc können bereits als Kragträger a a0
bemessen werden. cot  D D (4.34)
z a1
Die Bemessung von Konsolen auf Grundlage der in
Abb. 4.28 dargestellten Stabwerkmodelle läuft in den Nach Einsetzen von z D d a0 =2 und Umformen folgt
folgenden Schritten ab: daraus eine quadratische Gleichung.
1. Ermittlung von a1 über den Nachweis von cd;1 an a02  2d  a0 C 2a  a1 D 0 (4.35)
Knoten  2 (! a)
2. Bestimmung von a0 an Knoten  2 (! z; ) Gleichung (4.35) besitzt nur eine sinnvolle Lösung, mit
3. Berechnung von Ftd;1 aus dem Momentengleich- der a0 bestimmt werden kann.
gewicht um Knoten  2 (! As1;req )
p
4. Ermittlung der erforderlichen horizontalen oder a0 D d  d 2  2a  a1 (4.36)
vertikalen Bügelbewehrung
5. Nachweis des Druck-Zug-Knotens  1 Bei großer Druckzonenhöhe a0 steigt das Risiko,
6. Nachweis der Druckstrebe C1 dass die Dehnung der Bewehrung bei Erreichen der
7. Ergänzen konstruktiver Bewehrung. Traglast nicht mehr fließt. Um derartige überbewehr-
te Konsolen zu vermeiden, sollte a0 in Anlehnung an
In Schritt 1 wird a1 mit Hilfe des Bemessungswer-
die Regeln der Biegebemessung auf a0 =d  0;45
tes der Knotendruckfestigkeit Rd;max nach Gl. (4.33)
für Beton der Festigkeitsklassen bis C50/60 bzw. auf
berechnet.
a0 =d  0;35 bei höheren Festigkeiten begrenzt wer-
FEd den.
a1 D (4.33)
b  Rd;max Die Zugstrebenkraft Ftd;1 folgt mit bekanntem He-
belarm z D d  a0 =2 aus
10 a
Das beschriebene Verhalten tritt ebenfalls bei Trägern auf, die Ftd;1 D FEd  : (4.37)
durch auflagernahe Lasten beansprucht werden. In EN 1992-1- z
1 wird als Obergrenze, bis zu der Lastanteile direkt abgetragen
werden, av =d D 2 angegeben mit av als Abstand zwischen den Die zur Aufnahme von Ftd;1 notwendige Bewehrung
einander zugewandten Kanten von Lager und Belastungsfläche ergibt sich zu As1 D Ftd;1 =fyd . In Eligehausen u. Gers-
und d als statischer Nutzhöhe. In Konsequenz dürfen Konso-
len nach EN 1992-1-1 auch über einen Querkraftnachweis bei
11
auflagernahen Lasten bemessen werden. Ggf. erforderliche ver- Bei einer Bemessung nach EN 1992-1-1 ist Rd;max i. d. R.
tikale oder geneigte Bügelbewehrung ist demnach im mittleren kleiner als die Bemessungsfestigkeit des Spannungsblocks. So-
Bereich von av über eine Länge von 0;75av anzuordnen. Dies fern also nicht von einer erheblichen Anhebung der Knoten-
entspricht dem Wirkungsbereich der Bewehrung nach dem Stab- festigkeit bei dreiachsialem Spannungszustand Gebrauch ge-
werkmodell. Allerdings wird aus diesem Nachweiskonzept die macht wird, stellt die Kompatibilität mit dem anschließenden B-
Erfordernis horizontaler Bügelbewehrung nicht deutlich. Bereich kein Problem dar.
4.5 Typische Stabwerkmodelle 155

ter (1993) wird eine Mindestbewehrung entsprechend Dac = d1 . HEd / FEd

einer Zugkraft Ftd;1 D 0;4FEd vorgeschlagen; dies ist


gleichbedeutend mit einer Begrenzung des Druckstre- FEd
benwinkels  nach oben auf ca. 68ı . Ftd,1 d1
HEd ³ 0,2 FEd
Die Ermittlung der erforderlichen horizontalen oder
vertikalen Bügelbewehrung nach Schritt 4 basiert auf q
der Einordnung in eine Schlankheitsklasse entspre- a Detail Knoten 1 b Krafteck
chend dem Verhältnis ac = hc . In Fingerloos u. Sten-
Abbildung 4.29a,b Konsole mit zusätzlicher Horizontallast
zel (2007) wird deren Ermittlung pragmatisch gelöst:
Gedrungen Konsolen erfordern nur horizontale Bügel,
sehr schlanke Konsolen dagegen nur vertikale Bügel,
die für die volle Last zu bemessen sind. Für den dazwi- Konsole mit zusätzlicher Horizontallast
schen liegenden Bereich der schlanken Konsolen wird
die erforderliche Bewehrungsmenge jeweils in Abhän- Durch Schwinden und Kriechen sowie Temperatur-
gigkeit von ac = hc linear zwischen beiden Fällen inter- schwankungen werden Längenänderungen des auflie-
poliert. Im Einzelnen: genden Bauteils hervorgerufen, die bei behinderter
Verformung zusätzlich zu den vertikalen Lasten Ho-
• Gedrungene Konsolen ac = hc  0;5 rizontalkräfte auf Konsolen erzeugen. Nach Schäfer
Zur Aufnahme der Querzugkräfte aus der Auswei- (1992) und Hegger u. Roeser (2003) sollten mindes-
tung der Druckstrebe C1 sind geschlossene horizon- tens HEd D 0;2FEd angesetzt werden. Die Konsequen-
tale oder schräge Bügel vorzusehen, deren Quer- zen auf das Stabwerkmodell sind in Abb. 4.29 darge-
schnittsfläche Asw;h 30% von As1 entspricht. stellt: Die Horizontalkraft bewirkt eine Schiefstellung
• Schlanke Konsolen 0;5 < ac = hc  1;0 der Druckstrebe unter dem Lager; der Hebelarm a wird
Mit ˇ D .2ac = hc 1/ errechnet sich die horizontale um ac nach Gl. (4.38) vergrößert.
Bügelbewehrung zu Asw;h D .1  ˇ/  0;3  As1 . Die
erforderliche vertikale Bügelbewehrung ist Asw;v D a1 a1 HEd
aD C ac C ac D C ac C d1  (4.38)
ˇ  FEd =fyd . 2 2 FEd
• Sehr schlanke Konsolen 1;0 < ac = hc  1;5
Der Angriffspunkt der Horizontalkraft ist demnach in
Vertikale Bügel mit Asw;v D FEd =fyd sind vorzuse-
der Fuge zwischen Lager und Konsole anzunehmen.
hen.
Die Zugstrebenkraft ist
Horizontale Bügel sollten im Aufweitungsbereich der a
Druckstrebe, d. h. etwa in der mittleren Hälfe von z an- Ftd;1 D FEd  C HEd : (4.39)
z
geordnet werden. Vertikale Bügel sollten in der mittle-
ren Hälfte von a platziert werden (vgl. Abb. 4.28b und Alle anderen Schritte der Bemessung bleiben unbeein-
c). flusst.
Der Nachweis des Druck-Zug-Knotens (Schritt 5)
folgt unmittelbar dem in Abschn. 4.4.2 beschriebenen
Vorgehen. Wegen der begrenzten Länge von Konsolen
wird der Überstand der Bewehrung hinter dem Knoten 4.5.3 Abgesetzte Auflager
häufig zu klein sein, um eine Ausbreitung der Druck-
spannungen über u D n  s C 2s0 ansetzen zu können In Verbindung mit Konsolen werden im Fertigteil-
(vgl. Abb. 4.18). bau häufig Träger mit abgesetztem oder ausgeklinktem
Der Nachweis der Druckstrebe C1 (Schritt 6) kann Auflager verwendet. Eine mit der Konsolhöhe abge-
i. d. R. entfallen, da die Druckspannungen an den Kno- stimmte Ausklinkung ergibt eine vorteilhafte durchge-
ten bereits nachgewiesen wurden und zudem bei ge- hende Unterkante; gleichzeitig wird die zur Verfügung
drungenen Konsolen horizontale Bügel zur Aufnahme stehende Bauhöhe optimal genutzt.
des Querzuges vorhanden sind. Für den abgesetzten Teil des Trägers ist die Ver-
Es sei darauf hingewiesen, dass neben der oben be- wandtschaft mit Konsolen offensichtlich; es ist daher
schriebenen statisch erforderlichen Bewehrung zusätz- nahe liegend, das Streben-Zugband-Modell von Kon-
lich konstruktive Bewehrung in Form horizontaler und solen zu übertragen (Modell  A nach Abb. 4.30). Im
vertikaler Bügel angeordnet werden sollte, damit al- Unterschied zu Konsolen muss aber am Endpunkt der
le Oberflächen mit einem engmaschigen Bewehrungs- schrägen Druckstrebe (Knoten )2 die Druckkraft über
netz versehen sind. vertikale Bewehrung zurückgehängt werden. Ähnlich
156 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle
a
Fcd,2
Daraus folgt, dass sowohl die Aufhängebewehrung für
2
Ftd;2 als auch die Bügelbewehrung für Ftd;3 für die ge-

,1
hn
samte Last ausgelegt werden muss, d. h. As2 D As3 D

cd
zn

F
1 θ1 Ftd,1
3 FEd =fyd . Allerdings kann As3 auf deutlich größerer
z
Länge – der erforderlichen Verankerungslänge für die

Ftd,3
Ftd,2

,3
Zugstrebe Ftd;1 – angeordnet werden, während As2 so

cd
FEd

F
θ1 θ2
an
Ftd,4
stark wie möglich an der Ausklinkung konzentriert
a Stabwerkmodell 4 werden sollte. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass die
Zugstrebe Ftd;4 auf sehr kurzer Länge vor der Ecke ver-
ankert werden muss (Abb. 4.1).
Bei Trägern mit abgesetztem Auflager weist das
Hauptspannungsbild in der einspringenden Ecke hohe
Zugspannungen aus (vgl. Abb. 4.2). Von der Ecke aus-
gehend entwickelt sich mit zunehmender Belastung ein
schräg nach oben verlaufender Riss, der letztlich dazu
führt, dass der abgesetzte Teil vom restlichen Träger
As,1 As,2 As1 = As2 = FEd/fyd
abgetrennt wird. Für ein alternatives Stabwerkmodell
b zugehörige Bewehrung
B ist es daher sinnvoll, den Schrägriss senkrecht mit
Abbildung 4.30a,b Balken mit hochgesetztem Auflager – Stab- einer Aufhängebewehrung zu kreuzen (Abb. 4.31). Al-
werkmodell 
A
lerdings wird häufig die vorhandene Verankerungslän-
ge der schrägen Bewehrung im abgesetzten Teil nicht
ausreichen; Abhilfe schaffen Ankerkörper am Ende
der Konsole ist die Tragwirkung dieses Modells um- des Stabes. Dieses Modell weist eine ‘tote Ecke’ un-
so günstiger, je steiler die Druckstrebe zwischen den terhalb des Schrägstabes auf, die konstruktiv bewehrt
Knoten  1 und  2 verläuft. Das Verhältnis an = hn soll- werden sollte, um zu vermeiden, dass sie unterhalb des
te daher so klein wie möglich gewählt werden, um Schrägstabes abreißt (Abb. 4.31).
Druckstrebenwinkel  > 45ı zu ermöglichen;  D Die beiden Stabwerke  A und B bilden das Grund-
30ı sollte in keinem Fall unterschritten werden. gerüst der Bemessungsvorschläge u. a. in Schlaich u.
Die Kräfte im Stabwerkmodell werden über die Schäfer (2001); Reineck (2005); Fingerloos u. Sten-
geometrischen Größen a und zn gesteuert. Dabei ist a zel (2007). In Praxis wird dem Modell  A häufig der
der Abstand zwischen Last und Schwerpunkt der aus Vorzug gegeben, da damit die Verankerungsproblema-
vertikalen Bügeln bestehenden Aufhängebewehrung; tik der schrägen Aufhängebewehrung umgangen wird;
zn ist der vertikale Hebelarm zwischen den Knoten  1 gleichzeitig wird auch der erhöhte Verlegeaufwand bei
und .2 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Knoten  2 Schrägstäben gescheut.
durch die Bügel umschlossen werden muss, also nicht Zwar ergibt jedes der beiden Modelle für sich aus-
bis an den Bauteilrand reicht sondern erst innerhalb der reichende Tragfähigkeit, allerdings kann mit der Kom-
Bügel beginnt. Die von Knoten  1 ausgehenden Stre- bination beider Modelle ein in Versuchen bestätigtes
benkräfte sind dann optimales Verhalten sowohl auf Gebrauchslastniveau
a als auch im Grenzzustand der Tragfähigkeit erzielt
Ftd;1 D FEd  cot 1 D FEd  ; (4.40) werden (vgl. Eligehausen u. Gerster 1993). Durch die
zn
Fcd;1 D FEd = sin 1 (4.41) Überlagerung beider Stabwerke wird ein statisch un-

Aus den Gleichgewichtsbedingungen für Knoten 


2
folgt

Ftd;2 D FEd (4.42) hn

Die Druckstreben für Fcd;1 und Fcd;3 müssen aus


Gleichgewichtsgründen parallel zueinander verlaufen.
Damit gilt: FEd
an
Ftd;3 D FEd ; (4.43)
a Abbildung 4.31 Balken mit hochgesetztem Auflager – Stab-
Ftd;4 D Ftd;1 D FEd  : (4.44) werkmodell 
zn B
4.5 Typische Stabwerkmodelle 157

+M B D B +M
zn
Ftd,1
z Fcd Fcd
HEd Ftd,2 DFcd

θ1 Ftd,4
DFtd

Ftd
Abbildung 4.32 Stabwerkmodell für Horizontalkräfte 2/3l b,net

Ftd
l b,net
bestimmtes Modell erzeugt; die Aufteilung der gesam- a Stabwerkmodell
ten vertikalen Last auf beide Subsysteme kann z. B.
nach einem Vorschlag in Eligehausen u. Gerster (1993)
in Abhängigkeit der Geometrie des abgesetzten Teiles
nach Gl. (4.45) mit FEd;B als Anteil des Modells  B
erfolgen.

hn
FEd;B D  FEd  0;7FEd (4.45)
h
b Bewehrung
Bei abgesetzten Auflagern sollten zusätzliche Hori-
zontalkräfte infolge behinderter Verformungen berück- Abbildung 4.33a,b Balken mit sprunghafter Änderung des
Querschnitts – gerader Druckgurt
sichtigt werden. Wie bei Konsolen ist ein Mindestwert
HEd D 0;2FEd anzusetzen. Abbildung 4.32 zeigt ein
Modell für die Aufnahme von Horizontalkräften, das -M B D B -M
den beiden anderen Stabwerken für vertikale Lasten
überlagert werden kann. Für die Geometrie des Stab- l b,net
werks bedeutet HEd – analog zu Konsolen – die Ver- Ftd
größerung des Abstandes a um a D d1  HEd =FEd . Ftd
DFtd
Aus dem statisch bestimmten Stabwerk ergibt sich
Ftd;1 D HEd ; (4.46) DFcd
zn Fcd
Ftd;4 D HEd  ; (4.47)
z
zn
Ftd;2 D Ftd;4  cot 1 D HEd  cot 1 : (4.48) Fcd
z a Stabwerkmodell

Der Ansatz einer Horizontalkraft zieht also auch eine


Vergrößerung der Bügelbewehrung nach sich.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass Kräfte
grundsätzlich auch über den primären D-Bereich
hinaus verfolgt werden müssen. In Reineck (2005)
und Fingerloos u. Stenzel (2007) finden sich zu
abgesetzten Auflagern weitergehende Erläuterungen
und Bemessungsbeispiele. b Bewehrung

Abbildung 4.34a,b Balken mit sprunghafter Änderung des


Querschnitts – gerader Zuggurt
4.5.4 Höhenversprung von Balken

Der Höhenversprung eines Balkens erzeugt eine geo- 4.33 und 4.34 ist jeweils der Versprungbereich eines
metrische Diskontinuität; die Anwendung von Stan- Balkens herausgetrennt. Der Übersichtlichkeit halber
dardverfahren der Bemessung würde zu falschen oder wird ein Bereich mit konstantem Biegemoment (!
eher unvollständigen Lösungen führen. In den Abbn. V D 0) betrachtet.
158 4 Kraftfluss in Stahlbetonbauteilen – Stabwerkmodelle

Biegemomente werden in B-Bereichen durch ein F RANZ, G.; N IEDENHOFF, H.: Die Bewehrung von
Kräftepaar aus gleichgroßer Druck- und Zugkraft Konsolen und gedrungenen Balken. In: Beton- und
abgetragen, die an den Grenzen zum B-Bereich als Stahlbetonbau 57 (1963), Nr. 5, S. 112–120
Randkräfte auf den D-Bereich aufgebracht werden. G ARSKE, E.: Zur Innenverankerung von Spannglie-
Da Ftd D Fcd D MEd =z gilt, sind die Kräfte auf der dern unter Berücksichtigung nichtlinearer Materi-
Seite des niedrigeren Querschnitts größer. Die Ent- algesetze für Beton und Betonstahl, TU München,
wicklung des Stabwerkmodells wird nun vereinfacht, Diss., 1996
wenn die größeren Kräfte in einen Anteil, der mit der G RASSER, E.; T HIELEN, G.: Hilfsmittel zur Berech-
gegenüberliegenden Seite korrespondiert (! Ftd ; Fcd ), nung der Schnittgrößen und Formänderungen von
und einen Rest Ftd D  Fcd aufgespalten werden. Stahlbetontragwerken nach DIN 1045 Ausgabe Juli
Es wird deutlich, dass die Differenzkräfte durch 1988. 3. Aufl. Berlin : Ernst & Sohn, 1991 (DAfStb-
ein Stabwerk kurzgeschlossen werden müssen (! Heft 240)
‘Schleife’). Umgelenkt werden die Differenzkräfte H EGGER, J.; ROESER, W.: Zur Ausbildung von Kno-
durch schräge Druckstreben und Zugstreben; letztere ten. In: Erläuterungen zu DIN 1045-1 (DAfStb-Heft
werden vorzugsweise parallel und senkrecht zu den 525). Berlin : Beuth, 2003
Bauteilrändern angeordnet. H ILL, R.: On the state of stress in a plastic-rigid body
Zwei Fälle eines Höhenversprungs werden unter- at the yield point. In: The Philosophical Magazine
schieden: zum einen der durchlaufende Druckgurt 42 (1951), S. 868–875
(Höhenversprung der Bewehrung), zum anderen der
H ILTSCHER, R.; F LORIN, G.: Spaltzugspannungen in
durchgehende Zuggurt (Versprung der Druckzone).
kreiszylindrischen Säulen, die durch eine kreisför-
In den Abbn. 4.33 und 4.34 sind die zugehörigen
mige Flächenlast zentral-axial belastet sind. In: Bau-
Stabwerkmodelle und ergänzend daraus resultierende
technik 49 (1972), Nr. 3, S. 90–94
Bewehrung dargestellt. Ausgearbeitete Nachweise für
J ENNEWEIN, M.; S CHÄFER, K.: Standardisierte
Höhenversprünge von Balken sind in Jennewein u.
Nachweise von häufigen D-Bereichen. Berlin :
Schäfer (1992) enthalten.
Beuth, 1992 (DAfStb-Heft 430)
J YENGAR, K.T.S.R.: Der Spannungszustand in einem
elastischen Halbstreifen und seine technischen An-
Literatur wendungen, TH Hannover, Diss., 1960
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rische Bauzeitung XXXIII (1899), Jan., Nr. 7 Druckstreben und Knoten in D-Bereichen. Berlin :
ROESER, W.; H EGGER, J.: Zur Bemessung von Kon- Beuth, 1997 (DAfStb-Heft 478)
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und Stahlbetonbau 100 (2005), Nr. 5, S. 434–439 ; Z IMMERLI, B.: Anwendung der Plastizitätstheorie
ROMBACH, G.: Anwendung der Finite-Elemente- auf Stahlbeton. Institut für Baustatik und Konstruk-
Methode im Betonbau. Berlin : Ernst & Sohn, 2000 tion, ETH Zürich, 1983 (Autographie zum Fortbil-
S CHLAICH, J.: Zur einheitlichen Bemessung von dungskurs für Bauingenieure)
Stahlbetontragwerken. In: Beton und Stahlbetonbau
79 (1984), S. 89–96
Kapitel 5
Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

In Kap. 1 wurde bereits der Grundgedanke der Vor- hochfeste Zugglieder aus Spannstahl verwenden. Dar-
spannung erläutert: Durch Vorspannen1 werden im Be- über hinaus existieren vielfältige, mehr oder minder
ton Druckspannungen erzeugt, die den aus Lasten und effektive Methoden der Erzeugung von Druckspan-
Zwängen hervorgerufenen Zugspannungen entgegen- nungen im Beton, etwa das Vorspannen gegen feste
wirken und damit die Rissbildung im Gebrauchszu- Widerlager. Bei derartigen, im Betonbau weniger ge-
stand des Bauteils verzögern oder weitgehend ver- bräuchlichen Verfahren werden die Druckspannungen
meiden. Die Bemessung vorgespannter Bauteile er- bei eingeprägtem Dehnungszustand allerdings durch
fordert zunächst die Kenntnis der Schnittgrößen und Relaxation des Betons weitgehend abgebaut (vgl. Bei-
Spannungen aus Vorspannung. Da die Vorspannkraft spiel 3.1). Die folgenden Erläuterungen setzen da-
weder in jedem Querschnitt noch über die Nutzungs- her voraus, dass die Vorspannung des Betons durch
dauer eines Bauteils konstant sind, müssen sog. Spann- Spannstahl-Zugglieder hervorgerufen wird. Die Ver-
kraftverluste bestimmt und in der Bemessung berück- fahren zur Vorspannung können grundsätzlich nach
sichtigt werden. Über die hier gerafft wiedergegebe- folgenden Merkmalen unterschieden werden:
nen Grundlagen des Spannbetonbaus hinaus enthal-
ten u. a. Leonhardt (1973) oder Rombach (2003) einen • Verbundwirkung zwischen Spannglied und umge-
umfassenden Überblick über Verfahren, Berechnungs- bendem Beton
methoden und Anwendungen des Spannbetons. Ver-
schiedene Spannverfahren werden ebenfalls in Kolleg- – Vorspannung mit Verbund
ger u. a. (2004) beschrieben; weitere Grundlagen der – Vorspannung ohne Verbund
Berechnung von Spannbetontragwerken – finden sich • Zeitpunkt der Herstellung der Verbundwirkung
in Zerna u. Stangenberg (1987); Kupfer (1994); Mehl-
horn (1998). Einen Einblick in die vielseitigen Anwen- – bei Betonieren des Bauteils
dungsmöglichkeiten des Spannbetons geben Kupfer u. ! Vorspannung mit sofortigem Verbund
Hochreither (1993) sowie Wicke u. Maier (2002). – nach Erhärten des Betons und Aufbringen der
Vorspannkraft
! Vorspannung mit nachträglichem Verbund.
5.1 Arten und Ausführung • Zeitpunkt des Aufbringens der Vorspannkraft
der Vorspannung
– Spannen vor dem Erhärten des Betons
5.1.1 Überblick ! mit sofortigem Verbund
– Spannen gegen den erhärteten Beton
! sowohl mit nachträglichem als auch ohne
Im Zuge der Entwicklung des Spannbetons haben sich
Verbund
vor allem Spannverfahren wirtschaftlich bewährt, die
• Lage der Spannglieder
1
Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird der Beton „vorge-
spannt“, im eigentlichen Sinn also vorgedrückt, während das – innerhalb des Betonquerschnitts
Spannglied „gespannt“ wird. ! interne Vorspannung mit und ohne Verbund
K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 161
DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
162 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

– außerhalb des Betonquerschnitts, aber innerhalb Litzen bzw. Drähte gelöst und die Vorspannkraft auf
der Tragwerksumhüllenden das Bauteil übertragen (Abb. 5.1).
! externe Vorspannung ohne Verbund Die Eintragung der Kräfte über Verbund erfordert
eine Übertragungslänge lbp an den Enden des Bau-
Liegen die Spannglieder außerhalb der Umhüllen-
teils, die umso geringer ist, je höher die u. a. aus der
den des Tragwerks, z. B. im Extremfall bei Schrägka-
Oberflächenprofilierung der Spannglieder resultieren-
belbrücken, ist das in Abschn. 2.2 beschriebene Sicher-
de Verbundwirkung ist. Wenn die Vorspannkraft nur
heitskonzept nicht mehr anwendbar.
in einem begrenzten Abschnitt des Bauteils und nicht
schon ausgehend von den Bauteilenden wirksam sein
soll, ist es möglich, die Verbundwirkung der Spann-
5.1.2 Vorspannung mit sofortigem Verbund glieder durch bereichsweises Abisolieren, z. B. durch
Bitumenanstrich, eine werksmäßig hergestellte Um-
mantelung mit fettgefüllten PE-Hüllrohren oder eine
Das Vorspannen von Betonbauteilen mit soforti-
Umhüllung aus Pappröhrchen (Korrosionsschutz?), zu
gem Verbund (engl. prestressing) setzt stationäre
unterbinden.
Fertigungseinrichtungen voraus und wird daher üb-
Im Spannbett werden die Litzen oder Drähte üb-
licherweise für Spannbetonfertigteile verwendet. Zur
licherweise geradlinig geführt, punktuelle Umlenkun-
Vorspannung werden profilierte Spanndrähte oder
gen sind zwar möglich, allerdings mit erheblichem
Litzen im so genannten Spannbett gegen Widerlager
Aufwand verbunden. Bei der i. Allg. gewählten ex-
gespannt; anschließend werden Betonstahlbewehrung
zentrischen Führung der Litzen oder Drähte entste-
und Beton eingebaut. Nach dem Erhärten des Betons,
hen durch die Einleitung der Vorspannkräfte Krüm-
damit bereits wirksamem Verbund zwischen Beton
mungen, die zu einer Verformung des Bauteils aus der
und Spanngliedern, werden die Verankerungen der
Schalung heraus, damit zur Aktivierung des Eigenge-
wichts bei Übertragung der Vorspannkraft führen.

AP, eP(0)
5.1.3 Vorspannung
mit nachträglichem Verbund
a Vorspannen gegen Widerlager (Spannbettvorspannung)

Bei den mit nachträglichem Verbund (engl. posttensio-


Schwerlinie des Schwerlinie des ning) vorgespannten Bauteilen liegen die Spannglie-
Betonquerschnitts ideellen Querschnitts
Ac, ec=0 der beim Betonieren zunächst schlaff in Hüllrohren
AP, eP(0)
oder werden in leere Hüllrohre des bereits betonierten
znp zip Bauteils eingezogen. Nach ausreichender Erhärtung
des Betons werden die Spannglieder – Einzelstäbe
mit großem Durchmesser oder Bündelspannglieder aus
b Einbringen des Betons, Erhärten
Litzen oder Einzeldrähten – gegen den Beton gespannt;
anschließend werden die Hüllrohre mit Zementmörtel
Eigengewicht g ec,p+g verpresst. Durch das Verpressen wird zum einen der
Verbund zwischen Spanngliedern und Beton und zum
anderen durch den alkalischen Zementmörtel der Kor-
zip
Pm0 Pm0 rosionsschutz hergestellt (Abb. 5.2). Für Bauzustände
mit noch nicht verpressten Spanngliedern gelten aller-
G/2 G/2
dings die Rechenregeln für Vorspannung ohne Verbund
c Lösen der Verankerung
(s. Abschn. 5.1.4).
Übertragungslänge lbp
lbp Im Gegensatz zur Spannbettvorspannung können
die Spannglieder unter Beachtung von Mindestkrüm-
epmo mungsradien nahezu beliebig im Bauteil geführt wer-
den. Die Spannverankerung muss für den Spannvor-
d Spannstahldehnung nach Lösen der Verankerung gang frei zugänglich sein, der Festanker kann an belie-
Abbildung 5.1a–d Prinzip der Vorspannung mit sofortigem biger Stelle innerhalb des Tragwerks liegen. Durch die
Verbund (Spannbettvorspannung) weitgehend variable Anordnung der Spannglieder wird
5.1 Arten und Ausführung der Vorspannung 163

eine gezielte Optimierung der Vorspannwirkung in je- g


dem Querschnitt möglich. Durch die gewöhnlich ge- Ac , e c = 0
wählte, exzentrische Spanngliedführung entstehen wie
bei der Spannbettvorspannung Querschnittsverkrüm- Ap, ep = 0
mungen, die zu einer Verformung des Bauteils führen. ps = g
Bei üblichen, z. T. nachfedernden Schalungen wird die
ps .... Auflagerpressung gegen Schalung
Verformung infolge Vorspannung nicht ausreichen, das
Bauteil aus der Schalung zu heben und damit das Ei- a Spannglied ungespannt im Hüllrohr, Träger auf Schalung
gengewicht vollständig zu aktivieren. Spannpresse
Dem gegenüber kann die alleinige Wirkung der g
Vorspannung einen kritischen Zustand darstellen; an
der im Endzustand überdrückten Oberseite des Trägers
können signifikante Zugspannungen auftreten, die ggf. P0
zum Aufreißen des Querschnittes führen. Unter Um-
ständen muss zur vollständigen Aktivierung des Ei-
G/2 G/2
gengewichts die Schalung parallel zum Spannvorgang
abgesenkt werden. Die Wirkung des aktivierten Eigen- b Vorspannen,Träger hebt sich von der Schalung

gewichts ist damit bereits in der eingetragenen Spann-


kraft, d.h. in der an der Spannpresse abgelesenen ma- g
ximalen Spannkraft P0 enthalten. up

Pm0 Pm0

5.1.4 Vorspannung ohne Verbund G/2 G/2


c Spannglied verankert, Hüllrohr verpresst
5.1.4.1 Interne Vorspannung ohne Verbund
Abbildung 5.2a–c Prinzip der Vorspannung mit nachträgli-
chem Verbund
Das Vorspannen von Bauteilen durch interne Spann-
glieder ohne Verbund folgt den Prinzipien der Vorspan-
nung mit nachträglichem Verbund. Das Verpressen mit
Zementmörtel entfällt naturgemäß; der Korrosions- Verbund zu realisierenden Zusatzdehnung zurück. Die
schutz der Spannglieder muss statt dessen durch Fett Berechnung erfolgt i. Allg. als innerlich statisch unbe-
oder ähnliche Korrosionsschutzmassen und i. Allg. ei- stimmtes System ähnlich einem unterspannten Träger.
ne werkmäßig hergestellte zusätzliche Kunststoffum-
mantelung der Spannglieder bzw. Litzen hergestellt
werden. 5.1.4.2 Externe Vorspannung
Durch den fehlenden Verbund entfällt einer der
wesentlichen Bemessungsgrundsätze für Stahlbeton- Die außerhalb des Betonquerschnitts geführten Spann-
und Spannbetonbauteile, die Annahme starren Ver- glieder verlaufen zwischen den Endverankerungen
bundes zwischen Bewehrung und Beton. Wesentliches entweder gerade oder werden an Querträgern, Sätteln,
Merkmal für die Berechnung von Bauteilen mit Vor- etc. umgelenkt (Abbn. 5.3 und 5.4). Spannglieder
spannung ohne Verbund ist daher, dass die Verträg- für externe Vorspannung bestehen aus einzelnen,
lichkeitsbedingungen der Dehnungen für den Spann- PE-ummantelten und mit Fett korrosionsgeschützten
stahl nicht mehr über eine ebene Dehnungsverteilung Litzen, die ggf. nochmals in PE-Hüllen gebündelt wer-
am Querschnitt aufgestellt werden können. Da da- den (Abb. 5.5), oder aus Litzen- bzw. Drahtbündeln
von auszugehen ist, dass die Vorspannkraft zwischen in fettgefüllten oder nachträglich zementverpressten
den Endverankerungen annähernd konstant ist, wer- Hüllrohren. Bei externen Spanngliedern ist zwi-
den Verformungen des Bauteils ebenso wie lokale Zu- schen innerer und äußerer Gleitung während des
satzbeanspruchungen, die an Rissen auftreten, zu ei- Spannvorgangs zu unterscheiden. Die innere Gleitung
ner Veränderung der Dehnungen und Spannungen über entspricht einer Relativverschiebung zwischen Litzen
die gesamte Spanngliedlänge führen. Die lastbeding- bzw. Drähten und ihrer Ummantelung, während die
te Dehnungszunahme der Spannglieder im gerissenen äußere Gleitung zwischen der äußeren Spanngliedum-
Beton bleibt deutlich hinter der bei Vorspannung mit hüllung und z. B. Umlenksätteln auftritt. Innere und
164 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

A
Korrosionsschutzmantels während des Spannvorgangs
an. Bei einbetonierten, d. h. internen Spanngliedern
Pm0 Up Pm0
entfällt die äußere Gleitung, der gesamte Spannweg
wird durch innere Gleitung realisiert. Damit wird
einsichtig, dass Spannglieder für externe Vorspannung
A
nicht per se für interne Vorspannung ohne Verbund
geeignet sind.

A-A

Abbildung 5.3 Prinzip der externen Vorspannung ohne Verbund 5.2 Schnittgrößen aus Vorspannung
bei statisch bestimmten Systemen

5.2.1 Allgemeines

In Abb. 5.6 sind die zwischen Betonquerschnitt und


Spannglied wirksamen Kräfte eines vorgespannten
Trägers schematisch dargestellt. Bei statisch bestimmt
gelagerten Bauteilen bilden alle Komponenten ein
geschlossenes Kräftesystem, damit entstehen keine
Auflagerreaktionen. Die zu Schnittgrößen in der
Schwerachse zusammengefassten Druckspannungen
des Betonquerschnitts stehen in jedem Querschnitt
mit der Zugkraft des Spannglieds im Gleichgewicht.
Am Gesamtquerschnitt – zusammengesetzt aus Beton
Abbildung 5.4 Externe Vorspannung – Umlenksattel im Inne- und Spannglied – entstehen keine resultierenden
ren eines Hohlkastens (BAB A46 – Brücke Mescheder Straße) Schnittgrößen; die Vorspannung erzeugt damit einen
reinen Eigenspannungszustand.
Zur Ermittlung von Schnittgrößen aus Vorspannung
bei statisch bestimmt gelagerten Bauteilen existieren
zwei prinzipiell unterschiedliche Sichtweisen und dar-
auf aufbauende Methoden, die allerdings zu identi-
schen Ergebnissen führen:

• Die Vorspannung entspricht im Gesamtquerschnitt


einem Eigenspannungszustand; die Schnittgrößen
des Betonquerschnitts aus Vorspannung kön-
nen allein über Gleichgewichtsbedingungen auf
Querschnittsebene unter Berücksichtigung der
Vordehnung ermittelt werden.
• Auf Systemebene können Schnittgrößen infolge
Vorspannung aus der Betrachtung von Anker-,
Abbildung 5.5 PE-Umhüllungen eines Spannglieds für externe Umlenk- und Reibungskräften als äußere Lasten
Vorspannung
auf den Betonquerschnitt bestimmt werden.

Bei statisch unbestimmt gelagerten Systemen wer-


äußere Gleitung unterscheiden sich in der Beanspru- den die aus der Vorspannung eingeprägten Verfor-
chung der Ummantelung. Bei externen Spanngliedern mungen durch die überzähligen Lagerungsbedingun-
dominiert – gute Baustellenbedingungen voraus- gen behindert. Die dadurch entstehenden Kräfte füh-
gesetzt – die äußere Gleitung. Wenn die Reibung ren zu Schnittgrößen am Gesamtquerschnitt, gleichzei-
zwischen Spannglied und Umlenksätteln z. B. durch tig zu Auflagerreaktionen und werden als statisch un-
Verschmutzungen erhöht ist, steigt der Anteil innerer bestimmte Wirkung der Vorspannung bezeichnet. Auf
Gleitung und damit die Schädigung des inneren Querschnittsebene überlagert sich daher dem Eigen-
5.2 Schnittgrößen aus Vorspannung bei statisch bestimmten Systemen 165

Kräfte im Schnitt C-C


C-C C
M=0
V=0
S x

z zcp
N=0

C a Gesamtquerschnitt

A=0 B=0
C
PA PB Mc,p = 0
Vc,p = 0
x
tp
z
Nc,p = 0
up

C
A=0 B=0 b Betonquerschnitt

C
PA PB

up
z
Abbildung 5.6a–c Wirkung
tp
der Vorspannung – Unter- P=0
scheidung zwischen Beton- C
querschnitt und Gesamtquer- A=0 B=0
schnitt c Spannglied

spannungszustand ein Sekundärspannungszustand aus Für Neigungswinkel bis 0,4 rad ( 23ı ) bleibt
der statisch unbestimmten Wirkung. Bei statisch un- der Fehler unter 10%. Da hier ausschließlich die
bestimmten Systemen geht daher die Möglichkeit, die statisch bestimmten Auswirkungen der Vorspannung
Wirkung der Vorspannung allein durch eine Quer- betrachtet werden, wird auf den Index „dir“ (!
schnittsbetrachtung zu erfassen, verloren. Details zur direkte Einwirkung) zur Unterscheidung gegenüber
Vorspannung statisch unbestimmter Systeme folgen in der statisch unbestimmten Wirkung (Index „ind“ !
Abschn. 13.4. Im folgenden werden ausschließlich sta- indirekte Einwirkung) im Weiteren verzichtet. Die
tisch bestimmte Systeme betrachtet. Schnittgrößen infolge Vorspannung ergeben sich
zu:

Nc;p .x/ D P .x/ ; (5.1)


5.2.2 Gleichgewicht am Querschnitt
Vc;p .x/ D P .x/  p ; (5.2)
Mc;p .x/ D P .x/  zcp : (5.3)
Nach Abb. 5.7 gelten folgende Gleichgewichtsbedin-
gungen zwischen der Vorspannkraft und den resultie-
renden Schnittgrößen des Betonquerschnittes (Index
„c,p“)
C-C C
P
H W Nc;p;dir .x/ D P .x/ cos.p / ; Mc,p
P S x
V W Vc;p;dir .x/ D P .x/ sin.p / ; = Nc,p
P zcp Qp
M W Mc;p;dir .x/ D P .x/ cos.p /  zcp : z
P cos Qp
Vc,p
P sin Qp
Da die Neigungswinkel p .x/ bei schlanken Balken P
klein sind, gilt näherungsweise: C

A=0
cos.p /  1 ;
Abbildung 5.7 Schnittgrößen infolge Vorspannung am statisch
sin.p /  tan.p /  p : bestimmten System – Gleichgewicht am Querschnitt
166 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

5.2.3 Berechnung mit Anker- für kleine Umlenkwinkel p aus dem Kräftegleichge-
und Umlenkkräften wicht nach Abb. 5.8 a:
Up D 2  P .x/  cos .˛/ (5.5a)
 
Die Wirkung des vorgespannten Zuggliedes auf den  p
Betonquerschnitt kann auch als äußere Einwirkung D 2  P .x/  cos  (5.5b)
2 2
aufgefasst werden (Abb. 5.6):  
p
D 2  P .x/  sin (5.5c)
• An den Endverankerungen des Spanngliedes wir- 2
ken Ankerkräfte als Einzellasten. p
• Entlang der Spanngliedachse werden Reibungs-  2  P .x/  D P .x/  p : (5.5d)
2
und Umlenkkräfte erzeugt. Wird anstelle des diskreten Knicks eine kontinuierliche
Umlenkung entlang eines infinitesimalen Elements der
Umlenkkräfte werden dabei nicht nur an Rich-
Länge dx D rdp betrachtet (Abb. 5.8b), gilt:
tungswechseln der Spanngliedachse, sondern auch
durch einen geknickten oder gekrümmten Verlauf UP .x/ D up .x/  dx D 2  P .x/  cos .˛/ (5.6a)
der Schwerachse des Betonquerschnitts erzeugt. Die  P .x/  dp : (5.6b)
Umlenkkräfte der Spannglieder stehen in jedem Punkt
Die Umlenkkraft up ergibt sich damit zu
senkrecht zur Tangente an die Spanngliedachse. An
diskreten Richtungswechseln der Spanngliedachse dp
up .x/ D P .x/  : (5.7)
gegenüber der Querschnittsschwerlinie – d. h. im dx
hypothetischen Fall eines scharfen Knickes der Die Änderung des Umlenkwinkels dp =dx entspricht
Spanngliedachse wie auch bei einem Knick der der Krümmung:
Querschnittsschwerachse – wirken Einzellasten als dp 1
Umlenkkräfte. Kräfte aus der Reibung zwischen D : (5.8)
dx r.x/
Spannglied und Hüllrohr während des Spannvorgangs
sind stets tangential zur Spanngliedachse gerich- Die normal zum Spannglied gerichtete Umlenkkraft ist
tet. Zunächst sollen Reibungskräfte vernachlässigt damit durch die bekannte Kesselformel nach Gl. (5.9)
werden. zu ermitteln:
Die Umlenkkraft für den Fall eines diskreten P .x/
up .x/ D : (5.9)
Knicks im Spanngliedverlauf bzw. im Verlauf der r.x/
Schwerlinie folgt mit Für einen beliebigen, durch zcp .x/ beschriebenen
Spanngliedverlauf gilt
 p
2˛ C p D  ! ˛ D  1 00
zcp .x/
  2 2  D  3=2 : (5.10)
 p p r.x/ 0 .x/
und cos  D sin (5.4) 1 C zcp
2 2 2
Unter der Annahme schlanker Balken, damit kleiner
Umlenkwinkel p gegen die Schwerachse folgt für den
Krümmungsradius
P(x)
r dQp  3=2 1
0 00
1 C zcp .x/ !1 )  zcp .x/ : (5.11)
r
Up Die Umlenkkraft senkrecht zum Spannglied ist damit
00
up P(x+dx) = P(x) up .x/ D P .x/  zcp .x/ (5.12)
P(x) dQp
Up dx Die Komponenten der Umlenkkraft senkrecht und par-
allel zur Schwerachse folgen damit zu (vgl. Abb. 5.9):
 
a
b kontinuierliche Umlenkung up;z .x/ D up .x/  cos p (5.13a)
a P(x)
00
Qp  up .x/  P .x/  zcp .x/ ; (5.13b)
 
a Knick up;x .x/ D up .x/  sin p (5.13c)
Abbildung 5.8a,b Umlenkkräfte infolge Vorspannung – Grund-  up .x/  p
00 0
lagen  P .x/  zcp .x/  zcp .x/ : (5.13d)
5.2 Schnittgrößen aus Vorspannung bei statisch bestimmten Systemen 167

Bei kleinen Umlenkwinkeln, wie sie bei schlanken Die Spannkraft wird über die Spanngliedlänge kon-
Balken bzw. Platten üblich sind, gelten die Näherungen stant angenommen mit P .x/ D Pmt D const. Die Um-
nach den Gln. (5.13b) und (5.13d). Der Anteil parallel lenkkraft up;z folgt damit aus Gl. (5.13b).
zur Schwerachse wird i. Allg. vernachlässigt. 8f
00
zcp .x/ D 
`2
00
5.2.4 Kreisförmiger oder parabolischer ) up;z .x/ D Pmt  zcp .x/
Spanngliedverlauf – Sonderfall
8f
D Pmt  D up;z D const. (5.15)
`2
Nach der Kesselformel (Gl. 5.9) führt der Verlauf eines
Hier ist zu beachten, dass das Vorzeichen der Umlenk-
Spanngliedes entlang eines Kreisbogens bei Annahme
kraft aus der Orientierung der Parabel gegenüber dem
einer konstanten Vorspannkraft P .x/ D const. zu ei-
x-z-Koordinatensystem resultiert; ein negatives Vor-
ner konstanten, radial gerichteten Umlenkkraft. Glei-
zeichen bedeutet hier eine entgegen der positiven z-
ches gilt nach Gl. (5.12), wenn der Verlauf einem Po-
00 Achse gerichtete Kraft. Da die Richtung der Umlenk-
lynom zweiten Grades folgt (zcp D const.). Für kleine
kraft in Abb. 5.10 aus der Anschauung bereits korrekt
Umlenkwinkel ist damit der Ansatz up;z D const. ge-
angetragen wurde, wird hier auf den Ansatz einer mit
nügend genau. Bei parabolischem Spanngliedverlauf
Vorzeichen behafteten Größe in Gleichgewichtsbedin-
bleibt für f =`  1=12 der Fehler bei up;z unter 5%
gungen verzichtet. Die Umlenkkraft up;z fließt hier also
(Abb. 5.9).
mit
In Abb. 5.10 ist ein Balken mit parabolisch geführ- ˇ ˇ
ˇ 8f ˇ
tem Spannglied dargestellt. Der Verlauf wird durch up;z .x/ D ˇˇPmt  2 ˇˇ D const.
drei Stützstellen mit den Koordinaten (x, zcp ) eindeu- `
tig bestimmt; die x-Achse stimmt mit der Schwerachse ein. Der Neigungswinkel an der Endverankerung folgt
des Balkens überein. Exemplarisch werden die Veran- aus
kerungspunkte und der Stich in Feldmitte als Koordi- 0
0
naten gewählt (zcp mit Vorzeichen behaftet!): p .x/ D zcp .x/

0 4f
xD0 ! zcp .x D 0/ D zcp
0
; ) p0 D zcp .0/ D : (5.16)
`
x D `=2 ! zcp .x D `=2/ D f C zcp
0
;
Mit den Anker- und Umlenkkräften können nun
xD` ! zcp .x D `/ D zcp
0
: Gleichgewichtsbedingungen für die Schnittgrößen des
Aus der allgemeinen Parabelgleichung Betonquerschnitts angeschrieben werden (Abb. 5.10):
P  
zcp .x/ D A  x 2 C B  x C C H Nc;p .x/ D Pmt cos p0  Pmt ;
folgt mit den drei vorgegebenen Kurvenpunkten der P  
Spanngliedverlauf zcp .x/ nach Gl. (5.14). V Vc;p .x/ D Pmt sin p0 C up  x

4f 4f  Pmt  p0 C up  x ;


zcp .x/ D   x2 C  x C zcp
0
(5.14)
` 2 `

x 1
= const .
r
r P0
z zcp(x)
P(x) P0 x
up up,z zcp f
z

up,x Spanngliedachse
P ( x ) » const .
l

up,z

tatsächlicher Verlauf
f 1
up,x Näherung für schlanke Balken £
l 12

Abbildung 5.9 Komponenten der Umlenkkraft und Näherung für schlanke Balken
168 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Qp0 A Qp0 angestellt werden. Offenkundig führt die Betrachtung


A-A
x über Umlenkkräfte zu den gleichen Schnittgrößen wie
zcp0 zcp0
Ap zcp f eine reine Querschnittsbetrachtung, sofern den beiden
z
Methoden identische Annahmen – hier z. B. die Nähe-
A rung für kleine Umlenkwinkel – zugrunde liegen.
a Spanngliedführung Nach Abb. 5.10 erzeugt ein parabolisch geführtes
Spannglied im Betonquerschnitt die zu einer gleich-
0
Pmt cos Q p . zcp
0 mäßig verteilten Belastung, z. B. dem Eigengewicht
0
Pmt sin Q p (bei konstantem Querschnitt) entgegengesetzte Wir-
0
Pmt cos Q p kung. Mit

Š 8f `2
u p = Pmt .
8f
g D up D Pmt  ) Pmt D g  (5.17)
b Anker- und Umlenkkräfte l2 `2 8f
kann die Spannkraft ermittelt werden, die zu einer
Kompensation der Wirkung des Eigengewichts führt.
Ncp - -Pmt
Resultierende Schnittgröße aus g und P ist für
+ zcp
0
D 0 eine entlang des Balkens konstante zentri-
4f
Vcp - Pmt
l sche Druckkraft N D Pmt . Allgemein kann der
- - Verlauf des Spannglieds an der Momentenlinie der zu
Mcp + + kompensierenden Einwirkungen orientiert werden (s.
_P ( f z 0 )
+ cp 0
mt
Pmt . zcp Abschn. 5.2.5).
c Schnittgrößen aus Vorspannung
Beispiel 5.1
Abbildung 5.10a–c Schnittgrößen infolge Vorspannung bei pa- Für den mit geraden Spanngliedern vorgespannten Dach-
rabolischer Spanngliedführung – Berechnung mit Anker- und binder nach Abb. 5.11 sollen die Schnittgrößen infol-
Umlenkkräften ge Vorspannung ermittelt werden. Reibungskräfte werden
vernachlässigt; die Spannkraft ist P .x/ D Pmt D const.

P   Berechnung mit Anker- und Umlenkkräften: Anker- und


M Mc;p .x/ D Pmt  sin p0  x Umlenkkräfte müssen generell auf die Schwerachse be-
zogen werden. Der Knick der Schwerachse in Feld-
  mitte erzeugt hier trotz gerader Spanngliedführung eine
x2
Pmt cos p0  zcp
0
C up  2 Umlenkkraft, die mit Gl. (5.5d) für den Umlenkwinkel
p .x D `=2/ D 2p0 berechnet wird:
 Pmt  p0  x
Up D Pmt  2p0 :
x2
Pmt  zcp
0
C up  2
:
In Feldmitte ist das Moment infolge Vorspannung:
Exemplarisch werden für den Querschnitt in Feld-
mitte die Schnittgrößen des Betonquerschnitts aus den Mc;p .x D `=2/ D MA C Up  `=4
angegebenen Gleichgewichtsbedingungen bestimmt: D Pmt  zcp
0
 Pmt  2  p0  `=4
 
Nc;p .x D `=2/ D Pmt ; D Pmt zcp0
C p0  `=2 :
4f 8f `
Vc;p .x D `=2/ D Pmt  C Pmt  2 
` ` 2 Berechnung über Gleichgewicht am Querschnitt: Die Ex-
D 0; zentrizität der Spannglieder in Feldmitte und damit das
4f ` Moment infolge Vorspannung sind:
Mc;p .x D `=2/ D Pmt    Pmt  zcp
0
` 2  
8  f `2 zcp .x D `=2/ D f D zcp
0
C tan p0  `=2
CPmt  2 
` 8  zcp
0
C p0  `=2 ;
 
D Pmt  f C zcp :
0
Mc;p .x D `=2/ D Pmt  zcp 0
C p0  `=2 :

Der hier für die Feldmitte geführte Nachweis der Äqui- Die beiden Verfahren liefern offensichtlich identische Er-
valenz beider Verfahren kann für statisch bestimm- gebnisse. Für die übrigen, in Abb. 5.11 dargestellten
te Systeme naturgemäß in beliebigen Querschnitten Schnittgrößen gilt dies ebenfalls.
5.2 Schnittgrößen aus Vorspannung bei statisch bestimmten Systemen 169

5.2.5 Anmerkungen zur A


Schwerachse

Spanngliedführung
f
Der „optimale“ Spanngliedverlauf wird durch ein
breites Spektrum von Parametern beeinflusst; dessen A
Festlegung erfolgt daher i. d. R. in einem iterativen
Prozeß und erfordert zudem einige Erfahrung. Nach- l /2 l /2
folgend werden eine Reihe grundsätzlicher Hinweise
a Dachbinder
zusammengestellt, weitere Erläuterungen zur Wahl
der Spanngliedführung sind u. a. in Leonhardt (1973);
Rombach (2003) zu finden. Θ 0p
s 0
zcp
A-A
5.2.5.1 Allgemeine Hinweise Ap Ap

b Schnitt und Detail


Grundsätzlich soll die Vorspannung den Einwirkungen
(Eigengewicht, Verkehrslasten, etc.) entgegenwirken. VA VA

Wesentliche Hinweise für den Spanngliedverlauf lie- HA HA

fert daher die Momentengrenzlinie der maßgebenden MA


MA
Einwirkungskombination. Bei Gleichlastbeanspru- U p = Pmt . 2 . Θ 0p
chung ist eine parabolische Spanngliedführung mit VA = Pmt . sinΘ p0
annähernd konstanten Umlenkkräften sinnvoll (s. H = P . cosΘ0 ป P
A mt p mt
Abschn. 5.2.4). Bei wesentlichen Verkehrslasten, 0
MA = Pmt . z p
insbesondere bei wandernden Einzellasten (z. B.
Überfahrt eines Fahrzeugs über eine Brücke) wird c Anker- und Umlenkkräfte
die Einhüllende der Biegemomente gegenüber der
Parabel völliger; ein völligerer Spanngliedverlauf –
z. B. mit geraden Abschnitten im Bereich maximaler Nc,p - -Pmt
Momente – ist daher empfehlenswert. Angesichts
der rechnerisch einfachen Behandlung setzt sich der
Pmt . Θ 0p
Spanngliedverlauf i. Allg. aus Geraden und Parabeln +
2. und 3. Grades zusammen.2 Bei Flachdecken mit Vc,p
- -Pmt . Θ0p
einer Vielzahl verteilter Spannglieder erfordert die
Verlegung in parabelförmigen Verläufen erheblichen
_l
Arbeitseinsatz; zur Vereinfachung der Verlegearbeiten -Pmt . . Θ 0p
- 2
- Pmt . f
wurde die freie Spanngliedlage mit wenigen Fix-
punkten entwickelt (vgl. Maier u. Wicke 2000, bzw. -Pmt . z0p
Mc,p
Abschn. 9.5).
Ein effektiver Einsatz der Vorspannung setzt voraus, d Schnittgrößen aus Vorspannung
dass die Spannglieder im Bereich der Maxima der Mo- Abbildung 5.11a–d Beipiel 5.1 – Schnittgrößen aus Vorspan-
mente aus Einwirkungen möglichst große Hebelarme nung bei einem Träger mit geknickter Schwerachse
aufweisen, d. h. möglichst nah am Querschnittsrand
verlaufen. Allerdings kann bei wesentlichen Wech-
selmomenten – z. B. als Folge wechselnder Vorzei- von Brückenüberbauten im Taktschiebeverfahren) – ei-
chen von Einzellasten aus Zentrifugalkräften rotieren- ne Reduzierung des Hebelarms erforderlich werden,
de Massen (! dynamische Einwirkungen aus Maschi- um ein Aufreissen der Druckzone bei minimalen Last-
nen) oder als Folge des Bauablaufs (! Herstellung momenten zu vermeiden.
Bei der Festlegung des Spanngliedverlaufs soll-
2
In EDV-Programmen werden anstelle der bereichsweisen Defi- ten darüber hinaus folgende Aspekte berücksichtigt
nition von Geraden und Parabeln i. d. R. kubische oder exponen- werden:
tielle Splines, d. h. abschnittsweise definierte Interpolationsfunk-
tionen verwendet, die die Vorgabe beliebig vieler Zwangspunkte • Mindestabstand von Hüllrohren (vgl. DIN 1045-
mit stetigem Übergang an den Abschnittsgrenzen erlauben. 1 bzw. EN 1992-1-1) sowie Mindestachs- und -
170 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

randabstände zwischen Verankerungen und Kopp- querschnitts ( Mitte der Behälterwand) wirkend
lungen (vgl. jeweilige bauaufsichtliche Zulassun- zusammengefasst werden, erzeugt. Die als Folge
gen (BAZ) bzw. Europäische Technische Zulassung der gekrümmten Schwerachse auftretenden Um-
(ETA) des Spannverfahrens); lenkkräfte aus der Ringdruckkraft müssen mit den
• erforderliche Betondeckung der Bewehrung bzw. Umlenkkräften des Spannglieds im Gleichgewichts
der Hüllrohre (vgl. DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1- stehen; das Spannglied muss daher nahe der Krüm-
1); mungsaussenseite platziert werden. Bei Anordnung
• Mindestkrümmungsradien (vgl. BAZ bzw. ETA); an der Krümmungsinnenseite kann während des
• Bereiche mit geradem Spanngliedverlauf ( 1 m) Spannvorgangs die Betondeckung zusammen mit dem
an Verankerungen und Kopplungen. Spannglied vom restlichen Querschnitt abreißen.
Bei statisch unbestimmten Systemen ist zudem zu be-
denken, dass durch die Spanngliedführung der statisch
5.2.5.3 Biege-, Querkraft-
unbestimmte Anteil der Vorspannung wesentlich be-
und Querzugbeanspruchungen
einflusst werden kann (s. Abschn. 13.4).
aus Umlenkkräften

In der im Aufriss gekrümmten Bodenplatte eines


5.2.5.2 Vorspannen gekrümmter Träger
gevouteten Kastenträgers nach Abb. 5.13a erzeugen
über die Bodenplatte verteilt angeordnete Spann-
Durch Vorspannen des in Abb. 5.12 im Horizon-
glieder Biege- und Querkraftbeanspruchungen der
talschnitt dargestellten, rotationssymmetrischen
Bodenplatte. Bei Kastenträgern mit geneigten Stegen
Behälters mit Ringspanngliedern werden annähernd
erzeugen die in den Stegen angeordneten Spann-
konstante Ringdruckkräfte über die Querschnittshöhe,
die als Normalkraft in der Schwerachse des Beton-
Schnitt B-B Spannlisene
Spannlisene A

P P P
N
A up

Spannglied

Schnitt A-A
B
N
Spannglied
Umlenkkraft erzeugt Querbiegung
P in der Bodenplatte
Vorspannung erzeugt
Ringdruckkraft
B
a System (Horizontalschnitt)
a Querbiegung aus Umlenkkräften bei gevouteten Trägern

P
up Schnitt B-B
uc
uc
P sc sc
up
up up
Spannglied P Spannglied
P Querzug
sc sc
B
Abreißen der Betondeckung!
up
Umlenkspannungen aus Umlenkspannungen aus
Vorspannug erzeugen Zug Vorspannung und Beton-
in der inneren Betonschale druckkraft im Gleichgewicht
B

b innenliegendes Spannglied c außenliegendes Spannglied b Querzug aus Umlenkkräften bei geneigten Hohlkastenstegen

Abbildung 5.12a–c Spanngliedlage bei Vorspannung eines ro- Abbildung 5.13a,b Querbiegung und Querzug aus Umlenk-
tationssymmetrischen Behälters kräften
5.3 Spannkraftverluste 171

glieder Querzugbeanspruchungen in den Gurtplatten Tabelle 5.1 Zuordnung der Querschnittswerte zur Spannungs-
(Abb. 5.13b). ermittlung

Art der Vorspannung wirksame Querschnittswerte für


P CG Q
5.2.6 Ermittlung von Spannungen sofortiger Verbund Ai , Ii , zip Ai , Ii , zip
infolge Vorspannung nachträglicher Verbund An , In , znp Ai , Ii , zip
ohne Verbund An , In , znp An , In , znp
Bei Spannbetonbauteilen muss zur Spannungsermitt-
lung nach der Verbundwirkung zwischen Spannglied
und Beton unterschieden werden:
• Mit Verbund: liche Querschnitte wirken können (Tabelle 5.1). Bei
Vorspannung mit nachträglichem Verbund müssen für
Es wird starrer Verbund zwischen Spannglied und
Beton unterstellt. Die Dehnungs- und Spannungs- Zustände vor Herstellung des Verbundes, d. h. für die
dann bereits wirksamen Lasten (i. Allg. P C G) die
ermittlung erfolgt allein auf Querschnittsebene; die
Zusatzdehnung des Spannstahls entspricht der Deh- Kenngrößen des ideellen Querschnittes unter Abzug
nung des umgebenden Betons. der Anteile der Spannglieder und Hüllrohrquerschnit-
te angesetzt werden (in Tabelle 5.1 und im Folgen-
• Ohne Verbund:
Da sich das Spannglied zwischen den Endveranke- den mit An , In und znp bezeichnet ! „ideeller Netto-
rungen frei dehnen kann, ist die Bestimmung der querschnitt“, Abb. 5.14). Gleiches gilt generell für Vor-
spannung ohne Verbund. Als Näherung hierfür werden
Zusatzdehnung nur über die Formulierung von Ver-
träglichkeitsbedingungen auf Bauteilebene möglich gewöhnlich Netto-Betonquerschnittswerte, die nur un-
ter Berücksichtigung der Abzüge der Hüllrohrflächen
(vgl. Abschn. 5.1.4).
ermittelt werden, verwendet. Nach der Herstellung des
Große Bedeutung für die Spannungsermittlung kommt Verbundes aufgebrachte Lasten wirken grundsätzlich
der Frage zu, ob der betrachtete Querschnitt gerissen auf den idellen Querschnitt.
ist. Im Vorgriff auf die Erläuterungen in Kap. 6 gilt: Weiterhin ist zu beachten, dass z. B. bei Platten-
balken oder Hohlkästen die mitwirkenden Breiten für
• Ungerissener Querschnitt (Zustand I):
Normalkraft aus Vorspannung und für Gurtnormalkräf-
In ausreichendem Abstand von Störstellen, z. B. den
te aus Biegemomenten unterschiedlich definiert sind
Verankerungsbereichen von Spanngliedern, gilt für
(s. Abschn. 2.3.2und insbesondere Abb. 2.25).
schlanke Balken die technische Biegetheorie. Die
Dehnungen sind linear über den Querschnitt verteilt
(Hypothese von Bernoulli); das Superpositionsge-
setz ist generell gültig. 5.3 Spannkraftverluste
• Gerissener Querschnitt (Zustand II):
Dehnungen und Spannungen müssen unter Ver-
Die an der Spannpresse während des Vorspannens ab-
nachlässigung der in der Zugzone liegenden Beton-
gelesene Kraft entspricht nicht der zu einem beliebigen
querschnittsteile ermittelt werden. Insbesondere bei
Zeitpunkt in einem beliebigen Querschnitt des Bauteils
Spannbetonbauteilen ist dies mit erheblichem Auf-
vorhandenen Spannkraft. Durch Einflüsse, die bereits
wand verbunden. Eine Erläuterung folgt in Kap. 10.
während des Spannens oder unmittelbar danach (Zeit-
Zunächst werden ausschließlich Beanspruchungen punkt t = 0) bzw. im Laufe der Zeit (Zeitraum t D 0
im Gebrauchszustand betrachtet. Im Folgenden wird bis t ! 1) wirksam werden, wird die Spannkraft re-
angenommen, dass sich das Bauteil im Zustand I duziert.
befindet; gleichzeitig kann elastisches Verhalten der
Baustoffe, d. h. ein durch die jeweiligen Kurzzeit-
E-Moduli beschriebener linearer Zusammenhang
zwischen Dehnungen und Spannungen vorausgesetzt 5.3.1 Überblick
werden (Abb. 5.14).
Bei den Querschnittswerten, die der Spannungser- Spannkraftverluste werden in sog. sofortige Verluste,
mittlung im Zustand I zugrunde gelegt werden, ist zu die während des Spannens und der Verankerung der
beachten, dass Vorspannung (P ), Eigengewicht (G) Spannglieder bzw. durch das Übertragen der Spann-
und zusätzliche Einwirkungen (Q) auf unterschied- kraft auf das Bauteil entstehen (t D 0), und zeitabhän-
172 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

(Vorspannung) Vorspannung + Eigengewicht = Gesamt


(Ng= 0)
Mc,p - + - -

Sn
y + = + =
Nc,p
zn
z

An, In - - - + -

Ap N c ,p M c ,p Mg
σ cp,p = + × z np σ cp,g = × z np σ cp = σ cp,p + σ cp,g
An In In

a Querschnitt in Feldmitte b Betonspannungen

Abbildung 5.14a,b Spannungen aus Vorspannung nach der technischen Biegetheorie

gige Verluste, die im Laufe der Zeit durch das zeitab- Pr .x/ Verlust aus der Kurzzeitrelaxation des
hängige Verhalten der Baustoffe auftreten (0 < t < Spannstahls im Zeitraum zwischen dem
1), unterschieden. Sofern nicht mehrere Bau- oder Vorspannen der Spannglieder und der
Zwischenzustände wie z. B. bei der abschnittsweisen Übertragung der Spannkraft auf das
Herstellung von Brücken oder der Zeitpunkt der Ver- Bauteil (nur sV)
kehrsübergabe betrachtet werden müssen, ist es ausrei- PgCq .x/ Zusatzdehnung des Spanngliedes aus der
chend, zwei Grenzfälle zu untersuchen: bei t D 0 wirksam werdenden Einwirkung
(i. Allg. Eigengewicht), soweit noch nicht
Zeitpunkt t D 0 ! Vorspannkraft Pm0 in P0 enthalten.
Zeitpunkt t D 1 ! Vorspannkraft Pmt : Zu einem beliebiegen Zeitpunkt t wird der Mittel-
wert Pm0 .x/ zusätzlich um die zeitabhängigen Verluste
Der Mittelwert der Spannkraft Pm0 .x/ zum Zeit- vermindert:
punkt t D 0 im Querschnitt x nach dem Abklingen
der sofortigen Verluste wird allgemein berechnet über Pmt .x/ D Pm0 .x/  PcCsCr .x/

Pm0 .x/ D P0  P .x/  Psl .x/  Pel .x/ CPgCq .x/ ; (5.19)

Pr .x/ C PgCq .x/ : (5.18) mit

Welche der in Gl. (5.18) enthaltenen Abzugsglieder PcCsCr .x/ Verluste aus Kriechen und Schwinden
auftreten, hängt von der Art der Vorspannung und ggf. des Betons sowie aus der Relaxation
dem Spannverfahren ab. Die einzelnen Komponenten des Spannstahls (sV, nV, oV)
bedeuten:3 PgCq .x/ Zusatzdehnung des Spanngliedes aus
den bei t ! 1 wirksamen Einwir-
P0 Vorspannkraft am Spannanker unmittelbar kungen, soweit noch nicht in Pm0 ent-
vor dem Verankern (Maximalwert) halten.
P .x/ Verluste aus Reibung zwischen Spannglied
Im Allgemeinen sind die Verluste abhängig von der
und Hüllrohr (nV, oV) bzw. an Umlenkstel-
Lage im Bauteil, d. h. der x-Koordinate; die Vorspann-
len (oV)
kraft ist daher über die Spanngliedlänge nicht konstant.
Pel .x/ Verluste aus der elastischen Verformung
Die Ermittlung der Spannkraftverluste basiert grundle-
des Betonbauteils (sV, nV, oV)
gend auf den in Abschn. 5.2.5 dargestellten Prinzipi-
Psl .x/ Verlust aus Keilschlupf (nur bei Spannglie-
en zur Spannungsermittlung für Querschnitte im Zu-
dern, die durch Keile verankert werden,
stand I.
(sV, nV, oV))
Zur Vorbemessung müssen die Spannkraftverlus-
te grob abgeschätzt werden; bei Vorspannung mit
3
nachträglichem Verbund liegen die Reibungsverluste
Abkürzung für die Art der Vorspannung:
sV sofortiger Verbund P .x/ i. Allg. unter 0;2  P0 , bei Vorspannung
nV nachträglicher Verbund ohne Verbund unter 0;1  P0 . Zeitabhängige Verluste
oV ohne Verbund PcCsCr .x/ betragen i. d. R. 0,1–0;2  Pm0 .
5.3 Spannkraftverluste 173

5.3.2 Spannkraftverluste den die Spannglieder während des Spannvorgangs an


während des Spannvorganges Umlenkstellen gegen die Hüllrohrwandung gepresst.
Die an diesen Stellen erzeugte Reibung wirkt der
Spannkraft entgegen; dem entsprechend ist die Spann-
Die aus Reibung, Keilschlupf und elastischer Beton-
kraft entlang des Spanngliedes nicht konstant, sondern
verkürzung entstehenden sofortigen Spannkraftverlus-
nimmt ausgehend von der Spannstelle ab.
te nach Gl. (5.18) werden im Folgenden erläutert. Ver-
Mit Abb. 5.15 kann unter der Annahme Cou-
luste aus Kurzzeitrelaxation des Spannstahls können
lomb’scher Reibung, d. h. Proportionalität zwischen
z. B. mit den in EN 1992-1-1 angegebenen Zeitverläu-
Anpressdruck und Reibkraft nach Gl. (5.20) für
fen der Relaxation abgeschätzt werden, bleiben aber
einen konstanten Reibbeiwert  der Spannkraftverlust
z. B. für Spannglieder der Relaxationsklasse 2 bei ma-
berechnet werden.
ximal zulässiger Vorspannung über 100 h unter 2%
(vgl. Abschn. 3.5). tp .x/ D   up .x/ (5.20)
Im infinitesimalen Element ist die Änderung dP
klein gegenüber P , damit sind up und tp über dx D
5.3.2.1 Spannkraftverluste aus Reibung r  d#p annähernd konstant:

Beim Spannen gegen den erhärteten Beton (Vorspan- P .x/ P


up .x/ D  D const. ; (5.21)
nung mit nachträglichem bzw. ohne Verbund) wer- r r
P
tp .x/    D const. (5.22)
r
Da nur kleine Winkel #p betrachtet werden, d. h.
cos.d#p =2/  1, können die entlang des Spann-
dJp glieds wirkenden Kräfte zu Resultierenden in x-
Q und
r
P + dP
zQ -Richtung zusammengefasst werden:
Up D up  r  d#p D P  d#p ; (5.23)
Up
P Tp D   up  r  d#p D   P  d#p : (5.24)
tp
up Aus dem Gleichgewicht der Kräfte in x-Richtung
Q folgt
dann
~ Tp
x dJp dP D Tp (5.25a)
D   P  d#p : (5.25b)
~
z
Umordnung der Elemente führt zur sog. Differential-
Abbildung 5.15 Umlenk- und Reibungskräfte am infinitesima- gleichung der Seilreibung
len Spanngliedabschnitt
dP
) P D0 (5.26)
d#p
P (J p )
C = P0
mit der allgemeinen Lösung

- mJp
P .#p / D C e.#p / : (5.27)
P0e
Die Integrationskonstante C kann über die Anfangsbe-
P0 × (1 - mJp ) dingung P .#p D 0/ D P0 mit P0 als Zugkraft an der
Spannpresse bestimmt werden (Abb. 5.16):
Jp C D P0 (5.28)
l #p
Spannanker
1
= const .
) P .#p / D P0 e (5.29)
r
und damit nach Übergang auf die Koordinate x:
) P .x/ D P0 e#p .x/ :
P0 x
zcp f (5.30)
z
Der Spannkraftverlust P .x/ infolge Reibung ist:
Spanngliedachse
l P .x/ D P0  P .x/
 
Abbildung 5.16 Spannkraftverlauf während des Anspannens D P0 1  e#p .x/ : (5.31)
174 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Tabelle 5.2 Anhaltswerte für den Reibbeiwert von Spannglie- Umlenkwinkel zwischen der Spannstelle (x D 0) und
dern nach EN 1992-1-1 dem betrachteten Querschnitt x und sollte nicht ver-
Spannglied Reibbeiwert  wechselt werden mit dem Winkel p .x/ desPSpann-
internes Spannglied externes Spannglied gliedes gegen die x-Achse im Querschnitt x. p .x/
(HDPE-Hüllrohr
errechnet sich aus den Tangenten an den Spannglied-
verlauf in den Wendepunkten bzw. an der Spannstelle
gefettet)
und dem betrachteten Querschnitt (Abb. 5.17); Vorzei-
Draht 0,17 0,12 chen der Umlenkwinkel bzw. Krümmungsrichtungen
Litze 0,19 0,10 sind dabei nicht relevant.
glatte Stäbe 0,33 - Bei Spanngliedführungen mit konstanter Krüm-
gerippte Stäbe 0,65 -
mung 1=r, d. h. bei kreis- oder parabelförmigen
Verläufen, kann Gl. (5.35) vereinfacht werden mit:
X 1
p .x/ D x
Die Exponentialfunktion kann gleichwertig durch eine r
 
unendliche Reihe dargestellt werden. Für #p  0;1 1
) #p .x/ D Ck x: (5.37)
wird durch Vernachlässigen der Reihenglieder mit n > r
1 eine Linearisierung erreicht, deren Fehler unter 1%
In Verbindung mit der Linearisierung nach Gl. (5.32)
bleibt (vgl. Abb. 5.16):
führt eine konstante Krümmung zu einem ausgehend
1 
X
n
#p .x/ #p .x/ von der Spannstelle linear abnehmenden Spannkraft-
e D 1C (5.32a)
nD1
nŠ verlauf; bei Krümmungswechseln ändert sich die Nei-
gung des Verlaufs (Abb. 5.18).
 1  #p .x/ : (5.32b)
P Bei Umlenkungen P in zwei Raumrichtungen mit
Damit: p;y .x/ und p;z .x/ können die Winkel mit
  Gl. (5.38) superponiert werden (vgl. de Roek 1978).
P .x/ D P0 1  #p .x/ ; (5.33)
X
P .x/ D P0 #p .x/ : (5.34) p .x/ D
r
Der Reibbeiwert  ist insbesondere an die Ober- X 2 X 2
flächengestaltung der Spannglieder – glatter Draht p;y .x/ C p;z .x/ : (5.38)
oder geripptes Stabspannglied – und deren Oberflä-
chenbeschaffenheit – z. B. Flugrostansatz – geknüpft. Der ungewollte Umlenkwinkel k  x ist eine Folge
Grundsätzlich muss der Reibbeiwert der allgemei- des Durchhanges der i. Allg. mit ungespannten Spann-
nen bauaufsichtlichen Zulassung (BAZ) bzw. der
europäischen technischen Zulassung (ETA) des
Spannverfahrens entnommen werden; Anhaltswer-
te werden allerdings in EN 1992-1-1 angegeben
(Tabelle 5.2).
P
P0 r1

Planmäßiger und ungewollter Umlenkwinkel


D qp1
Der Umlenkwinkel #p .x/ setzt sich aus zwei Kompo-
nenten, dem planmäßigen und dem ungewollten Um- åq p (x) = Dq p1
lenkwinkel, zusammen. Nach normativen Regeln sind
die beiden Anteile generell zu addieren. P0 r1 WP
X D qp2 r3
#p .x/ D p .x/ C k  x (5.35) P

D qp1 r2 D qp3
Damit:
h P i
P .x/ D P0 1  e. p .x/Ckx / :
WP
(5.36)
P åq p (x ) = Dq p1 + Dq p 2 + Dq p 3
In Gl. (5.35) bezeichnet p .x/ die Summe der aus P
dem Spanngliedverlauf resultierenden, planmäßigen Abbildung 5.17 Planmäßiger Umlenkwinkel 
5.3 Spannkraftverluste 175

σp Hüllrohr
σ p0
σ p0 e
-μ ( _1r + k( x
1
Spannglied A
Schnitt A-A

A Unterstützungen
a Einbauzustand
A

x
l
r1 r1
P0 A
b Spannvorgang
x
z Abbildung 5.19a,b Ungewollter Umlenkwinkel – Ursachen

• Spannen von beiden Enden (Abb. 5.20b; Nachteile:


l
Zwei zugängliche Spannanker werden erforderlich;
a konstante Krümmung die Spannpresse muss umgesetzt werden);
• kurzfristiges Überspannen und Nachlassen
(Abb. 5.20c; das Nachlassen entspricht in der
σp -μ
σ p0 e
( _1r1 + k( x Wirkung dem Keilschlupf; Nachteil: Begrenzte
σ p0
σ p (x WP ) e
-μ ( _1r2 + k( (x- x WP
) Überspannreserve, vgl. Abschn. 5.4);
• geschickte Wahl des Spanngliedverlaufs.
σ p (x WP )

Konsequenzen für den Ansatz von Umlenkkräften


x
xWP l Durch die entlang des Spanngliedes veränderlichen
r1 r1
Spannkraftverluste aus Reibung oder Keilschlupf
P0 x
z
P0 P0

r2 < r1 r2

b Krümmungswechsel
l
Abbildung 5.18a,b Spannkraftverlauf bei abschnittsweise kon-
stanter Krümmung sp
sp0
spm0

gliedern bestückten Hüllrohre zwischen den in der x


Schalung vorgesehenen Unterstützungen (Abb. 5.19) a einseitiges Anspannen
und nimmt mit der Laufkoordinate ausgehend vom
Spannanker linear zu. Einfluss auf k besitzen die Ab- sp
sp0
stände der Unterstützungen und die Biegesteifigkeit spm0

von Hüllrohr und Spannglied; Rechenwerte in Abhän-


gigkeit eines Mindestabstandes der Unterstützungen
x
enthalten BAZ bzw. ETA, als Anhaltswert für inter-
b beidseitiges Anspannen
ne Spannglieder wird in EN 1992-1-1 ein ungewollter
Umlenkwinkel k D 0;005–0;01 m1 angegeben. sp
sp0
spm0

Maßnahmen zur Verminderung


der Reibungsverluste x
c beidseitiges Anspannen und Nachlassen

Zur Reduktion der Spannkraftverluste aus Reibung ste- Abbildung 5.20a–c Maßnahmen zur Verringerung der Rei-
hen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, u. a.: bungsverluste
176 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

(s. u.) entstehen selbst bei Verläufen mit konstanter Keilkonus


Krümmung (Kreis, Parabel) vom Spannanker aus
abnehmende Umlenkkräfte. Als Näherung kann die
konstante Umlenkkraft aus der über die Spannglied-
länge gemittelten Vorspannkraft angesetzt werden
(Abb. 5.20). Dies ist allerdings nur zu empfehlen,
sofern die mittlere Umlenkkraft um nicht mehr als Δlsl
Keilschlupf
10% von den tatsächlichen Umlenkkräften abweicht. Spannrichtung

Setzrichtung
a Keilverankerung
5.3.2.2 Spannkraftverluste aus Keilschlupf

Der dominierende Anteil der Spannverfahren zur σp0


Vorspannung gegen den erhärteten Beton besteht
σp0 exp[- μ( Σθ + kx )]
aus Spannlitzen, die mit Keilen verankert werden. Δσp0(x=0)
Während des Spannens bewegt sich die Litze zwischen
σ’p0
den lose sitzenden Keilen. Vor dem Verankern, d. h. σ‘p0 exp[+ μ( Σθ + kx )]

vor dem Ablassen der Spannpresse, werden die Keile x


zwar in den Keilkonus eingedrückt oder eingepresst, lsl
aber erst durch eine kleine Bewegung von Litzen und P0

Keilen gegen die Spannrichtung werden die Keile


in den Konus gezogen und gewährleisten damit eine
kraft- und formschlüssige Verankerung. Der Gleitweg
wird als Keilschlupf lsl bezeichnet; am Spannanker b Verlauf der Spannstahlspannungen
ist er entgegen der Spannrichtung gerichtet, am
Abbildung 5.21a,b Keilschlupf – Allgemeine Grundlagen
Festanker in Spannrichtung.
Während der Keilschlupf am Festanker im Verlauf
des Spannens auftritt und daher nur den Spannweg be- Der Keilschlupf entspricht damit der in Abb. 5.21b
einflusst, führt der Keilschlupf am Spannanker zu ei- grau hinterlegten, durch Ep zu dividierenden Fläche.
ner geringfügigen Entspannung der Litze beim Veran- Der rechnerische Verlauf der Spannstahlspannungen
kern. Der Dehnungsverlust tritt allerdings nicht über p .x/ vor bzw. p0 .x/ nach dem Verankern folgt der
die gesamte Spanngliedlänge gleichmäßig auf, sondern Lösung der Seilreibungs-DGL:
wird durch Reibung zwischen Spannglied und Hüll- P

rohr in der zum Spannen entgegengesetzten Richtung p .x/ D p0  e. .x/Ckx/
; (5.40)
P
(Reibungsumkehr) auf eine Nachlasslänge lsl begrenzt p0 .x/ D 0
p0 e C. .x/Ckx/
: (5.41)
(Abb. 5.21). Näherungsweise wird angenommen, dass Bei bekannter Nachlasslänge lsl kann mit den
die Reibbeiwerte  in beiden Verschiebungsrichtun-
Gln. (5.40) und (5.41) sowie der Bedingung
gen gleich groß sind. Der Keilschlupf kann zwischen 2 P
und 10 mm betragen; Rechenwerte müssen in der BAZ p .x D lsl / D p0  e. .lsl /Cklsl /

bzw. der ETA des Spannverfahrens angegeben werden. Š


D p0 .x D lsl /
Da der Keilschlupf als Dehnungsabnahme des P
0
Spannglieds entlang lsl realisiert wird, gilt: D p0  eC. .lsl /Cklsl /
(5.42)
der Spannungsverlauf und damit der Vorspannungsver-
Zlsl   lust ermittelt werden. Eine allgemeine, geschlossene
lsl D "p .x/  "0p .x/ dx (5.39a) Lösung zur Bestimmung der Verluste ist nicht möglich.
xD0 Allerdings kann bei beliebigem Spanngliedverlauf der
Zlsl  durch lsl hervorgerufene Verlust iterativ bestimmt
1 
werden: Mit Hilfe eines Schätzwerts der Nachlasslän-
D p .x/  p0 .x/ dx (5.39b)
Ep ge lsl ist die rechte Seite von Gl. (5.39) zu berechnen.
xD0 Über einen Vergleich mit der linken Seite, d. h. dem
Zlsl vorgegebenen Wert für lsl und anschließende Korrek-
1
D p .x/dx : (5.39c) tur der Eingangsgröße lsl wird eine schrittweise An-
Ep näherung an den tatsächlichen Wert von lsl erreicht.
xD0
5.3 Spannkraftverluste 177

sp Δl sl E p sp Δl sl E p
Die Linearisierung
P des Spannungsverlaufs bei kleinen Δσ sl ,m = Δσ sl ,m =
l sl
Argumenten . .x/ C k  x/ erlaubt die Rückfüh- l

rung der Integration auf die Flächenberechnung eines


gleichseitigen Dreiecks. Die an der Spitze des Dreiecks
vorliegende Spannstahlspannung ist (vgl. Gl. 5.42): lsl /2 x x
h X lsl l/2
p .x D lsl / D p0 1   .lsl / l l
i
C k  lsl : (5.43) a lsl < l b lsl > l ® Durchschlagen

Abbildung 5.22a,b Verluste aus Keilschlupf


Damit folgt der am Spannanker auftretende Verlust zu
Durchschlagen des Keilschlupfes
p .x D 0/ D 2p0
X 
 .lsl / C k  lsl : (5.44) Bei sehr kurzen Spanngliedern oder bei sehr geringen
Reibbeiwerten – z. B. bei Vorspannung ohne Verbund –
Aus Gl. (5.39c) wird damit: kann lsl nach Gl. (5.48) größer als die Spanngliedlän-
ge werden. In diesem Fall wirkt sich der Keilschlupf
1 p .x D 0/ auf die Dehnungen des gesamten Spanngliedes aus. Da
lsl D  lsl (5.45a)
2 Ep stets die durch Ep dividierte, von den Spannungsver-
P läufen vor und nach dem Verankern eingeschlossene
p0   . .lsl / C k  lsl /
D  lsl : (5.45b) Fläche dem Keilschlupf lsl entsprechen muss, baut
Ep
die Berechnung der Verluste bei konstanter Krümmung
Gleichung (5.45b) kann nur nach lsl aufgelöst wer- auf der Ermittlung einer Trapezfläche auf (Abb. 5.22b).
den,Pwenn die Summe der planmäßigen Umlenkwin- p .x D l=2/
lsl D l (5.50)
kel .lsl / explizit in Abhängigkeit von lsl dargestellt Ep
werden kann. Dies ist z. B. bei einer Spanngliedfüh- lsl  Ep
rung mit konstanter Krümmung 1=r (Kreis, Parabel) ) p .x D l=2/ D (5.51)
l
möglich. Mit
X ˇ ˇ
ˇ1ˇ Nachlassen
.x/ D ˇˇ ˇˇ  x (5.46)
r
Zur Reduktion der Spannkraftverluste aus Reibung,
gilt für Gl. (5.45b) d. h. zur Erzielung einer gleichmäßigeren Verteilung
ˇ ˇ  der Spannkraft kann planmäßig überspannt und nach-
p0   ˇ r1 ˇ C k lsl gelassen werden (Abb. 5.20c). Das Nachlassen – das
lsl D  lsl : (5.47)
Ep gewollte Aufbringen eines kleinen Gleitweges ent-
gegen der Spannrichtung – ist äquivalent zum Keil-
Aufgelöst nach lsl folgt die Nachlasslänge zu: schlupf und folgt damit den gleichen Gesetzmäßigkei-
s ten. Anstelle des Schlupfs lsl ist i. Allg. eine defi-
lsl  Ep nierte Spannung p .lsl / an einem bestimmten Punkt
lsl D ˇ ˇ : (5.48)
p0    ˇ r1 ˇ C k des Spanngliedverlaufs x D lsl als Zielwert vorgege-
ben; mit den Bedingungen lassen sich die erforderli-
Mit bekannter Nachlasslänge lsl kann der Verlauf der che Spannstahlspannung p0 und der Nachlassweg lsl
Spannstahlspannungen über die Gln. (5.40) und (5.41) ermitteln.
bzw. die entsprechenden linearisierten Beziehungen Beispiel 5.2
berechnet werden. Für den Sonderfall einer paraboli- Für den in Abb. 5.23 dargestellten, mit einem Litzenbün-
sche Spanngliedführung gilt delspannglied im nachträglichen Verbund vorgespann-
ten Träger sollen die Spannungsverluste aus Reibung
ˇ ˇ
ˇ1ˇ und Keilschlupf ermittelt werden. Der Spanngliedverlauf
ˇ ˇ D z 00 .x/ D 8f D const. folgt einer Parabel. Es gelten folgende Kenngrößen:
ˇr ˇ cp
l2
v Spannverfahren
u lsl  Ep
u
) lsl D t  : (5.49)  D 0;19 I k D 0;005 rad/m I lsl D 2 mm I
p0    8fl 2 C k Ep D 195 000 N/mm 2
178 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Spanngliedführung
P0
f D 1;19 mI l D 25 mI zcp
0
D 0I x
zcp f = 1,19
z
4f 4f
zcp .x/ D x  2 x2 I
l l Spanngliedachse
4f 8f l = 25
0
zcp .x/ D  2 x D p .x/ I
l l
00 8f 1 y
zcp .x/ D  2 D D 0;015 D const. sp in N/mm2
l r Ap
Spannstahlspannung am Spannanker unmittelbar vor sp0 =1300
z
dem Verankern
1257
p0 D 1300 N/mm2 : 1239 1225
s’p0 =1215
Der Verlauf der Spannstahlspannungen vor dem Veran-
kern (Verkeilen) ist über Gl. (5.40) zu berechnen. Es gilt: Linearisierung 1182
1177
p .x/ D p0  e. r Ck /x :
1
x
12,5 25
x in m
D 1300  e0;19.0;015C0;005/x lsl = 8,89

Abbildung 5.23 Beispiel 5.2 – Träger mit parabolischer Füh-


Eine Linearisierung des Spannungsverlaufs nach
rung des Litzenbündelspannglieds, Spannungsverlauf vor und
Gl. (5.32) unterstellt größere Spannkraftverluste durch
nach dem Verankern
Reibung (Abb. 5.23):
  
1
p .x/ D p0 1   Ck x Zur Kontrolle wird der Keilschlupf lsl aus dem Span-
r nungsverlauf rückgerechnet:
D 1300  Œ1  0;19  .0;015 C 0;005/  x :
p .x D 0/  lsl
Für die Spannung am Festanker folgt damit: lsl D
2  Ep
p .x D l/ D 1300  e0;19.0;015C0;005/25 .1300  1215/  8;89
D  0;002 m :
2  195 000
D 1182 N/mm2 :
Der Größtwert der Verluste aus Reibung tritt mit 9,5% am
Die über einen linearisierten Spannungsverlauf nähe- Festanker auf; am Spannanker fällt die Spannung durch
rungsweise berechnete Spannung am Festanker weicht den Keilschlupf um 6,5% ab. Die über die Spannglied-
gegenüber
P dem exakten Wert um nur 0,5% nach unten länge gemittelte Spannung beträgt  pm0 D 1225 N/mm2 .
ab (. p C kx/  0;1):

p .x D l/ D 1300  Œ1  0;19  .0;015 C 0;005/  25


D 1177 N/mm2 : 5.3.2.3 Spannkraftverluste
aus elastischer Betonverkürzung
Die durch den Keilschlupf lsl hervorgerufene Nach-
lasslänge lsl kann wegen der konstanten Krümmung des Die Vorspannkraft bewirkt im Betonquerschnitt Längs-
Spanngliedverlaufs mit Gl. (5.49) bestimmt werden:
stauchungen und – bei exzentrischer Lage der Spann-
v
u lsl  Ep glieder – Verkrümmungen, die zu einer Verkürzung des
u
lsl D t   Bauteils in Höhe des Spannglieds führen. Diese Ver-
p0    8fl 2 C k
s
kürzung führt gleichzeitig zu einer geringfügigen Ent-
0;002  195 000 spannung der Spannglieder. Da sich allerdings die Vor-
D spannung mit sofortigem Verbund und die Vorspan-
1300  0;19  .0;015 C 0;005/
D 8;89 m ; nung gegen den erhärteten Beton im Spannvorgang
p .x D lsl / D p0  e0;19.0;015C0;005/8;89
grundlegend unterscheiden, ist eine getrennte Behand-
lung der beiden Vorspannarten erforderlich.
D 1257 N/mm2 :

Die Spannung am Spannanker nach dem Verkeilen folgt


dann zu: Vorspannung mit sofortigem Verbund
0
p0 D p .x D lsl /  e0;19.0;015C0;005/8;89 Betrachtet wird ein im Spannbett exzentrisch mit ein-
D 1215 N/mm2 lagiger Spannbewehrung vorgespanntes Betonbauteil
 
D p0  2 p0  p .x D lsl / : (Abb. 5.1). Vor dem Lösen der Verankerungen an den
5.3 Spannkraftverluste 179

Widerlagern ist das Betonbauteil spannungslos ("cp D a Spannbettzustand

0); die Spannstahldehnung ".0/


p bzw. die Spannung p0
im Spannbettzustand betragen

P0 P0 zip
".0/
p D ; p0 D ; (5.52) ep(0)
Ep Ap Ap P0 P0

mit P0 als der Zugkraft der Spannglieder im Spann-


bett. Durch das Lösen der Spanngliedverankerungen
erfolgt die Übertragung der Spannkraft auf das Bauteil;
eine Verkürzung der Spannglieder ist nur möglich, bis
die durch Verbund im Beton aufgebauten Druckspan-
D Pel epm0 D Pel
nungen mit der abnehmenden Spannstahlspannung im
Gleichgewicht stehen. Durch die exzentrische Lage Pm0 Pm0

des Spanngliedes entsteht gleichzeitig eine Verkrüm-


De p,el = e cp,p
mung, die zu einer Verformung des Bauteils aus der
Schalung heraus, damit zur teilweisen oder vollständi- b nach Übertragen der Spannkraft
gen Aktivierung des Eigengewichts führt. Der Balken
Abbildung 5.24a,b Verluste aus elastischer Betonverkürzung
sei zunächst als gewichtslos angenommen, Dehnungen bei Vorspannung mit sofortigem Verbund
bzw. Spannungen im Bauteil werden allein durch die
Vorspannung verursacht. Da bereits bei der Übertra-
"
gung der Vorspannkraft ein Verbundquerschnitt vor- P0 Ep Ap
liegt, kann die Vorspannkraft als äußere Last auf den D  1 
AP Ec Ai
ideellen Querschnitt behandelt werden. In der Beton- „ƒ‚… „ƒ‚…
˛p pi
faser auf Höhe des Spannglieds entstehen folgende
 #
Spannungen bzw. Dehnungen Ai  zip2
 1C (5.55c)
I
P0 P0  zip „ ƒ‚ i …
cp;p D   zip (5.53a) fi
Ai Ii
! D p0  1  ˛p pi fi : (5.55d)
P0 Ai  zip2
D  1C ; (5.53b)
Ai Ii Der Spannungsverlust aus elastischer Betonverkür-
! zung bei Übertragen der Spannkraft ist damit:
cp P0 Ai  zip2
"cp;p D D  1C : (5.53c) p;el D p0  ˛p pi fi : (5.56)
Ec Ec Ai Ii
Der Ausdruck ˛p pi fi in den Gln. (5.55c) und
Wegen des vorausgesetzten starren Verbundes er- (5.56) wird in der Literatur oft als Steifigkeitsbeiwert
fährt das Spannglied aus der Übertragung der Spann- ˛ bezeichnet (vgl. Kupfer 1994). Ein äquivalentes Er-
kraft auf das Bauteil eine Dehnungsdifferenz "p;el , gebnis für den Zusammenhang zwischen der Spann-
die der Betondehnung in Höhe des Spanngliedes "cp;p bettspannung p0 und der Spannung pm0 nach dem
entspricht. Übertragen der Spannkraft kann über die getrennte Be-
trachtung von Spannglied und Betonquerschnitt über
"p;el D "cp;p ; den Ansatz der Nettobetonquerschnittsfläche in Ver-
bindung mit der Verträglichkeitsbedingung der Deh-
Ep nungen nach Gl. (5.54) hergeleitet werden (vgl. Mehl-
damit p;el D  cp;p (5.54)
Ec horn 1998):
1
Die Spannstahlspannung p nach Übertragen der Vor- p D p0  ; (5.57)
spannkraft folgt damit zu: 1 C ˛p pn fn
Ap An  znp
2
pm0 D p0 C p;el (5.55a) mit pn D I fn D 1 C :
! An In
P0 Ep P0 Ai  zip2 Die hier dargestellte Betrachtung eines einzelnen
D    1C (5.55b)
Ap Ec Ai Ii Spannstranges kann ebenfalls als sehr gute Näherung
180 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Spannglieder ungespannt
für eine mehrsträngige Vorspannung mit sofortigem
Verbund verwendet werden, sofern sich zip auf den
Schwerpunkt der Spannbewehrung bezieht. Eine
formelmäßige Aufbereitung der Zusammenhänge bei
mehrsträngiger Vorspannung mit sofortigem Verbund l
ist u. a. in Kupfer (1994); Rombach (2003) enthalten. P1
Da i. Allg. gleichzeitig mit der Übertragung der
Vorspannkraft das Eigengewicht des Bauteils aktiviert
wird, stellt pm0 nach Gl. (5.55c) eine rein fiktive Grö- Δe cp, p l
ße dar. Das Eigengewicht wirkt der Vorspannung ent-
P1 - ΔP1,2
gegen und führt damit zu einer Zusatzdehnung im P2
Spannglied. Betonspannung bzw. -dehnung infolge Ei-
gengewicht in Höhe des Spanngliedes sind: Δe cp, p l

Ng Mg P1 - ΔP1,2- ΔP1,3
cp;g D C  zip .i. Allg. Ng D 0/ ; (5.58)
Ai Ii P2 - ΔP2,3
1 P3
"cp;g D  cp;g : (5.59) Δe cp, p l
Ecm
Wegen des starren Verbundes entspricht die Betondeh- Abbildung 5.25 Verluste aus elastischer Betonverkürzung bei
nung der zusätzlichen Dehnung des Spannstahls: Vorspannung gegen den erhärteten Beton (Näherungslösung)

"p;g D "cp;g ) p;g D ˛p  cp;g : (5.60)


Die Spannstahldehnung nach übertragen der Vorspann- le Spannglieder gleiche Kräfte aufweisen sollen, müs-
kraft folgt damit zu sen die zuerst gespannten zunächst größere Zugkräfte
aufweisen. Bei mehrsträngiger Vorspannung führt ei-
pm0 D p0 C p;el C p;g (5.61a) ne exakte Berechnung der Verluste auf ein komplexes
 
D p0 1  ˛p pi fi Gleichungssystem (vgl. Rombach 2003); hier wird le-
 
Ng Mg diglich ein Näherungsverfahren, das in EN 1992-1-1
C˛p  C  zip : (5.61b) wiederzufinden ist, vorgestellt.
Ai Ii
Für die Näherungslösung wird der Momentenanteil,
Da im sofortigen Verbund vorgespannte Träger ge- d. h. der Anteil der elastischen Verkürzung aus der Ver-
wöhnlich unmittelbar nach dem Kappen der Spann- krümmung des Bauteils bei exzentrisch angeordneten
drähte aus der Schalung gehoben werden, wird durch Spanngliedern vernachlässigt (Abb. 5.25). Die Span-
die Anschlagpunkte für das Eigengewicht ein verän- nungsänderung des Betons in Höhe des Spannglieds
dertes statisches System wirksam, das ggf. für Rand- cp;p durch das Spannen eines der n Spannglieder –
spannungen und Rissbildung maßgebend werden kann. unter der Voraussetzung ähnlicher Spannkräfte bzw.
ähnlicher Spannstahlquerschnitte Ap – sei
cp;p
Vorspannung gegen den erhärteten Beton cp;p  ; (5.62)
n
Wird bei der Vorspannung gegen den erhärteten Be- mit cp;p als der Betonspannung im Schwerpunkt der
ton nur ein einzelnes Spannglied gespannt, wirkt sich Spannglieder infolge des Spannens aller n Spannglie-
die parallel zum Spannen auftretende elastische Ver- der. Wegen der Kompatibilität der Dehnungen von Be-
kürzung des Betons nur auf den Spannweg, nicht aber ton und Spannglied4 gilt für die Änderung der Spann-
auf die Spannkraft nach dem Verankern aus. Gleiches stahlspannung p des i -ten Spannglieds bei span-
gilt, wenn mehrere Spannglieder gleichzeitig vorge- nen des j -ten (j > i ):
spannt werden – was baupraktisch i. Allg. nicht mög-
"cp;p D "p;el (5.63)
lich und nicht sinnvoll ist. Durch das zeitlich versetz-
te Spannen einzelner Spannglieder treten aber elasti-
4
sche Betonstauchungen auf, die die Spannkraft der ein- Die Dehnungskompatibilität resultiert hier nicht aus der An-
zelnen Spannglieder beeinflussen. So erfährt bei zwei nahme starren Verbundes – die Spannglieder liegen zum Zeit-
punkt des Spannens unverpresst im Hüllrohr – sondern aus der
Spanngliedern durch das Spannen des zweiten und die Verträglichkeit der Verkürzungen von Bauteil und Spannglied
daraus entstehende Bauteilverkürzung das erste Spann- über die Gesamtlänge bei zentrischer Vorspannung: "cp;p  l D
glied einen Spannkraftverlust. Wenn im Endzustand al- "p;el  l!
5.3 Spannkraftverluste 181

Ep 5.3.3.1 Näherung für einsträngige Vorspannung


) p;el D cp;p 
Ecm mit Verbund
cp;p Ep
D  : (5.64)
n Ecm Die Ableitung einer Näherungsbeziehung für Vorspan-
nung mit Verbund baut auf der Betrachtung einer
Im i -ten Spannglied entsteht bei Vorspannung aller einsträngigen Vorspannung auf, d. h. alle Spannglie-
weiteren Spannglieder der Spannungsverlust der liegen in einer Höhenlage (! zcp ) oder wer-
den näherungsweise in ihrem Schwerpunkt wirkend
n
X zusammengefasst. Zudem wird die Behinderung der
p;el D p;el Schwind- und Kriechdehnungen durch die Betonstahl-
j Di C1
bewehrung vernachlässigt; in Konsequenz werden ten-
cp;p Ep denziell zu große Spannkraftverluste errechnet. Die
D   .n  i / : (5.65)
n Ecm Beziehungen setzen voraus, dass in Höhe der Spann-
glieder Druckspannungen vorherrschen und basieren
Der gesuchte Spannkraftverlust aller n Spannglieder auf zwei grundlegenden Elementen:
ist damit
• Die zeitabhängige Änderung der Spannkraft steht
n
X cp;p Ep mit der Änderung der Schnittgrößen des Betonquer-
Pel D Ap    .n  i / schnittes infolge Vorspannung im Gleichgewicht.
n Ecm
i D1
Ep n.n  1/ Ncp;cCsCr D PcCsCr ; (5.69)
D Ap  cp   : (5.66) Mcp;cCsCr D PcCsCr  zcp
Ecm 2n (5.70)
• Durch den unterstellten starren Verbund entspre-
Dabei ist Ap die Querschnittsfläche eines der n gleich-
chen die Dehnungsänderungen des Spannstahls den
artigen Spannglieder. Der mittlere Spannungsverlust
Dehnungsänderungen des umgebenden Betons auf
aller n Spannglieder ist dann
Höhe des Spannglieds (Kompatibilität der Dehnun-
Pel Ep n  1 gen).
p;el;m D D cp;p   : (5.67)
n  Ap Ecm 2n "p D "cp;cCs (5.71)

Für große n gilt mit Unter den für die Spannungsermittlung (im ungerisse-
nen Gebrauchszustand) vereinbarten Voraussetzungen
  gilt für die Änderung der Betonspannungen auf Höhe
n1 1
lim D des Spannglieds5
n!1 2n 2
1 Ep Ncp;cCsCr
) p;el;m D   cp : (5.68) cp;cCsCr D
2 Ecm An
Mcp;cCsCr
C  znp (5.72a)
Diese Näherungsbeziehung ist sinngemäß in In
EN 1992-1-1, 5.10.5.1 zu finden.  
PcCsCr An 2
D 1C z (5.72b)
An In np
D p;cCsCr
 
5.3.3 Zeitabhängige Spannkraftverluste Ap An 2
 1C z : (5.72c)
An In np
Zusätzliche Verluste treten durch zeitabhängige Ver- Da die Spannstahlrelaxation ohne Änderung der
formungen von Beton, d. h. Kriechen (engl. creep) Spannstahldehnung einhergeht, liefern lediglich
und Schwinden (engl. shrinkage), sowie Spannstahlre- Schwinden und Kriechen des Betons Beiträge zur
laxation (engl. relaxation) auf. Allgemeinere Verfah-
ren zur Berechnung der Spannkraftverluste aus zeit-
5
abhängigen Effekten bauen auf der Lösung einer Dif- Durch die Unterscheidung zwischen Betonquerschnitt und
ferentialgleichung auf (vgl. Kupfer 1994; Mehlhorn Spannstahlquerschnitt gelten hier wieder die Kenngrößen des
„ideellen Nettoquerschnitts“. Da die Näherungslösung die Wir-
1998; Rombach 2003); im Folgenden wird eine häu- kung des Betonstahls nicht berücksichtigt, ist der Ansatz der rei-
fig verwendete Näherungslösung vorgestellt (vgl. Trost nen Betonquerschnittswerte genügend genau (Bezeichnungen:
1967; Rüsch u. Jungwirth 1976). An , In , znp ).
182 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Dehnungsänderung des Spannstahls. In Gl. (5.79a) lässt sich cp;cCsCr über Gl. (5.72c)
eliminieren. Auflösen nach dem Spannungsverlust
"p D "p;cCs (5.73) p;cCsCr liefert:
Der Spannungsverlust p;cCsCr ist aus Anteilen der E
"cp;s Ep C p;r C Ec0m p
cp .t0 /'
Relaxation sowie des Kriechens und Schwindens von p;cCsCr D   :
E A
Beton zusammengesetzt. Aus 1 C Epc Apn 1 C AInn znp
2  .1 C '/
p;cCsCr D p;r C "p;cCs Ep (5.74) (5.80)

folgt aufgelöst nach "p;cCs : Für die Umsetzung in Normen werden eine Reihe von
Vereinfachungen in Gl. (5.80) eingeführt:
p;cCsCr p;r
"p;cCs D  : (5.75) • In einem auf Grenzzuständen basierenden Nach-
Ep Ep
weiskonzept sind i. Allg. die Extremwerte, d. h. die
Die Dehnungsänderungen des Betons in Höhe des Verluste für t ! 1 maßgebend. Dem entspre-
Spannglieds cp;cCs aus Kriechen im Zeitintervall chend werden Kriechzahl '.t; t0 / und Schwinddeh-
Œt; t0  abzüglich der elastischen Verformungen zum nung "cp;s durch die Endwerte '.1; t0 / und "cs1
Zeitpunkt t0 können allgemein mit Gl. (3.63b) ange- ersetzt.
schrieben werden (cp .t0 / < 0). Die im Zeitintervall • Der Relaxationsbeiwert  wird mit 0,8 angenom-
aufgetretene Schwinddehnung wird additiv ergänzt. men (vgl. Abschn. 3.2).
Mit ' D '.t; t0 / folgt: • Für die kriechauslösende Betonspannung zum Zeit-
punkt t0 , cp .t0 /, wird die Summe der Spannungen
cp .t0 /
"cp;cCs.t; t0 / D ' aus den quasi-ständigen Einwirkungen und der Vor-
Ec spannung, d. h. im Wesentlichen infolge Eigenge-
cp .t; t0 / wicht cg und Vorspannung cp0 zum Zeitpunkt t0
C .1 C '/
Ec angesetzt.
C"cp;s : (5.76)
Normenregelung nach DIN 1045-1
Dabei beschreibt cp .t0 / die zum Vorspannzeitpunkt t0 In DIN 1045-1, 8.7.3 wird zur näherungsweisen Berech-
vorhandene Betonspannung in Höhe des Spannglieds, nung der Spannkraftverluste für t D 1 bei einer einsträn-
gigen, im Verbund liegenden Vorspannung Gl. (5.81) an-
die i. Allg. durch die Vorspannung und das Eigenge-
gegeben.
wicht hervorgerufen wird; "cp;s ist die Differenz der
Schwinddehnungen der Zeitpunkte t und t0 in Höhe p;cCsCr
 
der Spanngliedachse in Abhängigkeit des Austrock- "cs1 Ep C pr C ˛p '.1; t0 / cg C cp0
D   :(5.81)
nungsbeginns ts : A
1 C ˛p Apc 1 C A z  .1 C 0;8  '.1; t0 //
c 2
Ic cp

"cp;s D "cp;s .t; ts /  "cp;s .t0 ; ts / : (5.77) Druckspannungen sind in Gl. (5.81) negativ einzusetzen.
Im Einzelnen bedeuten:
Die mit cp .t; t0 / beschriebenen Betonspannungsän-
"cs1 Endschwindmaß (vgl. Gl. 3.84);
derungen entsprechen cp;cCsCr ; damit ergibt sich
pr Spannungsverlust infolge Spannstahlrelaxati-
aus Gl. (5.76): on (pr < 0); zu Ermitteln in Abhängigkeit
cp .t0 / des Verhältnisses p0 =fpk (vgl. Abschn. 3.5);
"cp;cCs.t; t0 / D ' '.1; t0 / Endkriechzahl (vgl. Abb. 3.18);
Ec cg Betonspannung in Höhe der Spannglieder un-
cp;cCsCr ter der quasi-ständigen Einwirkungskombinati-
C .1 C '/ on;
Ec cp0 Anfangswert der Betonspannung in Höhe der
C"cp;s : (5.78) Spannglieder infolge Vorspannung (Pm0 )
˛p Verhältniswert der E-Moduli: ˛p D Ep =Ecm
Mit der Verträglichkeitsbedingung der Dehnungen Ac ; Ic ; zcp Querschnittswerte des Betonquerschnittes.
nach Gl. (5.71) folgt aus den Gln. (5.75) und (5.78)
Die Ausgangsspannung6 p0 zur Berechnung der Relaxa-
tionsverluste ist allgemein
"p;cCs D "cp;cCs ; (5.79a)
p;cCsCr p;r cp .t0 / 6
In diesem Band wird – korrespondierend mit der Definition von
 D ' P0 – mit p0 grundsätzlich die maximale Spannstahlspannung
Ep Ep Ec während des Spannvorganges bezeichnet. Hiervon abweichend
cp;cCsCr ist in DIN 1045-1 die Ausgangsspannung zur Berechnung der
C .1 C '/ C "cp;s : (5.79b)
Ec Relaxationsverluste definiert.
5.3 Spannkraftverluste 183

p0 D pg0  0;3  p;cCsCr ; (5.82) Für "cs1 ist ein für das Bauteil repräsentatives End-
mit pg0 als anfängliche Spannstahlspannung zum Zeit- schwindmaß einzusetzen.
punkt t D 0 aus Vorspannung und ständigen Einwirkun-
gen. Die durch Kriechen und Schwinden verminderte Deh-
nung und die dadurch reduzierte Relaxation wird durch 5.3.3.3 Mehrsträngige Vorspannung
den Abzugsterm 0;3  p;cCsCr berücksichtigt. Die Be-
rechnung zeitabhängiger Verluste muss damit iterativ er-
folgen. Zur Vermeidung eines iterativen Vorgehens erlaubt Werden mehrere Spannstränge in einem Querschnitt
DIN 1045-1 folgende Vereinfachungen: angeordnet, können die gegenseitigen Einflüsse nach
( Verfahren u. a. in Mehlhorn (1998); Krüger u. a. (1999)
pg0 (allgemein)
p0 D : (5.83) erfasst werden.
0;95  pg0 (für übliche Hochbauten)
Beispiel 5.3
Für Vorspannung ohne Verbund sind zur Berechnung Für den Spannbetonträger aus Beispiel 5.2 sollen die
der Kriechverformungen die über die Spanngliedlänge zeitabhängigen Spannkraftverluste in Feldmitte berech-
gemittelten Betonspannungen cg;m und cp0;m in Gl. (5.81) net werden. Hierzu erforderliche ergänzende Angaben:
einzusetzen.
• Beton
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Festigkeitsklasse C40/50, normal erhärtender Zement
Das in EN 1992-1-1, 5.10.6 angegebene vereinfachte Ver- • Spannverfahren
fahren zur Ermittlung der zeitabhängigen Verluste nach 15 Litzen à 150 mm2 (Ap D 22;5 cm2 )
Gl. (5.84) stimmt weitgehend mit DIN 1045-1 überein. Spannstahl St 1570/1770 (fpk D 1770 N=mm2 )
p;cCsCr Relaxationsklasse 2 (1000 D 2;5%)
E • Querschnitt
"cs Ep C 0;8  pr C Ecmp '.t; t0 /c;QP Netto-Querschnittswerte (vgl. Abb. 5.26)
D   :
E A
1 C Ecmp Apc 1 C A z  .1 C 0;8  '.t; t0 //
c 2 An D 0;973 m2 , In D 0;375 m4 , znp D 1;19 m
Ic cp
• Lasten
(5.84)
Quasi-ständige Einwirkung
Abweichungen bestehen im Ansatz der Verluste aus Mperm D 2344 kNm (D O gk C 2  qk D 30 kN=m)
Annahme: Quasi-ständige Lasten beim Anspannen
Spannstahlrelaxation. Die gegenseitige Beeinflussung der
vollständig wirksam.
zeitabhängigen Betonverformungen und der Relaxation
• Randbedingung
wird durch eine Reduktion von pr mit dem Faktor
Außenbauteil: 80% RH,
0,8 berücksichtigt; pr wird entsprechend für die nicht Belastungszeitpunkt t0 D 20 d.
abgeminderte Ausgangsspannung p (in DIN 1045-1
mit pg0 bezeichnet) ermittelt. Die kriechauslösende Endkriechzahl und Endschwindmaß errechnen sich zu
Betonspannung in Höhe des Spannglieds c;QP stimmt mit '.1; 20 d/ D 1;48
.cg C cp0 / nach DIN 1045-1 überein.
"cs1 D "cas1 C "cds1 D 9  105  28  105
D 37  105 D
O  0;37‰ :

5.3.3.2 Vorspannung ohne Verbund In Feldmitte herrschen zum Zeitpunkt t0 folgende Span-
nungen (Abb. 5.26):
Bei Vorspannung ohne Verbund ist die Verträglich- pm0 D 1239 N/mm2
keitsbedingung nicht mehr auf Querschnittsebene  
Pm0 An 2
(Gl. 5.71) zu formulieren; sondern muss auf Bauteilni- cp0 D  1C znp D 13;4 N/mm2
An In
veau aufgestellt werden. Die Gesamtlängenänderung Mperm
des Betonbauteils infolge Kriechen und Schwinden cg D znp D 7;4 N/mm2 :
In
muss dabei der Längenänderung des Spannglieds ent-
sprechen. Die zeitabhängige Verformung des Bauteils Die kriechwirksame Betonspannung auf Höhe des
Spanngliedschwerpunktes ist:
durch Kriechen kann näherungsweise durch die Sub-
stitution der querschnittsbezogenen Betonspannung cg C cp0 D 7;4  13;4 D 6;0 N/mm2 :
cp .t0 / in Gl. (5.80) durch den Mittelwert entlang
Der Relaxationsverlust entspricht nach DIN V
des Spannglieds, d. h. in Höhe des Spannstranges ENV 1992-1-1 dem Dreifachen des 1000 h-Wertes.
(Koordinate zcp ) berücksichtigt werden. Die anfängliche Spannstahlspannung pg0 aus Vor-
spannung und ständigen Einwirkungen entspricht
Zl pm0 ; vereinfachend wird p0 D pg0 gesetzt. Mit
1
cp;eff .t0 / D cp .t0 /dx (5.85) p0 =fpk D 1239=1770 D 0;7 ist der Endwert 7,5% (vgl.
l Abb. 3.35).
xD0
184 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

pr D 0;075  p0 D 0;075  pm0 den Zustand unmittelbar nach Übertragung
der Vorspannkraft auf das Bauteil bzw. nach
D 92;9 N/mm2
dem Verankern (! Pm0;max ).
Eingesetzt in Gl. (5.81) errechnen sich die zeitabhängigen Pk;sup Charakteristische Werte der Vorspannkraft
Spannkraftverluste zu Pk;inf Für Nachweise in den Grenzzuständen
der Gebrauchstauglichkeit werden obere
p;cCsCr
  (! Pk;sup ) und untere (! Pk;inf ) charakteris-
"cs1 Ep C pr C ˛p '.1; t0 / cg C cp0 tische Werte der Vorspannkraft definiert.
D  
A
1 C ˛p Apc 1 C A z  .1 C 0;8  '.1; t0 //
c 2 Pd Bemessungswert der Vorspannkraft
Ic cp
Für Nachweise im Grenzzustand der Tragfä-
0;00037  195 000  92;9 C 6;21  1;48  .6;0/ higkeit werden Bemessungswerte verwendet.
D  
1 C 6;21 0;00225 1 C 0;973 1;192  .1 C 0;8  1;48// .0/
0;973 0;375 Pmt Vorspannkraft im fiktiven Spannbettzustand
72;2  92;9  55;1
Für die Spannungsermittlung bei gerissenen
D Querschnitten wird auf die Spannkraft bzw.
1 C 0;15 .0/
die Vordehnung (! "pmt ) im sog. „Spann-
D 191 N/mm2
bettzustand“ Bezug genommen.
) pmt D pm0 C p;cCsCr D 1048 N/mm2 :
Grundlage für den Vergleich mit zulässigen Spann-
Die zeitabhängigen Spannkraftverluste in Feldmitte ent- kräften bzw. für die Berechnung der weiteren Kräf-
sprechen damit 15,5% der Spannung zum Zeitpunkt t0 . In
te sind die Mittelwerte der Spannkraft im betrachte-
Abb. 5.26 ist die Betonspannungsverteilung für t ! 1
wiedergegeben. ten Querschnitt x zum Zeitpunkt t D 0 (! P0 ; Pm0 )
nach Gl. (5.18) bzw. zum Zeitpunkt t (! Pmt ) nach
Gl. (5.19).

5.4 Rechenwerte der Vorspannkraft


5.4.1 Zulässige Spannkräfte
Zur Bemessung von Spannbetonbauteilen werden je
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wird die effekti-
nach betrachteter Situation die folgenden Rechenwerte
ve Ausnutzung des Materials, d. h. eine hohe zulässi-
der Vorspannkraft verwendet:
ge Spannstahlspannung angestrebt. Für Vorspannung
P0;max Zulässige Vorspannkräfte mit Verbund ergeben sich nach dem aktuellen Normen-
Pm0;max Die Begrenzung der Vorspannkräfte durch werk daher gegenüber der Normenreihe DIN 4227 z. T.
zulässige Spannstahlspannungen erfasst zwei deutlich höhere zulässige Vorspannkräfte. Zudem wird
Situationen, den Spannvorgang an sich (! hinsichtlich der Begrenzung nicht mehr zwischen Vor-
P0;max , d. h. die maximale Pressenkraft) und spannung mit und ohne Verbund unterschieden.

a Querschnitt in Feldmitte b Spannung infolge c resultierende Spannungen


quasi-ständiger EWK Vorspannung

1,80
-4,1 +3,0 (+2,5) -1,2 (-1,6)
0,25

yn Sn -2,9 (-2,4) -2,9 (-2,4)

1,75
dp=1,85 zn znp=1,19 2,0

+7,4 -13,4 (-11,3) -5,9 (-3,9)


+8,4 -14,7 (-12,4) -6,3 (-4,1)
0,30
15 Litzen spm0 = 1239 N/mm2 t=0
Ap=22,5 cm2 spmt = 1048 N/mm2 t®

Abbildung 5.26a–c Beispiel 5.3 – Querschnitt und Spannungsverteilungen


5.4 Rechenwerte der Vorspannkraft 185

Zielwert ist die nach Verankern vorhandene Normenregelung nach DIN 1045-1
Spannstahlspannung pm0 D Pm0 =Ap . Üblicherwei- Die während der Spannarbeiten zulässigen Vorspannkräf-
se wird p0 D P0 =Ap so gewählt, dass nach dem te werden in DIN 1045-1, 8.7.2 festgelegt zu
Verankern die zulässige Höchstspannung pm0;max P0  P0;max D Ap  p0;max ;
gerade erreicht wird; lediglich bei großen Verlusten (
0;80fpk
(lange Spannglieder, große Umlenkwinkel) kann mit p0;max D min : (5.86)
0;90fp0;1k
die beim Spannvorgang nicht zu überschreitende
Obergrenze p0;max maßgebend werden. Die Differenz Ein Überspannen auf Spannstahlspannungen nach
p D p0;max  pm0;max dient zum Ausgleich der Gl. (5.87) zum Ausgleich erhöhter Reibungsverluste ist
Verluste aus Keilschlupf oder kann für planmäßiges nur zulässig, wenn die Spannkraft mit einer Genauigkeit
Nachlassen genutzt werden; gleichzeitig wird sie von ˙5% an der Spannpresse abgelesen werden kann.
als Überspannreserve verwendet, wenn z. B. durch p0;max D 0;95  fp0;1k (5.87)
Flugrostansatz auf den Spanngliedern oder große
Nach dem Übertragen der Vorspannkraft auf das Bauteil
ungewollte Umlenkwinkel die Reibung gegenüber (Spannbettvorspannung) bzw. nach dem Verankern der
dem Rechenwert erhöht wird. Soll z. B. für den Spannglieder (Vorspannung gegen den erhärteten Beton)
in Abb. 5.27 dargestellten Träger die Spannkraft ist gemäß DIN 1045-1 Abs. 8.7.2 nach Abzug der soforti-
am Festanker planmäßig erreicht werden, muss bei gen Spannkraftverluste eine Vorspannkraft Pm0;max einzu-
halten:
erhöhter Reibung erheblich überspannt werden.
Die geringe planmäßige Überspannreserve (i. d. R. Pm0  Pm0;max D Ap  pm0;max ;
(
 p D 0;1fp0;1k ) gemäß DIN 1045-1 bzw. 0;75fpk
EN 1992-1-1 ist bei langen Spanngliedern für Vor- mit pm0;max D min : (5.88)
0;85fp0;1k
spannung mit nachträglichem Verbund allerdings nicht
immer ausreichend. In den Gln. (5.86) bis (5.88) bedeuten:
Im DAfStb-Heft 525 (DAfStb 2003) werden zur p0;max Größtwert der Spannung im Spannglied wäh-
Sicherstellung der planmäßigen Spannkraft am maß- rend des Spannvorgangs
gebenden Querschnitt zusätzliche Begrenzungen der pm0;max Größtwert der Spannung im Spannglied unmit-
telbar nach dem Spannen bzw. der Krafteinlei-
Spannstahlspannung während des Spannvorgangs ein- tung in den Beton abzüglich aller sofortigen Ver-
geführt, die normativen Charakter haben, d. h. als ver- luste.
bindliche Ergänzung zu DIN 1045-1 angesehen wer-
den. Die Regeln basieren auf der Annahme eines –
Ergänzungen nach dem DAfStb-Heft 525
je nach Schutz des ungespannten Spanngliedes gegen Die planmäßige Spannstahlspannung p0 während des
Flugrostansatz – 1,5- bis 2-fach erhöhten Reibbeiwer- Spannvorganges ist nach DAfStb-Heft 525 bei Vorspan-
tes. Ergänzend wird die Möglichkeit des Überspannens nung mit nachträglichem Verbund zusätzlich auf p0;max
präzisiert. Die Festlegungen des DAfStb-Heftes 525 nach Gl. (5.89) zu begrenzen.
(
wurden konsequent in das NA D zu EN 1992-1-1 0;80  fpk
übertragen. p0;max D e.1/  min (5.89)
0;90  fp0;1k

In Gl. (5.89) bedeuten:


P
P0 D p .xmax / C k  xmax
Summe der planmäßigen und ungewollten Umlenk-
winkel zwischen Spann- und Festanker (einseitiges
Vorspannen; xmax D l) bzw. über die Einflusslänge
xmax des Spannankers (beidseitiges Vorspannen)
sp 0,80 fpk
sp0* £ sp0,max = min í0,90 fp0,1k Vorhaltemaß (entspricht der Annahme eines
-fachen Reibbeiwerts )
sp0*
erf. Überspannreserve D 2;0 bei ungeschützter Lage des unge-
sp0 spannten Spannglieds im Hüllrohr für
1,5 m mehr als drei Wochen und gleichzeitig
ohne Maßnahmen zum Korrosionsschutz
1,0 m Zielwert D 1;5 sonst :
1,5 m
Auf die Reduzierung der maximalen Spannkraft darf
x nur dann verzichtet werden, wenn andere, grundsätzlich
Abbildung 5.27 Auswirkungen erhöhter Reibung – Überspann- mit der Bauaufsicht abzustimmende, konstruktive Maß-
reserve nahmen zur Sicherung der planmäßigen Vorspannkraft,
186 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

z. B. zusätzliche leere Hüllrohre, vorgesehen werden. den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit wer-
Ein Überspannen auf 0;95  fp0;1k ist bei Spanngliedern den mögliche Streuungen der Vorspannkraft aus Varia-
mit nachträglichem Verbund oder internen, mehrfach tionen der eingetragenen Kraft selbst, Streuungen der
umgelenkten Spanngliedern ohne Verbund grundsätzlich sofortigen und zeitabhängigen Verluste und Abwei-
nur mit Zustimmung der Bauaufsicht und einem entspre- chungen des Spannglieds von der planmäßigen Lage
chenden Messaufwand zulässig. durch obere (engl. superior) und untere (engl. inferior)
charakteristische Werte Pk;sup und Pk;inf berücksich-
Normenregelung nach EN 1992-1-1 tigt.
Nach EN 1992-1-1, 5.10.2.1 werden folgende Grenzwerte Pk;sup D rsup  Pmt ; (5.93)
der Spannstahlspannungen festgelegt:
( Pk;inf D rinf  Pmt (5.94)
k1 fpk
p;max D min (5.90) Da bei Vorspannung mit sofortigem bzw. ohne Ver-
k2 fp0;1k
( bund geringere Streuungen auftreten, werden rsup und
k7 fpk rinf in Regelwerken in Abhängigkeit der Vorspannart
pm0;max D min (5.91)
k8 fp0;1k angegeben (Tabelle 5.4).
Eine Messgenauigkeit für die Bestimmung der aufgebrach-
ten Spannkraft von 5% vorausgesetzt, ist ein Überspannen Tabelle 5.4 Faktoren rsup und rinf nach DIN 1045-1 und
auf p;max D k3 fp0;1k möglich. Hierbei bedeuten: EN 1992-1-1 (empfohlene sowie länderspezifisch festgelegte
p;max Größtwert der Spannung im Spannglied wäh- Werte) zur Berechnung der charakteristischen Werte der Vor-
rend des Spannvorgangs spannkraft
pm0;max Größtwert der Spannung im Spannglied unmit-
telbar nach dem Spannen bzw. der Krafteinlei- Art des Verbundes DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)
tung in den Beton abzüglich aller sofortigen Ver- EU D A
luste.
Die Koeffizienten k1 , k2 , k3 , k7 und k8 sind länderspezi- ohne rsup 1,05 1,05 1,05 1,00
fisch festzulegen. rinf 0,95 0,95 0,95 1,00

sofortig rsup 1,05 1,05 1,05 1,00


Tabelle 5.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den rinf 0,95 0,95 0,95 1,00
zulässigen Spannstahlspannungen
nachträglich rsup 1,10 1,10 1,10 1,05
NDP EU D A
rinf 0,90 0,90 0,90 0,95
k1 0,80 0,80 ka 0,80
k2 0,90 0,90 k 0,90
k3 0,95 0,95 b 0,92
Normenregelung nach DIN 1045-1
und EN 1992-1-1
k7 0,75 0,75 0,70
k8 0,85 0,85 0,80 In DIN 1045-1, 8.7.4 bzw. in EN 1992-1-1, 5.10.9 werden
obere und untere charakteristische Werte der Vorspann-
a
k ist ein Abminderungsbeiwert zur Berücksichtigung erhöhter kraft Pk;sup und Pk;inf entsprechend den Gln. (5.93) und
Reibungsverluste bei Spanngliedern mit nachträglichem Verbund mit
(5.94) angegeben. Die Beiwerte rsup und rinf – nach
k D e.1/ : (5.92) EN 1992-1-1 länderspezifisch festzulegen – sind in Tabel-
le 5.4 zusammengestellt. Die Vorspannkraft wird je nach
Hierbei sind und völlig analog zu den Regeln in DIN 1045-1 bzw.
günstiger oder ungünstiger Wirkung der Vorspannung
DAfStb-Heft 525 definiert. Bei Spanngliedern mit sofortigem oder ohne
Verbund ist k D 1;0.
mit dem jeweils ungünstigeren charakteristischen Wert
b
Für Betonbrücken ist k3 D 0;90 anzunehmen. angesetzt.

5.4.3 Bemessungswert der Vorspannkraft


5.4.2 Charakteristische Werte
der Vorspannkraft Streuungen der Vorspannkraft werden bei Nachweisen
im Grenzzustand der Tragfähigkeit in der Regel nicht
Die Spannkräfte Pm0 und Pmt stellen Erwartungs- berücksichtigt; eine Ausnahme hiervon bildet der auf
oder Mittelwerte dar (Index „m“). Für Nachweise in Gebrauchslastniveau geführte Ermüdungsnachweis.
5.4 Rechenwerte der Vorspannkraft 187

s ct ¹ 0
Dem Nachweis wird die im betrachteten Querschnitt
herrschende Spannstahlspannung unter Berücksichti-
gung der bis zum Nachweiszeitpunkt (i. Allg. t D 0
oder t ! 1) eingetreten Verluste sowie der aus den Pmt zip Pmt spmt scpt
Ep Ec
Bemessungslasten hervorgerufenen Zusatzdehnung spmt s cpt
zugrunde gelegt. Für Vorspannung ohne Verbund De p =
sct = 0 Ec
enthalten die Normenwerke spezielle Regelungen
s ct
zur Zusatzdehnung, die in Zusammenhang mit der Ec
=0
Biegebemessung erläutert werden.
zip
Pmt(0) Pmt(0) epmt(0)
Normenregelung nach DIN 1045-1
und EN 1992-1-1 spmt(0) Spannbettzustand
Nach DIN 1045-1, 8.7.5 bzw. DIN EN 1992-1-1, 5.10.8 gilt
für den Bemessungswert der Vorspannkraft Pd für Nach- a Spannungen und Spannkräfte b Dehnungen
weise im Grenzzustand der Tragfähigkeit Gl. (5.95). Abbildung 5.28a,b Spannbettzustand
Pd D p  Pmt (5.95)
In Gl. (5.95) bedeuten:
Pmt Spannkraft unter Berücksichtigung der zum be- Zeitpunkt t ist damit allgemein nach Gl. (5.96) anzu-
trachteten Zeitpunkt t aufgetretenen Spannkraft- schreiben:
verluste sowie der durch die jeweiligen Einwirkun- pmt cpt
gen hervorgerufenen Zusatzdehnungen; ".0/
pmt D  : (5.96)
p Teilsicherheitsbeiwert der Vorspannkraft nach Ta- Ep Ecm
belle 5.5 Anschaulich dargestellt, muss eine zusätzliche Zug-
kraft in Höhe des Spannstahls aufgebracht werden, die
Tabelle 5.5 Teilsicherheitsbeiwert p nach DIN 1045-1 und
EN 1992-1-1 so groß ist, dass im Querschnitt Dekompression, d. h.
c D 0 erreicht wird (Abb. 5.28). Die Gl. (5.96) kann
Teilsicherheits- DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs) gleichermaßen auf Bauteile mit Vorspannung im sofor-
beiwert EU D A tigen Verbund als auch mit Vorspannung gegen den er-
härteten Beton angewandt werden. Die zur Ermittlung
p 1,0 1,0 1,0 1,0
der Spannungsanteile jeweils wirksamen Querschnitte
sind dabei konsequent zu berücksichtigen. Es sei ange-
.0/
merkt, dass die Vordehnung "pmt lediglich für Vorspan-
nung mit sofortigem Verbund für t D 0 die tatsächli-
5.4.4 Spannbettzustand
che Spannbettdehnung angibt; für alle anderen Fälle
beschreibt Gl. (5.96) einen rein fiktiven Spannungszu-
Zur Ermittlung von Dehnungen und Spannungen nach stand.
Übergang des Querschnitts in den Zustand II, d. h. bei Zur Erläuterung wird wieder ein im Spannbett vor-
gerissenen Querschnitten, wird ein einheitlicher Be- gespannter Balken nach Abb. 5.1 betrachtet, bei dem
zugswert der Spannstahldehnung erforderlich. Da eine die Spannungen zum Zeitpunkt t durch die Vorspan-
Aufteilung der Dehnung in eine Vordehnung und ei- nung Pmt hervorgerufen werden. Die Ableitungen set-
ne durch äußere Einwirkungen hervorgerufene Zusatz- zen einen statisch bestimmt gelagerten Träger vor-
dehnung stets möglich ist, wird als Bezug die Vordeh- aus; bei statisch unbestimmten Systemen muss in cpt
nung ".0/
pmt im fiktiven Spannbettzustand gewählt, von zusätzlich die Betonspannung aus der statisch un-
der ausgehend die Zusatzdehnung unabhängig von der bestimmten Wirkung der Vorspannung berücksichtigt
Art der Vorspannung angerechnet werden kann. Le- werden. Mit den Schnittgrößen des Betonquerschnitts
diglich bei Vorspannung ohne Verbund bestehen Ein- folgt die Betonspannung in Höhe des Spanngliedes zu
schränkungen.
Nc;p Mc;p
Der Begriff Spannbettzustand ist der Vorspannung cpt D C  znp
mit sofortigem Verbund entlehnt und bezeichnet einen An In
 
Spannungszustand, bei dem der Beton in Höhe des Pmt An 2
Spannglieds spannungslos ist7 (Abb. 5.28). Die Vor- D  1C z : (5.97)
An In np
dehnung des Spannstahls im Spannbettzustand zum
nem beliebigen Zeitpunkt t bezeichnet, der dem spannungsfreien
7
Definition nach DIN 1045-1 Abs. 8.7.1: „Als Spannbettzustand Betonquerschnitt unter Berücksichtigung zeitabhängiger Verfor-
wird der Spannungs- und Dehnungszustand im Spannstahl zu ei- mungen des Spannstahls und des Betons entspricht.“
188 5 Grundlagen der Berechnung von Spannbetonbauteilen

Damit der Beton spannungslos wird, muss der Spann- Dehnungsebene des Querschnitts auf, die naturge-
stahl um die cpt entsprechende Dehnung "cpt zusätz- mäß durch die Vorspannung beeinflusst wird. Die
lich gedehnt werden: Gesamtdehnung des Spannstahls, d. h. die statisch
cpt bestimmte Wirkung der Vorspannung – damit die
"p D "cpt D  resultierende Vorspannkraft – setzt sich generell aus
E
 cm  .0/
der Vordehnung des Spannbettzustandes "pt und einer
Pmt An 2
D  1C  znp : (5.98) Zusatzdehnung "p , die aus äußeren Einwirkungen
Ecm An In
einschließlich des Eigengewichts des Bauteils her-
Damit ergibt sich die Vordehnung im Spannbettzu- vorgerufen wird, zusammen. In Abhängigkeit der
stand zu (vgl. Gl. 5.96): Anrechnung von Vordehnung und Zusatzdehnung auf
pmt cpt
".0/
pmt D "pmt C "p D  : den Gesamtquerschnitt existieren drei verschiedene,
Ep Ecm allerdings im Ergebnis gleichwertige Ansätze , A

Daraus:  und . In. Abb. 5.29 sind die verschiedenen


B C
  Ansätze für Vorspannung mit Verbund, d. h. unter
Pmt Pmt An 2
".0/
pmt D C  1C  znp (5.99a) Voraussetzung der Dehnungsverträglichkeit auf Höhe
Ep Ap Ecm An In
2 der Spannglieder "p D "cp , wiedergegeben. Die
zusätzlichen Auswirkungen der Vorspannung bei
Pmt 6 Ep Ap
6 statisch unbestimmten Systemen sind stets von der
D  61 C 
Ep Ap 4 Ecm An statisch bestimmten Wirkung zu trennen und als
„ƒ‚… „ƒ‚…
˛p pn
Einwirkungen anzusetzen:
3

A Die Vordehnung wird bei der Ermittlung des Deh-
 
An 2 77
nungszustandes des Gesamtquerschnittes – d. h.
 1C z 7 (5.99b) des Betonquerschnitts einschließlich der Beton-
In np 5
„ ƒ‚ … stahl- und Spannstahlbewehrung – berücksichtigt.
fn Im GZT bedeutet dies, dass die gesamte Dehnung
D
Pmt
 1 C ˛p pn fn : (5.99c) des Spannstahls ".0/
pmt C "p auf der Seite des Bau-
Ep Ap teilwiderstandes angerechnet wird (Abb. 5.29).
A

Für t D 0 ist Gl. (5.99c) vollständig äquivalent zu 


B Die der Vordehnung entsprechende Spann-
.0/
.0/
Gl. (5.57); "pm0 beschreibt damit für Vorspannung bettkraft Pmt wird als äußere Einwirkung mit
mit sofortigem Verbund die tatsächliche Vordehnung Wirkungslinie in der Schwerachse der Spann-
im Spannbett. Eine Beziehung auf Grundlage ideel- glieder angesetzt. Damit muss für die Ermittlung
ler Querschnittswerte kann mit Gl. (5.55c) angege- der Dehnungsebene des Gesamtquerschnittes
ben werden und liefert stets mit Gl. (5.99c) identische von einem fiktiv spannungslosen Spannglied
Ergebnisse. ausgegangen werden (Abb. 5.29). B

C Eine Vorspannkraft Pd , die der Gesamtdehnung
Pmt 1
".0/
pmt D  (5.100) des Spannstahls entspricht, wird als eine in
Ep Ap 1  ˛p pi fi Spanngliedachse einwirkende Kraft angerechnet.
Die Gl. (5.100) kann gleichermaßen zur Berech- Die Dehnungsebene muss dann an einem fiktiven
nung des fiktiven Spannbettzustandes bei Vorspannung Stahlbetonquerschnitt ermittelt werden. Die hier-
mit nachträglichem Verbund verwendet werden. Zur für erforderliche Zusatzdehnung des Spanngliedes
näherungsweisen Ermittlung von ".0/pmt wird der i. Allg.
ist zunächst zu schätzen und ggf. zu korrigieren
kleine Dehnungsanteil des Betons in Gl. (5.96) häufig (Abb. 5.29).
C

vernachlässigt (vgl. Zerna u. Stangenberg 1987; Kup- Ansatz  A entspricht der mechanischen Wir-
.0/
fer 1994); die Vordehnung ist dann "pmt D pmt =Ep . kungsweise, erlaubt die Verwendung der wirklichen
Spannungs-Dehnungs-Linien und bietet für eine
numerische Umsetzung Vorteile. Im Unterschied
dazu wird für eine Implementierung des Ansatzes  B
5.4.5 Anrechnung der Vorspannung
eine fiktive, um die Wirkung der Vordehnung redu-
bei Biegebeanspruchung zierte Spannungs-Dehnungs-Linie des Spannstahls
erforderlich. Ansatz  C bietet insbesondere dann
Die Nachweise für Biegung mit Längskraft in GZG Vorteile, wenn die Dehnung des Spannstahls sicher
und GZT bauen allgemein auf der Ermittlung der das Fließplateau erreicht, die Vorspannkraft Pd damit
Literatur 189

ec2 ec2 ec2


x ME ME ME

ds dp NE NE NE
h

Ap Dep Depmt(0) Dep Pmt(0) Pd

As es1 es1 es1


Ansatz A Ansatz B Ansatz C

Abbildung 5.29 Ansätze ,


A B und 
C zur Anrechnung der Vorspannung (schematisch für Vorspannung mit Verbund wiedergege-
ben)

bekannt ist. Damit eröffnet Ansatz 


C insbesondere K UPFER, H.; H OCHREITHER, H.: Anwendung des
für die Bemessung für Biegung und Längskraft im Spannbetons. In: Betonkalender 1993. Berlin : Ernst
GZT einen, in vielen Fällen schnell zum Ergebnis & Sohn, 1993
führenden Weg (vgl. Abschn. 6.5). L EONHARDT, F.: Spannbeton für die Praxis. 3. Aufl.
Berlin : Ernst & Sohn, 1973
M AIER, K.; W ICKE, M.: Die Freie Spanngliedla-
Literatur ge – Entwicklung und Umsetzung in die Praxis. In:
Beton- und Stahlbetonbau 95 (2000), Nr. 2, S. 62–71
DA F S TB: Erläuterungen zu DIN 1045-1. Berlin : M EHLHORN, G.: Bemessung im Betonbau. In: M EHL -
Beuth, 2003 (DAfStb-Heft 525) HORN , G. (Hrsg.): Der Ingenieurbau – Grundwis-
DE ROEK , G.: Vorspannverluste bei beliebig gekrümm- sen. Bd. 9: Bemessung. Berlin : Ernst & Sohn, 1998
tem Spanngliedverlauf. In: Beton- und Stahlbeton- ROMBACH, G.: Spannbetonbau. Berlin : Ernst & Sohn,
bau 73 (1978), Nr. 5, S. 123–124 2003
KOLLEGGER, J.; B ERGMEISTER, K. ; G AUBINGER, R ÜSCH, H.; J UNGWIRTH, D.: Stahlbeton – Spann-
B.: Spannglieder und Vorspannsysteme. In: Beton- beton. Bd. 2 – Berücksichtigung der Einflüsse von
Kalender 2004. Berlin : Ernst & Sohn, 2004 Kriechen und Schwinden auf das Verhalten der
K RÜGER, W.; M ERTZSCH, O. ; S CHMIDT , Th.: Tragwerke. Düsseldorf : Werner-Verlag, 1976
Spannungsverteilungen in vielsträngig bewehrten T ROST, H.: Auswirkungen des Superpositionsprinzips
Stahlbeton- und Spannbetonquerschnitten bei Lang- auf Kriech- und Relaxationsprobleme bei Beton und
zeitbeanspruchungen. In: Betonbau – Forschung, Spannbeton. In: Beton- und Stahlbetonbau (1967),
Entwicklung und Anwendung: Festschrift zum 60. Nr. 10/11, S. 230–238, 261–269
Geburtstag von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Horst Falkner. W ICKE, M.; M AIER, K.: Anwendung des Spannbe-
iBMB Braunschweig, 1999, S. 193–202 tons. In: Beton-Kalender 2002. Berlin : Ernst &
K UPFER, H.: Bemessung von Spannbetonbauteilen Sohn, 2002
nach DIN 4227 – einschließlich teilweiser Vorspan- Z ERNA, W.; S TANGENBERG, F.: Spannbetonträger –
nung. In: Betonkalender 1994. Berlin : Ernst & Theorie und Berechnungsgrundlagen. Berlin, Hei-
Sohn, 1994 delberg : Springer, 1987
Kapitel 6
Biegung und Längskraft

6.1 Tragverhalten, 6.1.1 Schnittgrößen


Bemessungsgrundlagen und Gleichgewichtsbedingungen

Die im Folgenden für den Grenzzustand der Tragfä- Die Bemessung eines Stahlbetonbauteils für Biegung
higkeit vorgestellten Verfahren zur Bemessung für Be- mit Längskraft beinhaltet den Nachweis, dass der
anspruchungen aus Biegemomenten und Längskräf- Querschnitt in der Lage ist, die im Grenzzustand der
ten gelten nur, soweit die grundlegende Annahme der Tragfähigkeit einwirkenden äußeren Schnittgrößen
technischen Biegetheorie – das Ebenbleiben der Quer- MEd und NEd unter Ansatz der Bemessungswerte der
schnitte bei Verformungen (Hypothese von Bernoul- Festigkeiten aufzunehmen:
li) bei gleichzeitiger Vernachlässigung von Schubver- ( ) ( )
formungen – zutrifft. Die Bemessungsmethoden sind NEd NRd
Ed  Rd )  : (6.1)
daher auf schlanke Bauteile mit einem Verhältnis der MEd MRd
Spannweite zur Bauhöhe von l= h  2 bzw. bei Krag-
trägern lk = h  1 beschränkt. Zudem trifft die Bernoul- Der Bauteilwiderstand, ausgedrückt durch die inne-
li-Hypothese nicht in Bereichen des Bauteils zu, in de- ren Schnittgrößen NRd und MRd , wird bei Stahlbeton-
nen konzentrierte Kräfte – Einzellasten, Auflagerreak- und Spannbetonbauteilen durch folgende Größen be-
tionen, etc. – angreifen (s. Abschn. 4.2.2). Gleichwohl einflusst:
sind die genannten Voraussetzungen in den meisten
• Festigkeiten von Beton, Betonstahl und Spannstahl;
Bemessungsaufgaben, z. B. bei Balken, Platten oder
• Abmessungen des Querschnitts;
Stützen, erfüllt. Im Unterschied dazu zeigen Scheiben
• Menge und Anordnung der Betonstahl- und Spann-
(l= h < 2) oder kurze Kragträger (lk = h < 1) ein
stahlbewehrung.
verändertes Tragverhalten und erfordern allgemeine-
re Bemessungsverfahren, z. B. Stabwerkmodelle. Bei Die Möglichkeit, allein durch die Variation der Beweh-
Platten, die i. Allg. mit orthogonal zueinander liegen- rungsmenge die Tragfähigkeit eines Bauteils wesent-
den Betonstahlstäben bewehrt sind, können die vor- lich zu verändern, prägt die Bemessungsstrategie: Im
gestellten Bemessungsverfahren grundsätzlich ange- Unterschied zur Bemessungspraxis z. B. im Stahl- oder
wandt werden, sofern die Richtungen der Hauptbiege- Holzbau werden die Bauteilabmessungen i. Allg. be-
momente nicht um mehr als 15ı von den Richtungen reits im Tragwerksentwurf anhand allgemeiner Kriteri-
der Bewehrungsscharen abweichen. en – z. B. auch aus Anforderungen der Gebrauchstaug-
Die wesentlichen Bemessungsgrundlagen können lichkeit – festgelegt. Die Bemessung im Grenzzustand
anhand des in Abschn. 1.2 beschriebenen Versuchs der Tragfähigkeit ist damit beschränkt auf:
an einem Stahlbetonbalken erläutert werden. Zunächst
wird das mittlere Drittel des Balkens zwischen den • die Ermittlung des notwendigen Zugbewehrungs-
Lasteinleitungspunkten mit M D const. bzw. V D 0 querschnittes,
betrachtet; Wechselwirkungen mit Querkraftbeanspru- • soweit erforderlich, die Bestimmung der Druckbe-
chungen existieren hier nicht. wehrungsmenge und
K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 191
DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
192 6 Biegung und Längskraft

• den Nachweis, dass die aus äußeren Einwirkungen 6.1.2 Tragverhalten


entstehenden Druckbeanspruchungen durch den des ungerissenen Balkens
Betonquerschnitt aufgenommen werden können.
Damit bleibt das Eigengewicht der Konstruktion – das Für geringe Beanspruchungen F < Fcr weist der in
bei Betontragwerken einen wesentlichen Anteil der Abschn. 1.2 vorgestellte Balken noch keine Biegeris-
Einwirkungen ausmacht – weitestgehend unverändert. se auf; er befindet sich im Zustand I. Für einen unbe-
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit lieg es nahe, die wehrten Betonquerschnitt, für den elastisches Materi-
Tragfähigkeit des Querschnittes im Grenzzustand voll- alverhalten mit c D "c Ec angenommen wird, errech-
ständig auszuschöpfen. Die Ungleichung (6.1) wird nen sich die inneren Schnittgrößen NR und MR – den
damit formal in eine Gleichgewichtsbedingung zwi- Gln. (6.4) und (6.5) entsprechend – aus der Integration
schen Einwirkung und Widerstand, d. h. zwischen äu- der linear verteilten Betonlängsspannungen:
ßeren und inneren Schnittgrößen überführt. Z
Š
NR D c dAc (6.7a)
NEd D NRd ; (6.2) Ac
Š Z
MEd D MRd (6.3)
D Ec ."0 C   z/dAc
Der Bauteilwiderstand – die inneren Schnittgrö- Ac
ßen – werden allgemein durch die Integration der Z Z
aus den Beanspruchungen hervorgerufenen Spannun- D Ec " 0 dAc CEc  zdAc (6.7b)
gen ermittelt: Ac Ac
Z Z „ ƒ‚ … „ ƒ‚ …
DAc D0
NRd D cd dA C sd dA D Fcd C Fsd ; (6.4)
D "0 Ec Ac ; (6.7c)
Ac As
Z Z Z
MRd D cd zdA C sd zdA MR D c zdA (6.8a)
Ac As
Ac
D Fcd  zc C Fsd  zs : (6.5) Z Z
D Ec " 0 zdA CEc  z 2 dA (6.8b)
Die Beton- bzw Betonstahlspannungen können dabei
Ac Ac
jeweils zu Resultierenden Fcd bzw. Fsd zusammenge- „ ƒ‚ … „ ƒ‚ …
fasst werden, die im Abstand zc bzw. zs vom Schwer- D0 DIc
punkt wirken. Um die inneren Schnittgrößen nach den D Ec Ic : (6.8c)
Gln. (6.4) und (6.5) eindeutig angeben zu können, sind
zusätzliche Informationen erforderlich: Die inneren Schnittgrößen eines bewehrten Quer-
schnitts nach Abb. 6.1 können vollständig analog
• Stoffgesetze für Beton und Bewehrung; berechnet werden, wenn in den Gln. (6.7c) und (6.8c)
• Verteilung der Dehnungen über den Querschnitt. die Betonquerschnittswerte Ac und Ic durch die
ideellen Querschnittswerte Ai und Ii ersetzt werden:
In ausreichendem Abstand von Störstellen, z. B. Last-
einleitungen oder Auflagerbereichen, gilt die Hypothe- NR D "0 Ec Ai ; (6.9)
se von Bernoulli: Querschnitte bleiben auch bei Ver- MR D Ec Ii : (6.10)
formung eben; die Dehnungen der einzelnen Quer-
schnittsfasern sind damit proportional zu ihrem Ab- Über das Gleichgewicht zwischen inneren und äußeren
stand von der Dehnungsnulllinie (neutrale Achse) des Schnittgrößen ist der Dehnungszustand in Abhängig-
Querschnittes (vgl. Abb. 6.1). Der Dehnungszustand keit der Einwirkungen eindeutig festgelegt:
kann damit durch die Parameter Krümmung  und NE
Längsdehnung der Schwerachse "0 vollständig be- NE D NR ) "0 D ; (6.11)
Ec Ai
schrieben werden.
ME
"c .z/ D "0 C   z ME D MR ) D : (6.12)
(6.6) E c Ii
Damit sind bei bekannter Dehnungsebene die inneren Die technische Biegetheorie erlaubt demnach bei
Schnittgrößen eindeutig festgelegt. Die Bemessung für ideal elastischen, ungerissenen Querschnitten eine ent-
Biegung und Längskraft baut daher grundlegend auf koppelte Betrachtung der Auswirkungen von Längs-
der Ermittlung der zutreffenden Dehnungsebene auf. kräften und Biegemomenten. Die einzelnen Anteile
6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 193

e>0 e<0 e>0 e<0 e>0 e<0 s>0s<0 s>0s<0 s>0s<0


ec2
MR / z
k
Si NR (< 0) ME
e0 = e0 + = + z ^
=
yi x
zi NE
es1 ss MR / z
ec1 sc,N sc,M

Querschnitt Dehnungen Spannungen, resultierende Kräfte Einwirkungen

Abbildung 6.1 Dehnung, Spannungen und innere Kräfte eines durch Biegung und Längskraft beanspruchten, ungerissenen Balkens

können uneingeschränkt überlagert werden, da un- und bei Zugnormalkraft in Richtung des gedrückten
ter diesen Voraussetzungen das Superpositionsprinzip Randes (Abbn. 6.1 und 6.2).
gilt. Durch Einsetzen der Gln. (6.11) und (6.12) in Bei Stahlbetonbauteilen werden die Voraussetzun-
Gl. (6.6) lässt sich die Dehnung einer beliebigen Quer- gen linear elastischen Verhaltens homogener Quer-
schnittsfaser im Abstand z zur Schwerachse in Abhän- schnitte nur bei geringen Beanspruchungen näherungs-
gigkeit der einwirkenden Schnittgrößen NE und ME weise erfüllt. Zum einen steigen die Betondehnungen
berechnen. bei steigender Druckbeanspruchung bis zum Versagen
NE ME überproportional an, zum anderen besitzt Beton nur ei-
"c .z/ D C z (6.13) ne geringe Zugfestigkeit; bereits bei geringen Zugdeh-
Ec Ai E c Ii
nungen setzt Rissbildung ein. Erste Biegerisse treten
Die bei elastischem Materialverhalten zu den Dehnun- auf, wenn am Querschnittsrand die effektive Zugfes-
gen proportionalen, ebenfalls linear über den Quer- tigkeit fct;eff erreicht wird (Gl. 6.14); Ncr und Mcr wer-
schnitt verteilten Längsspannungen können zu resultie- den als Rissschnittgrößen bezeichnet.
renden Kräften zusammengefasst werden (Abb. 6.1).
Ncr Mcr Š
Eine Variation der Längskraft bewirkt nach den c;max D C  ziu D fct;eff (6.14)
Gln. (6.11) und (6.12) lediglich eine Veränderung Ai Ii
der Längsdehnung "0 ; die Krümmung  und damit Im ungerissenen Balken kann die Zugdehnung der
die Biegesteifigkeit des Querschnitts bleiben unbeein- Bewehrung wegen des Verbundes die Zugbruchdeh-
flusst. Gleichzeitig verschiebt sich die neutrale Ach- nung des Betons von etwa 0,1‰ nicht übersteigen.
se der Dehnungsverteilung, die Dehnungsnulllinie, bei Die Betonstahlspannungen erreichen mit s D Es =Ec 
Drucknormalkraft in Richtung des gezogenen Randes fct;eff  20 N=mm2 nur einen Bruchteil der Fließ-

a Reine Biegung
e>0 e<0 e>0 e<0 e>0 e<0 s>0s<0s>0s<0 s>0s<0
ec2
MR / z
k ME
Si NR = 0
= e0 + = + z ^
=
yi x e0 = 0 NE
zi
es1 MR / z
ec1
sc,N = 0 sc,M

b Zugnormalkraft
ec2
MR / z
k ME
Si NR (> 0)
e0 = e0 + = + z ^
=
yi x NE
zi
es1 MR / z
ec1
sc,N sc,M

Querschnitt Dehnungen Spannungen, resultierende Kräfte Einwirkungen

Abbildung 6.2a,b Auswirkungen einer Normalkraft auf den Dehnungszustand eines Querschnittes; Superposition von Spannungen
im Zustand I
194 6 Biegung und Längskraft

spannung. Im ungerissenen Balken trägt die Beweh- über dem Zustand I weiter zum gedrückten Rand.
rung dem entsprechend nur wenig zur Tragfähigkeit Wird weiterhin die Gültigkeit der Hypothese von
des Querschnittes bei. Bernoulli vorausgesetzt, gilt auch für den gerissenen
Querschnitt eine durch "0 und  bzw. durch "c2
und "s1 beschriebene, ebene Dehnungsverteilung
(Abb. 6.4). Durch die Verlagerung der Nulllinie
6.1.3 Tragverhalten des gerissenen treten selbst bei reiner Biegung im gerissenen Quer-
Balkens – Grundsätze der Bemessung schnitt Längsdehnungen "0 in Höhe der Schwerachse
auf.
Wird für den in Abschn. 1.2 dargestellten Balken die Die auf den Querschnittsschwerpunkt bezogenen
Randzugspannung fct;eff im Bereich zwischen den Gln. (6.4) und (6.5) zur Ermittlung der inneren Schnitt-
Lasteinleitungsstellen erreicht, treten erste Risse auf größen MR und NR sind weiterhin gültig. Werden
(Einzelrisszustand). Der Dehnungs- und Spannungs- die Integralausdrücke durch die resultierenden inne-
zustand im Riss selbst wie auch in den angrenzenden ren Kräfte und zugehörige Hebelarme ersetzt, kann
Bereichen wird grundlegend verändert (Abb. 6.3); im das Gleichgewicht innerer und äußerer Schnittgrößen
Riss erreichen die Beton- und Stahlspannungen die durch die Gln. (6.15) und (6.16) angeschrieben wer-
jeweiligen Größtwerte; am Ende der angrenzenden den.1
Störlängen – nach der Einleitungslänge der Riss- NE D NR D Fc C Fs1 ; (6.15)
schnittgröße – liegen wieder die Verhältnisse des
ungerissenen Querschnittes vor. Im Riss stehen zur ME D MR D Fs1 zs1  Fc .d  zs1  a/ (6.16)
Erfüllung des Gleichgewichts zwischen äußeren und Für geringe Beanspruchungen der Betondruckzo-
inneren Schnittgrößen im Wesentlichen nur mehr ne ist weiterhin von einer linearisierten Spannungs-
Betondruckspannungen und Stahlzugspannungen Dehnungs-Linie auszugehen. Bei höheren Beanspru-
zur Verfügung. Durch die im Vergleich zur unge- chungen treten die nichtlinearen Materialeigenschaften
rissenen Zugzone deutlich geringere Dehnsteifigkeit des druckbeanspruchten Betons zu Tage; die Größe der
der Bewehrung geht mit dem Aufreißen des Quer- Druckspannungsresultierenden Fc und deren Abstand
schnittes ein starker Anstieg der Dehnungen von a vom druckbeanspruchten Querschnittsrand können
Betonstahl und druckbeanspruchtem Beton einher; damit nicht mehr ohne genauere Kenntnis des Span-
gleichzeitig wandert die Dehnungsnulllinie gegen- nungsverlaufs angegeben werden (Abb. 6.5).
Im Unterschied zu Bauteilen aus homogenem, elas-
tischem Material zeigt der Verbundbaustoff Stahlbeton
ec2 deutliche Abweichungen von einem linearen Zusam-
menhang zwischen äußeren Schnittgrößen und inne-
ren Spannungen. Das nichtlineare Querschnittsverhal-
Betonrandstauchung ten ist neben der nichtlinearen (elastisch-plastischen)
A B Spannungs-Dehnungs-Linie der Bewehrung auf zwei
Ursachen zurückzuführen:

1
Vorzeichenregeln

A B • Abmessungen (b; h; zs1 ; zs2 ; x; a; : : : ) werden als absolu-


te Größen ohne Vorzeichen eingeführt. Gleiches gilt für den
Hebelarm z der inneren Kräfte.
Betondehnung auf Höhe der Bewehrung • Festigkeiten (fcd ; fyd ; : : : ) sind stets positiv.
• Vorzeichen für Schnittgrößen folgen der Regelung für posi-
es1 Betonstahldehnung tive bzw. negative Schnittufer nach Abschn. 2.3.1.
ec2 sc2 ec2 sc2 • Dehnungen, Spannungen und innere Kräfte werden bei
Druckbeanspruchung negativ, bei Zugbeanspruchung positiv
angeschrieben.
• Die Orientierung der inneren Kräftge in Abbildungen folgt
es1 ss1 es1 ss1 der Wirkungsrichtung: Zugkräfte (z. B. Fs ) weisen in Rich-
Schnitt B-B
tung der positiven x-Achse, Druckkräfte (z. B. Fc ) in entge-
Schnitt A-A Höhe des gengesetzter Richtung. Ungeachtet der zeichnerischen Dar-
sichtbaren Risses
stellung werden Druckkräfte unter Beachtung des Vorzei-
Abbildung 6.3 Dehnungen und Spannungen in der Umgebung chens (negativ!) in Gleichgewichtsbedingungen eingeführt
eines Risses (z. B. Gl. 6.15).
6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 195

Druckzone e>0 e<0 s>0s<0 a = ka . x


ec2 sc2
x Fc (< 0)
Dehnungsnulllinie
d ME
S
e0 z ^
=
y x NE
z zs1
es1 ss1 Fs
ec1

Querschnitt, Bezeichnungen Dehnungen Spannungen resultierende Kräfte Einwirkungen

Abbildung 6.4 Dehnungen, Spannungen und inneren Kräfte im Riss eines durch Biegung und Längskraft beanspruchten Balkens

zunehmende Biegebeanspruchung
ME im gerissenen Querschnitt eine Betonstahlzugkraft
sc2 mit den nichtlinear verteilten Spannungen der Druck-
a a
x x zone im Gleichgewicht steht. Eine Überlagerung der
Auswirkungen beider Lastfälle nach dem Superpositi-
onsprinzip berücksichtigt die Auswirkungen der Riss-
ss1
bildung nicht und führt zu völlig falschen Ergebnis-
1
a= _ x
1
a≈ _ x
1
_ x < a < 0,4x a ≈ 0,4 x sen. In Konsequenz ist eine Trennung von Normalkraft
3 3 3
und Biegemoment, wie sie für den ungerissenen Bal-
ungerissen gerissen
(Zustand I) (Zustand II)
ken möglich ist, nicht mehr zulässig.

Abbildung 6.5 Stadien der Biegebeanspruchung


Grundsätze
der Bemessung biegebeanspruchter Bauteile
• nichtlinearer Zusammenhang zwischen Dehnungen
und Spannungen druckbeanspruchten Betons; Aus dem erläuterten Tragverhalten folgen die grund-
• Rissbildung des Betons. legenden Annahmen zur Bemessung eines biege- und
Die Auswirkungen des nichtlinearen Verhaltens zei- längskraftbeanspruchten Querschnitts im GZT:
gen sich u. a. in der Kopplung von Biegemoment
und Längskraft (Abb. 6.6). Eine zentrisch angreifen- • Die Dehnungen sind linear über den Querschnitt
de Druckkraft NE führt zu gleichmäßig über den Quer- verteilt (Hypothese von Bernoulli). Diese Annah-
schnitt verteilten Druckspannungen, während infolge me trifft allerdings nur bei einem Verhältnis der

a Reine Biegung
e>0 e<0 s>0 s<0
ec2 sc2
x Fc (< 0)
d ME
S c Biegung mit Längsdruckkraft
e0 z ^
=
y xc
z zs1 s>0s<0 s>0s<0

es1 Fs = -Fc
ec1 ss1 x
x
ME
^
=
b Längsdruckkraft NE
ec2 sc2
ss1 ss1

S d NE
x e0 ^
= falsch! richtig!
y xc Fc +Fs (< 0)
z zs1
es1 ss1
ec1

Querschnitt Bezeichnungen Dehnungen Spannungen, Einwirkungen Überlagerung


res. Kräfte

Abbildung 6.6a–c Gerissener Querschnitt – Superpositionsgesetz nicht mehr gültig


196 6 Biegung und Längskraft
0 ec2 ec2u
ec (<0)
esu B
es
As2
ac
zs2
C
h d 1 2
h
y 4a
z zp1 3
zs1 4
Ap ep(0)
Dep 5
As1
es
esu A esy
ec(<0)
0 ec2

Abbildung 6.7 Zulässige Dehnungsverteilungen

Stützweite zur Bauteildicke von leff = h  2 bzw. bei werden, die ausreichend kleine Rissabstände gewähr-
Kragträgern lk = h  1 zu. leistet.
• Die Bemessung erfolgt im Riss. Die Betonzugfes-
tigkeit bleibt unberücksichtigt; alle Zugkräfte sind
durch Bewehrung aufzunehmen.
• Zwischen Bewehrung und Beton wird starrer Ver- 6.1.4 Versagensarten
bund vorausgesetzt. Die Dehnungen der Betonstahl- und Dehnungszustände
bewehrung sowie die Zusatzdehnung des Spann-
stahls (bei Vorspannung mit Verbund) entsprechen Die Tragfähigkeit eines durch Biegung und Längs-
der Dehnung der jeweils angrenzenden Betonfaser. kraft beanspruchten Bauteils ist erschöpft, wenn ent-
• Der Zusammenhang zwischen Spannungen und weder der Beton auf Druck oder die Bewehrung auf
Dehnungen der Baustoffe wird durch die idealisier- Zug versagt (vgl. Abb. 1.11). Für die Bemessung wird
ten Kennlinien für die Bemessung im GZT nach angenommen, dass der Grenzzustand der Tragfähig-
Kap. 3 beschrieben. keit dann eintritt, wenn für einen der beiden Baustoffe
die in den idealisierteng Spannungs-Dehnungs-Linien
Die Bernoulli-Hypothese ebenso wie die Annahme festgelegte Grenzdehnung "su bzw. "cu (engl. ultimate)
starren Verbundes ist für ungerissene Balken berech- erreicht wird. Mit den Grenzdehnungen können in Ver-
tigt, beschreibt allerdings bei gerissenen Stahlbeton- bindung mit der Annahme linear über den Querschnitt
bauteilen die Wirklichkeit in einzelnen Querschnitten verteilter Dehnungen die zulässigen Dehnungsvertei-
nur unzureichend (vgl. Abb. 6.3). In der Zugzone des lungen im GZT angegeben werden. Die für einachsige
Querschnitts ist die Zugdehnung des Betons auf die ge- Biegung möglichen Dehnungsebenen werden dabei in
ringe Zugbruchdehnung beschränkt, während die Zug- die Bereiche  1 bis 5 nach Abb. 6.7 unterschieden.2
dehnung des Betonstahls im Riss ein Vielfaches da-
von erreichen kann. Über die gesamte Bauteillänge l 
1 Zentrischer Zug und Zugkraft mit geringer Aus-
gesehen, erfahren Fasern auf gleicher Höhe allerdings mitte
auch gleiche Verlängerungen ls D lc . Der Deh- Im gesamten Querschnitt treten ausschließlich
nungsausgleich zwischen Bewehrung und Beton fin- Zugdehnungen auf; der Angriffspunkt der resul-
det in den Rissen statt, d. h., die entlang der Beton- tierenden Zugkraft liegt im Querschnitt zwischen
stahlachse aufintegrierten Betondehnungen zusammen den Bewehrungslagen. Ein Versagen des Quer-
mit den aufsummierten Rissbreiten müssen identisch schnittes tritt durch den Zugbruch der Bewehrung
sein mit der Verlängerung ls der Bewehrung. Da- auf (! Stahlversagen). Da zugbeanspruchtem
mit sind im Mittel die Annahmen einer ebenen Deh- Beton generell keine Tragfähigkeit zugewiesen
nungsverteilung und des starren Verbundes zutreffend. wird, besteht der wirksame Querschnitt nur aus
Gleichzeitig führen sie zu ausreichend wirklichkeits-
nahen Rechenergebnissen. Mit ansteigendem Rissab-
2
stand weichen die lokalen Verhältnisse im Riss zuneh- Zur Darstellung der Dehnungsverteilungen wird auf das
mend von den Voraussetzungen der Dehnungseben- Parabel-Rechteck-Diagramm als idealisierte Spannungs-
heit und des starren Verbundes ab. Als Folge muss Dehnungs-Linie des Betons zurückgegriffen. Da "c2 sowohl die
Betondehnung am Übergang zum plastischen Bereich des PR-
die Anwendbarkeit der auf ebenen Dehnungsverteilun- Diagramms als auch die Dehnung am stärker gestauchten Rand
gen basierenden Rechenmodelle auf gerissene Bautei- eines Stahlbetonquerschnittes bezeichnet, wird im Folgenden
le durch eine Mindestbewehrungsmenge sichergestellt die Querschnittsranddehnung mit "c beschrieben.
6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 197

Bereich 1 Bereiche 2 3 4 Bereich 5 gung durch das schlagartige Versagen der Druck-
zone auf (! Betonversagen) und sollte daher im
Rahmen der Bemessung vorwiegend auf Biegung
beanspruchter Bauteile vermieden werden.
N(+) 
5 Längsdruckkraft mit geringer Ausmitte und mittige
N(+) Druckkraft
Mittiger Zug Zug mit Druck mit Die Dehnungsnulllinie liegt außerhalb des
großer Ausmitte kleiner Ausmitte
Querschnittes. Da die idealisierten Spannungs-
Dehnungs-Linien von Beton primär für biegebe-
anspruchte Bauteile mit Nulllinie innerhalb des
M Querschnitts entwickelt wurden, sind bei vollstän-
N(+)
Zug mit Reine Biegung Mittiger Druck
dig überdrückten Querschnitten Korrekturen in
kleiner Ausmitte Form von Dehnungsbegrenzungen erforderlich,
um die Querschnittstragfähigkeit nicht zu über-
schätzen. Für die Randdehnungen "c;o (oben) und
"c;u (unten) gilt:

Druck mit
"c2  "c;o  "c2u ;
großer Ausmitte 0  "c;u  "c2 :
Abbildung 6.8 Dehnungsverteilung am Rechteckquerschnitt –
Der Abstand des Drehpunktes C der zulässigen
Bereiche nach Abb. 6.7
Dehnungsverteilungen des Bereichs  5 vom stär-
ker gestauchten Rand kann aus Abb. 6.7 abgelesen
werden:
den Bewehrungslagen. Die Bemessung erfolgt  
"c2
nach dem Hebelgesetz. aC D h  1  :
"c2u

2 Reine Biegung und Biegung mit Längskraft
Die neutrale Achse liegt innerhalb des Querschnit- In der Regel liegen Dehnungsverteilungen des Be-
tes nahe am druckbeanspruchten Rand (hochlie- reichs 5 nur bei Druckgliedern (Stützen, etc.) vor;
gende Nulllinie). Während die Zugbewehrung ein Bruch tritt schlagartig durch das Versagen des
die Grenzdehnung erreicht ("s D "su ), weist die druckbeanspruchten Betons ein (! Betonversa-
Druckzone i. A. noch Tragfähigkeitsreserven auf gen).
("c  "c2u ). Das Versagen des Querschnittes
wird durch große plastische Dehnungen der Neben der bisher betrachteten einachsialen (ebe-
Zugbewehrung angekündigt (! Stahlversagen). nen) Biegung können auch Biegebeanspruchungen um

3 Reine Biegung und Biegung mit Längskraft zwei Achsen auftreten. Angesichts der in diesem Fall
Die Randdehnung des Druckzone erreicht die nicht mehr zu einer der lokalen Koordinatenachsen des
Grenzdehnung "c2u ; der druckbeanspruchte Beton Querschnitts parallelen Dehnungsnulllinie wird von
ist vollständig ausgenutzt. Die Zugbewehrung schiefer Biegung gesprochen. Für Biegung und Längs-
fließt, erreicht allerdings die Grenzdehnung "su druck bzw. reine Biegung sind mögliche Dehnungsver-
nur im Übergangspunkt zu Bereich . 2 Das teilungen in Abb. 6.9 wiedergegeben. Die für einach-
Versagen des Querschnitts wird durch mehr siale Biegung angegebenen zulässigen Dehnungsver-
oder minder große Dehnungen der Bewehrung teilungen nach Abb. 6.7 gelten weiterhin. Sofern durch
angekündigt, allerdings wird die Druckzone
versagensbestimmend (! Betonversagen).

4 Reine Biegung und Biegung mit Längskraft
Der Bereich  4 beschreibt i. A. Beanspruchungen
durch Biegung und Längsdruckkraft mit mittler- N(-)
My
er Ausmitte. Die Nulllinie des Querschnitts liegt N(-)
Mz
näher zum zugbeanspruchten Rand (tiefliegende
Nulllinie). Während der Beton vollständig ausge-
nutzt ist ("c D "c2u ), erreicht die Zugbewehrung a Druck mit b Druck mit c zweiachsige Biegung
kleiner Ausmitte großer Ausmitte ohne Längskraft
die Streckgrenze nicht oder ist sogar druckbean-
sprucht. Ein Bruch tritt ohne deutliche Ankündi- Abbildung 6.9a–c Dehnungsverteilungen bei schiefer Biegung
198 6 Biegung und Längskraft

die zweiachsiale Biegung in Kombination mit Längs- Gleichsetzen von Gl. (6.19) mit Gl. (6.17) und Substi-
zugkräften lediglich Zugdehnungen auftreten, kann die tution von "s1 über Gl. (6.18b) führt zu:
Aufteilung der Kräfte auf die Bewehrungsstränge mit ME ME
dem Hebelgesetz erfolgen. II
D
EI Es As z.d  x/
) EI II D Es As z.d  x/ : (6.20)

6.1.5 Verformungsverhalten und Duktilität Die Biegesteifigkeit EI II im Riss ist neben der
Bewehrungsmenge an die belastungsabhängigen, geo-
metrischen Größen x und z gekoppelt. Diese wieder-
6.1.5.1 Biegesteifigkeit des ungerissenen
um sind mit den mechanischen Eigenschaften des Be-
und des gerissenen Querschnitts
tons (E-Modul bzw. Spannungs-Dehnungs-Linie) ver-
knüpft.
Das Verformungsverhalten eines einachsial biegebe-
anspruchten Querschnitts wird anschaulich durch den
Zusammenhang zwischen einwirkendem Moment ME
6.1.5.2 Momenten-Krümmungs-Beziehung
und der zugehörigen Querschnittsverkrümmung  D
1=r beschrieben. Für ungerissene Querschnitte gilt
Die M --Beziehung (Abb. 6.10) illustriert den Zu-
Gl. (6.12).
sammenhang zwischen einwirkendem Moment und
ME Querschnittsverkrümmung. Die charakterisierenden
D
E c Ii Punkte sind das Rissmoment Mcr , das Biegemoment
Für den gerissenen Zustand folgt  aus dem Deh- bei Erreichen der Fließgrenze der Bewehrung My
nungsunterschied zweier beliebiger Querschnittsfa- (Fließmoment) und das Bruchmoment Mu . Im unge-
sern. Wenn für eine Faser die neutrale Achse gewählt rissenen Zustand verläuft die M --Beziehung linear
wird, gilt: (EI I D const.). Mit dem Erreichen von Mcr reisst
"s1
D : (6.17)
d x
Analog zur Biegesteifigkeit EI I D Ec Ii des unge-
rissenen Querschnitts kann für einen gerissenen Quer-
r
schnitt – für den sog. reinen Zustand II 3 – ebenfalls ei-
ne Biegesteifigkeit EI II angegeben werden. Voraus- k
ec2
gesetzt wird, dass der Querschnitt einfach bewehrt ist, x k
d. h. keine Druckbewehrung aufweist, der Betonstahl d
zs
die Streckgrenze noch nicht erreicht hat und keine zu- es1
sätzlichen Normalkräfte wirken. Aus dem Momenten-
gleichgewicht zwischen inneren und äußeren Schnitt- dx = 1
größen um den Angriffspunkt der Druckspannungsre-
1_ _ ε s1 - ε c2 ε s1
_
sultierenden im Riss folgt: κ= = =
r d d-x
ME D Fs  z D "s1 Es As z (6.18a)
ME M
) "s1 D : (6.18b) mittleres Bauteilverhalten
Es As z Mu
Parallel zum Zustand I (Gl. 6.12) wird für den gerisse- My

nen Querschnitt definiert:


ME EII
D : (6.19)
EI II EIII

3
Der „reine Zustand II“ bezeichnet den Zustand unmittelbar im
Riss. Der Betonquerschnitt ist bis zur Dehnungsnulllinie aufge- Mcr reiner Zustand II
rissen, Zugspannungen können nur durch die Bewehrung auf- 1
k=
genommen werden. Der wirksame Querschnitt im reinen Zu- r
stand II besteht daher aus der Betondruckzone und der Zugbe-
wehrung. Abbildung 6.10 M --Beziehung
6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 199

M Ed
mE =
b d 2 fcd
0,4

d = 0,60
1,6%
As1
rs =
b d
1,2%
0,3 b = 0,4
C25/30
BSt 500

0,8%
0,2

0,4%
0,1
r s = 0,2%
r s = 0,1%

0
0 10 20 κ d = e s1 - e c 2 in ‰
(κ d ) lim = 5,7

Abbildung 6.11 Bezogene M --Beziehungen eines Stahlbetonquerschnittes mit unterschiedlichen Bewehrungsgraden s für
NE D 0 (ermittelt mit den Bemessungswerten der Baustoffe; nach Rissbildung reiner Zustand II)

der Querschnitt auf, die Krümmung nimmt schlagartig ellen Querschnittswerte berücksichtigte, Einfluss des
zu. Im reinen Zustand II ist die M --Beziehung für Bewehrungsgrades auf Biegesteifigkeit EI I und Riss-
übliche Bewehrungsgrade wieder annähernd linear, schnittgröße Mcr gering und wird i. Allg. vernach-
Druckzonenhöhe x und Hebelarm z der inneren lässigt. Im reinen Zustand II steigt die Biegesteifig-
Kräfte variieren bei veränderlichem M nur wenig keit EI II dagegen mit s deutlich an (vgl. Gl. 6.20).
(vgl. Gl. 6.20). Nach dem Überschreiten der Streck- Bei hohen Bewehrungsgraden, damit gleichzeitig ho-
grenzdehnung der Bewehrung ist ein weiterer Anstieg hen Betondruckkräften, zeigt sich die nichtlineare -
des Moments durch die Verfestigung der Bewehrung "-Linie des Betons durch eine im oberen Lastbereich
und zudem durch ein weiteres Anwachsen des inneren stärker abfallende Steifigkeit EI II . Stark ausgeprägt
Hebelarms bei Einschnürung der Betondruckzone sind die Auswirkungen des Bewehrungsgrades auf die
möglich. Das Versagen tritt ein, wenn Bewehrung oder Bruchkrümmung: Bei kleinem s erreicht die Beweh-
Beton die Grenzdehnung erreicht haben. rung die Grenzdehnung (Stahlversagen), der Übergang
Ein Vergleich der rechnerischen M --Linie mit vom Stahl- zum Betonversagen liegt für den gegebe-
Versuchsergebnissen (mittleres Bauteilverhalten, d. h. nen Querschnitt bei s  0;3%. Mit ansteigendem
über einen Balkenabschnitt mit M D const. gemit- s nimmt die erreichbare Stahldehnung im Bruchzu-
telt) zeigt, dass zwar die kennzeichnenden Momente stand und damit die Bruchkrümmung ab. Bei hohen
Mcr , My und Mu gut wiedergegeben werden, die Stei- Bewehrungsgraden (hier: s > 1;5%) tritt ein Versa-
figkeit des Bauteils im gerissenen Zustand allerdings gen der Druckzone auf, bevor die Bewehrung ins Flie-
unterschätzt wird. Ursache hierfür ist die Aktivierung ßen kommt; der Bruch tritt damit ohne Vorankündi-
des Betons zwischen den Rissen durch Verbundspan- gung ein (Sprödbruch). Ebenfalls äußerst kritisch ist
nungen zwischen Bewehrung und Beton. In den an den das Verhalten bei sehr geringen Bewehrungsgraden
Riss angrenzenden Bereichen nehmen die Dehnungen (hier: s  0;1%); die Bewehrung reicht nicht aus, um
deutlich ab (vgl. Abb. 6.3); die über einen Bauteilab- die bei Rissbildung freiwerdende Zugkraft aufzuneh-
schnitt zwischen zwei Rissen gemittelte Krümmung men; der Balken versagt schlagartig bei Erreichen der
liegt damit deutlich unter der Krümmung im reinen Rissschnittgröße.
Zustand II. Die Berechnung von Verformungen eines
Stahlbetonbalkens mit der Steifigkeit des reinen Zu-
stand II würde die auftretenden Durchbiegungen daher 6.1.5.3 Duktilität und Mindestbewehrung
überschätzen (vgl. Abschn. 10.4).
Für verschiedene Bewehrungsgrade s D As =.b d / Die Duktilität eines Querschnitts beschreibt seine plas-
sind die rechnerischen M --Linien in Abb. 6.11 darge- tische Verformbarkeit vor Versagenseintritt und ist ne-
stellt. Im ungerissenen Zustand ist der, über die ide- ben den Grenzdehnungen der Baustoffe eng mit dem
200 6 Biegung und Längskraft

M Eds,2 = M Ed + N Ed zs 2
d2
N Ed
As2
zs2 MEd zs2
d h = = =
S N Ed
zs1 zs1
As1 M Ed
e=
N Ed N Ed
d1
M Eds = M Ed - NEd zs1
N Ed

Abbildung 6.12 Umrechnung der äußeren Schnittgrößen auf verschiedene Bezugsachsen

Bewehrungsgrad verknüpft (Abb. 6.11). Eine hohe gration der Spannungen über den Querschnitt resultie-
Duktilität ist generell erstrebenswert. Zum einen wird renden inneren Schnittgrößen. Speziell die Ermittlung
die Versagensankündigung im GZT verbessert, zum der resultierenden Betondruckkraft für die Berechnung
anderen erlaubt eine hohe Duktilität bei statisch un- der inneren Schnittgrößen ist wegen der nichtlinearen
bestimmt gelagerten Systemen im GZT den Abbau -"-Beziehung aufwändig.
von Zwangbeanspruchungen und die Umlagerung von
Schnittgrößen durch Bildung plastischer Gelenke. De-
tails hierzu folgen in Kap. 13. Dem entsprechend müs- 6.1.6.1 Äußere Schnittgrößen – Umrechnung
sen Stahlbetonbauteile einen Mindestwert der Duktili-
tät aufweisen, der durch folgende Maßnahmen gewähr- Im Allgemeinen werden die Bemessungswerte der äu-
leistet wird: ßeren Schnittgrößen NEd und MEd auf die Schwerachse
des ungerissenen (Brutto-)Querschnitts bezogen. Nach
• Ein schlagartiges Versagen bei Auftreten des ersten
den Grundsätzen der Technischen Mechanik können
Risses muss durch die Anordnung einer Mindestbe-
sie auf beliebige, zur Schwerachse parallele Wirkungs-
wehrung, die in der Lage ist, die Rissschnittgröße linien umgerechnet werden, sofern das durch die Ex-
aufzunehmen, verhindert werden.
zentrizität der Normalkraft hervorgerufene Versatzmo-
• Die Mindestverformbarkeit wird i. Allg. durch die ment berücksichtigt wird (Abb. 6.12). Zur Einordnung
Vorgabe einer Mindestkrümmung im GZT erreicht: der Beanspruchung in einen der Dehnungsbereiche
bei ausgenutzter Druckzone ("c D "c2u ) muss
nach Abb. 6.7 ist die Umrechnung in eine mit der Ex-
die Bewehrung gerade die Fließdehnung erreichen zentrizität e angreifende Längskraft hilfreich.4
("s D "sy ). Damit ist lim D ."sy  "c2u /=d . In
Normen wird anstelle von lim äquivalent ein Ma-
ximalwert der bezogenen Druckzonenhöhe lim D 6.1.6.2 Innere Schnittgrößen –
"c2u =."c2u  "sy / (lim D 0;617 für Betone bis
Größe und Lage der Betondruckkraft
C50/60) vorgegeben. Für statisch unbestimmte Bal-
ken wird eine höhere Verformbarkeit z. B. durch die Voraussetzung für die Ermittlung der inneren Kräf-
Begrenzung auf lim D 0;45 (Beton bis C50/60)
te bzw. der inneren Schnittgrößen ist die Kenntnis
verlangt. Zusätzlich wird der Bewehrungsgrad nach der Dehnungsebene. Für die resultierenden Kräfte der
oben durch die Vorgabe von s;max begrenzt (nach
Bewehrung, die sich unmittelbar aus der Dehnung
DIN 1045-1: As;max D 0;08Ac ).
über die -"-Linien der Bewehrungsstränge im GZT
Die plastische Verformbarkeit eines Querschnitts kann angeben lassen, kann als Angriffspunkt i. d. R. der
darüber hinaus durch eine Umschnürung der Druckzo- Schwerpunkt des Zug- bzw. Druckbewehrungsquer-
ne, d. h. die Nutzung erhöhter Tragfähigkeit und Ver- schnittes angenommen werden. Aufwändiger ist die
formbarkeit druckbeanspruchten Betons bei mehrach- Angabe von Größe und Lage der Spannungsresul-
sialen Druckspannungszuständen, erhöht werden. tierenden der Betondruckzone basierend auf den in
Abschn. 3.1.2 angegebenen idealisierten Spannungs-
Dehnungs-Linien. Die größte Wirklichkeitsnähe be-
6.1.6 Äußere und innere Schnittgrößen
4
Nach DIN 1045-1 werden Bauteile mit e= h > 3;5 als vorwie-
Die Bemessung basiert auf dem Gleichgewicht zwi- gend biegebeanspruchte Bauteile angesehen (e aus den Bemes-
schen den äußeren Schnittgrößen und den aus der Inte- sungswerten der einwirkenden Schnittgrößen im GZT).
6.1 Tragverhalten, Bemessungsgrundlagen 201

sitzt hierbei das Parabel-Rechteck-Diagramm. Allge- jcm j


˛R D :
mein lassen sich die Größe der Betondruckkraft Fcd fcd
und der Abstand a des Angriffspunktes zum stär- ka Höhenbeiwert; Abstand des Angriffspunktes der
ker gestauchten Rand durch Integralausdrücke ange- Druckspannungsresultierenden vom stärker ge-
ben (Abb. 6.13). stauchten Rand bezogen auf die Druckzonenhö-
Z
zDx he; für b.z/ D b D const. gilt:
Fcd D c .z/b.z/dz ; (6.21) Z
zDx
a b
zD0 ka D D 1  c .z/zdz :
x x  Fcd
Z
zDx zD0
1
a Dx c .z/b.z/zdz (6.22) Die Gln. (6.21) und (6.22) vereinfachen sich damit für
Fcd
zD0 rechteckige Druckzonen zu:
Zur Vereinfachung der Berechnung werden der Völlig- Fcd D ˛R bxfcd ; (6.23)
keitsbeiwert ˛R und der Höhenbeiwert ka eingeführt: a D ka x : (6.24)
˛R Völligkeitsbeiwert der Druckspannungsvertei-
lung;
6.1.6.3 Anwendung des PR-Diagramms
für rechteckige Druckzonen mit b.z/ D b D
bei Rechteckquerschnitten
const. gilt:
Z
zDx Mit dem Parabel-Rechteck-Diagramm nach Gl. (3.5)
1
˛R D c .z/dz : können ˛R und ka in Abhängigkeit der Randdeh-
x  fcd nung am stärker gestauchten Rand "c angegeben wer-
zD0
den, sofern eine mathematische Beschreibung für b.z/
Der Völligkeitsbeiwert beschreibt damit allge- existiert. Wegen der abschnittsweisen Definition des
mein das Verhältnis der mittleren Betondruck- Parabel-Rechteck-Diagramms ist eine Unterscheidung
spannung zum Bemessungswert der Druckfestig- der Dehnungsbereiche 0  "c  "c2 und "c2 > "c 
keit fcd : "c2u erforderlich. Das PR-Diagramm ist allgemein fest-

fcd
ec2u sc2
a=ka.x
ec2 Fcd
x z

h d
S aR.fcd

As1
ss1 Fs1d
es1
d1
b
ec2u fcd
a Nullinie im Querschnitt

sc2 sc2 = fcd

ec2 a
c a(1)

d x Fcd =
S h
Fcd(1)
As1 z
es1 sc1 < fcd
Fs1d a(2)
d1
b Fcd(2)
aR.fcd

b Nullinie außerhalb des Querschnittes aR(1).fcd aR(2).fcd

Abbildung 6.13a,b Resultierende Betondruckkraft – Allgemeine Ansätze und Lösungen bei Verwendung des Parabel-Rechteck-
Diagramms (PR-Diagramm)
202 6 Biegung und Längskraft

a R , ka [ - ]
gelegt durch:
8  n 1,0
<1  1  "c
; für 0  "c  "c2 aR
"c2
c D fcd :
:1; für "c2 > "c  "c2u 0,8 0,810(
0,807(
)
)
0,760( )
Im Folgenden werden Lösungen für Dehnungsver- 0,6
ka
teilungen mit Nulllinie innerhalb des Querschnitts an-
0,416( )
gegeben; vollständig überdrückte Querschnitte können 0,4 0,411( )
durch Subtraktion zweier resultierender Kräfte erfasst 0,333 0,400( )
werden (Abb. 6.13b). Für Querschnitte mit rechtecki- 0,2 PR-Diagramm
bilineare s-e-Linie
ger Druckzone, damit b.z/ D b D const. gelten die
Spannunsgblock
Gln. (6.25) und (6.26): 0 e c in ‰
8  nC1 0 -0,5 -1 -1,5 -2 -2,5 -3 -3,5
ˆ
ˆ "c2 1 1 "c2
"c
ˆ
ˆ 1  "c  ; Abbildung 6.14 Völligkeitsbeiwert ˛R und Höhenbeiwert
ˆ
ˆ nC1
< ka für Normalbeton der Festigkeitsklassen bis einschließlich
für 0  "c  "c2
˛R D (6.25) C50/60 in Abhängigkeit der Randdehnung "c (DIN 1045-1)
ˆ
ˆ "c2
ˆ
ˆ 1  "c .nC1/ ;
ˆ
:̂ für " > "  " c2 c c2u
8 " 6.1.6.4 Anwendung weiterer idealisierter
ˆ
ˆ Spannungsverteilungen
ˆ
ˆ 1 1 1
C
"2c2
ˆ
ˆ ˛R 2 "2c
ˆ
ˆ !#
ˆ
ˆ  nC1  nC2 Neben dem PR-Diagramm können die in Abschn. 3.1.2
ˆ
ˆ 1 ""c 1 1 ""c 1
ˆ
<  c2
 c2
; vorgestellten Spannungsverteilungen – die bilineare
nC1 nC2
ka D Spannungs-Dehnung-Linie und der Spannungsblock –
ˆ
ˆ zur Ermittlung der inneren Betondruckkraft genutzt
ˆ
ˆ für 0  "c  "c2
ˆ
ˆ   werden. Erstgenannte liefert weitgehend äquivalente
ˆ
ˆ "2c2 "2c2
ˆ
ˆ 1 1 1
 C ; Ergebnisse zum PR-Diagramm (Abb. 6.14) und kann
ˆ
ˆ ˛R 2 "2c .nC1/ "2c .nC2/
:̂ für "c2 > "c  "c2u ebenfalls für die Dehnungsbereiche 2 bis 5 verwen-
det werden.
(6.26) Der Spannungsblock nach Abb. 3.10 unterstellt
Da für Betone der Festigkeitsklassen C12/15 bis durch die Annahme konstanter Druckspannungen
C50/60 sowohl nach DIN 1045-1 als auch nach eine starke Plastifizierung der Druckzone. Die Span-
EN 1992-1-1 die Kenngrößen n D 2, "c2 D 2;0‰ nungsordinate fcd (nach EN 1992-1-1: fcd ) und
und "c2u D 3;5‰ konstant sind, können die Aus- die reduzierte, rechnerische Druckzonenhöhe kx
drücke für Völligkeitsbeiwert ˛R nach Gl. (6.25) und (EN 1992-1-1: x) sind per se abhängig von der
Höhenbeiwert ka nach Gl. (6.26) vereinfacht werden.
Für Dehnungen in ‰ folgt:
(
"c "2 Tabelle 6.1 Völligkeitsbeiwert ˛R und Höhenbeiwert ka für das
 12c ; für 0  "c  2‰
˛R D 2 Parabel-Rechteck-Diagramm bei ausgenutzter Betondruckzone
1 C 3"2c ; für  2‰ > "c  3;5‰ nach DIN 1045-1 (EN 1992-1-1 in Klammern)
(bis C50/60) ; (6.27) Festigkeitsklasse ˛R ka
(
24C4"c ; für 0  "c  2‰
8C"c
DIN (EN) DIN (EN)
ka D 3"2c C4"c C2
6"2c C4"c
; für  2‰ > "c  3;5‰ bis C50/60 0,810 (0,810) 0,416 (0,416)
(bis C50/60) ; (6.28) C55/67 0,782 (0,742) 0,406 (0,392)
In Abb. 6.14 sind ˛R und ka nach den Gln. (6.27) C60/75 0,737 (0,695) 0,391 (0,377)
und (6.28) in Abhängigkeit der Randdehnung "c ein- C70/85 0,700 (0,637) 0,380 (0,362)
getragen. Für den häufigen Fall, dass die Tragfähigkeit C80/95 0,670 (0,599) 0,372 (0,355)
der Betondruckzone vollständig ausgenutzt wird, d. h. C90/105 0,637 (0,583) 0,364 (0,353)
"c D "c2u gilt, sind die Völligkeits- und Höhenbeiwerte C100/115 0,608 – 0,359 –
in Tabelle 6.1 zusammengestellt.
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 203

a R f cd
sc2d
ec2d
a = ka x
x =x d MEd
Fcd (< 0)
S
h d =
z =V d
NEd MEds
zs1
As1 NEd
es1d ss1d Fs1d =
b d1
M Eds = M Ed - N Ed z s1

Querschnitt Dehnungen Spannungen Innere Kräfte Äußere Schnittgrößen

Abbildung 6.15 Einfach bewehrter Rechteckquerschnitt

Form der Druckzone, der Stauchung "c des stärker bzw. Schnittgrößen ermittelt werden können. Im Rah-
gedrückten Randes und der Lage der Dehnungsnull- men der Bemessung muss nachgewiesen werden, dass
linie innerhalb oder außerhalb des Querschnitts. Bei die mit der gewählten Bewehrungsmenge ermittelten
vollständig ausgenutzter, rechteckiger Druckzone und inneren Schnittgrößen mit den äußeren Schnittgrößen
Nulllinie im Querschnitt wäre der Spannungsblock für im Gleichgewicht stehen. Die zugehörige Dehnungs-
 D ˛R =.2ka / (bis C50/60: 0,974)und k D 2ka (bis verteilung ist a priori unbekannt. Die Bemessungsauf-
C50/60: 0,832) mit ˛R und ka nach Tabelle 6.1 zum gabe besteht dem zufolge darin, diejenige Dehnungs-
PR-Diagramm gleichwertig. Wenn die Querschnitts- verteilung in Verbindung mit den zugehörigen Beweh-
breite zum stärker gedrückten Rand hin abnimmt oder rungsquerschnitten zu wählen, die die Gleichgewichts-
wenn die Druckzone nicht vollständig ausgenutzt wird bedingungen NEd D NRd und MEd D MRd erfüllen.
(j"c j < j"c2u j), müssten  und k nach unten korrigiert Die Bemessung für überwiegende Biegung in Kom-
werden. Nach ausführlichen Vergleichsrechnungen bination mit Längskräften betrifft die Bereiche ,
2 3
bieten die Größen und 4 der zulässigen Dehnungsverteilungen, setzt al-
so voraus, dass die Dehnungsnulllinie innerhalb des
 D 0;95 k D 0;8 Querschnitts liegt. Zunächst wird die Bemessung ein-
in vielen Fällen eine befriedigende Näherung für das fach bewehrter Querschnitte mit rechteckiger Druck-
PR-Diagramm (vgl. Grasser 1994). Insbesondere ist zone vorgestellt.
die Anwendung des Spannungsblocks nicht an eine
ausgenutzte Druckzone gebunden: Für j"c j < j"c2u j
wird im GZT die Grenzdehnung der Bewehrung "su
6.2.1 Querschnitte ohne Druckbewehrung
erreicht (vgl. Abb. 6.7); die Druckzonenhöhe ist damit
sehr klein, ein Fehler bei der rechnerischen Völligkeit
der Druckspannungsverteilung wirkt sich nur wenig 6.2.1.1 Gleichgewichtsbedingungen
auf den Hebelarm der inneren Kräfte aus. Der Fehler P P
im Bemessungsergebnis ist daher i. Allg. gering (vgl. Die Gleichgewichtsbedingungen N und M zwi-
auch Abschn. 6.2.4). Sowohl in DIN 1045-1 als auch schen äußeren und inneren Schnittgrößen lauten für
in EN 1992-1-1 wird zusätzlich empfohlen, die Span- den einfach bewehrten Querschnitt nach Abb. 6.15:
nungsordinate auf 0;9fcd (0;9fcd ) abzumindern,
NEd D NRd
wenn die Querschnittsbreite zum stärker gestauch-
ten Rand hin abnimmt. Darüber hinaus wird nach D Fcd C Fs1d ; (6.29)
DIN 1045-1 die Anwendung des Spannungsblocks auf MEd D MRd
Dehnungsverteilungen mit Nulllinie im Querschnitt D Fcd  .d  zs1  a/ C Fs1d  zs1 : (6.30)
beschränkt.
Durch die Wahl der Zugbewehrungsachse als Wir-
kungslinie der äußeren Schnittgrößen kann Fs1d in
Gl. (6.30) eliminiert werden:
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung
MEds D MEd  NEd  zs1 (6.31a)
Im vorangegangenen Abschnitt wurde dargestellt, wie D Fcd  z (6.31b)
bei bekannter Dehnungsverteilung die inneren Kräfte D Fcd  .d  a/ : (6.31c)
204 6 Biegung und Längskraft

Werden Fcd und a nach den Gln. (6.23) und (6.24) mit 6.2.1.2 Lösung der Bemessungsaufgabe
den Hilfswerten ˛R und ka angeschrieben, folgt:
Da die Querschnittsabmessungen, die Lage der Be-
MEds D  ˛R  x  b  fcd  .d  ka  x / : (6.32)
„ ƒ‚ … „ƒ‚… wehrung und die Festigkeiten der Baustoffe i. Allg.
Fcd a vorgegebenPwerden, enthalten die Gleichgewichtsbe-
P
Die Gleichgewichtsbedingung lässt sich mit Hilfe der dingungen M und N bzw. die daraus abgeleite-
bezogenen Druckzonenhöhe  in eine dimensionslose ten Beziehungen (6.34) und (6.38) nur mehr folgende
Form bringen. Gleichzeitig wird über  der Dehnungs- Unbekannte:
zustand eingeführt:5 • Dehnungsverteilung
x "c2 Zur Beschreibung der Dehnungsebene sind zwei
D D ; (6.33)
d "c2  "s1 unabhängige Größen, z. B. "c2 und "s1 erforderlich.
MEds • Querschnitt der Zugbewehrung As1 .
Eds D
b  d 2  fcd Für die Ermittlung der drei unabhängigen Unbekann-
D ˛R    .1  ka  / : (6.34) ten stehen mit den Gleichgewichtsbedingungen ledig-
Da die Zugkraft Fs1d im auf die Achse der Bewehrung lich zwei Gleichungen zur Verfügung. Eine eindeu-
bezogenen Momentengleichgewicht nicht mehr ent- tige Lösung ist damit nur durch die Einführung ei-
halten ist, steht zur Ermittlung der erforderlichen Be- ner zusätzlichen Bedingung möglich. Definitionsge-
wehrungsmenge das Gleichgewicht der Normalkräfte mäß erreicht in den Dehnungsbereichen , 2 3 und  4

nach Gl. (6.29) zur Verfügung: im Grenzzustand der Tragfähigkeit entweder die Zug-
dehnung der Bewehrung oder die Randdehnung der
1 Betondruckzone den jeweils zulässigen Grenzwert "su
As1 D .Fcd C NEd / : (6.35)
s1 bzw. "c2u . Wird diese Randbedingung der Dehnungs-
Die in Gl. (6.35) enthaltene Betondruckkraft kann über verteilung in die Gleichgewichtsbedingungen einge-
Gl. (6.31b) auf das bezogene Moment zurückgeführt führt, reduziert sich die Anzahl der Unbekannten auf 2.
werden: In den Gln. (6.34) und (6.38) ist dann nur mehr je-
MEds  b  d 2  fcd weils eine Unbekannte enthalten. Durch die Verwen-
Eds
Fcd D D dung der Grenzzustandsbedingungen, d. h. die Vorgabe
z z
Eds
einer Randdehnung, wird insbesondere mit Gl. (6.34)
D  b  d  fcd die Dehnungsverteilung und damit das Bemessungser-
gebnis eindeutig festgelegt.
D !1  b  d  fcd (6.36)
Eine geschlossene Lösung ist wegen der abschnitts-
Eds
mit !1 D : (6.37) weisen Definition der Spannungs-Dehnungs-Linien
von Beton und Bewehrung dennoch nicht möglich;
Wird Fcd in Gl. (6.35) eingesetzt, folgt: im allgemeinen Fall werden Dehnungsebene und
1 Bewehrungsmenge iterativ ermittelt.6 Ausführliche
As1 D .!1  b  d  fcd C NEd / : (6.38) Hinweise zur programmgesteuerten Bemessung auf
s1
Grundlage einer numerisch-iterativen Ermittlung der
Mit ! wird der mechanische Bewehrungsgrad de- Dehnungsebene sind u. a. in Busjaeger u. Quast (1990)
finiert, der hier lediglich für NEd D 0 unmittelbar in enthalten. Eine einfache Umsetzung der Bemessung
den geometrischen Bewehrungsgrad s überführt wer- mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms ist
den kann. Aus Gl. (6.38) folgt für NEd D 0: analog Beispiel 5.1 möglich, die Ermittlung der
As1 s1 s1 Dehnungsebene z. B. über die Größen "c2 und x kann
!1 D  D s1  ; (6.39) entweder durch trial and error per Hand oder mit der
bd fcd fcd
As1 Intervallhalbierungsmethode erfolgen; komfortabler
mit s1 D : (6.40)
bd
6
Der mechanische Bewehrungsgrad kann vorteilhaft zur Eine geschlossene Lösung wird bei einfach bewehrten Quer-
schnitten nach EN 1992-1-1 möglich, wenn der horizontale Ast
Erstellung von tabellarischen Bemessungshilfsmitteln
der Spannungs-Dehnungs-Linie der Bewehrung nach Abb. 3.37
genutzt werden (vgl. Abschn. 6.2.3). genutzt wird. Da in diesem Fall die Dehnung des Betonstahls
nicht beschränkt ist, kann immer von einer ausgenutzten Druck-
zone ausgegangen werden; die Bestimmung des Dehnungszu-
5
Die Randstauchung der Betondruckzone wird im Folgenden standes kann dann entfallen. Die Lösung der Bemessungsglei-
wieder mit "c2 bezeichnet (vgl. Abb. 6.15). chung für diesen Fall wird in Abschn. 6.2.4 dargestellt.
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 205

e s1, e s 2 , e c1 in % C12/15 - C50/60


x, V

2,5 b d2 ec2
Fs2d
es2
As2 x=x.d Fcd
zs2
z=z.d
d h
zs1 MEds
As1
es1 =^
Fs1d NEd
d1
2,0

ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim )

e s1 [%] 1 M Eds
As1 = + N Ed
s sd z

1,5

mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim )

M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd
DM Eds = M Eds - M Eds,lim
1 M Eds,lim DM Eds
1,0 A s1 = + + N Ed
s sd z d - d2

z = z/d 1 DM Eds
As 2 =
s sd d - d2

0,617

0,5
0,45 x lim
x = x /d 0,35
e s 2 [%]
m Eds,lim 0,25

0,181 0,242 0,296 0,371

0,0
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds
m Eds =
b × d 2 × f cd
d2 /d = 0,15
0,10
0,05
e c 2 [%]

-0,5

Abbildung 6.16 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Querschnitte mit rechteckiger Druckzone (Betonfestigkeitsklassen C12/15
bis C50/60; anwendbar für DIN 1045-1 und EN 1992-1-1)

ist die Nutzung der in vielen Programmen enthaltenen eine systematische Variation des Dehnungszustandes
Iterationsfunktionen. in den für die Bereiche , 2  3 und 
4 vorgegebenen
Grenzen kann für den Eingangsparameter Eds die Lö-
sung der Bemessungsaufgabe in Diagrammform an-
6.2.1.3 Allgemeines Bemessungsdiagramm getragen werden (Abb. 6.16). Durch die Anpassung
der Dehnungskenngrößen "c2 und "c2u bei höherfes-
Bemessungsdiagramm Durch die dimensionslose Dar- tem Beton an das sprödere Materialverhalten, damit je-
stellung von Gl. (6.34) trifft die für ein bezogenes weils unterschiedlichen Funktionen für ˛R und ka , ist
Moment Eds ermittelte Dehnungsverteilung unabhän- für Festigkeitsklassen ab C55/67 jeweils ein separates
gig von den Abmessungen des Rechteckquerschnit- Bemessungsdiagramm zu verwenden. Zudem treten ab
tes, der Spannungs-Dehnungs-Linie der Bewehrung C55/67 durch die unterschiedliche Festlegung von "c2
oder der Betonfestigkeit zu. Letzteres gilt, sofern die und "c2u Abweichungen zwischen den Bemessungsdia-
Abhängigkeit der Größen ˛R und ka von der Rand- grammen nach DIN 1045-1 und DIN 1992-1-1 auf. Die
dehnung unverändert bleibt, ist also für Normalbeton Anwendung des allgemeinen Bemessungsdiagramms
der Festigkeitsklassen C12/15 bis C50/60 erfüllt. Glei- wird in Beispiel 5.2 erläutert.
chung (6.34) kann folglich dazu genutzt werden, die
Lösung der Bemessungsaufgabe in Diagrammform für Beispiel 6.1
den Eingangsparameter Eds darzustellen. Für den in Abb. 6.17 dargestellten Querschnitt sind Deh-
Mit der Vorgabe einer Dehnungsverteilung, damit nungsverteilung und erforderliche Bewehrungsmenge für
die einwirkenden Schnittgrößen MEd und NEd zu bestim-
definierter Größen ; ˛R und ka ist das bezogene Mo- men. Zunächst wird ohne Verwendung von Bemessungs-
ment Eds durch Gl. (6.34) eindeutig festgelegt. Durch hilfsmitteln die Bemessung auf iterativem Weg durchge-
206 6 Biegung und Längskraft

führt. Der Querschnitt soll für folgende Einwirkungen be- z D d  ka  x D 0;60  0;416  0;074
messen werden: D 0;569 m ;
z
MEd D 280 kNm ; ! D D 1  ka   D 0;949 :
d
NEd D 100 kN :
Die Betondruckkraft Fcd und das daraus resultierende in-
Der Angriffspunkt der Normalkraft liegt mit nere Moment MRds um die Betonstahllage betragen:
ed D MEd =NEd D 2;8 m deutlich außerhalb
Fcd D ˛R bxfcd D 0;810  0;40  0;074  14;2
des Kernquerschnitts (< h=6), dem entsprechend treten
am unteren Querschnittsrand Zugspannungen auf. Nach D 0;340 MN D
O  340 kN ;
den Bemessungsgrundsätzen ist der Querschnitt als geris- MRds D Fcd  z D .340/  0;569 D 194 kNm
sen anzusehen; die im unteren Bereich des Querschnitts
) MRds < MEds D 308 kNm :
angeordnete Bewehrung muss Zugkräfte aufnehmen.
Da das Bauteil der Expositionsklasse XC1 zugeordnet Die Größe der Betondruckkraft und damit die ange-
wird, folgt für die statische Nutzhöhe mit geschätzten nommene Druckzonenhöhe reichen nicht aus, um ein
Durchmessern der Längs- und Bügelbewehrung ds bzw. Gleichgewicht zwischen inneren und äußeren Schnitt-
dsw : größen herzustellen. Eine Vergrößerung der Druckzo-
ne wird durch eine Reduktion der Betonstahldehnungen
cnom D cmin C c D 10 C 10 D 20 mm ; erreicht. Der zum Gleichgewicht zugehörige, d. h. im
ds Grenzzustand der Tragfähigkeit vorliegende Dehnungs-
d D h  cnom  dsw  zustand ist also durch das Erreichen der Grenzdehnung
2
0;02 des Betons gekennzeichnet; ein Versagen der Druckzone
 0;64  0;02  0;01  D 0;60 m : bestimmt damit die Biegetragfähigkeit des Querschnittes
2
(vgl. Abb. 6.18).
Die Bemessungswerte der Baustoffeigenschaften ergeben 2. Iterationsschritt
sich zu: Im zweiten Iterationsschritt wird überprüft, ob der Beton-
fyk stahl im Grenzzustand der Tragfähigkeit die Streckgrenze
500
fyd D D D 434;8 N/mm2 ; erreicht. Als Dehnungsebene wird die Grenzgerade zwi-
s 1;15 schen den Bereichen  3 und  4 angenommen:
ftk;cal 525
ftd;cal D D D 456;5 N/mm2 ; "c2 D "c2u D 3:5‰ ;
s 1;15
fyd 435 "s1 D "syd D 2;175‰ :
"yd D D D 2;175  103 ;
Es 200 000 Durch die Dehnungsebene sind alle Größen eindeutig
fck 25 festgelegt:
fcd D ˛ D 0;85  D 14;2 N/mm2 :
c 1;5
3;5
x D  0;60 D 0;617  0;6
Zunächst müssen die äußeren Schnittgrößen auf die Ach- 3;5  2;175
se der Betonstahlbewehrung umgerechnet werden: D 0;370 m !  D 0;617 ;
˛R D 0;810 I ka D 0;416 ;
MEds D MEd  NEd  zs1 D 280  .100/  0;28
z D 0;446 m !  D 0;743 ;
D 308 kNm :
Fcd D ˛R bxfcd D 0;810  0;40  0;370  14;2
1. Iterationsschritt D 1;702 MN D
O  1702 kN ;
Im ersten Iterationsschritt wird überprüft, ob Stahlversa- MRds D Fcd  z D .1702/  0;446 D 759 kNm
gen (Dehnungsbereich ) 2 oder Betonversagen (Bereiche ) MRds > MEds :
3 und )4 maßgebend wird; als Dehnungsebene wird die
Grenzgerade der Bereiche  2 und 3 angenommen: Für den Fall, dass die Bewehrung im Grenzzustand der
Tragfähigkeit gerade die Streckgrenze erreicht, ergibt
"c2 D "c2u D 3:5‰ ;
"s1 D "su D 25‰ :
Betonstahl
Die Kenngrößen der Druckzone x, ˛R und ka sowie BSt500
d = 0,60 m
h = 0,64 m

MEd
der Hebelarm z zwischen Betonstahlzugkraft und Druck- fyk = 500 N/mm2
S
spannungsresultierender Fcd ergeben sich damit zu (vgl. ftk,cal = 525 N/mm2
Abb. 6.14): NEd
As1 Beton
Festigkeitsklasse C25/30
"c2 3;5 fck = 25 N/mm2
xD d D  0;60
"c2  "s1 3;5  25 d 1 » 4 cm Innenbauteil
b = 0,4 m Expositionsklasse XC1
D 0;1228  0;6 D 0;074 m !  D 0;1228 ;
˛R D 0;810 I ka D 0;416 (Druckzone ausgenutzt) ; Abbildung 6.17 Beispiel 6.1 – Querschnitt
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 207

Iterationsschritt
ec2u = -3,5 ‰ (1) (2) (3)
ec2
Fcd Fcd
2
Fcd
(1) (3) (2) z = 0,569
Abbildung 6.18 Beispiel 0,549
6.1 – Dehnungsebenen und 3 0,446
zugehörige Spannungsvertei- 4 Fs1d Fs1d Fs1d
es1
lungen der Druckzone in den
esu = 25 ‰ 13,8 ‰ esy = 2,175 ‰ MRds < MEds MRds > MEds MRds = MEds
einzelnen Iterationsschritten

sich eine zu große Druckkraft, d. h. eine zu große Druck- Beispiel 6.2


zonenhöhe. Die für das Gleichgewicht MEds D MRds er- Die Bemessung des Querschnitts aus Beispiel 6.1 kann
forderliche Dehnungsebene liegt folglich im Bereich  3 unter Vermeidung des iterativen Vorgehens mit Hilfe des
mit "syd < "s1 < "su . allgemeinen Bemessungsdiagramms erfolgen. Als Ein-
gangswert dient das auf die Achse der Bewehrung um-
3. Iterationsschritt
gerechnete bezogene Bemessungsmoment Eds :
Die Dehnungsebene der nächsten Iterationsschritte – fest-
gelegt durch "c2u und die gesuchte Stahldehnung "s1 – MEds 0;308
kann z. B. durch Intervallhalbierung im Bereich 
3 ermit- Eds D D D 0;15 :
b  d 2  fcd 0;4  0;62  14;2
telt werden. Hier wird gewählt:
Aus dem Diagramm (vgl. Abb. 6.16) können die folgen-
"c2 D "c2u D 3:5‰ ; den Kennwerte abgelesen werden:
"s1 D 13;8‰ : "s1 D 13;8‰ I "c2 D 3;5‰ I
 D 0;92 I  D 0;20 :
Daraus folgen:
Mit bekannter Dehnungsebene kann die erforderliche Be-
x D 0;122m !  D 0;203 ; wehrungsmenge unmittelbar angegeben werden:
˛R D 0;810 I ka D 0;416 ;
z D 0;92  d D 0;92  0;6 D 0;552 m ;
z D 0;549 m !  D 0;915 ;
s1d D 446 N/mm ;
Fcd D 562 kN ;  
1 MEds
MRds D .562/  0;549 D 308 kNm erf As1 D  C NEd
s1d z
) MRds D MEds :  
1 0;308
D   0;1
Die sich im Grenzzustand der Tragfähigkeit einstellende 446 0;552
Dehnungsverteilung ist damit bestimmt. Die zugehörige
P D 10;3  104 m2 D 10;3 cm2 :
Bewehrungsmenge lässt sich im Nachlauf aus N D 0
ermitteln. Aus Das Bemessungsergebnis bei Anwendung des allgemei-
nen Bemessungsdiagramms weicht – bedingt durch Ab-
NEd D Fs1d C Fcd leseungenauigkeiten – nur wenig von der exakten, itera-
tiven Lösung ab.
folgt: Beispiel 6.3
Anhand des einfach bewehrten Querschnitts aus den
Fs1d 1 Beispielen 6.1 und 6.2 sollen die Auswirkungen unter-
erf As1 D D  .Fcd C NEd / :
s1d s1d schiedlicher Größen des Momentes MEd auf das Bemes-
sungsergebnis im Grenzzustand der Tragfähigkeit darge-
Mit den Kennwerten der Spannungs-Dehnungs-Linie der stellt werden. Der Querschnitt wird durch reine Biegung
Betonstahlbewehrung folgt wegen "s1d > "yd : (NEd D 0) beansprucht. In Abb. 6.19 sind für die mit zu-
nehmender Ordnungszahl ansteigenden Bemessungsmo-
"s1d  "yd   mente MEd die Bemessungsergebnisse in Form der zuge-
s1d D fyd C  ftd;cal  fyd
"su  "yd hörigen Dehnungsebene, der Spannungsverteilungen in
13;8  2;175 der Druckzone, der Kenngrößen x, z und s1d sowie der
D 434;8 C  .456;5  434;8/ erforderlichen Bewehrungsmenge wiedergegeben.
25  2;175
D 446 N/mm2 :

Die erforderliche Bewehrungsmenge ist damit: 6.2.1.4 Einsatzgrenzen


einfach bewehrter Querschnitte
1
erf As1 D  .0;562  0;1/ D 10;4  104 m2
446 Beispiel 6.3 illustriert das im Grundsatz bereits im all-
D
O 10;4 cm2 : gemeinen Bemessungsdiagramm wiedergegebene Ver-
208 6 Biegung und Längskraft

halten von biegebeanspruchten Stahlbetonquerschnit- dehnungen ein Biegeversagen des Bauteils nicht mehr
ten. Solange die Grenzstauchung des Betons "c2u noch im gewünschten Umfang durch deutliche Verformun-
nicht erreicht wird, kann die Bewehrung bis zur Grenz- gen und breite Risse angekündigt. In diesem Fall muss
dehnung "su ausgenützt werden. Ein Anstieg der Bean- die Druckzonenhöhe entweder durch eine Veränderung
spruchbarkeit ist durch eine Erhöhung der Betonrand- der Querschnittsabmessungen bzw. der Betonfestig-
stauchung möglich (Dehnungsbereich ). 2 Erst wenn keitsklasse oder durch zusätzliche Bewehrung in der
die Betonrandstauchung nicht weiter ansteigen kann, Druckzone begrenzt werden.
d. h. bei "c2 D "c2u , kann ein erforderlicher Anstieg
der Betondruckkraft nur mehr durch eine Vergröße-
rung der Druckzone erfolgen. Bei linear angenomme-
ner Dehnungsverteilung über den Querschnitt muss da- 6.2.2 Querschnitte mit Druckbewehrung
zu die Dehnung der Zugbewehrung reduziert werden.
Gleichzeitig verringert sich damit der innere Hebel- In der Druckzone angeordnete Bewehrung weist bei
arm z. gleicher Dehnung mit den unmittelbar umgebenden
Wird der Bemessungswert der Streckgrenzdehnung Betonfasern die Es =Ec D ˛s -fachen Spannungen auf;
"yd nicht mehr erreicht, steigt die erforderliche Beweh- die Betondruckzone kann durch Druckbewehrung ent-
rungsmenge überproportional an. Das Bemessungser- lastet und damit die erforderliche Druckzonenhöhe
gebnis wird wegen der tiefliegenden Nulllinie unwirt- reduziert werden (Abb. 6.20). Eine Begrenzung der
schaftlich; gleichzeitig wird durch die geringen Stahl- Druckzonenhöhe kann zum einen notwendig werden,

C 25/30 1 2 3 4 5
-3,5 ‰ -3,5 ‰ -3,5 ‰ -3,5 ‰ -3,5 ‰
0,60

As1
23,3 ‰
9,0 ‰ 4,2 ‰ 1,5 ‰ 0,5 ‰
0,40
fcd fcd fcd fcd fcd
Fcd

z z z z
z

ss = 455 Fsd ss = 441 ss = 437 ss = 307 ss = 100

erf. As1 in cm2 x,z in m ss in N/mm2

204,7
240 ss 500
455 441 437
0,6 0,57
200 400
0,53
z 0,52
0,49
160
0,4 300
0,38
120
200
0,27
80
62,5 0,2
100
0,17 100
40 28,9 x
17,5
7,9 0,08
0 0
0 204 408 612 816 918 MEd 0 204 408 612 816 918 MEd
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

Abbildung 6.19 Beispiel 6.3 – Auswirkungen ansteigender Momente MEd auf das Bemessungsergebnis bei einfach bewehrten
Rechteckquerschnitten
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 209

d2 ec2 = ec2u
Normenregelung nach DIN 1045-1
und EN 1992-1-1
As2
zs2 xlim In DIN 1045-1, 8.2 werden ergänzende Grenzwer-
d te der bezogenen Druckzonenhöhe angegeben. Bei
h
S linear-elastischer Schnittgrößenermittlung gelten für
zs1 vorwiegend biegebeanspruchte, statisch unbestimmt
As1
es1 = esyd gelagerte Bauteile wie Durchlaufträger bei Voraussetzung
annähernd gleicher Feldweiten (0;5 < leff;1 = leff;2 < 2;0),
d1
b
xlim = x.d = ec2u / (ec2u - esyd).d Rahmenriegel, o. ä. folgende Grenzwerte (Tabelle 6.2 !
„stat. unbest. Systeme“):
Abbildung 6.20 Querschnitt mit Druckbewehrung – Grenzwert lim D 0;45 für Beton bis zur Festigkeitsklasse C50/60
der Druckzonenhöhe lim D 0;35 für Beton ab der Festigkeitsklasse C55/67.
Auf die Einhaltung der Grenzwerte kann allerdings ver-
um ein wirtschaftliches Bemessungsergebnis zu er- zichtet werden, wenn konstruktive Maßnahmen zur Sicher-
zielen, deren Voraussetzung eine Betonstahldehnung stellung ausreichender Duktilität getroffen werden – z. B.
"s  "yd ist (vgl. Beispiel 6.3). Da die Querschnitts- die Anordnung von Bügelbewehrung nach DIN 1045-1,
verkrümmung und damit die Bauteilverformung durch 13.1.1 (5) zur Umschnürung der Druckzone. In EN 1992-
die Druckzonenhöhe gesteuert wird, ist durch eine Be- 1-1, 5.6.3 werden identische Grenzwerte lim nur bei ei-
grenzung von  D x=d gleichzeitig ein duktiles Ver- nem vereinfachten Nachweis der plastischen Rotation in
halten im GZT zu erzwingen (vgl. Abschn. 6.1.5). statisch unbestimmten Bauteilen gefordert.

6.2.2.1 Grenzwerte der Druckzonenhöhe 6.2.2.2 Gleichgewichtsbedingungen und Lösung


der Bemessungsaufgabe
Die Gebote einer wirtschaftlichen Bemessung und ei-
nes Mindestmaßes an Duktilität im GZT führen zur Das Gleichgewicht zwischen inneren und äußeren
Forderung, dass die Bewehrung im Grenzzustand der Schnittgrößen lautet bei Wahl der Zugbewehrungsach-
Tragfähigkeit die Streckgrenze erreichen muss. se als Wirkungslinie (Abb. 6.21, Fs2d und Fcd < 0!):
x    NEd D NRd D Fs1d C Fs2d C Fcd ; (6.43)
"c2d
lim D D
d lim "c2d  "s1d lim MEds D MRds D Fs2d .d  d2 /
"c2u CFcd .d  ka x/ : (6.44)
D (6.41)
"c2u  "yd
Da Gln. (6.43) und (6.44) im Unterschied zu den
Für Betonstahl BSt 500 in Kombination mit normalfes- Gleichgewichtsbedingungen des einfach bewehrten
tem Beton der Festigkeitsklassen C12/15 bis C50/60 Querschnitts (Gln. 6.34 und 6.38) neben "s1 , "c2
("c2u D 3;5‰) gilt: und As1 die zusätzliche Unbekannte As2 enthalten,P
"c2u 3;5 wird neben
P den Gleichgewichtsbedingungen M
lim D D D 0;617 ; bzw. N und der Grenzzustandsbedingung eine
"c2u  "yd 3;5  2;175
vierte Randbedingung erforderlich: die Vorgabe zur
mit Beschränkung der Druckzonenhöhe mit lim .
fyk =Es
"yd D D 2;175  103 D
O 2;175‰ : Für die Querschnittsbemessung bedeutet dies: Erst
s wenn Eds den Grenzwert Eds;lim überschreitet, wird
Das zugehörige bezogene Moment Eds;lim kann über Druckbewehrung erforderlich. Die Druckbewehrung
Gl. (6.34) bestimmt werden: muss so dimensioniert sein, dass sie die Betondruck-
kraft, die über die Eds;lim zugehörige Druckkraft
Eds;lim D ˛R lim .1  ka lim / (6.42a) hinausgeht, aufnehmen kann. Die Bemessung erfolgt
D 0;81  0;617  .1  0;416  0;617/ daher zunächst für Eds;lim bzw. MEds;lim (Gl. 6.45)
D 0;372 : (6.42b) nach den Regeln für einfach bewehrte Querschnitte.
Die Differenz zum Bemessungsmoment, MEds nach
Für höherfeste Betone ergeben sich aufgrund der re- Gl. (6.46), wird als Kräftepaar durch zusätzliche Zug-
duzierten Grenzstauchung "c2u verringerte Grenzwerte und Druckbewehrung aufgenommen (Abb. 6.22).
lim bzw. in Verbindung mit veränderten Beiwerten ˛R
und ka kleinere bezogene Grenzmomente Eds;lim (Ta- MEds;lim D Eds;lim  b  d 2  fcd ; (6.45)
belle 6.2 ! „Streckgrenze“). MEd D MEd  MEds;lim (6.46)
210 6 Biegung und Längskraft

Tabelle 6.2 Grenzwerte der bezogenen Bemessungsmomente Eds;lim bei Beschränkung der Druckzonenhöhe nach DIN 1045-1
(Klammerwerte nach EN 1992-1-1)

Festigkeitsklasse „Streckgrenze“ stat. unbest. Systeme


lim Eds;lim lim Eds;lim

bis C50/60 0,617 (0,617) 0,371 (0,371) 0,45 0,296(0,296)


C55/67 0,588 (0,588) 0,350 (0,336) 0,35 0,235 (0,224)
C60/75 0,554 (0,572) 0,320 (0,312) 0,35 0,223 (0,211)
C70/85 0,535 (0,554) 0,298 (0,282) 0,35 0,212 (0,195)
C80/95 0,525 (0,545) 0,283 (0,263) 0,35 0,204 (0,184)
C90/105 0,514 (0,545) 0,266 (0,257) 0,35 0,195 (0,179)
C100/115 0,503 ( – ) 0,251 ( – ) 0,35 0,186 ( – )

d2 sc2d
ec2
Fs2d (< 0)
es2
As2 x = x ×d ss2d Fcd (< 0) MEd
zs2

h d z =V d =
S NEd
zs1
As1
es1 ss1d Fs1d
d1
b

a Querschnitt b Dehnungen c Spannungen d Innere Kräfte e Äußere Schnittgrößen

Abbildung 6.21a–e Querschnitt mit Druckbewehrung – Dehnungen, Spannungen und innere Kräfte

Da die Lage der zusätzlichen Zug- und Druckbeweh- im Fall von Wechselmomenten – können so genannte
rung und damit der Hebelarm zwischen den zugehö- Mörsch-Pucher-Diagramme verwendet werden (s. Ab-
rigen Kräften bekannt ist, können die zu ergänzen- schn. 6.2.3).
den Bewehrungsmengen As1 und As2 unmittelbar be-
stimmt werden:
MEds 1 6.2.2.3 Anmerkungen zum Ansatz der
As1 D  ; (6.47) Bruttoquerschnittsfläche bei
d  d2 s1d Druckbewehrung
MEds 1
As2 D  : (6.48)
d  d2 js2d j Die entwickelten Gleichgewichtsbedingungen wie
Im allgemeinen Bemessungsdiagramm (Abb. 6.16) auch die daraus abgeleiteten Bemessungshilfsmittel
sind die Grenzwerte lim sowie die zugeordneten für Querschnitte mit Druckbewehrung bauen auf dem
Größen Eds;lim eingetragen. Zur Bestimmung von Ansatz der Bruttoquerschnittsfläche der Betondruck-
s2d werden für verschiedene Verhältniswerte d2 =d zone b  x auf. Die von der Bewehrung eingenommene
die Dehnungen der Druckbewehrung angegeben. Fläche wird damit vollständig der Betondruckzone
Die gewählte Vorgehensweise – das Festhalten des zugerechnet, der Betontraganteil also überschätzt. Die
Dehnungszustandes über lim – lässt für einen gege- Abweichung gegenüber dem tatsächlichen Traganteil
benen Beanspruchungszustand Eds > Eds;lim eine wachsen an mit:
freie Wahl des Verhältnisses von As1 zu As2 nicht • ansteigender Druckfestigkeit,
mehr zu. Damit ist jedoch kein gravierender Nach- • ansteigendem Bewehrungsgrad s2 D As2 =.b  d /
teil verbunden, da mit dem gewählten Dehnungszu- und
stand unter allen möglichen Bewehrungsverhältnis- • abnehmender Druckzonenhöhe.
sen As1 =As2 im Hinblick auf den Bewehrungsaufwand
(As1 C As2 ) am wirtschaftlichsten bemessen wird. Für Bei vollständig überdrückten Querschnitten (vgl.
die beliebige Wahl der Bewehrungsquerschnitte – z. B. Abschn. 6.3) wird mit dem Ansatz der Bruttoquer-
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 211

ec2
Fcd

h d
z = As2
S
MEds,lim
zs1
As1 NEd
es1
d1 Fs1d
b

d2
Fs2d = DFs1d
es2
NEd
As2

d d - d2 As1 + DAs1
S = MEds = M Eds ,lim DM Eds
DMEds
DAs1
es1
DFs1d
d1
b

Abbildung 6.22 Querschnitt mit Druckbewehrung – Aufteilung des Bemessungsmomentes

schnittsfläche der Betontraganteil um maximal 5,4% Gl. (6.48) auf s2d  cd;s2 erfolgen.
(C100/115, tot D 9%) überschätzt. Bei vorwiegend MEds 1
biegebeanspruchten Querschnitten beträgt der Fehler As2 D  (6.49)
d  d2 js2d  cd;s2 j
abhängig von der Druckzonenhöhe lim weniger als
10%. In Abb. 6.23 ist die Abweichung der Quer- In Gl. (6.49) bedeutet:
schnittstragfähigkeit bei Ansatz der Bruttobetonfläche
cd;s2 Bemessungswert der Betondruckspannung in
(! Rds ) von der Tragfähigkeit auf Grundlage der
Höhe der Druckbewehrung (aus dem Deh-
Nettobetonfläche (! Q Rds ) dargestellt. Bei einer
nungszustand zu ermitteln).
Genauigkeitsschranke der Schnittgrößenermittlung
von  10% könnte der Fehler vernachlässigt werden. Weitere Ausführungen zum Ansatz der Nettoquer-
Eine Berücksichtigung der Nettobetonfläche kann bei schnittsfläche sind Zilch u. a. (2003) zu entnehmen.
Verwendung der in Abschn. 6.2.3 vorgestellten, auf
Beispiel 6.4
Grundlage der Bruttoquerschnittsfläche abgeleiteten Der aus den Beispielen 6.1 bis 6.3 bekannte Querschnitt
Bemessungshilfsmittel durch eine Reduktion der Be- soll nun mit Hilfe des allgemeinen Bemessungsdia-
tonstahlspannungen der Druckbewehrung gegenüber gramms für folgende Bemessungswerte der einwirkenden
Schnittgrößen bei Begrenzung der Druckzonenhöhe
durch lim D 0;45 ausgelegt werden (Abb. 6.24):
x lim = 0,35
m Rds - m~Rds MEd D 762 kNm ;
in % x lim = 0,45
m~Rds NEd D 200 kN :
8
C100/115 Das auf die Zugbewehrungsachse bezogene Bemessungs-
moment ist:
6

C55/67 d 2 » 4 cm

As2
d = 0,60 m

h = 0,64 m

MEd
C20/25 S
2
NEd

r s 2 in % As1
0
0 1 2 3 4

Abbildung 6.23 Überschätzung der rechnerischen Biegetrag- b = 0,4 m d 1 » 4 cm


fähigkeit bei der Bemessung mit der Bruttoquerschnittsfläche
(Grundlage: DIN 1045-1) Abbildung 6.24 Beispiel 6.4 – Querschnitt
212 6 Biegung und Längskraft

MEds D MEd  NEd  zs1 D 818 kNm ; aufwändige iterative Ermittlung des Dehnungszu-
MEds standes bzw. der Bewehrungsquerschnitte vermieden.
Eds D D 0;4 > Eds;lim D 0;296 :
bd 2 fcd Im Folgenden werden Hilfsmittel lediglich exem-
plarisch wiedergegeben; eine Zusammenstellung
Um die Druckzonenhöhe auf x D 0;45  d zu begren-
zen, ist folglich Druckbewehrung erforderlich. Die einem umfangreicher Bemessungshilfsmittel ist im Anhang
einfach bewehrten Querschnitt bzw. den ergänzenden Be- enthalten.
wehrungsmengen zugeordneten Momente betragen:

MEds;lim D Eds;lim  b  d 2  fcd


6.2.3.1 Allgemeines Bemessungsdiagramm
D 0;605 MNm D
O 605 kNm ;
MEds D MEds  MEds;lim D 213 kNm : Der wesentliche Vorteil des bereits in Abschn. 6.2.1
Die Bemessung des einfach bewehrten Querschnitts er-
vorgestellten allgemeinen Bemessungsdiagramms
folgt wie gewohnt mit Hilfe des allgemeinen Bemes- (Abb. 6.16) gegenüber anderen Bemessungshilfsmit-
sungsdiagramms. Folgende Werte können für Eds;lim D teln ist im Umstand zu sehen, dass für eine gegebene
0;296 abgelesen werden: Schnittgrößenkombination MEd , NEd (! Eds )
nicht unmittelbar die erforderlichen Bewehrungs-
 D 0;82 ! z D 0;486 m ;
mengen, sondern lediglich der sich einstellende
"s1d D 4;28‰ ! s1d D 437 N/mm2 :
Dehnungszustand sowie die Kenngrößen  und zur
Die Dehnung "s2d der Druckbewehrung muss wegen Beschreibung der Betondruckzone abgelesen werden.
d2 =d D 0;067 linear zwischen den Werten für d2 =d D Das Diagramm ist somit nur von den zulässigen
0;05 und d2 =d D 0;10 interpoliert werden (auch eine Dehnungsverteilungen im Querschnitt nach Abb. 6.7
Berechnung aus den Größen "c2 und "s1 führt zum Ziel): und den funktionalen Zusammenhängen zwischen
"s2d D 2;98‰ ! js2d j D 435 N/mm2 : der Betonrandstauchung "c2 und ˛R bzw. ka abhän-
gig. Die Transformation von Stahldehnungen auf
Für die Druckbewehrung kann der ansteigende Ast der Spannungen, damit die Einbeziehung von Spannungs-
Spannungs-Dehnungs-Linie nicht genutzt werden (vgl. Dehnungs-Linien der Bewehrung bzw. zugehörigen
Abschn. 3.4). Die zur Aufnahme von MEds;lim erforder-
liche Bewehrungsmenge beträgt:
Teilsicherheitsbeiwerten, erfolgt erst im Nachgang.
Damit ist das Diagramm für beliebige Stahlsorten, also
 
1 MEds;lim auch für die Bemessung von Spannbetonquerschnitten
As1;lim D C NEd
s1d z anwendbar. Die Anwendung bei Querschnitten, die
D 23;8  104 m2 D
O 23;9 cm2 : Druckbewehrung erfordern, ist generell möglich und
wurde bereits erläutert.
Zur Aufnahme von MEds ist zusätzlich erforderlich:

MEds 1
As1 D  D 8;66  104 m2 DO 8;7 cm2 ;
d  d2 s1d 6.2.3.2 Dimensionslose Bemessungstabellen
MEds 1 (!-Tafeln)
As2 D  D 8;70  104 m2 D
O 8;7 cm2 :
d  d2 js2d j
!-Tafeln für Querschnitte ohne Druckbewehrung
Die gesamte Zugbewehrungsmenge beträgt:

erf As1 D As1;lim C As1 D 23;9 C 8;7 Die !-Tafeln für einfach bewehrte Querschnitte stel-
D 32;6 cm :2 len im Grundsatz eine Umsetzung des allgemeinen
Bemessungsdiagramms in tabellarische Form dar. Ne-
ben den im Diagramm enthaltenen Kenngrößen , ,
"c2 und "s1 wird der mechanische Bewehrungsgrad !1
6.2.3 Bemessungshilfsmittel (Gl. 6.37) angegeben (Tabelle 6.3);
P der erforderliche
Bewehrungsquerschnitt folgt aus N (vgl. Gl. 6.38):
Die Lösung der Bemessungsaufgabe für vorwiegend Eds
biegebeanspruchte Querschnitte mit rechteckiger !1 D ;
Druckzone bei im Querschnitt liegender Nulllinie 1
(Dehnungsbereiche ,2 3 und )
4 kann weitgehend As1 D  .!1  b  d  fcd C NEd / :
s1d
verallgemeinert in Diagramm- oder Tabellenform
aufbereitet werden. Für die häufig wiederkehrende Generell gelten für Tabelle 6.3 die für das allgemeine
Biegebemessung von Querschnitten wird damit eine Bemessungsdiagramm genannten Anwendungsbe-
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 213

dingungen. Lediglich die in der Tabelle enthaltenen Betonstahlgüte und einen bestimmten Teilsicher-
Bemessungswerte der Stahlspannungen s1d be- heitsbeiwert. Für die im Anhang zusammengestellten
ziehen sich explizit auf Betonstahl BSt 500 mit Tafeln wurde BSt 500 und s D 1;15 vorausgesetzt.
fyd D 500 N=mm2 und s D 1;15. Wie das Be- Die Abhängigkeit von der Betonfestigkeitsklasse
messungsdiagramm sind die für einfach bewehrte für Klassen oberhalb C50/60 bleibt – wie bei allen
Querschnitte angegebenen Tabellen ebenfalls für die anderen Darstellungsformen – weiterhin erhalten. Die
Bemessung druckbewehrter Querschnitte einzusetzen. Bewehrungsmengen errechnen sich zu
Für das, der gewählten bezogenen Druckzonenhöhe
lim zugeordnete, bezogene Grenzmoment Eds;lim 1
kann die Tafel abgelesen werden. Die Bewehrung As1 D  .!1  b  d  fcd C NEd / ;
s1d
zur Aufnahme des Zusatzmoments MEds ( Eds) 1
ist dann mit dem Hebelarm zwischen Zug- und As2 D  !2  b  d  fcd :
js2d j
Druckbewehrungslage zu berechnen und zu addieren.
Die Dehnung "s2 kann bei der vorausgesetzten ebenen
Dehnungsverteilung aus den für Eds;lim tabellierten 6.2.3.3 Weitere Bemessungshilfsmittel
Werten "s1 und "c2 ermittelt werden.
Eds D Eds;lim C Eds
Neben dem allgemeinen Bemessungsdiagramm und
!-Tafeln mit dimensionslosen Beiwerten existieren
Für den Zugbewehrungsquerschnitt As1 gilt: weitere alternative Bemessungshilfsmittel, die z. T.
1 Randbereiche der Bemessung erfassen können.
As1 D  Œ.!1;lim C !1 /  b  d  fcd
s1d
CNEd ; (6.50)
Eds;lim Dimensionsgebundene Bemessungstabellen
mit !1;lim D ; (kd -Tafeln)
 Eds
!1 D : (6.51) In Anlehnung an die zur Bemessung nach DIN
1  d2 =d
1045:1988-07 häufig verwendeten kh -Tafeln können
Die in der Druckzone anzuordnende Bewehrungsmen- sog. kd -Tafeln für die Anwendung mit DIN 1045-1
ge As2 beträgt: entwickelt werden. Da die Tafeln allerdings nicht
1 dimensionsrein, damit in der Anwendung gegenüber
!2 D !1 ; As2 D  !2 bdfcd : (6.52) den dimensionslosen Beiwerten fehleranfälliger sind,
js2d j
wird auf eine Wiedergabe verzichtet. Zudem finden
dimensionslose Beiwerte gegenüber dimensionsbe-
!-Tafeln für Querschnitte mit Druckbewehrung hafteten Größen international wesentlich breitere
Akzeptanz (vgl. CEB/FIP 1982). kd -Tafeln nach
Zur Vereinfachung der Bemessung für Fälle, in denen DIN 1045-1 für Betonfestigkeitsklassen bis C50/60
Druckbewehrung erforderlich wird, kann die Bestim- sind in König u. Tue (2003) oder Goris (2002)
mung der Druckbewehrungsmenge in die !-Tafeln in- enthalten.
tegriert werden; entsprechende Tafeln sind im An-
hang wiedergegeben. Auf eine vorherige Aufteilung
des bezogenen Bemessungsmomentes Eds kann damit Diagramme für Rechteckquerschnitte mit beliebigem
verzichtet werden. Durch die Wiedergabe von !1 D Bewehrungsverhältnis As1 =As2
!1;lim C !1 und !2 sind die Tafeln allerdings von fol-
genden Parametern abhängig: Wenn die Druckzonenhöhe nicht als zusätzliche Be-
dingung zur Bestimmung der vier unbekannten Grö-
• bezogene Druckzonenhöhe lim ;
ßen eingeführt wird, ist eine eindeutige Lösung nicht
• Verhältniswert d2 =d ;
mehr anzugeben; die Bemessungsaufgabe wird viel-
• Streckgrenzdehnung der Bewehrung;
deutig.
P Bei Verwendung
P der Gleichgewichtsbedingun-
• Teilsicherheitsbeiwert s .
gen Ms1 bzw. Ms2 , die jeweils auf die Achse der
Da die Aufteilung der Biegedruckkraft auf Be- Zug- bzw. Druckbewehrung Bezug nehmen, können
ton und Bewehrung an den Bemessungswert der durch systematische Variation des Dehnungszustandes
Streckgrenzdehnung geknüpft ist, gelten die Tafeln in den zulässigen Grenzen sowie bei Variation des Be-
für Querschnitte mit Druckbewehrung nur für eine wehrungsgrades Diagramme entwickelt werden, die
214 6 Biegung und Längskraft

Tabelle 6.3 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für Querschnitte mit rechteckiger Druckzone ( C12/15 bis C50/60;
anwendbar nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1)
12 15 – 50 60
M Eds
μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ fcd + N Ed )
σ sd
μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
0,01 0,0101 0,030 0,990 -0,77 25,00 456,5
0,02 0,0203 0,044 0,985 -1,15 25,00 456,5
0,03 0,0306 0,055 0,980 -1,46 25,00 456,5
0,04 0,0410 0,066 0,976 -1,76 25,00 456,5
0,05 0,0515 0,076 0,971 -2,06 25,00 456,5
0,06 0,0621 0,086 0,967 -2,37 25,00 456,5
0,07 0,0728 0,097 0,962 -2,68 25,00 456,5
0,08 0,0836 0,107 0,957 -3,01 25,00 456,5
0,09 0,0946 0,118 0,951 -3,35 25,00 456,5
0,10 0,1058 0,131 0,946 -3,50 23,29 454,9
0,11 0,1170 0,145 0,940 -3,50 20,71 452,4
0,12 0,1285 0,159 0,934 -3,50 18,55 450,4
0,13 0,1401 0,173 0,928 -3,50 16,73 448,6
0,14 0,1519 0,188 0,922 -3,50 15,16 447,1
0,15 0,1638 0,202 0,916 -3,50 13,80 445,9
0,16 0,1759 0,217 0,910 -3,50 12,61 444,7
0,17 0,1882 0,233 0,903 -3,50 11,56 443,7
0,18 0,2007 0,248 0,897 -3,50 10,62 442,8
0,19 0,2134 0,264 0,890 -3,50 9,78 442,0
0,20 0,2263 0,280 0,884 -3,50 9,02 441,3
0,21 0,2395 0,296 0,877 -3,50 8,33 440,6
0,22 0,2529 0,312 0,870 -3,50 7,71 440,1
0,23 0,2665 0,329 0,863 -3,50 7,13 439,5
0,24 0,2804 0,346 0,856 -3,50 6,61 439,0
0,25 0,2946 0,364 0,849 -3,50 6,12 438,5
0,26 0,3091 0,382 0,841 -3,50 5,67 438,1
0,27 0,3239 0,400 0,834 -3,50 5,25 437,7
0,28 0,3391 0,419 0,826 -3,50 4,86 437,3
0,29 0,3546 0,438 0,818 -3,50 4,49 437,0
0,30 0,3706 0,458 0,810 -3,50 4,15 436,7
0,31 0,3869 0,478 0,801 -3,50 3,82 436,4
0,32 0,4038 0,499 0,793 -3,50 3,52 436,1
0,33 0,4211 0,520 0,784 -3,50 3,23 435,8
0,34 0,4391 0,542 0,774 -3,50 2,95 435,5
0,35 0,4576 0,565 0,765 -3,50 2,69 435,3
0,36 0,4768 0,589 0,755 -3,50 2,44 435,0
0,37 0,4968 0,614 0,745 -3,50 2,20 434,8
0,38 0,5177 0,640 0,734 -3,50 1,97 394,5
0,39 0,5396 0,667 0,723 -3,50 1,75 350,1
0,40 0,5627 0,695 0,711 -3,50 1,54 307,1

beliebige Bewehrungskombinationen As1 und As2 ent- symmetrischen Bewehrung sinnvoll. Bemessungsdia-
halten. Die Darstellungsform geht auf Mörsch und Pu- gramme für symmetrisch bewehrte Querschnitte, sog.
cher zurück (vgl. Grasser u. a. 1979; Leonhardt 1983); Interaktionsdiagramme, werden in Abschn. 6.3 vorge-
eine Anwendung kann in Fällen, in denen der Druck- stellt.
bewehrungsquerschnitt begrenzt werden soll, sinnvoll
sein. Diagramme für die Anwendung nach DIN 1045-1
sind in Grünberg u. Klaus (2001) enthalten.
6.2.4 Vereinfachte
Interaktionsdiagramme für symmetrisch bewehrte Bemessung – Näherungsbeziehungen
Querschnitte
Für überwiegend biegebeanspruchte, einfach bewehr-
Für Querschnitte, die überwiegend durch Längskräfte te Querschnitte mit rechteckiger Druckzone kann die
oder durch Wechselmomente wesentlicher Größe be- erforderliche Bewehrungsmenge über eine Näherung
ansprucht werden, ist in der Regel die Anordnung einer des Hebelarms der inneren Kräfte z abgeschätzt wer-
6.2 Bemessung für überwiegende Biegung 215

den. Grundlage der Näherungen ist das auf die Beweh- Eine weitere Vereinfachung wird durch die Annah-
rungslage bezogene Moment MEds bzw. die bezogene me genäherter Werte für ˛R und ka erreicht. Für Nor-
Größe Eds . malbeton bis zur Festigkeitsklasse C50/60 gilt sowohl
  für DIN 1045-1 als auch für EN 1992-1-1:
1 MEds
As1 D  C NEd
s1d z ˛R D 0;810  0;8 ;
ka D 0;416  0;4 :

6.2.4.1 Bemessung für die ausgenutzte Druckzone Die bezogene Druckzonenhöhe folgt aus Gl. (6.53) zu:
 p 
In einem weiten Bereich von Eds erreicht die Rand-  D 1;25 1  1  2 Eds : (6.56)
stauchung des Betons den Grenzwert "c2u ; die Beton- Der Hebelarm der inneren Kräfte ist damit
druckzone ist ausgenutzt (vgl. Abb. 6.16). Für die-  p 
se Fälle sind der Völligkeitsbeiwert ˛R und der Hö- D 1  0;4   D 0;5 1 C 1  2 Eds : (6.57)
henbeiwert ka unabhängig von der Dehnungsvertei-
lung konstant. Wird die quadratische Gleichung (6.34) Der bezogene Hebelarm nach Gl. (6.57) ist in
nach der bezogenen Druckzonenhöhe aufgelöst, exis- Abb. 6.25 der exakten Lösung auf Basis des PR-
tiert nur eine sinnvolle Lösung: Diagramms gegenübergestellt.
0 s 1
1 4  k 6.2.4.2 Linearisierung des Zusammenhangs -Eds
 @1  1   Eds A :
a
D (6.53)
2  ka ˛R
Im Bereich 0  Eds  0;3 weicht der Verlauf von
. Eds / nur wenig von einer Geraden ab; eine Linea-
Der Hebelarm der inneren Kräfte ist damit durch
risierung des Zusammenhanges zwischen einwirken-
Gl. (6.54) gegeben. Zur Ermittlung der Bewehrungs-
dem Moment MEds und Hebelarm z bzw. Eds und
menge kann für Eds < Eds;lim nach Tabelle 6.2 von
liegt daher nahe. Für Beton der Festigkeitsklassen bis
"s1  "yd ausgegangen werden. Wird die Verfesti-
C50/60 ist die Beziehung
gung des Betonstahls vernachlässigt, gilt s1d D fyd ;
die erforderliche Bewehrungsmenge folgt damit aus D 1  0;6  Eds (6.58)
Gl. (6.55). Die Beiwerte ˛R und ka sind für alle Be-
tonfestigkeitsklassen in Tabelle 6.1 zusammengestellt. bis Eds D 0;25 eine gute Näherung (Abb. 6.25).
Wird zusätzlich der Anstieg der Betonstahlspannungen
z D d  .1  ka  / (6.54) im plastisch-verfestigenden Bereich der Spannungs-
 
1 MEds Dehnungs-Linie berücksichtigt, folgt für BSt 500 (vgl.
) As1 D  C NEd (6.55) Quast 2002)
fyd d  .1  ka  /
Obwohl  nach Gl. (6.53) streng genommen nur für D 1  0;5  Eds ; für 0  Eds < 0;1 ;
s1d
ausgenutzte Betondruckzonen (bei Normalbeton bis  D 1;08  0;9  Eds ;
C50/60: Eds > 0;094) gilt, liefert sie auch für ge- fyd
ringere bezogene Momente, d. h. für den Dehnungs- für 0;1  Eds  0;37 : (6.59)
bereich, der dem Stahlversagen zugeordnet ist, eine Die erforderliche Bewehrung kann damit für reine
gute Näherung. Eine zu hoch angenommene Völlig- Biegung (NEd D 0) ermittelt werden:
keit der Druckspannungsverteilung führt zu kleineren
Druckzonen und damit zu einem geringfügig größe- MEds
As1 D   : (6.60)
rem Hebelarm z. Da die Druckzone bei geringen Wer-  s1d
 d  fyd
fyd
ten von Eds generell klein ist, erzeugt der Fehler al-
lerdings nur kleine Abweichungen des Hebelarms von
der exakten Lösung (vgl. Erläuterungen zum Ansatz 6.2.4.3 Annahme konstanter Hebelarme
des Spannungsblocks in Abschn. 6.1.6). Wird die Be-
messung nach EN 1992-1-1 für den horizontalen Ast Zur überschlägigen Berechnung im Rahmen eines Ent-
der Spannungs-Dehnungs-Linie der Bewehrung nach wurfes bzw. zur groben Kontrolle elektronischer Be-
Abb. 3.10b durchgeführt, entfällt die Begrenzung der rechnungen ist die Annahme konstanter Hebelarme
Stahldehnungen. Damit kann auch bei kleinem Eds ausreichend. Zur näherungsweisen Abgrenzung des
die Druckzone ausgenutzt werden; eine Bemessung möglichen Wertebereichs von Eds wird in Platten mit
über Gl. (6.53) liefert daher stets eine exakte Lösung. i. d. R. geringer Biegebeanspruchung ( Eds < 0;2) und
216 6 Biegung und Längskraft

z des Dehnungsdiagramms, also vorwiegende Biegung


z=
d
1
mit Längskraft, mit den auf diesen Beanspruchungs-
bereich zugeschnittenen Bemessungshilfsmitteln be-
0,9 z = 0,90
handelt. Ein wesentlicher Bereich des Anwendungs-
spektrums von Stahlbetonbauteilen, z. B. druckbean-
z = 0,85
spruchte Stützen oder Zugstäbe – also Bauteile, die
0,8
exakt in erster Linie durch Längskräfte beansprucht sind –
z = 1 - 0,6 Eds werden durch die vorgestellten Verfahren nicht erfasst.
0,7
z = 0,5 . (1 + 1 - 2 ) Die den Bereichen  1 (mittige Zugkraft und Zugkraft
Eds

Eds
mit geringer Ausmitte) und 5 (vollständig überdrück-
0,6
ter Querschnitt) zugeordnete vorwiegende Längskraft-
0 0,1 0,2 0,3 0,4
beanspruchung ist nur in Randbereichen einer unmit-
Abbildung 6.25 Querschnitte mit rechteckiger Druckzone oh- telbaren Bemessung ohne Hilfsmittel zugänglich: bei
ne Druckbewehrung – Näherungsbeziehungen für den Hebel- Zugkraftbeanspruchung mit geringer bzw. ohne Aus-
arm der inneren Kräfte im Vergleich mit der exakten Lösung
nach dem Parabel-Rechteck-Diagramm (Betonfestigkeitsklassen
mitte und zentrischer Druckbeanspruchung. Für die
C12/15–C50/60) übrigen Fälle möglicher Dehnungsverteilungen über
den Querschnitt müssen Bemessungshilfsmittel ver-
Balken unterschieden (Abb. 6.25). Wird für den bezo- wendet werden.
genen Hebelarm für:
Platten: D 0;90 ;
6.3.1 Mittige Zugkraft und Zugkraft
Balken: D 0;85 :
mit geringer Ausmitte
angenommen und gleichzeitig s1d D fyd gesetzt, lau-
ten die Ausdrücke zur Berechnung der Zugbewehrung: Die Aufteilung der Zugkraft auf die Bewehrungsla-
 
1 MEds gen kannP nach dem Hebelgesetz, d. h. durch die Be-
Platten: As1 D  C NEd ; M um den Schwerpunkt von As1 bzw.
fyd 0;9  d dingung
  As2 erfolgen. Die Bemessungsaufgabe ist allerdings
1 MEds
Balken: As1 D  C NEd : nur dann eindeutig zu lösen, wenn durch eine vorge-
fyd 0;85  d
gebene, im Grunde beliebig zu wählende Dehnungs-
verteilung den Zugkräften Betonstahlspannungen zu-
6.2.4.4 Näherungen für Querschnitte geordnet werden können. Vor dem Hintergrund eines
mit Druckbewehrung wirtschaftlichen Bemessungsergebnisses wird zweck-
mäßig s1d D s2d D ftd;cal gewählt. Die Beweh-
Sofern Eds den jeweils zu lim zugehörigen Grenzwert rungsquerschnitte As1 und As2 lassen sich dann mit
Eds;lim überschreitet, ist davon auszugehen, dass die Gl. (6.61) ermitteln (Abb. 6.26).
durch lim begrenzte Druckzone vollständig ausgenutzt NEd zs2 C e
ist. Für Beton der Festigkeitsklassen bis C50/60 kann As1 D  ; (6.61a)
ftd;cal zs1 C zs2
daher ˛R D 0;810 und ka D 0;416 angenommen wer-
den. Da durch lim gleichzeitig der Dehnungszustand NEd zs1  e
As2 D  (6.61b)
bekannt ist, kann die Bemessungsaufgabe durch die ftd;cal zs1 C zs2
Aufspaltung MEds D MEds;lim C MEds elementar ge- Wird eine symmetrische Bewehrungsanordnung ange-
löst werden. MEds;lim folgt hierfür aus Fcd  d  .1  ka  strebt, ergibt sich As1 D As2 aus dem Größtwert der
lim / mit Fcd D 0;81  b  d  lim  fcd . Analoges gilt für Gln. (6.61a) und (6.61b). Bei zentrischer Zugkraft und
die übrigen Betonfestigkeitsklassen. symmetrischer Bewehrung gilt:
NEd
As;tot D ; As;tot D As1 C As2 : (6.62)
ftd;cal
6.3 Bemessung
Da die Form des gerissenen Betonquerschnitts für die
für überwiegende Längskraft Querschnittsbemessung generell nicht von Bedeutung
ist, gelten die angegebenen Gleichungen naturgemäß
In den vorangegangenen Abschnitten wurde die Be- für beliebige Querschnittsformen, sofern der Quer-
messung für die Dehnungsbereiche ,2 
3 und  4 schnitt mindestens zwei Bewehrungsstränge aufweist,
6.3 Bemessung für überwiegende Längskraft 217

d2 ss2 = ftd,cal Fs 2 = NEd .


zs1 e
zs1 zs 2
As2
zs2
S d +
h
Ss e e
NEd
zs1
As1
zs 2 e
d1 Fs1 = NEd .
b es1 = es2 = esu ss1 = ftd,cal zs1 zs 2

Abbildung 6.26 Bemessung von Querschnitten bei Zugkraft mit geringer Ausmitte

zwischen denen die Zugkraft angreift. Werden mehr gen der zu erwartenden Kriechumlagerungen (vgl.
als zwei Bewehrungsstränge vorgesehen, ist die Be- Abschn. 10.2) die zulässige Betonstauchung auf
messungsaufgabe selbst bei Vorgabe der Dehnungs- 2;2‰ erhöht und damit die Quetschgrenze fyd der
ebene nicht mehr eindeutig lösbar. Grundsätzlich sollte Betonstahlbewehrung (BSt 500) ausgenutzt werden.
aber gewährleistet werden, dass die resultierende Be- Gleichung (6.63) ist nicht auf Rechteckquerschnitte
wehrungszugkraft auf der Wirkungslinie der angrei- beschränkt, sondern gilt auch für beliebige Quer-
fenden Kraft liegt und NRd  NEd gilt. schnitte, sofern die Druckkraft im Schwerpunkt eines
Ergänzend sei angemerkt, dass bei Zugbeanspru- Ersatzquerschnittes angreift, für den der Bewehrungs-
chung mit geringer oder ohne Ausmitte die für die Si- querschnitt fyd =fcd -fach angerechnet wird.
cherstellung der Gebrauchstauglichkeit – insbesondere EN 1992-1-1 enthält hierzu nichts vergleichbares.
der Beschränkung auftretender Rissbreiten – erforder- Umgekehrt wird die Möglichkeit, eine Bemessung für
liche Bewehrungsmenge in vielen Fällen den statisch zentrische Druckkraft durchzuführen, nach EN 1992-
erforderlichen Bewehrungsquerschnitt übersteigt. 1-1 durch den Ansatz einer Mindestexzentrizität ein-
geschränkt.

Normenregelung nach DIN 1045-1


6.3.2 Drucknormalkraft
Nach DIN 1045-1, 10.2 (5) darf für Normalbeton bei
geringen Ausmitten ed = h  0;1 die günstige Wirkung
Die Tragfähigkeit von Bauteilen, die durch signifikante des Betonkriechens durch den Ansatz von "c2 D 2;2‰
Längsdruckkräfte beansprucht werden – i. Allg. Stüt- berücksichtigt werden.
zen – kann durch Verformungen des Tragwerks, d. h.
durch Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung we-
sentlich beeinflusst werden. Für die nachfolgend ange- Normenregelung nach EN 1992-1-1
gebenen Bemessungsregeln werden damit verknüpfte, Nach EN 1992-1-1, 6.1 (4) ist für durch Normalkraft bean-
die Tragfähigkeit z. T. deutlich vermindernde Aspekte spruchte Querschnitte eine Mindestexzentrizität anzuset-
ausgeklammert. zen:
(
h=30
e0 D max : (6.64)
20 mm
6.3.2.1 Zentrischer Druck
In Gl. (6.64) ist h die Querschnittshöhe.
Der Bauteilwiderstand eines zentrisch druckbean-
spruchten, symmetrisch bewehrten Querschnittes kann D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
durch die Addition der Traganteile der Komponenten Zu EN 1992-1-1 wird die Regelung nach DIN 1045-1 zur
ermittelt werden. Die Querschnittstragfähigkeit folgt Berücksichtigung der günstigen Wirkung des Kriechens
zu ergänzt.

NRd D Ac  fcd C As;tot  sd ; (6.63)


wobei der Bemessungswert der Stahlspannung sd 6.3.2.2 Tragfähigkeit umschnürter Druckglieder
nach DIN 1045-1 mit fyd anzusetzen ist und nach
EN 1992-1-1 für "s D "c2 aus der Stahlkennlinie Wenn die Längsbewehrung druckbeanspruchter,
ermittelt werden muss. Im Unterschied zu den Vorga- kreisförmiger Querschnitte durch eine Wendelbe-
ben des Diagramms zulässiger Dehnungen (Abb. 6.7) wehrung umschlossen wird, kann die Tragfähigkeit
darf nach DIN 1045-1 bei geringen Ausmitten we- des „umschnürten“ Kernbetons über die einachsiale
218 6 Biegung und Längskraft

NEd
mente mit wechselndem Vorzeichen, d. h. Wechselmo-
menten ähnlicher Größenordnung beansprucht wird.
As

dsw 6.3.3.1 Interaktionsdiagramm


dk h
sw Für einen Querschnitt, dessen Bewehrungsmenge ein-
schließlich deren Anordnung vorgegeben ist, können
d1
alle möglichen Kombinationen (NRd ; MRd ) ermittelt
werden, indem die zulässigen Dehnungsebenen nach
Abplatzen der Betondeckung!
NEd Abb. 6.7 ausgehend vom zentrischen Zug (Bereich
)
1 bis zur zentrischen Druckbeanspruchung (Bereich
Abbildung 6.27 Umschnürter Querschnitt )
5 unter der Voraussetzung, dass eine der maßge-
benden Dehnungen die zulässige Grenzdehnung er-
reicht (Grenzzustandsbedingung, d. h. "s1 D "su oder
Festigkeit hinaus erhöht werden (Abb. 6.27). Die "c;Rand D "c2u bzw. "c;C D "c2 ), durchlaufen und die
Behinderung der aus Längsstauchung hervorgerufenen jeweils resultierenden inneren Schnittgrößen berechnet
Querdehnung erzeugt einen mehrachsialen Druck- werden. In Abb. 6.28 ist die Grenzkurve eines sym-
spannungszustand, der günstig auf die ertragbaren metrisch bewehrten Rechteckquerschnitts dargestellt.
Druckspannungen wirkt (vgl. Abschn. 3.7.2). Bei Die Achse M D 0 ist Symmetrieachse der Grenz-
exzentrischem Lastangriff wird der räumliche Span- kurve. Liegt das Wertepaar (NEd ; MEd ) der einwirken-
nungszustand gestört, die Exzentrizität sollte daher den Schnittgrößen auf der Grenzkurve, ist der Grenz-
e  h=8 (Begrenzung auf die Kernweite ! keine zustand der Tragfähigkeit erreicht:
( ) ( )
Zugspannungen im Querschnitt) sein. NEd NRd
Die Aktivierung des mehrachsialen Spannungszu- Ed D Rd ) D :
standes ist mit großen Längsstauchungen verbunden MEd MRd
und kann zum Abplatzen der äußeren Betonschale füh- Für alle Wertepaare (NEd ; MEd ), die innerhalb der
ren Rüsch u. Stöckl (1969); Müller (1978). Bei ei- Grenzkurve liegen, ist die Tragfähigkeit des Quer-
nem Tragfähigkeitsnachweis darf die Betondeckung schnitts noch nicht ausgeschöpft. Da aus derartigen
daher nicht angerechnet werden; gleichzeitig muss Diagrammen die Wechselwirkungen von Biegung und
ausgeschlossen sein, dass die Betonschale bereits bei Normalkraft auf die Querschnittstragfähigkeit abgele-
Gebrauchslasten geschädigt wird. Die zur Sicherstel- sen werden können, wird diese Darstellungsform als
lung der Dauerhaftigkeit erforderlichen Betondeckun- Interaktionsdiagramm bezeichnet. Für symmetrisch
gen der Wendelbewehrung haben allerdings zur Fol- bewehrte Stahlbetonquerschnitte ist charakteristisch,
ge, dass – im Unterschied zu Bemessungsergebnissen dass Normalkräfte bis zu einer Grenze, die bei
nach früheren Normengenerationen – die Tragfähig- Normalbeton der Festigkeitsklassen bis C50/60 bei
keitssteigerung durch Umschnürung weniger deutlich Nbal  0;45  Ac  fcd liegt und bei höherfesten Be-
ausgeprägt ist. DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 enthal- tonen mit ansteigender Druckfestigkeit kleiner wird,
ten dem entsprechend keine expliziten Regeln für um- günstig auf die Querschnittstragfähigkeit wirken. Dem
schnürte Druckglieder mehr. Allerdings finden sich in Maximum der Momententragfähigkeit ist die als ba-
EN 1992-1-1 Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton lance force bezeichnete Normalkraft Nbal zugeordnet.
bei radialsymmetrischem Querdruck (vgl. Gl. 3.159); Bei Rechteckquerschnitten wird Nbal dann erreicht,
zur Anwendung (vgl. Walraven 1999). wenn eine der beiden Bewehrungslagen gerade noch
die Streckgrenze erreicht (vgl. Abb. 6.31). Größere
Normalkräfte wirken ungünstig auf die Tragfähigkeit.
6.3.3 Beliebige M -N -Kombinationen –
Interaktionsdiagramm 6.3.3.2 Auswirkungen einer Normalkraft
auf die Biegetragfähigkeit
Für Querschnitte, die überwiegend durch Längskräfte
beansprucht werden, ist i. Allg. eine symmetrische An- Nach Abb. 6.29 können für ein gegebenes Moment
ordnung der Bewehrung mit As1 D As2 sinnvoll. Glei- MEd sowohl große als auch kleine Drucknormalkräf-
ches gilt auch, wenn der Querschnitt durch Biegemo- te zum Versagen führen. Im Allgemeinen sind NEd und
6.3 Bemessung für überwiegende Längskraft 219

NEd
schnitt (Bereich 
5 der Dehnungsverteilungen) lauten
P P
Dehnungsbereiche die Gleichgewichtsbedingungen N und M nach
5 Abb. 6.30:
Grenzkurve
NEd D NRd
4
nicht tragfähig D Fs1d C Fs2d C Fcd ; (6.65)
tragfähig
MEd D MRd
Nbal    
h h
3
MEd D Fs1d  d1  Fs2d  d2
2 2
 
h
Fcd  ka h : (6.66)
2 2
Für Einwirkungen und Bewehrungsquerschnitte wer-
1 den dimensionslose Größen eingeführt:
d 2 = d1 e c2 NEd MEd
- Ed D ; Ed D ;
As2 = As1 MEd b  h  fcd b  h2  fcd
h d
As1 fyd As2 fyd
!1 D  ; !2 D  ;
As1
+
NEd
b  h fcd b  h fcd
e s1
!tot D !1 C !2 :
b d1
Im Unterschied zu den für das allgemeine Bemes-
Abbildung 6.28 Interaktionsdiagramms eines symmetrisch be- sungsdiagramm oder !-Tafeln verwendeten dimensi-
wehrten Querschnitts
onslosen Größen wird hier zum einen Bezug auf h
anstelle der statischen Nutzhöhe d genommen, zum
NEd 1 M und N steigen proportional an anderen sind die mechanischen Bewehrungsgrade !1
2 M steigt an, N = const. bzw. !2 nicht mehr auf sd sondern auf den Bemes-
3 M = const., N steigt an sungswert der Streck- bzw. Quetschgrenze fyd bezo-
3
4 M = const., N fällt ab gen. Die Gleichgewichtsbedingungen können damit in
5 "kürzester Weg" zum Versagen dimensionslose Form gebracht werden:
1
2
js1 j js2 j
Ed D !1 C !2 C ˛R ; (6.67)
4
5
MEd fyd fyd
   
js1 j 1 d1 js2 j 1 d2
Ed D !1   !2 
fyd 2 h fyd 2 h
Abbildung 6.29 Auswirkungen von Normalkräften auf die Bie-  
1
getragfähigkeit eines symmetrisch bewehrten Querschnittes ! ˛R  ka : (6.68)
Kombinationen von M und N 2
Nach den Bedingungen (6.67) und (6.68) sind die
im Grenzzustand der Tragfähigkeit aufnehmbaren,
MEd aus Anteilen aus verschiedenen Einwirkungen zu- bezogenen äußeren Schnittgrößen Ed und Ed nur
sammengesetzt; die maßgebende Einwirkungskombi- mehr abhängig von der Dehnungsverteilung (! s1 ,
nation (MEd ; NEd ) wird allerdings selten sofort ersicht- s2 , ˛R , ka ), den mechanischen Bewehrungsgraden
lich sein. In Konsequenz müssen verschiedene Kombi- (!1 D !2 D !tot =2) und den bezogenen Abstän-
nationen von MEd und NEd – z. B. (MEd;max ; NEd;min ), den der Bewehrungslagen vom Querschnittsrand
(MEd;max ; NEd;max ), (MEd;min ; NEd;max ), etc. überprüft (d1 = h D d2 = h). Für die übrigen Dehnungsbereiche
werden. 1 bis  4 können auf analogem Weg dimensionslose
Gleichgewichtsbedingungen angegeben werden.
Bemessungshilfsmittel entstehen, wenn Grenzkurven
6.3.3.3 Interaktionsdiagramme für verschiedene vorgegebene Bewehrungsgehalte !tot
als Bemessungshilfsmittel im Ed - Ed -Koordinatensystem aufgetragen werden
(Abb. 6.31). Wegen der dimensionslosen Darstellung
Für einen durch Längsdruckkraft mit geringer Aus- sind Interaktionsdiagramme für Rechteckquerschnitte
mitte beanspruchten, vollständig überdrückten Quer- mit beliebigen Abmessungen b= h, allerdings nur bei
220 6 Biegung und Längskraft

d2 ec2 sc2
es2 ss2 Fs2d
ka.h MEd
As2 zs2
Fcd NEd
h d =
S
zs1
As1
es1 ss1 Fs1d
ec1 sc1
d1
b

Abbildung 6.30 Innere Kräfte bei vollständig überdrückten Querschnitten

nEd d 2 = d1
e c2
-
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2
As2 = As1 MEd
-2,8 d
h
NEd
-2,6 As1
+ e s1
-2,4
b d1
-2,2 2,
0

-2,0 ec2/ec1=-3,0/0,0
1,
-1,8 5
ec2/es1=-3,5/0,0
-1,6 1,
0
-1,4
0,

-1,2
5

ec2/es1=-3,5/1,0
-1,0
w
to
-0,8 t =
0,
0
-0,6
ec2/es1=-3,5/2,17
-0,4
ec2/es1=-3,5/5,0
-0,2
ec2/es1=-3,5/10,0
0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 mEd
0,2 ec2/es1=-3,5/15,0

0,4
ec2/es1=-3,5/20,0
0,6

0,8 ec2/es1=-3,5/25,0

1,0 ec2/es1=-3,0/25,0

1,2
C12/15 - C50/60 d1/h = 0,10
1,4
ec2/es1=-2,0/25,0
1,6 b h
As ,tot = As1 As 2 = wtot
fyd / fcd
1,8
ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=0,0/25,0 b h 2 fcd b h fcd
2,2

Abbildung 6.31
Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten Rechteckquerschnitt (C12/15 bis C50/60; d1 = h D 0;1; BSt 500; s D 1;15)
(DIN 1045-1 und EN 1992-1-1)

vorgegebenen bezogenen Randabständen d1 = h der Dehnungs-Linien der Bewehrung im Diagramm


Bewehrungsstränge anwendbar. Da aber anstelle des verarbeitet sind, gelten Interaktionsdiagramme immer
Dehnungszustandes unmittelbar Bewehrungsgrade nur für bestimmte Betonstahlsorten und zugehörige
abgelesen werden können, d. h. die Spannungs- Teilsicherheitsbeiwerte. Gleichzeitig sind die Dia-
6.4 Querschnitte mit nicht rechteckiger Druckzone 221

gramme unabhängig von der Betonfestigkeitsklasse, ist deutlich größer; die Bemessung mit Hilfe des Inter-
solange die Beziehungen für ˛R und ka unverändert aktionsdiagramms ist in diesem Fall nicht wirtschaftlich.
bleiben.
Für die Sonderfälle der Bemessung – zentrischer
Zug bzw. Druck – kann der mechanische Bewehrungs-
grad !tot unmittelbar an der Ordinatenachse abgelesen 6.4 Querschnitte
werden. Für zentrischen Zug folgt nach Gl. (6.62) bei mit nicht rechteckiger Druckzone
Ansatz des Verhältniswertes ftd;cal =fyd D 1;05 für Be-
tonstahl BSt 500: Die bisher vorgestellten Bemessungsverfahren für Bie-
Ed
!tot D : gung mit Längskraft setzen eine rechteckige Druckzo-
1;05 ne, d. h. eine konstante Druckzonenbreite voraus, um
Für zentrische Druckkraft folgt aus Gl. (6.63) wegen geschlossene Lösungen zur Bestimmung von Lage und
der Beschränkung auf fyd : Größe der Betondruckkraft angeben zu können. Al-
!tot D jEd j  1 : lerdings stellen Rechteckquerschnitte lediglich einen
Ausschnitt aus dem breiten Spektrum möglicher Quer-
Beispiel 6.5 schnittsgeometrien dar. Im Stahlbeton- und Spannbe-
Da das Interaktionsdiagramm den gesamten zulässigen
tonbau werden häufig Plattenbalken (Deckensysteme,
Dehnungsbereich umfasst, könnten naturgemäß alle
Bemessungsaufgaben damit gelöst werden, allerdings etc.) oder Kreis- bzw. Kreisringquerschnitte (Stützen,
führt die Voraussetzung symmetrischer Bewehrung, Bohrpfähle, etc.) verwendet, die nicht mehr a prio-
sofern nicht vorwiegend Längskräfte oder wesentliche ri durch eine rechteckige Form der Druckzone ideali-
Wechselmomente vorliegen, zu teils unwirtschaftli- siert werden können. Für diese regelmäßig berandeten
chen Ergebnissen. Zur Illustration soll für Beispiel
Querschnittsformen können erweiterte Bemessungs-
6.4 (vorwiegend Biegung mit Längsdruckkraft) mit
Hilfe des Interaktionsdiagramms die erforderliche verfahren und Hilfsmittel angegeben werden, während
Bewehrungsmenge ermittelt werden. Querschnitte mit beliebiger Form der Druckzone durch
Näherungen erfasst werden müssen.
NEd D 200 kN ; MEd D 762 kNm ;
NEd 0;2
Ed D D D 0;055 ;
b  h  fcd 0;4  0;64  14;2
MEd 0;762 6.4.1 Allgemeines
Ed D D D 0;328 :
b  h2  fcd 0;4  0;642  14;2

Da für den bezogenen Randabstand d1 = h D Allen Querschnittstypen ist gemein, dass die Form der
0;04=0;64 D 0;063 kein Diagramm existiert, wird Zugzone, d. h. des gerissenen Bereichs, rechnerisch
das Interaktionsdiagramm für d1 = h D 0;1 verwendet. ohne Einfluss auf das Bemessungsergebnis bleibt.
Damit wird der Randabstand über- bzw. der innere
Hebelarm der Bewehrungslagen unterschätzt; tatsächlich
Daher können Querschnitte, deren Druckzone nicht
wäre etwas weniger Bewehrung erforderlich, als berech- gravierend von der Rechteckform abweichen, auf
net. Eine lineare Interpolation zwischen Diagrammen einen Rechteckquerschnitt zurückgeführt werden
für d1 = h D 0;05 und d1 = h D 0;1 wäre hier etwas (Abb. 6.32). Zur Bemessung als Rechteck-Querschnitt
wirtschaftlicher. Aus dem Diagramm (Abb. 6.31) kann wird die Höhe x der Druckzone vorab geschätzt und
für Ed und Ed ein Bewehrungsgehalt !tot  0;75
abgelesen werden.
dazu eine mittlere Ersatzbreite bm bestimmt, die z. B.
nach dem Kriterium gleicher Flächen ermittelt wird.
fcd Die Bemessung mit den gewohnten Hilfsmitteln liefert
As;tot D !tot  b  h 
fyd eine neue Druckzonenhöhe x, für die der Schätzwert
14;2 ggf. verbessert und die Bemessung wiederholt wird.
D 0;75  0;4  0;64 
435 Die Vorgabe gleicher druckbeanspruchter Flächen ist
D 62;7  104 m2 D
O 62;7 cm2 allerdings bei Querschnitten, deren Breite zum stärker
62;7 gedrückten Rand hin abnimmt, nicht ausreichend.
) As1 D As2 D D 31;3 cm2
2 Hier kann analog zu den Regeln für die Verwendung
Gegenüber der Bemessung nach Beispiel 6.4 errech- des Spannungsblocks (vgl. Abschn. 3.1.2) eine mit 
net sich etwas weniger Zugbewehrung (31,3 cm2 gegen- verminderte Druckfestigkeit verwendet werden.
über 32,6 cm2 ), bei allerdings deutlich größerer Druck- Bei Plattenbalken mit Druckplatten veränderlicher
bewehrung (29,7 cm2 gegenüber 8,9 cm2 ). Die Redukti-
on der Zugbewehrung wird durch eine Verringerung der Dicke ist die Rückführung auf einen Plattenbalken mit
Druckzonenhöhe infolge des großen Druckbewehrungs- konstanter Flanschdicke hf möglich (Abb. 6.32). Da
querschnittes erreicht. Die gesamte Bewehrungsmenge gleichzeitig die Form des gerissenen Querschnitts ohne
222 6 Biegung und Längskraft

bm bm tragrichtung beansprucht; in der Platte entstehen daher


x
auch Spannungen aus Querbiegung. Weitere Bean-
spruchungen können aus Querkraft- und Torsionsein-
wirkungen entstehen. Da die Platte nur im stegnahen
Bereich in vollem Umfang mitwirkt, sich mit zuneh-
As As
mendem Abstand zum Steg aber der aufgezwungenen
Verformung entzieht, wird die mitwirkende Platten-
beff
breite beff eingeführt, die die Annahme der Hypothe-
se von Bernoulli erlaubt und damit auch den Ansatz
einer über die mitwirkende Gurtplattenbreite konstan-
hfm
ten Druckspannungsverteilung rechtfertigt (vgl. Ab-
schn. 2.3.2). Die folgenden Ableitungen beziehen sich
As daher generell auf beff . Zunächst werden symmetrische
Plattenbalken betrachtet.
Abbildung 6.32 Mögliche Querschnitte des Massivbaus –
Rückführung auf rechteckige Druckzonen

6.4.2.1 Klassifizierung der Bemessungsfälle

Einfluss ist, lassen sich die im Brückenbau häufig ver- Da die Form des wirksamen Querschnittes durch die
wendeten Hohlkastenquerschnitte zumindest für den Lage der Dehnungsnulllinie bestimmt wird, können
Nachweis der Biegetragfähigkeit in Längsrichtung im folgende Bemessungsfälle unterschieden werden:
Grenzzustand der Tragfähigkeit auf Plattenbalken zu-
rückführen. Grundsätzlich können auch bei regelmäßig • Die Nulllinie liegt in der Platte (Abb. 6.33 a):
berandeten Druckzonen, z. B. bei Rechteckquerschnit- Die Bemessung erfolgt für einen Rechteckquer-
ten nicht-rechteckige Formen der Druckzone vorlie- schnitt der Breite beff .
gen, wenn die Querschnitte durch Biegung um zwei • Die Nulllinie liegt im Steg (Abb. 6.33b–d):
Achsen, sog. schiefe Biegung, ggf. in Kombination mit Folgende Bemessungsverfahren stehen zur Verfü-
Längskraft beansprucht werden. gung:
Schiefe Biegung liegt vor, wenn das resultieren-
– Exakte Lösung:
de Biegemoment nicht in Richtung einer der beiden
Die Druckzone wird in Teilflächen konstanter
Querschnittshauptachsen angreift, also z. B. bei Eck-
Breite aufgeteilt.
stützen in Rahmensystemen oder bei asymmetrischen
(! Bemessungstabellen und -diagramme)
Querschnitten wie seitlich nicht gehaltenen, einseiti-
– Näherung für stark profilierte Plattenbalken
gen Plattenbalken. Da das Superpositionsprinzip für
(beff =bw > 5, Abb. 6.33b):
die Bemessung von Stahlbetonquerschnitten im GZT
Der Anteil der Druckzone im Steg kann
grundsätzlich nicht gilt, ist eine Aufteilung in eine Be-
vernachlässigt werden.
messung für ebene Biegung getrennt für beide Achsen
– Näherung für wenig profilierte Plattenbalken
und Überlagerung der resultierenden Bewehrungsan-
(beff =bw  5, Abb. 6.33c):
teile nur in Sonderfällen möglich.
Der Anteil des Steges an der Druckkraft kann
nicht vernachlässigt werden.
– Beanspruchung durch negatives Biegemoment
6.4.2 Plattenbalken (Abb. 6.33d):
Negative Biegemomente können z. B. über Zwi-
schenauflagern von Durchlaufträgern oder bei
Bei gegliederten Querschnitten wie Plattenbalken wer-
Kragarmen auftreten. Die Bemessung erfolgt für
den den einzelnen Elementen meist mehrere Tragwir-
einen Rechteckquerschnitt der Breite bw .
kungen zugewiesen. Die Platte wirkt bei Biegebean-
spruchung My in Längsrichtung als Druckgurt; dabei Zweckmäßig können Plattenbalken zunächst unter
überlagern sich Druckspannungen aus der Scheiben- der Annahme, dass die Nulllinie in der Platte liegt, als
tragwirkung mit Spannungen aus der Biegebeanspru- Rechteckquerschnitt bemessen werden. Anschließend
chung der Platte, die durch den monolithischen An- ist anhand der rechnerischen Druckzonenhöhe zu über-
schluss an den Steg erzwungen werden. Zusätzlich prüfen, ob die Annahme   hf =d gerechtfertigt war.
wird die Platte i. Allg. durch Lasten quer zur Haupt- Sofern  > hf =d ist, muss der Querschnitt als Platten-
6.4 Querschnitte mit nicht rechteckiger Druckzone 223

ME
NE

A Aufteilung in eine fiktive Gesamtfläche mit beff x
(Hochzeiger (1)) und eine fiktive Abzugsfläche
.beff  bw /  .x  hf / (Hochzeiger (2)) (Subtrakti-
onsverfahren, Abb. 6.34a),
a Dehnungsnulllinie in der Platte 
B Aufteilung in die Gurtfläche mit .beff  bw /  hf
und die Stegfläche mit bw x (Additionsverfahren,
beff
ME
Abb. 6.34b)
hf NE
Beide Varianten führen zu identischen Ergebnissen.
d Die Gleichgewichtsbedingungen für Variante 
A lauten
(vgl. Abb. 6.34a):
bw NEd D NRd (6.69a)
.1/ .2/
b Dehnungsnulllinie im Steg, Steganteil zu vernachlässigen
(schlanker Plattenbalken)
D Fs1d C Fcd  Fcd (6.69b)
.1/
D Fs1d  ˛R beff xfcd
ME
.2/
NE C ˛R  .beff  bw /  .x  hf /  fcd ; (6.69c)
MEds D MRds (6.70a)
D Fcd.1/  .d  ka.1/  x/
c Dehnungsnulllinie im Steg, Steganteil nicht zu vernachlässigen
CFcd.2/  .d  hf  ka.2/  x/ (6.70b)
D ˛R.1/  beff  x  fcd  .d  ka.1/ x/
˛R.2/  .beff  bw /  .x  hf /
NE

fcd  .d  hf  ka.2/  x/ ; (6.70c)


ME(<0)
d Dehnungsnulllinie im Steg, negatives Moment

Abbildung 6.33 Einteilung der Bemessungsverfahren, Klassifi-


beff
zierung der Plattenbalkenquerschnitte ec2

1 1
x Fcd
ec3
2
2 2 Fcd
balken mit einem der im Folgenden vorgestellten Ver- d 1
z
fahren neu bemessen werden. Ein Näherungsverfahren 2
z
für wenig profilierte Plattenbalken wird z. B. in Gras-
es1 As1
ser u. a. (1995) angegeben; durch Hilfswerte i wird
die Druckzone auf ein Rechteck mit fiktiver Breite bi ec1 Fs1d
zurückgeführt. Da i von der Druckzonenhöhe abhän- bw
gig ist, muss die Berechnung iterativ erfolgen. Ange- a Subtraktionsverfahren

sichts der umfangreichen Bemessungstabellen für Plat-


tenbalken im Anhang erscheint die Wiedergabe dieses (beff - bw) / 2 (beff - bw) / 2

Verfahrens entbehrlich. ec2


1
Fcd
hf 1 1
x 2
ec3 Fcd
2

6.4.2.2 Exakte Lösung – Bemessungshilfsmittel (x - hf)


d z
1

Zur rechnerischen Erfassung von Plattenbalken wird z


2

die Druckzone in Teilflächen mit konstanter Breite


es1 As1
aufgeteilt, für die die in Abschn. 6.1.6 abgeleiteten
Zusammenhänge für Völligkeitsbeiwert ˛R und Hö- ec1 Fs1d

henbeiwert ka gelten. Die Bemessung baut dann un- bw


mittelbar auf den für Rechteckquerschnitte abgelei- b Additionsverfahren
teten Beziehungen auf. Hierfür sind zwei Varianten Abbildung 6.34a,b Aufteilung der Druckzone von Plattenbal-
möglich: ken in Teilflächen – Additons- und Subtraktionsverfahren
224 6 Biegung und Längskraft
ec2 ec2u
fcd fcd
hf /2
hf

1 2
1 Fcd Fcd

2
d - hf

ec2 2
Fsd
1 Fsd
Stegquerschnitt
1 Bemessung als 2 Bemessung des
Plattenbalken Stegquerschnittes

Abbildung 6.35 Zulässige Dehnungsverteilungen bei Plattenbalken mit vollständig überdrückter Druckplatte

mit Bauteilen mit dünnen Druckgurten kann dies zu einer


deutlichen Reduktion der zulässigen Dehnung am
˛R.1/ D ˛R ."c2 / ; ˛R.2/ D ˛R ."c3 / ;
stärker gedrückten Rand führen (Abb. 6.35).
ka.1/ D ka ."c2 / ; ka.2/ D ka ."c3 / :
Normenregelung nach DIN 1045-1
Werden die Bauteilabmessungen und Baustofffestig-
keiten als bekannt vorausgesetzt, sind in den Gleich- Nach DIN 1045-1, 10.2 (6) ist in vollständig überdrückten
gewichtsbedingungen nur mehr zwei Unbekannte zur Platten von Plattenbalken, Kastenträgern oder ähnlichen
Beschreibung der Dehnungsverteilung sowie der un- gegliederten Querschnitten die Dehnung in der Platten-
bekannte Bewehrungsquerschnitt As1 enthalten. Ana- mitte auf "c2 (bzw. "lc2 bei Leichtbeton) zu begrenzen. Al-
log zum Rechteckquerschnitt kann durch Einführung lerdings braucht die Tragfähigkeit des Gesamtquerschnitts
der Grenzzustandsbedingung eine eindeutige Lösung nicht kleiner angesetzt zu werden, als diejenige des Ste-
angegeben werden. Werden die Gleichgewichtsbedin- ges mit den üblichen Dehnungsgrenzen (Abb. 6.35). In EN
gungen in dimensionslose Form gebracht, können die 1992-1-1, 6.1 (5) ist eine zu DIN 1045-1 identische Be-
Zusammenhänge zwischen Eds und  bzw. in Ab- schränkung der Dehnung in Plattenmitte zu finden; der al-
hängigkeit der geometgrischen Parameter hf =d und ternative Nachweis über den reinen Steganteil ist nicht ex-
beff =bw in Diagrammform bzw. unmittelbar in Form plizit enthalten.
von !-Tafeln angegeben werden. Im Anhang sind !-
Tafeln für Plattenbalken nach DIN 1045-1 zusam-
mengestellt; Bemessungsdiagramme nach DIN 1045- 6.4.2.3 Näherungslösung für stark profilierte
1 sind darüber hinaus in Grünberg u. Kosmahl (2003) (schlanke) Plattenbalken
enthalten.
Sofern bei biegebeanspruchten Plattenbalken die Bei stark profilierten Plattenbalken (beff =bw > 5)
neutrale Achse des Querschnitts im Steg liegt, die kann der Anteil der Druckspannungen im Steg i. Allg.
Platte also vollständig überdrückt ist, würde der vernachlässigt und gleichzeitig die Resultierende der
Ansatz einer Randdehnung "c2u die Tragfähigkeit Druckspannungen im Gurt in der Plattenmittelfläche
des Druckgurtes deutlich überschätzen. Das für angesetzt werden (Abb. 6.36). Der Hebelarm der inne-
biegebeanspruchte Rechteckquerschnitte entwickelte ren Kräfte folgt dann zu z D d hf =2; die erforderliche
Parabel-Rechteck-Diagramm idealisiert den abfal- Bewehrungsmenge einfach bewehrter Plattenbalken ist
lenden Ast der realen Spannungs-Dehnungs-Linie
durch einen horizontalen Verlauf und setzt damit die beff > 5 bw
Betontragfähigkeit bei großen Dehnungen zu hoch ec2 sc a = hf /2
an. Für Rechteckquerschnitte, die ausreichende Um- hf x Fcd
ec3
lagerungsmöglichkeiten zu geringer beanspruchten
d z = d - hf /2
Bereichen aufweisen, ist dieser Ansatz gerechtfertigt.
Da bei überdrückten Gurten die Umlagerungsmög- As1 es1
Fsd
lichkeiten allerdings stark eingeschränkt sind, müssen
bw
die zulässigen Gurtdehnungen analog zu vollständig
überdrückten Querschnitten (Bereich  5 der Deh- Abbildung 6.36 Näherungsverfahren zur Bemessung stark pro-
nungsverteilung nach Abb. 6.7) begrenzt werden. Bei filierter Plattenbalken mit beff =bw > 5
6.4 Querschnitte mit nicht rechteckiger Druckzone 225

beff

beff /2

e ec2
hf My Fc
S
Fc
h My Mz = Fc e Mx
Mx
Mz
Fs es1
Fs
As
bw

a asymmetrischer, seitlich gehaltener Plattenbalken ec2


(horizontale Nulllinie) Fc

x
Fc

Fs
es1
h My z

Fs

b asymmetrischer, seitlich nicht gehaltener Plattenbalken


(schiefe Nulllinie)

Abbildung 6.37a,b Asymmetrische Plattenbalken

damit: 6.4.2.5 Sonderfälle – asymmetrische


 
1 MEds und seitlich nicht gehaltene Plattenbalken
As1 D C NEd : (6.71)
s1 d  hf =2
Da der Dehnungszustand nicht explizit ermittelt wird, Bei asymmetrischen bzw. einseitigen Plattenbalken
sollte für s1 der Bemessungswert der Streckgrenze fyd verlaufen die Querschnittshauptachsen  und  nicht
angesetzt werden. mehr parallel zum lokalen y-z-Koordinatensystem.
Ein einwirkendes Biegemoment My kann in zwei
Komponenten M und M zerlegt werden; der Quer-
6.4.2.4 Druckbewehrung schnitt wäre dem entsprechend für Biegung um zwei
Achsen, also schiefe Biegung zu bemessen. Aller-
Da Plattenbalken im Vergleich zu Rechteckquerschnit- dings kann i. Allg. auf einen Nachweis der schiefen
ten große Druckplatten aufweisen, wird i. Allg. eine Biegung verzichtet werden. Bei stark asymmetrischen
Erhöhung der Druckzonentragfähigkeit durch Beweh- oder einseitigen Plattenbalken – z. B. Randbalken
rung nicht erforderlich sein. Dem entsprechend wird von Deckensystemen – erzwingt die monolithische
auch in den Bemessungshilfsmitteln die Bemessung Verbindung zu Deckenplatte und quer verlaufenden
von Druckbewehrung ausgeklammert. Sollte in Son- Unterzügen eine Biegeverformung in der x-z-Ebene,
derfällen dennoch Druckbewehrung erforderlich wer- damit eine horizontal verlaufende Nulllinie. Durch
den, kann die Bemessung nach den für Rechteckquer- die behinderte Verdrehung um die x-Achse sowie die
schnitte vorgestellten Prinzipien, d. h. der Aufteilung Verschiebung in y-Achse entstehen Zwangmomente
des Bemessungsmomentes in einen Anteil des Quer- Mx und Mz , die i. Allg. nicht nachgewiesen werden
schnitts ohne Druckbewehrung und einen, ausschließ- müssen (Abb. 6.37a).
lich durch ein der Bewehrung zugeordnetes Kräftepaar Fehlt die monolithische Verbindung zu einer De-
aufzunehmenden Anteil, erfolgen (vgl. Abschn. 6.2.2). ckenkonstruktion, können sich zusätzliche Verformun-
Die zur Dimensionierung der Druckbewehrung erfor- gen wy und 'x einstellen; die Nulllinie verläuft damit
derliche Dehnungsebene kann aus den im Anhang ent- nicht mehr parallel zu Druckrand (Abb. 6.37b). Die
haltenen !-Tafeln aus der Dehnung "s1 und der bezo- Bemessung des Plattenbalkens muss für schiefe Bie-
genen Druckzonenhöhe  ermittelt werden. gung erfolgen (vgl. Abschn. 6.4.4).
226 6 Biegung und Längskraft
e c2
- schnitten werden durch systematische Variation des
e s2
MEd Dehnungszustandes bei vorgegebenem mechanischen
r
h Bewehrungsgrad !tot und bezogenem Randabstand
+
NEd
d1 = h (vgl. Abb. 6.38) die bezogenen aufnehmba-
e s1
d1
e c1
ren Schnittgrößen Ed und Ed bestimmt. Wegen
As,tot d1
der Abhängigkeit des Kräftezustandes von den
e c2 Spannungs-Dehnungs-Linien der Baustoffe gelten
-
e s2 Interaktionsdiagramme generell nur für bestimmte
MEd
rr Betonstahlsorten einschließlich der zugehörigen
h ri1
NEd Teilsicherheitsbeiwerte. Die Abhängigkeit von der
+ e s1 Betonfestigkeitsklasse ist für die Klassen C12/15
d1
As,tot d1 bis C50/60 aufgehoben. Als Eingangsgrößen wer-
Ac = r2 p (1 - (ri / r)2) den auf den Mittelpunkt des Querschnitts bezogene
Schnittgrößen in dimensionsloser Form verwendet:
Abbildung 6.38 Kreis- und Kreisringquerschnitt – Bezeichnun-
gen NEd MEd
Ed D ; Ed D ; (6.72)
Ac  fcd Ac  h  fcd
mit
6.4.3 Kreis- und Kreisringquerschnitte Ac D r 2   ; h D 2r ; MEd > 0 :
Im Anhang sind Interaktionsdiagramme für Kreisquer-
Kreis- und Kreisringquerschnitte werden i. Allg. als schnitte mit d1 = h D 0;10 sowie für Kreisringquer-
vorwiegend durch Längskräfte beanspruchte Tra- schnitte mit ri =r D 0;9 und d1 =.r  ri / D 0;5,
gelemente verwendet; die Biegebemessung erfasst d. h. mittig im Ring angeordneter Bewehrung enthal-
daher oft nur den Bereich 
5 des Dehnungsdiagramms ten. Aus den Diagrammen kann der mechanische Ge-
nach Abb. 6.7. Die Längsbewehrung wird daher in samtbewehrungsgrad !tot abgelesen werden; der erfor-
der Regel gleichmäßig über den Umfang verteilt auf derliche Bewehrungsquerschnitt folgt zu:
konzentrischen Kreisen bezogen auf den Mittelpunkt
fcd
des Querschnittes angeordnet (Abb. 6.38). Angesichts As;tot D !tot  Ac 
der rotationssymmetrischen Ausbildung des Quer- fyd
schnittes muss bei Kreis- und Kreisringquerschnitten bzw. auf den Umfang bezogen:
nicht zwischen einachsialer (ebener) und zweiach-
sialer (schiefer) Biegung unterschieden werden. Die As;tot fcd r2
as D D !tot   :
Grundlagen der Bemessung, die Gleichgewichts- 2  .r  d1 /   fyd 2  .r  d1 /
und Verträglichkeitsbedingungen, entsprechen denen Naturgemäß können auch polygonal berandete Quer-
für Rechteckquerschnitte. Wegen der gekrümmten schnitte, deren Bewehrung gleichmäßig verteilt,
Umrandung des Querschnittes entstehen allerdings konzentrisch zum Querschnittsmittelpunkt angeordnet
segmentförmige Druckzonen; entsprechend sind die ist, näherungsweise mit Interaktionsdiagrammen für
Kennwerte der Druckzone (˛R , ka ) nicht nur an die Kreisquerschnitte bemessen werden.
Randdehnung "c2 , sondern auch an die Druckzonen-
höhe x, damit an den gesamten Dehnungszustand
geknüpft.
6.4.4 Allgemeine Querschnitte –
Bemessungshilfsmittel Schiefe Biegung

Wegen der vorausgesetzten, gleichmäßig auf kon- Bei beliebig polygonal umrandeten Querschnitten wie
zentrischen Kreisen verteilten Bewehrung bietet auch bei zweiachsialer (schiefer) Biegung können ana-
sich die Entwicklung von Interaktionsdiagrammen lytische Lösungen der Druckspannungsresultierenden
für den gesamten möglichen Dehnungsbereich an. nicht mehr unmittelbar angegeben werden. Die all-
Für die Annahme gleichmäßig verteilter Bewehrung gemeinen Ansätze zur Bemessung nach Abschn. 6.2
werden nach Grasser u. a. (1995) mindestens sechs gelten mit Ausnahme der Beziehungen für ˛R und ka
äquidistant angeordnete Einzelstäbe vorausgesetzt. unverändert, allerdings erfordert die beliebige Umran-
Analog zu symmetrisch bewehrten Rechteckquer- dung der Druckzone erheblich vergrößerten Aufwand
6.5 Bemessung vorgespannter Querschnitte 227

Mz keit bedeutet – wie bei nicht vorgespannten Quer-


schnitten – die Ermittlung der erforderlichen Beweh-
Nullinie
rungsmenge, die für ein Gleichgewicht zwischen in-
Fcd
neren und äußeren Schnittgrößen erforderlich wird.
y Dabei setzt sich die Bewehrung hier aus Spannglie-
My dern und konventionellem Betonstahl zusammen. Da
Fsd z
ec2 die Spannstahlmenge i. Allg. über Gebrauchstauglich-
keitskriterien festgelegt wird, bezieht sich die Bemes-
k.x sung im engeren Sinne auf die Bestimmung zusätzlich
z erforderlicher Betonstahlbewehrung. Eine Bemessung
. fcd im GZT setzt die Betrachtung gerissener Querschnit-
ec1
Mz M te voraus; entsprechend gelten die für Stahlbetonquer-
schnitte in Abschn. 6.1.3 vorgestellten Bemessungs-
My grundsätze sowie die in Abschn. 6.1.4 beschriebenen
Abbildung 6.39 Beispiel für die Anwendung des Spannungs- zulässigen Dehnungsverteilungen. Der Grenzzustand
blocks bei zweiachsialer (schiefer) Biegung eines Rechteckquer- der Tragfähigkeit tritt auch bei Spannbetonquerschnit-
schnittes ten durch ein Erreichen der zulässigen Grenzdehnung
von Beton und/oder Betonstahl bzw. Spannstahl ein.
Wesentliche Unterschiede in der Bemessung vorge-
für das Aufstellen und Lösen der Gleichgewichts- spannter Querschnitte entstehen lediglich bei Vorspan-
bedingungen bzw. die iterative Ermittlung der Deh- nung ohne Verbund. Im Gegensatz zur Vorspannung
nungsverteilung. Der Einsatz elektronischer Bemes- mit Verbund ist eine Ermittlung der Spannstahldeh-
sungsprogramme ist daher i. Allg. unverzichtbar. Ei- nung allein auf Grundlage einer Querschnittsbetrach-
ne näherungsweise Bemessung von Hand kann durch tung nicht möglich; vielmehr sind die Dehnungen an-
die Verwendung des Spannungsblocks erreicht werden hand von Verträglichkeitsbedingungen am Gesamtsys-
(Abb. 6.39). Bei Rechteckquerschnitten, die durch Bie- tem zu bestimmen (vgl. Abschn. 5.1.4). Die im nächs-
gung in zwei Achsen beansprucht werden, entstehen ten Abschnitt vorgestellten Bemessungsverfahren sind
in Abhängigkeit der Nulllinienlage drei-, vier- oder daher für Vorspannung ohne Verbund nur mit Ein-
fünfeckige Druckzonenflächen, für die eine analyti- schränkungen anwendbar.
sche Beschreibung möglich ist.7
Allgemein kann die erforderliche Bewehrung in be-
liebig vielen Strängen über den Querschnitt verteilt 6.5.1 Vorspannung mit Verbund
sein, allerdings sollte – abgesehen von konstruktiven
und wirtschaftlichen Erfordernissen – ein Grundsatz Zur Biegebemessung vorgespannter Querschnitte kön-
zur Anordnung berücksichtigt werden: Im Hinblick auf nen prinzipiell alle drei in Abschn. 5.4.5 vorgestell-
die Gebrauchstauglichkeit des Bauteils – insbesonde- ten Ansätze zur Anrechnung der Vorspannkraft genutzt
re die Beschränkung der auftretenden Rissbreiten – werden. Als Bezugsgröße dient die Vordehnung ".0/ pmt
empfiehlt es sich, die Anordnung der Bewehrung an im fiktiven Spannbettzustand (vgl. Abschn. 5.4.4); da
der Dehnungsverteilung des ungerissenen Querschnit- nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 Streuungen der
tes nach Elastizitätstheorie zu orientieren. Vorspannkraft im GZT vernachlässigt werden können,
entspricht der Bemessungswert der Vordehnung dem
Mittelwert (vgl. Abschn. 5.4.3).
6.5 Bemessung vorgespannter

A Die gesamte Spannstahldehnung, d. h. die gesam-
Querschnitte te (statisch bestimmte) Wirkung der Vorspannung
wird auf der Seite des Querschnittswiderstandes
Die Bemessung vorgespannter Querschnitte für Bie- angerechnet (Abb. 6.40 ).
A Die auf den Gesamt-
gung und Längskraft im Grenzzustand der Tragfähig- querschnitt einwirkenden Schnittgrößen werden
7
auf die Schwerachse der Spannbewehrung umge-
In Zusammenhang mit dem Nachweis der Tragfähigkeit
rechnet.
von Druckgliedern nach Theorie II. Ordnung enthalten sowohl
DIN 1045-1, 8.8.6 als auch EN 1992-1-1, 5.8.9 Grenzwerte der MEdp D MEd  NEd  zcp (6.73)
Lastausmitten ey und ez , bei deren Einhaltung eine insbesonde-
re für Rechteckquerschnitte vorteilhafte, getrennte Bemessung Die Bemessung erfolgt analog zu Stahlbetonquer-
in beiden Achsrichtungen erfolgen darf. schnitten für einen nur durch Spannstahl bewehr-
228 6 Biegung und Längskraft

Ansatz A
ec2
x = xd Fcd MEd
s

ds dp NEd
h zs zp
zcp
zs1 MEdp = MEd - NEd zcp
Dep Depmt(0)
Fpd =
Fs1d NEd
es1
Ansatz B
ec2
Fcd MEd
s
NEd

MEdp = MEd - NEd zcp


Dep -Pmt(0)
DFpd =
Fs1d NEd - Pmt(0)
es1
Ansatz C
ec2
Fcd MEd
s
NEd

MEdp = MEd - NEd zcp + Fpd (zs1 - zcp)


Fpd
Fs1d =
es1 NEd - Fpd

Querschnitt Geometrie Dehnungszustand Widerstand Einwirkung

Abbildung 6.40 Bemessung vorgespannter Querschnitte für Biegung und Längskraft im GZT – Ansätze ,
A B und 
C

ten Querschnitt, erfordert allerdings Bemessungs- auf den horizontalen Ast nach Erreichen der tech-
hilfsmittel, die eine nachträgliche Umrechnung nischen Streckgrenze gilt:
von Dehnungen auf Spannungen anhand beliebi-   fp0;1k
ger -"-Linien erlauben, d. h. bei denen – wie z. B. pd D ".0/
pmt C "p  Ep  : (6.76)
s
beim allgemeinen Bemessungsdiagramm oder !-
Tafeln für einfach bewehrte Rechteck- oder Plat- Ist der erforderliche Spannstahlquerschnitt Ap;req
tenbalkenquerschnitte (vgl. Anhang) – anstelle ei- größer als der durch z. B. Gebrauchstauglichkeits-
nes Spannungs- ein Dehnungszustand ablesbar ist. kriterien festgelegte Querschnitt Ap;prov , kann die
Die Zusatzdehnung "p entspricht der aus den Differenz durch Zulagebewehrung aus Betonstahl
Bemessungshilfsmitteln abzulesenden Betonstahl- abgedeckt werden. Zur Umrechnung müssen die
dehnung "s1 . Nach Umrechnung des äußeren Bie- unterschiedlichen aufnehmbaren Spannungen s1d
gemomentes bzw. pd sowie die ggf. abweichenden Hebelarme
zs und zp über das Momentengleichgewicht umge-
MEdp rechnet werden:
Edp D (6.74)
b  dp2  fcd   pd  zp
As1 D Ap;req  Ap;prov  : (6.77)
kann die Bemessungsaufgabe unter Verwendung s1d  zs
z. B. des aus dem allgemeinen Bemessungsdia- Bei einer üblicherweise außerhalb der Spann-
gramm für Eds D Edp abgelesenen bezogenen stahllage angeordneten Betonstahlbewehrung ist
Hebelarmes und der zugehörigen Zusatzdehnung jedoch zu berücksichtigen, dass bei Ausnutzung
"p (D "s1 ) elementar gelöst werden: der zulässigen Zusatzdehnung des Spannstahls
  mit "p D 25‰ die Dehnung des Betonstahls
1 MEdp den Grenzwert "su überschreitet.
Ap;req D  C NEd : (6.75)
pd  dp  .0/
B Die der Vordehnung des Spannstahls "pmt entspre-
.0/
Der Bemessungswert der Spannstahlspannung pd chende fiktive Spannbettkraft Pmt wird als ein-
ergibt sich aus der Spannungs-Dehnungs-Linie des wirkende Druckkraft in Höhe der Spanngliedachse
Spannstahls nach Abschn. 3.5. Bei Beschränkung angesetzt (Abb. 6.40 ).
B Dem entsprechend er-
6.5 Bemessung vorgespannter Querschnitte 229

folgt die Bemessung für den Gesamtquerschnitt 1,80


mit fiktiv spannungslosem Spannstahl. Bei einer Spannstahl:
0,25
St 1570/1770
gemischten Betonstahl- und Spannstahlbewehrung fp0,1k = 1500 N/mm2
ist der rechnerische Schwerpunkt der Gesamtbe- y
S spmt(0) = 1080 N/mm2
2,0
wehrung zur Ermittlung des inneren Hebelarmes dp=1,85
Einwirkungen:
z 1,75
zres unter Berücksichtigung der Bewehrungsmen- ds=1,93 MEd = 8,0 MNm
gen und des Verhältnisses der Streckgrenze des NEd = 0
Betonstahls zur möglichen Zusatzspannung des
Spannstahls zu berechnen. Da der rechnerische 3 Spannglieder à 7 Litzen
Schwerpunkt somit von der zu berechnenden Be- 0,30 Ap = 31,5 cm2
wehrungsmenge abhängt, ist eine iterative Vorge-
Abbildung 6.41 Beispiel 6.6 – Bemessung eines Spannbeton-
hensweise erforderlich. Wie bei Ansatz A können
trägers
Bemessungshilfsmittel, bei denen der Dehnungs-
zustand ablesbar ist, verwendet werden.

C Der Ansatz der gesamten (statisch bestimmten)
Die Bemessung erfolgt unter der Voraussetzung, dass die
Vorspannwirkung infolge Vordehnung und Zusatz- Dehnungsnulllinie in der Platte liegt, mit Hilfe der !-
dehnung als äußere Einwirkung erfordert vorab die Tabellen für einfach bewehrte Rechteckquerschnitte (Ta-
Bestimmung der im Grenzzustand der Tragfähig- belle 6.3). Für Edp D 0;057 können folgende Werte
durch lineare Interpolation ermittelt werden:
keit erreichbaren Spannstahlspannung, ermöglicht
allerdings damit die konventionelle Bemessung ei-  D 0;083 ;  D 0;968 ; "s1 D 25‰
nes Stahlbetonquerschnittes (Abb. 6.40 ).
C Die ) x D   dp D 0;083  1;85 D 0;154 m
in der Spanngliedachse als äußere Druckkraft wir- < hf D 0;25 m :
kende Vorspannkraft Fpd wird zusammen mit den
äußeren Einwirkungen auf die Schwerachse der Mit x < hf liegt die Dehnungsnulllinie in der Platte;
Betonstahlbewehrung bezogen: die Anwendung der !-Tabellen ist damit gerechtfertigt.
Wegen des Bezugs auf die Achse der Spannbewehrung
  entspricht der Tabellenwert "s1 der Zusatzdehnung "p
MEds D MEd  NEd  zs1 C Fpd  zs1  zcp : des Spannstahls. Der Bemessungswert der Spannstahl-
dehnung ist
Der Bemessung nach den Regeln für einen rein be-
tonstahlbewehrten Querschnitt muss allerdings ei- 1080
"pd D ".0/
pmt C "p D C 0;025
ne Überprüfung und ggf. iterative Korrektur der 1;95  105
angenommenen Zusatzdehnung des Spannstahls D 0;0305 D O 30;5‰
folgen. Da i. Allg. der Bemessungswert der tech- fp0;1k 1500
> D D 0;0067 D O 6;7‰ :
nischen Streckgrenze des Spannstahls fp0;1k = s er- s  Ep 1;15  1;95  105
reicht wird, kann bei Beschränkung auf den hori- Der Spannstahl hat damit die Streckgrenzdehnung über-
zontalen Ast der -"-Linie in Verbindung mit der schritten. Bei Verwendung des horizontalen Astes der
Annahme Fpd D Ap  fp0;1k = s ein iteratives Vor- Spannungs-Dehnungs-Linie, d. h.
gehen vermieden werden.
fp0;1k
pd D D 1304 N/mm2
s
Beispiel 6.6
Für den in Abb. 6.41 dargestellten, mit Litzenspann- folgt die erforderliche Spannstahlmenge für die Sicher-
gliedern im nachträglichen Verbund vorgespannten Trä- stellung der Tragfähigkeit im GZT ohne zusätzliche Be-
ger soll die zusätzlich erforderliche Betonstahlmenge zur tonstahlbewehrung zu
Aufnahme des Bemessungsmoments MEd im GZT ermit-
telt werden. 1 MEdp 1 8;0
Ap;req D  D 
Ansatz  A pd   dp 1304 0;968  1;85
Zunächst wird die gesamte Spannstahldehnung auf der D 34;3  104 m2 D
O 34;3 cm2
Seite des Querschnittswiderstandes (Ansatz )
A ange-
rechnet. > Ap;prov D 31;5 cm2 :

D0
Die Differenz zwischen erforderlicher und vorhandener
‚ …„ ƒ Spannstahlmenge wird durch Betonstahlbewehrung ab-
MEdp D MEd  NEd  zp D 8;0 MNm ; gedeckt. Die Betonstahldehnung errechnet sich aus der
MEdp 8;0 ebenen Dehnungsverteilung:
Edp D D
b  dp2  fcd 1;8  1;852  0;85  40=1;5 ds  x 1;93  0;154
D 0;057 "s1 D "p  D 25  D 26;2‰ :
dp  x 1;85  0;154
230 6 Biegung und Längskraft
 
Damit überschreitet "s1 die Grenzdehnung "su D 25‰; 1 8;329
D   4;108
die Dehnungsverteilung müsste zur Korrektur mit der 435 0;969  1;93
Dehnung "su auf Höhe der Betonstahlachse auf P itera- D 7;9  104 m2 D
O 7;9 cm2 :
tivem
P Weg über die Gleichgewichtsbedingungen H
und M neu berechnet werden. Im Rahmen dieses Bei-
spiels wird hierauf verzichtet. Wenn für den Betonstahl Die geringfügigen Unterschiede in den Ergebnissen
ebenfalls die Verfestigung vernachlässigt wird, folgt der nach den Ansätzen A und  C sind einerseits auf die
zusätzlich erforderliche Bewehrungsquerschnitt zu: Differenzen in der Dehnungsebene aus den unter-
schiedlichen Dehnungen des Betonstahls, andererseits
fyd  zp auf unvermeidliche Rundungsfehler zurückzuführen.
As1 D .Ap;req  Ap;prov /  Grundsätzlich führen beide Ansätze zu identischen
sd  .zp C ds  dp /
Ergebnissen.
1304  0;968  1;85
D .34;3  31;5/ 
435  .0;968  1;85 C 0;08/
D 8;0 cm2 :
6.5.2 Vorspannung ohne Verbund
Ansatz  C
Alternativ wird die gesamte Wirkung der Vorspannung
aus Vor- und Zusatzdehnung als äußere Kraft in Höhe der Bei Vorspannung ohne Verbund resultiert die Zusatz-
Spannstahlachse angesetzt. Es wird angenommen, dass dehnung "p infolge der äußeren Einwirkungen bzw.
der Spannstahl die Fließgrenze erreicht; bei Ansatz des der dadurch hervorgerufenen Bauteilverformungen aus
horizontalen Astes gilt:
der Verlängerung des Spanngliedes über dessen ge-
fp0;1k 1500 samte Länge und bleibt damit wesentlich hinter der
Fpd D Ap  D 31;5  104  D 4;108 MN :
s 1;15 Zusatzdehnung im Verbund liegender Spannglieder
zurück. Die technische Streckgrenze der Spannstäh-
Die auf die Betonstahlachse bezogenen Schnittgrößen
sind dann:
le wird im GZT i. Allg. nicht erreicht (vgl. Eibl u. a.
  1995). Die Vordehnung ".0/pmt des Spannbettzustandes
MEds D MEd C Fpd  ds  dp ist analog zur Vorspannung mit Verbund definiert;
D 8;0 C 4;108  0;08 D 8;329 MNm ; der Bemessungswert entspricht i. Allg. dem Mittelwert
NEd D Fpd D 4;108 MN : ( p D 1;0; vgl. Abschn. 5.4.3).
Eine rechnerische Ermittlung der Zusatzdehnung
Das bezogene Moment ist
"p im GZT auf der Grundlage einer Verformungsbe-
MEds rechnung des Bauteils kann entweder unter Annahme
Eds D linear-elastischen Materialverhaltens oder wirklich-
b  ds2  fcd
8;329 keitsnah unter Berücksichtigung der Rissbildung im
D D 0;055 : Rahmen einer nichtlinearen Schnittgrößenermitt-
1;8  1;932  0;85  40=1;5
lung erfolgen. Für die Bemessung ist eine sinnvolle
Die Bemessung erfolgt analog mit Hilfe der !-Tabellen:
Abschätzung der Zusatzdehnung zu empfehlen;
 D 0;081 ;  D 0;969 ; "s1 D 25‰ Anhaltswerte enthalten Normenwerke. Es sei ange-
) x D   ds D 0;081  1;93 D 0;156 m merkt, dass bei zentrisch geführten, verbundlosen
< hf D 0;25 m :
Spanngliedern der nach EN 1992-1-1 anzunehmende
pauschale Spannungszuwachses p;ULS zu hoch sein
Die vorausgesetzte Spannstahldehnung muss überprüft kann (vgl. Zimmermann 1988). In der Praxis wird
werden: auf die Anrechnung des Dehnungszuwachses häufig
dp  x 1;85  0;156 verzichtet (vgl. auch Maier u. Wicke 2000).
"p D "s1  D 25  D 23;9‰
ds  x 1;93  0;156
) "p D ".0/
pmt C "p D 5;5 C 23;9 Normenregelung nach DIN 1045-1
fp0;1k Nach DIN 1045-1, 10.2 darf der Spannungszuwachs p
D 29;4‰ > D 6;7‰ : bei exzentrisch geführten, intern angeordneten Spannglie-
s  Ep
dern ohne Verbund vereinfachend mit 100 N/mm2 ange-
Die Annahme fließender Spannbewehrung ist damit er- setzt werden. Sofern der Spannungszuwachs im Rahmen
füllt; eine iterative Bestimmung von Fpd erübrigt sich da- einer Verformungsberechnung am Gesamtsystem ermit-
mit. Die erforderliche Betonstahlbewehrung ist bei An- telt wird, ist die Berechnung nach DIN 1045-1, 8.7.5 auf
satz von sd D fyd : der Grundlage von Mittelwerten der Baustoffeigenschaften
  durchzuführen. Je nach gewähltem Berechnungsverfah-
1 MEds ren ist das Berechnungsergebnis – formal als charakteris-
As1 D  C NEd tischer Wert pk bezeichnet – mit unterschiedlichen Teil-
fyd   ds
6.6 Sicherstellung ausreichender Duktilität – Mindestbewehrung 231

sicherheitsbeiwerten p in den Bemessungswert pd D 6.6 Sicherstellung ausreichender


p  pk umzurechnen: Duktilität – Mindestbewehrung
linear elastische Schnittgrößenermittlung
p D 1;0 Zusätzlich zur Biegebemessung im GZT muss ein
nichtlineare Schnittgrößenermittlung ausreichend duktiles Bauteilverhalten bei Erreichen
p;sup D 1;2 und p;inf D 0;83 : der Tragfähigkeit sichergestellt werden. Ausrei-
chende Duktilität bedeutet für Betonbauteile eine
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Versagensankündigung durch ausgeprägte Rissbil-
Nach EN 1992-1-1, 5.10.8 darf – analog zu DIN 1045- dung und/oder deutlich sichtbare Verformungen.
1 – der Spannungszuwachs von Spanngliedern ohne Bei statisch unbestimmten Bauteilen erlaubt duktiles
Verbund im Grenzzustand der Tragfähigkeit vereinfachend Bauteilverhalten die Umlagerung von Schnittgrößen in
mit p;ULS (! NDP, Tabelle 6.4) angesetzt werden. weniger beanspruchte Bereiche, d. h. die Aktivierung
Bei genauerer Berechnung über den Verformungszu- von Systemreserven (vgl. Kap. 13). Zum einen wird
stand des Bauteiles auf Grundlage der Mittelwerte der die Mindestverformbarkeit durch Begrenzung der
Baustoffeigenschaften ist der Bemessungswert des bezogenen Druckzonenhöhe lim oder alternativ eine
Spannungszuwachses p;d D p  P mit den Erhöhung der Verformbarkeit der Druckzone durch
landesspezifisch festzulegenden Teilsicherheitsbeiwerten eine Mindestbügelbewehrung gewährleistet (vgl.
P;sup und P;inf (s. Tabelle 6.4) zu ermitteln. Abschn. 6.1.5 bzw. Abb. 6.11). Zum anderen muss
vermieden werden, dass bei Auftreten des ersten
Risses der Querschnitt schlagartig versagt. Letzteres
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
kann durch eine Mindestlängsbewehrung, die auch
Es wird empfohlen, p;ULS nach Tabelle 6.4 nur anzu-
als Robustheitsbewehrung bezeichnet wird (vgl.
wenden, wenn die Spannglied exzentrisch geführt werden.
DIN 4227), sichergestellt werden.
Die Bemessung von Querschnitten mit Vor-
spannung ohne Verbund erfolgt bei bekannter
Zusatzdehnung nach Ansatz  C für einen rein be- 6.6.1 Mindestbewehrung
tonstahlbewehrten Querschnitt unter Einwirkung bei Stahlbetonbauteilen
zusätzlicher Normalkräfte und Momente bzw. (bei
statisch bestimmten Systemen) unter Einwirkung des
Bemessungswertes der Vorspannkraft Fpd auf Höhe Bei Stahlbetonbauteilen muss die Mindestbewehrung
der Spanngliedachse. Abschließend sei darauf hin- in der Lage sein, die bei Rissbildung freiwerdende
gewiesen, dass auch Bauteile, die mit Spanngliedern Zugkraft aufzunehmen. Um die Entstehung übermäßig
im nachträglichen Verbund vorgespannt werden, für breiter Risse zu vermeiden, darf der Betonstahl dabei
Bauzustände bei nicht verpressten Hüllrohren wie die Streckgrenze fyk nicht überschreiten.
Bauteile mit Vorspannung ohne Verbund behandelt Bei Bauteilen, die ein sprödes Versagen nicht er-
werden müssen. warten lassen, primär Gründungsbauteile, bei denen
durch Umlagerungen des Sohl- bzw. Erddruckes ein
duktiles Versagen ermöglicht wird, kann auf die Min-
Tabelle 6.4 Länderspezifisch festzulegende Parameter zur Be- destbewehrung verzichtet werden (vgl. Voraussetzun-
rechnung des Spannungszuwachses im GZT von Spanngliedern gen nach DIN 1045-1, 13.1.1 (6)).
ohne Verbund
Normenregelung nach DIN 1045-1
NDP EU D A Nach DIN 1045-1, 13.1.1 ist die Mindestbewehrung zur Si-
cherstellung eines duktilen Bauteilverhaltens für das Riss-
p;ULS 100 N/mm2 EU 100 N/mm2 a moment mit dem Mittelwert der Zugfestigkeit fctm und einer
Stahlspannung s D fyk zu berechnen.
linear 1,0
P;inf EU EU Mcr
nichtlinear 1,2 As;min D ;
z  fyk
 
linear 1,0 N
P;sup EU EU mit Mcr D W  fctm C : (6.78)
nichtlinear 0,8 Ac
a
Für einfeldrige Konstruktionen gilt p;ULS = 100 N/mm2 ; bei durch- In Gl. (6.78) ist W das Widerstandsmoment des Quer-
laufenden Konstruktionen wird dieser Wert im Verhältnis Feldlänge zu schnitts bezogen auf den zugbeanspruchten Bauteilrand.
Spanngliedlänge reduziert. Normalkräfte sind ohne Teilsicherheitsbeiwerte (Ge-
232 6 Biegung und Längskraft

brauchslastniveau, seltene Einwirkungskombination) Tabelle 6.5 Länderspezifische Regeln zur Mindestbewehrung


ungünstigst anzusetzen: für Druckkräfte ist der Kleinst- von biegebeanspruchten Balken
wert, für Zugkräfte der Größtwert (jeweils mit Vorzeichen)
NDP EU D A
anzunehmen. Erläuterungen zum Ansatz von Vorspann-
(
kräften folgen in Abschn. 6.6.2, Hinweise zur Anordnung 0;26bt d ffctm Mcr b
As;min a
max yk
EU
der Mindestbewehrung sind in Abschn. 15.5.1 enthalten. 0;0013bt d zfyk

a
Mit bt wird die mittlere Breite der Zugzone bezeichnet; bei Platten-
Normenregelung nach EN 1992-1-1 balken mit gedrücktem Gurt ist für bt nur die Stegbreite anzurechnen.
b
Mindestbewehrung analog DIN 1045-1
Nach EN 1992-1-1, 9.2.1.1 ist die Mindestbewehrung
As;min biegebeanspruchter Balken länderspezifisch festzu-
legen (s. Tabelle 6.5).
durch Rissbildung gefordert. Die Anfälligkeit eines
Die in EN 1992-1-1 empfohlene Gleichung zur Er- Spannbetontragwerks gegenüber einem schlagartigen
mittlung der Mindestbewehrung stellt eine Vereinfa- Versagen hängt von vielfältigen Faktoren ab, u. a.
chung der Gl. (6.78) dar. Ein äquivalenter Rechteck- vom statischen System, von Lage und Anordnung der
querschnitt der Breite bt weist folgendes Rissmoment Spannglieder oder von der Betonstahlbewehrungs-
auf: menge (König u. a. 1998).
bt  h2 Wie bei Stahlbetonbauteilen ist die erforderliche
Mcr D fctm  W D fctm  : (6.79)
6 Duktilität grundsätzlich durch die Anordnung einer
Mit d  0;9  h und z  0;8  d folgt: Mindestbewehrung aus Betonstahl sicherzustellen. Als
Mcr Konsequenz aus dem durch SpRK ausgelösten, fort-
As;min D (6.80a) schreitenden Ausfall der Spannglieder darf die Vor-
z  fyk
spannkraft zur Ermittlung von As;min nicht angesetzt
fctm bt .d=0;9/2 fctm werden. Eine Anrechnung des vorhandenen, als „nicht
 D 0;257btd : (6.80b)
6  0;8  dfyk fyk gespannt“ betrachteten Spannstahls ist mit Einschrän-
Die Mindestbewehrung darf vollständig auf die sta- kungen möglich (s. u.); eine ausschließlich aus Spann-
tisch erforderliche Biegebewehrung und die Beweh- stahl bestehende Biegezugbewehrung, wie sie z. B. für
rungsmengen zur Sicherstellung der Gebrauchstaug- Fertigteile durch den Produktionsprozess bedingt aus-
lichkeit (i. W. Rissbreitenbeschränkung) angerechnet geführt wird, ist damit grundsätzlich machbar.
werden.
Normenregelung nach DIN 1045-1
Bei ausschließlich biegebeanspruchten Stahlbeton-
bauteilen wird die Mindestbewehrung zur Sicherstel- Nach DIN 1045-1, 13.1.1 ist die Vorspannkraft nicht für
lung eines duktilen Bauteilverhaltens nicht maßge- die Ermittlung der Mindestbewehrung anzurechnen. Aller-
bend, wenn die Mindestbewehrung zur Begrenzung dings darf bei Spannbetonbauteilen ein Drittel der Quer-
der Rissbreiten mit dem vollen Rissmoment und un- schnittsfläche der im Verbund liegenden Spannbewehrung
ter Einhaltung der zulässigen Stahlspannungen ermit- auf die Mindestbewehrung angerechnet werden, wenn
telt wird. mindestens zwei Spannglieder, d. h. bei Vorspannung mit
sofortigem Verbund mindestens zwei Einzeldrähte oder
Einzellitzen, bei Vorspannung mit nachträglichem Verbund
mindestens zwei mit Spanngliedern bestückte Hüllrohre,
6.6.2 Mindestbewehrung
vorhanden sind. Es dürfen nur Spannglieder angerechnet
bei vorgespannten Bauteilen werden, die nicht mehr als 0;2  h oder 250 mm (der klei-
nere Wert ist maßgebend) von der Betonstahlbewehrung
In der Vergangenheit wurde bei einigen Spann- entfernt liegen. Die anrechenbare Spannung im Spann-
betonbauwerken – insbesondere bei Verwendung stahl ist auf p D fyk des Betonstahls begrenzt. Nach
ölschlußvergüteter Spannstähle – ein fortschreitender DIN 1045-1, 5.3.2 (3) bzw. Heft 525 des DAfStb darf bei
Ausfall von Spanndrähten durch Spannungsrisskor- regelmäßig überwachten Bauwerken, deren Spannglieder
rosion (SpRK) festgestellt (vgl. Abschn. 3.5 und zugänglich sind (i. W. externe Vorspannung) und bei de-
Beispiel 2.2). Duktiles Verhalten bedeutet in diesem nen durch geeignete Prüfverfahren oder durch kontinuier-
Fall, dass ein plötzliches, durch den Ausfall einzelner liche Überwachung der Zustand der Spannglieder über-
Drähte oder Litzen ausgelöstes Bauteilversagen bei prüfbar ist, auch ein größerer Anteil der Spannbewehrung
Erreichen der Rissschnittgröße vermieden wird. Ana- einschließlich der Wirkung der Vorspannkraft zur Berech-
log zu Stahlbetonbauteilen wird eine Ankündigung nung der Mindestbewehrung angesetzt werden. Der vom
Literatur 233

angerechneten Spannstahl nicht aufnehmbare Anteil des Tabelle 6.6 Länderspezifische Regeln zur Mindestbewehrung
Rissmoments ist aber in jedem Fall durch Betonstahlbe- bei Spannbetontragwerken
wehrung abzudecken.
NDP EU D A
Alternativ zur Anordnung von Mindestbewehrung
Verfahren A–E A, C, E A, E
kann bei statisch unbestimmt gelagerten Spannbeton-
bauteilen die geforderte Robustheit gegenüber dem
Ausfall von Spanngliedern ggf. rechnerisch nachge-
wiesen werden. Dabei muss sichergestellt werden, dass Literatur
ein Ausfall an jeder beliebigen Stelle bis zur einsetzen-
den Rissbildung so durch Umlagerungen kompensiert
werden kann, dass die Restsicherheit an keiner Stel- B USJAEGER, D.; Q UAST, U.: Programmgesteuerte
le des Tragwerks kleiner als 1,0 ist. (vgl. Verfahren E Berechnung beliebiger Massivbauquerschnitte un-
nach EN 1992-1-1). ter zweiachsiger Biegung mit Längskraft (Programm
Für diesen Nachweis ist von entscheidender Be- MASQUE). Berlin : Beuth, 1990 (DAfStb-Heft 415)
deutung, ob der Ort der Rissbildung mit dem Ort des CEB/FIP: Manual on Bending and Compression –
Spanngliedausfalls identisch sein wird. Dies gilt im Design of Sections under Axial Action Effects at the
wesentlichen für Vorspannung mit Verbund, während Ultimate Limit State. London, New York : Construc-
bei Vorspannung ohne Verbund wegen des Ausfalls der tion Press, 1982
Spannkraft über die gesamte Spanngliedlänge die Riss- E IBL, J.; I VANY, G.; B USCHMEYER, W. ; KOBLER,
bildung (d. h. Versagensankündigung) vorteilhaft am G.: Vorspannung ohne Verbund – Technik und An-
höchstbeanspruchten Querschnitt einsetzen wird. Dem wendung. In: Betonkalender 1995. Berlin : Ernst &
entsprechend ist bei Vorspannung ohne Verbund die Sohn, 1995, S. 739–803
Versagensankündigung stets am Gesamtsystem zu be- G ORIS, A.: Bemessung von Stahlbetonbauteilen nach
trachten. DIN 1045-1. In: AVAK, R. (Hrsg.); G ORIS, A.
Konzepte zum Nachweis der Robustheit wer- (Hrsg.): Stahlbetonbau aktuell – Praxishandbuch
den auch in König u. a. (1996) erläutert und sind 2000. Berlin : Bauwerk-Verlag, 2002
in EN 1992-1-1 und z. T. in DIN-Fachbericht 102 G RASSER, E.: Bemessung der Stahlbetonbauteile –
umgesetzt. Teil I: Bemessung für Biegung mit Längskraft,
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Schub und Torsion. In: Betonkalender 1994. Berlin
Nach EN 1992-1-1 Abs. 5.10.1 ist ein Bauteilversagen oh- : Ernst & Sohn, 1994, S. 377–491
ne Ankündigung, das durch das Versagen von Spannglie- G RASSER, E.; KORDINA, K. ; Q UAST, U.: Bemessung
dern hervorgerufen wird, durch eine der folgenden Maß- von Beton- und Stahlbetonbauteilen nach DIN 1045,
nahmen zu vermeiden: Ausgabe 12.1978. Berlin : Ernst & Sohn, 1979
A Einbau einer Mindestbewehrung As;min entsprechend (DAfStb-Heft 220)
den Regeln für Stahlbetonbauteile (s. Tabelle 6.5); G RASSER, E.; K UPFER, H.; P RATSCH, G. ; F EIX, J.:
B Einbau von Spanngliedern mit sofortigem Verbund;
C Leichte Zugänglichkeit zu Bauteilen aus Spannbeton, Bemessung von Stahlbeton- und Spannbetonbautei-
um den Zustand der Spannglieder durch zerstörungs- len – Teil I: Bemessung von Stahlbeton- und Spann-
freie Verfahren oder durch Monitoring zu überprüfen; betonbauteilen nach EC 2 für Biegung, Längskraft,
D Führen ausreichender Nachweise hinsichtlich der Zu- Querkraft und Torsion. In: Betonkalender 1995. Ber-
verlässigkeit der Spannglieder; lin : Ernst & Sohn, 1995, S. 303–460
E Sicherstellen, dass es bei Versagen durch Zunah-
me der Belastung oder durch Abnahme der Vorspan- G RÜNBERG, J.; K LAUS, M.: Diagramme für die ge-
nung unter den häufigen Einwirkungskombinationen zielte Querschnittsbemessung bei Interaktion von
zur Rissbildung kommt, bevor der Grenzzustand der Längskraft und Biegemoment nach DIN 1045-1. In:
Tragfähigkeit erreicht ist. Dabei ist die durch die Riss- Beton- und Stahlbetonbau 96 (2001), Nr. 8, S. 539–
bildung bedingte Momentenumlagerung zu berück-
sichtigen. 547
G RÜNBERG, J.; KOSMAHL, M.: Bemessungsdiagram-
Welche der Verfahren A bis E angewandt werden dürfen,
ist im Rahmen des Nationalen Anhangs festzulegen (s. Ta- me für die Biegetragfähigkeit von Plattenbalken-
belle 6.6). Bei Bauteilen mit Vorspannung ohne Verbund querschnitten nach DIN 1045-1. In: Beton- und
bzw. mit externer Vorspannung ist es nach EN 1992-1-1 Stahlbetonbau 98 (2003), Nr. 2, S. 59–65
Abs. 9.2.1.1 (4) ausreichend, für die Biegetragfähigkeit im K ÖNIG, G.; S CHIESSL, P. ; Z ILCH, K.: Neue Erkennt-
GZT nachzuweisen:
nisse über die Sicherheit im Spannbetonbau. In: Der
MRd  1;15  Mcr : (6.81) Prüfingenieur (1998), Oktober, S. 46–56
234 6 Biegung und Längskraft

K ÖNIG, G.; T UE, N.V.: Grundlagen des Stahlbeton- R ÜSCH, H.; S TÖCKL, S.: Versuche an wendelbewehr-
baus. 2. Auflage. Stuttgart : Teubner, 2003 ten Stahlbetonsäulen unter exzentrischer Belastung.
K ÖNIG, G.; T UE, N.V.; BAUER, T. ; P OMMERENING, Berlin : Ernst & Sohn, 1969 (DAfStb-Heft 205)
D.: Schadensablauf bei Korrosion der Spannbeweh- WALRAVEN, J.C.: Confining action of reinforcement.
rung. Berlin : Beuth, 1996 (DAfStb-Heft 469) In: Structural Concrete Vol. 1 – fib bulletin No. 1
L EONHARDT, F.: Vorlesungen über Massivbau – Teil fédération international du béton (1999), Lausanne
1: Grundlagen zur Bemessung im Stahlbetonbau. Z ILCH, K.; JÄHRING, A. ; M ÜLLER, A.: Zur Be-
3. Aufl. Berlin : Springer-Verlag, 1983 rücksichtigung der Nettobetonquerschnittsfläche bei
M AIER, K.; W ICKE, M.: Die Freie Spanngliedla- der Bemessung von Stahlbetonquerschnitten mit
ge – Entwicklung und Umsetzung in die Praxis. In: Druckbewehrung. In: Erläuterungen zu DIN 1045-
Beton- und Stahlbetonbau 95 (2000), Nr. 2, S. 62–71 1 (DAfStb-Heft 525). Berlin : Beuth, 2003
M ÜLLER, K.F.: Tragfähigkeit und Verformung wen- Z IMMERMANN, J.: Biegetragverhalten und Bemes-
delbewehrter Stahlbetonstützen unter mittiger Be- sung von Trägern mit Vorspannung ohne Verbund.
lastung. In: Beton- und Stahlbetonbau 73 (1978), Berlin : Beuth, 1988 (DAfStb Heft 391)
S. 124–128
Q UAST, U.: Neue Bemessungskonzepte mit alten Ver-
fahren? In: Beton- und Stahlbetonbau 97 (2002),
Nr. 11, S. 576–583
Kapitel 7
Querkraft

7.1 Grundlagen wirken in einem Bauteil nur Zug- und Druckspan-


nungen, die sog. Hauptspannungen; Schubspannun-
Querkräfte treten stets dann auf, wenn Biegemomen- gen beschreiben lediglich Abweichungen der Haupt-
te entlang eines Stabes veränderlich sind. Für das in spannungsrichtungen vom gewählten Koordinatensys-
Abb. 7.1b dargestellte Balkenelement der Länge dx tem (s. Abschn. 3.7.2.1).
gilt: Wie bei der Biegebeanspruchung verliert die tech-
nische Biegetheorie ihre Gültigkeit, sobald erste Ris-
X q  dx 2 se auftreten. Bei kombinierter Beanspruchung durch
M D 0 W dM C V  dx D 0 (7.1a)
2 … Biegung und Querkraft stellt sich in einem Balken ein
„ ƒ‚
!0 äußerst komplexer Kräftezustand ein, der nur mehr
dM mit deutlich vereinfachten Modellen erfasst werden
) DV: (7.1b) kann.
dx
Die aus der Biegebeanspruchung hervorgerufenen
Zug- und Druckgurtkräfte ändern in Bereichen mit
M ¤ const: ihre Größe. Zur Kopplung der Gurtkräfte, q
d. h. zur Herstellung des Gleichgewichts, sind Quer-
kräfte erforderlich, die, entsprechend ihrer Funktion,
x
im Steg eines Trägers wirken. Unter „Steg“ (engl.
M
web) ist dabei allgemein die Verbindung zwischen
dem Druckgurt – der Wirkungslinie der Druck- dM
spannungsresultierenden – und dem Zuggurt – dem M(x) M(x+dx)
Schwerpunkt der Zugbewehrung – zu verstehen.
Querkraft- oder Schubbeanspruchungen treten darüber dx
dV
hinaus in gegliederten Gurten – z. B. bei einem V
Anschluss der Druckplatte eines Plattenbalkens an den V(x) V(x+dx)
Steg – oder bei zusammengesetzten Gurten – z. B. bei
a Schnittgrößen am Balken
nachträglicher Ortbetonergänzung der Druckzone von
Fertigteilen – auf.
Solange ein Betonbauteil keine Risse aufweist, ist M M(x+dx) = M+dM
q
die gleichzeitige Wirkung von Biege- und Querkraft- N N
beanspruchungen durch die technische Biegetheorie
zu erfassen; die rechnerischen Schubspannungen  V V(x+dx) = V+dV
können als Anhaltswerte für die Querkraftbeanspru- dx

chung verwendet werden. Allerdings sind Schubspan- b infinitesimales Stabelement


nungen lediglich als Hilfsgrößen zu sehen und stellen Abbildung 7.1a,b Verknüpfung von Biegemoment und Quer-
keine real auftretenden Spannungen dar. Tatsächlich kraft

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 235


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
236 7 Querkraft

Aufgaben der Querkraftbemessung – Tragwerke gegenüber z. B. unvorhergesehenen Ereig-


Nachweisformat nissen oder Ausführungsfehlern (Fehlstellen im Be-
ton) zu fordern. Bauteile, die nicht in der Lage sind,
Der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit erfolgt durch Querkräfte um Störstellen herumzuleiten, müssen da-
die Gegenüberstellung von einwirkender Querkraft VEd her mit einer Mindestquerkraftbewehrung ausgestat-
und dem Querkraftwiderstand VRd im maßgebenden tet werden, die einen schlagartigen Kollaps verhin-
Querschnitt. dern soll. Dies gilt selbst dann, wenn rechnerisch
Ed  Rd ) VEd  VRd (7.2) keine Querkraftbewehrung erforderlich wäre (VEd <
VRd;ct ). Mindestbewehrung wird primär bei Balken und
Im Unterschied zur Bemessung für Biegung bei NEd D schmalen Plattenstreifen erforderlich (s. Abschn. 7.5).
0 weist ein mit Biegezugbewehrung versehener Be-
tonquerschnitt bereits ohne weitere Querkraftbeweh-
rung eine Querkrafttragfähigkeit VRd auf, die zwar Schubschlankheit
gering, aber für wenig querkraftbeanspruchte Bautei-
le wie z. B. Platten ausreichend ist. Für höher bean- Zur Einordnung von Bauteilen hinsichtlich der Quer-
spruchte Bauteile muss zur Erhöhung der Querkraft- kraftbeanspruchung eignet sich die Schubschlankheit
tragfähigkeit eine Bewehrung – z. B. Bügel – als Ver- . Bei einem durch Einzellasten beanspruchten Träger
bindung zwischen Druck- und Zuggurt eingebaut wer- beschreibt  das geometrische Verhältnis des Abstan-
den. Zur Dimensionierung der Bewehrung wird die des a zwischen Einzellast und Auflagerlinie zur stati-
einwirkende Querkraft wieder in Zug- und Druckkräfte schen Nutzhöhe d (Abb. 7.2a).
aufgeteilt. Das Vorgehen bei der Bemessung ist dabei
ähnlich der Biegebemessung: Unter der Prämisse, dass a
D (7.5)
die Querkrafttragfähigkeit im GZT vollständig ausge- d
schöpft wird – d. h. VEd D VRd – wird die erforder-
liche Bewehrungsmenge zur Abtragung der Zugkräfte Da a gleichzeitig das Verhältnis der Maximalwerte
ermittelt. Parallel dazu muss überprüft werden, ob der von einwirkendem Biegemoment und Querkraft ist,
Betonquerschnitt die Druckkräfte aufnehmen kann. kann für eine Belastung durch Gleichstreckenlasten
In Regelwerken werden aufbauend auf den in ein äquivalenter Wert der Schubschlankheit angegeben
Versuchen beobachteten Versagensmechanismen werden (Abb. 7.2b).
entsprechende Bemessungswerte der Querkrafttragfä-
higkeit für den GZT festgelegt; in der Schreibweise ME;max q  leff
2
=8 leff
aequ D D D (7.6a)
nach DIN 1045-1 (in Klammern Bezeichnung nach VE;max q  leff =2 4
EN 1992-1-1) sind dies: aequ leff
)D D (7.6b)
VRd;ct Querkrafttragfähigkeit eines Bauteils d 4d
(VRd;c ) ohne Querkraftbewehrung;
VRd;sy Bemessungswert der Querkraft,
(VRd;s ) der durch die Bewehrung aufgenommen
werden kann; F F q

VRd;max Bemessungswert der Querkraft,


(VRd;max ) der als Druckbeanspruchung durch den q . leff
Stegbeton aufgenommen werden kann. a A=F A A=
2
leff leff
Für den Grenzzustand der Tragfähigkeit sind folgende aequ q . leff2
M 8
Nachweise zu führen: für Bauteile ohne Querkraftbe-
Fa
wehrung
VEd  VRd;ct .VRd;c / (7.3) F V
-F q leff
und für Bauteile mit Querkraftbewehrung 2
( M M
2
M q . leff . 2 leff
VRd;sy .VRd;s / a= =
V F
a=
aequ
V
=
q . leff . 8
=
4
VEd  : (7.4)
VRd;max .VRd;max /
a Belastung durch b Belastung durch
Einzellasten Gleichstreckenlasten
Wie bei rein biegebeanspruchten Bauteilen ist auch für
einwirkende Querkräfte eine gewisse Robustheit der Abbildung 7.2a,b Schubschlankheit – Definition
7.2 Tragverhalten bei ungerissenem Trägersteg 237

7.2 Tragverhalten fläche des abgetrennten Elements multipliziert mit dem


bei ungerissenem Trägersteg Abstand der Schwerpunkte von abgetrenntem Quer-
schnitt und Gesamtquerschnitt (Abb. 7.3b). Da an be-
liebig herausgeschnittenen Elementen des Trägers al-
Für homogene, d. h. ungerissene Querschnitte wer-
le Gleichgewichtsbedingungen erfüllt werden müssen,
den die Auswirkungen einer Querkraftbeanspruchung
gilt nach Abb. 7.3c für die Zuordnung der Schubspan-
mit Hilfe der technischen Biegetheorie unter Voraus-
nungen im x-z-Koordinatensystem:
setzung linear-elastischen Materialverhaltens beschrie-
ben. Als Rechenhilfe werden Schubspannungen einge- X dz dx
führt. 1 D 0 W zx  dx 
M  xz  dz  D0
2 2
) zx D xz : (7.11)

Schubspannungen Für Balken mit konstanter Querschnittsbreite führt


nach der technischen Biegetheorie Gl. (7.10) zur bekannten, parabolischen Verteilung
der Schubspannung in einem Schnitt senkrecht zur
Für einen Abschnitt des Balkens nach Abb. 7.3a gilt Schwerachse. Das Schubspannungsmaximum ist:
unter der Voraussetzung, dass die Hypothese von Ber-
noulli anwendbar ist, mit Vz D dMy =dx: bh2
S.z/max D S.z D 0/ D (7.12a)
My 8
x .x/ D zI (7.7a) Vz  bh2 =8 3 Vz
Iy ) xz;max D D  : (7.12b)
My C dMy bh3 =12  b 2 bh
x .x C dx/ D z
Iy
My dMy
D zC z
Iy Iy
My Vz  dx
D zC z: (7.7b)
Iy Iy My

Für das abgetrennte Element lautet die Gleich- y x


gewichtsbedingung für Kräfte in x-Richtung mit Vz
zx D zx .z/ und b D b.z/ (Integrationsbeginn bei zo z
am oberen Bauteilrand):
Zz
σx(x) τxz σx (x+dx)
zx  b  dx C x .x/  bdz
zDzo zo τzx
Zz y
 x .x C dx/  bdz D 0 : (7.8) b(z)
zDzo

Werden für die Längsspannungen x .x/ und x .x C z dx

dx/ die Ausdrücke nach den Gln. (7.7a) und (7.7b) ein-
a Gleichgewicht am Balkenelement
gesetzt, folgt: τzx
~
Zz As τz
Vz  dx ~
zx  b  dx   z  bdz D 0 (7.9) S
~
Iy y
zs dz/2
σx
zDzo 1 σxz
Vz  S.z/
) zx D ; dz/2
Iy  b
z
Zz ~ ~
S(z)= As. zs dx /2 dx /2
mit S.z/ D z  bdz : (7.10)
b Berechnung des c Zuordnung der
zDz0 Statischen Moments Schubspannungen

S.z/ wird als Statisches Moment bzw. Flächenmoment Abbildung 7.3a–c Normal- und Schubspannungen im ungeris-
1. Grades bezeichnet und entspricht der Querschnitts- senen Trägersteg
238 7 Querkraft

-10,0
Hauptspannungen
My
y x
Die Größe der Schubspannungen ist an jedem Punkt h 1,0
des Trägers abhängig von der Orientierung des ge- z Vz
wählten Koordinatensystems; reale Beanspruchungen
10,0
sind im Unterschied dazu gegenüber der Wahl der b
Achsen invariant. Tatsächlich herrschen im Träger al- sx txz
so nur Zug- und Druckspannungen, die so genann- a Längs- und Schubspannungen
ten Hauptspannungen 1 und 2 (1  2 ), deren
Wirkungsrichtungen gegenüber dem lokalen Koordi- +
90° - -10,0
natensystem verschwenkt sein können. Zur Berech- 84°
nung der Hauptspannungen s. Abschn. 3.7.2.1; für den 1,0 45° -1,0
ebenen Spannungszustand folgen die Hauptspannun-
gen aus Gl. (3.144), der zugehörige Winkel ˛ 0 zwi- +

schen den Hauptspannungsrichtungen und dem x-z- 10,0 0

Koordinatensystem ergibt sich nach Gl. (3.143): s1 a‘ s2


r
x C z x  z 2 b Hauptspannungen und Hauptspannungsrichtung
1;2 D ˙ C xz
2 ; (7.13)
2  2

Abbildung 7.4a,b Spannungen eines ungerissenen, biege- und
1 2xz querkraftbeanspruchten Trägersteges nach der technischen Bie-
˛ 0 D arctan : (7.14) getheorie (˛ 0 bezeichnet hier den Winkel zwischen der Haupt-
2 x  z zugspannung 1 und der Bauteilachse)
Zur anschaulichen Darstellung der Zusammen-
hänge zwischen den Normal- und Schubspannun-
gen des jeweils betrachteten Koordinatensystems
(! x ; z ; xz ) und den Hauptspannungen (! 1 ; 2 ) nungstrajektorien. Bei einer Längsdruckkraft sind die
eignet sich der Mohr’sche Spannungskreis (s. Hauptdruckspannungen auf Höhe der Schwerachse fla-
Abb. 3.49). cher geneigt, bei einer Längszugkraft dem entspre-
Ausserhalb der Diskontinuitätsbereiche (Lastein- chend steiler (Abb. 7.5).
leitung, Querschnittsänderung, etc.) von homogen- Neben der Richtung wird auch die Lage der Haupt-
elastischen Balken – also in den B-Bereichen – gilt die spannungsmaxima durch Längskräfte beeinflusst.
Technische Biegelehre. Hier können die senkrecht zur Während bei einem Rechteckquerschnitt für reine
Stabachse gerichteten Spannungen z vernachlässigt Biegung die Größtwerte der Hauptzugspannungen
werden. Damit folgt für die Hauptspannungen: immer am unteren Querschnittsrand auftreten (vgl.
q Abb. 7.4), wandert 1;max mit Längsdruckkräften (z. B.
x 1
1;2 D ˙ x2 C 4xz
2 : (7.15) Vorspannung) in den Steg.
2 2
In Höhe der Längsspannungs-Nulllinie herrscht we-
gen x D z D 0 ein reiner Schubspannungszustand;
die Hauptspannungen verlaufen gemäß Gl. (7.14) un- q
ter 45ı bzw. 135ı gegen die Stabachse geneigt. Am
unteren und oberen Bauteilrand folgt wegen xz D N N

zx D 0 für die Randfasern 1;2 D x =2 ˙ jx j=2


(vgl. Abb. 4.2a). Ausschnitt
In Abb. 7.4 sind für einen Rechteckquerschnitt die tzx
Normal- und Schubspannungen x und xz bzw. die s1
zugehörigen Hauptspannungen mit Richtung darge-
stellt. txz
s2
b
N=0 b = 45° N<0 b < 45° N>0 b > 45°
Einfluss von Längskräften

Normalkräfte beeinflussen die Richtung der Haupt- Abbildung 7.5 Einfluss einer Normalkraft auf die Hauptspan-
spannungen und damit den Verlauf der Hauptspan- nungsrichtungen in Höhe der Schwerachse
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung 239

Fu = 265 kN Querschnitt Versuch l

2 1,5
2 27 32 3,0
5
6 4,0
1,15
2 26 6,0
Fu = 60 kN 8
19
fcm » 30 N/mm 2 10 8,0
5

1,95
Fu = 60 kN
6

2,35
Fu = 64 kN
8

3,60
Fu = 48 kN
10

4,70

Abbildung 7.6 Balken ohne Querkraftbewehrung bei Belastung durch Einzellasten – Zustand nach dem Versagen (nach Leonhardt
u. Walther 1962)

7.3 Bemessung von Bauteilen entwickeln sich aus Biegerissen. In Abb. 7.6 sind für
ohne Querkraftbewehrung fünf Balken aus Leonhardt u. Walther (1962) mit unter-
schiedlicher Schubschlankheit  die nach dem Bruch
aufgenommenen Rissbilder dargestellt.
Anhand des in Kap. 6 vorgestellten Tragverhaltens ei-
nes biegebeanspruchten Bauteils wurde deutlich, dass
das Tragvermögen des Verbundbaustoffs Stahlbeton
7.3.1.1 Tragverhalten im Versuch
nur effektiv genutzt werden kann, wenn durch Rissbil-
dung die zum Gleichgewicht erforderlichen Zugkräfte
Zunächst werden die Balken , 5  6 und  8 betrachtet.
auf die Bewehrung übertragen werden. Die Betrach-
Sie weisen trotz unterschiedlicher Schubschlankhei-
tung der Querkrafttragmechanismen im ungerissenen
ten ähnliche Rissbilder, Versagensabläufe und Bruch-
Querschnitt dient damit vorwiegend dem Verständnis
lasten auf. Mit zunehmender Belastung setzt sich bei
der Rissentwicklung, ist aber für die Bestimmung der
diesen Balken ein Biegeschubriss – der sog. kritische
Querkrafttragfähigkeit nur in wenigen Fällen von Be-
Schubriss – mit sehr geringer Neigung etwa in Höhe
deutung.
der Dehnungsnulllinie des gerissenen Querschnitts in
Richtung der Lasteinleitung fort. Gleichzeitig schreitet
der kritische Schubriss in Höhe der Längsbewehrung
horizontal auf das Auflager zu. Der kritische Schub-
7.3.1 Tragverhalten bei gerissenem, riss trennt Druck- und Zuggurt voneinander; mit zu-
unbewehrtem Trägersteg nehmender Klaffung des Risses setzt eine Umlagerung
der inneren Kräfte hin zu einem Sprengwerk, dessen
Wird bei zunehmender Belastung die Betonzugfes- Zugband die Längsbewehrung ist, ein. Mit dem Errei-
tigkeit am unteren Bauteilrand überschritten, stellen chen der kritischen Schubrisslast wächst der Schubriss
sich Risse ein, die ungefähr senkrecht zu den Haupt- progressiv in die Druckzone hinein. Die verbleiben-
zugspannungstrajektorien verlaufen. Während sich die de Druckzone reicht nicht mehr aus, um die kombi-
Biegerisse im Bereich M D const. nahezu vertikal nierte Biege- und Querkraftbeanspruchung aufzuneh-
ausrichten, sind die Biegeschubrisse im querkraftbean- men, versagt auf Druck oder weicht nach oben aus. Die
spruchten Bereich zur Feldmitte hin geneigt. Letztere Maximallast bei dem schlagartig auftretenden Biege-
240 7 Querkraft

zerstörter Beton
schubversagen entspricht demnach der Schubrisslast.
Das instabile Wachstum des kritischen Biegeschubris-
ses ist die primäre Versagensursache; das Versagen der
Druckzone lediglich eine Folge davon.
Die beiden Balken  2 und 10 zeigen dagegen an-
dere Versagensbilder mit abweichenden Bruchlasten. a Biegeschubversagen
Die Bruchlast des gedrungenen Balkens  2 ist gegen- Diagonalriss
über den weiteren Versuchsbalken sehr viel höher; der
Bruch tritt durch ein Versagen der Biegedruckzone im
Bereich M D const. ein. Zwar zeigt sich auch hier ein
Biegeschubriss, allerdings gelingt wegen der sehr ge- Riss setzt sich im Gurt fort
ringen Schubschlankheit die Umlagerung der inneren b Stegzugversagen
Kräfte in ein Sprengwerk. Große Teile der Einzellas-
ten werden durch das Sprengwerk unmittelbar in die
Auflager geleitet.
Der schubschlanke Balken  10 weist die gegenüber
den anderen Balken geringste Versagenslast auf. Aller-
dings wird hier – im Unterschied zu den Balken , 5 c Verankerungsversagen
6 und  8 – die Querkrafttragfähigkeit nicht ausge-
Abbildung 7.7a–c Versagensarten bei Trägern ohne Querkraft-
schöpft. Noch vor einem Biegeschubversagen tritt ein bewehrung
Biegedruckbruch im Bereich M D const. ein.

7.3.2 Tragmodelle und Tragmechanismen


7.3.1.2 Versagensarten

Bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung treten folgen- Wegen der bei einem Biegeschubversagen ablau-
de, unmittelbar auf die Querkraftbeanspruchung zu- fenden, äußerst komplexen Vorgänge ist es bisher
rückzuführende Versagensmechanismen auf: noch nicht gelungen, ein allgemein anerkanntes,
mechanisch begründetes Tragmodell zu entwickeln,
• Biegeschubversagen mit dem die Versagenslast zuverlässig vorhergesagt
Wie erläutert, wird die Biege- und Querkrafttragfä- werden könnte. Derzeit existieren eine Reihe von
higkeit durch das Vordringen des kritischen Schub- Modellvorstellungen, die zumindest einzelne Trag-
risses in die Druckzone erschöpft; es kommt zum mechanismen klar wiedergeben; z. T. gegensätzliche
schlagartigen Versagen (Abbn. 7.6 und 7.7a). Ansichten herrschen allerdings bei der Frage der
• Stegzugversagen realistischen Kombination der Mechanismen. Neben
Bei profilierten Trägern mit dünnen Stegen und aus- reinen Bogen-Zugband-Modellen, einem dreiteiligen
geprägten Gurten insbesondere in Kombination mit Querkraftmodell nach Specht u. Scholz (1995) oder
Vorspannung kann die Hauptzugspannung im Steg den Modellen in Fischer (1997) und Zink (2000) be-
die Betonzugfestigkeit überschreiten, während der sitzen vor allem die Kamm- bzw. Zahnmodelle große
Zuggurt noch ungerissen ist (Diagonal- oder Ste- Bedeutung. Parallel zu den mechanischen Modellen
grissbildung). Der Riss setzt sich in den Zug- und existieren empirische Ansätze (u. a. Kordina u. Blume
Druckgurt fort und führt ähnlich dem Biegeschub- 1985; Remmel 1994).
versagen zum schlagartigen Bruch (Abb. 7.7b). In der Mehrheit der Regelwerke, so auch in
• Verankerungsversagen DIN 1045-1 und EN 1992-1-1, sind derzeit empirische
Bei ungenügender Verankerung der Bewehrung Modelle enthalten.
über dem Auflager kann es durch den bei stei-
gender Belastung entlang der Biegezugbewehrung
fortschreitenden Riss (Dübelriss) und ein da- 7.3.2.1 Sprengwerk bzw. Bogen mit Zugband
mit verbundenes Absprengen der Betonschale
unterhalb der Bewehrungslage mit dem damit Für eine Belastung durch Einzellasten stellt ein
einhergehenden Anstieg der Betonstahlzugkraft im Sprengwerk mit Zugband den idealen Tragmechanis-
Auflagerbereich zum plötzlichen Herausziehen der mus („Stützlinie“) dar; bei Gleichstreckenlasten ist
Bewehrungsstäbe kommen. (Abb. 7.7c). dies ein parabelförmiger Druckbogen mit Zugband
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung 241

Fc

a Einzellasten - Sprengwerkwirkung
Fs

a Zahnmodell

b Gleichlast - Bogenwirkung Fc+ DFc


x Fc
Abbildung 7.8a,b Sprengwerk-Zugband-Modell bei Einzellas-
ten bzw. Bogen-Zugband-Modell bei Gleichstreckenlasten im Vcc
Vergleich mit dem Rissbild nach dem Versagen (Rissbilder aus
Leonhardt u. Walther 1962)
d-x Vcr

(Abb. 7.8). Wegen der günstigen Abtragung der Fs


Fs+ DFs
Lasten über Druckkräfte wird bei diesen Modellen die Vd

Tragfähigkeit durch den Biegewiderstand in Feldmitte scr


begrenzt.
b einzelner Betonzahn
Die Umlagerung der inneren Kräfte hin zu einem
Sprengwerk bzw. einem Bogen setzt allerdings die un- Abbildung 7.9a,b Zahnmodell zur Beschreibung des Tragver-
haltens von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung
beschränkte Verformbarkeit der Werkstoffe, d. h. plas-
tisches Verhalten voraus. Da letztere insbesondere für
Beton nicht gegeben ist, können sich Sprengwerk bzw.
Bogen als Lösung der Plastizitätstheorie nicht in jedem Druckzone kontinuierlich verbundene Betonelement,
Fall einstellen (Muttoni 1990, 2003). Beispiel hier- das den Abbau der Bewehrungszugkräfte ermöglicht
für sind die in Abb. 7.8 für zwei Balken aus Leon- und die Verbindung zwischen Druck- und Zuggurt her-
hardt u. Walther (1962) mit ähnlicher Schubschlank- stellt (Abb. 7.9). Die Querkraft wird dabei durch fol-
heit dargestellten Rissbilder. In beiden Fällen durch- gende Traganteile abgetragen:
trennt ein Biegeschubriss die theoretische Druckstrebe;
zudem zeigen Versuchsergebnisse, dass die Spannung Vcc Querkraftanteil der Biegedruckzone
der Biegezugbewehrung nicht wie bei einem Zugband Vcr Querkraftanteil aus der Rissverzahnung
konstant ist, sondern zum Auflager hin abnimmt. Le- Vd Querkraftanteil aus der Dübelwirkung der
diglich bei gedrungenen Balken kann die unmittelbare Längsbewehrung.
Abtragung der Lasten in das Auflager über ein Spreng-
werk realisiert werden (vgl. Balken  2 aus Abb. 7.6). Der Anteil der einzelnen Mechanismen an der Quer-
Bei größeren Schubschlankheiten müssen neben der krafttragwirkung hängt vom Verformungszustand des
Sprengwerk- bzw. Bogenwirkung zusätzliche Tragme- Balkens, d. h. der Verformung der Betonzähne gegen-
chanismen aktiviert werden. einander ab und ist daher mit der Belastung veränder-
lich. Eine Kopplung der einzelnen Tragmechanismen
muss daher über Verträglichkeitsbedingungen der Ver-
7.3.2.2 Zahnmodell formungen erfolgen.

Ausgehend von einer stark idealisierten Rissgeome-


trie werden für die Beschreibung des Tragverhaltens Querkrafttraganteil der Druckzone
eines Trägers ohne Querkraftbewehrung für den Bal-
kenabschnitt zwischen Lasteinleitung und ungerisse- Die über die Druckzone abgetragene Querkraft stellt
nem Auflagerbereich sog. Kamm- oder Zahnmodelle einen wesentlichen Anteil der gesamten Querkraft-
gewählt (u. a. Kani 1964, 1966; Fenwick u. Paulay tragwirkung. Wird in der Druckzone eine lineare
1968; Jungwirth 1970; Taylor 1974; Hamadi u. Re- Druckspannungsverteilung unterstellt, lässt sich die
gan 1980; Reineck 1990). Der Betonzahn ist da- Druckzonenhöhe eines einfach bewehrten Recht-
bei das durch Biegeschubrisse begrenzte und mit der eckquerschnitts für N D 0 aus der Lösung einer
242 7 Querkraft

quadratischen Gleichung berechnen:1 horizontaler Riss, der sog. Dübelriss, der entlang der
q Längsbewehrung fortschreitet und zum Absprengen
x
 D D ˛s2 l2 C 2˛s l  ˛s l ; (7.16) der Betondeckung führen kann (vgl. Balken , 5 6 und
d
Es Asl 8 in Abb. 7.6). Parallel dazu wird der über Dübelwir-
mit ˛s D I l D : kung aufnehmbare Querkraftanteil reduziert und muss
Ec bw  d
durch andere Tragwirkungen kompensiert werden.
Die Druckzonenhöhe ist damit neben den elastischen Neben Betonzugfestigkeit und Geometrie des Bal-
Verformungseigenschaften von Beton und Bewehrung kensteges wird die Biegesteifigkeit der Bewehrung für
allein vom Querschnitt der Biegezugbewehrung Asl ab- Vd bestimmend. Das Fortschreiten des Horizontalrisses
hängig. Parallel zu x steigt mit wachsendem l der in Richtung Auflager und damit verbunden der Ausfall
Querkraftanteil der Druckzone an. der Dübelwirkung ist nach Fischer (1997) eine Voraus-
setzung für die weitere Rotation der Betonzähne ge-
Rissverzahnung geneinander und damit für das Vordringen des Biege-
schubrisses in die Druckzone. Die Dübelwirkung wird
Durch den gekrümmten Verlauf des Biegeschubrisses meist über die elastische Bettung der Längsbewehrung
bewirkt die Rissöffnung wcr gleichzeitig eine vertika- beschrieben; ein grundlegender, an separaten Probe-
le Relativverschiebung vcr der Rissufer gegeneinan- körpern ermittelter Ansatz wird in Baumann u. Rüsch
der. Damit können Rissverzahnungsspannungen zwi- (1970) vorgestellt und in Hamadi u. Regan (1980);
schen den Rissufern aktiviert werden, deren vertikale Vintzeleou u. Tassios (1986) bestätigt (vgl. auch Ab-
Komponenten einen Teil der einwirkenden Querkraft schn. 3.7.3.2).
kompensieren (Abb. 7.10). Wie in Abschn. 3.7.3.1 be-
schrieben, ist die Höhe der Rissverzahnungsspannung
von zahlreichen Faktoren, z. B. der Betondruckfestig- Zahnbiegung
keit abhängig.
Aus der Einspannung des Betonzahns in der Druck-
zone, der sog. Konsolenwirkung des Zahns (vgl. Mut-
Dübelwirkung der Längsbewehrung toni 2003), entstehen am auflagerseitigen Rand Zug-
spannungen (Abb. 7.9). Wenn diese die Betonzugfes-
Die Längsbewehrung verbindet benachbarte Beton- tigkeit überschreiten, pflanzt sich der Biegeschubriss
zähne und kann durch Dübelwirkung Querkräfte über- annähernd parallel zum unteren Rand der Druckzone
tragen. Zur Aktivierung der Dübelwirkung ist ein ge- fort. Der Ausfall der Biegeeinspannung geht demnach
genseitiger vertikaler Versatz der Rissufer erforderlich,
der aus der Öffnung des schrägen Biegeschubrisses
herrührt (Abb. 7.10). Die durch Rissuferverschiebung
fct sc
aktivierte Dübelkraft Vd belastet die Betondeckung des
benachbarten Zahns und muss über Betonzugspannun-
gen zwischen den Bewehrungsstäben nach oben ge- Vd Vd Vd
hängt werden. Bei hoher Dübelkraft bildet sich ein ds
c c+
2

~ ds
w cr
bw

j
scr b Zugspannungen in der
a Bettungsspannungen
Bewehrungsebene
tcr tcr
Vd
Biegeriss Vd Abplatzen der
scr
vcr Betondeckung
wcr ~
~ v j Vd /2
vcr cr Dübelriss
a Kinematik am Biegeschubriss
(überhöht) ~
w cr
Fs Rissöffnung
b Kinematik Rissverzahnung Dübelanriss
d Zusammenhang zwischen
c Dübelriss
Abbildung 7.10a,b Verzahnung der Rissufer Dübelkraft und Öffnung
des Dübelrisses
1 Abbildung 7.11a–d Dübelwirkung der Längsbewehrung
Die Herleitung der Gl. (7.16) folgt in Abschn. 10.4.3.
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung 243

dem Querkraftversagen als Folge des instabilen Schub- d . Bezogen auf die Gesamttragfähigkeit des Quer-
risswachstums voraus. schnitts ist VBPZ bei hohen Trägern von untergeordne-
ter Bedeutung, während er bei Trägern mit kleinem d
einen deutlich größeren Anteil einnimmt (Abb. 7.12).
Maßstabseffekt – Querkraftanteil
der Bruchprozesszone
Einfluss von Längskräften
Die in Versuchen an Balken ohne Querkraftbeweh-
rung erzielte Bruchlast steig nur unterproportional mit
Längsdruckkräfte haben durch die größere Druckzo-
d an (Leonhardt u. Walther 1962; Bažant u. Kaze-
nenhöhe und damit die verstärkte Übertragung von
mi 1991). In Reinhardt (1981) wird dargelegt, dass
Querkräften in der ungerissenen Druckzone einen
der Einfluss der Bauteilhöhe auf den Maßstabseffekt
deutlich positiven Einfluss auf die Querkrafttragfähig-
zurückzuführen ist, der ähnlich bei vielen Problemen,
keit.
die mit dem Rissfortschritt in spröden Materialien
Für Normalkräfte aus Vorspannung ist die Tragfä-
verknüpft sind, auftritt. Ein klassisches Beispiel für
higkeitserhöhung anschaulich durch die Überlagerung
die Auswirkungen des Maßstabseffekts sind Biegezug-
des Zahnmodells mit einem Sprengwerk, dessen Zug-
versuche an Betonprismen (vgl. Abb. 3.12d). Maß-
band vom Spannbewehrungsstrang gebildet wird, dar-
stabseinflüsse bei Betonbauteilen können mit Hilfe
zustellen (Zink 2000). Gleichzeitig führen Drucknor-
der Bruchmechanik quantifiziert werden (Bažant u. a.
malkräfte zu tendenziell flacher gegen die Trägerach-
1994).
se geneigten Rissen. Umgekehrt bewirken Zugnormal-
In Zink (2000) wird ein anschauliches Erklärungs-
kräfte eine Verminderung der Querkrafttragfähigkeit.
modell aufbauend auf der Zugkraftübertragung bei
einsetzender Rissbildung vorgestellt. Demnach wer-
den unmittelbar an der Rissspitze des Biegeschubris-
Zusammenwirken der verschiedenen Anteile
ses, in der Bruchprozesszone, im begrenzten Umfang
noch Zugspannungen übertragen, die dem abfallen-
Zur Aktivierung der verschiedenen Anteile der Quer-
den Ast der Zugspannungs-Rissöffnungs-Beziehung
krafttragfähigkeit sind Verformungen des Betonzahns
zugeordnet sind (vgl. Abschn. 3.1.3). Die vertika-
gegenüber den benachbarten Zähnen bzw. gegenüber
len Komponenten der Zugspannungen steht damit zur
der Druckzone erforderlich. Die mit zunehmender Be-
Querkraftabtragung zur Verfügung. Ausgehend von
lastung entlang der Längsbewehrung fortschreitenden
der Überlegung, dass die Länge der Bruchprozesszo-
Risse oder der Ausfall der Zahneinspannung bewirken
ne nur mit den Materialeigenschaften des Betons, nicht
jeweils Umlagerungen von Kraftanteilen hin zur Riss-
aber mit der Bauteilhöhe verknüpft ist, ist der Quer-
verzahnung bzw. zum Druckgurt. Mit zunehmender
kraftanteil der Bruchprozesszone VBPZ unabhängig von
Belastung orientiert sich der innere Kräftezustand nach
der Sprengwerk- bzw. Bogen-Zugband-Wirkung. Eine
vollständige Umlagerung zu Sprengwerk oder Bogen
Prozesszone txz sx
ist allerdings abhängig von der Schubschlankheit des
x
Bauteils und den ggf. wirkenden Längskräften. Eine
45° Addition der einzelnen Anteile zur Gesamttragfähig-
keit ist angesichts der z. T. versetzt wirksamen Mecha-
s
nismen nicht möglich. Mit dem Zahnmodell gelingt
Fs 0,3..0,5 . lch = const. es u. a. in Reineck (1990) unter Verwendung von Ver-
träglichkeitsbedingungen der Zahnverformungen, Ver-
Prozesszone sx suche nachzurechnen.
txz
x

45° max txz = s1 = fct


7.3.3 Bemessung
s

0,3..0,5 . lch = const. Da das Versagen eines Bauteils ohne Querkraftbeweh-


rung durch die Bildung eines kritischen Schubrisses
Fs
eingeleitet wird, muss nachgewiesen werden, dass die
Abbildung 7.12 Maßstabseffekt (nach Zink 2000) Beanspruchungen unter der Schubrisslast bleiben. Hier
244 7 Querkraft

muss zwischen zwei Versagensmechanismen differen- tonbalken in der Lage, Querkräfte zu übertragen, so-
ziert werden, der Entwicklung des Schubrisses aus lange sie ungerissen bleiben. Eine untere Grenze der
Biegerissen (! Nachweis für gerissene Trägerstege) Querkrafttragfähigkeit ist daher durch die Biegezug-
und dem bei profilierten, vorgespannten Trägern auf- festigkeit des jeweiligen Querschnittes gegeben. Zum
tretenden Diagonalriss (! Nachweis durch Begren- anderen zeigen Erfahrungen mit Fahrbahnplatten oh-
zung der Hauptzugspannungen). ne Querkraftbewehrung bei Brücken, dass erhebliche
Querkraftbeanspruchungen ohne langfristige Schäden
ertragen werden können.
7.3.3.1 Nachweis für gerissene Trägerstege In DIN 1045-1 wurde daher mit der Fassung
2008 ein Ausdruck für die Mindestquerkrafttragfä-
Wie eingangs erläutert, fehlt bislang für gerissene higkeit vmin unabhängig vom Längsbewehrungsgrad
Trägerstege ohne Querkraftbewehrung ein allgemein aufgenommen, der EN 1992-1-1 entstammt und
anerkanntes Versagensmodell. Die Nachweisformate ähnlich bereits in DIN-Fachbericht 102 enthalten war.
in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 gehen daher auf einen Eine Überprüfung der Mindestquerkrafttragfähigkeit
im ModelCode 90 angegebenen, semi-empirischen vmin D 0;035 3=2fck1=2 nach EN 1992-1-1 anhand von
Ansatz zurück. Dabei werden die identifizierten Versuchsergebnissen zeigt allerdings, dass das gefor-
Haupteinflussgrößen: derte Sicherheitsniveau für Balken mit d > 0;6 m
nicht mehr erreicht wird (vgl. Reineck 2007). In
• Zugfestigkeit des Betons
DIN 1045-1 findet sich daher ein abgeminderter
(! Rissbildung im Steg, Zahneinspannung, Dübel-
wirkung), Wert für hohe Balken, der auch in das NA D
• Längsbewehrungsgrad übernommen wurde.
(! Druckzonenhöhe, Dübelwirkung, Rissbreiten- Die Bemessungsansätze nach DIN 1045-1 und
beschränkung für Rissverzahnung), EN 1992-1-1 (Gln. 7.17 und 7.19) zeigen gleichzeitig,
• Steggeometrie dass durch eine Erhöhung der Biegezugbewehrung
(Steghöhe d ! Maßstabseffekt; Stegbreite bw ! Asl (! l ) die Querkrafttragfähigkeit von Bauteilen
Querschnitt), ohne Querkraftbewehrung deutlich angehoben werden
• Längskraftbeanspruchung kann. Da mit steigendem Bewehrungsgrad allerdings
(! Druckzonenhöhe, Rissverzahnung) auch die Verformungsfähigkeit bei einem Biegeversa-
gen abnimmt (vgl. Abb. 6.11), wurde der anrechenbare
deterministisch zu einem Bemessungsansatz ver- Bewehrungsgrad l auf 2% begrenzt. Damit soll ver-
knüpft, dessen Freiwerte mit Hilfe einer Regressi- mieden werden, dass überbewehrte Bauteile, die bei
onsanalyse an Versuchsergebnisse angepasst werden. Biegebeanspruchung ohne Ankündigung versagen,
Da die Betonzugfestigkeit i. Allg. nicht durch geplant werden, nur um den Nachweis für Bauteile
Konformitätskontrollen erfasst ist, wird in den Be- ohne Querkraftbewehrung zu erfüllen. Um die daraus
messungsansätzen statt dessen der i. Allg. mit der entstehende Benachteiligung höherfester Betone zu
Zugfestigkeit korrelierte charakteristische Wert der vermindern, wäre allerdings eine Begrenzung des
einachsialen Druckfestigkeit verwendet (vgl. Ab- mechanischen Bewehrungsgrades !l D l  fyd =fcd
schn. 3.1). Die optimale Anpassung an experimentelle sinnvoller (vgl. DAfStb 2003).
Versagenslasten ist durch fct  fck1=3 zu erzielen.
Normenregelung nach DIN 1045-1
Der maßgebende, empirisch ermittelte Vorfaktor in
Nach DIN 1045-1, 10.3.3 ist für Bauteile ohne Querkraft-
den Bemessungsgleichungen (0,10 nach DIN 1045-1 bewehrung nachzuweisen, dass im kritischen Querschnitt
bzw. 0;18=c D 0;12 nach EN 1992-1-1) hängt ent- der Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd den
scheidend von den zur Auswertung herangezogenen Bemessungswert des Bauteilwiderstands ohne Querkraft-
Versuchsergebnissen und dem zugrunde gelegten Si- bewehrung VRd;ct nicht übersteigt:
 
cherheitskonzept ab (vgl. Hegger u. a. 1999a; Zilch 0;15
VRd;ct D  1 .100l fck /1=3  0;12cd bw d (7.17)
u. a. 1999). c
Da für den in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthal-  Œmin  0;12cd   bw d : (7.18)
tenen Bemessungsansatz eine multiplikative Verknüp-
In den Gln. (7.17) und (7.18) bedeuten:
fung der Einflussgrößen l , fck und d gewählt wurde,
ergibt sich für Bauteile mit geringer bzw. ohne Längs- c Teilsicherheitsbeiwert für bewehrten Beton, vgl. Ta-
belle 2.5
bewehrung eine sehr geringe bzw. keine Querkraft- 1 Korrekturbeiwert
tragfähigkeit. Dies widerspricht allerdins dem realen D 1;0 für Normalbeton, für Leichtbeton vgl. Ab-
Tragverhalten: Zum einen sind auch unbewehrte Be- schn. 3.3, Gl. (3.93)
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung 245

 Einflussqder Bauteilhöhe (Maßstabsfaktor) In den Gln. (7.19) und (7.20) bedeuten:


D 1 C 200 d
 2;0 ; mit d in mm;
l Längsbewehrungsgrad CRd;c Kalibrierfaktor ! NDP (Tabelle 7.1)
D bA sl
w d
 0;02; 1 Korrekturbeiwert analog DIN 1045-1
Dabei ist Asl die Fläche der Zugbewehrung, die min-
destens um das Maß d über den betrachteten Quer- k Einflussqder Bauteilhöhe (Maßstabsfaktor)
schnitt hinaus geführt und dort wirksam verankert D 1 C 200 d
 2;0 ; mit d in mm
wird (Abb. 7.13). Bei Vorspannung mit sofortigem
Verbund darf die Spannstahlfläche voll auf Asl an- l Längsbewehrungsgrad; Abb. 7.13 für Asl gilt analog;
gerechnet werden. D bA sl
w d
 0;02
cd Bemessungswert der Betonspannung in Höhe des bw kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone
Schwerpunkts infolge Längskraftbeanspruchung
(aus äußeren Lasten oder infolge Vorspannung, cp Bemessungswert der Betonspannungen
Druckspannungen negativ) D NAc
Ed
< 0;2  fcd
D N Ed NEd ist der Bemessungswert der Normalkraft aus
Ac
bw kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone Last und Vorspannung (Druck positiv)
des Querschnittes k1 Beiwert zur Anrechnung der Normalspannung
d statische Nutzhöhe ! NDP (Tabelle 7.1)
min Mindestwert der bezogenen Querkrafttragfähigkeit vmin Mindestwert der Querkrafttragfähigkeit
D 1c   3=2  fck1=2 ! NDP (Tabelle 7.1)
1 Beiwert zur Berechnung der Mindestquerkrafttragfä-
higkeit Nach EN 1992-1-1, 6.2.2 (6) darf VRd;c nach den
D 0;0525 für d  600 mm Gln. (7.19) und (7.20) auch für den Nachweis aufla-
D 0;0375 für d  800 mm gernahen Lasten u.a. für Konsolen verwendet werden.
Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden. Für diesen Fall ist die schräge Druckstrebe zusätzlich
nach Gl. (7.21) für die nicht abgeminderte Querkraft VEd
Normenregelung nach EN 1992-1-1 nachzuweisen (s. Abschn. 7.6.1).
Die Querkrafttragfähigkeit von Bauteilen ohne rechne-
risch erforderliche Querkraftbewehrung ist in EN 1992-1- VEd  0;5bw dfcd (7.21)
1, 6.2.2 (1) und 11.6.1 (Leichtbeton) weitgehend identisch
zu DIN 1045-1 festgelegt. Der Bemessungswert des Quer-
kraftwiderstandes VRd;c ist In Gl. (7.21) ist  ein Abminderungsbeiwert zur Berech-
h i nung der effektiven Druckfestigkeit gerissenen Betons, der
VRd;c D CRd;c 1 k .100l fck /1=3 C k1 cp bw  d (7.19) länderspezifisch festgelegt werden kann (Tabelle 7.1; vgl.
 hierzu auch Abschn. 3.7.4).
 vmin 1 C k1 cp bw d : (7.20)

2 1 2 1 Tabelle 7.1 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum


lb,eff d lb,eff d d
Nachweis von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung

NDP EU D A
45° 45°
C 0;18=c 0;15=c
CRd;c EU
Asl LC 0;15=c 0;15=c
Asl
VEd C 0;15 0;12
VEd
k1 EU
LC 0;15 0;15
V p 1
p
C 0;035 k 3 fck k 3 fck a
vmin p c
EU
LC 0;028 k 3 fck 0
M
C 0;6 .1  fck =250/
 0;675b EU
1 ... maßgebender Schnitt für die Querkraftbemessung (Beispiele) LC 0;5 .1  fck =250/
2 ... zugehöriger maßgebender Schnitt für Asl a
mit 1 D 0;0525 für d  600 mm und 1 D 0;0375 für d > 800 mm;
Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden.
a Endauflager b Zwischenauflager b
gilt für Querkraft allgemein; für Betonfestigkeitsklassen C55/67
bzw. LC55/60 und höher ist  mit 1;1  fck =500 zu multiplizieren.
Abbildung 7.13a,b Beispiele für anrechenbare Längsbeweh- Für Nachweise von Schubfugen und torsionsbeanspruchter Bau-
rung Asl nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 teile sind jeweils hiervon abweichende Werte für  festgelegt.
246 7 Querkraft

7.3.3.2 Nachweis durch Begrenzung Normalspannungen x mit dem Schwerpunkt überein


der Hauptzugspannung (Abb. 7.14). Bei wesentlicher Biegebeanspruchung
bei ungerissenen Trägerstegen oder bei gegliederten Querschnitten kann die Lage des
Hauptzugspannungsmaximums verschoben sein (vgl.
Da bei stark gegliederten oder vorgespannten Bautei- Kupfer 1994).
len das Querkraftversagen durch Diagonalrisse im Steg Für den Nachweis der Querkrafttragfähigkeit im
eingeleitet wird, kann die Stegrisslast – die näherungs- GZT muss Gl. (7.25) auf Bemessungsniveau trans-
weise mit der Versagenslast gleichgesetzt wird – über formiert werden. Dabei wurde angesichts des unsi-
den Maximalwert der Hauptzugspannung im Steg be- cheren Wertes der nutzbaren Zugfestigkeit die Haupt-
rechnet werden. Die Stegrissbildung setzt allerdings zugspannung auf einen sehr konservativen Wert be-
voraus, dass der Zuggurt des kritischen Querschnitts grenzt. Gleichzeitig muss ausgeschlossen werden, dass
(vgl. Abschn. 7.6) im Grenzzustand der Tragfähigkeit die Zugfestigkeit bereits durch Zwangspannungen auf-
ungerissen bleibt. Die Hauptzugspannung für z D 0 gezehrt ist.
ist (vgl. Gl. 7.15):
x 1q 2 Normenregelung nach DIN 1045-1
1 D C x C 4xz
2 : (7.22) Wenn nachgewiesen wird, dass die Betonzugspannun-
2 2 gen im Grenzzustand der Tragfähigkeit stets kleiner sind
Die Schubrisslast Vct ist erreicht, wenn 1 mit der Zug- als fctkI0;05 =c mit c für unbewehrten Beton (D 1;8 für
festigkeit des Stegbetons fct identisch ist. Mit ständige und vorübergehende Bemessungssituationen),
Vct  S darf die Querkrafttragfähigkeit in den auflagernahen Berei-
xz D (7.23) chen unter vorwiegend ruhenden Beanspruchungen nach
I  bw Gl. (7.26) nachgewiesen werden (Druck negativ).
folgt aus Gl. (7.22) s
s  2
  I  bw fctkI0;05 fctkI0;05
x 1 Vct  S 2 VRd;ct D   ˛1  cd 
S c c
fct D C x C 4 
2 : (7.24)
2 2 I  bw (7.26)
Wird Gl. (7.24) nach Vct aufgelöst, folgt die Schubriss-
In Gl. (7.26) bedeuten, soweit nicht bereits erläutert:
last zu:
q
I  bw I Trägheitsmoment (Flächenmoment 2. Grades) des
Vct D  fct2  x  fct : (7.25)
S Querschnitts
Der Querschnittspunkt, an dem die größte Haupt- S Statisches Moment (Flächenmoment 1. Grades) des
Querschnitts bezogen auf dessen Schwerpunkt
zugspannung auftritt, stimmt lediglich für Recht-
˛1 Beiwert zur Berücksichtigung einer ggf. noch nicht
eckquerschnitte bei über den Querschnitt konstanten voll wirksamen Vorspannkraft im Bereich der Über-
tragungslänge eines Spannglieds mit sofortigem Ver-
bund
D lx = lbpd  1 für Vorspannung mit sofortigem Ver-
2 -5 0,7 bund
D 1 in den übrigen Fällen
mit lx als Abstand zwischen dem nachzuweisenden
txz sx s1 Querschnitt und dem Beginn der Verankerungslän-
ge des Spannglieds und lbpd als oberem Bemes-
sungswert der Übertragungslänge nach DIN 1045-1,
2 -5 0,77 8.7.6 (6).

Der Nachweis kann für Querschnitte, die näher als h=2 zur
txz sx s1
Auflagervorderkante liegen, entfallen.
beff = 5 .bw
Normenregelung nach EN 1992-1-1
2 -5 Der Nachweis nach EN 1992-1-1, 6.2.2 (2) ist dem Nach-
0,77
weis nach DIN 1045-1 ähnlich, allerdings wird die Anwen-
dung auf Spannbeton-Einfeldträger beschränkt. Gleichzei-
txz sx s1 tig sind geringfügig höhere Hauptzugspannungen zugelas-
bw sen. Der Nachweis erfolgt über Gl. (7.27) (cp ! Druck
positiv):
Abbildung 7.14 Beispiele zur Lage des Maximums der Haupt-
q
zugspannungen in ungerissenen Trägerstegen (nach Kupfer I  bw
1994) VRd;c D  fctd
2
C ˛1  cp  fctd : (7.27)
S
7.3 Bemessung von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung 247

In Gl. (7.27) bedeutet, soweit nicht in Zusammenhang mit ausgeschöpft ist. Da Querkraft- und Biegetragfähigkeit
dem Nachweis in DIN 1045-1 erläutert: von den selben Parametern gesteuert werden – Längs-
fctd Bemessungswert der Zugfestigkeit nach EN 1992-1- bewehrungsgrad l , Druckfestigkeit fck , Bauteilab-
1, 3.1.6 (2) (vgl. Abschn. 3.1.3). messungen, etc. – besteht eine Verknüpfung zwischen
Der Nachweis darf für Querschnitte entfallen, die näher am den Bruchlasten. Anhand eines Balkens mit Recht-
Auflager liegen als der Schnittpunkt zwischen der Schwer- eckquerschnitt und symmetrischer Belastung durch
linie und einer vom Auflagerrand im Winkel von 45ı ge- Einzellasten soll der Zusammenhang erläutert werden
neigten Linie. In EN 1992-1-1 wird darauf hingewiesen, (Abb. 7.15). Die Biegetragfähigkeit des Querschnitts
dass bei Querschnitten mit über die Höhe veränderlicher ist mit z  0;9  d :
Breite die maximale Hauptzugspannung auch außerhalb MRd D As  fyd  z  0;9  l  fyd  bw  d 2 : (7.28)
des Schwerpunkts auftreten kann.
Das bei einem Querkraftversagen erreichte maximale
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen Biegemoment ist für NEd D 0 nach DIN 1045-1:
Der Nachweis nach Gl. (7.27) darf auch auf Bauteile mit
MuV D VRd;ct  a
Normaldruckkraft angewandt werden (˛1 ! 1;0); eine Ver-
wendung für den Nachweis von Elementdecken ist aller- D 0;1.100lfck /1=3 bw d  a (7.29)
dings ausgeschlossen. 1 p 3
   fck  bw d  a : (7.30)
c
Der Quotient der beiden Bemessungswerte der Bruch-
7.3.4 Interaktion von Biegung momente nach Gl. (7.31) ist
(
und Querkraft 0;1.100l fck /1=3
max p
MuV a 1 =c   3 fck
7.3.4.1 Versatzmaß D  : (7.31)
MRd d 0;9  l  fyd
Für den plastizitätstheoretischen Grenzfall der Er beschreibt, welcher Versagensmechanismus maßge-
Sprengwerk-Zugband- bzw. Bogen-Zugband-Wirkung bend wird:
(
nach Abb. 7.8 ist die Zuggurtkraft zwischen den > 1 ) Biegeversagen
MuV
Auflagern konstant und entspricht der Zugkraft im : (7.32)
Querschnitt des maximalen Biegemoments. Diese MRd < 1 ) Querkraftversagen
Tragwirkung stellt sich zwar bei Bauteilen mit Schub- In Abb. 7.15 ist das Verhältnis der Bemessungsmo-
schlankheiten oberhalb   2 nicht ein, dennoch mente in Abhängigkeit der Schubschlankheit  D
bewirkt die Abtragung der Querkraft eine Erhöhung a=d und des Bewehrungsgrades l wiedergegeben; für
der Zuggurtkraft gegenüber der technischen Biege- MuV =MRd > 1 ist die Darstellung gekappt.2 Die Dar-
theorie. Die für Bauteile mit Querkraftbewehrung stellungsweise in Abb. 7.15 geht auf Kani zurück.
anschauliche Begründung folgt in Abschn. 7.4.6. Er bezeichnet die Bereiche, in denen die Querkraft-
Nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 müssen die tragfähigkeit maßgebend wird, d. h. MuV =MRd < 1
Auswirkungen der Querkraftbeanspruchungen auf die ist, als Schubtal (Kani 1966). Im Schubtal wird die
Betonstahlzugkraft durch ein Versatzmaß al D d , Querkrafttragfähigkeit bemessungsentscheidend; d. h.
um das die Zugkraftlinie in Richtung des Momenten- die Biegezugbewehrung kann nicht ausgenutzt wer-
nullpunktes verschoben werden muss, berücksichtigt den.
werden. Im Allgemeinen ist der Zugkraftanteil aus
Querkraft abhängig vom inneren Kräftezustand
und wächst mit zunehmender Belastung an. Das Konsequenzen des „Schubtales“ für die Bemessung
normativ vorgegebene Versatzmaß ist eine obere
Abschätzung (Reineck 1999). Im Allgemeinen werden Balken für die auftretende
Biegebeanspruchung ausgelegt. Der Querkraftbemes-
sung kommt die Aufgabe zu, sicherzustellen, dass
7.3.4.2 Interaktion der Querkraft-
die rechnerische Biegetragfähigkeit auch erreicht wird,
und Biegetragfähigkeit
d. h. dass die Tragfähigkeit nicht durch ein vorzeitiges
Querkraftversagen beschränkt wird:
Wie die Versuchsbalken in Abb. 7.6 zeigen, kann ein
biege- und querkraftbeanspruchtes Bauteil ein Quer- 2
Der günstige Einfluss auflagernaher Einzellasten auf die Quer-
kraftversagen erleiden, bevor die Biegetragfähigkeit krafttragfähigkeit nach Abschn. 7.6.1 ist berücksichtigt.
248 7 Querkraft

MuV
chen, muss das „Schubtal“ durch zusätzliche Quer-
M Rd
kraftbewehrung aufgefüllt werden.
1,0

0,8 7.4 Bemessung von Bauteilen


mit Querkraftbewehrung
0,6

7.4.1 Allgemeines
0,4

0,2 Die Darstellung des „Schubtales“ zeigt eindrucksvoll,


dass für einen breiten Parameterbereich eine Erhöhung
der Querkrafttragfähigkeit durch zusätzliche Beweh-
a
l= rung erforderlich wird. Wie bei reiner Biegebeanspru-
d
chung liegt es nahe, die bei Rissbildung freiwerden-
1,0%
den Zugkräfte durch Bewehrung, die die entstehen-
2
Asl 4 den Risse kreuzt, aufzunehmen. Dies führt – parallel
rl =
bw d 6 rl
8 zu der in Kap. 1 vorgestellten Betrachtung von Span-
l 10 2,0% nungsfeldern des ungerissenen Balkens (Abb. 1.14) –
zu Druck- und Zugstreben, die zwischen den beiden
a
Gurten geneigt verlaufen. Das in Abb. 7.16 dargestell-
fck = 30 N/mm 2
d te Tragmodell entspricht einem statisch bestimmten
d<_ 200 mm ( κ = 2)
Fachwerkträger; das Fachwerkmodell ist daher die zen-
BSt 500
MuV = VRd,ct a trale Modellvorstellung des Kraftflusses bei querkraft-
VRd ,ct bewehrten Bauteilen.

M Rd

a
2,0 4,0 6,0 8,0 10 l=
0% d

Abbildung 7.16 Kraftfluss bei einem Balken mit geneigten Ris-


sen – Idealisierung

1,0%
Schnittebene
Asl MuV Arten der Querkraftbewehrung
rl = = 1,0
bw d M Rd
Wie in Abb. 7.16 angedeutet, muss die Querkraftbe-
wehrung die geneigten Biegeschubrisse kreuzen, um
2,0% wirksam werden zu können. Hierfür existieren ver-
schiedene Bewehrungsformen u. a. (Abb. 7.17):
Abbildung 7.15 Interaktion von Querkraft- und Biegetragfähig-
keit – „Schubtal“ (Bemessungsniveau nach DIN 1045-1; Min- 
1 geneigte Bügel
destquerkraftbewehrung nicht berücksichtigt) Im Winkel ˛ zur Stabachse geneigte Bügel er-
lauben es, die entstehenden Schubrisse im Ideal-
fall senkrecht zu kreuzen. Allerdings ist der Ein-
• Für schubschlanke, gering bewehrte Bauteile – z. B. bau von Schrägbügeln gegenüber anderen Be-
Deckenplatten des üblichen Hochbaus – reicht die wehrungsformen arbeitsintensiver; zudem wird
Querkrafttragfähigkeit i. Allg. aus. das Verdichten durch die oben und unten nicht
• In den übrigen Fällen muss die Querkrafttragfähig- deckungsgleichen Bügel erschwert.
keit durch entsprechende Bewehrung soweit ange- 
2 senkrechte Bügel
hoben werden, dass die rechnerisch angenommene Bei Balken werden heute vorwiegend vertikale
Biegetragfähigkeit erreicht wird. Bildlich gespro- Bügel in Abständen sw angeordnet.
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 249

7.4.2 Tragverhalten bei gerissenem,


a
bewehrtem Trägersteg
sw

1 geneigte Bügel 7.4.2.1 Tragverhalten im Versuch

Bei geringen Beanspruchungen unterscheiden sich


querkraftbewehrte Balken im Tragverhalten noch nicht
sw
Längsbewehrung von Balken ohne Querkraftbewehrung. Erst wenn der
2 senkrechte Bügel Einfluss von Querkräften auf die Rissbildung durch
den zunehmend geneigten Verlauf der Risse sichtbar
a
wird, werden Bügel bzw. Aufbiegungen wirksam.
Im querkraftbeanspruchten Bereich des Steges ver-
laufen die geneigten Biegeschubrisse annähernd paral-
lel zueinander. Sofern keine zusätzlichen Normalkräfte
wirken, nehmen die Risse einen Winkel ˇr  30ı –45ı
3 Querkraftaufbiegungen

Abbildung 7.17 Verschiedene Arten der Querkraftbewehrung gegen die Bauteilachse ein (Abb. 7.18). Die Querkraft-
bewehrung wird erst wirksam, wenn sie durch geneigte
Risse gekreuzt wird. Die Rissöffnung erzeugt dann ei-

3 Querkraftaufbiegungen ne Dehnung in der Bewehrung, die der weiteren Riss-
Ein Teil der am Endauflager statisch nicht mehr öffnung entgegenwirkt. Die Biegeschubrisse dringen
erforderlichen Biegezugbewehrung kann im damit erheblich langsamer in die Druckzone vor. Die
Winkel ˛ in die Druckzone geführt und dort Wirksamkeit verschiedener Querkraftbewehrungsarten
verankert werden. Bei Balken müssen Auf- zeigt sich deutlich durch ihre Eigenschaft, die Öff-
biegungen grundsätzlich durch Bügel ergänzt nung der Biegeschubrisse in Abhängigkeit der Quer-
werden, die die Aufbiegungen umschließen. kraftbeanspruchung zu begrenzen (Abb. 7.19). Bügel,
die um ˛ D 45ı –60ı geneigt sind und damit die Ris-
Ein Teil der Bügelbewehrung kann durch Querkraftzu- se annähernd senkrecht kreuzen, zeigen die höchste
lagen in Korb- oder Leiterform ersetzt werden (s. Ab- Wirksamkeit. Aufbiegungen sind im Unterschied da-
schn. 15.5.1). zu – wegen der i. d. R. größeren Abstände in Balken-
Die Querkraftbewehrung wird i. Allg. als Quer- längsrichtung – weniger effektiv. Mit der Beschrän-
schnittsfläche je Längeneinheit kung der Schubrissöffnung durch Bügel, Aufbiegun-
Asw gen, etc. wird allerdings im Vergleich zu Bauteilen oh-
asw D (7.33) ne Querkraftbewehrung die Rissverzahnungswirkung
sw
wesentlich verbessert. Grundsätzlich muss die Quer-
mit sw als Abstand der einzelnen Bewehrungselemente kraftbewehrung in der Lage sein, die bei Auftreten ei-
in Balkenlängsrichtung angegeben. Die Bemessungs- nes Biegeschubrisses frei werdende Zugkraft aufzu-
modelle setzen eine annähernd kontinuierliche Beweh- nehmen. Wie bei Biegebeanspruchung wird daher ei-
rung des Trägersteges voraus; hierfür werden in Nor- ne Mindestmenge an Trägerstegbewehrung erforder-
men maximale Abstände sw;max der Bügel, Aufbiegun- lich, die an der Schubrisslast des Trägers orientiert ist
gen, etc., zueinander vorgegeben. (s. Abschn. 7.5).

F F

Abbildung 7.18 Plattenbalken mit Querkraftbewehrung aus vertikalen Bügeln bei Belastung durch Einzellasten – Zustand nach
dem Versagen (nach Leonhardt u. Walther 1962)
250 7 Querkraft

F F zerstörter Beton

Schubrissbreiten wmax

1 1 ohne Querkraftbewehrung

2 aufgebogene Stäbe
3
Bügel fließt
4 a Biegeschubversagen
3 vertikale Bügel

F
Last 4 schräge Bügel

Abbildung 7.19 Wirksamkeit der Querkraftbewehrung – Ab-


hängigkeit der Schubrissbreite vom Typ der Querkraftbeweh- Bügel fließt
rung (nach Leonhardt 1974)
b Stegzugversagen

7.4.2.2 Versagensarten

Durch die Anordnung von Querkraftbewehrung zerstörter Beton


kann die Querkrafttragfähigkeit erheblich gesteigert
c Stegdruckversagen
werden. In Abhängigkeit der Bewehrungsgrade
von Biegezug- und Querkraftbewehrung, der Trä- Druckzone
gergeometrie und insbesondere des Verhältnisses
der Stegdicke zur Breite der Druck- und Zuggurte Fc Fcw
treten unterschiedliche Querkraftversagensmechanis-
Fs
men auf.
• Biegeschubversagen Aufbiegung Bügel
Wie bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung drin- Spaltriss

gen die Biegeschubrisse flach in die Druckzone


d Spaltrisse bei Aufbiegungen
vor. Die Druckzone versagt, wenn der verbleiben-
de Druckzonenquerschnitt nicht mehr ausreicht, um Abbildung 7.20a–d Formen des Querkraftversagens bei Bau-
die Biegedruckkraft und den zugehörigen Quer- teilen mit Querkraftbewehrung
kraftanteil aufzunehmen. Die zur Einleitung dieses
Mechanismus erforderliche große Öffnung der Bie-
geschubrisse setzt voraus, dass die Querkraftbeweh- Biegeschubbruch wird das Versagen durch große
rung fließt (Abb. 7.20a). Bei profilierten Trägern Risse und deutlich sichtbare Verformungen ange-
mit dünnen Stegen oder bei vorgespannten Trägern kündigt.
treten infolge hoher Hauptzugspannungen Diago- • Stegdruckversagen
nalrisse im Steg auf. Mit dem Fließen der Stegbe- Insbesondere bei profilierten Trägern mit dünnen,
wehrung dringen die Schrägrisse in den Zug- und hochbewehrten Stegen kann der durch schräge
Druckgurt vor und leiten damit ein Biegeschubver- Druckstreben beanspruchte Stegbeton schlagartig
sagen ein (Abb. 7.20b). Primäre Versagensursache versagen, bevor die Querkraftbewehrung fließt.
beider Mechanismen und damit traglastbestimmend Die Tragfähigkeit der Betondruckstreben kann
ist das Fließen der Trägerstegbewehrung. Gleich- durch die Neigung der Stegbewehrung beeinflusst
zeitig wird das Versagen durch zunehmende Verfor- werden, bestimmt aber letztlich die Obergrenze der
mungen und Rissbreiten angekündigt. Querkrafttragfähigkeit eines Trägers. (Abb. 7.20c)
• Zugversagen der Querkraftbewehrung • Verankerungsversagen
Bei schwacher Stegbewehrung wird nach der Ent- Ähnlich Balken ohne Querkraftbewehrung tritt bei
stehung von Biegeschub- oder Diagonalrissen die unzureichender Verankerung der Biegezugbeweh-
Zugfestigkeit der Bügel erreicht, bevor die Tragfä- rung über dem Auflager ein schlagartiger Veranke-
higkeit der Druckzone erschöpft ist. Ähnlich dem rungsbruch ein (s. Abb. 7.7). Zudem ist ein Quer-
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 251

kraftversagen durch mangelhafte Verankerung der lich hochgradig statisch unbestimmt, können aber nach
Stegbewehrung in der Druckzone möglich. Beide der Mörsch’schen Fachwerkanalogie als Überlagerung
Bruchmechanismen müssen durch die Einhaltung mehrerer unabhängiger, statisch bestimmter und ge-
konstruktiver Regeln vermieden werden. geneinander versetzter Fachwerke angesehen werden,
• Aufspalten des Stegs bei Querkraftaufbiegungen denen jeweils ein Anteil der Querkraft zugewiesen
Bei Bügeln stützen sich die schrägen Druckstre- wird. In Abb. 7.21d sind die Gurtkräfte für ein zwei-
ben vornehmlich auf die steifen Ecken des unte- faches Fachwerk dargestellt; die Bügelkräfte betragen
ren Bügelschenkels, während sie sich bei Quer- hier Fsw D F=2.
kraftaufbiegungen auf einzelne Stäbe konzentrie- Die Superposition vieler, nur wenig gegeneinan-
ren. Die aus der Spannungskonzentration hervor- der versetzter Fachwerke führt zu Schubwand- bzw.
gerufenen Querzugkräfte lösen bei Überschreiten Spannungsfeld-Modellen: Anstelle der diskreten Ab-
der Betonzugfestigkeit Spaltrisse aus, die zu ei- bildung von Druck- und Zugstreben werden die Kräfte
nem schlagartigen Versagen führen können. Auf- in Längsrichtung zu Spannungsfeldern verschmiert. Im
biegungen müssen daher grundsätzlich mit Bügeln, Bereich der Störstellen (D-Bereiche) entstehen fächer-
die einen Teil der Querzugspannungen aufnehmen, artige Spannungsfelder, die die Spannungskonzentrati-
kombiniert werden (Abb. 7.20d). on zum Einleitungspunkt von Einzellasten bzw. Auf-
lagerkräften abbilden. Dazwischen, im B-Bereich des
Trägersteges, bilden sich parallele Zug- und Druck-
spannungsfelder (Abb. 7.21c). Der abgetreppte Verlauf
7.4.3 Tragmodell der Gurtkräfte geht in einen kontinuierlichen Verlauf
und Bemessungsgrundlagen – über, der die Mittelpunkte der Treppenlinien verbindet
Fachwerkanalogie (Abb. 7.21d).
Die Spannungsfelder können in Abhängigkeit der
7.4.3.1 Grundlagen Zug- und Druckfeldneigung ˛ bzw. in Abschnitte
der Länge c eingeteilt werden. Wenn die Abschnit-
Der in Abb. 7.16 idealisiert dargestellte Kraftfluss legt te der Spannungsfelder wiederum durch ihre Resul-
es nahe, die Tragwirkung von Stahlbetonbalken bei tierenden wiedergegeben werden, wird deutlich, dass
Biege- und Querkraftbeanspruchung durch Stabwerke die Darstellung in Form von Spannungsfeldern für den
abzubilden. Bereits in der Frühzeit des Stahlbetonbaus B-Bereich mit dem statisch bestimmten Gelenkfach-
wurden sog. Fachwerkmodelle von Ritter und Mörsch werk äquivalent ist. Die Berechnung der resultierenden
vorgeschlagen (Ritter 1899; Mörsch 1908). Kräfte kann damit zweckmäßig am einfachen Gelenk-
Die klassische Fachwerkanalogie nach Mörsch ba- fachwerk erfolgen (Abb. 7.21c). Ein Vergleich mit den
siert auf der Betrachtung eines parallelgurtigen Fach- Gurtkräften nach der technischen Biegetheorie zeigt,
werks (Abb. 7.21a). Betondruckzone und Biegezugbe- dass durch die Abtragung der Querkraft über schräge
wehrung bilden Ober- und Untergurt des Trägers. Die Druckfelder und ggf. schräge Zugstäbe die Zuggurt-
Druckdiagonalen entsprechen Betondruckstreben, die kräfte ansteigen, während die Druckgurtkräfte abneh-
in Anlehnung an die Richtung der Hauptspannungen men. Das einfache Gelenkfachwerk beschreibt jeweils
in Höhe der Schwerachse unter D 45ı geneigt sind. in der Mitte eines Abschnittes die tatsächlichen Gurt-
Die mit dem Winkel ˛ (in Abb. 7.21 ˛ D 90ı ) gegen kräfte, die damit sehr einfach und anschaulich durch
die Trägerachse geneigte, im Abstand sw D z angeord- das Verschieben der Zug- und Druckkraftlinie um das
nete Querkraftbewehrung stellt die Zugdiagonalen dar. sog. Versatzmaß al , das in Abb. 7.21d gerade c=2 D
Der zugehörige Verlauf der Gurtkräfte ist in Abb. 7.21d z=2 ist, ermittelt werden können.
dargestellt; der abgestufte Verlauf ist für ein Fachwerk
typisch.
Die Zugkraft eines Bügels beträgt Fsw D F . Das 7.4.3.2 Erweiterungen der Fachwerkanalogie
statisch bestimmte Gelenkfachwerk nach Abb. 7.21a
ist allerdings nicht ausreichend tragfähig, da auch Bie- Ein Vergleich des klassischen Mörsch’schen Fach-
geschubrisse entstehen können, die nicht von Zugdia- werkmodells mit Versuchen zeigt allerdings, dass die
gonalen gekreuzt werden. Die einzelnen Bewehrungs- experimentell bestimmten Spannungen der Querkraft-
elemente – hier vertikale Bügel – müssen daher in en- bewehrung deutlich hinter den Rechenwerten zurück-
gerem Abstand zueinander eingebaut werden. bleiben (Abb. 7.22). Die Stegbewehrung übernimmt
Die mit der Anordnung mehrerer Bügel entste- nach der Bildung geneigter Schubrisse nur einen Teil
henden Netzfachwerke nach Abb. 7.21b sind inner- der Querkraftbeanspruchung, die übrigen Anteile fal-
252 7 Querkraft

F = 100

z = 1,0

°
45

°
90
=

=
q

a
A = 100 sw = z = 1,0

sw = z/2
c

q q

c
Druckgurtkraft Fc

-600
d -500

-400

-300
F
DFc = -
2 -200

-100

100

Technische Biegetheorie 200

300
z F
al = DFs = 400
2 2 Spannungsfelder
500
zweifaches Fachwerk
a einfaches Fachwerk 600
b zweifaches Fachwerk einfaches Fachwerk
c Spannungsfeld-Modell
d Gurtkräfte Zuggurtkraft Fs

Abbildung 7.21a–d Tragmodell nach der klassischen Moersch’schen Fachwerkanalogie und Übergang zur Beschreibung durch
Spannungsfelder

len den bereits für Träger ohne Querkraftbewehrung bezeichnete Teil der Querkraft und damit die Neigung
erläuterten Tragwirkungen zu: der Druckstreben wird durch zahlreiche Faktoren
bestimmt. Die Querschnittsform, damit u. a. die im
• Traganteil der Druckzone;
Steg für Rissverzahnung zur Verfügung stehende
• Rissverzahnung;
Fläche (Abb. 7.23a) beeinflusst die Bügelspannungen
• Dübelwirkung.
ebenso wie der Längsbewehrungsgrad. Mit wachsen-
Die Abweichungen von der klassischen Fach- dem Bewehrungsgrad nimmt neben der Steifigkeit des
werkanalogie drücken sich in gegenüber D 45ı Zuggurtes wiederum die Druckzonenhöhe, d. h. die
flacher geneigten Druckstreben aus. Der – zur Ab- Druckgurtsteifigkeit, und damit der Betontraganteil
grenzung vom Bewehrungsanteil – als Betontraganteil zu (Abb. 7.23b). Nach Leonhardt (1965) wird in
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 253

ssw Bügelspannung freie Wahl des Druckstrebenwinkels zulassen, bildet


die Grundlage der Nachweise nach DIN 1045-1 und
VE EN 1992-1-1.
betrachtete Bügel

DV Rechenwerte für
ein Fachwerk mit 7.4.3.3 Berechnung der Strebenkräfte
q = 45°

Messwerte Das in Abb. 7.24 wiedergegebene, allgemeine Gelenk-


VE fachwerk mit variabler Druckstrebenneigung bil-
Vcr Vu
Schubrissbildung Querkraftversagen det die Grundlage für Querkraftnachweise bei Bau-
Abbildung 7.22 Verlauf der Spannungen in der Querkraftbe-
teilen mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbeweh-
wehrung rung. Die Strebenkräfte sind aus dem Gleichgewicht
in vertikalen Schnitten zu berechnen.4 Das Gleich-
ssw Bügelspannung ssw Bügelspannung gewicht in Schnitt B der Abb. 7.24 bestimmt die
rl klein
rl mittel Druckstrebenkraft:
)

k)
k
er

rl hoch X
er
hw

hw
ac

V D 0 W jFcwd j sin D VEd


ac
-F

-F


(4

(4

VEd
h

h
sc

) jFcwd j D :
sc

(7.34)
ör

ör
M

sin
M

VE VE

a Einfluss Querschnitt b Einfluss Bewehrungsgrad


Die Kraft der Zugstrebe folgt aus dem Gleichgewicht
in Schnitt A:
Abbildung 7.23a,b Einfluss der Stegbreite und der Zuggurtstei- X
figkeit auf die Spannungen der Querkraftbewehrung V D 0 W Fswd sin ˛ D VEd
VEd
) Fswd D : (7.35)
sin ˛
Auflagernähe ein erheblicher Anteil der Querkraftbe-
anspruchung durch Sprengwerk- oder Bogenwirkung, Die Spannungen der durch die Streben idealisier-
d. h. durch einen zum Auflager geneigten Druckgurt ten Spannungsfelder ergeben sich, wenn jFcwd j auf die
aufgenommen. Der Betontraganteil ist allerdings nicht Druckstrebenbreite c 0 bzw. Fswd auf die im Abschnitt
identisch mit der Querkrafttragfähigkeit eines Trägers c vorhandene Bewehrungsmenge asw  c bezogen wird
ohne Stegbewehrung, da u. a. durch die Verklam- (Abb. 7.24). Mit
merung der Schubrisse mit kreuzender Bewehrung c D z  .cot C cot ˛/ (7.36)
der Rissverzahnung wesentlich größere Traganteile c 0 D c sin D z sin .cot C cot ˛/ (7.37)
zugewiesen werden.
Die Bemessung der Bewehrung nach der folgt:
Mörsch’schen Fachwerkanalogie mit Druck- jFcwd j VEd
strebenneigungen von D 45ı ohne Berücksichtigung jcwd j D D
bw  c 0 bw  z sin .cot C cot ˛/
2
des Betontraganteils führt z. T. zu unnötig hohen Quer- 
kraftbewehrungsmengen. Zur wirklichkeitsnäheren VEd 1 C cot2
D ; (7.38)
Bemessung stehen zwei Wege offen, bw  z .cot C cot ˛/
Fswd
• die explizite Anrechnung des Betontraganteils als swd D
Abzugswert Vc auf den durch Bewehrung auf- asw  c
zunehmenden Querkraftanteil in Kombination mit VEd
D : (7.39)
D 45ı (vgl. Leonhardt 1965),3 oder asw  z  sin ˛ .cot C cot ˛/
• der Ansatz gegenüber der Rissneigung ˇr flacher
geneigter Druckstreben. Da im GZT die Querkrafttragfähigkeit des Quer-
schnitts ausgeschöpft werden soll, d. h. VEd D VRd
Der letztgenannte Ansatz, erweitert um Nachweis-
konzepte der Plastizitätstheorie, die eine weitgehend
4
Nachfolgend werden die Beziehungen mit Bemessungswer-
3
Dieses Vorgehen war unter der Bezeichnung „verminderte ten der Einwirkungen und Widerstände in der Nomenklatur
Schubdeckung“, abgegrenzt von der „vollen Schubdeckung“, nach DIN 1045-1 angeschrieben. Die Orientierung der Kräfte in
d. h. der Bemessung für D 45ı , z. B. in DIN 1045, Ausga- Abb. 7.24 erfolgt nach der Wirkungsrichtung; Druckkräfte und
be 07.1988 enthalten. -spannungen werden dem entsprechend als Betrag angegeben.
254 7 Querkraft

c’
=
c
A B

sin
q
Fcd 1

Fswd Schnitt B Schnitt A

z |Fcwd| Fswd
VEd VEd VEd VEd
MEds |Fcwd| a
MEds q
a q Fsd
Hcwd Hswd
NEd 2 NE
c/2 al

al c/2
z cot q z cot a
c = z(cot q + cot a)

Abbildung 7.24 Strebenkräfte des einfachen Gelenkfachwerks

gilt, können die Gln. (7.38) und (7.39) nach VRd;max kraft Fsd wird damit vergrößert, die Druckgurtkraft Fcd
bzw. VRd;sy aufgelöst werden, wenn für jcwd j bzw. verringert:
swd die Festigkeiten der Werkstoffe ˛c fcd bzw. fywd
 
eingesetzt werden. Eine Erläuterung der ansetzbaren MEds
Festigkeiten folgt später. Fsd D C NEd
z
cot C cot ˛ VEd
VRd;max D bw  z  ˛c  fcd  C .cot  cot ˛/ ; (7.46)
1 C cot2 2
(Druckstrebe) ; (7.40) MEds VEd
Fcd D C .cot  cot ˛/ : (7.47)
VRd;sy D asw  fywd  z  .cot C cot ˛/  sin ˛ z 2
(Bewehrung) : (7.41)
Mit den Gln. (7.46) und (7.47) wird deutlich, dass die
Zugkraft der Biegezugbewehrung und die Kraft in der
Mit Gl. (7.41) und VEd D VRd;sy kann die für eine Druckzone stets von der kombinierten Beanspruchung
einwirkende Querkraft VEd erforderliche Bewehrungs- aus M , N und V bestimmt werden. Der Einfluss der
menge ermittelt werden: Querkraft auf das Ergebnis der Biegebemessung wird
über das Versatzmaß al berücksichtigt (vgl. Abb. 7.21
VEd
erf asw D : (7.42) bzw. Abschn. 7.4.6).
fywd  z  .cot C cot ˛/  sin ˛

Nach Abb. 7.24 erzeugt VEd durch die geneigten 7.4.3.4 Beziehungen für lotrechte Bügelbewehrung
Zug- und Druckstreben in Trägerlängsrichtung wirken- (˛ D 90ı )
de, gegeneinander gerichtete Kräfte Hcwd und Hswd :
Für den häufigen Fall einer vertikalen Bügelbewehrung
Hcwd D jFcwd j cos D VEd cot ; (7.43) (˛ D 90ı ) vereinfachen sich die Gln. (7.40) und (7.41)
Hswd D Fswd cos ˛ D VEd cot ˛ (7.44) zur Berechnung der Querkrafttragfähigkeit zu:

) Hwd D VEd .cot  cot ˛/ : (7.45) bw  z  ˛c  fcd


VRd;max D ; (7.48)
cot C tan
Da der Angriffspunkt der Horizontalkraft in der Mit-
te der Schubzone – mit dem Abstand z=2 von den VRd;sy D asw  fywd  z  cot : (7.49)
Gurten – liegt, muss Hwd jeweils zur Hälfte durch
entgegengesetzt gerichtete Horizontalkräfte in Druck- Zur allgemeinen Darstellung werden dimensionslo-
und Zuggurt aufgenommen werden. Die Zuggurt- se Größen eingeführt (˛ D 90ı ):
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 255
u Rd,max
• geometrischer Bewehrungsgrad w ;
a = 45o
Asw 1,2
w D ; (7.50)
sw  bw a = 60o
• mechanischer Bewehrungsgrad !w ; 0,8

Asw  fywd fywd


!w D D w  ; (7.51) a = 90o
sw  bw  ˛c fcd ˛c fcd 0,4

• bezogene Tragfähigkeit der Querkraftbewehrung 45o


Rd;sy ; 0 q
10o 20o 30o 40o 50o 60o
VRd;sy cot q
Rd;sy D
bw  z  ˛c fcd 3,0 2,5 1,2 1,0 0,58

Asw  fywd a Auswirkungen auf die Druckstrebentragfähigkeit


D  cot
sw  bw  ˛c fcd
D !w  cot ; (7.52) ww
u Ed a = 90o
• bezogene Tragfähigkeit der Betondruckstrebe 1,6
Rd;max ;

VRd;max 1
Rd;max D D : (7.53) 1,2
bw  z  ˛c fcd cot C tan a = 60o
a = 45o
0,8
7.4.3.5 Auswirkungen
unterschiedlicher Winkel  und ˛
0,4

In Abb. 7.25 sind die Auswirkungen unterschiedlicher 45o

Druckstrebenneigungen bzw. unterschiedlicher Ein- 0 q


10o 20o 30o 40o 50o 60o
bauwinkel ˛ der Querkraftbewehrung anhand der be- cot q
zogenen Druckstrebentragfähigkeit Rd;max bzw. des 3,0 2,5 1,2 1,0 0,58
erforderlichen Bewehrungsgrades !w dargestellt. b Auswirkungen auf die erforderliche Querkraftbewehrung
Der in Abb. 7.25 dargestellte Einfluss erklärt
sich zum einen unmittelbar aus den Kraftecken in Abbildung 7.25a,b Auswirkungen veränderlicher Druckstre-
Abb. 7.24, zum anderen aus den mit und ˛ verän- benneigungen auf die bezogene Tragfähigkeit der Druckstre-
ben Rd;max bzw. auf den mechanischen Querkraftbewehrungs-
derlichen Bezugslängen c und c 0 der Kräfte (Gln. 7.36 grad !w
und 7.37).
• Druckstrebenneigung men; der zugehörige innere Kräftezustand – primär die
Bis D 90ı  ˛=2 nimmt mit wachsendem hierfür erforderliche Druckstrebenneigung – kann
die Druckstrebenbeanspruchung ab, entsprechend mit Hilfe der Plastizitätstheorie bestimmt werden
wächst Rd;max an. Gleichzeitig steigt die erforderli- (s. u.)
che Bewehrungsmenge mit wachsender Druckstre-
benneigung kontinuierlich an.
• Neigung ˛ der Querkraftbewehrung 7.4.3.6 Festigkeiten der Druck- und Zugstreben
Mit kleinerem Neigungswinkel ˛ der Bewehrung
gegen die Bauteilachse wird die Beanspruchung Die Festigkeit der Druckstreben hängt erheblich vom
der Druckstreben reduziert, Rd;max nimmt entspre- mehrachsialen Spannungszustand und von Störungen
chend zu. durch Risse oder kreuzende Bewehrung ab und ist ge-
genüber der einachsialen Festigkeit z. T. erheblich re-
Für die Bemessung von Trägerstegen liegt es nahe, duziert. Die effektive Festigkeit wird in der Bemes-
einerseits die Druckstrebenfestigkeit des Steges, d. h. sung durch ˛c fcd mit dem Abminderungsfaktor ˛c (in
VRd;max vollständig auszuschöpfen und gleichzeitig die EN 1992-1-1 wird ˛c mit 1 bezeichnet) berücksich-
Bewehrungsmenge zu minimieren. Unter diesen Vor- tigt. Zu den Hintergründen der Abminderung s. Ab-
aussetzungen wird sowohl für die Bewehrung als auch schn. 3.7.4. In Abb. 7.26 sind dem Spannungszustand
für den Beton quasi-plastisches Verhalten angenom- im Trägersteg – ausgedrückt durch den Druckstreben-
256 7 Querkraft

Fcd

Q Fsd
bw bw
br=Q
a gegliederte Querschnitte
scwd,max = fcd scwd,max ~ 0,75 - 0,85 fcd
a ungerissen b Druckstreben parallel zu Rissen Druckzone

Fcd

Fsd
Q
br
bw
b Kreisquerschnitt
scwd,max ~ 0,6 fcd
c Druckstreben schräg über Risse hinweg
Abbildung 7.27a,b Anrechenbare Stegbreite bw

Abbildung 7.26a–c Bemessungswerte der effektiven Beton-


druckfestigkeit der Druckstreben
7.4.3.7 Lösung der Plastizitätstheorie

winkel im Vergleich zum Risswinkel ˇr – effektive Wesentliche Elemente der Bemessung querkraft-
Druckstrebenfestigkeiten gegenübergestellt. bewehrter Trägerstege basieren auf dem statischen
Für die Berechnung der Druckstrebentragfähigkeit Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie (Thürlimann
ist der Ort maximaler rechnerischer Druckspannun- 1978; Marti 1980; Muttoni u. a. 1996; Marti u. a.
gen maßgebend; für bw muss damit die kleinste Brei- 1999) (s. Abschn. 4.2.1). Da jeder beliebige, statisch
te senkrecht zur Verbindungslinie zwischen den An- zulässige Spannungszustand, der die Fließbedingung
griffspunkten der Druck- und Zugspannungsresultie- nicht verletzt, eine untere Grenze der Traglast dar-
renden des betrachteten Querschnitts angesetzt wer- stellt, erlaubt die Plastizitätstheorie für den GZT die
den (Abb. 7.27). Spannglieder im Steg führen zu einer Wahl nahezu beliebiger Druckstrebenwinkel . Dies
zusätzlichen Reduktion der effektiven Festigkeit des unterstellt, dass der Trägersteg ausreichend plastisches
Stegbetons. In die Berechnung der Druckstrebentrag- Verformungsvermögen bietet, damit sich der in der
fähigkeit fließen die Störungen als Reduktion der Steg- Bemessung angenommene und durch die eingebaute
breite bw ein. Bei Vorspannung mit nachträglichem Bewehrung vorgegebene innere Kräftezustand im
Verbund werden die Störungen unter anderem durch Bruchzustand einstellen kann. Anders ausgedrückt
die i. Allg. geringere Druckfestigkeit des Einpressmör- wird vorausgesetzt: Die für den gewählten Druckstre-
tels verursacht. Bei Vorspannung ohne Verbund muss benwinkel berechnete und eingebaute Bewehrung
neben dem Hüllrohrdurchmesser als Abzugsmaß für erreicht im GZT die Fließgrenze; durch Verformungen
bw auch die Störung des Druckspannungszustandes des Steges treten Umlagerungen innerer Kräfte auf, bis
durch die Umlenkung der Druckstreben um die Hüll- sich ein stabiles Gleichgewicht mit Druckstreben, die
rohre herum und die dadurch ausgelösten Querzug- unter dem gewählten Winkel geneigt sind, einstellt.
spannungen mit einer zusätzlichen Reduktion von bw Der Grenzwert des Druckstrebenwinkels im Sin-
berücksichtigt werden. ne des statischen Grenzwertsatzes ist mit dem voll-
Die anrechenbare Spannung der Querkraftbeweh- ständigen Ausschöpfen der Tragfähigkeiten sowohl der
rung wird auf fywd D fyd beschränkt. Die Nutzung Druckstreben als auch der Bewehrung erreicht. Diese
der Rissverzahnung als wesentliche Komponente des Bedingung bedeutet in bezogener Darstellung:
Betontraganteils setzt voraus, dass die Rissöffnung der
Š Š
Biegeschubrisse begrenzt wird. Die mit zunehmenden Ed D Rd;max D Rd;sy : (7.54)
plastischen Stahldehnungen einsetzende Verfestigung,
damit der Anstieg auf sw D ftd;cal kann daher nicht Die Druckstrebenneigung erhält man durch Umstel-
angesetzt werden. Gleichzeitig wird die Einschrän- len der Beziehung für Rd;sy nach Gl. (7.52) (˛ D 90ı ):
kung wegen der vorausgesetzten Festigkeit ˛c fcd der Rd;sy Ed
Druckstreben erforderlich. cot D D : (7.55)
!w !w
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 257

Eingesetzt in die Beziehung für Rd;max ergibt sich tan D 1, d. h. D 45ı erreicht. Für steile-
ein Zusammenhang zwischen mechanischem Beweh- re Druckstreben nimmt die Tragfähigkeit bei
rungsgrad !w und einwirkender Querkraft Ed in Form wachsender erforderlicher Bewehrungsmenge ab.
einer Kreisgleichung. Für die Querkraftbemessung ist damit die Wahl
von Druckstrebenneigungen oberhalb 45ı zwar
1 1
Ed D Rd;max D D !w nicht sinnvoll, allerdings wird damit gleichzeitig
cot C tan Ed
!w
C Ed das Versatzmaß reduziert, was ggf. Vorteile bei
!w  Ed beschränkten Verankerungslängen der Längsbe-
D 2 (7.56)
Ed C !w
2
wehrung bietet.
) 2
D !w  !w2 (7.57) • Da die maximale Tragfähigkeit bei Ed D Rd D
Ed
0;5 durch die Druckstrebentragfähigkeit begrenzt
Die Gl. (7.57) beschreibt den sog. Plastizitätskreis ist, kann die Querkrafttragfähigkeit selbst bei weite-
(Abb. 7.28), auf dem für die einwirkende Querkraft Ed rer Vergrößerung der Bewehrungsmenge nicht wei-
die zugehörige Menge an Bügelbewehrung !w abzu- ter gesteigert werden; Rd D 0;5 ist die maximal
lesen ist, für die sowohl Bewehrung als auch Beton- wirksame Bewehrungsmenge !w D 0;5 zugeord-
druckstrebe vollständig ausgenutzt sind. Der zugehö- net:
rige Druckstrebenwinkel kann für ˛ D 90ı eben-
falls unmittelbar abgelesen werden; nach Gl. (7.55) gilt !w D 0;5
tan D !w = Ed , d. h. ist der von der Achse Ed ˛c fcd
) asw D 0;5  bw  z  : (7.58)
und der Verbindungslinie zwischen Ursprung und be- fywd
trachtetem Kreispunkt eingeschlossene Winkel. Im all-
Die Plastizitätstheorie setzt eine unbeschränkte
gemeinen Fall schräger Bügel (˛ < 90ı ) entartet der
plastische Verformbarkeit der Materialien voraus. Da
Kreis zur Ellipse.
dies insbesondere für Beton nicht zutrifft, werden
Aus der Darstellung des Plastizitätskreises können
Einschränkungen der möglichen Druckstrebenneigung
einige wichtige Zusammenhänge abgelesen werden:
notwendig. Damit sich sehr flache Druckstreben
• Alle innerhalb des Kreises liegenden Kombinatio- einstellen können, sind große Verformungen, d. h.
nen ( Ed !w ) entsprechen im Sinne der Plastizitäts- große plastische Dehnungen der Querkraftbeweh-
theorie dem Gleichgewicht zwischen einwirkender rung erforderlich. Die damit einhergehende, große
Querkraft und dem Bauteilwiderstand; die Tragfä- Rissöffnung stellt allerdings die Aktivierung der
higkeit des Stegbetons VRd;max ist allerdings nicht Rissverzahnung, die zur Übertragung der Druckstre-
vollständig ausgenutzt. Alle außerhalb des Kreises benkräfte über die Biegeschubrisse erforderlich ist,
liegenden Kombinationen führen zum Versagen. in Frage. Gleichzeitig kann mit der für kleine
• Mit zunehmender Querkraftbeanspruchung Ed notwendigen, geringen Bewehrungsmenge ggf. die
steigt der Druckstrebenwinkel an; für ˛ D 90ı Beschränkung der Schubrissbreiten im Gebrauchs-
wird die maximale Querkrafttragfähigkeit bei zustand und damit die Dauerhaftigkeit des Bauteils
nicht mehr gewährleistet werden. Dem entsprechend
ist eine untere Begrenzung des in der Bemessung
Asw f ywd anzunehmenden Druckstrebenwinkels erforderlich.
ww =
sw bw a c fcd maximale
1,5 Querkrafttragfähigkeit

a = 45°
7.4.4 Bemessung nach DIN 1045-1
2
a/
1,0 0 °-
a = 60°
=
9 Die Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbeweh-
t
q op rung nach DIN 1045-1 baut auf der Plastizitätstheorie
=
a = 90° q auf und gestattet die freie Wahl des Druckstrebenwin-
q (nur für a = 90°)
0,5
kels in den Grenzen nach Gl. (7.59).
(
3;0 für Normalbeton
u Ed =
VEd 0;58  cot  (7.59)
bw z a c fcd 2;0 für Leichtbeton
(
0 0,5 1,0 18;4ı
) 59;9ı   :
Abbildung 7.28 Plastizitätskreis 26;6ı
258 7 Querkraft

Zusätzlich wird eine mechanisch begründete, am Fach- Fcd


werkmodell mit Rissreibung abgeleitete, untere Be-
grenzung des Druckstrebenwinkels eingeführt (Rei- Tcrd z
neck 2001). br
Ncrd
Fsd

7.4.4.1 Grenzwinkel der Druckstrebenneigung Asw


s swd
z cot b r sw

Der Grenzwinkel der Druckstrebenneigung steht Tcrd Ncrd


in enger Beziehung mit der Neigung ˇr der Biege-
schubrisse. Wenn keine Kräfte über Rissverzahnung br VRd,c
zwischen zwei Betonzähnen übertragen werden könn-
HRd,c
ten, müssten die Druckstreben parallel zu den Ris-
sen verlaufen ( D ˇr ). Wegen der Übertragung von Abbildung 7.29 Endauflagerbereich eines Balkens – Kräfte am
Kräften normal und tangential zur Rissfläche durch Biegeschubriss
Rissverzahnung ist eine gegenüber den Rissen fla-
chere Neigung der Druckstreben möglich. Der Ein-
fluss der Rissverzahnung auf kann anhand des in Aus Gl. (7.61) ist abzulesen, dass die Druckstreben-
Abb. 7.29 dargestellten Balkenabschnitts ermittelt wer- neigung flacher wird als die Rissneigung (d. h. cot >
den. cot ˇr ), wenn für den Traganteil aus Rissverzahnung
Die entlang eines im Winkel ˇr geneigten Biege- VRd;c ¤ 0 gilt. Die Bügelbewehrung muss dann nur
schubrisses im Bereich des Endauflagers (Abb. 7.29) den Anteil VEd  VRd;c der Querkraft aufnehmen. Bei
freigeschnittenen Kräfte sind: unwirksamer Rissverzahnung (VRd;c D 0) verlaufen
die Druckstreben dagegen parallel zu den Biegeschub-
Fcd ; Fsd rissen (cot D cot ˇr ).
Druck- und Zuggurtkraft Zur Bestimmung der Rissneigung ˇr wird ange-
Ncrd ; Tcrd nommen, dass Biegeschubrisse stets senkrecht zu den
Hauptzugspannungen entstehen. Für z D 0 ergibt
Normal- und Tangentialkraft im Riss sich aus den Beziehungen für Hauptzugspannung und
asw  swd  z  cot ˇr D Fswd Hauptspannungswinkel ˇ (Gln. 7.14 und 7.15) für die
Bügelzugkraft, auf z  cot ˇr verschmiert Rissneigung ˇr in Höhe der Schwerachse Gl. (7.62),
die für DIN 1045-1 linearisiert und auf fcd bezogen
Die Querkrafttragfähigkeit VRd;sy folgt mit swd D wird (Gl. 7.63):
P
fywd aus V am Schrägriss (Gl. 7.60a). Gleichzei- r
x
tig liefert das Fachwerkmodell mit vertikalen Zugstre- cot ˇr D 1 ; (7.62)
ben einen Ausdruck für VRd;sy in Abhängigkeit der fct
Druckstrebenneigung (Gl. 7.49). Gleichsetzen beider cd
cot ˇr D 1;2  1;4 : (7.63)
Beziehungen und Auflösen nach ergibt: fcd

VRd;sy D asw  fywd  z  cot ˇr C VRd;c (7.60a) Die Gln. (7.62) und (7.63) sind in Abb. 7.30 aus-
gewertet; der Einfluss von Normalspannungen auf auf
D asw  fywd  z  cot (7.60b)
ˇr wird dadurch deutlich. Für Stahlbetonbauteile ohne
VRd;c Normalkraftbeanspruchung, d. h. cd D 0 korrespon-
) cot D cot ˇr C (7.60c)
asw  fywd  z diert ˇr  40ı (cot ˇr D 1;2) mit Versuchsbeobach-
tungen. Mit Gl. (7.63) folgt die Druckfeldneigung
Der Nenner in Gl. (7.60c) kann durch Gl. (7.60a) er- zu:
setzt werden; parallel dazu gilt für den Grenzzustand
der Tragfähigkeit VRd;sy D VEd : cd
1;2  1;4  fcd
cot D VRd;c
(7.64)
VRd;c 1 VEd
cot D cot ˇr C 
VRd;sy  VRd;c = cot ˇr
Der Betontraganteil VRd;c wurde empirisch aus
cot ˇr cot ˇr
D VRd;c
D : (7.61) Versuchsergebnissen abgeleitet und beinhaltet damit
1  VRd;sy 1  VVRd;c
Ed
neben dem durch Rissverzahnung aufgenomme-
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 259

7.4.4.2 Bemessung nach DIN 1045-1


N N
im Vergleich mit der Plastizitätstheorie

Ausschnitt
Die aus dem Gleichgewicht am Biegeschubriss abge-
tzx
br leitete Gl. (7.60a) lautet für die Grenzbedingung des
s1 GZT, VEd D VRd;sy :
s cd = 0 Þ b r = 40°
txz VEd D VRd;sy
D asw  fywd  z  cot ˇr C VRd;c (7.66)
br
s cd < 0 Þ b r < 40° bzw. in dimensionsloser Form
90°
VEd asw  fywd  z
D  cot ˇr
bw  z  ˛c  fcd bw  z  ˛c  fcd
VRd;c
s cd > 0 Þ b r > 40° C (7.67a)
60°
bw  z  ˛c  fcd
) Ed D !w  cot ˇr C Rd;c : (7.67b)
Durch Umstellen der Gl. (7.67b) folgt:
30°
!w D . Ed  Rd;c /  tan ˇr : (7.68)
Techn. Mechanik
s cd
DIN 1045-1 fctm
Gleichung (7.68) beschreibt im Ed -!w -Koordina-
(C30/37)
tensystem eine um Rd;c gegenüber der Ursprungsge-
-3 -1 0 1
raden Ed  tan ˇr versetzte Gerade mit der Neigung
Abbildung 7.30 Einfluss von Normalkräften auf die Rissnei- ˇr (Abb. 7.31).5 Aus der Darstellung wird deutlich,
gung ˇr nach den Gln. (7.62) und (7.63) dass der untere Grenzwinkel der Druckstrebennei-
gung mit zunehmender Beanspruchung ansteigt. Für
Ed D 0;47 schneidet die Gerade den Plastizitätskreis;
bei größeren Querkraftbeanspruchungen ( Ed > 0;47)
nen Traganteil naturgemäß weitere untergeordnete bestimmt die Tragfähigkeit der Betondruckstreben
Traganteile, z. B. die der Druckzone. die erforderliche Bewehrungsmenge. Für sehr geringe
Beanspruchungen kann der rechnerische Betontrag-

anteil VRd;c größer als die einwirkenden Querkraft
VRd;c D cj  0;48 1 fck1=3 VEd sein; der Geltungsbereich des Bemessungsmo-
  dells wird damit verlassen: Die Gerade schneidet
cd
 1 C 1;2   bw z (7.65) dann die Abszissenachse, d. h. der Druckstreben-
fcd
winkel wird negativ. In der Bemessung greifen
für diesen Bereich die Mindestquerkraftbewehrung
mit cj D 0;5. Aus dem Krafteck in Abb. 7.29 ist ab- !w;min bzw. die Begrenzung auf cot  3 (bzw.
zulesen, dass die Vertikalkomponente VRd;c der Riss- cot  2 für Leichtbeton). Der grau hinterlegte
verzahnungskraft mit geringerer Rissneigung ˇr , d. h. Bereich beschreibt die nach DIN 1045-1 möglichen
bei Längsdruckkräften, kleiner wird. Wie bereits erläu- Kombinationen Ed -!w . Wie erwähnt, ergibt sich
tert, ist VRd;c angesichts der durch Bügel verklammer- die minimale Bewehrungsmenge für den unteren
ten Risse und der damit stark veränderter Randbedin- Grenzwinkel.
gungen für die Rissverzahnung nicht identisch mit der Die Bemessung von Trägerstegen mit Querkraftbe-
Querkrafttragfähigkeit VRd;ct von Bauteilen ohne Steg- wehrung bedeutet nun, für eine gegebene einwirkende
bewehrung. Querkraft VEd bzw. Ed einen beliebigen Punkt auf ei-
Die effektive Festigkeit der Druckstreben kann mit ner Geraden parallel zur Ordinatenachse im grau hin-
˛c D 0;75 ermittelt werden. Weitere Abminderun- terlegten Bereich der Abb. 7.31 zu wählen. Sowohl die
gen müssen nicht berücksichtigt werden, da durch Querkraftbewehrung als auch die zusätzliche Längs-
die Begrenzung des Druckstrebenwinkels in Abhän- kraft in Druck- und Zuggurt sind damit eindeutig be-
gigkeit von VRd;c die erforderliche Druckkraftüber- stimmt. Dem entsprechend kann die Darstellung nach
tragung durch Rissverzahnung über Schrägrisse hin-
weg bereits explizit berücksichtigt wird (vgl. Reineck 5
Da Rd;c nicht unabhängig von fcd ist, gilt Abb. 7.31 nur für
2001). eine Betonfestigkeitsklasse; hier C20/25.
260 7 Querkraft

Asw f ywd 1;2  1;4cd =fcd


ww = 0;58  cot 
bw sw a c fcd 1  VRd;c =VEd
(
1 3;0 für Normalbeton
 : (7.70)
2;0 für Leichtbeton
0,9
Der Betontraganteil VRd;c zur Berechnung der Untergrenze
0,8 der Druckstrebenneigung ist dabei:
  
0,7 cd
VRd;c D cj  0;48  1  fck1=3  1 C 1;2 
fcd
°
60

0,6
q=

 bw  z : (7.71)
0,5 In den Gln. (7.70) und (7.71) bedeuten:

0,4 q cj = 0,50
1 Korrekturbeiwert für Leichtbeton (1 D 1 für Normal-
0,3 beton)
cd Bemessungswert der Betonlängsspannung in Höhe
0,2 des Schwerpunkts
D NEd =Ac
0,1 u Ed =
VEd bw kleinste Querschnittsbreite.
w w ,min br bw z a c fcd
0
Als Anhaltswerte für werden in DIN 1045-1, 10.3.4 (5)
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 angegeben:
u Rd,c u Ed cot D 1;2 ( D 40ı ) für reine Biegung (NEd D 0)
cot D 1;2 ( D 40ı ) für Biegung und Längsdruckkraft
Abbildung 7.31 Bemessung von Trägerstegen mit Querkraftbe-
(NEd < 0)
wehrung nach DIN 1045-1 – zulässiger Bereich grau hinterlegt
cot D 1;0 ( D 45ı ) für Biegung und Längszugkraft
(Betonfestigkeitsklasse C20/25; ˛ D 90ı )
(NEd > 0).
Nach Empfehlungen in Heft 525 des DAfStb sollte bei
Abb. 7.31 zur Entwicklung von Bemessungsdiagram- Längszugspannungen D 45ı eingehalten werden.
men genutzt werden (vgl. Reineck 2001).
Nachweis der Querkraftbewehrung
Normenregelung nach DIN 1045-1 Der Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit VRd;sy ist
Die Bemessung von Bauteilen mit rechnerisch erforderli- bei Neigung der Bewehrung um den Winkel ˛ gegen die
cher Querkraftbewehrung nach DIN 1045-1, 10.3.4 erfolgt Bauteilachse:
auf Grundlage eines Fachwerkmodells.
Asw
VRd;sy D  fyd  z  .cot C cot ˛/  sin ˛ : (7.72)
sw
Geometrie des Fachwerkmodells
Der Abstand der Gurte darf i. Allg. mit z D 0;9  d ange- Bei Querkraftbewehrung rechtwinklig zur Bauteilachse
nommen werden; bei hochbeanspruchten Bauteilen (z. B. (˛ D 90ı ) gilt:
bei Plattenbalken mit negativem Moment) oder bei normal- Asw
kraftbeanspruchten bzw. vorgespannten Bauteilen können VRd;sy D  fyd  z  cot : (7.73)
sw
geringere Hebelarme maßgebend werden. Der Abstand
der Gurte z darf nicht größer sein als
(
d  2  cv;l Nachweis der Tragfähigkeit der Druckstreben
z  max ; (7.69)
d  cv;l  30 mm Der Bemessungswert der Druckstrebenfestigkeit ist ˛c fcd
mit ˛c D 0;75  1 und 1 D 1 für Normalbeton. Der hier-
mit cv;l als dem tatsächlichen Verlegemaß der Längsbe- durch festgelegte Bemessungswert der Druckstrebentrag-
wehrung in der Druckzone; d. h. cv;l beschreibt das tat- fähigkeit VRd;max und damit die maximale Querkrafttragfä-
sächliche Maß zwischen dem Druckrand des Bauteils und higkeit des Bauteils mit um den Winkel ˛ geneigter Quer-
der Innenkante der Querkraftbewehrung, die die Druck- kraftbewehrung ist
zone umschließt. Bedingung (7.69) gilt sinngemäß auch,
cot C cot ˛
wenn in der Druckzone keine Bewehrung angeordnet ist. VRd;max D bw  z  ˛c  fcd  : (7.74)
Bei Querschnitten, die vollständig zugbeansprucht sind 1 C cot2 ˛
(Nulllinie außerhalb des Querschnitts) ist dagegen für z Bei Querkraftbewehrung rechtwinklig zur Bauteilachse
der Abstand der beiden Zugbewehrungslagen anzusetzen, (˛ D 90ı ) gilt:
sofern diese durch Bügel umschlossen werden. Die Nei-
gung der Druckstreben darf zwischen folgenden Gren- bw  z  ˛c  fcd
VRd;max D : (7.75)
zen frei gewählt werden: cot C tan
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 261

Sofern der betrachtete Querschnitt nebeneinander liegen- sen. Da die Richtung der Druckstreben damit deut-
de, verpresste Spannglieder
P enthält, für deren Summe der licher von der Rissrichtung abweichen kann, werden
Außendurchmesser dh > bw =8 gilt, muss VRd;max mit stärkere Abminderungen der effektiven Druckfestig-
dem Nennwert bw;nom der Querschnittsbreite für die un-
günstigste Spanngliedlage berechnet werden: keit des Stegbetons erforderlich, die in EN 1992-1-1
8 P über 1 (Bezeichnung nach DIN 1045-1: ˛c ) erfolgen.
ˆ
ˆ bw  0;5 dh
ˆ
ˆ
In Abb. 7.32 ist die Querkraftbemessung nach
< bis C50/60 bzw. LC50/55
EN 1992-1-1 der Bemessung nach DIN 1045-1 gegen-
bw;nom D P : (7.76)
ˆ
ˆ bw  1;0 dh übergestellt; als Bezug dient ˛fcd nach DIN 1045-1. Da
ˆ
:̂ nach EN 1992-1-1 die Druckstrebenfestigkeit geringer
ab C55/67 bzw. LC55/60
ist (für C20/25 nach EN: 1  fcd D 0;552  fck =c ; nach
Nebeneinander liegende, nicht verpresste Spannglie-
der bzw. Spannglieder ohne Verbund müssen unabhän- DIN: ˛c  fcd D 0;638  fck =c ), ist der Plastizitätskreis
gig von der Summe ihrer Außendurchmesser angerechnet nach EN in den Kreis nach DIN einbeschrieben
werden.
X Normenregelung nach EN 1992-1-1
bw;nom D bw  1;3 dh (7.77)
Die Bemessung von Bauteilen mit rechnerisch erforderli-
Die durch Umlenkung der Druckstrebenspannungen um cher Querkraftbewehrung erfolgt nach EN 1992-1-1, 6.2.3
die Spannglieder entstehenden Querzugspannungen wer- auf der Grundlage eines Fachwerkmodells mit variabler
Neigung der Druckstreben.
den durch den Faktor 1,3 berücksichtigt.

Geometrie des Fachwerkmodells


7.4.4.3 Sonderaspekte der Querkraftbemessung Der innere Hebelarm z ist in Übereinstimmung mit
Biegebemessung im betrachteten Querschnitt zu wählen;
vereinfachend darf z für Bauteile mit N D 0 zu z D 0;9 d
Das normativ geregelte Nachweiskonzept zur Quer- angenommen werden. Die Druckstrebenneigung darf
kraftbemessung basiert auf einem ebenen Fachwerk; zwischen min und max frei gewählt werden; hierfür sind
Querkräfte wirken also nur parallel zu einer Hauptach- die Grenzwerte der Druckstrebenneigung länderspezifisch
se. In der Praxis tritt gelegentlich Biegung um zwei festzulegen (! NPD, Tabelle 7.2).
Achsen (schiefe Biegung, s. Abschn. 6.4.4) und damit
einhergehend zweiachsige Querkraftbeanspruchung
q
auf. Die resultierende Querkraft VEd D VEd;y 2
C VEd;z
2
Asw f ywd
ww =
liegt auf einer Wirkungslinie, die nicht mehr parallel bw sw a c fcd
zu einer der beiden Querschnittshauptachsen y bzw. z 1
n1,EN
ist. Dww = 1 -
0,9 0,85 ac,DIN
Wegen des nichtlinearen Verhaltens von Stahlbeton-
bauteilen ist das Superpositionsgesetz nicht anwend- 0,8
bar, d. h. eine getrennte Querkraftbemessung für die
DIN 1045-1
Komponenten VEd;y und VEd;z mit anschließender Su- 0,7
perposition der Bemessungsergebnisse führt nicht in
°
45

0,6
jedem Fall zu ausreichender Tragfähigkeit. Tatsäch-
=
q

lich wird sich bei schiefer Biegung anstelle des ebenen 0,5
ein räumliches Fachwerk mit schiefen Druckstreben
EN 1992-1-1
einstellen. Weiterführende Erläuterungen und Bemes- 0,4
sungshilfsmittel für zweiachsiale Querkraftbeanspru-
0,3
chung von Balken enthält Mark u. a. (2008).
2 1,8°
0,2 q=

0,1 VEd
u Ed =
7.4.5 Bemessung nach EN 1992-1-1 bw z a c fcd
0
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
In EN 1992-1-1 wird auf die Angabe einer aus dem Be-
Abbildung 7.32 Zulässiger Bereich für die Bemessung von Trä-
tontraganteil abgeleiteten Grenze der Druckstrebennei- gerstegen mit Querkraftbewehrung nach EN 1992-1-1 (emp-
gung und damit auf eine Verknüpfung mit dem Riss- fohlene Werte für NDPs) im Vergleich mit DIN 1045-1 (Be-
winkel ˇr verzichtet. Gleichzeitig werden gegenüber tonfestigkeitsklasse C20/25, ˛ D 90ı ; Bezug auf ˛c fcd nach
DIN 1045-1 flachere Druckstrebenneigungen zugelas- DIN 1045-1)
262 7 Querkraft

Tabelle 7.2 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Nachweis von Bauteilen mit erforderlicher Querkraftbewehrung

NDP EU D A

cot max 1;0 .45ı / 0;58 .60ı / 0;6 .59ı /


( a
ı
3;0 .C / .18;9ı /
cot min 2;5 .21;8 / 1;2C1;4 cd =fcd
 1;67 .31ı /b;c
1VRd;cc =VEd
2;0 .LC / .26;2ı /

1 ohne Vorspannung
1 C cp =fcdd für 0 < cp =fcd  0;25
˛cw 1;0 EU
1;25 für 0;25 < cp =fcd  0;50
2;5.1  cp =fcd / für 0;5 < cp =fcd < 1;0

0;6 .1  fck =250/ .C / 0;75e .C /


1 EU
0;5 .1  fck =250/ .LC / 0;75 1e .LC /
a
Es gilt VRd;cc D 0;241 fck1=3 .1  1;2cd =fd /; hierbei ist cd der Bemessungswert der Betonlängsspannung in Höhe des Querschnittsschwerpunk-
tes (Druck positiv) (vgl. DIN 1045-1)
b
Wenn die Spannung sd der am Biegezugrand angeordneten Längsbewehrung keine Zugspannung ist, dann gilt max cot D 2;5 ( min D 21;8ı ).
Für sd D fyd gilt max cot D 1;67 ( min D 31ı ); für Zwischenwerte von sd darf linear interpoliert werden.
c
Bei Trägern, deren Biegezugbewehrung in konstanter Größe von einem Auflager bis zu einem anderen Auflager reicht, darf zwischen diesen
Auflagern stets max cot D 2;5 angenommen werden.
d
Hierbei ist cp die mittlere Druckspannung im Beton infolge NEd (Druck positiv).
e
Bei Betonfestigkeitsklassen von C55/67 bzw. LC55/60 und höher ist 1 mit 1;1  fck =500 zu multiplizieren.

Nachweis der Querkraftbewehrung spannung mit nachträglichem Verbund gilt für den Nenn-
Der Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit VRd;s ist wert der Stegbreite bw;nom :
allgemein (˛ ist hierbei die Neigung der Bewehrung zur X
Bauteilachse): bw;nom D bw  0;5  dh : (7.82)
Asw
VRd;s D  z  fywd  .cot C cot ˛/  sin ˛ : (7.78) Nicht verpresste Hüllrohre, verpresste Kunststoffhüllroh-
s re und Spannglieder ohne Verbund müssen grundsätzlich
Bei Querkraftbewehrung rechtwinklig zur Bauteilachse wie folgt auf die Stegbreite angerechnet werden.
(˛ D 90ı ) gilt: X
bw;nom D bw  1;2  dh (7.83)
Asw
VRd;s D  z  fywd  cot : (7.79)
s Sofern die Querzugspannungen aus der Umlenkung der
Nachweis der Druckstrebentragfähigkeit Druckstrebe um die Hüllrohre durch Querbewehrung auf-
Die durch die Tragfähigkeit der Betondruckstreben be- genommen werden können, darf anstelle 1,2 der Faktor
1,0 angesetzt werden.
grenzte Querkrafttragfähigkeit VRd;max ist durch Gl. (7.80)
Aus der Tragfähigkeit der Druckstreben folgt für cot D
gegeben.
1;0 die maximal wirksame Querschnittsfläche der Quer-
cot C cot ˛ kraftbewehrung Asw;max (vgl. Abschn. 7.4.3):
VRd;max D ˛cw bw z1 fcd  (7.80)
1 C cot2
Asw;max  fywd 1=2  ˛cw  1  fcd
Für ˛ D 90ı gilt:  (7.84)
bw  s sin ˛
˛cw bw z1 fcd Bei Querkraftbewehrung rechtwinklig zur Bauteilachse
VRd;max D : (7.81)
cot C tan (˛ D 90ı ) gilt (vgl. Gl. 7.58):
In Gln. (7.80) und (7.81) ist, soweit nicht bereits erläutert:
Asw;max  fywd 1
  ˛cw  1  fcd : (7.85)
˛cw Beiwert zur Berücksichtigung des Spannungszustan- bw  s 2
des bzw. des Ausnutzungsgrades der Druckzone
! NDP (Tabelle 7.2)
1 Festigkeitsabminderungsbeiwert
! NDP (Tabelle 7.2). D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Im Steg nebeneinander liegende Spannglieder in Metall- Zu EN 1992-1-1 werden die Regelungen zur Festlegung
hüllrohren müssen berücksichtigt des inneren Hebelarms nach DIN 1045-1 ergänzt (s.
P werden, wenn für die
Summe der Außendurchmesser dh > bw =8 gilt. Bei Vor- Gl. 7.69)
7.4 Bemessung von Bauteilen mit Querkraftbewehrung 263

F F
7.4.6 Interaktion von Biegung |VEd| = F/2

und Querkraft – Versatzmaß F/2 F/2


|VEd| = F/2

+ VEd
F/2 _
Sowohl aus der Betrachtung der Fachwerkkräfte nach MEds/z
MEd
Abb. 7.21d, als auch aus der Herleitung der Streben- + DFsd
richtig!
kräfte des Gelenkfachwerks wird deutlich, dass die Fl/4 falsch!
Zuggurtkraft durch die Querkraft erhöht, die Druck- DFsd = |VEd|/2.(cotq - cota)
gurtkraft vermindert wird (Gln. 7.46 und 7.47). Wäh- a System b Ausschnitt Lasteinleitung,
rend die Änderung der Betondruckkraft i. Allg. ver- Zugkraftlinie

nachlässigt wird, muss die höhere Zugkraft der Längs-


F
bewehrung in der Bemessung berücksichtigt werden.
Aus Gl. (7.46) folgt Fsd zu c einfaches Gelenkfachwerk,
z Zugkraftlinie
VEd q q
Fsd D  .cot  cot ˛/ : (7.86)
2
Mit VEd D dMEds=dx folgt: MEds/z
 
MEds .x/ z.cotq
Fsd
Fsd D C NEd
z
F
VEd
C  .cot  cot ˛/ (7.87a) d Spannungsfelder
q q
2
1 dMEds z
D MEds .x/ C 
z dx 2 D-Bereich
 B-Bereich

 .cot  cot ˛/ C NEd (7.87b)


e Zugkraftlinie, vereinfachte
MEds .x C al / DFsd Betrachtung mit der
 C NEd : (7.87c) Versatzmaßregel
z Fsd
In Gl. (7.87c) ist al das sog. Versatzmaß mit z/2.(cotq - cota)

z Abbildung 7.33a–e Einzellast auf der Trägeroberseite – Zug-


al D .cot  cot ˛/ : (7.88) kraftlinie und Versatzmaß
2
Die Differenzzugkraft nach Gl. (7.86) wurde für
den Bereich parallel verlaufender Druckstreben eines
parallelgurtigen Fachwerks abgeleitet, ist daher also MEds=z C Fsd mit Fsd nach Gl. (7.86) an. An-
nur für diese Bereiche, die B-Bereiche eines Trägers, stelle einer detaillierten Betrachtung des Einleitungs-
anwendbar. bereiches kann allerdings vereinfachend die Versatz-
Im Bereich der Lasteinleitung an der Trägerobersei- maßregel angewandt werden, die auch im Bereich
te angreifender Einzellasten6 ergibt Gl. (7.86) dagegen der Lasteinleitung gilt: Die tatsächlich aufzunehmende
zu große Zuggurtkräfte (Abb. 7.33b); Fsd kann nicht Zugkraft ergibt sich aus dem Biegemoment, das um al
über MEds =z hinaus ansteigen. Aus der Betrachtung ei- gegenüber dem betrachteten Querschnitt versetzt an-
nes einfachen Gelenkfachwerks nach Abb. 7.33c wird greift (Abb. 7.33e).
deutlich, dass im Bereich der Lasteinleitung durch Graphisch erhält man die Zugkraftlinie durch Ver-
die schräg verlaufenden Druckstreben ein Abschnitt schieben der MEds =z-Linie um das Versatzmaß al in
mit annähernd konstanter Zugkraft entsteht. Tatsäch- Richtung abnehmender Biegemomente (Abb. 7.34).
lich bilden sich die Druckstreben fächerförmig aus Mit abnehmender Druckstrebenneigung und anstei-
(Abb. 7.33d); im D-Bereich, der durch die Druckfä- gendem Einbauwinkel ˛ der Bewehrung wächst al
cher beschrieben wird, nähert sich die Zugkraft aus- an. Damit wird u. a. die am Auflager zu verankernde
gehend von MEds =z im Einleitungspunkt sukzessive Längszugkraft erhöht.
Abschließend sei angemerkt, dass sich die Trag-
6
fähigkeit eines Bauteils natürlich aus der Kombinati-
Bei Einzellasten, die an der Trägerunterseite angreifen oder
verschmiert über die Trägerhöhe eingetragen werden (z. B. indi- on der Biege- und Querkrafttragfähigkeit ergibt. Die
rekte Lasteinleitung), müssen zusätzliche Effekte beachtet wer- vorgestellte, unabhängig voneinander durchgeführte
den; s. Abschn. 7.6.2. Ermittlung der Biege- und Querkraftbewehrung ein-
264 7 Querkraft

q alternative
Lastpfade

z
al = (cot q - cot a )
2
b
Störstelle
B

h
w
Platte b > 5.h
VEd
DFsd = (cot q - cot a )
2 1,0 w,min für VEd > VRd,ct
M Eds
- Linie
z 0,6 w,min
Zugkraftlinie
für VEd < VRd,ct
a Versatzmaß - Prinzip
al al b/h
al al 4 5
Balken Platte

Abbildung 7.35 Tragmechanismen; erforderliche Mindestquer-


kraftbewehrung; Interpolationsregel für einachsig gespannte
Platten nach DIN 1045-1, 13.3.3 (2)

auszuschließen. Sofern der kritische Schubriss unmit-


b frei drehbares Auflager c monolithisches Auflager
telbar zum Querkraftversagen führt, muss eine Min-
destbewehrung angeordnet werden, die – analog zur
Abbildung 7.34a–c Auswirkungen der Querkraft auf die Gurt- Regelung für die Mindestbewehrung bei biegebean-
kräfte – Anwendung des Versatzmaßes
spruchten Bauteilen – in der Lage ist, die bei Rissbil-
dung frei werdende Zugkraft mit reduzierter Sicherheit
aufzunehmen. Lediglich bei Bauteilen, die redundan-
schließlich der nachträglichen Berücksichtigung von te Tragmechanismen aufweisen, d. h. die bei Auftreten
Wechselwirkungen – d. h. die Erhöhung der Biege- eines Schubrisses alternative Wege der Lastabtragung
bewehrung infolge Querkraftbeanspruchung – stellt bieten, kann auf eine Mindestbewehrung verzichtet
für Neubauten eine zweckmäßige Vorgehensweise dar. werden. Letzteres ist insbesondere bei breiten einach-
Bei der Bewertung der Tragfähigkeit bestehender Bau- sig gespannten Platten sowie generell bei zweiachsig
teile kann es sinnvoll sein, die Tragwirkungen für M gespannten Platten der Fall (Abb. 7.35).
und V in Kombination zu betrachtetn und – z. B. durch
Normenregelung nach DIN 1045-1
Variation des Druckstrebenwinkels in den vorgege-
Nach DIN 1045-1, 13.2.3 (5) ist für Balken grundsätzlich
benen Grenzen – ggf. vorhandene Tragreserven der
eine Mindestquerkraftbewehrung anzuordnen. Mit
Biege- bzw. der Querkraftbewehrung auszuschöpfen.
Asw
w D (7.89)
sw  bw  sin ˛
8
ˆ
ˆ 1;0   allgemein
7.5 Mindestquerkraftbewehrung ˆ
ˆ
< 1;6   für gegliederte
 w;min D (7.90)
ˆ
ˆ Querschnitte mit
ˆ
Sofern für Bauteile VEd < VRd;ct (bzw. < VRd;c nach :̂
vorgespanntem Zuggurt
EN 1992-1-1) gilt, ist eine Querkraftbewehrung rech-
fctm
nerisch nicht erforderlich. Da die Querkrafttragfähig- mit  D 0;16  : (7.91)
fyk
keit von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung aber in
hohem Maß von der Betonzugfestigkeit abhängt, die Die Mindestquerkraftbewehrung sollte zu 100% aus Bü-
allgemein eine mit großen Unsicherheiten behaftete geln bestehen. Bei Leichtbeton ist  mit 1 zu multiplizie-
Größe darstellt und u. a. durch Eigenspannungen oder ren. Für einachsig gespannte Platten wird nach DIN 1045-
lokale Gefügestörungen deutlich reduziert sein kann, 1, 13.3.3 (2) Mindestquerkraftbewehrung in Abhängigkeit
ist die Entstehung eines kritischen Schubrisses unter- des Verhältnisses der Bauteilbreite b zur Querschnittshö-
halb der rechnerischen Schubrisslast nie mit Sicherheit he h nach Abb. 7.35b erforderlich. Für Vollplatten aus Ort-
7.6 Bemessungswert der Querkraft – Maßgebender Schnitt 265

beton mit Querkraftbewehrung aus aufgebogenen Stäben VRk;ct  bw  z  fctkI0;05


beträgt die Mindestdicke 160 mm, bei Bügeln 200 mm. D bw  z  0;7  fctm : (7.93)
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Nach der Rissbildung muss die Rissquerkraft auf die
EN 1992-1-1, 9.2.2 baut ebenfalls auf der Definition Mindestbewehrung umgelagert werden; aus dem Fach-
des geometrischen Querkraftbewehrungsgrades w werkmodell folgt:
nach Gl. (7.89) auf; der Mindestwert w;min ist hierfür
VRk;sy D asw  fyk  z  cot
länderspezifisch festzulegen (! NDP, Tabelle 7.3). Nach
EN 1992-1-1, 9.3.2 gilt w;min ebenfalls für Vollplatten, D w  bw  fyk  z  cot : (7.94)
wenn eine Umlagerung von Lasten in Querrichtung nicht Da die Schubrissbildung im unteren Bereich der Bean-
möglich ist (vgl. EN 1992-1-1, 6.2.1). Die Mindestdicke spruchungen querkraftbewehrter Bauteile auftritt, kann
querkraftbewehrter Platten ist hierbei 200 mm. die untere Grenze des Druckstrebenwinkels cot D 3
angesetzt werden. Durch Gleichsetzen der Gl. (7.94)
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen mit Gl. (7.92) bzw. (7.93) kann w;min ermittelt wer-
Zu EN 1992-1-1 wird die Interpolationsregel nach den. Für Stahlbetonbauteile gilt
Abb. 7.35 ergänzt.
fctm
w;min  0;16  ; (7.95)
Tabelle 7.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter zur Min- fyk
destquerkraftbewehrung
für profilierte Querschnitte mit vorgespanntem Zug-
NDP EU D A gurt folgt:
p 0;16fctm =fyka fctm
w;min 0;08  fck
0;15 ffctm Qw;min  0;25   1;6  w;min : (7.96)
fyk
0;256fctm =fykb yd fyk
a
gilt allgemein (vgl. DIN 1045-1)
b
gilt für gegliederte Querschnitte mit vorgespanntem Zuggurt (vgl.
DIN 1045-1) 7.6 Bemessungswert der Querkraft –
Maßgebender Schnitt

Für die Querkraftbemessung sind zunächst die maß-


Hintergrund der Regeln nach DIN 1045-1
gebenden Schnitte in Bauteillängsrichtung festzule-
gen. Die nach den Regeln der Stabstatik berechne-
Die im Vergleich zu EN 1992-1-1 differenziertere Re-
ten Querkräfte weisen an Auflagern und Einleitungs-
gelung zur Mindestquerkraftbewehrung in DIN 1045-
punkten von Einzellasten – den Diskontinuitätsberei-
1 unterscheidet bei der Berechnung der Risslast zwi-
chen (D-Bereiche) – sprunghafte Änderungen auf und
schen zwei Rissarten (vgl. Hegger u. Görtz 2003a):
erreichen an den Auflagerpunkten i. Allg. ihre Ex-
• Biegeschubrissbildung ausgehend von einem Bie- tremwerte. Durch die Idealisierung der Tragwerke als
geriss; in Breiten- und Höhenrichtung ausdehnungslose Stä-
• Schrägrissbildung im Steg profilierter, vorgespann- be kann die Stabstatik allerdings die Ausbreitung der
ter Bauteile. aus Lagerreaktionen oder Einzellasten hervorgerufe-
Im ersten Fall entspricht die Risslast dem Mittelwert nen Spannungen nicht abbilden. In den D-Bereichen
der Querkrafttragfähigkeit bei Bauteilen ohne Quer- ergeben sich daher Besonderheiten für die Nachweis-
kraftbewehrung (VRd;ct ! VRm;ct ); mit repräsentativen führung, zumal die Modelle zur Querkraftbemessung
Parametern ( D 2, l D 1;4%, cd D 0) und dem für ungestörte Balkenabschnitte (B-Bereiche) entwi-
mittleren Vorfaktor 0,197 anstelle des Bemessungs- ckelt wurden.
wertes 0,10 (vgl. Hegger u. a. 1999b) folgt Der in Abb. 7.6 wiedergegebene Versuch  2 zeigt,
dass Lasten, die in Auflagernähe wirken, unmittelbar
VRm;ct D 0;197    .100  l  fck /1=3  bw  d über Sprengwerkwirkung in das Auflager abgetragen
 0;44  fck1=3  bw  d werden und damit nicht durch Querkraftbewehrung
wieder in den Druckgurt hochgehängt werden müssen.
 0;44  fctm  bw  d : (7.92)
Für den Nachweis der Querkraftbewehrung sind
Die charakteristische Schubrisslast bei Schrägrissbil- diese Lastanteile daher nicht relevant. Die maß-
dung im Steg ist: gebende Querkraft VEd als Eingangswert für die
266 7 Querkraft

Dimensionierung der erforderlichen Querkraftbe- 7.6.1 Direkte Lagerung –


wehrung entspricht in diesem Fall nicht dem Wert Auflagernahe Lasten
am Auflager, der nach den Regeln der Stabstatik
ermitteltet wurde, sondern ist erheblich geringer. Im
Bei direkter Lagerung nach Abb. 7.37 bildet sich durch
Gegensatz dazu muss auch in Versuch  2 die in das
die Konzentration der Druckspannungen am Auflager
Auflager laufende Betondruckstrebe annähernd die
ein fächerförmiges Spannungsfeld aus. Die im Be-
gesamte Auflagerkraft aufnehmen. Die Eingangswerte
reich dieses Feldes angreifenden Gleichstreckenlas-
VEd für den Tragfähigkeitsnachweis von Beton und
ten werden unmittelbar in das Auflager geleitet und
Bewehrung sind damit nicht identisch. Zur Ermitt-
brauchen daher nicht für den Nachweis der Quer-
lung der Bemessungswerte VEd wird grundsätzlich
krafttragfähigkeit bei Bauteilen ohne Querkraftbeweh-
zwischen zwei Auflagerungsarten unterschieden
rung (! VRd;ct ) oder für die Bemessung der Quer-
werden:
kraftbewehrung (! VRd;sy ) berücksichtigt werden.
• Direkte Lagerung Da diese Lastanteile aber zu Druckbeanspruchungen
Die Auflagerkraft wird über Druckbeanspruchun- des Trägersteges führen, sind sie für den Nachweis
gen senkrecht zur Stabachse am Bauteilrand einge- der Druckstrebentragfähigkeit (! VRd;max ) anzuset-
tragen. zen. Das fächerförmige Druckfeld wird durch die, mit
• Indirekte Lagerung geneigten, parallelen Druckspannungsfelder des an-
Die Einleitung der Auflagerkraft erfolgt über Zug- schließenden Balkenbereichs begrenzt. Der maßgeben-
kräfte bzw. verteilt über die Höhe des Trägers. de Schnitt für die Ermittlung der erforderlichen Be-
Als typisches Beispiel der indirekten Lagerung ist der wehrung wäre demnach im Abstand .z C d1 /  cot
Anschluss eines Nebenträgers an einen Hauptträger in vor der Auflagerkante. In DIN 1045-1 und EN 1992-1-
Abb. 7.36a dargestellt; Abb. 7.36b gibt die Abgren- 1 wird für Gleichlastbeanspruchung der maßgebende
zung zwischen direkter und indirekter Lagerung nach Schnitt etwas konservativer im Abstand d vom Aufla-
DIN 1045-1 wieder. gerrand festgelegt (Abb. 7.37).
Bei Einzellasten, die in Auflagernähe angreifen,
entsteht ein Sprengwerk, durch das Anteile der Last
stützendes Bauteil unmittelbar in das Auflager abgetragen werden. Die
(Hauptträger)
im Versuch am Träger  2 der Abb. 7.6 aufgetretenen
Biegeschubrisse zeigen allerdings auch, dass ein Teil

gestütztes Bauteil
h1 (Nebenträger)

(g+q)d
M
Fc

a Indirekte Lagerung eines Nebenträgers V

d z

h2 q q a
h1 Fs
z cot Q
gestütztes Bauteil d
Bemessungsschnitt
stützendes Bauteil
V
(h1 - h2 ) ³ h2 direkte Lagerung VEd,max
VRd,max VEd VRd,sy
(h1 - h2 ) < h2 indirekte Lagerung

b Definition nach DIN 1045-1


Abbildung 7.37 Beanspruchung durch Gleichstreckenlast bei
Abbildung 7.36a,b Indirekte Lagerung direkter Lagerung – Bemessungsschnitt (vgl. Reineck 2005)
7.6 Bemessungswert der Querkraft – Maßgebender Schnitt 267

System Ftot = F1 + F2 + F3 = F + F3 im Abstand x  2;5d vom Auflagerrand wirkenden Einzel-


last bei direkter Lagerung mit dem Beiwert ˇ abgemindert
werden (vgl. Abb. 7.38 – dort wird x mit a bezeichnet):
F1 + F2 = F F3 x
ˇ D : (7.97)
2;5  d
a F = F1 + F2 Die Abminderung für Einzellasten gilt ebenfalls für den
F2 F1 = b F Nachweis der Querkrafttragfähigkeit bei Bauteilen ohne
F3
Querkraftbewehrung. Die Abgrenzung zwischen direkter
Fc und indirekter Lagerung ist nach DIN 1045-1, 7.3.1 (7)
durch den Abstand der Unterkanten der Bauteile zueinan-
der im Verhältnis zu deren Höhen gegeben (Abb. 7.36b).
z Die Betondruckstrebe (VRd;max ) ist im Unterschied dazu
Fsw stets für den vollen Wert der Querkraft nachzuweisen.
(Anm.: Für den Nachweis der Verankerung der Biegezug-
Fs bewehrung am Endauflager ist ebenfalls der volle Wert der
Querkraft zugrunde zu legen, sofern kein genauerer Nach-
F1 F2 weis erfolgt; s. Abschn. 15.5.1.4)
V

(1-b) F
Normenregelung nach EN 1992-1-1
VEd F Nach EN 1992-1-1, 6.2.1 (8) ist der Bemessungswert der
VEd VRd,sy bF Querkraft zur Ermittlung der erforderlichen Querkraftbe-
wehrung bzw. für den Nachweis der Querkrafttragfähig-
VRd,max keit von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung im Abstand
d vom Auflager zu bestimmen, sofern die Beanspruchun-
Abbildung 7.38 Auflagernahe Einzellast bei direkter Lagerung
gen vorwiegend durch Gleichlasten hervorgerufen werden.
(vgl. Reineck 2005)
Bei Bauteilen, deren Oberseite innerhalb eines Bereichs
0;5d  av  2d vom Rand des Auflagers (bei verformba-
rem Lager von dessen Mitte) durch eine Einzellast bean-
der Einzellast weiterhin über die üblichen Querkraft- sprucht wird, darf der Querkraftanteil der Last mit ˇ nach
tragmechanismen übertragen wird. In Abb. 7.38 ist der Gl. (7.98) vermindert werden. Für av < 0;5d ist der Wert
Kraftfluss schematisch dargestellt: der Anteil F2 wird für av D 0;5d zu verwenden.
av
über ein Sprengwerk in das Auflager geleitet, wäh- ˇ D (7.98)
2d
rend F1 vor dem Auflager über Querkraftbewehrung
nochmals in die Druckzone geführt werden muss, um EN 1992-1-1, 6.2.2 (6) und 6.2.3 (8) erlauben darüber
hinaus die Anwendung der Querkraftabminderung über
dann über eine weitere Druckstrebe in das Auflager zu Gl. (7.98) für die Bemessung von Konsolen u. ä. heranzu-
gelangen. Der über Querkraftbewehrung abzutragende ziehen; in diesem Fall ist die verbleibende Querkraft VEd ,
Anteil der Einzellast hängt vom Verhältnis a=d ab. Für sofern sie VRd;c nach den Gln. (7.19) und (7.20) übersteigt,
den Grenzwert des Verhältnisses alim =d , ab dem ei- vollständig durch Querkraftbewehrung in einem mittleren
ne direkte Abtragung von Lastanteilen in das Auflager Bereich der Länge 0;75av zwischen Angriffspunkt der Ein-
zellast und Auflagervorderkante anzuordnen ist.
nicht mehr realisiert werden kann, existieren verschie-
Der Nachweis der Betondruckstrebe am Auflager ist
dene Ansätze (vgl. Reineck 2005); Versuche legen
dagegen stets mit dem nicht abgeminderten Wert der
einen Grenzwert alim  1;5–2;5d nahe. (DIN 1045-1:
Querkraft VEd nachzuweisen. (Anm.: Für den Nachweis
alim D 2;5  d ; EN 1992-1-1: alim D 2  d ). Der Bemes-
der Verankerung der Biegezugbewehrung am Endaufla-
sungswert der einwirkenden Querkraft VEd kann für die
ger ist ebenfalls der volle Wert der Querkraft zugrunde
Ermittlung der erforderlichen Querkraftbewehrung im
zu legen, sofern kein genauerer Nachweis erfolgt; s. Ab-
Verhältis a=alim reduziert werden. Für den Nachweis
schn. 15.5.1.4)
der Druckstrebe (! VRd;max ) ist natürlich die volle
Einzellast anzurechnen.
Normenregelung nach DIN 1045-1
Nach DIN 1045-1, 10.3.2 (1)–(3) darf bei gleichmäßig ver- 7.6.2 Indirekte Lagerung
teilter Belastung und direkter Auflagerung für die Ermitt-
lung der Querkraftbewehrung der Bemessungswert der Da bei indirekter Lagerung keine z. B. durch Lager-
Querkraft VEd im Abstand d vom Auflagerrand bestimmt
werden. Gleiches gilt für den Nachweis der Querkrafttrag- platten vorgegebene Konzentration der Druckspannun-
fähigkeit von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung (VEd  gen ähnlich dem direkten Auflager stattfinden kann,
VRd;ct ). Darüber hinaus darf der Anteil der Querkraft einer bilden sich im lastabnehmenden (stützenden) Bauteil
268 7 Querkraft

2 1 den. Die Bemessung des Nebenträgers kann dann für


Fc direkte Lagerung erfolgen.

1 z
a
Sonderfall: Unten angehängte Lasten
q
2 Fs Greifen Lasten am Zuggurt eines Trägers an, müssen
A sie durch Aufhängebewehrung in den Druckgurt über-
VEd tragen werden. Die Nachweise der Querkrafttragfähig-
keit sind dann in gewohnter Weise für einen an der
Oberseite belasteten Träger zu führen. Sofern Quer-
a System b Spannungsfelder, maßgebende Querkraft
kraftbewehrung erforderlich wird, muss diese zusätz-
A lich zur Aufhängebewehrung angeordnet werden.
2
Bei indirekter Lasteinleitung wie auch bei großen,
unten angehängten Einzellasten kann die Zuggurtkraft
größer als Mmax =z werden (vgl. Schlaich u. Schäfer
2001). Zwar ist Mmax durch die technische Biegetheo-
rie vorgegeben, allerdings wird z z. B. durch eine über
aL Zugkraftlinie die Trägerhöhe verschmierte Lasteinleitung reduziert.
Die Anwendung der Versatzmaßregel – d. h. die gra-
c Zugkraftlinie phische Verschiebung von Fsd D Mmax =z um das Ver-
Abbildung 7.39a–c Indirekte Lagerung – Orientierung der satzmaß al gemäß Abb. 7.34 – ergibt daher zu kleine
Spannungsfelder

System 1

in Richtung der Längsachse des lastbringenden Bau-


teils i. Allg. keine fächerförmigen Druckspannungsfel- Balken 1
Aufhängebewehrung
der aus. Die Druckspannungsfelder des lastbringenden
(gestützten) Bauteils münden annähernd parallel ein
(Abb. 7.39). Damit bildet der Trägeranschnitt den für 2
die Bemessung maßgebenden Schnitt. Versuche mit in-
direkten Auflagern, die in der Folge schwerer Schäden q1

bei indirekt gelagerten Querträgern von Spannbeton-


brücken durchgeführt wurden, zeigen zudem, dass die Balken 2
gesamte Auflagerkraft des Querträgers durch Aufhän-
gebewehrung, die im Kreuzungsbereich verteilt wer-
den darf, in die Druckzone des Hauptträgers geführt
werden muss (vgl. Leonhardt u. a. 1968; Baumann u.
q2 q2
Rüsch 1970).
Als Alternative zur Bemessung einer indirekten La-
gerung kann für eine Haupt-Nebenträger-Verbindung Detail Knoten
ein fächerförmiges Druckspannungsfeld analog zur di-
rekten Lagerung erzeugt werden, wenn durch die Auf- Aufhängebewehrung

hängebewehrung ein ähnlicher Effekt wie bei Lager- 1


2
platten an der Unterseite des Nebenträgers erzwun-
gen wird. Hierzu muss die gesamte Aufhängebeweh-
rung unmittelbar im Verschneidungsbereich der bei-
den Träger angeordnet werden (Abb. 7.40). Lastanteile
auf dem Nebenträger können dann wie bei einer direk- Abbildung 7.40 Alternative zur Bemessung des Nebenträgers
ten Lagerungen nach den Abbn. 7.37 und 7.38 in den für direkte Lagerung durch Konzentration der Aufhängebeweh-
Fußpunkt der Aufhängebewehrung eingetragen wer- rung (nach Reineck 2005)
7.6 Bemessungswert der Querkraft – Maßgebender Schnitt 269

1 Vccd Fcd
A-A
A ψcc
MEd

4 VEd NEd
=
A
VEd,0
2
ψp
V ψt Vpd
3 Fpd

M Vtd Fsd

1 Wirkungslinie der Betondruckkraft


2 Schwerachse der Spannglieder
3 Schwerachse der Betonstahlbewehrung
4 Nulllinie

Abbildung 7.41 Träger mit geneigten Gurten bzw. geneigtem Spannglied

Zuggurtkräfte. Vereinfachend kann die Zugkraftlinie die Anteile von Fcd normal und parallel zum
im Bereich der Lasteinleitung stetig fortgesetzt werden Schnitt sind:
(vgl. Abb. 7.39c). MEds
Fcd;N D ; (7.100)
z
MEds
Vccd D  tan cc I (7.101)
7.6.3 Auswirkungen geneigter Gurte z
und Spannglieder Vpd Querkraftkomponente der Spannstahlkraft im
GZT (s. u.)

Bei Trägern mit geneigten Gurten bzw. Spanngliedern Vpd D Fpd  sin p I (7.102)
wird die einwirkende Querkraft, die im Trägersteg zwi- Vtd Bemessungswert der Querkraftkomponente
schen Druck- und Zuggurt übertragen werden muss, der Betonstahlzugkraft Fsd ; die Anteile von
durch die Komponenten der Gurt- bzw. Spannglied- Fsd normal und parallel zum Schnitt sind:
kräfte in Querkraftrichtung erhöht oder vermindert.
MEds
Für den i. Allg. senkrecht zur Schwerachse geführten Fsd;N D C NEd ; (7.103)
Bemessungsschnitt nach Abb. 7.41 kann näherungs- z 
weise davon ausgegangen werden, dass die Neigung MEds
Vtd D C NEd  tan t : (7.104)
cc des Druckgurtes, d. h. die Neigung der Druckspan-
z
nungsresultierenden gegen die Bauteilachse, identisch
P Der Querkraftanteil eventuell vorhandener Druckbe-
mit der Neigung der Bauteiloberkante ist. Aus V wehrung kann analog in Vccd berücksichtigt werden.
folgt: Die Komponenten der geneigten Gurtkräfte bzw.
der geneigten Spannkraft können sowohl günstig als
VEd;0 D VEd C Vccd C Vpd C Vtd (7.99a) auch ungünstig auf den Bemessungswert VEd gegen-
über VEd;0 wirken. Da die Querkraft über dM=dx D V
) VEd D VEd;0  Vccd  Vpd  Vtd : (7.99b) mit dem Biegemoment verknüpft ist, kann als Faustre-
gel angegeben werden (Abb. 7.42): Ändern sich jM j
Die Komponenten in Gl. (7.99b) bedeuten: und z gleichsinnig, wirkt die Neigung der Gurte güns-
tig; ein Teil der einwirkenden Querkraft wird unmittel-
VEd;0 Grundbemessungswert der auf den Quer- bar über die geneigten Gurtkräfte aufgenommen und
schnitt einwirkenden Querkraft; braucht nicht für die Nachweise der Querkrafttragfä-
VEd Bemessungswert der einwirkenden Querkraft higkeit berücksichtigt werden (! jVEd j < jVEd;0 j).
(Eingangswert in die Nachweise der Quer- Ändern sich jM j und z gegenläufig, entsteht aus den
krafttragfähigkeit); geneigten Gurtkräften eine zusätzliche Querkraftbean-
Vccd Bemessungswert der Querkraftkomponente spruchung des Trägersteges (! jVEd j > jVEd;0 j), die in
aus der Druckspannungsresultierenden Fcd ; den Nachweisen berücksichtigt werden muss.
270 7 Querkraft

y 6
D .1;35  .7;5 C 1;0/ C 1;5  3;0/ 
„ ƒ‚ … 2
D15;98 kN/m
y
D 47;93 kN :
z zunehmend z abnehmend Die Deckenplatte ist beidseits direkt gelagert, der maß-
|M| zunehmend |M| zunehmend gebende Querschnitt befindet sich daher im Abstand d
vom Auflagerrand. Der Bemessungswert der einwirken-
den Querkraft folgt damit zu

VEd;red D VEd  .gd C qd /  .ai C d /


a günstige Wirkung b ungünstige Wirkung
|VEd| < |VEd,0| |VEd| > |VEd,0|
D 47;93  15;98  .0;07 C 0;27/
D 42;5 kN :

Querkrafttragfähigkeit ohne Querkraftbewehrung


y Zunächst wird überprüft, ob die Querkrafttragfähigkeit
der Platte ohne spezielle Querkraftbewehrung ausreicht.
Der Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit für Bau-
teile ohne Querkraftbewehrung ist mit den Gln. (7.17)
und (7.18) zu berechnen.

z abnehmend  
0;15
|M| abnehmend VRd;ct D 1 .100l fck /1=3  0;12cd  bw d
c
 p 
c günstige Wirkung 1
|VEd| < |VEd,0|   3 fck  0;12cd  bw d
c
Abbildung 7.42a–c Auswirkungen der Gurtneigungen auf VEd
Zur Berechnung von VRd;ct wird vorausgesetzt, dass die
gesamte Feldbewehrung über das Auflager geführt und
dort verankert wird.

Bemessungswert der Vorspannkraft


bei geneigten Spanngliedern qk = 3,0 kN/m
g1k = 7,5 kN/m
g2k = 1,0 kN/m
Der Bemessungswert der Vorspannkraft ist i. Allg.
Fpd D p  Pmt (vgl. Abschn. 5.4.3). Für Spann- 6,0
glieder mit sofortigem oder nachträglichem Verbund
kann in den für Querkraftnachweise maßgebenden C25/30 As= 6,28 cm2

Schnitten i. d. R. nicht davon ausgegangen werden,


0,27
dass die Spannstahldehnung als Summe aus Vor- 0,30

und Zusatzdehnung im GZT die Streckgrenze er-


reicht. Dem entsprechend müssen lokale, sofortige 1,0

und zeitabhängige Spannkraftverluste berücksichtigt a System und Querschnitt


werden. In DIN 1045-1, 10.3.2 wird Fpd zusätzlich d = 0,27
auf den Bemessungswert der Kraft an der technischen
0,27
Streckgrenze Ap fp0;1k =s begrenzt. 0,30

ai = 0,07
Beispiel 7.1 6,0
Für den in Abb. 7.43 dargestellten Ausschnitt aus einer VEd
einachsig gespannten, durch Gleichlasten beanspruchten VEd = 47,93 kN
Deckenplatte mit b > 5h soll die Querkrafttragfähigkeit VEd,red = 42,5 kN
im GZT nachgewiesen werden.
Bemessungswert der einwirkenden Querkraft – maß-
gebender Schnitt
Der Maximalwert der einwirkenden Querkraft in den
b Detail Auflager
Auflagerachsen ist
Abbildung 7.43a,b Beispiel 7.1 – Ausschnitt aus einer einach-
l
VEd D .gd C qd /  sig gespannten Deckenplatte
2
7.6 Bemessungswert der Querkraft – Maßgebender Schnitt 271

1 D 1;0 ; Bemessung der Querkraftbewehrung


r r Die Querkrafttragfähigkeit VRd;ct ohne spezielle Quer-
200 200
 D 1C D1C D 1;86  2;0 ; kraftbewehrung reicht nicht aus; auf eine Darstellung des
d 270 Rechengangs wird verzichtet. Zur Bemessung der Quer-
1 D 0;0525 .d < 600 mm/ ; kraftbewehrung muss zunächst die Geometrie des Fach-
Asl 6;28  104 werks festgelegt werden. Es werden vertikale Bügel ver-
l D D D 0;0023  0;02
bw  d 1;0  0;27 wendet (˛ D 90ı ); der Hebelarm z wird aus der Bie-
gebemessung zu z D 1;87 m übernommen (vgl. Bei-
Da die Platte nicht vorgespannt ist und auch darüber spiel 6.6). Zur Berechnung des unteren Grenzwertes der
hinaus keine Normalkraftbeanspruchungen auftreten, ist Druckstrebenneigung muss der Betontraganteil VRd;c
cd D 0. eines querkraftbewehrten Querschnitts ermittelt werden.
Mit
0;15
VRd;ct D  1;0  1;86  .100  0;0023  25/1=3
1;5 cj D 0;50 ; 1 D 1;0 ;
1;0  0;27 NEd Fpd  cos p 3;257
cd D D D
D 0;090 MN D
O 90 kN Ac Ac 0;975
0;0525 p D 3;34 MN/m2
  1;863  25  1;0  0;27
1;5
O 120 kN > VEd;red :
 0;120 MN D folgt VRd;c nach Gl. (7.71) zu
  
Die Querkrafttragfähigkeit ist damit ausreichend; die An- cd
VRd;c D cj  0;48  1  fck1=3  1 C 1;2 
ordnung von Querkraftbewehrung ist nicht erforderlich. fcd
Da gleichzeitig b > 5h vorausgesetzt wurde, kann auch  bw  z
auf Mindestquerkraftbewehrung verzichtet werden.   
3;34
D 0;5  0;48  1;0  40  1 C 1;2 
1=3
22;7
Beispiel 7.2
 0;3  1;87 D 0;379 MN :
Für den aus Beispiel 6.6 bereits bekannten Plattenbalken
soll die Querkrafttragfähigkeit nachgewiesen werden
Der durch Rissreibung festgelegte Grenzwert für cot
(Abb. 7.44).
kann mit Gl. (7.70) berechnet werden:

Bemessungswert der Querkraft 1;2  1;4cd =fcd 1;2 C 1;4  3;34=22;7


Da der Träger direkt gelagert wird, liegt der maßgeben- cot  D
1  VRd;c =VEd 1  0;379=0;601
de Schnitt für die Bemessung der Querkraftbewehrung im
D 3;81  3;0 :
Abstand d vom Auflagerrand. Gleichzeitig darf die güns-
tige Wirkung der geneigten Spannglieder berücksichtigt
Damit wird cot D 3, d. h. D 18;4ı maßgebend und
werden. Zur Bemessung werden zunächst die Auflager-
im Folgenden der Bemessung zugrunde gelegt. Natürlich
kraft A und die Querkraft VEd;0 im Bemessungsschnitt
könnten statt dessen beliebig steilere Druckstrebenwin-
benötigt.
kel bis D 60ı gewählt werden. Die erforderliche Quer-
kraftbewehrung folgt aus Gl. (7.73):
l 22
A D .gd C qd /  D 0;132 
2 2 VEd 0;601
D 1;452 MN ; asw D D
a  fyd  z  cot 435  1;87  3;0
VEd;0 D A  .gd C qd / C ds D 2;46  104 m2 =m D
O 2;46 cm2 =m :
2
 
0;4
D 1;452  0;132 C 1;93 Mindestquerkraftbewehrung
2
Auf den Träger werden die Regeln für die Mindestbe-
D 1;177 MN : wehrung bei gegliedertem Querschnitt mit vorgespann-
tem Zuggurt angewendet. Für vertikale Bügel folgt:
Der durch die geneigten Spannglieder aufgenommene
Querkraftanteil ist fctm 3;5
w;min D 1;6  0;16  D 1;6  0;16 
fyk 500
Fpd D p  Pmt D p  pmt  Ap
D 0;00179 ;
D 1;0  1050  31;5  104 D 3;308 MN ;
asw;min D w;min  bw D 0;00179  0;30
Vpd D Fpd  sin D 3;308  sin.0;175/
p
D 5;37  104 m2 =m D
O 5;37 cm2 =m :
D 0;576 MN :
Damit wird die Mindestbewehrung maßgebend.
Damit Nachweis der Druckstrebentragfähigkeit
Die Druckstrebentragfähigkeit muss mit der maximalen
VEd D VEd;0  Vpd D 1;177  0;576 Querkraft am Auflager, in diesem Fall also der Aufla-
D 0;601 MN : gerkraft nachgewiesen werden. Der hierfür maßgeben-
272 7 Querkraft

1,80
0,25
(gd + qd) = 132 kN/m

y
S 2,0

Beton C40/50 z 1,75 Schwerachse der 22,0


ds=1,93
Ac = 0,975 m2 Spannglieder Yp = 10°
Pmt Vorspannung:
Ap = 31,5 cm2
spmt = 1050 N/mm2
ds Hüllrohrdurchmesser
0,30 a = 0,40 22,0 dh = 60 mm
A

a Querschnitt b Detail Auflagerbereich c System und Belastung

Abbildung 7.44a–c Beispiel 7.2 – Querkraftbemessung eines vorgespannten Plattenbalkens

de Schnitt befindet sich auf Höhe der zwei nebenein- 7.7.1 Tragverhalten und Tragmodelle
ander liegenden Spannglieder: Mit einem Außendurch-
messer der Spannglied-Hüllrohre von 60 mm muss bei
der vorliegenden Stegbreite die Querschnittsschwächung Abbildung 7.45a zeigt schematisch das in einem Bie-
durch eine reduzierte Stegbreite bw;nom berücksichtigt geversuch an einem Plattenbalken mit Belastung in
werden: Stegebene aufgetretene Rissbild in der Druckplatte.
Zwei typische Rissformationen sind zu unterschei-
X bw
dh D 0;12 m > D 0;0375 m den:
8
X
) bw;nom D bw  0;5  dh D 0;3  0;5  0;12 
1 Schräge Schubrisse
Im querkraftbeanspruchten Bereich schreiten
D 0;24 m :
Risse ausgehend vom Trägersteg in die Platte
fort; mit Annäherung an die Lasteinleitungs-
Aus Gl. (7.75) folgt die Druckstrebentragfähigkeit: punkte wird der Risswinkel zur Längsachse
zunehmend flacher.
bw;nom  z  ˛c  fcd 
2 Längsrisse
VRd;max D
cot C tan Im Bereich konstanter Biegemomente treten bei
0;24  1;87  0;75  22;7 sehr hohen Druckbeanspruchungen der Platte
D D 2;29 MN :
3 C 1=3 einzelne Längsrisse auf.

Die Tragfähigkeit der Druckstrebe am Auflager ist grö- Daneben können unmittelbar über dem Auflager
ßer als die hierfür maßgebende Querkraft VEd D A D Querrisse über die gesamte Plattenbreite aus der Ei-
1;452 MN; der Nachweis ist damit erfüllt. gensteifigkeit der Gurtplatte entstehen. Das Versagen
des Plattenbalkens wird durch eine Längsrissbildung
entlang des Gurtanschlusses eingeleitet und endet im
Abscheren des Gurtes vom Steg (duktiles Versagen
7.7 Schub in Gurten gegliederter
nach Fließen der Querbewehrung). Bei sehr dünnen
Querschnitte Platten kann der Beton durch die Ausbreitung der
Druckkräfte lokal überbeansprucht werden (Druckstre-
Bei gegliederten Querschnitten – Plattenbalken, benbruch).
Hohlkasten, etc. – entstehen bei veränderlichen Der Fluss der inneren Kräfte lässt sich anschau-
Biegemomenten aus der Änderung der Gurtkräfte lich durch ein Fachwerkmodell beschreiben: das Steg-
Schubbeanspruchungen im Anschnitt zwischen Bal- fachwerk wird durch ein horizontales Gurtfachwerk er-
kensteg und Gurt. Analog zum querkraftbeanspruchten gänzt, dessen Zugstreben senkrecht zur Trägerachse
Trägersteg können die Schubbeanspruchungen durch angeordnet sind (vgl. Bachmann 1978).
Fachwerkmodelle in Druck- und Zugkräfte aufgelöst Der Verlauf nach der Elastizitätstheorie berechneter
werden; letztere werden durch Bewehrung, die die Schubspannungen im Gurtanschnitt ist bei konstantem
Gurte mit den Trägerstegen verbindet, aufgenom- Trägerquerschnitt proportional zum Querkraftverlauf.
men. Bei Gleichlastbeanspruchung treten damit am Aufla-
7.7 Schub in Gurten gegliederter Querschnitte 273

F F q

Mmin

av1 = l1 / 2 av2 = l2 / 2
l1 l2
av1 av1 av2 av2

1 2 av3 av3
a Rissbild
l3
av3 = l3 / 2
Mmax
F 4 beff /4

a Gleichlast
qf
beff Q
z q q

b Flanschfachwerkmodell (Bachmann 1978)


Mmin
Abbildung 7.45a,b Rissbild eines Druckflansches und zugehö-
riges einfaches Fachwerkmodell

ger Schubspannungsspitzen auf, die experimentell aber


av1 av2 av3 av3
nicht nachvollzogen werden können. Das Fachwerk-
modell zeigt dagegen in guter Übereinstimmung mit
Versuchen, dass durch die Ausbreitung der Druckstre-
ben die Beanspruchungen der Platte erst allmählich an-
steigen.
Mmax
b Gleichlast + Einzellast
7.7.2 Fachwerkmodell und Bemessung Abbildung 7.46a,b Abschnittsweise Linearisierung der Mo-
für Druckgurte mentenlinie

Die Bemessung des Druckgurtanschlusses basiert auf


Die Gl. (7.105b) gilt lediglich bei Lage der Nulllinie
einem Fachwerk in Gurtebene. In aktuellen Normen
im Druckgurt bzw. bei stark profilierten Plattenbalken
wird vereinfachend angenommen, dass die Schubbe-
streng; Acc entspricht der gesamten Druckzone, Aca
anspruchung im Gurtanschnitt über die Länge av kon-
dem Anteil im betrachteten Gurt. Die Querkraftbeweh-
stant ist; dem entsprechend ist die Querkraft eben-
rung für den Anschluss der Gurte besteht i. d. R. aus
falls konstant, das Biegemoment linear veränderlich.
horizontalen Bewehrungsstäben, die – dem Flansch-
Die Einteilung des Trägers in Abschnitte entspricht da-
fachwerkmodell in Abb. 7.45b entsprechend – senk-
her einer Linearisierung des Biegemomentenverlaufs
recht zur Längsachse des Balkens eingebaut werden;
(Abb. 7.46). Bei Querkraftsprüngen (Auflager, Einzel-
damit gilt ˛ D 90ı . Aus dem in Abb. 7.47 dargestell-
lasten) müssen Abschnittsgrenzen vorgesehen werden.
ten Krafteck folgt:
Die im Gurtanschnitt zu übertragende, entlang av
konstante Schubkraft VEd entspricht bei Druckgurten Fsfd D VEd  tan f ; (7.106)
der Änderung der Druckkraft Fcd im abgeschnittenen VEd
Gurtteil.7 jFcfd j D : (7.107)
cos f
VEd D Fcd (7.105a) Die zugehörigen Flächen zur Umrechnung der Kräf-
MEds Aca MEds beff;i te in Spannungen sind für Fsfd der Bewehrungsquer-
D  D  : (7.105b)
z Acc z beff schnitt asf , der die Anschnittsfläche hf  av kreuzt, und
für die Druckspannungen av0  hf mit
7
Die Gleichungen werden auf Bemessungsniveau mit den Be-
zeichnungen nach DIN 1045-1 angeschrieben av0 D hf  av  sin f : (7.108)
274 7 Querkraft

av

DFcd
beff,i Fcfd
Fsfd
Qf
Qf Qf
Fc VEd
bw

a Draufsicht Druckgurt
Asf
nsf = fyd
sf

F
hf Fc

z
Qw b Ansicht Trägersteg
Fs
F

Mmax

Abbildung 7.47a,b Fachwerkmodell für Druckgurte

Damit errechnen sich die Spannungen des Druck- und 7.7.3 Fachwerkmodell und Bemessung
Zugfeldes zu für Zuggurte
VEd
sfd D ; (7.109)
asf  av  cot f Zugbeanspruchte Gurtplatten treten z. B. bei Kragträ-
VEd gern, über Innenauflagern bei Durchlaufträgern oder
jcfd j D : (7.110) bei Hohlkastenträgern auf. Die im Gurtanschnitt zu
hf  av  sin f cos f
übertragende Querkraft entspricht der Zugkraftdiffe-
Werden im GZT für sfd bzw. jcfd j die jeweiligen Fes- renz der im Gurtabschnitt vorhandenen Bewehrung Asa
tigkeiten fyd und ˛c fcd eingesetzt, folgt nach Auflösen (Abb. 7.48b).
und Gleichsetzen von VEd mit VRd;sy bzw. VRd;max die  
Querkrafttragfähigkeit des Gurtanschlusses zu MEds Asa
VEd D Fsd D C NEd  : (7.113)
z As;tot
VRd;sy D asf  av  fyd  cot f ; (7.111)
Völlig analog zu Druckgurten bildet sich bei Zuggur-
VRd;max D hf  av  ˛c fcd  sin f  cos f
ten ebenfalls ein Fachwerk in Gurtebene mit Druck-
hf  av  ˛c fcd
D : (7.112) und Zugstreben aus. (Abb. 7.48c). Die Nachweisglei-
cot f C tan f chungen (7.111) und (7.112) für Druckgurte treffen
Die Gln. (7.111) und (7.112) sind für av D z und damit auch für Zuggurte zu; lediglich die Druckstre-
hf D bw identisch mit den Bemessungsgleichungen benneigung f ist bei Zuggurten angesichts der Über-
für den Querkraftnachweis von bewehrten Trägerste- lagerung durch Zugspannungen deutlich steiler.
gen (Gln. 7.48 und 7.49)
In Versuchen konnten bei Druckgurten äußerst fla-
che Druckstrebenneigungen f bis  25ı festgestellt
7.7.4 Interaktion von Längsschub
werden (Bachmann 1978). Die mit Annäherung an
Mmax flacher werdenden Druckstrebenwinkel resultie- und Querbiegung
ren aus der Überlagerung mit zunehmenden Druck-
spannungen aus der Längstragwirkung. Für die Be- Wenn bei Plattenbalken die vertikale Belastung nicht
messung werden aufbauend auf der Plastizitätstheorie in Stegebene, sondern über die Gurtbreite verteilt an-
in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 allerdings beliebi- greift, wird der Gurt als Platte durch Biegung senkrecht
ge Winkel f zwischen vorgegebenen Grenzen zuge- zur Längsrichtung des Trägers beansprucht. Im Gurt-
lassen. anschnitt wirken neben den erläuterten Längsschub-
7.7 Schub in Gurten gegliederter Querschnitte 275

Gurtanschnitt Gurtanschnitt Nachweis der Schubtragfähigkeit


Aca Acc Asa Der Nachweis der Zug- und Druckstreben erfolgt über die
Gln. (7.111) und (7.112). Bei den übrigen Gleichungen
in DIN 1045-1, 10.3.4 ist z durch av und bw durch hf zu
Asf Asf ersetzten. Für ˛c ist 0;75  1 anzunehmen (1 D 1 für
Normalbeton; für Leichtbeton s. o.).

Nachweis für Schub und Querbiegung


a Druckgurt b Zuggurt
Sofer kein genauerer Nachweis erfolgt, darf bei kombinier-
ter Beanspruchung durch Schubkräfte zwischen Gurt und
Steg und durch Querbiegung der größere erforderliche
Bewehrungsquerschnitt je Seite, der sich entweder aus
dem Nachweis des Gurtanschlusses oder der Bemes-
sung für Querbiegung ergibt, angeordnet werden. Der
Nachweis erfordert hierfür die getrennte Betrachtung von
Biegedruckzone und Biegezugzone und setzt voraus,
dass die Bewehrung zum Anschluss des Gurtes jeweils
zur Hälfte auf die beiden Bereiche verteilt ist.
lb,erf

c Fachwerk eines Zuggurtes (schematisch) Interaktion mit Querkraftbewehrung aus Querbiegung


Sofern aus der Plattentragwirkung des Gurtes quer zur
Abbildung 7.48a–c Anrechenbare Druckzonenfläche Aca bzw. Trägerachse Querkraftbewehrung erforderlich wird, sind
Bewehrungsfläche Asa ; Zuggurtfachwerk die Druckstrebenbeanspruchungen aus Scheibentragwir-
kung (Druckstreben in horizontaler Ebene) und Platten-
tragwirkung (Druckstreben in vertikaler Ebene) zu überla-
gern. DIN 1045-1, 10.3.5 gibt hierzu vereinfachend eine
kräften Zug- und Druckkräfte aus Querbiegung und zu- lineare Interaktionsbeziehung an:
gehöriger Querkraft. Die erforderliche Bewehrung im    
VEd;Platte VEd;Scheibe
Gurtanschnitt ergibt sich damit aus einer kombinier- C  1;0 : (7.115)
VRd;max;Platte VRd;max;Scheibe
ten Beanspruchung. In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
ist hierzu eine vereinfachte Superpositionsregel enthal-
ten; weitere Ansätze sind u. a. in Bachmann (1978); Versatzmaß bei Zuggurtanschlüssen
Hochreither u. Pratsch (1986); Eibl (1988) zu fin- Dem Gurtfachwerkmodell mit f D 45ı entsprechend,
den. sieht DIN 1045-1, 13.2.2 (4) vor, dass das Versatzmaß
al jeweils um den Abstand des betrachteten Stabes vom
Normenregelung nach DIN 1045-1 Steganschnitt erhöht wird.
Nach DIN 1045-1, 10.3.5 erfolgt der Nachweis von
Schubkräften zwischen Balkensteg und Gurten auf Basis
der Nachweisgleichungen für Trägerstege mit Querkraft- Normenregelung nach EN 1992-1-1
bewehrung nach DIN 1045-1, 10.3.4. Der Schubnachweis zwischen Balkensteg und Gurt nach
EN 1992-1-1, 6.2.4 entspricht weitgehend DIN 1045-1,
ist allerdings um den Nachweis der Tragfähigkeit ohne
Geometrie des Gurtfachwerks Bewehrung erweitert.
Dem Nachweis ist als Längsschubkraft VEd die Längs-
kraftdifferenz Fd eines einseitigen Gurtabschnitts mit
der Länge av zugrunde zu legen. Für av darf dabei Geometrie des Fachwerks
höchstens der halbe Abstand zwischen Momentennull- Hinsichtlich der Festlegung der Abschnittslänge x ent-
punkt und Momentenmaximum angenommen werden. spricht EN 1992-1-1 den Regeln für av nach DIN 1045-1.
Bei nennenswerten Einzellasten sollten die jeweiligen Die Druckstrebenneigung f ist zwischen länderspezifisch
Abschnittslängen jedoch nicht über Querkraftsprünge festzulegenden Grenzen f;min und f;max frei zu wählen
hinausgehen (vgl. Abb. 7.46). Der Druckstrebenwinkel (! NDPs, Tabelle 7.4).
darf zwischen den durch Gl. (7.70) angegebenen Grenzen
frei gewählt werden; für cd ist dabei näherungswei-
se der Mittelwert der Längsspannung im Abschnitt Nachweis der Schubtragfähigkeit
av einzusetzen. Vereinfachend kann angenommen Die über den Abschnitt der Länge x konstant angenom-
werden: mene, einwirkende Längsschubkraft Fd wird als Schub-
( spannung vEd auf die Anschnittfläche bezogen:
1;2 ! f D 40ı ; für Druckgurte Fd
cot f D : (7.114) vEd D : (7.116)
1;0 ! f D 45ı ; für Zuggurte hf  x
276 7 Querkraft

gk = 8,25 kN/m
Tabelle 7.4 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
Nachweis des Schubanschlusses von Gurten gegeliederter Quer- qk = 20,0 kN/m
schnitte
NDP D A 10,0
EU
av = 2,5

cot f;max 1;0 .45ı / 0;58 .59;9ı / EU


ı 385 514 MEd in kNm
2;0 .26;5 / Druck a
cot f;min ı
EU
1;25 .38;6 / Zug
k 0;4 0;4b EU beff,i = 0,30
a
Der untere Grenzwert des Druckstrebenwinkels ist nach den beff = 0,90
national festgelegten Regeln für cot min bei bewehrten Trägerstegen
festzulegen. Hierfür ist bw D hx und z D x zu setzen. Für cd darf 0,15
die mittlere Betonlängsspannung im anzuschließenden Gurtabschnitt
der Länge x angesetzt werden. 0,75
b
gilt für monolithische Querschnitte 0,80
Nachweisschnitt

Sofern Gl. (7.117) erfüllt ist, braucht keine Bewehrung für C40/50
die Aufnahme der Schubkräfte angeordnet werden; hierbei
0,30
ist k länderspezifisch festzulegen (! NDP, Tabelle 7.4).
Der Gurt muss allerdings stets in Querrichtung die für bie- Abbildung 7.49 Beispiel 7.3 – Druckgurtanschluss
gebeanspruchte Bauteile erforderliche Mindestbewehrung
enthalten.
vEd  k  fctd (7.117) stimmt werden. Die Biegebemessung in Feldmitte ergibt
Wenn eine Bewehrung erforderlich ist, wird der Nach- folgende Kenngrößen:
weis über die auf die Anschnittfläche av  hf bezogenen
Gln. (7.111) und (7.112) geführt (effektive Betondruckfes- MEds D 514 kNm ; µEds D 0;045
tigkeit nach EN 1992-1-1: fcd ): hf
asf ! D 0;071 ; x D 0;053 m <
vRd;sy D  fyd  cot f ; (7.118) 2
hf ! D 0;974 ; z D 0;73 m :
vRd;max D   fcd  sin f  cos f : (7.119)
Damit kann die Dehnungsnulllinie entlang des Trägers in
In Gl. (7.119) ist  ein länderspezifisch festzulegender der Platte angenommen werden. Als Länge der nachzu-
Abminderungsfaktor für die Festigkeit gerissenen Betons weisenden Gurtabschnitte wird der halbe Abstand zwi-
und wir in Zusammenhang mit dem Nachweis von Träger- schen Momentennullpunkt und -maximum, d. h. av D
stegen ohne Querkraftbewehrung definiert (vgl. Gl. 7.21). l=4 D 2;5 m angesetzt. Nachfolgend werden die Ab-
schnitte zwischen Auflager und Viertelspunkten betrach-
Nachweis für Schub und Querbiegung tet; die Bemessung der Abschnitte zwischen Viertels-
Der Nachweis für kombinierte Beanspruchung aus Schub- punkten und Feldmitte erfolgt analog. Die Schubkraft,
kräften und Querbiegung ist identisch mit DIN 1045-1. d. h. die Längskraftdifferenz im abgetrennten Gurt, ist
nach Gl. (7.105b):

Versatzmaß bei Zuggurtanschlüssen MEds beff;i


VEd D Fcd D 
Das zusätzliche Versatzmaß der Längsbewehrung im z beff
Gurt entspricht sl  cot f mit sl als Abstand zwischen 0;385 0;3
D  D 0;176 MN :
betrachtetem Stab und Gurtanschnitt. 0;73 0;9

Nachweis der Schubtragfähigkeit


Beispiel 7.3 Der Druckstrebenwinkel des Gurtfachwerks wird verein-
Der Anschluß des Druckgurtes an den Steg des in fachend zu f D 40ı bzw. cot f D 1;2 angenommen
Abb. 7.49 dargestellten, durch Gleichlasten beanspruch- (vgl. Gl. 7.114). Die erforderliche Anschlussbewehrung
ten Plattenbalkens soll nachgewiesen werden. ist nach Gl. (7.111)

VEd 0;176
Anzuschließende Schubkraft asf D D
Zur Berechnung der im Gurtanschnitt wirkenden Schub- av  fyd  cot f 2;5  435  1;2
kraft muss zunächst die Lage der Dehnungsnulllinie be- D 1;35  104 m2 =m D
O 1;35 cm2 =m :
7.8 Schubfugen 277

Die Tragfähigkeit der in der Platte verlaufenden, ge-


gen die Trägerachse geneigten Druckstreben ist durch
Gl. (7.112) gegeben.

hf  av  ˛c  fcd 0;15  2;5  0;75  22;7 2 1


VRd;max D D
cot C tan 1;2 C 0;83
D 3;14 MN  VEd D 0;176 MN

3
7.8 Schubfugen

7.8.1 Überblick 1 Fuge zwischen Fertigteilplatte und Ortbeton

2 Fuge zwischen Fertigteil- oder Ortbetonträger und Ortbeton

Mit der Bezeichnung Schubfuge wird eine Grenzfläche 3 vertikale Arbeitsfuge (Anschlussfuge) bei Platten
zwischen Betonen unterschiedlichen Alters bezeich-
Abbildung 7.50 Fugen in Betonbauteilen
net, die im Wesentlichen durch Schubspannungen in
der Fugenebene beansprucht wird. Schubfugen entste-
hen im Allgemeinen bei der abschnittsweisen Herstel- ne Begrenzung der auftretenden Relativverschiebun-
lung von Betonbauwerken, also aus Zwangspunkten gen der beiden Fugenufer gegeneinander sicherstellen,
bei baubetrieblichen Abläufen, z. B. als (s. Abb. 7.50): dass die zusammengesetzten Bauteile stets als Einheit
• Arbeitsfugen zwischen zwei Betonierabschnitten wirken. Nur unter dieser Voraussetzung können Span-
bei Neubau oder Sanierung (Anschlussfugen), nungsumlagerungen infolge der Nachgiebigkeit in der
• Fugen zwischen Fertigteilen und Ortbetonergän- Verbundfuge vernachlässigt werden (Abb. 7.51).
zungen oder Das Tragverhalten von Schubfugen hängt von der
• Fugen zwischen angrenzenden Bauteilen bzw. Fer- Lage der Fuge im Bauteil ab (vgl. Jähring 2005).
tigteilen. Fugen parallel zur Bauteilachse oder -ebene werden
durch Längsschub beansprucht; ihre Bemessung wird
Schubfugen treten dabei in vielfältigster Ausprägung in den folgenden Abschnitten erläutert. In Fugen senk-
auf und bedeuten stets eine gewisse Störung im mono- recht zur Bauteilachse wirken neben den Schubspan-
lithischen Gefüge. Sie können damit zu Schwachstel- nungen auch Druck- oder Zugspannungen infolge Bie-
len eines Bauteils werden und erfordern einen rechne- gung; Hinweise zu deren Bemessung sind in Ab-
rischen Nachweis ausreichender Tragfähigkeit. Vor al- schn. 7.8.5 enthalten.
lem die rationelle Herstellung von Decken im Hoch-
und Industriebau als Teilfertigdecken bestehend aus
Nachweisstrategie
Fertigteilen – häufig mit einbetonierten Gitterträgern
als Bewehrung und Montageaussteifung – und einer
Der vorausgesetzte starre Verbund von Schubfugen im
Ortbetonergänzung hat dazu beigetragen, dass die Be-
Grenzzustand der Tragfähigkeit ist im Wesentlichen
messung von Schubfugen mittlerweile zu den alltägli-
chen Aufgaben der Ingenieurpraxis zählt.
Im Allgemeinen sollen Bauteile, auch wenn sie F Schubfuge
abschnittsweise und mit zeitlichem Versatz betoniert
werden, das Tragverhalten monolithisch hergestellter
Elemente aufweisen, d. h. für die Schnittgrößenermitt-
lung und die Bemessung in den Grenzzuständen der
a starrer Verbund
Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit wie monoli-
thische Bauteile behandelt werden können.8 Schubfu- F Schubfuge
gen müssen daher allgemein kraftschlüssig sein und
sog. starren Verbund aufweisen, also u. a. durch ei-
Relativverschiebungen
8
Um Missverständnisse zu vermeiden: In Schnittgrößenermitt- b nachgiebiger Verbund
lung und Bemessung abschnittsweise hergestellter Bauteile soll-
te natürlich für die einzelnen Elemente der eingeprägte Span- Abbildung 7.51a,b Unterscheidung zwischen starrem und
nungszustand aus dem Bauzustand berücksichtigt werden. nachgiebigem Verbund
278 7 Querkraft

durch Haftverbund (Adhäsion und mikromechanische q

Verzahnung, s. Abschn. 7.8.2.1) zu erreichen. Eine


x dx
Fugenbewehrung ist damit v. a. für das Tragverhal-
ten nach Überwindung des starren Verbundes, insbe- dM MEd
sondere für die Duktilität der Verbindung verantwort-
M(x) M(x+dx) = M+dM ~ M+Vdx
lich. Eine Schubfuge müsste damit in Konsequenz al-
leine für den Haftverbund ausgelegt werden. Das da- dx dV
mit für den GZT gewährleistete monolithische Verhal-
V(x) V(x+dx) = V+dV VEd
ten macht gesonderte Nachweise für den Grenzzustand
a Schnittgrößen am Balken
der Gebrauchstauglichkeit entbehrlich. Da entlang ei-
ner Fuge i. d. R. verschiedene Beanspruchungszustän-
de herrschen, kommt der Duktilität dennoch einige Be- Fcd Fcd + dFcd
deutung für das Systemverhalten zu.
z
In den aktuellen Bemessungsnormen wird die skiz- tEd
zierte Nachweisstrategie allerdings nur teilweise ver- Fs Fs + dFs

folgt. Verschieblicher Verbund – d. h. eine über den dx


reinen Haftverbund hinausgehende Tragfähigkeit der
Fuge – wird zugelassen, aber ausreichend konserva- Fcd
tiv abgegrenzt und durch Konstruktionsregeln ergänzt, dx
_
dFcd = VEd ּ z
tEd bdx
um einerseits im GZT ausreichend starren Verbund
b Gleichgewicht am Element
sicherzustellen und andererseits auf Gebrauchslastni-
veau quasi-monolithisches Verhalten zu gewährleisten.
Nachweise im GZG können damit als erfüllt angese- Fcdj
hen werden. tEd
DFcd
Schubfugen, die demgegenüber im GZT planmä-
Fs
ßig auf verschieblichen Verbund ausgelegt sind, ma-
chen ergänzende Nachweise im GZG – z. B. Verfor- c Fuge in der Druckzone
mungsberechnungen und Nachweise der Rissbreiten –
Abbildung 7.52a–c Schubspannung in Fugen
erforderlich. Allerdings muss in diesem Fall der ver-
schiebliche Verbund konsequent in der Ermittlung von
Schnittgrößen und Spannungen im GZT und GZG be-
rücksichtigt werden. hen. Zum Beispiel erzeugt die Behinderung des un-
gleichmäßigen Schwindens zweier Betonschichten mit
jeweils unterschiedlichem Alter und ggf. voneinan-
Nachweisformat der abweichender Betonzusammensetzung Eigenspan-
nungen in einem statisch bestimmt gelagerten Bauteil,
Der Nachweis von Fugen wird über die Schubspan- die mit Schubspannungen in der Fuge einhergehen. In
nungen j (EN 1992-1-1) bzw. die zum Schubfluss den rechnerischen Nachweis fließen Eigenspannungs-
vj D j  b aufsummierten, über die Fugenbreite kon- zustände allerdings im Allgemeinen nicht ein; der ein-
stant angenommenen Schubspannungen (DIN 1045-1) wirkende Schubfluss vEd wird nur aus Beanspruchun-
nach Gl. (7.120) geführt (DIN 1045-1: Index j für Fu- gen berechnet, die Schnittgrößen am Querschnitt er-
ge, engl. joint – EN 1992-1-1: Index i für interface). zeugen.9
Abbildung 7.52 zeigt einen Ausschnitt der Länge
Ed  Rdj bzw. vEd  vRdj : (7.120)
dx aus einem Träger mit Schubfuge parallel zur Bau-
Gerade die Tragfähigkeit von Schubfugen hängt von teilachse. Das veränderliche Biegemoment bewirkt ei-
einer Vielzahl von Faktoren ab, die z. T. stark verein-
facht, zu einem wesentlichen Teil allerdings gar nicht 9
Weitergehende Überlegungen werden allerdings erforderlich,
in die Bemessung eingehen. Diese Einflüsse – z. B. wenn der erste Teilquerschnitt vorgespannt ist wie z. B. bei
Verschmutzungsgrad und Feuchtegehalt von Altbeton- vorgespannten Elementdecken. Durch Kriechverformungen des
oberflächen – müssen durch Ausführungsregeln abge- Spannbetonbauteils lagert sich ein Teil der Vorspannung in den
nachträglich aufbetonierten Teilquerschnitt um. Die aus diesem
deckt werden (vgl. Abschn. 7.8.5). Eigenspannungszustand des Bauteils entstehenden Schubspan-
Schubspannungen in Fugen nachträglich ergänzter nungen in der Fuge sollten im Rahmen eines Nachweises der
Bauteile können aus verschiedensten Ursachen entste- Fuge zumindest näherungsweise berücksichtigt werden.
7.8 Schubfugen 279

ne Änderung der Gurtkräfte; z. B. gilt für den Druck- Zum anderen dringen die flüssigen Bestandteile des
gurt: Frischbetons durch Kapillarwirkung in Poren und
dMEd VEd dx mikroskopische Vertiefungen in der Oberfläche des
dFcd D D : (7.121) Altbetons ein und bewirken nach der Aushärtung
z z
eine mikromechanische Verzahnung (mechanische
Die Druckkraftänderung steht mit den Schubspannun-
Adhäsion) (vgl. Reinecke 2004).
gen Ed in der Fuge im Gleichgewicht.
Werden auf eine unbewehrte Fuge Schubspannun-
dFcd VEd dx VEd gen aufgebracht – z. B. bei einem Versuchskörper nach
Ed D D D (7.122)
bdx bzdx bz Abb. 7.53a – ist zunächst mit ansteigender Beanspru-
Nach Gl. (7.122) ist die Beanspruchung der Schubfuge chung nur sehr wenig zu beobachten. Erst wenn die
bei konstantem Hebelarm zwischen Druck- und Zug- Haftfestigkeit erreicht wird, reißt die Fuge schlagar-
gurt proportional zur einwirkenden Querkraft VEd . Ei- tig auf und öffnet anschließend unkontrolliert. Der Zu-
ne konstante Normalkraft erzeugt bei Fugen parallel sammenhang zwischen aufgebrachter Schubspannung
zur Bauteilachse keine Schubbeanspruchungen. j und gemessener Relativverschiebung wj der beiden
Wenn die Fuge in der Druckzone liegt, muss nur Schichten nach Abb. 7.54 zeigt wie erwartet, dass bis
der Teil der Gurtkraftdifferenz zwischen Fuge und zum Erreichen der Haftfestigkeit nahezu keine Ver-
Druckrand übertragen werden (Abb. 7.52c); mit Fcdj schiebungen auftreten und bereits bei Verschiebungen
als Gurtkraftanteil des abgetrennten Druckgurts wird von wenigen µm die Tragfähigkeit erschöpft ist.
Gl. (7.122) zu: Die Größe der Adhäsionskräfte ist u. a. mit folgen-
Fcdj VEd den Faktoren verknüpft:
Ed D  : (7.123)
Fcd bz
• Betoneigenschaften und insbesondere Betonzugfes-
tigkeit in der Grenzfläche
• absolute Größe der Haftfläche
7.8.2 Tragverhalten und Tragmodelle • spezifische Topographie, d. h. Rauigkeit der Ober-
fläche und Möglichkeit zur mikromechanischen
Verschiedene Aspekte des Tragverhaltens schubbean- Verzahnung
spruchter Fugen zwischen Betonen unterschiedlichen • Benetzungsfähigkeit des Frischbetons.
Alters können an den Versuchskörpern in Abb. 7.53
beobachtet werden. Die Haftfestigkeit Rj;ad wird allgemein durch
Gl. (7.124) beschrieben.

7.8.2.1 Unbewehrte Fuge – Haftverbund Rj;ad D c  fct (7.124)

Die Verbindung zwischen zwei Betonschichten, Für fct ist bei unterschiedlichen Festigkeiten von Alt-
bei der die eine nachträglich aufbetoniert wurde, und Neubeton natürlich der kleinere Wert der Zugfes-
wird durch die Adhäsion (lat. adhaerere ’anhaften‘), tigkeit maßgebend. Die über die Zugfestigkeit hinaus-
den sog. Haftverbund in der Grenzfläche bewirkt. gehenden Einflussgrößen – derzeit lediglich die Rau-
Die Haftung wird zum einen durch physikalisch- igkeit der Altbetonoberfläche – werden durch den Ko-
chemische Wechselwirkungen auf molekularer effizienten c erfasst.
Ebene – Kovalenz- und Ionenbindungen, Van-der-
Waals-Kräfte, etc. – erzeugt (spezifische Adhäsion).
7.8.2.2 Unbewehrte Fuge
mit Normalspannung – Haft-
und Reibungsverbund
wj
wj wj Bei Versuchskörpern nach Abb. 7.53b wird zusätzlich
zur Schubbeanspruchung in der Fugenebene eine kon-
stante Drucknormalspannung senkrecht zur Fuge auf-
gebracht. Durch die Druckspannungen wird zunächst
die Haftfestigkeit erhöht. Nachdem diese überwunden
a Haftverbund b Reibung, sN = const. c Bewehrung
ist, d. h. nach der Entstehung eines Risses in der Fugen-
Abbildung 7.53a–c Versuche zur Ermittlung der Fugentragfä- ebene, ermöglicht der erzwungene Formschluss eine
higkeit Verzahnung der Rissufer und damit eine weitere Über-
280 7 Querkraft

tj 7.8.2.3 Bewehrte Fuge – Reibverbund


3 und Dübelwirkung
2 4
Der Versuchskörper nach Abb. 7.53c weist Beweh-
rung auf, die die Schubfuge kreuzt (vgl. Randl 1997).
Mit zunehmender Schubbeanspruchung wird im Ver-
1 such zunächst wieder die Haftreibung überwunden;
wj in mm nach der Rissbildung in der Fugenebene treten drei
0,5
<0,05 > 15 durch die Bewehrung erzeugte Tragmechanismen zu-
1 unbewehrte Fuge mit rauer Oberfläche tage (Abb. 7.55, vgl. Abschn. 3.7.3):
2 unbewehrte Fuge mit rauer Oberfläche, sN = const.
3 bewehrte Fuge mit rauer Oberfläche 1. Durch die Scherbewegung der Fugenufer gegen-
4 bewehrte Fuge mit glatter Oberfläche einander (! wj ) wirken die Bewehrungsstäbe
als querbelastete Dübel (Scherbolzen) und tragen
Abbildung 7.54 Schubspannungs-Relativverschiebungs-Be-
Schubbeanspruchungen über Stabbiegung und ent-
ziehungen aus Versuchen (schematisch, angelehnt an Randl u. a.
2008) sprechende Leibungspressungen ab.
2. Die raue Oberfläche erzwingt bei Scherbewegun-
gen die Öffnung vj der Fuge, mit der eine Längs-
tragung von Schubkräften (Abb. 7.54). Dabei nimmt dehnung im Bewehrungsstab erzeugt wird. Die da-
bei konstanter Normalspannung die Rissöffnung vj mit durch entstehende Bewehrungszugkraft steht mit
ansteigender Relativverschiebung wj zwischen den Fu- Druckspannungen senkrecht zur Fugenebene im
genufern sukzessive zu. Gleichgewicht, die wiederum Reibung aktivieren.
Bei größeren Relativverschiebungen scheren die 3. Bei Bewehrung, die zur Fugenebene im Winkel
Fugenoberflächen gegeneinander ab, die übertragba- ˛ ¤ 90ı geneigt ist, erzeugt die Scherbewegung
re Schubspannung sinkt. Die Verzahnung der beiden unabhängig von der Rissöffnung und damit unab-
Oberflächen wird allgemein als Reibung bezeichnet. hängig von der Oberflächenbeschaffenheit der Fu-
Die wesentlichen Einflussgrößen auf den Reibver- ge eine Längsdehnung. Ein Teil der Schubbean-
bund sind: spruchung wird unmittelbar von der Bewehrung
aufgenommen. Primär kann nur Bewehrung wirk-
• Größe der Normalspannung N sam werden, die eine Neigung in Richtung der
• Rauigkeit der Fugenoberflächen. Relativverschiebung wj aufweist (vgl. hierzu Ab-
Die Reibung in Schubfugen kann abhängig von schn. 7.8.5.1).
der wirksamen Normalspannung N (Druckspannun- Die Modellvorstellung einer sägezahnartigen Fuge
gen negativ!) durch das Coulomb’sche Reibungsgesetz mit kreuzender Bewehrung nach Abb. 7.55 geht
nach Gl. (7.125) beschrieben werden.

Rj;r D N (7.125)

Der Reibungskoeffizient  hängt dabei von der Ober- wj


a tRj
flächenbeschaffenheit des Altbetons ab. a
j sN j
Die schematische Schubspannungs-Relativ-
vj
verschiebungs-Beziehung für überdrückte Fugen in
Abb. 7.54 macht allerdings deutlich, dass zwischen js
N
Haftverbund und Reibverbund ein kontinuierlicher tRj
Übergang existiert. Da die Fugenöffnung vj durch
Querdruck kontrolliert wird, muss auch nach der Riss-
bildung ein Teil der mikromechanischen Verzahnung Fs sin a Fs

wirksam bleiben.10 a
Fs cos a

10
Abbildung 7.55 Tragmechanismen der Bewehrung in einer
Im Gegensatz dazu ist nach der klassischen Coulomb’schen Schubfuge – Modellvorstellung
Reibungstheorie die Gleitreibung kleiner als die Haftreibung,
d. h. zur Überwindung der Haftung ist eine größere Kraft not-
wendig, als für ein anschließendes kontinuierliches Gleiten er- idealer Coulomb’scher Reibung nach dem Verlust der Haftung
forderlich wird. Die aufnehmbare Schubspannung fällt im Fall ab.
7.8 Schubfugen 281

auf die Schub-Reibungs-Theorie zurück, die Anfang glatter Fugen nach DIN 1045-1 nur durch Querdruck
der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA oder durch geneigte Bewehrung sichergestellt werden.
entwickelt wurde (Birkeland u. Birkeland 1966; Mast Da die Dübelwirkung im eigentlichen Sinne eine
1968).11 Darin wird die Tragfähigkeit einer bewehrten Biegebeanspruchung des Stabes ist, kann nach Randl
Fuge allein auf die Reibung infolge Längsdehnung (1997) und Randl u. Wicke (2000) zumindest für ˛ D
der Bewehrung zurückgeführt. Die Tragfähigkeit ist 90ı und abhängig von der Rauigkeit nicht die vol-
erreicht, wenn die kreuzende Bewehrung fließt; für le Fließkraft As fsy erreicht werden. Zur Modellierung
˛ D 90ı gilt: der Dübelwirkung und zur Interaktion mit Längszug-
As kräften vgl. Abschn. 3.7.3.
N D  fsy D s  fsy (7.126)
Aj
) Rj;s D N tan ' D s  fsy  tan ' 7.8.2.4 Bemessungsmodell
D s  fsy   : (7.127)
Die formale Basis eines Großteils der existierenden
In Gl. (7.127) ist ' der Neigungswinkel der Sägezäh-
Bemessungsmodelle ist das – aus der Bodenmechanik
ne, mit anderen Worten also der Reibungswinkel der
entlehnte – Bruchkriterium nach Mohr und Coulomb
Grenzfläche mit tan ' D . Mit Aj wird die Fugen-
gemäß Gl. (7.129).
fläche bezeichnet. Bei geneigten Bewehrungsstäben
wirkt nur die Komponente senkrecht zur Fuge als Rj D c   tan ' (7.129)
Reibungsanteil (Abb. 7.55):
Darin steht c für den Haftverbund und  tan ' für die
Rj;s D s fsy sin ˛ C s fsy cos ˛ : (7.128) Anteile infolge Reibung. Gleichung (7.129) ist grund-
sätzlich geeignet, die Tragfähigkeit von Schubfugen
Die Tragfähigkeit der bewehrten Schubfuge wird
zu beschreiben und wurde bereits in Zelger u. Rüsch
also im Wesentlichen von den folgenden Faktoren
(1961) und später in Daschner (1986) als Bemessungs-
gesteuert:
gleichung vorgeschlagen. Die Schwierigkeit besteht
• Bewehrungsgrad s D As =Aj angesichts der Fülle von Einflussgrößen in der zutref-
• Streckgrenze der Bewehrung fsy fenden Wahl der Koeffizienten c und '.
• Neigungswinkel ˛ der kreuzenden Bewehrung Werden die einzelnen Tragmechanismen von
• Rauigkeit der Oberfläche (! ). Schubfugen explizit in Gl. (7.129) eingeführt, ergibt
sich die Fugentragfähigkeit Rj in allgemeiner Form
Die Schub-Reibungs-Theorie unterschlägt, dass die
(vgl. Ackermann u. Burkhardt 1992):
Bewehrung gleichzeitig durch Längszug und Dübel-
wirkung beansprucht wird. Da die Rissöffnung im Rj .wj / D Rj;ad .wj / C Rj;r .wj /
Wesentlichen von der Rauigkeit der Fuge abhängt, CRj;s .wj / : (7.130)
wird bei wenig rauen Fugen ein größerer Traganteil
Die Komponenten in Gl. (7.130) bedeuten:
auf die Dübelwirkung entfallen, während bei aus-
geprägt rauen oder profilierten Fugen der Traganteil Rj;ad .wj / Haftverbund
aus Längszug überwiegt. Gleichzeitig erfordert die Rj;r .wj / Reibverbund infolge einer äußeren Nor-
volle Aktivierung der Dübelwirkung deutlich größere malspannung N
Relativverschiebungen zwischen den Fugenufern; Rj;s .wj / Bewehrungsanteil, d. h. Reibung infolge
dem entsprechend wird bei glatten Fugenoberflächen Klemmwirkung, Dübelwirkung, Schräg-
die maximale Tragfähigkeit erst bei sehr großen zug bei geneigter Bewehrung.
Relativverschiebungen erreicht (Abb. 7.54). In Gl. (7.130) deutet die Abhängigkeit der Kompo-
Bei sehr glatten Fugen verzichtet z. B. DIN 1045-1 nenten von der Relativverschiebung wj an, dass zur
auf die Anrechnung eines Traganteils aus Bewehrung, Überlagerung der Traganteile der Verschiebungszu-
die die Fuge senkrecht kreuzt, da eine Aktivierung der stand in der Fuge von erheblicher Bedeutung ist. Be-
Dübelwirkung bereits auf Gebrauchslastniveau große, reits Abb. 7.54 macht deutlich, dass eine Superposition
z. T. inakzeptable Relativverschiebungen erforderlich der Maximalwerte der einzelnen Traganteile zu einer
machen würde. In Konsequenz kann der Verbund sehr Überbewertung der Fugentragfähigkeit führen muss.
11
Die vollständige Aktivierung der Verbundbewehrung
In Birkeland u. Birkeland (1966) danken die Autoren aus-
drücklich Hubert Rüsch, dem damaligen Ordinarius für Massiv- setzt Relativverschiebungen der Fugenufer voraus, die
bau der TH München, für die Entwicklung der grundlegenden eine Überlagerung mit Anteilen des Haftverbundes zu-
Idee zur Schub-Reibungs-Theorie. mindest fragwürdig erscheinen lassen. Umgekehrt ist
282 7 Querkraft

eine unabhängige Betrachtung der einzelnen Anteile


schon allein wegen der erheblichen Wechselwirkungen
nicht möglich.
Letztlich muss die Bestimmung der Koeffizienten
für den Adhäsions- und Reibungsanteil durch eine sta-
tistische Auswertung von Versuchsergebnissen erfol-
gen; damit erhalten die normativen Bemessungsglei-
chungen semi-empirischen Charakter (vgl. Randl u.
Wicke 2000; Hegger u. Görtz 2003b; Zilch u. Mül-
a rüttelrau b schwach sandgestrahlt
ler 2007).

7.8.3 Nachweis von Schubfugen

Für die Tragfähigkeit von Schubfugen ist neben rech-


nerisch fassbaren Größen wie z. B. der Betonzugfes-
tigkeit und der Querschnittsfläche der Verbundbeweh-
rung nach derzeitiger Normenlage vor allem die Ober-
flächenbeschaffenheit des Altbetons von entscheiden-
c HDW-gestrahlt d mit Stahlrechen aufgeraut
der Bedeutung.12 Dem Nachweis einer Fuge muss also
die Quantifizierung der Oberflächeneigenschaften vor- Abbildung 7.56a–d Beton mit unterschiedlicher Oberflächen-
ausgehen. Vereinfachend werden Oberflächen nach be- beschaffenheit (Ausschnitte jeweils 15  15 cm2 ) (aus Müller
stimmten Gesichtspunkten – die sich je nach Bemes- 2009)
sungsnorm unterscheiden können – in Rauigkeitsklas-
sen eingeteilt.
Höchstdruck-Wasserstrahlen (’HDW-Strahlen‘) an.
7.8.3.1 Oberflächenbeschaffenheit des Abbildung 7.56 zeigt unterschiedliche Altbetonober-
Altbetons – Rauigkeitskategorien flächen im Vergleich. Eine Einordnung der Oberfläche
in Rauigkeitskategorien allein aus der Art der Behand-
Für die Adhäsions- und Reibungswirkung in Fugen lung ist allerdings nicht hinreichend (vgl. Reinecke
ist weniger die globale Rauigkeit, d. h. die Welligkeit 2004). Zum einen ist das Ergebnis verschiedener
der Oberfläche (Wellenlängen > 10 cm), als vielmehr Verfahren u. a. von der Festigkeit des Altbetons und
die lokale Rauigkeit von Bedeutung, also die Struktur der Intensität der Behandlung abhängig – z. B. kann
der Oberfläche im Bereich mehrerer µm bis zu einigen bei geringer Betonfestigkeit durch Sandstrahlen eine
mm, d. h. im Größenbereich von Poren bis hin zu her- rauere Oberfläche erzeugt als bei höherfesten Betonen.
ausstehenden Zuschlagkörnern oder Riefen. Zum anderen beeinflusst die Betonrezeptur die Be-
Unbearbeitete Betonflächen weisen i. d. R. nur schaffenheit von Betonieroberseiten – z. B. besitzt eine
geringe Rauigkeiten auf. Dies gilt insbesondere für sog. rüttelraue Oberfläche bei weichen Betonen eine
Flächen, die gegen glatte Stahl-, Kunststoff- oder deutlich geringere Rauigkeit als bei steifen Betonen.
Holzschalung hergestellt werden, allerdings auch Unbehandelte Oberflächen von selbstverdichtendem
für Betonieroberseiten bei Verwendung sehr weicher Beton müssen daher generell als sehr glatt betrachtet
Betone. Durch mechanische Verfahren kann die werden (vgl. Fingerloos 2005).
Rauigkeit der Oberflächen beeinflusst werden. Bei Zur mehr oder minder objektiven Feststellung der
Betonieroberseiten besteht bereits unmittelbar nach Oberflächenbeschaffenheit existieren verschiedene
dem Verdichten die Möglichkeit, mit Hilfe eines Messmethoden, z. B. berührende Verfahren wie das
Stahlrechens ein definiertes Oberflächenprofil in Sandflächenverfahren und das aus dem Maschinenbau
Form paralleler Riefen zu erzeugen; die Richtung der bekannte Tastschnittverfahren oder optische Methoden
Riefen sollte dabei senkrecht zur Hauptschubrichtung wie das Laser-Triangulationsverfahren (vgl. Schäfer
weisen. Bei erhärtetem Beton bietet sich u. a. das u. a. 1996; Reinecke 2004). Die meisten Verfah-
Strahlen mit festen Strahlmitteln (’Sandstrahlen‘) oder ren sind heute allerdings noch auf den Einsatz im
Labormaßstab begrenzt. Das derzeit – mangels praxis-
12
Für zusätzliche Effekte z. B. aus der Zusammensetzung des tauglicher Alternativen – gebräuchlichste Verfahren
Neubetons vgl. Abschn. 7.8.5.4. ist das Sandflächenverfahren nach Kaufmann (vgl.
7.8 Schubfugen 283

Betonoberfläche
d • sehr glatt
h = Rt
Oberflächen, die gegen Stahl-, Kunststoff- oder
glatte Holzschalung betoniert wurden
[DIN 1045-1: Unbehandelte Oberflächen gelten
Sandvolumen V idealisierter Zylinder V = h . d2p / 4 als sehr glatt, wenn zu deren Herstellung Beton
fließfähiger oder sehr fließfähiger Konsistenz
Abbildung 7.57 Sandflächenverfahren nach Kaufmann – Defi-
nition der Rautiefe Rt
verwendet wurde (Ausbreitmaßklasse  F5 nach
EN 206-1 i. V. m. DIN 1045-2)]
• glatt
Kaufmann 1971), das sich als Standardverfahren in Unbehandelte oder abgezogene Oberflächen und
ZTV-ING wiederfindet.13 Oberflächen, die im Gleit- bzw. Extruderverfahren
Zur Bestimmung der Rauigkeit mit dem Sandflä- hergestellt wurden.
chenverfahren wird ein definiertes Volumen V tro- • rau
ckenen Quarzsandes (25–50 cm3 ) auf die zu unter- Oberflächen, bei denen mit einem Rechen oder
suchende Oberfläche geschüttet und mit einer run- durch Freilegen der Gesteinskörnung Erhöhun-
den Hartholzscheibe kreisförmig verteilt, bis alle Ver- gen/Vertiefungen von mindestens 3 mm mit
tiefungen gerade gefüllt sind (Abb. 7.57). Aus dem gegenseitigem Abstand von ca. 40 mm erzeugt wer-
Durchmesser d des entstandenen Kreises wird die Hö- den und Oberflächen, bei denen durch alternative
he eines fiktiven Zylinders nach Gl. (7.131) errechnet. Verfahren ein äquivalentes Tragverhalten erzeugt
wird.
4V [DIN 1045-1: Oberflächen, bei denen mit dem
Rt D h D (7.131) Sandflächenverfahren eine Rautiefe Rt  1;5 mm
  d2
als Mittelwert aus mindestens 3 Messungen
Die fiktive Höhe entspricht der Rautiefe Rt . Das Sand- nachgewiesen wurde.]
flächenverfahren liefert allerdings keine exakten und • verzahnt
reproduzierbaren Messwerte; die gemessene Rautiefe Oberflächen, die eine Profilierung entsprechend
ist stets von der Auswahl der Prüffläche und vom Ge- Abb. 7.58 aufweisen
schick des Prüfenden abhängig. Eine Anwendung ist [DIN 1045-1: Wenn bei Altbetonen, deren Zu-
zudem auf horizontale Flächen beschränkt; für geneig- schlag einen Größtkorndurchmesser dg  16 mm
te und vertikale Flächen müssen Referenzkörper ver- aufweist, das Korngerüst mindestens 6 mm tief
wendet werden. freigelegt wird. Die mittlere Rautiefe sollte hierbei
Die Altbetonoberflächen werden nach DIN 1045- Rt  3;0 mm betragen.]
1 und EN 1992-1-1 in vier Kategorien unterteilt: sehr
glatt, glatt, rau und verzahnt. Für die Einordnung von
Oberflächen in die einzelnen Kategorien werden in bei- 7.8.3.2 Nachweis
den Regelwerken übereinstimmend folgende Hinweise
gegeben [ergänzende Bestimmungen nach DIN 1045-1 Die Bestimmungsgleichung für die Tragfähigkeit
und DAfStb-Heft 525 in Klammern]: von Schubfugen folgt aus der allgemeinen Glei-
chung (7.130), wenn für den Anteil aus Haftverbund
h2 £ 8d (£ 10d) Gl. (7.124), für den Anteil aus Reibung infolge
Verbundbewehrung
Neubeton Normalspannung Gl. (7.125) und für den Beweh-
a sNd rungsanteil Gl. (7.128) eingesetzt wird. Mit den
tEd d ³ 10 mm (³ 5 mm) Bemessungswerten von Betonzugfestigkeit und
tEd Streckgrenze der Bewehrung folgt:
sNd
£ 30° Altbeton
h1 £ 8d (£ 10d) Rdj D Rjd;ad C Rjd;r C Rjd;s
0,8 £ h1 / h2 £ 1,25 ( -- ) D cj fctd  N C s fyd . sin ˛ C cos ˛/
Abbildung 7.58 Definition einer Verzahnung nach DIN 1045-1 (7.132a)
(Abweichende Größen nach EN 1992-1-1 in Klammern)  Rdj;max : (7.132b)

In Gl. (7.132b) bezeichnet Rdj;max analog zur Quer-


13
vgl. ZTV-ING Ausgabe 01/2003, Teil 1 – Allgemeines, Ab- kraftbemessung die aufnehmbare Schubkraft, die
schnitt 3 – Prüfungen während der Ausführung durch die effektive Betondruckfestigkeit der über die
284 7 Querkraft

Fuge hinweg laufenden Druckstreben begrenzt wird. vEd  vRdj (7.134)


Vereinfachend wird angenommen, dass Druckstreben
Der Bemessungswert des einwirkenden Schubflusses ist
die Fuge unter 45ı kreuzen; dies entspricht einem
reinen Schubspannungszustand in der Fuge. Daraus Fcdj VEd
vEd D  : (7.135)
folgt (s. Gl. 7.53): Fcd z

In Gl. (7.135) bedeuten:


Rd;max D 0;5fcd;eff D 0;5 fcd : (7.133)
Fcdj Bemessungswert des über die Fuge zu übertragen-
den Längskraftanteils
7.8.3.3 Normenregelung Fcd Bemessungswert der Gurtlängskraft infolge Biegung
im betrachteten Querschnitt mit Fcd D MEd =z
z innerer Hebelarm, darf mit z D 0;9d angesetzt wer-
Mit der Ausgabe 2008 wurde der Nachweis von den; wenn die Verbundbewehrung gleichzeitig Quer-
Schubfugen in DIN 1045-1 vollständig neu gefasst kraftbewehrung ist, muss Gl. (7.69) berücksichtigt
und entspricht nun weitgehend dem Konzept nach werden.
EN 1992-1-1. Einige Änderungen und Abweichungen Der Bemessungswert des aufnehmbaren Schubflusses
gegenüber EN 1992-1-1 sind aus einer Auswertung folgt aus:
umfangreicher Versuchsdaten in Zusammenhang mit vRdj D b1 cj fctd  bNd C vRdj;sy
der Erarbeitung des NA D entstanden (vgl. Zilch
 vRdj;max ; (7.136)
u. Müller 2007).
mit
Die Studie ergab u. a. auch, dass der Traganteil aus
Klemmwirkung der Bewehrung in der EN-Regelung vRdj;sy D as fyd .1;2 sin ˛ C cos ˛/
zu gering bewertet wird; in DIN 1045-1 wurde da- vRdj;max D 0;5fcd b :
her ein Faktor 1,2 ergänzt. Darüber hinaus werden für Die einzelnen Elemente in Gl. (7.136) bedeuten:
die effektive Druckfestigkeit fcd (Druckstrebentragfä-
b Breite der Schubfuge
higkeit) in DIN 1045-1 konservativere Grenzen einge- 1 D 1;0 für Normalbeton; für Leichtbeton s. Ab-
führt, da für höhere Bewehrungsgrade und insbeson- schn. 3.3.2
dere für glatte und sehr glatte Fugen nur sehr weni- cj Rauigkeitsbeiwert nach Tabelle 7.5
ge Versuchsergebnisse aus Bauteilversuchen zur Ver- fctd Bemessungswert der Betonzugfestigkeit nach
fügung stehen, mit denen der Bemessungsansatz belegt Gl. (3.36); bei Betonen unterschiedlicher Festigkeit
der geringere Wert
werden könnte. Gleichzeitig führten die Ergebnisse der  Reibbeiwert nach Tabelle 7.5
Studie zu einer Neubewertung der Koeffizienten c und Nd Bemessungswert der Normalspannung senkrecht
, die im Rahmen einer Änderung in EN 1992-1-1 ein- zur Fuge in MPa (Druck negativ) mit Nd D nEd =b 
geflossen sind.14 0;6fcd
nEd der untere (betragsmäßig kleinere) Bemessungs-
Normenregelung nach DIN 1045-1 wert der Normalkraft senkrecht zur Fuge je Längen-
Die Bemessung von Schubfugen wird nach DIN 1045- einheit
1, 10.3.6 über den Nachweis des Schubflusses nach as Querschnitt der die Fuge kreuzenden Bewehrung je
Gl. (7.134) geführt. Längeneinheit mit 45ı  ˛  90ı
˛ Winkel zwischen der Fuge und der die Fuge kreu-
zenden Bewehrung (vgl. Abb. 7.58) mit 45ı  ˛ 
90ı
Tabelle 7.5 Beiwerte cj und  für den Nachweis von Schubfu-  Abminderungsbeiwert für die Betondruckfestigkeit
gen nach DIN 1045-1 und EN-1992-1-1 (abweichende Bezeich- abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der
nungen und Kennwerte nach EN 1992-1-1 in Klammern) Fuge
D 0 für sehr glatte Fugen (s. u.)
Oberflächen- D 0;20 für glatte Fugen
cj .c/ 
beschaffenheit D 0;50 für raue Fugen
D 0;70 für verzahnte Fugen.
sehr glatt 0 (0,025–0,10) 0,50
Für sehr glatte Fugen darf der Reibungsanteil Nd aus-
glatt 0,20 0,60
genutzt werden, jedoch darf vRdj den Wert vRdj;max für glatte
rau 0,40 0,70 Fugen nicht überschreiten.
verzahnt 0,50 0,90 Traganteile aus Haftverbund dürfen nicht angesetzt
werden, d. h. cj ist zu Null zu setzen, wenn bei glatten
oder rauen Fugen senkrecht zur Fuge Zugspannungen
14
vgl. Corrigenda to EN 1992-1-1, Dokument Nr. CEN/ wirken oder wenn aus herstellungstechnischen Gründen
TC250/SC2 N698 der Maintenance Group of CEN/TC250/SC2; kein Haftverbund entstehen kann, z. B. bei nebeneinan-
Fassung Mai 2008 der liegenden Fertigteilen ohne Mörtel- oder Kunstharzfu-
7.8 Schubfugen 285

gen. Desgleichen ist bei dynamischen Beanspruchungen Tabelle 7.6 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
cj D 0 anzunehmen. Nachweis von Schubfugen
Die Kategorisierung der Oberflächenbeschaffenheit er-
NDP EU D A
folgt nach den in Abschn. 7.8.3.1 angegebenen Kriterien.
0 (sehr glatt)
0;6  .1  fck =250/ (C)
Normenregelung nach EN 1992-1-1 0,20 1 (glatt)a
 EU
Nach EN 1992-1-1, 6.2.5 erfolgt der Nachweis von Schub- 0;5  .1  flck =250/ 0,50 1 (rau)a
fugen auf Basis der mit vi bezeichneten Schubspannun- (LC) 0,70 1 (verzahnt)a
gen nach Gl. (7.137) a
Für Betonfestigkeitsklassen C55 bzw. LC55 und höher ist  mit
vEdi  vRdi ; (7.137) .1;1  fck =500/ zu multiplizieren

mit vEdi als Bemessungswert der einwirkenden Schub-


spannungen nach Gl. (7.138). Gl. 7.11 und Abb. 7.3c ) deutlich, dass es sich um ein
Fcdj
und dieselbe Beanspruchung handelt. In Konsequenz
VEd
vEdi D ˇ ; ˇD : (7.138) kann bei der Bemessung von Stahlbetonbauteilen die
bi z Fcd
Querkraftbewehrung voll auf die erforderliche Beweh-
In Gl. (7.138) bezeichnet bi die Breite der Fuge. Der Be- rung der Schubfuge angerechnet werden. Gleichzeitig
messungswert der Fugentragfähigkeit ist ist in vielen Fällen der Nachweis der Querkrafttragfä-
vRdi D cfctd  n C fyd . sin ˛ C cos ˛/ (7.139) higkeit eines Querschnitts bereits erbracht, wenn die
 0;5fcd : (7.140) Schubfuge nachgewiesen ist.
In den Gleichungen (7.139) und (7.140) bedeuten:
7.8.4.1 Bemessung von Bauteilen
c Rauigkeitsbeiwert nach Tabelle 7.5
fctd Bemessungswert der Zugfestigkeit nach Gl. (3.39) ohne Querkraftbewehrung
n analog Nd nach DIN 1045-1
s Verbundbewehrungsgrad Insbesondere bei nachträglich durch Ortbeton ergänz-
D As =Ai ten Platten, z. B. Teilfertigdecken, ist häufig der Nach-
As Querschnitt der die Fuge kreuzenden Bewehrung weis der Schubfuge für die Frage entscheidend, ob
Ai Fläche der Fuge
˛ Winkel zwischen der Fuge und der die Fuge kreu-
Querbewehrung erforderlich wird. Ein Vergleich der
zenden Bewehrung (vgl. Abb. 7.58) mit 45ı  ˛  Fugentragfähigkeit mit der Querkrafttragfähigkeit oh-
135ı ne Querkraftbewehrung nach DIN 1045-1 kann mit
 Abminderungsbeiwert für die Betondruckfestigkeit
! NDP, (Tab. 7.6). VRdj D vRdj  z D vRdj  0;9d (7.141)
Wenn Zugspannungen senkrecht zur Fuge wirken, ist der
Anteil aus Haftverbund cfctd zu Null zu setzen. Bei dyna- auf Querschnittsebene erfolgen. Für die – in Pra-
mischen Einwirkungen sind die Werte für c zu halbieren. xis meist zutreffenden – Randbedingungen cd D
Die Einordnung der Oberflächen in die Rauigkeitskate- Nd D 0, Fcdj =Fcd D 1 und bw D bj ist der Quo-
gorien erfolgt nach den in Abschn. 7.8.3.1 angegebenen tient VRdj =VRd;ct mit VRd;ct nach den Gln. (7.17) und
Kriterien. (7.18) in Abb. 7.59 für unterschiedliche statische Hö-
hen d und zwei Betonfestigkeitsklassen in Abhängig-
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen keit des Längsbewehrungsgrades l ausgewertet. Für
Zum Text von EN 1992-1-1 werden alle in DIN 1045-1 ent- VRdj =VRd;ct < 1 ist der Nachweis der Fuge maßge-
haltenen Anwendungsregeln ergänzt. bend; in anderen Worten: wenn in diesen Fällen der
Nachweis für eine unbewehrte Fuge geführt werden
kann, ist der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ohne
Querkraftbewehrung automatisch erfüllt.
7.8.4 Interaktion
Aus den Diagrammen geht hervor, dass bei glatten
mit der Querkraftbemessung und rauen Fugen nahezu immer, bei verzahnten Fugen
im Bereich höherer Längsbewehrungsgrade der Fugen-
Schub in Fugen und Querkraftbeanspruchungen sind nachweis maßgebend wird. Abbildung 7.59 zeigt fer-
auf ein und dieselbe Ursache zurückzuführen: die Än- ner, dass Fugen bei üblichen Platten des Hochbaus
derung der Druck- und Zuggurtkräfte entlang der Bau- mindestens verzahnt ausgeführt werden müssten, um
teilachse. Bei ungerissenen Querschnitten wird durch die rechnerische Tragfähigkeit eines monolithischen
die Zuordnung der Schubspannungen xz D zx (vgl. Querschnitts erreichen zu können.
286 7 Querkraft

7.8.4.2 Bemessung von Bauteilen 1,4 VRdj / VRd,ct

mit Querkraftbewehrung
1,2
Querkraftbewehrung – primär Bügel oder Schrägstä- bj = bw
rl = Asl / (bw d)
be – muss jeweils im Druck- und Zuggurt verankert 1
sein, d. h. über den gesamten Querschnitt reichen, wäh- d in mm
600
rend Verbundbewehrung für Fugen lediglich beidseits 0,8 550
500
der Fuge verankert werden muss. Bei praxisüblichen 450
400
Konstruktionen erfüllt die Querkraftbewehrung i. d. R. 0,6 350
300
die Anforderungen an Verbundbewehrung und kann 250
£ 200
vollständig auf die Tragfähigkeit der Schubfuge ange- 0,4 verzahnt (cj = 0,50)
rechnet werden. Umgekehrt wird sich die konstruktive
rau (cj = 0,40)
Durchbildung der Verbundbewehrung in balkenartigen 0,2
Trägern selten von Querkraftbewehrung unterschei- C20/25
rl in %
den. Zur Abgrenzung, in welchen Fällen ein Quer- 0
0 0,5 1,0 1,5 2,0
kraftnachweis durch die Bemessung der Verbundbe-
wehrung bereits abgedeckt ist, eignet sich die dimensi-
onslose Darstellung im Plastizitätskreis. Mit der bezo- 1,4 VRdj / VRd,ct
genen Querkraft Ed und dem mechanischen Beweh-
rungsgrad !w für vertikale Querkraftbewehrung, d. h. 1,2
˛ D 90ı (s. Gl. 7.51) in der Notation nach DIN 1045-1
Asw fyd asw fyd 1 d in mm
!w D  D ; (7.142) 600

bw sw ˛c fcd bw ˛c fcd
550
500
0,8 450
VEd 400

D
350
Ed (7.143) 300
bw z˛c fcd 0,6 250
£ 200

kann die Bemessung von Querkraftbewehrung auf Ba- 0,4 verzahnt (cj = 0,50)
sis des unteren Grenzwinkels der Druckstrebennei-
gung für cd D 0 im Plastizitätskreis dargestellt wer- 0,2
rau (cj = 0,40)
den (vgl. Abb. 7.31). Unter folgenden Randbedingun-
C30/37
gen ist ein direkter Vergleich mit der Bemessung von rl in %
Verbundbewehrung möglich: 0,5 1,0 1,5 2,0

Abbildung 7.59 Vergleich der Tragfähigkeit der Schubfuge


Nd D cd D 0 I bw D bj I 1 D 1: VRdj mit der Querkrafttragfähigkeit VRd;ct nach DIN 1045-1 bei
Bauteilen ohne Querkraft- bzw. Verbundbewehrung (C20/25 und
Mit diesen Randbedingungen folgt aus der Nachweis- C30/37)
gleichung der Schubfuge (Gl. 7.136)

VEd Gleichung (7.145b) beschreibt im Ed -!w -


vEd D D vRdj
z Koordinatensystem eine Gerade mit Steigung
D bw cj fctd C 1;2as fyd : (7.144) 1=.1;2/, die um cj fctd =.1;2˛c fcd / entlang der Ab-
szisse aus dem Ursprung verschoben ist (Abb. 7.60).15
Aufgelöst nach as fyd und auf bw ˛c fcd bezogen, ergibt Die Fugentragfähigkeit ist durch vRd;max begrenzt;
sich in bezogener Darstellung ist dies:

as fyd 1 vRd;max 0;5


D Ed;max D D : (7.146)
bw ˛c fcd 1;2 bw ˛c fcd ˛c
 
VEd cj fctd Mit ˛c D 0;75 kann die maximale Tragfähigkeit
  (7.145a)
zbw ˛c fcd ˛c fcd für unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheiten di-
 
1 cj fctd
!w D  Ed  : (7.145b) 15
Sowohl Rd;c als auch die Lage des Nulldurchgangs der Gera-
1;2 ˛c fcd den nach Gl. (7.145b) sind abhängig von der Festigkeitsklasse.
7.8 Schubfugen 287

f ywd bj
rekt und unabhängig von der Druckfestigkeitsklasse Asw
ww =
angegeben werden: bw sw a c fcd
1,0
glatt D 0;2 ) Ed;max D 0;133
0,9
rau D 0;5 ) Ed;max D 0;333
Asw
Plastizitätskreis
verzahnt D 0;7 ) Ed;max D 0;467. 0,8

a = 90o
Selbst bei verzahnten Fugen bleibt Ed;max also un- 0,7
scd = sNd = 0
ter 0,5; in anderen Worten: ein nachträglich ergänztes bj = bw
0,6 C30/37
Bauteil kann selbst bei optimaler Profilierung der Fu-

o
bw

45
60 o
ge nie die rechnerische Tragfähigkeit eines monolithi-

=
q
0,5

q=
schen Bauteils erreichen. Nach EN 1992-1-1 existiert
diese Beschränkung nicht. 0,4 verzahnt
In Abb. 7.60 sind für Beton der Festigkeitsklasse rau
0,3
C30/37 die Geraden nach Gl. (7.145b) für glatte, raue Querkraftbemessung
und verzahnte Oberflächen mit der Begrenzung nach 0,2
Gl. (7.146) eingetragen.16 glatt
Abbildung 7.60 macht deutlich, dass unter den ge- 0,1 VEd
u Ed =
nannten Randbedingungen der Nachweis der Schubfu- bw z a c fcd
0
ge in jedem Fall bemessungsentscheidend ist. 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
Es sei im Übrigen angemerkt, dass Diagramme
nach Abb. 7.60 als Bemessungsdiagramme genutzt Abbildung 7.60 Erforderliche Querkraft- und Verbundbeweh-
rung nach DIN 1045-1 in bezogener Darstellung (C30/37)
werden können, wenn für bw die Fugenbreite bj zur
Berechnung der bezogenen Größen verwendet wird.

spruchung geneigt sein. Versuche an bewehrten Schub-


7.8.5 Ergänzende Hinweise fugen zeigen allerdings, dass der Traganteil von ent-
gegen der Schubrichtung geneigter Bewehrung deut-
lich hinter dem mit ˛  90ı geneigter Bewehrung zu-
7.8.5.1 Konstruktive Durchbildung
rückbleibt. Für die reduzierte Tragfähigkeit ist allem
Anschein nach verantwortlich, dass der Reibungsan-
Verbundbewehrung für Schubfugen darf analog zu
teil aus der Klemmwirkung der Bewehrung bei Stäben
Querkraftbewehrung entlang der Bauteilachse der
mit ˛ > 90ı nicht aktiviert werden kann. Eine Additi-
Beanspruchungshöhe entsprechend abgestuft werden.
on der Traganteile aller Bewehrungselemente ist daher
Ein Einschneiden der Schubkraftdeckungslinie ist
nicht gerechtfertigt.
möglich; Hinweise hierzu finden sich in DIN 1045-1,
Bei ortbetonergänzten Fertigteilplatten ohne Ver-
10.3.6 (6) oder EN 1992-1-1, 6.2.5 (3). Wird die
bundbewehrung wurden in Brandversuchen Ablösun-
Verbundbewehrung auf die Querkraftbewehrung ange-
gen der Ortbetonschicht im Randbereich festgestellt.
rechnet, müssen natürlich die Konstruktionsregeln der
Zudem konnte in der Vergangenheit in einigen Fällen
Querkraftbewehrung erfüllt werden.
ein Abschälen ausgehend vom Bauteilrand beobachtet
Hinsichtlich der Anrechenbarkeit geneigter Beweh-
werden, das u. a. durch das ungleichmäßige Schwinden
rung sollte beachtet werden, dass nach DIN 1045-1 nur
der beiden Schichten ausgelöst wurde. Nach Elastizi-
Bewehrung herangezogen werden darf, die mit einem
tätstheorie treten gerade an den Enden bzw. am Rand
Winkel 45ı  ˛  90ı in Richtung der Schubbean-
eines Bauteils Maximalwerte der Verbundspannungen
spruchung, d. h. in Richtung betragsmäßig zunehmen-
aus Schwinddifferenzen auf und werden dort mit den
der Querkräfte – i. d. R. also zum Auflager – geneigt
Verbundspannungen aus Querkraft überlagert, die –
ist. Unter dieser Voraussetzung können die Tragantei-
i. d. R. ist der Rand der Platte gleichzeitig Auflager –
le der einzelnen Bewehrungselemente addiert werden.
dort ebenfalls maximal werden. Da Schubspannungen
Nach EN 1992-1-1 kann die anrechenbare Bewehrung
aus unterschiedlichem Schwinden i. d. R. nicht expli-
wegen 45ı  ˛  135ı auch entgegen der Schubbean-
zit berücksichtigt werden, sollten an diesen kritischen
16
Für sehr glatte Fugen ist eine analoge Darstellung nicht mög- Stellen gesonderte Maßnahmen zur Verbundsicherung
lich, da nach DIN 1045-1 ausschließlich der Schrägzuganteil von ergriffen werden. Sofern der Verbund nicht durch Rei-
Bewehrung mit ˛ < 90ı angerechnet werden kann. bung aus Auflasten – z. B. Wandauflasten an den Rän-
288 7 Querkraft

dern von Platten – gewährleistet wird, muss z. B. nach zen, sollten einige Ausführungsregeln berücksichtigt
DIN 1045-1, 13.4.3 eine konstruktive Verbundbeweh- werden:
rung von 6 cm2 /m in einem 75 cm breiten Streifen ent-
lang der Ränder bzw. Endauflager angeordnet werden; • Verunreinigungen
für alternative Bemessungsvorschläge zur Verbundsi- Verunreinigungen, durch Sedimentation bei
cherung bei Plattenrändern vgl. Randl u. a. (2005). der Herstellung des ersten Betonierabschnittes
entstandene zementleim- und mehlkornreiche
Grenzschichten oder Oberflächen, die durch eine
7.8.5.2 Fugen senkrecht zu intensive Vorbereitung bereits vorgeschädigt
zur Stabachse – Biegeschub sind und eine Vielzahl kleiner Risse aufweisen,
beeinträchtigen den Haftverbund erheblich. Daher
Typische Fugen senkrecht zur Stabachse oder Mittel- sollten Verunreinigungen und wenig tragfähige
fläche, die gleichzeitig durch Querkraft und Biegung, Schichten entfernt werden.
durch Biegeschub, beansprucht werden, sind z. B. ver- • Feuchte
tikale Arbeitsfugen oder Anschlussfugen bei Platten. Trockener Altbeton kann durch kapillares Saugen
Da eine Fuge stets eine Gefügeschwächung ist, wird dem Frischbeton in der Grenzfläche Wasser ent-
sich als Folge der Biegebeanspruchung die Fuge wie ziehen und dadurch den Hydratationsverlauf in der
ein Biegeriss öffnen. Da im Riss die Übertragung von Grenzschicht stören. Die Festigkeit des Neubetons
Querkräften wesentlich von der Rissverzahnungswir- in der Grenzschicht nimmt ab; der Haftverbund
kung abhängt, ist bei vertikalen Fugen in Konsequenz wird negativ beeinflusst. Umgekehrt kann ein Über-
die Querkrafttragfähigkeit an die Oberflächenbeschaf- angebot an Wasser den Wasser-Bindemittel-Wert
fenheit der Fuge gekoppelt. des Frischbetons in der Grenzschicht anheben und
Nach DIN 1045-1 wird bei Fugen mit Biegeschub- ebenfalls zu geringeren Festigkeiten führen. Daher
beanspruchung daher anstelle eines Nachweises der sollten trockene Altbetonoberflächen vor dem Auf-
Schubfuge ein modifizierter Querkraftnachweis gefor- bringen des Ergänzungsbetons über mehrere Tage
dert. Die gegenüber einem Biegeriss veränderte Quer- feucht gehalten werden. Auf der Oberfläche stehen-
krafttragfähigkeit der Fuge wird durch eine Abminde- des Wasser muss allerdings vor dem Anbetonieren
rung aller rechnerischen Traganteile, die an die Riss- entfernt werden; die Oberfläche sollte mattfeucht
verzahnung gekoppelt sind – d. h. VRd;ct bei Bautei- sein (vgl. z. B. DIN 1045-3, 8.4). Durch Feucht-
len ohne Querkraftbewehrung und VRd;c sowie VRd;max halten des Altbetons können gleichzeitig die Un-
bei Bauteilen mit Querkraftbewehrung – im Verhältnis terschiede in den Schwindverformungen der bei-
cj =0;5 erfasst. Da bei verzahnten Fugen cj D 0;5 gilt, den Teilquerschnitte und damit die Eigenspannun-
ergeben verzahnte Fugen rechnerisch die Tragfähigkeit gen des Querschnitts etwas reduziert werden.
eines monolithischen Bauteils. Neben verzahnten Fu- Eine gefrorene, i. d. R. mit einer dünnen Reifschicht
gen lässt DIN 1045-1 bei Biegeschubbeanspruchung überzogene Altbetonoberfläche bewirkt vergleich-
allerdings nur raue Fugenoberflächen zu. bare Beeinträchtigungen; durch den wärmeren
Die Schwächung infolge einer vertikalen Fuge Frischbeton schmilzt das anhaftende, gefrorene
wirkt sich wegen der geneigten Druckstreben, die Wasser, füllt die Poren des Altbetons und er-
die Fuge kreuzen, allerdings auch längs der Bauteil- zeugt – ähnlich einem Wasser-Überangebot – eine
achse aus. In DIN 1045-1 wird gefordert, dass die Trennschicht.
verminderte Tragfähigkeit über eine Länge 0;5d cot
beidseits der Fuge angesetzt werden sollte.
Eine vergleichbare Regelung für vertikale Fugen ist 7.8.5.4 Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven
in EN 1992-1-1 nicht enthalten.
Da der Einbau von Verbundbewehrung für Schubfu-
gen stets mit erheblichem Aufwand verbunden ist, wird
7.8.5.3 Hinweise zur Ausführung gegenwärtig die Erforschung des Haftverbundes inten-
siv vorangetrieben, um die verschiedenen Mechanis-
Vor allem der Haftverbund, die Adhäsionswirkung men der Adhäsion gezielt beeinflussen und letztlich die
zwischen Neu- und Altbeton, reagiert empfindlich auf Tragfähigkeit des Haftverbundes anheben zu können.
Störungen. Da die normativen Regeln zum Nachweis Ausgangspunkt aktueller Forschungen sind u. a. die
von Schubfugen grundsätzlich eine sorgfältig vorbe- im Zuge der Entwicklung von höherfesten Betonen
handelte und tragfähige Altbetonoberfläche vorausset- durchgeführten Versuche zur Schubfugentragfähigkeit
7.8 Schubfugen 289

C25/30 As= 6,28 cm2


Spaltzugfestigkeit Verbundkörper
Spaltzugfestigkeit monolithischer Körper
1,2 0,27 0,30
mit Fließmittel
1,0
0,06
1,0
0,8

Neubeton
a Querschnitt

Altbeton
0,6 d = 0,27
ohne Fließmittel

0,4 0,27 0,30

0,2
ai = 0,07
0 2 4 6 8 10 VEd 6,0
mod. Wenzelscher Quotient VEd = 47,93 kN
(“tatsächliche Oberfläche / projizierte Oberfläche”) VEd,red = 42,5 kN

Abbildung 7.61 Auswirkungen von Oberflächenrauigkeit und


Zusammensetzung des Neubetons auf die Spaltzugfestigkeit ei-
x
ner Verbundfuge (nach Müller 2009) b Detail Auflager

Abbildung 7.62a,b Beispiel 7.4 – Deckenplatte aus Fertigteilen


mit Ortbetonergänzung (vgl. Beispiel 7.1)
mit Ergänzung aus Hochleistungsbetonen auf normal-
festen Altbetonen. Zunächst wurde vermutet, dass die
Fugentragfähigkeit durch die niedrigere Festigkeit des d. h. die gesamte Querkraft muss als Schubfluss in der Fu-
Altbetons gesteuert wird. Allerdings offenbarten die ge nachgewiesen werden. Aus Beispiel 7.1. ist bekannt,
Ergebnisse eine signifikant gesteigerte Tragfähigkeit; dass keine Querkraftbewehrung erforderlich ist; damit
ein Effekt, der nicht eintritt, wenn der erste Betonier- kann der Hebelarm zu z D 0;9d D 0;90;27 D 0;243 m
abschnitt aus Hochleistungsbeton hergestellt und durch angenommen werden. Der Schubfluss vEd folgt damit zu
normalfesten Beton ergänzt wird (Reinecke 2004). Für Fcdj VEd 47;9
beide Varianten ergeben die normativen Bemessungs- vEd D  D 1;0  D 197 kN/m2 :
Fcd z 0;243
regeln übrigens identische Tragfähigkeiten.
Die wesentlichen Ursachen des verbesserten Haft- Da die Oberfläche des Fertigteils unbehandelt geblieben
verbundes sind in der Betonzusammensetzung des ist, kann sie als glatt angesehen werden; damit gilt:
Neubetons zu suchen. Aktuelle Forschungsergebnisse
cj D 0;20 I  D 0;60 I  D 0;20 :
legen zwei Schlüsse nahe (vgl. Müller 2009):
• Bei Betonen mit hohem Bindemittelanteil, d. h. Das Eigengewicht der Ortbetonergänzung wird für die
einen großen Anteil feinkörniger Bindemittelparti- Normalspannung senkrecht zur Fuge i. d. R. vernachläs-
sigt; also gilt Nd D 0. Die Tragfähigkeit vRdj der Schub-
kel, entsteht eine dichtere Übergangszone zwischen fuge folgt damit zu
Alt- und Neubeton.
• Die Zugabe von Fließmitteln trägt erheblich zur vRdj D 1 cj fctd b
Steigerung der Haftfestigkeit bei (Abb. 7.61).  vRd;max D 0;5fcd b :
Für eine zielgerichtete Ausnutzung der Effekte fehlt Mit
heute allerdings noch die normative Umsetzung.
0;7fctm 0;7  0;3  252=3
Beispiel 7.4 fctd D D D 1;0 MN/m2 ;
Die aus Beispiel 7.1 bereits bekannte Deckenplatte soll c 1;8
aus Fertigteilen mit Ortbetonergänzung hergestellt wer- fck 25
fcd D 0;85  D 0;85  D 14;2 MN/m2 ;
den (Abb. 7.62). Die Oberfläche der Fertigteile wurde c 1;5
nach der Herstellung nicht weiter behandelt.
Die Schubfuge wird vereinfachend für den Maximalwert folgt für einen Streifen von 1,0 m Breite mit 1 D 1;0
der Querkraft in der Auflagerachse nachgewiesen; aus (Normalbeton):
Beispiel 7.1 ergibt sich:
vRdj D 1;0  0;2  1;0  1;0 D 0;2 MN/m2
VEd D 47;9 kN : D 200 kN/m2 ;
Die Fuge zwischen Fertigteil und Ortbeton liegt deutlich vRd;max D 0;5  0;2  14;2  1;0 D 1;42 MN/m2
unterhalb der Dehnungsnulllinie, damit ist Fcdj =Fcd D 1, D 1420 kN/m2 :
290 7 Querkraft

Wegen vRdj > vEd ist die Tragfähigkeit der Schubfu- cj D 0;40 I  D 0;70 I  D 0;50 :
ge nachgewiesen. Auf Schnittgrößenebene ergibt sich die
Tragfähigkeit zu Die Normalspannung senkrecht zur Fuge aus dem Eigen-
gewicht der Decke wird vernachlässigt (! Nd D 0).
VRdj D vRdj  z D 200  0;243 D 48;5 kN/m : Zur Berechnung der erforderlichen Verbundbewehrung
wird vEd D vRdj gesetzt und Gl. (7.136) nach as auf-
Wenn die Oberfläche der Fertigteile z. B. mit einem Re- gelöst. Mit fctd D 1;13 MN/m2 folgt für vertikale Bü-
chen unmittelbar nach der Betonage so profiliert wird, gelbewehrung, d. h. ˛ D 90ı , BSt 500 und Normalbeton
dass die Anforderungen an raue Oberflächen erfüllt wer- (1 D 1;0):
den, folgt mit cj D 0;4 und  D 0;5 die Tragfähigkeit
der Fuge zu vRdj D 400 kN/m2 bzw. VRdj D 97 kN/m. vEd  1 cj fctd b
Auch in diesem Fall ist die Querkrafttragfähigkeit oh- as;req D
1;2fyd
ne Querkraftbewehrung mit VRd;ct D 120 kN/m größer
als die Tragfähigkeit der Schubfuge. Der Fugennachweis 346;5  103  1;0  0;40  1;13  0;20
D
wird bei glatten und rauen Fugen also bemessungsent- 1;2  0;70  500=1;15
scheidend. Dies hätte im Übrigen auch aus Abb. 7.59 ge- D 7;0  104 m2 =m D 7;0 cm2 =m :
folgert werden können.
Die maximale Schubtragfähigkeit vRdj;max ist:
Beispiel 7.5
Für das in Abb. 7.63 dargestellte Deckensystem soll die vRdj;max D 0;5fcd b D 0;5  0;5  17;0  0;2
Schubfuge zwischen dem Fertigteilbalken und der Ortbe- D 0;85 MN/m D 850 kN/m
tonplatte nachgewiesen werden. Die für die Fugenbemes- > vEd :
sung maßgebende Querkraft VEd ergibt sich bei direkter
Lagerung nach Abb. 7.63 zu Bei verzahnter Fuge (cj D 0;50,  D 0;90,  D 0;50)
wäre natürlich eine geringere Bewehrungsmenge erfor-
VEd;max D .gd C qd /  l=2 D 214;8 kN ;
derlich:
VEd D VEd;max  .gd C qd /  .a=2 C d  hf /
vEd  1 cj fctd b
D 214;8  35;8  0;6 D 193;3 kN : as;req D
1;2fyd
Der zur Querkraftbemessung zu verwendende Wert im 346;5  103  1;0  0;50  1;13  0;20
Abstand d vor der Lagerkante ist mit VEd D 189;0 kN D
1;2  0;90  500=1;15
geringfügig kleiner. Mit z D 0;9d D 0;558 m (hier
maßgebend) ergibt sich für Fcdj =Fcd D 1;0 (Druckzo- D 5;0  104 m2 =m D 5;0 cm2 =m :
ne in der Platte) der Bemessungswert des einwirkenden
Schubflusses zu Der Querkraftnachweis des Trägers ergibt eine erforder-
liche Querkraftbewehrung von asw D 3;6 cm2 /m, ist also
Fcdj VEd 193;3 nicht bemessungsentscheidend.
vEd D  D D 346;5 kN/m :
Fcd z 0;558 Die dargestellten Ergebnisse können auch unmittelbar
Die Oberseite des Fertigteilbalkens weist eine raue Ober- aus Abb. 7.60 abgelesen werden. Mit ˛c D 0;75 folgt
fläche auf; die Kenngrößen der Schubfuge sind damit die bezogene einwirkende Querkraft zu

VEd
Ed D
qd = 18,0 kN/m bw z˛c fcd
gd = 17,8 kN/m 193;3  103
D D 0;136 :
0;2  0;558  0;75  17;0
12,0 a System
Da Ed größer als 0,133 ist, kann eine glatte Fuge nicht
ausgeführt werden, da vRdj;max überschritten wäre. Aus
0,04 0,20 0,04 Abb. 7.60 kann für D 0;136 für raue Fugen !w D 0;12
0,07 und für verzahnte Fugen !w D 0;085 abgelesen werden.
hf = 0,12 Mit

bw ˛c fcd
d = 0,62

C30/37 0,05
as;req D !w  ;
0,60 0,60 fyd
!w D 0;12
0;2  0;75  17;0
a = 0,20 ) as;req D 0;12  D 7;0 cm2 =m ;
12,0 500=115
0,20
!w D 0;085 ) as;req D 5;0 cm2 =m :
b Querschnitt c Detail Auflager
Aus Abb. 7.60 ist gleichzeitig ablesbar, dass der Quer-
Abbildung 7.63a–c Beispiel 7.5 – Fertigteilbalken mit Teilfer- kraftnachweis nicht maßgebend ist; dessen ungeachtet er-
tigdecke; Nachweis der Schubfuge gibt sich !w D 0;062 und damit asw;req D 3;6 cm2 /m.
Literatur 291

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8–16
Kapitel 8
Torsion

8.1 Grundlagen allein schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit davon


ausgegangen werden, dass die Hauptzugspannungen
Torsionsbeanspruchungen entstehen, wenn die Wir- die Betonzugfestigkeit überschreiten. Nach dem
kungslinie von Kräften nicht durch den Schubmittel- Auftreten von Rissen muss eingelegte Bewehrung
punkt, d. h. die Drillachse des Querschnitts verläuft die Zugspannungen aufnehmen, während Druckspan-
(Abb. 8.1). Torsion alleine, ohne die gleichzeitige Wir- nungen durch Betondruckstreben übertragen werden.
kung von Biegemomenten, Normal- und Querkräften, Charakteristisch für torsionsbeanspruchte Stahlbeton-
tritt in der Baupraxis selten auf. Die Bemessung für balken ist die starke Reduktion der Torsionssteifigkeit
kombinierte Beanspruchungen wirft allerdings erhebli- gegenüber dem ungerissenen Zustand, die bei statisch
che Probleme auf und ist näherungsweise nur durch die unbestimmten Tragwerken zur Differenzierung zwi-
abstrahierte Betrachtung mit Stabwerkmodellen oder schen Gleichgewichts- und Verträglichkeitstorsion,
Spannungsfeldern möglich. Im Allgemeinen wird die damit – im Gegensatz zur Bemessung für Biegung oder
Bemessung jeweils separat für M C N , V und T Querkraft – zur unterschiedlichen Behandlung von
durchgeführt; Wechselwirkungen werden durch ver- Torsionsbeanspruchungen bei statisch unbestimmten
einfachte Interaktionsregeln berücksichtigt. Neben ei- Systemen führt (s. Abschn. 13.5).
ner Verwindung des Stabes um den Schubmittelpunkt
erzeugen Torsionsbeanspruchungen auch Verwölbun-
gen der ursprünglich ebenen Querschnitte zu räumlich e

gekrümmten Flächen (Abb. 8.2). Wird die Verwölbung


behindert, entstehen zusätzliche Längsspannungen und TE
zugeordnete Schubspannungen, die einen Teil der Tor-
sionsbeanspruchung als Wölbkrafttorsion (sekundäre M
S TE
Torsion) aufnehmen. Für die Ableitung von Bemes- Q1 Q2 > Q1
sungsregeln für Torsion wird allerdings vorausgesetzt,
dass Verwölbungen nicht behindert werden, also aus-
schließlich die reine oder primäre Torsion vorliegt –
a Beispiel für Torsionsbeanspruchung
die nach dem Ingenieur, auf den die Theorie der reinen
Torsion zurückgeht, auch als Saint-Venant’sche Torsi- M M M
on bezeichnet wird.
Torsionsbeanspruchungen rufen in Betonquer- S=M S S S
schnitten ein System von Hauptzug- und Haupt-
druckspannungen hervor; nach der Elastizitätstheorie
berechnete Schubspannungen sind wiederum nur
b Schubmittelpunkt (M) und Schwerpunkt (S) von Querschnitten
Hilfsgrößen. Wie bei der Bemessung für Biegung und
Querkraft im GZT muss auch bei tordierten Bauteilen Abbildung 8.1a,b Torsionsbeanspruchung

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 295


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
296 8 Torsion

A
Für den Grenzzustand der Tragfähigkeit ist dann nach-
ux
zuweisen:
(
TRd;sy
TEd  :
T T x TRd;max

A
z
8.2 Tragverhalten bei reiner Torsion
a Verformung eines prismatischen Stabes
Zunächst werden die durch Saint-Venant’sche Torsion
Schnitt A-A ausgelösten Spannungen in ungerissenen, ideal elasti-
schen Stäben betrachtet. Die auf Grundlage der Elas-
tizitätstheorie abgeleiteten Torsionsschubspannungen
y y geben zwar Hinweise für die Rissbildung in tordier-
ten Stäben, können aber das wirkliche Tragverhal-
ux > 0 ten von Stahlbetonbauteilen nicht wiedergeben, zu-
z z ux < 0
mal Schubspannungen lediglich Hilfsgrößen sind, die
b Niveaulinien der Längsverformung (Verwölbung) als Rechenhilfsmittel für die im Bauteil wirkenden
Hauptzug- und Hauptdruckspannungen stehen.
Abbildung 8.2a,b Verwölbung tordierter Querschnitte

Aufgaben der Torsionsbemessung –


Nachweisformat
l
Der Nachweis der Torsionstragfähigkeit erfolgt durch
die Gegenüberstellung von einwirkendem Torsionsmo-
ment TEd und Torsionswiderstand TRd im maßgeben- y
den Querschnitt.
Ed  Rd ) TEd  TRd (8.1)
Im Unterschied zu querkraftbeanspruchten Trägerste-
gen ist für gerissene Bauteile zur Gewährleistung der J l
z
Torsionstragfähigkeit immer eine hierfür bemessene
Bewehrung, die gewöhnlich in Form vertikaler Bü- jx
gel und Längsbewehrung eingebaut wird, notwendig.
Die erforderliche Bewehrungsmenge wird i. Allg. un- TE
ter der Voraussetzung, dass die Tragfähigkeit im GZT
vollständig ausgeschöpft wird, d. h. TEd D TRd gilt,
bestimmt. Parallel dazu muss nachgewiesen werden, TE
dass die Druckbeanspruchungen durch den Beton auf- TE x
genommen werden können. Nach Versagensmechanis-
men – Beton- oder Stahlversagen – getrennt, wer- Zugtrajektorien
den entsprechende Bemessungswerte der Torsionstrag- Drucktrajektorien z
fähigkeit in Regelwerken festgelegt; im Format nach
DIN 1045-1 (identisch: EN 1992-1-1) sind dies: x s2
r
TRd;sy Bemessungswert des Torsionsmoments, das z tT =
TE
TE

durch die Bewehrung aufgenommen werden z tT


tT,max
kann; s1
y b = 45°
TRd;max Bemessungswert des Torsionsmoments, das
durch Druckbeanspruchungen des Betons Abbildung 8.3 Saint-Venant’sche Torsion bei einem zylindri-
aufgenommen werden kann. schen Stab
8.2 Tragverhalten bei reiner Torsion 297

a b
8.2.1 Spannungen
in ungerissenen Bauteilen

8.2.1.1 Saint Venant’sche Torsion y


t
r t
tT,max tT,max
Die Beanspruchung des in Abb. 8.3 dargestellten zy-
lindrischen Stabes aus linear-elastischem, homogenem z

Material durch ein Torsionsmoment TE erzeugt ei- c d


ne über die Stablänge konstante Verwindung # D
d'x =dx. Die über den Radius linear verteilten Tor- tT,max tT,max
sionsschubspannungen T erreichen am Querschnitts-
rand ihr Maximum. Allgemein wird das Verhalten tor-
dierter, elastischer Stäbe durch das Torsionsträgheits-
moment IT und das Widerstandsmoment WT beschrie-
ben: l>t
TE l l=t
e
#D ; (8.2)
GIT
TE
T;max D : (8.3)
WT
Für Kreisquerschnitte können IT und WT elementar aus
der Integration der Schubspannungen über den Quer-
a Kreis-QS
schnitt ermittelt werden (Tabelle 8.1). Der aus Saint- t
b Kreisring-QS
Venant’scher Torsion hervorgerufene reine Schubspan- c Quadrat-QS f
nungszustand entspricht einem System von Hauptzug- d Rechteck-QS
und Hauptdruckspannungen, die unter 45ı bzw. 135ı e geschlossener,
gegen die Stabachse geneigt sind. Hauptzugspannun- dünnwandiger QS
gen 1 D T laufen in Drehrichtung wendelartig um f offener, tT,max
dünnwandiger QS l >> t
die Stabachse, Hauptdruckspannungen 2 D T ent-
gegengesetzt (Abb. 8.3). Abbildung 8.4a–f Schubspannungen infolge Saint-
Die für zylindrische Stäbe geltenden Zusammen- Venant’scher Torsion bei ideal-elastischen, ungerissenen
hänge sind auf Kreisringquerschnitte übertragbar Querschnitten
(Abb. 8.4). Sofern die Wanddicke t des Kreisringes
gegenüber dem Radius klein ist, kann näherungsweise
von konstanten Schubspannungen T ausgegangen ausgehend vom zylindrischen Stab über Rechteckquer-
werden. Gleiches gilt für beliebig geformte, dünn- schnitte hin zum dünnwandigen, offenen Querschnitt
wandige, geschlossene Querschnitte. Die durch TE mit l  t nach Abb. 8.4 zeigt, dass als wesentlicher
hervorgerufenen Torsionsschubspannungen T wer- Unterschied zu geschlossenen Querschnitten die Torsi-
den zu einem umlaufenden, konstanten Schubfluss onsschubspannungen offener Querschnitte linear über
vT D T  t zusammengefasst. Schubfluss vT und die Profildicke t verteilt sind. Für l=t ! 1 können
Torsionsträgheitsmoment folgen aus den Bredt’schen die Störzonen aus der Umlenkung des Schubflusses an
Formeln: den schmalen Kanten vernachlässigt werden; IT und
T WT sind damit
vT D ; (8.4)
2  Ak l  t3 l  t2
4  A2 IT D ; WT D : (8.6)
IT D H dsk : (8.5) 3 3
t Für übliche Rechteckquerschnitte des Massivbaus ist
Dabei ist Ak die von den Profilmittellinien umschlosse- allerdings die Vernachlässigung der Störzonen nicht
ne Kernfläche. Die Maximalwerte der Torsionsschub- gerechtfertigt; die zugehörigen, verminderten Werte
spannungen treten am Ort der geringsten Dicke tmin IT und WT sind in Tabelle 8.1 zusammengefasst. Bei
auf; für Kastenquerschnitte als Sonderform des ge- zusammengesetzten dünnwandigen Querschnitten
schlossenen, dünnwandigen Querschnitts enthält Ta- erfahren alle Teile, sofern die Querschnittsform
belle 8.1 die Größen IT und WT . Die Entwicklung erhalten bleibt, identische Verwindungen #; die
298 8 Torsion

Tabelle 8.1 IT und WT bei verschiedenen Querschnitten


Kreisquerschnitt

  r4   r3
r
IT D ; WT D
2 2

Kreisringquerschnitt
   
  ra4  ri4   ra4  ri4
ri IT D ; WT D
ra
2 2  ra

Geschlossener dünnwandiger Querschnitt (allgemein)


s
Ak 4  A2
t(s) IT D H dsk ; WT D 2  Ak  tmin
t

t3 t4
Kastenquerschnitt
t1
4  bk2  h2k
IT D ; WT D 2  bk  hk  tmin
Ak hk
bk bk hk hk
C t2
C t3
C t4
t2 t1
bk

Rechteckquerschnitt (l  t )

l  t2
IT D   l  t 3 ; WT D
˛
l
l=t 1,0 1,25 1,5 2,0 2,5 3,0 4,0 5,0 10,0 1
 0,140 0,172 0,196 0,229 0,249 0,263 0,281 0,291 0,312 0,333
t ˛ 4,81 4,52 4,33 4,07 3,88 3,74 3,55 3,43 3,20 3,00

Torsionssteifigkeit des Gesamtquerschnittes entspricht Membran wird über eine Öffnung, die dem betrach-
den aufsummierten Steifigkeiten seiner Teile. Für teten Querschnitt gleicht, gespannt und einem Innen-
profilierte Querschnitte des Massivbaus kann dies druck ausgesetzt. Das Volumen der verformten Mem-
ebenfalls als Näherung angenommen werden. Zur bran entspricht der Torsionssteifigkeit IT . Die Tangen-
Ermittlung von Querschnittswerten und Schubbean- ten an die Niveaulinien beschreiben die Richtungen
spruchungen allgemeiner, ungerissener Querschnitte der Schubspannungen, die Neigung der Membran de-
vgl. Kollbrunner u. Basler (1966) und Gruttmann u. a. ren Beträge (Abb. 8.5). Bei Hohlquerschnitten wie dem
(1998). Kastenquerschnitt nach Abb. 8.5b wird die Ausspa-
rung durch einen starren Deckel modelliert; die Mem-
bran bildet die einzige Verbindung zwischen äußerer
8.2.1.2 Prandtl’sches Membrangleichnis Berandung und innerem Deckel. Bei Innendruck hebt
sich der Deckel an, die Membran ist annähernd gera-
Das in Prandtl (1904) vorgestellte, auf der mathema- de gespannt, d. h. die Schubspannungen sind über die
tischen Identität der grundlegenden DGL von Torsi- Wanddicke geschlossener Querschnitte nahezu kon-
onsproblemen mit der DGL für Verformungen einer stant verteilt.
unter Innendruck stehenden, idealen Membran1 basie- Anders bei offenen Querschnitten: Die Gradiente
rende Gleichnis erlaubt auf anschaulichem Weg Aussa- der Membran ändert sich über eine kurze Länge erheb-
gen zu Spannungsverlauf und Torsionssteifigkeit. Eine lich und wechselt das Vorzeichen; die Torsionsschub-
spannungen sind annähernd linear über die Wanddicke
1
verteilt und weisen in der Achse einen Nulldurchgang
Da eine ideale, schubspannungsfreie Membran, in der aus-
schließlich konstante, tangential gerichtete Zugspannungen herr-
auf (Abb. 8.5c). Anhand der Membrananalogie wird
schen, einer Seifenhaut entspricht, wird die Prandtl’sche Mem- offensichtlich, dass geschlossene Querschnitte gegen-
brananalogie auch als Seifenhautgleichnis bezeichnet. über offenen Querschnitten wesentlich torsionssteifer
8.2 Tragverhalten bei reiner Torsion 299

a Vollquerschnitt
t t t
steilsteTangente = τT,max

a dünnwandige Profile mit IT = const.

Membrane
e
ent
g
Tan

p
a

τmax
b
Schnitt Höhenlinien Schubspannungen b Hohlkasten mit ausgerundeten einspringenden Ecken

Abbildung 8.6a,b Folgerungen aus dem Prandtl’schen Mem-


b Kastenquerschnitt
brangleichnis

die einen Teil des angreifenden Torsionsmomentes


durch Wölbkrafttorsion aufnehmen. Wölbbehinde-
rungen entstehen u. a. aus der Lagerung des Stabes
(Einspannung), aus entlang der Stabachse veränderli-
c offener Querschnitt chen Torsionsbeanspruchungen – z. B. insbesondere
bei der Einleitung von Einzelmomenten – oder aus
Änderungen der Querschnittsform. Ausnahmen stellen
wölbfreie Querschnitte dar, deren Querschnitte auch
in tordiertem Zustand eben bleiben. Dazu zählen
Kreis- und Kreisringquerschnitte sowie generell alle
Abbildung 8.5a–c Prandtl’sches Membrangleichnis dünnwandigen Querschnitte, die aus zwei „Blechen“
zusammengesetzt werden, die sich in einem Punkt
schneiden, z. B. auch Plattenbalken.
sind. Gleichzeitig wird deutlich, dass das Volumen un- Generell werden bei Stahlbetonbauteilen die Span-
ter der verformten Membran, damit IT nur unwesent- nungen aus der Querschnittsverwölbung durch Rissbil-
lich beeinflusst wird, wenn aus einem dünnwandigen, dung reduziert. Bei Stäben mit hoher Torsionssteifig-
offenen Profil weitere, flächengleiche, offene Quer- keit – z. B. Voll- oder Kastenquerschnitten – sind die
schnittsformen entwickelt werden (Abb. 8.6a); die Tor- Wölbspannungen im Vergleich zu den Schubspannun-
sionssteifigkeit des profilierten Querschnitts ergibt sich gen aus Saint-Venant’scher Torsion gering und wer-
damit aus der Summe der Steifigkeiten der Einzeltei- den i. Allg. vernachlässigt. Im Unterschied dazu kön-
le. Letztlich belegt das Membrangleichnis Schubspan- nen bei torsionsweichen, offenen und nicht wölbfrei-
nungskonzentrationen an einspringenden Ecken, die en Querschnitten – z. B. I-Querschnitten oder zwei-
daher z. B. bei torsionsbeanspruchten Hohlkästen aus- stegigen Plattenbalken – erhebliche Beanspruchungen
gerundet werden (Abb. 8.6b). aus Wölbkrafttorsion auftreten, die i. W. über gegen-
sinnige Steg- und Flanschbiegung berücksichtigt wer-
den können (vgl. Mehlhorn u. Rützel 1972). Die
8.2.1.3 Anmerkungen zur Wölbkrafttorsion Bemessung für Wölbkrafttorsion wird damit auf ei-
ne Bemessung für Biegung und Querkraft zurückge-
Bei Torsionsbeanspruchungen werden die ursprüng- führt. Aus Abb. 8.7 wird deutlich, dass die Hebelarme
lich ebenen Querschnitte i. Allg. zu räumlich ge- der Schubspannungen aus Wölbkrafttorsion gegenüber
krümmten Flächen verwölbt (vgl. Abb. 8.2). Wenn Saint-Venant’scher Torsion bei dünnwandigen Quer-
die Verwölbung behindert wird, entstehen Längs- schnitten deutlich größer sein können; der Traganteil
spannungen x und zugehörige Schubspannungen, aus Wölbkrafttorsion kann damit den Anteil aus Saint-
300 8 Torsion

die effektive Zugfestigkeit fct;eff erreichen. Die senk-


recht zu den Hauptzugspannungen gerichteten Risse
verlaufen ebenfalls wendelartig um den Stab entgegen
der Drehrichtung und weisen bei ausschließlicher Tor-
sionsbeanspruchung einem Winkel von  45ı gegen
die Bauteilachse auf (Abb. 8.8).
a Saint-Venant’sche Torsion Mit einsetzender Rissbildung fällt die Torsionsstei-
figkeit drastisch ab. In Abb. 8.9a sind in Versuchen an
Stahlbetonprismen mit üblicher Bewehrung aus verti-
kalen Bügeln und Längsstäben ermittelte T -#-Linien
dargestellt. Ähnlich den M --Linien bei Biegebean-
spruchung weisen die T -#-Linien drei charakteristi-
sche Phasen auf: ungerissener Zustand I, gerissener
Zustand II und Fließen der Bewehrung. Die Lastabtra-
gung erfolgt im gerissenen Querschnitt vor allem in der
b Wölbkrafttorsion
Randzone des Querschnitts, d. h. in den Bereichen, in
Abbildung 8.7a,b Wölbkrafttorsion denen Längs- und Bügelbewehrung angeordnet sind.

T
Venant’scher Torsion übertreffen. Für zweistegige Plat-
tenbalken bietet sich zur Erfassung der Wölbspannun-
Bruch
gen eine Berechnung als Trägerrost an.

T
8.2.2 Tragverhalten gerissener
a Bewehrung
Stahlbetonbauteile

8.2.2.1 Tragverhalten und Torsionssteifigkeit


(gleiche Bewehrung)

Im ungerissenen Zustand ist das Verhalten torsionsbe- J


anspruchter Stahlbetonbauteile durch die Beziehungen b Torsionsmomenten-Verwindungs-Beziehung
der Elastizitätstheorie zu beschreiben; der Einfluss der
Bewehrung auf die Torsionssteifigkeit Gc IT und das
Torsionsrissmoment Tcr ist i. Allg. vernachlässigbar. T / J in %
Rissbildung setzt ein, wenn die Hauptzugspannungen (GIT)I
100 b/h = 1

80 b/h = 2

b/h = 3
60
Zugspannungen
Druckspannungen b/h = 6 h
a Verlauf der Hauptspannungen im Zustand I 40
b

20

T
100% entspricht (GIT)I des Querschnitts mit b/h = 1

b Rissbild c Torsionssteifigkeit in Abhängigkeit des Torsionsmomentes

Abbildung 8.8a,b Rissbild eines torsionsbeanspruchten, be- Abbildung 8.9a–c T -#-Linien und Entwicklung der effektiven
wehrten Stahlbetonstabes (nach Bach u. Graf 1912) und zuge- Torsionssteifigkeit aus Versuchen (nach Leonhardt u. Schelling
höriges Trajektorienbild 1974)
8.2 Tragverhalten bei reiner Torsion 301

System
unwirksamer Betonkern

T T wirksame äußere Schale

TE
teff

a a

a ungerissen b gerissen
h q h q
Abbildung 8.10a,b Idealisiertes Tragmodell torsionsbean-
spruchter, kompakter Querschnitte
Zugstäbe
TE TE
b b Druckstäbe

a Fachwerk mit b Fachwerk mit vertikalen Zugstreben


Für Vollquerschnitte ergeben sich im Vergleich mit geneigten Zugstreben
identisch bewehrten Hohlquerschnitten im Zustand II
Abbildung 8.11a,b Fachwerkmodelle für Torsionsbeanspru-
ähnliche Verformungen und Bruchlasten (Abb. 8.9a). chungen mit schrägen und vertikalen Zugstreben
Gerissene Querschnitte bestehen daher aus einer akti-
ven, bewehrten Schale, die primär die Beanspruchun-
gen aus Torsion aufnimmt, und einem nahezu passiven
Betonkern (vgl. Lampert u. Thürlimann 1968; Leon- samen äußeren Schale des Querschnittes liegen, zu be-
hardt u. Schelling 1974). Für die Torsionsbemessung schreiben. Bereits in Rausch (1929) wurden zur Be-
können kompakte Querschnitte daher als fiktive Hohl- handlung der Torsion im „Eisenbetonbau“ räumliche
querschnitte mit effektiver Wanddicke teff und umlau- Fachwerke vorgeschlagen. Grundsätzlich ist es güns-
fendem, annähernd konstantem Schubfluss idealisiert tig, die Zugstreben senkrecht zu den Rissen, d. h. dem
werden (Abb. 8.10). Verlauf der Hauptzugspannungen im ungerissenen Zu-
Rechteckquerschnitte mit unterschiedlichen stand folgend, um 45ı gegen die Stabachse geneigt an-
Seitenverhältnissen b= h, allerdings identischen zuordnen (Abb. 8.11a). Die zugehörigen Druckstreben
Querschnittsflächen, d. h. annähernd identischen verlaufen entgegen der Drehrichtung mit dem Winkel
Kernflächen Ak und annähernd identischer Be-   45ı gegen die Stabachse geneigt parallel zu den
wehrung, weisen im ungerissenen Zustand stark Torsionsrissen. Die aus diesem Fachwerk folgende,
unterschiedliche Torsionssteifigkeiten auf (Abb. 8.9b). wendelförmige Bewehrung ist grundsätzlich möglich;
Im Torsionsversuch erreichen die Querschnitte al- in der Baupraxis treten allerdings häufig Torsionsmo-
lerdings – korrespondierend mit dem Tragmodell mente mit wechselnder Richtung auf, die eine zweite,
eines fiktiven Hohlkastens – ähnliche Bruchlasten und gegenläufige Wendelbewehrung erforderlich machen.
Torsionssteifigkeiten. Gleichzeitig zeigt Abb. 8.9b Zudem ist bei einsinniger Torsion die Gefahr, dass
die starke Reduktion der Torsionssteifigkeit durch Wendel mit falscher Orientierung eingebaut werden,
Rissbildung; abhängig von Querschnittsform und nicht von der Hand zu weisen. Es ist daher üblich, als
Bewehrungsgehalt werden im gerissenen Zustand nur Torsionsbewehrung eine Kombination von vertikalen
mehr 5%–20% der Steifigkeit im Zustand I erreicht. Bügeln und Längsbewehrung anzuordnen; das daraus
Die Torsionssteifigkeit nimmt damit gegenüber der entstehende Fachwerkmodell gibt Abb. 8.11b wieder.
Biegesteifigkeit bei Rissbildung deutlich stärker Es wird noch zu zeigen sein, dass beide Bewehrungs-
ab; die Verschiebung der Steifigkeitsverhältnisse ist elemente erforderlich sind, um die Tragfähigkeit zu ge-
insbesondere bei statisch unbestimmten Systemen währleisten; weder mit Bügeln noch Längsstäben al-
bedeutsam (vgl. Abschn. 13.5) lein kann ein gerissener Querschnitt Torsionsmomente
aufnehmen.
Wie bei querkraftbeanspruchten Trägerstegen
8.2.2.2 Fachwerkmodell bei reiner Torsion entstehen durch die notwendige Anordnung der
Bügel in geringem Abstand sowie durch die Ver-
Wie bei querkraftbeanspruchten Trägerstegen liegt es teilung der Längsbewehrung über den Umfang des
auch bei tordierten prismatischen Stäben nahe, den fiktiven Hohlkastens anstelle der einfachen Fachwer-
Kraftfluss durch Zug- und Druckstäbe, die in der wirk- ke nach Abb. 8.11 komplexe Netzfachwerke bzw.
302 8 Torsion

Spannungsfelder. Die Bemessung erfolgt allerdings


wieder auf Basis eines einfachen Fachwerks, d. h.
anhand der Spannungsresultierenden der Druck- und
Zugspannungsfelder.
Asw

Asl

8.2.2.3 Versagensarten sw
uk

In Abhängigkeit von Querschnittsgeometrie, Beweh-


rungsgrad und -anordnung können in Torsionsversu-
chen verschiedene Versagensmechanismen beobachtet
Abbildung 8.12 Bewehrungskorb für torsionsbeanspruchte,
werden:
prismatische Querschnitte

• Zugversagen der Torsionsbewehrung


Ein Zugversagen der Torsionslängs- oder -bügel- Längstäben parallel zur Stabachse (Abb. 8.12). Die
bewehrung geht einher mit deutlichen Verformun- Betondruckstreben sind mit dem Winkel  gegen die
gen und weit geöffneten Torsionsrissen. Der eher Stabachse geneigt.
duktile Versagensmechanismus setzt allerdings
Mindestbewehrung voraus, die ein schlagartiges
Versagen bei Auftreten des ersten Torsionsrisses
verhindert. 8.3.1 Bemessungsgrundlagen
• Versagen der Betondruckstreben
Bei hohem Bewehrungsgrad ist ein schlagartiges 8.3.1.1 Ermittlung der Strebenkräfte
Versagen der Druckstreben vor dem Fließen der
Bewehrung möglich. Die Festigkeit der Beton- Zur Berechnung der Strebenkräfte des Fachwerks
druckstreben wird wie bei querkraftbeanspruchten, wird von einem entlang der Hohlkastenwände kon-
gerissenen Trägerstegen durch Rissbildung und stanten Torsionsschubfluss vEd ausgegangen, der wie
Querzugbeanspruchung der Bewehrung beein- für einen dünnwandigen Hohlquerschnitt nach der
flusst; zudem treten durch die Verwindung des 2. Bredt’schen Formel bestimmt wird.2 Über die Höhe
Querschnittes erhebliche zusätzliche Spannun- zi der Wand i des fiktiven Hohlkastens aufsummiert,
gen auf, die die nutzbare Druckfestigkeit weiter ergibt sich die Schubkraft VEd;T . Die Kernfläche Ak
reduzieren (s. Abschn. 8.3.2). wird durch die Mittellinien des fiktiven Hohlkastens
• Ausbrechen von Kanten eingegrenzt.
Werden die Umlenkkräfte aus der Richtungsände-
rung der Druckstrebenkräfte an den Kanten nicht TEd
vEd;T D ; (8.7)
durch in geringen Abständen angeordnete Bügel 2  Ak
oder steife Längsstäbe aufgenommen, brechen die TEd  zi
VEd;T D vEd;T  zi D (8.8)
Kanten aus. 2  Ak
• Verankerungsversagen
Eine unzureichende Verankerung sowohl der Aus dem Gleichgewicht in einem Schnitt zwischen
Bügel- als auch der Längsbewehrung kann zu zwei Bügeln nach Abb. 8.13a folgt:
einem schlagartigen Bauteilversagen führen. VEd;T
jFcd j D ; (8.9)
sin 
Fsld D jFcd j  cos  D VEd;T  cot  : (8.10)
8.3 Torsionstragfähigkeit von Bauteilen Nach Gl. (8.10) wird zur Aufnahme des Torsionsmo-
mit prismatischem Querschnitt ments durch die geneigten Druckstreben Längsbeweh-
rung für Fsld erforderlich. Aus dem Kräftegleichge-
Die Torsionsbemessung von Stahlbetonbauteilen
baut auf der Betrachtung eines Ersatzhohlkastens 2
Kräfte und Spannungen werden anhand der Bemessungswerte
auf, dessen Wände durch ein Fachwerk aus Zug- nach DIN 1045-1 angeschrieben. Die Orientierung der Kräfte in
und Druckstreben idealisiert werden. Die Zugstreben Abbildungen folgt der Wirkungsrichtung; Druckkräfte werden
bestehen i. Allg. aus vertikalen Bügeln (˛ D 90ı ) und daher als Betrag angegeben (vgl. Abb. 8.13).
8.3 Torsionstragfähigkeit von Bauteilen mit prismatischem Querschnitt 303

VEd,T
|Fcd| TEd
q
1
Fsld
zi
q
q
Fsld
|Fcd|
ci = zi cos Q

VEd,T 1 Knoten 1
Fsld
Ak VEd,T Fswd VEd,T
|Fcd| |Fcd|
zi Fswd
TEd
teff
a q a
q
Fsld

a Raumfachwerk b ebenes Fachwerk der Seitenwand

Abbildung 8.13a,b Fachwerk mit Bügel- und Längsbewehrung – Schnitte und resultierende Strebenkräfte

wicht an Knoten 
1 in Abb. 8.13b folgt die Bügelzug- Fsld VEd;T
sld D D  cot 
kraft zu asl  zi asl  zi
TEd  cot 
Fswd D jFcd j  sin  D VEd;T : (8.11) D ; (8.16)
2  Ak  asl
Die Beanspruchungen von Beton und Bewehrung er- Fswd VEd;T
swd D D  tan 
geben sich, wenn die Strebenkräfte einer Wand auf die asw  zi  cot  asw  zi
zugehörigen Flächen bezogen werden (vgl. Abb. 8.13).
TEd  tan 
D : (8.17)
jFcd j ! teff  ci D teff  zi  cos  ; (8.12) 2  Ak  asw
Asl Im Grenzzustand der Tragfähigkeit wird die Torsi-
Fsld !  zi D asl  zi ; (8.13)
uk onstragfähigkeit des Querschnitts vollständig ausge-
Asw schöpft; es gilt TEd D TRd . Die Gln. (8.15) bis (8.17)
Fswd !  zi  cot  D asw  zi  cot  (8.14)
sw können nach der Torsionstragfähigkeit aufgelöst wer-
den, wenn die Spannungen jcd j bzw. sld und swd
In den Gln. (8.13) und (8.14) sind (vgl. Abb. 8.12): durch die zugehörigen Festigkeiten ˛c;red fcd bzw. fyd
ersetzt werden.
Asl
auf den Umfang uk der Kernfläche Ak
uk bezogene Längsbewehrung TRd;max D ˛c;red fcd  2  Ak  teff  sin   cos 
Asw ˛c;red fcd  2  Ak  teff
auf die Länge bezogene Bügelbewehrung D (8.18)
sw cot  C tan 
(einschnittig) : 8
ˆ
ˆ fyd  asl  2  Ak  tan 
ˆ
ˆ
Die Spannungen errechnen sich damit zu: ˆ
< (Längsbewehrung)
TRd;sy D min : (8.19)
jFcd j VEd;T ˆ
ˆ fyd  asw  2  Ak  cot 
jcd j D D ˆ
ˆ
teff  zi  cos  teff  zi  cos   sin  :̂ (Bügelbewehrung)
TEd
D
2  Ak  teff  sin   cos  Mit Gl. (8.19) wird die erforderliche Bewehrungsmen-
TEd ge für ein einwirkendes Torsionsmoment TEd D TRd;sy
D  .cot  C tan / ; (8.15) bestimmt:
2  Ak  teff
304 8 Torsion

Asl TEd werden. Die Umlenkung des außerhalb gelegenen An-


asl D D  cot  ; (8.20)
uk 2  Ak  fyd teils erfolgt über Betonzugspannungen, die bei zu ho-
Asw TEd her Ausnutzung zum Absprengen der Kante führen.
asw D D  tan  : (8.21) Sinnvollerweise sollte die Mittellinie der Ersatzwand
sw 2  Ak  fyd
innerhalb der umschließenden Bügel liegen, z. B. –
Hierbei bezeichnet Asl die gesamte Torsionslängsbe- wie in Lampert u. Thürlimann (1968) vorgeschla-
wehrung entlang uk ; Asw ist für den Bewehrungskorb gen – der Verbindungslinie zwischen den Eckstäben
nach Abb. 8.12 nur der Querschnitt eines Bügelschen- entsprechen (vgl. DIN 1045-1). Damit wird die Geo-
kels, d. h. die Bügelbewehrung einer Wand. Bügel wir- metrie des Fachwerkes (! Ak , uk , zi ) an die Abmes-
ken bei Torsion wegen des umlaufenden Schubflusses sungen des Bewehrungskorbes geknüpft, gleichzeitig
nur einschnittig, für Querkraft allerdings zweischnit- steigt aber die Druckstrebentragfähigkeit (! TRd;max )
tig; bei der Querkraftbemessung bezeichnet Asw daher mit der Betondeckung c an. Bei im Vergleich zu den
die Querschnittsfläche beider Bügelschenkel. Dies ist Querschnittsabmessungen sehr großen Betondeckun-
insbesondere bei kombinierter Beanspruchung aus T gen wird damit die Druckstrebentragfähigkeit tenden-
und V zu beachten. ziell überschätzt, da die äußeren Bereiche der Beton-
Eine wendelförmig geneigte Anordnung der Be- deckung insbesondere an den Kanten nur mehr einge-
wehrung wirkt sich wie bei Querkraft günstig auf die schränkt bei der Umlenkung der Druckstreben mitwir-
Beanspruchungen von Beton und Bewehrung aus. Für ken. Gleichzeitig zeigen Versuchsauswertungen, dass
˛ < 90ı lauten die Gln. (8.18), (8.20) und (8.21): bei großer Torsionsbeanspruchung die effektive Wand-
cot  C cot ˛ dicke teff gegenüber dem Vorschlag in DIN 1045-1 grö-
TRd;max D ˛c;red fcd  2  Ak  ; (8.22) ßer werden und weiter in den Querschnitt hineinrei-
1 C cot2 
chen, damit Ak im Vergleich mit DIN 1045-1 tenden-
TEd
asl D  .cot   cot ˛/ ; (8.23) ziell kleiner sein kann.
2  Ak  fyd In Mark u. a. (2008) finden sich Empfehlungen ei-
TEd nerseits zur Begrenzung der rechnerisch anzusetzen-
asw D den effektiven Wanddicke bei cnom =bmin  0;05 (bmin
2  Ak  fyd
ist die kleinste Querschnittsabmessung), andererseits
1 zur Abminderung von Ak in Abhängigkeit der Tor-
 : (8.24)
sin ˛  .cot  C cot ˛/ sionsbeanspruchung für !s;T  0;075 mit !s;T nach
In den Bemessungsgleichungen sind noch die die ef- Gl. (8.25).
fektive Wanddicke teff und die Druckstrebenneigung
unbekannt. s  TEd  uc  .0;8 C 6cnom =bmin /
!s;T D (8.25)
2  A2c  fck

8.3.1.2 Geometrie des Ersatzhohlkastens Versuchsergebnisse zeigen auch, dass teff von der
Querschnittsgeometrie abhängt und näherungsweise
Im Sinne des statischen Grenzwertsatzes der Plasti- mit dem Quotienten aus Querschnittsfläche und
zitätstheorie kann bei kompakten Querschnitten die Umfang A=u verknüpft ist (vgl. Teutsch u. Kordina
Wanddicke teff des fiktiven Hohlkastens frei gewählt 1983). In EN 1992-1-1 wird teff daher auf A=u
werden. Bedingt durch die Vergrößerung der Kernflä- zurückgeführt; je weiter der betrachtete Querschnitt
che Ak und den damit reduzierten Torsionsschubfluss von einem Quadrat abweicht, um so größer wird
vEd;T nimmt die erforderliche Bewehrungsmenge mit teff im Verhältnis zur kleinsten Seitenlänge und
teff ab. Ein unterer Grenzwert für teff ist erreicht, wenn kann deutlich über teff nach DIN 1045-1 liegen.
die Tragfähigkeit der Druckstreben vollständig ausge- Die Mittellinie des Ersatzhohlkastens wandert damit
nutzt ist (jcd j D ˛c;red fcd ). Die mit dieser Bedin- gleichzeitig weiter ins Innere des Querschnittes;
gung formulierte, plastizitätstheoretisch optimale Nut- die verminderte Kernquerschnittsfläche Ak erfordert
zung des Querschnitts erfordert allerdings Einschrän- höhere Bewehrungsmengen. Gleichzeitig ist die
kungen, die das tatsächlich sprödere Verhalten von Be- Geometrie des Ersatzhohlkastens weitgehend von den
tonquerschnitten berücksichtigen. tatsächlichen Abmessungen des Bewehrungskorbes
Die aus der Richtungsänderung der Druckstreben entkoppelt.
an den Querschnittskanten entstehende Umlenkkraft Bei Hohlkastenquerschnitten kann die fiktive
kann nur für den innerhalb der Bügel liegenden An- Wanddicke nicht größer als die tatsächliche Wanddi-
teil durch Bügel und Längsbewehrung aufgenommen cke werden.
8.3 Torsionstragfähigkeit von Bauteilen mit prismatischem Querschnitt 305

8.3.1.3 Einfluss des Druckstrebenwinkels kreuzen (vgl. Abb. 8.8). Gleichzeitig werden durch
auf das Bemessungsergebnis die Verwindung tordierter prismatischer Querschnitte
um den Schubmittelpunkt die Seitenflächen zu para-
Analog zur Querkraftbemessung lässt der statische bolischen Hyperboloiden verformt (Abb. 8.15a). Aus
Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie eine freie Wahl der zusätzlichen Biegebeanspruchung entstehen in der
des Druckstrebenwinkels  zu. Durch Rissverzahnung Wand des fiktiven Hohlkastens Spannungen, die sich
sind gegenüber den unter  45ı verlaufenden Ris- den Druckspannungen aus Torsion überlagern; eine
sen flachere oder steilere Druckstreben möglich. Durch über teff konstante Druckspannungsverteilung wird we-
die Wahl von  kann die Verteilung der insgesamt gen der begrenzten Verformbarkeit des Betons i. Allg.
erforderlichen Bewehrungsmenge as;tot D asw C asl nicht erreicht. Die überlagerten Biegespannungen zu-
auf Bügel und Längsbewehrung gesteuert werden. In sammen mit der Umlenkung der Druckstreben an den
Abb. 8.14 sind die trigonometrischen Funktionen für Querschnittskanten müssen daher durch eine weite-
˛ D 90ı , mit denen die erforderliche Torsionslängsbe- re Reduktion der nutzbaren Druckstrebenfestigkeit auf
wehrung asl nach Gl. (8.20) und die Bügelbewehrung ˛c;red fcd berücksichtigt werden.
asw nach Gl. (8.21) bzw. der Bauteilwiderstand TRd;max Bei echten Hohlkastenquerschnitten, die an bei-
nach Gl. (8.18) verknüpft sind, dargestellt. Offensicht- den Wandflächen Bewehrung aufweisen, d. h. mit
lich nimmt die erforderliche Bügelbewehrung mit  zu, zweischnittigen Bügeln o. ä. bewehrt sind, wird
gleichzeitig wird weniger Längsbewehrung erforder- eine bessere Umschnürung der Eckbereiche erreicht
lich. Das Minimum der gesamten Torsionsbewehrung (Abb. 8.15b). Gleichzeitig bleibt angesichts der i. Allg.
as;tot wird für  D 45ı erreicht, zugleich weist der Be- geringen Wanddicken der Biegeeinfluss aus der Quer-
tonquerschnitt die höchste Tragfähigkeit auf. schnittsverwindung gering; bei Kastenquerschnitten
können daher im Vergleich zu Kompaktquerschnitten
höhere Druckbeanspruchungen zugelassen werden.
8.3.1.4 Nutzbare Festigkeit der Betondruckstreben Diese Zusammenhänge schlagen sich allerdings
unterschiedlich in Normenregelungen nieder: Wäh-
Wie bei querkraftbeanspruchten Trägerstegen sind die rend in DIN 1045-1 für Kompaktquerschnitte – im
idealisierten Wände des Ersatzhohlkastens zum einen Gegensatz zu Hohlkästen – die Druckfestigkeit
mit Rissen durchzogen, zum anderen durch kreuzen- auf ˛c;red fcd D 0;7  ˛c fcd , d. h. auf 70% des für
de Bewehrung mit Querzugspannungen beaufschlagt. querkraftbeanspruchte Trägerstege zulässigen Wer-
Bei Torsion sind allerdings im Vergleich zur Quer- tes reduziert wird, kann nach EN 1992-1-1 der für
kraftwirkung kritischere Randbedingungen zu berück- Trägerstege festgelegte, ohnehin konservative Wert
sichtigen, da die Druckstreben wegen der umlaufenden
Kraftwirkungen Risse stets in ungünstigen Winkeln

4
teff

3
sc

cotq + tanq (® asl + asw )


2
tan q (® asw ) a Verwindung der Seitenflächen - Druckspannungsverteilung

1 cot q (® asl )
1
(® TRd ,max )
45o cot q + tan q
0 q
20o 30o 40o 50o 60o
cot q
3,0 2,5 1,2 1,0 0,58
b Anordnung der Bügelbewehrung
Abbildung 8.14 Einfluss des Druckstrebenwinkels  auf die er-
forderliche Bewehrungsmenge und die Druckstrebentragfähig- Abbildung 8.15a,b Einflüsse auf die nutzbare Festigkeit der
keit (˛ D 90ı ) Druckstreben
306 8 Torsion

ohne weitere Abminderung bzw. Differenzierung für betrachtete Querschnitt im Grenzzustand der Tragfä-
torsionsbeanspruchte Querschnitte verwendet werden higkeit keine Torsions- oder Schubrisse aufweist. Ent-
(vgl. Abschn. 3.7.4). sprechende Abgrenzungskriterien werden in Zusam-
menhang mit kombinierter Beanspruchung aus T und
V angegeben (s. Abschn. 8.4). Mindestbewehrung ist
8.3.1.5 Bemessung profilierter Querschnitte
stets anzuordnen.
Für die Bemessung profilierter Querschnitte wird Normenregelung nach DIN 1045-1
davon ausgegangen, dass – wie bei ungerissenen Die Bemessung für Torsionsbeanspruchungen wird in
Bauteilen – Torsion zu identischen Verwindungen # Abschnitt 10.4 der DIN 1045-1 geregelt.
aller Querschnittsteile führt. Die Bemessung erfolgt
daher getrennt für die einzelnen Teile (Abb. 8.16),
die Gesamttragfähigkeit entspricht der Summe der Grundlagen
Einzeltragfähigkeiten. Hinsichtlich der Aufteilung des Die Torsionstragfähigkeit eines prismatischen Quer-
schnitts kann unter Annahme eines dünnwandigen,
einwirkenden Moments TEd auf die Querschnittsteile geschlossenen Querschnitts mit umlaufendem, konstan-
liegt ein statisch unbestimmtes Problem vor; nach tem Schubfluss erfolgen. Die Schubkraft VEd;T einer Wand
den Grundsätzen der Plastizitätstheorie kann TEd der Länge zi ist (vgl. Gl. 8.8):
beliebig verteilt werden, allerdings ist eine Auftei-
TEd  zi
lung im Verhältnis der Torsionssteifigkeiten nach VEd;T D : (8.26)
2  Ak
Zustand I zweckmäßig, um breite Risse in einem der
Querschnittsteile zu vermeiden. Zur Nachweisführung wird der dünnwandige Ersatzkasten
Bei klassischen Hohlkastenquerschnitten des durch ein Fachwerkmodell aus Längsstäben, lotrecht zur
Bauteilachse stehenden Bügeln und Druckstreben, die im
Brückenbaus wird der weitaus größte Teil des ein- Winkel  gegen die Bauteilachse geneigt sind, idealisiert.
wirkenden Torsionsmoments durch den Hohlkasten Profilierte Querschnitte können in Teilquerschnitte aufge-
aufgenommen; die Kragarme können daher i. Allg. für teilt werden; die Aufteilung des angreifenden Torsionsmo-
Saint-Venant’sche Torsion vernachlässigt werden. mentes auf die einzelnen Querschnittsteile kann i. Allg.
nach dem Verhältnis der Torsionssteifigkeiten IT der un-
gerissenen Querschnitte erfolgen (vgl. Tabelle 8.1):

8.3.2 Bemessung für reine Torsion IT;j


TEd;j D P  TEd : (8.27)
i IT;i

Die Bemessung für Saint-Venant’sche Torsion nach


DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 folgt den im vorherigen zi
Abschnitt skizzierten Grundlagen; Unterschiede in den Detail VEd,i
Normenkonzepten existieren lediglich in den Annah- Bügel
men zur effektiven Wanddicke des Ersatzhohlkastens
sowie in zulässiger Neigung und nutzbarer Festigkeit Längsbewehrung
FEd teff /2
der Druckstreben.
Auf die Anordnung einer Torsionsbewehrung kann teff
nach beiden Normen nur verzichtet werden, wenn der
Ak

Detail
a Definition nach DIN 1045-1

tef /2 tef

teff
Ak

b Definition nach EN 1992-1-1


a Bemessungsmodell b zugehörige Bewehrung
Abbildung 8.17a,b Definition des Ersatzhohlkastens nach
Abbildung 8.16a,b Bemessung profilierter Querschnitte DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
8.4 Kombinierte Beanspruchungen 307

Die Bemessung darf für jeden Teilquerschnitt getrennt Normenregelung nach EN 1992-1-1
erfolgen. Der Nachweis der Torsionstragfähigkeit nach EN 1992-1-
1, 6.3 ist weitgehend identisch mit den Regelungen nach
DIN 1045-1. Im Folgenden werden die Unterschiede dar-
Geometrie
gestellt.
Die Mittellinie der Wände des fiktiven Hohlkastens wird
durch die Achsen der Längsstäbe in den Ecken definiert Geometrie
(Abb. 8.17a); zur Beschreibung dienen folgende Größen: Die effektive Wanddicke tef;i des Ersatzhohlkastens ist frei
Ak durch die Mittellinien der Wände eingeschlossene wählbar (Abb. 8.17b); als Richtwert wird angegeben:
Kernfläche; A
uk Umfang der Kernfläche Ak ; tef;i D : (8.30)
u
zi Höhe der Wand i , definiert durch die Schnittpunkte
der Wandmittellinien; In Gl. (8.30) bedeuten:
teff effektive Dicke einer Wand; teff entspricht dem dop- A Gesamtfläche des Querschnitts bzw. Teilquerschnitts
pelten Abstand von der Mittellinie zur Außenfläche; innerhalb der äußeren Umrandung einschließlich
bei echten Hohlkastenquerschnitten wird teff durch hohler Innenbereiche
die tatsächliche Wanddicke begrenzt. u äußerer Umfang des Querschnitts.
Die Druckstrebenneigung des Fachwerkmodells darf in Dabei sollte tef;i mindestens dem doppelten Abstand der
den nach Gl. (7.70) vorgegebenen Grenzen frei gewählt Verbindungslinie der Bewehrungsstäbe zum Bauteilrand
werden. Zur Ermittlung der durch den Betontraganteil entsprechen; der Mindestwert ist damit identisch mit
VRd;c festgelegten unteren Grenze muss VEd durch der nach DIN 1045-1 vorgesehenen Wanddicke. Bei
VEd;T ersetzt werden; gleichzeitig ist der Ermittlung von Hohlkastenquerschnitten wird tef;i durch die tatsächliche
VRd;c anstelle der Stegbreite bw die Wanddicke teff des Wanddicke begrenzt. Die Neigung  der Druckstreben
Ersatzhohlkastens zugrunde zu legen. Bei kombinierter gegen die Längsachse kann in den für die Bemessung
Beanspruchung aus Torsion und Querkraft gelten aller- querkraftbeanspruchter Trägerstege vorgegebenen
dings spezielle Interaktionsregeln (s. Abschn. 8.4). Grenzen frei gewählt werden (vgl. Abschn. 7.4.5); bei
kombinierter Beanspruchung gelten allerdings einschrän-
Bemessung kende Interaktionsregeln (s. Abschn. 8.4).
Der Bemessungswert des in einem Querschnitt bzw. Quer-
schnittsteil durch Bewehrung aufnehmbaren Torsionsmo- Bemessungswert des maximal aufnehmbaren
ments TRd;sy ist (vgl. Gln. 8.19): Torsionsmoments
8 Das durch die Druckstrebenfestigkeit begrenzte, maximal
Asw
ˆ
ˆ sw  fyd  2  Ak  cot 
ˆ
ˆ aufnehmbare Torsionsmoment ist (vgl. Gl. 8.18):
< (Bügelbewehrung)
TRd;sy D min Asl : (8.28) TRd;max D   ˛cw  fcd  2  Ak  tef;i  sin   cos  : (8.31)
ˆ
ˆ uk  fyd  2  Ak  tan 
ˆ
:̂ (Längsbewehrung) In Gl. (8.31) ist für den Bemessungswert der effektiven
Druckstrebenfestigkeit  nach NDP-Tabelle 3.14 und ˛cw
Der Bemessungswert des durch die Druckstrebenfes- nach NDP-Tabelle 7.2 einzusetzen; Gl. (8.31) gilt damit
tigkeit begrenzten, maximal aufnehmbaren Torsionsmo- auch für den Torsionsnachweis bei Leichtbeton.
mentes ist (vgl. Gl. 8.18):
˛c;red fcd  2  Ak  teff
TRd;max D : (8.29) Wölbkrafttorsion
cot  C tan 
Ergänzend zu den Ausführungen in DIN 1045-1 wird in
In Gl. (8.29) ist EN 1992-1-1, 6.3.3 darauf hingewiesen, dass bei offenen
˛c;red D 0;7˛c allgemein dünnwandigen Querschnitten eine Berücksichtigung der
D ˛c bei Kastenquerschnitten mit Bewehrung an Wölbkrafttorsion erforderlich werden kann.
den Innen- und Außenseiten.
Dabei ist ˛c D 0;75  1 mit 1 D 1 für Normalbeton; für
Leichtbeton vgl. Abschn. 3.3, Gl. (3.93). Für TRd;sy und
TRd;max ist jeweils der kleinste Wert der Wände i des 8.4 Kombinierte Beanspruchungen
Nachweisquerschnittes maßgebend.

Torsion tritt i. d. R. in Kombination mit Biegung,


Wölbkrafttorsion Längskraft und Querkraft auf. Die gemeinsame
Im Grenzzustand der Tragfähigkeit dürfen nach DIN 1045- Wirkung der Beanspruchungen führt zu komplexen
1, 10.4.3 Spannungen aus behinderter Querschnittsver- Spannungszuständen, die nur mit Hilfe allgemeiner
wölbung i. Allg. und insbesondere bei Bauteilen mit hoher Bemessungsverfahren, z. B. mit Stabwerkmodellen
Torsionssteifigkeit (z. B. geschlossene dünnwandige Quer- oder Spannungsfeldern, näherungsweise erfasst wer-
schnitte) vernachlässigt werden. den können. Allerdings führt die Überlagerung der
308 8 Torsion

Spannungen aus Torsion mit Längsdruck- bzw. Längs- Auflösen ergibt:


zugspannungen im Versuch zu unterschiedlichen
TEd
Druckstrebenneigungen in den einzelnen Wänden D2
des Hohlquerschnittes (vgl. Thürlimann u. a. 1975; Ak  teff  jcd j
s 
Teutsch u. Kordina 1983). Im Sinne einer praktikablen MEd MEd
Bemessung werden die Nachweise für die Beanspru- 1  :(8.34)
z  b  teff  jcd j z  b  teff  jcd j
chungen M C N , V und T getrennt durchgeführt. In
Abb. 6.6 wurde bereits dargestellt, dass eine einfache Durch die Begrenzung von jcd j auf die Festigkeit er-
Superposition der Ergebnisse wegen des nichtlinearen gibt sich die Grenzbedingung des Druckstrebennach-
Verhaltens gerissener Stahlbetonbauteile nicht mög- weises. Die Inkonsistenz, dass die effektiven Druck-
lich ist. An die Stelle exakter Lösungen treten daher festigkeiten mit ˛c;red fcd für Torsion und fcd für Bie-
einfache Interaktionsregeln. In Abschn. 7.3.4 und gung unterschiedlich sind, wird durch den Bezug der
7.4.6 wurde für kombinierte Beanspruchungen infolge Schnittgrößen auf die jeweils maßgebende Festigkeit
M C V bereits gezeigt, dass die Wechselwirkungen gelöst:
durch zusätzliche Gurtkraftanteile aus Querkraft bzw. s
durch einen Versatz der Zugkraftlinie erfasst werden 
TEd MEd MEd
können.  2 1  ; (8.35)
TRd0 MRd0 MRd0
mit TRd0 D Ak  teff  ˛c;red fcd I
MRd0 D z  b  teff  fcd :
8.4.1 Interaktion von Torsion
mit Biegung und Längskraft
8.4.2 Interaktion von Torsion mit Querkraft
Durch die gleichzeitige Wirkung von M C N und
T werden die Wände des (fiktiven) Hohlkastens ne-
ben Torsionsschubkräften durch Biegedruck- und Bie- Bei kombinierter Beanspruchung aus Torsion und
gezugkräfte beansprucht. Interaktionsbeziehungen für Querkraft, die allerdings stets mit Biegebeanspruchun-
die Längsbewehrungsstränge können z. B. auf Grund- gen einhergeht, überlagern sich in den Stegen bzw.
lage der Plastizitätstheorie angegeben werden (vgl. den (fiktiven) Wänden die Schubkräfte aus T und V .
Lampert u. Collins 1972). Bei getrennter Betrach- Eine getrennte Ermittlung der je Steg erforderlichen
tung von T und M ergibt sich die Längsbewehrung Bügelbewehrung mit anschließender Addition ist
aus der Überlagerung der Wirkungen. In der Biege- möglich, setzt aber identische Druckstrebenwinkel 
zugzone sind die Bewehrungsmengen infolge N C M für die Berechnung von Asw;V und Asw;T voraus. Bei
und T zu addieren, während in der Biegedruckzone der Addition der Bewehrungsmenge ist zu beachten,
die Zugkraft aus Torsion gegen die Druckkraft aus dass die Bewehrung für Querkraftbeanspruchungen
Biegung aufgerechnet werden muss.3 Bei überwiegen- für den Gesamtquerschnitt ermittelt wird, für Torsion
der Biegung wird i. d. R. keine Längsbewehrung in der jedoch nur für eine Wand:
Druckzone erforderlich. Für die Überlagerung der Bie- As;tot Asw;V 2  Asw;T
gedruckspannungen mit Druckspannungen aus Torsi- D C (8.36)
sw sw sw
on in den schrägen Druckstreben ist nachzuweisen,
dass die Druckfestigkeit nicht überschritten wird. Da Für den Nachweis der Druckstrebentragfähigkeit eines
bei großen Biegedruckkräften keine Zugkraft in der kompakten Querschnitts sind bei kombinierter Bean-
Längsbewehrung entstehen kann, folgt nach Zilch u. spruchung aus V und T prinzipiell die in Abb. 8.18
Schneider (2001) aus NT D MEd =z der Druckstreben- dargestellten Verteilungen möglich. Spannungen aus
winkel in der Druckzone zu: Querkraft wirken über den gesamten Querschnitt, wäh-
2  MEd rend Spannungen infolge T primär in den Wänden
cot  D (8.32)
TEd des Ersatzhohlkastens konzentriert sind. Da eine li-
und daraus mit Gl. (8.15) die Druckstrebenspannung neare Überlagerung hier zu konservativ wäre, wird
  i. Allg. eine quadratische Interaktionsbedingung an-
TEd 2  MEd TEd
jcd j D  C : (8.33) gegeben (vgl. Normenregelung nach DIN 1045-1).
2  Ak  teff TEd 2  MEd Für echte Kastenquerschnitte ist eine Verteilung nach
3
Die Beanspruchungen M C N und T müssen i. Allg. der glei- Abb. 8.18 nicht möglich; in diesem Fall sind die Bean-
chen Einwirkungskombination zugeordnet sein. spruchungen linear zu überlagern.
8.4 Kombinierte Beanspruchungen 309
 2  2
teff
TEd VEd
C 1
TRd;max VRd;max
h + = (Kompaktquerschnitte) ; (8.40)
TEd VEd
C 1 (8.41)
TRd;max VRd;max
b
(Kastenquerschnitte) :
teff
a Variante 1 Kombinierte Beanspruchung infolge T C M
Nach DIN 1045-1, 10.4.2 (3) darf die Torsionslängsbe-
wehrung in Druckgurten entsprechend der vorhandenen
+ = Druckkräfte abgemindert werden. In Zuggurten ist sie zur
erforderlichen Biegezugbewehrung zu addieren.

b Variante 2 Normenregelung nach EN 1992-1-1


Abbildung 8.18a,b Mögliche Überlagerung der Druckstreben- Für kombinierte Beanspruchungen folgt die Bemessung
kräfte aus Torsion und Querkraft (nach CEB/FIP 1993) nach EN 1992-1-1 i.W. den Grundsätzen nach DIN 1045-
1. In folgenden Punkten bestehen Abweichungen:
Bei näherungsweise rechteckigen Vollquerschnitten ist
außer der Mindestbewehrung keine zusätzliche Beweh-
Normenregelung nach DIN 1045-1 rung für Torsion und Querkraft erforderlich, wenn Gl. (8.42)
Nach DIN 1045-1 ist bei näherungsweise rechteckigen mit VRd;c nach Gl. (7.19) erfüllt ist.
Vollquerschnitten bei Beanspruchung durch Torsion und TEd VEd
Querkraft außer der Mindestbewehrung keine zusätzliche C  1; (8.42)
TRd;c VRd;c
Bewehrung erforderlich, wenn die Gln. (8.37) und (8.38)
mit VRd;ct als Querkrafttragfähigkeit von Bauteilen ohne mit TRd;c D fctd  WT (WT nach Tabelle 8.1) :
Querkraftbewehrung nach Gl. (7.17) erfüllt sind: Kombinierte Beanspruchung infolge T C V
Nach EN 1992-1-1 darf die Bemessung für T und V ge-
VEd  bw trennt durchgeführt werden, allerdings ist den Nachwei-
TEd  ; (8.37)

4;5
 sen die selbe Druckstrebenneigung  zu grunde zu le-
4;5  TEd gen. Die Bewehrungsmengen sind zu addieren. Für den
VEd  1 C  VRd;ct : (8.38) Nachweis der Druckstrebentragfähigkeit wird lediglich eine
VEd  bw
lineare Interaktionsbeziehung nach Gl. (8.43) mit VRd;max
nach Gl. (7.81) angegeben.
Kombinierte Beanspruchung infolge T C V TEd VEd
C 1 (8.43)
DIN 1045-1 stellt zwei Möglichkeiten, eine kombinierte TRd;max VRd;max
Bemessung und ein vereinfachtes Verfahren zur Wahl,
die allerdings beide auf separaten Nachweisen für T Der Nachweis für kombinierte Beanspruchung infolge
und V basieren. Bei der kombinierten Bemessung muss T C M entspricht DIN 1045-1.
die Druckstrebenneigung  für die Torsions- und Quer-
kraftbemessung einheitlich angesetzt werden. Es gelten
die Grenzen der möglichen Druckstrebenneigung nach D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Gl. (7.70); bei der Ermittlung des unteren Grenzwinkels Zu EN 1992-1-1 wird für den Nachweis kombinierter Be-
ist für VEd die Schubkraft VEd;TCV aus Torsion und dem anspruchungen aus T und V ergänzt:
auf den Ersatzhohlkastensteg entfallenden Querkraftanteil • Berechnung der gemeinsamen Druckstrebenneigung 
anzusetzen infolge T und V nach DIN 1045-1 bzw. vereinfachend
teff unabhängiger Nachweis für Torsion mit  D 45ı .
VEd;TCV D VEd;T C VEd  ; (8.39) • Quadratische Interaktionsbeziehung für kompakte
bw
Querschnitte nach Gl. (8.40).
der Betontraganteil VRd;c nach Gl. (7.71) ist für teff an- • Sofern die Gln. (8.37) und (8.38) nicht erfüllt sind, sollte
stelle bw zu ermitteln. Die mit der gewählten Druckstre- neben dem Einbau der Mindestbewehrung der Nach-
benneigung  berechneten Bewehrungsmengen infolge weis auf Querkraft und Torsion geführt werden.
T und V sind zu addieren. Nach dem vereinfachten Be-
messungsverfahren darf die erforderliche Torsionsbeweh-
rung unabhängig von der für die Querkraftbemessung ge- Anmerkung zu den Grenzen für erforderliche
wählten Druckstrebenneigung für  D 45ı ermittelt und Bewehrung nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
zur Querkraftbewehrung addiert werden. Der Druckstre-
bennachweis wird für kombinierte Beanspruchung in Ab-
hängigkeit des Querschnittstyps nach den Gln. (8.40) und Mit den Gln. (8.37) und (8.38) bzw. (8.42) wird nach-
(8.42) mit VRd;max nach Gl. (7.75) geführt: gewiesen, dass die Beanspruchungen aus V und T
310 8 Torsion

unterhalb der Größe für die kritische Rissbildung bei Bemessung für Biegung
Bauteilen ohne Querkraftbewehrung liegen. Die Be- Die Bemessung wird für eine ausgenutzte Druckzone
ziehungen nach DIN 1045-1 bauen auf der (mecha- nach Gl. (6.53) mit ˛R D 0;81 und ka D 0;416 durchge-
führt.
nisch nicht ganz korrekten) Überlagerung von Schub-
spannungen Td aus Torsion (ermittelt am ungerissenen 0;210
µEds D D 0;213
Bauteil) und von mittleren Schubspannungen Vd aus 0;3  0;442  17
s !
Querkraft auf. Der Ableitung wird WT für einen qua- 1 4  0;416
dratischen Querschnitt (b= h D 1 ! ˛ D 4;81, vgl.  D
2  0;416
 1 1
0;81
 0;213 ;
Tabelle 8.1) und z D 0;9  h zugrunde gelegt. Zunächst
D 0;301 ) z D 0;385 m ;
wird überprüft, ob Td  Vd gilt:
MEds 0;210
˛  TEd VEd As;M D D
z  fyd 0;385  435
Td  Vd ) 
bw  h
2 bw  z D 12;5  104 m2 D12;5cm
O 2

VEd  bw VEd  bw
) TEd   : (8.44)
˛=0;9 4;5 Fachwerkgeometrie bei kombinierter Bemessung
Die Gln. (8.37) und (8.38) sind nicht erfüllt (nicht
Gleichung (8.38) entspricht dem Nachweis, dass die dargestellt). Zur kombinierten Bemessung für V und T
überlagerten Schubspannungen kleiner als ein kriti- müssen zunächst Geometrie des Ersatzhohlkastens und
scher Wert, der aus der Schubrisslast von Bauteilen oh- Druckstrebenneigung bestimmt werden. Aus der Lage
der Bewehrungsstäbe in den Querschnittsecken nach
ne Querkraftbewehrung VRd;ct ermittelt wird, bleiben: Abb. 8.19 folgt:
VEd ˛  TEd VRd;ct
C 2  teff D 0;12 m ;
bw  z bw  h bw  z
  bk D 0;3  0;12 D 0;18 m ;
4;5  TEd
) VEd  1 C  VRd;ct : (8.45) hk D 0;5  0;12 D 0;38 m
VEd  bw
Ak D bk  hk D 0;0684 m2 ;
Mit Gl. (8.42) verfolgt EN 1992-1-1 das selbe Ziel uk D 2  .bk C hk / D 1;12 m :
durch eine lineare Interaktionsbeziehung. Hierzu wird
für die Torsionsschubspannung cr , bei der Rissbildung Die Schubkraft VEd;T der vertikalen Wand infolge Torsi-
einsetzt, fctd gesetzt (reine Torsion: 1 D T ). on folgt aus Gl. (8.26):

Beispiel 8.1 TEd  z 0;040  0;38


Der in Abb. 8.19 dargestellte, durch eine exzentrisch an- VEd;T D D
2  Ak 2  0;0684
greifende Einzellast beanspruchte Kragarm aus Beton der
Festigkeitsklasse C30/37 soll für kombinierte Beanspru- D 0;111 MND111
O kN :
chung aus M , V und T bemessen werden.
Die Überlagerung mit dem Schub aus Querkraft erfolgt
mit Gl. (8.39):

teff
MEd = -210 kNm VEd;TCV D VEd;T C VEd 
bw
VEd = 110 kN
0;12
TEd = 40 kNm
D 111 C 110  D 155 kN :
- 0;30
gd = 5,1 kN/m

+
Der untere Grenzwert der Druckstrebenneigung folgt aus
QEd = 100 kN
+
Gl. (7.70) mit dem Betontraganteil VRd;c nach Gl. (7.71)
0,4 2,0 mit teff anstelle bw .

VRd;c D ˇct  1  0;10  fck1=3  .1 C 1;2  cd =fcd /


teff  z D    D 34;0 kN ;
1;2  1;4  cd =fcd
cot   O ı
D    D 1;54D33
1  VRd;c =VEd;TCV
0,5 ) gewählt: cot  D 1;2
0,06
Detail
0,06 Bemessung für Querkraft
0,3
Die erforderliche Querkraftbewehrung errechnet sich für
Abbildung 8.19 Beispiel 8.1 – System, Belastung und Schnitt- lotrechte Bügel aus Gl. (7.73), die Druckstrebentragfä-
größen higkeit aus Gl. (7.74):
Literatur 311

Asw;V VEd 0;110 CEB/FIP: Model Code 1990. Lausanne : Comité


D D  104
sw fyd  z  cot  435  0;38  1;2 Euro-International du Béton, 1993
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bw  z  ˛c  fcd 0;3  0;38  0;75  17 Berechnung von Wölbfunktion und Torsionskenn-
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cot  C tan  1;2 C 1=1;2 werten beliebiger Stabquerschnitte mit der Methode
D 0;715 MN D715O kN : der finiten Elemente. In: Bauingenieur 73 (1998), S.
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Die Torsionslängs- und -bügelbewehrung kann aus KOLLBRUNNER, C.F.; BASLER, K.: Torsion. Berlin :
Gl. (8.28) ermittelt werden, die zugehörige Druckstre- Springer, 1966
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Asw;T TEd Confusion – An Attempt to Establish Facts. In: ACI
Bügel: D Journal 69 (1972), Nr. 8, S. 500–504
sw fyd  2  Ak  cot 
0;040 L AMPERT, P.; T HÜRLIMANN, B.: Torsionsversuche an
D  104 Stahlbetonbalken. Basel : Birkhäuser, 1968 (Bericht
435  2  0;0684  1;2
D 5;60 cm2 /m ; Nr. 6506-2, Institut für Baustatik und Konstruktion,
Asl;T TEd ETH Zürich)
Längsbewehrung: D L EONHARDT, F.; S CHELLING, G.: Torsionsversuche
uk fyd  2  Ak  tan 
D    D 8;07 cm2 /m ;
an Stahlbetonbalken. Berlin : Ernst & Sohn, 1974
˛c;red  fcd  2  Ak  teff
(DAfStb-Heft 239)
Druckstrebe: TRd;max D M ARK, P.; S TANGENBERG, F.; B ENDER, M.; B IRTEL,
cot  C tan 
D    D 72 kN : V. ; Z EDLER, T.: Sonderaspekte zur Schubbemes-
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Druckstrebennachweis bei kombinierter Beanspru- 2008. Berlin : Ernst & Sohn, 2008
chung
Der Druckstrebennachweis für kombinierte Beanspru-
M EHLHORN, G.; RÜTZEL, H.: Wölbkrafttorsion bei
chung wird mit der Interaktionsbeziehung für kompakte dünnwandigen Stahlbetonträgern. In: Bauingenieur
Querschnitte nach Gl. (8.40) geführt: 47 (1972), S. 430–438
 2  2  2  2 P RANDTL, L.: Zur Torsion von prismatischen Stä-
TEd VEd 40 110
C D C ben. In: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-
TRd;max VRd;max 72 715
Vereinigung 13 (1904), S. 31–36
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R AUSCH, E.: Berechnung des Eisenbetons gegen Ver-
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Asw;tot Asw;V 2Asw;T
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D C D 5;55 C 2  5;60 T EUTSCH, M.; KORDINA, K.: Bemessung von
sw sw sw
Stahlbeton- und Spannbetonbalken unter kombinier-
D 16;75 cm2 /m
ter Beanspruchung infolge Biegung, Querkraft und
Die Bügelbewehrung ist z. B. durch zweischnittige Bügel Torsion. In: Beton- und Stahlbetonbau 83 (1983),
mit dsw D 12 mm im Abstand sw D 12;5 cm abzude- Nr. 1, S. 1–6
cken.
T HÜRLIMANN, B.; G ROB, J. ; L ÜCHINGER, P.: Tor-
Erforderliche Längsbewehrung
sion, Biegung und Schub in Stahlbetonträgern. In-
Die Torsionslängsbewehrung wird zu je einem Drittel auf
Zug- und Druckgurt und zu einem Drittel über die Steg- stitut für Baustatik und Konstruktion, ETH Zürich,
höhe verteilt (vgl. hierzu Abschn. 15.5.1). Die Gesamt- 1975 (Autographie zum Fortbildungskurs für Bau-
bewehrung im Zuggurt ist damit As;req D 12;5 C 8;07  ingenieure)
1;12=3 D 15;5 cm2 . Die Torsionslängsbewehrung in der Z ILCH, K.; S CHNEIDER, R.: Massivbau. In: Z ILCH ,
Druckzone wird nicht mit der Biegedruckkraft aufgerech-
K. U . A . (Hrsg.): Handbuch für Bauingenieure. Ber-
net, da die Biegebeanspruchung im Unterschied zur Tor-
sionsbeanspruchung über die Stablänge abnimmt. lin : Springer-Verlag, 2001, S. 3/127–3/220

Literatur

BACH, C.; G RAF, O.: Versuche über die Widerstands-


fähigkeit von Beton und Eisenbeton gegen Verdre-
hung. Berlin : Ernst & Sohn, 1912 (DAfStb-Heft 16)
Kapitel 9
Durchstanzen

9.1 Grundlagen Die Gefahr des Durchstanzens ist generell bei der
konzentrierten Einleitung von Lasten oder Auflager-
9.1.1 Anwendungsbereiche kräften senkrecht zur Ebene flächiger Bauteile gege-
ben. Hierzu zählen unter anderem folgende Fälle:
Bei der unmittelbaren Auflagerung von Platten auf • punktförmig gestützte Platten (Flachdecken, Pilzde-
Stützen – z. B. bei Flachdecken – entsteht in der Platte cken)
als Folge der konzentrierten Einleitung von Auflager- • bei unterbrochener linienförmiger Lagerung z. B.
kräften ein gleichzeitig durch negative Biegemomente der Bereich von Wandenden oder -ecken
und Querkräfte räumlich hochbeanspruchter Bereich. • lochrandgestützte Platten z. B. bei Hubdecken
Werden die Querkräfte zu groß, dringt die Stütze durch • Stützen auf Einzelfundamenten oder Fundament-
die Platte hindurch und stanzt einen kegelstumpfförmi- platten
gen Bereiche der Platte heraus (Abb. 9.1). Im Unter- • Einleitung konzentrierter Lasten auf ein- und mehr-
schied zu einem Biegeversagen zählt das Durchstanzen achsig gespannte Platten
insbesondere bei Platten ohne spezielle Durchstanzbe- • Pfahlkopfplatten.
wehrung zu den spröden Versagensarten; der Bruch
Ähnlich den Trägerstegen bieten Platten bereits oh-
tritt bei Erreichen der Durchstanzlast schlagartig und
ne spezielle Bewehrung einen Durchstanzwiderstand.
ohne deutliche Vorankündigung ein. Insofern bestehen
Wenn dieser nicht ausreicht, kann die Tragfähigkeit
zwischen dem Durchstanzen und dem Querkraftversa-
durch Anordnung spezieller Durchstanzbewehrung er-
gen von unbewehrten Trägerstegen deutliche Gemein-
höht werden. Hierzu existiert eine Fülle verschiede-
samkeiten.
ner Bewehrungselemente; neben herkömmlichen Bü-
geln und Schrägstäben kommt insbesondere speziellen
Dübelleisten und Doppelkopfbolzen einige Bedeutung
zu.
V Beispiel 9.1
In Wolverhampton, 20 km nordwestlich von Birmingham
in den englischen West Midlands, wurde 1965 Pipers
Row Car Park als mehrstöckiges Parkhaus in Lift-Slab-
Verfahren errichtet. Das Gebäude bestand aus 230 mm
dicken Flachdecken auf quadratischen Stützen in – für
Parkhäuser typischem – unregelmäßigem Raster. Am 20.
März 1997 um 3 Uhr morgens sackte ein 150 to schwe-
res Stück des obersten Parkdecks auf das darunter lie-
d gende Deck (Abbn. 9.2 und 9.3). Offensichtlich stanzte
d zunächst eine der Innenstützen durch die Stahlbetonplat-
V te, deren Gewicht sich in der Folge auf die verbleiben-
den, dafür allerdings nicht ausgelegten Stützen verteil-
Abbildung 9.1 Durchstanzen – Versagensbild und zugehörige te. Es kam daher unmittelbar anschließend an 8 weite-
Last-Verformungs-Beziehung ren Stützen zum Durchstanzversagen. Da das Parkhaus

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 313


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
314 9 Durchstanzen

Abbildung 9.2 Pipers Row Car Park – Einsturz des obersten


Parkdecks am 20. März 1997 (aus Wood 2003)

über Nacht geschlossen war, kamen keine Personen zu


Schaden, allerdings musste das gesamte Gebäude wegen
der schweren Schäden – und der festgestellten baulichen
Mängel – vollständig abgebrochen und ersetzt werden.
Eine umfassende Untersuchung förderte eine ganze Rei- Abbildung 9.3 Pipers Row Car Park – Durchstanzkegel einer
he von Schwachpunkten zu Tage, die schließlich zum Innenstütze (aus Wood 2003)
Einsturz führten:

• Planung
Mit dem angewandten Verfahren zur vereinfachten konnten. Es grenzt allerdings an ein Wunder, dass das
Ermittlung der Schnittgrößen wurden u.a. wegen Versagen nicht bereits durch die Last der tagsüber par-
des unregelmäßigen Stützenrasters die einwirkenden kenden Autos ausgelöst wurde.
Schubkräfte unterschätzt. Gleichzeitig wies die Das Unglück zog eine Überprüfung britischer
Deckenplatte in der Nähe einer Stütze Öffnungen auf, Bemessungs- und Konstruktionsregeln sowie eine
die in der Bemessung nicht berücksichtigt wurden. kritische Untersuchung ähnlicher Parkhäuser nach
Zudem erreichte die Durchstanzbemessung nach der sich. Zudem wurde in diesem Zusammenhang zum
zugrunde liegenden Norm nicht das erforderliche wiederholten Mal auf die Notwendigkeit einer Kol-
Sicherheitsniveau. lapsbewehrung zur Vermeidung eines progressiven
• Bauausführung Versagens hingewiesen.
Der Zementgehalt und damit die Festigkeit des
verwendeten Betons wies starke Schwankungen auf. Beispiel 9.2
Gleichzeitig wurde die oberste Bewehrungslage über Das Durchstanzen bei Flachdecken ist eine der häufige-
den Stützen zu tief eingebaut, d. h. der Querschnitt ren Ursachen für Unglücksfälle, die leider nicht immer so
wies eine erheblich reduzierte statische Nutzhöhe glimpflich enden wie der Einsturz des Pipers Row Park-
auf. hauses. Verantwortlich hierfür sind im wesentlichen zwei
• Unterhalt Umstände: Zum einen verläuft das Durchstanzen sprö-
Während der Nutzungszeit des Parkhauses drang mit de; im Unterschied z. B. zum duktilen Biegeversagen ist
Taumitteln angereichertes Wasser durch Lecks in der ein bevorstehender Bruch i. A. nicht früh genug erkenn-
Abdichtung der Deckenplatte in den Beton ein und bar und erlaubt damit nicht mehr, das Gebäude rechtzeitig
führte zu Schädigungen. Im Rahmen einer notdürf- zu evakuieren. Zum anderen kann Durchstanzen – sofern
tigen Sanierung wurde die oberste Betonschicht im keine geeigneten Maßnahmen wie z. B. eine Kollapsbe-
Durchstanzbereich zweier Innenstützen entfernt und wehrung vorgesehen sind – zu einem progressiven, reiß-
durch Reparaturmörtel ersetzt. Allerdings wurde die- verschlussartigen Versagen führen: nach dem Durchstan-
ser so mangelhaft verarbeitet, dass Teile der oberen zen an einer Stütze versagen auch die angrenzenden Be-
Bewehrungslage nur mehr ungenügenden Verbund reiche durch Überlastung.
aufwiesen. Eine der größten Katastrophen in der Südkoreanischen
Nachkriegsgeschichte wurde durch ein progressives
Es konnte rekonstruiert werden, dass eine Abkühlung der Durchstanzversagen ausgelöst. Am 29. Juni 1995 sackte
Luft- und Bauteiltemperaturen um einige Grad in der der von 1987 bis 1989 in Seoul errichtete, fünfstöckige
Nacht zum 20. März ausreichte, um das progressive Ver- Sampoong Department Store während der abendlichen
sagen auszulösen. Die im Lauf der Nutzung aufgetrete- Haupteinkaufszeit in sich zusammen (Abb. 9.4). Der
nen Schäden reduzierten offensichtlich die ohnehin zu Einsturz forderte 502 Menschenleben, mehr als 900
kleine Sicherheit gegen Durchstanzen so weit, dass ge- Personen wurden verletzt. Ausgelöst wurde das Unglück
ringe Temperaturbeanspruchungen zum Kollaps führen vermutlich durch ein Durchstanzversagen der obersten
9.1 Grundlagen 315
y

x
a einachsig gespannte Platte

b mehrachsig gespannte Platten

lx

Abbildung 9.4 Sampoong Department Store (1995) 2 ly


c Aufteilung in ein- und mehrachsig gespannte Platten

Deckenplatte; innerhalb von 20 Sekunden brach das


gesamte Gebäude in sich zusammen. Als Ursache
wurden u. a. nachträgliche bauliche Veränderungen wie
z. B. die Errichtung eines zusätzlichen Stockwerks und
die Schwächung von Deckenplatten durch Öffnungen
sowie eine unzureichende Bewehrung der Platte im
Durchstanzbereich erkannt (Lankov 2004). d punktgestützte Platte

Abbildung 9.5a–d Typisierung von Platten

9.1.1.1 Abgrenzung punktgestützter Platten


der Tragrichtung können daher wie bei Balken mit
Als Platten werden flächenhafte Tragwerke bezeich- einer Einheitsbreite (z. B. 1 m) erfolgen. Aus der
net, die senkrecht zu ihrer Mittelebene belastet wer- behinderten Querdehnung des Betons entstehen
den und daher Biegemomente und Querkräfte aufwei- allerdings abhängig von der Querdehnzahl  Biege-
sen (s. Abb. 1.3c). Zur Abgrenzung von balkenartigen momente in Querrichtung, die eine Querbewehrung
Tragelementen gibt z. B. DIN 1045-1 folgende, auf die erfordern (myy D   mxx ).
Bauteildicke h bezogene Kriterien an (EN 1992-1-1 in Mehrachsig gespannte Platten sind an mindestens
Klammern): zwei benachbarten Kanten gelagert. Die Richtung der
Hauptmomente weicht bereichsweise von den gewähl-
• kleinste Stützweite  2h ( 5h)
ten Koordinatenachsen und Spannrichtungen ab. All-
• Bauteilbreite  4h ( 5h).
seitig gelagerte Rechteckplatten tragen Vertikallasten
Gleichzeitig müssen Ortbetonplatten nach DIN 1045-1 naturgemäß primär über die kurze Spannweite ab. So-
eine Dicke h  70 mm aufweisen. Sofern Querkraft- fern ly sehr viel größer als lx ist, werden Lasten im
oder Durchstanzbewehrung erforderlich wird, muss mittleren Bereich nahezu vollständig über die kurze
die Platte mindestens 200 mm dick sein; lediglich für Spannweite abgetragen. Daher ist eine Zerlegung der
den Fall, dass die Querkraftbewehrung vollständig aus Platte in mehrachsig gespannte Bereiche mit ly  2lx
aufgebogenen Längsstäben besteht, kann die Dicke auf an den Enden und einem mittleren, einachsig gespann-
160 mm reduziert werden. EN 1992-1-1 fordert da- ten Bereich zulässig. Gleiches gilt für Platten mit un-
gegen bei querkraftbewehrten Platten generell h  regelmäßigem Grundriss.
200 mm. Eine linienförmige Lagerung ein- oder mehrachsig
Nach Abb. 9.5 wird zwischen einachsig- und mehr- gespannter Platten entsteht durch die Auflagerung auf
achsig gespannten, linienförmig gelagerten Platten Wände oder Unterzüge.
und punktgestützten Platten unterschieden. Einachsig Im Hoch- und Industriebau wurden rein linienför-
gespannte Platten weisen in der Tragrichtung unter mig gelagerte Platten – z. B. Unterzugsdecken nach
gleichmäßig verteilter Belastung die gleichen Schnitt- Abb. 9.6a – über die vergangenen Jahrzehnte durch
größen auf wie eine Schar frei nebeneinander liegender punktgestützte Platten verdrängt. Die als Flachdecken
Balken; Schnittgrößenermittlung und Bemessung in bezeichneten Platten nach Abb. 9.6b bieten einige Vor-
316 9 Durchstanzen

teile, u.a. einen geringen Schalaufwand bei der Her- 9.1.1.2 Historie punktgestützter Platten
stellung sowie eine – nicht zuletzt für die Haustech-
nik günstige – ebene Deckenuntersicht und damit ei- Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden vor
ne größtmögliche Flexibilität bei der Raumaufteilung. allem in den USA punktgestützte Platten als Pilzde-
Umgekehrt erfordern Flachdecken im Vergleich zu cken ausgeführt. Die Bemessung der Verbindung von
konventionellen Platten auf Unterzügen i. d. R. mehr Stützen und Platte wurde aus umfangreichen Versu-
Bewehrung und Beton und weisen damit gleichzeitig chen an Fundamenten abgeleitet (vgl. Talbot 1913).
ein größeres Eigengewicht auf, allerdings wird dies In Europa war vor allem der Schweizer Robert Mail-
durch die Vorteile mehr als kompensiert. lart wegweisend; unter anderem führte er die bis heu-
In der Vergangenheit wurde das bei Flachdecken te übliche Zweibahnenbewehrung, also das orthogo-
evidente Durchstanzproblem häufig durch eine pilzför- nale Bewehrungsnetz auch für punktgestützte Platten
mige Verstärkung des Stützenkopfes gelöst. Bei diesen ein. In Deutschland wurden Pilzdecken erst ab 1925
Pilzdecken (Abb. 9.6c) sind die aufgezählten Vortei- durch die Aufnahme von Berechnungsverfahren in die
le allerdings eingeschränkt; Stützenkopfverstärkungen Bestimmungen des Deutschen Ausschuss für Eisenbe-
werden daher heute soweit möglich vermieden. ton, dem Vorläufer von DIN 1045, populär. Das Pro-
Die erforderliche Dicke von Flachdecken wird maß- blem des Durchstanzens wurde allerdings pragmatisch
geblich bestimmt durch: gelöst: Durch Mindestabmessungen der Stützenköpfe
wurde Durchstanzen nicht akut.
• die Begrenzung der Durchbiegungen auf Ge-
In den USA lösten ab Ende der 30er Jahre Flach-
brauchslastniveau und
decken vermehrt die Pilzdecken ab; um ein Durch-
• die Durchstanztragfähigkeit.
stanzen zu Vermeiden, wurden über den Stützen zu-
Die Beschränkung von Durchbiegungen kann für nächst Walzprofile in die Decken eingebaut. Im Zu-
Flachdecken des üblichen Hochbaus bei annähernd ge des Wiederaufbaus in den 50er Jahren nahm der
regelmäßigen Stützenrastern sowohl nach DIN 1045-1 Einsatz von Flachdecken auch in Deutschland sprung-
als auch nach EN 1992-1-1 vereinfacht über die haft zu. Gleichzeitig wurden die Forschungsaktivitäten
Begrenzung der Biegeschlankheit l=d , d. h. über zur auch wirtschaftlich äußerst bedeutsamen Frage des
die Einhaltung eines Mindestwertes der statischen Durchstanzens intensiviert und bis heute auf hohem
Nutzhöhe erfolgen.1 Um in einem Innenfeld die grund- Niveau fortgeführt. In den vergangenen Jahren stand
legenden Anforderungen an Gebrauchstauglichkeit u.a. die Entwicklung und Erprobung effizienter Durch-
und Erscheinungsbild zu erfüllen, ist der Durchhang stanzbewehrungselemente im Vordergrund (z. B. An-
f zu begrenzen auf f  leff =250. Hierfür ist nach drä 1981). Einige Anmerkungen zur Entwicklungs-
DIN 1045-1 mit leff als der größeren Stützweite eine geschichte punktgestützter Platten sind in Andrä u. a.
statische Nutzhöhe von d  leff =50 (EN 1992-1-1: (1984) zu finden; einen darüber hinausgehenden Über-
d  leff =24) erforderlich. Flachdecken des übli- blick über die wesentlichen, bis Mitte der 80er Jah-
chen Hochbaus werden häufig mit Schlankheiten re durchgeführten Versuche und entwickelten Bemes-
leff =d  25 bei wirtschaftlich sinnvollen Spannweiten sungsmodelle enthält Kordina u. Nölting (1986), ak-
bis etwa 8 m ausgeführt (vgl. Andrä u. a. 1984); bei tuelle und umfassende Darstellungen zum Durchstan-
vorgespannten Flachdecken sind deutlich größere zen bei Flachdecken sind u. a. in Staller (2001); Beutel
Schlankheiten leff =d  35–40 und damit größere (2002); Vocke (2002) und Tuchlinski (2004) zu finden.
Spannweiten möglich (vgl. Morgen u. a. 2004).

9.1.2 Nachweis im Überblick

Der Nachweis gegen Durchstanzen wird auf der


Grundlage von Querkräften je Längeneinheit
(DIN 1045-1; Dimension MN/m) bzw. je Flä-
cheneinheit (EN 1992-1-1; Dimension: MN/m2 ) in
a Unterzugsdecke b Flachdecke c Pilzdecke
Rundschnitten um die Lasteinleitungsfläche durch die
Abbildung 9.6a–c Unterzugs-, Flach- und Pilzdecken Gegenüberstellung von Einwirkungen und Bauteilwi-
derstand geführt.
1
Erläuterungen zur Begrenzung von Biegeverformungen sind in
Abschn. 11.3 enthalten. Ed  Rd ) vEd  vRd (9.1)
9.1 Grundlagen 317

In den einwirkenden Querkräfte vEd sind neben den Ergebnis. In Abb. 9.39 ist der vollständige Ablauf ei-
Auflagerkräften einer Platte auch die ungünstigen Aus- nes Durchstanznachweises nach DIN 1045-1 wieder-
wirkungen bei Übertragung von Biegemomenten zwi- gegeben.
schen Platte und Stütze, d. h. bei ausmittigen Stützen- Auf einige von DIN 1045-1 abweichende Regeln
lasten zu erfassen. Vereinfacht kann dies durch Last- bei der Verwendung von Dübelleisten und Doppel-
erhöhungsbeiwerte ˇ erfolgen (s. Abschn. 9.2.3). kopfbolzen, deren Nachweis derzeit in allgemeinen
Bei Platten ohne spezielle Durchstanzbewehrung bauaufsichtlichen Zulassungen geregelt ist, wird in
ist für die Querkräfte entlang des kritischen Rund- Abschn. 9.3 hingewiesen. Besonderheiten im Nach-
schnittes im Abstand 1;5d (DIN 1045-1) bzw. 2;0d weis von Fundamenten und vorgespannten Flachde-
(EN 1992-1-1) um die Lasteinleitungsfläche ein Nach- cken folgen in Abschn. 9.4 und 9.5.
weis nach Gl. (9.2) zu führen (Bezeichnungen der Be-
messungswerte nach DIN 1045-1 und in Klammern
nach EN 1992-1-1, Erläuterungen s. Abschn. 9.2).
9.1.3 Schnittgrößenermittlung
vEd  vRd;ct .vRd;c / (9.2)
Die Schnittgrößen von Platten können nur in we-
Hierbei ist: nigen Fällen – z. B. bei einachsig gespannten Plat-
• vRd;ct (vRd;c ) ten – ohne weitere Hilfsmittel berechnet werden. Für
Querkrafttragfähigkeit längs des kritischen Rund- Flachdecken – per se hochgradig statisch unbestimm-
schnittes, begrenzt durch ein Versagen der Platte oh- te Systeme – werden heute i. d. R. rechnergestütz-
ne Durchstanzbewehrung. te Verfahren, primär Finite-Elemente-Programme ge-
nutzt. Darüber hinaus existieren Näherungsverfahren,
Wenn die Tragfähigkeit nicht ausreicht, kann der die auch zur überschlägigen Kontrolle geeignet sind.
Durchstanzwiderstand durch Anordnung einer Durch- Zunächst werden allerdings einige Grundlagen der Be-
stanzbewehrung angehoben werden. Angelehnt an die rechnung von Platten erläutert; umfassende Darstellun-
zu beobachtenden Versagensformen bei bewehrten gen der Theorie von Platten sind in Girkmann (1959)
Platten muss ein Nachweis nach Gl. (9.3) geführt und Timoshenko u. Woinowsky-Krieger (1959) zu fin-
werden (s. Abschn. 9.3). den.
8
ˆ
< vRd;max .vRd;max /
ˆ
vEd  v .vRd;cs / (9.3) 9.1.3.1 Grundlagen
ˆ Rd;sy
:̂ v .v /
Rd;ct;a Rd;c
Analog zur Biegetheorie elastischer Balken baut die
mit: Kirchhoffsche Plattentheorie auf der Annahme auf,
dass Querschnitte auch nach Verformung eben und
• vRd;max (vRd;max ) senkrecht zur Plattenmittelfläche bleiben. Damit gilt
maximale Querkrafttragfähigkeit begrenzt durch  D 0, d. h. die Krümmung ist unmittelbar an die
ein Betonversagen am Übergang zwischen Stütze Durchbiegung gekoppelt, Schubverformungen treten
und Platte nicht auf. Platten nach der Kirchhoffschen Theorie
• vRd;sy (vRd;cs ) gelten daher als schubstarr – eine Annahme, die bei
Querkrafttragfähigkeit längs eines Rundschnittes, den dünnen Platten des Hochbaus üblicherweise zu-
begrenzt durch ein Versagen der Durchstanzbeweh- trifft. Die grundlegende partielle Differentialgleichung
rung der Plattentheorie ist durch Gl. (9.4a) bzw. in anderer
• vRd;ct;a (vRd;c ) Schreibweise durch Gl. (9.4b) gegeben.
maximale Querkrafttragfähigkeit außerhalb des
Wirkungsbereichs der Durchstanzbewehrung.
Kw D p ; (9.4a)
 4 
Gegenüber früheren Normengenerationen wurde der @w @4 w @4 w
Durchstanznachweis ausgeweitet, um z. B. ein Versa- K C2 2 2 C Dp (9.4b)
@x 4 @x @y @y 4
gen außerhalb des durchstanzbewehrten Bereichs zu
verhindern. Die Bemessung der erforderlichen Beweh- Hierbei ist K die Steifigkeit der Platte
rung nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 baut aller-
dings auf unterschiedlichen Modellvorstellungen auf Ec I Ec h3
und führt zu teilweise erheblichen Unterschieden im KD D ; (9.5)
1  2 12  .1   2 /
318 9 Durchstanzen

mit I als Trägheitsmoment der ungerissenen Platte, h


als deren Dicke und  als Querdehnzahl. Die Ähnlich-
keit von Gl. (9.4b) mit der DGL der Balkenbiegung
EI @4 w=@x 4 D p ist augenfällig. Analog zur Balken-
theorie sind die Biegemomente proportional zur Krüm-
mung der Plattenmittelfläche.
 2 
@ w @2 w
mxx D K  C  ; (9.6a)
@x 2 @y 2
 2 
@ w @2 w
myy D K  C 2 ; (9.6b)
@y 2 @x
@2 w
mxy D .1  /  K  (9.6c)
@x@y
Aus den Gln. (9.6a) bis (9.6c) wird deutlich, dass die
Krümmung der Biegefläche senkrecht zur betrachteten
Richtung über die Querdehnung einen Einfluss auf die
Biegemomente besitzt. Abbildung 9.7 Verlauf der Hauptmomente bei Flachdecken un-
Das Drillmoment mxy kann – analog zum Vorge- ter Gleichlasten
hen bei Normal- und Schubspannungen in einer Schei-
be – als Hilfsgröße betrachtet werden; aussagekräftiger
sind die Hauptmomente m1 und m2 , deren Größe und
tentheorie basieren, u. a. Czerny (1999) und Stiglat u.
Richtung wiederum aus der Bedingung ermittelt wer-
Wippel (1968). Im Unterschied hierzu baut die Formu-
den können, dass im betrachteten Schnitt das Drillmo-
lierung von finiten Plattenelementen heute vorwiegend
ment verschwindet. Die Hauptmomente wirken also in
auf der Theorie schubweicher Platten nach Reissner-
einem Schnitt, der um den Winkel ' gegenüber der x-
Mindlin auf; Erläuterungen hierzu finden sich in Hart-
Achse verschwenkt ist:
mann u. Katz (2002).
2mxy Punktgestützte Platten weisen ein gegenüber linien-
tan 2' D : (9.7)
mxx  myy gelagerten Platten deutlich abweichendes Tragverhal-
ten auf. In Abb. 9.7 ist der Verlauf der Hauptmomen-
Die Hauptmomente folgen aus Gl. (9.8). te m1 , m2 einer Flachdecke unter Gleichlasten wie-
r dergegeben. Um die Stützen verlaufen die dort nega-
mxx C myy mxx  myy 2 tiven Momente radial und tangential gerichtet (s. auch
m1;2 D ˙ C mxy Abb. 1.1). Die Haupttragrichtungen entsprechen je-
2 2
(9.8) weils den kürzesten Verbindungen zwischen den Auf-
lagerpunkten, idealisiert dargestellt in Gurtstreifen par-
Die Hauptmomente von Platten illustrieren das Trag- allel und senkrecht zum Stützenraster.
verhalten von elastischen Platten. Bei einachsig ge-
spannten Platten stimmt die Spannrichtung mit der
Haupttragrichtung, d. h. der Hauptmomentenrichtung 9.1.3.2 Verfahren zur Schnittgrößenermittlung
überein; Drillmomente mxy treten daher nicht auf. Bei bei Flachdecken
mehrachsig gespannten Platten entstehen zusätzlich
Eckkräfte, sog. Kirchhoffsche Ersatzquerkräfte FE D Für die Schnittgrößenermittlung von Decken insbe-
2mxy , die zum Abheben der Ecken führen. Platten, bei sondere im üblichen Hochbau werden in DIN 1045-
denen diese Eckkräfte durch Auflast oder durch veran- 1 und EN 1992-1-1 einige Vereinfachungen des sta-
kerte Bewehrung aufgenommen werden können, wer- tischen Systems zugelassen (s. Abschn. 2.4). Sofern
den als drillsteif bezeichnet, während Platten, die dies das Tragwerk ausgesteift ist, d. h. horizontale Lasten
nicht gewährleisten, drillweich sind. durch Scheiben (Kerne, Schubwände, etc.) aufgenom-
Zur Schnittgrößenermittlung von mehrachsig ge- men werden, und die Stützweiten angrenzender Felder
spannten Platten mit unterschiedlichen Seitenverhält- nicht zu stark voneinander abweichen (DIN 1045-1:
nissen und Lagerungsbedingungen der Ränder – frei, 0;5  leff;1 = leff;2  2;0), können die Einspannmo-
gelenkig gelagert, eingespannt – existieren eine Reihe mente der Stützen in die Deckenplatte vernachlässigt
von Tafelwerken, die alle auf der Kirchhoffschen Plat- werden. Das bedeutet, dass Flachdecken auf Innenstüt-
9.1 Grundlagen 319

zen als gelenkig gelagert angenommen werden dürfen. allerdings sind derartige Verfahren bei stark unregel-
Dem entsprechend wird für Innenstützen i. d. R. kei- mäßigen Systemen nicht mehr anwendbar.
ne Einspannbewehrung (Rahmeneckbewehrung) in die
Deckenplatte vorgesehen.2
Für Rand- und Eckstützen ist die Annahme ge- 9.1.3.3 Näherungsverfahren
lenkiger Lagerung i. Allg. nicht zutreffend, da durch
die Deckenplatte Biegemomente senkrecht zum freien Bei den Näherungsverfahren muss zwischen der
Rand in die Stützen eingeleitet werden. In DIN 1045-1 Ermittlung von Biegemomenten und Querkräften
wird daher explizit gefordert, Randstützen rahmenarti- unterschieden werden. Für die Berechnung der
ger Tragwerke als Rahmenstiele mit biegesteifer Ver- Momentenverteilung liegen u. a. Tafelwerke mit
bindung zur Platte in der Schnittgrößenermittlung zu Momentenbeiwerten für regelmäßige Stützenraster
berücksichtigen. Gleiches gilt für Wände anstelle von in Grasser u. Thielen (1991) vor, zu denen in Glahn
Randstützen sowie naturgemäß für Eckstützen. u. Trost (1974) umfangreiche Erläuterungen gegeben
Querkräfte dürfen bei regelmäßigen Deckensyste- werden. Ebenfalls in Grasser u. Thielen (1991) wird
men vereinfachend aus der Vollbelastung aller Felder das Ersatzrahmen- bzw. Ersatzdurchlaufträgerver-
ermittelt werden (DIN 1045-1: Begrenzung des Spann- fahren vorgestellt, das für rechteckige Stützenraster
weitenverhältnisses leff;1 = leff;2 wie für Vernachlässi- angewandt werden darf, sofern das Stützweitenverhält-
gung der Einspannmomente). FE-Berechnungen wer- nis jedes Feldes der Bedingung 0;75  lx = ly  1;33
den i. d. R. die maßgebenden Auflagerkräfte aus der genügt. Gleichzeitig muss das Tragwerk ausgesteift
Kombination verschiedener Lastfälle mit jeweils feld- sein, d. h. die Stützen werden nicht planmäßig zur
weiser Anordnung der Flächenlasten ausgeben; aller- Abtragung horizontaler Lasten über Rahmenwirkung
dings werden sich die Kräfte bei regelmäßigen Sys- herangezogen.
temen nur geringfügig von denen aus Vollbelastung Das Ersatzrahmenverfahren baut auf der Idea-
unterscheiden. Es sei darauf hingewiesen, dass Nutz- lisierung des Hauptmomentenbildes durch höher
lastabminderungen nach DIN 1055-3 bzw. EN 1991-1 beanspruchte Gurtstreifen in den Stützenachsen und
nicht in Ansatz gebracht werden dürfen; deren Anwen- geringer beanspruchten Feldstreifen auf. Die De-
dung ist auf sekundäre, d. h. lastweiterleitende Tragele- ckenplatte wird durch zwei sich kreuzende Scharen
mente wie Stützen, Wände oder Unterzüge begrenzt, von Durchlaufträgern bzw. Rahmenriegeln ersetzt
während der Durchstanznachweis das primäre Tragele- (Abb. 9.8), deren Breite dem Achsabstand der Stützen-
ment Platte erfasst (vgl. Schmidt u. Cornelius 2004). reihe rechtwinklig zur Spannrichtung entspricht und
Zur Schnittgrößenermittlung bei Flachdecken ste- die in den Stützenachsen kontinuierlich unterstützt
hen folgende Verfahren zur Verfügung: sind. Aus Gleichgewichtsgründen sind beide Richtun-
• Finite-Elemente Berechnung gen für jeweils die gesamte Deckenlast zu betrachten;
• Verfahren auf Grundlagen analytischer Lösungen die Feld- und Stützmomente der Ersatzdurchlaufträger
• Näherungsverfahren. oder -rahmen ergeben sich aus dem feldweisen Ansatz

Die Berechnung von Flachdecken mit FE-Programmen


darf mittlerweile als Standard angesehen werden. Er-
läuterungen zur sinnvollen Modellbildung und Bewer-
tung der Ergebnisse sind u. a. in Rombach (2000) und lx
Hartmann u. Katz (2002) zu finden. Damit haben FE-
Ersatzrahmen 2

Berechnungen Verfahren auf Grundlage analytischer


2

Lösungen, z. B. nach Duddeck u. a. (1963) mittels Ein-


flussflächen oder nach Bretthauer u. Seiler (1966) und 1
ly
ly

Bretthauer u. Nötzold (1968) abgelöst. Näherungs-


verfahren liefern dessen ungeachtet eine unabhängige
Kontrolle der FE-Berechnungen und können bei regel-
mäßigen Systemen schneller zu Ergebnissen führen;

2 lx
Fehlende Rahmeneckbewehrung bedeutet allerdings noch
nicht, dass grundsätzlich gelenkige Lagerung angenommen wer- Ersatzrahmen 1
den darf. In durch Auflasten überdrückten Fugen können Bie-
gemomente auch ohne entsprechende Zugbewehrung übertragen Abbildung 9.8 Ersatzrahmen und -durchlaufträger – Idealisie-
werden! rung des Systems
320 9 Durchstanzen

der jeweils auf die Breite des Balkens (DAchsabstand) der Ersatzrahmen unter Volllast. Aussagekräftigere Er-
entfallenden Last in jeder der beiden Hauptrichtungen. gebnisse hinsichtlich der Verteilung der anlaufenden
Zur Berücksichtigung von Stützenkopfverstärkungen Querkräfte entlang des Stützenumfangs erhält man,
siehe Grasser u. Thielen (1991). wenn die Einzugsflächen in einzelne Sektoren aufge-
Zur Annäherung an die tatsächliche Verteilung der teilt werden (in Abb. 9.10a qualitativ) (vgl. Andrä u. a.
Biegemomente muss die Flachdecke für beide Rich- 1984). Mit der so ermittelten Verteilung der Querkraft
tungen getrennt gemäß Abb. 9.9 in Feldstreifen mit in Umfangsrichtung kann in Zweifelsfällen ein sek-
bF D 0;6l und 2 halbe Gurtstreifen mit jeweils bG D torweiser Durchstanznachweis geführt werden (Beutel
0;2l aufgeteilt werden. Die am Ersatzträger ermittelten 2002; DAfStb 2003).
Feld- und Stützmomente werden dann nach Abb. 9.9 Vereinfacht führt die sektorweise Betrachtung zur
auf die einzelnen Streifen verteilt. in der Praxis häufig angewandten ingenieurmäßigen
Zur Ermittlung der Auflagerkräfte von Flachdecken Abschätzung von Lastscheiden bzw. zur Bestimmung
ist das Ersatzrahmenverfahren allerdings weniger gut von Lasteinzugsflächen entsprechend Abb. 9.10b.
geeignet. Angesichts der annähernd rotationssymme-
trischen Verteilung der Hauptmomente (Abb. 9.7) wird
das Tragverhalten erheblich wirklichkeitsnäher durch
eine sektorweise Betrachtung der Platte erfasst. Inner-
halb eines Bereichs, der jede Stütze rotationssymme-
trisch umgibt, fließen alle vertikalen Lasten auf di-
rektem Weg der Stütze zu, die zwischen den einzel-
Lastsektor
nen kreisförmigen Bereichen verbleibenden Zwickel
bewirken entsprechende Randlasten (Abb. 9.10a). Für
Eck- und Randstützen degenerieren die Vollkreise ent-
sprechend zu Halb- bzw. Viertelkreisen. Die Abgren-
zung der einzelnen Lasteinzugsbereiche ergibt sich Lastscheide
einfach aus dem Nulldurchgang des Querkraftverlaufs
MS

Balken oder der Rahmenriegel

VEd (Ersatzrahmen)
Betrachtete Tragrichtung
Momentengrenzlinie der

a Lastsektoren und Einzugsflächen


1/2 Gurtstreifen
1/2 Gurtstreifen

Feldstreifen
MF

lx
Bereich der Feldmomente

je 0,1ly 0,6ly je 0,1ly


Stützmomente
Bereich der

ly

2,1MS/ly
1,4MS/ly
0,5MS/ly

Verteilung der Stützmomente

0,84MF/ly
1,25MF/ly
Verteilung der Feldmomente b Lasteinzugsflächen

Abbildung 9.9 Verteilung der mit dem Ersatzdurchlaufträger Abbildung 9.10a,b Lasteinzugsflächen zur Ermittlung der Auf-
ermittelten Biegemomente lagerkräfte (b nach Fingerloos 2007)
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 321

9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung

Die Nachweismodelle zum Durchstanzen bauen in der


Mehrzahl auf dem Tragverhalten von Innenstützen un-
ter rotationssymmetrischer Belastung in Verbindung
mit Platten ohne spezielle Durchstanz- oder Querkraft-
bewehrung auf. In der Praxis ist eine rein symme-
trische Belastung wie sie z. B. bei einer Innenstüt-
ze in quadratischem Stützenraster unter Volllast auf-
tritt, angesichts der häufig unregelmäßigen Raster eher
die Ausnahme als die Regel. Auswirkungen nichtsym-
metrischer Belastungen primär bei Übertragung von
Biegemomenten zwischen Stütze und Platte bzw. bei
Rand- und Eckstützen werden in Abschn. 9.2.3 erläu- a Rissbild auf Gebrauchslastniveau
tert.

9.2.1 Tragverhalten

Nach Abb. 9.7 verlaufen die Hauptmomente bei Flach-


decken auf quadratischem Stützenraster annähernd ro-
tationssymmetrisch um die Stütze; der Nulldurchgang
des Radialmoments mr liegt auf einem Kreis um den
Stützenmittelpunkt mit Radius r  0;22l. Das Durch-
stanzen kann daher am statischen Ersatzsystem einer
Stanzkegel
Kreisplatte mit r  0;22l betrachtet werden; die Plat-
tenquerkräfte in diesem Umkreis werden durch eine
b Rissbild kurz vor dem Bruch
konstante Randlast pr D V =.2r/ mit V als Auflager-
kraft der Stütze ersetzt. Mit dieser Konfiguration wurde pr pr

bislang der größte Teil der Versuche zum Durchstanzen


durchgeführt, an deren Ergebnissen auch die Bemes- 30°- 35°
sungsgleichungen nach DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1
kalibriert wurden. Aus der Versuchskonfiguration sind
bereits zwei Vereinfachungen zu erkennen: Die in De- c Durchstanzkegel V
ckensystemen innerhalb eines Umkreises r D 0;22l
um die Stütze wirkenden Lasten werden der Randlast Abbildung 9.11a–c Rissbild und Bruchkegel bei einem Durch-
zugerechnet. Dies führt nur zu geringen Fehlern, so- stanzversuch
lange die Belastungsintensität klein ist, wie dies bei
Decken i. d. R. der Fall ist. Darüber hinaus werden
Systemeinflüsse, z. B. Umlagerungen von Querkräften die Entstehung von Rissen im Inneren der Platte im
und Momenten oder Membranwirkungen in hochgra- Bereich der späteren Stanzkegeloberfläche vermutet;
dig statisch unbestimmten Deckensystemen vernach- parallel dazu treten weitere tangentiale Risse kreisför-
lässigt. mig mit zunehmendem Abstand zur Stütze auf. Unmit-
Im Versuch bilden sich mit ansteigender Belastung telbar vor dem Versagen bildet sich an der Oberseite
zunächst radiale Risse an der Oberseite, die die Plat- der äußerste Tangentialriss und formt zusammen mit
te in einzelne Sektoren zerteilen (Abb 9.11a). Das den inneren Schrägrissen die i. Allg. mit 30–35ı ge-
charakteristische sternförmige Rissbild ist dabei unab- neigte kegelförmige Bruchfläche. Mit dem Erreichen
hängig von der Querschnittsform der Stütze oder den der Höchstlast schert die verbleibende Biegedruckzone
Bewehrungsrichtungen. Gleichzeitig zeigen sich ers- am Stützenanschnitt ab; die Stütze wird zusammen
te tangentiale Risse im Bereich der Lasteinleitungs- mit dem Durchstanzkegel schlagartig aus der Platte
fläche. Bei etwa 60–70% der späteren Bruchlast wird geschoben.
322 9 Durchstanzen

9.2.2 Tragmodelle und Nachweiskonzept V Δφ/2π


Ft,r Ft,r
V Δφ/2π

F t,t Δφ F t,t Δφ
Fc,t Δφ Fc,t Δφ
Zum Durchstanzen von Platten ohne spezielle Beweh- α
rung existiert mittlerweile ein breites Spektrum unter- Fc,r Druckkegelschale
schiedlicher Trag- und Berechnungsmodelle. Eine kri-
tische Sichtung verschiedener Ansätze ist in Zilch u. a.
V
(1995) und Staller (2001) enthalten. Eines der ersten a Schnitt durch die Stützenachse
V Δφ/2π
mechanisch begründeten Modelle wurde in Kinnunen
u. Nylander (1960) vorgestellt und besitzt bis heute
wegweisende Bedeutung.
Das in Abb. 9.12 wiedergegebene, an Versuchs- Ft,r
beobachtungen angelehnte Tragmodell baut auf der Ft,t
Vorstellung auf, dass durch Radialrisse und den kri-
tischen Schubriss abgegrenzte Sektorelemente entste- Fc,t
hen, die sich auf eine Druckkegelschale am Stützen- Δφ
Fc,r b Sektorelement
anschnitt abstützen. Auf jedes Sektorelement wirken
die Randlast pr und die zugehörigen Reaktionskräfte Abbildung 9.12a,b Modell nach Kinnunen u. Nylander (1960)
(Abb. 9.12b):

• in tangentialer Richtung
• Betondruck- bzw. -zugfestigkeit fc bzw. fct
Ft;t Zugkraft der Biegezugbewehrung senk- Die Betondruckfestigkeit wirkt sich u. a. auf die
recht zum Radialriss kombinierte Druck- und Schubtragfähigkeit der
Fc;t zugehörige tangentiale Betondruckkraft Druckzone, die Rissverzahnung im Schubriss und
• in radialer Richtung die Verbundtragfähigkeit der Biegezugbewehrung
Ft;r Zugkraft der Biegezugbewehrung, die den aus. Mit Hilfe der Regressionsanalyse von Ver-
Schubriss überbrückt suchsergebnissen kann – je nach zugrunde liegender
Datenbasis – eine Abhängigkeit der Durchstanz-
Fc;r schräge Druckkraft, mit der sich das Sek-
tragfähigkeit von .fck /k mit k im Bereich 0,4–0,5
torelement auf die Druckschale abstützt;
(Kordina u. Nölting 1986) bis k D 2=3 (Staller
die horizontale Komponente steht mit Ft;r
2001) festgestellt werden.
im Gleichgewicht, während die vertikale
• Biegebewehrungsgrad l
Komponente der Querkraft entspricht.
Mit zunehmender Biegebewehrungsmenge steigt
die Höhe der Druckzone am Stützenanschnitt
Die Sektorelemente führen eine Starrkörperrotation und damit der Anteil der über die Druckzone
um die Risswurzel des Schubrisses aus; die Durch- übertragbaren Querkräfte an. Gleichzeitig werden
stanztragfähigkeit ist damit an die Rotation der Sekto- auftretende Risse in ihrer Breite begrenzt, d. h.
ren geknüpft. Die Starrkörperrotation wird im Übrigen eine Verzahnung der Rissufer ermöglicht. Letztlich
durch Versuchsbeobachtungen bestätigt. Ein Durch- trägt auch die Dübelwirkung der Bewehrung zur
stanzversagen tritt ein, wenn die ertragbaren Beton- Aufnahme der Querkräfte bei. Streng genommen
druckspannungen der Kegelschale überschritten wer- müsste neben der Querschnittsfläche auch die
den. Streckgrenze fy berücksichtigt werden, da die
Alle in Versuchen auftretenden Effekte können Bewehrung im unmittelbaren Bereich der Stütze
durch das Modell nach Kinnunen u. Nylander (1960) i. d. R. plastifiziert (Muttoni 2003). Einer ggf.
nicht erklärt werden, zumal eine Übertragung von vorhandenen Druckbewehrung kommt dagegen
Querkräften durch Rissverzahnung der Schubrissufer nur eine untergeordnete Rolle zu, da sie bei
oder durch Dübelwirkung der Biegebewehrung im üblichen Deckenschlankheiten im Bereich der
Modell nicht enthalten ist, zweifellos aber zum Wi- Dehnungsnulllinie liegen würde.
derstand beiträgt. Entsprechende Erweiterungen des • Plattendicke bzw. statische Nutzhöhe d
Modells wurden in Hallgren (1996) vorgenommen. Mit der statischen Nutzhöhe steigt die Größe
Dessen ungeachtet lassen sich einige Einflussgrößen des Bruchkegels sowie der Hebelarm zwischen
auf die Durchstanztragfähigkeit ableiten: Biegezug- und -druckkräften und damit einher-
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 323

gehend die Durchstanztragfähigkeit an. Versuch-


sergebnisse zeigen aber, dass die Abhängigkeit
unterproportional ist. Da die Tragfähigkeit mit dem
Rissfortschritt im spröden Material Beton verknüpft
ist, tritt ein deutlicher Maßstabseinfluss auf.
• Druckspannungen c r crit

Längsdruckspannungen – i. d. R. als Folge einer x


Vorspannung – verzögern die Rissbildung, bewir-
ken eine Vergrößerung der Druckzone, verringern
dadurch die auftretende Rotation der Sektorele-
mente gegenüber der Stütze und heben damit den
Durchstanzwiderstand an. Je nach ihrer Ausprä- ucrit
gung treten zusätzliche Effekte auf; Erläuterungen kritischer Rundschnitt
hierzu folgen in Abschn. 9.5.
Aus der Betrachtung des Sektorelementmodells lassen x
sich folgende Einflüsse nicht unmittelbar ablesen:
vEd
• Schubschlankheit 30°- 35°
Die Schubschlankheit  kann bei Flachdecken als
das Verhältnis leff =d mit leff als der größeren der
beiden Spannweiten definiert werden. Bei Platten
mit geringem  ist ein teilweiser Abtrag der Quer- a Versuch b Bemessungsmodell

kräfte unmittelbar in die Stützen über Gewölbewir- Abbildung 9.13a,b Durchstanznachweis über Schubspannun-
kung analog dem Bogen-Zugband-Modell für Bal- gen in einem kritischen Rundschnitt
ken möglich (s. Abb. 7.8); einige Nachweismodel-
le tragen der günstigen Wirkung geringer Schub-
schlankheiten Rechnung (vgl. Muttoni 2003). Für die Lasteinleitungsfläche verteilt wirkenden Querkräf-
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wurde wegen der ten geführt (Abb. 9.13).
Verknüpfung der Tragfähigkeit nicht durchstanzbe- Der Rundschnitt selbst und die dort vorliegenden
wehrter Platten mit der durchstanzbewehrter davon rechnerischen Querkräfte besitzen keinerlei physi-
abgesehen (vgl. Hegger u. a. 2004). kalische Bedeutung. Erst in Verbindung mit dem
• Form und Abmessungen der Stütze semi-empirischen Bemessungswert der Querkraft-
Generell wächst mit dem Stützenquerschnitt der tragfähigkeit im Rundschnitt ergibt sich eine gute
Durchmesser des Durchstanzkegels und damit – Näherung der Durchstanztragfähigkeit. Insofern wird
allerdings unterproportional – die Durchstanztrag- der Rundschnitt in den jeweiligen Bemessungsnormen
fähigkeit. Bei rechteckigen Lasteinleitungsflächen so gewählt, dass die Versuchsergebnisse bestmöglich
konzentrieren sich die Querkräfte in den Ecken; ab wiedergegeben werden. Daher existieren im Vergleich
einem Seitenverhältnis a=b > 2 werden die mittle- verschiedener Normen erhebliche Unterschiede im
ren Bereiche der langen Seiten nahezu entlastet. Abstand x zwischen Rundschnitt und Einleitungsflä-
Die Parallelen mit den Einflussgrößen der Querkraft- che:3
tragfähigkeit bei Trägerstegen ohne Querkraftbeweh-
rung sind augenfällig (s. Abschn. 7.3.2). CH USA S x D 0;5d a
Die heute vorliegenden mechanischen Modelle sind N x D 1;0d b
teils für eine praktische Anwendung zu aufwändig D GB x D 1;5d c
und sind nicht uneingeschränkt in der Lage, alle Ein-
EU x D 2;0d d
flüsse auf die Durchstanztragfähigkeit korrekt wieder-
zugeben. In Normenregelungen werden daher nahe- Bei rein rotationssymmetrisch beanspruchten In-
zu ausschließlich semi-empirische Ansätze verwendet, nenstützen ergibt sich die Querkraft je Längenein-
die die aufgezählten Parameter berücksichtigen und 3
an Versuchsergebnissen kalibriert sind. In den meis- Normenverweise in der Übersicht:
a
SIA 262:2003; ACI 318-99:1999; BBK 94:1994
ten Normen – auch in DIN 1045-1 und EN 1992-1- b
NS 3473:2004
1 – wird der Durchstanznachweis als Nachweis von c
DIN 1045-1:2008; BS 8110-1:1997
d
gleichmäßig längs eines kritischen Rundschnittes um EN 1992-1-1:2004; MC90
324 9 Durchstanzen

heit vEd;V D Ed;V  d im kritischen Rundschnitt aus NEd Normalkraftdifferenz in der Stütze; i. d. R. gilt
Gl. (9.9). NEd D VEd .
VEd
vEd;V D (9.9) Durch die Interaktion von Querkraft und Biegemoment
ucrit
wird der Durchstanzwiderstand gegenüber dem rota-
Hierbei ist VEd der Bemessungswert der Auflagerkraft tionssymmetrischen Fall reduziert. In einigen Bemes-
der Platte auf der Stütze und ucrit der Umfang des kriti- sungsnormen, so auch in DIN 1045-1 und EN 1992-
schen Rundschnittes.4 Wenn ein Durchstanznachweis 1-1, wird die Reduktion der Durchstanztragfähigkeit
unmittelbar auf Grundlage von Schubspannungen, die durch einen Lasterhöhungsbeiwert ˇ bereits auf der
z. B. mit Hilfe einer Finiten-Elemente-Berechnung an Einwirkungsseite erfasst. Damit ist es möglich, den aus
einem Plattensystem ermittelt wurden, geführt werden Versuchen an zentrisch belasteten Platten abgeleiteten
soll, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Es sollte si- Bemessungswert der Durchstanztragfähigkeit vRd;ct für
chergestellt sein, dass die rechnerischen Schubspan- alle Nachweise unabhängig von der Lastexzentrizität
nungen korrekt berechnet werden – einerseits durch ei- zu verwenden.
ne sinnvolle Modellierung mit ausreichend detaillierter
Diskretisierung, andererseits durch die der Elementfor-
mulierung zugrunde liegende Plattentheorie – i. d. R. 9.2.3.1 Innenstützen
Reissner-Mindlin.
An Innenstützen treten exzentrisch angreifende Stüt-
zenlasten z. B. bei unregelmäßigen Systemen mit un-
gleichen Stützweiten, bei stark unterschiedlichen Ver-
9.2.3 Auswirkungen exzentrischer kehrslasten in angrenzenden Feldern oder durch die
Stützenlasten Auswirkungen von Zwängungen z. B. aus Schwinden
und Kriechen von Decken oder aus Temperaturbean-
Außerhalb der Stützenachse angreifende Auflagerkräf- spruchungen auf. Während die genannten Ursachen zu
te von Flachdecken entstehen, wenn neben Querkräf- relativ kleinen Exzentrizitäten führen, entstehen dage-
ten auch Biegemomente zwischen Platte und Stütze gen in nicht ausgesteiften Systemen, bei denen Hori-
übertragen werden. Dies tritt grundsätzlich bei Rand- zontalkräfte über ein rahmenartiges Zusammenwirken
und Eckstützen auf (s. Abschn. 9.1.3), aber auch bei In- von Deckenplatten und Stützen abgetragen werden,
nenstützen entstehen Exzentrizitäten. Die Lastausmitte erhebliche Stützenmomente und damit Ausmitten der
e ergibt sich allgemein nach Gl. (9.10). Stützenlasten. Dabei setzt die Übertragung von Biege-
momenten zwischen Stütze und Platte nicht generell
MEd MEd entsprechende Rahmeneckebewehrung voraus, sofern
eD D (9.10)
NEd VEd Auflasten wirksam sind.
Stark vereinfacht kann die Auswirkung zusätzli-
In Gl. (9.10) bedeuten: cher Momente anhand der Überlagerung rechnerischer
MEd Bemessungswert des zwischen Platte und Stüt- Schubkräfte vEd im kritischen Rundschnitt nach
ze überzuleitenden Biegemoments Abb. 9.14 dargestellt werden.
Versuche an exzentrisch belasteten Platten zeigen
zunächst eine zum rotationssymmetrischen Fall sehr
4
Die innerhalb des kritischen Rundschnittes auf der Obersei- ähnliche Rissentwicklung. Das Durchstanzversagen
te der Platte wirkenden, gleichmäßig verteilten Lasten – z. B. wird ausgelöst, wenn auf der Seite der höheren
Nutzlasten, Zusatzeigengewicht, etc. – werden unmittelbar in Querkraftbeanspruchung der kritische Schubriss
die Stütze eingeleitet und dürfen daher für den Nachweis der entsteht. Der Riss setzt sich anschließend reißver-
Durchstanztragfähigkeit unberücksichtigt bleiben. Für das Plat- schlussartig um den Lasteinleitungsbereich fort und
teneigengewicht gilt dies nur eingeschränkt; realistisch wäre ein
Abzug für eine Fläche, die durch die Schnittlinie des rechne- formt schließlich den typischen Durchstanzkegel. Die
rischen Durchstanzkegels mit der Plattenmittelfläche umgrenzt Durchstanzlast ist gegenüber zentrischer Belastung
wird, d. h. im Abstand  0;75d um die Einleitungsfläche. Aller- reduziert (vgl. Kordina u. Nölting 1986).
dings ist bei üblichen Stützweiten von Flachdecken der Abzugs- Die Versuchsbeobachtungen legen nahe, die Durch-
wert von untergeordneter Größe. Die Regelung gilt im Übrigen stanztragfähigkeit an den Maximalwert der rechneri-
nicht für große Einzellasten innerhalb des kritischen Rundschnit-
tes, die den rotationssymmetrischen Spannungszustand stören. schen Querkraft im Rundschnitt zu knüpfen. In Anleh-
Bei erheblicher Beanspruchung durch Einzellasten kann viel- nung an Abb. 9.14 ergibt sich die bemessungsrelevante
mehr ein sektorweiser Durchstanznachweis sinnvoll werden! Querkraft vEd aus Gl. (9.11a).
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 325

vEd,V vEd,M vEd,V (1+β)


0,05L

x
5L
0,0

qx
y qy

a Querkräfte in einer Deckenplatte infolge eines Biegemoments


VEd MEd (nach Mast 1970)

a reine Querkraft b reines Moment c Überlagerung

Abbildung 9.14a–c Überlagerung der Wirkungen aus Quer-


kraft und Biegemoment (schematisch)

b vertikale Schubspannungen und horizontale Normalspannungen


vEd D vEd;V C vEd;M;max (9.11a) infolge Biegung
 
vEd;M;max
D vEd;V  1 C (9.11b) Abbildung 9.15a,b Mechanismen zur Übertragung von Biege-
vEd;V momenten zwischen Platte und Stütze
D vEd;V  ˇ (9.11c)
mit
ben (vgl. Vocke 2002); weitgehend unstrittig ist, dass
vEd;M;max bei einer rechteckigen Stütze mit zunehmendem Sei-
ˇ D1C (9.12)
vEd;V tenverhältnis c1 =c2 (mit c1 als Seitenlänge senkrecht
zur Biegeachse, s. Abb. 9.17) der über Schubspan-
Mit Gl. (9.11c) wird der Lasterhöhungsbeiwert ˇ nungen übertragene Biegemomentenanteil MEd;eff zu-
eingeführt, mit dem der Nachweis bei ausmitti- nimmt. Es sei allerdings angemerkt, dass – abgese-
ger Stützenlast auf einen Durchstanznachweis für hen von mechanischen Zusammenhängen – k auch ei-
den Grundfall zentrischer Belastung mit erhöhter ne Hilfsgröße ist, mit der Auswirkungen aus der Form
Stützenlast VEd;eff zurückgeführt werden kann. des Rundschnittes und der angenommene Verteilung
der Querkraft entlang des Rundschnittes auf die rech-
VEd;eff D VEd  ˇ (9.13)
nerische Tragfähigkeit im Vergleich zu Versuchsergeb-
Die in Abb. 9.14 angedeutete lineare Kräftevertei- nissen aufgefangen werden.
lung im Rundschnitt infolge eines Moments weicht Zur rechnerischen Berücksichtigung ausmittiger
von der Wirklichkeit allerdings erheblich ab. Grund- Stützenlasten im Rahmen eines Nachweises vgl.
sätzlich gilt, dass Platten als innerlich hochgradig sta- Abschn. 9.2.3.2.
tisch unbestimmte Tragwerke Biegemomente durch ei-
ne Kombination aus zweiachsiger Biegung und Tor-
sion in Plattenebene abtragen. In Abb. 9.15a sind für 9.2.3.2 Rand- und Eckstützen
einen quadratischen Umrissschnitt die auf Grundlage
der Plattentheorie errechneten Querkräfte nach Mast Bei Rand- und Eckstützen werden planmäßig
(1970) dargestellt. Vereinfacht gesagt werden Biege- Biegemomente zur Deckenplatte übertragen (s. Ab-
momente durch eine Kombination von Schubspannun- schn. 9.1.3). Bei Randstützen wird in ausgesteiften
gen und Normalspannungen abtragen (Abb. 9.15b). Systemen i. d. R. Biegung um eine Achse parallel
Daraus folgt, dass nur ein Teil des Anschlussmomentes zum Rand dominieren, während bei Eckstützen stets
zwischen Platte und Stütze durchstanzrelevante Quer- Biegung um zwei Achsen auftritt.
kräfte hervorruft; in Gl. (9.14) wird k als Momenten- Biegemomente werden bei Randstützen durch kom-
faktor bezeichnet. binierte Torsionswirkung längs des freien Randes und
Biegung senkrecht dazu abgetragen; Normalspannun-
MEd;eff D k  MEd k  1;0 (9.14) gen nach Abb. 9.15b können in relevanter Größe nur
bei überstehender Platte entwickelt werden. Torsion im
In der Literatur wird für k ein breites Spektrum an Randstreifen der Platte erzeugt die bei Randstützen ty-
möglichen Werten mit vielen Einflussgrößen angege- pischen Torsionsrisse nach Abb. 9.16, die bei steigen-
326 9 Durchstanzen

2. vereinfachte Berechnung nach Nölting (2001) bzw.


Durchstanzriss Kordina u. Nölting (1986)
3. vereinfachte Berechnung nach Vocke (2002)
Biegeriss 4. vereinfachte Berechnung über reduzierte kritische
Rundschnitte
Torsionsriss
5. konstante Beiwerte für typische Fälle.

Abbildung 9.16 Rissbild und Durchstanzkegel bei Randstützen DIN 1045-1 erlaubt in Verbindung mit DAfStb-Heft
(vgl. Abschn. 9.2.4.3)
525, Lasterhöhungsbeiwerte nach 2 und 5 zu ermit-
teln, während nach EN 1992-1-1 die Wege 1, 4 und
5 offen stehen. Die Berechnung der ˇ-Faktoren nach
der Belastung vom kritischen Schubriss des Durch- Vocke (2002) ist derzeit in den bauaufsichtlichen Zu-
stanzkegels gekreuzt werden (vgl. Tuchlinski 2004). lassungen für spezielle Durchstanzbewehrungsformen,
Wie bei ausmittig belasteten Innenstützen löst die Ent- z. B. Doppelkopfanker, enthalten.
stehung des kritischen Schubrisses im Bereich der
größten Querkraftbeanspruchung das Durchstanzver-
sagen aus; der Bruchriss umläuft anschließend die Ausführliche Berechnung der
Stütze und trifft auf den freien Rand bis letztlich die Lasterhöhungsbeiwerte (! 1)
Stütze samt des mehr oder minder ausgeprägten Stanz-
körpers durch die Platte geschoben wird. Die Berechnung baut unmittelbar auf Gl. (9.12), d. h.
Das Durchstanzen bei Rand- und Eckstützen weist ˇ D 1 C vM =vV auf. Zur Ermittlung von vM wird
offensichtlich vom Grundfall der mittig belasteten In- in EN 1992-1-1 – wie bereits im ModelCode90 – da-
nenstütze zum Teil abweichende Gesetzmäßigkeiten von ausgegangen, dass Biegemomente MEd;eff zu einer
auf; einen Überblick über hierauf abgestimmte Trag- plastischen Schubspannungsverteilung im kritischen
modelle bieten u. a. Vocke (2002); Tuchlinski (2004). Rundschnitt nach Abb. 9.17a führen.
Die in Abschn. 9.2.2 identifizierten Einflussgrößen Im folgenden wird vorausgesetzt, dass der Rund-
gelten allerdings auch hier. schnitt zur z-Achse des Stützenquerschnitts symme-
Analog zum Vorgehen bei exzentrisch belasteten trisch ist. Damit verläuft die Schwerlinie des Rund-
Innenstützen führen die meisten Bemessungsnor- schnitts durch den Schwerpunkt der Stütze. Das Mo-
men – darunter DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 – den ment kann gleichwertig durch ein Kräftepaar mit den
Durchstanznachweis von Rand- und Eckstützen auf Resultierenden FM1 D FM2 D FM der plastischen
den Grundfall der zentrisch belasteten Innenstüt- Spannungsverteilung nach Abb. 9.17b ersetzt werden,
ze zurück. Hierzu sind folgende Modifikationen die jeweils im geometrischen Schwerpunkt des halb-
erforderlich: seitigen Rundschnitts wirken. Mit ys als Abstand die-
• der kritische Rundschnitt berücksichtigt den freien ses Schwerpunktes zur Schwerlinie folgt:
Plattenrand (vgl. Abb. 9.16 und Abschn. 9.2.4.3).
MEd;eff D 2FM  ys : (9.15)
• die Auswirkungen des Biegemoments werden über
den Lasterhöhungsbeiwert ˇ auf die einwirkende Der Rundschnitt kann immer in einzelne geometrische
Querkraft VEd angerechnet. Elemente – Geraden oder Kreissegmente – der Län-
ge l zerlegt werden. Mit der plastischen Querkraft je
Längeneinheit vM folgt:
9.2.3.3 Berücksichtigung in Nachweisen
X
FM D vM  li (9.16)
Wie erläutert, wird der Durchstanznachweis ausmittig i
belasteter Innen-, Rand- und Eckstützen auf den Nach- P
weis einer zentrisch belasteten Innenstütze unter er- Hierbei bezieht sich i li auf den halbseitigen
höhter Belastung VEd;eff D ˇ  VEd zurückgeführt. Zur Rundschnitt. Mit ys;i als den Schwerpunktsabständen
Ermittlung von ˇ bestehen im Wesentlichen folgende der einzelnen geometrischen Elemente ergibt sich
Möglichkeiten: der Schwerpunkt des halbseitige Rundschnitts zu
(Abb. 9.17c):
1. ausführliche Berechnung von ˇ auf Grundlage ei- P
ner angenommenen plastischen Spannungsvertei- ys;i  li
ys D iP : (9.17)
i li
lung im kritischen Rundschnitt
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 327

Integral des Schwerlinienabstandes entlang des Rund-


2d schnittes nach Gl. (9.19).

c1 MEd,eff Zu1
W1 D jyj dl (9.19)
0

Wird Gl. (9.18c) in Gl. (9.12) eingesetzt, folgt daraus


vM c2 2d der Lasterhöhungsbeiwert ˇ. Mit MEd;eff D kMEd und
vV D VEd =u1 gilt:
a plastische Schubspannungsverteilung
vM kMEd  u1
FM ˇ D 1C D1C : (9.20)
vV VEd  W1
VEd /2 ys Gleichung (9.20) findet sich in EN 1992-1-1 wieder
e
e
und beschreibt eine lineare Interaktion zwischen dem
ys aufnehmbaren Schub aus Biegung und dem Schub aus
VEd /2
Querkraft.
FM
Da für P den Umfang des Rundschnittes
b Ersatzkräfte u1 D 2 i li gilt, kann Gl. (9.20) in Verbin-
dung mit W1 nach Gl. (9.18c) und e D MEd =VEd
Dl 1 weiter vereinfacht werden.
P
k  e  2 i li ke
Dl 2 ˇ D 1C P D1C (9.21)
ys,1
2d 2 i ys;i  li ys
ys,2
Mit Gl. (9.21) wird ˇ einer geometrischen Interpre-
ys,3 tation zugänglich: Der Lasterhöhungsbeiwert ist un-
S y
Dl 3
mittelbar abhängig vom Verhältnis der Lastexzentrizi-
tät e zum geometrischen Schwerpunkt ys des halbsei-
ys tigen Rundschnittes. Mit k wird der Anteil des Bie-
gemoments wiedergegeben, der durch die plastischen
u 1 (ucrit )
Schubspannungen abzutragen ist; Zahlenwerte für k
werden in Abhängigkeit des Seitenverhältnisses c1 =c2
z in EN 1992-1-1 angegeben (Tabelle 9.1).
c kritischer Rundschnitt, Bezeichnungen

Abbildung 9.17a–c Plastische Schubspannungsverteilung im Tabelle 9.1 Momentenfaktoren k nach EN 1992-1-1 bei recht-
kritischen Rundschnitt nach EN 1992-1-1 eckigen Lasteinleitungsflächen

c1 =c2  0;5 1,0 2,0  3;0


Werden die Gln. (9.16) und (9.17) in Gl. (9.15) einge-
k 0,45 0,60 0,70 0,80
setzt und anschließend nach vM aufgelöst, folgt:
X P
ys;i  li
MEd;eff D 2  vM  li  iP (9.18a)
i i li Für die Herleitung wurde zunächst davon ausgegan-
X gen, dass der Rundschnitt symmetrisch zur Biegeachse
D 2  vM  ys;i  li (9.18b)
der Stütze ist. Dies ist bei Innenstützen i. d. R. zutref-
i
MEd;eff MEd;eff fend, sofern keine Aussparungen zu berücksichtigen
) vM D P D : (9.18c) sind. Bei Rand- und Eckstützen kann dies meist nicht
2 i ys;i  li W1
vorausgesetzt werden. Wenn keine Symmetrie gegeben
In Gl. (9.18c) ist W1 das statische Moment des kriti- ist, muss zunächst die Schwerlinie des Rundschnittes
schen Rundschnittes.5 Verallgemeinert folgt daraus das ermittelt werden. Das einwirkende Moment ist nach
Gl. (9.22) mit dem Abstand ys nach Abb. 9.18 von
5
Genau genommen ist W1 der zweifache Betrag des statischen
Moments des halben kritischen Rundschnittes bezogen auf des- nach EN 1992-1-1 mit u1 bezeichnet wird, wird auch für das
sen Schwerlinie. Da der Umfang des kritischen Rundschnittes zugehörige statische Moment der Index 1 verwendet.
328 9 Durchstanzen

der Biegeachse auf die Rundschnitt-Schwerlinie um-


zurechnen. c1
2d
0
MEd D MEd  VEd  ys : (9.22) c2
W1 = c 12 / 2 + c 1c 2 + 4c 2 d + 16d 2 + 2 pc 1d

Wenn sich bei Rand- und Eckstützen der Lastangriffs- 2d


punkt zwischen der Schwerachse des Rundschnitts und
a Innenstütze
der Biegeachse befindet, wechselt das Biegemoment
das Vorzeichen, d. h. die größte Querkraft tritt auf der
Schwerlinie
Seite des freien Randes auf (Abb. 9.18). Es sollte aller- Rundschnitt
0
dings darauf geachtet werden, dass MEd stets mit posi- c1
S~
y s,i Dli c 12 + c 1c 2 + 2d(c 1p + c 2 ) + 8d 2
2d ~
ys = =
tivem Vorzeichen in Gl. (9.20) eingesetzt wird, damit SDli 2c 1 + c 2 + 2dp
c2
ˇ  1 gewahrt bleibt.
Bei Bezug von ys;i bzw. ys auf die Schwerachse ~
W1 = 2c 1 c 1 / 2 - ~
y s + c 2 2d + c 1 - ~
ys
ys
des kritischen Rundschnitts bleiben die Gln. (9.15) bis + 2 pd c 1 + 4d / p - ~
ys
(9.21) weiterhin gültig. ~
y
Es sei abschließend auf einen unerwarteten Effekt z
bei Randstützen hingewiesen: Wenn die Resultieren-
b Randstütze

Schwerlinie
c1 Rundschnitt
Biegeachse
Schwerachse c2 2d
Rundschnitt

u crit u crit ~
ys
(u1) (u1)
e2 ~ S~
y s,i Dli c 12 / 2 + c 1c 2 + d(c 1p + 2c 2 ) + 4d 2
~
y ys = =
e1 SDli c 1 + c 2 + dp
z
W1 = c 2 c 1 + 2d - ~
y s + c1 c1 / 2 - ~
y s + pd c 1 + 4d / p - ~
ys
y y Mz

c Eckstütze (Biegung um z-Achse)

Abbildung 9.19a–c Berechnung von W1 bei Innen-, Rand- und


Eckstützen für kritische Rundschnitte nach EN 1992-1-1

Δys Δys

z z de der Stützenlast gerade durch den Schwerpunkt des


0
e1 < Δys MEd,1 > 0 e2 > Δys MEd,2 < 0 Rundschnittes verläuft, d. h. e D ys , gilt MEd D 0
VEd VEd und damit auch ˇ D 1 (s. Abb. 9.20); d. h. eine ausmit-
tige Stützenlast führt zu einer gleichmäßigen Vertei-
vV lung der Querkraft entlang des Rundschnittes und da-
mit zum maximalen Durchstanzwiderstand. Da dieses
M M Verhalten zumindest mechanisch fragwürdig ist, soll-
te für Randstützen stets ˇ  1;1 angenommen wer-
Ed,1 Ed,2

den.
vM

Vereinfachte Berechnung nach Nölting (! 2)


v V+v M
In Kordina u. Nölting (1986) und nochmals in Nöl-
ting (2001) wird mit Gl. (9.23) ein Berechnungsver-
Abbildung 9.18 Spannungsverteilung bei Rundschnitten, die fahren vorgeschlagen, dass als Alternative zu den kon-
nicht symmetrisch zur Biegeachse sind – Umrechnung des Bie- stanten Beiwerten gemäß DIN 1045-1 in DAfStb-Heft
gemoments auf die Rundschnitt-Schwerlinie 525 aufgenommen wurde und sinngemäß auch in der
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 329

Biegeachse
Vereinfachte Berechnung nach Vocke (! 3)
Schwerachse Rundschnitt
In Vocke (2002) werden für Rand- und Eckstützen aus-
gesteifter Systeme ˇ-Faktoren nach Gl. (9.24) angege-
u crit
ben.
(u1)
s
e  5  0;15.e=c/
5 e cx
c2 = 250 y ˇ D 1C  (9.24)
kb  c cy
b 2d = 400
c1 = 400 In Gl. (9.24) bedeuten:
3,0 e Exzentrizität der Stützenlast nach Gl. (9.10)
Δys Nölt
ing kb Lagebeiwert
2,5
= 313 D 1;25 bei Randstützen
-1
99 2-1 D 1;09 bei Eckstützen
2,0 N1 k e
E Voc cx Randstützen: Seitenlänge der Stütze senkrecht
1,5 zum freien Rand; Eckstützen: größere Seitenlän-
b = const
1,0
ge
cy entsprechende zweite Seite
0,5 Δys /c1 = 0,782 c Vergleichslänge
q 
0,0
e / c1 D 0;5 cx2 C cy2 bei rechteckigen Stützen
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 D 0;9lc mit lc als Durchmesser bei Rundstützen.
Abbildung 9.20 Lasterhöhungsbeiwert ˇ für eine Randstütze
nach verschiedenen Berechnungsverfahren

Berechnung über reduzierte Rundschnitte (! 4)

schweizerischen SIA 262 enthalten ist. Nach EN 1992-1-1 dürfen die ˇ-Faktoren ausmittig
e belasteter Rand- und Eckstützen vereinfacht über ver-
ˇ D1C (9.23) kürzte Rundschnitte u1 nach Abb. 9.21 in Verbindung
c
mit Gl. (9.25) ermittelt werden.
In Gl. (9.23) bedeuten:
u1
ˇD (9.25)
e Exzentrizität der Stützenlast nach Gl. (9.10) u1
c Stützendurchmesser oder Seitenlänge parallel
Ein Vergleich mit Versuchsergebnissen an Randstützen
zu e.
ergibt für die Berechnung mit reduzierten Rundschnit-
Gleichung (9.23) ist per se ähnlich zu Gl. (9.21) aus der ten allerdings erhebliche Streuungen; gleichzeitig wird
ausführlichen Berechnung. Allerdings wird k D 1 ge- das erforderliche Sicherheitsniveau nicht erreicht (vgl.
setzt, d. h. es wird angenommen, dass das volle Biege- Hegger u. a. 2006a, 2008b). Daher wird dieses Ver-
moment über Querkräfte in der Platte abgetragen wird.
Gleichzeitig wird der Geometrieparameter ys durch die _ 1,5d
<
Stützenabmessung ersetzt. _ 0,5 c
< 1
Der Lasterhöhungsbeiwert ˇ nach Gl. (9.23) ist ge- c2 _ 1,5d
<
genüber dem ausführlichen Verfahren tendenziell kon- _ 0,5 c
< 2
2d c1
servativer; Auswertungen von Versuchsergebnissen in u1* 2d
Tuchlinski (2004) und Hegger u. a. (2006a) zeigen, c2
dass damit für die experimentell geprüften bezogenen u1* 2d
Exzentrizitäten e=c  3 sichere Ergebnisse erzielt
werden (vgl. auch Hegger u. a. 2008b). In DAfStb- _ 1,5d
<
c1 2d _ 0,5 c
<
Heft 525 wird die Anwendung von Gl. (9.23) auf aus- 1

gesteifte Systeme beschränkt, allerdings ist der Aus-


schluss verschieblicher Systeme angesichts der deut- a Randstütze b Eckstütze
lichen Sicherheiten selbst bei großen Exzentrizitäten Abbildung 9.21 Reduzierte Rundschnitte bei Rand- und Eck-
nicht nachvollziehbar. stützen nach EN 1992-1-1
330 9 Durchstanzen

fahren für Randstützen im NA D zur Verwendung Dabei bezieht sich der Index z auf Biegung um die y-
mit EN 1992-1-1 ausgeschlossen. Bei Eckstützen ist ˇ Achse, der Index y entsprechend auf Biegung um die
nach Gl. (9.25) dagegen ausreichend konservativ. z-Achse; in Gl. (9.26) bedeuten daher:
ey Lastausmitte parallel zur y-Achse
D MEd;z=VEd
Konstante Lasterhöhungsbeiwerte (! 5)
ez Lastausmitte parallel zur z-Achse
D MEd;y =VEd
Vereinfachend dürfen sowohl nach DIN 1045-1 als
ys Schwerpunktsabstand des halben Rundschnitts
auch nach EN 1992-1-1 konstante Lasterhöhungsbei-
parallel zur y-Achse
wert nach Abb. 9.22 angesetzt werden. Vorausgesetzt
zs Schwerpunktsabstand des halben Rundschnitts
wird:
parallel zur z-Achse
• das Tragwerk ist ausgesteift (unverschiebliches ky Momentenbeiwert für c1 D cz (Tabelle 9.1)
System) kz Momentenbeiwert für c1 D cy (Tabelle 9.1).
• das Stützweitenverhältnis benachbarter Felder er- Der Rundschnitt wird dabei durch seine Schwerlinie
füllt 0;8 < leff;1 = leff;2 < 1;25. parallel zur z-Achse (! ys ) bzw. parallel zur y-Achse
Für Innenstützen ist ˇ D 1;0 nur dann zu vertre- (! zs ) geteilt. EN 1992-1-1 enthält für rechtecki-
ten, wenn Exzentrizitäten durch ungleiche Spannwei- ge Innenstützen eine Näherung für Gl. (9.26). Hierbei
ten und als Folge von Zwängungen weitgehend ausge- bezeichnen by bzw. bz die Abmessungen des Rund-
schlossen sind. schnitts parallel zur y- bzw. z-Achse.
s   2
Für Randstützen zeigt ein Vergleich mit Versuchs-
ey 2 ez
ergebnissen im Übrigen, dass der pauschale Laster- ˇ D 1 C 1;8 C (9.27)
höhungsbeiwert ˇ D 1;4 bei großen Lastausmitten by bz
e=c  1;2 unsichere Ergebnisse liefert (vgl. Hegger Beispiel 9.3
u. a. 2006a). In diesm Fall sollte auf eine genauere Für die in Abb. 9.23a dargestellte, ausmittig belastete In-
Berechnung zurückgegriffen werden. In DIN 1045-1 nenstütze soll der Lasterhöhungsbeiwert ˇ ermittelt wer-
werden im Übrigen mit der Neuausgabe 2008 erstmals den.
ˇ-Faktoren für das Durchstanzen an Wandenden und Zunächst wird ˇ explizit über Gl. (9.20) auf Basis des
-ecken angegeben. kritischen Rundschnitts nach EN 1992-1-1 (Rundschnitt
im Abstand 2d vom Stützenrand) berechnet. Da der
Rundschnitt doppeltsymmetrisch ist, reicht die Betrach-
tung eines Quadranten aus. Der betrachtete Teil des
Zweiachsige Lastausmitte Rundschnitts besteht aus zwei Geraden und einem Vier-
telkreisbogen (Schwerpunkt eines Viertelkreises mit Ra-
Für den Fall zweiachsiger Lastausmitten kann der ˇ- dius r bei 2r=)
Faktor nach Gl. (9.21) erweitert werden (vgl. FIP MEd 60
eD D D 0;086 m :
1998): VEd 700
s
    Die geometrischen Kenngrößen errechnen sich zu (vgl.
ky ey 2 kz ez 2
ˇ D 1C C : (9.26) Abb. 9.23a):
ys zs X
u1 D li D 4 .c1 =2 C d  C c2 =2/
i
D 4.0;20 C 0;25  C 0;20/ D 4;742 m ;
Wandende X
β =1,35(EN: -- NAD:1,35) W1 D ys;i  li
Eckstütze i
β =1,50(1,50)
D 4.c1 =4  c1 =2 C .c1 =2 C 4d=/d 
Randstütze C.c1 =2 C 2d /c2 =2/
β =1,40(1,40) D c12 =2 C c1 c2 C 4c2 d C 16d 2 C 2dc1
D 0;402 =2 C 0;40  0;40 C 4  0;40  0;25
C16  0;252 C 2  0;25  0;40
Innenstütze Wandecke
β =1,05(1,10) β =1,20(EN: -- NAD:1,20) D 2;268 m2 :

Abbildung 9.22 Konstante Lasterhöhungsbeiwerte ˇ nach Die Schwerlinie des Rundschnitts verläuft durch die
DIN 1045-1 (in Klammern: Werte nach EN 1992-1-1) Stützenachse; der Schwerpunktsabstand des halbseitigen
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 331

Rundschnitts ist Nach Nölting ergibt sich dagegen ein deutlich größerer
P Faktor (Gl. 9.23):
y  li W1 2;268
ys D P s;i
i
D D D 0;478 m : e 0;086
i li u1 4;742 ˇ D1C D1C D 1;215
c 0;40
Wegen c1 =c2 D 1;0 gilt k D 0;60 (vgl. Tabelle 9.1). Zum Vergleich: für Innenstützen wird in DIN 1045-1 als
Damit folgt ˇ aus Gl. (9.20) zu konstanter Faktor ˇ D 1;05 angegeben, in EN 1992-1-1
ˇ D 1;10.
kMEd u1 0;60  60  4;742
ˇ D1C D1C D 1;11 :
VEd W1 700  2;268 Beispiel 9.4
Für die in Abb. 9.23b dargestellte Rundstütze sollen
Gleichwertig kann ˇ über das Verhältnis e=ys nach die geometrischen Parameter u1 , W1 und ys des kriti-
Gl. (9.21) ermittelt werden: schen Rundschnitts nach EN 1992-1-1 sowie ˇ für die
Eingangsgrößen des vorangegangenen Beispiels ermittelt
ke 0;60  0;086 werden. Bei runden Innenstützen hat der kritische Rund-
ˇ D1C D1C D 1;11 : schnitt die Form eines Vollkreises mit Radius rcrit D
ys 0;478 D=2 C 2d (D bezeichnet den Stützendurchmesser). Der
Umfang des Rundschnitts ist

u1 D 2rcrit  D 4;398 m :
VEd

e 2d = 500 Das statische Moment W1 wird am Viertelkreisbogen


analytisch ermittelt:

300 Zu1
250
W1 D jyjdl
0

Z=2 Z=2
400 D4 rcrit sin 'rcrit d' D 4rcrit
2
sin 'd'
0 0
MEd= 60 kN VEd= 700 kN
D 4rcrit
2
D 4.D=2 C 2 d /2 D 1;960 m2 ;
Dl1 = c1/2 W1 4 rcrit
2
2 rcrit
ys D D D
u1 2 rcrit  
Dl2 = dp
y s1 D C 4d
D D 0;446 :
500 y s2
u crit (u1) 
y s3
Natürlich ist ys nichts anderes als der Schwerpunktsab-
Dl3 = c2/2 stand eines Halb- oder Viertelkreisbogens. Eingesetzt in
c1
Gl. (9.21) folgt ein allgemeiner Ausdruck für ˇ bei Rund-
c2
stützen, der ebenfalls in EN 1992-1-1 zu finden ist. Für
e
den Momentenbeiwert kann, angelehnt an quadratische
ys Stützen, k D 0;6 gesetzt werden.
2d = 500
ke 0;6e
a Quadratische Stütze ˇ D 1C D1C
ys D C 4d
0;6    0;086
dl = r dj D 1C D 1;12
y = rcrit sinj 0;4 C 4  0;25
2d = 500

rcrit 9.2.4 Nachweis gegen Durchstanzen


u crit (u1)
j
ohne Durchstanzbewehrung
D = 400
Der Nachweis gegen Durchstanzen bei Platten ohne
ys Durchstanzbewehrung erfolgt sowohl nach DIN 1045-
b Rundstütze ys = (D + 4d) / p 1 als auch nach EN 1992-1-1 durch eine Begren-
Abbildung 9.23a,b Beispiele 9.3 und 9.4 – Widerstandsmo- zung der aufnehmbaren Querkraft entlang des kriti-
mente W1 für Rechteck- und Kreisquerschnitte (Rundschnitte schen Rundschnittes. Die Auflagerkraft der Platte wird
nach EN 1992-1-1) hierfür gleichmäßig verteilt auf den Umfang des kriti-
332 9 Durchstanzen

schen Rundschnitts angenommen. Auswirkungen aus-


mittiger Stützenlasten werden durch eine Anhebung
der Querkraft über Lasterhöhungsfaktoren ˇ erfasst.
a
b

9.2.4.1 Anwendungsgrenzen
a Querkräfte entlang des Umfangs bei a > 2b (qualitativ)
Die Anwendung der Nachweisgleichungen gegen
Durchstanzen ist – zumindest nach DIN 1045-
1 – durch Anforderungen an die Geometrie der
Lasteinleitungsflächen begrenzt.

b
a<_ 2b
Primär aufgrund der rotationssymmetrischen Aus- _ 11d
u0 = 2(a+b) <
breitung konzentriert eingeleiteter Kräfte und den da- _ 3,5d
< a
mit zusammenhängenden Effekten – z. B. mehrachsia-
le Druckspannungszustände im Druckring – werden b geometrische Randbedingungen
bei Durchstanzversuchen tendenziell größere Quer-
krafttragfähigkeiten festgestellt als bei vergleichba- a
_
a1 < 2b
ren linienförmig gelagerten Balken oder Platten oh- b1/2 5,6d - b1
b
ne Querkraftbewehrung. Die Tragfähigkeitssteigerung _
b1 <
a
b1/2 2,8d
ist dabei abhängig von Größe und Form des Ein-
leitungsbereichs. Bei sehr großen Abmessungen und
bei deutlichen Abweichungen von einer gedrungenen a1/2 a1/2
_ 2b
a>
Querschnittsform wirken sich die traglasterhöhenden
Einflüsse nicht mehr aus. Des gleichen nimmt die c ausgedehnte Auflagerflächen
Querkrafttragfähigkeit mit zunehmendem Abstand zur
Abbildung 9.24a–c Geometrische Randbedingungen für die
Einleitungsfläche ab und geht in jene von liniengela-
Anwendung von Nachweisgleichungen zur Durchstanzbemes-
gerten Platten über (vgl. Beutel 2002). sung nach DIN 1045-1 sowie NA-D bzw. NA-A zu EN 1992-1-1
Ob und wie die erläuterten Effekte in die Bemes-
sung einfließen, hängt vom gewählten Nachweiskon-
zept ab: 9.2.4.2 Maßgebende statische Nutzhöhe
• DIN 1045-1
Die größere Querkrafttragfähigkeit gegenüber lini- Für die Durchstanztragfähigkeit ist jeweils die stati-
engelagerten Platten wird explizit in der Bemessung sche Nutzhöhe, die für den Hebelarm zwischen Druck-
berücksichtigt. Eine Anwendung der Nachweisglei- und Zuggurt im kritischen Riss charakteristisch ist,
chungen setzt daher voraus, dass die Lasteinlei- maßgebend. In den Beispielen nach Abb. 9.25 ist dies
tungsfläche die Dimensionen nach Abb. 9.24b nicht die Nutzhöhe am Anschnitt zur Lasteinleitungsfläche,
überschreiten. Bei Stützen mit a=b > 2 und bei d. h. an der Risswurzel des kritischen Schubrisses. Da-
Wänden konzentrieren sich die Querkräfte auf die bei entspricht d dem Mittelwert der Nutzhöhen in den
Ecken bzw. Wandenden; Durchstanznachweise sind Bewehrungsrichtungen. Bei Platten mit Vouten im Be-
in diesem Fall für die in Abb. 9.24c gekennzeichne- reich der Stütze ist ggf. ein zusätzlicher Nachweis-
ten Bereiche zu führen. Für die übrigen Bereiche schnitt mit entsprechend reduzierter Nutzhöhe zu un-
wird der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ohne tersuchen (s. schlanke Stützenkopfverstärkung nach
Querkraftbewehrung liniengelagerter Platten maß- Abb. 9.29b).
gebend. Es sei noch auf einen Sonderfall hingewiesen: Wenn
• EN 1992-1-1 die Lasteinleitungsfläche z. B. durch eine Stahlplatte,
Für EN 1992-1-1 wurde der Abstand des kritischen die in die Flachdecke nach Abb. 9.25c eingelassen ist,
Rundschnittes zur Einleitungsfläche derart festge- gebildet wird, muss die Nutzhöhe entsprechend redu-
legt, dass die rechnerische Querkrafttragfähigkeit ziert werden. Grundsätzlich ähnlich hierzu ist die Si-
im Schnitt gerade der Querkrafttragfähigkeit linien- tuation nach Abb. 9.25d. Wenn die Stütze zu hoch be-
gelagerter Platten entspricht. Damit liegt der Rund- toniert wird, d. h. die Arbeitsfuge deutlich oberhalb
schnitt etwas weiter von der Stütze entfernt, gleich- der Schalungsebene liegt, muss davon ausgegangen
zeitig ist aber keine weitere Abgrenzung nach geo- werden, dass die geschalten Seitenflächen der Stüt-
metrischen Bedingungen erforderlich. ze nur eine reduzierte Kraftübertragung gewährleisten,
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 333

d)
d (2
u crit (u1) 1,5
βr d

1,5 d (2 d) u crit (u1)


d 1,5 d (2 d) 1,5 d (2 d)
βr
a Stützen (DIN 1045-1 und EN 1992-1-1)

u crit
b

b1/2
βr

b
d
b1/2

a1/2 b1/2
c _
a>2b

a1/2 u crit
βr d b Wandende (DIN 1045-1) c Wandecke (DIN 1045-1)

Abbildung 9.26a–c Kritische Rundschnitte nach DIN 1045-1


d
(in Klammern: EN 1992-1-1) um Lasteinleitungsflächen, die
sich nicht in der Nähe eines freien Randes befinden

βr d
Streuungen im Vergleich mit experimentell ermittelten
Durchstanzlasten (vgl. Staller 2001). In DIN 1045-
e
1 und EN 1992-1-1 werden folgende Abstände des
Schnitts vom Einleitungsbereich festgelegt:
Abbildung 9.25a–e Maßgebende statische Nutzhöhe d bei ver-
schiedenen Randbedingungen x D 1;5d DIN 1045-1 ; (9.28a)
x D 2;0d EN 1992-1-1 : (9.28b)
d. h. der Durchstanzwiderstand verringert ist. Die in Es sei erwähnt, dass die beiden Werte im Bereich der
Abb. 9.25d wiedergegebene Situation war nach Mut- oberen (1;5d ! ˇr D 33;7ı ) bzw. unteren (2;0d !
toni u. Guandalini (2006) in einem Schadensfall, der ˇr D 26;6ı ) Grenze der in Versuchen beobachteten
Menschenleben forderte, als Ursache festgestellt wor- Stanzkegelneigungen liegen. Besonderheiten ergeben
den. Bei zu hoch betonierten Stützen kann allerdings sich für kritische Rundschnitte, wenn der angenomme-
durch einfache Maßnahmen z. B. nach Abb. 9.25e die ne rotationssymmetrische Spannungszustand durch:
Aufnahme der Druckkraft am Stützenanschnitt sicher-
• Deckendurchbrüche in der Nähe der Stütze oder
gestellt werden.
• freie Deckenränder (Rand- oder Eckstützen).
gestört ist. Für ungestörte Verhältnisse zeigt Abb. 9.26
9.2.4.3 Kritischer Rundschnitt kritische Rundschnitte. Bei der Festlegung des Rund-
schnittes ist dabei stets der kleinste mögliche Umfang
Wie in Abschn. 9.2.2 beschrieben, wird der Nachweis anzustreben (vgl. profilierte Stütze nach Abb. 9.26a).
auf der Grundlage von Schubspannungen bzw. Quer- Kritische Rundschnitte an Wandecken und Wandenden
kräften je Längeneinheit in einem kritischen Rund- in Anlehnung an DIN 1045-1 sind in Abbn. 9.26b und
schnitt um den Einleitungsbereich geführt. Die Lage c dargestellt (vgl. Abb. 9.24).
des Rundschnitts hat keine physikalische Bedeutung, Wenn sich die Rundschnitte zweier Stützen über-
lediglich in Verbindung mit der Querkrafttragfähig- schneiden, ist die kleinste Umhüllende beider Rund-
keit im Schnitt ergibt sich ein Rechenwert der Durch- schnitte als gemeinsamer kritischer Rundschnitt zu be-
stanzlast, der an Versuchsergebnissen kalibriert ist. Da- handeln.
bei führt die Wahl eines Rundschnitts im Abstand 2d Versorgungsleitungen der Haustechnik werden
vom Rand des Einleitungsbereichs zu den geringsten häufig an Stützen entlang geführt und erfordern
334 9 Durchstanzen

<- 3
<
- 3d

d
u crit (u1) <_ 6d _ l2
l1 <

1,5 d (2 d)

l2
u crit (u1) u crit (u1)

1,5 d (2 d)

1,5 d (2 d) <
- 3d

l2 √ l1 l2
1,5 d (2 d) u crit (u1)
l1 > l2

u crit (u1) 1,5 d (2 d)

1,5 d (2 d) 1,5 d (2 d)

a Randstützen b Eckstützen

Abbildung 9.27 Kritischer Rundschnitt in der Nähe von Öff- Abbildung 9.28a,b Kritische Rundschnitte in der Nähe von
nungen freien Rändern nach DIN 1045-1 (in Klammern: EN 1992-1-1)

Deckendurchbrüche in unmittelbarer Nähe der Randabständen > 3d einen geringeren Umfang als die
Lasteinleitungsflächen. Um die Verminderung der gerade Verbindung zum freien Rand.7
Durchstanztragfähigkeit durch Öffnungen zu erfas-
sen, sehen die meisten Bemessungsnormen – auch
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 – nach einem Vorschlag 9.2.4.4 Stützenkopfverstärkungen
in Kinnunen u. Nylander (1960) eine Reduktion des
kritischen Umfangs nach Abb. 9.27 vor. Da der Groß- Mit Stützenkopfverstärkungen kann der Durchmesser
teil der Versuche hierzu mit stützennahen Öffnungen des Durchstanzkegels vergrößert und damit die Trag-
durchgeführt wurde, ist unklar, bis zu welchem Ab- fähigkeit erhöht werden. Die Herstellung von Stützen-
stand zur Einleitungsfläche sich Deckendurchbrüche köpfen bedeutet erheblichen Mehraufwand hinsicht-
ungünstig auswirken; in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 lich Schalung und Bewehrung, daher sollten sie aus
wurde daher eine konservative Obergrenze x D 6d , wirtschaftlichen Gesichtspunkten möglichst so ausge-
die z. T. im Widerspruch mit den Regeln zum Randab- legt werden, dass im Rundschnitt außerhalb der Ver-
stand steht, eingeführt (vgl. Kordina u. Nölting 1986; stärkung keine Durchstanzbewehrung mehr erforder-
Hegger u. Beutel 2002). lich wird.
Für Rand- und Eckstützen zeigt Abb. 9.28 Mög- Die Wirkungsweise von Verstärkungen und damit
lichkeiten der Schnittführung. Grundsätzlich sollte da- gleichzeit die Nachweisführung ist an ihre Schlankheit
bei der minimale Rundschnittumfang angestrebt wer- geknüpft. Ausgehend von einer in DIN 1045-1 ange-
den; dabei versteht sich, dass der freie Rand selbst nommenen Neigung des Durchstanzkegels von 1 W 1;5
nicht auf ucrit angerechnet werden darf. Bei Stützen mit (ˇr D 33;7ı ) wird unterschieden in gedrungene und
großem Randüberstand kann anstelle eines Schnitts, schlanke Stützenköpfe (Abb. 9.29):
der rechtwinklig auf den Rand zuläuft, ein Rundschnitt
• gedrungener Stützenkopf – lH = hH  1;5
nach Abb. 9.26 zu kleineren Umfängen führen.6 In
Durchstanzen tritt immer außerhalb der Verstärkung
DIN 1045-1 wird als Orientierung für die Schnittfüh-
auf; der Durchstanznachweis ist für einen kritischen
rung ein Randabstand von 3d angegeben: Für typische
Abmessungen des üblichen Hochbaus ergibt ein ge-
schlossener Rundschnitt um die Einleitungsfläche bei
7
z. B. gilt für Rundstützen: Bei einem Stützendurchmesser D D
2;26d weist bei einem Randabstand 3d der Schnitt mit gerader
6
Allerdings sollte der geschlossene Rundschnitt nicht dazu ver- Verbindung zum Rand nach Abb. 9.28 gerade den gleichen Um-
leiten, die ˇ -Faktoren für Innenstützen anzusetzen! fang wie der geschlossene Rundschnitt auf.
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 335

rcrit rcrit der zweite Term in Gl. (9.29) wird zu lc D 0;69bc .
1,5 d (2d) (2d) 1,5 d
( p
βr βr 0;56 bc hc ; für hc  1;3bc
d

d
lc D (9.29)

hH
0;64bc ; für hc > 1;3bc
hH

βr βr

In schlanken Stützenköpfen kann sich ein Durch-


_
lH<1,5 hH _
lH<1,5 hH stanzkegel mit der Flankenneigung 1:1,5 vollständig
(l H< 2 h H ) (lH < 2 hH ) innerhalb der Verstärkung ausbilden. Dem entspre-
chend muss zusätzlich zum Nachweis des Durchstan-
lc lc
zens außerhalb der Verstärkung, der analog zu gedrun-
a gedrungene Stützenköpfe lH £ 1,5 hH (lH £ 2 hH) genen Stützenköpfen zu führen ist, auch ein innerer
Rundschnitt nachgewiesen werden (Abb. 9.29b). Dem
rcrit, ex rcrit, ex Nachweis darf als statische Nutzhöhe die Höhe am An-
rcrit, in rcrit, in schnitt zur Lasteinleitungsfläche dH zugrunde gelegt
1,5 d 1,5 dH 1,5 dH 1,5 d
werden (vgl. Abb. 9.25).
(2d) (2 dH) (2 dH) (2d)
Nach DIN 1045-1 gelten auch für die vergrößer-
βr βr
hH d

hH d ten Lasteinleitungsflächen von Stützenkopfverstärkun-


dH

βr βr dH gen insbesondere bei gedrungenen Köpfen die Anwen-


dungsgrenzen nach Abb. 9.24. Bei rechteckigen Stüt-
zenköpfen kann sich an den Ecken der erhöhte Durch-
lH>1,5 hH lH>1,5 hH stanzwiderstand einstellen; entlang des restlichen, über
(lH> 2 hH ) (lH > 2 hH) 11d hinausgehenden Umfangs der Verstärkung kann
lc lc
nur die Querkrafttragfähigkeit liniengelagerter Platten
b schlanke Stützenköpfe lH > 1,5 hH (lH > 2 hH)
aktiviert werden. Für schlanke Stützenköpfe wird emp-
Abbildung 9.29a,b Stützenkopfverstärkungen – maßgebende fohlen, den Nachweis des äußeren Rundschnittes auf
Rundschnitte nach DIN 1045-1 (in Klammern: EN 1992-1-1) Basis der Querkrafttragfähigkeit vRd;ct;a mit lH anstelle
von lw zu führen (s. Abschn. 9.3.4).
In EN 1992-1-1 wird die Grenze zwischen gedrun-
genen und schlanken Stützenköpfen ausgehend von
Rundschnitt außerhalb des verstärkten Bereichs zu einer angenommenen Durchstanzkegelneigung von
führen. 26;6ı (1 W 2) bei lH D 2hH gezogen. Die Nachweisfüh-
• schlanker Stützenkopf – lH = hH > 1;5 rung ist im Übrigen analog zu DIN 1045-1; allerdings
Durchstanzen kann innerhalb und außerhalb der müssen keine geometrischen Anwendungsgrenzen
Verstärkung auftreten; es sind daher Nachweise an beachtet werden. Durch das NA D wird die Ab-
zwei kritischen Rundschnitten zu führen. grenzung schlanker von gedrungenen Verstärkungen
wieder an DIN 1045-1 angepasst.

Bei gedrungenen Stützenköpfen kann der Nachweis


prinzipiell wie für eine Stütze mit dem Querschnitt 9.2.4.5 Anforderungen an die Biegebewehrung
der Kopfes geführt werden; der kritische Rundschnitt
liegt um 1;5d vom Anschnitt der Verstärkung, d. h. Aus dem Tragmodell nach Abb. 9.12 geht hervor, dass
um 1;5d C lH C lc =2 von der Stützenachse entfernt Durchstanzen ein kombiniertes Biege- und Querkraft-
(Abb. 9.29a). problem ist. Für eine praxisgerechte Nachweisführung
Für abgeschrägte rechteckige Stützenköpfe von werden die Nachweise für Biegemomente und Quer-
Rechteckstützen sieht DIN 1045-1 vor, den Nachweis kräfte im Einleitungsbereich getrennt geführt. Den-
für einen Kreisquerschnitt mit Durchmesser lc nach noch müssen Wechselwirkungen berücksichtigt wer-
Gl. (9.29) zu führen. Der Kreisquerschnitt ist für den:
hc  1;3bc flächengleich, bei weniger gedrungenen
Querschnitten wird hc nur mit 1;3bc angerechnet; • Ein Mindestmaß an Biegetragfähigkeit ist erfor-
bc und hc sind hierbei die Abmessungen des Stüt- derlich, um die räumlichen Tragmechanismen im
zenkopfes mit bc  hc . In EN 1992-1-1 findet sich Durchstanzbereich zu aktivieren.
eine nahezu identische Regel, allerdings sind weniger • Zu große Biegebewehrungsgrade müssen vermie-
gedrungene Querschnitte bis 1;5bc anzurechnen, d. h. den werden.
336 9 Durchstanzen
m y,Ed
x Tabelle 9.2 Momentenbeiwerte  und Verteilungsbreiten der
m x,Ed
Mindestmomente nach DIN 1045-1 (Zur Definition von lx , ly
sowie den Koordinatenrichtungen vgl. Abb. 9.30; oben bzw. un-
y ten bezeichnet die Lage der aus mEd;x und mEd;y resultierenden
Bewehrung; ’m‘ bedeutet je m Breite)
x x

0,3 l y
Lage x x b y y b
oben unten oben unten
ly

y y Innen 0,125 0 0,3ly 0,125 0 0,3lx


0,15 l x 0,3 l x
Rand x 0,25 0 0,15ly 0,125 0,125 ’m‘
0,15 l y

x x Rand y 0,125 0,125 ’m‘ 0,25 0 0,15lx


Eck 0,5 0,5 ’m‘ 0,5 0,5 ’m‘
lx
y

Abbildung 9.30 Bereiche für den Ansatz der Mindestbiegemo-


mente mEd;x und mEd;y nach DIN 1045-1
ein Querkraftnachweis für liniengelagerte Platten zu
führen.
Umgekehrt muss der Bewehrungsgrad und damit
Die für einen Durchstanznachweis anrechenbare Bie- Bewehrungskonzentrationen im Durchstanzbereich
gebewehrung muss hinter dem kritischen Schubriss, u. a. aus folgenden Gründen nach oben abgegrenzt
d. h. außerhalb des kritischen Rundschnittes verankert werden:
sein. Sofern mehrere Rundschnitte nachgewiesen wer-
den – z. B. bei Stützenkopfverstärkungen oder im Rah-
• Die Gefahr eines Verankerungsversagens der Bie-
men des Nachweises von Bewehrung – muss für jeden
gezugbewehrung und die Sprödigkeit des Versagens
betrachteten Rundschnitt überprüft werden, ob diese
nehmen mit dem Bewehrungsgrad zu;
Forderung erfüllt ist.
• Es existieren nur sehr wenige Durchstanzversuche
Zur Sicherstellung ausreichender Biegetragfähig-
mit hohen Bewehrungsgraden l > 2%; bei grö-
keit sieht DIN 1045-1 vor, die Platte im Bereich
ßeren Bewehrungsgraden wird der Bereich, in dem
der Stützen für Mindestmomente zu bemessen, sofern
die semi-empirischen Bemessungsgleichungen ve-
die Schnittgrößenermittlung nicht zu höheren Werten
rifiziert wurden, verlassen.
führt. Für DIN 1045-1, 10.5.6 (2) wurden Mindestmo-
• Druckbewehrung trägt i. d. R. wenig zum Durch-
mente je Längeneinheit nach Gl. (9.30) auf Grundlage
stanzwiderstand bei und sollte vermieden werden.
der Plastizitätstheorie abgeleitet.

mEd;x D x  VEd mEd;y D y  VEd (9.30) Aus der Aufzählung wird deutlich, dass Bewehrungs-
In Gl. (9.30) ist VEd die aufzunehmende Querkraft und grade l > 2% nicht in Ansatz gebracht werden
sollten. Gleichzeitig sollte vermieden werden, dass
x sowie y Momentenbeiwerte nach Tabelle 9.2. Die
Mindestmomente sollten auf die in Abb. 9.30 darge- erheblich mehr als die zur Sicherstellung ausreichen-
stellten Gurtstreifen von Innen-, Rand- und Eckstützen der Biegetragfähigkeit erforderliche Bewehrung ein-
gebaut wird, um die rechnerische Durchstanztragfä-
über die in Tabelle 9.2 jeweils angegebene Breite an-
gesetzt werden. higkeit künstlich anzuheben. Sowohl DIN 1045-1 als
Bei sehr dünnen Platten ergeben sich als Folge der auch EN 1992-1-1 sehen entsprechende Begrenzungen
vor.
Bemessung für Mindestmomente sehr hohe Beweh-
rungsmengen. In diesen Fällen ist ggf. sinnvoll, den In DIN 1045-1 wurde zusätzlich ein Grenzwert ein-
geführt, der dafür Sorge trägt, dass hohe Bewehrungs-
Lastabtrag anstelle der Biegetragwirkung anderen Me-
chanismen, z. B. Gewölbetragwirkungen, d. h. Bogen- grade, die zur Sicherstellung ausreichender Duktilität
Zugband-Mechanismen zuzuweisen, um die Beweh- (d. h. s  sy ) Druckbewehrung erfordern, vermie-
den werden. Hierfür wird zunächst der mechanische
rungsmenge zu reduzieren (vgl. DAfStb 2003).
Wenn Biegezugbewehrung nur in einer Richtung Bewehrungsgrad !1 in bezogener Schreibweise nach
eingelegt wird, kann nicht davon ausgegangen werden, Gl. (6.37) herangezogen:
dass räumliche Tragmechanismen entwickelt werden. Eds
In diesem Fall ist anstelle des Durchstanznachweises !1 D : (9.31)
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 337

Mit Eds nach Gl. (6.34) und D 1  ka  folgt mit u0 als Umfang der Einleitungsfläche dazu, dass die
tatsächliche Tragfähigkeit z. T. erheblich überschätzt
D ˛R .1  ka /
Eds (9.32)
wird (Hegger u. a. 2008a); im NA D wird dies kor-
˛R .1  ka /
) !1 D D ˛R  : (9.33) rigiert.
1  ka 
Normenregelung nach DIN 1045-1
Für die Umrechnung des mechanischen in den geome- Bei Platten ohne Durchstanzbewehrung ist entsprechend
trischen Bewehrungsgrad gilt DIN 1045-1, 10.5.3, nachzuweisen, dass längs des kriti-
schen Rundschnitten Gl. (9.37) erfüllt ist.
fcd
l D !1  : (9.34) vEd  vRd;ct (9.37)
fyd
Der Nachweis darf für Einleitungsflächen angewandt
Wird in !1 nach Gl. (9.33) für  der Grenzwert lim werden, die die Kriterien in Abb. 9.24b erfüllen. Wenn
nach Tabelle 6.2 eingesetzt, mit dem ein Fließen der die Bedingungen nicht erfüllt sind, müssen Teilbereiche
Zugbewehrung gerade noch gewährleistet wird, folgt nach Abb. 9.24c – z. B. Ecken, auf die sich Querkräfte
mit den Größen für Normalbeton bis C50/60 (lim D konzentrieren – auf Durchstanzen nachgewiesen werden.
0;617, ˛R D 0;81):
Kritischer Rundschnitt
!1;lim D ˛R lim D 0;81  0;617 D 0;50 ; (9.35) Grundlagen und Anwendungsregeln zur Ermittlung
fcd fcd kritischer Rundschnitte sind in DIN 1045-1, 10.5.2 zu-
l;lim D !1;lim  D 0;50  : (9.36) sammengestellt. Der kritische Rundschnitt umgibt die
fyd fyd
Lasteinleitungsfläche in einem Abstand von 1;5d (s.
In DIN 1045-1 wurde zunächst eine gegenüber Abb. 9.26). Bei Lasteinleitungsflächen, deren Rand nicht
Gl. (9.36) etwas konservativere Grenze mit dem mehr als 6 d von Öffnungen entfernt ist, ist ein der Öffnung
zugewandter Teil des maßgebenden Rundschnitts gemäß
Vorwert 0,4 aufgenommen (vgl. DAfStb 2003). In der Abb. 9.27 als unwirksam anzusehen. Für Lasteinleitungs-
Neufassung und analog im NA D zu EN 1992-1-1 flächen in der Nähe von freien Rändern oder freien Ecken
ist dagegen Gl. (9.36) enthalten. Maßgebend wird die gilt Abb. 9.28, sofern sich dadurch ein kleinerer Umfang
Grenze nur bis zu einer Betonfestigkeitsklasse C30/37. als für geschlossene Rundschnitte nach Abb. 9.26 ergibt.
Kritische Rundschnitte bei Stützenkopfverstärkungen
folgen Abb. 9.29. Der Ersatzdurchmesser für Recht-
eckstützen mit rechteckiger Stützenkopfverstärkung bei
9.2.4.6 Nachweis nach DIN 1045-1 lH = hH  1;5 ist nach Gl. (9.29) zu ermitteln.
und EN 1992-1-1
Einwirkungen
Die Durchstanztragfähigkeit von Platten ohne Durch- Nach DIN 1045-1, 10.5.3 ergibt sich die aufzunehmende
stanzbewehrung wird sowohl nach DIN 1045-1 als Querkraft im betrachteten Nachweisschnitt je Längenein-
auch nach EN 1992-1-1 auf die Gleichung für die heit vEd aus Gl. (9.38)
Querkrafttragfähigkeit ohne Querkraftbewehrung zu- ˇ  VEd
rückgeführt (s. Abschn. 7.3). Die wesentlichen Ein- vEd D : (9.38)
u
flussparameter fck , l , d und c werden erfasst; ei-
In Gl. (9.38) bedeuten:
ne Anpassung an Versuchsergebnisse erfolgt über kon-
VEd der Bemessungswert der gesamten aufzunehmen-
stante Koeffizienten. Der wesentliche Unterschied zwi-
den Querkraft
schen DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 ist der jeweils u Umfang des betrachteten Rundschnitts
gewählte Abstand zwischen Rundschnitt und Lastein- u D ucrit für den Nachweis nach Gl. (9.37).
leitungsfläche. Nach DIN 1045-1 ergibt sich für den ˇ Lasterhöhungsbeiwert zur Berücksichtigung nichtro-
Rundschnitt im Abstand 1;5d eine um 40% gegen- tationssymmetrischer Querkraftverteilungen; bei un-
verschieblichen Systemen und einem Stützweitenver-
über liniengelagerten Platten erhöhte Querkrafttragfä- hältnis benachbarter Felder im Bereich von 0;8 <
higkeit, während für EN 1992-1-1 der Abstand 2;0d leff;1 = leff;2 < 1;25 darf ˇ nach Abb. 9.22 angenom-
gewählt wurde, damit die rechnerische Tragfähigkeit men werden, sofern nicht – wie generell für ver-
des größeren Umfangs gerade diejenige liniengelager- schiebliche Systeme erforderlich – ein genauerer
ter Platten beträgt. Nachweis geführt wird (s. Abschn. 9.2.3.3)
Die resultierende Durchstanztragfähigkeit ist nach Die innerhalb des betrachteten Rundschnittes wirkenden,
beiden Normen sehr ähnlich; EN 1992-1-1 liefert im gleichmäßig verteilten Nutzlasten dürfen bei der Ermitt-
lung von VEd als Abzugswert berücksichtigt werden (be-
Vergleich eher geringfügig höhere Werte. Der große achte Sonderregelungen für die Bodenpressung bei Fun-
Umfang des kritischen Rundschnitts nach EN 1992-1- damenten. s. Abschn. 9.4). Die Reduktion der einwirken-
1 führt aber bei sehr kleinen Lastflächen u0 =d < 4 den Querkraft um auflagernahe Einzellasten entsprechend
338 9 Durchstanzen

DIN 1045-1, 10.3.2 ist jedoch nicht zulässig. Zur Anrech- Mindestmomente
nung der Querkraftkomponenten Vpd aus Vorspannkräften Nach DIN 1045-1, 10.5.6 ist die Platte im Bereich der Stüt-
innerhalb des kritischen Rundschnittes liegender geneig- zen für Mindestmomente entsprechend Gl. (9.30) für Mo-
ter Spannglieder vgl. Abschn. 9.5. mentenbeiwerte nach Tabelle 9.2 in den in Abb. 9.30 be-
zeichneten Bereichen nachzuweisen.
Querkrafttragfähigkeit von Platten ohne Durchstanz-
bewehrung Kollapsbewehrung
Die Querkrafttragfähigkeit vRd;ct längs des kritischen Rund- Hinsichtlich Kollapsbewehrung s. Abschn. 9.2.5.
schnittes für Platten ohne Durchstanzbewehrung nach
DIN 1045-1, 10.5.4 ist durch Gl. (9.39) gegeben. Normenregelung nach EN 1992-1-1
h i Nach EN 1992-1-1, 6.4.3 ist bei Platten ohne Durch-
vRd;ct D 0;14      .100  l  fck /1=3  0;12cd  d stanzbewehrung mit Gl. (9.43) nachzuweisen, dass die
(9.39) einwirkende Querkraft je Flächeneinheit vEd entlang des
kritischen Rundschnitts u1 den Bemessungswert des
In Gl. (9.39) bedeuten: Durchstanzwiderstandes je Flächeneinheit vRd;c nicht
überschreitet.
1 D 1;0 für Normalbeton; für Leichtbeton s. Gl. (3.93)
vEd  vRd;c (9.43)
 Maßstabsfaktor (d in mm)
r Kritischer Rundschnitt
200 Die Regeln zur Konstruktion des kritischen Rundschnit-
 D1C  2;0 (9.40)
d tes sind in EN 1992-1-1, 6.4.2 zusammengestellt. Der
kritische Rundschnitt ist in einem Abstand von 2;0d zur
d mittlere Nutzhöhe mit d D .dx C dy /=2 Lasteinleitungsfläche anzunehmen (s. Abb. 9.26, Klam-
dx Nutzhöhe der Platte im betrachteten Rundschnitt in merwerte). Öffnungen werden nach Abb. 9.27 berück-
x-Richtung sichtigt; an freien Rändern folgt der kritische Rundschnitt
dy Nutzhöhe der Platte im betrachteten Rundschnitt in Abb. 9.28, sofern sich dadurch ein kleinerer Umfang als
y-Richtung für geschlossene Rundschnitte nach Abb. 9.26 ergibt. Bei
l mittlerer Längsbewehrungsgrad innerhalb des be- Stützenkopfverstärkungen gilt Abb. 9.29; die Abgrenzung
trachteten Rundschnittes mit zwischen gedrungenen und schlanken Stützenköpfen er-
( folgt bei lH = hH D 2, allerdings darf für den Ersatzdurch-
p 0;50fcd =fyd messer bei ungleichseitigen rechteckigen Stützenköpfen
l D lx  ly  (9.41)
0;02 die lange Seite bis zum 1,5-fachen der kurzen Seite an-
gerechnet werden, d. h. sinngemäß gilt lc D 0;69  bc bei
lx Bewehrungsgrad, bezogen auf die Zugbewehrung in hc > 1;5bc (vgl. Gl. 9.29).
x-Richtung, die innerhalb des betrachteten Rund-
Einwirkungen
schnittes im Verbund liegt und außerhalb des be-
Die einwirkende Querkraft je Flächeneinheit vEd errechnet
trachteten Rundschnittes verankert ist. Bei Eck- und
sich nach EN 1992-1-1, 6.4.3 aus Gl. (9.44).
Randstützen mit einem Randabstand  d ist zur
Verankerung der Längsbewehrung senkrecht zum ˇ  VEd
vEd D (9.44)
Rand zusätzlich eine Randbewehrung aus Steckbü- ui  d
geln nach DIN 1045-1, 13.3.2 (10) mit einem gegen-
In Gl. (9.44) bedeuten:
seitigen Abstand sw  100 mm längs des Randes er-
forderlich. VEd Bemessungswert der gesamten aufzunehmenden
ly Bewehrungsgrad, bezogen auf die Zugbewehrung in Querkraft
y-Richtung, Definition analog lx d mittlere statische Nutzhöhe (Definition analog
cd Bemessungswert der Betonnormalspannung inner- DIN 1045-1)
halb des betrachteten Rundschnitts mit ui betrachteter Rundschnitt
ui D u1 für den Nachweis nach Gl. (9.43).
cd D .cd;x C cd;y /=2 ; (9.42a) ˇ Lasterhöhungsbeiwert zur Berücksichtigung nicht-
cd;x D NEd;x =Ac;x ; rotationssymmetrischer Querkraftverteilungen nach
Gl. (9.45)
cd;y D NEd;y =Ac;y : (9.42b)
MEd u1
ˇ D1Ck  : (9.45)
In den Gln. (9.42a) und (9.42b) sind cd;x und cd;y VEd W1
die Bemessungswerte der Betonnormalspannungen
innerhalb des betrachteten Rundschnittes in x- bzw. Zur Ermittlung von ˇ nach Gl. (9.45) s. Ab-
y-Richtung und NEd;x bzw. NEd;y die Bemessungs- schn. 9.2.3.3. Bei ausgesteiften Tragwerken, bei
werte der mittleren Längskräfte in den Querschnitten denen sich die Längen angrenzender Felder nicht um
Ac;x bzw. Ac;y durch den kritischen Rundschnitt infol- mehr als 25% unterscheiden, dürfen für ˇ die Werte
ge Vorspannung oder sonstiger Einwirkungen (NEd < nach Abb. 9.22 angenommen werden (NDP! !
0 als Längsdruckkraft). Abb. 9.22 gibt empfohlene sowie abweichend davon
bzw. ergänzend in NA D und A angegebene
Zu Ergänzungen für Fundamente s. Abschn. 9.4. Werte wieder.)
9.2 Platten ohne Durchstanzbewehrung 339

Querkrafttragfähigkeit von Platten ohne Durchstanz- • ˇ -Faktoren, die mit Gl (9.45) berechnet wurden, müs-
bewehrung sen zusätzlich die Bedingung ˇ  1;10 erfüllen.
Nach EN 1992-1-1, 6.4.4 ist der Bemessungswert der • Die Berechnung von ˇ -Faktoren für Randstützen über
Querkrafttragfähigkeit je Flächeneinheit vRd;c im kritischen verkürzte Rundschnitte (vgl. Abb. 9.21) ist nicht zuläs-
Rundschnitt u1 nach den Gln. (9.46) und (9.47) zu ermit- sig.
teln. • Die ˇ -Faktoren für Wandenden und -ecken nach
Abb. 9.22 sind mit EN 1992-1-1 anzuwenden.
vRd;c D CRd;c  k  1  .100  l  fck /1=3 C k1  cp (9.46) • Für Stützenkopfverstärkungen wird die Nachweisgren-
 vmin C k1  cp (9.47) ze zwischen gedrungenen und schlanken Stützenköp-
fen lH = hH D 2;0 ersetzt durch lH = hH D 1;5.
In den Gln. (9.46) und (9.47) bedeuten: • Der Bewehrungsgrad l in Gl. (9.46) wird zusätzlich be-
CRd;c ! NDP (Tabelle 9.3) grenzt auf l  0;5fcd =fyd .
k Maßstabsfaktor (d in mm)
r A ÖNORM EN 1992-1-1 – Ergänzungen
200 Zur Anwendung von EN 1992-1-1 werden die geometri-
k D 1C  2;0 (9.48)
d schen Randbedingungen für Lasteinleitungsflächen nach
1 D 1;0 für Normalbeton, Abb. 9.24b ergänzt. Sofern die belastete Fläche die Anfor-
für Leichtbeton vgl. DIN 1045-1 derungen nicht erfüllt, ist für den Durchstanznachweis nur
l mittlerer Längsbewehrungsgrad der Teil einer Einleitungsfläche nach Abb. 9.24c heranzu-
p ziehen. Für den Querkraftwiderstand der übrigen Teile gilt
l D ly  lz  0;02 (9.49) EN 1992-1-1, 6.2; der Gesamtwiderstand ist die Summe
ly Bewehrungsgrad, bezogen auf die verankerte Zugbe- des Durchstanz- und Querkraftwiderstandes.
wehrung in y-Richtung als Mittelwert über eine Plat- Darüber hinaus wird die Anordnung einer Mindest-
tenbreite entsprechend der Stützenabmessung zu- Biegebewehrung gefordert. Die erforderliche Menge ergibt
züglich einer Breite von jeweils 3d zu beiden Seiten
sich aus Gl. (9.30) mit z D 0;9d für Momentenbeiwerte
der Stütze.
lz Bewehrungsgrad, bezogen auf die verankerte Zugbe- nach Tabelle 9.2 in den in Abb. 9.30 angegebenen Berei-
wehrung in z-Richtung, Definition analog ly . chen.
k1 ! NDP (Tabelle 9.3)
cp Bemessungswert der Betonnormalspannungen
innerhalb des kritischen Rundschnitts; Definition
analog DIN 1045-1, allerdings sind Druckspannun- 9.2.5 Kollapsbewehrung
gen positiv anzusetzen.
vmin Mindestwert der Querkrafttragfähigkeit
! NDP (Tabelle 9.3). Eine Reihe von Schadensfällen zeigt, dass es nach
Zu Ergänzungen für Fundamente s. Abschn. 9.4. einem Durchstanzversagen an einzelnen Stützen zum
progressiven Kollaps, also zum Einsturz von größe-
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen ren Tragwerksteilen bzw. ganzer Gebäude kommen
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt: kann (vgl. Beispiele 9.1 und 9.2). Da die Resttrag-
• Die Anwendungsgrenzen für ausgedehnte Einleitungs- fähigkeit von Platten-Stützen-Verbindungen nach ei-
flächen nach Abb. 9.24c werden übernommen. nem Durchstanzen äußerst gering ist, muss der größ-
te Teil der Stützenlast auf Nachbarstützen umgelagert
Tabelle 9.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
werden, die hierfür i. d. R. nicht ausgelegt sind. Auch
Nachweis gegen Durchstanzen ohne Durchstanzbewehrung durch die Anordnung von Durchstanzbewehrung ist
ein sprödes Versagen einhergehend mit einem annä-
NDP EU D A hernd vollständigen Tragfähigkeitsverlust nicht ausge-
schlossen.
C 0;18=c 0;18=c a Ein progressiver Kollaps kann vermieden werden,
CRd;c EU
LC 0;15=c 0;18=c a wenn die Platten-Stützen-Verbindung ausreichend
p Resttragfähigkeit besitzt. Hierfür wurde in Kupfer
C 0;035 k 3 fck 1 =c  k 3=2 fck1=2 b
vmin p EU u. Georgopoulos (1986) vorgeschlagen, unmittelbar
LC 0;028 k 3 fck 0
über der Stütze Bewehrungsstäbe in der unteren
C 0;10 Lage anzuordnen, die zu beiden Seiten des kritischen
k1 EU EU
LC 0;08 Schubrisses – also des Stanzkegels – verankert werden
und nach dem Durchstanzen als Abreißbewehrung mit
a
Die reduzierte Tragfähigkeit bei kleinen Lasteinleitungsflächen mit
u0 < 4d ist bei Innenstützen zu berücksichtigen mit CRd;c D
Fsd D VEd wirken (Abb. 9.31). Bei Innenstützen sollte
0;18=c .0;1u0 =d C 0;6/; u0 ist der Umfang einer Stütze; vgl. hierzu die Kollapsbewehrung kreuzend, d. h. in Richtung
Erläuterungen zu Gl. (9.73). der Gurtstreifen angeordnet werden, bei Randstützen
b
mit 1 D 0;0525 für d  600 mm und 1 D 0;0375 für d > 800 mm;
Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden. parallel zum Rand.
340 9 Durchstanzen

Betondeckung abgeplatzt V
Gl. (9.30) maßgebend werden. Nach Tabelle 9.2 gelten
für die negativen Plattenbiegemomente über der Innen-
stütze x D y D 0;125; für beide Richtungen folgt
damit

mEd;x D mEd;y D x  VEd D 0;125  660


V D 82;5 kNm/m :
Kollapsbewehrung w
mit Kollapsbewehrung Das Mindestmoment ist entsprechend Abb. 9.30 auf je-
ohne Kollapsbewehrung weils 0;3l D 0;3  6;0 D 1;8 m, also 0,9 m zu beiden
Seiten der Stützenachse zu überprüfen. Nach Abb. 9.32
Abbildung 9.31 Kollapsbewehrung – Wirkungsweise und Last-
ist das Biegemoment aus der Schnittgrößenermittlung im
Verformungs-Beziehung
gesamten Bereich betragsmäßig größer als die Mindest-
momente, die damit nicht maßgebend werden. Die Be-
asx : 14/200 + 12/200 wehrungsgrade in den beiden Richtungen sind (obere La-
a sy : 14/100 0,1l = 600 ge D x-Richtung):
-140 kNm/m
mEd,x= mEd,y -93 as;x 13;4
lx D D D 0;0048 ;
dx 27  100
x
as;y 15;4
300 ly D D D 0;0060 :
270 255 2 14 dy 25;5  100

C30/37 2 14
Der mittlere Bewehrungsgrad ist damit
l = 6,0 m p p
400 l D lx  ly D 0;0048  0;0060 D 0;0054
fcd 0;85  30=1;5
VEd = 660 kN  0;50  D 0;50  D 0;0196 :
MEd= 0 fyd 500=1;15
x

400/2 Die mittlere statische Höhe ist


390
d D 0;5  .dx C dy / D 0;5  .0;27 C 0;255/  0;26 :
390 ucrit
Aus dem kritischen Rundschnitt im Abstand 1;5d zum
Stützenanschnitt gemäß Abb. 9.32b ergibt sich ucrit zu
y
ucrit D 4a C 3d 
Abbildung 9.32 Beispiel 9.5: Durchstanznachweis an einer In- D 4  0;4 C 3  0;26   D 4;05 m :
nenstütze
Die einwirkende Querkraft entlang des kritischen Rund-
schnitts ergibt sich mit ˇ D 1;05 (Wert für Innenstützen
Eine explizite Bemessung der Kollapsbeweh- nach DIN 1045-1 entsprechend Abb. 9.22; Anwendung
zulässig, da Stützweitenverhältnis 0;8 < leff;1 = leff;2 <
rung ist nur in DIN 1045-1 vorgesehen (Abschn. 1;25 wegen quadratischem Stützenraster erfüllt) zu
13.3.2 (12)): Für die außergewöhnliche Bemessungs-
situation (s. Abschn. 2.2.4) mit den zugehörigen ˇ  VEd 1;05  660
vEd D D D 171;1 kN/m :
Teilsicherheitsbeiwerten F D 1;0 und s D 1;0 folgt ucrit 4;05
der Gesamtquerschnitt der Kollapsbewehrung zu Mit dem Maßstabsfaktor
r r
VEd;a VEk  D 1C
200
D1C
200
D 1;88  2;0
As;req D D : (9.50) d 260
fyd fyk
errechnet sich die Querkrafttragfähigkeit längs des kri-
Vereinfachend kann VEk aus der Stützenlast der tischen Rundschnittes ohne Durchstanzbewehrung nach
ständigen/vorübergehenden Bemessungssituation über Gl. (9.39) mit cd D 0 zu
VEd;a D VEk D VEd =F mit F  1;4 ermittelt werden.
vRd;ct D 0;14      .100  l  fck /1=3  d
EN 1992-1-1 sieht dagegen nur über Innenstützen
die Anordnung von jeweils mindestens zwei Stäben in D 0;14  1;0  1;88  .100  0;0054  30/1=3  0;26
unterer Lage in Richtung der Gurtstreifen vor. D 0;173 MN/m D 173 kN/m
> vEd D 171 kN/m :
Beispiel 9.5
Für den Ausschnitt der Flachdecke auf quadratischem Damit ist der Nachweis der Durchstanztragfähigkeit ge-
Stützenraster nach Abb. 9.32 soll die Durchstanztrag- rade erbracht. Als Kollapsbewehrung zur Vermeidung ei-
fähigkeit an der Innenstütze nachgewiesen werden. nes progressiven Versagens ist Bewehrung mit dem Quer-
Zunächst wird geprüft, ob die Mindestmomente nach schnitt
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 341

VEd;a VEd =1;4 660=1;4


As;req D  D D 9;43 cm2
fyk fyk 50

erforderlich. In der unteren Lage kreuzweise in beiden


Richtungen sind nach Abb. 9.32 jeweils 2 Stäbe mit ds D
14 mm eingebaut; da die Stäbe jeweils zweischnittig wir-
ken, ergibt sich

As;prov D 4  2  1;54 D 12;3 cm2 :


a Schrägstäbe b vertikale Bewehrung
Die Kollapsbewehrung ist damit ausreichend.
Abbildung 9.33a,b Wirkungsweise der Durchstanzbewehrung

9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung

9.3.1 Arten von Durchstanzbewehrung


a Bügel, Haken
Wie die Querkraftbewehrung bei Balken muss eine
Durchstanzbewehrung in der Lage sein, die bei der
Schubrissbildung frei werdenden Zugkräfte aufzuneh-
men. Hierfür eignet sich Bewehrung, die – wie in
Abb. 9.33 dargestellt – entweder senkrecht zum Riss
z. B. in Form aufgebogener Längsstäbe eingelegt wird
oder die Risse vertikal kreuzt. Angesichts der rotati-
onssymmetrischen Verteilung der Querkräfte zumin-
dest bei Innenstützen muss die Bewehrung konzen-
trisch um die Lasteinleitungsfläche angeordnet wer-
den.
b Doppelkopfbolzen, Dübelleisten,
Zur Bewehrung bzw. Verstärkung des Durchstanz- Gitterträger
bereichs steht heute ein breites Spektrum unterschied-
licher Elemente zur Verfügung:
• Bügel, Schrägstäbe, Bügelkörbe (Abb. 9.34a)
! Bemessung nach DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1
• Dübelleisten, Doppelkopfbolzen, Gitterträger
(Abb. 9.34b)
! Bemessung nach BAZ8
• Stahlbaumäßige Lösungen (Abb. 9.34c)
! Bemessung nach BAZ.
Die Ende der 70er Jahre entwickelten Dübelleis- c Geilinger Stahlpilz, Verbundträgerkreuz
ten und Doppelkopfbolzen bestehen zumeist aus Rund- Abbildung 9.34a–c Durchstanzbewehrung – Beispiele
stählen aus BSt 500 mit Durchmessern von 10 bis
25 mm mit ein- oder beidseitig aufgestauchtem Kopf,
dessen Durchmesser i. d. R. dem dreifachen Bolzen-
durchmesser entspricht. In der ursprünglichen Form z. B. Klemmleisten, angeschweißten Montagestäben,
als Dübelleiste sind die Bolzen einseitig auf Flach- etc. geliefert. Durch die effiziente Verankerung in der
stahlleisten aufgeschweißt, die in die Stütze einbin- Druck- und Zugzone von Platten können Dübel und
den und damit gleichzeitig die Druckzone verstärken Doppelkopfbolzen gegenüber Bügelbewehrung besser
(Andrä 1979, 1981). Doppelkopfanker werden – je ausgenutzt werden und ermöglichen eine höhere Ma-
nach Hersteller – mit unterschiedlichen Einbauhilfen, ximaltragfähigkeit. Primär für Elementdecken werden
darüber hinaus Gitterträger als Durchstanzbewehrung
8
BAZ = allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen eingesetzt (vgl. Eligehausen u. a. 2003). Die genann-
Instituts für Bautechnik, zukünftig ggf. durch eine Europäische ten Bewehrungselemente fallen allerdings nicht in den
Technische Zulassung ersetzt. Anwendungsbereich von DIN 1045-1 bzw. EN 1992-
342 9 Durchstanzen

1-1; ihre Bemessung muss auf der Grundlage allgemei- chung der Dübelwirkung entstehen daher horizontale
ner bauaufsichtlicher Zulassungen erfolgen. Risse in der Ebene der Längsbewehrung; die Beton-
Die stahlbaumäßigen Lösungen nach Abb. 9.34c deckung wird sukzessive abgehoben (vgl. Abb. 7.11).
folgen dem Prinzip der Stützenkopfverstärkung; der In Versuchen mit konventionellen Bügeln zeigte sich
Durchstanzkegel wird durch einbetonierte Elemente zudem, dass die Stahlspannungen bedingt durch den
deutlich vergrößert und damit die Durchstanztragfä- Verankerungsschlupf nicht die Streckgrenze erreichen,
higkeit angehoben. Den Elementen gemeinsam ist die während bei Dübeln, Doppelkopfbolzen oder auch
durchlaufende obere Bewehrungslage; die Bauhöhe ist Schrägstäben i. d. R. Fließen eintritt.
daher i. d. R. geringer als die Nutzhöhe d . Ein Durchstanzversagen kann letztlich durch drei
Bereits in den 30er Jahren wurden in den USA verschiedene Szenarien eintreten (Bezeichnungen der
Trägerkreuze über Stützen einbetoniert. Bei dem in zugehörigen Bemessungswerte des Widerstandes nach
der Schweiz entwickelten und seit Anfang der 80er DIN 1045-1 in Klammern, vgl. Abb. 9.35):
Jahre in Deutschland zugelassenen Geilinger Stahlpilz

1 Kombiniertes Biege-Schub-Versagen der einge-
werden die Querkräfte durch den Stahlkragen aufge-
schnürten Druckzone am Stützenanschnitt (!
nommen und über Stahlstege in die Stütze transportiert
vRd;max )
(Andrä u. a. 1984). Neuere Entwicklungen wie z. B.

2 Versagen der Durchstanzbewehrung (! vRd;sy )
mit Kopfbolzendübeln versehene Durchstanzkreuze

3 Durchstanzversagen außerhalb des durchstanzbe-
(vgl. Hanswille 2004) nehmen das Konstruktions-
wehrten Bereichs (! vRd;ct;a ).
prinzip einer unsichtbaren Stützenkopfverstärkung
ebenfalls auf. Die Bemessung derart verstärkter Die Traglast bei Versagensform  1 entspricht der
Decken folgt allgemeinen bauaufsichtlichen Zulas- maximal erreichbaren Durchstanzlast. In anderen
sungen; darüber hinaus sind für die Elemente selbst Worten: Die Tragfähigkeit kann auch nicht durch eine
Stahlbaunachweise zu führen. Anhebung der Durchstanzbewehrungsmenge oder
In den folgenden Abschnitten wird primär die Be- durch eine Ausweitung des bewehrten Bereichs über
messung konventioneller Querkraftbewehrung gemäß vRd;max hinaus gesteigert werden. Je nach verwende-
DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 behandelt. tem Bewehrungstyp liegt die maximale Tragfähigkeit
nur 50% (Bügel) bis 90% (Doppelkopfanker) über der
Tragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung.
Neben den bereits für unbewehrte Platten wesentli-
9.3.2 Tragverhalten und Versagensformen chen Größen d , u0 , l , fck und c haben folgende Pa-
rameter entscheidenden Einfluss auf die Traglast:
Im Versuch verhält sich eine durchstanzbewehrte Plat- • Bewehrungsmenge
te zunächst ähnlich einer Platte ohne spezielle Be- Mit steigender Bewehrungsmenge nimmt naturge-
wehrung; es entstehen sukzessive Radial- und Tan- mäß die Tragfähigkeit des bewehrten Bereichs zu;
gentialrisse an der Oberseite. Ab etwa 50% der spä- die Traglaststeigerung ist nicht beliebig, sondern
teren Bruchlast wird die Querkraftbewehrung im un- durch Versagensform  1 begrenzt.
mittelbaren Durchstanzbereich, d. h. im Bereich des • Größe des durchstanzbewehrten Bereichs
Durchstanzkegels bis zu einem Abstand von ca. 1;5d Der durchstanzbewehrte Bereich ist im Grunde
vom Stützenrand, aktiviert – ausgelöst durch eine fort- wie eine (gedrungene) Stützenkopfverstärkung
schreitende innere Schrägrissbildung. zu behandeln und bildet eine vergrößerte Ein-
Der kritische Schubriss tritt wieder mit einer Nei- leitungsfläche, an deren Rand bei ausreichend
gung von ca. 30–35ı auf, führt jetzt allerdings nicht
mehr zum schlagartigen Versagen, da die Querkraft
durch die kreuzende Bewehrung rückgehängt und 2 vRd,sy
über schräge Druckstreben nach außen abgeleitet wird
(Abb. 9.35). Einhergehend mit der dadurch möglichen
weiteren Laststeigerung wandert die Rissfront der
Schrägrisse weiter nach außen. Mit der fortschrei-
tenden Rissbildung wird auch weiter von der Stütze 1 vRd,max 3 vRd,ct,a

entfernt liegende Querkraftbewehrung aktiviert.


Übliche Durchstanzbewehrungselemente umfassen
i. d. R. nicht beide Bewehrungslagen der Zugbeweh- Abbildung 9.35 Schnittbild einer Platte nach einem Durch-
rung (vgl. Abb. 9.34a). Mit zunehmender Beanspru- stanzversuch (nach Versuch Z3, Beutel 2002)
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 343

großen Querkraftbeanspruchungen ein Durch- 70% der Streckgrenze als Bügelspannung angesetzt
stanzversagen eintreten kann (! Versagensform werden; erst bei Plattendicken von 740 mm (EN)
).
3 Mit größerem durchstanzbewehrtem Bereich bzw. 800 mm (DIN) kann fyd in Ansatz gebracht
nimmt allerdings auch die Durchstanztragfähigkeit werden.
außerhalb dieses Bereichs ab und nähert sich der Durch die reduzierte Verbundsteifigkeit der Bü-
Querkrafttragfähigkeit liniengelagerter Platten. gelbewehrung verliert der gesamte Durchstanzbe-
• Verankerungsqualität der Durchstanzbewehrung reich an Steifigkeit; die Verformung – oder, verein-
Für die Querkraftbewehrung von Platten üblicher- facht gesagt, die Rotation der Sektorelemente um
weise verwendete Bügel nach Abb. 9.34a werden die Druckzone am Stützenanschnitt – nimmt da-
über kurze, vorwiegend horizontale Abbiegungen durch zu. Damit wird gleichzeitig die Druckzone
verankert und umfassen lediglich eine Lage der stärker eingeschnürt, die Gefahr eines kombinierten
Bewehrung in Zug- und Druckzone. Bei dünnen Biege-Schub-Versagens am Stützenanschnitt steigt
Platten bleibt die effektive Verankerungslänge auf (! Versagensform ). 1 Aus diesem Grund liegt für
die Abbiegung beschränkt, die nicht ausreicht, Bewehrungselemente mit hoher Verankerungsstei-
um die Streckgrenzkraft des Bügels aufzunehmen. figkeit – z. B. Kopfbolzendübel oder Doppelkopf-
Durch die begrenzte Verankerungslänge entsteht bolzen – die maximale Tragfähigkeit vRd;max deut-
ein Verankerungsschlupf, d. h. die Bügelbewehrung lich über dem Wert, der bei konventioneller Bügel-
ist nur eingeschränkt in der Lage, die Schubrisse zu bewehrung zu erreichen ist.
verklammern. Da die erforderliche Verankerungs-
länge mit dem Stabdurchmesser ansteigt, verhalten
sich dünne Stäbe deutlich günstiger als dicke. In
DIN 1045-1 finden sich daher Obergrenzen für 9.3.3 Tragmodelle
Stabdurchmesser in Abhängigkeit der Nutzhöhe und Bemessungskonzepte
(ds  0;05d für Bügel ! Stabdurchmesser
 8–12 mm; ds  0;08d für Aufbiegungen). Mit In Abb. 9.36 sind zwei unterschiedliche Fachwerk-
zunehmender Plattendicke nimmt der Anteil aus modelle dargestellt, die das grundsätzliche Tragver-
Verbundverankerung des vertikalen Bügelschenkels halten durchstanzbewehrter Platten wiedergeben. Sie
zu; entsprechend steigt die erreichbare Stahlspan- dienen daher auch als Basis für die Bemessung nach
nung mit der Nutzhöhe an. Nach DIN 1045-1 und DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wie auch für den Nach-
EN 1992-1-1 dürfen bei dünnen Platten nur ca. weis bei Dübelleisten und Doppelkopfbolzen im Rah-
men bauaufsichtlicher Zulassungen:
• Aufhängefachwerk nach Abb. 9.36a
2 Im Aufhängefachwerk wird die gesamte Querkraft
theoretischer Stanzkegel
in den Bewehrungselementen, die innerhalb des
primären Durchstanzbereichs zu beiden Seiten des
Durchstanzrisses verankert sind, hochgehängt und
von dort direkt in die Stütze abgetragen (Andrä
1982).9
1 3
• klassisches Fachwerk nach Abb. 9.36b
Für das klassische Fachwerk wird – in Analogie
a Aufhängefachwerk zum Moersch’schen Fachwerk querkraftbewehrter
Balken – davon ausgegangen, dass die Querkraft
im primären Durchstanzbereich von einem Beweh-
rungselement zum nächsten transportiert wird und
erst in der Reihe, die der Stütze am nächsten liegt,
9
Das Rissbild des in Abb. 9.36 dargestellten Versuchs an einer
mit Doppelkopfbolzen bewehrten Platte deutet darauf hin, dass
in diesem Fall ein Aufhängefachwerk dem realen Tragverhal-
b klassisches Fachwerk
ten relativ nahe kommt: die Risse verlaufen annähernd parallel
zu den eingezeichneten schrägen Druckstreben, zudem wird die
Abbildung 9.36a,b Fachwerkmodelle für den durchstanzbe- Druckstrebe zwischen zweitem Bolzen und Knoten im Stützen-
wehrten Bereich (Nur schräge Druckstreben dargestellt; Versa- anschnitt nicht von groben Rissen gekreuzt, eine direkte Lastab-
gensformen 1 bis 
3 gekennzeichnet) tragung aus der zweiten Bewehrungsreihe ist demnach möglich.
344 9 Durchstanzen

nochmals hochgehängt und dann direkt in die Stüt- wirklichkeitsfremden Bruchmechanismus z. T. erheb-
ze getragen wird. Gegenüber dem Aufhängefach- lich überschätzt wird (vgl. Hegger u. a. 2006a, 2007;
werk sind die Beanspruchungen der Bewehrung im Schustereder u. a. 2008). Sowohl im NA D als
Durchstanzbereich dem entsprechend vergrößert. auch im NA A wurden daher abweichende Glei-
Der Durchstanznachweis bei Platten mit Durch- chungen mit Bezug auf vRd;ct eingeführt.
stanzbewehrung besteht – den möglichen Versagens-
formen  1 bis  3 entsprechend – aus der Überprü- Bemessung der Bewehrung (vRd;sy bzw. vRd;cs )
fung dreier Bemessungswerte der Tragfähigkeit nach Die Bemessungskonzepte gehen zunächst davon aus,
Gl. (9.51) (Bezeichnungen der Bemessungswerte nach dass die Durchstanzbewehrung in einzelnen, äquidis-
EN 1992-1-1 in Klammern). tanten Reihen konzentrisch um die Einleitungsfläche
8 herum angeordnet wird. Die Anzahl der Reihen und
ˆ
< vRd;max .vRd;max /
ˆ damit die Größe des durchstanzbewehrten Bereichs
vEd  vRd;sy .vRd;cs / (9.51) wird durch den Durchstanznachweis außerhalb dieses
ˆ
:̂ v .v / Bereiches bestimmt. Abhängig vom zugrunde liegen-
Rd;ct;a Rd;c
den Tragmodell nach Abb. 9.36 ergeben sich unter-
Maximaler Durchstanzwiderstand (vRd;max ) schiedliche Bemessungsstrategien und damit erforder-
Die maximale Durchstanztraglast wird durch das Ver- liche Bewehrungsmengen:
sagen der eingeschnürten Betondruckzone am An- • EN 1992-1-1
schnitt zur Stütze bestimmt (! Versagensform  1 in In EN 1992-1-1 wird vorausgesetzt, dass
den Abbn. 9.35 und 9.36). Der Versagensmechanismus P in jeder
Reihe die gleiche Bewehrungsmenge Asw ein-
ist damit dem bei Durchstanzen von Platten ohne Quer- gebaut wird. Die erforderliche Menge ergibt sich
kraftbewehrung eng verwandt. Da die wesentlichen aus dem Aufhängefachwerk nach Abb. 9.36a, d. h.
Einflussgrößen auf die Beanspruchungen in der Druck- aus einer integralen Betrachtung des unmittelba-
zone am Stützenanschnitt in beiden Versagensszenari- ren Durchstanzbereichs. Einzelne Nachweisschnitte
en identisch sind – Längsbewehrungsgrad, Nutzhöhe müssen nicht betrachtet werden. Die Anordnung der
und Maßstabseffekt, Betondruck- und Zugfestigkeit – Bewehrung wird darüber hinaus durch Konstrukti-
liegt es nahe, vRd;max nach Gl. (9.52) als Vielfaches der onsregeln gesteuert.
Tragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung vRd;ct fest- • DIN 1045-1
zulegen (vgl. Beutel 2002). Dieser Weg wurde für Im Unterschied zu EN 1992-1-1 setzt DIN 1045-
DIN 1045-1 beschritten und für die über Zulassungen 1 auf dem klassischen Fachwerk nach Abb. 9.36b
geregelten Bewehrungsformen übernommen. auf; dem entsprechend wird zwischen der Bemes-
sung der ersten Reihe am Stützenrand und den fol-
vRd;max;DIN D ˛max  vRd;ct (9.52) genden Reihen unterschieden. Die Bemessung ba-
siert auf der expliziten Betrachtung der einzelnen
Der Koeffizient ˛max muss hierfür aus Versuchser-
Reihen und erlaubt damit eine Abstufung der er-
gebnissen ermittelt werden und liegt für Bügel und
forderlichen Bewehrung mit nach außen abnehmen-
Schrägstäbe nach DIN 1045-1 bei ˛max D 1;5.
der Bewehrungsmenge. Jede Bewehrungsreihe ist
Im Gegensatz zum Vorgehen nach DIN 1045-1
einem Nachweisschnitt, der dem kritischen Rund-
wird in EN 1992-1-1 als limitierender Versagens-
schnitt geometrisch ähnlich ist, zuzuordnen.
mechanismus für vRd;max ein Versagen der schrägen
Betondruckstrebe im Stützenanschnitt angesehen. In Das für Dübelleisten und Doppelkopfbolzen in
Analogie zum Druckstrebenversagen bei querkraftbe- bauaufsichtlichen Zulassungen verankerte Bemes-
wehrten Bauteilen wird die Tragfähigkeit durch die sungskonzept basiert auf einem Aufhängefachwerk
Betondruckfestigkeit der Druckstrebe nach Gl. (9.53) nach Abb. 9.36a, allerdings mit gegenüber EN 1992-1-
begrenzt. 1 restriktiveren Voraussetzungen (s. Abschn. 9.3.4.2).

vRd;max;EN D 0;5fcd ; (9.53)


  Durchstanznachweis außerhalb des durchstanzbe-
fck
mit  D 0;6 1  wehrten Bereichs (vRd;ct;a bzw. vRd;c )
250
Der Nachweis außerhalb des bewehrten Bereichs ent-
Eine Gegenüberstellung von vRd;max nach Gl. (9.53) spricht einem Durchstanznachweis für Platten ohne
mit Versuchsergebnissen zeigt, dass die maximale Querkraftbewehrung, für den der gesamte bewehrte
Durchstanztragfähigkeit durch die Annahme eines Bereich als Lasteinleitungsfläche betrachtet wird. Der
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 345

Nachweis wird im sog. äußeren Rundschnitt geführt, Nachweis der Bewehrung


der nach DIN 1045-1 und nach EN 1992-1-1 gleicher- Durchstanzbewehrung senkrecht zur Plattenebene (˛ D
maßen in einem Abstand von 1;5d um die äußerste Be- 90ı ) ist entsprechend Abb. 9.37 in konzentrischen Rei-
hen über den Umfang gleichmäßig verteilt anzuordnen.
wehrungsreihe verläuft. Für die erste Reihe im Abstand 0,5 d zum Stützenrand
Da in DIN 1045-1 zwischen der Querkrafttrag- folgt nach DIN 1045-1, 10.5.5 (2) der Bemessungswert der
fähigkeit liniengelagerter Platten und der höheren Querkrafttragfähigkeit aus Gl. (9.56).
Durchstanztragfähigkeit bei konzentrierter Lasteinlei-
s  Asw  fyd
tung unterschieden wird, muss die graduelle Abnahme vRd;sy D vRd;c C (9.56)
u
der Tragfähigkeit mit zunehmendem Umfang der
Einleitungsfläche berücksichtigt werden. Für alle weiteren Bewehrungsreihen mit gegenseitigem
Abstand sw  0;75d gilt:

s  Asw  fyd  d
vRd;sy D vRd;c C : (9.57)
u  sw
9.3.4 Nachweis nach DIN 1045-1
In den Gln. (9.56) und (9.57) bedeuten:
9.3.4.1 Normenregelung vRd;c Betontraganteil; vRd;c darf mit vRd;ct nach Gl. (9.39)
gleichgesetzt werden.
Das in DIN 1045-1 enthaltene Bemessungskonzept für s Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der
Bauteilhöhe auf die Wirksamkeit der Bewehrung
Platten mit Durchstanzbewehrung geht u. a. auf Beutel nach Gl. (9.58) mit d in mm.
(2002) zurück und weist einige Unterschiede zu den (
Konzepten in bauaufsichtlichen Zulassungen für z. B. d  400  0;7
s D 0;7 C 0;3  (9.58)
Doppelkopfbolzen oder EN 1992-1-1 auf. Den Erläu- 400  1;0
terungen zu einzelnen Punkten werden die Normenre-
gelungen vorangestellt. Asw Summe der Querschnitte aller Bewehrungsele-
mente der betrachteten Reihe
Normenregelung nach DIN 1045-1 fyd Bemessungswert der Stahlspannung
u Umfang des betrachteten Nachweisschnittes
Für Platten, bei denen Durchstanzbewehrung erforderlich
sw wirksame Breite einer Bewehrungsreihe nach
wird, sind nach DIN 1045-1, 10.5.5 Nachweise gemäß
Abb. 9.37, d. h. gegenseitiger Abstand der
Gl. (9.54) zu führen:
Bewehrungsreihen mit sw  0;75d .
8
< vRd;max
ˆ Für Schrägstäbe mit einer Neigung von 45ı  ˛ 
vEd  vRd;sy : (9.54) 60ı gegen die Plattenebene errechnet sich vRd;sy gemäß
:̂ DIN 1045-1, 10.5.5 (3) für einen Rundschnitt im Abstand
vRd;ct;a
0;5d vom Stützenrand nach Gl. (9.59).
In Gl. (9.54) bedeuten:
1;3  As  sin ˛  fyd
vRd;sy D vRd;c C (9.59)
vEd Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft u
je Längeneinheit des betrachteten Rundschnitts
nach Gl. (9.38) Sofern ausschließlich Schrägstäbe verwendet werden,
vRd;max Bemessungswert der maximalen Querkrafttragfä- dürfen sie entsprechend Abb. 9.37 bzw. Abb. 9.38 nur
higkeit längs des kritischen Rundschnitts im Bereich von 1;5d um die Stütze angeordnet werden.
Schrägstäbe dürfen dabei auf den Durchstanzwiderstand
vRd;sy Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit mit
angerechnet werden, wenn sie nicht weiter als 0;25d vom
Durchstanzbewehrung längs innerer Nachweis-
Stützenrand entfernt liegen.
schnitte
vRd;ct;a Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit längs
des äußeren Rundschnittes, für den keine Durch- Nachweis im äußeren Rundschnitt
stanzbewehrung mehr erforderlich ist. Nach DIN 1045-1, 10.5.5 (4) ist die Durchstanztragfä-
Ergänzungen zum Nachweis von Fundamenten folgen in higkeit ohne Durchstanzbewehrung im äußeren Rund-
Abschn. 9.4 dieses Bandes. schnitt im Abstand 1;5d zur letzten Bewehrungsreihe nach
Gl. (9.60) nachzuweisen.

vRd;ct;a D a  vRd;ct (9.60)


Maximale Querkrafttragfähigkeit
Nach DIN 1045-1, 10.5.5 (1) ist die maximale Querkraft- In Gl. (9.60) bedeuten:
tragfähigkeit längs des kritischen Rundschnittes im Ab-
stand 1;5d zur Lasteinleitungsfläche nach Gl. (9.55) unter vRd;ct Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanzbeweh-
Verwendung von vRd;ct nach Gl. (9.39) zu ermitteln. rung; zu berechnen nach Gl. (9.39) unter Ansatz
des Längsbewehrungsgrades l im äußeren
vRd;max D 1;5vRd;ct (9.55) Rundschnitt
346 9 Durchstanzen

a Beiwert zur Berücksichtigung des Übergangs zum d sw sw sw


Plattenbereich mit einer Querkrafttragfähigkeit lini-
engelagerter Platten (s. Abschn. 7.3.3)
VEd d
0;29  lw
a D 1   0;71 (9.61) U1 U2 U3 Ui Ua
3;5  d

lw Breite des Bereichs mit Durchstanzbewehrung au- 0,5 d sw sw sw


ßerhalb der Lasteinleitungsfläche nach Abb. 9.37. VEd lw 1,5d
Mindestbewehrung
Wenn Durchstanzbewehrung erforderlich wird, darf der
Bewehrungsgrad in den inneren Rundschnitten w nach
Gl. (9.62a) bei Bewehrung senkrecht zur Plattenfläche Ua
bzw. nach Gl. (9.62b) bei Schrägstäben nicht unterschrei-
ten (DIN 1045-1, 10.5.5 (5) i. V. m. 13.3.3).
Ui
Asw
w D  min w (9.62a) U3
sw  u
As  sin ˛ U2
D  min w (9.62b)
sw  u
U1
In den Gln. (9.62a) und (9.62b) bezeichnen:
sw bei vertikaler Bewehrung (˛ D 90ı ) der Abstand
der Bewehrungsreihen; bei geneigter Bewehrung
sw D d 0,5 d sw sw sw 1,5d
min w D 1;0
 Grundwert der Mindestquerkraftbewehrung a Durchstanzbewehrung mit vertikalen Bügelschenkeln
fctm d
 D 0;16  1  ; mit 1  0;85 : (9.63) 2
fyk

Konstruktive Durchbildung
α VEd d
Nach DIN 1045-1, 13.3.3 (5) ist Durchstanzbewehrung den
Regeln in Abb. 9.38 entsprechend anzuordnen. Die Stab- U1 Ua 1
durchmesser der Durchstanzbewehrung sind hierfür nach
Gl. (9.64) auf die vorhandene mittlere statische Nutzhöhe 0,5 d
d der Platte abzustimmen. VEd _
lw <1,5d
( 1,5d
0;05  d für Bügel
ds  (9.64)
0;08  d für Schrägstäbe

Sofern bei Bügeln rechnerisch nur eine Bewehrungsreihe Ua

erforderlich ist, ist stets eine zweite Reihe mit der Min-
destbewehrung nach Gl. (9.62a) vorzusehen. Hierfür ist
sw D 0;75d anzunehmen. U1

0,5 d
9.3.4.2 Erläuterungen
b Durchstanzbewehrung mit Schrägstäben

Das Ablaufschema eines Durchstanznachweises nach Abbildung 9.37a,b Rundschnitte zum Nachweis der Durch-
DIN 1045-1 ist in Abb. 9.39 wiedergegeben. Zu den stanzbewehrung nach DIN 1045-1
einzelnen Nachweisschritten werden nachfolgend Hin-
weise gegeben.

Maximale Querkrafttragfähigkeit vRd;max


Wie bereits dargestellt, wird die maximale Quer- Versuchsergebnissen ergab für konventionelle Beweh-
krafttragfähigkeit über vRd;max D ˛max  vRd;ct an rung nach den Regeln in DIN 1045-1 ˛max D 1;5
die Querkrafttragfähigkeit von Platten ohne Durch- (s. Gl. 9.55). Für andere, über Zulassungen geregelte
stanzbewehrung gekoppelt. Die Auswertung von Bewehrungsformen gelten u. a. angesichts der verbes-
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 347

0,5 d 0,5 d Berechnung von VEd und b

h d d h Ermittlung des kritischen Rund-


schnittes im Abstand 1,5d vom
_ _ Stützenrand
<0,75 d <0,75 d

Berechnung von vEd und vRd,ct


im kritischen Rundschnitt

_
<1,5 d _
<1,5 d
vEd £ vRd,ct ja Nachweis erfüllt!

nein Querschnitte vergrößern


oder Betonfestigkeit er-
Berechnung von vRd,max im höhen oder statisches
_
<0,75 d 0,5 d 0,5 d _
<0,75 d kritischen Rundschnitt System ändern!
_
<0,75 d _
<0,75 d
vEd £ vRd,max nein

ja
a Durchstanzbewehrung mit vertikalen Bügelschenkeln
Betrachtung des ersten
Nachweisschnittes im Abstand
0,5 d 0,5 d 0,5d vom Stützenrand

Berechnung von u für den


h d d h betrachteten Nachweisschnitt

_
<1,5 d _
<1,5 d nächster zu betrachtender
Berechnung von vEd für u Nachweisschnitt liegt um
sw £ 0,75d vom vorigen
Nachweisschnitt entfernt
Berechnung von Asw
<0,25 d

<0,25 d

Berechnung von ua für den


äußeren Rundschnitt im Abstand
_

1,5d vom betrachteten Schnitt

_
<0,25 d _
<0,25 d Berechnung von vEd und
vRd,ct,a für ua

b Durchstanzbewehrung mit Schrägstäben


vEd £ vRd,ct,a nein
Abbildung 9.38a,b Regeln zur Anordnung von Durchstanzbe-
ja
wehrung nach DIN 1045-1
Konstruktionsregeln beachten!

serten Verankerungsqualität folgende Werte10 Nachweis erfüllt!

Abbildung 9.39 Ablauf eines Durchstanznachweises nach


Gitterträger ˛max = 1,25–1,70 DIN 1045-1
Doppelkopfbolzen ˛max = 1,90
Dübelleisten ˛max = 1,90 .
Die Festlegung von vRd;max in Abhängigkeit von fähigkeit überhaupt erzielt werden kann oder ob ande-
vRd;ct hat gleichzeitig den Vorteil, dass bereits nach re Maßnahmen, z. B. die Vergrößerung der Stützenab-
dem Vergleich vEd $ vRd;ct offensichtlich wird, ob messungen oder der Deckendicken, die Anhebung der
für eine gegebene Konfiguration aus Stütze und De- Betondruckfestigkeit, ggf. die Erhöhung der Längsbe-
cke mit Durchstanzbewehrung die erforderliche Trag- wehrungsmenge oder eine Modifikation des statischen
Systems erforderlich werden.
Da für durchstanzbewehrte, vorgespannte Platten
10
Die Anwendung von ˛max setzt eine Anordnung der Beweh- keine Versuche auf dem Niveau der Maximaltragfähig-
rungselemente entsprechend der jeweiligen Zulassung voraus. keit vorliegen, empfiehlt DAfStb-Heft 525, die günsti-
Für Gitterträger ist ˛max abhängig von der konstruktiven Ausprä-
gung der Diagonalen, vgl. hierzu Eligehausen u. a. (2003) und ge Wirkung der Vorspannung bei der Ermittlung von
Furche u. Bauermeister (2006) bzw. die jeweils maßgebenden vRd;ct – d. h. den Term 0;12cd in Gl. (9.39) – zu ver-
Zulassungen. nachlässigen.
348 9 Durchstanzen

Bemessung der Bewehrung


Das in DIN 1045-1 verankerte Bemessungsverfahren l2 = (r1 + sw) p / 2
erfordert den Nachweis einzelner Bewehrungsreihen l 1 = r1 p / 2
in Nachweisschnitten, die affin zum kritischen Rund- r1 ® Dl = sw p / 2
schnitt sind und erlaubt damit eine sinnvolle Abstu-
fung der Bewehrung. Nach Abb. 9.39 ist der Nach-
weis sukzessive für einzelne Reihen von innen nach
sw
außen zu führen; dabei ist parallel zu prüfen, ob in
einem Rundschnitt mit Abstand 1;5d der Nachweis Abbildung 9.40 Zuwachs des Nachweisschnittumfangs
des äußeren Rundschnittes erfüllt ist. Vereinfachun-
gen gegenüber diesem Schrittweisen Vorgehen ergeben
sich, wenn der Bereich, in dem Bewehrung erforder-
lich wird, a priori bekannt ist. Da sowohl vRd;ct;a als Gleichung (9.69) entspricht Gl. (9.57). Der Abstand
auch ua von lw abhängen, lässt sich aus der Bedingung sw wird auf maximal 0;75d festgelegt, um eine aus-
vRd;ct;a D ˇ VEd =ua eine quadratische Gleichung in lw reichend dichte Verbügelung zu gewährleisten.
ableiten, deren eine Lösung die Größe des zu beweh- Da der Umfang ui mit dem Abstand vom Stützen-
renden Bereichs angibt (vgl. Beispiel 9.6). rand ansteigt, nimmt die erforderliche Bewehrungs-
In der ersten Bewehrungsreihe im Abstand 0;5d menge ab. Die Differenz Asw zwischen zwei benach-
zum Stützenanschnitt muss die gesamte Querkraft ab- barten Rundschnitten entspricht dem Betontraganteil
züglich des Betontraganteils aufgenommen werden; aus den Zuwachs des Nachweisschnittumfangs. Wegen
die Bewehrungsmenge ist damit (s. Gl. 9.56):11 u D u.i /  u.i 1/ D 2sw bei Innenstützen (Rand-
stützen: u D sw ; Eckstützen: u D =2sw , vgl.
ˇVEd  vRd;ct u1 Abb. 9.40) folgt aus Gl. (9.57) für Innenstützen:
Asw;1 D : (9.65)
s fyd
vRd;ct usw vRd;ct
Asw D D 2sw2  : (9.70)
Für die zweite und alle weiteren Reihen wird ein s fyd d s fyd d
Fachwerk mit   45ı und zusätzlichem Beton-
traganteil angenommen, der die tatsächlich deutlich Grafisch aufgetragen ergibt die Bemessung nach
flachere Druckstrebenneigung in die Bemessung ein- DIN 1045-1 eine Schubkraftdeckungsline nach
führt (vgl. Abschn. 7.4.3). Analog zur Berechnung der Abb. 9.41.
Strebenkräfte eines einfachen Gelenkfachwerks nach Die Verwendung von Schrägstäben – z. B. aufge-
Abb. 7.24 folgt der über den jeweils betrachteten Um- bogene Feldbewehrung oder hutförmige Zulagen –
fang ui aufsummierte Bewehrungsanteil – zunächst als Durchstanzbewehrung ist nach DIN 1045-1 ein-
mit VQRd;sy bezeichnet – zu (s. Gl. 7.41): geschränkt. Zwar kreuzen Schrägstäbe die Schubrisse
etwa senkrecht, bewirken damit eine effektivere Be-
VQRd;sy D asw  s fyd  z grenzung der Rissbreite und sind gegenüber Bügeln
.cot  C cot ˛/ sin ˛ : (9.66) wirksamer verankert. Die nutzbare Stahlspannung ori-
ı
Mit asw D Asw =sw und ˛ D 90 wird daraus entiert sich mit s D 1;3 an der Nennfestigkeit (ft 
1;3fy ); allerdings werden dadurch vereinfacht auch
Asw
VQRd;sy D  s fyd  z  cot  (9.67) die günstigen Auswirkungen der tendenziell geringe-
sw ren Rissbreiten auf den Betontraganteil angerechnet
bzw. auf den Umfang ui bezogen (DAfStb 2003).
VQRd;sy Asw Schrägstäbe werden in orthogonalen Bewehrungs-
vQ Rd;sy D D  s fyd  z  cot  : (9.68) netzen i. d. R. parallel zu den Bewehrungsrichtungen
ui sw  ui
eingebaut (vgl. Abb. 9.38), daher verbleiben entlang
Mit z cot   d und vRd;sy D vRd;c C vQ Rd;sy folgt
des Rundschnittes große Bereiche ohne Durchstanzbe-
schließlich
wehrung. Um die Auswirkungen der unbewehrten Be-
Asw reiche zu begrenzen, erlaubt DIN 1045-1 die Anord-
vRd;sy D vRd;c C  s fyd  d : (9.69)
sw  ui nung von Schrägstäben nur bis zu einem Abstand 1;5d
vom Stützenrand; der Nachweis ist entsprechend nur
11
ui bezeichnet den Umfang des i -ten Rundschnittes, vgl. für die erste Reihe (d. h. Aufhängebewehrung) zu füh-
Abb. 9.37; u1 bezieht sich daher nach DIN 1045-1 auf den
ersten Rundschnitt im Abstand 0;5d zur Einleitungsfläche. In ren. Dies bedeutet gleichzeitig: Die Anwendung einer
EN 1992-1-1 ist dagegen mit u1 der kritische Rundschnitt im reinen Schrägstabbewehrung ist auf Fälle begrenzt, in
Abstand 2d gemeint! denen im Abstand 3;0d zum Stützenrand bereits der
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 349
vRd,sy,1
_
<1,5 d
V
_Ed
vEd= u
i
_ 0,2d
<
vRd,sy,2

a Toleranzen in der
Anordnung von
v Rd,ct,a = k a v Rd,ct Bügelschenkeln

v Rd,ct
u1 u2 u3 ui ua
sw sw sw ~0,5d
_ 0,75d
<

vEd
d

0,5d sw sw sw 1,5d

VEd lw

a Durchstanzbewehrung mit vertikalen Bügelschenkeln


vRd,sy,1

b Versagensszenarien bei zu dicht bzw. zu weit entfernt


v Rd,ct,a = ka v Rd,ct platzierten Bügeln

Abbildung 9.42a,b Anordnung von Bügelschenkeln – Toleran-


vRd,ct zen (nach DAfStb 2003)
u1 ua
d
daher der Lasterhöhungsbeiwert ˇ nach Nölting (s.
a d v Ed Abschn. 9.2.3.3) gegenüber dem Grundwert nach
Gl. (9.23) auf ˇred abgemindert werden.13
0,5d 1,5d
ˇ
ˇred D  1;1 (9.71)
VEd lw
1 C 0;1lw =d
b Durchstanzbewehrung mit Schrägstäben

Abbildung 9.41a,b Abstufung der Durchstanzbewehrung nach


einer Schubkraftdeckungslinie (vgl. Beutel 2002) Konstruktive Durchbildung
Die abgerundeten Nachweisschnitte nach Abb. 9.37
stehen im Konflikt mit der üblicherweise ausgeführ-
Nachweis im äußeren Rundschnitt erfüllt werden kann ten Orthogonalbewehrung. Die für die baupraktische
(s. Abb. 9.41). Umsetzung der Bewehrungsreihen erforderlichen La-
getoleranzen von Bügelschenkeln sind (vgl. Hegger u.
Nachweis im äußeren Rundschnitt Beutel 2002; DAfStb 2003):
Der Beiwert a berücksichtigt die graduelle Abnahme • 1. Bügelreihe: Bügelschenkel sollten einen Abstand
der Durchstanztragfähigkeit mit zunehmender Größe 0;5d –0;7d vom Stützenrand aufweisen.
der Lasteinleitungsfläche. Für lw D 3;5d , also einem • alle weiteren Bügelreihen: einzelne Bügelschenkel
Abstand des äußeren Nachweisschnittes zum Stützen- dürfen um 0;2d vom Nachweisschnitt abweichen,
rand von 5d ist a D 0;71  0;10=0;14. Damit ist solange die Grenzabstände untereinander eingehal-
die Querkrafttragfähigkeit liniengelagerter Platten er- ten sind (Abb. 9.42).
reicht.12
Mit zunehmendem Abstand vom Stützenrand Zulassungen für Doppelkopfbolzen, etc.
klingen bei Rand- und Eckstützen die Auswirkun- Die allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für
gen ausmittiger Stützenlasten ab. Ausschließlich Dübelleisten, Doppelkopfbolzen, etc. bauen – im Un-
für den Nachweis im äußeren Rundschnitt kann terschied zu DIN 1045-1 – auf dem Aufhängefachwerk
12 13
In Zulassungen für Dübelleisten, Doppelkopfbolzen, etc. fin- Mit Gl. (9.71) verwandte Ausdrücke sind in Zusammenhang
det sich ein nahezu gleichwertiger Ausdruck: mit den Lasterhöhungsbeiwerten nach Vocke in Zulassungen ent-
a D 1=.1 C 0;1lw =d /  0;714. halten.
350 9 Durchstanzen
mD
VEd D 958 kN I MEd D 0 I
nD lx D 0;0095 .˛16=200 C ˛20=200/ I
mC dx D 0;27 m I
ly D 0;0080 .˛16=100/ I
nC
dy D 0;25 m
p
sD sD 1,0d
) l D lx  ly D 0;0088
) d D .dx C dy /=2 D 0;26 m :
ls
Bereich C Bereich D Die Mindestmomente nach DIN 1045-1,10.5.6 (Tabel-
le 9.2) werden nicht maßgebend.

_ 1,7
Zunächst wird die Platte ohne Durchstanzbewehrung
< d nachgewiesen. Der kritische Rundschnitt im Abstand
1;5d zum Stützenrand ergibt folgenden Umfang ucrit :
<_ 3
,5d
ucrit D 4a C 3d 
D 4  0;35 C 3  0;26   D 3;85 m :
Abbildung 9.43 Prinzipielle Anordnung von Doppelkopfbol-
zen Die einwirkende Querkraft je Längeneinheit im kriti-
schen Rundschnitt folgt mit ˇ D 1;05 (Innenstütze) zu:

ˇVEd 1;05  958


nach Abb. 9.36a auf (vgl. Andrä 1981). Als Aufhänge- vEd D D D 261 kN/m :
ucrit 3;85
bewehrung werden allerdings nur Bewehrungselemen-
te mit einem Abstand  1;0d (sog. ’Bereich C‘) vom p
Mit  D 1 C 200=d D 1;88 errechnet sich die Quer-
Stützenanschnitt herangezogen.14 Ein Betontraganteil krafttragfähigkeit einer nicht durchstanzbewehrten Platte
wird nicht angesetzt. längs ucrit zu (cd D 0):
In der Nomenklatur nach DIN 1045-1 ist der Trag-
widerstand VRd;sy der bewehrten Platte gegeben durch vRd;ct D 0;14      .100  l  fck /1=3  d
Gl. (9.72a). D 0;14  1;0  1;88  .100  0;0088  30/1=3  0;26
X fyd D 0;203 MN/m D 203 kN/m
VRd;sy D Asw  (9.72a) < vEd D 261 kN/m :

fyd Die Tragfähigkeit einer unbewehrten Platte reicht al-


D mc  nc  As;i  (9.72b)
so nicht aus. Um zu klären, ob mit Bewehrung die
gewünschte Tragfähigkeit erreicht werden kann, wird
In Gl. (9.72b) ist nc  mc die Gesamtanzahl der Bolzen vRd;max geprüft.
im Bereich C, As;i ist der Nennquerschnitt eines Bol-
zens und ist ein Beiwert in Abhängigkeit der Plat- vRd;max D 1;5vRd;ct D 305 kN/m
tendicke ( D 1;0 für d  200 mm; D 1;6 für > vEd D 261 kN/m
d  800 mm; Zwischenwerte dürfen linear interpo-
Mit Bewehrung kann also die Tragfähigkeit erzielt wer-
liert werden). Die Abstufung der Bewehrung außer- den. Als nächstes wäre – dem Ablaufschema in Abb. 9.39
halb des Bereichs ’C‘ wird über Abstandsregeln er- entsprechend – der schrittweise Nachweis der Beweh-
reicht (Abb. 9.43). Parallel zu DIN 1045-1 wird der rung in aufeinander folgenden Rundschnitten und paral-
durchstanzbewehrte Bereich durch einen Nachweis im lel die Prüfung des jeweils zugehörigen äußeren Rund-
äußeren Rundschnitt abgegrenzt. schnitts erforderlich. Erheblich vereinfacht wird der Ab-
lauf, wenn der Bereich, in dem Durchstanzbewehrung
Beispiel 9.6 erforderlich ist, vorab abgegrenzt wird. Der Einfachheit
In Abb. 9.44 ist ein Ausschnitt aus einer Flachdecke auf halber wird hier eine grafische Lösung dieser Aufgabe
regelmäßigem Stützenraster dargestellt. Die Durchstanz- verfolgt. Die Bedingung vRd;ct a D ˇVEd =ua wird mit
tragfähigkeit der Innenstütze soll nachgewiesen werden. ua D u0 C 2.lw C 1;5d / und u0 als Stützenumfang
Aus der Schnittgrößenermittlung und Biegebemessung (u0 D 4  0;35 D 1;40 m) umgeformt zu
der Decke ergeben sich folgende Eingangsgrößen:
ˇVEd 1
a D  ;
14 vRd;ct ua
Bei einzelnen Doppelkopfbolzen-Fabrikaten haben Versuche
einen vergrößerten Bereich anrechenbarer Bewehrungselemente 0;29lw ˇVEd 1
1C D  ;
ergeben; es dürfen Elemente mit einem Abstand  1;125d zur 3;5d vRd;ct u0 C 2.lw C 1;5d /
Berechnung von VRd;sy herangezogen werden; vgl. hierzu die je- 0;29lw 4;954
weilige Zulassung. 1C D :
0;91 1;4 C 2.lw C 0;39/
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 351

asx : 16/200 + 20/200


u1 D u0 C 20;5d D 1;40 C 2  0;13 D 2;22 m
a sy : 16/100
x zugeordnet. Der Effektivitätsfaktor s zur Berechnung
300
der Stahlspannungen folgt zu
270 250
d  400
s D 0;7 C 0;3 
C30/37 400
260  400
400 D 0;7 C 0;3  D 0;60  0;7 :
400
VEd = 958 kN
MEd= 0 Die gesamte erforderliche Bewehrungsmenge in der ers-
x
ten Reihe folgt damit nach Auflösen von Gl. (9.56) mit
u1 u2 ua ˇVEd D vRd;sy u1 zu

ˇVEd  vRd;ct u1 1;05  958  203  2;22


ucrit Asw;1 D D
s fyd 0;7  43;5
D 18;2 cm2 :
a Geometrie, Nachweisschnitte
Der Nachweisschnittumfang der zweiten Reihe errechnet
sich zu
1,4
b VEd u2 D u0 C 21;25d D 1;40 C 2  0;33 D 3;47 m :
1,2 v Rd,ct u a
Die in der zweiten Reihe erforderliche Bewehrungsmen-
1,0 ka ge folgt aus Gl. (9.57):

0,8 .ˇVEd  vRd;ct u2 /  sw


Asw;2 D
lw,min = 0,24m s fyd d
0,6
.1;05  958  203  3;47/  0;75
lw in m D D 7;4 cm2 :
0,4 0;7  43;5
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
1. Reihe 2. Reihe Der Nachweis im äußeren Rundschnitt ist zwar durch
die Festlegung des zu bewehrenden Bereichs bereits er-
b Ermittlung des zu bewehrenden Bereichs bracht, der Vollständigkeit halber wird er aber nochmals
angeschrieben. Mit lw D 0;33 m folgt a zu
2. Reihe: mind. 7 Bügelschenkel
1. Reihe: 16 Bügelschenkel x 0;29lw 0;29  0;33
a D 1  D1 D 0;89 :
3;5d 3;5  0;26
16/200 + 20/200

Der Umfang des äußeren Rundschnittes ist

ua D u0 C 2.lw C 1;5d /
D 1;4 C 2  .0;33 C 0;39/ D 5;92 m :
16/100
c Anordnung der Durchstanzbewehrung
Der Nachweis im äußeren Rundschnitt lautet damit

Abbildung 9.44a–c Beispiel 9.6: Nachweis des Durchstanzens vRd;ct;a D a vRd;ct D 0;89  203 D 180;7 kN/m
an einer Innenstütze – Ermittlung der Durchstanzbewehrung ˇVEd 1;05  958
> vEd D D D 170 kN/m :
ua 5;92
Mit dem Mindestbewehrungsgrad
Die beiden Seiten der Gleichung werden in Abb. 9.44b
fctm 0;3  302=3
getrennt grafisch über lw aufgetragen. Der Schnittpunkt min w D 0;16  D 0;16 
beider Kurven liegt bei lw;min  0;24 m und gibt damit fyk 500
den Abstand vom Stützenrand an, bis zu dem Bewehrung 2;90
D 0;16  D 0;00093
mindestens erforderlich ist. In Abb. 9.44b ist zudem die 500
Lage der einzelnen Bewehrungsreihen eingetragen; hier-
für wurde sw D 0;75d  0;20 m gewählt. Bereits für folgt die Mindestbewehrung, die im zweiten Rundschnitt
die zweite Bewehrungsreihe ist lw D 1;25d D 0;33 m nicht zu unterschreiten ist, aus Gl. (9.62a)
> lw;min , d. h. es müssen lediglich zwei Bewehrungsrei-
Asw;2;min D min w sw u2
hen angeordnet werden.
D 0;00093  0;75  0;26  3;47
Der ersten Bewehrungsreihe im Abstand 0;5d vom Stüt-
zenrand ist der Nachweisschnittumfang u1 mit D 6;3  104 m2 D 6;3 cm2 :
352 9 Durchstanzen

Die Mindestbewehrung wird also nicht maßgebend. Der ˇ  VEd


vEd D ;
größte zulässige Stabdurchmesser der Bügelbewehrung ui  d
ist mit ui D u0 für vEd  vRd;max
mit ui D u1 für vEd  vRd;cs
ds;max D 0;05d D 0;05  260 D 13 mm : mit ui D uout für vEd  vRd;c
vRd;max Bemessungswert der maximalen Querkrafttragfä-
Der Bügeldurchmesser wird zu 12 mm gewählt. In der higkeit längs u0
ersten Reihe werden damit 16 Bügelschenkel erforder- vRd;cs Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit
lich, in der zweiten noch mindestens 7. Die Anordnung mit Durchstanzbewehrung bezogen auf den
der Bügel ist in Abb. 9.44c dargestellt; in der zweiten kritischen Rundschnitt u1
Reihe werden mehr als die erforderlichen Bügelschenkel vRd;c Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit von
platziert, um die Abstandsregeln zu erfüllen. Als Kollaps- Platten ohne Durchstanzbewehrung nach den
bewehrung zur Vermeidung eines progressiven Versagens Gln. (9.46) und (9.47).
ist Bewehrung mit dem Querschnitt
Ergänzungen zum Nachweis von Fundamenten folgen in
VEd;a VEd =1;4 958=1;4 Abschn. 9.4.
As;req D  D D 13;7 cm2 :
fyk fyk 50

erforderlich. In der unteren Lage kreuzweise in beiden Maximale Querkrafttragfähigkeit


Richtungen sind jeweils 2 Stäbe mit ds D 16 mm einge- Nach EN 1992-1-1, 6.4.5 (3) ist die maximale Querkraft-
baut; wegen der zweischnittigen Wirkung ergibt sich tragfähigkeit am Stützenanschnitt nach Gl. (9.73) nachzu-
weisen.
As;prov D 4  2  2;01 D 16;1 cm2 : ˇ  VEd
vEd D  vRd;max (9.73)
u0  d
Die Kollapsbewehrung ist damit ausreichend.
In Gl. (9.73) bedeuten:
u0 Innenstütze: u0 entspricht dem Umfang der Stütze
Randstütze: u0 D c2 C 3d  c2 C 2c1
9.3.5 Nachweis nach EN 1992-1-1 Eckstütze: u0 D 3d  c1 C c2
vRd;max für Normalbeton ! NDP (Tabelle 9.4)
für Leichtbeton:
9.3.5.1 Normenregelung vRd;max D 0;5 fcd mit D 0;5.1  fck =250/

Nachweis der Bewehrung


Die Regeln zum Durchstanznachweis in EN 1992-1- Die erforderliche Durchstanzbewehrung ist gemäß
1 entstammen größtenteils ModelCode 1990 (Regan EN 1992-1-1, 6.4.5 (1) nach Gl. (9.74) zu ermitteln.
1999). Sie weisen sowohl in den einzelnen Bemes- Asw sin ˛ 1
sungsgleichungen als auch im Ergebnis z. T. erhebliche vRd;cs D 0;75vRd;c C   1;5dfywd;ef (9.74)
sr u1 d
Abweichungen zu DIN 1045-1 auf. Für das NA D In Gl. (9.74) bedeuten:
wurden daher eine Reihe von Ergänzungen eingeführt,
vRd;c Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit von
um ein mit DIN 1045-1 vergleichbares Zuverlässig-
Platten ohne Durchstanzbewehrung nach den
keitsniveau zu schaffen. Wegen der nur punktuell wirk- Gln. (9.46) und (9.47)
samen und insgesamt in begrenzter Zahl vorhande- Asw Querschnittsfläche der Durchstanzbewehrung in
nen national festzulegenden Parameter war eine Über- einem Rundschnitt (in einer Reihe) um die Stüt-
führung der EN 1992-1-1 in das Nachweisformat der ze
˛ Winkel zwischen Durchstanzbewehrung und Plat-
DIN 1045-1 im Rahmen des NA D nicht möglich. tenebene
Der Normenregelung nach EN 1992-1-1 folgen einige sr radialer Abstand der Durchstanzbewehrungsrei-
erläuternde Anmerkungen. hen mit sr  0;75d ; bei einer einzelnen Reihe
aufgebogener Stäbe darf sr D 0;67d eingesetzt
Normenregelung nach EN 1992-1-1 werden
Nach EN 1992-1-1, 6.4.5 sind für Platten, die Durchstanz- u1 Umfang des kritischen Rundschnitts (s.
bewehrung erfordern, folgende Nachweise zu führen: Abbn. 9.26– 9.28)
fywd;ef Bemessungswert der effektiven Festigkeit der
• Nachweis der maximalen Querkrafttragfähigkeit am Durchstanzbewehrung
Stützenrand: vEd  vRd;max
• Nachweis der Bewehrung: vEd  vRd;cs fywd;ef D 250 C 0;25d  fywd : (9.75)
• Nachweis im äußersten Rundschnitt: vRd  vRd;c .
Nachweis im äußersten Rundschnitt
Hierbei bedeuten: Für den äußersten Rundschnitt ist entsprechend EN 1992-
vEd Bemessungswert der einwirkenden Querkraft je 1-1, 6.4.5 (4) ein Nachweis nach Gl. (9.76) zu führen.
Flächeneinheit im betrachteten Rundschnitt (s. ˇVEd
Gl. 9.44): vEd D  vRd;c (9.76)
uout d
9.3 Platten mit Durchstanzbewehrung 353

kd
In Gl. (9.76) bezeichnet uout den Umfang des äußersten kd
Rundschnittes mit einem Abstand von k  d zur letzten
Bewehrungsreihe (k ! NDP, Tabelle 9.4). Sofern die Be-
wehrungselemente der letzten Reihe einen gegenseitigen
Abstand > 2d besitzen, ist der Nachweis mit einem ef-
fektiven äußeren Umfang uout;ef nach Abb. 9.45b zu führen.

Mindestbewehrung
Nach EN 1992-1-1, 9.4.3 (2) folgt die Mindestbewehrung
aus Gl. (9.77). >2d d d
Bogensegment
p
Asw;min fck
 .1;5 sin ˛ C cos ˛/  0;08 (9.77)
sr  st fyk a äußerster Rundschnitt uout b effektiver äußerster
Rundschnitt uout,ef
In Gl. (9.77) bedeuten:
Abbildung 9.45a,b Nachweis im äußersten Rundschnitt nach
Asw;min erforderliche Fläche eines Bewehrungselements, EN 1992-1-1
z. B. eines Bügelschenkels
sr radialer Abstand der Durchstanzbewehrungsrei-
hen ³ 0,3 d und £ 0,5 d ³ 0,3 d und £ 0,5 d
st tangentialer Abstand der einzelnen Bewehrungs-
elemente einer Reihe
˛ Winkel zwischen Durchstanzbewehrung und h d d h
Hauptbewehrung.
£2d _
<0,75 d
In Gl. (9.77) ist fck in MPa einzusetzen.

Konstruktive Durchbildung _
<1,5 d

<0,25 d
Die Anordnung der Durchstanzbewehrung in Form im krit. Schnitt

von Bügeln oder Schrägstäben sollte Abb. 9.46 folgen _ u1


(EN 1992-1-1, 9.4.3 (4)). Im kritischen Rundschnitt (i. d. R.
3. Bewehrungsreihe) hat der tangentiale Abstand der _
<0,25 d _
<0,75 d
Bewehrung nicht mehr als 1;5d zu betragen. Für die _
<0,75 d
letzte Reihe gilt – sofern sie außerhalb des kritischen
Rundschnitts liegt – Abb. 9.45. Nach EN 1992-1-1, Abbildung 9.46 Konstruktive Durchbildung der Durchstanzbe-
wehrung nach EN 1992-1-1
9.4.3 (1) sind – sofern Durchstanzbewehrung erforder-
lich wird – mindestens zwei konzentrische Reihen von
Bügelschenkeln einzulegen, deren Abstand sr  0;75d
genügen sollte. Bei Schrägstäben darf auch nur eine • Nachweis der Bewehrung: Die ermittelte Durchstanz-
Reihe angeordnet werden. In diesem Fall darf deren bewehrung Asw nach Gl. (9.74) ist um einen Faktor sw;i
Neigung auf 30ı verringert werden. nach Gl. (9.78a) für die 1. Reihe bzw. Gl. (9.78b) für die
2. Reihe zu erhöhen.

D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen  0;4 (


d  1;6
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt: 1. Reihe: sw;1 D 4;2  (9.78a)
uo  3;0
2. Reihe: sw;2 D 1;4 (9.78b)
Tabelle 9.4 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
Nachweis gegen Durchstanzen mit Durchstanzbewehrung • Mindestbewehrung: Die Mindestbewehrung nach
Gl. (9.77) ist für Bügel um 50%, für Schrägstäbe um
NDP EU D A den Faktor 1;5 C cot ˛ erhöht werden.
• Konstruktive Durchbildung: Die Begrenzung der
p 0;5 fcd Stabdurchmesser nach DIN 1045-1 gemäß Gl. (9.64)
vRd;max 0;5 fcda 11 d=u0  vRd;c
 1;65vRd;c u1 =u0 wird ergänzt. Darüber hinaus wird für die Neigung von
Schrägstäben 45ı  ˛  60ı festgelegt. Hinsichtlich
k 1;5 EU EU der Anordnung von Schrägstäben und insbesondere
hinsichtlich des durch Bewehrung erfassten Bereichs
a
mit D 0;6.1  fck =250/ wird Abb. 9.46 durch Abb. 9.38 ersetzt.
354 9 Durchstanzen

9.3.5.2 Erläuterungen VRd;cs D 0;75VRd;c


Asw sin ˛
Die Bemessung nach EN 1992-1-1 läuft in folgenden C  1;5dfywd;ef : (9.80)
sr
Schritten ab:
Dabei ist VRd;c auf den kritischen Rundschnitt u1 bezo-
1. Berechnung von vRd;c – Überprüfung, ob Beweh- gen. Mit vRd;c D VRd;c =.u1 d / folgt
rung erforderlich ist.
2. Berechnung von vRd;max – Überprüfung, ob die er- vRd;cs D 0;75vRd;c
forderliche Tragfähigkeit mit der gegebenen Kon- Asw sin ˛ 1
C   1;5dfywd;ef : (9.81)
figuration erreicht werden kann, oder ob Änderun- sr u1 d
gen an den Abmessungen der Bauteile bzw. am sta-
Gleichung (9.81) findet sich gleichlautend in EN 1992-
tischen System erforderlich werden.
1-1 wieder. Damit basiert die Bemessung de facto auf
3. Abgrenzung des durchstanzbewehrten Bereichs
einem Fachwerk mit 33ı -Druckstrebenneigung und
über uout
zusätzlichem Betontraganteil. Ein Vergleich mit Ver-
4. Ermittlung der erforderlichen Bewehrung Asw je
suchsergebnissen zeigt, dass damit allerdings nicht in
Reihe
allen Anwendungsfällen das erforderliche Sicherheits-
5. Anordnung der Bewehrung in einzelnen Rei-
niveau gewährleistet werden kann (vgl. Kordina 1994;
hen entsprechend der Konstruktionsregeln nach
Hegger u. a. 2008a). Nach NA D werden daher die
Abb. 9.46.
Bewehrungsmengen in den ersten beiden Reihen er-
Die Bemessung der Bewehrung basiert auf der höht, um näherungsweise eine Abstufung parallel zur
integralen Betrachtung des primären Durchstanzbe- einwirkenden Beanspruchung zu erzielen.
reichs entsprechend einem Aufhängefachwerk nach Es sei noch darauf hingewiesen, dass der äußerste
Abb. 9.36a und greift auf folgende Annahmen zurück Rundschnitt nach EN 1992-1-1 nicht affin zum kriti-
(vgl. Regan 1999): schen Rundschnitt sein muss, sondern sich vielmehr an
der Form des bewehrten Bereichs orientiert. Wenn die
• Der kritische Schubriss (Durchstanzkegelriss) trifft Bewehrungselemente der äußersten Reihe in Abstän-
im Abstand 2d vom Stützenrand auf die Biegezug- den > 2d angeordnet sind, wird ein reduzierter, ef-
bewehrung, allerdings kann nur für Bewehrungsele- fektiver äußerer Rundschnitt uout;ef für den Nachweis
mente bis 1;5d von einer wirksamen Verankerung verwendet (vgl. Abb. 9.45).
zu beiden Seiten des Risses ausgegangen werden.
• Die Bewehrung wird in einzelnen Reihen konzen-
trisch um die Stütze angeordnet; jede Bewehrungs-
reihe weist den gleichen Gesamtquerschnitt Asw 9.4 Fundamente
(vertikale Bewehrung, ˛ D 90ı ) bzw. Asw sin ˛
(i. d. R. Schrägstäbe) als Summe der Querschnitte Wenn Stützen hohe konzentrierte Lasten auf Flächen-
der einzelnen Bewehrungselemente auf. Die Reihen gründungen – Einzelfundamente oder Gründungsplat-
werden mit einem gegenseitigen radialen Abstand ten – übertragen, besteht die Gefahr des Durchstan-
sr eingebaut. Bewehrungsreihen außerhalb des un- zens. Allerdings wirken den Vertikallasten bei Grün-
mittelbaren Durchstanzbereichs, d. h. mit Abstand dungen Sohldruckspannungen entgegen, die gegen-
> 1;5d , weisen – soweit sie erforderlich sind – über den verteilten Lasten auf Flachdecken i. d. R. ein
gleichfalls jeweils den Gesamtquerschnitt Asw auf. Vielfaches größer sind. Dies führt zunächst zu einem
• Der zusätzlich wirksame Betontraganteil entspricht gegenüber Flachdecken etwas veränderten Versagens-
75% der Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanz- bild und in der Folge zu Modifikationen bei der Nach-
bewehrung. weisführung.
Bei Gründungen sollte i. d. R. angestrebt werden,
Der gesamte anrechenbare Bewehrungsquerschnitt im durch eine ausreichend große Nutzhöhe – bei Grün-
Bereich bis 1;5d ist dungsplatten über bereichsweise Verdickungen – zu
X Asw sin ˛ vermeiden, dass Durchstanzbewehrung erforderlich
As D  1;5d : (9.79) wird. Allerdings müssen im Einzelfall die unter-
sr
schiedlichen Einflüsse und Randbedingungen – z. B.
Mit dem Bemessungswert der effektiven Stahlspan- erforderliche Betonmengen, Stahlbedarf, Aufwand der
nung fywd;ef folgt damit auf Schnittgrößenniveau (Be- erforderlichen Erdbauarbeiten, Grundwasserhorizont
zeichnungen nach EN 1992-1-1) und ggf. Kosten für Wasserhaltung, etc. – gegen-
9.4 Fundamente 355

einander abgewogen werden, um ein ökonomisches ly =6 vom Schwerpunkt entfernt – tritt keine klaffen-
Optimum zu erzielen. de Fuge auf. In diesem Fall können die Spannungen
in der Gründungsebene analog zur Hauptachsenformel
der technischen Mechanik ( D N=A C Mx y=Ix C
My x=Iy sofern x und y Hauptachsen sind) ermittelt
9.4.1 Allgemeines werden.
Mit bekannter Sohldruckverteilung können die
Flachgründungen werden sowohl im Hoch- und Indus- Schnittgrößen des Fundaments ermittelt werden; in
triebau, als auch im Ingenieurbau – z. B. in Form von Grasser u. Thielen (1991) wird hierzu ein Näherungs-
Gründungen für Brückenpfeiler – häufig angewandt. verfahren über Verteilungszahlen der Biegemomente
Insbesondere im Hochbau werden meist Gründungs- vorgestellt. Es ist allerdings zu beachten, dass i. d. R.
platten eingesetzt, die gleichzeitig den unteren Ge- weder das Eigengewicht des Fundaments noch eine
bäudeabschluss darstellen und bei drückendem Wasser gleichmäßig verteilte Erdauflast Biegemomente und
zusammen mit den aufgehenden Wänden als sog. wei- Querkräfte im Fundament hervorrufen; die maßge-
ße Wanne ausgebildet gleichzeitig abdichtende Funk- bende Belastung des Fundaments ist die Stützenlast
tion haben. Einzelfundamente treten eher im Industrie- am Anschnitt zum Fundament. Parallel dazu darf der
und Hallenbau unter anderem auch als Fertigteilfunda- Sohldruck aus Fundamenteigengewicht und Erdauflast
mente auf. Die Abmessungen von Einzelfundamenten nicht auf den Abzugswert für den Durchstanznachweis
werden primär durch geotechnische Nachweise gemäß angerechnet werden.
DIN 1054 bzw. EN 1997 und insbesondere durch die
Einhaltung zulässiger Bodenpressungen bestimmt.

V
Sohldruckspannungen
und Schnittgrößenermittlung

Die für die Stahlbetonbemessung maßgebenden


Schnittgrößen in Gründungsbauteilen sind an die
Verteilung der Sohldruckspannungen in der Grün-
dungsfläche gekoppelt. V1 < V2 < V3
In Abb. 9.47a ist die Verteilung der Sohldruckspan- 1

nungen eines zentrisch belasteten, starren Einzelfun- 2


damentes für verschiedene Lastniveaus dargestellt. Mit
steigender Belastung werden die Spannungsspitzen am 3
Fundamentrand durch Scherverformungen des Bodens theoretischer Bruch
abgebaut und zur Fundamentmitte hin umgelagert. Mit
der Annäherung an die Grundbruchlast treten ausge- a Sohldruckspannungen bei ansteigender Belastung

prägte Spannungsspitzen in der Fundamentachse auf.


Im Allgemeinen ist es für die praktische Anwen-
dung ausreichend genau, für Einzelfundamente ei-
ne lineare Verteilung der Sohldruckspannungen nach
Abb. 9.47b anzunehmen, sie also nach dem Span-
nungstrapezverfahren zu berechnen (vgl. Graßhoff u.
Kany 1997; Smoltczyk u. a. 2001).15 Dabei werden
nur Gleichgewichtsbetrachtungen angestellt; die Ver-
träglichkeit der Verformungen von Baugrund und Fun- - -
dament wird vernachlässigt. Sofern die Resultieren-
de der Belastung innerhalb der ersten Kernweite der
Grundfläche liegt – bei einachsiger Biegung lx =6 bzw.
15
DIN 1054 wie auch EN 1997 sehen für Einzelfundamente b lineare Sohldruckverteilung und resultierende Biegemomente
ausdrücklich lineare Spannungsverteilungen ohne Berücksichti-
gung der Interaktionen von Baugrund und Gründung als ausrei- Abbildung 9.47a,b Sohldruckspannungen unter Einzelfunda-
chend an. menten
356 9 Durchstanzen

Gründungsplatten besitzen gegenüber Einzelfun- V

damenten i. d. R. wesentlich größere Ausdehnungen


al
und verhalten sich daher insgesamt deutlich we-
niger steif. Es treten Wechselwirkungen zwischen br ~ 45° d
Baugrund, Gründung und Tragwerk auf, die erheb-
liche Auswirkungen auf Größe und Verteilung der
Sohldruckspannungen haben. Die Verträglichkeit
der Verformungen muss daher – zumindest unter
Abbildung 9.48 Typische Form eines Durchstanzkegels bei
Annahme elastischen Verhaltens von Boden und Fundamenten
Bauteil – berücksichtigt werden. Als Konsequenz
der gekoppelten Betrachtung der Verformungen von
Baugrund und Gründungsplatte sind Schnittgrößener- der Stanzkegel tritt im einem Abstand  d vom Stüt-
mittlung und Berechnung der Sohldruckspannungen zenrand aus der Fundamentsohle heraus (Abb. 9.48).
nicht mehr zu trennen. Hierfür entwickelte, mitt- Dies ist auf die im Vergleich zu verteilten Lasten
lerweile klassisch zu nennende Verfahren sind das auf Flachdecken deutlich größeren Sohldruckspannun-
Bettungsmodulverfahren (Gründungsbauteil auf elas- gen zurückzuführen, die bewirken, dass ein großer
tischer Bettung z. B. durch voneinander entkoppelte Vertikallastanteil bereits unmittelbar im Bereich der
Federn) und das Steifemodulverfahren (Baugrund als Lasteintragungsfläche innerhalb des späteren Durch-
elastisch-isotroper Halbraum). Darüber hinaus ist es stanzkegels aufgenommen wird (vgl. Rostásy u. Die-
heute möglich, den Baugrund durch Finite Elemente terle 1987; Hegger u. a. 2006b). Dieser innerhalb
mit linearem oder nichtlinearem Verhalten abzubilden. des Durchstanzkegels wirkende Sohldruck muss daher
Ergänzend sei angemerkt, dass für große Plattendicken nicht über den kritischen Schubriss übertragen werden,
die Annahme der Kirchhoff’schen Plattentheorie vom sondern wird direkt mit dem entsprechenden Lastan-
Ebenbleiben der Querschnitte (schubstarres Verhal- teil der Stützenlasten kurzgeschlossen und darf für den
ten) nicht mehr zutreffend ist; vielmehr sollte die Durchstanznachweis vernachlässigt werden. Die maß-
Plattentheorie nach Reissner-Mindlin (schubweiches gebende Querkraft VEd (nach EN 1992-1-1: VEd;red )
Verhalten) angewandt werden (s. Abschn. 9.1.3). entspricht daher der am Fuß der Stütze wirksamen Ver-
Weiterführende Informationen zur Sohldruck- und tikallast abzüglich des Sohldruckanteils innerhalb des
Schnittgrößenermittlung enthalten (Graßhoff u. Kany Stanzkegelumfangs. Die Sohldruckanteile aus Funda-
1997; Smoltczyk u. a. 2001). menteigengewicht und Überschüttung dürfen hierbei
Es muss darauf hingewiesen werden, dass sich die nicht im Abzugswert berücksichtigt werden. Bei aus-
Sicherheitskonzepte und insbesondere die Teilsicher- mittig angreifenden Stützenlasten ist der günstig wir-
heitsbeiwerte der Einwirkungen in DIN 1054 von kende Anteil aus einer linearen Verteilung der Sohl-
denen in DIN 1055-100 unterscheiden. Das bedeutet, druckspannungen zu ermitteln; der Lasterhöhungsbei-
dass die Bemessungswerte der Sohldruckspannun- wert ˇ ist nur für die entlang des Rundschnitts einwir-
gen, mit denen die geotechnischen Nachweise nach kende Querkraft anzusetzen.
DIN 1054 geführt werden, nicht für die Bemessung Zwar zeigt die Auswertung von Versuchsergeb-
der Betonbauteile nach DIN 1045-1 herangezogen nissen, dass die für Flachdecken geschaffenen Re-
werden dürfen. Gleiches gilt für Nachweise nach chenmodelle grundsätzlich auch auf Fundamente an-
EN 1992-1-1 und EN 1997. Für geotechnische wendbar sind, allerdings werden wegen des steileren
Nachweise und für die Bemessung von Bauteilen Durchstanzkegels einige Modifikationen erforderlich.
müssen jeweils unterschiedliche Bemessungswerte In DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 ist die Anpassung
bzw. Einwirkungskombinationen ermittelt werden des Nachweisformates für Fundamente wie folgt ge-
(vgl. Fingerloos 2006; Grünberg u. Vogt 2009) löst:
• DIN 1045-1
Für den Nachweis von Fundamenten bietet
9.4.2 Besonderheiten DIN 1045-1 zwei Alternativen:
beim Durchstanznachweis – Durchstanznachweis analog zu Flachdecken
über einen kritischen Rundschnitt im Abstand
In Versuchen an Einzelfundamenten stellt sich die Nei- 1;5d zur Stütze: Da die günstige Wirkung
gung des Durchstanzkegels mit ˇr  45ı gegenüber des Sohldrucks nur innerhalb des tatsächlich
ˇr  30ı –35ı bei Flachdecken erheblich steiler ein; auftretenden Durchstanzkegels angerechnet
9.4 Fundamente 357

werden kann, dürfen lediglich 50% der inner- der Schubschlankheit  D a =d (s. Abb. 9.48) auf
halb des kritischen Rundschnittes wirksamen Basis einer Neuauswertung von Versuchsergebnissen
Sohldruckspannungen von VEd abgezogen eingearbeitet (Hegger u. a. 2008b).
werden. Normenregelung nach DIN 1045-1
– Durchstanznachweis über einen kritischen
Im Folgenden werden für den Durchstanznachweis von
Rundschnitt im Abstand 1;0d : Die Sohl- Fundamenten lediglich Änderungen gegenüber bzw.
druckspannungen innerhalb des kritischen Ergänzungen zu den bereits vorgestellten Regeln für den
Rundschnitts dürfen zu 100% als Abzugswert Nachweis von Platten angegeben.
für VEd berücksichtigt werden. Gleichzeitig
ist bei verringertem Umfang des kritischen Kritischer Rundschnitt
Rundschnittes die höhere rechnerische Quer- DIN 1045-1, 10.5.2 (14) erlaubt, den kritischen Rund-
krafttragfähigkeit vRd;ct bzw. vRd;max über schnitt alternativ im Abstand 1;0d zum Stützenrand zu füh-
ren.
das Verhältnis der Umfänge der kritischen
Rundschnitte ucrit;rD1;5d =ucrit;rD1;0d zu berück- Einwirkungen
sichtigen. Nach DIN 1045-1, 10.5.3 (4) darf die Querkraft VEd um die
günstige Wirkung des Sohldrucks in der vom kritischen
• EN 1992-1-1 Rundschnitt umschlossenen Fläche abgemindert werden.
Der Nachweis von Fundamenten nach EN 1992-1-1 Dabei dürfen folgende Anteile der Bodenreaktionskraft als
Abzugswert berücksichtigt werden:
ist nicht mehr an einen vorgegebenen Abstand des
kritischen Rundschnittes zum Stützenrand gebun- • bei einem Rundschnitt im Abstand 1;5d : 50%
• bei einem Rundschnitt im Abstand 1;0d : 100%.
den. Es muss iterativ derjenige Rundschnitt gefun-
den werden, der zur kleinsten Tragfähigkeit VRd;c Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung
führt. Dabei darf der innerhalb des Rundschnitts Sofern der kritische Rundschnitt im Abstand 1;0d an-
genommen wird, darf nach DIN 1045-1, 10.5.4 (2) die
wirkende Sohldruck zu 100% auf VEd angerechnet Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung gemäß
werden. Gl. (9.82) erhöht werden.

Für DIN 1045-1 wurde der anrechenbare Anteil der vRd;ct;rD1;0d D k  vRd;ct;rD1;5d (9.82)
ucrit;rD1;5d
Sohldruckspannungen bei Nachweisen mit kritischem k D  1;2 (9.83)
ucrit;rD1;0d
Rundschnitt im Abstand 1;5d auf der sicheren Sei-
te liegend zu 50% festgelegt. Bereits ab einem Ver- In Gl. (9.82) entspricht vRd;ct;rD1;5d dem Wert nach
Gl. (9.39).
hältnis lc =d  0;4 bei Rundstützen (lc ist der Stüt-
zendurchmesser) bzw. a=d  0;35 bei quadratischen Maximale Querkrafttragfähigkeit
Stützen (mit a als Seitenlänge) ergibt der Nachweis mit Nach DIN 1045-1, 10.5.5 (6) darf die maximale Querkraft-
tragfähigkeit vRd;max nach Gl. (9.55) analog zur Querkraft-
Rundschnitten im Abstand 1;0 d größere Abzugswerte
tragfähigkeit ohne Querkraftbewehrung vRd;ct mit dem Fak-
VEd und führt damit zu einer wirtschaftlicheren Be- tor k nach Gl. (9.83) erhöht werden.
messung. Bei gedrungenen Fundamenten ist es über-
dies möglich, dass ein Rundschnitt im Abstand 1;5d Nachweis der Bewehrung
Der Nachweis der Bewehrung folgt den Gln. (9.56) für die
bereichsweise außerhalb der Fundamentkanten liegt; erste Reihe und (9.57) für die zweite und alle folgenden
in diesen Fällen ist ein Rundschnitt mit 1;0d ohne- Reihen; eine Erhöhung von vRd;ct um k nach Gl. (9.83)
hin sinnvoller. Bei sehr gedrungenen Fundamenten mit ist dabei nicht zulässig. Die erste Reihe sollte im Abstand
a < d (a nach Abb. 9.48) kann ein Durchstanznach- 0;3d vom Stützenanschnitt angeordnet werden.
weis entfallen. Mindestbewehrung und Kollapsbewehrung
Sofern bei Fundamenten mit ausmittiger Stützenlast Auf die Kollapsbewehrung nach DIN 1045-1, 13.3.2 (12)
eine klaffende Fuge im Bereich des Rundschnittes ent- kann bei elastisch gebetteten Bodenplatten verzichtet wer-
steht, kann der Durchstanznachweis sinnvoll über ei- den.
ne getrennte Betrachtung einzelner Sektoren mit den
zugehörigen Anteilen der einwirkenden Querkraft und Normenregelung nach EN 1992-1-1
des auf den jeweiligen Sektor entfallenden Sohldruck- Nachfolgend werden die Abweichungen und Ergänzun-
gen gegenüber dem Durchstanznachweis von Flachde-
anteils geführt werden.
cken angegeben.
Für den iterativen Nachweis nach EN 1992-1-1 mit
variablem Rundschnittabstand wurden für zentrische Kritischer Rundschnitt
Nach EN 1992-1-1, 6.4.2 (2) sind Rundschnitte mit Abstän-
Beanspruchungen in Hegger u. a. (2008b) Hilfsmittel
den  2d zum Stützenrand zu untersuchen. Derjenige
angegeben. Für das NA D wurde überdies der be- Rundschnitt, der die geringste Tragfähigkeit ergibt, ist der
reits in Rostásy u. Dieterle (1987) erkannte Einfluss kritische Rundschnitt.
358 9 Durchstanzen

Einwirkungen 9.5 Vorgespannte Platten


Die einwirkende Querkraft VEd darf nach EN 1992-1-1,
6.4.3 (8) und 6.4.4 (2) um den Anteil aus Sohldruckspan-
nungen innerhalb des vom jeweils betrachteten Rund-
schnitt umschlossenen Bereichs gemäß Gl. (9.84) abge-
9.5.1 Allgemeines
mindert werden.
Bei weitgespannten, schlanken Flachdecken wird ne-
VEd;red D VEd  VEd (9.84)
ben dem Durchstanznachweis die Begrenzung von
In Gl. (9.84) bedeuten: Biegeverformungen auf Gebrauchslastniveau entschei-
dend für die Bemessung (s. Abschn. 9.1.1.1). Durch
VEd einwirkende Querkraft Vorspannen der Decken können die auftretenden Ver-
VEd die Resultierende des nach oben gerichteten Sohl-
formungen erheblich reduziert und gleichzeitig das
drucks innerhalb des betrachteten Rundschnittes
abzüglich des Eigenlastanteils des Fundaments. Rissverhalten günstig beeinflusst werden. Nach Mor-
gen u. a. (2004) sind Deckenschlankheiten bis leff =d 
Die maßgebende Querkraft je Flächeneinheit im betrach- 35–40 für normale Anforderungen realistisch; aller-
teten Rundschnitt folgt für zentrisch belastete Fundamen- dings sollten die Verformungen vorgespannter Flach-
te aus Gl. (9.85a) und für ausmittig belastete Fundamente
aus Gl. (9.85b).
decken i. d. R. rechnerisch überprüft werden. Über die
Wirkung auf das Gebrauchsverhalten hinaus erhöht ei-
VEd;red ne Vorspannung den Durchstanzwiderstand im Grenz-
vEd D (9.85a)
ud zustand der Tragfähigkeit.
 
VEd;red MEd u Bei Flachdecken kommt primär Vorspannung ohne
D  1Ck  (9.85b)
ud VEd;red W Verbund durch werksmäßig korrosionsgeschützte Mo-
In den Gln. (9.85a) und (9.85b) bezeichnen: nolitzen, die teils zu Spannbändern mit bis zu vier Lit-
zen kombiniert werden, zum Einsatz. Damit entfallen
k vgl. Tabelle 9.1 einerseits die bei vielen kleinen Spanngliedern äußerst
u Umfang des jeweils betrachteten Rundschnittes aufwendigen Verpressarbeiten, zum anderen wird der
W entspricht W1 nach Gl. (9.19) für den jeweils be- Aufwand für die Verlegung auf ein Minimum redu-
trachteten Rundschnitt. ziert.
Frühere Entwurfspraxis war es, die Monolitzen
Querkrafttragfähigkeit von Platten ohne Durchstanz-
nach Abb. 9.49a über die gesamte Platte verteilt mit
bewehrung
Nach EN 1992-1-1, 6.4.4 (2) folgt die Querkrafttragfähig- einer Konzentration der Litzen in den Stützstreifen
keit ohne Durchstanzbewehrung nach den Gln. (9.86) und anzuordnen. Dadurch werden Umlenkkräfte erzeugt,
(9.87). die Beanspruchungen aus konstanten Flächenlasten
weitgehend kompensieren. Allerdings erfordert die
2d
vRd;c D CRd;c k.100l fck /1=3  (9.86) zweistufige Lastabtragung hohe Spannstahlmengen;
a
2d vereinfacht dargestellt: die Feldspannglieder geben
 vmin  (9.87) die im Feld aufgesammelten Lasten zunächst in den
a
Stützstreifen an die dort quer verlaufenden Spannglie-
Hierbei ist a der Abstand vom Stützenrand zum betrachte- der weiter, die die Lasten dann ihrerseits zur nächsten
ten Rundschnitt; für die übrigen Größen s. die Gln. (9.46) Stütze transportieren (vgl. Abb. 9.49c). Gleichzeitig
und (9.47). werden die Verlegearbeiten durch das erforderliche
verwobene Netz aus Monolitzen deutlich erschwert.
Heute werden die Spannglieder häufig in den Stütz-
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen streifen konzentriert (Stützstreifenvorspannung nach
Zur Berechnung der Querkrafttragfähigkeit ohne Durch-
stanzbewehrung wird zu Gl. (9.86) bzw. zum NDP CRd;c Abbn. 9.49b und d), da die Wirkung gegenüber der
(s. Erläuterungen zu Gl. (9.46)) ergänzt: Für Einzelfunda- verteilten Anordnung bei erheblich verringertem
mente mit a  3d gilt: Spannstahlbedarf ähnlich effektiv ist (vgl. Eibl u. a.
1995; Buschmeyer u. Fastabend 2004; Morgen u. a.
0;12
CRd;c D  0;4
: (9.88) 2004)
c
Die Spannglieder sollten im Aufriss der Momenten-
In Gl. (9.88) ist die Schubschlankheit des Fundaments linie im Stützstreifen infolge Dauerlasten folgen, d. h.
mit D a =d und a als Abstand vom Stützenrand zum mehr oder minder parabelförmig nach Abb. 9.49 ver-
Fundamentrand. Bei rechteckigen Fundamenten darf D laufen. Für die Vorspannung von Flachdecken ist al-
p
x  y angenommen werden. lerdings die exakte Lage der Spannglieder nur in we-
9.5 Vorgespannte Platten 359

nigen Querschnitten – primär den Hoch- bzw. Tief- hinaus die explizite Eingabe von Spannsträngen. Es
punkten über Stützen bzw. im Feld – von Interesse. sei darauf hingewiesen, dass die Normalkräfte sich
Zur erheblichen Vereinfachung des Spanngliedeinbaus ausgehend von den Verankerungen der Monolitzen
wurde die freie Spanngliedlage entwickelt, wonach die am Rand der Flachdecke selbst bei einer Stützstrei-
Monolitzen nur an wenigen Punkte der oberen bzw. un- fenvorspannung rasch über die gesamte Plattenbreite
teren Bewehrungslage fixiert werden müssen und da- ausbreiten (Lastausbreitungswinkel ˇ D 35ı , vgl.
zwischen ohne weitere Unterstützungen zwischen den Abb. 2.25). Allerdings sollte bei ausgesteiften Hoch-
Hoch- und Tiefpunkten verzogen werden (vgl. Mai- bauten überprüft werden, ob die zur Übertragung
er u. Wicke 2000). In DIN 1045-1, 12.10.4 (7) wer- der Normalkräfte erforderliche Verkürzung der Plat-
den die Grundsätze der freien Spanngliedlage hinsicht- te möglich ist. Sofern aussteifende Bauteile diese
lich der Anordnung von Monolitzen bei Platten mit Verkürzung behindern, fließt ein erheblicher Teil der
h  0;45 m vorgestellt. Ankerkräfte in die steiferen Bauteile ab. Im Zwei-
Die Ermittlung von Schnittgrößen infolge Vor- felsfall sollten entweder entsprechende konstruktive
spannung kann unter Verwendung einfacher Finite- Maßnahmen wie z. B. die Abfugung von Kernen er-
Elemente-Programme über eine linear-elastische griffen werden, oder die Nachweise der Deckenplatte
Plattenberechnung unter Ansatz von Anker- und dürfen nur unter Berücksichtigung der Momenten-
Umlenkkräften erfolgen; das Ergebnis entspricht der wirkung infolge Umlenkkräften und Randmomenten
Summe aus statisch bestimmter und statisch unbe- und unter Vernachlässigung der Normalkraftwirkung
stimmter Wirkung (vgl. Abschn. 13.4). Programme geführt werden (vgl. Buschmeyer u. Fastabend 2004;
mit speziellem Vorspannmodul erlauben darüber Morgen u. a. 2004).

9.5.2 Berücksichtigung der Vorspannung


im Durchstanznachweis

Die Schnittgrößen infolge Vorspannung werden


zweckmäßig unterschieden in:

• Scheibenschnittgrößen ! np
• Plattenschnittgrößen ! mp ; vp

a verteilte Vorspannung b Stützstreifenvorspannung Die Auswirkungen von Normalkräften np in der Plat-


tenebene werden auf der Seite des Tragwiderstandes
Spannglieder im Stützstreifen als additiver Anteil der Durchstanztragfähigkeit

vRd;ct D k  cd (9.89)


u
mit k D 0;12 in Gl. (9.39) nach DIN 1045-1 bzw. k D
0;10 in den Gln. (9.46) und (9.47) nach EN 1992-1-
Stütze 1 berücksichtigt. Hierbei ist cd die Normalspannung
Feldspannglieder
gemittelt aus den Spannungen in x- und y-Richtung
c Lastabtragung bei Feldspanngliedern infolge der Normalkräfte np;x und np;y .
Im Gegensatz dazu werden die Plattenschnittgrö-
Spannglieder im Stützstreifen ßen – insbesondere vp – auf der Einwirkungsseite
angerechnet. Nach der in Abb. 9.50a wiedergegebe-
u nen Modellvorstellung werden Teile der Vertikallas-
u ten im Feld aufgesammelt und über Umlenkkräfte di-
u rekt in die Stütze abgegeben. Dabei braucht der Anteil
u
der Umlenkkräfte, der innerhalb des Durchstanzkegels
Stütze wirkt, nicht mehr als Querkraft über den kritischen
d Lastabtragung bei Stützspanngliedern Schubriss übertragen zu werden, darf also bei der Be-
Abbildung 9.49a–d Vorspannkonzepte bei Flachdecken (vgl. rechnung von VEd vernachlässigt werden. Analog zur
Buschmeyer u. Fastabend 2004) Anrechnung der günstigen Wirkung geneigter Spann-
360 9 Durchstanzen

glieder auf den Bemessungswert der Querkraft bei Bal-


ken gilt (vgl. Abschn. 7.6.3):

VEd D VEd;0  Vpd (9.90)


Vpd Vpd
In Gl. (9.90) beschreibt VEd;0 den Grundwert der ein-
a Modellvorstellung
wirkenden Querkraft, VEd den bemessungsrelevanten
Anteil und Vpd den Abzugswert infolge Vorspannung.
In Abb. 9.50b entspricht Vpd der Summe der vertikal fv
gerichteten Umlenkkräfte up;z innerhalb des Durch-
stanzkegels.16 Da up;z mit den vertikalen Komponen- θp θp
ten der Spanngliedkraft Pd im Gleichgewicht steht, gilt WP
Pd Pd
Z lv

Vpd D up;z dx D 2Pd sin p : (9.91)


lv

Für die Herleitung der Gl. (9.91) wurde vorausgesetzt,


dass der Spanngliedverlauf symmetrisch zur Stützen- 8f
~ Pd _v
u pz ~
lv
achse ist, d. h. die Spanngliedneigungen p in beiden
Schnittpunkten mit dem idealisierten Durchstanzriss Vpd
Pd
identisch sind und Pd entlang dieses Spanngliedab-
schnittes konstant ist. θp
Krafteck
θp
Bei parabolischer Spanngliedführung mit den
Vpd Pd
Wendepunkten des Spanngliedverlaufs außerhalb des
Durchstanzkegels gemäß Abb. 9.50b gilt (s. Gl. 5.16): b parabolischer Spanngliedverlauf

4fv Abbildung 9.50a,b Berechnung des Querkraftanteils aus Vor-


0
p D zcp .x/ D : (9.92) spannung
lv
Da die Neigungswinkel p i. d. R. klein sind, gilt
sin p  p ; die Querkraftkomponente folgt damit aus ter Ordnung beschrieben werden. Bei sog. Mittenan-
Gl. (9.91) zu hebungen z. B. im Bereich von Innenstützen gilt (vgl.
Abb. 9.51)
Vpd D 2Pd sin p (9.93)
 x
4fv 8fv zp D em 3 4  8 3 C 6 2 ; mit  D : (9.95)
 2Pd p D 2Pd  D Pd  ; (9.94) lm
lv lv
In Gl. (9.95) ist lm die freie Durchhanglänge zwi-
mit fv und lv nach Abb. 9.50b. Bei parabelförmiger
schen dem Hochpunkt und dem Tiefpunkt der Mono-
Spanngliedführung gilt im Übrigen für die Umlenk-
litze in Abhängigkeit von Litzeneigengewicht gp und
kraft up;z D 8Pd fv = lv2 (s. Gl. 5.15), d. h. die entlang lv
-biegesteifigkeit Ep Ip sowie dem Achsabstand zwi-
aufintegrierten Umlenkkräfte entsprechen – wie oben
schen der oberen und unteren Lage der Litze em .
beschrieben – 2Pd sin p .
Der maximale Abzugswert Vpd wird erreicht, wenn s
72Ep Ip em
der Schnittpunkt von Spannglied und idealisiertem lm D 4 (9.96)
Durchstanzkegel gerade mit dem Wendepunkt des gp
Spanngliedverlaufs zusammenfällt.
Bei freier Spanngliedlage stellt sich der Spannglied- In Morgen u. a. (2004) wird lm nach Gl. (9.96) ausge-
verlauf zwischen den Fixpunkten nach der Biegelinie wertet; es gilt (em und lm in cm):
der Monolitze unter Eigengewicht ein. Nach Maier u. p
lm D c  4 em ; (9.97)
Wicke (2000) kann der Verlauf durch eine Parabel vier- (
130;5 für dp D 15;7 mm
mit c D :
16
Vpd entspricht der statisch bestimmten Wirkung der Vorspan- 128;3 für dp D 15;3 mm
nung im betrachteten Bereich; der statisch unbestimmte Anteil
wird im Rahmen der Schnittgrößenermittlung der Einwirkung Der Wendepunkt des Spanngliedverlaufs, d. h. der Ort,
VEd;0 zugerechnet. am dem die Umlenkkräfte ihre Richtung ändern, folgt
Literatur 361

großen Anzahlen kreuzender Spannglieder wird die


x Reduktion der Umfangslänge des kritischen Schnittes
WP um die vom Rundschnitt gekreuzten Spannglieder-
em
querschnitte vorgeschlagen. Darüber hinaus zeigen die
Versuche, dass Spannglieder, die direkt über der Stütze
lm/3
laufen, deutlich günstiger sind als solche, die in der
lm Platte unmittelbar am Anschnitt zur Stütze platziert
z sind.
Derzeit existiert allerdings kein zufrieden stellendes
Konzept, um alle positiven und negativen Wirkungen
der Vorspannung für den Durchstanznachweis zugäng-
u pz
lich zu machen.

Vpd /2 Normenregelung nach DIN 1045-1


Abbildung 9.51 Spanngliedverlauf und Umlenkkräfte bei freier Nach DIN 1045-1, 10.5.3 (4) in Verbindung mit 10.3.2 darf
Spanngliedlage die Querkraftkomponente Vpd der Spanngliedkraft von ge-
neigten Spanngliedern, die parallel zu VEd wirkt und in-
nerhalb des betrachteten Rundschnittes liegt, angerechnet
aus zp00 D 0 zu  D 1=3, d. h. xWP D lm =3. Bei üb- werden. Dabei ist als Bemessungswert der Spannstahl-
lichen Dimensionen wird der Wendepunkt außerhalb spannung kein größerer Wert als fp0;1k =s anzunehmen.
des kritischen Rundschnittes liegen. Der Abzugswert
Vpd errechnet sich wieder nach Gl. (9.91); die Spann- Normenregelung nach EN 1992-1-1
gliedneigung in Abhängigkeit der Laufkoordinate ist EN 1992-1-1, 6.4.3 (8) erlaubt, die vertikale Komponente
 Vpd infolge geneigter Spannglieder, die die Querschnitts-
p ./ D zp0 ./ D em 12 3  24 2 C 12 (9.98) fläche des betrachteten Rundschnitts schneiden, als güns-
Für den maßgebenden Bemessungswert der Vor- tige Einwirkung anzusetzen.
spannkraft Pd vgl. die Abschn. 5.4.3 und 6.5.2. In
Morgen u. a. (2004) sind ergänzende Hinweise zur Ab-
schätzung von Pd enthalten.
Literatur
Aus den Abbn. 9.50 und 9.51 wird deutlich, dass der
maßgebende Ort für die Ermittlung der Spanngliednei-
gungen der Schnittpunkt mit dem theoretischen Durch- A NDRÄ, H.-P.: Dübelleisten zur Verhinderung des
stanzkegel ist. Sofern Durchstanzbewehrung angeord- Durchstanzens bei hochbelasteten Flachdecken. In:
net wird, müssen mehrere Rundschnitte betrachtet wer- Bautechnik (1979), Nr. 7, S. 244–247
den; hierfür ist Vpd jeweils neu zu ermitteln. Verein- A NDRÄ, H.-P.: Zum Tragverhalten von Flachdecken
fachend erlauben DIN 1045-1 und EN 1992-1-1, als mit Dübelleisten-Bewehrung im Auflagerbereich.
maßgebenden Punkt den Schnittpunkt des Spannglie- In: Beton- und Stahlbetonbau 76 (1981), Nr. 3/4, S.
des mit dem jeweils betrachteten Rundschnitt zu ver- 53–57, 100–104
wenden. A NDRÄ, H.-P.: Zum Tragverhalten des Auflagerbe-
Während also der Querkraftanteil vp der aus der reichs von Flachdecken, Universität Stuttgart, Diss.,
Vorspannung hervorgerufenen Plattenschnittgrößen 1982
explizit auf der Einwirkungsseite berücksichtigt wird, A NDRÄ, H.-P.; BAUR, H. ; S TIGLAT, K.: Zum Trag-
fließt die Momentenwirkung mp gegenwärtig nicht in verhalten, Konstruieren und Bemessen von Flachde-
den Nachweis ein. cken. In: Beton- und Stahlbetonbau 79 (1984), Nr.
Neuere Durchstanzversuche an Flachdeckenaus- 10–12, S. 258–263, 303–310, 328–334
schnitten, die mit Monolitzen oder Spannbändern, d. h. B EUTEL, R.: Durchstanzen schubbewehrter Flachde-
vier jeweils zu einem Band zusammengefassten Mo- cken im Bereich von Innenstützen, RWTH Aachen,
nolitzen, vorgespannt waren, zeigen einen deutlichen Diss., 2002
Einfluss der Spanngliedanordnung im Grundriss wie B RETTHAUER, G.; N ÖTZOLD, F.: Zur Berechnung von
auch im Aufriss (vgl. Zorn 2005; Schustereder u. a. Pilzdecken. In: Beton- und Stahlbetonbau 63 (1968),
2008). Zunächst wird aus den Versuchsergebnissen Nr. 10–12, S. 221–226, 251–261, 277–281
deutlich, dass den Durchstanzkegel kreuzende Mo- B RETTHAUER, G.; S EILER, H.: Die Pilzdecke ohne
nolitzen eine Querschnittsschwächung bedeuten; bei verstärkte Säulenköpfe (Flachdecke) bei verschiede-
362 9 Durchstanzen

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che zur Grenztragfähigkeit beim Durchstanzen. In:
Kapitel 10
Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

10.1 Allgemeines 10.1.1 Verformungen – Arten, Ursachen


und Zweck der Berechnung
Neben der Sicherstellung der Tragfähigkeit – in den
vorangegangenen Kap. 6–9 behandelt – erfordert die Verformungen von Bauteilen und Tragwerken werden
Bemessung von Bauteilen auch die Gewährleistung verursacht durch:
von Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit (vgl.
Kap. 2). Die Nachweise in den Grenzzuständen der • direkte Einwirkungen (Lasten),
Gebrauchstauglichkeit (GZG) erfassen das Verhalten • indirekte Einwirkungen (Zwang, z. B. Auflagerver-
unter Gebrauchsbedingungen, d. h. unter den real auf- schiebung),
tretenden Einwirkungen während der Nutzung. Da die • zeitabhängiges Verhalten des Betons (Schwinden
Gebrauchstauglichkeit über die gesamte Lebensdau- und Kriechen).
er des Tragwerks sichergestellt werden muss, stellen Die Größe der Verformung wird beeinflusst durch die
die Auswirkungen des Kriechens und Schwindens von Intensität, die Dauer (kurzzeitig wirkend oder langan-
Beton einen wesentlichen Aspekt der Spannungs- und dauernd) und den Charakter der Einwirkungen (ru-
Verformungsberechnungen dar. hend oder nicht vorwiegend ruhend). Gleichzeitig ist
Während im GZT große Verformungen und deut- die auftretende Verformung wesentlich davon abhän-
lich sichtbare Risse erwünscht sind, um dem Nut- gig, ob das betrachtete Bauteil Risse aufweist. Wie
zer die Gefahr eines ggf. bevorstehenden Tragwerk- für die Bemessung im GZT werden Verformungen
versagens bewusst zu machen, müssen Verformungen getrennt für die Beanspruchungen aus Normalkraft
und Rissbreiten während der üblichen Nutzung klein N bzw. Biegung und Normalkraft M C N , Quer-
gehalten werden. Unter Gebrauchslasten müssen da- kraft V und Torsion T berechnet. Eine Superpositi-
her plastische, also irreversible Verformungen von Be- on der verschiedenen Verformungsanteile bei kombi-
ton oder Stahl vermieden werden. Allein aus diesem nierter Beanspruchung ist allerdings nur für kurzzei-
Grund sind die auf plastischem Materialverhalten auf- tig wirkende Lasten und ideal-elastisches Materialver-
bauenden Verfahren zur Spannungsermittlung im GZT halten, d. h. näherungsweise für ungerissene Bauteile
für Berechnungen auf Gebrauchslastniveau nicht ver- möglich.
wendbar. Die in diesem Kapitel vorgestellten Metho- Verfahren zur Berechnung von Verformungen die-
den zur Berechnung von Spannungen und Verformun- nen primär dem Nachweis der geforderten Gebrauch-
gen bilden die unverzichtbare Grundlage für Nachwei- stauglichkeit, stellen aber auch die wesentliche Grund-
se in den GZG, sind aber weitestgehend unabhängig lage zur wirklichkeitsnahen Schnittgrößenermittlung
von Normenregelungen. Spezielle Nachweise in den bei statisch unbestimmten Systemen dar. In statisch un-
GZG werden in Kap. 11 erläutert. bestimmt gelagerten Tragwerken werden Größe und

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 365


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
366 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Verteilung der Schnittgrößen nicht mehr allein durch Voraussetzung linearen Materialverhaltens nicht gül-
Gleichgewichtsbedingungen, sondern durch die Kom- tig. Die separate Berechnung von Verformungen für
bination mit Verträglichkeitsbedingungen der Verfor- verschiedene Einwirkungen mit anschließender Addi-
mungen bestimmt. Darüber hinaus üben Verformungen tion der Verformungsanteile führt zu falschen Ergeb-
im Rahmen geometrisch nichtlinearer Theorien (Theo- nissen.
rie II. Ordnung) einen unmittelbaren Einfluss auf die Zur Ermittlung zeitabhängiger Spannungen und
Schnittgrößen aus. Verformungen aus Schwinden muss vorausgesetzt
werden, dass die unbehinderte Schwindverkür-
zung in allen Fasern eines Bauteils parallel zur
Längsachse gleich ist. Eigenspannungszustände aus
10.1.2 Grundlegende Annahmen ungleichmäßiger Schwindverkürzung werden bei der
Verformungsberechnung vernachlässigt.
Durch die erforderliche Begrenzung der Spannungen
in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit
kann das Materialverhalten von Bewehrung und Beton
auf Gebrauchslastniveau genügend genau durch li- 10.2 Längsdruckkraft
neare Spannungs-Dehnungs-Beziehungen beschrieben
werden. Darüber hinaus sind Verformungen stets Als häufig wiederkehrendes Grundelement wird zu-
Größen, die sich aus der Integration von Querschnitts- nächst ein zentrisch druckbeanspruchter, symmetrisch
verzerrungen über die Bauteillänge errechnen. Lokale bewehrter Stahlbetonquerschnitt nach Abb. 10.1 be-
Fehlstellen wirken sich daher nur in untergeordnetem trachtet. Im Folgenden wird gezeigt, dass zeitabhängi-
Maß aus; Verformungen repräsentieren vielmehr das ge Dehnungen des Betons aus Kriechen und Schwin-
mittlere Verhalten eines Bauteils. Im Unterschied zur den neben Verformungen auch Spannungen im Quer-
Betrachtung von Fehlstellen im GZT, d. h. dem Ansatz schnitt erzeugen.
unterer Quantilwerte, werden der Berechnung von
Spannungen und Verformungen i. Allg. die Mittel-
werte der Materialeigenschaften zu Grunde gelegt.
Sofern allerdings die Grenzwerte möglicher Bauteil- 10.2.1 Kurzzeitig wirkende
verformungen relevant werden, z. B. für erforderliche Druckbeanspruchungen
Toleranzen zu angrenzenden Bauteilen, sollten die
Streuungen der Baustoffeigenschaften berücksichtigt Zur Berechnung von Spannungen in Bewehrung und
werden. Beton sind drei Elemente erforderlich, Gleichgewichts-
Wie bei der Tragfähigkeit besitzt die geringe Beton- bedingungen, Stoffgesetze und Verträglichkeitsbedin-
zugfestigkeit erheblichen Einfluss auf das Gebrauchs- gungen der Verformungen. Die Verträglichkeits- oder
verhalten eines Bauteils. Mit dem Übergang vom Zu- Kompatibilitätsbedingung folgt aus der Voraussetzung,
stand I zum Zustand II verändert sich der Spannungs- dass die Bewehrung im Verbund mit dem Beton liegt,
zustand im Querschnitt grundlegend; gleichzeitig neh- d. h. die Längsdehnungen (Stauchungen) von Beweh-
men die Verformungen erheblich zu. Es werden daher rung und Beton identisch sind (Abb. 10.1b).
folgende Zustände unterschieden:
Fc C Fs D N (Gleichgewicht) ;
• Zustand I (ungerissener Querschnitt)
! zugeordnete Steifigkeiten: EAI , EI I , . . . Fs D "s  Es As I
(Stoffgesetz) ;
• reiner Zustand II (gerissener Querschnitt) Fc D "c  Ec An
! zugeordnete Steifigkeiten: EAII , EI II , . . . "c D "s (Verträglichkeit) ;
• mittleres Verhalten eines gerissenen Bauteils
! zugeordnete Steifigkeiten: EAII II
m , EIm , . . . Damit folgt:
Bei der Abgrenzung zwischen gerissenen und ungeris- N D Fc C Fs (10.1a)
senen Bereichen von Bauteilen ist zu beachten, dass D "c  .Ec An C Es As / (10.1b)
einmal gerissene Querschnitte sich auch bei Beanspru- N N
chungen unterhalb der Rissschnittgröße nicht mehr wie ) "c D D ; (10.1c)
Ec An C Es As Ec Ai
ungerissene Querschnitte verhalten (Gedächtnis des
Baustoffs). Wie noch zu zeigen sein wird, ist bei ge- mit der ideellen Querschnittsfläche (vgl. Ab-
rissenen Bauteilen das Superpositionsgesetz trotz der schn. 2.3.3)
10.2 Längsdruckkraft 367

N(<0)
formungen bei kurzzeitig wirkenden Beanspruchungen
zu
EAI D Ec Ai : (10.5)
As /4
dx 10.2.2 Auswirkungen zeitabhängigen
Verhaltens

Langandauernde Druckbeanspruchungen rufen zeit-


Ac
abhängige Kriechverformungen des Betons hervor.
Durch den (starren) Verbund muss die Bewehrung
der Verkürzung folgen und erfährt dadurch zusätz-
liche Druckkräfte, die mit der Kriechverkürzung
N(<0)
a System ansteigen. Zur Wahrung des Gleichgewichts müssen
im Beton zusätzliche Zugspannungen entstehen, die
Fs Fc Fs
DFc,c+s sich den Druckspannungen aus der äußeren, konstant
DFs,c+s
angenommenen Belastung überlagern. Das Kriechen
erzeugt damit einen Eigenspannungszustand, der
die Beanspruchungen des Betons vermindert und
e dx gleichzeitig die der Bewehrung erhöht; Kriechen führt
Dec+s dx folglich zu Kraftumlagerungen auf die Bewehrung.
dx Gleiches gilt für die Schwindverkürzung des Betons.
Durch die zeitabhängig veränderlichen Beton-
druckspannungen erfordert die Berechnung der
Druckkraftaufteilung bzw. der Verformungen die
Superposition von Dehnungen aus verschiedenen
Spannungsstufen. Dies ist entweder elementar auf
b elastische Verformung c zeitabhängige Verformung Grundlage einer von Dischinger entwickelten Dif-
(t = 0) (t > 0)
ferentialgleichung (vgl. Dischinger 1937; Rüsch u.
Abbildung 10.1a–c Verformungen bei zentrischer Druckbean- Jungwirth 1976) oder auf numerischem Weg durch
spruchung zeitliche Diskretisierung, d. h. durch Zeitschrittverfah-
ren (vgl. Bažant 1988) möglich. Im Folgenden werden
Näherungsverfahren, die auch für die Handrechnung
Es geeignet sind, vorgestellt.
Ai D An C  As D Ac C .˛s  1/  As ;
Ec
Es 10.2.2.1 Allgemeine Lösung nach Trost
mit ˛s D : (10.2)
Ec
Die Lösung nach Trost baut auf der Rückführung
Die Aufteilung der Normalkraft auf Bewehrung und der Superposition verschiedener Spannungsstufen auf
Beton erfolgt damit nach deren Anteilen an der ide- einen Relaxationsbeiwert  auf (Trost 1967, 1987).
ellen Querschnittsfläche Ai : Dabei kann  mit ausreichender Genauigkeit zu 0,8
gesetzt werden (vgl. Abschn. 3.2). Aus Abb. 10.1c
Ec An
Fc D "c  Ec An D N  folgen die Gleichgewichts- und Verträglichkeitsbedin-
Ec An C Es As gungen:1
An
DN ; (10.3) Fc;cCs C Fs;cCs D 0 ) (Gleichgewicht) ;
Ai
Es As Fs;cCs D "s;cCs  Es As
Fs D "c  Es As D N  (Stoffgesetz) ;
Ec An C Es As Fc;cCs D "c;cCs  Ec An
˛s  As "c;cCs D "s;cCs (Verträglichkeit) :
DN : (10.4)
Ai Der zeitabhängige Dehnungsunterschied kann nach
Gl. (3.63b) mit der Kriechzahl ' D '.t; t0 / und der
Aus Gl. (10.1c) folgt die Dehnsteifigkeit EAI eines
druckbeanspruchten Stabes zur Berechnung von Ver- 1
Indizes: c – creep – Kriechen; s – shrinkage – Schwinden
368 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Schwinddehnung "cs D "cs .t; ts / angeschrieben wer- N < (0)

den:
0,20
c .t0 /
"c;cCs D '
Ec A A 0,20

c .t; t0 / Fc (t ) Fs (t )
C  .1 C '/ C "cs : (10.6) 1 , Beton : C30/37; j (¥, t 0 ) = 3,4; e cs¥ = -0,63 ‰
Ec N N
Betonstahl : BSt 500, As = 12,6 cm 2
Aus der Verträglichkeitsbedingung folgt:
0,8
"s;cCs D "c;cCs ; (10.7a)
Fs;cCs Fc .t0 / 0,6
D ' Fc(t)/N
Es As Ec An Fs(t)/N
Fc;cCs 0,4
C  .1 C '/ C "cs : (10.7b)
Ec An
Wird über die Gleichgewichtsbedingung Fc;cCs 0,2 Lösung nach Trost
Näherung mit Ec,eff
durch Fs;cCs ersetzt, kann Gl. (10.7b) nach der
Änderung der Druckkraft in der Bewehrung aufgelöst t in Tagen
0
werden. 100 200 300 400 500
t 0 = 7 Tage
Es As
Fc .t0 / Ec An
 ' C "cs  Es As
Fs;cCs D Es As
a Umlagerung der Druckkraftanteile durch Kriechen
1 CE c An
 .1 C '/
D Fc;cCs (10.8)
F in kN
Die Kraftaufteilung zum Zeitpunkt t ist
80
Anfctk;0,05
An
Fc .t/ D N  C Fc;cCs ; (10.9) DFc,c+s
Ai
40
˛s  As
Fs .t/ D N  C Fs;cCs : (10.10)
Ai t in Tagen
0
Die zeitabhängige Veränderung der Kräfte bei N D 100 200 300 400 500
const. ist in Abb. 10.2a für "cs D 0, d. h. ohne die Aus-
-40
wirkungen des Schwindens, für ein Beispiel ausgewer-
tet.
-80 DFs,c+s

10.2.2.2 Vereinfachungen
b Kräfte infolge Schwinden

Vereinfacht können die zeitabhängigen Effekte Abbildung 10.2a,b Auswirkungen von Kriechen und Schwin-
durch eine getrennte Betrachtung von Schwinden den auf die Kräfte in Bewehrung und Beton (Grundlage:
und Kriechen erfasst werden. Die durch Kriechen DIN 1045-1)
bewirkten Verformungen und Kraftumlagerungen
werden durch den effektiven E-Modul Ec;eff erfasst den Tangentenmodul Ec0m kann der effektive E-Modul
(vgl. Abschn. 3.2). Nach Gl. (3.67) gilt mit  D 1 für durch Ec;eff D Ecm = .1 C ˛i  '/ mit ˛i D Ecm =Ec0m
die gesamte spannungsinduzierte Dehnung "c .t; t0 /: angenähert werden. Die in diesem Kapitel angegebe-
c .t0 / C c .t; t0 / nen Beziehungen bzw. Diagramme gelten dem entspre-
"c .t; t0 / D ; chend für DIN 1045-1, wenn anstelle ' stets ˛i  ' ge-
Ec;eff
setzt wird. Gleiches gilt für EN 1992-1-1.
Ec
mit Ec;eff D : (10.11) Die zeitabhängige Aufteilung der Druckkräfte kann
1C' in den für t D 0 abgeleiteten Gln. (10.3) und (10.4)
Wie in Abschn. 3.2 bereits erläutert, sollten Verfah- durch die Verwendung von Ec;eff D Ec;eff .t/ nähe-
ren zur Verformungsberechnung im Gebrauchszustand rungsweise berücksichtigt werden; für zeitlich kon-
auf dem Sekantenmodul Ecm aufbauen. Wegen des für stante Betonspannungen würden damit die exakten Lö-
DIN 1045-1 gewählten Bezugs der Kriechzahl ' auf sungen angegeben.
10.2 Längsdruckkraft 369

Ec;eff An für den effektiven E-Modul sinnvoll, da ausschließ-


Fc .t/ D N 
Ec;eff An C Es As lich zeitlich veränderliche Spannungen betrachtet wer-
An den, d. h. die verminderte Kriechfähigkeit mit zuneh-
D N ; (10.12)
Ai;eff mendem Alter relevant wird (vgl. Gl. 3.66c). Offen-
Es As sichtlich ist Gl. (10.16c) äquivalent zum Schwindanteil
Fs .t/ D N aus der Lösung nach Trost (s. Gl. 10.8). Die Druck-
Ec;eff An C Es As
kraft in der Bewehrung folgt aus der Stauchung nach
˛s;eff  As
D N ; (10.13) Abb. 10.3c und steht naturgemäß mit der Betonzug-
Ai;eff kraft im Gleichgewicht.
mit Ai;eff D Ac C .˛s;eff  1/  As ;
Es Fs;s D "s  Es As (10.17)
˛s;eff D (10.14) An An
Ec;eff D "cs   Es As D Ncs  (10.18)
Ai;eff Ai;eff
Die mit den Gln. (10.12) und (10.13) ermittelten Kräfte D Fc;s (10.19)
sind in Abb. 10.2a der Lösung mit Hilfe des Relaxati-
onsbeiwertes gegenübergestellt. Schwinden erzeugt bei statisch bestimmt gelagerten
Die Auswirkungen des Schwindens werden sepa- Systemen einen reinen Eigenspannungszustand;
rat für einen unbelasteten Stab, d. h. N D 0 ermittelt. dem entsprechend steht die Druckkraft der Beweh-
Für die Ableitung ist die in Abb. 10.3 dargestellte Mo- rung mit der Betonzugkraft im Gleichgewicht. In
dellvorstellung hilfreich. Sind Beton und Bewehrung Abb. 10.2b sind exemplarisch die aus dem Schwinden
nicht verbunden, stellt sich die Schwindverformung im entstehenden Kräfte dargestellt; bei ungünstigen
Beton mit "cs frei ein; der Beton bleibt spannungslos. Randbedingungen erreichen die Betonzugspannun-
Wenn die gleiche Verformung der Bewehrung aufge- gen bei unbelasteten Stahlbetonquerschnitten die
zwungen wird, entsteht in ihr eine (fiktive) Druckkraft Zugfestigkeit und leiten damit die Rissbildung ein.
Ncs nach Gl. (10.15) ("cs < 0!) Bei asymmetrischer Bewehrung greift Ncs außerhalb
des Querschnittsschwerpunktes an. Neben einer
Ncs D "cs  Es As : (10.15) Verkürzung tritt in diesem Fall durch die Schwindver-
krümmung eine Biegeverformung auf, deren Größe
Werden Beton und Bewehrung nun durch Verbund ge- durch das Verhältnis As2 =As1 bestimmt wird. Es sei
koppelt, wirkt Ncs im Schwerpunkt des Bewehrungs- angemerkt, dass Schwindverformungen grundsätzlich
querschnitts als Zugkraft auf den Verbundquerschnitt; beanspruchungsunabhängig sind. Die vorgestellten
im Beton werden dadurch Zugspannungen erzeugt; die Zusammenhänge gelten daher auch für Biegebauteile
freie Schwinddehnung des Betons kann sich wegen (vgl. Abschn. 10.4.6).
des Verbundes mit der Bewehrung nicht mehr voll
einstellen. Da der Bewehrungsschwerpunkt bei sym-
metrischer Bewehrung mit dem Verbundquerschnitts- 10.2.2.3 Zeitabhängige Verformung –
schwerpunkt identisch ist, entsteht infolge Schwin- Einfluss der Bewehrung
den nur eine zentrische Verkürzung des Stabes, aber
keine Verkrümmung. Die im Betonquerschnitt ent- Die zeitabhängigen Verformungen eines Druckstabes
stehenden Zugkraft aus der behinderten Schwindver- können ebenfalls näherungsweise getrennt für Krie-
formung ist unter Verwendung von Gl. (10.12) zu chen und Schwinden ermittelt werden. Die gesamte
berechnen. spannungsinduzierte Dehnung als Summe aus elasti-
scher Dehnung und Kriechdehnung zum Zeitpunkt t
An folgt aus Gl. (10.12):
Fc;s D Ncs  (10.16a)
Ai;eff
Fc .t; t0 / N
Ec;eff An "c .t; t0 / D D
D Ncs  (10.16b) Ec;eff An Ec;eff An C Es As
Ec;eff An C Es As
N
"cs  Es As D : (10.20a)
D (10.16c) Ec;eff Ai;eff
Es As
1C  .1 C '/
Ec An Für Dauerlasten, die zum Zeitpunkt t0 aufgebracht
wurden, ist die zeitabhängige Dehnsteifigkeit EAI :
Bei alleiniger Wirkung des Schwindens ist die Ver-
wendung von Ec;eff D Ecm =.1 C '/ mit  D 0;8 EAI .t; t0 / D Ec;eff Ai;eff : (10.21)
370 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

As1 = As2 As1 > As2


As2
zs2 zs2
s zs1 es s zs1
As1

εcs εcs
a
σc = 0 σc = 0
As2 = As1 As2 < As1

As1 As1

l=1 l=1
b
σc = 0 σc = 0
Fs 2 = ε cs . Es . As 2 Fs 2 = ε cs . Es . As 2

Fs1 = ε cs . Es . As1 Fs1 = ε cs . Es . As1

c σc > 0

es Mcs
=
Ncs = εcs . Es . (As1 + As2) Ncs

σc > 0
ε cs .
An
(= εs) Ncs = εcs . Es . (As1 + As2)
Ai ,eff
Mcs = εcs . Es . (As1 . zs1 + As2 . zs2)
= Ncs . es

a Beton und Bewehrung sind nicht verbunden freie Schwindverformung


b Der Bewehrung wird die Verformung εcs aufgezwungen Fs1, Fs2
c Verbund zwischen Bewehrung und Beton Ncs wirkt im Bewehrungsschwerpunkt auf den Verbundquerschnitt

Abbildung 10.3a–c Auswirkungen des Schwindens – Modellvorstellung

Durch die Verformungsbehinderung hat die Beweh- ermittelt werden. Mit Fs;s D Fc;s gilt:
rung einen deutlich größeren Einfluss auf die im Lauf
Fs;s An
der Zeit auftretenden Verkürzungen eines Druckstabes "s;s D D "cs  D :::
im Vergleich zum Einfluss auf die elastische Verkür- Es As Ai;eff
zung. Das Verhältnis der elastischen Dehnung zur ge- 1  s
D "cs  : (10.23)
samten spannungsinduzierten Dehnung zum Zeitpunkt 1 C .˛s  .1 C '/  1/  s
t kann allgemein ausgedrückt werden: Gleichung (10.23) ist in Abb. 10.4b für ˛s D 7;1,
 D 0;8 und ' D 2 für verschiedene Bewehrungs-
"c .t; t0 / Ec Ai grade dargestellt. Analog zum Kriechen kann auch die
D D :::
"c .t0 / Ec;eff Ai;eff Schwindverkürzung durch eine Anhebung des Beweh-
Œ1 C .˛s  1/  s   .1 C '/ rungsgehaltes reduziert werden.
D : (10.22)
1 C Œ˛s  .1 C '/  1  s
10.2.2.4 Schlussfolgerungen
Für ˛s D 7;1 (entspricht Es =Ecm eines Betons
der Festigkeitsklasse C30/37 nach DIN 1045-1) ist Die zeitabhängigen Verformungen druckbeanspruchter
Gl. (10.22) in Abb. 10.4a in Abhängigkeit von '.t; t0 / Stäbe bzw. die daraus entstehenden Umlagerungen er-
für verschiedene Bewehrungsgrade s D As =Ac heblicher Druckkraftanteile vom Beton auf die Beweh-
ausgewertet. Für einen unbewehrten Druckstab gilt rung führen zu folgenden Konsequenzen:
"c .t; t0 /="c .t0 / D 1 C '.t; t0 /. Die Kriechverkürzung
kann demnach durch eine Erhöhung der Beweh- • Der Beton wird entlastet, die Bewehrung zusätzlich
rungsmenge erheblich reduziert werden. Gleichzeitig belastet; im Grenzzustand der Tragfähigkeit wird
wird der Beton deutlich entlastet. Die Verkürzung daher unter zentrischem Druck die Quetschgrenze
des Stabes durch Schwinden kann aus Gl. (10.16b) der Betonstahlbewehrung ("sy D 2;18‰) erreicht,
10.3 Längszugkraft 371

e c (t ) De s,s in ‰
e c (t 0 )
r s = 0%
5 1,5

r s = 0%
1% 1,2
4

2%
3 3% 0,9
4% 5%
6%
7%
2 8% 0,6
9%
9%

1 0,3

j (t , t 0 ) e cs in ‰
0 0
0 1 2 3 4 0 0,3 0,6 0,9 1,2

a Reduktion der Kriechdehnung durch Bewehrung b Reduktion der Schwinddehnung

Abbildung 10.4a,b Auswirkungen der Bewehrung auf die zeitabhängigen Verformungen eines Druckstabes (˛s D 7;1; für b wird
' D 2;0 vorausgesetzt)

bevor im Beton die Druckspannung die Druckfes- 10.3.1 Tragverhalten bei kurzzeitiger
tigkeit erreicht (eigentlich: "c2 D 2‰) (Relevant Zugbeanspruchung
für die Bemessung zentrisch beanspruchter Bautei-
le).
10.3.1.1 Allgemeines
• Bei Entlastung eines Stabes, der langandauernder
Druckbeanspruchung ausgesetzt war, verformt sich
Das Tragverhalten eines Stahlbetonstabes nach
der Betonstahl elastisch zurück. Im Beton entstehen
Abb. 10.5, der durch eine stetig ansteigende Zugkraft
damit Zugspannungen, die zur Bildung von Trenn-
belastet wird, kann in vier charakteristische Phasen 
1
rissen führen können (relevant z. B. bei Umbaumaß-
bis 
4 unterschieden werden:
nahmen in Hochbauten).
• Für hochbeanspruchte Stützen in Hochbauten müs- 
1 Ungerissener Stab (Zustand I)
sen die zeitabhängigen Verformungen beschränkt Im ungerissenen Zugstab herrscht an allen Stellen
werden, um große Verformungsdifferenzen zu des Bauteils idealer Verbund, d. h. Bewehrung und
weniger beanspruchten Kernen (Aufzugschächte, umgebender Beton weisen an jeder Stelle des Sta-
Treppenhauskerne, etc.) zu vermeiden. bes identische Dehnungen auf. Verbundspannun-
gen in der Grenzfläche zwischen Bewehrung und
Beton werden nicht hervorgerufen.

2 Rissbildung
10.3 Längszugkraft Bei weiterer Laststeigerung geht der Stab in den
Zustand der Einzelrissbildung über (Abb. 10.5a).
Bereits anhand des Biegebalkens in Kap. 1 wurde er- Sobald an einem Querschnitt die Zugfestigkeit er-
läutert, dass die Rissbildung in Stahlbetonbauteilen bei reicht ist, entsteht ein Trennriss, in dem die gesam-
Gebrauchslasten ein wesentliches Merkmal des Trag- te Zugkraft durch den Betonstahl aufgenommen
verhaltens ist. Die grundlegenden Modelle zur Be- werden muss. Während die Stahldehnungen da-
rechnung von Verformungen gerissener Bauteile und durch lokal ansteigen, fallen die Betonzugdehnun-
zur Ermittlung der auftretenden Rissbreiten werden gen zum Rissufer auf Null ab. Die Dehnungsun-
am Zugstab abgeleitet und später über Analogiebe- terschiede im Riss führen in einem Störbereich zu
trachtungen auf Zuggurte biegebeanspruchter Bauteile unterschiedlichen Verlängerungen von Stahl und
übertragen (u. a. CEB 1983). Beton, d. h. zu Relativverschiebungen und damit
372 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

N
nen Rissen neue Risse, bis schließlich an keiner
EA I Stelle des Stabes mehr die Betonzugfestigkeit er-
4
reicht wird. Die Rissbildung ist damit abgeschlos-
sen. Die Zunahme der Zugkraft zwischen Beginn
EAII 3 und Abschluss der Rissbildung ist an die Streuung
der Betonzugfestigkeit geknüpft und wird häufig
1,3 Ncr
2 mit F D 0;3  Ncr angegeben. Bei Entlastung
Ncr
aus einem Lastniveau N > Ncr und Wiederbelas-
1 tung des gerissenen Zugstabes folgt die Zugkraft-
Ent- / Wiederbelastung Verlängerungs-Beziehung naturgemäß nicht mehr
Dl dem Erstbelastungsast, d. h. der Linie des ungeris-
a N - Dl - Beziehung senen Querschnitts (vgl. Abb. 10.5c).
Ac 
3 Abgeschlossenes Rissbild

N = Ncr
Das abgeschlossene Rissbild wird erreicht, wenn
an keiner Stelle des Stabes mehr ungestörter Ver-
bund vorliegt, d. h. entlang des gesamten Sta-
Dl As
e
bes Verbundspannungen wirken, und die Abstän-
de zwischen den vorhandenen Rissen nicht mehr
esr2 ausreichen, um über eingeleitete Zugspannungen
Desr es neue Risse zu initiieren (Abb. 10.5b). Die zu be-
esr1 = ect
ect obachtenden Rissabstände sind zwar erheblichen
ec
Streuungen unterworfen, allerdings können untere
lt lt
und obere Grenzwerte angegeben werden:
b Einzelriss (N = Ncr)
• Minimaler Rissabstand sr;min
N > 1,3 Ncr
Ein neuer Riss kann nur entstehen, wenn zwi-
schen zwei vorhandenen Rissen mindestens ein
Dl Abstand gleich oder größer der zweifachen Ein-
e leitungslänge lt verbleibt. Der minimale Riss-
es2 abstand entspricht damit der Einleitungslänge
es
Desr esm lt .
• Maximaler Rissabstand sr;max
ect ec
Umgekehrt entspricht der obere Grenzwert der
lt lt lt
sr,min sr,max doppelten Einleitungslänge. Oberhalb sr D 2  lt
würde die über Verbund eingetragene Beton-
c abgeschlossenes Rissbild (N > 1,3 Ncr)
zugspannung ausreichen, um einen neuen Riss
Abbildung 10.5a–c Rissbildungsstadien eines Zugstabes zu erzeugen.

) lt  sr  2  lt (10.24)
zu Verbundspannungen, durch die beidseits des Der mittlere Rissabstand eines Zugstabes wird bei
Risses wieder Zugspannungen in den Beton ein- srm  3=2  lt liegen. Eine weitere Lasterhöhung
geleitet werden. Die Länge, die erforderlich ist, über 1;3  Ncr führt im wesentlichen nur mehr zur
um über Verbund Zuspannungen in Höhe der Zug- Aufweitung der vorhandenen Risse. Auf gesamter
festigkeit aufzubauen, d. h. an deren Ende wieder Länge existieren Dehnungsunterschiede zwischen
die Verhältnisse des ungerissenen Stabes vorlie- Stahl und Beton. Die Stahldehnungen erreichen
gen, wird als Einleitungslänge lt (engl. transfer im Riss ihre Maximalwerte und werden zwischen
length) bezeichnet. Parallel dazu entstehen, ab- den Rissen durch Verbundspannungen vermindert.
hängig von der stochastischen Streuung der Zug- Gleichzeitig muss die mittlere Verlängerung des
festigkeit entlang des Stabes, weitere Risse. Zwi- Zugstabes l= l der mittleren Stahldehnung "sm
schen den Rissen verbleiben zunächst Bereiche entsprechen.
mit ungestörtem Verbund, d. h. identischen Deh- 
4 Fließen der Bewehrung
nungen von Stahl und Beton. Bei weiterer Last- Nach Überschreiten der Streckgrenze steigt die
steigerung bilden sich zwischen den vorhande- Verformung des Zugstabes deutlich an; gleich-
10.3 Längszugkraft 373

zeitig wird die weitere Zugkraftzunahme durch d. h. der Umlagerung der Zugkraft auf die Beweh-
die Stahlverfestigung möglich. Plastische Stahl- rung, nimmt die Dehnung des Stabes schlagartig zu;
dehnungen treten nur lokal in unmittelbarer Um- im Kraft-Verformungs-Diagramm entsteht ein Sprung
gebung der Risse auf, lösen dort aber u. a. durch nach rechts (Abb. 10.6a). Anders ausgedrückt: Mit der
die stark zunehmenden Relativverschiebungen ei- Rissentstehung fällt die Steifigkeit ab; die konstante
ne allmähliche Zerstörung des Verbundes aus (vgl. Zugkraft verursacht damit größere Verformungen.
Alvarez 1998). Mit der Zugfestigkeit der Beweh- Bei Verformungssteuerung wird die Verformung
rung ist auch die Tragfähigkeit des Stabes erreicht. bei Rissbildung konstant gehalten. Da die Dehnstei-
Die maximale Verformung bzw. die erreichbare figkeit des Stabes durch den Riss absinkt, fällt die
mittlere Stabdehnung ist mit dem plastischen Ver- Zugkraft bei Rissentstehung schlagartig ab, bis sich
formungsvermögen des Bewehrungsstabes, d. h. ein neuer Gleichgewichtszustand einstellt. Bei weite-
dessen Duktilität verknüpft. rem Anstieg der vorgegebenen Verformung wächst die
Zugkraft – wegen der verminderten Steifigkeit lang-
samer – an, bis an anderer Stelle die Zugfestigkeit
10.3.1.2 Kraft- und Verformungssteuerung erreicht wird (Abb. 10.6b). Die Verformungssteue-
(Last und Zwang) rung entspricht der Belastung durch indirekte Einwir-
kungen, d. h. Zwang (z. B. behinderte Temperaturdeh-
Das Tragverhalten des Zugstabes bei einsetzender und nung). Die aus Zwang erzeugte Zugkraft wird durch
fortschreitender Rissbildung wird durch die Art der Rissbildung reduziert und überschreitet, solange das
Einwirkung beeinflusst; es muss – in Anlehnung an ei- abgeschlossene Rissbild noch nicht erreicht ist, die im
ne experimentelle Prüfung des Zugstabes – zwischen Rahmen der stochastischen Streuung der Zugfestig-
Kraft- und Verformungssteuerung unterschieden wer- keit variable Rissschnittgröße nicht. Erläuterungen zu
den. Im Fall der Kraftsteuerung wird die gesamte, Zwang folgen in Abschn. 13.3.
im Verbundquerschnitt vorhandene Zugkraft bei Riss-
bildung konstant gehalten. Mit der Rissentstehung,
10.3.1.3 Mitwirkende Zugzone Ac;eff

Für das Beispiel des Zugstabes wurde angenommen,


N N dass die Zugspannungen gleichförmig über den Quer-

N Dl

Ansicht
EAI
4.Riss
3.
2.
1.
Ncr Primärrisse
EAII F F

Dl d1
a Kraftsteuerung (Last)
Sekundärrisse
Draufsicht
N
F F
I
EA
4.Riss
3.
2.
1. Modellvorstellung
Ncr
EAII
:2 sc Act,eff
~1
Fs hct,eff
Dl d1
b Verformungssteuerung (Zwang)

Abbildung 10.6a,b Zugstab – Kraft- und Verformungssteue- Abbildung 10.7 Effektive Zugzone bei breiten Zugstäben –
rung Modellvorstellung
374 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

schnitt verteilt sind. Dies trifft bei Bauteilen, deren Be- An


Fc D N  ; (10.25)
wehrung am Rand konzentriert ist, nur mehr bedingt zu Ai
(Abb. 10.7). Sofern noch keine Risse vorhanden sind, ˛s  As
Fs D N  ; (10.26)
kann eine annähernd gleichmäßige Zugspannungsver- Ai
teilung angenommen werden. Erst- oder Primärrisse EAI D Ec Ai : (10.27)
erstrecken sich über die gesamte Höhe der Zugzone.
Mit der Primärrissbildung ändert sich allerdings der Der Einfluss der Bewehrung auf die Dehnsteifigkeit
Spannungszustand im Bauteil grundlegend; Zugspan- des ungerissenen Stabes beträgt, abhängig von der Be-
nungen werden durch Verbund eingetragen und breiten tonfestigkeitsklasse, für übliche Bewehrungsgrade bis
sich ausgehend vom Rissufer im Bauteil aus. Sekun- s D 2% maximal 15%. Für ungerissene Zugstäbe ist
därrisse treten auf, wenn die Zugspannungen lokal die daher die Vernachlässigung des Bewehrungsanteils oft
Zugfestigkeit überschreiten. Sie erstrecken sich i. Allg. vertretbar.
nur über eine begrenzte Höhe im Bereich der Beweh-
rung – idealisiert kann von einer Ausbreitung im Ver-
hältniss 1 W 2 ausgegangen werden – und sind häufig
10.3.3 Kräfte und Verformungen
zum Primärriss geneigt. Gleichzeitig kann die in den
Beton einzuleitende Zugkraft zur Sekundärrissbildung des gerissenen Zugstabes
geringer sein als die Rissschnittgröße des Primärrisses
(vgl. König u. Tue 1996). Bei gerissenen Zugstäben muss zwischen dem Zustand
Zur rechnerischen Erfassung der Sekundärrissbil- unmittelbar im Riss, d. h. dem reinen Zustand II, und
dung werden die nichtlinear verteilten Zugspannun- dem mittleren Bauteilverhalten unterschieden werden.
gen durch eine konstante Verteilung mit gleichem Ma-
ximalwert fct;eff ersetzt. Die zugehörige Fläche Ac;eff
wird als effektive Betonzugfläche bzw. als Wirkungs- 10.3.3.1 Zustand im Riss – Reiner Zustand II
bereich der Bewehrung bezeichnet; die zur Sekun-
därrissbildung erforderliche Zugkraft entspricht damit Im Riss muss die Bewehrung die gesamte Zugkraft
Ac;eff  fct;eff . Anschaulich beschreibt Ac;eff die Quer- aufnehmen:2
schnittsfläche eines idealisierten Zugstabes, für den die N
oben dargestellten Mechanismen, u. a. die Grenzwerte Fs2 D N ) "s2 D : (10.28)
Es As
der Rissabstände, näherungsweise gelten. Für die Be-
stimmung von Ac;eff liegen eine Reihe von Ansätzen Die Dehnsteifigkeit EAII im reinen Zustand II
vor; zur rechnerischen Ermittlung vgl. Abschn. 11.4.3. entspricht der Dehnsteifigkeit der Bewehrung Es As .
Insbesondere bei Zwangbeanspruchung von Bauteilen, Wenn N gerade die Rissschnittgröße Ncr erreicht hat,
deren Bewehrung nur einen begrenzten Bereich an der d. h. Rissbildung einsetzt, gilt:
Oberfläche erfasst, führt die Berücksichtigung der Se- Fsr2 D Ncr D Ai  fct (10.29)
kundärrissbildung zu realistischeren Bewehrungsmen- Ncr Ai
gen für die Rissbreitenbegrenzung (vgl. Maurer u. a. ) sr2 D D  fct
As As
2005; Zehetmaier u. Zilch 2008).  
1
Ergänzend sei erwähnt, dass – bei Vernachlässigung D C .˛s  1/  fct ; (10.30)
der elastischen Betondehnung – die Öffnung des Pri- s
märrisses in der Schwerachse des Bauteils im Ver- mit s D As =Ac . Die Entstehung eines Risses führt zu
gleich zur Wirkungszone der Bewehrung um die Sum- einem Spannungssprung sr in der Bewehrung, der
me der Rissbreiten der zwischen zwei Primärrissen am vom Verhältnis der Querschnittsflächen von Beweh-
Bauteilrand gelegenen Sekundärrisse vergrößert ist. rung und Beton, also von s abhängt (vgl. Abb. 10.5a):

sr D sr2  sr1 (10.31a)


 
1
10.3.2 Kräfte und Verformungen D C .˛s  1/  fct  ˛s  fct
s
des ungerissenen Zugstabes
2
Kräfte, Spannungen und Dehnungen, die der Rissschnittgröße
Ncr zugeordnet sind, werden durch ein tiefgestelltes „r“ gekenn-
Für den ungerissenen Zugstab gelten grundsätzlich
zeichnet; der Index „1“ bezeichnet den ungerissenen Zustand I
die für Druckstäbe abgeleiteten Beziehungen nach bzw. den Zustand in der Mitte zwischen zwei Rissen, der Index
Gln. (10.3)–(10.5): „2“ den reinen Zustand II (vgl. Abbn. 10.5 und 10.8).
10.3 Längszugkraft 375
 
1 Vorstellung einer über das Bauteil konstanten Zugfes-
D 1  fct (10.31b)
s tigkeit zugrunde. Die Risse liegen in maximalem
 
1 fct Abstand sr;max D 2  lt zueinander.
) "sr D "sr2  "sr1 D 1  : (10.31c) Am Ende der Einleitungslänge wird gerade die Zug-
s Es
bruchdehnung des Betons "ct erreicht. Zur Wahrung
des Gleichgewichts zwischen dem Riss und dem En-
10.3.3.2 Mittleres Bauteilverhalten – de der Einleitungslänge muss gelten:
Mitwirkung des Betons auf Zug "ct  Ec An D Es As  ."sr2  "sr1 /
Bei abgeschlossenem Rissbild ist die mittlere Stahl- D Es As  "sr;max : (10.33)
dehnung mit der mittleren Bauteildehnung identisch. Gleichzeitig muss in jedem Schnitt das Gleichgewicht
Die Dehnsteifigkeit des Stabes wird daher mit EAII erfüllt werden:
erheblich unterschätzt, die Verformungen entspre-
"sr .x/  Es As D "c .x/  Ec An : (10.34)
chend überschätzt. Zwischen den Rissen werden durch
Verbundspannungen wieder Zugspannungen in den Die mittleren Dehnungen von Beton und Beweh-
Beton eingeleitet, gleichzeitig wird die Stahldehnung rung sind
vermindert. Die mittlere Stahldehnung "sm bleibt hin-
Zlt
ter "s2 zurück. Die Erhöhung der Dehnsteifigkeit bei 1
Zugbeanspruchung gegenüber dem reinen Zustand II "cm D  "c .x/dx D ˇt  "ct ; (10.35)
lt
wird als Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen 0
bzw. kürzer als Zugversteifung (engl. tension stiffe- Zlt
ning) bezeichnet. Für die effektive Dehnsteifigkeit 1
"sm D "s .x/dx
eines gerissenen Zugstabes gilt: lt
0
N Zlt
EAII D : (10.32) 1
m
"sm D ."sr2  "sr .x// dx : (10.36)
lt
Zur Bestimmung der effektiven Dehnsteifigkeit 0
wird zunächst der Ausschnitt eines Zugstabes nach In Gl. (10.35) ist ˇt der Völligkeitsbeiwert der Beton-
Abb. 10.8 unmittelbar nach der Rissbildung für dehnungsverteilung. Durch Einsetzen der Gln. (10.34)
N D Ncr betrachtet; der Ableitung liegt zunächst die und (10.35) in den Integralausdruck Gl. (10.36) folgt:
Zlt Zlt
1 1
"sm D  "sr2 dx   "sr .x/dx (10.37a)
lt lt
0 0
N = Ncr
Zlt
1 Ec An
e
D "sr2    "c .x/dx (10.37b)
lt Es As
0
esr2
es bt (esr2 - esr1) Ec An
Desr esm
D "sr2   ˇt  "ct : (10.37c)
Es As
ec
esr1 = ect In Gl. (10.37c) kann "ct mit Gl. (10.33) durch die Dif-
ecm = bt ect
ferenz der Betonstahldehnungen ersetzt werden:
lt lt
sr,max "sm D "sr2  ˇt  ."sr2  "sr1 / : (10.38)
x
Die mittlere Dehnung kann damit allgemein durch
e
einen Abzugswert aus der Dehnung im reinen Zu-
a Dehnungen bei
Einzelrissbildung bt = 0,5 stand II berechnet werden. Aus Abb. 10.8 wird deut-
esr2
lich, dass ˇt auch der Völligkeitsbeiwert der Differenz-
b Völligkeitsbeiwert bt
bt = 0,6 dehnungen "sr .x/ ist. Wenn angenommen wird, dass
sich die Verbundkraft mit zunehmender Dehnung des
x Betonstahls nicht ändert, bleibt die Dehnungsdifferenz
lt
zwischen dem Riss und der Mitte zwischen zwei Ris-
Abbildung 10.8a,b Einzelrissbildung mit sr;max D 2  lt sen konstant, d. h. der Verlauf von "c .x/ und der Völ-
376 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

ligkeitsbeiwert ˇt ändern sich bei zunehmender Belas- bes äquivalent durch die s -"sm -Beziehung der Beweh-
tung nicht mehr. Damit gilt Gl. (10.38) auf für Zug- rung dargestellt werden. Die Mitwirkung des Betons
kräfte über Ncr ; d. h. die mittlere Stahldehnung ist auf Zug zwischen den Rissen bedeutet eine Reduktion
der Stahldehnungen gegenüber dem reinen Zustand II
"sm D "s2  ˇt  ."sr2  "sr1 / : (10.39) (Abb. 10.9). Hierfür werden – dem Tragverhalten ent-
Für die Voraussetzung konstanter Verbundspannungen sprechend – vier Bereiche unterschieden. Der Bereich
und damit linearer Dehnungsverläufe gilt ˇt D 0;5. fließender Bewehrung ist allerdings für die Berech-
Wirklichkeitsnäher ist allerdings ein gekrümmter Deh- nung von Tragwerksverformungen im Gebrauchszu-
nungsverlauf; in CEB/FIP (1993) wird für kurzzeiti- stand nicht relevant, da hier plastische Verformungen
ge Belastungen ˇt D 0;6 angegeben, was einem an- vermieden werden müssen.
nähernd parabelförmigen Verlauf entspricht (vgl. Kö- Ausgehend von der Stahldehnung "s2 bzw.
nig u. Tue 1996). Da für Verformungsberechnungen -spannung s2 im reinen Zustand II kann die mittlere
i. Allg. das mittlere Bauteilverhalten entscheidend ist, Stahldehnung nach Abb. 10.9 mit den folgenden
wird anstelle des maximalen der mittlere Rissabstand Beziehungen ermittelt werden:3
srm  2=3  sr;max maßgebend. Die Betondehnung er- 
1 Ungerissen (0 < s2  sr )
reicht dann zwischen den Rissen  2=3  "ct . Wird
weiterhin in Gl. (10.39) der Bezug auf ."sr2  "sr1 / "sm D "s1 (10.40)
bzw. "ct verwendet, folgt für den Völligkeitsbeiwert 
2 Rissbildung (sr < s2  1;3  sr )
ˇt D 2=3  0;6 D 0;4. Der Völligkeitsbeiwert gilt für
ˇt  .s2  sr / C .1;3  sr  s2 /
gerippten Betonstahl; bei glatten Betonstählen kann als "sm D "s2 
Anhaltswert ˇt;glatt  0;5ˇt;gerippt angenommen wer- 0;3  sr
den.  ."sr2  "sr1 / (10.41)
Da "sm der mittleren Bauteildehnung entspricht, 
3 Abgeschlossene Rissbildung (1;3  sr < s2  fy )
kann die Zugkraft-Verformungs-Linie eines Zugsta-
"sm D "s2  ˇt  ."sr2  "sr1 / (10.42)

4 Fließen des Stahls (fy < s2  ft )
wirksame s-e-Beziehung
vereinfachter Ansatz "sm D "sy  ˇt  ."sr2  "sr1 /
 
ss reiner Zustand II
sr  
ft Cıd  1   "s2  "sy : (10.43)
esm
es2 4 fy
fy
In Gl. (10.43) bezeichnet ıd einen Beiwert zur Be-
3 rücksichtigung der Duktilität der Bewehrung mit ıd D
bt (esr2 - esr1) 0;8 für hochduktilen und ıd D 0;6 für normalduk-
1,3.ssr
ssr 2 tilen Betonstahl. Näherungsweise kann die Abnahme
bt.ssr der Steifigkeit im Rissbildungsbereich ersetzt werden
1
es
durch die Verlängerung der Linie für die abgeschlosse-
esr1 esr2 esmy esy esmu esu ne Rissbildung bis zum Schnittpunkt mit der Linie des
Zustands I bei s2 D ˇt  sr (Abb. 10.9). Diese Ver-
a Zusammenhang zwischen Spannungen und
mittleren Dehnungen einfachung ist insbesondere für wiederholte Belastung
sinnvoll, da die Ent- und Wiederbelastung nicht mehr
ss auf der Linie des ungerissenen Querschnitts verlaufen
esm es2 kann.
In Abb. 10.10 sind für einen Zugstab mit un-
ss terschiedlichen Bewehrungsgraden die Zugkraft-
Verformungs-Linien sowie ergänzend die jeweils
zugehörigen effektiven Dehnsteifigkeiten EAII m im
bt.ssr Es,eff
Es es
3
Der Ermittlung der Rissspannung sr bzw. den zugehörigen
esm(ss)
Dehnungen "sr1 und "sr2 für die Gln. (10.40) bis (10.43) wird im
b Ausschnitt aus a - Definition des wirksamen E-Moduls Es,eff allgemeinen Fall die Rissschnittgröße eines Zugstabes der Quer-
schnittsfläche Ac;eff zugrunde gelegt. Damit kann die reduzierte
Abbildung 10.9a,b Spannungs-Dehnungs-Beziehung eines Mitwirkung des Betons auf Zug bei der Sekundärrissbildung in
Zugstabs (vgl. DAfStb 2003) hohen Zuggurten erfasst werden.
10.3 Längszugkraft 377

0,20

C30/37
BSt 500 S 0,20
bt = 0,4
II
N in kN EAm
4% EA I
800 3,5%
1
rs = 4%
3% 3,5
0,8
600 2,5%
3
2,5
0,6 2
2%
1,5
400 1
1,5%
0,4
rs = 1%
200
0,2

0
0 4 8 12 16 0 100 200 300 400 500
esm = Dl in ‰ ss 2 in N/mm 2
l

Abbildung 10.10 Auswirkungen des Bewehrungsgrades auf Verformungen und Steifigkeitsabfall eines Zugstabes

Verhältnis zu EAI in Abhängigkeit von s2 dargestellt. "c .x/ bzw. "s .x/ quasi eingefroren ist und in Kon-
Neben dem erheblichen Einfluss des Bewehrungsgra- sequenz ein beanspruchungsunabhängiger Völligkeits-
des auf die Steifigkeit des gerissenen Stabes wird vor beiwert ˇt verwendet werden kann, stellt eine starke
allem der rapide Steifigkeitsverlust mit einsetzender Vereinfachung dar. Allein aus den mit zunehmender
Rissbildung deutlich. Betonstahldehnung eintretenden Verbundstörungen in
unmittelbarer Rissnähe nimmt die Völligkeit ab. In
Rao (1966) wurde ein aus Versuchsbeobachtungen ab-
10.3.3.3 Wirksamer Betonstahl-E-Modul geleiteter, mit zunehmender Stahlspannung hyperbo-
lisch abnehmender Völligkeitsbeiwert nach Gl. (10.47)
Für den Bereich abgeschlossener Rissbildung kann als angegeben, der gleichzeitig den Bereich der Einzelriss-
Rechenhilfsmittel ein wirksamer, beanspruchungsab- bildung erfasst. Einige wesentliche Rissbildungs- und
hängiger Betonstahl-E-Modul Es;eff angegeben wer- Verformungstheorien bauen auf dieser Formulierung
den. Allgemein gilt (Abb. 10.9): auf (vgl. Rehm u. Martin 1968); in EN 1992-1-1 findet
s2 sich ˇt nach Gl. (10.47) im Rahmen der Verformungs-
Es;eff D : (10.44)
"sm berechnung ebenfalls wieder.

Mit den Gln. (10.33) und (10.39) folgt daraus: sr


ˇt D ˇ  (10.46)
s2 s
Es;eff D (10.45a) (
"s2  ˇt  ."sr2  "sr1 / 1;0 kurzzeitige Beanspruchung
mit ˇ D
Es 0;5 langandauernde Beanspruchung
D ˇt
(10.45b)
1  s2  sr
Es Der Ausdruck nach Gl. (10.39) für "sm kann damit um-
D  : (10.45c) geformt werden. Mit
ˇt fct
1  s2  1s  1
sr sr
Der Verformungsverhalten eines gerissenen Zugstabes "sr2 D "s2  I "sr1 D "s1  (10.47)
s s
kann damit vereinfacht durch die mittlere Dehnsteifig-
keit EAII
m D Es;eff As beschrieben werden. folgt

"sm D "s2  ˇt  ."sr2  "sr1 / (10.48a)


10.3.3.4 Anmerkungen zum Völligkeitsbeiwert ˇt  2 !  2
sr sr
D "s2 1  ˇ  C "s1  ˇ 
Die Annahme, dass die Verbundkraft mit zunehmender s s
Beanspruchung konstant bleibt, damit der Verlauf von (10.48b)
378 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

D "s2   C "s1  .1  / ; mungen des gerissenen Zugstabes erheblich durch das


 2 Zusammenwirken der unterschiedlichen Bewehrungs-
sr
mit  D 1  ˇ  : (10.48c) stränge beeinflusst.
s Bei vorgespannten Zugstäben tritt Dekompressi-
Gleichung (10.48b) führt "sm auf die einfach zu bestim- on ein, wenn die Druckspannungen aus Vorspannung
menden Dehnungen "s1 und "s2 im Zustand I bzw. im durch Zugspannungen aus der äußeren Zugkraft N
reinen Zustand II zurück;  wird als Verteilungsbeiwert kompensiert werden, d. h. c D 0 gilt. Die Zug-
.0/
bezeichnet. kraft entspricht in diesem Fall der Spannbettkraft Pmt .
Wenn bei weiterer Lasterhöhung die effektive Beton-
zugfestigkeit erreicht wird, entstehen zunächst Ein-
zelrisse. Ähnlich dem Stahlbetonzugstab schreitet die
10.3.4 Auswirkungen langandauernder Rissbildung mit zunehmender Beanspruchung fort, bis
Zugbeanspruchung das abgeschlossene Rissbild erreicht wird. Die Zug-
.0/
kraft N Pmt muss im Riss durch Betonstahlspannun-
Durch langandauernde Zugbeanspruchungen treten gen s2 und Zusatzspannungen p2 des Spannstahls
Kriechverformungen in der Verbundzone (Ver- aufgenommen werden.4 Die Annahme einer ebenen
bundkriechen) sowie – in geringem Umfang – im Dehnungsverteilung im Riss, d. h. "s2 D "p2 , da-
zugbeanspruchten Beton auf. Durch Kriechen entzieht mit s2 D p2 für Es  Ep , trifft allerdings bei
sich der Beton zunehmend der Mitwirkung, die Be- Bewehrungssträngen mit unterschiedlichen Verbundei-
tonzugdehnungen werden reduziert. Bei Einzelrissen genschaften nicht zu (vgl. Trost u. a. 1980; Tue 1993).
steigt die Eintragungslänge lt an, bei abgeschlossenem Die Aufteilung der Zugkraft in Rissen gemischt be-
Rissbild nehmen die Stahldehnungen zwischen den wehrter Querschnitte wird gesteuert durch:
Rissen zu, die mittleren Stahldehnungen "sm und • das Verhältnis der Dehnsteifigkeiten
damit die Verlängerung des Stabes steigen geringfügig .Es As /=.Ep Ap /,
an (Franke 1976; Rohling 1987). Ein vergleich- • die Verbundfestigkeiten und -steifigkeiten der Be-
bares Verhalten wird durch wiederholte Belastung wehrungsstränge,
hervorgerufen (Rehm u. Eligehausen 1977; Balázs • das Verhältnis von verbundwirksamem Umfang zu
1991). Vereinfachend können die zeitabhängigen Querschnitt und
Auswirkungen durch einen um 1/3 verminderten • das vorliegende Rissbild.
Völligkeitsbeiwert ˇt erfasst werden:
Spannglieder, insbesondere Draht- und Litzenbündel,
2 besitzen im Vergleich zum Betonstahl nicht nur grö-
ˇt;1 D  ˇt
3
8 ßere Durchmesser und damit – bezogen auf den Quer-
ˆ schnitt – kleinere Kontaktflächen zum Beton, sondern
< 2=3  0;4  0;25 (abgeschl. Rissbild
ˆ
auch eine schwächer profilierte Oberfläche und da-
D ! srm D 3=2lt/ :
ˆ mit ein weniger steifes Verbundverhalten (vgl. Ab-
:̂ 2=3  0;6  0;4 (Einzelriss) schn. 3.6.4). Der Betonstahl zieht daher i. Allg. ge-
(10.49) genüber dem Rechenwert bei Annahme einer ebe-
nen Dehnungsverteilung höhere Zugkraftanteile an.
Da Betonstahl keine zeitabhängigen Verformungen Wegen der Abhängigkeit der Zugkraftaufteilung vom
aufweist, steigt bei Zugstäben – ganz im Gegensatz Rissbild wird zwischen Einzelrisszustand und abge-
zu Druckstäben – die mittlere Dehnung bei langan- schlossenen Rissbild unterschieden (vgl. König u. Feh-
dauernder oder wiederholter Beanspruchung durch ling 1988). Als grundlegende Kompatibilitätsbedin-
Verbundkriechen nur geringfügig an. Gleiches gilt im gung wird die Verträglichkeit der Rissbreiten voraus-
Übrigen für die Zuggurte gerissener Biegeträger. gesetzt. Die Rissöffnung entspricht dem Schlupf zwi-
schen Bewehrung und Beton an den Rissufern, d. h.
den über die Risseinzugslängen s aufintegrierten Deh-
nungsunterschieden zwischen Bewehrung und Beton
10.3.5 Vorgespannter Zugstab nach Gl. (10.50). Die Unterscheidung zwischen den

Vorgespannte Zugstäbe weisen i. d. R. neben Spann-


gliedern auch Betonstahlbewehrung auf. Bei Vorspan- 4
Die Zusatzspannung p2 des Spannstahls ist auf die Spann-
.0/
nung mit Verbund werden Spannungen und Verfor- bettspannung pmt bezogen (vgl. Abschn. 5.4.4).
10.3 Längszugkraft 379

Rissstadien erfolgt u. a. durch den Ansatz der Einzugs-


N N
längen s.
Ac
ws D wp ; ss2
 
s  ."sm  "cm / D s  "pm  "cm (10.50) Dsp2
As Ap

ss1 = Dsp1 x
10.3.5.1 Einzelriss lt,p lt,s
a Erstrissbildung
Im Einzelrisszustand entstehen durch die voneinander
abweichenden Verbundeigenschaften unterschiedliche
Einleitungslängen lt;s und lt;p . Die Risseinzugslän-
N N
ge entspricht jeweils der doppelten Einleitungslänge.
Werden die Betondehnungen vernachlässigt ("cm !
0), bedeutet die Kompatibilitätsbedingung, dass die ss2
grau unterlegten Flächen in Abb. 10.11a für Es  Ep Dsp2
identische Flächeninhalte besitzen. Dsp1

ss1
ws D wp x
sr,max
2  lt;s  ."sm  "cm /
  b abgeschlossenes Rissbild
D 2  lt;p  "pm  "cm (10.51)
Abbildung 10.11a,b Spannungen der Bewehrungsstränge eines
vorgespannten Zugstabes
Die im Einzelrisszustand unterschiedlichen Einlei-
tungslängen lt;s und lt;p der Bewehrungsstränge folgen
aus Gleichgewichtsbetrachtungen: s
"p2 pm Es  ds
.s2  s1 /  As .s2  s1 /  ds D  ; (10.56)
lt;s D D "s2 sm Ep  dp
sm  Us 4  sm
"s2  Es  ds Mit Es  Ep folgt:
 ; (10.52)
4  sm s
   
p2  p1  Ap p2  p1  dp p2 "p2 ds
lt;p D D D D  D 1 ;
pm  Up 4  pm s2 "s2 dp
"p2  Ep  dp pm
 : (10.53) mit  D : (10.57)
4  pm sm
In Gl. (10.57) bezeichnet der Verbundbeiwert  das
In Gl. (10.53) bezeichnet dp für Einzellitzen bzw.
Verhältnis der Verbundfestigkeiten von Spanngliedern
Draht- oder Litzenbündelspannglieder den Vergleichs-
und Betonstahl. Die (Zusatz)Spannungen der Beweh-
durchmesser nach Abschn. 3.6.4. Unter der Vorausset- .0/
zung, dass die Dehnungsverläufe von Betonstahl und rungsstränge infolge N  Pmt folgen damit zu:
Spannstahl affin zueinander sind, können sie durch .0/
den gleichen Völligkeitsbeiwert ˇt0 beschrieben wer- N  Pmt D s2  As C p2  Ap
 
den. Die Differenzdehnungen folgen unter Vernachläs- D s2  As C 1  Ap (10.58)
sigung der Betondehnung, d. h. "c1 D "s1 D "p1  0 N .0/
Pmt
zu: ) s2 D (10.59)
As C 1  Ap
   
.0/
"sm  "cm  1  ˇt0  "s2 ; (10.54) N  Pmt  1
  ) p2 D :
"pm  "cm  1  ˇt0  "p2 : (10.55) As C 1  Ap
(10.60)

Der Zusammenhang zwischen den Dehnungen von Aus den Gln. (10.59) und (10.60) können Korrek-
 
Betonstahl und Spannstahl kann durch Einsetzen der turbeiwerte für Spannungen s2 bzw. p2 , die auf
Gln. (10.52) bis (10.55) in die Verträglichkeitsbedin- Grundlage einer ebenen Dehnungsverteilung (d. h.
 
gung Gl. (10.51) ermittelt werden: s2 D p2 ) berechnet wurden, abgeleitet werden.
380 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

.0/
N  Pmt in der Mitte zwischen zwei Rissen gerade die Beton-
s2 D zugfestigkeit erreicht wird.
As C 1  Ap
.0/ sr;max  
N  Pmt As C Ap fct  An D  sm  Us C pm  Up (10.70)
D  2
As C Ap As C 1  Ap
2  fct  An

D s2  ; (10.61) ) sr;max D
sm  Us C pm  Up
As C Ap
mit D ; (10.62) fct  An  ds
As C 1  Ap D   (10.71)
2  As C 12  Ap  sm

p2 D p2   1 (10.63)
Die Betonstahlspannung s2 kann nun durch Einsetzen
Der Korrekturfaktor nach Gl. (10.62) findet sich z. B. der Gln. (10.65) bis (10.71) in die Verträglichkeitsbe-
in DIN 1045-1 zur Berücksichtigung unterschiedlichen dingung Gl. (10.64) ermittelt werden. Um die Bezie-
Verbundverhaltens im Rahmen von Ermüdungsnach- hung übersichtlicher zu gestalten, werden zwei wirksa-
weisen wieder. Es bleibt anzumerken, dass die Zug- me Bewehrungsgrade für den Zustand der abgeschlos-
.0/
kraft N  Pmt bei Einzelrissbildung gleich der Riss- senen Rissbildung definiert; gleichzeitig wird An durch
schnittgröße fct  Ai ist. Ac;eff angenähert.5 Mit
As C 12  Ap As C Ap
p;eff D I tot;eff D (10.72)
10.3.5.2 Abgeschlossenes Rissbild Ac;eff Ac;eff
folgt die Betonstahlspannung s2 im Riss zu:
Bei abgeschlossenem Rissbild entsprechen die Eintra- .0/
N  Pmt
gungslängen von Betonstahl und Spannstahl dem halb- s2 D
en Rissabstand. An keiner Stelle liegt noch starrer Ver- As C Ap
 
bund vor; "sm bzw. "pm müssen daher identisch sein. 0 1 1
Cˇt  fct  : (10.73)
Das „Ebenbleiben des Querschnitts“ ist damit im Mit- p;eff tot;eff
tel erfüllt. Die für den Einzelrisszustand vorausgesetzte
In Gl. (10.73) entspricht der erste Term der Span-
Verträglichkeitsbedingung identischer Rissbreiten gilt 
nung s2 unter Annahme einer ebenen Dehnungsver-
weiterhin; entsprechend müssen für Es  Ep auch in
teilung, der zweite Term berücksichtigt das Zusam-
Abb. 10.11b die grau hinterlegten Bereiche Flächen in-
menwirken der Bewehrungsstränge, d. h. die Umlage-
haltsgleich sein. Es gilt:
rung von Zugkraftanteilen auf den Betonstahl. Der Be-
"sm D "pm ; (10.64) zug auf den maximalen Rissabstand sr;max liefert die
s2 ˇt0 größten Abweichungen von einer ebenen Dehnungs-
mit "sm D   .s2  s1 / ; (10.65) verteilung, d. h. eine obere Abschätzung der Beton-
Es Es
stahlspannungen. Der Völligkeitsbeiwert ˇt0 für sr;max
p2 ˇ0  
"pm D  t  p2  p1 : (10.66) wird wie für den einfach bewehrten Zugstab angesetzt:
Ep Ep
8
Die Spannungsdifferenzen lassen sich durch die über ˆ
ˆ 0;6 bei einmalig und kurzzeitig
ˆ
ˆ
Verbund entlang sr =2 übertragenen Kräfte ausdrücken: < auftretenden Einwirkungen
ˇt0 D :
sm ˆ
ˆ 0;4 bei wiederholten oder
s2  s1 D 2  sr  ; (10.67) ˆ
ds :̂
langandauernden Einwirkungen
pm
p2  p1 D 2  sr  : (10.68) (10.74)
dp
Die Gleichgewichtsbedingung im Rissquerschnitt lau- Verbundbeiwerte  wurden aus Versuchen an gemischt
tet: bewehrten Dehnkörpern abgeleitet (vgl. Trost u. a.
1980; Tue 1993) und sind für die Kombination
.0/
N  Pmt D s2  As C p2  Ap : (10.69) von Spanngliedern mit geripptem Betonstahl u. a. in
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthalten (Tabelle 10.1).
Um die Aufteilung der Zugkraft auf die beiden Beweh-
rungsstränge bei abgeschlossenem Rissbild bestimmen 5
Auch hier wird durch Ac;eff die verminderte Mitwirkung des
zu können, muss der Rissabstand bekannt sein. Es wird Betons zwischen den Rissen bei Sekundärrissbildung berück-
angenommen, dass bei maximalem Rissabstand sr;max sichtigt.
10.4 Biegebeanspruchung 381

M
Tabelle 10.1 Verhältnis  der Verbundfestigkeit von Spannglie-
dern und geripptem Betonstahl nach DIN 1045-1 (abweichende Zustand I
Werte nach EN 1992-1-1 in Klammern) My

sofortiger nachträglicher Verbund reiner Zustand II

Verbund  C50/60 > C55/67


 LC50/55 > LC55/60 Mcr
( C50/60) (> C70/85a ) wm
M
glatte Stäbe, Drähte – 0,3 0,15
wm
Litzen 0,6 0,5 0,25
profilierte Drähte 0,7 0,6 0,3 Abbildung 10.12 Last-Verformungs-Linie eines Stahlbetonbal-
gerippte Stäbe 0,8 0,7 0,35 kens

a
nach EN 1992-1-1 darf für Werte zwischen C50/60 und
C70/85 interpoliert werden. werden. Da in die Gln. (10.75) und (10.76) keine wei-
teren Annahmen zum Material- und Querschnittsver-
halten einfließen, sind sie unabhängig vom Risszustand
10.4 Biegebeanspruchung des Bauteils gültig.

Anmerkungen zur Berechnung


10.4.1 Allgemeines der Biegeverformung

Durch die Analogie der bewehrten Zugzone eines Die Größe der auftretenden Biegeverformung und ih-
biegebeanspruchten Bauteils mit einem Zugstab wird re zeitliche Entwicklung hängt von einer Vielzahl von
deutlich, dass Rissbildung und Mitwirkung des Be- Parametern ab, die z. T. nur sehr unscharf angegeben
tons zwischen den Rissen erheblichen Einfluss auf werden können. Die Genauigkeit von Verformungsbe-
die Biegesteifigkeit ausüben (Abb. 10.12). Im Unter- rechnungen ist generell an die Wirklichkeitsnähe der
schied zum Zugstab schreitet bei Biegebauteilen die Eingangsgrößen geknüpft. Neben dem E-Modul des
Rissbildungsfront mit zunehmender Beanspruchung in Betons kommt wegen des deutlichen Verformungszu-
Richtung der Auflager fort. Dem entsprechend treten wachses bei Rissbildung vor allem der Betonzugfes-
gleichzeitig mehrere Rissbildungsstadien auf; während tigkeit zentrale Bedeutung in der Berechnung zu. Bei-
der Beton in Auflagernähe ungerissen bleibt, kann bei de Größen sind in der Praxis nur schwer vorherzusa-
Mmax bereits ein abgeschlossenes Rissbild vorliegen. gen. Rechenwerte werden i. Allg. aus der Druckfestig-
Kriechen und Schwinden des Betons führen zudem zu keit abgeleitet, stellen also nur grobe Abschätzungen
einer deutlichen, zeitabhängigen Zunahme der Verfor- dar, und werden nicht durch Konformitätsprüfungen
mungen, deren Größe wiederum in erheblichem Maß erfasst. Vor allem die Zugfestigkeit und damit die Aus-
von der Ausdehnung gerissener Bereiche abhängt. Vor dehnung des ungerissenen Bereichs kann zudem durch
allem Kriechverformungen treten in gerissenen Berei- Eigenspannungen erheblich reduziert werden.
chen nur in reduziertem Umfang auf. Neben den Materialkennwerten kommt der realis-
Die Biegeverformungen w sind im Rahmen einer tischen Abbildung des statischen Systems wesentliche
geometrisch linearen Theorie über Gl. (10.75) an die Bedeutung zu. Bei Bauteilen, die als gelenkig gelagert
Querschnittsverzerrungen und geknüpft. Durch die betrachtet werden, führen nicht erfasste Randeinspan-
Einführung der Bernoulli-Hypothese vom Ebenbleiben nungen zur Reduktion der Feldmomente und damit
der Querschnitte wird der Einfluss der Schubverfor- zur Verkleinerung des gerissenen Bereichs. Durch die
mungen auf die Durchbiegung vernachlässigt; es gilt möglichen Streuungen der Eingangsparameter und die
Gl. (10.76). z. T. stark idealisierten Randbedingungen ist die Vor-
hersage auftretender Verformungen mit erheblichen
w 00 D  0
(10.75) Unsicherheiten behaftet.
) w 00 D I 0
D0 (10.76) In aller Regel müssen die Größtwerte der auftreten-
den Biegeverformungen (! Toleranzen zu angrenzen-
Biegeverformungen können damit durch die zweifache den Bauteilen) bzw. die wahrscheinlich auftretenden
Integration der Querschnittsverkrümmung unter An- Verformungen (! Überhöhung der Schalung) ermit-
satz jeweils zutreffender Randbedingungen oder alter- telt werden. Grenzwerte der zu erwartenden Biegever-
nativ über das Prinzip der virtuellen Kräfte ermittelt formung sind (vgl. Abb. 10.12):
382 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

• Unterer Grenzwert w I EI I D Ec Ii : (10.78)


Rechenwert der Verformung des ungerissenen Bau- Die Beton- und Betonstahlspannungen sind bei einach-
teils (Zustand I) sialer Biegung durch den Abstand z des betrachteten
• Oberer Grenzwert w II Querschnittspunktes vom ideellen Schwerpunkt fest-
Rechenwert der Verformung des vollständig geris- gelegt. Für N D 0 ist:
senen Bauteils (reiner Zustand II ohne Mitwirkung
M
des Betons auf Zug) c D z; (10.79)
Ii
Zwischen diesen Grenzen wird sich die wahrschein- M
liche Verformung des Bauteils einstellen. Zur Ver- s D ˛s   zs : (10.80)
Ii
formungsberechnung stehen gegenwärtig eine Reihe
Für Kurzzeitlasten können die Auswirkungen der Be-
leistungsfähiger Programmsysteme nach der Finite-
wehrung auf die Biegesteifigkeit i. Allg. vernachlässigt
Elemente-Methode zur Verfügung, die in der Lage
werden (vgl. Abschn. 6.1.5).
sind, Rissbildung, Zugversteifung und zeitabhängiges
Verhalten zu erfassen (vgl. Mehlhorn u. Kollegger
1995; Stempniewski u. Eibl 1996). Allerdings ist de-
Verformungsberechnung mit dem Prinzip
ren Einsatz angesichts des erheblichen Aufwandes und
der virtuellen Kräfte
der oft signifikanten Unschärfen in den Eingangsgrö-
ßen nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.
Zur Berechnung punktueller Verformungen wird
In den folgenden Abschnitten werden Verfahren
das Prinzip der virtuellen Kräfte auf Grundlage des
zur Verformungsberechnung vorgestellt, die auf Ba-
Energie- bzw. Arbeitssatzes der Mechanik verwen-
sis einfacher Hilfsmittel – insbesondere konventionel-
det. Über die Bedingung, dass die Summe der von
ler Tabellenkalkulationsprogramme – eine i. Allg. aus-
virtuellen Kräften auf realen Verschiebungswegen
reichend genaue Abschätzung der auftretenden Verfor-
geleisteten inneren und äußeren Arbeit ıW .i / und
mungen erlauben. Die Verfahren können in zwei Kate-
ıW .a/ verschwinden muss, können Verformungen
gorien unterschieden werden:
in ausgezeichneten Punkten eines Systems berechnet
• Berechnung der auftretenden Krümmungen unter werden (vgl. Mang u. Hofstetter 2004). Dabei muss
Berücksichtigung von Rissbildung und Mitwirkung die virtuelle Kraft ıF bzw. das virtuelle Moment ıM
des Betons auf Zug und Integration der Krümmun- am Ort und in Richtung der gesuchten Verschiebung
gen über die Bauteillänge (! Berechnung mit M - bzw. Verdrehung angreifen. Bei reiner Biegebeanspru-
-Linien, s. Abschn. 10.4.4) chung gilt z. B. für die Ermittlung der Durchbiegung
• Vereinfachte Berechnung der Verformung aus den w in Feldmitte nach Abb. 10.13:
)
oberen und unteren Grenzwerten w I und w II bzw. ıW .a/ D ıF  w Š
I
und II (s. Abschn. 10.4.5). .i /
Rl ) ıW .i / C ıW .a/ D 0 :
ıW D 0 ıM  dx
(10.81)
Für elastisches Materialverhalten kann die innere Ver-
10.4.2 Spannungen und Verformungen
schiebungsarbeit über Gl. (10.77) bestimmt werden:
im Zustand I
Zl
.i / M
ıW D ıM  dx : (10.82)
Für ungerissene Stahlbetonbalken gelten die ele- E c Ii
mentaren Regeln der Technischen Mechanik. Die 0

Kenngrößen ungerissener Querschnitte sind in Ab- Die Berechnung von Durchbiegungen bei linear elas-
schn. 2.3.3 zusammengestellt. Nach der Herleitung tischem Materialverhalten ungerissener Querschnitte
in Abschn. 6.1.2 sind die Verformungen aus Längs- kann auf Gleichungen der Form
dehnung und Verkrümmung entkoppelt; entsprechend Q  l3
Gl. (6.12) gilt für die Querschnittsverkrümmung unter wD  (Einzellast Q) ; (10.83a)
Ec I
kurzzeitig wirkender Biegebeanspruchung Gl. (10.77).
q  l4
M wD  (Verteilte Belastung q) (10.83b)
D (10.77) Ec I
E c Ii zurückgeführt werden. Beiwerte für verschiedene
Die Biegesteifigkeit des ungerissenen Querschnitts ist statische Systeme oder Lastanordnungen können z. B.
damit Grasser u. Thielen (1991) entnommen werden.
10.4 Biegebeanspruchung 383

q dF gen abzielen, sind daher die Größen im reinen Zu-


stand II maßgebend. Gleichzeitig müssen für Verfor-
mungsberechnungen die Kennwerte gerissener Quer-
l schnitte (I , Ss ) bekannt sein. Im allgemeinen Fall sind
x x
die Querschnittswerte abhängig von den einwirkenden
M dM
Schnittgrößen M und N wie auch von der vorhande-
M
k = l nen Bewehrungsmenge.
EI I dF .
4

w = òò k
10.4.3.1 Grundlagen
a realer Kräfte- und b virtueller Kräftezustand
Verformungszustand Analog zur Berechnung innerer Schnittgrößen im
Abbildung 10.13a,b Prinzip der virtuellen Kräfte bei ungeris-
Grenzzustand der Tragfähigkeit basiert die Span-
senen Bauteilen nungsermittlung auf der Bestimmung der zutreffenden
Dehnungsebene. Zentrale Größe ist die Druckzo-
nenhöhe x bzw.  D x=d , mit deren Kenntnis
Beispiel 10.1
Spannungen und Querschnittswerte nach den Regeln
Für den in Abb. 10.13 dargestellten, ungerissenen Balken
soll die Durchbiegung w in Feldmitte unter der Strecken- der Technischen Mechanik bestimmt werden können.
last q bestimmt werden. Die Berechnung erfolgt mit dem Hierfür werden zusätzlich zu den Voraussetzungen in
Prinzip der virtuellen Kräfte nach Gl. (10.81) unter Aus- Abschn. 10.1.2 folgende Annahmen getroffen:
nutzung der Symmetrie. Am halben Träger gilt:
• Die Dehnungen sind linear über den Querschnitt
ıF verteilt (Bernoulli-Hypothese vom Ebenbleiben der
ıM.x/ D x;
2 Querschnitte); gleichzeitig weisen Bewehrung und
ql q Beton mit gleichem Abstand von der Dehnungsnull-
M.x/ D  x   x2 :
2 2 linie identische Dehnungen auf.
Die virtuellen Verschiebungsarbeiten sind damit: • Die Querschnittsflächen der Zug- und Druckbeweh-
rung sind im jeweiligen Bewehrungsschwerpunkt
ıW .a/ D ıF  w
konzentriert.
Zl=2
M
ıW .i/ D 2  ıM  dx Beide Annahmen führen für übliche Stahlbetonbau-
Ec I i
0 teile zu ausreichend wirklichkeitsnahen Ergebnissen;
Zl=2 für Spannbetonbauteile werden durch das unterschied-
ıF 1
D 2 x liche Verbundverhalten der Bewehrungsstränge aller-
2 Ec I i
0 dings Korrekturen erforderlich (s. u.).
 
q l q Im Unterschied zu der i. Allg. iterativen Berech-
  x   x 2 dx
2 2 nung der Druckzonenhöhe im GZT sind für den Ge-
5 q  l4 brauchszustand geschlossene Lösungen möglich. Mit
D ıF   : der Annahme eines linear-elastischen Materialgesetzes
384 Ec Ii
für Beton folgt aus der Bernoulli-Hypothese, dass die
Aus der Identität innerer und äußerer virtueller Verschie-
bungsarbeit folgt w:
Betondruckspannungen linear über die Druckzonenhö-
he verteilt sind. Bei Rechteckquerschnitten ist damit
ıW .a/ D ıW .i/ der innere Hebelarm mit z D d  x=3P bekannt. Aus
)wD
5 q  l4
 : (10.84)
dem GleichgewichtP der Normalkräfte N und der
384 Ec Ii Biegemomente Ms um die Schwerachse der Zug-
bewehrung folgt für den allgemeinen Fall eines durch
(N; M ) beanspruchten, doppelt bewehrten Rechteck-
10.4.3 Querschnittswerte und Spannungen querschnitts ein kubisches Polynom zur Bestimmung
im reinen Zustand II der Druckzonenhöhe. Mit den bezogenen Schnittgrö-
ßen6
Im Riss erreichen sowohl die Stahlzugspannungen als 6
Die Schnittgrößen werden im Folgenden in der Notation nach
auch die Betondruckspannungen ihr Maximum; für DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 als Bemessungswerte (! In-
Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstaug- dex „Ed“) für die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit an-
lichkeit, die auf die Begrenzung auftretender Spannun- geschrieben (vgl. Abschn. 2.2.5).
384 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

V x

ec2
1,0
x .× d r Fcd
0,7 dp
ds dr
MEdr
0,8 Dep
es1 =
asrs = Frd NEd
0,25
0,20
0,8 0,6 0,15
0,10
0,075
0,05
0,4 0,04
0,03
0,9 0,02

0,01
0,2

-N Ed .× d r
M Edr
1,0 0,0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4

Abbildung 10.14 Bezogene Druckzonenhöhe  und bezogener Hebelarm  für Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung (nach
Hochreither 1982)

NEd MEds te Rechteckquerschnitte und Plattenbalken existieren


nQ Ed D ; m
Q Eds D (10.85)
b  d  Ec b  d 2  Ec Lösungen in Diagrammform (Hochreither 1982). In
Abb. 10.14 ist  in Abhängigkeit der bezogenen Ex-
kann die kubische Gleichung, die nur eine Nullstelle zentrizität der einwirkenden Normalkraft NEd dr =MEdr
für 0    1 besitzt, dimensionslos angeschrieben mit dem Zugbewehrungsgrad ˛s  s als Scharparame-
werden (Bezeichnungen vgl. Tabelle 10.2). ter dargestellt. Hierbei beschreibt dr die statische Hö-
he bezogen auf den resultierenden Bewehrungsschwer-
a3  3 C a2  2 C a1  C a0 D 0 ; (10.86) punkt des Zuggurtes, auf den die äußeren Schnittgrö-
ßen NEd und MEd zu beziehen sind. Bei Stahlbeton-
nQ Ed
a3 D ; bauteilen gilt dr D d . Der bezogene innere Hebelarm
6 ist  D 1  =3. Die Spannungen s1 und c2 im geris-
nQ Ed m
Q Eds
a2 D C ; senen Querschnitt errechnen sich bei bekanntem  für
2 2
  Stahlbetonbauteile (dr ! d ; MEdr ! MEds ) aus den
d2 Gln. (10.87) und (10.88).
a1 D nQ Ed ˛s s2 1  Cm Q Eds ˛s .s1 C s2 / ;
d
  0 1
d2 d2 1 @ MEds
a0 D nQ Ed ˛s s2 1 s1 D    C NEd A (10.87)
d d As1
  d  1  3
d2
m Q Eds ˛s s1 C s2 s1 
d c2 D   (10.88)
˛s 1  

10.4.3.2 Druckzonenhöhe im Zustand II Bei Plattenbalken kann die profilierte Druckzone durch
bei Biegung mit Normalkraft den Beiwert nach Abb. 10.15 in eine äquivalente,
rechteckige Druckzone mit bi D  beff überführt wer-
Für den allgemeinen Fall der Beanspruchung durch den (Kupfer u. Streit 1987). Da von  abhängig ist,
NEd , MEd ist  beanspruchungsabhängig. Zur Berech- muss  zunächst für ein geschätztes mit Abb. 10.14
nung von  kann das Polynom Gl. (10.86) analytisch ermittelt werden, anschließend ist ggf. iterativ zu
oder numerisch gelöst werden. Für einfach bewehr- korrigieren.
10.4 Biegebeanspruchung 385

bi
beff
sich (wie bei Rechteckquerschnitten) daraus als Son-
Fcd derfall für s2 D 0.
dr hf
Sofern keine erhöhten Anforderungen an die Ge-
nauigkeit gestellt werden, können die Stahlspannungen
dr .dr bei reiner Biegung mit dem Hebelarm aus der Biege-
bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit ermit-
MEds telt werden. Allerdings ist die Berechnung der Beton-
= NEd druckspannungen damit nicht möglich, da Aussagen
Frd über die Druckzonenhöhe fehlen.
bw

=hf /dr beff /bw 10.4.3.4 Querschnittswerte im Zustand II


0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 2 3 4 5
1
=
3
=
bi Die Kenngrößen gerissener Querschnitte – die
3- beff lediglich aus der Betondruckzone und den Beweh-
1,2 1,15 1,11 1,07 1,03 1,0 1,0 1,0 1,0
rungssträngen bestehen – können bei bekannter
1,19 1,14 1,09 1,04 1,07 1,12 1,15 1,17
Druckzonenhöhe wie für ungerissene Querschnitte
1,15 1,10 1,05 1,14 1,24 1,31 1,37
1,66
nach den Regeln der Technischen Mechanik er-
1,11 1,06 1,21 1,38 1,52
1,11 1,27 1,52 1,79 2,06
mittelt werden (vgl. Abschn. 2.3.3). Da bei reiner
Biegebeanspruchung die Dehnungsnulllinie durch
Abbildung 10.15 Umrechnung von Plattenbalken in äquivalen- den mechanischen Schwerpunkt des gerissenen
te Rechteckquerschnitte (nach Kupfer u. Streit 1987) Querschnitts verläuft, kann in diesem Fall auf die
Schwerpunktsermittlung verzichtet werden. Für den
einfach bewehrten, biegebeanspruchten Rechteck-
10.4.3.3 Druckzonenhöhe bei reiner Biegung querschnitt errechnet sich das Trägheitsmoment I II
zu:
Bei reiner Biegebeanspruchung (NEd D 0) ent-  x 2
b  x3
spricht die Dehnungsnulllinie der mechanischen I II D Cbx
Schwerpunktslinie des gerissenen Querschnitts. Die 12 2
Druckzonenhöhe x ist dann unabhängig von der C˛s  As1  .d  x/2 (10.90a)
Beanspruchung m Q Eds und wird nur mehr durch die vor- b  x3
handene Bewehrung und das Verhältnis der E-Moduli D C ˛s  As1  .d  x/2 : (10.90b)
3
˛s bestimmt. Aus Gl. (10.86) folgt für nQ Ed D 0 ein
quadratisches Polynom: Mit der aus dem Kräftegleichgewicht gewonnenen
  Biegesteifigkeit nach Gl. (6.20) kann das Trägheitsmo-
d2 ment des gerissenen, einfach bewehrten Querschnitts
 C 2˛s .s1 C s2 /   2˛s s1 C s2
2
d ebenfalls angegeben werden.
D 0: (10.89)
I II D ˛s  As1  z  .d  x/ (10.91)
In Tabelle 10.2 sind für biegebeanspruchte Rechteck-
querschnitte (N D 0) mit bzw. ohne Druckbewehrung Durch Einsetzen der Beziehung für x nach Tabel-
die Lösungen des Polynoms Gl. (10.89) angegeben und le 10.2 kann gezeigt werden, dass die Gln. (10.90) und
durch die Beziehungen für die Spannung s1 der Be- (10.91) identisch sind.
wehrung und die Randspannung der Betondruckzone Das zur Berechnung von Schwindverformungen er-
c2 ergänzt. Für Plattenbalkenquerschnitte können Be- forderliche Statische Moment Ss der Bewehrung er-
ziehungen zur Berechnung von  im Zustand II in ähn- rechnet sich allgemein aus den Querschnittsflächen
licher Form angegeben werden. Als zusätzliche Varia- As;i und ihren zugehörigen Abständen zs;i zur Schwer-
blen müssen hierfür die Verhältnisse von mitwirken- achse des gerissenen Querschnitts (zsi mit Vorzeichen!)
der Breite zu Stegbreite beff =bw bzw. von Plattendicke nach Gl. (10.92). Bei einem einfach bewehrten Quer-
zu statischer Höhe hf =d eingeführt werden. In Tabel- schnitt ist Ss D As1  zs1 .
le 10.2 sind die Beziehungen für einen rein biegebe-
anspruchten, doppelt bewehrten Plattenbalken zusam- X
Ss D As;i  zs;i (10.92)
mengestellt. Der einfach bewehrte Plattenbalken ergibt
386 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Tabelle 10.2 Druckzonenhöhe und Spannungen gerissener Querschnitte für NEd D 0 bei linear-elastischem Materialverhalten von
Bewehrung und Beton
Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung
r  
As2
d2  D ˛s .s1 C s2 / C ˛s2 .s1 C s2 /2 C 2˛s s1 C s2 dd2
x.d zs2 (<0) MEd
d c2 D  h     i
  d2 d2 1
zs1 bd 2 2
1 3
C ˛s s2 1  d
1 d 
As1  
1
s1 D c2 ˛s 1

b
As1 As2 Es
mit s1 D ; s2 D ; ˛s D
bd bd Ec

Einfach bewehrter Rechteckquerschnitt


x.d q
 D ˛s s1 C .˛s s1 /2 C 2˛s s1
d
zs1 MEd
As1  
c2 D 
bd 2 21  3
 
b
1
s1 D c2 ˛s 1


Plattenbalken mit Druckbewehrung


beff p
hf As2  D A C A2 C B
d2
 
x.d zs2 hf beff
AD  1 C ˛s .s1 C s2 /
d d bw
zs1  2    
hf beff d2
BD  1 C 2˛s s1 C s2
d bw d
As1

bw MEd
c2 D 
bw d 2 .C C D/
    
  d2 d2 1
C D 1 C ˛s s2 1  1
2 3 d d 
   
hf beff hf 1 1 hf
DD 1 1 C  3d 
d bw d 2 2
 
1
s1 D c2 ˛s 1

As1 As2
mit s1 D ; s2 D
bw d bw d
Anmerkung: Die Beziehungen für Plattenbalken gelten nur, wenn die Nulllinie tatsächlich im
Steg liegt. Sollte die Auswertung  < hf =d ergeben, ist die Berechnung für einen Rechteck-
querschnitt mit b D beff durchzuführen.

10.4.3.5 Spannungsermittlung bei vorgespannten, Ansätze ,


A  B und C genutzt werden. Für die Anwen-
gerissenen Querschnitten dung des Diagramms nach Abb. 10.14 bei Rechteck-
querschnitten ohne Druckbewehrung ist allerdings An-
.0/
Zur Anrechnung von Vorspannung mit Verbund kön- satz 
B zweckmäßig: Die Vordehnung "pmt wird als äu-
.0/
nen grundsätzlich alle drei in Abschn. 5.4.5 genannten ßere Normalkraft Pmt in Höhe der Spanngliedschwer-
10.4 Biegebeanspruchung 387

achse angesetzt. Die einwirkenden Schnittgrößen ein- gen unterschiedlichen Verbundes korrigierte, d. h. er-
.0/ höhte Betonstahlspannung. Mit Ac;eff als Wirkungs-
schließlich Pmt müssen auf die Schwerachse des Zug-
gurtes, bestehend aus Betonstahl- und Spannstahlbe- zone der Beton- und Spannstahlbewehrung bedeuten
wehrung, umgerechnet werden. Die gemeinsame stati- (vgl. Abschn. 11.4):
sche Höhe dr ist s
ds As C Ap
 Ap  dp C As1  d 1 D   I D I
dr D ; dp As C 1  Ap
 Ap C As1
"p As C 12  Ap As C Ap
mit D : (10.93) p;eff D I tot;eff D :
"s1 Ac;eff Ac;eff
Durch werden unterschiedliche Abstände der Be- Der Verbundbeiwert  (Tabelle 10.1) ist hier nicht
wehrungsstränge von der Dehnungsnulllinie, aber auch zu verwechseln mit der bezogenen Druckzonenhö-
die Auswirkungen der unterschiedlichen Verbundei- he  D x=d . Die reduzierte Zusatzspannung der
genschaften auf die Zugkraftaufteilung berücksichtigt. Spannglieder p2;mod kann über die Gleichge-
Wird auf die Anrechnung des letztgenannten Effekts wichtsbedingungen bestimmt werden. Da nach der
zunächst verzichtet, gilt: Herleitung von Gl. (10.96) p2;mod einer unteren
dp  dr   Abschätzung der Spannstahlspannung entsprechen
D : (10.94) würde, wird i. Allg. auf eine Reduktion verzichtet. Bei
d  dr  
deutlich unterschiedlichen Höhenlagen von Betonstahl
Der Scharparameter ˛s  s zur Ablesung des Dia- und Spannstahl können analoge Beziehungen über
gramms ist: die Verträglichkeit der Rissbreiten bzw. die ebene
 2
1  Ap C As1 Verteilung der mittleren Dehnungen abgeleitet werden
˛s  s D ˛s   (s. Abschn. 12.3.5.3 und Gl. 12.13) (vgl. Zilch u. a.
b  dr  Ap C As1
2004).
Ap C As1
 ˛s  : (10.95)
b  dr
Da bei Bauteilen, deren Bewehrungsstränge nicht auf
gleicher Höhe liegen, nach Gl. (10.94) an die Druck- 10.4.4 Verformungsberechnung durch
zonenhöhe, d. h.  gekoppelt ist, muss die Ermittlung Integration der M --Beziehung
von  iterativ erfolgen. Die Betonstahlspannung ergibt
sich bei bekanntem  aus Gl. (10.87), wenn As1 durch 10.4.4.1 Allgemeines
As1 C  Ap ersetzt wird. Die Zusatzspannung des
Spannstahls folgt dann zu p D  s1 . Die Biegeverformung eines Stabes ist allgemein über
Zur Berücksichtigung der Auswirkungen un- w 00 D (Gl. 10.76) mit der Querschnittsverkrüm-
terschiedlichen Verbundverhaltens können die am mung verknüpft. Da zur Ableitung keine Annahmen
vorgespannten Zugstab in Abschn. 10.3.5 abgeleiteten zum Materialverhalten getroffen wurden, gilt diese Be-
Modelle auf biegebeanspruchte Bauteile übertragen ziehung auch für gerissene Querschnitte. Verformun-
werden. Im Allgemeinen ist es ausreichend, die gen errechnen sich damit durch die zweifache Integra-
Verbundunterschiede durch die Korrektur der für einen tion der Krümmung über die Bauteillänge in Verbin-
ebenen Dehnungszustand ermittelten Spannungen zu dung mit jeweils zutreffenden Randbedingungen, z. B.
erfassen. Bei annähernd gleichen Hebelarmen von w D 0 an den Auflagern. Die Berechnung punktueller
Betonstahl und Spannstahl, d. h.  1, können zur Verformungsgrößen erfolgt weiterhin mit dem Prinzip
Korrektur der Betonstahlspannung die Gln. (10.62) der virtuellen Kräfte.
und (10.73) verwendet werden. In etwas veränderter Zentrale Bedeutung für die Verformungsberech-
Schreibweise gilt: nung kommt damit dem Zusammenhang zwischen ein-
8 wirkendem Moment M und mittlerer Querschnittsver-
ˆ
ˆ  
ˆ s2
ˆ krümmung m , d. h. der Krümmung unter Berücksich-
< (Einzelriss)
s2;mod D   (10.96) tigung der versteifenden Wirkung des Betons zwischen
ˆ
ˆ  C ˇ 0
 f 1
 1 den Rissen zu. Während bei ungerissenen Querschnit-
ˆ s2 t ct p;eff tot;eff
:̂ ten durch Gl. (10.77) linear mit M verknüpft ist,
(abgeschlossenes Rissbild) :
existiert diese Linearität bei gerissen Querschnitten
In Gl. (10.96) bezeichnet s2 die nach der Bernoulli- im allgemeinen Fall nicht mehr. Die M - m -Beziehung
Hypothese ermittelte, s2;mod die um die Auswirkun- des gerissenen Trägerbereichs hängt u. a. von den E-
388 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Moduli von Beton und Bewehrung, der Betonzugfes- M II


EI m
tigkeit, dem Rissbildungsstadium, Art und Menge der
EI I
Bewehrung sowie der Art der Belastung ab, ist also EI II
mit den Parametern verknüpft, die auch das Verfor-
mungsverhalten eines gerissenen Zugstabes (! Zug-
gurt) bzw. eines Druckstabes (! Druckgurt) beeinflus-
sen.
M - -Linien gelten per se nur für den zugrunde ge- Zustand I
legten Querschnitt. Ändern sich über die Bauteillän- reiner Zustand II
M-km-Linie
ge z. B. die Querschnittsgeometrie, der Bewehrungs-
vereinfachte M-km-Linie
grad, etc., müssen entsprechend mehrere M - -Linien k
bestimmt werden.
a M-k-Linien

ss
10.4.4.2 Ermittlung der M --Linie xII k II

Die M - m -Beziehung wird aus der Dehnungsebene,


die sich für ein einwirkendes Biegemoment M ein-
e sII es
stellt, oder alternativ unmittelbar über die wirksame
Biegesteifigkeit EImII des gerissenen Querschnitts be- b wirksamer Querschnitt, Stahlkennlinie im reinen Zustand II
rechnet. ss
II "II M II
xm II
km
D s
D (10.97)
d  x II EI II
(reiner Zustand II) ;
II "II M II
e sm es
D sm
D (10.98)
m
d  xmII EImII Ac,eff

(mittlere Krümmung incl. Zugversteifung) c wirksamer Querschnitt, Stahlkennlinie - Zugversteifung

Die M zugeordnete Dehnungsebene kann analog Abbildung 10.16a–c Verformung biegebeanspruchter Quer-
zur Biegebemessung imP GZT über die Gleichgewichts- schnitte – M --Linien und wirksame Querschnitte
P
bedingungen N und M iterativ ermittelt werden.
Für den GZG ist allerdings auch eine geschlossene
analytische Lösung über die Berechnung der Druck- Druckgurtes). Im Rahmen einer numerischen Ermitt-
zonenhöhe x bzw. des Trägheitsmoments des gerisse- lung der M - -Beziehung eines Querschnitts kann
nen Querschnitts nach Abschn. 10.4.3 möglich (vgl. die Zugversteifung alternativ durch den Ansatz einer
Beispiel 10.2). Der wesentliche Unterschied in der Restzugfestigkeit des Betons angerechnet werden
Berechnung von II nach Gl. (10.97) und mII nach (vgl. Quast 1981; Kollegger 1983; Stempniewski u.
Gl. (10.98) liegt im angenommenen wirksamen Quer- Eibl 1996). Analog zur s -"m -Linie des Zugstabes
schnitt bzw. den zugrunde gelegten Materialkennlinien zerfällt die M - -Linie in vier Bereiche: Zustand I,
(Abb. 10.16). Rissbildung, abgeschlossenes Rissbild und Fließen
Für die Krümmung im reinen Zustand II nach der Bewehrung. Da im Gebrauchszustand plastische
Gl. (10.97) können die Beziehungen nach Ab- Verformungen ausgeschlossen werden, ist der vierte
schn. 10.4.3 unmittelbar angewendet werden. Die Ast für Verformungsberechnungen nicht relevant. Aus
versteifende Wirkung des Betons zwischen den Rissen Abb. 10.16 wird deutlich, dass die wirksame Biege-
wird durch die Idealisierung des Zuggurtes als zen- steifigkeit EImII bei Berücksichtigung der Mitwirkung
trisch beanspruchter Zugstab der Querschnittsfläche des Betons auf Zug belastungsabhängig ist.
Ac;eff erfasst. Damit kann die Mitwirkung des Betons
auf Zug durch die modifizierte Stahlkennlinie nach
Abb. 10.9 in die Berechnung eingeführt werden. 10.4.4.3 Prinzip der virtuellen Kräfte
Durch die höhere Steifigkeit des Zuggurtes vergrößert und numerische Integration
sich gleichzeitig die Druckzone (xmII entspricht
i. Allg. nicht der mittleren Druckzonenhöhe, sondern Die Frage der Anwendbarkeit des Prinzips der vir-
beschreibt näherungsweise die höhere Steifigkeit des tuellen Kräfte bei gerissenen Bauteilen kann anhand
10.4 Biegebeanspruchung 389

F f(x) Dx f(x) Dx
(f ( x 0 ) + f ( x1)) (f ( x 0) + 4 f ( x1 ) + f ( x 2))
2 3

x
w
x x
M
x0 x1 x0 x1 x2
Dx Dx Dx
k n+1 Stützstellen n beliebig n+1 Stützstellen n gerade
Polynom 1. Grades exakt Polynom 3. Grades exakt
dF = 1 a Trapezregel b Simpsonregel

Abbildung 10.18a,b Numerische Integration mit Newton-


Cotes-Formeln

dM = x

x
dw D d'  x D  x  dx
dj dw = dj . x Zl Zl
dx
dj = k . dx wD dw D  xdx
a Prinzip: Virtuelles Moment als Wichtungsfunktion xD0 xD0
Zl
F )wD  ıM dx : (10.99)
xD0

Das virtuelle Moment ıM beschreibt den Einfluss der


w Verkrümmung in jedem Balkenquerschnitt auf die ge-
Biegemoment M (Last) suchte Durchbiegung am Kragarmende. ıM ist damit
als geometrische Wichtungsfunktion zu interpretieren.
Da zur Herleitung von Gl. (10.99) nur geometrische
Biegesteifigkeit EI bzw. kinematische Überlegungen herangezogen wur-
den, gilt das Prinzip der virtuellen Kräfte unabhängig
Krümmung k vom Materialverhalten.
Zur numerischen Integration von Gl. (10.99) im
Rahmen tabellarischer Berechnungen eignen sich vor
dF
allem die Newton-Cotes-Formeln; die gebräuchlichs-
ten sind Trapez- und Simpsonregel. Der Integrations-
bereich muss dafür in n Abschnitte der Länge x mit
n C 1 äquidistanten Stützstellen xi aufgeteilt werden.
virtuelles Moment dM Das Integral der Funktion f .x/ errechnet sich mit der
Trapezregel nach Gl. (10.100) (Abb. 10.18a)

Zxn
x 
b Anwendung des PdvK bei Stahlbetonbalken

Abbildung 10.17a,b Prinzip der virtuellen Kräfte bei gerisse- f .x/dx D f .x0 / C 2f .x1 / C 2f .x2 /
2
nen Stahlbetonbauteilen x0
C    C 2f .xn1 /

Cf .xn / : (10.100)

Abb. 10.17a geklärt werden. In jedem infinitesimalen Da die Simpsonregel auf der Integration eines In-
Abschnitt dx des Stabes entsteht durch die Verkrüm- terpolationspolynoms über drei Stützstellen aufbaut
mung eine Winkeländerung d'. Der Verformungs- (Abb. 10.18b), ist zunächst die Aufteilung des Integra-
anteil dw an der Durchbiegung am Ende des Kragarms tionsbereichs in eine gerade Anzahl von Abschnitten
ist dw D d'  x. Hierbei entspricht x gerade dem vir- der Länge x erforderlich. Mit den n C 1 Stützstellen
tuellen Moment ıM . Es gilt: ist das Integral durch Gl. (10.101) zu bestimmen:
390 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Zxn
x  Im reinen Zustand II gilt:
f .x/dx D f .x0 / q
3
x0  D ˛s s1 C .˛s s1 /2 C 2˛s s1 D 0;244
C4f .x1 / C 2f .x2 / C 4f .x3 /
) x II D   d D 0;066 m I
C    C 2f .xn2 / C 4f .xn1 / x II
 z II D d  D 0;248 m
Cf .xn / : (10.101) 3
) E I II D Es As z .d  x II / D 15;3 MNm2
II

5 .g C q/perm  l 4
Beispiel 10.2 ) w II D 
384 E I II
Für den in Abb. 10.19 dargestellten, 1 m breiten Plat- 3
D 36;7  10 m D O 36;7 mm :
tenstreifen soll die Durchbiegung in Feldmitte für quasi-
ständige Lasten mit Hilfe der Integration der M --Linie
Die Biegesteifigkeit des reinen Zustand II beträgt nur
berechnet werden. Menge und Anordnung der Beweh-
mehr 24% des ungerissenen Querschnitts, entsprechend
rung sind über die Bauteillänge konstant; dem entspre-
ist die Durchbiegung um das 1=0;24 D 4;2-fache höher.
chend gelten E I I , E I II und die M --Beziehung für
das gesamte Bauteil. Die quasi-ständigen Einwirkungen
sind: Berechnung der M -m -Linie
Die M -m -Beziehung beschreibt das Verformungs-
.g C q/d;perm D g1k C g2k C 2  qk verhalten eines Querschnitts bei Biegebeanspruchung
unter Berücksichtigung von Rissbildung und Mitwir-
D 7;5 C 1;5 C 0;3  5 D 10;5 kN/m :
kung des Betons auf Zug. Die Auswirkungen des
letztgenannten Effekts werden über die Idealisierung
Verformungsgrenzwerte w I , w II des Zuggurtes als Zugstab, d. h. über die Modifikation
Für den ungerissenen Zustand ist die Biegesteifigkeit der Spannungs-Dehnungs-Beziehung des Betonstahls,
über die gesamte Bauteillänge konstant; w I kann über berücksichtigt. Die wirksame Zugfläche Ac;eff , d. h. der
Gl. (10.84) berechnet werden (vgl. Beispiel 10.1). Da die Querschnitt des fiktiven Zugstabes, dessen geometrischer
Druckzonenhöhe und damit die Biegesteifigkeit im reinen Bewehrungsgrad s;eff und der Spannungssprung sr
Zustand II bei ausschließlich biegebeanspruchten Quer- in der Bewehrung bei Rissbildung des Zugstabes sind:
schnitten unabhängig von der Belastung ist, gilt gleiches
auch für w II . Für den ungerissenen Balken gilt: h  xI
hc;eff D 0;075 m D 2;5  d1 
2
1;0  0;33 ) Ac;eff D 0;075 m2 ;
E I I  Ecm Ic D 28300 
12 As
D 63;7 MNm2 (Bruttoquerschnitt) s;eff D D 0;020 D O 2% ;
Ac;eff
. D Ecm Ii D 67;3 MNm2  
1
! Ideeller Querschnitt +5,7%) ; sr D fctm   1 D 141;2 N/mm2 :
s;eff
5 .g C q/perm  l 4
wI D  Erläuterungen zum Wirkungsbereich der Bewehrung
384 EII
Ac;eff folgen in Abschn. 11.4.3. Die Spannungsdifferenz
5 10;5  103  84
D  sr bei Rissbildung sollte nicht größer sein, als der
384 63;7 am Balken für die Erstrissbildung berechnete Wert. Mit
D 8;8  103 m D
O 8;8 mm : Bruttoquerschnittswerten folgt:

1;0  0;32
Mcr D W  fctm D  2;89
g1k = 7,5 kN/m 6
g2k = 1,5 kN/m D 0;0434 MNm D O 43;4 kNm ;
qk = 5,0 kN/m
Mcr
y2 = 0,3 sr1 D ˛s   zs
l = 8,0 Ic
0;0434
a System D 7;06   0;12 D 16;3 N/mm2 ;
Beton C 30/37 2;25  103
Betonstahl Bst 500 Mcr
As = 15,1 cm2 sr2 D
as = 7,06
z II  As
rs = 0,56% 0;0434
0,27 0,30 D D 116;2 N/mm2
0;248  15;1  104
) sr D 99;8 N/mm2
0,03
1,0 ) "sr D "sr2  "sr1 D 0;50‰ :
b Querschnitt
Die Berechnung der Krümmung m für ein vorgegebenes
Abbildung 10.19a,b Beispiel 10.2 – System und Belastung M kann für einen einfach bewehrten, nur durch Biege-
10.4 Biegebeanspruchung 391

M in kNm

80
dF = 1

60
Zustand I
reiner Zustand II 0 4 8
40
M-k-Linie x
vereinfachte M-k-Linie
20 Werte an Stützstellen
2
k in 1/m dM
0
0 0,002 0,004 0,006
a M-k-Linie b virtueller Kräftezustand

gk + y2qk = 10,5 kN/m


1 2 3 4 5 6 7
i xi Mi km,i .10-3 dMi fi 4.5.6.Dx/3

1 0,0 0,00 0,000 0,0 1 0,000


2 0,2 8,19 0,129 0,1 4 0,003 0 4 8
x
3 0,4 15,96 0,251 0,2 2 0,007
4 0,6 23,31 0,366 0,3 4 0,029 Mcr,m
5 0,8 30,24 0,475 0,4 2 0,025
6 1,0 36,75 0,577 0,5 4 0,077 80
M in kNm
7 1,2 42,84 0,673 0,6 2 0,054
8 1,4 48,51 1,710 0,7 4 0,319
9 1,6 53,76 2,694 0,8 2 0,287
10 1,8 58,59 3,332 0,9 4 0,800
60
11 2,0 63,00 3,621 1,0 2 0,483
12 2,2 66,99 3,883 1,1 4 1,139 EI in MNm2
13 2,4 70,56 4,117 1,2 2 0,659
14 2,6 73,71 4,323 1,3 4 1,499
15 2,8 76,44 4,502 1,4 2 0,840
16 3,0 78,75 4,654 1,5 4 1,862
17 3,2 80,64 4,778 1,6 2 1,019 0,006 k in 1/m
18 3,4 82,11 4,874 1,7 4 2,210
19 3,6 83,16 4,943 1,8 2 1,186
20 3,8 83,79 4,984 1,9 4 2,525
21 4,0 84,00 4,998 2,0 1 0,666

2.Summe Spalte 7: 31,4 mm 40


w in mm

c Tabellarische Ermittlung der Durchbiegung in Feldmitte d Realer Kräfte- und Verformungszustand (Legende vgl. a)

Abbildung 10.20a–d Beispiel 10.2 – Verformungsberechnung durch Integration der M --Linie

momente beanspruchten Querschnitt in den folgenden 6 3. Ermittlung der Zuggurtsteifigkeit (wirksamer


Schritten durchgeführt werden: E-Modul Es;eff )
E
Es;eff D "sm
s2
) ˛s;eff D Es;eff
cm
1. Berechnung der Stahlspannung im Zustand II
s2 D z IIMAs ) "s2 D Es2s 4. Berechnung der mittleren Druckzonenhöhe und des

mittleren Hebelarms q 
2. Berechnung der mittleren Dehnung "sm aus "s2 über
die modifizierte Spannungs-Dehnungs-Linie nach xmII D d  ˛s;eff s1 C .˛s;eff s1 /2 C 2˛s;eff s1 ;
den Gln. (10.40)–(10.42) II
xm
zmII D d  3
392 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

5. Ermittlung der mittleren Dehnung "sm d. h. selbst wenn die quasi-ständigen Beanspruchungen
M
"sm D z II E s;eff As nicht überschritten werden würden, tritt im Laufe der
m

6. Berechnung der mittleren Krümmung m Zeit eine weitere Ausdehnung des gerissenen Bereichs
"sm
m D d x II . auf. Im Rahmen einer Verformungsberechnung stehen
m
zwei Ansätze zur Festlegung des gerissenen Bereichs
Die mit ˇt D 0;25 ermittelte M -m -Linie ist in zur Verfügung:
Abb. 10.20a M --Beziehungen für den Zustand I,
den reinen Zustand II sowie der M -m -Beziehung für
die vereinfachte, trilineare Spannungs-Dehnungs-Linie • Ermittlung des gerissenen Bereichs für die seltene
der Bewehrung nach Abb. 10.9 (Wiederbelastungsast) Einwirkungskombination bei Ansatz der Kurzzeit-
gegenübergestellt (Anmerkung: Für Verformungen festigkeit fctm ;
unter kurzzeitig wirkender Last wäre ˇt D 0;4 an-
zunehmen; hier wird der Beiwert für langandauernde
• Bestimmung des gerissenen Bereichs für die
Beanspruchungen ˇt D 0;25 gewählt, da dieses Beispiel quasi-ständige Einwirkungskombination bei An-
für die Berechnung zeitabhängiger Auswirkungen in satz einer Dauerstands-Zugfestigkeit fct;eff mit
Abschn. 10.4.6 fortgeführt wird.). fct;eff D 0;85fctm nach einem Vorschlag in Krüger
u. Mertzsch (2002).
Berechnung der Durchbiegung
Mit bekannter M -m -Beziehung kann die Verformungs-
berechnung durch numerische Integration mit Hilfe des
Da i. Allg. keine Informationen zur Belastungsge-
Prinzips der virtuellen Kräfte tabellarisch durchgeführt schichte des Bauteils vorliegen, ist der erstgenannte
werden. Unter Ausnutzung der Symmetrie ergibt sich die Ansatz zu bevorzugen. Darüber hinaus ist zu beachten,
Durchbiegung in Feldmitte zu dass die Biegezugfestigkeit abhängig von der Bau-
teilhöhe deutlich über der zentrischen Zugfestigkeit
Z
xDl=2
liegen kann (vgl. Abschn. 3.1.3); ggf. aber auch durch
w D2 ıM  dx : unvermeidbare Eigenspannungen vermindert ist.
xD0

Die Integration wird mit der Simpson-Regel durchge-


führt. Die einzelnen Spalten der Tabelle in Abb. 10.20c
bedeuten: 10.4.5 Vereinfachte Berechnung
1 Stützstelle i
Die Grenzwerte der auftretenden Biegeverformungen
2 x-Koordinate der Stützstelle xi
werden durch den ungerissenen und den vollständig
3 einwirkendes Biegemoment Mi an der Stützstelle i gerissenen Zustand (reiner Zustand II) vorgegeben. Ei-
4 Krümmung m;i ; für Mi aus der M -m -Beziehung ne Reihe von Näherungsverfahren nutzen diesen Um-
nach Abb. 10.20a
stand zur Interpolation der zu erwartenden Verformung
5 virtuelles Moment ıMi zwischen den beiden, einfach zu berechnenden Grenz-
6 Vorfaktor fi für die Integration nach der Simpson- werten mit Hilfe eines sog. Verteilungsbeiwertes oder
Regel, vgl. Gl. (10.101)
Rissbildungsfaktors  (vgl. Mayer 1967; Grasser u.
7 Produkt m;i  ıMi  fi  x=3 Thielen 1991; Krüger u. Mertzsch 1998; Zilch u. a.
Damit errechnet sich die Durchbiegung in Feldmitte 2003). Durch  wird – abhängig vom gewählten Ver-
durch Integration der M -m -Linie zu w D 31;4 mm. fahren – die Ausdehnung des gerissenen Bereichs und
die Mitwirkung des Betons auf Zug berücksichtigt. Die
im Mittel steifere Druckzone wird allerdings vernach-
10.4.4.4 Anmerkungen zur Festlegung lässigt.
des gerissenen Bereichs

Wie Beispiel 10.2 zeigt, wird die Biegeverformung 10.4.5.1 Berechnung über Verteilungsbeiwerte
entscheidend durch die Ausdehnung des gerissenen
Bereichs beeinflusst. Für dessen Festlegung sind zwei Ein für die Handrechnung bzw. für eine tabellarische
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zum einen wird Ermittlung der Biegeverformung geeignetes Verfahren
der gerissene Bereich durch die größten, bis zum be- wird in DIN V ENV 1992-1-1, Anhang A.4 angege-
trachteten Zeitpunkt aufgetretenen Einwirkungen be- ben. Die Interpolation zwischen den Grenzwerten er-
stimmt. Zum anderen fällt die wirksame Zugfestig- folgt allgemein nach Gl. (10.102).
keit bei Dauerbelastung auf ca. 60–75% des Kurz-
zeitwertes fctm (vgl. Reinhardt u. Cornelissen 1985); a D   aII C .1  / aI (10.102)
10.4 Biegebeanspruchung 393

M "sr2  "sr1
EI I km  D 2  ˇt  (10.105)
"s2
l/2
dM Angewandt auf die Querschnittsverkrümmung ermög-
kI z (kII - kI) i licht Gl. (10.102) die vereinfachte Berechnung der M -
kII
km
-Beziehung (Abb. 10.21a):
EI II k II I
m D C .1  /  (10.106)
5 l Die Verformungsberechnung kann bei bekannter M -
= ik
k 12 2 m -Beziehung wieder mit Hilfe des Prinzips der vir-

c Integration
tuellen Kräfte durch die numerische Integration über
a Interpolation der Krümmung
äquidistante Stützstellen durchgeführt werden.
Die numerische Genauigkeit der Berechnung hängt
von der Anzahl der verwendeten Stützstellen ab. Zur
Abschätzung der Verformung ist es i. Allg. ausrei-
chend, lediglich an charakteristischen Querschnitten,
M z. B. dem Momentenmaximum, die Krümmung zu er-
mitteln und im restlichen Bereich einen dem Biege-
kI k moment affinen Verlauf, d. h. eine konstante wirksa-
km me Biegesteifigkeit EImII anzunehmen (Abb. 10.21b).
idealisiert
kII Die Integration der Verkrümmungen über die Bauteil-
w länge kann dann auf einfache Weise, z. B. mit Hilfe
wI
w wII der aus der Statik bekannten Integraltafeln erfolgen.
Für den in Abb. 10.21b dargestellten, durch Gleichstre-
dM
ckenlasten beanspruchten Einfeldträger mit angenom-
menem, parabolischem Verlauf der Krümmung folgt
b Verlauf der Krümmung km - Annahme (Abb. 10.21c):

Abbildung 10.21a–c Näherungsweise Verformungsberech- Z


xDl

nung durch die Interpolation der mittleren Verkrümmung mit wD ıM  m dx (10.107a)


Verteilungsbeiwerten
xD0
5  II I

    max C .1  /  max  l 2 (10.107b)
In Gl. (10.102) steht a allgemein für eine Verfor- 48
5
mungsgröße. Je nach erforderlicher Berechnungstiefe D  m;max  l 2 : (10.107c)
kann die Beziehung sowohl auf Querschnittsverkrüm- 48
mungen als auch auf die daraus berechneten Verfor- Weitere Näherungsverfahren unter Verwendung von
mungen w angewandt werden. aI und aII bezeich- Verteilungsbeiwerten sind u. a. in Mayer (1967); Gras-
nen die betrachtete Größe in Zustand I bzw. reinem ser u. Thielen (1991); Krüger u. Mertzsch (1998) ent-
Zustand II. Mit dem Verteilungsbeiwert  wird die halten. Abschließend sei noch darauf hingewiesen,
Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen den Rissen dass der über die Gln. (10.103) bis (10.105) definier-
berücksichtigt. Er bezeichnet per Definition das Ver- te Verteilungsbeiwert unmittelbar mit dem wirksamen
hältnis von mittlerer Stahldehnung zur Stahldehnung E-Modul Es;eff verknüpft ist; es gilt Es;eff D Es =.
im Riss  D "sm ="s2 und folgt unmittelbar aus den Während z. B. in DIN 1045-1 keine expliziten An-
Gln. (10.40) bis (10.42). gaben zu den Verfahren der Verformungsberechnung
enthalten sind, wird in EN 1992-1-1 in einer Anwen-

1 Ungerissen (0 < s2  sr )
dungsregel eine von den Gln. (10.103) bis (10.105) ab-
D0 (10.103) weichende Definition des Verteilungsbeiwertes in An-
lehnung an Gl. (10.48b) angegeben.

2 Rissbildung (sr < s2  1;3  sr )

ˇt  .s2  sr / C .1;3  sr  s2 / Normenregelung nach EN 1992-1-1


 D 1 In EN 1992-1-1, 7.4.3 wird im Rahmen einer Anwendungs-
0;3  sr regel ein Verfahren zur Verformungsberechnung biege-
"sr2  "sr1
 (10.104) beanspruchter Bauteile über Verteilungsbeiwerte vorge-
"s2 schlagen (s. Gl. 10.102).

3 Abgeschlossene Rissbildung (1;3  sr < s2  fy ) a D   aII C .1   / aI
394 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

Abweichend von dem in Abschn. 10.4.5 vorgestellten Vor- In Donaubauer (2002) werden darüber hinaus weitere
gehen wird  auf den Völligkeitsbeiwert nach Rao bezo- Rechenhilfsmittel für die Verformungsberechnung bei
gen: Durchlaufsystemen und zweiachsig gespannten De-
• Ungerissen (0 < s  sr ) cken angegeben.
 D0 (10.108)
• Gerissen (sr < s  fyk ) Beispiel 10.3
 2 Die Durchbiegung des Plattenstreifens aus Beispiel 10.2
sr
 D 1ˇ  (10.109) soll mit Näherungsverfahren ermittelt werden.
s
(
1;0 einmalige/kurzzeitige Belastung Berechnung über Verteilungsbeiwerte
ˇ D
0;5 dauerhafte/wiederholte Belastung : Zunächst werden Verteilungsbeiwerte in Verbindung mit
der numerischen Integration der Krümmung über Stütz-
stellen verwendet. Die Verformungsberechnung ist in Ta-
belle 10.3 wiedergegeben.
10.4.5.2 Berechnung mit abschnittsweise
Die Spalten in Tabelle 10.3 enthalten im Einzelnen:
konstanten Biegesteifigkeiten
1 Nummer i der Stützstelle
Anhand des Beispiels 10.2 (Abb. 10.20d) wird deut- 2 x-Koordinate der Stützstelle xi
lich, dass die effektive Biegesteifigkeit EImII zwar be- 3 Biegemoment Mi
anspruchungsabhängig ist, sich allerdings in weiten
4 Krümmung im ungerissenen Zustand iI in 103 1/m
Bereichen nur wenig verändert. Es liegt daher nahe, (Gl. 10.77)
abschnittsweise konstante wirksame Biegesteifigkei- 5 Krümmung im reinen Zustand II iII in 103 1/m
ten anzunehmen (vgl. Donaubauer 2002; Fastabend (Gl. 10.97)
2002). Die wirksame Biegesteifigkeit ist direkt propor- 6 Stahlspannung s2;i im reinen Zustand II (vgl. Tabel-
tional zum Kehrwert der Krümmung: le 10.2)
M 7 Verteilungsbeiwert i nach den Gln. (10.103)–
EImII D : (10.110) (10.105)
m
8 mittlere Krümmung m;i nach Gl. (10.106) in
Mit Gl. (10.106) gilt:
103 1/m
1 1 1 virtuelles Moment ıMi
D C .1  / 9
EImII EI II EI I 10 Simpson-Faktor
1 11 Produkt m;i  ıMi  fi  x=3.
) EImII D : (10.111)
 E I II C .1  / E 1I I
1
(Anmerkung: Für einen Vergleich mit dem Ergebnis des
Das Bauteil wird zweckmäßig in ungerissene und ge- Beispiels 10.2 wird hier der Bereich, in dem Mcr unter
rissene Bereiche eingeteilt. Im Bereich zwischen Mcr der quasi-ständigen Einwirkungskombination – anstelle
richtigerweise der seltenen – überschritten ist, als geris-
und 1;3  Mcr , d. h. im Übergangsbereich vom unge-
sen betrachtet). Die mit den Verteilungsbeiwerten  nach
rissenen Bauteilabschnitt zum abgeschlossenen Riss- Tabelle 10.3 ermittelte Durchbiegung in Feldmitte weicht
bild, nimmt die effektive Biegesteifigkeit graduell ab. hier nur um 1% vom Ergebnis der Berechnung über die
Um diesen Übergangsbereich zu erfassen, wird in Do- Integration der M -m -Beziehung ab.
naubauer (2002) vorgeschlagen, die Abschnittsgrenze Wird die mittlere Verkrümmung nur in Feldmitte be-
im Mittelpunkt zwischen den geometrischen Orten für stimmt und deren Verlauf affin zur Momentenlinie para-
Mcr und 1;3  Mcr vorzusehen (Abb. 10.22). Die Verfor- bolisch angenommen, errechnet sich die Durchbiegung in
Feldmitte mit Gl. (10.107) und m an Stützstelle 21 nach
mungsberechnung kann mit bekanntem EImII wieder Tabelle 10.3 zu:
durch abschnittsweise Integration oder mit Hilfe eines
konventionellen Stabstatikprogramms durch Eingabe m D 5;038  103 m1 ;
von Stababschnitten mit effektiver Biegesteifigkeit er- Zl
folgen. Für Einfeldträger mit konstanter Gleichstre- w D ıM  m dx
ckenlast kann die Durchbiegung in Feldmitte mit l I als 0
rechnerisch ungerissenem Bereich nach Gl. (10.112) 5 5
D  m  l 2 D  5;038  103  82
ermittelt werden. 48 48
5 q  l4 1 D 33;6  103 m D 33;6 mm :
wD    q  .l I /3
384 EImII 24
   1 1
 Die Abweichung gegenüber der Berechnung mit 21
Stützstellen beträgt hier C6%. Durch die im ungeris-
 4  l  3  lI   (10.112)
EImII EI I senen Bereich zu hoch angesetzte Krümmung liefert
10.4 Biegebeanspruchung 395

Tabelle 10.3 Beispiel 10.3 – Tabellarische Berechnung der Durchbiegung mit Verteilungsbeiwerten
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
i xi Mi kIi kIIi ss2,i zi km,i dMi fi 8.9.10.Dx/3

1 0,0 0,00 0,000 0,000 0,0 0,000 0,000 0,0 1 0,000


2 0,2 8,19 0,129 0,537 21,9 0,000 0,129 0,1 4 0,003
3 0,4 15,96 0,251 1,046 42,7 0,000 0,251 0,2 2 0,007
4 0,6 23,31 0,366 1,527 62,3 0,000 0,366 0,3 4 0,029
5 0,8 30,24 0,475 1,981 80,9 0,000 0,475 0,4 2 0,025
6 1,0 36,75 0,577 2,408 98,3 0,000 0,577 0,5 4 0,077
7 1,2 42,84 0,673 2,807 114,5 0,000 0,673 0,6 2 0,054
8 1,4 48,51 0,762 3,178 129,7 0,455 1,860 0,7 4 0,347
9 1,6 53,76 0,844 3,522 143,7 0,718 2,766 0,8 2 0,295
10 1,8 58,59 0,920 3,838 156,7 0,841 3,374 0,9 4 0,810
11 2,0 63,00 0,989 4,127 168,4 0,852 3,663 1,0 2 0,488
12 2,2 66,99 1,052 4,389 179,1 0,861 3,924 1,1 4 1,151
13 2,4 70,56 1,108 4,623 188,7 0,868 4,158 1,2 2 0,665
14 2,6 73,71 1,157 4,829 197,1 0,873 4,364 1,3 4 1,513
15 2,8 76,44 1,200 5,008 204,4 0,878 4,543 1,4 2 0,848
16 3,0 78,75 1,236 5,159 210,6 0,882 4,694 1,5 4 1,878
17 3,2 80,64 1,266 5,283 215,6 0,884 4,818 1,6 2 1,028
18 3,4 82,11 1,289 5,379 219,5 0,886 4,915 1,7 4 2,228
19 3,6 83,16 1,306 5,448 222,3 0,888 4,983 1,8 2 1,196
20 3,8 83,79 1,315 5,489 224,0 0,889 5,025 1,9 4 2,546
21 4,0 84,00 1,319 5,503 224,6 0,889 5,038 2,0 1 0,672
l /2
w = 2ò dM × k m dx = 2.Summe Spalte 11 = 31,7 mm
0

die Berechnung über nur eine Stützstelle i. Allg. ei- Die Durchbiegung folgt aus Gl. (10.112):
ne obere Abschätzung der zu erwartenden Durchbiegung. 
5 10;5  84 1
w D    10;5  1;473
Berechnung mit abschnittsweise konstanten Biegestei- 384 16;7 24
 
figkeiten 1 1
Zur Berechnung mit abschnittsweise konstanten Biege- .4  8  3  1;47/   103
16;7 63;7
steifigkeiten müssen zunächst die Abschnittsgrenzen fest-
gelegt werden. Für Gleichstreckenlasten q ist der Ab- D 31;8  103 m D 31;8 mm :
stand x.M / des Querschnitts mit einem Moment M
vom Auflager gegeben durch:
s
l l2 M 10.4.6 Auswirkungen zeitabhängigen
x.M / D  2 :
2 4 q Verhaltens
Die x-Koordinaten für Mcr und 1;3  Mcr sind damit
s Schwinden und Kriechen des Betons führen zur er-
8 82 43;4 heblichen Vergrößerung der Biegeverformung. Die am
x.M D Mcr / D  2 D 1;22 m ;
2 4 10;5 Druck- und Zugstab gewonnenen Erkenntnisse zei-
x.M D 1;3Mcr / D    D 1;71 m gen allerdings, dass die Rissbildung erheblichen Ein-
) l I D 0;5  .1;22 C 1;71/ D 1;47 m : fluss auf die zeitabhängigen Verformungen hat. Wie
bei Druckstäben werden Schwinden und Kriechen ver-
Die mittlere Biegesteifigkeit E ImII im gerissenen Be- einfachend separat behandelt.
reich wird für die Feldmitte mit Gl. (10.111) festgelegt.
Nach Tabelle 10.3 gilt dort  D 0;889. In ungerissenen Querschnitten kriecht unter lang-
andauernden Belastungen sowohl die Druck- als auch
1 die Zugzone, während in gerissenen Querschnitten im
E ImII D
 EI1 II C .1   / EI1 I Wesentlichen nur die Druckzone Kriechverformungen
D    D 16;7 MNm2 aufweist, die Stahldehnung aber nahezu unverändert
396 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

gk + y2qk = 10,5 kN/m M

EII (t>0)
EII (t=0) » Ec,effII EIII (t=0) EIII (t>0)

0 4 8 » kI.j kII.jIIeff
x

Mcr,m
M in kNm

1,3 Mcr,m
80
M - km - Linie (t=0)
M - km - Linie (t>0)
EIII
EIIIm k

Abbildung 10.23 Auswirkungen des Kriechens am Beispiel ei-


ner M --Linie
EI in MNm2

60 EII
lI lI
"c .t/ D "c .t0 /  .1 C '/ (10.116)
Abbildung 10.22 Beispiel 10.3 – Näherungsweise Verfor- ) .t/ D .t0 /  .1 C '/ (10.117)
mungsberechnung durch die Vorgabe abschnittsweise konstan-
ter, wirksamer Biegesteifigkeiten Zl
) w.t/ D ıM  .t/dx
0

bleibt. Kriechen führt daher bei ungerissenen Quer- Zl


schnitten im Vergleich zu erheblich größeren zeitab- D ıM  .t0 /  .1 C '/ dx
hängigen Verformungen. In Abb. 10.23 sind die Aus- 0
wirkungen des Kriechens bei biegebeanspruchten Bau- D w.t0 /  .1 C '/ : (10.118)
teilen anhand einer M - -Linie dargestellt. Zur Ver-
einfachung der Berechnung können effektive Kriech- Die Durchbiegung vergrößert sich nach Gl. (10.118)
zahlen 'eff eingeführt werden, die unmittelbar auf die durch Kriechen auf das 1 C '-fache. Für die Biegestei-
Biegesteifigkeit der Querschnitts zurückgeführt wer- figkeit gilt damit:
den können (Abb. 10.23; vgl. auch Abschn. 13.3.4.6). EI I .t0 /
Allgemein gilt (vgl. Zilch u. Fritsche 2001): EI I .t/ D D Ec;eff I I : (10.119)
1C'
EIeff .t0 / Umgekehrt gilt für die effektive Kriechzahl des unbe-
'eff D  1: (10.113)
EIeff .t/ wehrten, ungerissenen Querschnitts nach Gl. (10.113)
naturgemäß
Aus Gl. (10.113) folgt für den Zustand I bzw. den rei-
nen Zustand II ohne Mitwirkung des Betons auf Zug: I EI I .t0 /
'eff D 1 D': (10.120)
EI I .t/
EI I .t0 /
I
'eff D 1' (10.114) Das Trägheitsmoment I I eines unbewehrten Quer-
EI I .t/ schnitts wird durch Kriechen nicht beeinflusst; die Be-
II EI II .t0 / rechnung von Kriechverformungen kann daher nähe-
'eff D 1 ' (10.115)
EI II .t/ rungsweise über den effektiven E-Modul Ec;eff erfol-
gen (Abb. 10.24a). In bewehrten Querschnitten wird
Im Folgenden werden die Zusammenhänge getrennt die Kriechdehnung durch die Bewehrung behindert, al-
für ungerissene und gerissene Querschnitte abgeleitet. lerdings wird – völlig analog zu Druckstäben – die
Wirkung der Bewehrung durch Ec;eff in Verbindung
mit ideellen Querschnittswerten bereits erfasst. Durch
10.4.6.1 Kriechen bei ungerissenem Querschnitt Kriechen, d. h. den mit ' ansteigenden Quotienten
˛s;eff D Es .1C'/=Ec.t0 / wandert der ideelle Schwer-
In unbewehrten Querschnitten steigt die spannungsin- punkt und damit die Dehnungsnulllinie näher zur Be-
duzierte Dehnung "c infolge Kriechen an. Mit ' D wehrung; Druckzonenhöhe und ideelles Trägheitsmo-
'.t; t0 / gilt (Abb. 10.24a): ment nehmen damit geringfügig zu (Abb. 10.24b).
10.4 Biegebeanspruchung 397

kI(t0)
kI(t0) kII(t0)
kI( t ¥ ) kII(t ¥ )
kI( t ¥)
S
Si(t0)

to
t ¥

a unbewehrter Querschnitt b bewehrter Querschnitt - Zustand I c reiner Zustand II

Abbildung 10.24a–c Auswirkungen des Kriechens auf die Querschnittsverkrümmung

10.4.6.2 Kriechen bei gerissenem Querschnitt Aus Gl. (10.122b) folgt als Abschätzung der effektiven
Kriechzahl des gerissenen Querschnitts
In gerissenen Querschnitten kriecht lediglich die
II EI II .t0 / '
Druckzone. Da die Verteilung der Dehnungen über 'eff D 1D ': (10.123)
den Querschnitt stets eben bleiben muss, wandert die EI II .t/ 2C'
Dehnungsnulllinie näher zur Bewehrung. Durch die Abschließend sei angemerkt, dass die zur Ermitt-
vergrößerte Druckzone fallen die Betondruckspan- lung von Spannungen und Querschnittswerten getrof-
nungen erheblich ab, während die Stahlspannungen fene Annahme linear über die Druckzonenhöhe verteil-
zum Ausgleich des geringfügig verkleinerten Hebe- ter Spannungen wegen der Verschiebung der Nulllinie
larms aus Gleichgewichtsgründen etwas anwachsen selbst bei linearem Kriechen eine Näherung darstellt.
(Abb. 10.24c). Rechnerisch lassen sich Kriech-
auswirkungen auch bei gerissenen Querschnitten
näherungsweise durch Ec;eff erfassen. Spannun- 10.4.6.3 Schwinden bei ungerissenem Querschnitt
gen und Querschnittswerte können weiterhin nach
Abschn. 10.4.3 für ˛s;eff D Es =Ec;eff ermittelt werden. Wie für den Druckstab wird gleichmäßiges Schwin-
Die Biegesteifigkeit des gerissenen Querschnitts den über den Querschnitt vorausgesetzt. Schwinden ist
(reiner Zustand II) nimmt durch Kriechen im Ver- generell beanspruchungsunabhängig, die Verformung
gleich zum Zustand I deutlich weniger ab (Abb. 10.25). eines Bauteils durch Schwinden wird lediglich durch
Im Unterschied zu ungerissenen Querschnitten wirkt die Anordnung der Bewehrung im Querschnitt und die
sich ein höherer Zugbewehrungsgrad durch die da- Rissbildung des Bauteils gesteuert.
mit einhergehende größere Druckzone nachteilig auf In Abschn. 10.2.2 wurde bereits erläutert, dass
die Reduktion der Biegesteifigkeit aus. Grundsätzlich durch die Behinderung des Schwindens im unge-
kann durch Druckbewehrung der Abfall der Steifigkeit
vermindert, also auch die Kriechverformung reduziert
werden. Die wirksame, zeitabhängige Biegesteifigkeit
EI (t )
EImII .t/ ergibt sich z. B. mit Hilfe der Verteilungsbei- EI (t 0 ) d = 0,9 h
As1
werte zu: 1 r s1=
b×d
1
EImII .t/ D : (10.121)
 E I II
1
.t /
C .1  / E I1I .t / 0,8

In Abb. 10.25 sind die Auswirkungen des Kriechens r s1 = 0,5%

auf die Biegesteifigkeit eines einfach bewehrten Recht- 0,6 1%


2+j
eckquerschnitts allgemein für d D 0;9h und ˛s .t0 / D 2 × (1 + j ) 2%
3%
7;1 (C30/37 nach DIN 1045-1) für den Zustand I und 0,4 1
3%
den reinen Zustand II dargestellt. Zur groben Einschät- 1+ j 2%
zung der zeitabhängigen Entwicklung der Biegestei- 0,2 1%
gerissen 0,5%
figkeiten bieten sich bei Vernachlässigung der Beweh- ungerissen 0%
rung folgende Beziehungen an:
0
EI I .t/ 1 0 1 2 3 4
j (t , t 0 )
 ; (10.122a)
EI I .t0 / 1C'
Abbildung 10.25 Auswirkungen des Kriechens auf die Biege-
EI II .t/ 2C' steifigkeit bei gerissenen und ungerissenen Querschnitten (ein-
 : (10.122b) fach bewehrter Querschnitt, ˛s .t0 / D 7;1)
EI II .t0 / 2  .1 C '/
398 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

rissenen Querschnitt ein Eigenspannungszustand mittelt werden (vgl. Beispiel 8.4). Die Verformungsbe-
hervorgerufen wird. Die behinderte Schwinddehnung rechnung erfolgt anschließend wieder mit dem Prinzip
wirkt als zusätzliche Normalkraft Ncs im Beweh- der virtuellen Kräfte nach Gl. (10.128).
rungsschwerpunkt auf den Verbundquerschnitt ein.
Sofern der Querschnittsschwerpunkt nicht mit dem Zl
Schwerpunkt der Bewehrung identisch ist, entstehen wD ıM  . m C cs;m / dx (10.128)
neben Verkürzungen auch Querschnittsverkrümmun- 0
gen (s. Abb. 10.3). Mit zs als Abstand zwischen den
Schwerpunkten – bezogen auf den Verbundquerschnitt Bei der Verformungsberechnung mit konventionellen
(ideeller Querschnitt) – gilt unter der Annahme, dass Stabwerksprogrammen kann die Schwindverkrüm-
der zeitliche Verlauf von Schwinden und Kriechen mung durch äquivalente Temperaturlastfälle Tcs mit
affin ist: h als Querschnittshöhe und ˛T als Temperaturaus-
dehnungskoeffizient in die Berechnung eingeführt
Ncs D "cs  Es  As ; (10.124)
werden.
Mcs D Ncs  zs D "cs  Es  As  zs ; (10.125)
Mcs "cs  Es  As  zs "cs  Es  As  zs h
cs D D (10.126) Tcs D  (10.129)
I
EI .t/ Ec;eff I I EImII .t/ ˛T
Ss
D "cs  ˛s;eff  I : (10.127) Dabei sind ungerissene und gerissene Bereiche in der
I Berechnung zu unterscheiden.
In Gl. (10.127) bezeichnet Ss D As  zs das statische
Moment des Bewehrungsquerschnitts, Ncs ist die durch Beispiel 10.4
das Schwinden hervorgerufen (fiktive) Zugkraft im Be- Für den in den Beispielen 10.2 und 10.3 behandelten Plat-
tonquerschnitt (s. Abschn. 10.2.2). tenstreifen sollen die zu erwartenden Biegeverformungen
unter quasi-ständigen Lasten für t ! 1 ermittelt wer-
den. Die Berechnung folgt DIN 1045-1; der Bezug der
Kriechzahl auf den Tangentenmodul wird über die Mul-
10.4.6.4 Schwinden bei gerissenem Querschnitt tiplikation von ' mit ˛i in Ec;eff berücksichtigt. End-
kriechzahl, Endschwindmaß und ˛i sind (Innenbauteil,
In gerissenen Querschnitten liefert lediglich das t0 D 28 Tage):
Schwinden der Druckzone Beiträge zur Querschnitts-
verkrümmung. Näherungsweise wird auch hier von der '.1; t0 / D 2;23 ;
Modellvorstellung der Ersatznormalkraft im Beweh- "cs1 D 0;63‰ ;
rungsschwerpunkt Gebrauch gemacht; Gl. (10.127) ˛i D 0;886 :
kann damit auch für gerissene Querschnitte angewandt
werden, sofern für I I und Ss die entsprechenden Kriechverformungen
Größen des reinen Zustand II eingesetzt werden (vgl. Mit dem effektiven E-Modul lassen sich die Biegestei-
Abschn. 10.4.3). Schwinden führt im Riss zu einer figkeiten im Zustand I und im reinen Zustand II analog
Vergrößerung der Druckzonenhöhe. Es sei darauf zu Beispiel 10.2 berechnen (für Zustand I ideelle Quer-
hingewiesen, dass damit eine additive Aufteilung schnittswerte verwendet, vgl. Beispiel 10.2). Für t ! 1
gilt:
in Lastkrümmung und Schwindkrümmung streng
genommen nicht möglich ist.
Ecm
Ec;eff .t / D D 9503 N/mm2
1 C ˛i  '
) ˛s;eff D ˛s .t / D 21;0 ;
10.4.6.5 Berechnung zeitabhängiger
E I I .t / D Ec;eff .t /Ii D 25;1 MNm2
Verformungen
(Reduktion um 63%!) ;
q
Zur Verformungsberechnung stehen weiterhin die in  .t / D ˛s .t /s1 C .˛s .t /s1 /2 C 2˛s .t /s1
Abschn. 10.4.4 und 10.4.5 vorgestellten Verfahren zur D 0;381 ) x.t / D 0;103 m ;
Verfügung. Die zeitabhängigen Effekte lassen sich E I II .t / D Es As z.t / .d  x.t // D 11;9 MNm2
z. B. unmittelbar in der M - -Beziehung abbilden. Im (Reduktion um 22%!) :
Rahmen vereinfachter Verfahren können die Auswir-
kungen von Kriechen und Schwinden getrennt für den Die Biegeverformungen im Zustand I bzw. im reinen Zu-
Zustand I und den reinen Zustand II berechnet und stand II vergrößern sich im Verhältnis der Biegesteifig-
anschließend mit Hilfe von Verteilungsbeiwerten ge- keiten für t = 0 und t ! 1:
10.5 Querkraft und Torsion 399

t = t0
t

(0,066)
-0,54 (-0,19) -5,1 (-5,4) -0,73 (-0,36) -6,9 (-10,3)

k(t0) k(t0)

0,103
(0,154)
0,161
k(¥)
k(¥)
d = 0,27
h = 0,30

1,18 (1,12) 236 (224)


0,46 (0,18) 4,4 (5,2)
e in ‰ s in N/mm2 e in ‰ s in N/mm2

a ungerissener Querschnitt b gerissener Querschnitt

Abbildung 10.26a,b Beispiel 10.4 – Auswirkungen des Kriechens auf die Dehnungen und Spannungen im Querschnitt in Feldmitte
(in Klammern: Werte für t0 )

E I I .t0 / Die Schwindkrümmung unter Berücksichtigung der Zug-


w I .t / D w I .t0 / 
E I I .t / versteifung wird für den gerissenen Bereich durch die
63;7 Mittelung über den Verteilungsbeiwert  bestimmt:
D 8;8  D 22;3 mm ;
25;1 II II I
cs;m D   cs C .1   /  cs :
E I II .t0 /
w II .t / D w II .t0 / 
E I II .t / Die Berechnung der Durchbiegung in Feldmitte erfolgt
15;3 wieder über die Integration der Summe aus lastabhän-
D 36;7  D 47;2 mm :
11;9 giger Krümmung und Schwindkrümmung mit Hilfe des
Prinzips der virtuellen Kräfte. Die resultierende Durch-
Die durch Kriechen vergrößerte Druckzonenhöhe biegung in Feldmitte für t ! 1 ist w.t / D 60 mm,
bzw. die reduzierten Betondruckspannungen sind für d. h. etwa das zweifache der Durchbiegung bei t0 . In
die Beanspruchungen in Feldmitte in Abb. 10.26 für Abb. 10.27 sind die einzelnen Anteile der Querschnitts-
einen ungerissenen und einen gerissenen Querschnitt verkrümmungen und die daraus ermittelte Durchbiegung
wiedergegeben. in Feldmitte dargestellt.

Schwindverformungen
Das Schwinden des Betons führt wegen der Abweichung
des Bewehrungsschwerpunktes vom Querschnittsschwer-
punkt sowohl im ungerissenen als auch im gerissenen 10.5 Querkraft und Torsion
Querschnitt zu Verkrümmungen. Die Berechnung erfolgt
über die Ersatzkraft Ncs .
Im Unterschied zu Verformungen aus Normalkraft-
Ncs D "cs1 Es As D 0;190 MN D 190 kN und Biegebeanspruchungen sind Verformungen aus
Querkraft und Torsion wegen des komplexen Tragver-
Im Zustand I ist der Abstand des Bewehrungsschwer- haltens für Handrechnungen nur im Sinne von Grenz-
punktes vom Schwerpunkt des ideellen Querschnitts
wertbetrachtungen zu erfassen.
zs D 0;109 m (vgl. Abb. 10.26). Die Schwindverkrüm-
mung ist damit:

I Mcs 0;190  0;109 Verformungen aus Querkraftbeanspruchung


cs D D D 8;3  104 1/m :
E I I .t / 25;1
Schubverformungen bleiben generell bei ungerissenen
Im reinen Zustand II ist die Nulllinie die mechanische
Schwerachse des Querschnitts; die Krümmung folgt da-
Balken, aber auch bei gerissenen Balken, die Schlank-
mit zu: heiten li =d > 12 aufweisen, gegenüber der Biege-
verformung klein und können i. Allg. vernachlässigt
zs D d  x.t / D 0;27  0;103 D 0;167 m ; werden.7 Bei gedrungenen Balken mit Schlankheiten
II Mcs 0;190  0;167
cs D D
E I II .t / 11;9 7
li bezeichnet die Ersatzstützweite bei vom Einfeldträger ab-
4
D 26;7  10 1/m : weichenden Systemen (vgl. Tabelle 11.3).
400 10 Spannungen und Verformungen auf Gebrauchslastniveau

gk + y2qk = 10,5 kN/m


Die zeitabhängige Zunahme der Schubverformungen
durch Kriechen kann – angenähert als Verkürzung der
Druckstreben – durch Ec D Ec;eff in Gl. (10.131) be-
rücksichtigt werden.
0 4 8
I x
k cs
II
k cs
Verformungen aus Torsionsbeanspruchung
Schwindverkrümmung
0,008
Mit der Entstehung von Torsionsrissen fällt die
kcs in 1/m
Torsionssteifigkeit im Vergleich zur Biegesteifigkeit
x
t = t0 wesentlich stärker ab (vgl. Abb. 8.9). Zur Abschätzung
von Torsionsverformungen und insbesondere zur
Schnittgrößenermittlung bei statisch unbestimmten
t =¥
belastungsabhängige Systemen (! Verträglichkeitstorsion) wird in Grasser
Krümmung
0,008 k in 1/m u. Thielen (1991) ein unterer Rechenwert der Tor-
x sionssteifigkeit als reduzierte elastische Steifigkeit
t = t0
angegeben, der den Übergang in den Zustand II
näherungsweise erfasst.
Dw c
t =¥ Biegeverformung GITII  0;3  GITI (10.132)
Dw cs
60 Wie für querkraftbeanspruchte Trägerstege lässt sich
w in mm
für tordierte Balken auf der Grundlage eines räum-
Abbildung 10.27 Beispiel 10.4 – Auswirkungen des zeitabhän- lichen Fachwerks ein unterer Grenzwert der Torsi-
gigen Verhaltens des Betons auf die Biegeverformungen onssteifigkeit im reinen Zustand II angeben (Thürli-
mann u. Lüchinger 1973). Für kompakte Querschnit-
te bzw. Hohlquerschnitte mit Torsionslängsbewehrung
li =d < 12 können die Schubverformungen allerdings und vertikaler Bügelbewehrung gilt bei Vernachlässi-
zur Biegeverformung vergleichbare Größenordnungen gung der Druckstrebenstauchung (vgl. Zilch u. Schnei-
erreichen. Für die Angabe maximaler Durchbiegungen der 2001):
empfiehlt sich in diesen Fällen eine zumindest nähe-
Zl
rungsweise Berücksichtigung. Der Anteil der Schub-
verformung wV an der Durchbiegung w eines Balkens 'TII D ıT  # II dx ;
ist durch das Prinzip der virtuellen Kräfte additiv zu 0
erfassen. T
mit # II D (10.133)
w D wM C wV GITII
s
Zl Zl 2  A2k Asl Asw
und GITII D  Es   : (10.134)
D ıM  dx C ıV  dx (10.130) uk uk sw
0 0 Die Verformungen aus kombinierten Beanspruchun-
Zur Berechnung von Verformungsgrenzwerten kann gen N C M , V und T können lediglich für ungeris-
wV über den Ansatz einer lastunabhängigen Schubstei- sene Bauteile näherungsweise durch die Superpositi-
figkeit im reinen Zustand II abgeschätzt werden. Nach on der einzelnen Anteile ermittelt werden. Für gerisse-
einem Vorschlag in Dilger (1967), der sich in Gras- ne Stahlbetonbalken existieren z. B. in Thürlimann u.
ser u. Thielen (1991) wiederfindet, wird die Schub- Lüchinger (1973) Ansätze zur Überlagerung einzelner
verzerrung auf die Verformung eines einfachen, par- Verformungskomponenten.
allelgurtigen Gelenkfachwerks aus Betondruckstreben
und Stahlzugstreben zurückgeführt. Für ˛ D 90ı und
 D 45ı gilt:
Literatur
II V
D ;
GAII
V
V A LVAREZ, M.: Einfluss des Verbundverhaltens auf das
bw  z  Ec
mit GAII
V D bw Ec
: (10.131) Verformungsvermögen von Stahlbeton, ETH Zürich,
4C asw Es
Diss., 1998
Literatur 401

BALÁZS, G.: Fatigue of Bond. In: ACI Materials Jour- K RÜGER, W.; M ERTZSCH, O.: Zur Verformungs-
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bei der Rissbildung unter statischer und wiederhol- 406
Kapitel 11
Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

11.1 Allgemeines • Dekompressionsnachweis (bei Spannbetonbautei-


len; ! Abschn. 11.4.8).
Mit den Nachweisen in den Grenzzuständen der Ge- Rechnerische Nachweise werden durch den Vergleich
brauchstauglichkeit (GZG) wird die bestimmungsge- der Bemessungswerte von Gebrauchstauglichkeitskri-
mäße Funktion des Tragwerks bzw. seiner Teile si- terien nach Gl. (11.1) geführt; Ed bzw. Cd sind je-
chergestellt. Im Unterschied zu den GZT können die weils Rechen- bzw. Grenzwerte einer Spannung, Ver-
Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit während der formung oder Rissbreite.
Lebensdauer eines Bauwerks mehrmals eintreten. Die
zu akzeptierende Auftretenshäufigkeit wird durch die Ed  C d (11.1)
Einwirkungskombination des GZG, die dem Nachweis Es ist allerdings nicht grundsätzlich erforderlich,
zugrunde gelegt wird, gesteuert. Sie ist in starkem Maß Nachweise in den GZG explizit durch Rechnung
davon abhängig, ob der jeweilige Grenzzustand irre- zu führen. In vielen Fällen ist die Einhaltung von
versible oder die Dauerhaftigkeit einschränkende Aus- Konstruktionsregeln – etwa die Begrenzung der Bie-
wirkungen nach sich zieht (s. Abschn. 2.1 und 2.2.5). geschlankheit anstelle von Verformungsberechnungen
Die Nachweise in den GZG stellen häufig die ent- oder die Begrenzung von Betonstahldurchmessern an-
scheidenden Kriterien zur Festlegung von Bauteilab- stelle einer expliziten Berechnung der Rissbreite – zur
messungen (z. B. Dicke von Hochbaudecken zur Be- Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit ausreichend.
grenzung von Biegeverformungen) und insbesondere Einige Nachweise in den GZG, insbesondere Rissbrei-
der erforderlichen Spannstahlmenge bei vorgespann- tenbegrenzung und Dekompression, zielen implizit auf
ten Bauteilen dar. Die Nachweisführung baut auf den die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit. Anforderungen
in Kap. 10 vorgestellten Verfahren zur Berechnung von und Grenzwerte hierfür müssen in Abhängigkeit der
Spannungen und Verformungen auf. jeweils herrschenden Umgebungsbedingungen und der
Sensitivität des Bauteils gegenüber den Einwirkungen
aus der Umgebung, z. B. die Empfindlichkeit der
11.1.1 Nachweisumfang Bewehrung gegenüber Korrosion, definiert werden.
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 vorgegebe-
nen Anforderungen und Grenzwerte für Spannungen,
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthalten zur Sicherstel- Verformungen und Rissbreiten sind Mindestanforde-
lung der Gebrauchstauglichkeit folgende Nachweise: rungen, die die Gebrauchstauglichkeit üblicher Wohn-,
Büro-, Gewerbe- und Industriebauten sicherstellen. Im
Einzelfall können darüber hinaus gehende Anforde-
• Begrenzung der Spannungen in Beton, Betonstahl rungen an Bauteile gestellt werden. Hinweise hier-
und Spannstahl (! Abschn. 11.2) zu enthalten u. a. einige, auf spezielle Bauwerke oder
• Begrenzung der Biegeverformungen Bauteile ausgerichtete Richtlinien des DAfStb.
(! Abschn. 11.3) Für wasserundurchlässige Bauteile (Wasserbehäl-
• Begrenzung der Rissbreiten (! Abschn. 11.4) ter, Grundwasserwannen) ist z. B. eine deutlich re-
K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 403
DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
404 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

striktivere Begrenzung von Rissbreiten erforderlich; 11.1.3 Vorspannung


Grenzwerte enthält die Richtlinie Wasserundurchlässi-
ge Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie) des DAfStb. Vorgespannte, gerissene Querschnitte weisen für Be-
Für Brücken werden ergänzende Anforderungen zu anspruchungen unterhalb der Dekompressionsschnitt-
DIN-Fachbericht 102 z. B. in Zusätzlichen Technischen größe, d. h. bei vollständig überdrücktem Querschnitt,
Vertragsbedingungen (ZTV) (! ZTV-ING) vereinbart. wieder die Steifigkeit des Zustands I auf. Sie unter-
Neben den durch die Norm erfassten Grenzzustän- scheiden sich damit fundamental von Stahlbetonquer-
den können auch übermäßige Schwingungen zu er- schnitten. Zur Berücksichtigung von Streuungen der
heblichen Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit eingetragenen Vorspannkraft und von Streuungen der
führen; Nachweise hierzu erfordern i. Allg. zumindest sofortigen und zeitabhängigen Spannkraftverluste ist
vereinfachte dynamische Berechnungen (vgl. Eibl u. die Vorspannung für Nachweise in den GZG i.Allg.
Häußler-Combe 1997). mit den maßgebenden charakteristischen Werten Pk;inf
bzw. Pk;sup nach Abschn. 5.4.2 anzusetzen. Ausnah-
men hiervon stellen die Nachweise zur Begrenzung der
11.1.2 Nachweisgrundlagen Spannstahlspannungen dar, die auf Grundlage des Mit-
telwerts geführt werden.

Die grundlegenden Annahmen für Nachweise auf Ge-


brauchslastniveau wurden bereits in Kap. 10 erläutert
und werden hier nur mehr kurz wiederholt:
11.2 Spannungsbegrenzungen

Die Begrenzung auftretender Spannungen im GZG


• Das Materialverhalten von Stahl und Beton wird wird primär für statisch unbestimmt gelagerte Bautei-
durch lineare Spannungs-Dehnungs-Beziehungen le, bei denen die Schnittgrößenermittlung im Grenz-
beschrieben. zustand der Tragfähigkeit unter Ausnutzung plasti-
• Die Bernoulli-Hypothese (Ebenbleiben der Quer- scher Systemreserven erfolgt ist (vgl. Kap. 13), bzw.
schnitte) gilt. allgemein für vorgespannte Bauteile maßgebend. Die
• Im gerissenen Querschnitt werden Betonzugspan- Spannungsbegrenzungen umfassen echte Nachweise
nungen vernachlässigt. der Gebrauchstauglichkeit und implizite Nachweise
• Zur Spannungsermittlung in biegebeanspruchten der Dauerhaftigkeit, die u. a. auf die Beschränkung des
Querschnitten wird starrer Verbund vorausge- Auftretens bzw. der Breite von Rissen abzielen.
setzt, d. h. die Dehnungen der Bewehrung folgen
unmittelbar aus der ebenen Dehnungsverteilung.
11.2.1 Nachweise

Die letztgenannte Annahme erfordert aufgrund des Zur Berechnung der Spannungen im GZG unter der
i. Allg. schlechteren Verbundverhaltens von Spannglie- jeweils maßgebenden Einwirkungskombination sind
dern bei vorgespannten Bauteilen Korrekturen. die in Kap. 10, für gerissene, biegebeanspruchte
Spannungen und Verformungen werden wesentlich Querschnitte insbesondere die in Abschn. 10.4.3
durch Rissbildung beeinflusst. Sofern ein Querschnitt zusammengestellten Verfahren zu verwenden. Die
gerissen ist, muss auch für nachfolgende, unterhalb der Spannungsgrenzen müssen, mit Ausnahme der
Rissschnittgröße liegende Beanspruchungen die Span- Spannstahlspannung, zu jedem Zeitpunkt erfüllt
nungsermittlung für den Zustand II, d. h. ohne Berück- sein. Auswirkungen zeitabhängigen Verhaltens sind
sichtigung von Zugspannungen im Beton erfolgen. daher, sofern sie spannungserhöhend wirken, zu
Zur Unterscheidung zwischen ungerissenen und ge- berücksichtigen.
rissenen Bereichen z. B. in einem Biegeträger muss
daher die Lastgeschichte berücksichtigt werden. Ein
Querschnitt ist dabei i. Allg. als gerissen zu betrach- 11.2.1.1 Grenzwerte
ten, wenn die Betonzugspannungen unter der seltenen
Einwirkungskombination den maßgebenden Wert der In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 werden Spannungs-
Betonzugfestigkeit fct überschreiten. Für Spannungs- grenzwerte für:
nachweise sollte fct D fctkI0;05 angenommen werden; • Beton (Druck) unter seltenen und quasi-ständigen
bei Verformungsberechnungen ist fct D fctm sinnvoll. Einwirkungen,
11.2 Spannungsbegrenzungen 405

• Betonstahl unter seltenen Einwirkungen und ten Bauteilen durch Kriechen reduziert, allerdings
• Spannstahl unter seltenen (nur DIN) und quasi- leiten bereits zu Belastungsbeginn vorhandene, über-
ständigen Einwirkungen große und dauerhaft wirkende Druckspannungen
irreversible nichtlineare Kriechprozesse ein; c;perm ist
angegeben (s. Tabelle 11.1).1 Zum Anwendungsbe-
daher i. Allg. ohne Berücksichtigung zeitabhängiger
reich und zu den Randbedingungen, für die ein Span-
Änderungen zu ermitteln. Überproportionale Kriech-
nungsnachweis entfallen kann, s. Abschn. 11.2.2.
verformungen bei niedrigerem Spannungsniveau
Normenregelung nach DIN 1045-1 können auftreten, wenn die Belastung sehr früh, d. h.
und EN 1992-1-1 innerhalb der ersten 28 Tage erfolgt (vgl. DAfStb
In DIN 1045-1, 11.1 und EN 1992-1-1, 7.2 werden die in
2003).
Tabelle 11.1 zusammengestellten Spannungsgrenzen vor-
gegeben, deren Verbindlichkeit im Anschluß erläutert wird.
Alle Grenzwerte nach EN 1992-1-1 sind darüber hinaus
11.2.1.3 Begrenzung der Betondruckspannung
länderspezifisch festzulegen.
auf jc;rare j  0;60  fck

Der Grenzwert 0;6  fck bezeichnet die Betondruck-


11.2.1.2 Begrenzung der Betondruckspannung spannung, ab der Mikrorissbildung durch Querzug-
auf jc;perm j  0;45  fck spannungen auftreten kann. Die entstehenden Risse
verlaufen parallel zur Hauptdruckrichtung, d. h. unter
Bei dauerhaft einwirkenden Betondruckspannungen Umständen in der Achse von Druckbewehrungsstäben,
und erzeugen damit im Unterschied zu Querrissen eine
jc j > 0;4  fcm treten im Betongefüge vermehrt
Mikrorisse auf, die zu einem überproportionalen An- flächige Angriffszone für Bewehrungskorrosion. Für
stieg der Kriechverformungen, d. h. zu nichtlinearem die Druckbewehrung besteht ein erhöhtes Korrosions-
Kriechen führen (vgl. Abschn. 3.2). Sofern diese, nor- risiko, d. h. eine Gefährdung der Dauerhaftigkeit, so-
mativ durch 0;45  fck festgelegte Grenze überschritten fern gleichzeitig korrosionsfördernde Randbedingun-
wird, müssen die Kriechverformungen unter Berück- gen vorliegen. Für Bauteile, bei denen mit Chlorid-
sichtigung nichtlinearen Kriechens ermittelt werden. einwirkung oder Frostangriff (Expositionsklassen XD,
Betondruckspannungen werden bei biegebeanspruch- XS und XF) zu rechnen ist, sind die Betondruckspan-
nungen daher auf jc;rare j  0;60 fck zu begrenzen.
Sowohl nach DIN 1045-1 als auch nach EN 1992-
Tabelle 11.1 Begrenzung der Spannungen im GZG – Grenzwer-
1-1 kann diese Grenze entfallen, wenn durch Um-
te nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Werte und schnürung der Druckzone, d. h. durch die Erzeugung
länderspezifisch festzulegende Parameter) eines mehrachsialen Spannungszustandes, die rissaus-
lösende Druckspannung angehoben wird. Anhaltswer-
DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)
te für eine ausreichende Umbügelung sind z. B. in
EU D A DIN 1045-1 Abs. 13.1.1 (5) zu finden. Es sei er-
Betondruckspannung
wähnt, dass die Annahme elastischen Betonverhaltens
für jc j D 0;6  fck zwar nicht mehr zutrifft, allerdings
k1 : : : jc;perm j  k1 fck 0;45 0;45
EU EU für die rechnerische Betondruckspannung angesichts
k2 : : : jc;rare j  k2 fck 0;6 0;6
der zu hoch angenommenen Steifigkeit auf der siche-
Betonstahlspannung (Last ! k3 , Zwang ! k4 ) ren Seite liegt.
k3 : : : s;rare  k3 fyk 0;8 0;8
EU EU
k4 : : : s;rare  k4 fyk 1;0 1;0
11.2.1.4 Begrenzung der Betonstahlspannungen
Spannstahlspannungen
k5 : : : p;perm  k5 fpk 0;65a 0;75 0;65a EU Wenn die Streckgrenze der Bewehrung überschritten
(
0;9fp0;1k wird, können durch die plastischen, nicht reversiblen
– : : : p;rare  – – – Stahldehnungen ständig offene, klaffende Risse entste-
0;8fpk
a
hen, die die Dauerhaftigkeit erheblich einschränken.
Spannungen für t ! 1 nach Abzug aller Spannkraftverluste
Da dies bereits bei einmaligem Erreichen des Fließ-
1
bereichs eintreten kann, muss der Nachweis für die
Zur Verwendung von Indizes vgl. Abschn. 2.2.5:
seltene Einwirkungskombination erfüllt werden. Für
rare ! seltene Einwirkungskombination
perm ! quasi-ständige Einwirkungskombination direkte Einwirkungen (! Last) ist s D 0;8  fyk als
406 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Grenzwert festgelegt; mit der Differenz zu fyk werden nen Beziehungen zu ermitteln. Mit  D 0;244 (vgl. Bei-
Auswirkungen nicht explizit berücksichtigter Zwang- spiel 10.2) folgt:
beanspruchungen sowie zeitabhängiger Kraftumlage- MEd;rare
rungen auf die Stahlspannungen erfasst. Dem entspre- jc2;rare j D   D 13;7 N/mm2
bd 2 21  3
chend kann der Nachweis i. Allg. für t0 geführt werden.
Sofern die Stahlspannungen ausschließlich durch in- < 0;60  fck D 18;0 N/mm2 ;
direkte Einwirkungen (! Zwang) hervorgerufen wer- ˇ ˇ MEd;perm
ˇc2;perm ˇ D   D 10;2 N/mm2
den, darf der Grenzwert auf 1;0fyk angehoben werden. bd 2 2 1  3
< 0;45  fck D 13;5 N/mm2 ;
 
1
11.2.1.5 Zur Begrenzung s1;rare D jc2;rare j˛s  1 D 300 N/mm2

der Spannstahlspannungen
< 0;80  fyk D 400 N/mm2 :
Grundsätzlich ist auch für den Spannstahl nachzuwei- Die Spannungsnachweise sind offensichtlich erfüllt. Da
sen, dass die Spannungen nach dem Absetzen der Pres- die seltene Einwirkungskombination der um die Teil-
senkraft bzw. dem Lösen der Verankerung infolge der sicherheitsbeiwerte reduzierten Bemessungskombination
seltenen Einwirkungskombination im elastischen Be- entspricht, gilt unter der Voraussetzung konstanter Hebel-
arme unter Verwendung eines mittleren Teilsicherheits-
reich verbleiben (Tabelle 11.1, letzte Zeile). Hierzu beiwerts der Einwirkungen (G D 1;35, Q D 1;50
sind die Spannstahlspannungen mit dem Mittelwert ! GQ  1;4) z. B. für die Stahlspannungen:
der Vorspannkraft für den maßgebenden Zeitpunkt t,
fyd As;req
i. Allg. t D t0 zu ermitteln. Der in DIN 1045-1 zusätz- s;rare   (11.2a)
GQ  ı As;prov
lich enthaltene Grenzwert für p;perm .t ! 1/ dient
435 14;4
der Minimierung des Risikos der Spannungsrisskorro- D  D 296 N/mm2 : (11.2b)
1;4  1;0 15;1
sion (SpRK, vgl. Abschn. 3.5). Da eine Korrelation
der dauerhaft anliegenden Spannstahlspannung mit der In Gl. (11.2) beschreibt ı (ı  1) das – nur bei sta-
tisch unbestimmten Systemen relevante – Verhältnis des
Gefährdung durch SpRK angenommen wird, werden
Bemessungsmoments MEd im GZT nach Umlagerung
die aus dem Mittelwert der Vorspannkraft zum Zeit- zum Moment vor Umlagerung, d. h. nach einer Schnitt-
punkt t ! 1, d. h. nach Abzug aller Verluste, errech- größenermittlung auf Grundlage der Elastizitätstheorie
neten Spannungen vergleichsweise restriktiv begrenzt. (vgl. Kap. 13). Wenn vorausgesetzt wird, dass die Be-
In EN 1992-1-1 ist hierzu ein weniger strenger Nach- messung ordnungsgemäß erfolgt ist, d. h. der vorhandene
Bewehrungsquerschnitt As;prov mindestens der erforderli-
weis enthalten.
chen Bewehrungsmenge As;req entspricht, kann die Stahl-
Beispiel 11.1 spannung bei statisch bestimmten Systemen (ı D 1) den
Für den Plattenstreifen aus Beispiel 10.2 sollen die Span- Grenzwert nicht erreichen.
nungsnachweise geführt werden. Zum Vergleich werden
zunächst die Bemessungsergebnisse des GZT angegeben:
  l2
MEd D G  gk C Q  qk 
8
D 157;2 kNm 11.2.2 Anwendungsbereich –
) As;req D 14;4 cm2 I As;prov D 15;1 cm2 Maßgebender Grenzzustand
) c2d D fcd D 17 N/mm2
) s1d D fyd D 435 N/mm2 : Wie das Beispiel 11.1 zeigt, werden bei nicht
vorgespannten, statisch bestimmten Systemen die
Die Bemessungsmomente in den Grenzzuständen der Ge- Spannungsnachweise i. Allg. bereits durch die Be-
brauchstauglichkeit sind
messung im GZT erfüllt. Bei statisch unbestimmten
l2 Systemen können im Rahmen der Schnittgrößen-
MEd;rare D .gk C qk / 
8 ermittlung für Nachweise im Grenzzustand der
D 112 kNm D 0;71  MEd Tragfähigkeit die plastischen Systemreserven durch
MEd Momentenumlagerungen bzw. nichtlineare oder
) D GQ  1;4 ;
MEd;rare plastische Verfahren weitgehend ausgeschöpft werden
l2 (vgl. Kap. 13). Damit kann nicht mehr ohne weiteres
MEd;perm D .gk C 2  qk / 
8 davon ausgegangen werden, dass die Beanspruchun-
D 84 kNm D 0;53  MEd : gen eines Querschnitts im Gebrauchszustand auf ein
Für reine Biegung bei einfach bewehrten Querschnitten unschädliches Maß begrenzt werden. Bei Ausnutzung
sind die Spannungen mit den in Tabelle 10.2 angegebe- der erweiterten Bemessungsmöglichkeiten statisch
11.3 Begrenzung der Biegeverformung 407

Ausgangslage
unbestimmter Tragwerke muss dies daher explizit
ü
nachgewiesen werden. DIN 1045-1 trägt dem Um-
Referenzlage w
stand, dass in vielen Fällen die Spannungsnachweise f
implizit erfüllt sind, durch die Einschränkung des verformte Lage
Anwendungsbereichs Rechnung. Äquivalente Regeln l
sind in EN 1992-1-1 nicht enthalten, werden aber im ü Überhöhung
f Durchhang
Rahmen des NA D entsprechend ergänzt. w Durchbiegung

Normenregelung nach DIN 1045-1 Abbildung 11.1 Biegeverformung eines Bauteils – Definition
Nach DIN 1045-1, 11.1.1 (3) dürfen die Spannungsnach- der Komponenten
weise für Beton und Betonstahl entfallen, wenn:
• es sich um nicht vorgespannte Bauteile des üblichen
Hochbaus handelt, und
• die Schnittgrößen auf Grundlage der Elastizitätstheorie mit Blick auf die vorgesehene Nutzung und ggf.
ermittelt und im GZT um nicht mehr als 15% umgela- in Absprache mit dem Bauherrn, weitergehende
gert wurden sowie Überlegungen anzustellen.
• die konstruktiven Regeln und insbesondere die Rege-
lungen zur Mindestbewehrung nach den jeweiligen Ab-
schnitten der DIN 1045-1 eingehalten wurden.

11.3.1 Grenzwerte und Nachweisverfahren


Ausblick: Maßgebender Grenzzustand bei statisch
unbestimmten Systemen Verformungen können in verschiedenster Ausprägung
auftreten (vgl. Kap. 10); in DIN 1045-1 und EN 1992-
Bei statisch unbestimmten Systemen kann mit der 1-1 werden allerdings vorwiegend Biegeverformun-
Nutzung von Fließgelenkmechanismen in hochbean- gen horizontaler Tragelemente wie Balken und Plat-
spruchten Querschnitten eine Umverteilung der Be- ten behandelt. Speziell für Platten des üblichen Hoch-
messungsmomente erreicht werden. Dadurch nähert baus stellt die Begrenzung auftretender Verformun-
sich das Bemessungsmoment MEd im GZT dem oh- gen oft das für die Festlegung der Plattendicke be-
ne Umlagerung zu berechnenden Bemessungsmomen- messungsentscheidende Kriterium dar. Dies findet in
ten MEd;rare bzw. MEd;perm an (vgl. Kap. 13). Die An- der Verwendung der in Abschn. 11.3.3 vorgestellten
näherung der Bemessungsmomente im GZT und GZG Schlankheitsgrenzen als wesentliche Entwurfsparame-
hat zur Folge, dass die Spannungsnachweise des Ge- ter zur Vordimensionierung von Deckenplatten seinen
brauchszustandes, insbesondere die der Betondruck- Ausdruck. Entsprechend Abb. 11.1 muss im Hinblick
spannungen, entscheidend für die Querschnittsabmes- auf die Biegeverformung eines Bauteils unterschieden
sungen werden können. In Zilch u. Bagayoko (1996) werden zwischen:
wurden hierfür Diagramme abgeleitet, mit deren Hil-
fe durch einen einfachen Vergleich der bezogenen • Durchbiegung w
Bemessungsmomente in GZT und GZG der maßge- Die Durchbiegung bzw. die Biegelinie entspricht
bende Grenzzustand identifiziert werden kann. Die der Differenz zwischen der verformten Lage und
Diagramme sind einschließlich der ausführlich erläu- der unverformten Ausgangslage.
terten Grundlagen in Zilch u. Rogge (2004) darge- • Durchhang f
stellt. Der Durchhang entspricht der Abweichung der ver-
formten Lage von einer Referenzlage, i. d. R. der
geraden Verbindung zwischen den Auflagern.

11.3 Begrenzung der Biegeverformung Biegeverformungen werden visuell nur auf Referenzli-
nien bezogen wahrgenommen, d. h. Nutzer eines Bau-
Die Verformungen von Bauteilen und Tragwerken werks stören sich – wenn überhaupt – nicht an der ab-
müssen aus einer Vielzahl von Anforderungen heraus, soluten Durchbiegung eines Bauteils, sondern an des-
die erheblich von den jeweiligen Nutzungsbedingun- sen Durchhang, der – im Gegensatz zur Durchbie-
gen abhängen, begrenzt werden. Normative Regeln gung – durch eine Überhöhung ü der Schalung bei
beschränken sich daher im Rahmen sehr vorsichtiger der Herstellung reduziert werden kann. Sowohl nach
Formulierungen auf allgemein anerkannte Richtwerte. DIN 1045-1 als auch nach EN 1992-1-1 sollte die
Grundsätzlich ist der Tragwerksplaner gefordert, Überhöhung allerdings l=250 nicht überschreiten.
408 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Tabelle 11.2 Auswahl von Schäden an Mauerwerkswänden, die l


f  : (11.3)
durch übermäßige Verformungen hervorgerufen werden 250
Kurze Wand • Vermeidung von Schäden in angrenzenden Bau-
Ausbildung sekundärer Tragmechanismen teilen
(Bogentragwirkung); Abheben der Wand,
Spalt häufig durch Sockelleiste verdeckt Die für Platten des üblichen Hochbaus i. Allg. maß-
Lange Wand
gebenden Grenzwerte folgen aus der Forderung,
Überbeanspruchung der Bogentragwirkung; dass Schäden an Einbauten oder angrenzenden, tra-
Schubrisse; ggf. Abreissen der unter dem genden Bauteilen vermieden werden müssen (Ta-
Bogen liegenden Wandbereiche durch Über-
schreiten der Zugfestigkeit in den Lagerfugen belle 11.2). Schäden an Trennwänden oder ver-
Wand mit Öffnung
glasten Flächen, z. B. Schaufenstern, werden durch
Bogentragwirkung wegen Öffnung nicht die Durchbiegung der Tragelemente ausgelöst, die
möglich, Wand folgt der Verformung;
charakteristische Risse ausgehend von den nach dem Wand- bzw. Fenstereinbau auftreten. Im
Ecken der Öffnung üblichen Hochbau kann durch den zeitlich verzö-
gerten Einbau bereits ein erheblicher Teil der zu
Sattellagerung
Sekundäre Tragmechanismen nicht möglich, erwartenden zeitabhängigen Durchbiegungen vor-
vertikale Risse weg genommen werden, da das Konstruktionsei-
gengewicht bereits eine dominierende, kriechwirk-
Auflagerbereich
Durch Enddrehwinkel der Deckenplatte Risse
same Einwirkung darstellt. Darüber hinaus kön-
an der Außenseite; Abplatzungen von Putz nen Schäden an angrenzenden, tragenden Bauteilen
bzw. Beton an der inneren Auflagerkante
durch Zwangbeanspruchungen aus behinderter Ver-
formung entstehen (vgl. Abschn. 13.3). Als Richt-
wert für die einzuhaltende Durchbiegung gilt
11.3.1.1 Nachweisstrategien
l
w : (11.4)
Zum Nachweis von Verformungen stehen nach 500
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 zwei alternative Wege • Erhalt der Funktionalität
zur Verfügung: Ob eine Beeinträchtigung der Funktionalität durch
übermäßige Verformungen vorliegt, hängt von der
• Explizite Berechnung der Verformung und Ver- beabsichtigten Nutzung ab. Bei Parkdecks, Flach-
gleich mit Grenzwerten (! Abschn. 11.3.2) dächern, Fahrbahnplatten von Brücken o. ä. kann
• Vereinfachter Nachweis durch Begrenzung der Bie- die planmäßige Entwässerung durch übermäßige
geschlankheit (! Abschn. 11.3.3). Verformungen gefährdet sein. Daneben kann die
Die zweite Alternative ist generell auf vorwiegend Funktion empfindlicher technischer Anlagen durch
biegebeanspruchte, nicht vorgespannte Bauteile be- Biegeverformungen und die dadurch hervorgeru-
schränkt. In DIN 1045-1 erfolgt zudem – bedingt fene Relativbewegung einzelner Anlagenteile bzw.
durch die weitgehend empirische Ableitung der Biege- Aufstellpunkte zueinander erheblich beeinträchtigt
schlankheitsgrenzen – eine weitere Einschränkung auf werden. Verformungsgrenzwerte müssen im Einzel-
Deckenplatten des üblichen Hochbaus. nen mit dem Bauherrn vereinbart werden.
• Vermeidung von Schwingungen
Die Eigenfrequenzen eines Bauteils und damit die
11.3.1.2 Anforderungen und Grenzwerte bei Anregung auftretenden Schwingungen hängen
von der Steifigkeit ab und sind damit an die Verfor-
Eine Begrenzung der auftretenden Verformungen kann mung gekoppelt. Grenzwerte der Verformung sind
aus vielfältigen Gründen erforderlich werden. Wesent- individuell festzulegen.
liche Motive sind (vgl. Beeby 1999; Zilch u. a. 2003): Die erläuterten, ebenfalls in DIN 1045-1 und EN 1992-
• Erhalt eines ansprechenden Erscheinungsbildes 1-1 als Empfehlung in Form von Anwendungsregeln
Der Durchhang von Tragelementen sollte aus ästhe- enthaltenen Grenzwerte nach den Gln. (11.3) und
tischen Gesichtspunkten, vor allem aber wegen des (11.4) stellen Richtwerte für übliche Wohn-, Büro-
subjektiven Sicherheitsempfindens der Nutzer, be- und Industriebauten dar. Allerdings müssen Verfor-
schränkt werden. Der in ISO 4356 hierfür festgeleg- mungen immer auf das betrachtete Bauwerk bzw.
te, auf die sichtbare Bauteillänge l bezogene Grenz- Bauteil bezogen beurteilt werden. Eine Überschrei-
wert deckt sich mit den Auswertungen in Mayer u. tung der genannten Grenzen ist nicht automatisch
Rüsch (1967): als Mangel zu sehen, während deren Einhaltung
11.3 Begrenzung der Biegeverformung 409

nicht in allen Fällen die Gebrauchstauglichkeit garan- bende Zugfestigkeit bestimmt. Da die Zugfestigkeit
tiert. Im Zweifelsfall sind mit dem Bauherrn davon die Biegeverformung nachhaltig beeinflusst, kön-
abweichende Grenzwerte zu vereinbaren. nen Grenzwertbetrachtungen mit Quantilwerten der
Zugfestigkeit sinnvoll sein.
11.3.2 Nachweis durch Berechnung Wie in Abschn. 10.4 gezeigt, sind bereits aussage-
kräftige Ergebnisse zu erzielen, wenn die Krümmung
der Verformungen
 lediglich in charakteristischen Querschnitten ermit-
telt und der Verlauf von  affin zur Momentenlinie
Zur expliziten Berechnung von Biegeverformungen angenommen wird. Die Verformungsberechnung auf
sollten die Anmerkungen in Abschn. 10.4.1 insbeson- Grundlage des Prinzips der virtuellen Kräfte kann dann
dere zur Vorhersagegenauigkeit beachtet werden. Für über Integraltafeln erfolgen.
eine wirklichkeitsnahe Abschätzung von Biegeverfor-
mungen sind neben der, durch die E-Moduli von Be-
wehrung und Beton sowie den Bewehrungsgrad fest- 11.3.3 Nachweis durch Begrenzung der
gelegten, statischen Steifigkeit folgende Mechanismen
zu berücksichtigen:
Biegeschlankheit bei überwiegender
Biegebeanspruchung
• Rissbildung
• Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen den Ris-
sen Die Einhaltung von Durchbiegungsgrenzwerten kann
• zeitabhängige Verformungen infolge Kriechen und vereinfacht über die Begrenzung der Biegeschlankheit
Schwinden. l=d nachgewiesen werden.

Eine Berechnung mit Hilfe der Finite Elemente Me-


thode (FEM) ist grundsätzlich möglich (vgl. Mehlhorn 11.3.3.1 Hintergrund
u. Kollegger 1995; Stempniewski u. Eibl 1996). Da-
neben können Biegeverformungen mit Hilfe der M - Die für die Biegeverformung wesentlichen Parameter
-Beziehung durch die Integration der Krümmungen werden hierüber näherungsweise abgedeckt: Über l=d
über die Bauteillänge ermittelt werden. Der Berech- werden das Trägheitsmoment des Querschnitts und die
nung sollten Überlegungen zu folgenden Punkten vor- Spannweite des Bauteils berücksichtigt.
ausgehen: Die Ausdehnung des auf Gebrauchslastniveau
gerissenen Bereichs und der Einfluss des Beweh-
• Maßgebende Einwirkungskombination
rungsgrades auf die Biegesteifigkeit im Zustand II
Die maßgebende Einwirkungskombination ist
werden durch eine Unterscheidung zwischen gering-
wesentlich vom Schadensbild bei Überschreitung
und hochbeanspruchten Bauteilen erfasst. Gering
der Grenzwerte abhängig. Bei Mauerwerkswänden
beanspruchte Bauteile, v. a. Platten, weisen i. Allg.
kann davon ausgegangen werden, dass sich kleinere
niedrige Bewehrungsgrade mit s  0;5% auf; der
Risse bei kurzzeitig erhöhten Belastungen und
gerissene Bereich erstreckt sich unter Gebrauchslasten
Durchbiegungen wieder schließen; ein Nachweis
nur über einen begrenzten Bereich der Spannweite.
für die quasi-ständige oder die häufige Einwir-
Im Unterschied dazu besitzen hoch beanspruchte
kungskombination erscheint daher angemessen.
Bauteile, d. h. vorwiegend Balken, Bewehrungsgrade
Wenn das Auftreten übermäßiger Verformungen
s > 0;5%. Die Rissbildung ist i. Allg. bereits bei
erhebliche Schäden verursacht, z. B. die Zerstörung
Gebrauchslasten weit fortgeschritten, die größere
großformatiger Glasflächen, sollte der Nachweis
Ausdehnung des gerissenen Bereichs führt damit
auf Grundlage der häufigen oder sogar der seltenen
im Vergleich zu gering beanspruchten Bauteilen
Einwirkungskombination geführt werden. Die zeit-
zu größeren Verformungen. Für hochbeanspruchte
abhängigen Verformungen sind dabei i. Allg. mit
Bauteile werden daher strengere Grenzwerte, d. h.
der quasi-ständigen Einwirkungskombination zu
größere statische Nutzhöhen bei gleicher Stützweite
berechnen. Die in Verkehrslasten ggf. enthaltenen
erforderlich.
Anteile für Trennwände („Trennwandzuschlag“)
sollten allerdings nicht mit 2 abgemindert werden.
• Ausdehnung des gerissenen Bereichs 11.3.3.2 Konzepte in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
Für Verformungsberechnungen wird der gerissene
Bereich des Bauteils gewöhnlich für die seltene Die beiden Normen DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 fol-
Einwirkungskombination und fctm als die maßge- gen bei der Begrenzung der Biegeschlankheit gegen-
410 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

0,4 erf d in m grenzung der Durchbiegung nicht generell sicherstel-


li
= 20 (EN) len. Gleiches gilt für Durchlaufsysteme bei stark un-
d terschiedlichen Belastungen in benachbarten Feldern.
0,3 li 150
= (DIN)
Angesichts des empirischen Charakters der Grenz-
d li schlankheiten nach DIN 1045-1 wurden z. B. in Krü-
li
0,2 = 35 (DIN) ger u. Mertzsch (2002) und Donaubauer (2002) auf-
d
bauend auf Verformungsberechnungen alternative Bie-
geschlankheitskriterien entwickelt, die zusätzliche Pa-
0,1
rameter wie z. B. die Betondruck- und -zugfestigkeit
oder die Höhe der veränderlichen Einwirkungen sowie
l i in m
0 deren quasi-ständigen Anteil berücksichtigen und dar-
2 3 4 5 6 7
über hinaus auch für zweiachsig gespannte Platten an-
Abbildung 11.2 Biegeschlankheitsgrenzen für Platten des übli- wendbar sind.
chen Hochbaus
Normenregelung nach DIN 1045-1
Nach DIN 1045-1, 11.3.2 kann der Nachweis zur Verfor-
mungsbegrenzung für Deckenplatten des üblichen Hoch-
sätzlichen Konzepten. In DIN 1045-1 werden Grenzen baus aus Normal- und Leichtbeton durch die Begrenzung
für l=d angegeben, die auf eine Analyse von Scha- der Biegeschlankheit geführt werden:
densfällen in Mayer u. Rüsch (1967) zurückgehen und
li f 1
auf Deckenplatten des üblichen Hochbaus aus Normal-  35 ; für  ; (11.5a)
d l 250
oder Leichtbeton beschränkt sind.
li 150 w 1
Im Unterschied dazu bauen die in EN 1992-1-1 ent-  ; für  : (11.5b)
d li l 500
haltenen Schlankheitsgrenzen auf Verformungsberech-
nungen mit Hilfe der in Abschn. 10.4 vorgestellten Gleichung (11.5b) sollte für Bauteile, die erhöhten Anfor-
Verfahren auf. Die Grenzwerte werden getrennt für ge- derungen im Hinblick auf die Begrenzung der Verformun-
gen genügen müssen (z. B. Schäden an leichten Trenn-
ring und hoch beanspruchte Bauteile aufgeführt und wänden; s. Abschn. 11.3.1.2) in Betracht gezogen werden.
sind gegenüber den in DIN 1045-1 enthaltenen Gren- Bei biegebeanspruchten Bauteilen, deren Durchbie-
zen wesentlich restriktiver (Abb. 11.2). Die für Ein- gung vorwiegend durch die im betrachteten Feld wirken-
feldträger bzw. einachsig gespannte Einfeldplatten ab- de Belastung verursacht wird, kann die Ersatzstützweite
geleiteten Schlankheitsgrenzwerte können durch den mit li D ˛i  l nach Tabelle 11.3 angenommen werden.
Die Ersatzstützweiten von Rand- und Innenfeldern dür-
Ansatz der Ersatzstützweite li nach Tabelle 11.3 auf fen Tabelle 11.3, Zeilen  2 und 
3 entnommen werden,
Durchlaufsysteme bzw. Kragarme angewendet wer- wenn das Verhältnis angrenzender Stützweiten im Bereich
den. 0;8 < leff;1 = leff;2 < 1;25 liegt.
Für Leichtbeton sind die Grenzwerte nach Gl. (11.5)
mit E0;15 abzumindern (s. Abschn. 3.3).
11.3.3.3 Anmerkungen zum
Biegeschlankheitskriterium
nach DIN 1045-1 Normenregelung nach EN 1992-1-1
Für die in EN 1992-1-1, 7.4.2 angegebenen Grenzwerte
Bei Platten, die das Biegeschlankheitskriterium nach der Biegeschlankheit li =d darf davon ausgegangen wer-
den, dass bei Balken und Platten im Hochbau w  l=500
DIN 1045-1 (Gl. 11.5) erfüllen, kann die Einhaltung eingehalten wird. Als Grundwerte werden für Bauteile aus
der Verformungsgrenzwerte l=250 bzw. l=500 nicht in Beton C30/37 angegeben:
jedem Fall durch eine Berechnung z. B. mit den Ver- 8
fahren nach Abschn. 10.4 bestätigt werden. Die Bau- ˆ
ˆ 14 bei  D 1;5%
ˆ
ˆ
teile sind dessen ungeachtet weitgehend schadensfrei, li < (Beton hoch beansprucht)
 : (11.6)
da eine Reihe von Faktoren, die i. Allg. nicht in ei- d ˆ
ˆ 20 bei  D 0;5%
ˆ
ne Berechnung einfließen – etwa Überfestigkeiten des :̂
(Beton gering beansprucht)
Betons, Randeinspannungen durch Wände oder Unter-
züge oder zweiachsige Lastabtragung – die auftreten- Die Grundwerte nach Gl. (11.6) sind hierbei über den
den Durchbiegungen reduzieren. Umgekehrt können Beiwert K länderspezifisch festzulegen. (Anm.: K kann
als Beiwert zur Ermittlung der Ersatzstützweite bei un-
Schlankheitsgrenzen z. B. bei Platten, bei denen eini- terschiedlichen statischen Systemen interpretiert werden.)
ge der nicht explizit berücksichtigten Mechanismen – Daneben enthält EN 1992-1-1 rechnerische Beziehungen
insbesondere die Randeinspannung – fehlen, eine Be- zur Ermittlung der Biegeschlankheitsgrenzwerte:
11.4 Rissbreitenbegrenzung 411

Tabelle 11.3 Ersatzstützweite für den vereinfachten Nachweis der Verformungsbegrenzung nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
(empfohlene Werte und länderspezifisch festzulegende Parameter)
statisches System DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)
˛i D li = leff ˛i D li = leff D 1=K (in Klammern: K)
a
leff EU D A A
1 Einfeldträger
f = li  – 1/500 1/500 1/500 1/250

leff 
1 Einfeldträger 1,0 1,00 (1,0) 0,80 (1,25)
2 Randfeld eines Mehrfeldträgers 
2 Mehrfeldträger – Randfeldb 0,8 0,77 (1,3) 0,63 (1,60)

3 Mehrfeldträger – Innenfeldb 0,6 0,67 (1,5) 0,57 (1,75)
EU EU
leff

4 Flachdecke – Randfeldc 0,9d 0,83 (1,2) 0,67 (1,50)

5 Flachdecke – Innenfeldc 0,7d 0,83 (1,2) 0,67 (1,50)
3 Innenfeld eines Mehrfeldträgers

6 Kragarmb 2,4 2,50 (0,4) 2,00 (0,50)
leff
4 a
Ergänzende Grenzwerte nach NA A , sofern eine Begrenzung des Durchhanges auf f  li =250 aus-
5 Flachdecke reichend ist.
b
Bei zweiachsig gespannten Platten ist die kleinere der beiden Ersatzstützweiten li maßgebend.
c
Der Nachweis ist bei punktförmig gelagerten Platten (Flachdecken) auf Grundlage der größeren der bei-
leff
den Ersatzstützweiten zu führen.
6 Kragarm d
Bei Beton ab der Festigkeitsklasse C30/37 dürfen diese Werte um 0,1 abgemindert werden.

8 p p  3=2
ˆ
ˆ 11 C 1;5  fck  0
C 3;2  fck  0  1 ; As;prov vorhandene Querschnittsfläche der Zugbeweh-
ˆ
ˆ 
ˆ
< rung im betrachteten Querschnitt.
li für   0
 p p q 0
d ˆ
ˆ 0
fck  0 ;
ˆ 11 C 1;5  fck  C 
1
ˆ 0 12
Bei Bauteilen aus Leichtbeton sind die Grundwerte der
:̂ Biegeschlankheitsgrenzen nach Gl. (11.6) analog zu
für  > 0 :
(11.7) DIN 1045-1 mit E0;15 abzumindern.
(Anm.: Für einen unmittelbaren Vergleich mit DIN 1045-1
In Gl. (11.7) bedeuten: weicht die formale Darstellung der Schlankheitsgrenzwer-
0 Referenzbewehrungsgrad
p te geringfügig vom Normentext ab. Die Inhalte sind mit
D fck  103
dem Normentext identisch.)
 Bewehrungsgrad der Zugbewehrung in Feldmitte
(bei Kragträgern: Einspannstelle), der erforderlich
ist, um das Bemessungsmoment im GZT aufzu-
nehmen;
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
0 Bewehrungsgrad der Druckbewehrung in Feldmit- Für Deckenplatten aus Normalbeton und Leichtbeton des
te (bei Kragträgern: Einspannstelle), der erforder- üblichen Hochbaus dürfen alternativ die weniger restrik-
lich ist, um das Bemessungsmoment im GZT auf- tiven Biegeschlankheitskriterien nach DIN 1045-1 (vgl.
zunehmen; Gl. 11.5) verwendet werden.
fck Betondruckfestigkeit in N/mm2 .
Bei Plattenbalken bzw. I-Profilen mit beff =bw > 3 sind die
Werte nach Gl. (11.6) bzw. Gl. (11.7) mit 0,8 zu multiplizie- A ÖNORM EN 1992-1-1 – Ergänzungen
ren. Bei Balken und Platten mit leff > 7 m sind zur Einhal- Für Bauteile, deren Durchhang lediglich auf f  li =250
tung von w  l=500 die Grenzwerte nach Gl. (11.6) bzw. begrenzt werden soll, werden modifizierte K-Werte
Gl. (11.7) mit 7= leff abzumindern. angegeben (vgl. Tabelle 11.3, rechte Spalte).
Die Ersatzstützweite li kann nach Tabelle 11.3
bestimmt werden (K ! NDP). Die Grenzwerte nach
Gl. (11.6) bzw. Gl. (11.7) wurden unter der Annahme
hergeleitet, dass die Stahlspannung im gerissenen
11.4 Rissbreitenbegrenzung
Querschnitt in Feldmitte (bei Kragträgern: Einspannstelle)
s D 310 N=mm2 beträgt. Weicht das Spannungsni- Weit geöffnete, breite Risse beeinträchtigen den Kor-
veau hiervon ab, ist li =d mit 310=s zu multiplizieren. rosionsschutz der Bewehrung und können damit die
Näherungsweise gilt langfristige Tragfähigkeit, d. h. die Dauerhaftigkeit ei-
310 500 As;prov nes Bauteils gefährden. Gleichzeitig wirken deutlich
D : (11.8) sichtbare Risse optisch störend und können bei Nut-
s fyk As;req
In Gl. (11.8) bedeuten: zern – zumeist unbegründete – Sicherheitsbedenken
As;req erforderliche Querschnittsfläche der Zugbeweh- auslösen. Die Begrenzung auftretender Rissbreiten ist
rung im betrachteten Querschnitt (Feldmitte bzw. daher ein elementarer Bestandteil der Bemessung von
Einspannstelle) im GZT Betonbauteilen.
412 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Tabelle 11.4 Erscheinungsformen von Rissen (vgl. Jungwirth 1985; Leonhardt 1987)

Durchtrennen den gesamten Querschnitt; treten bei Zugbeanspruchung


1 Trennrisse ohne bzw. mit geringer Ausmitte infolge direkter oder indirekter
Einwirkungen auf;

Verlaufen ausgehend vom Querschnittsrand bis zur Dehnungsnulllinie;


2 Biegerisse treten bei Biegebeanspruchung infolge direkter oder indirekter
Einwirkungen auf;

Risse größerer Breite treten bei Konzentration der Bewehrung an den


3 Sammelrisse Bauteilrändern bzw. bei dicken Bauteilen auf;
(Biege- oder Sammelrisse sind meist Primärrisse, in die die dazwischen entstehenden
Trennrisse) Sekundärrisse einmünden;

Risse aus der Einleitung konzentrierter Lasten; verlaufen in Richtung


4 Spaltrisse der Hauptdruckspannungen; Spaltrisse entstehen, wenn die
Querzugspannungen die Betonzugfestigkeit überschreiten;

Risse an der Oberfläche von i. d. R. flächigen Bauteilen (Wände,Platten)


mit meist nur geringer Tiefe, z. T. unregelmäßiger Verlauf;
5 Oberflächenrisse bei jungem Beton: Frühschwinden (Feuchtigkeitsverlust),
u. U. ausgelöst durch unsachgemäße Nachbehandlung;
bei höherem Betonalter: Risse ausgelöst durch Eigenspannungen
z.B. infolge ungleichmäßigen Schwindens;

Risse verlaufen parallel zu den Bewehrungsstäben, ausgelöst durch


6 Längsrisse, das Setzen des Frischbetons (mangelhafte Verarbeitung) oder durch
Verbundrisse übermäßige Längsdruckspannungen bzw. Verbundspannungen
(zu geringe Betondeckung)

11.4.1 Ursachen und Erscheinungsformen lerdings ist die rechnerische Erfassung der rissbrei-
von Rissen tenbeschränkenden Wirkung der Bewehrung im We-
sentlichen nur für die durch Biegung und Längskraft
hervorgerufenen Risse, die die Bewehrung annähernd
Risse im Beton können auf unterschiedlichste Ursa-
rechtwinklig kreuzen, möglich (Zeilen 1 bis 3 in Ta-
chen zurückgeführt werden, unter anderem auf Ein-
belle 11.4). Die übrigen Rissformen, geneigte Risse
flüsse unmittelbar bei der Herstellung, auf direkte und
aus Querkraft- und Torsionsbeanspruchung, Risse aus
indirekte Einwirkungen während der Nutzung oder auf
der Einleitung konzentrierter Kräfte, etc. müssen an-
Treiberscheinungen z. B. bei Frost oder Korrosion der
gesichts der nur schwer möglichen rechnerischen Er-
Bewehrung. Risse treten dann auf, wenn Zugspannun-
fassung durch die Einhaltung konstruktiver Regeln, die
gen die zum betrachteten Zeitpunkt vorliegende Zug-
z. T. aus Versuchen abgeleitet wurden und z. T. Erfah-
festigkeit überschreiten. Die Risse nach den Zeilen
rungswerte darstellen, begrenzt werden.
1 und  2 in Tabelle 11.4 bewirken die Aktivierung
der Bewehrung und sind daher Grundvoraussetzung
der Stahlbetonbauweise. Ziel der Bemessung ist daher
nicht die Vermeidung von Rissen, sondern die Begren-
11.4.2 Allgemeines zu den Nachweisen –
zung der Rissbreite auf ein Maß, das die Gebrauchs-
tauglichkeit und Dauerhaftigkeit nicht beeinträchtigt. Anforderungsklassen
Mit Ausnahme von Rissen, die in den unbewehrten
Betonrandzonen auftreten, können Anzahl, Verteilung Die Breite der aus Biegung und Normalkraft hervor-
und Breite entstehender Risse durch Wahl und An- gerufenen Risse und deren Abstände zueinander wer-
ordnung kreuzender Bewehrung gesteuert werden. Al- den durch eine Vielzahl von Faktoren, unter anderem
11.4 Rissbreitenbegrenzung 413

i. Allg. in Abhängigkeit der Umgebungsbedingungen


(Expositionsklassen, vgl. Abschn. 14.3.2) angegeben.
Für Spannbetonbauteile mit Vorspannung im Verbund
werden angesichts der erhöhten Empfindlichkeit von
Spannstahl gegenüber Korrosion höhere Anforderun-
gen an die Rissbreitenbegrenzung gestellt. Folgende
Grenzwerte werden in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
c definiert:

• wk D 0;4 mm
wk Stahlbetonbauteile in Innenräumen ohne Korrosi-
Bauteiloberfläche
sichtbare Rissbreite onsrisiko (Beschränkung primär zur Wahrung eines
akzeptablen Erscheinungsbildes);
a Definition des Rechenwertes der Rissbreite wk
• wk D 0;3 mm
Stahlbetonbauteile allgemein; Spannbetonbauteile,
w = 0,1 mm
sofern der Korrosionsschutz des Spannstahls durch
w = 0,2 mm
andere Maßnahmen sichergestellt ist (im Wesentli-
chen Vorspannung ohne Verbund);
w = 0,3 mm • wk D 0;2 mm
Spannbetonbauteile mit Spanngliedern im soforti-
w = 0,4 mm gen oder nachträglichen Verbund.

w = 1,0 mm Durch die Vorgabe der Einwirkungskombination, unter


der die rechnerischen Rissbreiten nachzuweisen sind,
b Rissbreiten (maßstäblich) wird deren Auftretenswahrscheinlichkeit gesteuert.
Abbildung 11.3a,b Rechenwert der Rissbreite – Grundlagen Die einzuhaltenden Rechenwerte wk mit zugeordneten
Einwirkungskombinationen werden in DIN 1045-1 in
Anforderungsklassen zusammengefasst (Tabelle 11.5).
Für Spannbetonbauteile werden zusätzlich Nachweise
durch Betonzugfestigkeit, Betondeckung, Verbundei- im Grenzzustand der Dekompression gefordert.
genschaften, Form und Dicke eines Bauteils, Vertei- Für die Nachweise wird zwischen direkten und in-
lung der Zugspannungen vor der Rissbildung sowie direkten Einwirkungen, d. h. zwischen Last und Zwang
Menge und Anordnung der Bewehrung im Bauteil be- unterschieden. Bei von außen aufgezwungenen Verfor-
einflusst. Angesichts der möglichen Streuungen ist ei- mungen werden die Schnittgrößen durch Rissbildung,
ne exakte Vorhersage der Rissbreite nicht möglich. d. h. Steifigkeitsverlust reduziert. Für Zwang wird da-
her in den meisten Risstheorien ein Einzelrissbild mit
sich nicht überschneidenden Einleitungslängen vor-
11.4.2.1 Rissbreiten – Grenzwerte ausgesetzt, während für Last ein abgeschlossenes Riss-
und Anforderungsklassen bild angenommen wird. Das sich einstellende Rissbild
ist allerdings unabhängig von der Art der Einwirkung,
Für den Schutz der Bewehrung vor Korrosion ist die sondern wird primär von deren Höhe sowie der Di-
im Bereich der Bewehrung vorliegende Rissbreite re- mensionierung und Anordnung der Bewehrung selbst
levant; die an der Bauteiloberfläche sichtbaren Ris- beeinflusst. Ausreichende Bewehrung vorausgesetzt,
se können vor allem bei großer Betondeckung größer kann bei Zwang erheblicher Größe das abgeschlossene
sein (Abb. 11.3). Die rechnerische Rissbreite wk be- Rissbild erreicht werden (vgl. Abschn. 13.3).
schreibt daher einen oberen Quantilwert der Rissbreite
im Bereich der Bewehrung. Eine Begrenzung auf wk
schließt nicht aus, dass insbesondere an der Bauteil- 11.4.2.2 Erforderliche Nachweise
oberfläche einzelne Risse größere Rissbreiten w > wk
aufweisen können. Dies ist allerdings nicht zwangsläu- Zur Rissbreitenbegrenzung müssen nach DIN 1045-1
fig mit Einschränkungen der Dauerhaftigkeit verbun- und EN 1992-1-1 folgende Nachweise geführt werden:
den (Curbach u. a. 2003). Wegen des Einflusses der
Rissbreiten auf die Dauerhaftigkeit werden die Grenz- • Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreiten
werte der rechnerischen Rissbreite wk in Regelwerken infolge Zwang
414 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Tabelle 11.5a,b Mindestanforderungen und Anforderungsklassen nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Werte und
länderspezifische Festlegungen; Einordnung sinngemäß)
Spannbeton Stahlbeton &
Expositionsklasse Spannbeton
nachträglicher sofortiger a Mindestanforderungsklassen
Vorspannung
Verbund Verbund
ohne Verbund

DIN 1045-1 D D F
XC1
EU D D F
trocken oder
ständig nass EN
1992-1-1 D D D F
(z.B. Innenbauteile)
A D D F
(a)
DIN 1045-1 C C E
XC2, XC3, XC4 EU C C E
wechselnde Feuchte EN
(z.B. Außenbauteile) 1992-1-1 D C C E
A C C E
(b) (a)
XD1, XD2, XD3 DIN 1045-1 C B E
(c) (c)
XS1, XS2, XS3 EU B B E
Zutritt von Chloriden EN (a)
D C B E
aus Tausalzen oder 1992-1-1
Meerwasser möglich A C B E
(a) DIN 1045-1 und DIN EN 1992-1-1/NA: Wird der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt, kann
Anforderungsklasse D verwendet werden (vgl. Zulassungen der Spannverfahren)
(b) DIN 1045-1 und EN 1992-1-1: Bei Bauteilen der Expositionsklasse XD3 können zusätzlich besondere
Maßnahmen für den Korrosionsschutz notwendig werden.
(c) EN 1992-1-1 gibt für Klasse B keine Anforderungen an die Rissbreitenbegrenzung vor.

Einwirkungskombination für den Rechenwert


Nachweis der der Rissbreite
Anforderungsklasse
Rissbreiten- wk
Dekompression in mm
begrenzung
A - selten --
(Vorspannung mit Verbund,
B hohes Korrosionsrisiko)
häufig selten

(Vorspannung mit Verbund, 0,2


C mäßiges Korrosionsrisiko)
quasi-ständig häufig

(Vorspannung mit Verbund , --


b Anforderungen an die Begrenzung der D kein Korrosionsrisiko)
häufig
Rissbreite und die Dekompression in
(Stahlbeton und Spannbeton mit
Abhängigkeit der Anforderungsklasse --
E Vorspannung ohne Verbund , quasi-ständig 0,3
Korrosionsrisiko)
(Stahlbeton und Spannbeton mit
F Vorspannung ohne Verbund , -- quasi-ständig 0,4
kein Korrosionsrisiko)

• Begrenzung der Rissbreiten infolge Last für die mechanisch-theoretischer Grundlage vor. In Elige-
maßgebende Einwirkungskombination nach Tabel- hausen u. Kreller (1988) wird ein Überblick über
le 11.5 durch: ausgewählte Modelle gegeben. Einige grundlegende
Arbeiten zur Rissbreitenbeschränkung sind u. a. Rehm
– direkte Berechnung der Rissbreite oder
u. Martin (1968); Noakowski (1978); Martin u. a.
– Begrenzung von Stabdurchmessern bzw. Stabab-
(1979); Krips (1984); Noakowski (1988); Schießl
ständen.
(1989); König u. Tue (1996). Das in DIN 1045-1
enthaltene Verfahren zur rechnerischen Ermittlung
11.4.2.3 Theorien der Rissbildung – der Rissbreite geht auf ein mechanisch begründetes
Normengrundlagen Modell nach König u. Tue (1992, 1996) zurück. Teile
davon wurden auch in EN 1992-1-1 aufgenommen
Zur Berechnung von Rissbreiten und Rissabständen und durch eine semi-empirische Ermittlung von Riss-
infolge Last oder Zwang liegen eine Vielzahl von abständen in Anlehnung an Rehm u. Martin (1968)
Theorien auf empirischer, semi-empirischer oder ergänzt.
11.4 Rissbreitenbegrenzung 415

11.4.3 Berechnung der Rissbreite

Die wesentlichen Zusammenhänge zur Berechnung


der Rissbreite werden im Folgenden angelehnt an das N = Ncr
in DIN 1045-1 enthaltene Konzept erläutert (vgl. Cur-
bach u. a. 2003).
e

esr2
11.4.3.1 Grundlagen
Desr esm
es esr1 = ect
Nach Abschn. 10.3.1 entspricht die Rissöffnung dem ect
ecm
über die Risseinzugslänge s aufintegrierten Dehnungs- ec
unterschied zwischen Stahl und umgebender Betonfa- lt lt
ser. Die Risseinzugslänge s umfasst die Bereiche zu a Einzelriss

beiden Seiten eines Risses, die zum Riss gerichtete Re-


lativverschiebungen zwischen Beton und Bewehrung
aufweisen.
w D s  ."sm  "cm / (11.9)
Die Berechnung der Rissbreite zerfällt damit in zwei N > Ncr
Schritte, die Berechnung der mittleren Dehnungen und
die Bestimmung der zugehörigen Risseinzugslänge s. Ac,eff
e
Wegen der unterschiedlichen Randbedingungen wird es2
zwischen Einzelriss und abgeschlossenem Rissbild un- es bt (esr2 - esr1)
terschieden: Desr esm

• Einzelrisszustand ec
Bei Einzelrissen entspricht die Integrationslänge ecm = bt ect
der doppelten Einleitungslänge lt ; am Ende der Ein- lt lt
leitungslängen weisen Beton und Bewehrung iden- sr,max
tische Dehnungen auf (s. Abb. 11.4 a).
b abgeschlossenes Rissbild
wk D 2  lt  ."sm  "cm / (11.10)
Abbildung 11.4a,b Dehnungen von Bewehrung und Beton –
• Abgeschlossenes Rissbild Grundlagen zur Berechnung der Rissbreiten
Bei abgeschlossenem Rissbild ergibt sich die größ-
te Rissbreite aus dem maximal möglichen Rissab-
stand sr;max D 2  lt ; Beton und Bewehrung weisen 11.4.3.2 Einzelriss
an keinem Punkt mehr identische Dehnungen auf (s.
Abb. 11.4 b). Im Einzelrisszustand herrschen am Ende der Einlei-
wk D sr;max  ."sm  "cm / (11.11) tungslänge in Beton und Bewehrung identische Deh-
nungen. Die Differenz der Betonstahlzugkraft zwi-
Zur Berechnung von Rissbreiten werden darüber hin- schen dem Riss und dem ungestörten Bereich muss
aus folgende Annahmen getroffen: durch Verbundspannungen sm , die über den Stab-
• Die Betonzugfestigkeit ist konstant mit fct D fct;eff ; umfang Us konstant verteilt sind, in den Beton einge-
es treten keine Streuungen entlang des Bauteils auf. tragen werden (Abb. 11.4 a).
• Die Verbundspannungen der Betonstahlbewehrung
sind unabhängig vom auftretenden Schlupf konstant .sr2  sr1 /  As D sm  lt  Us (11.12a)
mit s D sm .sr2  sr1 /  As
) lt D (11.12b)
• Für das abgeschlossene Rissbild wird von der sm  Us
Zugstabanalogie ausgegangen; der Zuggurt wird .sr2  sr1 /  ds
D (11.12c)
durch einen zentrisch beanspruchten Zugstab, des- 4  sm
sen Querschnittsfläche der wirksamen Betonfläche sr2  ds
Ac;eff entspricht, idealisiert.  (11.12d)
4  sm
416 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Als Näherung wird in Gl. (11.12d) berücksichtigt, dass Für die Differenz der mittleren Dehnungen von Stahl
sr1 nicht größer als ˛s  fct werden kann und damit und Beton folgt mit Gl. (10.31b):
deutlich kleiner als sr2 bleibt. Die Differenz der mitt-
leren Dehnungen ist mit "sr1 D "c1 : "sm  "cm D "s2  ˇt  ."sr2  "sr1 /
"sm  "cm D "sr2  ˇt  ."sr2  "sr1 / ˇt  "ct (11.17a)
 
ˇt  "c1 (11.13a) 1 fct
D "s2  ˇt  1 
D .1  ˇt /  "sr2 (11.13b) s;eff Es
sr2 fct
D .1  ˇt /  : (11.13c) ˇt  (11.17b)
Es Ec
Durch Einsetzen der Gln. (11.12d) und (11.13c) in fct fct
 "s2  ˇt   ˇt  (11.17c)
Gl. (11.10) kann die Rissbreite wk des Einzelrisses be- s;eff  Es Ec
rechnet werden: s2 fct
  ˇt 
wk D 2  lt  ."sm  "cm / Es s;eff  Es
sr2  ds sr2  .1 C ˛s  s;eff / : (11.17d)
D  .1  ˇt /  : (11.14)
2  sm Es
In Gl. (11.17c) wird wieder näherungsweise angenom-
men, dass As klein gegenüber Ac;eff ist. Die Rissbreite
11.4.3.3 Abgeschlossenes Rissbild wk bei abgeschlossenem Rissbild folgt damit aus den
Gln. (11.16d) und (11.17d):
Die Rissbreitenberechnung für das abgeschlosse-
ne Rissbild baut auf der Analogie des Zuggurtes wk D sr;max  ."sm  "cm /
biegebeanspruchter Bauteile mit einem zentrisch fct  ds
beanspruchten Zugstab der Querschnittsfläche Ac;eff D
2  sm  s;eff
auf. Ein neuer Riss entsteht, wenn ausgehend von 
s2 fct
einem Primärriss am Ende der Einleitungslänge lt   ˇt   .1 C ˛s  s;eff / :
Es s;eff  Es
die Risszugkraft Fcr durch Verbund auf den Beton-
querschnitt übertragen wurde. Mit der wirksamen (11.18)
Betonzugfestigkeit fct D fct;eff gilt:
Analog zum Zugstab gilt für sr;max :
Fcr D fct  .Ac;eff  As /
8
D fct  Ac;eff  .1  s;eff / ; ˆ
ˆ
< 0;6 für kurzzeitige Belastung
As
mit s;eff D : (11.15) ˇt D 0;4 für langandauernde und (11.19)
Ac;eff ˆ
:̂ wiederholte Belastung :
Der maximale Rissabstand sr;max entspricht der
zweifachen Einleitungslänge lt der Risszugkraft Fcr
Die zur Öffnung eines Sekundärrisses erforderliche
(Abb. 11.4 b).
Ausbreitung der Zugspannungen ausgehend vom Be-
Fcr wehrungsstab wird in Gl. (11.16d) nicht explizit be-
sr;max D 2  lt D 2 
sm  Us rücksichtigt; dem entsprechend strebt der Rissabstand
fct  Ac;eff  .1  s;eff / für zunehmende Bewehrungsgrade s;eff gegen Null.
D 2 (11.16a)
sm  Us Tatsächlich wird der Rissabstand durch die Betonde-
fct  Ac;eff  .1  s;eff /  ds ckung c der Bewehrungsstäbe und die Länge des Be-
D (11.16b) reiches gestörten Verbundes ausgehend vom Primär-
2  sm  As
riss gesteuert. Zur Berechnung des Rissabstandes wird
fct  .1  s;eff /  ds
D (11.16c) dem entsprechend in Rehm u. Martin (1968) ein semi-
2  sm  s;eff empirischer Ansatz nach Gl. (11.20) mit k1 , k2 und k3
fct  ds als Konstanten angegeben, der in EN 1992-1-1 anstelle
 (11.16d)
2  sm  s;eff von Gl. (11.16d) sinngemäß wiederzufinden ist.
In Gl. (11.16d) wird für die Ermittlung der Risszug-
kraft vereinfachend Ac;eff dem Bruttoquerschnitt des ds
sr;max D k1  c C k2  k3  (11.20)
fiktiven Zugstabes gleichgesetzt, d. h. .1  s;eff / ! 1. s;eff
11.4 Rissbreitenbegrenzung 417

11.4.3.4 Wirkungsbereich der Bewehrung Ac;eff (1984); Fischer (1993) vorgestellt. In den Abbn. 11.5 b
und c ist die Modellvorstellung nach Broms (1965)
Nach der Entstehung eines Primärrisses ändert sich der dem aus umfangreichen FE-Rechnungen gewonnenen
Spannungszustand in der Zugzone vollständig. Dabei Ansatz nach Fischer (1993) gegenübergestellt. Letzte-
treten bei biegebeanspruchten Bauteilen ähnliche Me- rer nimmt mit hc;eff D .h  d / C sr =2 eine Spannungs-
chanismen auf wie in Abschn. 10.3.1.3 für Zugstäbe ausbreitung unter 45ı an. Im Unterschied dazu wird in
beschrieben (s. Abb. 10.7). Bei Biegebauteilen dringen Maurer (2007) von einer Spannungsausbreitung unter
Sekundärrisse im Unterschied zu Primärrissen nicht einem Winkel von  26ı (1 W 2) ausgegangen.
mehr bis zur Dehnungsnulllinie vor, sondern sind auf Die untere Grenze für hc;eff entspricht in Überein-
den Wirkungsbereich der Bewehrung beschränkt oder stimmung vieler Forscher einem Vielfachen des Ab-
münden oberhalb der Bewehrung in Primärrisse ein standes der Bewehrung vom gezogenen Querschnitts-
(Abb. 11.5 a; Sammelrissbildung, vgl. Tabelle 11.4). rand, also hc;eff  .h  d /. In DIN 1045-1 und
Zur Bildung eines Sekundärrisses muss ausgehend EN 1992-1-1 wurde eine auf Schießl (1989) zurückge-
von einem bereits vorhandenen Riss eine Zugkraft Fcr hende Formulierung nach Gl. (11.21a) aufgenommen,
über Verbund in den Beton eingeleitet werden, die klei- die für DIN 1045-1 mit der Neufassung 2008 um eine
ner sein kann, als die bei Primärrissbildung frei wer- differenzierte Betrachtung dickerer Bauteile (h=d1 > 5
dende Betonzugkraft. Vor allem bei hohen Trägern bei zentrischem Zug bzw. h=d1 > 10 bei Biegung)
würde die Rissbreite bzw. der Rissabstand von Sekun- nach König u. Tue (1996) gemäß Gl. (11.21b) und
därrissen bei Ansatz der Zugzone im Zustand I über- Abb. 11.6 d erweitert wurde.
schätzt. Zur rechnerischen Erfassung der Sekundär- Zusätzlich werden für biegebeanspruchte
rissbildung wird der Wirkungsbereich der Bewehrung (Gl. 11.21c) und zentrisch gezogene (Gl. 11.21d)
Ac;eff eingeführt, der der Fläche eines fiktiven Zugsta- Bauteile Obergrenzen für Ac;eff eingeführt, die be-
bes entspricht, dessen Rissschnittgröße gerade die zur rücksichtigen, dass die Zugkraft zur Öffnung eines
Sekundärrissbildung erforderliche Zugkraft Fcr ist; es Sekundärrisses nicht größer als die bei Primärrissbil-
gilt Ac;eff D Fcr =fct;eff . dung frei werdende Betonzugkraft sein kann.
Der Wirkungsbereich der Bewehrung ist generell
abhängig vom Beanspruchungsniveau, dem vorliegen- hc;eff D 2;5  .h  d / (Standard) (11.21a)
den Rissbild, der Anordnung der Bewehrung am Zug- D k  .h  d / ; k D 0:::5
rand und dem Spannungszustand im Trägersteg. An- (s. Abb. 11.6 d) (11.21b)
sätze zur Berechnung von Ac;eff wurden u. a. in Broms
h  xI
(1965); Martin u. a. (1979); Leonhardt (1987); Krips  (11.21c)
2
h
 (11.21d)
2
In Gl. (11.21c) beschreibt x I die Druckzonenhöhe im
Zustand I; Gl. (11.21d) setzt voraus, dass die Beweh-
rung auf beide Außenflächen verteilt ist (Abb. 11.6 c).
Sekundärriss Primärriss Die Spannungsausbreitung ausgehend von den Be-
a Rissbild wehrungsstäben erfolgt in Breitenrichtung, also paral-
lel zum Bauteilrand, in ähnlicher Weise. Die Formeln
für Ac;eff nach Abb. 11.6 setzen voraus, dass die Be-
wehrung gleichmäßig und dicht über die Breite ver-
teilt ist. Bei Plattenbalken mit gezogenem Obergurt
45°
hc,eff trifft dies nicht uneingeschränkt zu; nach DIN 1045-
Sekundärriss Primärriss
1 darf z. B. die statisch wirksame Biegezugbewehrung
sr d1 nur auf einer Breite entsprechend der halben mitwir-
kenden Breite beff angeordnet werden. Als Anhalts-
wert kann – in Anlehnung an Abb. 11.6 – angenom-
men werden, dass die Breite der effektiven Betonzug-
Sekundärriss
fläche jeweils um 1;5  d1 über die Auslagerungsbrei-
b Modell nach (Fischer 1993) c Modell nach (Broms 1965) te der Bewehrung hinausreicht. Im Unterschied dazu
Abbildung 11.5a–c Primär- und Sekundärrisse bei biegebean- gibt EN 1992-1-1 die Breite der effektiven Betonzug-
spruchten Bauteilen fläche, die einem Bewehrungsstab zugeordnet ist, mit
418 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

xII
mittlere Zugfestigkeit, die zum Zeitpunkt der Rissbil-
xI dung vorliegt, angenommen werden. Wenn der Rissbil-
Ac,eff
h dungszeitpunkt nicht genauer spezifiziert werden kann,
Ac,eff Zustand II gilt fct;eff D fctm .
heff
d1 d1 heff
Deutlich größere Bedeutung kommt der Zugfes-
Zustand I
tigkeit bei Einzelrissbildung zu; mit der Zugfestig-
Schwerachse
der Bewehrug heff £ (h-xI)/2 (DIN) keit steigt die Rissschnittgröße und damit die Stahl-
£ (h-xII)/3 (EN) spannung sr2 im Riss sowie die Rissbreite an (vgl.
a Balken b Platten
Gl. 11.14). Erläuterungen zu fct;eff bei Nachweisen von
Einzelrissen folgen im Zusammenhang mit den Regeln
heff £ h/2
zur Mindestbewehrung in Abschn. 11.4.5.
heff / d1

5
Ac,eff Ac,eff DIN 1045-1
11.4.4 Vereinfachte
2,5 Nachweise – Konstruktionsregeln
EN 1992-1-1

Aus den Formeln zur expliziten Berechnung der Riss-


5 30
breiten nach den Gln. (11.14) und (11.18) können ein-
d1 d1 h / d1 (Zug) fache Konstruktionsregeln abgeleitet werden. Zur Be-
h h / (2 d1) (Biegung) grenzung der Rissbreiten auf ein zulässiges Maß ste-
c zugbeanspruchte Bauteile d effektive Höhe der Zugzone hen zwei Verfahren zur Verfügung:
Abbildung 11.6a–d Wirkungsbereich der Bewehrung Ac;eff
nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 • Begrenzung der Stabdurchmesser ds
für Risse infolge Last- und/oder Zwangbeanspru-
chung
dem deutlich größeren Wert 5  .c C ds / an, wobei c die • Begrenzung der Stababstände s
Betondeckung des Stabes ist. für Risse infolge überwiegender Lastbeanspru-
chung

11.4.3.5 Mittlere Verbundspannung sm


und wirksame Zugfestigkeit fct;eff 11.4.4.1 Begrenzung der Stabdurchmesser

Die über die Risseinzugslänge gemittelte Verbund- Nach Gl. (11.18) wird die Rissbreite wk des abge-
spannung sm ist wegen der nichtlinearen Verbund- schlossenen Rissbildes im Wesentlichen durch den
spannungs-Relativverschiebungs=Beziehung
¨ einbeto- Bewehrungsgrad s;eff , die Stahlspannung s2 und
nierter gerippter Bewehrung grundsätzlich abhängig den Stabdurchmesser ds bestimmt. Bei vorgegebener
vom Beanspruchungsniveau, also der Rissbreite selbst. Schnittgröße ist die Stahlspannung s2 unabhängig
Nach CEB/FIP (1993) kann zur Rissbreitenberech- vom Stabdurchmesser durch den Bewehrungsgrad
nung für üblichen gerippten Betonstahl eine beanspru- s;eff der Längsbewehrung festgelegt. Die sich einstel-
chungsunabhängig konstante, mittlere Verbundspan- lende Rissbreite muss durch den vom Stabdurchmesser
nung nach Gl. (11.22) angesetzt werden. ds abhängigen Rissabstand sr;max gesteuert werden.
Mit abnehmendem Stabdurchmesser wird die ver-
sm D 1;8  fct;eff (11.22)
bundwirksame Oberfläche der Bewehrung vergrößert;
Die wirksame Betonzugfestigkeit fct;eff steuert bei ab- die Einleitungslänge der Rissschnittgröße, d. h. der
geschlossenem Rissbild über die Mitwirkung des Be- Rissabstand und damit die Rissbreite werden reduziert.
tons auf Zug die Rissbreite; mit steigender Zugfestig- Für eine vorgegebene Bewehrungsmenge s;eff kann
keit nimmt die Mitwirkung des Betons zu, die Riss- die Anforderung an die Rissbreitenbegrenzung daher
breite ab. Der Rissabstand selbst ist bei Verwendung durch die Wahl ausreichend kleiner Stabdurchmesser
von sm nach Gl. (11.22) unabhängig von fct;eff (vgl. erfüllt werden.
Gl. 11.18). Für den Nachweis der Rissbreitenbegren- Auflösen der Gln. (11.14) und (11.18) nach ds und
zung bei Lasteinwirkung – dem das abgeschlossene Einsetzen von sm D 1;8  fct;eff und ˇt D 0;4 liefert
Rissbild vorausgesetzt wird – kann daher für fct;eff die Gl. (11.23). Dabei beschreibt Gl. (11.23a) den Einzel-
11.4 Rissbreitenbegrenzung 419

ds
ds* in mm
50
2 60
m
N /m
00
40 =2 50
ss m
2
m
0 N/ 40
24 2
m
30 /m
0N 2
28 /mm d s* = 27 mm 30 wk = 0,4 mm
0 N
3 2 0,3 mm
20 20 0,2 mm
19 mm

14 mm 10
10 11 mm
0
Einzelriss abgeschlossenes Rissbild 100 200 300 400 500
ss in N/mm2
0
0 0,01 0,02 0,03 r s,eff
Abbildung 11.8 Stabdurchmesser ds zur Begrenzung der Riss-
Abbildung 11.7 Erforderlicher Stabdurchmesser ds zur Be- breite in Abhängigkeit der Stahlspannung (nach DIN 1045-1,
grenzung der Rissbreite (nach DIN 1045-1, fct;eff D 3 N=mm2 , fct;eff D 3 N=mm2 )
wk D 0;3 mm)

risszustand, Gl. (11.23b) das abgeschlossene Rissbild. wk größere Stabdurchmesser zugelassen werden kön-
Zur Ableitung von Konstruktionsregeln wird .1 C ˛s  nen, da der Rissabstand im Gegenzug wegen der Se-
s;eff / vereinfachend zu 1 gesetzt. kundärrissbildung abnimmt.
6  wk  Es  fct;eff
ds D (11.23a)
s2
2
11.4.4.2 Ableitung von Tabellenwerten
3;6  wk  s;eff  Es
D (11.23b)
s2  0;4  fct;eff
 .1 C ˛s  s;eff / Die erforderlichen Stabdurchmesser ds werden in
s;eff
DIN 1045-1 in Tabellen in Abhängigkeit von wk
In Abb. 11.7 ist Gl. (11.23) für verschiedene vor- und s angegeben (Tabelle 11.6). Die Tabellenwerte
gegebene Stahlspannungen in Abhängigkeit des Be- basieren auf einem Grundwert der Zugfestigkeit
wehrungsgrades ausgewertet. Der für Konstruktions- fct0 D 3;0 N=mm2 und entsprechen damit unmittelbar
regeln maßgebende Durchmesser entspricht dem Min- Abb. 11.8. Aus der Vorgehensweise zur Herlei-
destwert, d. h. dem Wert von ds , der dem Einzelriss- tung der Grenzdurchmesser ds ergeben sich zwei
zustand zugeordnet ist. In DIN 1045-1 wird der Min- Korrekturterme:
destwert als Grenzdurchmesser ds bezeichnet. Gleich-
zeitig ist ds dem Mindestbewehrungsgrad zur Auf- • Korrektur bei gegenüber fct;0 abweichender Zug-
nahme der Rissschnittgröße Ac;eff  fct;eff zugeordnet; festigkeit fct;eff ,
nach Gleichsetzen der beiden Ausdrücke in Gl. (11.23) • Korrektur zur Berücksichtigung des abgeschlosse-
folgt: nen Rissbildes.
fct;eff
s;eff D Für fct;eff < fct;0 liegt ds auf der unsicheren Seite und
s2
muss durch Gl. (11.26) angepasst werden.
, As  s2 D Ac;eff  fct;eff : (11.24)
Der Grenzdurchmesser ds folgt damit unmittelbar aus fct;eff
ds D ds  (11.26)
Gl. (11.23a) : fct;0
6  wk  Es  fct;eff
ds D : (11.25) Der Korrekturterm für das abgeschlossene Rissbild
s2
2
folgt, wenn der Term für das abgeschlossene Rissbild
Gleichung (11.25) ist in Abb. 11.8 für fct;eff D (Gl. 11.23b) umgeformt und dann Gl. (11.23a) gegen-
3;0 N=mm2 dargestellt. über gestellt wird. Mit .1 C ˛s  s;eff / D 1 folgt:
Aus Abb. 11.7 wird allerdings auch deutlich, dass
3;6  wk  s;eff  Es
bei abgeschlossenem Rissbild mit zunehmendem Be- ds D fct;eff
(11.27a)
wehrungsgrad s;eff zur Rissbreitenbeschränkung auf s2  0;4  s;eff
420 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

6  wk  Es  fct0 weitestgehend zutreffend sind, liegen sie insbesonde-


D
s2
2
re für Balken mit mehrlagiger Bewehrung auf der un-
„ ƒ‚ …
ds
sicheren Seite, d. h. die Stababstände werden zu groß
ermittelt. Für Bauteile, die nicht mit den getroffenen
0;6  s2
2
fct;eff Annahmen konform sind, sollte daher der vereinfachte
   : (11.27b)
fct;eff
 s  0;4  fct;eff fct0 Nachweis der Rissbreitenbeschränkung durch die Be-
s;eff s;eff
grenzung der Stabdurchmesser nach Tabelle 11.6 er-
Mit folgen.
fct;eff
s2  0;4   s2 (11.28)
s;eff
folgt 11.4.5 Mindestbewehrung zur Begrenzung
der Rissbreite
0;6  s2
2
fct;eff
ds D ds   (11.29a)
fct;eff
 s2 fct0
s;eff 11.4.5.1 Hintergrund
0;6  s2  As fct;eff
D ds   : (11.29b)
fct;eff  Ac;eff fct0 In Bauteilen, die durch Zugspannungen aus indirekten
Einwirkungen (Zwang) beansprucht werden, muss
In Gl. (11.29b) wird für Ac;eff als Näherung der effekti-
eine Mindestbewehrung eingelegt werden, die eine
ven Zugzone 2;5  .h  d /  b eingesetzt (s. Abb. 11.6 d).
ausreichende Begrenzung der aus Zwang entste-
Entsprechend kann bei abweichender Wirkungsfläche
henden Rissbreiten gewährleistet. Wie anhand des
der Bewehrung nach den Gln. (11.21c) und (11.21d)
verformungsgesteuert belasteten Zugstabes nach Ab-
verfahren werden.
schn. 10.3.1 beschrieben wurde, werden Schnittgrößen
s  As
ds D ds  (11.30) aus Zwang, d. h. aus aufgezwungenen Verformungen,
4  .h  d /  b  fct0 durch Rissbildung abgebaut.
Wie erläutert, zeigt bereits Abb. 11.7, dass ds für Um die aufgezwungene Verformung auf mehrere, in
das abgeschlossene Rissbild größer als ds sein darf; der Rissöffnung beschränkte Risse zu verteilen, muss
entsprechend bedeutet die Korrektur nach Gl. (11.30) die Bewehrung zunächst in der Lage sein, die Riss-
eine Anhebung des Stabdurchmessers bzw. bei schnittgröße aufzunehmen, ohne dabei die Streckgren-
gleichbleibendem Stabdurchmesser eine Reduktion ze zu überschreiten. Gerät die Bewehrung bei der Ent-
der für die Rissbreitenbegrenzung erforderlichen stehung des ersten Risses ins Fließen, wird die gesam-
Bewehrungsmenge. te aufgezwungene Verformung im Erstriss aufgenom-
men; ein weit klaffender Riss ist die Folge. Um die
Zwangrissbreiten zusätzlich auf ein verträgliches Maß
11.4.4.3 Begrenzung der Stababstände zu begrenzen, sind weitere Einschränkungen im Hin-
blick auf die Stahlspannungen erforderlich. Die Riss-
Der Nachweis der Rissbreitenbegrenzung bei überwie- bildung schreitet ausgehend vom ersten Riss weiter
gender Lastbeanspruchung kann z. B. nach DIN 1045- fort, bis die aufgezwungene Verformung durch die Öff-
1 alternativ über die Begrenzung der Stababstände ge- nung der Risse und die elastische Dehnung der unge-
führt werden. Wie die Herleitung der Durchmesserta- rissenen Bereiche kompensiert worden ist.
belle baut die Ableitung zulässiger Stababstände auf Im Allgemeinen wird die Phase der Einzelrissbil-
den Gln. (11.14) und (11.18) auf. Zur Einführung des dung bei Zwang nicht verlassen, d. h. die Rissschnitt-
Stababstandes s wird der wirksame Bewehrungsgrad größe wird während der Rissbildung nicht bzw. nur
s;eff durch die Bewehrungsmenge as bezogen auf den im Rahmen der stochastischen Schwankung der Be-
Stababstand s ausgedrückt. tonzugfestigkeit überschritten. Für die Begrenzung der
Rissbreite infolge Zwang ist es daher ausreichend,
as ds2  
s;eff D mit ; as D (11.31) die erforderliche Bewehrung auf Grundlage der Riss-
hc;eff 4s schnittgröße zu ermitteln, d. h. für eine Zugspannung
Das Vorgehen zur Ableitung zulässiger Stababstände c D fct;eff am betrachteten Rand (s. Kap. 13).2
s nach Tabelle 11.6 ist in Zilch u. Rogge (2004) er-
läutert. Die Tabellenwerte basieren auf der Annahme 2
DIN 1045-1 erlaubt daneben, die Mindestbewehrung für ei-
einer einlagigen Bewehrung mit d1 D 4 cm. Während ne geringere Kraft als die Rissschnittgröße auszulegen, wenn
diese Annahmen bei den im Hochbau üblichen Platten die Zwangsschnittgröße nachweislich unter der Rissschnittgrö-
11.4 Rissbreitenbegrenzung 421

vor Rissbildung nach Rissbildung


Da sowohl innerer als auch äußerer Zwang die Riss-
bildung einleiten kann, ist für die Erfordernis von Min-
destbewehrung unerheblich, ob das Bauteil statisch be- Fct
stimmt oder statisch unbestimmt gelagert ist; die Lage- Fs
Fs = Fct
rungsart wird lediglich bei der Anrechnung von Eigen-
spannungen relevant. Act
fct,eff
Für die Ermittlung der Mindestbewehrung kann Fct = Act fct ,eff
zwischen dünnen und massigen Bauteilen unterschie- a zentrischer Zug
den werden, da bei letzteren die Sekundärrissbildung
auch bei Zwang erheblichen Einfluss auf das Verhal- Fct Fs

ten und damit auf die erforderliche Bewehrungsmen-


ge besitzt. Zunächst werden die Zusammenhänge für ~ 2/3 h
z~ ~ 0,8 h
z~

dünne Bauteile vorgestellt; massige Bauteile folgen in


Fct Fs
Abschn. 11.4.5.3.
Act 2/3
fct,eff Fs = Fct
Fct = Act fct ,eff / 2 0,8

11.4.5.2 Ermittlung b reine Biegung


der Mindestbewehrungsmenge
Abbildung 11.9a,b Kraftumlagerung bei Rissbildung; Interpo-
lation des Beiwerts kc nach DIN 1045-1
Der Ermittlung der Mindestbewehrung ist, entspre-
chend der Modellvorstellung für die Primärriss-
bildung, der gesamte, im ungerissenen Zustand
der Rissbildung, d. h. im Zustand I, zugbeansprucht
unmittelbar vor der Rissentstehung zugbeanspruchte
wird, folgt:
Querschnittsteil zugrunde zu legen.
Ein konservativer Ansatz zur Bestimmung der er- As  s D Ncr D fct;eff  Act (11.32a)
forderlichen Bewehrungsmenge wäre, die Mindestbe- Act
wehrung für die Zugkeilkraft – d. h. das Integral der ) As D fct;eff  (11.32b)
s
Zugspannungen im ungerissenen Querschnitt – aus- Act
zulegen. Damit würden allerdings u. a. günstige Ein- D kc  fct;eff  ;
s
flüsse aus der Veränderung des Hebelarmes als Folge
der Rissbildung vernachlässigt. Sowohl in DIN 1045- mit kc D 1;0 : (11.32c)
1 als auch in EN 1992-1-1 wurde daher ein Verfah- Für einen rein biegebeanspruchten Rechteckquer-
ren zur Berechnung der erforderlichen Bewehrungs- schnitt errechnet sich die Mindestbewehrung unter
menge aufgenommen, das auf dem Gleichgewicht der Verwendung von z  0;8  h und Act D b  h=2 zu
Rissschnittgröße mit den Kräften im gerissenen Quer- (Abb. 11.9 b):
schnitt aufbaut.
An zwei elementaren Beispielen – einem zentrisch As  s  z D Mcr D fct;eff  Wc
zugbeanspruchten und einem biegebeanspruchten b  h2
D fct;eff  (11.33a)
Rechteckquerschnitt – soll die Berechnung der Min- 6
destbewehrung erläutert werden. Bei zentrischer b  h2
Zugbeanspruchung liegt eine über den Querschnitt ) As D fct;eff  (11.33b)
6  s  0;8  h
gleichmäßige Spannungsverteilung vor (Abb. 11.9 a). Act
Mit Act als der Querschnittsfläche, die unmittelbar vor  0;4  fct;eff  (11.33c)
s
Act
ße bleibt. Diese Regelung erscheint zunächst paradox, setzt al- D kc  fct;eff  ;
lerdings implizit voraus, dass die Betonzugfestigkeit über das s
gesamte Bauteil gleichmäßig verringert ist. mit kc D 0;4 : (11.33d)
Die Auslegung der Mindestbewehrung für eine Zwangkraft,
die unterhalb der Rissschnittgröße liegt, setzt eine – i. d. R. auf- Die Gln. (11.32c) und (11.33d) zeigen, dass sich die
wändige – ausreichend exakte Vorhersage des Zwangs voraus. Berechnung durch den Beiwert kc schematisieren lässt.
Gleichzeitig birgt die implizite Annahme einer gleichmäßig re- Mit kc wird die Zugspannungsverteilung im Quer-
duzierten Zugfestigkeit ein gewisses Fehlerpotential; auf mögli-
che ausführungsbedingte Streuungen wird hingewiesen. Darüber schnitt vor der Rissbildung und die Änderung des
hinaus sollten ggf. vorhandene Steifigkeitsunterschiede beachtet Hebelarms bei Übergang in den gerissenen Zustand
werden; s. Abschn. 11.4.5.6. beschrieben. Bei kombinierter Beanspruchung durch
422 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Biegung und Zugnormalkraft liegt kc zwischen den kc


1,0
Grenzwerten 1,0 (reiner Zug) und 0,4 (reine Biegung).
Bei ausreichend großer Drucknormalkraft bzw. Vor- 0,8

spannung ist ein Gleichgewicht nach der Rissbildung sc


0,6
ohne Bewehrung möglich. Da die Rissbreite bei gege- 0,4
bener Krümmung etwa proportional zur Risstiefe ist,
Act 0,2
kann von einer ausreichenden Begrenzung der Riss- fct,eff
sc
breite auch ohne Mindestbewehrung (! kc D 0) aus-
-1,5 fct,eff fct,eff
gegangen werden, wenn die Risstiefe auf kleine Wer- reine Biegung
te begrenzt wird. Nach König u. Fehling (1989) ist Biegung mit
zentrischer Zug
dies der Fall, wenn der Querschnitt nicht weiter als Drucknormalkraft
(Risstiefe £ h/3)
h=2  0;5 m aufreißt. Für DIN 1045-1 und EN 1992-
1-1 wurde dies auf h=3  0;3 m zugeschärft. Aus Abbildung 11.11 Interpolationsregel für die Ermittlung von kc
dieser Bedingung kann für Rechteckquerschnitte die
erforderliche Drucknormalspannung im Zustand I für
kc D 0 abgeleitet werden. Bei stark gegliederten Querschnitten – Plattenbal-
Im gerissenen Zustand bei einer Risstiefe von ken oder Hohlkästen – können durch die gegensei-
h=3 beträgt die Exzentrizität der Normalkraft tige Dehnungsbehinderung der verschiedenen Quer-
e II D 5=18h (Abb. 11.10). Für den ungerissenen schnittsteile zusätzliche Zwangspannungen z. B. aus
Zustand gilt: unterschiedlich starkem Schwinden entstehen, die Ris-
N D c bh ; (11.34) se vor allem in den dünneren Querschnittsteilen her-
vorrufen können. Die Mindestbewehrung muss daher
bh 2
Mcr D .c C fct;eff /  ; (11.35) für Teilquerschnitte separat ermittelt werden. Bei der
6 Aufteilung des Querschnitts ist allerdings zu beach-
Mcr
eI D : (11.36) ten, dass jeweils an einem Rand der Teilquerschnitte
N die Zugfestigkeit fct;eff erreicht werden muss, um die
Da N und M vor und nach der Rissbildung identisch Konformität mit der für die Rissbreitenberechnung an-
sein müssen, gilt e II D e I . Gleichsetzen ergibt genommenen Spannungsverteilung sicherzustellen. In
bh2 Abb. 11.12 ist die Aufteilung am Beispiel eines Plat-
.c C fct;eff /  Š 5
eI D 6
D h (11.37) tenbalkens, der durch negatives Biegemoment bean-
c bh 18
sprucht wird, dargestellt.
) c D 1;5fct;eff : (11.38)
Bei gezogenen Gurten gegliederter Querschnitte
Um auch Querschnitte mit h > 1;0 m zu erfassen, (Platten von Hohlkasten oder Plattenbalken) bildet kc
muss die Schwerpunktsdruckspannung nach Zustand I nach Abb. 11.11 die Veränderung des inneren Hebel-
c D N=Ac D 1;5maxfh; 1gfct;eff (h in m) erfüllen. arms des Gesamtquerschnitts als Folge der Rissbildung
Damit kann für kc eine allgemeine Interpolations- allerdings nicht widerspruchsfrei ab. Für diese Fälle
regel in Abhängigkeit der Schwerpunktsspannung für kann nach König u. Fehling (1989) kc näherungsweise
den gesamten Bereich 0  kc  1;0 nach Abb. 11.11 über die Bedingung ermittelt werden, dass durch Be-
angegeben werden.

Zugkeil
vor Rissbildung nach Rissbildung 2 1 2
fct,eff fct,eff

2 2
N = sc b h 2/9 h 2 1 sc hct
S hct
e = - 5 / 18 h e
sc 1
S sc
1

h/3
1 Teilquerschnitt "Steg"

Act 2 Teilquerschnitt "Gurt"


fct,eff

Abbildung 11.10 Spannungsverteilung vor und nach der Riss- Abbildung 11.12 Aufteilung gegliederter Querschnitte in Teil-
bildung bei einem Querschnitt ohne Zugbewehrung und Begren- querschnitte zur Ermittlung der Mindestbewehrung (Darstellung
zung der Risstiefe auf h=3 für reine Biegung)
11.4 Rissbreitenbegrenzung 423
a b c
11.4.5.3 Mindestbewehrung bei massigen
Bauteilen
+ =
Da die erforderliche Mindestbewehrung nach
Gl. (11.40) unmittelbar mit Act , der Zugzone im
(1-k) fct,eff k fct,eff fct,eff
Zustand I verknüpft ist, werden bei massigen Bau-
teilen wie Widerlagerwänden von Brücken oder
a Eigenspannung Betonbauteilen des Wasserbaus, bei denen die
b Spannung aus äußerem Zwang
c resultierende Spannung
Rissbildung i. Allg. durch Zwangspannungen aus
abfließender Hydratationswärme, sog. frühem Zwang,
Abbildung 11.13 Einfluss von Eigenspannungen auf die effek- verursacht wird, erhebliche Bewehrungsmengen
tive Betonzugfestigkeit erforderlich. Allerdings bewirkt die Konzentration
der Zugkräfte auf die bewehrte Randzone eine früh
einsetzende Sekundärrissbildung und damit einherge-
hend eine wirksamere Rissbreitenbegrenzung, die für
wehrung etwa 90% der bei Rissbildung frei werdenden
eine Reduktion der erforderlichen Bewehrungsmenge
Zugkeilkraft des Zustands I abgedeckt werden muss.
gegenüber Gl. (11.40) genutzt werden kann. In König
Damit ist
u. Tue (1996) wurde hierzu ein Bemessungskonzept
vorgestellt, das in Maurer (2007) an DIN 1045-1
s  As D kc  fct;eff  Act (11.39a) angepasst wurde; entsprechende Regeln als Ergänzung
 0;9  Fcr;Gurt (11.39b) zur Berechnung der Mindestbewehrung haben in die
Fcr;Gurt Neufassung der DIN 1045-1 Eingang gefunden.
) kc D 0;9  (11.39c) Nach der Entstehung eines ersten Trennrisses muss
fct;eff  Act
die Zugkraft ausgehend vom Riss über die Verbundwir-
kung der am Rand konzentrierten Bewehrung wieder
mit Fcr;Gurt als Integral der Zugspannungen im Zustand in den Beton eingetragen werden. Bei massigen Bau-
I über den betrachteten Querschnittsteil (Zugkeilkraft). teilen mit großem Abstand zwischen den Bewehrungs-
Sowohl DIN 1045-1 als auch EN 1992-1-1 sehen vor, lagen wird es anschließend zur Ausbildung von Se-
dass die Mindestbewehrung – ohne Abminderung auf kundärrissen in der Randzone kommen, bevor weitere
90% – für einen Zugkeil, dessen Nulllinie am unteren Trennrisse entstehen, da die erforderliche Zugkraft zur
Plattenrand liegt, ausgelegt wird. Es gilt also s  As D Sekundärrissbildung kleiner als die Primärrisskraft ist
0;5  fct;eff  Act , d. h. kc;min D 0;5. (s. Abbn. 11.14 und 10.7). Dadurch wird die Rissbreite
Nichtlinear über den Querschnitt verteilte Eigen- des Primärrisses in der Randzone reduziert, gleichzei-
spannungen z. B. aus ungleichmäßigem Schwinden tig fällt die Zwangkraft durch die Rissbildung ab.
oder aus über den Querschnitt ungleichmäßig ver- Die Mindestbewehrung muss demnach in der La-
teilten Temperaturen (Abfließen der Hydratationswär- ge sein, die Rissschnittgröße des Erstrisses aufzuneh-
me) vermindern die am Querschnittsrand aufnehm- men, ohne dass dabei die Streckgrenze überschritten
baren Zugspannungen. Unter der Annahme, dass die wird. Strengere Spannungsgrenzen werden erst für die
Rissbildung einsetzt, wenn am Querschnittsrand die Begrenzung der Sekundärrissbreiten erforderlich. Da-
Zugfestigkeit fct;eff erreicht wird, wirken Eigenspan- mit kann bei massigen Bauteilen die Mindestbeweh-
nungen der Größe .1  k/fct;eff vermindernd auf die
Rissschnittgröße (Abb. 11.13). Der Eigenspannungs-
beiwert k wird i. d. R. mit k D 0;5–0,8 angenom-
men und ist wegen des Anwachsens der Eigenspan-
nungen mit der Bauteildicke an h geknüpft. Die redu- Primärriss
zierte Zugfestigkeit k  fct;eff sollte allerdings nur ange- F

setzt werden, wenn Zwang und Eigenspannungen si-


cher gleichzeitig wirken, wenn also beide die gleiche Primärriss
1:2
Ursache haben (! innerer Zwang). Die Beziehung zur
Ermittlung der Mindestbewehrung lautet damit: d1
heff

Sekundärrisse
Act
As D kc  k  fct;eff  : (11.40) Abbildung 11.14 Mechanismus der Rissbildung bei dicken
s Bauteilen (nach Maurer 2007)
424 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

heff £ h/2
11.4.5.4 Wirksame Zugfestigkeit fct;eff

as in cm²/m
Ac,eff Für fct;eff kann auch bei der Berechnung der Mindest-
(je Oberfläche) bewehrung die mittlere Zugfestigkeit, die zum Zeit-
70 punkt der Rissbildung vorliegt, angesetzt werden. So-
C30/37 d1 fern der Rissbildungszeitpunkt nicht genauer festgelegt
60 ds = 20 mm
wk = 0,3 mm h werden kann, gilt fct;eff D fctm . Da eine gegenüber
50
zentrischer Zug fctm erhöhte Zugfestigkeit zu größeren Rissschnittgrö-
c = 55 mm
ßen und damit bei gegebener Bewehrung zu größeren
40 Rissbreiten insbesondere im Einzelrisszustand führt,
werden in DIN 1045-1 Mindestwerte der anzuneh-
30
menden Zugfestigkeit festgelegt (Normalbeton: fctm 
20 c = 35 mm 3;0 N=mm2 , entspricht etwa einem Beton der Fes-
dünne Bauteile tigkeitsklasse C30/37), um bei den häufig auftreten-
10
massige Bauteile
den Überfestigkeiten der Baustellenbetone eine ausrei-
chende Begrenzung der Rissbreiten infolge Zwang zu
0
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 gewährleisten.
Bauteildicke h in m In Fällen, in denen die Rissbildung bereits kurz
Abbildung 11.15 Vergleich der erforderlichen Mindestbeweh- nach der Herstellung eintritt, z. B. bei Zwangrissbil-
rung nach der Theorie für massige Bauteile (Gln. 11.41 und dung infolge des Abfließens der Hydratationswärme,
11.42) mit dem Standardverfahren nach Gl. (11.40) für zwei ver- ist die Festigkeit noch nicht voll entwickelt. Sofern
schiedene Betondeckungen c (nach Fingerloos u. Zilch 2008)
die Rissbildung mit Sicherheit frühzeitig (3–5 Tage
nach dem Einbringen des Betons in die Schalung) ein-
tritt, darf nach DIN 1045-1 ohne weiteren Nachweis
rung anstelle von Gl. (11.40) durch die Gln. (11.41)
fct;eff D 0;5fctm angenommen werden. Diese, im Rah-
und (11.42) bestimmt werden.
men der Tragwerksplanung getroffene Annahme ist in
Ac;eff jedem Fall dem Bauausführenden zur Kenntnis zu ge-
As D fct;eff  (11.41)
s ben.
Act
 k  fct;eff  (11.42)
fyk
Auf die Reduktion der Zugfestigkeit als Folge von 11.4.5.5 Einfluss der Betontechnologie
Eigenspannungen wird in Gl. (11.41) verzichtet. Die
Stahlspannung s wird in Abhängigkeit des Beweh- Eine weitere Möglichkeit, die erforderliche Mindest-
rungsdurchmessers nach Gl. (11.25) begrenzt; eine bewehrung u. a. für massige Bauteile zu reduzieren, ist
Korrektur des Durchmessers bei von fct;0 abweichen- in der Wahl eines langsam erhärtenden Betons und da-
der wirksamer Zugfestigkeit nach Gl. (11.26) muss er- mit geringer Hydratationswärmeentwicklung zu sehen.
folgen, die Korrektur nach Gl. (11.30) entfällt dage- Die Rissbreite bei Rissen aus Zwang infolge abflie-
gen, da die Sekundärrissbildung bereits explizit erfasst ßender Hydratationswärme wird wegen der zeitlichen
wird. Streckung des Vorgangs durch Kriechen bzw. Relaxa-
Eine nennenswerte Reduktion der Mindestbeweh- tion reduziert (vgl. Maurer 2007).
rung bei massigen Bauteilen gegenüber Gl. (11.40) ist Für Betone mit r  0;30 erlaubt DIN 1045-1 eine
allerdings erst bei heff  5d1 , d. h. h=d1 > 30 (zentri- pauschale Reduktion der Mindestbewehrung mit dem
scher Zug) bzw. h=d1 > 60 (Biegung) zu erwarten (s. Faktor 0,85. Hierbei bezeichnet r D fcm;2 =fcm;28 das
Abb. 11.15). Verhältnis der Mittelwerte der Druckfestigkeiten nach
Alternative Verfahren zur Berechnung der Min- 2 und 28 Tagen (s. DIN 1045-3). Allerdings ist ei-
destbewehrung bei frühem Zwang speziell für mas- ne langsamere Erhärtung des Betons auch an länge-
sige Bauteile des Wasserbaus sind in einem BAW- re Ausschalfristen, Nachbehandlungsdauern, etc. ge-
Merkblatt enthalten.3 knüpft; die Verwendung eines langsam erhärtenden
Betons sollte daher im Vorfeld zwischen Tragwerks-
planer, Betontechnologe und Bauausführendem abge-
3
Bundesanstalt für Wasserbau (BAW): Merkblatt zur Rissbrei- stimmt werden und muss in jedem Fall in den Aus-
tenbegrenzung für frühen Zwang in massiven Wasserbauwerken führungsunterlagen für den Ausführenden deutlich ge-
Ausgabe September 2004 ! www.baw.de macht werden.
11.4 Rissbreitenbegrenzung 425

klaffende Risse!
11.4.5.6 Auswirkungen unterschiedlicher
Sw = Dl
1
Steifigkeiten bei Zwang 2

Dl (® Nind)
Schnittgrößen und Spannungen aus Zwang entstehen,
wenn Verformungen – z. B. als Folge abfließender Hy-
dratationswärme, infolge Schwindens oder aus Tem-
peraturdifferenzen – sich nicht frei einstellen können 1 2
As,min,2 << As,min,1
(äußerer Zwang, s. Abschn. 2.2.3.1 und 13.3). Beispie-
le hierfür sind auf Systemebene u. a. Deckenplatten in As,min,1 Act,1 Act,2

Hochbauten, deren Schwindverkürzung durch ausstei-


fende Kerne behindert wird, bzw. auf Querschnitts- a Zugstab mit Steifigkeitssprung
ebene u. a. Hohlkastenquerschnitte, bei denen Quer-
schnittselemente mit unterschiedlichen Abmessungen
und Steifigkeiten kombiniert werden.4
Für den Nachweis der Rissbreitenbegrenzung bei
Zwang ist die Modellvorstellung hilfreich, dass die be- Zwang
hinderte Verformung der Summe der Rissbreiten des
Bauteils entsprechen muss. Mit der Wahl der zulässi-
gen Rissbreite wk ist die erforderliche Anzahl der Risse
sowie deren mittlerer bzw. maximaler Abstand festge- aussteifender Kern
legt. Der Nachweis besteht folglich nur in der Ermitt- Bereich mit erhöhter
Mindestbewehrung
lung der Bewehrungsmenge, die den geforderten Riss-
abstand sicherstellt. Zum Nachweis bei gleichzeitiger b Beispiel: Deckenplatte (Parkdeck) mit Öffnung (schematisch)
Wirkung von Last und Zwang vgl. Abschn. 13.3. Abbildung 11.16a,b Auswirkungen unterschiedlicher Steifig-
Die Ermittlung der Mindestbewehrung zur Riss- keiten auf die Mindestbewehrung bei Zwang
breitenbegrenzung nach normativen Regeln ist aller-
dings an die elementare Randbedingung annähernd
konstanter Steifigkeiten geknüpft. Deren Bedeutung Da sich kc , k, fct;eff und s kaum unterscheiden,
soll am Zugstab nach Abb. 11.16 a, der an beiden En- ist As;min naturgemäß proportional zu Act , damit gilt
den gehalten und einer Schwindverkürzung (gleichbe- As;min;1  As;min;2 .
deutend mit einer Verlängerung des Stabes um l D Die Rissbildung wird wegen der kleineren Riss-
"cs  l bzw. der daraus erzeugten Normalzugkraft Nind ) schnittgröße im verjüngten Bereich einsetzen. Die
unterworfen ist, erläutert werden. Bewehrung As;min;2 ist darauf ausgelegt, diese Riss-
Über die Länge l2 des Stabes ist der Querschnitt auf schnittgröße mit s < fyk aufzunehmen. Allerdings
Act;2 verjüngt, in den übrigen Bereichen  1 weist der
wird die über Verbund eingetragene Zugkraft ggf.
Stab die Querschnittsfläche Act;1 > Act;2 auf. Bei iso- selbst bei Ausnutzung der Streckgrenze nicht ausrei-
lierter Betrachtung der beiden Bereiche werden folgen- chend sein, um die Rissbildung im übrigen Bereich
de Mindestbewehrungsmengen erforderlich: 1 mit deutlich größerer Rissschnittgröße einzuleiten.
Act;1 Die gesamte Zwangdehnung wird daher nicht durch
As;min;1 D kc kfct;eff ; gleichmäßig über die gesamte Länge des Zugstabs
s
Act;2 verteilte Risse aufgenommen, sondern im Bereich  2
As;min;2 D kc kfct;eff : über wenige, unzulässig breite Risse abgebaut.
s
Bei Steifigkeitssprüngen ist folglich eine isolierte
Betrachtung auf Querschnittsebene nicht hinreichend
4 für die Begrenzung der Zwangrissbreiten. Die für Be-
Bei Hohlkastenquerschnitten im Brückenbau werden z. B. dün-
ne Bodenplatten mit dicken Stegen kombiniert. Die größere Ge- reich 2 erforderliche Mindestbewehrungsmenge rich-

schwindigkeit der Schwindprozesse dünner Bauteile erzeugt ei- tet sich dem entsprechend nach der Rissschnittgröße
ne Differenz der Schwinddehnungen zwischen Stegen und Bo- im Bereich ; 1 sie muss in der Lage sein, bei begrenz-
denplatte, die zentrischen Zug in der Bodenplatte zur Folge hat. ter Stahlspannung ausreichend große Verbundkräfte zu
Bei Spannbetonbrücken der Baujahre bis 1970 wurden diese übertragen, um weitere Risse im Bereich  1 zu initi-
Zwangspannungen unterschätzt; breite Risse in der Bodenplat-
ten quer zur Haupttragrichtung waren die Folge (König u. Tue ieren. Als obere Abgrenzung ist im geschwächten Be-
1996). Gleiches gilt prinzipiell auch für die dünnen Fahrbahn- reich  2 die Bewehrungsmenge des ungeschwächten
platten. Bereichs  1 einzulegen () As;min;2 D As;min;1 ).
426 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Die erläuterten Zusammenhänge sind u. a. bei De- ds s  ds


sr;max D  : (11.45)
ckenplatten, die durch steife Kerne gehalten werden 3;6  eff  3;6  fct;eff
und gleichzeitig große Öffnungen aufweisen – z. B. In den Gln. (11.44) und (11.45) bedeuten:
Decken in Parkhäusern mit Öffnungen für Auf- bzw. s Betonstahlspannung im Zustand II für die maßge-
Abfahrtsrampen (Abb. 11.16 b) – zu berücksichtigen. bende Einwirkungskombination nach Tabelle 11.5
˛s Verhältnis der E-Moduli
D Es =Ecm
fct;eff wirksame Betonzugfestigkeit zum betrachteten
Zeitpunkt (vgl. Abschn. 11.4.3.5); für fct;eff ist der
11.4.6 Nachweise nach DIN 1045-1 Mittelwert der Zugfestigkeit fctm der zum betrach-
teten Zeitpunkt vorliegenden Festigkeitsklasse
Im Folgenden wird die Umsetzung der erläuterten Zu- anzusetzen.
eff  effektiver Bewehrungsgrad; bei Stahlbetonbautei-
sammenhänge in normative Regeln zusammenfassend len gilt:
dargestellt. D As =Ac;eff mit Ac;eff nach Abb. 11.6; i. Allg. darf
hc;eff D 2;5  d1 verwendet werden.
Normenregelung nach DIN 1045-1 ds der Stabdurchmesser des Betonstahls; werden in
einem Querschnitt Stäbe mit verschiedenen Durch-
Anforderungen an die Begrenzung der Rissbreite messern, Stabbündel oder Doppelstäbe verwen-
Zulässige Rechenwerte der Rissbreite wk werden in det, gilt:
Anforderungsklassen nach Tabelle 11.5 festgelegt. Nach • Bei Stäben mit unterschiedlichem Durchmesser
DIN 1045-1, 11.2.1 (12) ist ein Nachweis der Rissbreiten- darf ein mittlerer Stabdurchmesser dsm verwen-
begrenzung bei vorwiegend biegebeanspruchten Platten det werden:
mit einer Gesamtdicke von maximal 200 mm, die der P 2 P
dsm D ds;i = ds;i
Expositionsklasse XC1 (Innenbauteile) zugeordnet wer- • Bei Stabbündeln ist anstelle des Stabdurchmes-
den, nicht erforderlich, wenn die Regeln zur konstruktiven sers der Einzelstäbe der Vergleichsdurchmes-
Durchbildung nach den entsprechenden Abschnitten in ser dsV , d. h. der Durchmesser einespflächen-
DIN 1045-1 eingehalten werden. gleichen Einzelstabes mit dsV D ds  n mit n
Die Begrenzung der Rissbreiten umfasst folgende als Anzahl der Einzelstäbe eines Stabbündels
Nachweise: zu verwenden.
• Nachweis der Mindestbewehrung; • Bei Betonstahlmatten mit Doppelstäben darf
• Nachweis der Begrenzung der Rissbreite unter der Durchmesser eines Einzelstabes angesetzt
der maßgebenden Einwirkungskombination nach werden.
Tabelle 11.5. Nachweis ohne direkte Berechnung der Rissbreite
Letzterer kann durch direkte Berechnung oder durch die Nach DIN 1045-1, 11.2.3 kann der Nachweis ohne direkte
Einhaltung von Konstruktionsregeln erbracht werden. Berechnung geführt werden:
• bei Rissbildung infolge überwiegender indirekter Ein-
wirkungen (Zwang) durch die Begrenzung der Stab-
Nachweis durch direkte Berechnung der Rissbreite durchmesser.
Die Begrenzung der Rissbreite durch direkte Berechnung • bei Rissbildung infolge überwiegender direkter Einwir-
kann nach DIN 1045-1, 11.2.4 nachgewiesen werden. Die kungen (Last) entweder durch die Begrenzung der
Rissbreite errechnet sich nach Gl. (11.43): Stabdurchmesser oder die Begrenzung der Stabab-
wk D sr;max  ."sm  "cm / : (11.43) stände.
Für die Anwendung nach DIN 1045-1 sind die Grenzdurch-
Zur Zusammenführung der beiden Risszustände wird der
messer ds bzw. die Höchstwerte der Stababstände in Ta-
Einzelrisszustand als Abgrenzung für Rissabstand und
belle 11.6 zusammengefasst. Die Tabellenwerte für ds ba-
Differenz der mittleren Dehnung eingeführt. Der Völlig-
sieren auf der Beziehung
keitsbeiwert ˇt D 0;4 der Spannungsverteilungen zwi-
schen den Rissen berücksichtigt die Auswirkungen lang- 6  wk  Es  fct;0
andauernder oder wiederholter Belastungen. Der Mindest- ds D ; (11.46)
s2
wert für ."sm  "cm / folgt aus dem Einzelrisszustand nach
Gl. (11.13c). Mit Gl. (11.17d) gilt: mit fct;0 D 3;0 N=mm2 (vgl. Gl. 11.25). Die Stahlspannung
s ist für einen gerissenen Querschnitt unter der maßge-
s fct;eff benden Einwirkungskombination (vgl. Tabelle 11.5) zu er-
"sm  "cm D  0;4   .1 C ˛s  eff /
Es eff   Es mitteln. Die in Tabelle 11.6 enthaltenen Grenzdurchmes-
s ser müssen in Abhängigkeit der wirksamen Betonzugfes-
 0;6 : (11.44)
Es tigkeit und dürfen in Abhängigkeit der Bauteilhöhe (! Be-
rücksichtigung der Sekundärrissbildung) modifiziert wer-
Für den maximalen Rissabstand wird die zweifache Einlei-
den (vgl. Gl. 11.30):
tungslänge lt des Einzelrisses nach Gl. (11.12d) als obere
Begrenzung des Rissabstandes nach Gl. (11.16d) einge- s  As fct;eff
ds D ds   ds  : (11.47)
führt. Mit sm D 1;8  fct;eff folgt: 4  .h  d /  b  fct0 fct0
11.4 Rissbreitenbegrenzung 427

Tabelle 11.6 Grenzdurchmesser ds und Höchstwerte der Stababstände nach DIN 1045-1 für Betonrippenstähle
(fct0 D 3;0 N/mm2 )

Grenzdurchmesser ds der Stäbe in mm Höchstwerte der Stababstände in mm


Stahlspannung Rechenwert der Rissbreite wk in mm Stahlspannung Rechenwert der Rissbreite wk in mm
s in N/mm2 wk D 0;4 wk D 0;3 wk D 0;2 s in N/mm2 wk D 0;4 wk D 0;3 wk D 0;2

160 56 42 28 160 300 300 200


200 36 27 18 200 300 250 150
240 25 19 13 240 250 200 100
280 18 14 9 280 200 150 50
320 14 11 7 320 150 100
360 11 8 6 360 100 50
400 9 7 5
450 7 5 4

In Gl. (11.47) bedeuten: k1 D 1;5  h= h0 für Drucknormalkraft


k1 D 2=3 für Zugnormalkraft
ds modifizierter Grenzdurchmesser
ds Grenzdurchmesser nach Tabelle 11.6 mit h als Höhe des Querschnitts bzw. Teilquer-
s Betonstahlspannung im Zustand II schnitts und
h Bauteilhöhe
d statische Nutzhöhe h0 D h für h < 1 m
b Breite der wirksamen Betonzugfläche h0 D 1 m für h  1 m
fct0 Bezugswert der Betonzugfestigkeit für Tabelle 11.6
Fcr Zugkraft im Zuggurt gegliederter Querschnitte im
D 3;0 N/mm2 .
Zustand I unmittelbar vor der Rissbildung (Rand-
spannung fct;eff )
Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite
k Beiwert zur Berücksichtigung nichtlinear verteilter
Nach DIN 1045-1, 11.2.2 darf die Mindestbewehrung zur
Betonzugspannungen; bei Zugspannungen infolge
Begrenzung der Rissbreite bei Zwangeinwirkungen nach
im Bauteil selbst hervorgerufenen Zwangs (z. B.
Gl. (11.48) ermittelt werden.
Eigenspannungen infolge Abfließen der Hydratati-
Act onswärme) gilt:
As D kc  k  fct;eff  (11.48)
s
k D 0;8 für h  300 mm
In Gl. (11.48) bedeuten: k D 0;5 für h  800 mm
As erforderlicher Mindestbewehrungsquerschnitt Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden;
kc Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der bei Zugspannungen infolge außerhalb des Bau-
Spannungsverteilung innerhalb der Zugzone Act teils hervorgerufenen Zwangs (z. B. Stützensen-
vor der Erstrissbildung sowie der Änderung des in- kung) gilt:
neren Hebelarms beim Übergang in den Zustand
II: k D 1;0

• für Rechteck-Querschnitte sowie Stege von Act Fläche der Betonzugzone im Querschnitt oder Teil-
Plattenbalken und Hohlkästen: querschnitt; die Zugzone ist derjenige Teil des
  Querschnitts oder Teilquerschnitts, der unter der
c zur Erstrissbildung am Gesamtquerschnitt führen-
kc D 0;4  1 C 1 (11.49)
k1  fct;eff den Einwirkungskombination im ungerissenen Zu-
stand rechnerisch unter Zugspannungen steht.
• für Zuggurte von Plattenbalken und Hohlkästen: fct;eff wirksame Betonzugfestigkeit, vgl. Ab-
Fcr schn. 11.4.5.4; für fct;eff ist der Mittelwert der
kc D 0;9   0;5 (11.50) Zugfestigkeit fctm der zum betrachteten Zeitpunkt
Act;eff
vorliegenden Festigkeitsklasse anzusetzen. Wenn
c Betonspannung in Höhe der Schwerlinie des Quer- die Rissbildung mit Sicherheit frühzeitig (3–5
schnitts oder Teilquerschnitts im ungerissenen Zu- Tage nach der Herstellung) eintritt, darf, sofern
stand unter der Einwirkungskombination, die am kein genauerer Nachweis geführt wird, fct;eff zu
Gesamtquerschnitt zur Erstrissbildung führt (Druck 50% des Mittelwerts der Zugfestigkeit in einem
negativ) Betonalter von 28 Tagen angenommen werden.
k1 Beiwert zur Berücksichtigung der Auswirkung einer Auf diese Annahme ist allerdings in Ausführungs-
Normalkraft auf die Spannungsverteilung: plänen o. ä. hinzuweisen. Wenn der Zeitpunkt der
428 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Rissbildung nicht mit Sicherheit in den ersten 28 ebenfalls in EN 1992-1-1 wieder. Dessen Formelwerk
Tagen festgelegt werden kann, gilt: zur Berechnung von Rissbreiten baut analog zu
D fctm  3;0 N=mm2 (Normalbeton) DIN 1045-1 grundlegend auf Gl. (11.9) auf:
D flctm  2;5 N=mm2 (Leichtbeton)
s zulässige Spannung in der Betonstahlbewehrung wk D sr;max  ."sm  "cm / :
zur Begrenzung der Rissbreite in Abhängigkeit vom
Grenzdurchmesser ds nach Tabelle 11.6. Ein wesentlicher Unterschied liegt – nach einem Vor-
Die Begrenzung der Rissbreite darf durch eine Begren- schlag von Beeby – in der Festlegung des maximalen
zung des Stabdurchmessers ds nachgewiesen werden. Rissabstandes sr;max , der im Unterschied zu DIN 1045-
Der der Stahlspannung s zugeordnete Grenzdurchmes- 1 nicht über primär mechanische Zusammenhänge ab-
ser ds ist dabei wie folgt zu modifizieren: geleitet wird, sondern auf semi-empirischen Beziehun-
kc  k  ht fct;eff fct;eff gen in Anlehnung an Gl. (11.20) beruht und die Grö-
ds D ds    ds  : (11.51)
4  .h  d / fct;0 fct;0 ße der Betondeckung als Einflussfaktor berücksichtigt.
In Gl (11.51) bedeuten: Allerdings wird die Formel für sr;max durch länderspe-
zifisch festzulegende Parameter soweit geöffnet, dass
ht die Höhe der Zugzone im Querschnitt bzw. Teilquer-
schnitt vor Beginn der Erstrissbildung z. B. im Rahmen des NA D das Formelwerk weit-
fct;0 Bezugswert der Betonzugfestigkeit für Tabelle 11.6 gehend – allerdings nicht vollständig – an DIN 1045-1
D 3;0 N=mm2 . angeglichen wird.
Wenn die Zwangsschnittgröße die Rissschnittgröße Die Durchmessertabellen zur Begrenzung der Riss-
nicht erreicht, darf bei Bauteilen ohne Vorspannung breite ohne direkte Berechnung wurden im Zuge der
bzw. bei Vorspannung ohne Verbund die Mindestbe- Erarbeitung des Eurocode allerdings nicht auf der
wehrungsmenge vermindert werden. In diesem Fall darf Grundlage der Rissformeln in EN 1992-1-1 entwickelt,
die Mindestbewehrung für die nachgewiesene Zwangs-
sondern basieren hinsichtlich der mittleren Dehnun-
schnittgröße unter Berücksichtigung der Anforderungen
an die Rissbreitenbegrenzung (s. Tabelle 11.6) ausgelegt gen auf modifizierten Beziehungen (vgl. Corres Pei-
werden. retti 2001):
 
s sr
Mindestbewehrung – "sm  "cm D  1  kt : (11.54)
Es s
Ergänzungen für dickere Bauteile
Nach DIN 1045-1, 11.2.2 (8) darf die Mindestbewehrung Wie in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 werden die Aus-
zur Begrenzung der Rissbreiten für zentrische Zwangbe- wirkungen der Zugversteifung als beanspruchungs-
anspruchungen gesondert für jede Bauteiloberfläche unter
Ansatz der effektiven Zugzone Ac;eff ermittelt werden:
unabhängig konstant angesehen, allerdings wird die
8 Rissspannung sr in Anlehnung an Gl. (11.40) aus
ˆ fct;eff  Act;eff
ˆ
< Gl. (11.55) ermittelt (vgl. Anmerkungen zu den Durch-
s
As D max Act : (11.52) messertabellen in EN 1992-1-1).
ˆk f
:̂ ct;eff 
fyk
kc kfct;eff hcr
Zur Ermittlung von s ist ds nach Tabelle 11.6 in Abhän- sr D  (11.55)
p;eff 2;5k 0 .h  d /
gigkeit der wirksamen Betonzugfestigkeit fct;eff zu modifi-
zieren: Es ist daher nicht möglich, die Werte der Durchmes-
fct;eff sertabellen geschlossen aus dem in EN 1992-1-1 vor-
ds  ds  : (11.53)
fct;0 gestellten Formelwerk ableiten.
Gleichzeitig stellt die nach den Gln. (11.48) und (11.51) er-
mittelte Bewehrungsmenge die Obergrenze der erforderli- Normenregelung nach EN 1992-1-1
chen Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung dar.
Anforderungen an die Begrenzung der Rissbreite
Zulässige Rechenwerte der Rissbreite wk werden nach
Tabelle 11.5 länderspezifisch festgelegt. Es sind folgende
11.4.7 Nachweise nach EN 1992-1-1 Nachweise zu führen:

• Nachweis der Mindestbewehrung zur Begrenzung der


Das in DIN 1045-1 enthaltene, duale Konzept zur Rissbreite;
Rissbreitenbegrenzung – Mindestbewehrung für • Nachweis der Begrenzung der Rissbreite für die maß-
Zwangeinwirkungen und zusätzlich Nachweis der gebende Einwirkungskombination nach Tabelle 11.5.
Rissbreite für eine von der Korrosionsgefährdung Letztgenannter Nachweis kann durch direkte Berechnung
abhängigen Einwirkungskombination – findet sich oder durch Einhaltung von Konstruktionsregeln erfolgen.
11.4 Rissbreitenbegrenzung 429

Nachweis durch direkte Berechnung der Rissbreite k3 Beiwert zur Anrechnung der Betondeckung
Nach EN 1992-1-1, 7.3.4 darf die Begrenzung der Riss- ! NDP (Tabelle 11.7)
breite durch direkte Berechnung mit Gl. (11.56) nachge- k4 Beiwert zur Anrechnung der Bewehrung
wiesen werden (s. Gl. 11.9): ! NDP (Tabelle 11.7).
wk D sr;max  ."sm  "cm / : (11.56) Nachweis ohne direkte Berechnung der Rissbreite
Die Differenz der mittleren Dehnungen entspricht weitest- Der Nachweis ohne direkte Berechnung darf nach
gehend DIN 1045-1; lediglich hinsichtlich des Völligkeits- EN 1992-1-1, 7.3.3 geführt werden. Analog zu DIN 1045-1
beiwerts (hier kt ) wird eine Unterscheidung eingeführt. kann die Begrenzung der Stabdurchmesser sowohl für
direkte als auch für indirekte Einwirkungen angewandt
s fct;eff   werden, während die Begrenzung der Stababstände ledig-
"sm  "cm D  kt   1 C ˛s  p;eff
Es p;eff  Es lich für direkte Einwirkungen herangezogen werden darf.
s Die in Tabelle 11.8 für die Anwendung mit EN 1992-1-1
 0;6 (11.57) angegebenen Grenzdurchmesser ds und Höchstwerte
Es
der Stababstände sind ebenfalls als empfohlen Werte
Der maximale Rissabstand wird abweichend von zu betrachten, die länderspezifisch konkretisiert werden
DIN 1045-1 festgelegt. Sofern die Stäbe mit ausreichend können.
kleinem Abstand s  5 .c C ds =2/ zueinander liegen, Die Grenzdurchmesser sind auf fct;0 D 2;9 N=mm2 be-
berühren oder überschneiden sich die Einflussbereiche zogen und sind nach Gleichung (11.60) zu modifizieren
der Stäbe; der Rissabstand kann in diesem Fall nach (Gl. 11.60 ist eine empfohlene Beziehung und kann län-
Gl. (11.58) berechnet werden. In den übrigen Fällen gilt derspezifisch definiert werden ! NDP nach Tabelle 11.7):
Gl. (11.59)
8
für s  5 .c C ds =2/ ˆ
ˆ fct;eff kc  hcr
< ds   (Biegung)
ds ds D 2;9 2  .h  d / :
sr;max D k3  c C k1  k2  k4  ; (11.58) ˆ  fct;eff hcr
p;eff :̂ ds   (zentrischer Zug)
2;9 8  .h  d /
für s > 5 .c C ds =2/ (11.60)
sr;max D 1;3  .h  x/ : (11.59)
In Gl. (11.60) bedeuten, soweit nicht bereits erläutert:
In den Gln. (11.57)–(11.59) bedeuten, soweit nicht bereits
in Zusammenhang mit DIN 1045-1 erläutert: hcr Höhe der Zugzone unmittelbar vor der Rissbildung
kc Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der
kt Völligkeitsbeiwert der Spannungsverteilung zwi- Spannungsverteilung innerhalb des Querschnitts
schen den Rissen vor der Erstrissbildung sowie der Änderung des
D 0;6 bei kurzzeitiger Einwirkung inneren Hebelarms (vgl. Mindestbewehrung zur
D 0;4 bei langfristiger Einwirkung Begrenzung der Rissbreite).
p;eff effektiver Bewehrungsgrad; bei Stahlbetonbautei-
len gilt: Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite
D As =Ac;eff Die Regeln nach EN 1992-1-1, 7.3.2 zur Mindestbeweh-
Ac;eff wirksame Betonzugfläche nach Abb. 11.6; abwei- rung für die Begrenzung der Rissbreite stimmen weitest-
chend von DIN 1045-1 gilt für hc;ef mit x als Druck- gehend mit DIN 1045-1 überein. Die erforderliche Beweh-
zonenhöhe 8 im Zustand II : rungsmenge ist mit Gl. (11.48) zu berechnen. Für Stahl-
ˆ 2;5  .h  d /
< betonbauteile weicht EN 1992-1-1 lediglich in folgenden
hc;ef D min .h  x/=3 Punkten ab:
:̂ • Die wirksame Zugfestigkeit fct;eff , die beim Auftreten
h=2
ds Stabdurchmesser; analog zu DIN 1045-1 ist bei der Risse zu erwarten ist, entspricht fctm ; sofern die
Stäben mit unterschiedlichen Durchmessern in ei- Rissbildung in einem Betonalter < 28 Tage zu erwar-
nem Querschnitt ein äquivalenter Durchmesser deq ten ist, können niedrigere Werte angesetzt werden. Ein
zu verwenden. Mindestwert ist nicht zu beachten.
s Achsabstand der Bewehrungsstäbe • Für den Beiwert k zur Anrechnung nichtlinear verteil-
c Betondeckung bezogen auf die Längsbewehrung ter Betonzugspannungen wird nach EN 1992-1-1 nicht
k1 Beiwert zur Berücksichtigung der Verbundeigen- zwischen innerem oder äußerem Zwang unterschie-
schaften der Bewehrung den; es gilt (Zwischenwerte dürfen linear interpoliert
D 0;8 für Stäbe mit guten Verbundeigenschaften werden):
D 1;6 für Stäbe mit nahezu glatter Oberfläche (z. B. k D 1;0 für h  300 mm
Spannglieder)
k2 Beiwert zur Berücksichtigung der Dehnungsvertei- k D 0;65 für h  800 mm
lung • Die Modifikation des Grenzdurchmessers ds in Abhän-
D 0;5 für Biegung gigkeit der wirksamen Zugfestigkeit und der Bauteilhö-
D 1;0 für zentrischen Zug he erfolgt nach Gl. (11.60).
Für außermittigen Zug bzw. lokale Bereiche sind
Zwischenwerte in Abhängigkeit des Maximal- und D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Minimalwertes "1 und "2 der Zugdehnung im Quer- Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte zur Berechnung
schnitt zu verwenden: der Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite er-
C"2
D "12" 1
; mit "1 > "2 gänzt:
430 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Tabelle 11.7 Länderspezifisch festzulegende Parameter zur Begrenzung der Rissbreiten

NDP EU D A

k3 3;4 0 0
1 p;eff s a 1 p;eff s a
k4 0;425  
3;6k1 k2 3;6k1 k2 fct;eff 3;6k1 k2 3;6k1 k2 fct;eff

Modifikation des Grenzdurchmessers ds 8


ˆ
ˆ fct;eff kc  k  hcr
fct;eff kc  hcr < ds  
Biegung ds D ds   ds D 2;9 4  .h  d / ds D
2;9 2  .h  d / ˆ f ct;eff 8
:̂  ds 
b
ˆ
ˆ s  As
8 2;9 < ds 
ˆ k  hcr 4  .h  d /  b  2;9
ˆ  fct;eff
< ds  2;9  ˆ fct;eff
fct;eff hcr 8  .h  d / :̂  ds 
Zug ds D ds   ds D 2;9
2;9 8  .h  d / ˆ  fct;eff
:̂  ds 
2;9
a
Einsetzen der gewählten Parameter k3 und k4 in Gl. (11.58) führt auf die aus DIN 1045-1 bekannte Beziehung zur Berechnung der maximalen
Rissabstände (s. Gl. 11.45):
ds s  ds
sr;max D 
3;6  p;eff 3;6  fct;eff
b
Bei Zwangbeanspruchung ist s diejenige Spannung der Zugbewehrung, die unmittelbar nach der Erstrissbildung auftritt.

Tabelle 11.8 Grenzdurchmesser ds und Höchstwerte der Stababstände nach EN 1992-1-1 für Betonrippenstähle
(fct0 D 2;9 N/mm2 ) (empfohlene Werte und länderspezifische Festlegungen)

Grenzdurchmesser ds der Stäbe in mm Höchstwerte der Stababstände in mm


Stahlspannung Rechenwert der Rissbreite wk in mm Stahlspannung Rechenwert der Rissbreite wk
s in mm s in mm
in N/mm2 wk D 0;4 wk D 0;3 wk D 0;2 in N/mm2 wk D 0;4 wk D 0;3 wk D 0;2
D D D EU EU EU
EU EU EU
A A A D A D A D A

160 56 54 42 41 28 27 160 300 300 200


200 36 35 27 26 18 17 200 300 250 150
240 25 24 19 18 13 12 240 250 200 100
280 18 18 14 13 9 9 280 200 150 50
320 14 14 11 10 7 7 320 150 100
360 11 11 8 8 6 5 360 100 50
400 9 9 7 7 5 4
450 7 7 5 5 4 3

• Der Querschnitt der Mindestbewehrung darf vermindert A ÖNORM EN 1992-1-1 – Ergänzungen


werden, wenn die Zwangschnittgröße die Rissschnitt- Zum Nachweis der Mindestbewehrung zur Begrenzung
größe nicht erreicht. In diesen Fällen darf die Min- der Rissbreite wird ergänzt:
destbewehrung durch eine Bemessung für die nach-
gewiesene Zwangschnittgröße unter Berücksichtigung
der Anforderungen an die Rissbreitenbegrenzung er- • Wenn nachgewiesen wird, dass die Zwangschnittgrö-
mittelt werden. ße die Rissschnittgröße nicht erreicht, dann darf die
Mindestbewehrung durch eine Bemessung des Quer-
• Wenn der Zeitpunkt der Rissbildung nicht mit Sicherheit schnitts für die nachgewiesene Zwangschnittgröße un-
innerhalb der ersten 28 Tage festgelegt werden kann, ter Berücksichtigung der Anforderungen an die Riss-
sollte mindestens eine Zugfestigkeit fct;eff  2;9 N=mm2 breitenbegrenzung erfolgen.
angenommen werden.
• Bei Rissbildung im jungen Beton (z. B. Zwang aus ab-
• Die Regelungen nach DIN 1045-1 zum Nachweis der fließender Hydratationswärme) darf fct;eff für die Er-
Mindestbewehrung bei dicken Bauteilen werden er- mittlung der Rissschnittgröße mit 0;5fctm angenommen
gänzt (s. Gl. 11.52). werden.
11.4 Rissbreitenbegrenzung 431

B
zso  zso
.2/
qk = 30 kN/m c.2/ D fct;eff 
gk = 45 kN/m zso
y2 = 0,6 0;34  0;075
D 3;0  D 2;34 N/mm2 :
12,0 4,0 0;34
B
a System Da das Bauteil statisch bestimmt gelagert ist, kann
Zwangrissbildung nur durch inneren Zwang hervorge-
rufen werden; eine Anrechnung von Eigenspannungen
As,Gurt = 16,1 cm² (8 x ds = 16)
auf die wirksame Zugfestigkeit ist daher möglich. Für
As,Steg = 8,0 cm² (4 x ds = 16)
den Steg errechnet sich aus Gl. (11.48) mit kc nach
2 Gurt 1 Steg Gl. (11.49) folgende Mindestbewehrung:
ds = 16, s = 150 ds = 16 zso(2)=0,075
fct,eff = 3,0 h0 D 1;0 m ;
sc(2)= 2,34
k1 D 1;5  h= h0 D 1;5 (Drucknormalkraft) ;
0,15 S(2) zs = 0,34
S k D 0;5 (innerer Zwang, h > 800 mm) ;
zso(1) = 0,5
h = 1,0 sc(1)=-1,41
A.1/
ct D bw  zso D 0;30  0;34 D 0;102 m2 ;
S(1) s D 240 N/mm2
d = 0,95
(Tabelle 11.6 für ds D 19 mm
und wk D 0;3 mm) ;
 
c
0,60 0,30 0,60 kc D 0;4 1 C
k1 fct;eff
 
b Schnitt B-B und Spannungsverteilung bei Erstrissbildung 1;41
D 0;4 1  D 0;275
Abbildung 11.17a,b Beispiel 11.2 – Rissbreitenbegrenzung; 1;5  3
System, Querschnitt und Spannungsverteilung unmittelbar vor A.1/
ct
der Rissbildung ) A.1/ D kc  k  fct;eff 
s
s
0;102
D 0;275  0;5  3;0   104
240
Beispiel 11.2 D 1;8 cm2 :
Für den in Abb. 11.17 dargestellten Querschnitt über dem
Auflager B soll die zur Rissbreitenbeschränkung erfor- Die im Steg vorhandene Bewehrung A.1/ s D 8;0 cm2 mit
derliche Bewehrung ermittelt werden. Die zur Aufnah- Stäben ds D 16 mm < ds ist demnach ausreichend, um
me des negativen Moments im GZT statisch erforderliche die Rissbreite bei Übergang in den Zustand II zu begren-
Längsbewehrung ist in Abb. 11.17 wiedergegeben. Das zen.
Bauteil ist aus Beton der Festigkeitsklasse C30/37 herge- Für den Zuggurt (Platte) ist die Mindestbewehrung mit
stellt. Da es sich um ein Außenbauteil handeln soll, wird kc nach Gl. (11.50) zu ermitteln. Die Risskraft des Gurtes
die Expositionsklasse XC3 maßgebend. lässt sich über die Zugspannung c.2/ im Schwerpunkt des
Anforderungen Teilquerschnittes ermitteln.
Zur Rissbreitenbegrenzung sind folgende Nachweise zu
führen: A.2/
ct D .b  bw /  hf D 0;18 m ;
2

• Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite Fcr;Gurt D c.2/  A.2/


ct

• Begrenzung der Rissbreite unter der quasi-ständigen D 2;34  0;18 D 0;421 MN


Einwirkungskombination auf wk D 0;3 mm (entspre-
chend Tabelle 11.5 für Expositionsklasse XC3). Die Mindestbewehrung muss eine um den Faktor 0;9k
abgeminderte Risskraft bei begrenzter Stahlspannung
Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite (s D 240 N=mm2 ) aufnehmen. Formal gleicht der
Zur Ermittlung der Mindestbewehrung wird der Quer- Rechengang dem für den Steg.
schnitt in die Teilquerschnitte Steg (! .1/) und Gurt
(! .2/) aufgeteilt; am oberen Querschnittsrand wird Fcr;Gurt
kc D 0;9 
fct;eff D 3;0 N=mm2 (Mindestwert!) erreicht. Die Span- A.2/
ct  fct;eff
nungen in den Schwerpunkten der Teilquerschnitte sind
0;421
bei reiner Biegung: D 0;9  D 0;702 ;
1;2  0;15  3;0
k D 0;8 (innerer Zwang, h < 300 mm) ;
zso  zso
.1/
c.1/ D fct;eff  s D 240 N/mm2
zso
0;34  0;50 (Tabelle 11.6 für ds D 19 mm
D 3;0  D 1;41 N/mm2 ;
0;34 und wk D 0;3 mm)
432 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

A.2/
ct
Mit der statisch erforderlichen Bewehrung wird die For-
) A.2/ D kc  k  fct;eff  derung wk  0;3 mm erfüllt. Alternativ kann der Nach-
s
s
weis über die Begrenzung der Stabdurchmesser oder der
0;18
D 0;701  0;8  3;0   104 D 12;6 cm2 : Stababstände geführt werden. Für s D 244 N=mm2
240
 240 N=mm2 kann aus Tabelle 11.6 ein Grenzdurch-
Der im Gurt vorhandene Bewehrungsquerschnitt von messer ds D 19 mm abgelesen werden. Der Korrek-
16,1 cm2 reicht dem entsprechend ebenfalls aus (Anm.: turterm nach Gl. (11.51) erlaubt keine weitere Vergröße-
Eine Berechnung der Mindestbewehrung des Teilquer- rung des Grenzdurchmessers. Die Forderung ds  ds
schnitts mit kc nach Gl. (11.49) ergibt kc D 0;868 und wird dessen ungeachtet erfüllt, der Nachweis ist damit
damit eine um 24% größere Mindestbewehrungsmenge erbracht. Ein identisches Ergebnis liefern die in diesem
von 15,6 cm2 ). Fall anwendbaren Höchstwerte der Stababstände.

Begrenzung der Rissbreite unter quasi-ständigen Las-


ten
Zunächst wird die sich unter der quasi-ständigen Ein- 11.4.8 Besonderheiten
wirkungskombination einstellende Rissbreite unter An- bei Spannbetonbauteilen
satz der statisch erforderlichen Bewehrung ermittelt. Die
Stahlspannung wird näherungsweise für einen einfach
bewehrten Querschnitt berechnet (vgl. Tabelle 10.2): Im Vergleich zu Betonstählen sind Spannstähle erheb-
lich empfindlicher gegenüber Korrosion. Sofern der
MEd;perm D 504 kNm I
Korrosionsschutz der Spannbewehrung durch den um-
As
s D D 8;47  103 I gebenden Beton gewährleistet werden muss, also bei
bw  d
Vorspannung mit Verbund, besitzen Risse im Vergleich
˛s D 7;06
zu Stahlbeton einen erheblich größeren Einfluss auf
) x D 0;277 mI z D 0;858 m
die Dauerhaftigkeit. Dem entsprechend müssen Bau-
MEd;perm
) s;perm D teile mit Vorspannung im Verbund höhere Anforde-
z  As
rungen an die Begrenzung der Rissbreiten erfüllen,
0;504
D während Bauteile mit ausschließlich externer bzw. ver-
0;858  .16;1 C 8;0/  104
bundloser Vorspannung wegen des separaten Korrosi-
D 244 N/mm2 ; onsschutzes der Spannstähle i. Allg. wie Stahlbeton-
hc;eff D 2;5.h  d / D 0;125 m bauteile behandelt werden können. Das Nachweisni-
) Ac;eff D 0;125  1;5 D 0;188 m2 veau wird in Abhängigkeit der Umgebungsbedingun-
As 24;1  104 gen und der Empfindlichkeit der Bewehrung gegen-
eff  D D D 12;8  103
Ac;eff 0;188 über Korrosion durch
) eff   Es D 2560 N/mm2 :
• Grenzwerte der rechnerischen Rissbreite wk ,
Die Differenz der mittleren Dehnungen folgt aus • Einwirkungskombinationen für den Nachweis der
Gl. (11.44): Rissbreitenbegrenzung und
244 • Einwirkungskombinationen für den Nachweis der
"sm  "cm D Dekompression
2  105
3  
0;4 1 C 7;06  12;8  103 z. B. in Anforderungsklassen nach DIN 1045-1 festge-
2560
244 legt (vgl. Tabelle 11.5).
 0;6
2  105
D 7;09  104  7;32  104
(Einzelriss maßgebend!) :
11.4.8.1 Dekompression

Der maximale Rissabstand errechnet sich aus Gl. (11.45): Der Grenzzustand der Dekompression im Sinne von
16 244  16 DIN 1045-1 bedeutet für den Endzustand (Bauzustand
sr;max D  und EN 1992-1-1 s. u.), dass am Rand eines ansons-
3;6  12;8  103 3;6  3
D 347 mm  361 mm ten überdrückten Querschnitts gerade c D 0 er-
(Abgeschlossenes Rissbild maßgebend) : reicht wird (Abb. 11.18). Dem entsprechend muss für
Spannbetonbauteile, die korrosionsfördernden Umge-
Der Rechenwert der Rissbreite folgt damit aus
bungsbedingungen ausgesetzt sind, nachgewiesen wer-
Gl. (11.43):
den, dass der Querschnitt für eine mit der Anforde-
wk D sr;max ."sm  "cm / D 347  7;32  104 rungsklasse festgelegte Einwirkungskombination voll-
D 0;25 mm : ständig überdrückt bleibt. Der Dekompressionsnach-
11.4 Rissbreitenbegrenzung 433

F F
s>0 s<0
g
A
MEd
s
+ =
P P Pk scu = 0
sc (Pk) sc (MEd)
A
Betonspannungen im Schnitt A-A

Abbildung 11.18 Dekompression (schematisch)

weis dient damit zwei Zielen: Neben der Gewährleis- Querschnittsrandes. Mit den Schnittgrößen MEd , NEd
tung des Korrosionsschutzes durch Begrenzung der (hier NEd D 0) aus der Einwirkungskombination des
Rissbreiten werden Spannungsschwankungen in Be- GZG, die durch die Anforderungsklasse vorgegebenen
tonstahl und Spannstahl aus wechselnden Verkehrslas- wird, sowie dem maßgebenden charakteristischen
ten beschränkt. Wert der Vorspannung – hier Pk;inf (die Vorspannung
In überdrückten Querschnitten erzeugen Wech- wirkt günstig) – gilt:
selmomente nur Stahlspannungen, die dem ˛s - bzw. NEd  Pk;inf
˛p -fachen der Spannung des umgebenden Betons ent- cu D
Ai
sprechen, während im aufgerissenen Zustand durch die
MEd  Pk;inf  zip Š
deutlich reduzierte Querschnittssteifigkeit erheblich C  ziu D 0 : (11.61)
größere Spannungen und damit Spannungswechsel Ii
entstehen. Der Grenzzustand der Dekompression Der Dekompressionsnachweis ist bei vorwiegend bie-
markiert den Übergang zwischen beiden Bereichen gebeanspruchten Bauteilen der einzige Nachweis, der
(Abb. 11.19). Durch die Vorgabe einer Einwirkungs- ausschließlich durch eine ausreichende Vorspannkraft
kombination für den Dekompressionsnachweis kann zu erfüllen ist, während alle anderen Nachweise in den
die Auftretenshäufigkeit großer Spannungsschwan- Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit und Trag-
kungen und damit die Ermüdungsbeanspruchung der fähigkeit auch über die Betonstahlbewehrungsmenge
Bewehrung gesteuert werden (s. Abschn. 12.3.5). oder die Abmessungen des Betonquerschnitts gesteu-
Der Dekompressionsnachweis ist angesichts der ert werden können. Dem entsprechend sollte der De-
Forderung eines vollständig überdrückten Quer- kompressionsnachweis als Entwurfskriterium für die
schnitts mit den Querschnittswerten des Zustands I zu Dimensionierung der erforderlichen Spannstahlmenge
führen. Für den in Abb. 11.18 dargestellten, Balken herangezogen werden. Durch Auflösen der Gl. (11.61)
erfolgt der Nachweis über die Spannung des unteren kann für den Träger nach Abb. 11.18 der notwendige
Spannbewehrungsquerschnitt bestimmt werden:5
Δσ p NEd MEd  ziu
C
Ai Ii
Zustand I Zustand II erf. Pk;inf D (11.62a)
1 zip  ziu
C
Ai Ii
erf. Pk;inf
) erf. Ap D : (11.62b)
rinf  pmt
Δσ p,2
Nach Gl. (11.62) steigt die erforderliche Vorspann-
kraft bzw. die Spannstahlmenge mit MEd , also auch
Δσ p,1 mit zunehmender Anforderungsklasse (C ! B !
A) an. Die Einordnung eines Bauteiles in eine An-
ΔM q ΔM q
forderungsklasse bestimmt den Vorspanngrad eines
M Querschnitts und ersetzt damit die Klassifizierung in
MD
5
Die Festlegung der erforderlichen Spannstahlmenge im Rah-
Abbildung 11.19 Beziehung zwischen einwirkendem Biege- men des Entwurfs erfolgt i. Allg. anhand der Bruttoquerschnitts-
moment und Stahlspannung bei vorgespannten Bauteilen – Aus- werte; für die Berechnung mit ideellen Querschnittswerten
wirkungen wiederholter Belastungen müsste iterativ vorgegangen werden.
434 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

B A
können für den Bauzustand – wegen des temporären
Charakters – weniger restriktive Forderungen an den
P P S Dekompressionsnachweis gestellt werden. Im Rahmen
Spannglieder Querschnitt
von DIN 1045-1 ist es ausreichend, wenn im Bauzu-
B A stand lediglich der Rand der späteren Zugzone über-
Mg
+ drückt ist; am gegenüberliegenden Rand – der späteren
- P .zp
Druckzone – dürfen Zugspannungen auftreten, die ggf.
Mp
einen Nachweis der Rissbreitenbegrenzung im Bauzu-
a System, Querschnitt, Schnittgrößen
stand erforderlich machen.
In EN 1992-1-1 ist eine von DIN 1045-1 abwei-
Schnitt A - A Schnitt B - B chende Definition des Grenzzustands der Dekompres-
Zug! sion enthalten. Demnach ist es ausreichend, für die
S + = + = maßgebende Einwirkungskombination nachzuweisen,
dass alle Teile des Spannglieds einschließlich des Hüll-
scg scp scg scp
rohrs mindestens 25 mm innerhalb des überdrückten
b Betonspannungen Bereichs liegen (empfohlener Wert, länderspezifisch
Abbildung 11.20a,b Bauteile mit gerade geführten Spannglie-
festzulegen, s. Tabelle 11.9). Grundsätzlich können
dern – Grenzen des Dekompressionsnachweises Querschnitte, in denen die Spannglieder größere Ab-
stände zum Querschnittsrand aufweisen, wirtschaftli-
cher dimensioniert werden, allerdings ist hierfür wegen
„volle“, „beschränkte“ und „teilweise“ Vorspannung des ggf. aufgerissenen Querschnitts die Spannungser-
nach dem mittlerweile abgelösten Normenkonzept der mittlung im Zustand II zu führen. Angesichts dieser
DIN 4227. im Vergleich zu DIN 1045-1 weniger restriktiven Aus-
Bei Biegebauteilen mit gerade geführten Spannglie- legung des Dekompressionsnachweises erübrigen sich
dern am unteren Bauteilrand, also primär bei Fertigtei- nach EN 1992-1-1 auch spezielle Regeln für den Bau-
len mit Vorspannung im sofortigen Verbund, können zustand.
durch die Vorspannung in Bereichen geringer Biegebe-
anspruchung Zugspannungen am oberen Bauteilrand
hervorgerufen werden (Abb. 11.20). Die Forderung ei- 11.4.8.2 Rissbreitenbegrenzung
nes vollständig überdrückten Querschnitts würde in
Eine im Verbund liegende Spannbewehrung wirkt bei
diesen Fällen zu unwirtschaftlichen Konstruktionen
der Rissverteilung und der Begrenzung auftretender
führen. Sofern nachgewiesen wird, dass der verblei-
Rissbreiten wegen des im Vergleich zu Betonrip-
bende überdrückte Querschnitt im Bereich der Spann-
penstahl i. Allg. schlechteren Verbundverhaltens nur
glieder einen ausreichenden Korrosionsschutz gewähr-
eingeschränkt mit. Die Nachweise zur Rissbreiten-
leistet und zusätzlich an der Oberseite die Rissbreiten
begrenzung können weiterhin für die im Querschnitt
begrenzt werden, kann hier von der Forderung voll-
vorhandene Betonstahlbewehrung geführt werden,
ständig überdrückter Querschnitte abgerückt werden.
da wk D 2lt;s."sm  "cm / (Einzelrisszustand) bzw.
Näheres hierzu enthält DAfStb (2003).
wk D sr;max ."sm  "cm / (abgeschlossenes Rissbild)
Für den Bauzustand sind ggf. veränderte Randbe-
unabhängig von der Kombination mit Spannstahl gilt.
dingungen zu beachten:
Lediglich zwei Effekte der Spannbewehrung sollten
• gegenüber dem Endzustand herrschen u. U. verän- berücksichtigt werden:
derte Umgebungsbedingungen (z. B. Innenbauteil, • Verkürzung des Rissabstandes (abgeschlossenes
das im Bauzustand der Bewitterung ausgesetzt ist; Rissbild) gegenüber dem rein betonstahlbewehrten
Bauteil, das erst im Endzustand – z. B. nach Ver- Querschnitt als Folge der Verbundwirkung der
kehrsübergabe – durch Tausalz beaufschlagt wird) Spannglieder.
• im Bauzustand ist der endgültige Belastungszustand • Zugkraftumlagerung vom Spannstahl auf den Be-
noch nicht erreicht (z. B. Fertigteilträger mit Aufbe- tonstahl (Abweichung von der ebenen Dehnungs-
ton). verteilung) und damit Vergrößerung der mittleren
Für den Bauzustand sind daher ggf. vom Endzustand Stahldehnung.
abweichende Expositionsklassen und damit veränderte Da die rechnerische Begrenzung von Rissbreiten
Anforderungen an Dekompression und Rissbreitenbe- auf der Modellvorstellung eines fiktiven Zugstabes
grenzung zu beachten (s. Tabelle 11.5). Andererseits als Idealisierung des Zuggurtes aufbaut, können die
11.4 Rissbreitenbegrenzung 435

am vorgespannten Zugstab (vgl. Abschn. 10.3.5) gend werden ergänzende Regeln für Vorspannung mit Ver-
abgeleiteten Modelle unmittelbar übernommen bund angegeben.
werden. Anrechnung der Vorspannung
Im Einzelrisszustand (! Mindestbewehrung) gilt Für Nachweise der Rissbreitenbegrenzung ist die Vor-
für die Betonstahlspannung Gl. (10.61). Vereinfa- spannung mit dem maßgebenden charakteristischen Wert
chend wird im Rahmen normativer Regelungen, auch anzunehmen (s. Abschn. 5.4.2).
in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1, zur Berechnung
der Mindestbewehrung allerdings nur die Anrechnung Dekompression
der Spannbewehrung in deren Wirkungszone mit Die Einhaltung des Grenzzustandes der Dekompression
As D 1  Ap vorgenommen. bedeutet nach DIN 1045-1, 11.2.1 (9), dass der betrachte-
Bei abgeschlossenem Rissbild (! Rissbreitenbe- te Betonquerschnitt unter der maßgebenden Einwirkungs-
kombination:
grenzung für Last) wird im Rahmen von DIN 1045-1
die infolge des schlechteren Verbundes der Spannbe- • im Bauzustand am Rand der infolge Vorspannung vor-
wehrung erhöhte Betonstahlspannung nach Gl. (11.63) gedrückten Zugzone,
• im Endzustand vollständig.
berücksichtigt (s. Gl. 10.73):
  überdrückt ist. Die für den Dekompressionsnachweis
1 1
s2 D s C ˇt0  fct  : (11.63) maßgebende Einwirkungskombination folgt aus der in Ab-
p;eff tot;eff hängigkeit der Umgebungsrandbedingungen festgelegten
Anforderungsklasse nach Tabelle 11.5. Für Bauzustände
Der wirksame Bewehrungsgrad ist hierfür (s. können vom Bauherrn andere Anforderungsklassen
Gl. 10.72) festgelegt werden, sofern sie den Mindestanforde-
rungsklassen für die im Bauzustand herrschenden
As C 12  Ap
p;eff D : (11.64) Umgebungsbedingungen genügen (vgl. hierzu DAfStb
Ac;eff 2003).
In Gl. (11.63) beschreibt s (in DIN 1045-1 mit s2 be-
zeichnet) die Spannung der Betonstahlbewehrung, die Nachweis durch direkte Berechnung der Rissbreite
auf Grundlage einer ebenen Dehnungsverteilung und Die Berechnung der Rissbreite erfolgt über die
Gln. (11.43)–(11.45). Die Mitwirkung der in Ac;eff lie-
unter Ansatz der Wirkung der Vorspannung berechnet genden Spannbewehrung wird durch den wirksamen
wird. Bewehrungsgrad eff  erfasst; Auswirkungen unterschied-
In DIN 1045-1 werden mit dem Völligkeitsbeiwert lichen Verbundverhaltens von Betonstahl und Spannstahl
ˇt0 D 0;4 bereits die Auswirkungen langandauernder sind durch eine Erhöhung der Betonstahlspannung nach
oder wiederholter Beanspruchungen eingeschlos- Gl. (11.65) zu berücksichtigen.
 
sen. Darüber hinausgehend wird der Einfluss der 1 1
s D s2 C 0;4  fct;eff  (11.65)
Spannbewehrung auf die Rissabstände durch den eff tot
wirksamen Bewehrungsgrad p;eff (in DIN 1045-1 In Gl. (11.65) bedeuten, soweit nicht bereits erläutert:
mit eff  bezeichnet) nach Gl. (11.64) erfasst. Die
s2 Betonstahlspannung im Zustand II, berechnet un-
vereinfachten Nachweise über Konstruktionsregeln
ter der Annahme einer ebenen Dehnungsverteilung
nach DIN 1045-1 müssen dem entsprechend mit kor- und starren Verbundes;
rigierten Betonstahlspannungen als Eingangsgrößen eff  wirksamer Bewehrungsgrad
der Durchmesser- bzw. Stababstandstabellen geführt A C 2 A
D s Ac;eff1 p

werden. tot geometrischer Bewehrungsgrad


Nach EN 1992-1-1 werden die beschriebenen Aus- A CA
D As c;eff p
wirkungen der Spannbewehrung in reduziertem Um- 1 gewichtetes Verhältnis der Verbundfestigkeiten
fang angerechnet. Bei der expliziten Berechnung der (Dehnungsverhältnis
q im Einzelrisszustand)
Rissbreite werden die Verbundunterschiede und de- D  ds
dp
ren Auswirkungen auf die mittleren Dehnungen über  Verhältnis der Verbundfestigkeiten von Spannstahl
p;eff nach Gl. (11.64) berücksichtigt. Stabdurchmes- und geripptem Betonstahl nach Tabelle 10.1
sertabellen können dagegen ohne Berücksichtigung dp Durchmesser der Spannbewehrung; bei Litzen bzw.
der Verbundunterschiede unmittelbar mit der Beton- Draht- und Litzenbündelspanngliedern der äquiva-
lente Durchmesser (s. Abschn. 3.6.4)
stahlspannung auf Grundlage einer ebenen Dehnungs- ds größter Betonstahldurchmesser in Ac;eff .
verteilung verwendet werden.
Nachweis ohne direkte Berechnung
Normenregelung nach DIN 1045-1 Der Nachweis ohne direkte Berechnung erfolgt analog zu
Die in Abschn. 11.4.6 vorgestellten Regelungen gelten Stahlbeton; die Stahlspannung s ist nach Gl. (11.65) zu
grundsätzlich auch für vorgespannte Bauteile. Nachfol- berechnen.
436 11 Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit

Tabelle 11.9 Dekompression und Mindestbewehrung bei Spannbetonbauteilen – Regelungen nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
(empfohlene Werte und länderspezifische Festlegungen)

DIN 1045-1 EN 1992-1-1


EU D A

Definition des Grenzzustandes der Dekompression


Alle Teile des Spannglieds Alle Teile des Spannglieds
Querschnitt
incl. Hüllrohr incl. Hüllrohr mindestens
vollständig EU
mindestens 25 mm 100 mm oder 1/10 der Querschnittshöhe
überdrückt
im überdrückten Bereich im überdrückten Bereich

ct;p -1,0 N/mm2 fct;eff –1,0 N/mm2 0 N/mm2

Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite  s. Tabelle 10.1). Die Vergrößerung der Betonstahl-
Bei Bauteilen mit Vorspannung im Verbund ist nach spannungen infolge des schlechteren Verbundes der
DIN 1045-1, Abs. 11.2.2 (3) eine Mindestbewehrung Spannbewehrung (Zugkraftumlagerungen) wird dagegen
unberücksichtigt gelassen.
zur Rissbreitenbegrenzung in Bauteilbereichen nicht
erforderlich, in denen im Beton unter der seltenen
Einwirkungskombination Betondruckspannungen am Nachweis ohne direkte Berechnung
Querschnittsrand auftreten, die dem Betrag nach größer Der Nachweis der Rissbreitenbegrenzung ohne direkte
als 1 N/mm2 sind. In den übrigen Bereichen darf die Berechnung erfolgt analog zu Stahlbeton.
Spannbewehrung auf die erforderliche Mindestbewehrung
nach Gl. (11.48) angerechnet werden. In einem Quadrat
Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite
von 300 mm Seitenlänge um ein Spannglied darf die Nach EN 1992-1-1, 7.3.2 (4) ist bei Spannbetonbauteilen
in diesem Bereich erforderliche Mindestbewehrung um eine Mindestbewehrung in Bauteilbereichen nicht erforder-
1  Ap vermindert werden. Darüber hinaus gelten die lich, in denen unter der seltenen Einwirkungskombinati-
Regelungen für Stahlbetonbauteile. on und der maßgebenden charakteristischen Vorspann-
kraft c;rare < ct;p gilt; ct;p ist länderspezifisch festzulegen
(NDP ! Tabelle 11.9).
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Für innerhalb Ac;eff liegende Spannglieder gilt,
Die in Abschn. 11.4.7 angegebenen Regelungen nach dass sie bis zu einem Abstand von 150 mm von der
EN 1992-1-1 gelten grundsätzlich auch für vorgespannte Spanngliedachse auf die in diesem Bereich erforderli-
Bauteile. Im Folgenden werden ergänzende Regelungen che Mindestbewehrung mit dem Betrag 1  Ap  p
für Bauteile mit Vorspannung im Verbund zusammenge- angerechnet werden dürfen. Dabei ist p die Spann-
fasst. stahlspannungsänderung bei Rissbildung bezogen auf
den Spannbettzustand. Sofern die Begrenzung der
Anrechnung der Vorspannung Rissbreiten ausschließlich durch Spannstahl sichergestellt
p
Für Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchs- wird, gilt 1 D .
tauglichkeit ist die Vorspannung mit dem maßgebenden
charakteristischen Wert anzunehmen (s. Abschn. 5.4.2).

Dekompression
Die im Rahmen eines Dekompressionsnachweises zu Literatur
erfüllenden Anforderungen können länderspezifisch fest-
gelegt werden (s. Tabelle 11.9). Die hierfür maßgebende B EEBY, A.W.: Deformation. In: Structural Concrete
Einwirkungskombination folgt aus Tabelle 11.5.
Vol. 2 – fib bulletin No. 2. Lausanne : fédération in-
ternational du béton, 1999, S. 103–139
Nachweis durch direkte Berechnung der Rissbreite B ROMS, B.B.: Crack width and crack spacing in rein-
Die Berechnung der Rissbreite erfolgt über die forced concrete members. In: ACI Journal, Procee-
Gln. (11.56), (11.57) und (11.58) bzw. (11.59). Die
dings 62 (1965), Nr. 10, S. 1237–1256
Mitwirkung der in Ac;eff liegenden Spannbewehrung wird
durch den wirksamen Bewehrungsgrad p;eff berück- CEB/FIP: Model Code 1990. Lausanne : Comité
sichtigt; hierbei folgt p;eff Gl. (11.64). (Verbundbeiwerte Euro-International du Béton, 1993
Literatur 437

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ter Teil: Nachweis der Gebrauchsfähigkeit. 2. Auf- Sohn, 2004, Kapitel 221-373
lage. Berlin : Springer-Verlag, 1987
Kapitel 12
Nachweise gegen Ermüdung

12.1 Grundlagen beitragen. Ein Ermüdungsversagen wird vielmehr


durch die Akkumulation (Anreicherung) der wäh-
Baustoffe wie Betonstahl oder Spannstahl ebenso wie rend der Lebensdauer eines Bauteils auftretenden
Beton erfahren durch wiederkehrende Belastungen, Schädigungen ausgelöst. Der wesentliche Anteil an
selbst wenn diese weit unter der statischen Festigkeit der Gesamtschädigung entsteht daher unter häufig
der Materialien liegen, Schädigungen des Materialge- auftretenden Beanspruchungen. Der Nachweis gegen
füges. Bei ausreichend oft wiederholten Belastungen Ermüdung ist aus diesem Grund – im Gegensatz zu
kann die fortschreitende Schädigung zu einem Ermü- den übrigen Nachweisen im Grenzzustand der Trag-
dungsversagen des Werkstoffes führen. In den vergan- fähigkeit – nicht unter der Prämisse des Eintretens
genen Jahren wurden an einigen zyklisch beanspruch- einer – mit Teilsicherheitsbeiwerten belegten – ex-
ten Stahlbeton- oder Spannbetonbauten – neben Ver- tremalen Beanspruchung zu führen. Vielmehr ist
kehrsbauten unter anderem auch Maschinenfundamen- die Betrachtung aller während der Lebensdauer des
te und Kranbahnen – Schäden festgestellt, die mittel- Bauteils auftretenden Lasten erforderlich. Darin ist
bar oder unmittelbar auf Materialermüdung zurückzu- zugleich eine der zentralen Schwierigkeiten eines
führen sind. Eine Auswahl veröffentlichter Schäden ist Ermüdungsnachweises zu sehen.
z. B. in CEB (1988) dargestellt. Der in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthaltene
Anders als bei einem Versagen durch Überlastung Nachweis gegen Ermüdung ist konzeptionell als
wird ein Ermüdungsversagen der Bewehrung nicht Betriebsfestigkeitsnachweis angelegt. Damit ist in
durch plastische Verformungen und daraus entstehen- der aktuellen Normengeneration – anders als in
de übermäßig breite Risse angekündigt, sondern er- ihren Vorgängern – ein Nachweiskonzept enthal-
folgt weitestgehend verformungslos, d. h. spröde. Um- ten, das in vielen Sektoren des Ingenieurwesens
gekehrt kündigt sich ein ermüdungsbedingtes Versa- bereits seit langem zum Stand der Technik gehört
gen von Beton zumindest in begrenztem Umfang durch (vgl. Haibach 1989; Buxbaum 1992). Strategien
fortschreitende Verformungszunahme und Rissbildung für Betriebsfestigkeitsnachweise wurden Ende der
an. dreißiger Jahre für den Flugzeugbau entwickelt
Der Nachweis der Ermüdungssicherheit gehört und haben mittlerweile aufgrund nachweislicher
zweifellos zum Kreis der Nachweise im Grenzzu- Zuverlässigkeit Einzug in den Fahrzeugbau, den
stand der Tragfähigkeit, da bei Ermüdungsversagen Maschinen- und Anlagenbau sowie den Stahlbau
etwa eines Bewehrungsstranges die Tragfähigkeit gehalten (vgl. Kosteas 1982). Dabei ist Betriebsfes-
des gesamten Bauteils in Frage gestellt sein kann. tigkeit als übergeordneter Begriff zu verstehen, der
Allerdings haben für die Werkstoffermüdung extreme, die auftretenden Schwingbeanspruchungen mit der
einmal in der Lebensdauer des Bauwerks auftretende zu erwartenden Lebensdauer verknüpft und die bisher
Beanspruchungen, die das Tragwerk mit definierter z. B. in DIN 1045:1988 und DIN 4227 angewandte
Sicherheit aufnehmen muss, nur untergeordnete Nachweisstrategie des Dauerfestigkeitsnachweises als
Bedeutung, da sie nur wenig zur Gesamtschädigung Sonderfall einschließt.

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 439


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
440 12 Nachweise gegen Ermüdung

12.1.1 Anwendungsbereiche 12.1.2 Grundbegriffe

Generell müssen in Zusammenhang mit dem Ermü- 12.1.2.1 Betriebsfestigkeitsnachweis


dungsversagen von Werkstoffen oder Bauteilen zwei und Lebensdauer
Belastungs- und Versagensszenarien unterschieden
werden: Unter einem Betriebsfestigkeitsnachweis, wie ihn
DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 im Grunde vorsehen,
• Materialermüdung ausgelöst durch kurzzeiti-
ist ein rechnerischer Nachweis gegen die Ermüdung
ge/niederzyklische Wechselbeanspruchungen mit
eines Bauteils bzw. seiner Komponenten unter Be-
einer geringen Anzahl von Lastwechseln und ho-
triebsbeanspruchungen, d. h. unter wirklichkeitsnahen
hen Amplituden, gegebenenfalls unter Ausnutzung
Beanspruchungen zu verstehen. Ein Betriebsfestig-
plastischer Verformungsreserven (z. B. Erdbeben)
keitsnachweis beinhaltet daher die Quantifizierung
(engl. low cycle fatigue)1
der durch die Belastung hervorgerufenen Schädigung
• Materialermüdung durch dauerhafte/hochzyklische
und den anschließenden Vergleich mit Schädigungs-
Wechselbeanspruchung mit einer hohen Anzahl von
grenzwerten. Anders ausgedrückt: Im Rahmen des
Lastwechseln und (relativ) geringen Amplituden
Nachweises wird die Lebensdauer bei vorgegebener
(engl. high cycle fatigue).
Belastung abgeschätzt und mit der für das Bauteil
Im Rahmen des Nachweises der Ermüdungssicherheit angestrebten Lebensdauer verglichen. Der Begriff
bei Betonbauteilen wird prinzipiell die zweite Art der Lebensdauer wird hierallerdings immer mit Bezug auf
Beanspruchung betrachtet. Daraus folgt, dass hinsicht- ein ermüdungsbedingtes Versagen eines Bauteils oder
lich der Ermüdungssicherheit nur Bauteile nachgewie- seiner Komponenten verwendet; die tatsächliche Le-
sen werden müssen, bei denen der Anteil der nicht vor- bensdauer wird auch durch andere Aspekte beeinflusst,
wiegend ruhenden Belastung nicht vernachlässigt wer- etwa durch Korrosion der Bewehrung oder – unabhän-
den kann. gig vom Zustand des Tragwerks – durch veränderte
Neben Straßen- und Eisenbahnbrücken, die wech- Nutzungsanforderungen. Für den Nachweis der
selnden Belastungen aus dem fließenden Verkehr Betriebsfestigkeit sind drei grundlegende Bausteine
ausgesetzt sind, müssen auch Offshore-Anlagen, erforderlich:
die durch Wellenschlag beansprucht werden und
Anlagen, die dynamische Anregungen aus böigem • Beschreibung des Ermüdungsverhaltens der Werk-
Wind oder Wirbelablösung erfahren (Türme, Masten, stoffe z. B. durch Wöhlerlinien (s. Abschn. 12.2)
Hochhäuser, Schornsteine) hinsichtlich ihrer Ermü- • Beschreibung der Betriebsbelastungen (s. Ab-
dungsgefährdung überprüft werden. Darüber hinaus schn. 12.3.2)
sind vor allem Bauteile in Industrieanlagen relevant: • Nachweiskonzept, mit dessen Hilfe z. B. die
Kranbahnen, Maschinenfundamente oder Decken fortschreitenden Schädigungen infolge der meist
in Industriebetrieben, die von schweren Fahrzeu- regellosen Betriebslasten mit den Ermüdungsfestig-
gen – LKWs, Gegengewichtsstapler, etc. – befahren keiten für regelmäßige Spannungsverläufe – i. d. R.
werden. Für tragende Bauteile des üblichen Hochbaus, konstante (einstufige) Spannungsschwingbreiten
die lediglich mit wiederkehrenden Einwirkungen in nach der zugehörigen Wöhlerlinie – verknüpft
geringer Höhe belastet werden – z. B. auch Parkdecks werden können (s. Abschn. 12.4).
üblicher Parkhäuser – erübrigt sich ein Nachweis
gegen Ermüdung.
12.1.2.2 Dauerschwingversuch
1
low cycle fatigue, d. h. das Materialversagen durch wenige
Lastwechsel bis in den plastischen Bereich kann gut an dünnem Die Ermüdungsfestigkeit sowohl von Betonstahl oder
Draht, z. B. Büroklammern, demonstriert werden. Bereits nach Spannstahl, aber auch von Beton wird i. d. R. im
wenigen Lastwechseln – d. h. nach einigen Malen Hin- und Her-
biegen mit bleibender (plastischer) Verformung – wird der Draht Dauerschwingversuch, der auch als Einstufenversuch
an der Knickstelle als Folge niederzyklischer Materialermüdung bezeichnet wird, ermittelt (vgl. z. B. DIN 50100);
spröde brechen. Abb. 12.1 illustriert die wichtigsten Begriffe zur
12.1 Grundlagen 441

Spannung σ

+ (Zug)
σm < Δσ/2
Schwingspiel σmax (Oberspannung)

|σm | = Δσ/2
|σm| > Δσ/2

σm=0
σa
Δσ Zeit

σm > Δσ/2
σm = Δσ/2
(Spannungsschwingbreite)

σm< Δσ/2
- (Druck)
σa

Schwellbereich Wechselbereich Schwellbereich


(Druck) (Zug)
σm (Mittelspannung) σmin (Unterspannung)

Zeit t Abbildung 12.2 Bereiche der zyklischen Belastung – Schwell-


und Wechselbereiche
Abbildung 12.1 Belastung im Einstufenversuch – Bezeichnun-
gen

zyklen bis zum Ermüdungsbruch angibt. Diese An-


Beschreibung der Beanspruchung. Im Versuch werden zahl nimmt exponentiell mit wachsender Spannungs-
Werkstoffproben einer zyklischen Belastung mit kon- schwingbreite ab. Aus diesem Grund ist zur analyti-
stanter Oberspannung max und Spannungsamplitude, schen Beschreibung der Ermüdungsfestigkeit v. a. me-
d. h. Schwingbreite  – also einem Versuch mit einer tallischer Werkstoffe – z. B. auch von Betonstahl oder
Schwingbreitenstufe – unterworfen. Je nach Art der Spannstahl – ein 1910 von Basquin vorgeschlagener
Belastung während des Versuchs – ausschließlich Zug Ansatz nach Gl. (12.1a) bzw. in anderer Schreibweise
bzw. Druck oder Beanspruchungen im Wechselbe- nach Gl. (12.1b) am häufigsten anzutreffen.
reich – werden die Einstufenversuche kategorisiert
(Abb. 12.2). Die Prüfung wird so lange fortgesetzt,  k  N D C ; (12.1a)
bis die Probe versagt oder – im Fall eines Durchläu- 1
fers – eine vorgesehene Anzahl von Lastwechseln log  D  .log N  log C / (12.1b)
k
ohne Versagen erreicht ist. Wegen der von August
Wöhler im 19. Jahrhundert durchgeführten, wegwei- In doppeltlogarithmischem Maßstab aufgetragen, be-
senden Versuche an Eisenbahnachsen unter zyklischer schreibt Gl. (12.1b) eine Gerade mit Steigung 1=k.
Belastung mit konstanter Schwingbreite, werden Die Parameter k und C stellen Materialkonstanten dar,
Einstufenversuche häufig auch als Wöhlerversuche die weitere, über Lastspielzahl und Schwingbreite hin-
bezeichnet (vgl. Wöhler 1870). ausgehende Einflussgrößen (z. B. Einfluss der Reib-
ermüdung bei Spanngliedern in Stahlhüllrohren, Ein-
fluss der Stabkrümmungen bei Betonstählen, etc.) be-
12.1.2.3 Wöhlerlinie rücksichtigen.
In Abb. 12.3 ist eine Wöhlerlinie schematisch
Das Wertepaar aus aufgebrachter Schwingbreite  dargestellt. Hinsichtlich der ertragbaren Lastspielzahl
und zugehöriger Bruchlastspielzahl N kennzeichnet sind drei Bereiche zu unterscheiden: Der Kurzzeit-
die Ermüdungsfestigkeit des Prüfstücks.2 Bei Beton festigkeitsbereich (niederzyklische Ermüdungsfes-
wird wegen des deutlichen Einflusses auf das Ermü- tigkeit), der Zeitfestigkeitsbereich (hochzyklische
dungsverhalten zusätzlich die Mittelspannung m fest- Ermüdungsfestigkeit) und der Bereich der sog. Dauer-
gehalten. Die statistische Auswertung einer Vielzahl festigkeit. Die Kurzzeitfestigkeit für Lastspielzahlen
von Einstufenversuchen mit unterschiedlichen Span- bis N  104 liegt nahe an der statischen Beanspruch-
nungsamplituden und Bruchlastspielzahlen ergibt – barkeit der Werkstoffe und spielt im Zusammenhang
vereinfacht und anschaulich dargestellt – eine Wöhler- mit dem Ermüdungsnachweis keine Rolle, da
linie, die für eine vorgegebene Spannungsschwingbrei- durch die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit die
te  die zugehörige Anzahl N der ertragbaren Last- Betonstahl-, Spannstahl- und Betonspannungen derart
beschränkt werden, dass große, zum Versagen füh-
2
N beschreibt stets die einem Ermüdungsversagen zugeordnete rende Spannungsamplituden nicht auftreten können.
Lastwechselzahl (Bruchlastspielzahl), während n eine beliebige Relevant sind dagegen die anschließenden Bereiche
Anzahl an Lastwechseln mit n  N bezeichnet. der Zeitfestigkeit und der Dauerfestigkeit.
442 12 Nachweise gegen Ermüdung

Die in Einstufenversuchen ermittelten und in Schwingbreite Δσ (log)

Wöhlerlinien dargestellten Kennwerte der Ermü- log (f y - σmin )


dungsfestigkeit sind ohne Einschränkungen allerdings Näherungsgerade für den
Zeitfestigkeitsbereich
nur auf Bauteile zu übertragen, die analog zum Wöhlerlinie
Versuch Betriebsbeanspruchungen mit gleich blei-
bender Schwingbreite unterworfen sind. Weit größere
praktische Bedeutung haben allerdings Betriebsbelas- Δσ = σmax - σmin 2 106
tungen, die regellos mit unterschiedlichen Amplituden σmin = const.
auftreten. Zur Ermittlung der Ermüdungsfestigkeit
unter wirklichkeitsnäheren Betriebsbeanspruchun-
gen existieren u. a. Blockprogramm-, Zufallslasten- Kurzzeitfestigkeit Zeitfestigkeit „Dauerfestigkeit“
und Einzelfolgen-Versuche, denen eine angenäherte
Beschreibung der Belastung mit unterschiedlichen 100 102 104 106 108
Schwingbreiten zugrunde liegt (vgl. Haibach 1989; Lastspielzahl N (log)

Buxbaum 1992). Wegen des höheren Aufwandes Abbildung 12.3 Wöhlerlinie – schematische Darstellung am
und der – aufgrund der Berücksichtigung kleiner Beispiel metallischer Werkstoffe
Schwingbreiten – deutlich längeren Versuchsdauer
haben solche Versuche im Bauwesen bisher wenig
Resonanz gefunden. unendlich oft ertragbaren Spannungsschwingbreite in
Grundsätzlich muss zwischen Wöhlerlinien des Ma- Verbindung mit dem in DIN 1045-1 und EN 1992-1-
terials und Wöhlerlinien für die Bemessung unterschie- 1 gewählten Nachweisverfahren der Betriebsfestigkeit
den werden. Erstere können i. d. R. unmittelbar aus den auf Basis einer linearen Schadensakkumulationshypo-
Ergebnissen von Dauerschwingversuchen abgeleitet these nach Palmgren und Miner zu unzutreffenden Er-
werden. Bei jenen für die Bemessung werden zusätz- gebnissen führen. In den genannten Normen wird da-
liche Aspekte, die für Nachweise relevant sind, einge- her grundsätzlilch auf die Angabe einer Dauerfestig-
arbeitet – z. B. für Betonstahl eine modifizierte Nei- keit verzichtet.
gung des Dauerfestigkeitsastes (s. Abschn. 12.4.2.3)
als Konsequenz aus der für den Nachweis verwende-
ten Akkumulationshypothese sowie Unterschiede, die 12.1.2.5 Weitere Darstellungsformen
sich aus der i. d. R. durchgeführten Prüfung an freien der Ermüdungsfestigkeit
Proben zum tatsächlichen Ermüdungsverhalten im ein-
betonierten Zustand ergeben. Neben den Wöhlerlinien existieren weitere Darstel-
lungsformen, die die Ergebnisse von Einstufenversu-
chen bzw. das Ermüdungsverhalten von Werkstoffen
12.1.2.4 Dauerfestigkeit oder Bauteilen charakterisieren. Neben den Dauerfes-
tigkeitsschaubildern nach Smith oder Haigh (vgl. Hai-
Die Dauerfestigkeit – ein Begriff der im 19. Jahr- bach 1989, DIN 50100), die im Stahlbau z. T. noch
hundert durch Wöhler geprägt wurde – beschreibt die gebräuchlich sind, werden im Betonbau vor allem für
Höhe der Beanspruchung, die theoretisch unendlich Materialien mit ausgeprägter Mittelspannungsabhäni-
oft aufgebracht werden kann, ohne zum Versagen des gigkeit der Ermüdungsfestigkeit – z. B. Beton – häufig
Werkstoffes zu führen. Bisher wurde zumindest bei Goodman-Diagramme verwendet. Für eine definierte
Betonstahl eine Schwingbreite, die über N D 2  106 Lastspielzahl können verschiedene mögliche Kombi-
Lastspiele ohne Bruch ertragen werden konnte, als nationen von Mittelspannung und Spannungsschwing-
Dauerfestigkeit bezeichnet. Dies ist allerdings mehr breite unmittelbar abgelesen werden (s. Abb. 12.4).
auf die Beschränkung der Versuchsdauer des Einstu-
fenversuchs als auf das reale Materialverhalten, d. h.
das Erreichen einer Dauerfestigkeitsgrenze zurückzu- 12.1.2.6 Betriebsbelastungen
führen; nach DIN 50100 darf ein Einstufenversuch
nach 2  106 Lastwechseln abgebrochen werden. Im Rahmen eines Betriebsfestigkeitsnachweises müs-
Nach heutigem Wissensstand existiert eine Dauer- sen anstelle extremaler Beanspruchungen wirklich-
festigkeit bei Bauteilen oder Werkstoffen, die Betriebs- keitsnahe Betriebsbelastungen betrachtet werden. Die
belastungen ausgesetzt sind und ggf. Vorschädigungen während der Lebensdauer auf ein Bauwerk einwir-
aufweisen, nicht. Zudem würde die Definition einer kenden Lasten treten nicht immer in gleicher Grö-
12.1 Grundlagen 443

Spannung σ Spannung σ
(Zug)
fy Lastzyklus
Grenzlinie der Oberspannung
σmax

Grenzlinie der
Δσ4
Unterspannung σmin
Δσzul Δσ3
45°
(Druck) Spannung σ Δσ2
(Zug) Zeit t

Δσ1

(Druck) a Zählverfahren
Wechsel-
Schwellbereich bereich Schwellbereich Schwingbreite Δσ

Δσ1
Δσ2
Abbildung 12.4 Dauerfestigkeits-Schaubild nach Goodman n(Δσ2 )

Δσ3

ße auf, sondern schwanken i. Allg. regellos zwischen Δσ4


minimalen und maximalen Werten. Dabei wiederho-
len sich die einzelnen Schwankungen unterschied- Auftretenshäufigkeit n i
lich oft. Nur in Einzelfällen liegen aussagekräftige
b Häufigkeitsverteilung
Informationen zu Betriebsbeanspruchungen vor, z. B.
wenn zyklische Lasten durch rotierende Maschinen er- Schwingbreite Δσ
zeugt werden, deren Unwucht, Drehzahl, etc. bekannt Δσ1
Standardkollektiv
sind. In den weitaus meisten Fällen werden bauwerks-
Δσ2
spezifische Informationen zu Einwirkungen während
des Betriebs über die gesamte Nutzungsdauer – bei
Straßenbrücken wären dies z. B. Verkehrsaufkommen, Δσ3
n(Δσ2 )
Schwerverkehrsanteil und Achslasten – nicht zur Ver-
fügung stehen und auch von anderen Bauwerken nicht Δσ4
uneingeschränkt übertragen werden können.
Für Nachweise der Ermüdungssicherheit müssen
daher abstrahierte Beschreibungen der Einwirkungen Summenhäufigkeit ∑ n i
verwendet werden. Die Betriebslasten können – wie c Summenhäufigkeit

bei Brücken – u. a. in Form von Lastmodellen zur Ver- Abbildung 12.5a–c Ermittlung von Spannungskollektiven
fügung gestellt werden. Aus den so beschriebenen Be-
triebsbelastungen lassen sich Beanspruchungsverläufe
errechnen, die im allgemeinen Fall mehrere Maxima
bzw. Schwingspiele aufweisen. Die ermüdungsrele- 12.1.3 Nachweiskonzepte
vanten Informationen – Spannungsschwingbreiten und
zugehörige Häufigkeiten – müssen z. B. mit Zählver- 12.1.3.1 Hintergrund
fahren daraus extrahiert werden. Sie bilden, als Sum-
menhäufigkeitslinie dargestellt, das Spannungskollek- Um das zentrale Problem eines Nachweiskonzepts
tiv (s. Abb. 12.5). gegen Ermüdungsversagen zu umreissen, seien drei
Da der Aufwand einer expliziten Berechnung von verschiedene Beanspruchungsverläufe nach Abb. 12.6
Betriebsspannungsverläufen oder -kollektiven häufig im Vergleich mit der Wöhlerlinie eines metallischen
nicht im Verhältnis zum Bemessungsziel steht, wird in Werkstoffs aus einem Einstufenversuch betrachtet. Für
Zusammenhang mit vereinfachten Nachweisen (Stufen den Beanspruchungsverlauf des Falls  1 kann die auf
1 und 2, vgl. Abschn. 12.1.3) bei verringerter Wirt- der Wöhlerlinie liegende und 1 zugeordnete Bruch-
schaftlichkeit u. a. auf Einwirkungskombinationen des lastspielzahl N1 direkt übernommen werden, während
Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit zurückge- für die einstufige Belastung des Falls 2 bisher da-
griffen. von ausgegangen wurde, dass ein Ermüdungsbruch
444 12 Nachweise gegen Ermüdung

auch bei unendlich vielen Lastzyklen nicht zu erwar- Spannungsschwingbreite Δσ (log)


ten ist.
Lebensdauerlinie
Bei mehr oder minder regellosen Betriebsbeanspru- Wöhlerlinie
chungen – schematisch durch dem Beanspruchungs- Kurzzeitfestigkeitsbereich

verlauf des Falles  3 in Abb. 12.6 beschrieben – tre- Betriebsfestigkeitsbereich/


Zeitfestigkeitsbereich
ten unter den insgesamt n Lastwechseln neben der ma-
ximalen Schwingbreite 1 auch Schwingspiele mit 1 1 3
Δσ1
kleineren Amplituden weit unterhalb 1 auf. Klei- 3
nere Schwingbreiten tragen i. Allg. weniger zur Ge-
samtschädigung bei; bis zum Eintreten des Ermü- 2
dungsversagens bei N3 können gegenüber der einstu- Δσ2

figen Belastung daher deutlich mehr Lastwechsel auf- “Dauerfestigkeitsbereich”


gebracht werden. Der Zusammenhang zwischen größ-
ter Schwingbreite und Bruchlastspielzahl wird für den
Lastspielzahl (log N)
dargestellten Spannungsverlauf anstelle der Wöhler-
N1 N3 bzw. Lebensdauer
linie, die prinzipiell einstufigen Beanspruchungsver-
läufen zugeordnet ist, durch die Lebensdauerlinie be- Abbildung 12.6 Ermüdungs- und Betriebsfestigkeit eines me-
schrieben (vgl. Haibach 1989). tallischen Werkstoffes (nach Haibach 1989)
Das pragmatischste Konzept eines Ermüdungs-
nachweises für den Beanspruchungsverlauf  3 wäre,
als ertragbare Lastwechselzahl N1 anzunehmen, d. h.
den Schädigungsbeitrag kleiner Schwingbreiten mit zelnen Spannungsspielen – unabhängig von deren
der Schädigung infolge der maximal auftretenden zeitlicher Reihung – solange linear addieren, bis mit
Schwingbreite gleichzusetzen (vgl. Abb. 12.30a). Da- dem Erreichen eines kritischen Schädigungswertes der
durch wird die Anzahl der aufnehmbaren Spannungs- Ermüdungsbruch eintritt. Beschrieben wird der Fort-
spiele i. Allg. drastisch reduziert, die rechnerische schritt der Schädigung des Werkstoffs oder Bauteils
Lebensdauer sehr konservativ eingegrenzt. Eine i. d. R. durch den dimensionslosen Schädigungsfaktor D, der
unwirtschaftliche Bemessung ist die Folge. Eine Nach- sich nach Gl. (12.2) ermitteln lässt.
weisstrategie gegen Ermüdung muss daher in der Lage X n.i /
sein, wirklichkeitsnahe Betriebsspannungsverläufe in DEd D (12.2)
N.i /
realistische Lebensdauern umzusetzen. i

Dabei steht n.i / für die tatsächlich während


der Lebensdauer des Bauteils auftretende Anzahl
12.1.3.2 Nachweiskonzepte in DIN 1045-1 und der Spannungsspiele mit der Schwingbreite i .
EN 1992-1-1 N.i / ist die, der Spannungsschwingbreite i
zugeordnete Bruchlastspielzahl und kann direkt aus
Nachweisstrategien nutzen meist Aussagen über der Wöhlerlinie abgelesen werden. Mit dem Errei-
Schädigungen, die durch Spannungsspiele unter- chen des Grenzwertes DEd D DEd;lim D 1 ist die
schiedlicher Größe hervorgerufen werden. In diesem Grenzschädigung erreicht; definitionsgemäß tritt ein
Zusammenhang kann eine Schädigung z. B. das Ermüdungsversagen ein. Daraus folgt Gl. (12.3) als
Anwachsen eines Risses bedeuten, der letztlich zum grundlegendes Nachweisformat.
Versagen führen kann. Die Schädigungsberechnung
wird bevorzugt auf der Basis von Akkumulations- DEd  1 (12.3)
hypothesen durchgeführt, die damit einen Vergleich
der nach Spannungsschwingbreite und Auftretenshäu- Das beschriebene Konzept zur Quantifizierung der aus
figkeit geordneten Betriebsbelastung (Spannungskol- Betriebslasten entstehenden Schädigungen durch die
lektiv) mit den Ergebnissen aus Einstufenversuchen Schadensakkumulationshypothese nach Palmgren und
in Form von Wöhlerlinien ermöglichen. Eines der Miner ist als Standardverfahren für den Betriebsfestig-
einfachsten Modelle zur Schadensberechnung unter keitsnachweis in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 ver-
Betriebsbelastung, ist die lineare Schadensakkumula- ankert. Darüber hinaus werden dem Anwender zwei
tionshypothese nach Palmgren und Miner (Palmgren vereinfachte Verfahren zur Verfügung gestellt, die als
1924; Miner 1945). Dieser Hypothese liegt der Sonderfälle des ausführlichen Betriebsfestigkeitsnach-
Gedanke zugrunde, dass sich die Schäden aus ein- weises angesehen werden können. Die Reihung der
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 445

nachfolgend aufgezählten Verfahren entspricht dabei intensitätsfaktors zur Quantifizierung des Spannungs-
einer deutlichen Zunahme in der Genauigkeit und Aus- zustandes an der Rissspitze und damit der Rissfort-
sagekraft der Ergebnisse, allerdings auch einer deut- schrittsrate (vgl. Paris u. Erdogan 1963; Harre 1984;
lichen Erhöhung des erforderlichen Rechenaufwan- Gylltoft 1994). Im Maschinen- und Anlagenbau und
des. Dementsprechend empfiehlt sich eine stufenweise z. T. im Stahlbau zählt die bruchmechanische Betrach-
Nachweisführung: tung zu den gängigen Verfahren.
Ferner können anstelle der deterministischen
• Stufe 1 Abschätzung der ermüdungsbestimmten Lebensdauer
Nachweis durch Begrenzung der Spannungen bzw. probabilistische Verfahren genutzt werden, die den
Spannungsschwingbreiten von Beton und Beweh- stochastischen Charakter der einzelnen Parameter
rung (Quasi-Dauerfestigkeitsnachweis) explizit berücksichtigen. Ziel dieser Verfahren ist
• Stufe 2 die zuverlässigkeitstheoretische Ableitung der ermü-
Vereinfachter Betriebsfestigkeitsnachweis auf der dungsbedingten Versagenswahrscheinlichkeit (vgl.
Basis von schädigungsäquivalenten Spannungs- Reppermund 1988; Zilch u. Buba 2002; Buba 2003).
schwingbreiten
• Stufe 3
Expliziter Betriebsfestigkeitsnachweis auf Ba-
sis der Schadensakkumulationshypothese nach 12.2 Ermüdungsverhalten
Palmgren und Miner. von Werkstoffen

Grundlage jedes Ermüdungsnachweises ist die Kennt-


12.1.3.3 Alternative Nachweisstrategien
nis der ermüdungsrelevanten Werkstoffeigenschaften.
Zu diesem Thema existiert mittlerweile eine Fülle an
Neben der beschriebenen Strategie für den Betriebs-
Literatur; im Folgenden werden daher nur die wesentli-
festigkeitsnachweis existieren weitere Verfahren, etwa
chen Zusammenhänge dargestellt. Weiterführende Er-
die Ermüdungsanalyse auf Grundlage der Bruchme-
läuterungen insbesondere zu den Werkstoffen des Mas-
chanik, die die Verwendung von physikalisch bzw. me-
sivbaus sind u. a. in CEB (1988); König u. Danielewicz
chanisch zum Teil nicht begründeten Akkumulations-
(1994) und RILEM (1994b) enthalten.
hypothesen zur Schädigungsberechnung umgeht. Sie
basiert auf der Beschreibung des in drei Phasen ge-
gliederten Rissfortschrittes – Rissinitiierung, stabiler
Rissfortschritt, instabiles bzw. kritisches Risswachs- 12.2.1 Betonstahl
tum (Abb. 12.7) – und bedient sich eines Spannungs-
12.2.1.1 Versagensvorgänge
F Kraft F
Das Ermüdungsversagen von Betonstahl unter
zyklischer Beanspruchung verläuft in einzelnen
a a0 Phasen: Nach submikroskopischen Veränderungen
Zeit t
im Werkstoffgefüge, die sich bereits bei den ersten
Schwingspielen einstellen, entstehen Mikrorisse, die
Risslänge a (linear) Rissfortschrittsrate da/dn (log)
sich schließlich zu Anrissen vereinigen (Rissinitiie-
Restbruch
ac Restbruch rung). Durch die Auswirkungen von Kerbspannungen
an der Rissspitze weiten sich die Anrisse aus (sta-
biler Rissfortschritt), bis letztlich nach einer Phase
des progressiven Risswachstums (instabiler Riss-
ΔK 0 ΔK c fortschritt) der verbleibende Restquerschnitt spröde
a da versagt (Abb. 12.8). Bei einem Ermüdungsversagen
Paris-Gerade
dn treten also keinerlei plastische Verformungen des
a0
Werkstoffes auf, d. h. ein Versagen kündigt sich nicht
NBruch durch deutlich sichtbare Verformungen oder breite
Lastspielzahl n (linear) Spannungsintensitätsfaktor ΔK (log)
Risse an. Die Mikrorisse bzw. Anrisse entstehen
Abbildung 12.7 Risslänge in Abhängigkeit der Lastspielzahl häufig an Stellen lokaler Spannungskonzentrationen,
und daraus abgeleitete Rissfortschrittsrate (nach Haibach 1989) z. B. an oberflächigen Narben als Folge von Korrosion
446 12 Nachweise gegen Ermüdung

Restbruchzone
Rissausbreitung 27
Rissentstehung
A-A
1 2 2
2 d br = 15 d s
10 10
Richtung der Rissausbreitung Schnitt A-A 150

a Bruchfläche nach einem Ermüdungsbruch 1 geprüfter Stab


2 Trennbleche zur Rissvorgabe
Rissgröße
a Prüfkörper nach DIN 488

instabiles 50
Risswachstum

Rissentstehung stabiles
Risswachstum 30

1 2 2 2

15 15
Schwingspielzahl n 150
b Risswachstumsphasen
b Prüfkörper nach Rehm et al.
Abbildung 12.8a,b Ermüdungsbruch eines Bewehrungsstabes
Abbildung 12.10a,b Prüfkörper für Dauerschwingversuche an
einbetonierten Stabstählen

bzw. mechanischer Verletzung oder an geometri-


schen Diskontinuitäten wie etwa dem Übergang von ten wie Narben, mechanischen Schädigungen, etc. ein.
einer Rippe zum Stabkern. Bei Schweißstellen tritt Werden die Stäbe dagegen in einbetoniertem Zustand,
der Anriss häufig am Beginn der wärmebedingten z. B. in biegebeanspruchten Bauteilen geprüft, liegt die
Gefügeumwandlung auf. schwächste Stelle nur mit geringer Wahrscheinlichkeit
am Ort maximaler Spannungen, dem Rissquerschnitt.
Tendenziell wären bei einbetonierten Stäben höhe-
12.2.1.2 Prüfung der Ermüdungsfestigkeit re Ermüdungsfestigkeiten zu erwarten, allerdings wird
dieser Effekt zum Teil durch die Auswirkungen der
Zur experimentellen Ermittlung der Ermüdungsfes- Reibbeanspruchung infolge des Schlupfs zwischen Be-
tigkeit stehen zwei Prüfmethoden zur Auswahl, Ver- wehrungsstab und Beton kompensiert. Sofern die Aus-
suche an freien Proben oder an einbetonierten Stä- wirkungen weiterer Parameter auf das Ermüdungsver-
ben. Bei zyklischer Belastung in axialen Zugversu- halten von Interesse sind, etwa der Einfluss des Bie-
chen an freien Stabproben tritt das Ermüdungsversa- gerollendurchmessers bei gekrümmten Stäben, werden
gen an der schwächsten Stelle, d. h. an lokalen Defek- die Proben in einbetoniertem Zustand geprüft. Nach
DIN 488-3 (06/1986) sind für Dauerschwingversuche
an einbetonierten Stäben Prüfkörper nach Abb. 12.10a
vorgesehen. Vor dem Hintergrund unvermeidlicher Ex-
Restbruchzone Rissentstehung zentrizitäten oder Vorverformungen können speziell
bei Dauerschwingversuchen an geschweißten oder me-
Rissfortschritt
chanischen Betonstahlverbindungen im einbetonierten
Zustand – z. B. in einem Versuchsaufbau nach Rehm
u. a. (1981) (vgl. Abb. 12.10b) – wegen der stützen-
den Wirkung des Betons günstigere Ermüdungseigen-
schaften erwartet werden.
Die große Mehrheit der Dauerschwingversuche –
primär im Rahmen von Zulassungs- und Überwa-
chungsprüfungen – wird an achsial beanspruchten frei-
Abbildung 12.9 Bruchfläche eines Bewehrungsstabes en Proben durchgeführt.
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 447

12.2.1.3 Einflüsse auf das Ermüdungsverhalten Korrosion


Sind Bewehrungsstähle korrosionsfördernden Umge-
Die dominierende Einflussgröße für ein Ermüdungs- bungsbedingungen ausgesetzt, müssen zwei Szenari-
versagen von Betonstählen ist die aufgebrachte en unterschieden werden. Bei flächenhafter Korrosion
Spannungsschwingbreite. Der Einfluss der Oberspan- der Bewehrung, wie sie etwa in karbonatisiertem Beton
nung ist gering, solange die Proportionalitätsgrenze bei ungenügender Betondeckung auftreten kann, wird
der Dehnungen nicht erreicht wird. Weitere Parameter, die Ermüdungsfestigkeit nach König u. Danielewicz
die die Ermüdungseigenschaften von Betonstählen (1994) nur wenig beeinflusst. Treten allerdings lokale
zum Teil nachhaltig beeinflussen, sind die – ggf. durch Korrosionsnarben infolge chloridinduzierter Lochfraß-
Korrosion veränderte – Oberflächenbeschaffenheit korrosion auf, ist eine deutliche Abnahme der Ermü-
und die Rippengeometrie, der Stabdurchmesser, dungsfestigkeit durch die Querschnittsreduktion sowie
die Stabkrümmung sowie die Art und Ausführung durch Spannungskonzentrationen und Anrisse an den
gegebenenfalls vorhandener Schweißstellen. Narben festzustellen (vgl. Nürnberger u. Beul 2000;
Weber u. a. 2000). Eine Beschichtung der Beweh-
Stabdurchmesser rungsstäbe mit Epoxidharzen wirkt sich nicht positiv
Zum Ermüdungsverhalten gerader Betonstähle liegt ei- auf die Ermüdungsfestigkeit aus, da die Beschichtung
ne Vielzahl an Untersuchungen vor, die an unterschied- im Rissbereich durch Scheuerbewegungen zwischen
lichen gebräuchlichen Stabstählen durchgeführt wur- Stab und umgebendem Beton geschädigt und in der
den (u. a. Tilly u. Moss 1982; Fernández-Cantelli Folge unterrostet werden kann. Sofern Randbedingun-
u. a. 1984; Rehm u. a. 1986). Ermüdungsversuche gen gegeben sind, die eine chloridinduzierte Korrosi-
an freien Proben zeigen abnehmende Ermüdungsfes- on der Betonstahlbewehrung während der Lebensdau-
tigkeiten bei größeren Durchmessern, die unter ande- er erwarten lassen (vgl. Fußnote d in DIN 1045-1, Ta-
rem auf eine höhere Wahrscheinlichkeit des Auftretens belle 16), ist die verminderte Ermüdungsfestigkeit im
von Fehlstellen bei größerer Oberfläche zurückgeführt Nachweis zu berücksichtigen. Vereinfachend kann die
werden können. Diese Unterschiede treten bei einbe- Wöhlerlinie über N  hinaus mit dem Spannungsexpo-
tonierten Stäben weniger deutlich zu Tage (vgl. Rehm nenten des Zeitfestigkeitsbereichs k1 fortgesetzt wer-
u. a. 1986), wurden aber bei der Ableitung der Wöhler- den (s. Abschn. 12.2.1.4). Dies bietet i. Allg. eine auf
linien durch eine vereinfachte Differenzierung in Stäbe der sicheren Seite liegende Abschätzung der Ermü-
mit Durchmessern bis ds D 28 mm und Stäbe mit grö- dungsfestigkeit korrodierter Bewehrung, zumal Korro-
ßeren Durchmessern, deren Ermüdungsfestigkeit mit sion erst nach Ablauf eines i. d. R. erheblichen Teils
dem Faktor 2 D 0;8 zu skalieren ist, berücksichtigt. der Lebensdauer auftritt. Nach EN 1992-1-1 wird diese
Vorgehensweise primär für die Bewertung der Restle-
bensdauer korrodierter Bewehrung empfohlen.
Stabkrümmungen Versuche u. a. in Booth u. a. (1986) und Nürn-
Stabkrümmungen vermindern durch die beim Biegen berger u. Beul (2000) zeigen aber auch, dass bei
eingeprägten Eigenspannungen sowie durch plastische extremen Randbedingungen, z. B. in Spritzwasser-
Verformungen und dadurch erhöhte Kerbwirkungen oder Wasserwechselbereichen mit Meerwasserangriff,
der Rippen die Ermüdungsfestigkeit (vgl. Nürnber- geringere Ermüdungsfestigkeiten zu erwarten sind.
ger 1982). Der Einfluss von Stabkrümmungen wirkt In diesen Fällen kann auf die in ModelCode 90 an-
sich erst bei Biegerollendurchmessern unterhalb von gegebene Wöhlerlinie für Meerwasserbeanspruchung
dbr =ds D 25 aus und kann über einen Abminde- zurückgegriffen werden, die auf Versuchen nach
rungsfaktor 1 abhängig vom Verhältnis dbr =ds nach Booth u. a. (1986) an Bewehrungsstäben unter extre-
Gl. (12.4) berücksichtigt werden. men Randbedingungen in Salzwasser-Wechselzonen
beruhen. Im Einzelfall ist das Korrosionsrisiko der
dbr
1 D 0;35 C 0;026  (12.4) Bewehrung unter Berücksichtigung der vorliegenden
ds Randbedingungen abzuschätzen.
Gleichermaßen reduziert auch das Hin- und Zurück-
biegen von Betonstahl auf der Baustelle die Ermü- Geschweißte Stäbe
dungsfestigkeit. Bei derartig gebogenen Stäben darf Für die vielfältigen Ausprägungen geschweißter Ver-
nach DIN 1045-1 der Bemessungswert der Spannungs- bindungen – Stumpf-, Überlapp- oder Laschenstöße ei-
schwingbreite s D 50 N/mm2 nicht überschreiten. nerseits und Betonstahlmatten mit verschweißten Stä-
Vorausgesetzt wird hierfür ein Biegerollendurchmes- ben andererseits – ist es nicht möglich, in Normen
ser von mindestens 15ds. detaillierte Kennwerte für einzelne typische Ausprä-
448 12 Nachweise gegen Ermüdung

gungen vorzugeben. Den geschweißten Stäben ist al- Anordnung der Schweißnähte gegenüber der angege-
lerdings ein vorgegebener Anriss – die Schweißstel- benen Wöhlerlinie schlechtere Ermüdungseigenschaf-
le – gemein, der gegenüber anderen Faktoren das ten. In Abb. 12.11 sind die Ergebnisse der in Rehm
Ermüdungsverhalten dominiert. Der Versagensriss ist u. a. (1981) dokumentierten Versuche den maßgeben-
daher i. Allg. im Bereich der Schweißstelle lokali- den Wöhlerlinien gegenübergestellt.
siert. In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 werden al- Für tragende Verbindungen von Zugstäben in nicht
le Stäbe mit Schweißstellen daher summarisch be- vorwiegend ruhend beanspruchten Bauteilen sind nach
trachtet. Bei geschweißten Stäben ist zwischen tragen- DIN 1045-1 angesichts der Unterschiede zwischen den
den Schweißverbindungen von Stäben, z. B. in Gestalt einzelnen Verfahren ausschließlich Stumpfstöße im
von Laschen- oder Stumpfstößen, und nicht tragenden Abbrennstumpfschweißverfahren zugelassen. Voraus-
Kreuzungsstößen, also vor allem geschweißten Beton- setzung für die Verwendung geschweißter Verbindun-
stahlmatten und Heftschweißungen, zu differenzieren. gen nach DIN 1045-1 ist die Ausführung der Schweiß-
Die wesentliche Steuergröße der Ermüdungsfestigkeit arbeiten nach DIN EN ISO 17660.
geschweißter Verbindungen z. B. bei Matten ist die Eine zusätzliche Abminderung der Ermüdungs-
Einbrandtiefe (vgl. Martin u. Schießl 1981). Weitere festigkeit durch Korrosionsnarben infolge Chloridan-
Parameter wie die Stabkombination oder das verwen- griffs ist bei geschweißten Stäben nicht erforderlich,
dete Schweißverfahren treten dem gegenüber in den da i. Allg. davon ausgegangen werden kann, dass
Hintergrund. ein Ermüdungsversagen angesichts der zeitlichen
Hinsichtlich des Ermüdungsverhaltens treten Verzögerung im Auftreten der Korrosion zuerst an der
bei Schweißverbindungen drei Effekte auf: Durch Schweißstelle eintritt. Allerdings erfordern extreme
Querschnittsübergänge bzw. -sprünge und Einbrand- Bedingungen oder im Zuge von Bauwerksüber-
kerben wird eine geometrische Kerbwirkung erzeugt. prüfungen festgestellte Lochfraßkorrosion auch bei
Darüber hinaus führt die Wärmeeinwirkung während geschweißten Betonstählen gesonderte Betrachtungen.
des Schweißens zu Gefügeveränderungen; neben
einer Aufhärtung, d. h. Versprödung, können v. a. bei
kaltverformten Stäben auch Entfestigungen auftreten. Betonstahlverbindungen
Zuletzt können durch den Schweißvorgang bzw. das Mechanische Verbindungen, heute in vielfältigsten
anschließende Abkühlen Eigenspannungen in der Formen verfügbar z. B. als Muffen- oder Pressmuf-
Schweißverbindung entstehen (Rehm u. Nürnberger fenstöße, Verbindungen mit Muffe und Scherbolzen,
1981). In Summe bewirken Schweißverbindungen etc., haben mit geschweißten Verbindungen einen
daher eine nachhaltige Beeinträchtigung der Ermü- vorgegebenen Anriss – z. B. das Gewinde oder den
dungseigenschaften. Zu geschweißten Betonstahl- Berührpunkt des Scherbolzens – gemeinsam. Die
verbindungen liegen umfangreiche Untersuchungen Ermüdungsfestigkeit ist daher gegenüber geraden
z. B. in Rehm u. a. (1981) vor; die Eignung von Stäben z. T. deutlich reduziert. Kennwerte der Ermü-
Betonstahlmatten und heftgeschweißten Bewehrungs- dungsfestigkeiten bzw. Wöhlerlinien werden in den
verbindungen für nicht ruhend beanspruchte Bauteile
wurde u. a. in Russwurm u. Rehm (1979); Rehm u. a.
Stumpfstoß
(1981); Martin u. Schießl (1981); Schwarzkopf (1994)
untersucht. Dss in N/mm² Laschenstoß
500
Die in DIN 1045-1 angegebene Wöhlerlinie ist
400 EN 1992-1-1
als konservative Abschätzung der Ermüdungsfestigkeit
300
geschweißter Stäbe zu verstehen und schließt u. a. die
DIN 1045-1
ungünstigen Laschenstöße mit ein. Gegenüber der in
200
Ausgabe 2001 angegebenen Wöhlerlinie, die als Emp-
150
fehlung noch in EN 1992-1-1 enthalten ist, wurde die
Ermüdungsfestigkeit deutlich reduziert. Die Wöhlerli-
100 Stumpfstoß
nie nach EN 1992-1-1 gibt in vereinfachter Form die Stumpfstoß-Durchläufer
75 Laschenstoß
Ergebnisse der Untersuchungen wieder und repräsen- Laschenstoß-Durchläufer
tiert insbesondere das Ermüdungsverhalten von Beton-
50
stahlmatten in guter Näherung. Andere geschweißte 104 105 106 107
Verbindungen weichen mehr oder minder stark von Lastwechsel N [ - ]

dieser Wöhlerlinie ab; vor allem Laschenstöße besit- Abbildung 12.11 Ergebnisse von Dauerschwingversuchen an
zen nach Rehm u. a. (1981) aufgrund der ungünstigen geschweißten Betonstahlverbindungen (nach Rehm u. a. 1981)
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 449

log ΔσRsk einer 5%-Quantile auf Grundlage einer Aussagewahr-


log (f y - σmin)
scheinlichkeit von 75% zu verstehen. Sofern ausrei-
chend aussagekräftiges Datenmaterial zur Verfügung
k1 stand, wurden Wöhlerlinien mit Hilfe statistischer Ver-
1 fahren abgeleitet. In Bereichen, die nicht umfassend
durch Versuche abgesichert sind, stellen die Wöhler-
log ΔσRsk (N*) k2 linien allerdings eher auf der sicheren Seite liegen-
1
de Abschätzungen dar. Im Zeitfestigkeitsbereich bis
zum Knickpunkt der Wöhlerlinie bei N  Lastwech-
seln geben die Spannungsexponenten k1 die Versuchs-
log N* Lastspielzahl log N ergebnisse in guter Näherung wieder. Allerdings folgt
die Festlegung eines Knickpunktes bei N  D 106
Abbildung 12.12 Allgemeine Form der Wöhlerlinie für Beton-
stahl
bzw. 107 pragmatischen Überlegungen; ein Übergang
zwischen Bereichen unterschiedlicher Neigungen der
Wöhlerlinie wird für ungeschweißten Betonstahl bei
jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen Lastwechselzahlen zwischen 1  106 und 5  106 ver-
angegeben; auf eine Angabe von Kennwerten z. B. in mutet, bildet sich aber kaum als markanter Knick in
DIN 1045-1 wird mit der Ausgabe 2008 angesichts des experimentell ermittelten Wöhlerlinien ab.
breiten Spektrums möglicher Werte verzichtet. Sofern Da Dauerschwingversuche an Betonstählen mit
in Zulassungen keine eigenen Wöhlerlinien sondern Lastwechselzahlen oberhalb von 2  106 in weit
nur Kennwerte für ausgezeichnete Lastwechselzahlen geringerem Maße vorliegen, ist der anschließende
angegeben werden, kann der Verlauf der Wöhlerlinie Verlauf der Wöhlerlinie nur in beschränktem Umfang
affin zu der für geschweißte Stäbe angenommen experimentell belegt; eine vorsichtige Festlegung der
werden. Spannungsexponenten k2 war daher unumgänglich.
Als Folge der gewählten linearen Schädigungsak-
kumulationshypothese wurde auf die Angabe einer
12.2.1.4 Wöhlerlinie für die Bemessung Dauerfestigkeit generell verzichtet, um eventuell
vorhandene Vorschädigungen des Werkstoffes zu
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 angegebenen berücksichtigen. Einem Vorschlag von Haibach
Wöhlerlinien für den Ermüdungsnachweis beziehen folgend, wurde i. d. R. k2 D 2  k1  1 gewählt (s.
sich auf schweißgeeignete, gerippte Betonstähle in der Abschn. 12.4.2.3).
jeweils normativ festgelegten Bandbreite der Streck- Zusätzlich ist die Abgrenzung der Spannungs-
grenze. Eine Unterscheidung zwischen Stabstahl und schwingbreiten bei kleinen Lastwechselzahlen zu
Betonstahl in Ringen erfolgt nicht; allerdings gelten berücksichtigen: Die Spannungen und damit die Span-
die Anforderungen bei Ringmaterial für den gerichte- nungsschwingbreiten werden durch die Grenzwerte,
ten Zustand. die im Rahmen der Nachweise für die Grenzzustände
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthaltenen, in der Gebrauchstauglichkeit einzuhalten sind (z. B.
doppeltlogarithmischem Maßstab bilinearen Wöhlerli- Begrenzung der Betonstahlspannung auf 0;8fyk unter
nien nach Abb. 12.12 folgen Gl. (12.5) . seltenen Lasten), eingeschränkt. Damit ist gleichzeitig
eine Abgrenzung zur niederzyklischen Ermüdung (low
m
Rsk  N D const ; (12.5a) cycle fatigue) gegeben.
(
k1 ; für N < N 
mit m D (12.5b)
k2 ; für N  N 
12.2.1.5 Nachweis der Konformität
Die für die Festlegung der Wöhlerlinie erforder-
lichen 4 Parameter, die Kennwerte für den Knick- Im Rahmen der Konformitätsprüfung – d. h. für den
punkt der Wöhlerlinien (Rsk bei N  Lastwechseln) Nachweis der Übereinstimmung eines bestimmten
sowie die Spannungsexponenten k1 für den Bereich Produkts mit normativen Vorgaben in Zusammenhang
N < N  und k2 für N  N  , werden – unter- mit der Eigen- und Fremdüberwachung – kann na-
schieden nach ungeschweißten (geraden und geboge- türlich nicht die vollständige Wöhlerlinie abgeprüft
nen) und geschweißten Stäben – in DIN 1045-1 bzw. werden. Der Prüfumfang ist auf den Nachweis eines
EN 1992-1-1 angegeben. Grundsätzlich sind die Wer- ausgesuchten Punktes der Wöhlerlinie begrenzt;
te als charakteristische Ermüdungsfestigkeit im Sinne z. B. wird mit der Neuausgabe von DIN 1045-1 der
450 12 Nachweise gegen Ermüdung

DIN 1045-1 ( )
Dss in N/mm²

500
1 Betonstahl, gerade, ds £ 28 mm
400 (DsRsk = 175 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
2 Betonstahl, gerade, ds > 28 mm
300
(DsRsk = 145 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
200 3 geschweißte Stäbe, Matten
(DsRsk = 85 N/mm2, k1 = 4, k2 = 5, N* = 1.106)

100 1
EN 1992-1-1 ( )
2 4
4 Betonstahl, gerade
50
(DsRsk = 162,5 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
5 geschweißte Stäbe, Matten
25 3 (DsRsk = 58,5 N/mm2, k1 = 3, k2 = 5, N* = 1.107)
5 6 Kopplungen
(DsRsk = 35 N/mm2, k1 = 3, k2 = 5, N* = 1.107)
6
10
4
10 105 6
10 107
108 9
10 1010
Lastwechsel N [ - ]

Abbildung 12.13 Wöhlerlinien für Betonstahl nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (EN: empfohlene Werte)

Nachweispunkt mit dem Knickpunkt der Wöhlerlinie prägt; mechanische Veränderungen der Oberfläche vor
bei 1  106 Lastwechseln gleichgesetzt. Dabei handelt dem Einbau oder während des Betriebs können daher
es sich um die reinen Materialeigenschaften geprüft die Lebensdauer nachhaltig beeinflussen.
an freien Proben und nach DIN 1045-1 überein- Das Ermüdungsverhalten verschiedener Spannstäh-
stimmend mit DIN 488 definiert als 5%-Quantil le wird neben der Stahlsorte und der Herstellungsart
(EN 1992-1-1: 10%-Quantil, NDP). Die im Rahmen deutlich von der Ausprägung des einzelnen Spann-
der Konformitätsprüfung nachzuweisenden Ermü- glieds bestimmt. Glatte Einzeldrähte weisen höhere Er-
dungsfestigkeiten sind in DIN 1045-1, Tabelle 11 müdungsfestigkeiten auf als profilierte Drähte, Litzen
enthalten (EN 1992-1-1: Tabelle C.2N). oder Stabspannglieder mit Gewinderippen. Daneben
steigt mit der Spannstahlgüte (technische Streckgrenze
und Festigkeit) die Ermüdungsfestigkeit an (Nürnber-
ger 1981; Fernández-Cantelli u. a. 1984).
12.2.2 Spannstahl und Spannglieder Da Spannstähle im Vergleich zu Betonstählen deut-
lich empfindlicher gegenüber Korrosion reagieren,
Spannglieder bestehen im allgemeinen Fall aus wird deren Ermüdungsfestigkeit durch Korrosion
Spannstahl-Zuggliedern, Verankerungen, Kopplun- erheblich reduziert. Insbesondere lokal auftretende,
gen und ggf. Hüllrohren. Je nach Einsatz (z. B. bei chloridinduzierte Lochfraßkorrosion oder wasser-
Vorspannung mit oder ohne Verbund, bei umgelenk- stoffinduzierte Spannungsrisskorrosion wirken sich
tem Spanngliedverlauf) und betrachtetem Element äußerst ungünstig auf das Ermüdungsverhalten aus.
(z. B. Verankerung oder Spannstahl auf freier Länge) Nach Nürnberger (1981) wiesen Spannstahlproben,
unterscheiden sich die Ermüdungseigenschaften und die 6 Monate im Freien gelagert waren und primär
Einflussgrößen. Die an einer freien Spannstahlprobe flächige Korrosion zeigten, eine um 36% verringer-
ermittelte Ermüdungsfestigkeit gibt noch keine er- te Ermüdungsfestigkeit (2  106 Lastwechsel) auf,
schöpfende Auskunft über das Ermüdungsverhalten während bei Proben, die über den gleichen Zeitraum
eines Spannglieds. Sprühnebel aus Meerwasser ausgesetzt waren und
deren Oberfläche Narben als Folge chloridinduzierter
Lochfraßkorrosion aufwiesen, die Ermüdungsfes-
12.2.2.1 Spannstahl tigkeit um 76% reduziert war.3 Korrosion von

Wie bei Betonstahl ist ein Ermüdungsversagen auch 3


Die statische Festigkeit des Spannstahls – technische Streck-
bei Spannstählen auf die Fortpflanzung von Rissen grenze und Zugfestigkeit – wird durch Korrosion zunächst nur
ausgehend von initiierenden Defekten oder geome- wenig beeinflusst; bei den zitierten Versuchen konnte selbst
bei dem durch Lochfraßkorrosion geschädigten Spannstahl noch
trischen Diskontinuitäten an der Stahloberfläche zu- keine Reduktion festgestellt werden. Dauerschwingversuche
rückzuführen. Bei Spannstählen ist allerdings im All- eignen sich daher gut zur Quantifizierung der Korrosionsschä-
gemeinen die Kerbempfindlichkeit deutlicher ausge- digung von Spannstahl.
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 451

DIN 1045-1 ( )
Dss in N/mm²
1 Spannglieder im sofortigen Verbund,
500
Einzellitzen in Kunststoffhüllrohren
400
(DsRsk = 185 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
300 2 gerade Spannglieder,
gekrümmte Spannglieder in Kunststoffhüllrohren
200
7 (DsRsk = 150 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
1 5
3 gekrümmte Spannglieder in Stahlhüllrohren
100
8 2 (DsRsk = 120 N/mm2, k1 = 3, k2 = 7, N* = 1.106)
3 4 Kopplungen und Verankerungen
6 (DsRsk = 80 N/mm2, k1 = 3, k2 = 5, N* = 1.106)
50 4
EN 1992-1-1 ( )

25 5 Spannglieder im sofortigen Verbund,


Einzellitzen in Kunststoffhüllrohren
(DsRsk = 185 N/mm2, k1 = 5, k2 = 9, N* = 1.106)
6 gerade Spannglieder,
10 gekrümmte Spannglieder in Kunststoffhüllrohren
(DsRsk = 150 N/mm2, k1 = 5, k2 = 10, N* = 1.106)
10
104 105 106 107 108 109 10
Lastwechsel N [ - ] 7 gekrümmte Spannglieder in Stahlhüllrohren
(DsRsk = 120 N/mm2, k1 = 5, k2 = 7, N* = 1.106)
8 Kopplungen
(DsRsk = 80 N/mm2, k1 = 5, k2 = 5, N* = 1.106)

Abbildung 12.14 Wöhlerlinien für Spannglieder nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (EN: empfohlene Werte)

Spanngliedern muss daher durch Maßnahmen, die hen Anrisse, die in weiterer Folge zu einem spröden
auf die Dauerhaftigkeit der Spannbetonbauwerke Ermüdungsversagen des Spannstahls führen können
abzielen, z. B. Begrenzung der Rissbreiten, Dekom- Nürnberger (1981); Müller (1986); Oertle u. Thürli-
pressionsnachweis, etc., ausgeschlossen werden. mann (1987).
Angaben zu abgeminderten Ermüdungsfestigkeiten Bei Litzen führt die Querpressung der Drähte un-
für Spannstähle in korrosionsfördernder Umgebung, tereinander in Verbindung mit Scheuerbewegungen
wie sie z. B. für Betonstahl zu finden sind, erübrigen zwischen den Drähten zu Reibkorrosionseffekten und
sich daher. damit zu einer Verminderung der Ermüdungsfestig-
Bei Litzen kann es zudem zu Reibermüdung kom- keit gegenüber Einzeldrähten. Der Bruch geht da-
men (s. Abschn. 12.2.2.2). bei in den meisten Fällen von der Kontaktfläche ei-
nes Außendrahtes mit dem Kerndraht aus. Bei ein-
betonierten Spanngliedern entstehen die beschriebe-
12.2.2.2 Spannglieder nen Reibkorrosionseffekte primär an Rissen – u. a. be-
dingt durch die dort auftretenden Relativverschiebun-
Die in umfangreichen Versuchsreihen an freien Pro- gen zwischen Drähten und den Rippen von Stahlwell-
ben ermittelten Ermüdungsfestigkeiten verschiedener hüllrohren – und vermindern die Ermüdungsfestigkeit.
Spannstähle können allerdings nicht als repräsentativ Durch erhöhte Querpressungen bei Spanngliedumlen-
für einbetonierte Spannglieder im Verbund angesehen kungen werden die Effekte verstärkt und vermindern
werden. Deren Ermüdungsfestigkeit wird insbesonde- die Ermüdungsfestigkeit – abhängig vom verwendeten
re durch: System – um bis zu 50% (bei 2  106 Lastwechseln)
(Müller 1986; Cordes u. a. 2000). Bei gekrümmten
• Reibermüdung und
Spanngliedern vermindern Kunststoffhüllrohre gegen-
• Einflüsse aus Verankerungen und Kopplungen.
über Stahlwellhüllrohren Reibkorrosionseinflüsse (vgl.
erheblich herabgesetzt. Rigon u. Thürlimann 1985; Hegger u. Abel 1999). Vor
Große Bedeutung im Hinblick auf das Ermüdungs- dem Hintergrund des Korrosionsschutzes der Spann-
verhalten kommt bei Spannstählen der aus dem Ma- glieder durch Hüllrohre sei erwähnt, dass nicht nur
schinenbau seit langem bekannten und mit der Einfüh- die Spannglieder selbst, sondern aufgrund des Ver-
rung der teilweisen Vorspannung auch im Spannbeton- bundes auch die Hüllrohre Spannungswechseln unter-
bau relevanten Reibkorrosion bzw. der damit verknüpf- liegen. Dabei weisen Stahlhüllrohre bereits bei gerin-
ten Reibermüdung zu. Die Oberfläche der Spannstäh- gen Lastwechselzahlen erste Anrisse auf, während die
le wird durch Scheuerbewegungen in Verbindung mit weicheren Kunststoffhüllrohre gegenüber zyklischen
Reibschweißerscheinungen und lokaler Oxidation der Beanspruchungen weitgehend unempfindlich reagie-
Kontaktbereiche geschädigt. An diesen Stellen entste- ren (Cordes u. a. 2000).
452 12 Nachweise gegen Ermüdung

Besonders kritisch erweisen sich bei Spannglie- Im Rahmen normativer Regeln kann nicht zwi-
dern Verankerungen und Kopplungen,4 unabhängig schen einzelnen Spannverfahren unterschieden
davon, ob der Verankerungsmechanismus der Zugglie- werden; dementsprechend können Wöhlerlinien,
der auf Formschluss (aufgestauchte Köpfchen, Gewin- die in bauaufsichtlichen Zulassungen angegeben
de, o. ä.) oder auf Reibschluss (Keil- und Klemmver- werden, bzw. die durch Versuche zusammen mit einer
ankerungen) aufbaut. Vor allem Reibkorrosionseffek- Zustimmung im Einzelfall nachgewiesen werden,
te zwischen Spannstahl und den Verankerungselemen- gegebenenfalls günstigere Werte enthalten.
ten führen zu deutlichen Einbußen der Ermüdungsfes-
tigkeit gegenüber der freien Länge des Spannglieds.
Durch eine optimierte Formgebung der Verankerungs-
elemente, insbesondere der Keile (z. B. Zahngeome- 12.2.3 Beton
trie) bei Keilverankerungen, lässt sich die zyklische
Beanspruchbarkeit zwar verbessern, oft führt dies aber Die Angaben zum Ermüdungsnachweis von Beton in
zu einer verminderten Tragfähigkeit unter statischer DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 gelten grundsätzlich
Belastung (vgl. Rehm u. a. 1977). für alle im Regelungsumfang der Norm enthaltenen
Zu Kopplungen liegen nur wenige systematische Normalbetone. Die in der Vergangenheit als hoch-
Untersuchungen zum Ermüdungsverhalten vor (Kordi- fest bezeichneten Betone der Festigkeitsklassen ober-
na u. Günther 1982; König u. Sturm 1993; Daniele- halb C50/60 können nach König u. a. (2001) aufgrund
wicz 1994) zugleich existiert eine große Bandbreite des prinzipiell ähnlichen Verhaltens ebenfalls mit den
unterschiedlicher Bauformen. In der Neuausgabe von für Normalbetone abgeleiteten Regeln erfasst wer-
DIN 1045-1 wird daher, im Unterschied zu EN 1992-1- den. Dies gilt ohne Einschränkung allerdings nicht für
1, auf die Angabe spezifischer Wöhlerlinien für Kopp- Leichtbetone. Hier können die aus Wöhlerlinien ab-
lungen – die ohnehin nur als untere Grenzlinien gel- geleiteten Nachweisformate nur angewendet werden,
ten können und allenfalls grobe Anhaltswerte für eine wenn die Gleichwertigkeit des Leichtbetons nachge-
Vordimensionierung liefern – verzichtet. Ermüdungs- wiesen wird (König u. Faust 2003).
festigkeiten für konkrete Spannglieder sind stets den
entsprechenden allgemeinen bauaufsichtlichen Zulas-
sungen bzw. Europäischen Technischen Zulassungen 12.2.3.1 Schädigungmechanismus
zu entnehmen.
Der Schädigungsprozess von Beton, der zyklischen
Druckbeanspruchungen unterliegt, ähnelt dem bei
12.2.2.3 Wöhlerlinien für die Bemessung statischer Belastung. Bereits in unbelastetem Zustand
weist Beton infolge des Schwindens der Zement-
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wiederge- steinmatrix Mikrorisse an den Grenzflächen zu den
gebenen Wöhlerlinien sind als unterer Grenzwert Zuschlagkörnern auf. Die Mikrorisse vereinigen
der Ermüdungsfestigkeit aus einer summarischen sich durch zyklische Beanspruchung zu makroskopi-
Zusammenfassung aller Versuchsergebnisse zu se- schen Rissen und führen letztlich zum Versagen des
hen. Dabei wurden mögliche Reibkorrosions- bzw. Betons.
Reibermüdungseinflüsse durch eine Differenzierung Wie bei metallischen Werkstoffen ist auch bei Be-
zwischen Einzellitzen in Kunststoffhüllrohren, gera- ton ein dreiphasiger Schädigungsfortschritt, ausgehend
den Spanngliedern und gekrümmten Spanngliedern von der – bei Beton aufgrund der Vorschädigung nur
in Kunststoff- oder Stahlwellhüllrohren berücksich- kurzen – Phase der Rissentstehung über das stabile
tigt (s. Abb. 12.14). Speziell die Wöhlerlinie für Risswachstum bis zum instabilen Rissfortschritt wäh-
gekrümmte Spannglieder in Stahlhüllrohren geht rend der letzten ca. 15% der Lastwechsel zu beobach-
auf Untersuchsergebnisse in Bökamp u. a. (1990) ten (s. Abb. 12.15). Der Schädigungsfortschritt geht
zurück. hier, im Gegensatz zu Stahl, mit Verformungen ein-
her, die das Versagen in begrenztem Umfang ankün-
4
Verankerungen werden häufig in Tragwerksbereichen angeord- digen. Generell ist bei Beton zwischen Ermüdung in-
net, in denen nur mehr geringe Schwingbreiten der Spannstahl- folge Druck-, Zug- oder Wechselbeanspruchung zu un-
spannungen auftreten. In EN 1992-1-1 werden daher in Verbin- terscheiden. Aus der Fülle der Forschungsarbeiten zur
dung mit Wöhlerlinien nur Kopplungen erwähnt; verminderte
Ermüdungsfestigkeiten gelten aber natürlich auch für Veranke- Betonermüdung seien stellvertretend Tepfers u. Kutti
rungen, sofern diese durch wesentliche zyklische Kräfte bean- (1979); Holmen (1979) und Klausen u. Weigler (1979)
sprucht werden können. herausgegriffen; in König u. Danielewicz (1994) und
12.2 Ermüdungsverhalten von Werkstoffen 453

bezogene Schädigung S/Su Ecd,max

1,00 1,0
se
o the
H yp Ecd,min = 0,8
0,80 r- 0,8
i ne
n -M
0,60 gre Ecd,min = 0,6
lm 0,6
Pa
Dsc = 0,64 fc Ecd,min = 0,4
0,40 su = 0,20 fc
Dsc = 0,54 fc 0,4
Dsc = 0,54 fc su = 0,35 fc
Dsc = 0,50 fc Ecd,min = 0,2
0,20
0,2
0
0 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00 Ecd,min = 0
bezogene Lastspielzahl n/N 0
6 15
10 0 10 3
10 10 9
1012
10
Lastwechsel N [ - ]
Abbildung 12.15 Schädigungsverlauf bei druckbeanspruchten
Betonzylindern im Einstufenversuch (nach Weigler u. Klausen Abbildung 12.16 Wöhlerlinien druckbeanspruchten Betons
1979) (Schädigungswert mit Schallemissionsanalyse ermittelt)

Hierbei ist
RILEM (1994a) ist darüber hinaus eine Zusammen- max jcd j
fassung wesentlicher Erkenntnisse zur Betonermüdung Ecd;max D ; (12.7a)
fcd;fat
dargestellt.
min jcd j
Ecd;min D ; (12.7b)
fcd;fat
12.2.3.2 Wöhlerlinien
Ecd;min
von druckbeanspruchtem Beton RD ; (12.7c)
Ecd;max
 
Die Ergebnisse von Einstufenversuchen zeigen – im fck
fcd;fat D ˇcc .t0 /  fcd  1  : (12.7d)
Gegensatz zu metallischen Werkstoffen – eine deut- 250
liche Abhängigkeit der ertragbaren Lastspielzahl von Die Ermüdungsfestigkeit wird bei Beton auf die sta-
der Mittelspannung. Mit wachsender Mittelspannung tische Festigkeit bezogen. Zur Berücksichtigung der
nimmt bei gleichen Schwingbreiten die Bruch- Nacherhärtung zum Zeitpunkt t0 am Beginn der zykli-
schwingspielzahl ab. Weitere Einflussparameter wie schen Belastung gegenüber dem Wert nach 28 Tagen
Betonzusammensetzung oder Betonfestigkeitsklasse darf ein Festigkeitszuwachs mit dem Faktor ˇcc be-
treten demgegenüber in den Hintergrund. rücksichtigt werden (s. Gl. 3.13). Die größere Materi-
Weder in DIN 1045-1 noch in EN 1992-1-1 wer- alsprödigkeit bei höheren Betonfestigkeiten wird durch
den Wöhlerlinien für Beton angegeben. Allerdings den von fck abhängigen Korrekturfaktor in Gl. (12.7d)
basieren die darin enthaltenen Regelungen für ver- erfasst. In Abb. 12.16 sind die Wöhlerlinien nach
einfachte Nachweise mit Hilfe schädigungsäquivalen- Gl. (12.6) im halblogarithmischen Maßstab dargestellt;
ter Spannungen bzw. Spannungsbegrenzungen auf ein der Parameter Ecd;min bezeichnet die Unterspannung
Quasi-Dauerfestigkeitsniveau auf einer in Danielewicz (die betragsmäßig kleinere Druckspannung) und dient
(1994) angegebenen Formulierung der Wöhlerlinien in dieser Darstellung als Scharparameter.
nach Gl. (12.6).5 Durch den Bezug auf den Bemessungswert der sta-
1  Ecd;max tischen Festigkeit werden nach König u. Danielewicz
log N D 14  p (12.6) (1994) die Streuungen der Ermüdungsfestigkeit in aus-
1R reichendem Maße berücksichtigt, die Wöhlerlinie be-
schreibt folglich die Mittelwerte der Versuchsergebnis-
5
Mit der Neuausgabe von DIN 1045-1 wurden die Bezeich- se.
nungen korrigiert: max jcd j bezeichnet die betragsmäßig größ- Ergänzend sei angemerkt, dass die Wöhlerlinien ur-
te Druckspannung – nach Vorzeichenkonvention in DIN 1045-1 sprünglich auf der Grundlage der Definition des Be-
(Druckspannungen negativ) also die kleinste Spannung cd;min messungswertes der Druckfestigkeit fcd D fck =c;fat
(in EN 1992-1-1 mit cd;max bezeichnet, da Druckspannungen entsprechend ModelCode 90 abgeleitet wurden. Durch
positiv in die jeweiligen Gleichungen eingesetzt werden müs-
sen), während min jcd j die betragsmäßig kleinste Druckspan- die Übernahme in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 ent-
nung – also cd;max (in EN 1992-1-1 mit cd;min bezeichnet) an- hält fcd zusätzlich den Dauerstandfaktor ˛c (bzw. ˛cc
gibt. nach EN 1992-1-1), der zumindest in DIN 1045-1 we-
454 12 Nachweise gegen Ermüdung

gen ˛c < 1;0 als zusätzliches Sicherheitselement zu die vereinfachten Nachweise auf den Wöhlerlinien nach
verstehen ist. Gl. (12.6) (s. Abb. 12.16).

Betonstahl
Die Wöhlerlinien für Betonstahl sind in Abb. 12.13 wie-
12.2.3.3 Betonermüdung bei Zugschwell- dergegeben; die maßgebenden Paramter enthält Tabel-
und Wechselbeanspruchung le 12.1. Hierbei bezeichnen:
N Knickpunkt der Wöhlerlinie
Zur Ermüdung zugbeanspruchten Betons stehen – ei- Rsk charakteristischer Wert der Ermüdungsfestigkeit
nerseits aufgrund der komplexeren Versuchsdurchfüh- bei N  Lastwechseln
rung, andererseits auch wegen der untergeordneten k1 Spannungsexponent des Zeitfestigkeitsbereichs
N  N
Bedeutung im Rahmen der Bemessung – gegenüber k2 Spannungsexponent des Dauerfestigkeitsbe-
druckbeanspruchtem Beton deutlich weniger Untersu- reichs N > N  .
chungen zur Verfügung. Ein Überblick über bekann- Von Tabelle 12.1 abweichende Kennwerte können durch
te Versuchsergebnisse in Kessler-Kramer (2002) offen- allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen oder eine Zu-
bart, dass die Ermüdungsfestigkeit bei Zugschwellbe- stimmung im Einzelfall vereinbart werden.
anspruchung schon bei geringen Schwingbreiten er-
Spannstahl
heblich abnimmt, die Ergebnisse allerdings auch mit
Die Wöhlerlinien von Spannstahl und Spanngliedern sind
großen Streuungen behaftet sind. In Cornelissen u.
in Abb. 12.14 wiedergegeben; die zugehörigen charakte-
Reinhardt (1984) wird ein modifiziertes Goodman-
ristischen Kenngrößen finden sich in Tabelle 12.2. Durch
Diagramm für zugbeanspruchten Beton angegeben.
bauaufsichtliche Zulassungen oder Zustimmungen im Ein-
Generell sollte aber – unter anderem wegen i. d. R. nur
zelfall können von Tabelle 12.2 abweichende Werte fest-
ungenügend erfasster Einflüsse (z. B. Zwangspannun-
gelegt werden, müssen sich aber auf den eingebauten Zu-
gen) und der fehlenden Absicherung der Betonzugfes-
stand beziehen.
tigkeit durch Konformitätsnachweise – von der An-
rechnung des Betons auf Zug parallel zum gezogenen Normenregelung nach EN 1992-1-1
Rand abgesehen werden.
In EN 1992-1-1, 6.8.4 werden – analog zu DIN 1045-1 –
Für die Bemessungspraxis von größerer Relevanz
lediglich die Wöhlerlinien für Betonstahl und Spannstahl
sind Beanspruchungen im Spannungswechselbereich
angegeben. Die kennzeichnenden Parameter finden sich
mit Unterspannungen im Druckbereich, z. B. bei
in den Tabellen 12.1 und 12.2. Dabei sind alle Kenngrößen
vorgedrückten Zugzonen von Spannbetonbauteilen.
der Wöhlerlinien länderspezifisch festzulegen, lediglich die
Die wenigen hierzu vorliegenden Versuche nach
in doppeltlogarithmischem Maßstab bilineare Form ist vor-
Cornelissen u. Reinhardt (1984) und Weigler u. Rings
gegeben.
(1987) lassen vermuten, dass die Ermüdungsfestigkeit
im Wechselbereich rapide abnimmt. Der deutlich
beschleunigte Schädigungsfortschritt wird u. a. durch
die aus Zug- und Druckspannungen entstehenden, 12.3 Ermüdungsverhalten bei
jeweils unterschiedlich orientierten Mikrorisse erklärt, Bauteilen – Spannungsermittlung
die im Gegensatz zu Schwellbeanspruchungen das
gesamte Zuschlagkorn umlaufen. Bereits bei Un-
terspannungen c;min von 10% der Druckfestigkeit 12.3.1 Bauteilverhalten –
fcm fällt die 1  106 Lastwechseln zugeordnete Zu- Versagensmechanismen
germüdungsfestigkeit des Betons auf ca. 40% der
statischen Kurzzeitfestigkeit fctm ab. Die Anwendung Bewehrte Betonbauteile weisen unter zyklischer Be-
von vereinfachten Ermüdungsnachweisen für Beton anspruchung Versagensformen auf, die im Grunde de-
unter Wechselbeanspruchung (s. Abschn. 12.4.3 und nen bei statischer Beanspruchung entsprechen, aller-
12.4.4) sollte daher mit Vorsicht erfolgen. dings bei deutlich kleineren Belastungen eintreten. Der
für die Bemessung eines Bauteils maßgebende Versa-
Normenregelung nach DIN 1045-1 gensmechanismus kann allerdings bei statischer und
In DIN 1045-1, 10.8.3 finden sich die kennzeichnenden Pa- zyklischer Beanspruchung verschieden sein. Versuche
rameter der Wöhlerlinien für Betonstahl und Spannstahl; an Spannbeton-Eisenbahnschwellen nach Lambotte u.
die in doppeltlogarithmischen Maßstab bilinearen Wöhler-
linien folgen allgemein Gl. (12.5) (s. Abb. 12.12). Für druck- Baus (1963) führen dies vor Augen: Unter statischen
beanspruchten Beton werden keine expliziten Kenngrößen Lasten konnte ein Versagen der Schwellen durch Bie-
der Ermüdungsfestigkeit angegeben, allerdings basieren gedruckbrüche oder infolge eines Schub- bzw. Ver-
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 455

Tabelle 12.1 Betonstahl – Kenngrößen der Wöhlerlinien für die Tabelle 12.2 Spannstahl – Kenngrößen der Wöhlerlinien für die
Bemessung nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Bemessung nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene
Werte und länderspezifisch festzulegende Parameter) Werte und länderspezifisch festzulegende Parameter)

DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs) DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)


EU D A EU D A

gerade und gebogene Stäbe ds  28 mm im sofortigen Verbund


N 1  106 1  106 EU EU N 1  106 1  106
 a 
Rsk .N / 175 162;5 175 195 Rsk .N / 185 185
EU EU
k1 5 5 EU EU k1 5 5
k2 9b 9 EU EU k2 9 9

gerade und gebogene Stäbe ds > 28 mm c Einzellitzen in Kunststoffhüllrohren


Rsk .N  /a 145 162;5 145 195 N 1  106 1  106
Rsk .N  / 185 185
geschweißte Stäbe, Matten d EU EU
k1 5 5
N 1  106 1  107 1  106 EU
k2 9 9
Rsk .N  / 85 58;5 85 60
k1 4 3 4 EU gerade Spannglieder,
k2 5 5 5 EU gekrümmte Spannglieder in Kunststoffhüllrohren
N 1  106 1  106 EU
Kopplungen 
Rsk .N / 150 150 EU
N – 1  107 – EU EU

k1 5 5 EU
Rsk .N / – 35 – 60
k2 9 10 9
k1 – 3 – EU
k2 – 5 – EU gekrümmte Spannglieder in Stahlhüllrohren
a N 1  106 1  106 EU
Für gebogene Stäbe mit dbr  25ds ist Rsk mit dem Reduktions-

faktor 1 D 0;35 C 0;026dbr =ds zu multiplizieren. Rsk .N / 120 120 EU
b
EU
Für die Expositionsklassen XC2, XC3, XC4, XS und XD sollte k1 3 5 3
das erhöhte Korrosionsrisiko berücksichtigt werden. Sofern keine
k2 7 7 EU
genaueren Erkenntnisse vorliegen, kann 5  k2 < 9 angenommen
werden.
Kopplungen und Verankerungen
c
Die übrigen Kenngrößen k1 , k2 und N  sind gegenüber Stäben mit
ds  28 mm unverändert. N 1  106 1  106 –
d
Die Ermüdungsfestigkeit von geschweißten Stäben liegt stets unter Rsk .N  / 80 80 –
derjenigen von ungeschweißtem Betonstahl, d. h. die Wöhlerlinie EU
k1 3 5 –
nach EN 1992-1-1 weist einen zusätzlichen Knick beim Übergang in
diejenige für gerade Stäbe bei ca. N  1;5  105 bzw. Rsk D 238 MPa
k2 5 5 –
auf.

bundversagens beobachtet werden, während unter zy- nungsumlagerungen in der Druckzone durch große
klischer Beanspruchung in allen Fällen Ermüdungs- Verformungen eingeleitet (u. a. Hashem 1986).
brüche der Spannbewehrung das Versagen auslösten.
Bei üblichen Bauteilen wird unter Voraussetzung Auswirkungen zyklischer Beanspruchungen
normgemäßer Bemessung in aller Regel das Versagen auf das Gebrauchsverhalten
der Bewehrung und somit das Ermüdungsverhalten des
Stahls maßgebend. Im Gegensatz zum Stahlversagen Nicht zu trennen vom Ermüdungsverhalten der Werk-
bei statischer Überbelastung erfolgt ein Ermüdungs- stoffe ist die Veränderung der Gebrauchseigenschaften
bruch wegen des spröden Stahlversagens ohne deut- bei zyklischer Beanspruchung. Die kontinuierliche
liche plastische Verformungen der Bewehrungsstäbe, Verminderung der Verbundwirkung zwischen Beweh-
d. h. ohne Vorankündigung. Hingegen wird das weni- rung und Beton führt zu einer verringerten Mitwirkung
ger häufige Ermüdungsversagen der Biegedruckzone des Betons zwischen den Rissen und damit in der
bzw. des druckbeanspruchten Stegbetons aufgrund der Regel zu größeren Rissbreiten. Zusammen mit der
sukzessiven Gefügeschädigung und möglicher Span- abnehmenden Steifigkeit des druckbeanspruchten
456 12 Nachweise gegen Ermüdung

Betons, unter anderem als Folge der zunehmenden Lastwechselzahlen nicht unmittelbar ermüdungswirk-
Schädigungen durch Mikrorissbildung, ergeben sich sam, müssen aber bei ausgeprägt nichtlinearem Zu-
größere Bauteilverformungen, die unter Umständen sammenhang zwischen Schnittgrößen und Spannun-
die Gebrauchstauglichkeit einschränken. Allerdings gen – insbesondere bei Spannbetonbauteilen – bei
werden diese Effekte i. Allg. bereits in Nachweisen der Ermittlung der Grundbeanspruchung berücksich-
in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit tigt werden (s. Abschn. 12.3.5).
berücksichtigt. So wird die Abnahme der Verbundwir- Ermüdungslasten werden i. d. R. als statisch wir-
kung der Bewehrung analog zu Verbundkriecheffekten kend betrachtet. Auftretende dynamische Effekte aus
bereits im Völligkeitsbeiwert ˇt erfasst (s. Ab- der Wechselwirkung zwischen Einwirkung und Trag-
schn. 10.3.4) (vgl. Rehm u. Eligehausen 1977; Balázs werk werden meist summarisch durch eine Vergröße-
1991). Gesonderte Nachweise der Gebrauchseigen- rung der statischen Last mit Erhöhungsfaktoren, den
schaften sind daher bei zyklischer Beanspruchung sog. Schwingbeiwerten bzw. dynamischen Vergröße-
i. d. R. nicht erforderlich. rungsfaktoren, berücksichtigt.
Bei einigen Bauten trägt die dynamische Reaktion –
d. h. die durch zyklische Einwirkungen ausgelösten
12.3.2 Betriebslasten Schwingungen des Tragwerks – in erheblichem Maß
zur Beanspruchung bei. In diesen Fällen wird zur wirk-
lichkeitsnahen Ermittlung der Schnittgrößen eine dy-
12.3.2.1 Allgemeines
namische Berechnung erforderlich (s. Abschn. 12.3.3).
Dies gilt z. B. für Schornsteine (Windanregung), Ma-
Bei einem Ermüdungsnachweis müssen anstelle extre-
schinenfundamente (Anregung durch rotierende Mas-
maler Beanspruchungen die tatsächlich während des
sen, vgl. DIN 1055-10) oder für die häufig in Spann-
Betriebs auftretenden Lasten betrachtet werden.
beton ausgeführten Turmschäfte von Windenergieanla-
Einwirkungen auf Bauwerke werden nach ihrem
gen (Anregung aus böigem Wind und Drehbewegung
Charakter in ständige und veränderliche Bean-
des Rotors) (vgl. Grünberg u. a. 2006). Bei Brücken
spruchungen unterteilt (s. Abschn. 2.3.2.2). Die
ist die Erfordernis dynamischer Berechnungen primär
ständigen Einwirkungen wie Eigengewichtslasten,
auf Eisenbahnbrücken begrenzt, die ein Resonanzri-
Vorspannkräfte und -momente oder Zwang aus
siko aufweisen, d. h. bei denen eine Eigenfrenquenz
Baugrundbewegungen bewirken keine wechselnden
in der Nähe der Anregungsfrequenz bei Zugüberfahrt
Beanspruchungen und sind damit nicht unmittelbar
liegt.6
ermüdungsrelevant.
Zu den veränderlichen Einwirkungen zählen neben
Verkehrslasten u. a. Temperaturlasten, Windbeanspru-
12.3.2.2 Lastmodelle
chungen, etc. Veränderliche Einwirkungen werden pri-
mär dann ermüdungsrelevant, wenn sie während der
Die Wahl des Lastmodells für einen Ermüdungsnach-
Lebensdauer des Bauwerks oder Bauteils Beanspru-
weis ist davon abhängig, auf welcher Stufe der Nach-
chungen hervorrufen, die mehr als 1  104 mal signi-
weis geführt wird (s. Abschn. 12.1.3.2 und 12.4.1):
fikanten Änderungen unterworfen sind. Vorausgesetzt
werden muss, dass die Beanspruchungen nicht zu irre- • Stufe 1
versiblen, plastischen Verformungen und damit zu ei- Dem Quasi-Dauerfestigkeitsnachweis werden die
nem vorzeitigen niederzyklischen Ermüdungsversagen Spannungen aus der häufigen Einwirkungskombi-
(low cycle fatigue) führen. Quellen ermüdungsrelevan- nation des Grenzzustandes der Gebrauchstauglich-
ter, sog. nicht vorwiegend ruhender Einwirkungen sind keit bzw. einer dazu ähnlichen Kombination zu-
u. a.: grunde gelegt (s. Abschn. 12.4.4)
• Überfahrt von Fahrzeugen (fließender Straßenver- • Stufe 2
kehr, Anlieferungsverkehr) Für den Nachweis über schädigungsäquivalen-
• Eisenbahnverkehr te Spannungensschwingbreiten sind spezielle
• Krane, Hebezeuge, Gabelstapler Lastmodelle erforderlich, die bei vorgegebener
• Maschinen Lastwechselanzahl eine zur tatsächlichen Betriebs-
• böiger Wind belastung gleichwertige Schädigung des Bauteils
• Wellenschlag. bzw. Werkstoffes hervorrufen (s. Abschn. 12.4.3).

Niederzyklische Einwirkungen wie etwa Temperatur- 6


vgl. hierzu Resonanznachweis nach Richtlinie 804 der DB AG
beanspruchungen sind zwar aufgrund der geringen bzw. Bagayoko (2005).
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 457

(1) Einstufenbeanspruchung
Aus dieser Definition wird deutlich, dass die Ei-
(Turbinenfundament; Wöhlerversuch)
genschaften der jeweils betrachteten Wöhlerlinien (2) Überlinearer Verlauf (Kranbahn)
in das Lastmodell einfliessen. Wegen der äußerst (3) Linearer Verlauf
Fi / Fmax
aufwändigen Ableitung schädigungsäquivalenter (4) Unterlinearer Verlauf (Wind, Verkehr)
Lastmodelle liegen solche nur für wenige An-
1,0 (1)
wendungsfälle vor; im Einzelnen für Straßen-
und Eisenbahnbrücken (vgl. DIN-FB 101 bzw. (2)
EN 1992-2) sowie für Kranbahnen (vgl. DIN 1055-
10 bzw. EN 1991-3). Für einfache Fälle (! übliche
Hochbauten) werden Näherungen angegeben. (3)
• Stufe 3
Für den expliziten Betriebsfestigkeitsnachweis wird (4)
eine realistische Beschreibung der Betriebslasten 0 1,0 ni / N
nach Lasthöhe und Auftretenshäufigkeit erforder-
lich. Abbildung 12.17 Idealisierte Lastkollektive

Wirklichkeitsnähe und Komplexität der Lastmodel-


le nehmen mit der Nachweisstufe zu; insbesondere die
zusätzliche zeitliche Dimension, die Auftretenshäufig- Für Beanspruchungskollektive werden die auftre-
keit verschiedener Belastungszustände, und damit die tenden Lasten in Summenhäufigkeitslinien dargestellt.
Notwendigkeit einer realistischen Vorhersage über die Aus den üblicherweise normierten Kollektiven kann
gesamte Lebensdauer des Tragwerks, bereiten häufig der Zusammenhang zwischen der auftretenden Last
Schwierigkeiten. und deren Auftretenshäufigkeit als Anteil der gesamten
Lastspiele abgelesen werden. Kollektive beschreiben
also idealisiert die Zusammensetzung der Betriebslas-
12.3.2.3 Darstellung von Betriebslasten ten. Vervollständigt werden derartige Kollektive durch
die Angabe der Maximallast und die Gesamtanzahl der
Betriebslasten – d. h. Lastmodelle für den Nachweis Lastspiele. In Abb. 12.17 sind idealisierte Lastkollekti-
auf Stufe 3 – können in unterschiedlichen Abstrakti- ve für verschiedene Bauteile und Beanspruchungsarten
onsstufen und Darstellungsformen zur Verfügung ge- exemplarisch dargestellt.
stellt werden. Die geläufigsten Formen sind: Bei Maschinenfundamenten werden durch die
Anregungsfrequenz der Anlagen im Extremfall
• Lastbild und zugehörige Häufigkeit, ausschließlich Spannungsschwingbreiten mit kon-
• Beanspruchungskollektiv. stanter Amplitude erzeugt (vgl. DIN 1055-10). Die
Im ersten Fall – der wesentlich anschaulicheren Dar- Beanspruchung erfolgt in diesem Fall wie bei einem
stellungsweise – werden Lastbilder, d. h. Einzel- oder Einstufen- oder Wöhlerversuch; das Kollektiv ent-
Flächenlasten in vorgegebener Anordung, einschließ- artet zu einer konstanten Funktion auf dem Niveau
lich der Häufigkeit ihres Auftretens während der Le- der Maximallast. Kollektive für Kranbahnen zeigen
bensdauer des Bauwerks vorgegeben. Als Beispiel sei- typischerweise einen überlinearen Verlauf; die An-
en Straßenbrücken angeführt: DIN-FB 101 sieht mit teile schwerer Lasten am gesamten Lastaufkommen
dem Ermüdungslastmodell 3 ein Einzelfahrzeug mit 4 dominieren. Allerdings gehen die normativ in DIN
Achsen von jeweils 120 kN Achslast vor, das bei Bau- 4112 oder DIN 15018 gefassten Kranbahnkollektive,
werken im Zuge von Bundesautobahnen 2  106 mal je die zukünftig durch die Regelungen in DIN 1055-10
Jahr die Brücke befährt.7 abgelöst werden, auf Messungen an Stahlkranbahnen
in Hüttenwerken zurück (vgl. Schweer 1964).
7 Im Unterschied zu Kranbahnen führen typische
Das Ermüdungslastmodell 3 darf zwar einem expliziten Be-
triebsfestigkeitsnachweis zugrunde gelegt werden, im engeren Verkehrslastverteilungen auf Straßenbrücken zu un-
Sinne handelt es sich allerdings bereits um ein schädigungs- terlinearen Kollektivverläufen mit wenigen schweren
äquivalentes Einzelfahrzeug, das die Schädigung durch den rea- und einer Vielzahl leichter Fahrzeuge. Mit wachsen-
len Schwerverkehr repräsentiert. In EC 1-3 ist mit dem Ermü- dem Schwerverkehrsanteil nimmt allerdings die Völ-
dungslastmodell 4 zusätzlich ein wirklichkeitsnäheres Lastmo- ligkeit des Kollektivs zu. Werden ausschließlich LKW-
dell angegeben. Es besteht aus 5 Schwerfahrzeugen mit unter-
schiedlichen Achsanordnungen und Gesamtgewichten von 20 Kollektive betrachtet, zeigen sich ebenfalls typische
bis 49 t sowie zugehörigen prozentualen Anteilen am Schwer- überlineare Verläufe ähnlich denen bei Kranbahnen
verkehr (vgl. Zilch u. a. 2004). (vgl. König u. Seifert 1991).
458 12 Nachweise gegen Ermüdung

Für einen Betriebsfestigkeitsnachweis müssen Last- Schwingspiele gegenüber der rein statischen Wirkung
kollektive noch zu Spannungskollektiven aufbereitet der Last deutlich vergrößert wird. Dynamische Proble-
werden, d. h. Schnittgrößen- und Spannungsermittlung me, z. B. bei Schwingungen des Tragwerks aus der An-
sind auf Basis der Kollektive durchzuführen. Sofern regung durch rotierende Massen bei Maschinenfunda-
ein Lastwechsel – z. B. die Überfahrt eines LKWs menten, erfordern zur Ermittlung der Beanspruchun-
oder einer Kranbahn – mehrere Spannungsschwing- gen die Verfolgung der dynamischen Reaktionen des
breiten hervorruft, müssen ergänzend Zählverfahren Tragwerks auf die Anregung z. B. mit Hilfe der Lösung
angewandt werden (s. Abschn. 12.3.4). In einigen Fäl- von Bewegungsgleichungen in Form gekoppelter Dif-
len, für Kranbahnen8 z. B. aufbereitet in DIN 4112, lie- ferentialgleichungen. In Eibl u. Häußler-Combe (1997)
gen die Kollektive bereits weitgehend abstrahiert und oder Petersen (1996) werden die hierfür zur Verfügung
unabhängig von den tatsächlichen Belastungsvorgän- stehenden Verfahren beschrieben.
gen auf dem Niveau der Spannungsschwingbreiten als Dagegen werden nicht vorwiegend ruhende Lasten
Spannungskollektive vor. zunächst als statisch wirkend betrachtet. Die Auswir-
Sofern keine normativ gefassten Lastbilder oder kungen der nicht ruhenden Belastung gegenüber einer
Lastkollektive vorliegen, sollte die Ableitung von Be- gleich großen statischen Last werden über dynamische
triebslasten stets der Prämisse größter Wirklichkeits- Vergrößerungsfaktoren erfasst.
nähe folgen. Allerdings ist mit realistischen Lastbil- Weniger klar als dynamische oder nicht vorwie-
dern stets ein expliziter Betriebsfestigkeitsnachweis gend ruhende Belastung einzuordnen sind dagegen
verknüpft. Einwirkungen aus böigem Wind oder Wellenschlag –
Dem gegenüber ist eine Ableitung schädigungs- per se dynamische Einwirkungen mit stochastischem
äquivalenter Lastbilder aus realen Lasten nicht ohne ei- Charakter. Die Beanspruchungen des Tragwerks wer-
ne Betrachtung der hervorgerufenen Schädigung mög- den hier zum einen durch Windgeschwindigkeit oder
lich; für diesen Fall ist auf konservative Näherungen Frequenz des Wellengangs, zum anderen durch die
zurückzugreifen. dynamische Reaktion des Tragwerks, d. h. durch die
Die in DIN 1055-3 oder EN 1991-1-1 angegebe- Schwingungsanregung in dessen Eigenfrequenzen be-
nen Lastmodelle für nicht vorwiegend ruhende Lasten stimmt. Sofern bei Bauwerken Wind oder Wellen-
aus Gegengewichtsstaplern oder Fahrzeugen bei Hof- schlag in Verbindung mit einem Betriebsfestigkeits-
kellerdecken sind dagegen als stark vereinfachte Be- nachweis zu berücksichtigen sind, empfiehlt sich eine
schreibung von Betriebslasten zu sehen, die ohne er- dynamische Untersuchung des Tragwerks.
gänzende Überlegungen nur in Verbindung mit Nach- Im Regelfall, bei dem Lasten als quasi-statisch wir-
weisstufe 1 angewendet werden sollten. kend angenommen werden, können die Schnittgrößen
Generell sollten Lastmodelle für Ermüdungsnach- auf Basis der Elastizitätstheorie ermittelt werden. Bei
weise frühzeitig mit den wesentlichen Parteien (Bau- statisch unbestimmten Systemen ist eine Berücksich-
herren, Behörden, Prüfingenieur, etc.) vereinbart wer- tigung gerissener Bereiche durch verminderte Quer-
den; ggf. können Nutzungseinschränkungen erforder- schnittssteifigkeiten möglich (vgl. Abschn. 13.2), da
lich werden. sich ein weitgehend endgültiges Rissbild bereits nach
wenigen Lastwechseln einstellt (vgl. Frey u. Thürli-
mann 1983). Sofern das Grundmoment aus ständi-
gen Lasten und Temperaturwirkung wesentlichen Ein-
12.3.3 Schnittgrößenermittlung fluss auf die Spannungsschwingbreiten besitzt – d. h.
insbesondere bei vorgespannten Bauteilen – müssen
Generell ist bei der Schnittgrößenermittlung zwischen die Auswirkungen des zeitabhängigen Betonverhaltens
den Auswirkungen dynamischer und nicht vorwiegend auf die Schnittgrößenverteilung bzw. -umlagerung er-
ruhender Beanspruchungen zu unterscheiden. Um dy- fasst werden. Vor allem bei abschnittsweise hergestell-
namische Probleme handelt es sich immer dann, wenn ten Tragwerken muss die Umlagerung der Schnittgrö-
aus der Wechselwirkung des Tragwerks mit den zykli- ßen vom Bau- zum Endzustand verfolgt werden. Ver-
schen Lasten – d. h. aus den angeregten Schwingun- einfachend kann für die Ermittlung der Betriebsbean-
gen – die Beanspruchungen und/oder die Anzahl der spruchung von Bewehrung und Beton der Endzustand
nach vollständiger Umlagerung infolge Kriechen und
8
DIN 4112 zur Berechnung von Kranbahnen aus Stahlbeton und Schwinden vorausgesetzt werden.
Spannbeton ist zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches – Die Größe des Grundmoments ist darüber hinaus
Sommer 2009 – nach wie vor in der Musterliste der technischen
von Bedeutung für die Spannungsschwingbreite bei
Baubestimmungen aufgeführt, somit auch zum Ermüdungsnach-
weis bei Kranbahnen heranzuziehen. Wechselmomenten (z. B. Überfahrt von Fahrzeugen
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 459

bei Mehrfeldträgern) für den Übergang zwischen po- gen kann allerdings zu widersprüchlichen Ergebnissen
sitivem und negativem Moment. Zum Grundmoment führen.
vgl. Abschn. 12.3.5.2. Für den Ermüdungsnachweis druckbeanspruchten
Betons wird primär die höchstbeanspruchte Betonfaser
maßgebend. Unter statischer Biegebeanspruchung
treten die größten Druckspannungen i. d. R. am Quer-
12.3.4 Spannungsermittlung schnittsrand auf; infolge zyklischer Lasten setzen mit
zunehmender Lastwechselzahl Spannungsumlage-
12.3.4.1 Allgemeines rungen zu geringer beanspruchten Bereichen ein und
führen zu einer völligeren Druckspannungsverteilung
Zur Ermittlung der Spannungen auf Querschnittsebe- (vgl. Dillmann 1981). Nach einem Vorschlag in
ne kann von linearen Spannungs-Dehnungs-Linien so- Hashem (1986) oder einer im ModelCode 1990 veran-
wohl für die Bewehrung als auch für den Beton aus- kerten Beziehung kann dies durch eine Abminderung
gegangen werden, da die Beanspruchungen aus Be- der Spannungsschwingbreite der Randfaser berück-
triebslasten i. Allg. deutlich unter den jeweiligen Fes- sichtigt werden. In DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 sind
tigkeiten der Werkstoffe bleiben und zudem durch die derartige Modifikationen allerdings nicht enthalten;
Nachweise für die Grenzzustände der Gebrauchstaug- im Rahmen der Ermüdungsnachweise müssen den
lichkeit begrenzt werden. Die Spannungen bzw. Span- Wöhlerlinien druckbeanspruchten Betons die rech-
nungsschwingbreiten von Beton bzw. Betonstahl und nerischen Randspannungen, d. h. die Größtwerte der
Spannstahl können dann mit den in Kap. 10 für ge- Betonspannungen gegenübergestellt werden.
rissene Querschnitte vorgestellten Verfahren ermittelt Bei Bauteilen, für die die Anwendbarkeit der
werden. Nach DIN 1045-1 wie auch nach EN 1992-1- Bernoulli-Hypothese nicht vorausgesetzt werden
1 sollten ungerissene Querschnitte wegen des starken kann, d. h. den D-Bereichen von Tragwerken, kann
Abfalls der Betonzugfestigkeit unter zyklischer Belas- die Ermittlung der Schnittgrößen und Spannungen mit
tung sowie vor dem Hintergrund möglicher Vorschädi- Hilfe von Stabwerkmodellen erfolgen (s. Kap. 4).
gungen nicht vorausgesetzt werden.
Nach Abschn. 10.4.3 (vgl. Tabelle 10.2) sind bei
biegebeanspruchten Stahlbetonbauteilen mit N D 0 12.3.4.2 Spannungs-Zeit-Verlauf
und gleichbleibendem Vorzeichen der Beanspruchung und Zählverfahren
die Spannungen linear mit dem Biegemoment ver-
knüpft. Für die Ermittlung der Spannungsschwingbrei- Der jeweiligen Nachweisstufe entsprechend, müssen
te  ist daher allein die Betrachtung des veränderli- die rechnerischen Spannungen in unterschiedlichem
chen Moments M ausreichend. Die übrigen Anteile Umfang ausgewertet werden:
des Biegemoments z. B. infolge Eigengewicht, Tem- • Stufen 1 und 2
peratur, etc., müssen erst bei N ¤ 0 oder ggf. bei Die maßgebende Schwingbreite  entspricht der
großen Wechselmomenten berücksichtigt werden (s. algebraischen Differenz der extremalen Spannun-
Abschn. 12.3.5.2). gen aus der maßgebenden Laststellung; parallel auf-
Nach DIN 1045-1 darf für die Spannungsermittlung tretende kleinere Schwingbreiten können vernach-
von einem gegenüber den Eigenschaften bei Kurzzeit- lässigt werden (idealisierte einstufige Belastung;
belastung vergrößerten Verhältnis der E-Moduli von s. Abschn. 12.4.3 und 12.4.4).
Stahl und Beton ˛s D Es =Ec D 10 (dort mit ˛e • Stufe 3
bezeichnet) ausgegangen werden. Sofern keine de- Für den expliziten Betriebsfestigkeitsnachweis sind
taillierteren Betrachtungen angestellt werden, können aus den einzelnen Lastzyklen die Spannungs-Zeit-
dadurch die Auswirkungen des zeitabhängigen Beton- oder Spannungs-Weg-Verläufe und daraus die ge-
verhaltens auf die Verteilung der Spannungen im Quer- schlossenen Spannungszyklen zu extrahieren.
schnitt – d. h. primär die Kriechumlagerungen zur Be-
wehrung – näherungsweise erfasst werden. Diese Re- In Abb. 12.18 sind die (fiktiven) Spannungs-Zeit- und
gelung entstammt den Vorgaben zur Spannungsermitt- Spannungs-Weg-Beziehungen aus der Überfahrt eines
lung unter Gebrauchslasten der Vorgängernorm und LKW über den Fahrbahnplatten-Kragarm einer Stra-
war ursprünglich nur für Nachweise der Stahlspannun- ßenbrücke dargestellt; angesichts der kurzen Kragarm-
gen bzw. der Verformungen vorgesehen. Mit ˛s D 10 länge im Verhältnis zum Achsabstand ruft jede Achse
werden zwar ausreichend zutreffende Stahlspannun- bzw. Achsgruppe einen ausgeprägten Spannungspeak
gen ermittelt; die Berechnung der Betonrandspannun- hervor.
460 12 Nachweise gegen Ermüdung

σ inf. FLM 4-3 σ

Δσ2 Δσ1
2
Δσ3
MK 3

t ε*
1. LKW 2. LKW

a System b (fiktiver) Spannungs-Zeit-Verlauf c (fiktiver) Spannungs-Dehnungs-Verlauf

Abbildung 12.18a–c Auswertung von Spannungs-Zeit-Verläufen mit Hilfe des RAINFLOW-Verfahrens – Beispiel: Betonstahl-
spannungen im Kragarm der Fahrbahnplatte einer Brücke bei Überfahrt eines LKWs

Für den expliziten Betriebsfestigkeitsnachweis Schwingbreiten hinaus auch Angaben zur Mittelspan-
müssen daraus mit Zählverfahren die zu geschlos- nung erforderlich. Hier eignen sich im Grunde aus-
senen Spannungszyklen bzw. Hysteresisschleifen schließlich zweiparametrige Zählverfahren wie z. B.
gehörenden Spannungsschwingbreiten bestimmt die vorgestellte RAINFLOW-Methode.
werden. Hierfür existiert eine Reihe geeigneter Allen Zählverfahren gemein ist allerdings die kom-
Verfahren, z. B. RAINFLOW oder RESERVOIR. plexe Behandlung von Spannungsverläufen, die nicht
Nach Durchlaufen der Zählalgorithmen stehen als zu geschlossenen Schleifen führen. Insbesondere bei
Eingangsdaten für die Schädigungsberechnung die kurzen Teilfolgen, also dem Lastzyklus eines Lastmo-
nach Schwingbreitenstufen und Auftretenshäufigkeit dells – z. B. der Überfahrt eines Fahrzeugs – entstehen
geordneten Beanspruchungen zur Verfügung. Für die nicht geschlossene Schleifen, sog. Residuen. Ein prag-
Nachweise der ersten beiden Stufen wäre – sofern das matisches Verfahren zur Vermeidung von Residuen
Lastmodell nach Abb. 12.18 maßgebend wäre – ledig- durch die Kombination von Teilfolgen wird in Haibach
lich die Schwingbreite 1 relevant, alle zusätzlich (1989) angegeben: Der Beanspruchungsverlauf wird
auftretenden, kleineren Schwingbreiten i werden als eine mehrfach sich wiederholende Teilfolge aufge-
vernachlässigt. fasst, z. B. befährt das Fahrzeug wiederholt allein das
In Chlormann u. Seeger (1986) wird eine detaillier- Tragwerk. Die Zählung der Spannungszyklen beginnt
te Beschreibung des Algorithmus RAINFLOW-HCM beim betragsmäßig größten Wert der Folge und endet
(Hysteresis Counting Method) angegeben, mit dessen bei dessen erneutem Erreichen (Abb. 12.18b). Somit
Hilfe eine Zählung der Amplituden zweckmäßig erfol- entstehen nur geschlossene Schleifen, die alle durch ei-
gen kann. Dazu ist die Einteilung bzw. Diskretisierung ne Hüll-Hysterese umfasst werden (Abb. 12.18c).
der auftretenden Spannungen in Klassen erforderlich;
Beispiel 12.1
die Klassenbreite bestimmt im Rahmen des Betriebs- Für die Stahlbetonrampe nach den Abbn. 12.19a und b,
festigkeitsnachweises die Anzahl der einzelnen Schä- die durch einen Gegengewichtsstapler befahren wird, sol-
digungsbeiträge bzw. die Genauigkeit des Ergebnisses len die ermüdungswirksamen Spannungen für Betonstahl
und sollte so klein gewählt werden, dass zwei auf- und Beton ermittelt werden. Folgende Randbedingungen
einander folgende Umkehrpunkte im Spannungsver- sind hierbei zu beachten:
lauf in unterschiedlichen Klassen liegen. Der HCM- • Die Rampe wird durch einen Gegengewichtsstapler
Algorithmus erkennt die klassierten Umkehrpunkte der Kategorie G5 nach DIN 1055-3 (zulässige Ge-
des Spannungsverlaufs und registriert die geschlosse- samtlast 150 kN, Nenntragfähigkeit 60 kN) befahren.
nen Schleifen. Alternativ können andere Zählverfah- Gegengewichtsstapler werden als nicht vorwiegend
ruhende Lasten klassifiziert.
ren, z. B. die RESERVOIR-Methode, die für den in
Abb. 12.18 dargestellten -t-Verlauf identische Span- • DIN 1055-3 gibt für Stapler der Kategorie G5 ein
Lastbild nach Abb. 12.19c vor; die Radlasten Qk sind
nungszyklen bestimmt, angewandt werden. In DIN hierfür mit dem Schwingbeiwert ˚ D 1;4 zu multi-
456679 wurden einige Klassierverfahren zur Erfassung plizieren. Es handelt sich allerdings nicht um ein Be-
mehr oder minder regelloser -t-Verläufe zusammen- triebslastmodell; hierfür fehlen normative Vorgaben
gestellt. Zur Ermittlung der ermüdungsrelevanten In- zur Auftretenshäufigkeit sowie zum Lastmix.10
formationen für Nachweise des Betons sind über die
10
Es ist nicht unbedingt wirklichkeitsnah, anzunehmen, dass
9
DIN 45667 Klassierverfahren für das Erfassen regelloser der Stapler die Rampe stets mit Volllast befährt (Einstufen-
Schwingungen (10/1969) Lastkollektiv); die unterschiedlichen Lastszenarien sollten für
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 461

Laststellung für Mmax


Laststellung für Mmin

0,85.2.Qk.F

6,0 6,0 6,0


-50 x=0,4L
a System MQk,min = -32,0
0 t
MQk,max,2 = 10,2
2,0 2,0 50
d2 =0,05 Ø 12/15
100
0,2
d=0,45 0,5 150

0,8 0,8 200 MQk,max,1 = 204,1


6 Ø 28 Bügel Ø 12/10
0,4
M in kNm
b Querschnitt (Randfeld, x = 0,4 L)
a Biegemoment im Schnitt x = 0,4L bei Überfahrt eines Staplers

-40 1. Überfahrt 2. Überfahrt


Dss2 = 6,7
0

Qk = 70 kN
40
Dss1 = 154,7
2,3 2,3
80

2.Qk 1,5 1,9


120

c Lastbild (Gegengewichtsstapler nach DIN 1055-3, Kat.G5) 160


ss in N/mm2
Qk Qk
0,95 0,95
b Stahlspannungen im Schnitt x = 0,4L (inf. char. Lasten)

Abbildung 12.20a,b Beispiel 12.1 – Schnittgrößen und Span-


nungen für den Querschnitt x D 0;4L

0,85
Querverteilungslinie
Hauptträger 1 dings – in Anlehnung an die Praxis bei Straßen-
d Querverteilung der Lasten brücken (vgl. DIN-Fachbericht 102) – von der je-
weils ungünstigsten Anordnung des Staplers ausge-
Abbildung 12.19a–d Beispiel 12.1 – von einem Gabelstapler gangen werden. Die Querverteilung der Lasten bei
befahrene Rampe (Bewehrung nicht vollständig dargestellt!) der Fahrt entlang des Rampenrandes wird grob ver-
einfacht berücksichtigt: 85% der Staplerlast werden
dem jeweils direkt belasteten Hauptträger zugewiesen
• Nach DIN 1055-3 müssen rings um den Stapler her- (Abb. 12.19d).11 Damit kann der Nachweis an einem
um Flächenlasten (Kategorie G5: qk D 20 kN/m2 oh- Hauptträger geführt werden.
ne Schwingbeiwert) in ungünstigster Stellung ange-
Es wird exemplarisch nur ein Querschnitt des Randfeldes
ordnet werden, mit denen gleichzeitig wirkende La-
bei x D 0;4L ( max MF ) betrachtet. Die Lastmodel-
gerlasten erfasst werden. Für die betrachtete Ram-
le nach DIN 1055-3 sind primär in Verbindung mit einem
pe wird angenommen, dass sie nicht zusätzlich zum
Nachweis auf Stufe 1 – d. h. in Verbindung mit Beanspru-
Staplerverkehr als Lagerfläche dient, d. h. keine La-
chungen der häufigen Einwirkungskombination – anzu-
gerlasten berücksichtigt werden müssen (Dies sollte
wenden. Dessen ungeachtet werden zunächst die Span-
in jedem Fall mit den relevanten Institutionen – Bau-
nungen in allgemeinerer Form ermittelt.
herrn, etc. – abgestimmt und durch eine entsprechen-
de Beschilderung im Gebäude deutlich gemacht wer- Aus der Überfahrt eines Staplers über die Rampe (Ein-
den.). Allerdings wird selbst bei Berücksichtigung der zellast mit Qk;tot D 2  0;85  ˚  Qk D 166;6 kN) ent-
Lagerlasten die ermüdungsrelevante Belastung allein steht im betrachteten Querschnitt eines Hauptträgers der
durch den Stapler beschrieben. in Abb. 12.20a dargestellte Verlauf des Biegemomentes
• Im täglichen Betrieb wird der Stapler tendenziell ent-
lang der Rampenmittellinie fahren; für den Ermü- 11
Die Querverteilung exzentrischer Lasten auf die beiden
dungsnachweis der beiden Hauptträger sollte aller- Hauptträger kann entweder durch eine Berechnung als Träger-
rost (Idealisierung der Platte als Reihe von Querträgern) bzw.
ein Betriebslastmodell berücksichtigt werden z. B. in Form mo- vereinfacht z. B. nach Bieger (1962) oder Holst u. Holst (2004)
difizierter Kollektive nach Abb. 12.17. erfasst werden.
462 12 Nachweise gegen Ermüdung

(M -t -Verlauf für eine fiktive Überfahrtszeit aus der Ein- Für den Ermüdungsnachweis druckbeanspruchten Betons
flusslinie des Biegemoments). Die Extremwerte sind ist das absolute Niveau der Spannungen relevant; infolge
des Grundmoments M0 wirkt:
MQk;max D 204;1 kNm ;
MQk;min D 32;0 kNm : c;0 D 20;79  103  M0
D 20;79  103  37;4 D 0;78 N/mm2 :
Für den Ermüdungsnachweis werden folgende Einwir-
kungen als gleichzeitig mit dem Stapler wirkend betrach- Aus der Überfahrt des Staplers entstehen folgende Ex-
tet (s. Abschn. 12.3.5.2, Erläuterungen zum Grundmo- tremwerte der Druckspannungen (Niveau charakteristi-
ment M0 ): scher Lasten):
Mgk D 37;4 kNm (Eigengewicht) ; c;min D c;0  20;79  103  MQk;max
Ms  0 (Setzungen, vereinfacht) ; D 0;78  20;79  103  204;1
MT  0 (Innenraum: T D 0) ; D 5;02 N/mm2 ;
Mq;qs  0 (quasi-ständige Nutzlasten) : c;max D c;0  20;79  103  MQk;min
Für den betrachteten Querschnitt folgt das Grundmoment D 0;78  20;79  103  .32;0/
zu D 0;11 N/mm2 :
M0  Mgk D 37;4 kNm : Ermüdungsnachweisen auf Stufe 1 (Nachweise der
Wegen M0 > jMQk;min j ändert sich das Vorzeichen Quasi-Dauerfestigkeit) wird die Spannungsschwing-
des Gesamtmoments (Mtot D M0 C MQk ) nicht, d. h. breite unter der häufigen Einwirkungskombination
die Zugzone des betrachteten Querschnittes ist nie über- zugrunde gelegt. Aus DIN 1055-100, Tabelle A.2 folgt
drückt; für die Spannungsermittlung kann daher von ei- für Verkehrslasten der Kategorie G der Kombinations-
nem vollständig linearen M - -Zusammenhang ausge- beiwert 1 D 0;5 (s. Tabelle 2.3). Die Extremwerte der
gangen werden. Mit (vgl. Tabelle 10.2) Biegemomente infolge der häufigen EWK sind damit

˛s D 10 ; MEd;freq D Mgk C 1  MQk ;


s1 D 36;9=.200  45/ D 0;0041 ; MEd;freq;min D Mgk C 0;5  MQk;min
s2 D 15;1=.200  45/ D 0;0017 D 37;4  0;5  32;0 D 21;4 kNm ;
MEd;freq;max D Mgk C 0;5  MQk;max
folgt die bezogene Druckzonenhöhe  für einen Quer-
schnitt mit Druckbewehrung zu D 37;4 C 0;5  204;1 D 139;4 kNm ;
MEd;freq D MEd;freq;max  MEd;freq;min
 D ˛s .s1 C s2 /
q D 139;4  21;4 D 118;0 kNm :
2
C ˛s2 .s1 C s2 / C 2˛s .s1 C s2 d2 =d /
Dem Ermüdungsnachweis auf Stufe 1 sind damit folgen-
D 0;241 de Spannungen bzw. Spannungsschwingbreiten zugrunde
x D  d D 0;241  0;45 D 0;108 m < hf : zu legen:

Die Spannungen in Beton und Bewehrung errechnen sich s;freq D 655;5  103  118;0 D 77;4 N/mm2 ;
mit (s. Tabelle 10.2; MEd in kNm):
c;freq;max D 20;79  103  21;4 D 0;4 N/mm2 ;
   
c D MEd = b d 2

1
 c;freq;min D 20;79  103  139;4 D 2;9 N/mm2 :
2 3
   Für Stufe 1 brauchen lediglich die maximalen Spannun-
d2 d2
C ˛s s2 1  1 gen bzw. Schwingbreiten betrachtet werden; die kleine-
d d
ren Spannungszyklen (! s2 ) bleiben unberücksich-
D 20;79  103  MEd ; tigt.
 
1
s D c ˛s 1

D 655;5  103  MEd :
12.3.5 Besonderheiten bei Spannbeton
In Abb. 12.20b ist der damit errechnete s -t -Verlauf als
Folge einzelner Überfahrten von Staplern aufgetragen.
Dabei befährt jeweils nur ein Stapler allein die Rampe. 12.3.5.1 Allgemeines
Ausgehend vom Spannungsmaximum werden für jeden
Lastzyklus zwei Schleifen s;1 und s;2 durchlaufen. Vorgespannte Bauteile nehmen eine Sonderstellung im
MQk;1 D 204;1  .32;0/ D 236;1 kNm ; Rahmen der Ermüdungsnachweise ein:
! s1 D 655;5  103  236;1 D 154;7 N/mm2 ; • Spannbetonquerschnitte weisen einen ausgeprägt
MQk;2 D 10;2 kNm ; nichtlinearen Zusammenhang zwischen einwirken-
! s2 D 655;5  103  10;2 D 6;7 N/mm2 dem Moment und Stahlspannung auf. Damit kommt
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 463

der Größe des Grundmoments M0 aus ständigen σp

Lasten und Temperatur im Vergleich zum Dekom- Zustand I Zustand II


pressionsmoment entscheidende Bedeutung zu (s.
Abschn. 12.3.5.2).
• Das unterschiedliche Verbundverhalten von
Spanngliedern und Betonstahlbewehrung führt Δσ p,2
zu Spannungsumlagerung auf Querschnittsebene,
die bei der Berechnung ermüdungswirksamer Δσ p,1
Spannungen berücksichtigt werden müssen (s.
Abschn. 12.3.5.3). ΔM q ΔM q

• Spannglieder und insbesondere Kopplungen oder M


Verankerungen sind deutlich empfindlicher gegen- MD
über zyklischen Beanspruchungen.
Δσ p
Sofern Spannbetonbauteile voll überdrückt bleiben,
M0,1 M0,2
weisen die Bewehrungsstränge lediglich die mit dem
Verhältnis der E-Moduli ˛s skalierten Spannungs- Δσ p,2
schwingbreiten des Betons in Höhe der Bewehrung
auf; ein Ermüdungsversagen der Bewehrung ist in
diesem Fall auch für hohe Lastwechselzahlen nicht zu
erwarten. Für Spannbetonbauteile, die für die häufigen
Einwirkungen – also die wesentlichen ermüdungs-
relevanten Beanspruchungen – den Grenzzustand
Δσ p,1 M0
der Dekompression nicht überschreiten, d. h. für
Bauteile, die nach den Anforderungsklassen A oder
B (Nachweis der Dekompression unter der seltenen Abbildung 12.21 Zusammenhang zwischen einwirkendem Mo-
bzw. häufigen Einwirkungskombination) bemessen ment und Spannung (M - -Diagramm, oben) bzw. zwi-
schen Grundmoment und Spannungsschwingbreite (M0 - -
wurden, kann ein Nachweis für Betonstahl- und Diagramm, unten)
Spannstahlbewehrung entfallen (vgl. Mayer 1966).
DIN 1045-1 enthält hierzu lediglich eine Anwen-
dungsregel, wonach der Ermüdungsnachweis für
Schweißverbindungen bzw. Kopplungen als erfüllt die Ermüdungsbeanspruchung aus; eine wirklichkeits-
angesehen werden darf, wenn unter Berücksichtigung nahe Erfassung von M0 ist daher von zentraler Bedeu-
erhöhter lokaler Spannkraftverluste12 der Querschnitt tung.
für die häufige Einwirkungskombination überdrückt Während bei statisch bestimmt gelagerten Tragwer-
bleibt. EN 1992-1-1 enthält eine dazu ähnlich Regel. ken das Grundmoment meist einfach fassbar ist, müs-
sen bei statisch unbestimmt gelagerten Bauteilen die
Beiträge der indirekten Einwirkungen (Zwang, s. Ab-
12.3.5.2 Grundmoment schn. 13.3), z. B. aus Setzungen, Temperaturbeanspru-
chungen, etc., berücksichtigt werden. M0 setzt sich all-
Vorgespannte Querschnitte können bei Wechselmo- gemein zusammen aus den ständig vorhandenen Ein-
menten vom vollständig überdrückten Zustand nach wirkungen Mst und den Temperaturbeanspruchungen
Überschreiten des Dekompressionsmoments MD in MT nach Gl. (12.8).
den gerissenen Zustand übergehen (Abb. 12.21). In
diesem Fall steigen die Spannungsamplituden s M0 D Mst C MT (12.8a)
und – bei Spanngliedern im sofortigen oder nachträgli- Mst D Mg C Mq C Ms C Mp;ind (12.8b)
chen Verbund – auch p bis zum Eintritt in den aus-
geprägten Zustand II überproportional an. Die Größe In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 wird die Anrechnung
des Grundmoments M0 wirkt sich daher elementar auf der einzelnen Elemente in Gl. (12.8) konkretisiert:
12
Die auf 75% abgeminderte lokale Vorspannkraft (d. h. statisch Mg Konstruktionseigengewicht und Ausbaulas-
bestimmter Anteil der Vorspannung) reflektiert die i. d. R. größe-
ren Spannkraftverluste aus Schwinden und Kriechen an Kopp- ten einschließlich ggf. erfolgter Schnittgrö-
lungen, die mit den ungünstigeren Steifigkeitsverhältnissen der ßenumlagerungen zwischen Bau- und Endzu-
Bauteile einhergehen (vgl. Anmerkung zu Koppelfugen). stand
464 12 Nachweise gegen Ermüdung

Mq Anteil der nicht-zyklischen, veränderlichen Einwirkung M Bauteilverhalten

Einwirkungen13
Ms Auswirkungen der wahrscheinlichen Setzun-
gen MD
Mp;ind statisch unbestimmte Wirkung der Vorspan- M0
nung infolge des maßgebenden charakteristi-
schen Wertes der Vorspannkraft rinf  Mp;ind
Zeit sp
bzw. rsup  Mp;ind
MT Beanspruchungen aus häufigen Temperatu- 24 Uhr 0 Uhr

reinwirkungen14 1  MT .
Die Anteile Ms , Mp;ind und MT treten lediglich
bei statisch unbestimmt gelagerten Tragwerken in Er-
scheinung. In EN 1992-1-1 wird die Kombination der
Einwirkungen, die zum Grundmoment beitragen, als
Grundkombination bezeichnet.
Gegebenenfalls können auch Anteile der statisch 24 Uhr
ermüdungswirksame
bestimmten Wirkung der Vorspannung jeweils unter Zeit Beanspruchung
Berücksichtigung der lokalen Spannkraftverluste dem
Abbildung 12.22 Spannungsschwingbreiten in Abhängigkeit
Grundmoment zugerechnet werden. Lediglich die Zu-
des Tagesgangs der Temperaturbeanspruchungen
satzdehnung bzw. -spannung ausgehend vom Ursprung
des M --Diagramms muss notwendigerweise auf der
Seite der Bauteilwiderstände, d. h. in der M --Linie
selbst berücksichtigt werden. Die dem Grundmoment von M D 0 ab gezählt. Generell sind auch alter-
M0 zuzurechnenden Lastanteile sind mit der Definiti- native Darstellungsformen denkbar, z. B. der Bezug
on des Koordinatenursprungs im M --Diagramm ver- des Koordinatenursprungs auf einen fiktiven Spann-
knüpft. Der Ursprung kann u. a. als Zustand definiert bettzustand des Trägers, der gleichbedeutend mit ei-
werden, von dem aus alle auf den Querschnitt ein- nem spannungsfreien Betonquerschnitt ist. In jedem
wirkenden, tragwerksabhängigen Biegemomente, also Fall der Darstellung ist allerdings eine konsequente
äußere Biegemomente und der statisch unbestimmte Verfolgung der gewählten Aufteilung erforderlich.
Anteil des Vorspannmoments zu zählen sind (Ivány Die Rechenwerte der ständigen Einwirkungen
u. Buschmeyer 1988). In BAST (1998) wird die Ur- Mst können durch Streuungen des Eigengewichts
sprungsdefinition konkretisiert: Der Ursprung bezieht oder durch ungenügend erfasste Schnittgrößenum-
sich auf den Zustand zentrischer Vorspannung, der sich lagerungen vom Bau- zum Endzustand beeinflusst
fiktiv aus der Anrechnung von Anteilen des Eigen- werden, sind aber im Vergleich zur zyklischen
gewichts sowie ggf. von Anteilen der Verkehrslasten Belastung als zeitlich konstant anzusehen. Im Ge-
auf den statisch bestimmten Anteil der Vorspannung gensatz dazu unterliegen Grundbeanspruchungen
ergibt. Der statisch unbestimmte Anteil wird zusam- aus Temperaturwirkungen MT grundsätzlich tages-
men mit den Biegemomenten infolge äußerer Lasten und jahreszeitlichen Schwankungen. In Abb. 12.22
sind für einen Brückenüberbau die Auswirkungen
13
Im Sinne von DIN 1045-1 sind in Mq die quasi-ständigen, des tageszeitabhängigen Temperaturmomentes auf
nicht-zyklischen, veränderlichen Beanspruchungen mit Ausnah- die Spannungsschwingbreite auf der Grundlage
me der Auswirkungen einer Temperaturdifferenz zusammenge- einer typischen Tagesganglinie des Temperaturunter-
fasst. In EN 1992-1-1 ist von den Gln. (12.8a) und (12.8b) ab- schieds dargestellt. Vereinfachend wird ein einstufiges
weichend MT bereits in den veränderlichen Beanspruchun- Verkehrslastkollektiv vorausgesetzt.
gen Mq enthalten; dem entsprechend muss nach EN 1992-1-1
Mq als häufige Kombination 1;1 Qk;1 C 2;i Qk;i angesetzt Offensichtlich ist die Größe der ermüdungsrele-
werden (s. Grundkombination). In der Regel (T maßgebende, vanten Beanspruchungen nicht affin zum zeitlichen
nicht-zyklische veränderliche Last) wird die Grundkombination Verlauf der Verkehrsbelastungen sondern in starkem
nach EN 1992-1-1 allerdings identisch mit DIN 1045-1 sein. Maß mit der Temperatureinwirkung gekoppelt. Für
14
In EN 1992-1-1 ist MT Teil der häufigen Kombinaton für den Ermüdungsnachweis im Rahmen der Planung neu
Mq ; dem entsprechend muss die führende, nicht-zyklische ver- zu erstellender Tragwerke werden die tageszeitlichen
änderliche Einwirkung mit 1 angesetzt werden – hierbei muss
es sich allerdings nicht zwingend um die Effekte aus Tempera- Schwankungen nicht berücksichtigt; der Nachweis ba-
turdifferenz T handeln (s. Grundkombination; Normenrege- siert auf einer ausreichend hohen, konstanten Grund-
lung). beanspruchung aus Temperatur, i. Allg. der häufigen
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 465

Temperaturdifferenz. Lediglich für die Nachrechnung wehrung entzieht sich wegen ihres weicheren Verbun-
bestehender Bauwerke kann es lohnend sein, verän- des bzw. wegen des ungünstigeren Verhältnisses von
derliche Grundbeanspruchungen im Rahmen einer ex- Querschnittsfläche zur verbundwirksamen Oberfläche
pliziten Schädigungsberechnung zu berücksichtigen; (Stabspannglieder und große Bündelspannglieder!) der
Hinweise hierzu enthalten Zilch u. a. (2001) und Zilch Mitwirkung; die Betonstahlbewehrung muss entspre-
u. a. (2004). chend mehr Zugkräfte aufnehmen und weist daher ge-
genüber der rechnerischen Spannung nach ebener Deh-

12.3.5.3 Stahlspannungen nungsverteilung (! s2 ) z. T. erheblich größere Span-
nungen auf.
Zur realistischen Ermittlung der Spannungen von In Abschn. 10.3.5 werden auch Beziehungen für das
Betonstahl und Spannstahl auf dem Niveau der abgeschlossene Rissbild angegeben; zusätzliche Ris-
Betriebslasten müssen die unterschiedlichen Verbund- se erzwingen allgemein eine Annäherung der Span-
eigenschaften der Bewehrungsstränge berücksichtigt nungen s2 und p2 an die Größen nach ebener
 
werden. In Abschn. 10.3.5 wurden für einen vorge- Dehnungsverteilung s2 und p2 . Für den Ermü-
spannten Zugstab aus dem Einzelrisszustand nach dungsnachweis von Spannbetonbauteilen wird aller-
Abb. 10.11a Beziehungen entwickelt, die eine An- dings vom Einzelrisszustand ausgegangen – zum einen
rechnung verbundbedingter Zugkraftumlagerungen liefert dies für Betonstahl i. d. R. konservative Ergeb-
ermöglichen (s. Gln. 10.61 und 10.63). nisse, zum anderen werden Spannbetonbauteile un-
 ter Betriebsbedingungen selten ein abgeschlossenes
s2 D s2  ; (12.9)
Rissbild aufweisen. Umgekehrt wird eine Reduktion

p2 D p2    1 (12.10) der Spannstahlspannungen gegenüber dem Zustand bei
In den Gln. (12.9) und (12.10) beschreiben s2 
und ebener Dehnungsverteilung im Ermüdungsnachweis

p2 die aus einer ebenen Dehnungsverteilung – beim nicht berücksichtigt, d. h. Gl. (12.10) kommt nicht zur
Zugstab s2 D p2 – mit den in Kap. 10 erläuterten Anwendung.
Verfahren ermittelten Spannungen im Riss und  ist der Bei biegebeanspruchten Bauteilen mit deutlich
in Gl. (10.61) vorgestelle Korrekturfaktor, mit dem un- unterschiedlichen Abständen der Bewehrungsstränge
terschiedliche Kombinationen von Bewehrung erfasst zur Dehnungsnulllinie ist die Modellvorstellung eines
werden. Zugstabes nicht mehr ohne weiteres gerechtfertigt. Die
s Auswirkungen unterschiedlicher Hebelarme können
As C Ap ds nach einem Vorschlag in Zilch u. a. (2004) vereinfacht
D ; 1 D   (12.11) durch eine Modifikation des Korrekturbeiwerts  nach
As C 1  Ap dp
Gl. (12.12) erfasst werden.
Hierbei beschreibt  das Verhältnis der Verbundfes- z
As C Ap  zps  kx
tigkeiten von Spannstahl zu Betonstahl (s. Gl. 10.57). m D q
z p ; (12.12)
Bei Einzellitzen oder Bündelspanngliedern ist für As C Ap  zps   ddps  kx
dp der äquivalente Durchmesser einzusetzen (s.
Abschn. 3.6.4). In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 mit kx aus einer vereinfachten Betrachtung der Ver-
übernommene Verbundbeiwerte  für verschiedene träglichkeit der Dehnungen am Einzelriss unter der
Spannstahlarten – nach zunehmender Verbundsteifig- Annahme proportional mit dem Nulllinienabstand an-
keit gereiht: glatte Stäbe, Litzen, profilierte Drähte steigender rechnerischer Rissbreite:
oder gerippte Stäbe – finden sich in Tabelle 10.1. Die
dort angegebenen Werte setzen gerippten Betonstahl zp  2=3x
kx D : (12.13)
nach den Vorgaben der jeweiligen Norm voraus; zs  2=3x
weichen die Verbundeigenschaften des Betonstahls
z. B. wegen deutlich abweichender Rippung davon
ab, sind angepasste Verbundbeiwerte erforderlich. 12.3.5.4 Koppelfugen
Die Ableitung von  nach Gl. (12.11) setzt darüber
hinaus ähnliche E-Moduli der Bewehrungsstränge Als Koppelfugen werden Arbeitsfugen, d. h. Betonier-
voraus. Sofern hier wesentliche Unterschiede beste- abschnittsgrenzen bezeichnet, in denen Spannglieder
hen, sind As und Ap sowie ds und dp mit dem jeweils temporär zwischenverankert und später mit Hilfe von
zugehörigen E-Modul zu gewichten. Kopplungen unterschiedlichster Bauart verlängert und
Bei üblichen Kombinationen von Betonstahl und neu angespannt werden. Kopplungen werden meist bei
Spannstahl ist 1 < 1, damit  > 1, d. h. die Spannbe- der abschnittsweisen Herstellung der Überbauten von
466 12 Nachweise gegen Ermüdung

durchlaufenden Spannbetonbrücken verwendet; Kop- da (1982) sowie Frey u. Thürlimann (1983) überein-
pelfugen werden hierfür bevorzugt im Bereich der stimmend ein Ermüdungsversagen vorwiegend durch
rechnerischen Momentennullpunkte, i. d. R. etwa im die Entwicklung eines diagonal verlaufenden kriti-
Abstand 0;2L von den Zwischenauflagern angeordnet. schen Schubrisses beschrieben. Der sich durch zy-
Im Hochbau kommt ihnen dagegen nur wenig Bedeu- klische Beanspruchung fortpflanzende Schubriss führt
tung zu. zur Einschnürung bzw. zum Versagen der Druckzo-
Wegen ihrer spezifischen Empfindlichkeit gegen- ne durch überlagerte Biegedruck- und Schubbeanspru-
über zyklischen Beanspruchungen bei Vorspannung chungen (vgl. Abb. 7.7a). Daneben kann es zu einer ki-
mit Verbund, der konstruktiven Besonderheiten bei nematisch bedingten Ablösung des Längsbewehrungs-
Koppelfugen und einiger an Spannbetonbrücken be- strangs vom Stegbeton kommen (vgl. Abb. 7.7c). Die
obachteter Schäden (vgl. Kordina 1979; Leonhardt bei zyklischen Beanspruchungen auftretenden Versa-
1979) wurden sie in der Vergangenheit intensiv experi- gensmechanismen unterscheiden sich daher zunächst
mentell und theoretisch untersucht. Einige Kernpunkte nicht von den Mechanismen bei statischer Belastung;
der Koppelfugenproblematik sind (vgl. König u. Ger- die zyklische Versagenslast ist allerdings gegenüber
hardt 1986; Zilch u. a. 2004): der statischen Bruchlast durch den fortschreitenden
• gegenüber dem durchlaufenden Spannglied Schubriss infolge wiederholter Be- und Entlastung re-
schlechtere Ermüdungseigenschaften der Kopplun- duziert.
gen (s. Abschn. 12.2.2.2), Die zyklische Querkrafttragfähigkeit wird durch
• durch die Konstruktion der Kopplung bedingte, er- eine Vielzahl von Einflussgrößen bestimmt, u. a.
höhte lokale Spannkraftverluste aus Schwinden und Bewehrungsgrad und Trägerhöhe (Maßstabsfaktor).
Kriechen (König u. Giegold 1982), Eine der dominierenden Größen ist angesichts der
• nichtlineare Spannungsverteilung in der Koppelfu- Kopplung des Versagens an die Entstehung und Fort-
ge als Folge der temporären Zwischenverankerung pflanzung eines Schubrisses die Betonzugfestigkeit
(Mehlhorn u. Dietrich 1983) und unter wiederholter Beanspruchung. Allerdings gelingt
• Verschiebung des Momentennullpunktes infolge eine Rückführung des Nachweises auf den Nachweis
Zwang; in Konsequenz rechnerisch nicht berück- der Zugfestigkeit alleine nicht (s. Abschn. 7.3.2). Für
sichtigte, zusätzliche Einwirkungen im Bereich der Bauteile ohne Querkraftbewehrung wurden daher ver-
Koppelfugen (König u. Ott 1983). schiedene Bauteilwöhlerlinien empirisch abgeleitet,
die durch den Bezug auf die Querkrafttragfähigkeit
In den derzeit geltenden Normen schlagen sich die unter statischer Belastung (nach DIN 1045-1 VRd;ct ,
Ergebnisse der Forschung nieder u. a. in Form kon- nach EN 1992-1-1 VRd;c ; s. Abschn. 7.3.3) – mit der
struktiver Maßnahmen – z. B. durch erhöhte Min- Zugfestigkeit verknüpft und gleichzeitig querschnitts-
destbewehrung (s. DIN-Fachbericht) und durch die unabhängig formuliert wurden.
Regelung, dass in einem Querschnitt nicht mehr als In den aktuellen Normenwerken werden allerdings
70% aller Spannglieder gekoppelt werden sollten (s. keine Wöhlerlinien für Bauteile ohne Querkraftbeweh-
DIN 1045-1) – sowie durch die Vorgabe erhöhter loka- rung angegeben. Anstelle aufwändiger Betriebsfestig-
ler Spannkraftverluste.15 keitsnachweise wird eine Begrenzung der bezogenen
Querkraftbeanspruchungen, die in guter Näherung die
Ermüdungsfestigkeit der Bauteile nach der in Oka-
12.3.6 Besonderheiten mura u. Ueda (1982) angegebenen Wöhlerlinie nach
bei Querkraftbeanspruchungen Gl. (12.14) für 1  107 Lastwechsel beschreibt, als aus-
reichend erachtet.
12.3.6.1 Bauteile ohne Querkraftbewehrung   "  #
Vmax Vmin 2
log D 0;036 1   log N
In Versuchen an Bauteilen ohne Querkraftbewehrung Vcu Vmax
wurde u. a. in Chang u. Kesler (1958); Okamura u. Ue- (12.14)
15
Zusätzliche Spannkraftverluste an Kopplungen beeinflussen In Abb. 12.23 werden die Grenzen der bezogenen
die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspannung – die vom Querkräfte nach DIN 1045-1 (EN 1992-1-1 analog)
Verformungsverhalten des Gesamtsystems und damit von der der Gl. (12.14) für log N D 7 in Form eines Good-
Spannkraft entlang des gesamten Bauteils abhängt – kaum. Da- man-Diagramms gegenübergestellt. Die statische
her sind für den Ermüdungsnachweis von Kopplungen nur lokal
reduzierte Spannkräfte 0;75Pmt (DIN) bzw. 0;9Pmt (EN) anzu- Querkrafttragfähigkeit Vcu wird dabei sinngemäß
setzen, während für die globale Wirkung mit dem maßgebenden durch VRd;ct ersetzt. Generell ist eine Vorzeichenum-
charakteristischen Wert gerechnet werden darf. kehr der einwirkenden Querkraft möglich; damit
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 467

VEd,max / VRd,ct für Beton und Bewehrung erlaubt. Spannbetonbauteile,


0,9 die unter Betriebsbeanspruchungen Risse aufweisen,
Grenzlinie für N = 1.107 nach zeigen in Versuchen zu Stahlbetonträgern identische
(Okamura und Ueda 1982) ermüdungsbedingte Versagensformen und können
ebenfalls durch das Fachwerkmodell beschrieben
werden (vgl. König u. Danielewicz 1994). Für Spann-
0,5 zulässiger Bereich der betontragwerke, bei denen eine Schrägrissbildung
Querkraftbeanspruchung
nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 unter Betriebslasten nicht zu erwarten ist, erübrigt sich
(Normalbeton £ C50/60) ein Ermüdungsnachweis der Querkraftbewehrung.
In den angeführten Versuchen konnten z. T. mit der
Lastwechselzahl ansteigende, generell stark streuen-
de Bügelspannungen festgestellt werden. Die Verän-
0 VEd,min / VRd,ct derungen sind zum einen auf Kraftumlagerungen zwi-
0,9
schen einzelnen Bügeln, zum anderen auf die graduell
Abbildung 12.23 Grenzquerkräfte bei Bauteilen ohne Quer- abnehmende Mitwirkung des Betons zurückzuführen.
kraftbewehrung Durch die wiederholte Belastung ist unter anderem –
ausgelöst durch die lokale Zerstörung des Betons an
den Rissufern – eine Verminderung der Rissverzah-
einher geht die Rotation der Hauptspannungen, gege- nungswirkung zu beobachten. Der reduzierte Tragan-
benenfalls verknüpft mit der Bildung sich kreuzender teil des Betons kann im Fachwerkmodell durch eine
Schubrisse. Den Verfassern sind allerdings keine steilere Neigung der Druckstreben (bei  45ı ) abge-
Versuche bekannt, die diese Effekte im Hinblick auf bildet werden.
die zyklische Querkrafttragfähigkeit bei Bauteilen In DIN 1045-1 wie auch in EN 1992-1-1 wurde zur
ohne Querkraftbewehrung berücksichtigen würden. Erfassung veränderter Druckstrebenneigungen ein An-
Für Schub-Wechselbeanspruchungen ist daher le- satz nach Grob (1977) gemäß Gl. (12.15) aufgenom-
diglich eine Abschätzung des Ermüdungsverhaltens, men; hierbei ist die Neigung aus den Nachweisen im
zweckmäßig in Anlehnung an das Verhalten wechsel- GZT (s. Abschn. 7.4.4 und 7.4.5).
beanspruchten Betons, möglich (s. Abschn. 12.2.3.3). p
tan fat D tan (12.15)

Gleichung (12.15) basiert allerdings auf kinematischen


12.3.6.2 Bauteile mit Querkraftbewehrung – Abhängigkeiten zwischen den Dehnungen der Bügel-
Spannungsermittlung und Längsbewehrung und wurde ursprünglich zur Be-
schreibung der Neigungsunterschiede der Druckstre-
Die bei zyklisch belasteten, querkraftbewehrten ben zwischen Gebrauchs- und Bruchzustand abge-
Bauteilen beobachteten Versagensmechanismen ent- leitet. Sie ist im Zusammenhang mit der Anrech-
sprechen im Grunde denen bei statischer Belastung (s. nung abnehmender Rissverzahnungswirkung als prag-
Abb. 7.20). Neben dem Ermüdungsbruch der Quer- matische Näherung zu sehen und korrespondiert nicht
kraftbewehrung im Bereich kreuzender Schubrisse mit den Grundlagen des Fachwerkmodells nach Ab-
kann ein in Versuchen eher selten beobachtetes Er- schn. 7.4.4.
müdungsversagen des druckbeanspruchten Stegbetons Gleichung (12.15) kann allerdings nur bei  45ı
auftreten. sinnvoll angewandt werden; bei steileren Winkeln –
Die Ergebnisse von Versuchen u. a. nach Wes- die für den Ermüdungsnachweis ohnehin nur nach
terberg (1973); Frey u. Thürlimann (1983) sowie DIN 1045-1 möglich sind – würde Gl. (12.15) den ent-
Guckenberger u. a. (1985) zeigen, dass das für die gegengesetzten Effekt flacherer Neigungen erzeugen;
Bemessung im GZT entwickelte Fachwerkmodell für > 45ı sollte fat D gesetzt werden. Allerdings
für die Spannungsermittlung unter Betriebslasten ist fat nur für die Ermittlung der Bügelspannungen
übernommen werden kann. Sofern die Betriebslasten zu verwenden; die Betondruckspannungen sollen – auf
zur Bildung von Rissen führen, bildet sich unter der der sicheren Seite liegend – mit berechnet werden.
wiederholten Belastung ein inneres Tragsystem aus Die Stahlspannung der Bügelbewehrung folgt damit
Druck- und Zuggurt sowie Zug- und Druckstreben nach Gl. (7.39) zu
nach Abb. 7.24 aus, das im Gegensatz zu Bauteilen
ohne Querkraftbewehrung eine getrennte Betrachtung VEd
swd D : (12.16)
der einzelnen Komponenten, d. h. separate Nachweise asw z sin ˛.cot fat C cot ˛/
468 12 Nachweise gegen Ermüdung

Die Betonspannungen in den Druckstreben folgen un- unabhängig von der Art der Querkraftbewehrung
mittelbar aus Gl. (7.38): die verminderte Ermüdungsfestigkeit der Stabkrüm-
mung betrachtet. Die durch die Verbundwirkung
VEd hervorgerufene Abnahme der Bügelspannungen bzw.
jcwd j D : (12.17)
bw z sin 2
 .cot C cot ˛/ Spannungsschwingbreiten bis zur Krümmung wurde
durch einen zusätzlichen Abminderungsfaktor von 0,7
Bei lotrechter Bewehrung (˛ D 90ı ) vereinfachen sich
angerechnet.
die Beziehungen zu
Vor dem Hintergrund experimenteller Erfahrungen
VEd wird in König u. Danielewicz (1994) und SIA (1997)
swd D  tan fat ; (12.18)
asw z empfohlen, dem Nachweis lotrechter Bügel die Ermü-
dungsfestigkeit gerader Stäbe zugrunde zu legen. Dies
VEd scheint grundsätzlich gerechtfertigt, allerdings emp-
jcwd j D  .cot C tan / : (12.19)
bw z fehlen die Verfasser, sofern keine detailliertere Be-
Die Überlagerung gleichzeitig auftretender Stahl- und trachtung erfolgt, insbesondere bei Bügelbewehrung
Betonspannungen aus Torsionsbeanspruchungen soll- mit großen Stabdurchmessern (ds  16 mm) bzw.
te auf der Grundlage eines räumlichen Fachwerkmo- bei geringen Längen der Bügelschenkel wegen der
dells mit jeweils korrespondierenden Druckstrebennei- begrenzten verbundbedingten Spannungsabnahme bis
gungen fat bzw. erfolgen (s. Abschn. 8.4.2). zur Stabkrümmung, die Ermüdungssicherheit auf Ba-
sis der Kennwerte gekrümmter Stäbe zu überprüfen.
Bei geneigten Bügeln oder Schrägstäben sollte der
12.3.6.3 Kritischer Querschnitt Nachweis generell auf Basis der Wöhlerlinien für ge-
der Querkraftbewehrung bogene Stäbe geführt werden.
Werden Bügelleitern aus Einzelstäben oder ge-
Nahezu alle gebräuchlichen Arten der Querkraftbe- schweißte Betonstahlmatten als Querkraftbewehrung
wehrung weisen Stabkrümmungen auf, die sich un- verwendet, sind unabhängig von der Anordnung statt
günstig auf die Ermüdungseigenschaften auswirken (s. der Ermüdungsfestigkeit gerader oder gekrümmter
Abschn. 12.2.1.3). Die Ergebnisse der bereits ange- Stäbe die Kennwerte von Schweißverbindungen
führten Versuchsreihen zeigen allerdings, dass nicht anzusetzen.
grundsätzlich die Stabkrümmung das Ermüdungsver- Beispiel 12.2
sagen der Querkraftbewehrung dominiert. Wegen der Für die Rampe aus Beispiel 12.1 sollen die Spannungen
Verbundwirkung des gerippten Stahles nehmen die infolge Querkraftbeanspruchung aus der Überfahrt des
Spannungsschwingbreiten ausgehend vom Ort, an dem Gegengewichtsstaplers ermittelt werden.
die Bewehrung den Schubriss kreuzt, deutlich ab. So- Für die Querkraftbewehrung wird der Schnitt x D 2;5d
fern ausreichend große Verbundlängen bis zur Stab- vom Lagerrand betrachtet (gerade keine Abminderung
krümmung vorhanden sind, werden die Schwingbrei- mehr für auflagernahe Einzellasten); die Stahlspannun-
gen werden zunächst allgemein, anschließend für die
ten auf unschädliche Werte reduziert. Dem entspre- häufige Einwirkungskombination berechnet. Vereinfa-
chend wurden in den Versuchen nach Frey u. Thür- chend wird – analog zur Ermittlung der Stahlspannungen
limann (1983) bei lotrechter Bügelbewehrung aus- der Biegebewehrung – von einer Querverteilung nach
schließlich Ermüdungsbrüche im Bereich gerader Bü- Abb. 12.19d ausgegangen; abhängig von den Randbedin-
gelschenkel unmittelbar an kreuzenden Schubrissen gungen am Auflager (Endquerträger bzw. torsionssteife
Lagerung der Hauptträger, etc.) kann diese Näherung
beobachtet. sehr konservativ sein. In Abb. 12.24 ist der Verlauf der
Im Unterschied dazu können Schubrisse, die sich Querkraft infolge Qk;tot D 2  0;85  ˚  Qk D 166;6 kN
im Allgemeinen aus Biegerissen entwickeln, geneig- für einen Hauptträger wiedergegeben.
te Bügel und Schrägstäbe in unmittelbarer Nähe zur VQk;min D 42;6 kN ;
Stabkrümmung kreuzen; ein Ermüdungsversagen an VQk;max D 124;0 kN ;
der Krümmung kann daher nicht ausgeschlossen wer- VQk D 124;0  .42;6/ D 166;6 kN D Qk;tot
den. Die Versuche nach Guckenberger u. a. (1985) be- Für die Bemessung der Querkraftbewehrung im GZT
legen die gegenüber lotrechten Bügeln signifikant hö- wurde cot  D 2 ( D 26;6ı ) angenommen. Daraus
heren Beanspruchungen an den Stabkrümmungen von folgt nach Gl. (12.15):
Schrägstäben. p p
tan fat D tan  D 0;5 D 0;71
In der Vergangenheit wurde im Rahmen der Quasi-
! fat D 35;3ı
Dauerfestigkeitsnachweise nach der alten Normen- p
generation (DIN 1045 (7.88) und DIN 4227-2 (7.88)) ! cot fat D 2 D 1;41 :
12.3 Ermüdungsverhalten bei Bauteilen – Spannungsermittlung 469

VEd;freq D Vgk C 1  VQk ;


Druckstrebe VEd;freq;min D 32;1  0;5  13;3 D 24;6 kN ;
VEd;freq;max D 32;1 C 0;5  166;6 D 114;5 kN :

Nachweisschnitt Die extremalen Betondruckspannungen folgen daraus bei


q Querkraftbewehrung vertikaler Bügelbewehrung (˛ D 90ı ) nach Gl. (12.19)
zu
2,5d = 1,125
VEd;freq
cw;freq D  .cot  C tan  / ;
bw  z
24;6  103
0,85.2.Qk.F cw;freq;max D  .2 C 0;5/ D 0;4 N/mm2 ;
0;4  0;38
114;5  103
V in kN cw;freq;min D  .2 C 0;5/ D 1;9 N/mm2 :
200 197,8
0;4  0;38

150 Es sei angemerkt, dass Gl. (12.19) am parallelgurtigen


124,0 Fachwerk abgeleitet wurde und damit für den Nachweis
100
Druckstrebe am Auflager der zum Auflager führenden Druckstrebe (fächerförmiges
50 -13,3 Druckspannungsfeld) als Näherung anzusehen ist.
Vgk = 31,2
0

-50
-42,6 Querkraftbewehrung (x » 2,5 d)
12.3.6.4 Gurtanschluss
Abbildung 12.24 Beispiel 12.2 – Rampe mit Gabelstaplerver-
kehr – Querkraft (charakteristische Werte) Schubbeanspruchungen treten bei gegliederten Quer-
schnitten auch durch den Anschluss der Gurte an den
Steg auf. Der Ermüdungsnachweis der Anschlussbe-
Mit z D d  cv;l  30 mm  0;38 m (Expositions-
wehrung kann ebenfalls auf Basis eines Fachwerkmo-
klasse XM2: Verschleißbeanspruchung durch Gabelstap- dells erfolgen. Im Unterschied zum Grenzzustand der
ler: cnom C 10 mm) folgt für vertikale Bügelbewehrung Tragfähigkeit kann unter Betriebsbeanspruchungen ei-
(˛ D 90ı , asw;prov D 22;6 cm2 /m) nach Gl. (12.18) ne über definierte Abschnittslängen konstante, plasti-
sche Verteilung der Längsschubkraft nicht vorausge-
VQk
sw D setzt werden (vgl. Abschn. 7.7). Die Ermittlung der
asw  z  cot fat Schubkraft sollte näherungsweise nach der Elastizi-
166;6  103 tätstheorie erfolgen.
D D 137;1 N/mm2 :
22;6  104  0;38  1;41

Für die häufige Einwirkungskombination ergibt sich mit


1 D 0;5 12.3.6.5 Schubfugen

VEd;freq D 1  VQk D 0;5  166;6 D 83;3 kN ; Auf Betriebslastniveau ist für Schubfugen, die nach
VEd;freq DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 bemessen wurden,
sw;freq D D 68;5 N/mm2 :
asw  z  cot fat grundsätzlich starrer Verbund zu erwarten. Damit ist
die Ermittlung von Schubspannungen nach Elastizi-
Für den Nachweis der Betondruckspannungen dürfen tätstheorie gerechtfertigt.
Abminderungen aus auflagernahen Lasten nicht berück- Durch zyklische Beanspruchungen kann der Haft-
sichtigt werden; der Nachweis der Betondruckstrebe wird
exemplarisch am Randauflager auf Basis der Lagerkräfte
verbund – physikalisch-chemische Anziehung und mi-
geführt. In Abb. 12.24 sind die Lagerkräfte bei Überfahrt kromechanische Verzahnung der beiden Oberflächen
des Staplers dargestellt. Als ständig wirkend wird ledig- (s. Abschn. 7.8) – erheblich reduziert werden (Randl
lich das Eigengewicht der Rampe Vgk D 32;1 kN ange- u. a. 2005; Zilch u. Müller 2007). Für den Ermüdungs-
nommen. Die Extremwerte der Querkraft infolge Stapler- nachweis von Schubfugen ist daher der über den Rau-
überfahrt sind
igkeitsbeiwert cj anzurechnende Haftverbund deutlich
VQk;min D 13;3 kN ; abzumindern (Abminderung um 50% nach EN 1992-
VQk;max  166;6 kN :
1-1 bzw. um 100% nach DIN 1045-1). Darüber hin-
aus wird in Randl u. a. (2008) dringend empfohlen,
Die Querkraftbeanspruchungen unter der häufigen Ein- nachträglich ergänzte Bauteile, die signifikanten zy-
wirkungskombination sind klischen Beanspruchungen unterworfen sind – z. B.
470 12 Nachweise gegen Ermüdung

bei der Ergänzung von Fahrbahnplatten von Straßen- Tabelle 12.3 Verhältnis  der Verbundfestigkeit von Spannglie-
brücken durch Aufbeton – die Fugenoberflächen min- dern und geripptem Betonstahl nach DIN 1045-1 (abweichende
destens rau auszuführen (s. Abschn. 7.8.3.1). Werte nach EN 1992-1-1 in Klammern)

Normenregelung nach DIN 1045-1 sofortiger nachträglicher Verbund


Allgemeine Regeln zur Ermittlung von Schnittgrößen Verbund  C50/60 > C55/67
und Spannungen finden sich in DIN 1045-1, 10.8.2 und  LC50/55 > LC55/60
10.8.3. Besonderheiten in Verbindung mit vereinfachten ( C50/60) (> C70/85a )
Nachweisen werden zusammen mit dem Nachweis im
Anschluss an Abschn. 12.4 dieses Bandes erläutert. glatte Stäbe, Drähte – 0,3 0,15
Litzen 0,6 0,5 0,25
Einwirkungskombinationen profilierte Drähte 0,7 0,6 0,3
Ein Ermüdungsnachweis ist i. Allg. unter Ansatz der fol-
gerippte Stäbe 0,8 0,7 0,35
genden Einwirkungen zu führen:
a
• ständige Einwirkungen, nach EN 1992-1-1 darf für Werte zwischen C50/60 und C70/85
• maßgebender charakteristischer Wert der Vorspan- interpoliert werden.
nung Pk ,
• wahrscheinlicher Wert der Setzungen, sofern ungüns-
tig wirkend,
• häufiger Wert der Temperatureinwirkung, sofern un- Normenregelung nach EN 1992-1-1
günstig wirkend, Die Regeln zur Spannungsermittlung nach EN 1992-1-1,
• Einwirkung aus Nutzlasten. 6.8.2 ähneln den Regeln nach DIN 1045-1 in weiten Berei-
chen.
Spannungsermittlung
Die Spannungen sind unter der Annahme gerissener
Querschnitte auf Basis der Verträglichkeit der Dehnun- Einwirkungskombinationen
gen, i. d. R. also für eine ebene Dehnungsverteilung zu Die Einwirkungen setzen sich aus der sog. Grundkombi-
ermitteln. Vereinfachend darf das Verhältnis der E-Moduli nation der nicht-zyklischen Einwirkungen sowie den zykli-
von Stahl und Beton mit ˛e D 10 angenommen werden. schen Einwirkungen zusammen. Die Grundkombination ist
Bei Bauteilen mit Querkraftbewehrung sind die inneren in Anlehnung an die häufige Einwirkungskombination nach
Kräfte und Spannungen auf der Basis eines Fachwerk- EN 1990 nach Gl. (12.21) definiert.
modells zu ermitteln. Die Spannungsschwingbreite der X X
Querkraftbewehrung
p darf mit einer Druckstrebenneigung Ed;base D Gk;j C P C 1;1  Qk;1 C 2;i  Qk;i
tan fat D tan  berechnet werden. Dabei folgt  aus j i>1
Gl. (7.70). (12.21)

In Gl. (12.21) sind Qk;1 und Qk;i nicht-zyklische, nicht-


Besonderheiten bei Spannbetonbauteilen ständige Einwirkungen. Die maßgebende zyklische Ein-
Das Grundmoment zur Ermittlung der Spannungen bei wirkung Qfat muss mit der ungünstigsten Grundkombinati-
vorgespannten Bauteilen baut auf den oben angegebenen on nach Gl. (12.22) kombiniert werden.
Einwirkungskombinationen auf.
0 1
Für die Ermittlung der Spannungsschwingbreite der X X
Betonstahlbewehrung muss das unterschiedliche Ver- Ed D @ Gk;j C P C 1;1  Qk;1 C 2;i  Qk;i A
bundverhalten von Betonstahl und Spanngliedern – soweit j i>1
ungünstig wirkend – durch eine Erhöhung von s mit dem
CQfat
Faktor berücksichtigt werden.
(12.22)
As C Ap
D p (12.20)
As C Ap    ds =dp
Spannungsermittlung
In Gl. (12.20) bedeuten: Spannungen müssen auf Grundlage gerissener Quer-
As Querschnittsfläche der Betonstahlbewehrung schnitte bei Erfüllung der Verträglichkeit der Dehnungen
Ap Querschnittsfläche der im Verbund liegenden berechnet werden.
Spannstahlbewehrung Für Bauteile mit Querkraftbewehrung darf zur Er-
ds größter Durchmesser der Betonstahlbewehrung mittlung der
p Spannungsschwingbreiten der Bewehrung
dp Durchmesser bzw. äquivalenter Durchmesser der tan fat D tan   1;0 angenommen werden;  ist dabei
Spannstahlbewehrung
p die zur Querkraftbemessung im GZT angenommene
D 1;6  Ap für Bündelspannglieder Druckstrebenneigung.
D 1;20  dDraht für Einzellitzen mit 3 Drähten
D 1;75  dDraht für Einzellitzen mit 7 Drähten
 Verhältnis der Verbundfestigkeit von im Verbund lie- Besonderheiten bei Spannbetonbauteilen
genden Spanngliedern zur Verbundfestigkeit von Das Grundmoment zur Ermittlung der Spannungen ent-
Betonrippenstahl, s. Tabelle 12.3. spricht der Grundkombination nach Gl. (12.21). Die un-
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 471

terschiedlichen Verbundeigenschaften von Betonstahl und 12.4.1.2 Sicherheitskonzept


Spannstahl können über eine Erhöhung der Betonstahl-
spannungen mit dem Faktor nach Gl. (12.20) mit  nach Der Ermüdungsnachweis zählt grundsätzlich zu den
Tabelle 12.3 erfolgen. Nachweisen im Grenzzustand der Tragfähigkeit.
Um daher eine ausreichende Zuverlässigkeit ge-
genüber dem Versagen des Tragwerks oder seiner
Teile zu erreichen, wird das Nachweiskonzept des
12.4 Nachweis gegen Ermüdung GZT nach Abb. 2.17 zugrunde gelegt, d. h. sowohl
Einwirkungen als auch Widerstände werden mit
12.4.1 Nachweisführung Teilsicherheitsbeiwerten belegt.
Die Einwirkungen werden über den Ansatz von
Spannungskollektiven bereits einschließlich ihrer Ma-
12.4.1.1 Ablaufschema
ximalwerte berücksichtigt; der Teilsicherheitsbeiwert
für Einwirkungen f;fat kann daher zu 1,0 gesetzt wer-
Ein Ermüdungsnachweis kann – wie in Ab-
den. Der Teilsicherheitsbeiwert für Modellunsicher-
schn. 12.1.3.2 bereits angedeutet – auf 3 Nach-
heiten Ed;fat ist ebenfalls mit 1,0 anzunehmen; sofern
weisstufen geführt werden. Die Reihung der Verfahren
die Erfassung der Unsicherheiten in der Modellierung
spiegelt hierbei eine deutliche Zunahme in Genau-
allerdings zweifelhaft ist, wird in König u. Daniele-
igkeit und Aussagekraft der Ergebnisse, allerdings
wicz (1994) der Ansatz von Ed;fat D 1;1 vorgeschla-
auch eine erhebliche Zunahme des erforderlichen
gen.16
Aufwandes wieder (Abb. 12.25):
Die Teilsicherheitsbeiwerte des Widerstands wer-
den nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 zu
• Stufe 1
Spannungsbegrenzung (Quasi-Dauerfestigkeits- s;fat D 1;15,
nachweis) c;fat D 1;50.
• Stufe 2 angenommen. Zumindest für Beton ist die Festlegung
Nachweis über schädigungsäquivalente Spannun- analog zu den übrigen Nachweisen im GZT als prag-
gen bzw. Spannungsschwingbreiten (vereinfachter matische Näherung zu sehen. Für Betonstahl wurden in
Betriebsfestigkeitsnachweis) Zusammenhang mit der Erarbeitung der Neuausgabe
• Stufe 3 zu DIN 488 mehr als 6000 Dauerschwingversuche an
Expliziter Betriebsfestigkeitsnachweis. Betonstahl, die im Rahmen der Güteüberwachung bzw.
Konformitätsprüfung von deutschen Überwachungsin-
In sinnvoller Weise sollte zunächst ein Nachweis über stituten durchgeführt wurden, neu ausgewertet. Dabei
Spannungsbegrenzungen auf Stufe 1 geführt werden. konnte s D 1;15 für die statistische Auswertung in
Werden die in DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 angege- s -Richtung (s als streuende Variable) bestätigt
benen Grenzwerte eingehalten, ist ein Ermüdungsver- werden (vgl. Zilch u. Methner 2007).
sagen nicht zu erwarten; weitere Nachweise erübrigen Die Angaben zu den Teilsicherheitsbeiwerten gel-
sich. Ist ein Nachweis auf Stufe 1 nicht zu erbringen, ten unabhängig von der gewählten Nachweisstrategie.
kann ein vereinfachter Nachweis auf Stufe 2 über schä-
digungsäquivalente Schwingbreiten aus einer definier-
ten Einwirkungskombination ggf. unter Verwendung 12.4.2 Betriebsfestigkeitsnachweis (Stufe 3)
vorgegebener Betriebslastfaktoren zielführend sein.
Liegen keine Angaben zur Ermittlung schädigungs-
äquivalenter Spannungsschwingbreiten vor oder ge- Der als Standardverfahren (Nachweisstufe 3) in
lingt der Nachweis auf Stufe 2 nicht, muss ein ex- DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthaltene Betriebs-
pliziter Betriebsfestigkeitsnachweis geführt werden. In festigkeitsnachweis baut auf der Gegenüberstellung
DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 ist dieser Nachweis al- der durch Betriebslasten hervorgerufenen Schädigung
lerdings nur für Betonstahl und Spannstahl vorgese- DEd mit einem Schädigungsgrenzwert Dlim D 1;0, der
hen. Gelingt für Beton ein Nachweis auf Stufe 2 nicht, 16
sollten die bezogenen Spannungen z. B. durch die In EN 1992-1-1 wird hierfür nicht explizit zwischen Unsi-
cherheiten der Einwirkungen und des Modells unterschieden;
Modifikation der Querschnittsabmessungen oder die die beiden Teilsicherheitsbeiwerte werden – wie übrigens für
Anhebung der Betonfestigkeitsklasse reduziert wer- die Bemessung in den anderen Grenzzuständen der Tragfähig-
den. keit auch – zu F zusammengefasst.
472 12 Nachweise gegen Ermüdung

Ermüdungsnachweis bei Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen


nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1

Beton Betonstahl Spannstahl

Querkraft ungeschweißte geschweißte


(Bauteile ohne Druck zugbeanspruchte zugbeanspruchte Kopplungen
Querkraftbewehrung) Stäbe Stäbe
EN DIN
Begrenzung von Begrenzung von Nachweis entfällt, sofern
Dss £ 70 N/mm² Dss £ 35 N/mm²
Stufe 1

VEd,min und VEd,max scd,min und scd,max Querschnitt überdrückt


(red. Pmt; häufige EWK)
DIN: 10.8.4 (6) DIN: 10.8.4 (4) DIN: 10.8.4 (2) DIN: 10.8.4 (3)
EN: 6.8.7 (4) EN: 6.8.7 (2) EN: 6.8.6 (1) EN: 6.8.6 (1) EN: 6.8.6 (3)

Nachweis über Nachweis über


schädigungsäquivalente schädigungsäquivalente
Stufe 2

Spannungen Spannungsschwingbreiten
Ecd,max,equ + 0,43Ö1-Requ Ds
g F,fat . g Ed,fat . Dss,equ £ g Rsk
£ 1,0 s,fat

DIN: 10.8.3 (6) DIN: 10.8.3 (5)


EN: 6.8.7 (1) EN: 6.8.5

Expliziter Expliziter
Betriebsfestigkeits- Betriebsfestigkeitsnachweis
Stufe 3

nachweis
DEd £ 1,0 D Ed £ 1,0
in DIN1045-1 und
EN1992-1-1 nicht DIN: 10.8.3 (1)
vorgesehen EN: 6.8.4

Abbildung 12.25 Ablaufschema eines Ermüdungsnachweises nach DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 (EN incl. empfohlener Werte
für NDPs)

einem Ermüdungsversagen gleichgesetzt wird, gemäß zwischen den Randwerten 0 und 1, wird durch Ak-
Gl. (12.23) auf. kumulationshypothesen definiert, die jedem Beanspru-
chungszustand, d. h. jedem einzelnen Schwingspiel,
einen Schädigungswert zuordnen.
DEd  1;0 (12.23) Die einfachste, bekannteste und am häufigsten an-
gewendete Akkumulationshypothese geht auf Palm-
gren und Miner zurück und stellt einen linearen Zu-
12.4.2.1 Grundlagen sammenhang zwischen der Anzahl der Lastwechsel
je Schwingbreitenstufe und der dadurch hervorgeru-
Als Schädigung kann allgemein die Wirkung der ein- fenen Schädigung her (vgl. Palmgren 1924; Miner
zelnen Spannungszyklen auf den Werkstoff – z. B. in 1945). Demnach ist die Schädigungssumme Di eines
Form eines Ermüdungsanrisses, der sich unter der Wir- im Einstufenversuch mit der Schwingbreite i belas-
kung wiederholter Belastung fortpflanzt – betrachtet teten Werkstoffs unmittelbar aus dem Anteil der be-
werden. Die Schädigungsbeiträge einzelner Schwing- reits durchlaufenen Lastspiele n.i / an der Bruch-
spiele werden angereichert, d. h. akkumuliert, bis die lastspielzahl N.i / gegeben (s. Abb. 12.26 – Last-
Grenzschädigung – etwa eine Risslänge, die zum Ver- schema );1 Gl. (12.24) beschreibt diesen Zusammen-
sagen des Restquerschnittes führt – erreicht ist. Im All- hang. Die i zugeordnete Bruchlastspielzahl N kann
gemeinen wird der Schädigungszustand bzw. der Schä- unmittelbar aus Wöhlerlinien des betrachteten Werk-
digungsfortschritt phänomenologisch aus der Lebens- stoffs abgelesen werden.
dauer bestimmt: die dimensionslose Schädigungssum-
me D bei Beginn der dynamischen Beanspruchung n.i /
wird mit D D 0, bei Auftreten des Ermüdungsbruchs Di D (12.24)
N.i /
mit D D Dlim D 1 beschrieben (Abb. 12.26). Die
Zunahme der Schädigungen durch wiederholte Belas- Bei mehrstufigen Belastungen (s. Abb. 12.26, Last-
tungen, d. h. die Entwicklung der Schädigungssumme schemata 
2 und )
3 müssen die Teilschädigungen Di
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 473

Lastschema 1 - Einstufenversuch Form des Schwingbreitenkollektivs


Δσs
Δσs,1

Spannungsamplitude Δσ/2 in N/mm 2


400
0,5nBruch nBruch
Lastspiele n
200
Lastschema 2 Lastschema 3
Δσs,2 Δσs,2 100
Δσs,3 Δσs,3

50
3 4 5 6 7 8 9
0,5nBruch nBruch 0,5nBruch nBruch 10 10 10 10 10 10 10
Lastspielzahl N (pü = 90%)

Schädigungssumme D Abbildung 12.27 Lebensdauerlinien einer Schweissverbindung


D = 1,0 für verschiedene Formen des Schwingbreitenkollektivs (nach
Haibach 1989)
ΔD(Δσs,3) 2

3
ΔD(Δσs,2) ΔD(Δσs,2)
Durch die Gewichtung der einwirkenden Schwing-
spiele mit den zugehörigen Wöhlerlinienwerten er-
gibt sich eine signifikante Abhängigkeit der Lebens-
dauer von der Form des Beanspruchungskollektivs. In
ΔD(Δσs,3) Abb. 12.27 sind experimentell an Schweißverbindun-
gen ermittelte Lebensdauerlinien für unterschiedliche
0,5 n Bruch n Bruch
Kollektivformen dargestellt.
Lastspiele n (linear)

Abbildung 12.26 Schädigungsfortschritt nach der Palmgren-


Miner-Hypothese bei ein- und zweistufigen Belastungen 12.4.2.2 Ablauf eines
Betriebsfestigkeitsnachweises

Ein expliziter Betriebsfestigkeitsnachweis erfordert


von m unterschiedlichen Schwingbreitenstufen i folgende Schritte (s. auch Abb. 12.28):
mit jeweils n Schwingspielen gemäß Gl. (12.25) auf-
summiert werden. Zur Ermittlung der Schädigungs-
summe, d. h. zur Durchführung des Betriebsfestig- • Zusammenstellung der relevanten Betriebslas-
keitsnachweises müssen daher das Kollektiv der Be- ten einschließlich deren Auftretenshäufigkeiten
anspruchungen, zweckmäßig in Form einer diskreten (Lastbilder, Lastkollektive, etc., s. Abschn. 12.3.2)
Häufigkeitsverteilung von Klassen gleicher Schwing- • Ermittlung der Schnittgrößen-Verläufe (z. B.
breite (Betonstahl, Spannstahl) bzw. gleicher Schwing- Schnittgrößen-Zeit-Verlauf) für die jeweils betrach-
breite und Mittelspannung (Beton) sowie die zugehö- teten Lastzyklen (s. Abschn. 12.3.3)
rigen Bemessungswöhlerlinien bekannt sein. • Berechnung der Spannungsverläufe (z. B.
Spannungs-Zeit-Verlauf) aus den Schnittgrö-
X
m X
m
n.i / ßenverläufen (s. Abschn. 12.3.4)
DD Di D (12.25)
N.i / • Aufbereitung der Spannungsverläufe, Klassierung
i D1 i D1
und Zählung geschlossener Spannungszyklen und
Mit Hilfe der Akkumulationshypothese werden al- Ordnung nach Spannungsschwingbreite und Häu-
so weitgehend regellose Betriebsbeanspruchungen mit figkeit (s. Abschn. 12.3.4.2)
der aus Einstufenversuchen gewonnenen Ermüdungs- • Berechnung der Schädigungssumme DEd mit Hil-
festigkeit des Werkstoffs verknüpft. Mit dieser Funk- fe der Akkumulationshypothese nach Palmgren und
tion sind eine Reihe von Annahmen und Konsequen- Miner unter Verwendung der jeweils zutreffenden
zen verbunden, die in Abschn. 12.4.2.3 erläutert wer- Bemessungs-Wöhlerlinie (Gl. 12.25)
den. • Nachweis DEd  1;0.
474 12 Nachweise gegen Ermüdung

Ds Ds Ds

Wöhlerlinie

N(Dsi)
Dsi Di = n(Dsi) / N(Dsi)
n(Dsi)
n(Dsi)

D= S Di
Lastwechselzahl n Lastwechselzahl n, N Schädigung D

a Spannungskollektiv (Summenlinie) b Schädigungsberechnung (Akkumulationshypothese) c Schadenssumme

Abbildung 12.28a–c Betriebsfestigkeitsnachweis auf Basis der linearen Akkumulationshypothese nach Palmgren und Miner (sche-
matisch)

Die Nachweisführung ist i. Allg. mit erheblichem Auf- Zusammenhänge vor dem Hintergrund der a priori
wand verbunden und lässt sich bei komplexeren Syste- unbekannten Beanspruchungsabfolge bei Tragwerken
men nur mehr numerisch bewältigen. kaum möglich.
Einer der meistdiskutierten Schwachpunkte der Hy-
pothese ist vor dem Hintergrund der weit verbreiteten
12.4.2.3 Anmerkungen Darstellung der Wöhlerlinien vor allem metalli-
zur Akkumulationshypothese scher Werkstoffe mit Angabe einer Dauerfestigkeit
nach Palmgren und Miner D zu sehen. Sofern ein Beanspruchungskol-
lektiv auch Stufen unterhalb von D aufweist,
Die Akkumulationsypothese nach Palmgren und Mi- würden diese Spannungszyklen bei Anwendung
ner ist als einfache und pragmatische Annahme zu der Palmgren-Miner-Hypothese keinen Beitrag zur
sehen, die keine physikalische Deutung zulässt. Die Schädigungssumme leisten. Dem entsprechend würde
Annahme einer linearen Schädigungsakkumulation so- z. B. ein Bewehrungsstab, der durch Anrisse infolge
wie der Bezug auf Wöhlerlinien aus Einstufenversu- großer Schwingbreiten oder durch Fehlstellen vorge-
chen, deren Kennwerte nicht ohne weiteres auf reale schädigt ist, dennoch unendlich viele Lastwechsel mit
Betriebslastverläufe übertragen werden können, füh- Schwingbreiten unterhalb D ertragen.
ren zu einigen Unzulänglichkeiten der Hypothese in Dies widerspricht allerdings sowohl der bruchme-
der Anwendung, die in der Vergangenheit lebhaft dis- chanischen Betriebsfestigkeitsanalyse als auch expe-
kutiert und durch Modifikationen zum Teil korrigiert rimenteller Erfahrung (vgl. Schütz u. Zenner 1973).
wurden. Tatsächlich ist bei vorgeschädigten metallischen Werk-
Grundsätzlich schließt die Palmgren-Miner- stoffen ein Absinken der Dauerfestigkeit mit zuneh-
Hypothese die Berücksichtigung der chronologischen mender Lastwechselzahl zu erwarten. Um den Schädi-
Abfolge der Beanspruchungen aus. Unabhängig gungsbeitrag kleiner Schwingbreiten zu erfassen, wur-
vom Zeitpunkt des Auftretens bewirken identische de von Haibach eine modifizierte Wöhlerlinie für me-
Beanspruchungen gleiche Schädigungsbeiträge. Dies tallische Werkstoffe vorgeschlagen, die anstelle eines
widerspricht dem beobachteten Schädigungsverlauf horizontalen Astes auf Dauerfestigkeitsniveau einen
bei ermüdungswirksamen Beanspruchungen (Stahl: zweiten Ast mit verringerter Steigung aufweist. Die
Abb. 12.8; Beton: Abb. 12.15). Tatsächlich bewirken Festlegung des Spannungsexponenten k2 D 2k1  1
Spannungszyklen, die in der Rissfortschrittsphase folgt eher pragmatischen, allerdings bruchmechanisch
auftreten, deutlich geringere Schädigungsbeiträge begründbaren Gesichtspunkten und hat Eingang in die
als Zyklen während des instabilen Rissfortschrittes. aktuellen Normen sowohl des Betonbaus als auch des
Gleichzeitig ist die Abfolge der Beanspruchungen, Stahlbaus gefunden. Die derart modifizierten Wöhler-
d. h. die chronologische Reihung großer und kleiner linien führen allerdings unter Umständen zu weit auf
Schwingbreiten, bedeutsam für das Ermüdungsver- der sicheren Seite liegenden Näherungen der tatsächli-
halten. Allerdings ist eine Berücksichtigung dieser chen Lebensdauer, wenn die größte auftretende Span-
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 475

nungsschwingbreite unterhalb der aus Einstufenversu- klen – werden durch eine Beanspruchung mit nur ei-
chen abgeleiteten Dauerfestigkeit liegt und gleichzeitig ner Schwingbreite bei vorgegebener Lastwechselzahl
keine Vorschädigungen vorhanden sind. ersetzt, die per Definition die selbe Schädigung her-
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass vorruft (s. Abb. 12.29). Die folgenden Erläuterungen
durch die Modifikation der Wöhlerlinien Unzuläng- basieren auf den Wöhlerlinien für Stahl (Index s); die
lichkeiten der Akkumulationsberechnung auf die Erweiterung auf Wöhlerlinien des Betons erfordert zu-
Materialbeschreibung übertragen werden; es ist daher sätzlich die Berücksichtigung der Mittelspannungsab-
sinnvoll, zwischen Wöhlerlinien des Materials und hängigkeit.
Wöhlerlinien für die Bemessung zu unterscheiden. Die sog. schädigungsäquivalente Spannungs-
Folglich darf angezweifelt werden, dass der sogenann- schwingbreite s;equ ist festgelegt durch die
te Dauerfestigkeitsast der Bemessungswöhlerlinien Forderung, dass N  D n.s;equ / Lastwechsel mit
mit Spannungsexponent k2 durch Einstufenversuche der Spannungsamplitude s;equ am betrachteten
abgebildet werden kann. Element (Bewehrungsstab, etc.) die selbe Schädigung
Trotz einiger Unzulänglichkeiten ist die An- bewirken wie die Betriebslasten in der gesamten
wendbarkeit der Palmgren-Miner-Hypothese auf vorgesehenen Nutzungsdauer. Aufbauend auf der
Betonstahl, Beton und Stahlbetonbauteile in zahlrei- Palmgren-Miner-Hypothese wird diese Bedingung
chen Studien nachgewiesen worden. Gleichzeitig ist durch Gl. (12.26) abgebildet.
vor dem Hintergrund einer vereinfachten Beschrei-
n.s;equ / Š X n.i /
bung der Einwirkungen, des Bauteilverhaltens und der DDD (12.26)
Ermüdungsfestigkeiten eine erhöhte Genauigkeit bei N.s;equ / N.i /
i
der Schädigungsberechnung nicht sinnvoll.
Umgekehrt ist zu beachten, dass bereits geringe Va- Aus der allgemeinen Darstellung der Wöhlerlinie für
riationen der Eingangsparameter beachtliche Verände- Stahl nach Gl. (12.5) folgt:
rungen der Schädigungssumme bewirken können (vgl. s;equ
m
 N.s;equ/ D const. D Rsk
m
 N
König u. Danielewicz 1994; RILEM 1994a); eine de-
terministische Vorhersage der Lebensdauer eines Bau- (12.27a)
werks oder Bauteils anhand des Betriebsfestigkeits- Rsk
m
 N
) N.s;equ/ D : (12.27b)
nachweises ist daher nicht sinnvoll. Eine Alternati- s;equ
m

ve zu den deterministischen Verfahren bieten probabi- Wird Gl. (12.27b) in Gl. (12.26) eingesetzt und zu-
listische Nachweisverfahren, die Streuungen der Ein- gleich berücksichtigt, dass das Ersatzkollektiv gerade
gangsparameter berücksichtigen (vgl. Buba 2003). N  Lastspiele aufweisen soll (n.s;equ / D N  ), also
auf den Knickpunkt der betrachteten Wöhlerlinie be-
zogen wird, ergibt sich
12.4.3 Nachweis über s;equ
m
schädigungsäquivalente DD : (12.28)
Rsk
m
Spannungsschwingbreiten (Stufe 2)
Mit der Nachweisbedingung des allgemeinen Betriebs-
Durch die Einführung schädigungsgleicher Einstufen- festigkeitsnachweises D  1;0 kann Gl. (12.28) zu ei-
Ersatzkollektive kann der Ermüdungsnachweis formal nem Spannungsnachweis umgeformt werden.
auf eine Spannungsbegrenzung zurückgeführt werden,
bleibt aber de facto ein echter Betriebsfestigkeitsnach- s;equ  Rsk : (12.29)
weis. Erste Ansätze zur Ableitung schädigungsäqui-
Werden in Gl. (12.29) darüber hinaus die erforder-
valenter Schwingbreiten für Stahlbeton- und Spannbe-
lichen Teilsicherheitsbeiwerte der Einwirkungs- und
tonbauteile finden sich u. a. in Herzog (1977) und Kup-
Widerstandsseite berücksichtigt (s. Abschn. 12.4.1.2),
fer (1979).
folgt
Rsk
12.4.3.1 Grundlagen F;fat  Ed;fat  s;equ  (12.30)
s;fat

Die unter realitätsnahen Betriebslasten auftretenden Die Ermittlung von s;equ beinhaltet die Berechnung
Spannungskollektive – d. h. die nach Schwingbrei- der Schädigungssumme unter Betriebslasten. Dieser
te und Auftretenshäufigkeit geordneten Spannungszy- numerisch aufwändige Schritt kann durch die Einfüh-
476 12 Nachweise gegen Ermüdung

rung von Hilfswerten , den Betriebslastfaktoren ( s log Δσs

für Betonstahl und Spannstahl, c für Beton), verein-


facht werden, in die in Konsequenz die Wöhlerlinien- Wöhlerlinie
parameter des jeweils betrachteten Elements einflies-
sen. Mit den Betriebslastfaktoren wird s;equ nach log Δσs,max schädigungsäquivalentes
Gl. (12.31) auf die maximale Spannungsschwingbrei- log ΔσRsk Einstufenkollektiv
te s;stat unter einer vorgegebenen, quasi-statischen log Δσs,equ

Einwirkungskombination zurückgeführt.
Betriebslastkollektiv
s;equ D s  s;stat (12.31)

Betriebslastfaktoren wurden für Straßenbrücken in log N* log n, N

Danielewicz (1994) und für Eisenbahnbrücken in Abbildung 12.29 Ersatz des wirklichkeitsnahen Spannungskol-
Bagayoko (1999) abgeleitet und im ersten Fall auf die lektivs durch ein schädigungsgleiches Rechteckkollektiv (sche-
Schwingbreite infolge des Ermüdungslastmodells 3, matisch, für Bewehrung dargestellt)
im zweiten Fall auf die Schwingbreite infolge des
Lastmodells 71 – jeweils in ungünstigster Stellung –
bezogen. Damit entfällt gleichzeitig die Auswertung
von Spannungs-Zeit-Verläufen. Weitere Erläuterungen 12.4.3.2 Nachweis für Betonstahl und Spannstahl
zur Anwendung von Betriebslastfaktoren bei Straßen-
und Eisenbahnbrücken sowie zu deren Ableitung sind Der sowohl in DIN 1045-1 als auch in EN 1992-
in Zilch u. a. (2004) enthalten. 1-1 verankerte Ermüdungsnachweis von Betonstahl
Für Kranbahnen sind Betriebslastfaktoren i in Ab- und Spannstahl über schädigungsäquivalente Span-
hängigkeit der Beanspruchungsklasse des Krans – d. h. nungsschwingbreiten folgt Gl. (12.30). Da allerdings
in Abhängigkeit der Lastspielzahl während der Nut- für den unmittelbaren Anwendungsbereich der Nor-
zungsdauer sowie der Kollektivform (Ausnutzungs- men derzeit noch keine Betriebslastfaktoren vorliegen,
grad) – in DIN 1055-10 bzw. EN 1991-3 angegeben, wird zumindest für übliche Hochbauten zu einer prag-
mit denen die schädigungsäquivalente Radlast auf die matischen Vereinfachung gegriffen: die schädigungs-
maximale Radlast zurückgeführt wird.17 äquivalente Spannungsschwingbreite der Bewehrung
Für allgemeinere wiederkehrende Lasten liegen der- s;equ wird der maximalen Schwingbreite max s
zeit keine Betriebslastfaktoren vor. Der Nachweis auf unter der maßgebenden ermüdungswirksamen Einwir-
Stufe 2 ist daher i. d. R. an erhebliche Vereinfachungen kungskombination gleichgesetzt.
geknüpft. Diese Vorgabe bedeutet gleichzeitig aber auch, dass
die Ermüdungssicherheit nur dann sichergestellt ist,
wenn max s höchstens N  mal während der Le-
bensdauer auftritt, darüber hinaus aber keine ande-
17
Für die Betriebslastfaktoren nach DIN 1055-10 bzw. ren Spannungszyklen auf das Bauteil einwirken. Vor
EN 1991-3 werden die Wöhlerlinien für Kerbdetails des Stahl- dem Hintergrund der Palmgren-Miner-Hypothese ist
baus mit den jeweils zugehörigen Neigungen des Zeitfestigkeits-
bereichs m D 3 für für Normalspannungen und m D 5 für
die getroffene Vereinfachung aus der Sicht der Verfas-
Schubspannungen sowie N  D 2106 als Knickpunkt der Wöh- ser daher zwingend mit einer Einschränkung der auf-
lerlinie zugrunde gelegt. Für den Nachweis von Stahlbeton- und tretenden Lastwechselzahl verbunden.
Spannbetonkranbahnen müssen die Betriebslastfaktoren i an
die entsprechenden Wöhlerlinien angepasst werden. Nach Heu-
nisch u. a. (2006) kann dies über
12.4.3.3 Nachweis für Beton
q
2 D
m2
. 1 /m1  N1 =N2 (12.32)
Wegen der grundsätzlich anderen Beschreibung der
erfolgen. Hierbei sind m1 und N1 die DIN 1055-10 oder Wöhlerlinien ergeben sich für druckbeanspruchten Be-
EN 1991-3 zugrunde liegenden Kennwerte und m2 bzw. N2 die ton formal andere Zusammenhänge. Ausgehend von
entsprechenden Kennwerte nach DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1. der Wöhlerline nach Gl. (12.6) wird die schädigungs-
Für den Nachweis von Beton bei Kranbahnen werden allerdings
äquivalente Schwingbreite i. d. R. auf N D 1  106 be-
keine Betriebslastfaktoren angegeben; sofern Spannungsbegren-
zungen (Stufe 1) nicht zielführend sind, ist zu erwägen, die Quer- zogen.
schnittsabmessungen oder die Festigkeitsklasse anzuheben; an-
1  Ecd;max;equ Š
dernfalls muss ein expliziter Betriebsfestigkeitsnachweis geführt log N D 14  p D6 (12.33)
werden. 1  Requ
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 477

Wird Gl. (12.33) nach der bezogenen Oberspannung mit auch die jeweils zulässige Spannungsschwingbrei-
Ecd;max;equ aufgelöst und umgeformt, folgt te – nicht unmittelbar zwischen den Normengeneratio-
p nen vergleichbar.
Ecd;max;equ C 0;43 1  Requ  1;0 ; (12.34)

mit 12.4.4.2 Nachweis für Betonstahl


Requ D Ecd;min;equ =Ecd;max;equ ; (12.35a)
Formal wird der Nachweis für Betonstahl über
Ecd;max;equ D max jcd j=fcd;fat ; (12.35b)
Gl. (12.36) geführt.
Ecd;min;equ D min jcd j=fcd;fat : (12.35c)
Derzeit liegen lediglich für den Nachweis von druck- s;freq  s;lim (12.36)
beanspruchtem Beton bei Eisenbahnbrücken Betriebs-
Für den vereinfachten Nachweis ungeschweißter,
lastfaktoren zur Berechnung von Ecd;max;equ und Requ
zugbeanspruchter Bewehrungsstäbe durch eine
vor (vgl. Bagayoko 1999). Darüber hinaus existie-
Begrenzung der Spannungsschwingbreite auf Quasi-
ren keine -Werte oder Vereinfachungen bei der Er-
Dauerfestigkeitswerte wurde für eine Lastwechselzahl
mittlung schädigungsäquivalenter Größen – dies zum
N D 1  108 ein Bemessungswert der zulässigen
einen wegen der geringen Praxisrelevanz eines Ermü-
Schwingbreite s;lim D 70 N/mm2 abgeschätzt. In
dungsnachweises für Beton im Anwendungsbereich
Zilch u. a. (2003) wurde hierzu in Verbindung mit
von DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1, zum anderen we-
DIN 1045-1 eine differenziertere Zusammenstel-
gen der komplexen Zusammenhänge bei der Betoner-
lung unmittelbar aus den Wöhlerlinien abgeleiteter
müdung.
Bemessungswerte der zulässigen Schwingbreiten
s;lim für N D 1  108 angegeben. Angesichts der
12.4.4 Nachweis durch Modifikationen der Wöhlerlinien gegenüber Ausgabe
Spannungsbegrenzung (Stufe 1) 2001 von DIN 1045-1 ist allerdings eine Anpassung
der Werte an die teilweise verringerten normativen
Ermüdungsfestigkeiten erforderlich. Für Nachweise
12.4.4.1 Grundlagen nach DIN 1045-1 auf Stufe 1 sollten die in Tabelle 12.4
zusammengefassten Größen verwendet werden.
Bei der Begrenzung der Spannungen bzw. Span- Aus dem Betriebsfestigkeitsnachweis auf Basis der
nungsschwingbreiten unter einer festgelegten Ein- Palmgren-Miner-Hypothese lassen sich in Anlehnung
wirkungskombination handelt es sich nicht um einen an den ModelCode 90 zwei alternative Ansätze für
Betriebsfestigkeitsnachweis, sondern vielmehr um einen vereinfachten Ermüdungsnachweis bei Beweh-
einen Nachweis der Quasi-Dauerfestigkeit ohne expli- rungsstählen angeben, die in dieser Form nicht in
zite Berücksichtigung der im Laufe der Lebensdauer DIN 1045-1 oder EN 1992-1-1 enthalten sind:
des Bauwerks auftretenden Lastspielzahlen. Die zuläs-
sigen Spannungswerte bzw. -schwingbreiten werden
aus den Wöhlerlinien der betreffenden Werkstoffe • Liegt die größte auftretende Schwingbreite infol-
für eine sehr hohe Lastspielzahl (i. d. R. 1  108 , ge der häufigen Einwirkungskombination oberhalb
bei Beton 1  107 ) auf der sicheren Seite liegend der Ermüdungsfestigkeit bei 1  108 Lastspielen,
abgeschätzt. Eine Begrenzung der Spannungen liefert kann bei bekannter Lastspielzahl n (Summe aller
sichere, aufgrund der hohen angesetzten Lastspielzahl
und den hieraus resultierenden kleinen zulässigen Tabelle 12.4 Grenzwerte der Spannungsschwingbreiten für
Spannungsschwingbreiten allerdings tendenziell einen vereinfachten Nachweis der Betonstahlbewehrung (in An-
unwirtschaftliche Ergebnisse. Der große Vorteil dieses lehnung an Zilch u. a. 2003)
Verfahrens ist aber im geringen Aufwand und der Bewehrungselement s;lim [N/mm2 ]
transparenten Nachweisführung zu sehen.
Der Nachweis ist nach DIN 1045-1 bzw. EN 1992- gerader Stab ds  28 mm 90
1-1 mit den Schnittgrößen bzw. Spannungen der häufi- ds > 28 mm 75
gen Einwirkungskombination des GZG zu führen. Die- gebogener Stab dbr > 15ds 65
ses Vorgehen entspricht im Wesentlichen der Bemes- (ds  28 mm) dbr > 10ds 55
sungspraxis der abgelösten Normengeneration (z. B. dbr > 5ds 44
DIN 1045 (7.88) und DIN 4227). Allerdings ist das Matten, Schweißverbindungen 30
dem Nachweis zugrunde liegende Lastniveau – und da-
478 12 Nachweise gegen Ermüdung

log Dss 12.4.4.3 Nachweis für Spannstahl


DsRsk(n)
log(max Dss) £ log( gs,fat ) Weder in DIN 1045-1 noch in EN 1992-1-1 sind ex-
log(max Dss)
plizite Grenzwerte für die Spannungsschwingbreiten
von Spannstahl enthalten, lediglich für den Bereich
log DsRsk
von Kopplungen werden vereinfachte Regeln angege-
log DsRsk/gs,fat
ben. Es kann für Kopplungen davon ausgegangen wer-
den, dass kein Ermüdungsrisiko besteht, wenn unter
104 n 106 108 N[-] der häufigen Einwirkungskombination bei gleichzei-
a Vereinfachter Nachweis bei bekannter Lastspielzahl n
tig verminderter Vorspannkraft18 Pmt im Bereich der
Kopplung keine Zugspannungen auftreten.
Vor dem Hintergrund des nichtlinearen Zusammen-
log Dss hanges von Schnittgrößen und Spannungen bei vorge-
DsRsk(10 8 ) spannten Bauteilen sollte in diesem Fall allerdings eine
log Dss,freq £ log( gs,fat ) modifizierte häufige Kombination verwendet werden,
bei der die Temperaturdifferenz – ggf. zusätzlich zur
DsRsk(108 )
führenden veränderlichen Last – stets mit dem Kom-
log( gs,fat ) binationsbeiwert 1 angesetzt wird (vgl. Zilch u. a.
2004).
log Dss,freq

n
104 106 108 N[-]

b Vereinfachter Nachweis der Quasi-Dauerfestigkeit 12.4.4.4 Nachweis für Beton


Abbildung 12.30a,b Vereinfachte Nachweise für Betonstahl
Dem vereinfachten Nachweis wird – abweichend vom
Vorgehen bei Bewehrung – eine Lastspielzahl von
1  107 zugrunde gelegt, auf Basis derer zulässige
Lastwechsel) ein Ermüdungsversagen ausgeschlos- Oberspannungen in Abhängigkeit der auftretenden
sen werden, wenn der Nachweis für ein Einstu- Unterspannung unmittelbar aus den Wöhlerlinien nach
fenkollektiv mit der Schwingbreite max s bei Gl. (12.6) angegeben werden können. Vereinfachend
n Lastwechseln geführt wird (Vereinfachter Be- wird die aus der Wöhlerlinie abgeleitete nichtlineare
triebsfestigkeitsnachweis auf Basis der maximalen Beziehung durch eine lineare Formulierung nach
Spannungsschwingbreite bei bekannter Lastspiel- Gl. (12.37) ersetzt, die in Abb. 12.31 in Form eines
zahl nach Abb. 12.30a). Goodman-Diagramms wiedergegeben ist.
• Voraussetzung für die Anwendung der zweiten max jcd j min jcd j
Alternative ist, dass während der Lebensdauer des  0;5 C 0;45  (12.37)
fcd;fat fcd;fat
Bauteils unter der häufigen Einwirkungskombi- (
nation keine Spannungsschwingbreiten auftreten, 0;9 bis C50/60 bzw. LC50/55

die über der Ermüdungsfestigkeit (entsprechend 0;8 ab C55/67 bzw. LC55/60
der Wöhlerlinie des betrachteten Materials) bei
1  108 Lastwechseln liegen (Erweiterter Nachweis In Gl. (12.37) bedeuten:
der Quasi-Dauerfestigkeit nach Abb. 12.30b). max jcd j betragsmäßig größte Druckspannung unter
Ein Ermüdungsversagen kann streng genommen der häufigen Einwirkungskombination
dann ausgeschlossen werden, wenn die Last- min jcd j betragsmäßig kleinste Druckspannung un-
wechselzahl 1  108 nicht übersteigt. Werden ter der häufigen Einwirkungskombination
Bewehrungsstähle allerdings ausschließlich in am Ort von max jcd j.
diesem Schwingbreitenbereich beansprucht, d. h.
auch unter der seltenen Einwirkungskombination 18
Hier ist es erforderlich, zwischen der statisch bestimmten und
treten keine Schwingbreiten auf, die größer als der statisch unbestimmten Wirkung der Vorspannung im Sinne
Rsk .N D 1  108 /=s;fat sind, kann unter der einer Trennung von lokalen und globalen Effekten zu unterschei-
Bedingung, dass keine Vorschädigungen z. B. durch den. Der statisch bestimmte Anteil ist aufgrund der an Kopplun-
Korrosion vorhanden sind, eine echte Dauerfes- gen auftretenden, erhöhten Spannkraftverluste normgemäß ab-
zumindern, während der statisch unbestimmte Anteil mit dem
tigkeit vermutet werden. Eine Beschränkung auf jeweils maßgebenden charakteristischen Wert angesetzt werden
1  108 Lastspiele ist für diesen Fall nicht zwingend. kann.
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 479

Ecd,max Ecd,max
1,0 1,0

0,8 0,8

0,6 zulässiger Bereich


0,6

0,4 0,4

N = 107
0,2 0,2 N = 108
10 7

0 0
10 0 103 10 6 109 1012 1015 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Lastwechsel N [ - ] Ecd,min [ - ]
a Wöhlerlinien b zulässige Spannungen für vereinfachten Nachweis

Abbildung 12.31a,b Spannungsgrenzen bei einem vereinfachten Nachweis druckbeanspruchten Betons – Goodman-Diagramm für
Normalbeton bis C50/60

Ergänzend ist in Abb. 12.31 die Grenzlinie der bezo- Grenzwerte der Querkraftbeanspruchung an, die for-
genen Oberspannung bei 1  108 Lastwechseln, der Be- mal eng an die Grenzwerte der Betondruckspannungen
zugslastwechselzahl bei den vereinfachten Nachwei- nach Gl. (12.37) angelehnt sind, allerdings den Wech-
sen der Bewehrung, eingetragen. selbereich, d. h. eine Vorzeichenumkehr der einwirken-
Der Ermüdungsnachweis von Druckstreben quer- den Querkraft, explizit berücksichtigen.
kraftbeanspruchter Bauteile kann auf der Basis ei-
nes Fachwerkmodells ebenfalls mit Gl. (12.37) ge- für VEd;min =VEd;max  0 W
führt werden, allerdings müssen die festigkeitsmin- jVEd;max j jVEd;min j
dernden Effekte durch den Abminderungsbeiwert ˛c  0;5 C 0;45  (12.38a)
jVRd;ct j jVRd;ct j
(in EN 1992-1-1 mit bezeichnet) für die Druckstre- (
benfestigkeit bei mehrachsialem Spannungszustand er- 0;9 bis C50/60 bzw. LC50/55
fasst werden (s. Abschn. 3.7.4).  ;
0;8 ab C55/67 bzw. LC55/60
Schwellbeanspruchungen mit Unterspannungen
cd  0, d. h. Beanspruchungen im Druck-Zug- für VEd;min =VEd;max < 0 W
Wechselbereich, treten ggf. im vorgedrückten Zuggurt jVEd;max j jVEd;min j
von Spannbetonbauteilen auf. DIN 1045-1 und  0;5  (12.38b)
jVRd;ct j jVRd;ct j
EN 1992-1-1 sehen zwar in diesen Fällen eine
Begrenzung max jcd j=fcd;fat  0;5 vor, allerdings Da ein Ermüdungsversagen schubbeanspruchten
sollte berücksichtigt werden, dass experimentelle Betons eng mit der Betonzugfestigkeit und dadurch
Untersuchungen für Wechselbeanspruchungen einen mit der Querkrafttragfähigkeit VRd;ct (in EN 1992-
rapiden Abfall der Ermüdungsfestigkeit belegen (s. 1-1: VRd;c ) verknüpft ist, werden die einwirkenden
Abschn. 12.2.3.3). Ergänzend sei angemerkt, dass die Querkräfte auf VRd;ct bezogen. Gleichzeitig bildet
Bemessungswerte der Druckspannungen min jcd j und Gl. (12.38) die in Okamura u. Ueda (1982) ange-
max jcd j natürlich dem gleichen Querschnittspunkt gebene, empirische Wöhlerlinie für Bauteile ohne
des Bauteils zugeordnet sind. Querkraftbewehrung angenähert ab (vgl. Abb. 12.23).
Wegen der äußerst komplexen mechanischen Vor-
gänge im Wechselbereich, z. B. der Rotation der
12.4.4.5 Nachweis für Bauteile Hauptzugspannungen, sind die Querkraftgrenzwerte
ohne Querkraftbewehrung für VEd;min =VEd;max < 0 als pragmatische Festlegung
zu betrachten.
Für einen Ermüdungsnachweis des schubbeanspruch- Die Grenzwerte der Querkraftbeanspruchung nach
ten Betons bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung ge- Gl. (12.38) lassen sich übersichtlich in Form eines
ben DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 mit Gl. (12.38) Goodman-Diagramms darstellen (Abb. 12.32).
480 12 Nachweise gegen Ermüdung
 
fck
VEd,max / VRd,ct fcd;fat D ˇcc .t0 /  fcd  1  ; (12.39)
0,9 £ C50/60
250
p
0,8 > C55/67 mit fcd D ˛c fck = c;fat und ˇcc D expŒ0;2  .1  28=t0 / ;
VEd,max dabei ist fck in N/mm2 und t0 als Erstbelastungsalter in
Tagen einzusetzen.
• Bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung darf der Nach-
0,5 weis für Beanspruchungen infolge Querkraft als erfüllt
max(DVEd / VRd,ct)
angesehen werden, wenn Bedingung (12.38) erfüllt ist.
VRd;ct ist hierfür nach Gl. (7.17) zu ermitteln.
• Bei Bauteilen mit Querkraftbewehrung darf der Nach-
h
c

VEd,min
ei
er

weis für Druckstreben über Gl. (12.37) geführt werden,


B
er

wenn die verminderte Druckstrebenfestigkeit über den


ig
ss

VEd,min / VRd,ct
Abminderungsbeiwert ˛c (s. Gl. 3.169) berücksichtigt

zu

-0,5 0 0,8 0,9 wird.


Nachweisstufe 2 – Nachweis über schädigungsäquiva-
lente Schwingbreiten
Für Betonstahl und Spannstahl gilt der Ermüdungsnach-
weis als erbracht, wenn für die schädigungsäquivalente
Spannungsschwingbreite s;equ Gl. (12.40) erfüllt ist (s.
Gl.12.30).
Abbildung 12.32 Grenzwerte der einwirkenden Querkraft für
den vereinfachten Nachweis von Bauteilen ohne Querkraftbe- Rsk .N  /
wehrung F;fat  Ed;fat  s;equ  (12.40)
s;fat

Hierbei bezeichnen:
Normenregelung nach DIN 1045-1 s;equ schädigungsäquivalente Spannungs-
Die in DIN 1045-1, 10.8.3 (Nachweisverfahren) und 10.8.4 schwingbreite; für übliche Hochbauten
(Vereinfachte Nachweise) geregelten Verfahren bauen auf darf näherungsweise s;equ D max s
einem dreistufigen Nachweiskonzept nach Abb. 12.25 auf. angenommen werden.
max s maximale Spannungsamplitude unter
der maßgebenden ermüdungswirksamen
Sicherheitskonzept Einwirkungskombination
Für Ermüdungsnachweise gelten – abweichend von den Rsk .N  / Spannungsschwingbreite für N  Lastzyklen
übrigen Nachweisen im GZT – folgende Teilsicherheitsbei- aus den Wöhlerlinien nach den Abbn. 12.13
werte (Tabelle 12.5; s. auch Tabelle 2.6): und 12.14.
Für Beton unter Druckbeanspruchung kann ein Nachweis
F;fat ! Einwirkungen über schädigungsäquivalente Druckspannungen mit den
Ed;fat ! Modellunsicherheiten Gln. (12.34) und (12.35) geführt werden.
c;fat ! Beton
s;fat ! Betonstahl und Spannstahl.
Nachweisstufe 3 – Betriebsfestigkeitsnachweis
Nachweisstufe 1 – Vereinfachter Nachweis durch
Spannungsbegrenzung Im Rahmen eines Betriebsfestigkeitsnachweises ist zu
Den vereinfachten Nachweisen der Stufe 1 ist die häufige zeigen, dass für die Schädigungssumme DEd  1;0
Einwirkungskombination nach DIN 1055-100 zu Grunde gilt. Die Berechnung von DEd erfolgt auf Grundlage
zu legen. Als Anwendungsregeln werden in DIN 1045-1, der Palmgren-Miner -Hypothese unter Berücksichtigung
10.8.4 folgende vereinfachte Nachweise angegeben: der Wöhlerlinien für Beton, Betonstahl und Spannstahl
• Für ungeschweißten, geraden Betonstahl darf der Er- (Abbn. 12.13, 12.14, 12.16).
müdungsnachweis als erfüllt angesehen werden, wenn
unter der häufigen Einwirkungskombinaton die Span-
nungsschwingbreite s  70 N/mm2 ist. Normenregelung nach EN 1992-1-1
• Für Betonstahl oder Spannstahl im Bereich von Die in EN 1992-1-1, 6.8.4 bis 6.8.7 geregelten Ermü-
Schweißverbindungen oder Kopplungen darf ein dungsnachweise bauen analog zu DIN 1045-1 auf einem
ausreichender Ermüdungswiderstand angenom- dreistufigen Nachweiskonzept nach Abb. 12.25 auf.
men werden, wenn der Betonquerschnitt in diesem
Bereich unter der häufigen Einwirkungskombina-
Sicherheitskonzept
tion – allerdings unter verminderter Vorspannung
Für den Ermüdungsnachweis gelten die in Tabelle 12.5 an-
0;75Pmt – vollständig überdrückt ist.
gegebenen Teilsicherheitsbeiwerte.
• Für druckbeanspruchten Beton gilt der Nachweis als
erbracht, wenn für die häufige Einwirkungskombination Nachweisstufe 1 – Vereinfachter Nachweis durch
Gl. (12.37) erfüllt ist. Der Bemessungswerte der Beton- Spannungsbegrenzung
druckfestigkeit ist hierfür EN 1992-1-1 erlaubt folgende vereinfachte Nachweise:
12.4 Nachweis gegen Ermüdung 481

• Für zugbeanspruchte Bewehrungsstäbe darf der Nach- Tabelle 12.5 Teilsicherheitsbeiwerte für Ermüdungsnachweise
weis als erfüllt angesehen werden, wenn unter der häu- nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Werte und län-
figen Einwirkung kombiniert mit der Grundkombination derspezifisch festzulegende Parameter)
(s. Gl. 12.21) Bedingung (12.41) erfüllt ist.
DIN 1045-1 EN 1992-1-1 (NDPs)
ungeschweißt: s  k1 ; (12.41a)
EU D A
geschweißt: s  k2 (12.41b)
Für die länderspezifisch festgelegten Grenzwerte k1 Einwirkungen F;fat 1;0 1;0 EU EU
und k2 vgl. Tabelle 12.6. Vereinfachend darf der Nach- Modell Ed;fat 1;0 –a –a –a
weis auch unter der häufigen Einwirkungskombination 0 b
Normalbeton c;fat 1;5.1;5 c/ 1;5 EU EU
nach EN 1990 geführt werden.
0 b
• Für geschweißte Verbindungen oder Kopplungen in Leichtbeton c;fat 1;5.1;5 c/ 1;5 EU EU
Spannbetonbauteilen gilt der Nachweis als erbracht, Betonstahl s;fat 1;15 1;15 EU EU
wenn der Betonquerschnitt im Umkreis von 200 mm Spannstahl 1;15 1;15 EU EU
s;fat
um Spannglieder bzw. Bewehrung unter der häufigen
Einwirkungskombination und einer um den Faktor k3 a
In EN 1992-1-1 werden die Teilsicherheitsbeiwerte für Model-
(NDP ! Tabelle 12.6) abgeminderten Vorspannkraft lunsicherheiten und Unsicherheiten der Einwirkungen in F;fat
Pmt überdrückt bleibt. zusammengefasst.
• Für druckbeanspruchten Beton gilt Gl. (12.37) unter der b
Für Betone der Festigkeitsklassen C55/67 bzw. LC55/60 und höher
häufigen Einwirkungskombination (Leichtbeton ausge- ist c mit c0 D 1=.1;1  fck =500/ zu multiplizieren.
nommen). Hierfür ist
 
fck
fcd;fat D k1  ˇcc .t0 /  fcd  1  ; (12.42) Beispiel 12.3
250
Für die Rampe aus den Beispielen 12.1 und 12.2 soll ein
mit k1 als länderspezifisch festgelegtem Parameter (Ta- Ermüdungsnachweis geführt werden; hierfür werden die
belle 12.6) und ˇcc .t0 / nach Gl. (3.13). in ausgewählten Schnitten ermittelten Spannungen bzw.
• Der vereinfachte Nachweis für Bauteile ohne Querkraft- Spannungsschwingbreiten herangezogen19 .
bewehrung erfolgt analog zu DIN 1045-1 mit VRd;c nach
den Gln. (7.19) und (7.20) anstelle von VRd;ct . Nachweis der Biegebewehrung
• Für den Nachweis von Druckstreben querkraftbean- Für den Quasi-Dauerfestigkeitsnachweis (Stufe 1) der
spruchter Bauteile kann Gl. (12.37) unter Berücksich- Biegebewehrung wurde in Beispiel 12.1 eine Schwing-
tigung des Abminderungsbeiwertes 1 (s. Tabelle 3.14) breite unter der häufigen Einwirkungskombination von
geführt werden.
s;freq D 77;4 N/mm2 > s;lim D 70 N/mm2
Nachweisstufe 2 – Nachweis über schädigungsäquiva-
lente Schwingbreiten ermittelt. Nach DIN 1045-1, 10.8.4 (2) ist der Nachweis
Für Betonstahl oder Spannstahl und Kopplungen darf ein nicht erbracht, allerdings kann für gerade Stäbe mit ds 
ausreichender Widerstand gegen Ermüdung vorausge- 28 mm nach Tabelle 12.4 s;lim D 90 N/mm2 angesetzt
setzt werden, wenn Gl. (12.43) erfüllt ist (s. Gl.12.30)

Rsk .N  /
F;fat  s;equ .N  /  : (12.43) Tabelle 12.6 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu den
s;fat
Nachweisen gegen Ermüdung
Für Hochbauten darf s;equ .N  / näherungsweise durch
die maximale Stahlspannungsamplitude s;max unter der NDP EU D A
maßgebenden ermüdungswirksamen Einwirkungskombi-
nation ersetzt werden. Nachweisstufe 1
Für druckbeanspruchten Beton kann der Nachweis k1 70 N/mm2 EU EU
über die Gln. (12.34) und (12.35) geführt werden, 2 2
k2 35 N/mm 0 N/mm EU
allerdings darf die Lastspielzahl N , die den schädi-
gungsäquivalenten Spannungen zugrunde liegt, national k3 0;9 0;75 EU
vereinbart werden (! Tabelle 12.6). k1 (Gl. 12.42) 0;85 1;0 1;0

Nachweisstufe 2
Nachweisstufe 3 – Betriebsfestigkeitsnachweis
N 1  106 EU EU
Der explizite Betriebsfestigkeitsnachweis ist analog
zu DIN 1045-1 auf der Grundlage der Palmgren-Miner -
Hypothese durch die Begrenzung der Schädigungssumme
19
DEd  1;0 zu führen. Die Schädigungsbeiträge sind mit Die Betrachtung jeweils eines Querschnitts für die Biege- und
Querkraftbewehrung bzw. für die Betondruckspannungen ist al-
den in EN 1992-1-1 gegebenen bzw. national zu verein- lerdings nicht hinreichend; i. d. R. müssen – abhängig von Geo-
barenden Wöhlerlinien (Abbn. 12.13, 12.14, 12.16) zu metrie, Bewehrungsgrad und Belastung – mehrere Querschnitte
führen. untersucht werden.
482 12 Nachweise gegen Ermüdung
 m
werden. Der Nachweis auf Stufe 1 kann damit als erfüllt Rsk .N  /
N .Ed;s;i / D  N :
angesehen werden. s;fat  Ed;s;i

Der Vollständigkeit halber wird ein Nachweis auf Stufe


Die Beiträge der Schwingbreitenstufen zur Schädigungs-
3 (Betriebsfestigkeitsnachweis) geführt. Hierfür sind er-
summe sind damit allgemein
gänzende Angaben zu den Betriebslasten erforderlich:
n .Ed;s;i /
• Vereinfachend wird angenommen, dass das Lastbild DEd;i D  m :
Rsk .N  /
nach DIN 1055-3 (Gegengewichtsstapler Kat. G5 s;fat Ed;s;i
 N
nach Abb. 12.19c) die tatsächlichen Betriebslasten
widerspiegelt, d. h. die Rampe wird ausschließlich un- Wegen Ed;s;1 D 154;7 N=mm2 > Rsk = s;fat D
ter Volllast befahren (Anm.: Die steht u. a. im Wider-
175=1;15 D 152;2 N=mm2 ist für Ed;s;1 zur Berech-
spruch zum Kombinationsbeiwert 1 D 0;5 der häu-
nung von DEd;1 der Spannungsexponent k1 zu verwen-
figen Einwirkungskombination).
den. Für die beiden Schwingbreitenstufen ergibt sich da-
• Die Anzahl der Lastzyklen errechnet sich aus folgen- her:
den Angaben (die in jedem Fall mit Bauherrn, etc. ab-
zustimmen sind): 7;5  105
DEd;1 D  5 D 0;816 ;
Nutzungsdauer (Jahre) 25 175
1;15154;7
 1  106

Arbeitstage/Jahr 300
7;5  105
Betriebsstunden/Tag 10 DEd;2 D  9 D 4;72  1013 ;
175
 1  106
Überfahrten/Stunde 10. 1;156;7

Damit ist die Lastzyklenzahl X


2
DEd D DEd;i D 0;816 < DEd;lim D 1;0 :
iD1
n D 25  300  10  10 D 7;5  10 : 5

Der explizite Betriebsfestigkeitsnachweis ist damit eben-


Da die Rampe nur unter Volllast befahren wird, lassen falls erfüllt (Angesichts des per se unbestimmten Be-
sich die ermüdungswirksamen Spannungsschwingbreiten triebslastkollektivs handelt es sich hierbei weniger um
unmittelbar aus Abb. 12.20b entnehmen. Unter Berück- einen ausführlichen Betriebsfestigkeitsnachweis, sondern
sichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte Ed;fat D f;fat D vielmehr um einen vereinfachten Nachweis bei bekann-
1;0 folgen die Bemessungswerte zu ter Lastspielzahl nach Abb. 12.30a). Die abstrakte Schä-
digungssumme lässt sich in eine schädigungsäquivalente
Ed;s;1 D Ed;fat  f;fat  s1 D 154;7 N/mm2 ; Schwingbreite s;equ eines einstufigen Kollektivs mit
Ed;s;2 D Ed;fat  f;fat  s2 D 6;7 N/mm2 : N  D 1  106 umrechnen. Aus
 k 2
Dem Nachweis ist also ein zweistufiges Kollektiv mit N Ed;fat 
f;fat  s;equ
DEd D   D
n.Ed;s;1 / D n.Ed;s;2 / D 7;5  105 zu Grunde n s;equ Rsk .N  /= s;fat
zu legen. Die Schädigungssumme errechnet sich nach
Gl. (12.25) aus folgt

X
2 X
2 Rsk .N  / p
n .Ed;s;i / s;equ D  k2 DEd
DEd D DEd;i D  
N .Ed;s;i / Ed;fat f;fat s;fat
iD1 iD1
175 p
D  9 0;816
Die Bruchlastspielzahlen werden durch die Wöhlerlinie 1;0  1;0  1;15
des betrachteten Elements festgelegt. Für geraden Beton- D 148;8 N/mm2 :
stahl mit ds  28 mm gilt (s. Tabelle 12.1):
Erwartungsgemäß ist die schädigungsäquivalen-
N  D 1  106 ; te Schwingbreite kleiner als die tatsächlich auf-
Rsk D 175 N/mm2 ; tretende, maßgebende Betriebslastschwingbreite
k1 D 5 k2 D 9 : s1 D 154;7 N/mm2 , da die rechnerisch angesetzte
Zyklenzahl von 7;5  105 kleiner als N  D 1  106 ist.
Aus der allgemeinen Gleichung der Wöhlerlinie für Be-
tonstahl (Gl. 12.5) folgt: Nachweis der Biegedruckzone
 m In Beispiel 12.1 sind für die häufige Einwirkungskom-

Rsk .N / bination folgende Betondruckspannungen errechnet wor-
 N  D const:
s;fat den:
D .Ed;s;i /m  N .Ed;s;i / (12.44)
min jcd j D jc;freq;max j D 0;4 N/mm2 ;
Die Verwendung von k1 bzw. k2 für m richtet sich da- max jcd j D jc;freq;min j D 2;9 N/mm2 :
nach, ob Ed;s;i ober- oder unterhalb des Knickpunktes
der Wöhlerlinie bei Rsk = s;fat liegt. Aufgelöst liefert Der Berechnung des Bemessungswertes der Betondruck-
Gl. (12.44) die Bruchlastspielzahlen: festigkeit fcd;fat wird zu Grunde gelegt:
Literatur 483

Festigkeitsklasse C35/45 Literatur


Erstbelastungsalter t0 100 Tage
Daraus folgt (s. Gl. 12.39): BAGAYOKO, L.: Betriebsfestigkeit von Eisenbahn-
  p  brücken in Stahlbeton- und Spannbetonbauweise,
ˇcc .t0 / D exp 0;2  1  28=t0
  p 
TU München, Diss., 1999
D exp 0;2  1  0;28 D 1;10 ; BAGAYOKO, L.: Dynamik von Eisenbahnbrücken. In:
fcd;fat D ˇcc .t0 /˛fck = c;fat .1  fck =250/ Massivbau in ganzer Breite – Festschrift zum 60.
D 1;10  0;85  35=1;15  .1  35=250/ Geburtstag von Univ. Prof. Dr.-Ing. Konrad Zilch.
D 18;7 N/mm2 : Berlin : Springer, 2005
BALÁZS, G.: Fatigue of Bond. In: ACI Materials Jour-
Die bezogenen Druckspannungen sind
nal 88 (1991), Nr. 6, S. 620–629
min jcd j 0;4 BAST: Handlungsanweisung zur Beurteilung der
D D 0;02 ;
fcd;fat 18;7 Dauerhaftigkeit vorgespannter Bewehrung von älte-
max jcd j 2;9 ren Spannbetonüberbauten. Bundesanstalt für Stra-
D D 0;15 :
fcd;fat 18;7 ßenwesen, Abteilung Brücken- und Ingenieurbau,
Aus Gl. (12.37) folgt die Obergrenze der bezogenen 1998
Druckspannungen zu B IEGER, K.W.: Vorberechnung zweistegiger Platten-
max jcd j min jcd j balken. In: Beton- und Stahlbetonbau 57 (1962), S.
D 0;15  0;5 C 0;45  188–195
fcd;fat fcd;fat
 0;5 C 0;45  0;02 B OOTH, E.D.; L EEMING, M.B.; PATERSON, W.S. ;
 0;51 : H ODGKIESS, T.: Fatigue of reinforced concrete in
marine condition. In: Marine Concrete 86 – Inter-
Der Nachweis der Biegedruckzone ist damit erbracht.
national Conference on Concrete in the Marine En-
Nachweis der Querkraftbewehrung vironment. London : The Concrete Society, 1986
Für die häufige Einwirkungskombination folgt die Span- B UBA, R.: Zur stochastischen Zuverlässigkeit beste-
nungsschwingbreite in der Querkraftbewehrung zu (s. hender Spannbetonbrücken gegen Ermüdung, TU
Beispiel 12.2) sw;freq D 68;5 N/mm2 . Da dem Nach-
weis der Grenzwert des geraden, zugbeanspruchten Sta-
München, Diss., 2003
bes zugrunde gelegt werden darf, gilt: B UXBAUM, O.: Betriebsfestigkeit – Sichere und
wirtschaftliche Bemessung schwingbruchgefährde-
sw;freq D 68;5 N/mm2 < s;lim D 70 N/mm2 :
ter Bauteile. Düsseldorf : Verlag Stahleisen, 1992
Der Nachweis ist erfüllt. B ÖKAMP, H.; C ORDES, H. ; T ROST, H.: Langzeitver-
suche mit dynamischen Belastungen zu den Aus-
Nachweis der Betondruckstrebe
Aus Beispiel 12.2 sind die Betondruckspannungen der wirkungen von Rissen auf die Dauerhaftigkeit von
schrägen Druckstrebe am Auflager infolge der häufigen Spanngliedern bei teilweiser Vorspannung / Insti-
Einwirkungskombination bekannt: tut für Massivbau, RWTH Aachen. 1990. – Ab-
schlussbericht zum IfBt-Forschungsvorhaben IV 1-
min jcd j D jcw;freq;max j D 0;4 N/mm2 ;
5-437/85
max jcd j D jcw;freq;min j D 1;9 N/mm2 :
CEB: Fatigue of Concrete Structures. Lausanne : Co-
Die effektive Druckfestigkeit der Strebe ist mité Euro-International du Béton, 1988 (CEB Bulle-
tin d’Information No. 188)
fcd;fat;eff D ˛c  fcd;fat
D 0;75  18;7 D 14;1 N/mm2 : C HANG, T.S.; K ESLER, C.E.: Static and fatigue
strength in shear of beams with tensile reinforce-
Der Quasi-Dauerfestigkeitsnachweis erfolgt – analog zur ment. In: ACI Journal 54 (1958)
Biegedruckzone – auf Basis der Gl. (12.37).
C HLORMANN, U.H.; S EEGER, T.: RAINFLOW-
max jcd j 1;9 min jcd j HCM – Ein Zählverfahren für Betriebsfestigkeits-
D D 0;13  0;5 C 0;45 
fcd;fat 14;1 fcd;fat nachweise auf werkstoffmechanischer Grundlage.
0;4 In: Stahlbau 55 (1986), Nr. 3, S. 65–71
 0;5 C 0;45 
14;1 C ORDES, H.; H EGGER, J. ; N EUSER, J.: Untersuchun-
 0;51 gen zur Reibermüdung bei teilweise vorgespannten
Damit ist auch der Nachweis der Druckstrebe auf Stufe 1 Bauteilen. In: E LIGEHAUSEN, R. (Hrsg.); KORDI -
erfüllt. NA , K. (Hrsg.) ; S CHIESSL , P. (Hrsg.): Bewehrte Be-
484 12 Nachweise gegen Ermüdung

tonbauteile unter Betriebsbedingungen. Weinheim : H ERZOG, M.: Betriebsfestigkeit von Stahlbeton,


Wiley-VCH, 2000 Spannbeton und teilweise vorgespanntem Beton. In:
C ORNELISSEN, H.A.W.; R EINHARDT, H.W.: Uniaxi- Beton- und Stahlbetonbau 54 (1977), Nr. 3/5, S. 73–
al tensile fatigue failure of concrete under constant- 80, 166–169
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concrete Research 36 (1984), Nr. 129, S. 216–226 rechnung und Bemessung von Kranbahnen. In: Be-
DANIELEWICZ, I.: Zur Ermüdungsbemessung von ton Kalender 2006. Berlin : Ernst & Sohn, 2006
Beton-Straßenbrücken, TU Darmstadt, Diss., 1994 H OLMEN, J.O.: Fatigue of concrete by constant and
D ILLMANN, R.: Die Spannungsverteilung in der Bie- variable amplitude loading, NTH Trondheim, Diss.,
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Kapitel 13
Statisch unbestimmte Systeme

13.1 Tragverhalten und Grundlagen 1 Zustand I – Balken ungerissen


Der ungerissene Träger weist konstante Steifigkeiten
Im Unterschied zu statisch bestimmt gelagerten Syste- Ec Ic auf, sofern der Einfluss voneinander abweichen-
men können die Schnittgrößen in statisch unbestimm- der ideeller Querschnittswerte bei unterschiedlicher
ten Stabtragwerken nicht mehr allein aus Gleichge- Bewehrung in den Feld- und Stützquerschnitten ver-
wichtsbedingungen berechnet werden; erst durch die nachlässigt wird. Die Querschnittsverkrümmung ist
Einführung von Verträglichkeitsbedingungen der Ver- damit  I D M=Ec Ic . Für die Momentenlinie nach
formungen wird eine Schnittgrößenermittlung mög- Abb. 13.1a (Dreieck mit Mmin D MSt und eingehängte
lich. Die Schnittgrößenverteilung wird damit durch das Parabel mit Mmax D ql 2 =8) mit zunächst unbekann-
nichtlineare Tragverhalten von Stahlbetonbauteilen be- tem Stützmoment MSt kann Gl. (13.1) mit Hilfe der
einflusst. Gleichzeitig können bei statisch unbestimm- Integraltafeln angeschrieben werden:
ten Systemen eingeprägte Verformungen (Zwang) zu  
l ql 2 l
erheblichen Beanspruchungen führen. st D 2  MSt  C 
3Ec Ic 8 3Ec Ic
D0 (13.2a)
13.1.1 Tragverhalten ql2
) MSt D  : (13.2b)
8
Der in Abb. 13.1 dargestellte Zweifeldträger wird
durch eine stetig ansteigende Gleichstreckenlast bis Die Schnittgrößenermittlung unter Voraussetzung
zum Biegeversagen beansprucht; andere Versagensar- linear-elastischen Verhaltens und konstanter Steifig-
ten seien ausgeschlossen. Zunächst wird die Entwick- keiten – als Berechnung nach linearer Elastizitäts-
lung des Stützmoments MSt über dem Mittelauflager theorie (kurz: E-Theorie) bezeichnet – entspricht dem
betrachtet, zu dessen Berechnung als Verträglichkeits- Standardverfahren der Stabstatik.
bedingung ein Verschwinden der gegenseitigen Ver-
drehung St der beiden Tragwerksabschnitte im Stütz-
querschnitt gefordert wird. Anders ausgedrückt, darf 2 Rissbildung im Stützquerschnitt
die Biegelinie über dem Mittelauflager keinen Knick Mit dem Auftreten erster Risse am Stützquerschnitt
aufweisen (Abb. 13.2). Mit dem Prinzip der virtuellen fällt die Biegesteifigkeit in gerissenen Bereich auf
Kräfte gilt: II
EIm;St ab, die Verkrümmungen nehmen zu. Die ver-
Zl minderte Steifigkeit muss in der Verträglichkeitsbedin-
Š gung nach Gl. (13.2a) durch eine zusätzliche, negati-
St D 2    ıM dx D 0 : (13.1)
ve Winkelverdrehung (Rotation) St , die dem aufin-
0
tegrierten Krümmungszuwachs  D mII   I im ge-
Das Tragverhalten kann in 5 – für statisch un- rissenen Bereich entspricht (grau hinterlegter Bereich
bestimmte Systeme charakteristische – Phasen unter- des Krümmungsverlaufs in Abb. 13.1b), berücksichtigt
schieden werden: werden.
K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 487
DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
488 13 Statisch unbestimmte Systeme

q
Biegemoment Krümmung k

l l |M| |k|
MSt = -ql2/8
ql2/8
-
+
EI

a ungerissen

|M| |k|

|MSt | < ql /8
2
DqSt < 0

EI

b Stützbereich gerissen

|M| |k|
DqSt

EI
DqF > 0
c Stütze und Feld gerissen

|M| |k|
DqSt

-
+
EI

d Fließgelenk über der Stütze kI kIIm

Abbildung 13.1a–d Tragverhalten eines Zweifeldträgers

 
l ql 2 l damit eine Reduktion des Stützmoments. Die Größe
St D 2  MSt  C 
3Ec Ic 8 3Ec Ic von MSt ist von den zusätzlichen Krümmungen bei
CSt D 0 (13.3a) Rissbildung und damit von der Steifigkeit im geris-
q  l2 3  E c Ic senen Zustand, d. h. von der Bewehrungsmenge im
) MSt D   St  (13.3b) Stützbereich abhängig. Das bei bekanntem MSt allein
8 2l
aus Gleichgewichtsbedingungen (Einhängen einer
Da St negativ ist, bleibt MSt betragsmäßig hinter Parabel mit Stich ql 2 =8) zu berechnende Feldmoment
ql 2 =8 nach E-Theorie zurück; die Rissbildung bewirkt MF steigt über den Wert nach Elastizitätstheorie an.
Vereinfacht ausgedrückt, ziehen die steiferen Trag-
werksbereiche Schnittgrößen an. Alternativ kann die
q
Schnittgrößenverteilung bei gerissenem Stützbereich
mit einer statisch unbestimmten Rechnung nach Elas-
tizitätstheorie ermittelt werden, wenn die Differenz
q zur Erstrisslast qcr auf einen Zweifeldträger mit im
II
dM = 1 Stützbereich reduzierter Steifigkeit EIm;St angesetzt
Hauptsystem
wird.
l l
virtuelles Moment dM
1,0
!
3 Rissbildung im Feld
qSt =0 Bei weiterer Lasterhöhung treten auch im Feld Risse
II
auf; die Biegesteifigkeit fällt dort auf EIm;F ab. Die
Abbildung 13.2 Berechnung der Rotation s an der Stütze mit gegenüber dem elastischen Zustand vergrößerten
dem Prinzip der virtuellen Kräfte Krümmungen bedingen eine zusätzliche Winkelver-
13.1 Tragverhalten und Grundlagen 489

drehung F > 0 (grau hinterlegte Bereiche positiver ~ 1,5 m Ausschnitt

Krümmung in Abb. 13.1c), die in Gl. (13.2a) ebenfalls


als additives Glied berücksichtigt werden muss. Das
2,5 2,5
Stützmoment MSt nähert sich damit wieder dem Wert
nach E-Theorie an. Die Verteilung der Schnittgrößen
zwischen Feld und Stütze ist primär vom Verhältnis
der Biegesteifigkeiten im gerissenen Zustand und
damit vom Verhältnis As;St =As;F abhängig. Die abso-
luten Werte der Steifigkeiten sind bei Lasteinwirkung
dagegen nicht relevant.
Abbildung 13.3 Rissbildung über dem Mittelauflager eines
Zweifeldträgers (Rissbild nach dem Versagen aufgenommen;
4 Fließgelenkbildung am Zwischenauflager nach Leonhardt u. a. 1964)
Mit dem Überschreiten des Fließmoments My;St im
Stützquerschnitt steigen die Krümmungen erheblich
an, während das aufnehmbare Biegemoment nur fächerartig geneigte Biegeschubrisse, die positive
mehr wenig zunimmt; die Biegesteifigkeit fällt im Auswirkungen auf die Rotationsfähigkeit des Stützbe-
Bereich fließender Bewehrung auf nahezu Null ab reichs zeigen (Schubrissgelenk, vgl. Abschn. 13.1.3).
(Abb. 13.1d). Die plastischen Verformungen sind In Abb. 13.3 ist der Ausschnitt eines – nach dem
i. Allg. auf einen relativ kleinen Bereich konzentriert; Querkraftversagen aufgenommenen – Rissbildes über
zur Beschreibung eignet sich daher das Modell eines dem Zwischenauflager eines Zweifeldträgers nach
plastischen Gelenks. Die plastischen Krümmungen Leonhardt u. a. (1964) wiedergegeben.
des Trägerabschnitts werden zu einer Gelenkver-
drehung zusammengefasst. Bei statisch bestimmten
Systemen wäre mit dem Fließen der Bewehrung in ei- 13.1.2 Folgerungen aus dem Tragverhalten
nem Querschnitt die Traglast annähernd erreicht; eine
weitere, i. Allg. geringe Laststeigerung kann nur durch
die Stahlverfestigung und eine stärkere Einschnürung 13.1.2.1 Schnittgrößenumlagerungen
der Druckzone ermöglicht werden. Im Unterschied
dazu ist bei dem betrachteten Zweifeldträger eine Die Abweichungen der realen Biegemomente von
weitere, z. T. erhebliche Laststeigerung möglich. Die den Rechenwerten nach Elastizitätstheorie (Mel )
beiden Trägerhälften wirken für zusätzliche Lasten werden als Momentenumlagerungen bezeichnet.1 Zur
als Einfeldträger; die gegenseitige Verdrehung am Beschreibung werden der Umlagerungsfaktor ı und
Mittelauflager muss durch plastische Verformungen der Umlagerungsgrad 1  ı verwendet:
des Fließgelenks aufgenommen werden. M
ıD ; (13.4)
Mel
Mel  M M
5 Fließgelenkbildung in den Feldern 1ı D D : (13.5)
Mel Mel
Nach weiterer Laststeigerung beginnt in den Feldern
In Abb. 13.4 ist für den beschriebenen Versuch die Ent-
die Bewehrung ebenfalls zu fließen; mit den zusätzli-
wicklung der Stütz- und Feldmomente MSt und MF mit
chen plastischen Gelenken wird das System kinema-
zunehmender Last q und der daraus abgeleitete Verlauf
tisch, der Grenzzustand der Tragfähigkeit tritt ein. Ei-
des Umlagerungsfaktors ıSt des Stützmoments darge-
ne Voraussetzung für das Erreichen der Systemtraglast
stellt. Bei Zweifeldträgern ist die Bewehrungsmenge
ist allerdings, dass die mit der Belastung ansteigende
und damit die Biegesteifigkeit im gerissenen Zustand
plastische Verformung des Stützquerschnitts, die plas-
im Stützbereich i. Allg. größer als jene im Feld. Da
tische Rotation des Fließgelenks, sich tatsächlich, d. h.
ohne ein vorzeitiges Beton- oder Stahlversagen über 1
„Umlagerung“ darf nicht als Umverteilung der Schnittgrößen
der Stütze einstellen kann. missverstanden werden; bis zur Rissbildung auftretende Biege-
momente werden nicht reduziert und an anderer Stelle des Trag-
Ein Charakteristikum vom Durchlaufträgern ist werks durch eine Erhöhung kompensiert. Vielmehr verschiebt
sich die Verteilung der zusätzlich, d. h. nach Steifigkeitsänderung
das Zusammentreffen lokaler Maxima von Biege- auftretenden Schnittgrößen zugunsten der steiferen Tragwerks-
moment und Querkraft über den Innenauflagern. Mit bereiche. Der Begriff „Umlagerung“ ist allerdings primär durch
zunehmender Belastung entstehen dort ausgeprägte, das Vorgehen bei der Bemessung nach Abschn. 13.2.4 geprägt.
490 13 Statisch unbestimmte Systeme

MF
steifere Tragwerksbereiche die Schnittgrößen anzie-
5
hen, nähert sich MSt nach Abschluss der Rissbildung My,F MF
wieder dem Rechenwert nach E-Theorie an. 4 MF,el
3
Mcr,F 2
1

13.1.2.2 Konsequenzen für Mcr,St


q
Schnittgrößenermittlung und Bemessung
My,St
MSt
Die Verteilung der Schnittgrößen in statisch un-
bestimmten Tragwerken wird wesentlich durch MSt MSt,el = ql2/8
Rissbildung und Steifigkeit der gerissenen Bereiche,
also insbesondere durch die vorhandene Bewehrungs- a Feld- bzw. Stützmoment MF bzw. Mst

menge gesteuert. Damit existiert – im Gegensatz zu dSt


statisch bestimmten Systemen – für die erforderliche 1,0
Bewehrungsmenge zum Nachweis der Tragfähigkeit
im GZT keine eindeutige Lösung mehr; Schnitt-
1 2 3 4 5
größenermittlung und Bemessung sind miteinander
verknüpft. Nur eine Vernachlässigung des Beweh-
b Umlagerungsfaktor dSt q
rungseinflusses auf die Biegesteifigkeit, d. h. eine
Berechnung auf Grundlage der linearen Elastizitäts- 1 Balken ungerissen
theorie, ermöglicht eine vollständige Entkopplung 2 Riß im Stützbereich
der Systembetrachtung (Schnittgrößenermittlung) 3 Riß im Feldbereich
von der Querschnittsbetrachtung (Bemessung). Das 4 Fließen im Stützbereich
hochgradig nichtlineare Tragverhalten von Stahl-
5 Fließen im Feldbereich
beton wird bei diesem Vorgehen ausschließlich auf
Querschnittsebene durch die Bemessung im GZT Abbildung 13.4a,b Umlagerung von Biegemomenten am
berücksichtigt. Die Anwendung der E-Theorie, d. h. Zweifeldträger (schematisch)
die Vernachlässigung von Momentenumlagerungen,
führt aber gleichzeitig zu unnötigen Bewehrungs-
konzentrationen in hochbeanspruchten Bereichen. sentlich unempfindlicher gegenüber unvorhergesehe-
Umgekehrt ermöglicht die Berücksichtigung des nen Ereignissen. Umlagerungsmöglichkeiten sind ins-
wirklichen Tragverhaltens einschließlich der Momen- besondere bei teilweisem Verlust des inneren Wider-
tenumlagerungen eine gleichmäßigere Ausnutzung der stands z. B. durch Spannungsrisskorrosion von Spann-
Träger. Verfahren, die eine rechnerische Umsetzung stahl gegeben. Statisch unbestimmte Tragwerke erfül-
des nichtlinearen Tragverhaltens ermöglichen und len mit ihrem sog. robusten, d. h. schadenstoleranten
damit Schnittgrößenermittlung und Bemessung mehr Tragverhalten eine der wesentlichen Anforderungen an
oder minder eng koppeln, werden in Abschn. 13.2 Tragwerke (vgl. Abschn. 2.1). Umgekehrt können in
vorgestellt. statisch unbestimmten Systemen erhebliche Beanspru-
chungen durch eingeprägte Verformungen (Zwang)
entstehen.
13.1.2.3 Vor- und Nachteile statisch unbestimmter Beispiel 13.1
Systeme Die schweizer Nationalstraße N2 bzw. die Autobahn A2 –
die Gotthardroute – gehört zu den wichtigsten Nord-
Während bei statisch bestimmten Systemen die Trag- Süd-Verkehrsachsen durch die Alpen und führt von Ba-
fähigkeit des kritischen Querschnitts mit der Bauteil- sel durch den Gotthard bis an die italienische Grenze
nach Chiasso. Im Kanton Uri überquert die N2 mit ei-
tragfähigkeit gleichzusetzen ist, können bei statisch ner in den Jahren 1970–1974 errichteten Spannbeton-
unbestimmten Tragwerken durch Schnittgrößenumla- Hohlkastenbrücke das Reusstal bei Wassen. Die beiden
gerungen in geringer beanspruchte Bereiche noch er- getrennten Überbauten wurden als Durchlaufträger mit 4
hebliche Tragfähigkeitsreserven mobilisiert werden. bzw. 5 Feldern mit Feldweiten zwischen 32 und 64 m aus-
Voraussetzung hierfür ist, dass die hoch ausgenutz- geführt.
ten Bereiche ein ausreichendes Verformungsvermö- In der Nacht vom 24. auf den 25. August 1987 wird
ein Pfeilerfundament durch ein Hochwasser unterspült;
gen, d. h. eine ausreichende Duktilität aufweisen. Sta-
der Pfeiler senkt sich um etwa 1,2 m und wird gleich-
tisch unbestimmt gelagerte Träger sind damit we- zeitig um 0,6 m gegen die Brückenachse versetzt. Durch
13.1 Tragverhalten und Grundlagen 491

vor, die sich z. T. in der Integrationslänge der Verkrüm-


mungen und der Definiton des plastischen Verkrüm-
mungsanteils unterscheiden.
In DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 beschreibt die
plastische Rotation pl aufbauend auf der Definiton in
CEB (1976) das Integral der plastischen Krümmungen
pl zwischen zwei benachbarten Momentennullpunk-
ten, wobei pl die Differenzverkrümmung zwischen
dem Zustand bei Erreichen des Fließmoments My und
des Bruchmoments Mu darstellt (grau hinterlegter Be-
reich in Abb. 13.6b). Im Unterschied dazu wird z. B. in
Bachmann (1967) die plastische Rotation nur auf den
Abbildung 13.5 Reussbrücke Wassen (Schweiz) – verformter Bereich fließender Bewehrung bezogen. Einen Über-
Spannbeton-Durchlaufträger nach dem Absacken des Pfeilers blick über Forschungsarbeiten und Rechenmodelle zur
um ca. 1,2 m (aus König u. a. 1990) Rotation plastischer Gelenke enthält CEB (1998).
Plastische Gelenke können phänomenologisch nach
der gleichzeitigen Wirkung von Biegemomenten und
sein Eigengewicht folgt der Überbau der Stützensenkung; Querkräften unterschieden werden. In den Stützquer-
die daraus hervorgerufene, enorme Belastung kann der
Brückenträger allerdings durch die Ausbildung plasti-
scher Gelenke über dem abgesackten Pfeiler (Risse an der
Kastenunterseite durch positives Moment) und über den
benachbarten Auflagern (Risse an der Oberseite – negati-
ves Moment) aufnehmen. Gleichzeitig reduziert sich die
Lagerpressung über dem Pfeiler auf ca. 64% (bestimmt
durch den Pressendruck bei der späteren Hebung).
Zwar weist der Brückenüberbau in den Bereichen plas-
tischer Gelenke eine erhebliche Anzahl von Rissen und
in Teilbereichen Betonabplatzungen ausgelöst durch die
plastischen Betonstauchungen auf, allerdings kann die
Brücke durch Anheben, parallel dazu durch eine Verstär-
kung mit zentrischer, externer Vorspannung im Hohlkas- a Ersatzträgermodell
ten und eine Verpressung der Risse in kurzer Zeit wieder-
hergestellt werden (Menn 1989).
Ein ähnlicher Schadensfall ereignet sich am 12. Juli 1990 a F = Fu
c vereinfachte M-k-Linie
an der Autobahnbrücke über den Inn in Kufstein – im
kcr ky ku
Übrigen der ersten, im klassischen Taktschiebeverfahren
hergestellten Spannbeton-Hohlkastenbrücke. Auch hier Mcr k
kann die durch eine Auskolkung der Flußsohle unter ei-
nem Pfeiler hervorgerufene Absenkung um ca. 1,35 m My
zwar mit erheblicher Rissbildung, aber mit weitgehend
Mu
intaktem Tragwerk aufgenommen werden (Wicke 1991). M
In beiden Fällen haben sich die Durchlaufträger als äu-
ßerst robust gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen kcr
erwiesen. qel
ky

qpl
ku

13.1.3 Rotation plastischer Gelenke

Die Umlagerung von Schnittgrößen in statisch unbe- qel + qpl

stimmten Tragwerken setzt eine ausreichende plasti-


sche Verformbarkeit der hochbeanspruchten Bereiche, b Biegemoment und Verkrümmung am Ersatzträger
bei F = Fy und F = Fu
d. h. eine ausreichende Rotationsfähigkeit plastischer
Gelenke voraus. Zur Definition der plastischen Rotati- Abbildung 13.6a–c Definition der plastischen Rotation am Er-
on pl eines Fließgelenks liegen verschiedene Ansätze satzträger (Anteil aus Biegung)
492 13 Statisch unbestimmte Systeme

schnitten von Durchlaufträgern fallen die lokalen Ma-


xima von jM j und jV j zusammen. Der in Abb. 13.3
dargestellte, ausgeprägt geneigte Verlauf der Biege- d
schubrisse bewirkt eine Ausweitung des Bereichs plas- x qpl
tischer Stahldehnungen, der mit Hilfe des Fachwerk-
modells über eine Verschiebung der Zugkraftlinie um F
a Schubrissgelenk
das Versatzmaß al erklärt werden kann (Schubrissge-
lenk nach Abb. 13.7a). Im Unterschied dazu konzen-
trieren sich in Bereichen mit Mmax und V  0, z. B. in
Feldbereichen von Biegeträgern, die plastischen Ver- d
formungen in wenigen Biegerissen (Biegerissgelenk x qpl
nach Abb. 13.7b); die Rotationsfähigkeit bleibt insbe-
sondere für Einzellasten hinter der von Schubrissge- F
lenken zurück (vgl. Bachmann 1967; Langer 1987; b Biegerissgelenk

König u. a. 1999). Abbildung 13.7a,b Typen plastischer Gelenke (nach Bach-


Die Rotationsfähigkeit plastischer Gelenke wird – mann 1967)
analog zur M --Beziehung eines Querschnitts – durch
eine Vielzahl von Größen beeinflusst, u. a. von Mate-
rialparametern (Last-Verformungs-Verhalten von Be- Querschnitts. Mit zunehmendem Bewehrungsgrad
ton und Bewehrung, insbesondere die Duktilität des steigt  an, die mögliche Rotation des Querschnitts
Betonstahls; Verbundverhalten der Bewehrung), von fällt (vgl. Abb. 6.11).
Geometrieparametern (Form und Abmessungen des • Schubschlankheit 
Querschnitts, Bewehrungsgrad, Schlankheit) und dem Die Ausdehnung des Bereichs zwischen Momen-
statischen System bzw. Lastparametern (Verlauf und tenmaximum und Momentennullpunkt wird durch
Gradiente der Momentenlinie, Art der Einwirkung) die Schubschlankheit  D a=d des Ersatzträgers
(CEB 1998). Da alle Einflussparameter zudem mit nach Abb. 13.6 erfasst. Näherungsweise kann 
stochastischen Streuungen behaftet sind, ist die exak- durch den Quotienten aus maximalem Moment jM j
te Vorhersage der Rotationsfähigkeit eines plastischen und zugehöriger, maximaler Querkraft jV j über
Gelenks nicht möglich. Für den in Abschn. 13.2.6 be-  D M=.V  d / ausgedrückt werden (vgl. Ab-
schriebenen Nachweis der Rotationsfähigkeit muss die schn. 7.1). Mit ansteigendem  wächst der Bereich
Berechnung auf wenige maßgebende Parameter zu- plastischer Krümmungen, d. h. die Integrationslän-
rückgeführt werden: ge und damit die Rotationsfähigkeit des plastischen
Gelenks.
• Bezogene Druckzonenhöhe , Duktilität von Stahl
Die in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 aufgenom-
und Beton
mene Beschreibung der Rotationsfähigkeit geht auf
Die maximale plastische Krümmung eines Quer-
einen in Ahner u. Kliver (1998) bzw. Ahner u. Kli-
schnitts wird – abhängig von der Versagensform –
ver (1999); König u. a. (1999) entwickelten Berech-
durch die Grenzstauchung des Betons "cu (Beton-
nungsansatz zurück. Der Bemessungswert der mögli-
versagen) oder die Grenzdehnung der Bewehrung
chen plastischen Rotation pl;d wird dabei an die bezo-
"su (Stahlversagen) bestimmt. Mit zunehmen-
gene Druckzonenhöhe d D xd =d aus der Bemessung
der Duktilität der Bewehrung bzw. des Betons
im Grenzzustand der Tragfähigkeit gekoppelt.
nimmt die Rotationsfähigkeit zu. Zudem steigt
r
mit der Duktilität des Betonstahls die Ausdeh- "su  "sy 
nung des Bereichs plastischer Stahldehnungen pl;d D ˇn  ˇs   ; (13.6)
1  d 3
an. Bei Berücksichtigung der Mitwirkung des
Betons zwischen den Rissen (! Index „m“) mit
folgen die maximalen plastischen Krümmun- 8
ˆ
ˆ 0;28  .ˇc  d /0;2  "uk
gen zu um D "cu;m =x (Betonversagen) bzw. ˆ
ˆ
um D "su;m =.d  x/ (Stahlversagen). Die be- < (Stahlversagen)
"su D min   ; (13.7a)
zogene Druckzonenhöhe  D x=d ist damit ein ˆ 2=3
ˆ 1;75  d  d  1  j"c1u j
1
ˆ
geeigneter Summenparameter zur Beschreibung :̂
der Duktilität. Gleichzeitig erfasst  näherungswei- (Betonversagen)
se den Bewehrungsgrad  und die Geometrie eines ˇn D 22;5 ; (13.7b)
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 493
 
fy q pl,d in 10-3 rad
ˇs D 1  ; (13.7c)
ft k
14
 3
0;0035 12
ˇc D (13.7d)
j"c1u j 10
bis C50/60
In den Gln. (13.6) und (13.7) bedeuten: 8

d bezogene Druckzonenhöhe xd =d , berechnet 6


Stahlversagen Betonversagen C55/67
mit den Bemessungswerten der Einwirkun- 4 C60/75
gen und der Baustofffestigkeiten; C70/85
"su
C80/95
Stahldehnung bei Versagen unter Berück- 2
C90/105,
sichtigung der Mitwirkung des Betons zwi- C100/115
0
schen den Rissen; 0 0,05 0,15 0,25 0,35 x d 0,45
xd =
"uk Stahldehnung unter Höchstlast d

(Tabelle 3.10); Abbildung 13.8 Rotationsfähigkeit plastischer Gelenke nach


"sy Stahldehnung bei Fließbeginn DIN 1045-1 für  D 3; Betonstahl hoher Duktilität (Duktilitäts-
(Tabelle 3.10); klasse B) (Lösung nach Gl. (13.6) für Betonfestigkeitsklassen
.fy =ft /k charakteristischer Wert des Verhältnis- bis C50/60 gestrichelt eingetragen)
ses von Streckgrenze zu Zugfestigkeit
(Tabelle 3.10);
"c1u Grenzdehnung des Betons
(Tabellen 3.2 bzw. 3.3). r
 MEd
Die Kennwerte des Betonstahls "uk und .fy =ft /k wer- k D ; mit   (13.9)
3 VEd  d
den durch die Einteilung in die Duktilitätsklassen A, B
und C vorgegeben. Der in DIN 1045-1 und EN 1992-1- Es bleibt anzumerken, dass die mögliche plastische
1 enthaltene, gegenüber Gl. (13.6) linearisierte und auf Rotation pl;d nach Gl. (13.6) bzw. Abb. 13.8 die posi-
hochduktile Bewehrung reduzierte Berechnungsansatz tive Wirkung der Schrägrissbildung (Schubrissgelenk)
nach Gl. (13.8) (vgl. DAfStb 2003) ist in Abb. 13.8 für sowie die Ausrundung der Zugkraftlinie über direkten
 D 3 wiedergegeben. Auflagern endlicher Breite zumindest anteilig erfasst.
8 Die angegebenen Rotationsfähigkeiten sind daher auf
ˆ
ˆ Œ.0;15 C 30  "c1u /  d indirekte Auflager nicht ohne Weiteres zu übertragen.
ˆ
ˆ q
ˆ
ˆ 
ˆ
ˆ C0;007 
ˆ
ˆ
3
< (Stahlversagen)
pl;d D min (13.8) 13.2 Schnittgrößenermittlung
ˆ
ˆ Œ.0;0043  4;2  "c1u /
ˆ
ˆ q
ˆ
ˆ und Nachweiskonzepte im GZT
ˆ
ˆ 0;03  d   3

ˆ

(Betonversagen)
13.2.1 Allgemeines
(pl;d in rad)
Die zwei Bereiche sind dem Stahl- bzw. Betonversa- Nach dem klassischen Verständnis der Bemessung im
gen zugeordnet. Bei geringen Bewehrungsgraden, da- GZT wird die erforderliche Bewehrungsmenge auf
mit kleinem , erreicht die Bewehrung vor dem Be- Grundlage des Bemessungswerts der Beanspruchun-
ton die Grenzdehnung. Wegen der zunehmend verstei- gen ermittelt. Bei statisch unbestimmt gelagerten Trag-
fenden Wirkung des Betons zwischen den Rissen, u. a. werken ist die Schnittgrößenverteilung an die Beweh-
hervorgerufen durch die größeren Rissabstände, fällt rungsmenge geknüpft. Die in den vorangegangenen
pl;d mit  ab. Bei großen Bewehrungsgraden, d. h. Kapiteln strikt getrennt betrachteten Ebenen von Sys-
großem , bestimmt die Betondruckzone die mögliche tem (Schnittgrößenermittlung) und Querschnitt (Be-
plastische Rotation. messung) sind gekoppelt; eine eindeutige Lösung für
Von  D 3 abweichende Schubschlankheiten sind die erforderliche Bewehrungsmenge zur Sicherstel-
entsprechend Gl. (13.6) bzw. (13.8) durch Multiplika- lung der Tragfähigkeit im GZT ist damit nicht mehr
tion von pl;d mit dem Faktor k zu erfassen. gegeben. Für die Schnittgrößenermittlung bei statisch
494 13 Statisch unbestimmte Systeme

M M M
Tabelle 13.1 Anwendbarkeit der Verfahren zur Schnittgrößen-
ermittlung für Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauch-
stauglichkeit (GZG) bzw. Tragfähigkeit (GZT)
EcIc
k k k Verfahren Grenzzustand
a reales Verhalten b Elastizitätstheorie c Plastizitätstheorie GZG GZT
Abbildung 13.9a–c Mögliche Abbildung des Tragverhaltens
für die Schnittgrößenermittlung Elastizitätstheorie ja ja
E-Theorie mit Umlagerung nein ja
a
Plastizitätstheorie nein ja
unbestimmten Systemen existieren verschiedene Ver- Nichtlineare Berechnung ja ja
fahren, die sich primär durch die Idealisierungen bei a
Stabwerkmodelle, die auf der Plastizitätstheorie aufbauen
der Abbildung des realen Tragverhaltens unterschei- und insbesondere zur Bemessung von Diskontinuitätsbe-
den: reichen geeignet sind, können bei Einhaltung spezifischer
Randbedingungen – z. B. der Orientierung der Stäbe an der
Spannungsverteilung nach E-Theorie – zum Nachweis der
• Linear-elastische Berechnung (Elastizitätstheorie) Gebrauchstauglichkeit herangezogen werden (s. Kap. 4).
• Linear-elastische Berechnung mit begrenzter Umla-
gerung
• Verfahren nach der Plastizitätstheorie
• Nichtlineare Berechnung. 13.2.2 Elastizitätstheorie

Die mit den Verfahren verknüpften Idealisierungen Das gegenwärtig in der Praxis am häufigsten ver-
der Schnittgrößen-Verformungs-Charakteristik sind wendete Verfahren zur Ermittlung von Schnittgrößen
in Abb. 13.9 exemplarisch auf Querschnittsebene basiert auf der linearen Elastizitätstheorie. Die Schnitt-
als Momenten-Krümmungs-Beziehung dargestellt; größenverteilung bei statisch unbestimmten Systemen
analoge Idealisierungen sind auch auf Ebene der wird mit den Steifigkeiten des ungerissenen (Brutto-)
Spannungs-Dehnungs-Beziehungen der Werkstoffe Querschnitts bei Verwendung eines konstanten E-
oder auf Systemebene z. B. als M -w-Charakteristik Moduls Ecm berechnet. Für geringe Beanspruchungen
möglich. Während linear-elastische Verfahren i. Allg. und insbesondere für ungerissenen Beton beschreibt
auf der Steifigkeit des ungerissenen Querschnitts die E-Theorie das wirkliche Verhalten in guter
aufbauen, verwenden Methoden der Plastizitätstheo- Näherung; mit steigender Belastung weichen die
rie starr-plastische oder ideal elastisch-plastische Schnittgrößen jedoch zunehmend von der Realität ab.
Beziehungen zur Beschreibung des Tragverhaltens. Da die Schnittgrößen bei direkten Einwirkungen
Mit den Begriff nichtlinear werden Berechnungs- (Lasten) nur an die Verteilung der Steifigkeiten im
verfahren bezeichnet, die auf wirklichkeitsnahen, Tragwerk und nicht an deren absolute Größe gekoppelt
nichtlinearen Schnittgrößen-Verformungs-Beziehung- sind, stellt die E-Theorie i. d. R. eine für die praktische
en aufbauen, d. h. die die physikalische Nichtlinearität Arbeit hinreichend genaue Näherung dar. Wenn, wie
erfassen. Geometrisch-nichtlineare Verfahren, bei bei indirekten Einwirkungen (Zwang), die Schnittgrö-
denen der Gleichgewichtszustand unter Berücksich- ßen allerdings mit den absoluten Werten der Steifigkei-
tigung der Tragwerksverformungen bestimmt wird, ten verknüpft sind, kann die E-Theorie angesichts der
werden unter der Bezeichnung Berechnungen nach nicht berücksichtigten Steifigkeitsabnahme zu unwirt-
Theorie II. Ordnung zusammengefasst und sind nicht schaftlichen Ergebnissen führen.
Gegenstand dieses Bandes. Die Bemessung im GZT, d. h. die Ermittlung der
Durch die vorgenommenen Idealisierungen sind die erforderlichen Biegebewehrung, wird im Anschluss
Berechnungsverfahren auf unterschiedliche Beanspru- an die Schnittgrößenermittlung für die maßgebenden
chungsbereiche abgestimmt und können für Nachwei- Querschnitte mit den elastisch berechneten Schnitt-
se in den Grenzzuständen nach Tabelle 13.1 herange- größen durchgeführt. Die Betrachtung von System
zogen werden. (Schnittgrößenermittlung) und Querschnitt (Bemes-
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 495

sung) ist vollständig entkoppelt; das nichtlineare Tragfähigkeit ist damit die Schnittgrößenermittlung
Tragverhalten des Querschnitts wird zwar in der nur einmal durchzuführen.
Bemessung berücksichtigt, bei der Schnittgrößener-
Normenregelung nach DIN 1045-1
mittlung allerdings ausgeklammert.
Nach DIN 1045-1, 8.2 ist die Ermittlung von Schnittgrö-
Eine zumindest geringe plastische Verformungsfä- ßen auf Grundlage der linearen Elastizitätstheorie sowohl
higkeit der hochbeanspruchten Tragwerksbereiche ist mit den Steifigkeiten des ungerissen als auch des gerisse-
allerdings auch bei Anwendung der E-Theorie erfor- nen Querschnitts möglich. Im Allgemeinen brauchen, so-
derlich, damit sich der berechnete Schnittgrößenver- fern Mindest- und Höchstbewehrungsgrade (s. DIN 1045-
lauf einstellen kann (vgl. Macchi 1976). Hierfür ist 1, 13.1.1) eingehalten werden, keine gesonderten Nach-
weise der Verformungsfähigkeit geführt zu werden.
i. d. R. eine Begrenzung der bezogenen Druckzonen- Für Durchlaufträger mit einem Stützweitenverhältnis
höhe zur Sicherstellung der Mindestduktilität ausrei- benachbarter Felder von 0,5  leff;1 = leff;2  2, Rahmen-
chend; nach DIN 1045-1 wird lim D 0;45 (bis C50/60) riegel sowie weitere, vorwiegend biegebeanspruchte Bau-
bzw. lim D 0;35 (ab C55/67) gefordert. Alternativ teile sollten zur Sicherung ausreichender Duktilität aller-
kann durch Umschnürung der Druckzone die Beton- dings folgende Obergrenzen der bezogenen Druckzonen-
höhe im Grenzzustand der Tragfähigkeit eingehalten wer-
bruchdehnung und damit die Rotationsfähigkeit des den:
Querschnitts erhöht werden. In vielen Fällen ist aller- 8
dings anstelle der Begrenzung auf lim bzw. der Anord- x  ˆ
< 0,45 bis C50/60
d
nung von eng gestaffelten Bügeln ein expliziter Nach- lim D  0,35 ab C55/67; :
d lim :̂
weis der Rotationsfähigkeit wirtschaftlicher. Im Ge- LC (alle Klassen)
gensatz zu DIN 1045-1 wird in EN 1992-1-1 konse- (13.10)
quent auf die Angabe von Grenzwerten, die eine Min-
Hierbei ist xd die Druckzonenhöhe berechnet auf Grundla-
destduktilität auch bei Berechnung nach E-Theorie si-
ge der Bemessungswerte von Einwirkungen und Baustoff-
cherstellen sollen, verzichtet. eigenschaften.
Der Bemessung für die nach E-Theorie ermittelten Auf die Begrenzung der Druckzonenhöhe kann ver-
„kritischen Querschnitte“ liegt der Gedanke zugrunde, zichtet werden, wenn geeignete Maßnahmen zur Sicher-
dass die Systemtragfähigkeit bei Erreichen der Tragfä- stellung ausreichender Duktilität getroffen werden, z. B.
die Anordnung die Druckzone umschnürender Bewehrung
higkeit eines Querschnitts erschöpft ist. Die durch Um- nach DIN 1045-1, 13.1.1 (5), oder die Rotationsfähigkeit
lagerungen zu mobilisierenden Tragreserven werden explizit nachgewiesen wird.
damit z. T. erheblich unterschätzt. Im Sinne der Plas- Im Übrigen sollte nach DIN 1045-1, 8.2 (5) zur Berück-
tizitätstheorie führt die Bemessung nach E-Theorie sichtigung der vorgenommenen Tragwerksidealisierungen
auf einen statisch zulässigen Kräftezustand, bei dem und möglicher unbeabsichtigter Abweichungen des Trag-
die Fließbedingung nicht verletzt wird (! statischer systems während der Bauzeit das Bemessungsmoment in
Grenzwertsatz, s. Abschn. 4.2.1) und resultiert damit den Anschnitten vertikaler Auflager von Durchlaufträgern
in einem zwar tragfähigen, i. d. R. aber überdimensio- nicht geringer sein als 65% des Moments bei Annahme
nierten Tragwerk. Speziell in hochbeanspruchten Be- voller Einspannung am Auflagerrand (vgl. Abschn. 2.4.3).
reichen führt die E-Theorie zu Bewehrungskonzentra-
tionen, die die Herstellung (Verlegen, Betonieren) oft
unnötig verkomplizieren und die Verformungsfähig- Normenregelung nach EN 1992-1-1
keit des Bereichs einschränken. Die Mindestduktilität Nach EN 1992-1-1, 5.4 ist die linear-elastische Schnittgrö-
wird daher zusätzlich durch eine obere Grenze des Be- ßenermittlung unter Verwendung der Steifigkeiten der un-
wehrungsgrades gewährleistet (s. Bewehrungsregeln, gerissenen Querschnitte ohne weitere Einschränkungen
Kap. 15). möglich. Das Biegemoment am Anschnitt von monolithisch
Der wesentliche Vorteil der linear-elastischen ausgebildeten Zwischenauflagern durchlaufender Balken
Schnittgrößenermittlung ist in der uneingeschränkten oder Platten sollte allerdings nach EN 1992-1-1, 5.3.2.2 (3)
Gültigkeit des Superpositionsgesetzes zu sehen; mindestens 65% des Volleinspannmoments betragen.
Schnittgrößen aus verschiedenen Lastfällen können
beliebig überlagert und mit Teilsicherheits- und Kom- D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
binationsbeiwerten skaliert werden. Für die Nachweise Zu EN 1992-1-1 werden die Anwendungsregeln zur Be-
in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit und grenzung der bezogenen Druckzonenhöhe für Durchlauf-
496 13 Statisch unbestimmte Systeme

träger mit 0,5  leff;1 = leff;2  2, Rahmenriegel sowie wei- Bei Stahlbetonbauteilen treffen die Voraussetzun-
tere, vorwiegend biegebeanspruchte Bauteile ergänzt. gen der Plastizitätstheorie lediglich für die Bewehrung
zu; die angenommene Duktilität ist daher grundsätz-
lich durch einen Nachweis der Rotationsfähigkeit zu
prüfen.
13.2.3 Plastizitätstheorie Verfahren der Plastizitätstheorie werden aus den
beiden elementaren Grenzwertsätzen abgeleitet (s. Ab-
13.2.3.1 Grundlagen schn. 4.2.1):

Verfahren zur Schnittgrößenermittlung und Bemes- • statischer (unterer) Grenzwertsatz


sung auf Grundlage der Plastizitätstheorie setzen Jeder Kräfte- oder Spannungszustand, der die
eine ausgeprägte Fließgrenze und eine nahezu Gleichgewichtsbedingungen und die statischen
unbeschränkte plastische Verformbarkeit der Werk- Randbedingungen erfüllt, d. h. statisch zulässig ist,
stoffe voraus. Da unter diesen Voraussetzungen und die Fließbedingung nicht verletzt, beschreibt
die elastischen im Vergleich zu den plastischen eine untere Grenze der Traglast.
Verformungen vernachlässigbar klein sind, werden • kinematischer (oberer) Grenzwertsatz
i. Allg. starr-plastische Materialgesetze bzw. daraus Ein Belastungssystem, das mit einem kinematisch
folgend starr-plastische Schnittgrößen-Verformungs- zulässigen Bewegungsmechanismus ein Gleichge-
Beziehungen verwendet (s. Abschn. 4.2.1). Bei wichtssystem bildet, beschreibt eine obere Grenze
Erreichen der Fließgrenze in einem Querschnitt bilden der Traglast.
sich Fließgelenke, in denen die gesamte Tragwerks-
verformung als plastische Rotation bei konstantem Die auf Basis der beiden Grenzwertsätze ermittelten
Moment aufgenommen wird. Traglasten grenzen die tatsächliche Traglast eines Sys-
tems, dessen Bauteilwiderstände bekannt sind, ein.

lF lF 13.2.3.2 Anwendung zur Schnittgrößenermittlung


A B und Bemessung
A B
l/3 l/3 l/3 Der Lösung nach dem kinematischen Grenzwert-
satz liegt ein durch Einfügen plastischer Gelenke
A-A B-B
verschiebliches System, ein sog. Mechanismus zu-
grunde (Abb. 13.10). Die Traglastermittlung erfolgt
a System und Belastung auf Grundlage der Arbeitssätze der Mechanik über
die Identität der auf virtuellen Verschiebungswegen
MRd,St geleisteten inneren und äußeren Arbeit. Die innere Ar-
dq l 2 dq l beit wird wegen der vorausgesetzten starr-plastischen
3 dq
9 dq
Materialgesetze ausschließlich in den plastischen
MRd,F Gelenken geleistet. Der zugehörige Kräftezustand
verletzt i. d. R. die Fließbedingung, d. h. die ange-
Arbeitssatz: dWi = dWa nommene Schnittgrößenverteilung übertrifft z. T. den
3 M Rd,F + M Rd,St
3 dq MRd,St + 9 dq MRd,F = lF (1+2) dq l l=
_ Bauteilwiderstand. Die berechnete Last liegt damit
Fl
oberhalb der tatsächlichen Traglast des Systems.
b Kinematischer Mechanismus
Lediglich für den wirklichen Versagensmechanismus
MRd,St wird auch die Fließbedingung in jedem Querschnitt
- erfüllt; die zugehörige Last entspricht der realen
Traglast. Für eine ausreichend exakte Vorhersage
+
der Systemtragfähigkeit muss daher ein möglichst
1 zutreffender kinematischer (Versagens-)Mechanismus
M Rd ,F - M Rd ,St MRd,F
3
gefunden werden.
c Momentenverteilung bei Erreichen der Traglast Für Systeme mit vorgegebenem Bauteilwiderstand
Abbildung 13.10a–c Traglastermittlung nach dem kinemati- führt die kinematische Methode i. Allg. rasch zu ei-
schen Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie ner Abschätzung der Traglast. Bei der klassischen Be-
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 497
q q
messungsaufgabe ist mit der Bewehrungsmenge aber
auch das Fließmoment in plastischen Gelenken a prio-
ri unbekannt, während die Belastung vorgegeben ist.
Zur Schnittgrößenermittlung und Bemessung auf Sys- l l

temebene ist daher der statische Grenzwertsatz besser


geeignet.2
MRd,St MRd,St MRd,St
Schnittgrößenermittlung und Bemessung erfolgen
in drei Schritten: Zunächst wird ein Schnittgrößen- MRd,St

verlauf unter Beachtung der statischen Randbedingun- MRd,St


gen gewählt; anschließend muss die Bewehrung so di- ql2/8
mensioniert werden, dass die Fließbedingung in allen MRd,F ql2/8
MRd,F
Querschnitten erfüllt ist. Wegen der begrenzten Verfor-
mungsfähigkeit von Stahlbeton muss im dritten Schritt
die Rotationsfähigkeit der plastischen Gelenke für die Abbildung 13.11 Schnittgrößenermittlung nach dem statischen
angenommene Schnittgrößenverteilung nachgewiesen Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie
werden; die freie Wahl der Schnittgrößenverteilung
wird dadurch beschränkt.
Praktisch bedeutet dies, dass die Tragwerke zu- • die Bauteile aus Normalbeton hergestellt und mit Be-
tonstahl hoher Duktilität (Klasse B) bewehrt sind, sowie
nächst durch Einfügen plastischer Gelenke mit ge-
• bei Balken und einachsig gespannten Platten die Rota-
wählten Fließmomenten MRd zu statisch bestimmten tionsfähigkeit explizit nachgewiesen wird bzw.
Systemen reduziert werden; über Gleichgewichtsbe- • bei zweiachsig gespannten Platten die bezogene
dingungen können anschließend die Schnittgrößenver- Druckzonenhöhe im GZT auf
läufe berechnet werden. (
xd 0,25 bis C50/60
Für die Systeme nach Abb. 13.11 bietet sich an, zu-  (13.11)
d 0,15 ab C55/67
nächst an den Stützquerschnitten Gelenke mit MRd;St
einzuführen; die Momentenlinie ergibt sich dann durch begrenzt wird und gleichzeitig das Verhältnis von Stütz-
Einhängen einer Parabel mit Stich ql 2 =8. Wenn am zu Feldmomenten zwischen 0,5 und 2 liegt. Ein expli-
ziter Nachweis der Rotationsfähigkeit erübrigt sich in
höchstbeanspruchten Querschnitt im Feld ein weiteres
diesem Fall.
Gelenk mit MRd;F eingefügt wird, entstehen kinemati-
sche Systeme. Wird vorausgesetzt, dass die Fließbe- Für Scheiben dürfen Verfahren der Plastizitätstheorie (!
dingung an keiner anderen Stelle des Systems über- Stabwerkmodelle) ohne die genannten Einschränkungen
schritten wird, d. h. dass die Bewehrung in jedem wei- angewandt werden.
teren Schnitt zur Aufnahme des Biegemoments aus-
reicht, fallen die Lösungen nach dem statischen und
Normenregelung nach EN 1992-1-1
kinematischen Grenzwertsatz zusammen.
Während die Schnittgrößenverteilung im GZT Nach EN 1992-1-1, 5.6.2 dürfen Verfahren der Plastizitäts-
theorie grundsätzlich für den Nachweis biegebeanspruch-
durch die Anordnung plastischer Gelenke in weiten ter Bauteile im GZT verwendet werden, wenn eine aus-
Grenzen frei wählbar ist, stellt für den GZG ein Ver- reichende Rotationsfähigkeit der kritischen Querschnitte
lauf nach der E-Theorie eine sinnvolle Näherung dar. nachgewiesen wird. Der explizite Nachweis der Rotations-
Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Nachweise fähigkeit darf entfallen, wenn alle der folgenden Randbe-
in den GZG sowie für die Bewehrungsführung, die dingungen erfüllt sind:
im Zusammenhang mit der Umlagerung elastisch be- • die Bewehrung besteht aus hochduktilem Betonstahl
rechneter Schnittgrößen nach Abschn. 13.2.4 erläutert der Klassen B oder C,
werden. • die bezogene Druckzonenhöhe xu =d erfüllt folgende
Bedingung
Normenregelung nach DIN 1045-1 (
xu 0,25 bis C50/60
Die Anwendung der Plastizitätstheorie auf biegebean-  (13.12)
spruchte Bauteile setzt nach DIN 1045-1, 8.4.1 voraus, d 0,15 ab C55/67
dass:
• das Verhältnis von Stütz- zu Feldmomenten liegt zwi-
schen 0,5 und 2.

2
Der statische Grenzwertsatz der Plastizitätstheorie bildet glei- D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
chermaßen die theoretische Grundlage der Bemessung mit Stab- Der explizite Nachweis der Rotationsfähigkeit darf nur
werkmodellen (s. Abschn. 4.1) für zweiachsig gespannten Platten bei Einhaltung der
498 13 Statisch unbestimmte Systeme

LF 1 ( )
oben genannten Randbedingungen entfallen; bei Stab-
tragwerken und einachsig gespannten Platten ist die
Rotationsfähigkeit stets durch Rechnung nachzuweisen.

LF 2 ( )

13.2.4 Elastizitätstheorie mit Umlagerung


|M|
Mit der Schnittgrößenermittlung nach Elastizitätstheo-
rie und begrenzter Momentenumlagerung werden die
plastischen Verformungsfähigkeiten von Stahlbeton-
bauteilen vereinfacht erfasst. Das Verfahren baut dabei
auf der in Abschn. 13.2.3 erläuterten Schnittgrößener-
mittlung auf Grundlage des statischen Grenzwertsat-
zes der Plastizitätstheorie auf. Umlagerungen dienen a Elastizitätstheorie
primär dazu, große Biegemomente z. B. über den Zwi- |M|
schenauflagern von Durchlaufträgern oder bei Rah- DM = 0,3 Mel (d = 0,7)
menecken zu reduzieren.
LF 1 nach E-Theorie
Ausgehend von der Schnittgrößenverteilung nach
linear-elastischer Berechnung werden die Stützmo-
mente MSt;el durch die Annahme plastischer Gelenke LF 1 nach Umlagerung
auf MSt D ı  MSt;el vermindert. Mit den bekannten
Stützmomenten kann die Berechnung der Schnittgrö- b Elastizitätstheorie mit Umlagerung

ßen in den Feldern allein aus Gleichgewichtsbedingun-


gen erfolgen. Neben der Momentenverteilung ändert |M| E-Theorie
sich durch das Einfügen eines plastischen Gelenkes
E-Theorie mit Umlagerung
auch die Verteilung der Querkräfte. Die Bemessung im
GZT erfolgt dann für die umgelagerten Schnittgrößen;
daraus erwachsen sowohl konstruktive als auch wirt-
schaftliche Vorteile, u. a. (Abb. 13.12):
• die Vermeidung von Bewehrungskonzentrationen c Momentengrenzlinien
durch Entlastung hochbeanspruchter Bereiche und
Abbildung 13.12a–c Günstigere Momentengrenzlinie bei Nut-
• die Einsparung von Bewehrung durch gleichmäßi- zung von Momentenumlagerungen am Beispiel eines Zweifeld-
gere Ausnutzung des Bauteils. trägers (ı D 0;7)
Der Umlagerungsfaktor ı kann im Sinne der Plastizi-
tätstheorie frei gewählt werden, allerdings ist die Grö-
ße der umzulagernden Biegemomente an die plasti- lagern, wird die mögliche Umlagerung durch eine Be-
sche Verformbarkeit, d. h. die Rotationsfähigkeit des grenzung von  u. U. stark eingeschränkt; ein expliziter
Stützbereichs gekoppelt. Im Allgemeinen ist ein Nach- Nachweis kann hier lohnenswert sein.
weis der Rotationsfähigkeit zu führen, allerdings ist bei Die Grenzwerte für ı wurden für den vereinfachten
geringen Umlagerungen die Verformbarkeit durch ei- Nachweis der Rotationsfähigkeit im Bereich von Zwi-
ne Begrenzung der bezogenen Druckzonenhöhe  aus- schenauflagern, d. h. bei Kombination von Mmax und
reichend sichergestellt. Die zugehörigen Grenzwerte ı Vmax entwickelt und können daher nicht unmittelbar
nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 (empfohlene Wer- auf Feldbereiche (z. B. die prinzipiell mögliche Umla-
te, länderspezifisch festzulegen ! Tabelle 13.2) sind gerung von Biegemomenten vom Feld zur Stütze) an-
in Abhängigkeit von  für Normalbeton bis C50/67 in gewandt werden (vgl. Macchi 1976; DAfStb 2003).
Abb. 13.13 wiedergegeben. Im Vergleich zu einem ex- In diesem Fall ist ein expliziter Nachweis zu führen.
pliziten Rotationsnachweis kann damit der Rechenauf- Die Auswirkungen von Umlagerungen müssen
wand erheblich reduziert werden. Bei hohen Beweh- durchgehend, d. h. auch für die Nachweise der
rungsgraden oder bei schmalen Druckzonen, z. B. bei Querkrafttragfähigkeit und der Zugkraftdeckung
durchlaufenden Plattenbalken über den Zwischenauf- berücksichtigt werden. Sofern sich der Momenten-
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 499

DIN 1045-1
d
gerungen nachgewiesen werden (vgl. Zilch u. Rogge
EN 1992-1-1
2004).
1,0
Normenregelung nach DIN 1045-1
0,9 Nach DIN 1045-1, 8.3 ist die Umlagerung von Biege-
(A) momenten, die mit linear-elastischen Verfahren ermittelt
0,8
(A) wurden, für den Grenzzustand der Tragfähigkeit zugelas-
0,7 sen. Die Auswirkungen der Momentenumlagerung müs-
(B, C)
sen durchgängig, d. h. auch bei der Querkraftbemessung,
0,6 xd x für Verankerungsregeln oder für die Abstufung der Beweh-
xd = bzw. u
d d rung berücksichtigt werden.
0,5
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,45 Das für die angenommene Umlagerung erforderliche
Verformungsvermögen ist durch einen rechnerischen
Abbildung 13.13 Ohne expliziten Nachweis der Rotationsfä- Nachweis der Rotationsfähigkeit der kritischen Quer-
higkeit zulässiger Umlagerungsfaktor ı für Normalbeton bis schnitte sicherzustellen. Auf den Nachweis kann bei
C50/60 (Duktilitätsklassen in Klammern; EN 1992-1-1: empfoh- Durchlaufträgern mit einem Stützweitenverhältnis benach-
lene Werte) barter Felder 0,5  leff;1 = leff;2  2, bei Platten, Riegeln
unverschieblicher Rahmen und allgemein bei vorwiegend
auf Biegung beanspruchten Bauteilen verzichtet werden,
wenn folgende Grenzen des Umlagerungsfaktors ı
eingehalten werden (Abb. 13.13):
nullpunkt durch Umlagerungen im GZT gegenüber
• Hochduktiler Stahl (Klasse B)
dem GZG verschiebt, kann eine Prüfung der Veran- 8 xd
kerungslängen der Längsbewehrung für die seltene < 0;64 C 0;8  d  0;7
ˆ bis C50/60
Einwirkungskombination des GZT erforderlich ı  0;72 C 0;8  xdd  0;8 ab C55/67;

werden. LC (alle Klassen)
Im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit wer- (13.13)
den Umlagerungen allein durch Rissbildung und lo- • Normalduktiler Stahl (Klasse A)
8
kalen Steifigkeitsabfall ermöglicht; plastische Stahl- xd
< 0;64 C 0;8  d  0;85
ˆ bis C50/60
dehnungen müssen vermieden werden. Da die mög- ı  1;0 ab C55/67; :
lichen Umlagerungen im Unterschied zum GZT we- :̂
LC (alle Klassen)
sentlich schwieriger zu quantifizieren sind, sind linear-
(13.14)
elastische Verfahren mit begrenzter Momentenumlage-
In den Gln. (13.13) und (13.14) beschreibt ı das Verhältnis
rung normativ nur für den Grenzzustand der Tragfähig- des umgelagerten Moments zum Ausgangsmoment vor
keit zugelassen. Umlagerung und xd =d die bezogene Druckzonenhöhe im
Mit zunehmender Umlagerung der Biegemomente GZT nach Umlagerung. Für Eckknoten unverschieblicher
im Grenzzustand der Tragfähigkeit nähert sich das Be- Rahmen ist die Umlagerung auf ı D 0;9 begrenzt.
messungsmoment des GZT in den höchstbeanspruch- Wenn die Schnittgrößen um mehr als 15% umgelagert
ten Querschnitten an die maßgebenden Momente des werden (ı < 0;85), werden rechnerische Nachweise der
GZG an. Wird ein mittlerer Teilsicherheitsbeiwert der Spannungen im GZG erforderlich (DIN 1045-1, 11.1).
Einwirkungen von 1,4 angenommen, erreicht das elas-
tisch berechnete Biegemoment unter der seltenen Ein- Normenregelung nach EN 1992-1-1
wirkungskombination MEd;rare für ı D 1=1;4  0;71 Nach EN 1992-1-1, 5.5 ist eine Umlagerung der nach Elas-
bereits das Bemessungsmoment im GZT. Bei Nutzung tizitätstheorie ermittelten Biegemomente für Nachweise im
großer Umlagerungen ist daher ggf. bereits im Ge- GZG zulässig, sofern die Rotationsfähigkeit mit Sicher-
brauchszustand mit plastischen Stahldehnungen, d. h. heit bestimmt werden kann; ausgenommen werden explizit
Rahmen aus Spannbeton und Stützen (! Nachweis nach
klaffenden Rissen, nichtlinearem Kriechen, etc. zu
Th. II. Ordnung).
rechnen. Um dem entgegenzuwirken, sind z. B. nach Die Rotationsfähigkeit ist explizit nachzuweisen. Auf
DIN 1045-1 bei Umlagerungen von mehr als 15% den Nachweis kann bei durchlaufenden Balken oder Plat-
(ı < 0;85) Spannungsnachweise in den Grenzzustän- ten mit einem Stützweitenverhältnis benachbarter Felder
den der Gebrauchstauglichkeit zwingend erforderlich 0;5  leff;1 = leff;2  2 mit annähernd gleichen Steifigkei-
ten verzichtet werden, wenn folgende Bedingungen für ı
(vgl. Abschn. 11.2.2). Gegebenenfalls kann es sinnvoll
eingehalten sind (s. Abb. 13.13).
sein, das Bemessungskonzept grundlegend umzustel- 8
len und die erforderlichen Bewehrungsmengen für die ˆ xu
ˆ k1 C k2  d bis C50/60
ˆ
ˆ
< k C k  xu ab C55/67
Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstaug- 3 4 d
ı  (13.15)
lichkeit zu bestimmen. Die Tragfähigkeit im GZT kann ˆ
ˆ k für Betonstahl Klassen B, C
ˆ 5
anschließend mit weitestgehender Nutzung von Umla- :̂ k für Betonstahl Klasse A
6
500 13 Statisch unbestimmte Systeme

Tabelle 13.2 Länderspezifisch festzulegende Parameter zur Be- trachtung) und Bemessung (Querschnittsbetrachtung)
grenzung der Umlagerungsfaktors ı für Biegung mit und ohne Normalkraft dar. Der Trag-
NDP EU D a
A
fähigkeitsnachweis im GZT besteht darin, zu zeigen,
dass die mit dem globalen Sicherheitsbeiwert R re-
k1 0;44 0;64 EU duzierte Systemtraglast für alle möglichen Lastkonfi-
 b gurationen größer oder gleich dem Bemessungswert
k2 1;25 0;6 C 0;0014
"cu2
0;8 EU der Einwirkungen ist. Die Systemtraglast wird durch
das Erreichen der Grenzdehnungen von Beton oder
k3 0;54 0;72 EU Bewehrung in einem beliebigen Querschnitt definiert.
 b Eine gesonderte Bemessung der Bewehrung in „kri-
k4 1;25 0;6 C 0;0014
"cu2
0;8 EU
tischen Schnitten“ kann damit entfallen. Desgleichen
0;7 bis C50/60 kann auf einen Nachweis der Rotationsfähigkeit ver-
k5 0;7 0;8 ab C55/67 EU zichtet werden, da das plastische Verformungsvermö-
gen unmittelbar über die Materialbeziehungen in der
0;8 LC
Berechnung berücksichtigt wird.
0;85 bis C50/60 Durch das vorausgesetzte, nichtlineare Systemver-
k6 0;8 1;0 ab C55/67 EU halten ist das Superpositionsgesetz nicht mehr gültig;
1;0 LC i. Allg. muss für jeden maßgebenden Lastfall eine ei-
a
gene Berechnung durchgeführt werden. Im Folgenden
Mit den im NA-D gewählten Beiwerten k1 bis k6 stimmen die Grenzen
werden die Grundsätze nichtlinearer Berechnungen am
des Umlagerunsfaktors ı mit denen nach DIN 1045-1 überein.
b
"cu2 beschreibt die maximale Betonstauchung bei Ansatz des
Beispiel der Regelungen nach DIN 1045-1 erläutert.
Parabel-Rechteck-Diagramms (s. Tabelle 3.3)

13.2.5.2 Werkstoffkennlinien, Zugversteifung


In Gl. (13.15) können k1 bis k6 länderspezifisch festgelegt
werden (NDP ! Tabelle 13.2); xu beschreibt die Druck- Grundlage der Berechnung sind wirklichkeitsnahe
zonenhöhe im GZT nach Umlagerung. Spannungs-Dehnungs-Beziehungen der Werkstoffe
(Abb. 13.14). Für Beton ist die als gebrochen-rationale
Beziehung formulierte Spannungs-Dehnungs-Linie
13.2.5 Nichtlineare Berechnung nach Gl. (3.1) zu verwenden; die Bewehrung
kann genügend genau durch bilineare Spannungs-
13.2.5.1 Allgemeines Dehnungs-Beziehungen abgebildet werden.
Eine realistische Einschätzung der Steifigkeiten
Den konsistentesten Weg zur Tragwerksberechnung wird nur erreicht, wenn der Berechnung Mittelwerte
vorwiegend biegebeanspruchter Bauteile stellt die der Materialkenngrößen zugrunde gelegt werden.
wirklichkeitsnahe, rechnerische Simulation des Durch die Kopplung der Schnittgrößenermittlung
Tragverhaltens dar. Hierfür müssen neben dem mit dem Nachweis im GZT müssen allerdings die
physikalisch-nichtlinearen Verhalten der Werkstoffe Streuungen der Materialeigenschaften angemessen
auch Rissbildung und Mitwirkung des Betons auf berücksichtigt werden. Dies erfolgt nach DIN 1045-1
Zug zwischen den Rissen realistisch abgebildet durch modifizierte rechnerische Mittelwerte. Die
werden. Damit wird eine durchgängige Berechnung Anrechnung der Mitwirkung des Betons zwischen den
für die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit und Rissen hat gegenüber dem reinen Zustand II erhöhte
Tragfähigkeit möglich. Steifigkeiten zur Folge. Da höhere Steifigkeiten redu-
Zur Berechnung wirklichkeitsnaher Steifigkeiten zierte Umlagerungen und damit in hochbeanspruchten
muss die Bewehrung bereits nach Menge und Lage Querschnitten tendenziell größere Schnittgrößen
bekannt sein, d. h. entweder nach Erfahrung geschätzt bedeuten, führt die Berücksichtigung der Zugver-
oder durch die Nachweise in den Grenzzuständen der steifung zu Ergebnissen, die i. Allg. auf der sicheren
Gebrauchstauglichkeit ermittelt werden. Naturgemäß Seite liegen. Die Anrechnung der zugversteifenden
ist auch ein – allerdings aufwändiges – iteratives Wirkung kann über verschiedene Modelle, z. B. durch
Vorgehen bei der Bewehrungsermittlung mit Hilfe die Modifikation der Spannungs-Dehnungs-Linie der
wiederholter nichtlinearer Berechnungen möglich. Bewehrung nach Abschn. 10.3.3 (Abb. 10.9) oder über
Die nichtlineare Berechnung stellt die vollständi- den Ansatz einer fiktiven Spannungs-Dehnungs-Linie
ge Kopplung von Schnittgrößenermittlung (Systembe- des zugbeanspruchten Betons erfolgen. Im Unter-
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 501

|sc|
f cm
Die zentrale Nachweisgleichung für den GZT ist da-
mit:
R
Ed  : (13.16)
f cR R
Da die Betonkenngrößen erheblich breiter streuen als
die Eigenschaften der Bewehrung, muss für Betonver-
sagen – wie in der klassischen Querschnittsbemessung
Ec0m auch – eine höhere Sicherheitsmarge gefordert wer-
|ec|
e c1 e c1u den, um bei Verwendung von R ein gleichmäßiges Zu-
a Beton
verlässigkeitsniveau unabhängig vom Eintreten eines
Stahl- oder Betonversagens zu erzielen. Hierfür wer-
f_t ss
f den Rechenwerte der Materialeigenschaften eingeführt
f y yR
fyR
(Abb. 13.14):
fyk Idealisierung
fyR D 1;1  fyk (13.17)
(
1;08  fyR (Betonstahl Klasse B)
ftR D ;
1;05  fyR (Betonstahl Klasse A)
(13.18)
es fp0;1R D 1;1  fp0;1k ; (13.19)
0,2% euk
fpR D 1;1  fpk ; (13.20)
b Betonstahl (
0;85  ˛  fck (bis C50/60)
Abbildung 13.14a,b Spannungs-Dehnungs-Beziehungen für fcR D 0
:
nichtlineare Berechnungen auf Grundlage rechnerischer Mittel- 0;85  ˛  fck = c (ab C55/67)
werte (DIN 1045-1) (13.21)
Für Beton wird die Anwendung eines einheitlichen
Teilsicherheitsbeiwerts R durch die Modifikation mit
schied zu Verformungsberechnungen nach Kap. 10 ist dem Faktor 0,85 ermöglicht König u. a. (1997); mit
insbesondere die Mitwirkung im Bereich plastischer c D 1;5 und s D 1;15 folgt:
Stahldehnungen relevant (vgl. Sigrist 1995; Alvarez
fcR 0;85  ˛  fck
1998). D D 1;275  1;3 D R
fcd ˛  fck = c
(Betonversagen) ;
fyR 1;1  fyk
13.2.5.3 Sicherheitskonzept D D 1;265  1;3 D R
fyd fyk = s
Das Sicherheitskonzept für nichtlineare Berechnungen (Stahlversagen) :
weicht in einigen Punkten erheblich von den in Ab- In DIN 1045-1 wird das veränderte Sicherheits-
schn. 2.2 vorgestellten Grundlagen ab. Im Folgenden konzept als Anwendungsregel formuliert; in einigen
werden lediglich Aspekte beleuchtet, die für die An- Anwendungsbereichen kann ein davon abweichendes
wendung von DIN 1045-1 bzw. DIN EN 1992-1-1 Vorgehen zu realistischeren Bemessungsergebnissen
(in Verbindung mit dem Nationalen Anhang) relevant führen (vgl. Zilch u. Rogge 2004).
sind. Das vorgeschlagene Sicherheitskonzept weist auch
Der Ansatz von Mittelwerten der Materialeigen- einige Schwachstellen auf; u. a. wird die Lastpfadab-
schaften für nichtlineare Berechnungen steht grund- hängigkeit eines Systemversagens nur durch die Last-
sätzlich im Widerspruch zur Sicherheitsphilosophie, kombinationsregeln berücksichtigt, die Belastung an
nach der die Nachweise im GZT auf Grundlage un- sich wird i. Allg. proportional aufgebracht; weitere In-
terer Quantilwerte der Baustofffestigkeiten, die mit formationen zur Lastgeschichte fließen nicht ein. Zu-
Teilsicherheitsbeiwerten vermindert werden, zu füh- dem gilt es zu bedenken, dass die Folgen eines System-
ren sind. Um eine mit der konventionellen Bemessung versagens i. Allg. ungleich gravierender als die Kon-
vergleichbare Zuverlässigkeit zu erreichen, muss daher sequenzen eines mit gleichen Sicherheiten belegten
die mit rechnerischen Mittelwerten bestimmte Traglast Querschnittsversagens sind (vgl. Rackwitz 2000). Ge-
Rd mit einem einheitlichen Sicherheitsbeiwert R des genwärtig liegen allerdings keine ausreichend praxis-
Tragwiderstandes abgemindert werden (Eibl 1991). tauglichen Alternativen vor.
502 13 Statisch unbestimmte Systeme

13.2.5.4 Rechenverfahren nichtlinearer Probleme und zu Iterationsverfahren sind


u. a. in de Borst u. Meyer (1995) enthalten.
Wirklichkeitsnahe, nichtlineare Systemberech-
nungen werden i. Allg. mit der Finite Elemente Normenregelung nach DIN 1045-1
Methode (FEM) auf der Grundlage der erläuterten Die in DIN 1045-1, 8.5 enthaltenen Regelungen zur nicht-
linearen Berechnung entsprechen den im vorangegange-
Spannungs-Dehnungs-Beziehungen der Werkstoffe
nen Abschnitt dargestellten Grundlagen. Im Folgenden
mit geeigneter Abbildung von Rissbildungsmechanis- werden ergänzende Regelungen angegeben.
men und Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen Als globaler Sicherheitsbeiwert R für den Bemes-
durchgeführt. sungswert des Tragwiderstandes gilt:
Für Stabtragwerke und einachsig gespannte Platten 8
ˆ
ˆ 1;3 für ständige und vorübergehende
unter vorwiegender Biegebeanspruchung kann die ˆ
ˆ
< Bemessungssituationen
Berechnung dagegen vorteilhaft auf der Basis von R D :
(13.22)
ˆ
ˆ
Querschnittssteifigkeiten über wirklichkeitsnahe ˆ 1;1 für außergewöhnliche
:̂ Bemessungssituationen
Momenten-Krümmungs-Beziehungen erfolgen. Der
Ansatz trilinearer M --Beziehungen nach Abb. 13.15,
Der Grenzzustand der Tragfähigkeit tritt ein, wenn in
die die Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen den
einem beliebigen Querschnitt des Tragwerks die kritische
Rissen näherungsweise berücksichtigen, liefert i. Allg.
Stahldehnung und/oder die kritische Betondehnung
ausreichend genaue Ergebnisse; in DIN 1045-1 wird
erreicht wird oder Stabilitätsversagen am Gesamtsystem
daher diese Vereinfachung eingeräumt.
bzw. an Teilen davon maßgebend wird. Als kritische Stahl-
Bei Bauteilen mit Biege- und Normalkraftbeanspru-
dehnung sollte "su D 0;025 angenommen werden; die
chung z. B. infolge Vorspannung ist, sofern die Nor-
kritische Betondehnung entspricht "c1u nach Tabelle 3.2.
malkraft nicht in der Bezugsachse für die Biegemo-
mente wirkt, die entstehende Krümmung als Vorkrüm-
mung in der M --Linie zu berücksichtigen. Normenregelung nach EN 1992-1-1
Der Ansatz beanspruchungsabhängiger Steifig-
EN 1992-1-1, 5.7 erlaubt die Anwendung nichtlinearer
keiten mündet in der Formulierung nichtlinearer
Verfahren für die Grenzzustände der Gebrauchstauglich-
Gleichungssysteme, die Schnittgrößen und Verzer-
keit und Tragfähigkeit, enthält darüber hinaus allerdings
rungen miteinander verknüpfen. Die Lösung erfolgt
nur allgemeine Anforderungen an nichtlineare Berechnun-
iterativ; für Stabtragwerke eignen sich Newton-
gen. Demnach müssen Baustoffeigenschaften verwendet
Raphson-Verfahren oder Quasi-Newton-Methoden.
werden, die die Steifigkeiten realistisch wiedergeben,
Eine schrittweise, d. h. inkrementelle Erhöhung
gleichzeitig aber die Versagens-Unsicherheiten in geeig-
der Belastung ist i. d. R. vorteilhaft. Detaillierte
neter Form berücksichtigen.
Erläuterungen zur nichtlinearen Berechnung von
Stahlbetontragwerken mit der FE-Methode enthalten
Hofstetter u. Mang (1995) und Stempniewski u. D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Eibl (1996); Hinweise zur numerischen Umsetzung
Zu EN 1992-1-1 werden die in DIN 1045-1 enthaltenen Re-
geln für nichtlineare Berechnungen ergänzt. Der Rechen-
wert der Betonfestigkeit wird abweichend von Gl. (13.21)
einheitlich für alle Betonfestigkeitsklassen durch

M fcR D 0;85  ˛cc  fck (13.23)


Mu
My
gegeben. Die kritische Betondehnung folgt Tabelle (3.3).

Näherung

13.2.6 Nachweis der Rotationsfähigkeit


Mcr reiner Zustand II plastischer Gelenke

k Der in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 enthaltene, ver-


kcr ky ku einfachte rechnerische Nachweis der Rotationsfähig-
Abbildung 13.15 Vereinfachte, trilineare M --Beziehung keit plastischer Gelenke wird durch eine Gegenüber-
für die nichtlineare Berechnung von Stabtragwerken (nach stellung der erforderlichen Rotation E (Bezeichnung
DIN 1045-1) nach EN 1992-1-1: s ) und des Bemessungswertes der
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 503

qE
merische Integration mit Hilfe eines Tabellenkalkula-
tionsprogramms bestimmt werden. Im Allgemeinen ist
a Gesuchte erforderliche Rotation
es aber ausreichend, die Krümmung in den höchstbe-
anspruchten Querschnitten zu bestimmen und in den
dazwischen liegenden Bereichen einen zur Momenten-
verteilung affinen Verlauf der Krümmungen anzuneh-
men. Die Integration kann anschließend mit den Inte-
b Krümmungsverlauf grationstafeln durchgeführt werden.
Die Koordinaten My -y und Mu -u der trilinearen
dM = 1,0
Momenten-Krümmungs-Beziehung können analog zur
Biegebemessung im GZT iterativ durch die Variati-
dM on der Dehnungsebene ermittelt werden. Zur einfa-
chen Berechnung z. B. mit Hilfe eines Tabellenkal-
c Virtuelles Moment kulationsprogramms sind Völligkeits- und Höhenbei-
Abbildung 13.16a–c Ermittlung der erforderlichen Rotation E werte ˛R und ka zur Bestimmung von Größe und La-
mit dem Prinzip der virtuellen Kräfte ge der Druckspannungsresultierenden in Abhängigkeit
der Randstauchung "c des Druckrandes erforderlich.
Es gilt (vgl. Gln. 3.1 bzw. 3.7):
möglichen plastischen Rotation pl;d nach Gl. (13.24)
k  2
geführt. c D fcR  ; (13.26)
1 C .k  2/ 
E  pl;d (13.24) "c Ec0m  "c1
mit D I kD :
Die Berechnung der möglichen plastischen Rotation "c1 fcR
pl;d wurde bereits in Abschn. 13.1.3 vorgestellt; ver-
Druckspannungsresultierende FcR und Abstand vom
einfacht kann pl;d Abb. 13.8 entnommen werden. Die Druckrand a sind:
Rotation E , die zur Ausbildung der angenommenen
Schnittgrößenverteilung erforderlich ist, kann mit Hil- FcR D ˛R  x  b  fcR ; (13.27)
fe des Prinzips der virtuellen Kräfte aus der Integrati- a D ka  x : (13.28)
on der Krümmungen zwischen den Gelenken ermittelt
werden (Abb. 13.16): Im Unterschied zum Parabel-Rechteck-Diagramm
Z können für die -"-Linie nach Gl. (13.26) geschlos-
E D ıM  dx : (13.25) sene Lösungen für die Beiwerte ˛R und ka angegeben
l
werden. Für Druckzonen mit konstanter Breite gilt:
Hierfür erlaubt DIN 1045-1 die Verwendung einer ver- A D 1 C .k  2/ ;
einfachten, durch Rissmoment Mcr , Fließmoment My  
k ln A
und Bruchmoment Mu beschriebenen, trilinearen M - ˛R D 1
-Beziehung nach Abb. 13.15. Analog zu nichtlinearen k2 A1
 
Berechnungen sind die kennzeichnenden Punkte der 1 1 1 2 3
   A  2A C ln A C ;
M --Linie auf Grundlage der Spannungs-Dehnungs- .k  2/3 2 2
„ ƒ‚ …
Linie nach Abb. 13.14 mit den Rechenwerten der Ma- DB
terialfestigkeiten nach den Gln. (13.17) bis (13.21) und
(13.29)
unter Berücksichtigung der Mitwirkung des Betons auf 
Zug zu berechnen. Im Unterschied zu DIN 1045-1 setzt 1 1
ka D 1   kB 
EN 1992-1-1 die Bemessungswerte der Festigkeiten ˛R 2 .k  2/4
 
voraus (vgl. Normenregelung). 1 3 3 2 11
Da M --Beziehungen von Menge und Anordnung  A  A C 3A  ln A  :
3 2 6
der Bewehrung im Querschnitt, der Querschnittsgeo- (13.30)
metrie und dem jeweiligen Momentenvorzeichen ab-
hängen, muss zur Berechnung von E das betrachte- Die Gln. (13.29) und (13.30) sind in Abb. 13.17 ausge-
te System zweckmäßig in einzelne Abschnitte mit je- wertet. Wegen der Abhängigkeit der Plastizitätszahl k
weils einheitlicher M --Linie unterteilt werden. Die vom Rechenwert der Festigkeit fcR und der Stauchung
vorhandene Rotation E kann bei bekanntem Verlauf "c1 bei Höchstlast gelten ˛R und ka nur für die Anwen-
der Krümmung infolge der Bemessungslast durch nu- dung mit DIN 1045-1.
504 13 Statisch unbestimmte Systeme

a R , ka aR
Tabelle 13.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter für den
C20/25
C30/37 vereinfachten Nachweis der Rotationsfähigkeit – Grundwerte
0,8 C40/50 der zulässigen plastischen Rotation pl;d – Betonstahl Klasse B
C50/60
C70/85
0,7 C90/105 NDP EU D A
0,6
ka pl;d Gl. (13.8) Abb. 13.8 EU
0,5 C20/25
C30/37
C40/50
0,4 C50/60
C70/85
0,3 C90/105 genüberstellung der vorhandenen Rotation s mit der zu-
lässigen plastischen Rotation pl;d (s. Gl. 13.24).
0,2
s  pl;d (13.33)
0,1
|e c 2| in ‰ Die in EN 1992-1-1 verankerten Regeln entsprechen weit-
0,0 gehend DIN 1045-1; Abweichungen existieren in folgen-
0 1 2 3
den Punkten:
Abbildung 13.17 Völligkeitsbeiwert ˛r und Höhenbeiwert ka
zur Bestimmung von Größe und Lage der Druckspannungsre- • Die vorhandene Rotation s ist statt auf Grundlage der
sultierenden bei Anwendung der Spannungs-Dehnungs-Linien Rechenwerte mit den Bemessungswerten der Einwir-
für nichtlineare Berechnungen (Gl. 13.26) nach DIN 1045-1 mit kungen und der Baustofffestigkeiten zu ermitteln.
rechnerischen Mittelwerten fcR • EN 1992-1-1 enthält keine Vorgaben für Verfahren zur
Berechnung der vorhandenen Rotation s .
• Die Bemessungswerte der möglichen plastischen Ro-
tation pl;d gehen auf Gl. (13.7) zurück. Für Beton-
Normenregelung nach DIN 1045-1 stahl der Duktilitätsklasse B gilt Gl. (13.8); wegen der
Der Nachweis der Rotationsfähigkeit nach DIN 1045-1, gegenüber DIN 1045-1 veränderten Kennwerte der
8.4.2 darf für stabförmige Bauteile und einachsig gespann- Betonbruchstauchung (DIN 1045-1: "c1u ; Bezeichnung
te Platten nach Gl. (13.31) geführt werden (s. Gl. 13.24). nach EN 1992-1-1: "cu1 ) weichen die Bemessungswer-
te pl;d für Beton der Klassen  C55/67 allerdings von
E  pl;d (13.31) Abb. 13.8 ab.
Die in EN 1992-1-1 angegebenen Bemessungswerte
Vorausgesetzt wird eine Beschränkung der bezogenen
für pl;d sind grundsätzlich als empfohlene Werte zu
Druckzonenhöhe im Grenzzustand der Tragfähigkeit im
verstehen, die länderspezifisch festgelegt werden kön-
Bereich des plastischen Gelenks auf
nen (Tabelle 13.3).
(
xd 0;45 bis C50/60
 : (13.32)
d 0;35 ab C55/67 Beispiel 13.2
Für die Bemessung des in Abb. 13.18 dargestellten Zwei-
Die vorhandene Rotation ist mit den Bemessungswerten feldträgers soll das Stützmoment um 30% umgelagert
der Einwirkungen und den rechnerischen Mittelwerten der werden. Nach elastischer Rechnung ergibt sich ein Stütz-
Baustofffestigkeiten nach DIN 1045-1, 8.5.1 (Gln. 13.17 moment von Mel D 450 kNm (Bemessungswert); die
bis 13.21) zu ermitteln. Sie darf durch Integration der Momentenausrundung über der Stütze wird vernachläs-
Krümmungen zwischen Gelenken auf Grundlage einer sigt. Das Bemessungsmoment im GZT ist mit ı D 1 
vereinfachten, trilinearen M --Beziehung unter Berück- 0;3 D 0;7:
sichtigung der Mitwirkung des Betons auf Zug zwischen
den Rissen berechnet werden. MEd;St D 0;7  450 D 315 kNm :
Der Grundwert der möglichen plastischen Rotation pl;d
ist für Betonstahl hoher Duktilität (Klasse B) Abb. 13.8 zu Mit bekanntem MEd;St kann der Schnittgrößenverlauf aus
entnehmen. Von  D 3 abweichende Schubschlankheiten dem Momentengleichgewicht um den Stützquerschnitt
p errechnet werden.
müssen durch Multiplikation von pl;d mit k D =3
berücksichtigt werden. Dabei ist  das Verhältnis aus dem
Bemessung
Abstand zwischen Momentennullpunkt und -maximum Die Ermittlung der erforderlichen Bewehrung erfolgt wie
nach Umlagerung zur statischen Nutzhöhe; vereinfachend gewohnt; es wird Beton der Festigkeitsklasse C20/25 und
darf  D MEd =.VEd  d / mit den Bemessungswerten Betonstahl BSt 500 S der Duktilitätsklasse B vorausge-
des Biegemoments und der zugehörigen (maximalen) setzt. Der Feldquerschnitt wird mit Hilfe von Tafelwerten
bemessen:
Querkraft nach Umlagerung angesetzt werden.

Normenregelung nach EN 1992-1-1 MEd;F D 386;3 kNm ;


Der vereinfachte Nachweis der Rotationsfähigkeit nach µEds D 0;067 !  D 0;094 I  D 0;964
EN 1992-1-1, 5.6.3 erfolgt nach Gl. (13.33) durch die Ge- ! As;F D 12;3 cm2 :
13.2 Schnittgrößenermittlung und Nachweiskonzepte im GZT 505

Qk = 100 kN Qk = 100 kN
Abb. 13.18 dargestellten Querschnitte ermittelt. Es wird
davon ausgegangen, dass die Feld- und Stützbewehrung
gk =10 kN/m nicht gestaffelt ist. Die Rechenwerte der Festigkeiten
sind:
5 5 fyR D 1;1  fyk D 550 N/mm2 ;
10 10
a System und Belastung fcR D 0;85  ˛  fck D 0;85  0;85  20
D 14;45 N/mm2 :
Mel = - 450 kNm
MEd,St = - 315 kNm Rissmoment Mcr und zugehörige Krümmung cr werden
mit den Steifigkeiten des Brutto-Querschnitts unter der
Annahme elastischen Verhaltens ermittelt.

Mcr;F D WF  fctm D 0;0407  2;21 


111 kN 348 kN ohne Umlagerung D 89;9  103 MNm ;
MEd,F = 386 kNm mit Umlagerung Mcr;F 89;9  103
cr;F D D D 0;182  103 ;
E Ic 495
b Biegemomente im GZT vor und nach Umlagerung
Mcr;St D WSt  fctm D 0;0639  2;21 
D 141;2  103 MNm ;
0,90
Mcr;St 141;2  103
0,15 cr;St D D D 0;285  103
E Ic 495
0,75 0,75
0,80 0,80 Die Fließmomente müssen iterativ über die Variation der
Druckzonenhöhe x bei bekannter Stahldehnung "yR D
fyR =Es D 2;75‰ und damit bekannter Stahlzugkraft
Fs D AsP  fyR ermittelt werden; als Iterationskriteri-
0,30
um dient H D 0. Der Völligkeitsbeiwert ˛R und
Feldquerschnitt Stützquerschnitt der Höhenbeiwert ka (zur Berechnung des resultierenden
c Querschnitte Moments erforderlich) können aus Abb. 13.17 abgelesen
werden. Die Fließmomente und die zugehörigen Beton-
Abbildung 13.18a–c Beispiel 13.2 – Umlagerung des Stützmo- randstauchungen sind:
ments bei einem Zweifeldträger (in Anlehnung an Eligehausen
u. a. 1992) My;F D 475;3 kNm ; "c;F D 0;58‰ ;
My;St D 389;1 kNm ; "c;St D 1;16‰ :

Die Druckzone des Stützquerschnitts ist vollständig aus- Die Mitwirkung des Betons auf Zug bei gerissenen Quer-
genutzt (µEds D 0;165 > 0;10), die Bemessung kann da- schnitten wird durch Gl. (10.39) berücksichtigt; der Deh-
her elementar durchgeführt werden (vgl. Abschn. 6.2.4). nungssprung "sr2  "sr1 bei Übergang in den gerissenen
Mit ˛R D 0;81 und ka D 0;416 folgt: Zustand kann mit den in Abschn. 10.4 angegebenen Be-
0 1 ziehungen auf Basis linearen Werkstoffverhaltens für Be-
s ton berechnet werden; es folgt "s;F D 0;43‰ und
1 @ 4ka
 D 1 1 µ A D 0;225 ; "s;St D 0;89‰. Die mittleren Stahldehnungen bei Er-
2ka ˛R Eds reichen der rechnerischen Fließgrenze sind mit ˇt D 0;4
als Völligkeitsbeiwert des Stahldehnungsverlaufs zwi-
MEds
As;St D  104 D 10;7 cm2 : schen den Rissen:
d .1  =3/ fyd
"sm;F D "yR  ˇt "s;F
Zunächst wird überprüft, ob die gewählte Momentenum-
lagerung über die Einhaltung des Grenzwertes für ı nach- D 2;75  0;4  0;43 D 2;58‰ ;
gewiesen werden kann. Der zulässige Umlagerungsfaktor "sm;St D "yR  ˇt "s;St
nach Gl. (13.13) ist D 2;75  0;4  0;89 D 2;39‰ :
0;64 C 0;8d D 0;64 C 0;8  0;225 D 0;82 > 0;7 : Damit lassen sich die Fließkrümmungen vereinfacht oh-
ne die Berücksichtigung der im Mittel größeren Druck-
Die vorgenommenen Momentenumlagerungen können zonenhöhe berechnen.
mit dem vereinfachten Verfahren nicht nachgewiesen
werden; damit wird ein expliziter Nachweis der Rotati- "sm;F C j"c;F j .2;58 C 0;58/  103
onsfähigkeit erforderlich. my;F D D
d 0;75
D 4;21  103 ;
Ermittlung der M --Beziehungen
"sm;St C j"c;St j .2;39 C 1;16/  103
Zur Berechnung der erforderlichen Rotation werden my;St D D
zunächst vereinfachte M --Beziehungen auf Grundlage d 0;75
der Rechenwerte der Baustofffestigkeiten für die in D 4;73  103
506 13 Statisch unbestimmte Systeme

M
Die Ermittlung der Bruchmomente und -krümmungen
My,F
erübrigt sich, da das mit den Rechenwerten der Bau-
stofffestigkeiten ermittelte Fließmoment in den Feldern Feldquerschnitt
nicht überschritten wird. Abbildung 13.19a gibt die My,St
durch Mcr und My definierten M --Beziehungen
wieder; in Abb. 13.19b ist der Krümmungsverlauf Stützquerschnitt
aus der Auswertung der Momentenverteilung mit den Mcr,St
M --Linien dargestellt. Mcr,F
k
Nachweis der Rotationsfähigkeit kcr,F kcr,St ky,F ky,St
Die erforderliche Rotation E wird mit Hilfe des Prinzips
der virtuellen Kräfte aus der Integration der Krümmun- a M-k-Linien
gen berechnet. Die Integration wird näherungsweise mit -3,402
Hilfe der Integraltafeln durchgeführt; es werden nur Drei-
eckanteile berücksichtigt:

1 1
E D 2   3;083  0;5  5;0 C  3;083
3 6
 .2  0;5 C 0;804/  3;04
 3,083
1
  3;402  .0;804 C 2  1;0/  1;96  103
6 5,0 3,04 1,96
D 4;54  103 rad : b Verlauf der Krümmungen

Eine numerische Integration des Krümmungsver-


laufs mit Integrationsintervallen x D 0;2 m liefert
E D 6;29  103 rad; offensichtlich wird mit der dM
0,5
Näherung durch Dreiecksanteile die entgegengesetzte 0,804 1,0
Krümmung im Stützbereich erheblich überschätzt. Der
Bemessungswert der möglichen plastischen Rotation c Virtuelles Moment
pl;d bei einer Schubschlankheit  D 3 folgt für
Abbildung 13.19a–c Beispiel 13.2 – Ermittlung der erfor-
d D 0;224 aus Abb. 13.8 zu 12;3  103 rad. Die
derlichen plastischen Rotation E mit vereinfachten M --
vorliegende Schubschlankheit  ist:
Beziehungen
MEd 315
 D D 2;41 ;
VEd  d 0;5  348  0;75
s ungleichmäßigen Verformungen über den Quer-
 schnitt z. B. aus abfließender Hydratationswärme oder
k D D 0;897 :
3 ungleichmäßigem Schwinden entstehen, zusammen-
Die erforderliche Rotation E ist damit kleiner als die gefasst; Schnittgrößen werden durch inneren Zwang
mögliche plastische Rotation: alleine nicht bewirkt. Für das Auftreten von innerem
) pl;d D k  12;3  103 D 11;0  103 Zwang ist das statische System unwesentlich.
> E D 4;54  103 : Äußerer Zwang entsteht aus der Behinderung der
freien Verformung des Bauteils oder aus der aufge-
Die mit der Momentenumlagerung vorausgesetzte
zwungenen Verformung aus angrenzenden Bauteilen,
Schnittgrößenverteilung kann sich dem entsprechend
im GZT einstellen. Es bleibt anzumerken, dass für den z. B. aus Stützensenkungen. Äußerer Zwang setzt
Zweifeldträger Nachweise im GZG erforderlich werden, statisch unbestimmte Systeme voraus und geht mit
die ggf. zu höheren Bewehrungsmengen im Stützbereich Schnittgrößen und Auflagerreaktionen einher. Dem
führen. entsprechend können auch Auslöser inneren Zwangs,
sofern sie zu Bauteilverformungen führen, bei sta-
tisch unbestimmten Systemen Zwangschnittgrößen
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang hervorrufen (vgl. Abschn. 2.2.3). Klassische Beispiele
hierfür sind die Zwangbeanspruchungen von Boden-
platten bei abfließender Hydratationswärme oder von
13.3.1 Grundlagen Wänden, die auf älteren Fundamenten hergestellt
werden und deren Schwindverformung durch den
Aufgeprägte Verformungen, die indirekten Einwir- monolithischen Anschluss behindert wird. Weitere
kungen, werden zweckmäßig in inneren und äußeren Beispiele und Rechenverfahren für Zwangbeanspru-
Zwang unterschieden. Mit der Bezeichnung innerer chungen sind u. a. in Noakowski u. Schäfer (2003) zu
Zwang werden Eigenspannungszustände, die aus finden.
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang 507

13.3.1.1 Anmerkungen zur Bemessung für Zwang logische Maßnahmen, ausreichende Nachbehandlung
und einen zweckmäßig gewählten Bauablauf reduziert
Die exakte Vorhersage von Zwangbeanspruchungen ist werden (z. B. Grübl u. a. 2001).
angesichts der vielfältigen Ursachen und insbesondere Spannbetonbauteile weisen wegen der im Ge-
wegen der Verknüpfung mit der Steifigkeit und damit brauchszustand i. Allg. eingeschränkten Rissbildung
dem Grad der Rissbildung bzw. dem Ausmaß der Pla- hohe Steifigkeiten auf; der durch Risse ausgelöste
stifizierung einzelner Tragwerksbereiche nahezu un- Abbau von Zwang ist daher nur in geringem Umfang
möglich. Ein großer Teil der an Bauwerken auftreten- möglich. Gleichzeitig kann durch das nichtlineare
den Schäden ist daher nicht auf Fehler bei der Bemes- Querschnittsverhalten vorgespannter Bauteile eine
sung für Lasten, sondern auf Fehleinschätzungen der geringfügige Erhöhung der Beanspruchungen im
auftretenden Zwangbeanspruchungen zurückzuführen. Bereich der Dekompressionslast überproportionale
Da im Grenzzustand der Tragfähigkeit – wie noch zu Auswirkungen auf z. B. Spannungsschwingbrei-
zeigen sein wird – Zwangbeanspruchungen erheblich ten der Bewehrung unter nichtruhenden Lasten,
reduziert werden, besteht eine der zentralen Aufgaben d. h. die Ermüdungsbeanspruchung, bewirken vgl.
der Bemessung für Zwang in der Sicherstellung der Abschn. 12.3.5).
Gebrauchstauglichkeit, z. B. in der Begrenzung von Zwang ist daher bei Spannbetonbauteilen i. d. R.
Rissbreiten. explizit rechnerisch zu erfassen, zumal gerade in
In vielen Fällen wird auf eine rechnerische Er- den dominierenden Anwendungsbereichen erheb-
fassung von Zwangbeanspruchungen zugunsten kon- liche Zwänge auftreten können. Stellvertretend
struktiver Maßnahmen verzichtet. Als grobe Faustre- sei der Brückenbau genannt: Setzungsdifferenzen
gel kann davon ausgegangen werden, dass Zwang- zwischen Pfeilern bzw. Widerlagern oder Tempe-
beanspruchungen rechnerisch angesetzt werden müs- raturunterschiede zwischen Ober- und Unterseite
sen, wenn das Verhalten auf Gebrauchslastniveau ent- des Brückenträgers bewirken signifikante Schnitt-
scheidend für das Bemessungsergebnis wird. Dies ist größen. Allerdings kann selbst bei einer expliziten
insbesondere bei Spannbetonbauteilen angesichts der Erfassung des genannten äußeren Zwangs nicht
dominanten Auswirkungen der Dekompressions- und generell auf konstruktive Maßnahmen wie die
Ermüdungsnachweise der Fall. Umgekehrt sind bei Mindestbewehrung verzichtet werden: Eigenspan-
Stahlbetonbauteilen – für die primär die Nachweise im nungen in erheblichem Umfang werden bereits
GZT maßgebend werden – konstruktive Maßnahmen, durch die Querschnittsgestaltung hervorgerufen:
insbesondere die Anordnung von Mindestbewehrung Bei Hohlkästen können z. B. durch die größeren
zur Begrenzung der Rissbreiten, i. Allg. ausreichend, Schwindverformungen der dünnen Bodenplatte im
um Zwangbeanspruchungen aufzufangen. Vergleich zu den dicken Stegen erhebliche, zur Riss-
Im üblichen Hochbau treten Zwangbeanspruchun- bildung führende Zugspannungen in der Bodenplatte
gen vorwiegend durch behinderte Schwindverformun- entstehen.
gen und Temperaturdifferenzen auf. Damit Zwang
unberücksichtigt bleiben kann, muss das Tragwerk
ausreichende Kapazitäten zur schadlosen Aufnahme 13.3.1.2 Unterschiede zwischen Last und Zwang
der daraus entstehenden Beanspruchungen aufweisen.
Dies setzt zum einen die Befolgung konstruktiver Im Unterschied zu Lasten sind die Schnittgrößen aus
Regeln (Mindestbewehrung, Sicherstellung duktilen eingeprägten Verformungen unmittelbar proportional
Verhaltens, etc.) voraus, zum anderen erfordert es die zur Bauteilsteifigkeit. Für den Zweifeldträger nach
geeignete konstruktive Durchbildung des Tragwerks. Abb. 13.20 errechnet sich das Stützmoment infolge der
So kann durch die Anordnung von Dilatationsfugen Gleichstreckenlast q mit dem Kraftgrößenverfahren3
Zwang wesentlich reduziert werden. Eine Prämisse der zu
Planung sollte zudem sein, unterschiedliche Setzungen
einzelner Tragwerksbereiche zu vermeiden. Sofern
dies nicht möglich ist, z. B. bei unterschiedlich mas- 3
Kraftgrößenverfahren: M0 bezeichnet das Lastmoment am sta-
sigen Gebäudeteilen, sollten die Tragwerksbereiche tisch bestimmten Hauptsystem, M1 das virtuelle Einheitsmo-
konstruktiv voneinander getrennt werden. Hinweise ment der statisch unbestimmten Größe. ı10 ist die aus der Last q
zur baulichen Durchbildung sind u. a. in Bachmann bzw. aus der Setzung s, ı11 die aus dem virtuellen Einheitsmo-
ment hervorgerufene Winkelverdrehung des statisch bestimmten
(2001) zu finden. Parallel dazu können Eigenspannun- Hauptsystems am Ort und in Richtung der statisch unbestimmten
gen z. B. aus dem Abfließen der Hydratationswärme Größe X1 . Aus der Verträglichkeitsbedingung der Verformung
oder frühem Schwinden durch geeignete Betontechno- ı10 C X1  ı11 D 0 kann X1 ermittelt werden.
508 13 Statisch unbestimmte Systeme

l l Ds Ds

l Nind
X1 X1

»Ds
Ncr
Nind As fy
M0
Ds Nind
Ds
ql2/8
d10 = 2 Ds/l a Bewehrung nicht ausreichend Nind
M1

Ncr
1,0 1,0 Nind

Nind
M
Ds
MSt,q
MSt,Ds b Bewehrung ausreichend

a Last b Zwang Abbildung 13.21a,b Tragverhalten eines Zugstabs unter zentri-


scher Zwangbeanspruchung
Abbildung 13.20a,b Last- und Zwangbeanspruchung am Bei-
spiel eines Zweifeldträgers

13.3.1.3 Zugstab unter zentrischem Zwang


R M0
ı10 2l M1 E I.x/ dx
MSt;q D  D R M1
(13.34a) Das Verhalten von Stahlbetonbauteilen unter Zwang-
ı11 2l M1 E I.x/ dx beanspruchung kann anhand eines Zugstabes nach
E I D const: 2
ql Abb. 13.21, dem eine stetig ansteigende Verlängerung
H) MSt;q D  : (13.34b) s aufgezwungen wird, erläutert werden.4
8
Der erste Riss entsteht, unabhängig vom Beweh-
Die ortsabhängige Steifigkeit EI.x/ ist sowohl im rungsgehalt, wenn die Zwangdehnung s= l die Zug-
Zähler als auch im Nenner von Gl. (13.34) enthalten; bruchdehnung des Betons "ct D fct =Ec erreicht hat.
das Stützmoment MSt;q und damit die Schnittgrößen- Durch die Rissöffnung wcr wird die Zugkraft um den
verteilung ist nur mit dem Verhältnis der Biegesteifig- Anteil wcr =s reduziert. Anders ausgedrückt, nimmt
keiten von Feld und Stützbereich verknüpft (vgl. Ab- die Zwangkraft5 Nind D s  Ec Ai durch den loka-
schn. 13.1.1). Für eine eingeprägte Lagerverschiebung len Steifigkeitsabfall infolge Rissbildung ab (vgl. Ver-
s folgt das Stützmoment MSt;s zu: formungssteuerung nach Abschn. 10.3.1). Bei gerin-
gem Bewehrungsgrad beginnt die Bewehrung im Riss
2s zu fließen; die Zwangkraft fällt auf Nind D As fy und
ı10 l
MSt;s D  D R M1
(13.35a) reicht nicht mehr aus, um durch die über Verbund ein-
ı11 2l M 1 E I.x/
dx geleiteten Zugspannungen weitere Risse zu erzeugen.
E I D const: 3EI Der Zwang s abzüglich der elastischen Verlängerung
H) MSt;s D s (13.35b) des ungerissenen Betons l  "c  l  .As fy /=.Ec Ai /
l2
wird vollständig in einem einzigen, breiten Riss abge-
Die Zwangschnittgröße MSt;s ist nach Gl. (13.35) an baut (Abb. 13.21a).
den Absolutwert der ortsabhängigen Steifigkeit gekop- Bei ausreichender Bewehrungsmenge steigt die
pelt. Die unterschiedliche Verknüpfung von Last und Zugkraft mit s weiter an, bis ein neuer Riss auftritt.
Zwang mit der Steifigkeit wird insbesondere für die
Annahme EI D const: offensichtlich. Damit besteht
4
für die Schnittgrößenermittlung ein fundamentaler Un- Als Beispiel sei eine Deckenplatte, die zwischen zwei steifen
terschied: Während die Schnittgrößen aus Lastbean- Gebäudekernen starr eingespannt ist, genannt. Die eingeprägte
spruchungen für alle Beanspruchungszustände i. Allg. Verlängerung s entspricht z. B. der behinderten Verkürzung
˛t  TN  l aus einer über den Querschnitt konstanten Tem-
mit ausreichender Genauigkeit über die Steifigkeit des peraturänderung TN , d. h. einer Abkühlung der Platte.
ungerissenen Querschnitts berechnet werden können 5
Schnittgrößen aus indirekten Einwirkungen werden mit dem
(vgl. Abschn. 13.2.2), führt dieses Vorgehen bei Zwang Index „ind“ gekennzeichnet, Schnittgrößen aus direkten Einwir-
ggf. zu erheblichen Fehleinschätzungen. kungen durch „dir“.
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang 509

Mit dem weiteren Anwachsen des Zwangs setzt Zwang vollständig zu kompensieren. In diesem Fall
sich der Rissbildungsprozess fort; solange der Ein- empfiehlt sich eine explizite nichtlineare Berechnung
zelrisszustand allerdings nicht verlassen wird, kann der Zwangschnittgrößen.
die Zugkraft die (streuende) Rissschnittgröße nicht
übersteigen. Erst wenn das abgeschlossene Rissbild
erreicht ist und keine wesentliche Reduktion der
Dehnsteifigkeit durch Rissbildung mehr eintreten 13.3.2 Überlagerung von Last und Zwang
kann, wächst die Zugkraft über die Rissschnittgröße
hinaus. In diesem Rissstadium ist die Dehnsteifigkeit Zur Erläuterung der Überlagerungsprinzipien von
und damit die Zwangschnittgröße im wesentlichen Last- und Zwangbeanspruchungen wird das Beispiel
vom Bewehrungsgrad abhängig. Eine Obergrenze der des Zugstabes wieder aufgegriffen. Den Zusam-
Zwangkraft stellt die Fließkraft der Bewehrung dar. menhang zwischen Zugkraft und Dehnung gibt
Nach Versuchsergebnissen wird das abgeschlosse- Abb. 13.22a wieder. Zunächst werden vier Situationen
ne Rissbild erst für Zwangdehnungen "ind > 0;8‰, betrachtet:
entsprechend einer Temperaturdifferenz von TN D
"ind =˛T D 80 K, erreicht. Bei den im Hochbau üb- 
1 Ndir D 0

licherweise auftretenden Zwängungen z. B. aus ab- Die Beanspruchung des Zugstabs entsteht allein
fließender Hydratationswärme, Schwinden oder Tem- aus der aufgezwungenen Verlängerung. Sofern der
peraturunterschieden kann daher angenommen wer- Einzelrisszustand nicht verlassen wird, gilt Nind 
den, dass der Einzelrisszustand nicht verlassen, d. h. Ncr ; gleichzeitig wird die Zwangbeanspruchung
die Rissschnittgröße durch Zwang nicht überschritten durch die Fließlast begrenzt: Nind;max D As fy .
wird. 
2 Ndir  Ncr

In guter Näherung kann – unabhängig vom Rissbil- Bei geringer Zugnormalkraft leitet der Zwang die
dungsstadium – davon ausgegangen werden, dass bei Rissbildung ein; i. Allg. gilt Nind D Ncr  Ndir ;
Vernachlässigung der elastischen Betondehnung die die Zwangbeanspruchung entspricht im Einzel-
P risszustand maximal der Differenz zwischen Riss-
Summe der Rissöffnungen wcr mit der eingepräg-
ten Verformung identisch sein muss. Wird das abge- schnittgröße und Last.
schlossene Rissbild erreicht, kann zudem der Umstand, 
3 Ndir > Ncr

dass die mittlere Stahldehnung "sm der Zwangdehnung Bei hoher Zugnormalkraft ist die Zwangbeanspru-
s= l entsprechen muss, zur Ermittlung der Beweh- chung durch die Streckgrenze der Bewehrung be-
rungsmengen für die Begrenzung der Rissbreiten in- grenzt: Nind  As fy  Ndir .
folge Zwang genutzt werden. 
4 Ndir D As fy
Bei fließender Bewehrung erzeugen aufgezwunge-
ne Verformungen keine Schnittgrößen: Nind D 0.
13.3.1.4 Mindestbewehrung Anhand des Beispiels wird deutlich, dass bei der
bei Zwangbeanspruchung rechnerischen Berücksichtigung von Zwang zwischen
GZG und GZT unterschieden werden muss: Mit
Nach dem beschriebenen Verhalten ist es i. Allg. aus- einsetzender Plastifizierung infolge Last werden
reichend, die Mindestbewehrung zur Begrenzung von die Zwangbeanspruchungen im Grenzzustand der
Zwangrissbreiten für die Rissschnittgröße auszulegen. Tragfähigkeit erheblich reduziert; Zwang bewirkt
Bei gleichzeitiger Wirkung von Eigenspannungen wird lediglich zusätzliche Verformungen der plastischen
die wirksame Zugfestigkeit und damit die Rissschnitt- Gelenke. Solange die plastische Verformungsfä-
größe vermindert. Das Berechnungskonzept wurde be- higkeit, d. h. die Rotationsfähigkeit für die Summe
reits in Abschn. 11.4.5 vorgestellt. Es sei nochmals der erforderlichen Rotation aus Last und Zwang
hervorgehoben, dass die Rissschnittgröße und damit ausreicht, beeinflusst Zwang die Tragfähigkeit nicht.
die Mindestbewehrungsmenge unmittelbar von der Be- Für den Gebrauchszustand von Bauteilen des üb-
tonzugfestigkeit abhängt; Überfestigkeiten o. ä. müs- lichen Hochbaus trifft i. Allg. Szenario  2 zu; die
sen daher durch eine entsprechend erhöhte Mindestbe- Zwangbeanspruchung ist auf die Differenz zwischen
wehrungsmenge aufgefangen werden. In Ausnahme- Last- und Rissschnittgröße begrenzt. Eine explizite
fällen kann der Verformungszuwachs bei Einzelriss- Berücksichtigung von Zwangschnittgrößen bei den
bildung und damit die für die Rissschnittgröße dimen- Nachweisen des GZG ist daher i. d. R. nicht erfor-
sionierte Mindestbewehrung nicht ausreichen, um den derlich, sofern die Mindestbewehrung zur Aufnahme
510 13 Statisch unbestimmte Systeme

N = Ndir+Nind F

N Ds Ds
l = 3,0
As × f y
Ndir,4 a System und Querschnitt

Ndir,3 37 40

Ncr

20
Ndir,2
C40/50
rs »0,5%
MSt in kNm
edir,3 e
edir,2 edir,4
1
80
a Zugkraft-Dehungs-Beziehungen 4
2
Nind 3
60

As × f y
1
40

2 1 linear-elastisch
2 reiner Zustand II
20 3 elastisch-plastisch
4 nichtlinear

3 F in kN Ds in mm
20 10 0 10 20 30 40
4 e c Zwangbeanspruchung
eind,1 Deind,3 b Lastbeanspruchung
Deind,2 Deind,4
Abbildung 13.23a–c Kragarm mit Einzellast bzw. aufgezwun-
b Zugkraft Nind aus Zwang
gener Verschiebung der Kragarmspitze

Abbildung 13.22a,b Überlagerung von Last- und Zwangbean-


spruchungen am Zugstab
ne aufgezwungene Verschiebung s der Kragarmspit-
ze erzeugt Biegezwang und damit ebenfalls ein Ein-
spannmoment MSt;ind . Gleichzeitig entsteht eine Re-
der Rissschnittgröße vorhanden ist. Bei erheblichen aktionskraft an der Kragarmspitze, die z. B. durch ein
Zwangbeanspruchungen ("ind > 0;8‰), wie sie z. B. Lager aufgenommen werden muss.6 Zur Berechnung
im Brückenbau infolge Stützensenkung auftreten, des Einspannmoments werden folgende Verfahren ver-
müssen die Dehnungen aus Last und Zwang überlagert wendet:
werden.

1 linear-elastisch mit den Steifigkeiten des ungeris-
senen Querschnitts

2 nichtlinear mit den belastungsabhängigen Steifig-
13.3.3 Berücksichtigung von Zwang keiten des reinen Zustands II
in GZG und GZT 
3 ideal elastisch-plastisch mit den Steifigkeiten des
ungerissenen Querschnitts

4 nichtlinear unter Berücksichtigung der Rissbil-
13.3.3.1 Allgemeines zur Berechnung dung und der Mitwirkung des Betons auf Zug zwi-
von Zwangschnittgrößen schen den Rissen
Die verschiedenen Wege der Berechnung von Zwang- Die mit den verschiedenen Verfahren be-
schnittgrößen sollen anhand des Systems in Abb. 13.23 rechneten Einspannmomente MSt;ind unter-
erläutert werden. Für die Kraft F stellt der Krag- scheiden sich erheblich (Abb. 13.23c). Für
balken ein statisch bestimmtes System dar. Das Ein- 6
s entspricht der Lagersenkung eines einseitig einge-
spannmoment MSt;dir ist allein aus Gleichgewichtsbe- spannt und einseitig gelenkig gelagerten Einfeldträgers. Die mit
dingungen zu ermitteln; der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Rechenverfahren ermittelte Reaktionskraft
Last und Einspannmoment ist linear (Abb. 13.23b). Ei- MSt;ind = l entspricht gerade der Last F nach Abb. 13.23b.
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang 511

s D 5 mm ergibt die wirklichkeitsnahe nicht- mittelt werden; die Mitwirkung des Betons auf Zug ist
lineare Rechnung MSt;ind D 26;1 kNm (100%), dabei generell zu berücksichtigen. Last- und Zwang-
aus der Berechnung nach Elastizitätstheorie folgt schnittgrößen sollten dabei mit den gleichen Steifig-
MSt;ind D 3EI = l 2  s D 61;3 kNm (235%), die keiten bestimmt werden. In Grasser u. Thielen (1991)
Berechnung nach reinem Zustand II ergibt 11,2 kNm wird ein hierzu äquivalentes Vorgehen vorgeschla-
(43%). Im Übrigen ist für s D 5 mm eine Deh- gen. Für Nachweise im GZT erlaubt DIN 1045-1 für
nung von 0,8‰ an der Einspannung bereits deutlich Zwangschnittgrößen, die mit den Steifigkeiten des Zu-
überschritten; das abgeschlossene Rissbild ist dort stands I berechnet werden, den Ansatz eines reduzier-
erreicht. Es zeigt sich, dass Rechenwerte auf Grund- ten Teilsicherheitsbeiwerts Q D 1;0 anstelle von 1,5.
lage linear-elastischer Verfahren mit Steifigkeiten Wird die Rissbildung bei der Berechnung berücksich-
des Zustand I die Zwangschnittgrößen in gerissenen tigt, muss dagegen Q D 1;5 angenommen werden.
Bauteilen erheblich überschätzen. Zudem wird aus
Abb. 13.23c deutlich, dass mit der Annäherung an das
Fließmoment eine Erhöhung von s nur mehr geringe 13.3.3.4 Linear-elastische Berechnung
Änderungen des Einspannmoments hervorruft. Setzt mit begrenzter Umlagerung (GZT)
umgekehrt im GZT bereits durch Lastbeanspruchun-
gen eine Plastifizierung der Einspannstelle ein, wird Schnittgrößenumlagerungen können im Grenzzustand
durch s nur mehr eine zusätzliche Rotation des plas- der Tragfähigkeit primär bei Lastschnittgrößen reali-
tischen Gelenks hervorgerufen; Zwangschnittgrößen siert werden; eine Umlagerung von Zwangschnittgrö-
entstehen nicht. ßen z. B. von der Stütze in das Feld bei ausgepräg-
ter Rissbildung bzw. Plastifizierung im Stützbereich
kann nicht auftreten. Der Betrag der Zwangschnitt-
13.3.3.2 Berechnung und Ansatz größe wird zwar durch die Steifigkeit gesteuert, den
in Nachweisen – Grundsatz Verlauf der Zwangschnittgröße bestimmen allein die
Lagerungsbedingungen und ggf. die Lage plastischer
Hinsichtlich der Berücksichtigung von Zwangschnitt- Gelenke. In Zusammenhang mit der Umlagerung von
größen bei Nachweisen in den Grenzzuständen muss Lastmomenten erscheint es sinnvoll, in Anlehnung an
zwischen den gewählten Verfahren zur Schnittgröße- die Plastizitätstheorie den Abbau der Zwangbeanspru-
nermittlung unterschieden werden. Wie erläutert, kön- chung durch Fließgelenkbildung vorauszusetzen und
nen i. d. R. Zwangbeanspruchungen im üblichen Stahl- die Aufnahme des zusätzlichen Rotationsbedarfs expli-
betonhochbau vernachlässigt werden, sofern Mindest- zit nachzuweisen (vgl. Abb. 13.24). Vereinfachte Rota-
bewehrung zur Rissbreitenbegrenzung vorgesehen ist. tionsnachweise durch eine Begrenzung der bezogenen
Generell sind bei der Beurteilung von Zwangbeanspru- Druckzonenhöhe greifen hier nicht mehr.
chungen allerdings in hohem Maß Sachkenntnis und
Erfahrung des Ingenieurs gefordert.
13.3.3.5 Berechnung auf Grundlage der
Plastizitätstheorie (GZT)
13.3.3.3 Linear-elastische Berechnung
(GZG und GZT) Sofern bei Berechnungen auf Grundlage des statischen
Grenzwertsatzes der Plastizitätstheorie statisch unbe-
Eine Berechnung nach linearer Elastizitätstheorie mit stimmte Systeme zu statisch bestimmten reduziert wer-
den Steifigkeiten des ungerissenen Querschnitts lie- den, haben eingeprägte Verformungen keinen Einfluss
fert lediglich für Bauteile, die sich weitgehend im Zu-
stand I befinden, eine zutreffende Abschätzung der
Zwangschnittgrößen; der Abbau bei einsetzender Riss- Mpl,St
Ds
bildung bzw. die weitere Reduktion bei beginnender DqE =
l
Plastifizierung wird nicht erfasst. Eine zutreffendere Ds
Abschätzung der Zwangschnittgrößen kann bei linear-
elastischer Rechnung durch den bereichsweisen An-
satz reduzierter Steifigkeiten EAII m bzw. EIm
II
er- l l
zielt werden. Wirksame Steifigkeiten unter Berück- Abbildung 13.24 Zusätzliche erforderliche Rotation E aus
sichtigung ggf. geschätzter Bewehrungsmengen kön- Zwang bei der Schnittgrößenermittlung und Bemessung im GZT
nen nach den in Kap. 10 dargestellten Grundsätzen er- auf Grundlage der Plastizitätstheorie
512 13 Statisch unbestimmte Systeme

auf Betrag und Verteilung der Schnittgrößen. Bei Ver- higkeit nachgewiesen wird. Bei Nachweisen nach Theorie
fahren nach dem kinematischen Grenzwertsatz gilt die- II. Ordnung ist eine Vernachlässigung i. Allg. nicht möglich.
se Aussage uneingeschränkt. Grundsätzlich muss die
Rotationsfähigkeit der plastischen Gelenke für die zu- Schnittgrößenermittlung
sätzliche Rotation aus Zwang nachgewiesen werden Bei linear-elastischer Berechnung dürfen die Schnittgrö-
(Abb. 13.24). ßen infolge indirekter Einwirkungen für Nachweise im
GZT auf Grundlage der Steifigkeiten im reinen Zustand II
und unter Berücksichtigung des Kriechens ermittelt
13.3.3.6 Nichtlineare Berechnungsverfahren werden. Für Nachweise in den GZG darf eine beginnende
(GZG und GZT) Rissbildung angenommen werden.
Rissbreitenbegrenzung
Mit Verfahren, die das nichtlineare Tragverhalten ein-
Neben den Regeln für die Mindestbewehrung zur Be-
schließlich Rissbildung und Mitwirkung des Betons
grenzung der Rissbreiten nach Abschn. 7.3.2 enthält
auf Zug berücksichtigen, können eingeprägte Verfor-
7.3.4 (Berechnung der Rissbreite) zusätzliche Hinweise.
mungen durchgängig für GZG und GZT verfolgt wer-
Demnach sollten aufgebrachte Verformungen in der
den. Durch den Ansatz wirklichkeitsnaher Steifigkei-
mittleren Stahldehnung "sm berücksichtigt werden.
ten werden die Zwangschnittgrößen realistisch abge-
schätzt.
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Normenregelung nach DIN 1045-1
Zu EN 1992-1-1 werden die Regelungen nach DIN 1045-1
Indirekte Einwirkungen werden in DIN 1045-1 in den fol-
für den Ansatz von Q bei Zwang sowie für die Rissbrei-
genden Abschnitten explizit angesprochen:
tenbegrenzung bei Zwangsdehnungen  0;8‰ ergänzt.
Sicherheitskonzept
Nach DIN 1045-1, 5.3.3 (3) darf bei linear-elastischer
Schnittgrößenermittlung mit den Steifigkeiten der ungeris- A ÖNORM EN 1992-1-1 – Ergänzungen
senen Querschnitte und dem mittleren E-Modul Ecm für Zu EN 1992-1-1, 7.3.4 (Berechnung der Rissbreite) wird
Zwang der Teilsicherheitsbeiwert Q D 1;0 angesetzt wer- folgendes ergänzt: In Fällen, in denen die resultierende
den. Andernfalls ist Q analog zu veränderlichen Einwir- Zwangsdehnung 0,8‰ nicht überschreitet, ist es im Allge-
kungen anzunehmen. meinen ausreichend, die Rissbreite für den größeren Wert
Rissbreitenbegrenzung der Spannung aus Zwang- oder Lastbeanspruchung zu er-
Zusätzlich zur Mindestbewehrung zur Begrenzung der mitteln.
Rissbreite für Zwangeinwirkungen nach Abschn. 11.2.2
enthalten die Absätze 11.2.4 (6) und (7) ergänzende Re-
gelungen zur Berechnung der Rissbreite. Demnach ist bei
der Ermittlung von Rissbreiten für Zugspannungen aus ei-
13.3.4 Auswirkungen zeitabhängigen
ner Kombination von Last und Zwang die Dehnung aus Verhaltens
Lastbeanspruchung, die auf der Grundlage eines geris-
senen Querschnitts ermittelt wurde, um die Dehnung in- 13.3.4.1 Allgemeines
folge Zwang zu erhöhen. In Fällen, in denen die resul-
tierende Zwangdehnung 0,8‰ nicht überschreitet, ist es Die Bauteilsteifigkeit wird – wie in Kap. 10 darge-
i. Allg. ausreichend, die Rissbreite für den größeren Wert stellt – in erheblichem Maß durch das Kriechen des Be-
der Spannung aus Last- oder Zwangbeanspruchung zu tons reduziert. Durch die Kopplung der Schnittgrößen-
bestimmen. verteilung (Last) bzw. des Absolutwerts der Schnitt-
größen (Zwang) mit der Steifigkeit sind zeitabhängi-
Normenregelung nach EN 1992-1-1
ge Einflüsse zu erwarten. Dabei muss wieder konse-
In EN 1992-1-1 behandeln folgende Abschnitte indirekte quent zwischen Last und Zwang unterschieden wer-
Einwirkungen explizit: den. Die klassischen Modelle zur Berechnung der
Grundlagen Kriechauswirkungen auf Last- und Zwangschnittgrö-
Nach den Abschn. 2.3.1.2 und 2.3.1.3 sind Tempe- ßen nach Trost setzen linear-elastisches bzw. linear-
raturauswirkungen und Setzungsunterschiede für die viskoelastisches Verhalten (lineares Kriechen) eines
Nachweise in den GZG i. d. R. zu berücksichtigen. Im alternden Materials voraus (vgl. Abschn. 3.2); der Ein-
GZT dürfen sie vernachlässigt werden, wenn das hierfür fluss der Bewehrung auf die Kriechverformung wird
erforderliche Verformungsvermögen bzw. die Rotationsfä- ebenso vernachlässigt wie die Auswirkungen der Riss-
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang 513

q
EI = const.

l l

Hauptsystem X1 +DX1(t)

M0 M1 DM(t)
X1 d11(t0) j

d10(t0)
d d d
X1 d11(t0) DX1(t) d11(t0)(1+rj)
d10(t0) j
a Lastzustand b Zustand infolge c Zustand infolge Änderung
statisch Unbestimmter X1 der statisch Unbestimmten DX1

Abbildung 13.25a–c Auswirkungen des Kriechens auf Lastschnittgrößen am Beispiel eines Zweifeldträgers

bildung (vgl. Trost 1967). Dessen ungeachtet tref- gender Zwang durch Schwinden oder Setzungen
fen die Annahmen in guter Näherung auf Spannbe- bei kohäsiven (bindigen) Böden erzeugt wird. Die
tonbauteile, die im Gebrauchszustand i. Allg. wenige, Reduktion der genannten Zwänge durch Kriechen
zum Teil überdrückte Risse aufweisen, zu. Einen um- setzt starre bzw. annähernd starre Widerlager vor-
fassenden Überblick über baupraktische Verfahren zur aus; wesentliche Unterschiede treten bei elastischen
Berechnung zeitabhängiger Effekte in statisch unbe- Widerlagern auf, z. B. bei dem aus Vorspannung
stimmten Systemen bei elastischem Materialverhalten erzeugten Zwang, der sog. statisch unbestimmten
enthält Rüsch u. Jungwirth (1976). Wirkung (vgl. Abschn. 13.4.2).
Die wesentlichen Auswirkungen zeitabhängigen
Vor allem für Stahlbetonbauteile trifft die Annahme
Verhaltens auf Last- und Zwangschnittgrößen sind im
homogen-elastischen Bauteilverhaltens nicht zu; Kon-
Überblick:
sequenzen aus der Rissbildung werden am Schluss die-
• Einfluss auf Schnittgrößen aus Lasten ses Abschnitts erläutert.
Da die Verteilung der Lastschnittgrößen an die Ver-
hältniswerte der Steifigkeiten geknüpft ist, treten –
wie noch zu zeigen sein wird – bei gleichmäßi- 13.3.4.2 Auswirkungen auf Lastschnittgrößen
gem Kriechen entlang des gesamten Bauteils keine
Schnittgrößenumlagerung im System auf. Im Un- Die Auswirkungen zeitabhängigen Verhaltens sollen
terschied dazu führt bei einem Systemwechsel, z. B. am Beispiel des Zweifeldträgers nach Abb. 13.25 er-
der Verbindung von Einfeldträgern zu einem Durch- läutert werden. Als statisch unbestimmte Größe X1
laufsystem, das zeitabhängige Verhalten des Betons wird die Auflagerkraft des Mittelauflagers gewählt;
zu einer Umlagerung der Eigengewichtsschnittgrö- X1 .t/ bezeichnet die durch Kriechen und Schwin-
ßen hin zur Verteilung des Eingusssystems.7 den hervorgerufene, zeitabhängige Änderung von X1 .
• Einfluss auf Schnittgrößen aus Zwang Aus der Verträglichkeitsbedingung, dass die Durchbie-
Durch die Proportionalität der Zwangschnittgrößen gung am Zwischenauflager verschwinden muss, kann
mit der Steifigkeit wird langandauernder Zwang die statisch Unbestimmte berechnet werden.
durch Kriechen in erheblichem Maße abgebaut. Mit den Formänderungswerten ı10 infolge Last und
Durch die reduzierte Kriechfähigkeit des Betons ı11 infolge des Einheitsspannungszustands folgt X1 für
mit zunehmendem Belastungsalter (Alterung) wird den Zeitpunkt t0 zu:
plötzlich auftretender im Vergleich mit allmählich ı10
entstehendem Zwang – gleiches Alter t0 bei Be- ı10 CX1  ı11 .t0 / D 0 ) X1 D  : (13.36)
ı11
lastungsbeginn vorausgesetzt – stärker reduziert.
Plötzlich bzw. rasch auftretender Zwang entsteht Für t > t0 nehmen die Verformungen durch Kriechen
z. B. durch Fundamentsetzungen bei kohäsionslo- und Schwinden zu; die Formänderungswerte zum Zeit-
sen (rolligen) Böden, während allmählich anstei- punkt t sind mit ' D '.t; t0 /:
7
Mit „Eingusssystem“ wird das monolithisch, d. h. in einem
ı10 .t/ D ı10 .t0 /  .1 C '/ ; (13.37a)
Guss hergestellte Durchlaufsystem bezeichnet. ı11 .t/ D ı11 .t0 /  .1 C '/ : (13.37b)
514 13 Statisch unbestimmte Systeme

EI = const.
Aus der möglichen Änderung X1 der statisch Unbe-
stimmten X1 entstehen zusätzliche zeitabhängige Ver- l l
formungen, die affin zu ı11 .t0 / sein müssen. Da sie
erst allmählich auftreten, muss die Alterung des Betons Ds

durch den Relaxationsbeiwert  berücksichtigt wer-


den:
Ds

X1 .t/ı11 .t/ D X1 .t/  ı11 .t0 / a System und Belastung

.1 C '/ : (13.38) t0


t

Ds j
Die Verträglichkeitsbedingung für den Zeitpunkt t lau- Ds Ds
tet mit den Gln. (13.37a) bis (13.38) und unter Berück-
sichtigung der ggf. auftretenden, zusätzlichen Verfor- X1(t0)
X1(t0)
mung ıcs .t/ aus der Schwindkrümmung cs bei asym-
DX1(t)
metrischer Anordnung der Bewehrung im Querschnitt:
Š Ds j
ı10 .t/ CX1 ı11 .t/ C ıcs .t/ C X1 ı11 .t/ D 0
H) ı10 .t0 /.1 C '/ M(t0) M(t)
M(t0)
CX1 .t0 /ı11 .t0 /.1 C '/ C ıcs .t/
Š b Zeitpunkt t0 c Zeitpunkt t > t0
CX1 ı11 .t0 /.1 C '/ D 0 : (13.39)
Abbildung 13.26a–c Abbau der Schnittgrößen aus rasch auf-
Auflösen von Gl. (13.39) nach X1 liefert: tretendem Zwang durch Kriechen – Setzungszwang bei einem
Zweifeldträger
D0Š
‚ …„ ƒ
.ı10 .t0 / C X1 ı11 .t0 // .1 C '/ C ıcs .t/ ı10 .t0 / D X1 .t0 /  ı11 .t0 /
X1 D 
ı11 .t0 / .1 C '/ ı10 .t0 / s
ıcs ) X1 .t0 / D D : (13.41)
D 
1
: (13.40) ı11 .t0 / ı11 .t0 /
ı11 .t0 / 1 C ' X1 entspricht der Kraft, mit der dem Träger ohne Mit-
Der Ausdruck ı10 .t0 / C X1  ı11 .t0 / entspricht der Ver- telauflager die Verformung s aufgezwungen werden
träglichkeitsbedingung für t0 und muss Null sein. Än- kann (Abb. 13.26b). Bei konstanter Kraft X1 würde die
derungen der Auflagerkraft X1 sind damit ausschließ- Verformung auf s  .1 C '/ ansteigen. Da dies nicht
lich vom Auftreten zusätzlicher Schwindverformun- möglich ist, muss der fiktive Verformungszuwachs s
gen ıcs .t/ abhängig. Gilt zusätzlich ıcs D 0, ver- ' durch X1 kompensiert werden (Abb. 13.26c). Die
schwindet X1 ; damit treten keine zeitabhängigen Än- vollständige Verträglichkeitsbedingung lautet damit:
derungen der Schnittgrößen ein. Dies ist allerdings an ı10 .t0 / D X1 .t0 /ı11 .t0 /.1 C '/
die Voraussetzung gleichmäßigen Kriechens, d. h. glei- C X1 ı11 .t0 /.1 C '/ : (13.42)
cher Kriechzahlen ' für alle Querschnitte des Bauteils
geknüpft. Nur in diesem Fall nehmen die Verformun- Aufgelöst nach der Änderung der statisch unbestimm-
gen affin zur Ausgangsverformung zum Zeitpunkt t0 ten Größe folgt:
zu. DX1 .t0 /ı11 .t0 /
‚…„ƒ
ı10 .t0 /
X1 .t0 /ı11 .t0 /.1 C '/
X1 D
13.3.4.3 Plötzlich auftretender Zwang ı11 .t0 /.1 C '/
'
D X1 .t0 / : (13.43)
Die Reduktion rasch auftretender Zwangbeanspru- 1 C '
chungen durch Kriechen werden an einem durch Die zeitabhängige Auflagerkraft infolge Stützensen-
Setzungszwang beanspruchten Zweifeldträger nach kung ist:
Abb. 13.26 gezeigt. X1 .t/ D X1 .t0 / C X1 .t/
Die Verträglichkeitsbedingung zur Berechnung der  
'
statisch unbestimmten X1 unmittelbar nach Auftre- D X1 .t0 /  1 
ten der Fundamentsetzung zum Zeitpunkt t0 lautet mit 1 C '
ı10 D s: D X1 .t0 /  .1  / : (13.44)
13.3 Indirekte Einwirkungen – Zwang 515

Gleichung (13.44) gilt unmittelbar auch für das Stütz- M / Mel


1 Mel(t)
moment infolge Auflagersenkung:
0,8
MSt;s .t/ D MSt;s .t0 /  .1  /: (13.45)
0,6
Dabei ist die Relaxationszahl, die nach Gl. (3.74b)
0,4 MSt,Ds(t)
den kriechbedingten Spannungsabfall bei konstan- (0,23)
ter Dehnung beschreibt. Das Stützmoment wird 0,2
durch Kriechen erheblich abgebaut; für  D 0;8 0
t0
t (Tage)
und '.t; t0 / D 2 beträgt MSt;s .t/ nur noch 23% 500
1,0
des Wertes unmittelbar nach der Fundamentsetzung
Ds(t)/Ds(t0)
(Abb. 13.27b). Die Reduktion des Stützmoments kann
im Übrigen direkt mit der Relaxationszahl über die a plötzlich auftretende Setzung
Bedingung, dass die Dehnungen im Stützquerschnitt
bei unveränderlicher Setzung s konstant bleiben,
M / Mel,max
berechnet werden. 1 (1,0)

0,8
Mel(t)
13.3.4.4 Langsam auftretender Zwang 0,6

0,4 MSt,Ds(t) (0,38)


Allmählich auftretender Zwang wird bereits während
0,2
der Entstehung durch Kriechen reduziert und bleibt da-
0
mit erheblich unter dem Wert, der sich nach linear- t (Tage)
t0 500 (1,0)
elastischer Rechnung ergeben würde. Beispiele hier- 1,0
für sind Zwangbeanspruchungen, die durch langsame Ds(t)/Dsmax
Fundamentsetzungen auf kohäsiven Böden oder durch b langsam auftretende Setzung
Schwinden hervorgerufen werden. Für die Berechnung
wird vorausgesetzt, dass die zeitliche Entwicklung des Abbildung 13.27a,b Entwicklung des Stützmoments bei rasch
und langsam auftretender Auflagersetzung ( D 0;8, ' D 2;
Zwangs affin zum Kriechverlauf ist. Für den Zweifeld-
Endwerte für t ! 1 in Klammern)
träger nach Abb. 13.26 ergibt sich mit ı10 .t/ D s.t/
und s.t0 / D 0 aus der Verträglichkeitsbedingung
nach Gl. (13.41) die triviale Lösung für X1 .t0 /:
ı10 .t0 / D X1 .t0 /  ı11 .t0 / Gleichung (13.49) gilt sinngemäß auch für das Stütz-
ı10 .t0 / s.t0 / moment MSt;s . In Abb. 13.27b ist die Entwicklung
) X1 .t0 / D D D 0: (13.46) von MSt;s .t/ für  D 0;8 dargestellt; gegenüber dem
ı11 .t0 / ı11 .t0 /
Die Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t ergibt Moment nach elastischer Rechnung werden für ' D 2
nur 38% erreicht.
sich analog zu Gl. (13.42) zu
Zwangschnittgrößen, die durch allmählich auftre-
ı10 .t/ D X1 .t0 /ı11 .t0 /.1 C '/ tende Schwindverformungen eingeprägt werden, blei-
„ ƒ‚ …
D0Š ben analog zu Setzungen hinter dem Wert nach elas-
CX1 ı11 .t0 /.1 C '/ : (13.47) tischer Rechnung zurück. Für beidseitig festgehaltene
Bauteile entsteht infolge der behinderten (gleichmäßi-
Aufgelöst nach X1 folgt: gen) Schwindverkürzung eine Zwangnormalkraft. We-
ı10 .t/ 1 gen der allmählich auftretenden Verkürzung bleibt die
X1 D  : (13.48)
ı11 .t0 / 1 C ' Zwangspannung deutlich unter cs D "cs .t/  Ec nach
Mit ı10 .t/=ı11 .t0 / D s.t/=ı11 .t0 / D X1;el als Auf- elastischer Rechnung. Mit Gl. (13.49) gilt sinngemäß:
lagerreaktion, die sich für s nach elastischer Rech-
nung ohne Kriecheinfluss errechnet (vgl. Gl. 13.41), 1
ist X1 .t/ cs D "cs .t/  Ec  : (13.50)
1 C '
X1 .t/ D X1 .t0 / CX1 .t/
„ƒ‚…
D0Š Für Zwangmomente aus der behinderten Biegeverfor-
1 mungen infolge Schwinden gilt die hierzu vollständig
D X1;el  : (13.49) äquivalente Gl. (13.40).
1 C '
516 13 Statisch unbestimmte Systeme

13.3.4.5 Systemwechsel – Verbindung X1 .t/ kompensiert werden. Anders ausgedrückt,


von Fertigteilen entsteht durch die behinderte Kriechverformung
am Mittelauflager ein Zwangmoment X1 .t/. Die
Tragwerke in Ortbetonbauweise werden i. Allg. ab- Verträglichkeitsbedingung zum Zeitpunkt t0 führt
schnittsweise hergestellt. Bei Verwendung elastischer wieder zu einer trivialen Lösung:
Baustoffe wie z. B. im Stahlbau bleiben die unter Ei- Š
gengewicht an den jeweiligen Teilsystemen entstehen- ı10 .t0 / CX1 .t0 /  ı11 .t0 / D ı10 .t0 / (13.51a)
den Schnittgrößen erhalten. Im Unterschied dazu be- ) X1 .t0 / D 0 : (13.51b)
wirken Kriechen und Schwinden von Beton Umlage-
Für den Zeitpunkt t > t0 lautet die Verträglichkeitsbe-
rungen der Eigengewichtsschnittgrößen, die z. B. bei
dingung:
der abschnittsweisen Herstellung von Brücken oder bei
der Verbindung von Fertigteilen zu Durchlaufsystemen ı10 .t0 /.1 C '/ C X1 .t0 /ı11 .t0 /.1 C '/
„ ƒ‚ …
genutzt werden. D0
Zur Erläuterung werden zwei Fertigteile, die Š
durch Fugenverguss und Ortbetonergänzung mit CX1 ı11 .t0 /.1 C '/ D ı10 .t0 / : (13.52)
Kontinuitätsbewehrung über dem Mittelauflager zu Das durch Kriechen aufgebaute Stützmoment X1 .t/
einem Zweifeldträger verbunden werden, betrachtet folgt daraus zu
(Abb. 13.28). Das Eigengewicht g der Fertigteile
einschließlich der Ortbetonergänzung wirkt zum X1 .t/ D X1 .t0 / C X1 .t/ D X1 .t/ (13.53a)
Zeitpunkt des Fugenvergusses t0 auf zwei Einfeld- ı10 .t0 / '
D  : (13.53b)
träger; am Mittelauflager stellt sich infolge g die ı11 .t0 / 1 C '
gegenseitige Verdrehung ı10 .t0 / ein. Wenn die beiden In Gleichung (13.53b) beschreibt der Term
Träger weiterhin gelenkig verbunden wären, würde ı10 .t0 /=ı11 .t0 / das Stützmoment infolge Eigenge-
die gegenseitige Verdrehung durch Kriechen auf wicht eines monolithisch hergestellten Zweifeldträgers
ı10 .t0 /.1 C '/ anwachsen (Abb. 13.28b). Durch die nach elastischer Rechnung; der zweite Term entspricht
Verbindung wird ı10 .t0 / quasi „eingefroren“, die am der Relaxationszahl. Damit gilt:
statisch bestimmten Hauptsystem auftretende Kriech-
verformung muss durch ein rückdrehendes Moment MSt;g .t/ D MSt;g;el  (13.54)
Für  D 0;8 und ' D 2 erreicht das Stützmoment
MSt;g .t/ der beiden verbundenen Fertigteile 77% des
Stützmoments eines monolithisch hergestellten Zwei-
feldträgers.
d10 Bei der Berechnung von Systemumlagerungen ist
allerdings zu beachten, dass ein Teil der Kriechverfor-
a Fertigteile nicht verbunden mungen infolge Eigengewicht bereits durch eine ge-
genüber dem Einbau der Fertigteile zeitlich verzögerte
Verbindung zum Durchlaufsystem vorweggenommen
sein kann. Darüber hinaus werden durch das Schwin-
den der Ortbetonergänzung Krümmungen erzeugt, die
d10 (1+j)
die gegenseitige Winkelverdrehung ı10 .t/ am statisch
bestimmten Hauptsystem vergrößern und dadurch das
Stützmoment weiter erhöhen. Weitere Angaben und
b Fertigteile verbunden
Mel Verfahren für die Berechnung vorgespannter, unge-
rissener Bauteile sind in Trost u. Wolff (1970); Frey
M(t) (1980); Rossner (1988) zusammengestellt.

13.3.4.6 Einfluss der Rissbildung


M(t0)
c Momentenverlauf Mit dem Steifigkeitsabfall durch Rissbildung werden
Abbildung 13.28a–c Systemwechsel – Umlagerung des Eigen- Zwangschnittgrößen erheblich reduziert und gegebe-
gewichtsmoments durch Kriechen bei Verbindung von Fertigtei- nenfalls auf die Rissschnittgröße begrenzt. Gleich-
len zum Zweifeldträger zeitig weisen gerissene Bauteile deutlich verringer-
13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte Balken 517

te Kriechverformungen auf; der Abbau von Zwang- system errechnet sich damit das Stützmoment auf der
schnittgrößen bzw. die Umlagerungen bei System- Grundlage von Gl. (13.54) zu:
wechseln sind damit wesentlich vermindert (vgl. Kor-
dina u. a. 1982). Für die Reduktion des Zwangs bzw. MSt;g D MSt;g;el
 
II I
Umlagerungen ist das Verhältnis der effektiven Stei-  II  eff C .1  II /  eff : (13.58)
figkeiten der Zeitpunkte t0 und t entscheidend. Die un-
terschiedliche Entwicklung von EIeff .t/=EIeff .t0 / für Anhaltswerte kann die Berechnung für den reinen Zu-
Querschnitte im Zustand I und im reinen Zustand II stand II in Form eines unteren Grenzwerts der Schnitt-
wurden bereits in Abb. 10.25 exemplarisch dargestellt. größenumlagerungen ergeben. Mit der Näherung nach
Die tatsächliche Größe des Zwangs und dessen zeitab- Gl. (10.122) folgt:
hängiger Verlauf können z. B. durch eine nichtlineare 2
II
Berechnung ermittelt werden. 'eff D : (13.59)
2C'
In Zilch u. Fritsche (2001) wurde ein Verfahren zur
II
Abschätzung der Umlagerungsschnittgrößen für den Für  D 0;8 und ' D 2 liefert Gl. (13.54) für 'eff das
Systemwechsel von Fertigteilen vorgestellt, das auch Stützmoment MSt;g D 0;36  MSt;g;el . Ergänzend sei
zur näherungsweisen Berechnung des Zwangabbaus angemerkt, dass bei Ortbetonergänzung die gegenüber
genutzt werden kann. Dabei können die Rissbildung dem Fertigteil erhöhte Schwinddehnung des Ortbetons
und die Behinderung der Schwindverformungen durch bei gerissenen Bauteilen eine deutliche Anhebung des
die Bewehrung mit Hilfe effektiver Systemkriechzah- Stützmoments bewirkt. Zur vereinfachten Berechnung
len 'eff in den oben erläuterten Formeln nach Trost sei auf Zilch u. Fritsche (2001) verwiesen.
(1967) berücksichtigt werden. Allgemein gilt:8
EIeff .t0 /
'eff D  1: (13.55)
EIeff .t/ 13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte
Dabei ist zwischen ungerissenen Querschnitten (! Balken
EI I ) und dem mittleren Verhalten gerissener Quer-
schnitten (! EImII ) zu unterscheiden:
Den folgenden Erläuterungen wird – wie bereits in
I EI I .t0 / Kap. 5 – vorausgesetzt, dass die Vorspannung durch
'eff D  1; Zugglieder, die im oder gegen das Bauteil verankert
EI I .t/
sind, erzeugt wird. Vorspannung gegen starre Widerla-
II EImII .t0 /
'eff D 1: (13.56) ger folgt insbesondere hinsichtlich der zeitabhängigen
EImII .t/ Verluste der statisch unbestimmten Wirkung hiervon
Werden die Auswirkungen der Bewehrung im Zu- abweichenden Prinzipen.
I
stand I vernachlässigt, gilt 'eff D '.t; t0 /. Verfah-
II
ren zur Berechnung von EIm wurden bereits in Ab-
schn. 10.4 erläutert. Hilfreich ist die Berechnung ef-
fektiver Relaxationszahlen eff : 13.4.1 Allgemeines
I
I 'eff
eff D I
; Statisch bestimmt gelagerten Bauteilen wird durch die
1 C   'eff Vorspannung ein Eigenspannungszustand eingeprägt.
II
II 'eff Die Schnittgrößen des Betonquerschnitts stehen mit
eff D II
: (13.57) der Spannkraft des Spanngliedes im Gleichgewicht;
1 C   'eff
gleichzeitig entstehen Verformungen, i. Allg. Verkür-
Da biegebeanspruchte Bauteile i. Allg. nicht auf vol- zungen und Verkrümmungen, die sich allerdings frei
ler Länge gerissen sind, sollten die Auswirkungen der einstellen können. Bei statisch unbestimmter Lagerung
partiellen Steifigkeitsreduktion berücksichtigt werden. wird die mit der Vorspannung aufgebrachte Verfor-
Dies kann grob durch einen Verteilungsbeiwert II D mung behindert.
lII = l, der die Länge lII des gerissenen Bereichs zur Ge- Anhand eines fiktiv gewichtslosen, mit einem ge-
samtlänge l in Beziehung setzt, erfolgen. Bei der Ver- raden Spannglied vorgespannten Zweifeldträges nach
bindung zweier Stahlbetonträger zu einem Durchlauf- Abb. 13.29 sollen die Auswirkungen erläutert wer-
8
Die anhand der Biegesteifigkeit erläuterten Zusammenhänge den. Die dargestellte Spanngliedführung hat im Übri-
können sinngemäß auf die Dehnsteifigkeit bei Zugstäben über- gen rein didaktischen Wert; baupraktisch ist sie nicht
tragen werden. sinnvoll.
518 13 Statisch unbestimmte Systeme

Schwerlinie
stimmten und dem statisch unbestimmten Anteil zu-
zcp sammen (Abb. 13.29d):
Spannglied
A B C Mp D Mp;dir C Mp;ind ; (13.60a)
l l
a Spannglied ungespannt
Np D Np;dir C Np;ind ; (13.60b)
Vp D Vp;dir C Vp;ind : (13.60c)
P P
DsB
A B C

b Verformung - Verträglichkeit bei B nicht erfüllt


13.4.2 Berechnung der statisch
unbestimmten Wirkung
P P
Zur Berechnung der statisch unbestimmten Wirkung
B/2 B/2
existieren zwei Verfahren, die Berechnung über Vor-
B
verformungen oder über Anker- und Umlenkkräfte. In
c Verformung - Verträglichkeit durch Lagerkraft B erfüllt Abb. 13.30 sind die beiden Ansätze anhand der verein-
fachten, trilinearen M --Beziehung eines vorgespann-
_ -P zcp Mp,dir ten Querschnitts dargestellt. Beide Verfahren führen zu
identischen Ergebnissen, wenn die Vorkrümmung 0
Mp,ind
+ wie auch die Anker- und Umlenkkräfte auf den (fikti-
B/2 l ven) Spannbettzustand bezogen werden; im Folgenden
.0/
_ _ Mp gilt daher P D Pmt . Sowohl die Gleichgewichtskräfte
+
Mp = Mp,dir + Mp,ind
des Eigenspannungszustandes, die die Vorverformung
+ B erzeugen, als auch die Anker- und Umlenkkräfte wir-
_ VP ken auf den Netto-Querschnitt (vgl. Abschn. 5.2.5).
d Schnittgrößen aus Vorspannung In den nachfolgenden Beziehungen sind daher für A
und I die Netto-Querschnittswerte An und In einzu-
Abbildung 13.29a–d Wirkung der Vorspannung bei statisch un-
bestimmten Systemen (nach Leonhardt 1973)
setzen.

13.4.2.1 Vorspannung als eingeprägte


Vorverformung
Die Vorspannung ruft eine Aufwölbung hervor; der
Balken hebt von Lager B ab und verletzt damit die Die aus dem Eigenspannungszustand (statisch be-
Verträglichkeitsbedingung (Abb. 13.29b). Um die Ver- stimmter Anteil) hervorgerufenen Krümmungen
träglichkeit wieder herzustellen, d. h. den Balken wie- 0 und Dehnungen "0 werden als spannungslose
der auf das Auflager zu zwingen, ist eine Lagerkraft Vorverformung auf das Tragwerk aufgebracht.
B erforderlich, die – da keine weiteren Lasten wir-
ken – mit den Auflagerreaktionen A und C im Gleich-
gewicht stehen muss (Abb. 13.29c). Die Lagerkräfte M
a b
erzeugen Schnittgrößen am Gesamtquerschnitt, die zur Mu
MG + MQ + Mp,dir + Mp,ind
MG + MQ + Mp,ind

Abgrenzung von der statisch bestimmten Wirkung (In- My

dex „dir“), d. h. dem Eigenspannungszustand, als sta- Mcr


tisch unbestimmte Wirkung der Vorspannung bezeich-
net werden (Index „ind“).
Während die statisch bestimmte Wirkung unmittel- Mp,dir
bar aus der Vorspannkraft und dem Spanngliedverlauf
über Gleichgewichtsbetrachtungen am Querschnitt er- k0 kcr ky ku k

mittelt werden kann, z. B. Mp;dir D P .x/  zcp (vgl. Einwirkende Momente bei Ansatz der Vorspannung als
Abschn. 5.2.2), erfordert die Berechnung des statisch a Vorkrümmung k0 des Eigenspannungszustandes
unbestimmten Anteils eine Betrachtung des Verfor- b Anker und Umlenkkräfte

mungsverhaltens des Systems. Die Gesamtwirkung der Abbildung 13.30 Momenten-Krümmungs-Beziehung für vor-
Vorspannung setzt sich additiv aus dem statisch be- gespannte Bauteile
13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte Balken 519

Hauptsystem

Mp,dir
_ _ _ _ M0
Lastzustand
+ + ® Schnittgrößen

d10 d10 d10 d10 Lastzustand


® Verformungen

X1=1 X1=1

Einheitszustand
+ + + + ® Schnittgrößen
M1 M1

Einheitszustand
d11 d11 d11 d11 ® Verformungen

Verträglichkeit:
d10 + X1 d11 = 0
M0
Mp,dir
_ _ _ _
+ + Superposition
M p,ind = X 1 × M1 Mp
M p = M p ,dir M p ,ind

a Berechnung über Vorverformungen infolge des b Berechnung über Anker- und Umlenkkräfte -
Eigenspannungszustandes - Kraftgrößenverfahren Kraftgrößenverfahren

Abbildung 13.31a,b Verfahren zur Berechnung der statisch unbestimmten Wirkung der Vorspannung

Mp;dir P  zp rücksichtigt werden. Die statisch unbestimmten Kraft-


0 D D ; (13.61)
Ec I Ec I größen Xi , die zur Kompensation der Vorverformun-
Np;dir P gen ıi 0 erforderlich sind, entsprechen der statisch un-
"0 D D (13.62)
Ec A Ec A bestimmten Wirkung. Mit den Formänderungsintegra-
len ıi k
Die statisch unbestimmte Wirkung entspricht den Z
durch die Vorverformung ausgelösten Schnittgrößen Mk
ıi k D M i dx
und kann mit den üblichen Verfahren der Baustatik Ec I.x/
Z
ermittelt werden. Bei Verwendung des Kraftgrößen- Nk
C Ni dx : (13.64)
verfahrens sind die Vorverformungen identisch mit Ec A.x/
den am statisch bestimmten Hauptsystem durch die
statisch bestimmte Wirkung hervorgerufenen Form- infolge der virtuellen Einheitskraftgrößen folgt unmit-
änderungen ıi 0 (Mi und Ni sind die Schnittgrößen telbar die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspan-
der Einheitsspannungszustände infolge der statisch nung aus der Verträglichkeitsbedingung über die Lö-
Unbestimmten Xi ). sung eines linearen Gleichungssystems:
Z 2 32 3 2 3 2 3
P .x/  zp .x/ ı11 ı12 : : : ı1k X1 ı10 0
ıi 0 D M i  dx 6 76 7 6 7 6 7
Ec I.x/ 6 ı21 ı22 : : : ı2k 7 6 X2 7 6 ı20 7 6 0 7
Z 6 76 7 6 7 6 7
6 : : : 76 7C6 7D6 7
C Ni 
P .x/
dx (13.63) 6 :: :: : : ::: 7 6 ::: 7 6 ::: 7 6 ::: 7
Ec A.x/ 4 54 5 4 5 4 5
ıi 1 ıi 2 : : : ıi k Xk ıi 0 0
Angesichts der hohen Drucknormalkräfte aus Vorspan- (13.65)
nung kann der Normalkraftanteil erhebliche Verfor-
mungsbeiträge liefern und sollte z. B. bei Rahmen be- ) ŒXk  D  Œıi k T Œıi 0  : (13.66)
520 13 Statisch unbestimmte Systeme

Die Gesamtwirkung der Vorspannung, d. h. die 13.4.2.3 Anmerkungen zum statisch


Schnittgrößen des Betonquerschnitts, ergeben sich aus unbestimmten Anteil der Vorspannung
der Überlagerung der statisch Unbestimmten Xi mit
der statisch bestimmten Wirkung. Anhand Gl. (13.68b) wird deutlich, dass die statisch
X unbestimmte Wirkung der Vorspannung analog zu
Mp D Mp;dir C Xi Mi ; (13.67a)
Schnittgrößen aus Lasten an das Verhältnis der
i
X ortsabhängigen Steifigkeiten gekoppelt ist und nicht
Np D Np;dir C Xi Ni ; (13.67b) wie Zwangschnittgrößen vom Absolutwert abhängen.
i Damit ist ein fundamentaler Unterschied zwischen
X
Vp D Vp;dir C X i Vi (13.67c) Zwang und statisch unbestimmter Wirkung begründet,
i dem auch durch den Sprachgebrauch Rechnung
getragen werden sollte: Die „statisch unbestimmte
In Abb. 13.31a ist die Anwendung des Kraftgrößen-
Wirkung“ sollte klar von „Zwangschnittgrößen“ ab-
verfahrens anhand eines Zweifeldträgers dargestellt;
gegrenzt werden. Die statisch unbestimmte Wirkung
Mp;ind folgt aus dem Gleichungssystem (13.66) für das
wird daher – im Unterschied zu äußerem Zwang –
einfach statisch unbestimmte System zu
durch den Steifigkeitsverlust infolge Rissbildung oder
ı10 Kriechen nur unwesentlich beeinflusst (vgl. König u.
Mp;ind D X1 D  (13.68a)
ı11 Maurer 1993; Rosemeier 1996); erst durch die Bil-
R P .x/  zp .x/ dung ausgeprägter Fließgelenke tritt eine Reduktion
2l M1  dx ein. Die Berechnung kann daher mit ausreichender
EI.x/
D R : (13.68b) Genauigkeit am ungerissenen Querschnitt erfolgen.
M1
M 1  dx Die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspan-
2l
EI.x/
nung resultiert aus der Verformungsbehinderung des
Die Berechnung über Vorverformungen liefert die sta- Gesamtsystems; lokalen Effekten kommt daher nur
tisch bestimmten und unbestimmten Anteile der Vor- wenig Einfluss zu. Bei Vorspannung mit Verbund be-
spannung getrennt. Für Standardfälle der Spannglied- wirkt die Zusatzdehnung des Spannstahls in gerisse-
führung bei Durchlaufträgern mit EI D const: enthält nen Querschnitten einen lokalen Anstieg der Spann-
z. B. Duddeck u. Ahrens (1982) tabellarisch aufbereitet kraft; die Auswirkungen auf die statisch unbestimm-
die statisch bestimmten und unbestimmten Einspann- te Wirkung sind dagegen nur gering. Damit sind den
momente. Nachweisen im GZG und GZT im Prinzip identische
Schnittgrößen MP;ind , Np;ind und Vp;ind auf Grundlage
des Mittelwerts der Vorspannkraft Pmt zum betrachte-
13.4.2.2 Berechnung über Anker- ten Zeitpunkt zugrunde zu legen. Unterschiede ergeben
und Umlenkkräfte sich allerdings durch die unterschiedliche Berücksich-
tigung möglicher Streuungen der Vorspannkraft (vgl.
Als Alternative zum Ansatz von Vorverformungen Abschn. 13.4.3).
können die Verankerungs- und Umlenkkräfte der Im Übrigen wird die statisch unbestimmte Wirkung
Spannglieder als äußere Lasten auf das statisch bei üblichen Systemlängen auch durch eine lokale Re-
unbestimmte System aufgebracht werden. Die Berech- duktion bzw. einen lokalen Ausfall der Spannkraft z. B.
nung der resultierenden Schnittgrößen kann wieder infolge Spannungsrisskorrosion nur wenig beeinflusst;
mit den gängigen Verfahren der Baustatik erfolgen der Störbereich, in dem die Spannkraft reduziert ist,
und liefert – im Unterschied zur Berechnung über umfasst die zweifache, für die Eintragung der Spann-
Vorverformungen – bereits die Gesamtwirkung der kraft erforderliche Verbundlänge. Die i. Allg. geringen
Vorspannung. Die Aufteilung in statisch bestimm- Auswirkung sowohl von Zusatzdehnungen im Riss als
ten und unbestimmten Anteil muss nachträglich auch von lokalen Reduktionen werden deutlich, wenn
erfolgen. In Abb. 13.31b wird das Vorgehen bei die Wirkung der Vorspannung über Anker- und Um-
Verwendung des Kraftgrößenverfahrens zur Schnitt- lenkkräfte dargestellt wird.
größenermittlung dargestellt. Die Berechnung über Betrag und Vorzeichen der statisch unbestimmten
Anker- und Umlenkkräfte erlaubt damit den Einsatz Wirkung werden durch die Vorspannkraft und die
einfacher Stabwerkprogramme, die nicht über ein Spanngliedführung gesteuert. Der Schnittgrößenver-
„Spannbeton“-Modul verfügen müssen. Wesentliche lauf selbst ist allerdings – analog zum Zwang – von
Vorteile bietet dieses Verfahren insbesondere bei den Lagerungsbedingungen des Tragwerks abhängig.
Flächentragwerken. Bei diskreter Lagerung verläuft Vp;ind zwischen den
13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte Balken 521

P P MP
0/ und dem Wert Pf  P zp1 in Feldmitte (! Last-
zustand, für Überlagerung mit ıi k -Tafeln aufzuteilen
MP,ind in einen parabelförmigen Verlauf mit Stich Pf und
einem konstanten Wert P zp1 ). Der Einheitszustand
entspricht einem konstanten Biegemoment M1 D X1 .
Nach Gl. (13.64) ergeben sich die Formänderungsinte-
a Rahmen
grale unter Verwendung der Integraltafeln zu
Schwerlinie Z
M0
P P ı10 D M1  dx
EI
2Pf l P zp1 l
MP,ind D  ; (13.69)
Z 3EI EI
M1
MP ı11 D M1  dx
b gevouteter Träger
EI
l
Abbildung 13.32a,b Statisch unbestimmte und gesamte Wir- D : (13.70)
kung der Vorspannung bei ausgewählten Systemen
EI
Aus der Kontinuitätsbedingung nach Gl. (13.65) er-
rechnet sich die statisch unbestimmte Wirkung:
Lagern konstant bzw. ist Null, Mp;ind weist dem ent- Š
ı10 C X1  ı11 D 0 (13.71)
sprechend einen linearen bzw. konstanten Verlauf auf
ı10
(Abb. 13.32). ) X1 D 
Bei Durchlaufträgern wird i. Allg. ein positives ı11
Moment aus statisch unbestimmter Wirkung über der 2
D Pf C P zp1 : (13.72)
Stütze angestrebt; wesentliche Vorteile bietet dies 3
bei Querschnitten mit hochliegender Schwerachse
Aus der Überlagerung von statisch bestimmtem Anteil
wie z. B. Plattenbalken oder Hohlkästen, bei denen
M0 D Mp;dir und statisch unbestimmten Mp;ind D X1 
der geometrische Hebelarm der Spannglieder und
M1 folgt das Stützmoment (Randmoment) zu
damit die statisch bestimmte Wirkung über der
Stütze im Vergleich zum Feld deutlich verringert ist Mp;St D M0 C X1 M1 (13.73a)
(Abb. 13.31). Durch die geschickte Wahl der Spann- 2
gliedführung kann ein ausgewogenens Verhältnis der D P zp1 C Pf C P zp1 (13.73b)
3
Schnittgrößen aus Last und Vorspannung entlang des 2
gesamten Trägers erreicht werden. Daneben ist auch D Pf : (13.73c)
eine zwängungsfreie, sog. konkordante Vorspannung 3
möglich; die Vermeidung der statisch unbestimmten Das Stützmoment ist offensichtlich unabhängig von
Wirkung bietet allerdings keine wesentlichen Vorteile. der Spanngliedexzentrizität über der Stütze. Gleiches
Eine Sonderstellung bei der Berechnung der Vor- gilt für das resultierende minimale Feldmoment mit
spannwirkung nehmen beidseitig eingespannte Bal- Mp;F D 1=3Pf .
ken ein, die idealisiert das Innenfeld eines unendlich Wird das Spannglied gerade geführt, heben sich sta-
langen Durchlaufträgers abbilden. Bei parabolischer tisch bestimmte und statisch unbestimmte Wirkung un-
Spanngliedführung (Abb. 13.33b und c) ist das Vor- abhängig von den gewählten Endexzentrizitäten stets
spannmoment unabhängig von den gegebenenfalls un- auf (Abb. 13.33d). Gerade Spannglieder bewirken da-
terschiedlichen Endexzentrizitäten zp ; aus der Betrach- mit keine Biegeverformung des Balkens (formtreue
tung mit Umlenkkräften folgt unmittelbar Mp;St D Vorspannung).
2=3Pf und Mp;F D 1=3Pf . Mit entsprechend aufbereiteten Integraltafeln lassen
Mit dem Kraftgrößenverfahren kann dies unter Nut- sich auch komplexere Spanngliedverläufe bei Durch-
zung von Integraltafeln ebenfalls schnell gezeigt wer- laufträgern schnell mit dem Kraftgrößenverfahren er-
den (Abb. 13.33b): Am statisch bestimmten Hauptsys- fassen und sind damit insbesondere in der Entwurfs-
tem (wegen Symmetrie nur eine Unbekannte Kraftgrö- phase ein wertvolles Hilfsmittel. Im Anhang sind eini-
ße X1 ) entsteht aus Vorspannung die bekannte parabel- ge häufig vorkommende Spanngliedverläufe enthalten;
förmige Momentenverteilung (statisch bestimmter An- ıi k -Werte für weitere Verläufe sind u. a. in Duddeck u.
teil Mp;dir D P zp .x/) mit Randmoment P zp1 .zp1 < Ahrens (1982) zu finden.
522 13 Statisch unbestimmte Systeme

13.4.2.4 Auswirkungen zeitabhängigen Verhaltens

Im Unterschied zu Zwangschnittgrößen wird die sta-


tisch unbestimmte Wirkung durch Kriechen nur im
gleichen Maß wie die Spannkraft selbst reduziert. Dies
a Idealisierung eines Durchlaufträgers mit unendlich vielen Feldern wird ebenfalls unmittelbar aus Gl. (13.68b) deutlich.
als beidseits eingespannter Träger
Bei der Berechnung der zeitabhängigen Spannkraft-
P P
verluste nach der in Abschn. 5.3.3 vorgestellten Nä-
f zp1 (zp1 < 0)
herung für einsträngige Vorspannung sollte allerdings
die Änderung der elastischen Betondehnung auf Höhe
X1 Hauptsystem
des Spannglieds aus der zeitlichen Änderung der sta-
X1
tisch unbestimmten Wirkung zusätzlich berücksichtigt
- werden. Der Aufbau von Gl. (5.72c) zeigt, dass dies
Lastzustand
-P .zp1 + P .f +
M0 (= Mdir) näherungsweise über einen fiktiven Hebelarm zQcp er-
folgen kann:
Einheitszustand
1,0 + Mp;dir C Mp;ind
M1
zQcp D : (13.74)
P
statisch unbestimmte Wirkung
- 2/3 P .f + P .zp1 Aus Gl. (5.81) wird:
"cs1 Ep C  pr
1/3 Pf
Überlagerung 
C˛p '.1; t0 / cg C cp0
Mp 2/3 Pf  p;cCsCr D   :
A
1 C ˛p Apc 1 C AIcc  zcp  zQcp
b parabelförmige Spanngliedführung
 .1 C 0;8  '.1; t0 //
P P
zp2 (13.75)
f
Die Berücksichtigung der statisch unbestimmten Wir-
kung bei der Berechnung der Spannkraftverluste ist al-
P P
lerdings normativ nicht vorgegeben.
f zp= 0

1/3 Pf 13.4.2.5 Grenzfälle – Vorspannen


Mp 2/3 Pf bei behinderter Längsverformung

c parabelförmige Spanngliedführung - Mp unverändert Die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspannung


beinhaltet neben den Schnittgrößen aus behinderter
P
P Biegeverformung natürlich auch jene aus behinderter
zp
Längsverformung. Insbesondere letztere können die
P geplante Wirkung der Vorspannung erheblich beein-
zpA flussen. Im Brückenbau wird i. d. R. durch die Wahl
P spezifisch längs- und querverschieblicher Lager eine
für Normalkräfte statisch bestimmte Lagerung ange-
P strebt; im allgemeinen Sprachgebrauch werden daher
zpB
zpA oft mit „statisch unbestimmter Wirkung“ lediglich die
P Schnittgrößen aus behinderter Biegeverformung um-
schrieben; dies sollte nicht dazu verleiten, die Normal-
Mp = 0 kraftwirkung ausser Acht zu lassen.
d gerade Spanngliedführung Im Unterschied zur üblichen Praxis des Brücken-
baus treten bei den i. Allg. monolithischen Tragwerken
Abbildung 13.33a–d Gesamtwirkung der Vorspannung bei
beidseitig eingespannten Balken (Längsverformung als nicht be- des Hochbaus Behinderungen der Längsverformungen
hindert angenommen) durch starre Widerlager wie z. B. Wandscheiben auf.
Bei Vorspannung gegen (annähernd) starre Widerla-
ger, z. B. nach Abb. 13.34, wirken die Ankerkräfte
13.4 Vorgespannte, statisch unbestimmte Balken 523

P P P P
up
f

Spanngliedverlauf 1 Mp,ind,2
-

P P P P Mp,ind,1

Nur Umlenkkraft wirksam! b zugehörige statisch unbe-


f stimmte Anteile der
Vorspannung
P P Spanngliedverlauf 2

gerades Spannglied
a Spanngliedverläufe

Abbildung 13.35a,b Idealisiertes Innenfeld eines Durchlaufträ-


P P gers – Auswirkungen unterschiedlicher Völligkeit des Spann-
Vorspannung für Riegel nutzlos! gliedverlaufs auf das statisch unbestimmte Moment infolge Vor-
spannung
a steife Rahmenstiele

A Schnitt A - A
schnittsebene in die Nachweise eingeführt und, abhän-
gig vom gewählten Ansatz nach Abschn. 5.4.5, ent-
up weder als Querschnittswiderstand oder als Einwirkung
betrachtet. Die statisch unbestimmte Wirkung der Vor-
P P spannung wird dagegen konsequent als äußere Ein-
wirkung angesetzt. Für Nachweise in den Grenzzu-
ständen der Gebrauchstauglichkeit errechnet sich die
A
statisch unbestimmten Wirkung entsprechend dem Si-
Starre Bodenplatte kann sich kaum verkürzen; horizontaler Anteil
der Vorspannkraft geht zu großen Teilen in die Bodenplatte! cherheitskonzept in DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1 aus
dem charakteristischen Wert der Spannkraft Pk (vgl.
b Vorgespannter Brückenquerträger
Abschn. 5.4.2). Für Nachweise im Grenzzustand der
Abbildung 13.34a,b Schnittgrößen infolge Vorspannung bei Tragfähigkeit ist dagegen Pd D p  Pmt mit p D 1;0
behinderter Verkürzung des Bauteils – Beispiele anzusetzen (vgl. Abschn. 5.4.3).

nicht oder nur teilweise auf das vorzuspannende Bau- 13.4.4 Entwurfsstrategien unter Nutzung
teil. Sofern für Abb. 13.34a die Rahmenstiele – z. B. der statisch unbestimmten Wirkung
aussteifende Wandscheiben – nicht für die Aufnahme
der Vorspannkräfte ausgelegt sind, ist mit erheblicher Das effektive Vorspannmoment bei Durchlaufträgern
Rissbildung zu rechnen. Für Nachweise des Rahmen- kann mit Hilfe der statisch unbestimmten Wirkung
riegels (z. B. Deckenplatten) können die Normalkräfte zwischen Feld und Stütze verschoben werden. Je völ-
nur bedingt angesetzt werden, während die Schnittgrö- liger die Spanngliedführung ist, desto größer wird das
ßen aus Umlenk- und Reibungskräften unabhängig von statisch unbestimmte Moment. Damit wird die Wir-
der Verformungsbehinderung wirken. Im Zweifelsfall kung der Vorspannung an der Stütze (Oberseite) ver-
sollte auf den Ansatz der Normalkraft verzichtet wer- größert und umgekehrt im Feld (Unterseite) verringert.
den (vgl. Wicke u. Maier 2002). In Abb. 13.35 ist dies am als beidseitig eingespannten
Balken modellierten Innenfeld eines Durchlaufträgers
dargestellt.
13.4.3 Ansatz der statisch unbestimmten Da der Nachweis der Dekompression bei vorwie-
gend biegebeanspruchten Bauteilen der einzige Nach-
Wirkung in Nachweisen weis ist, der allein durch die Größe der Vorspannkraft
gesteuert wird, während alle anderen Nachweise auch
In der Bemessung werden statisch bestimmte und sta- durch die Menge an Betonstahlbewehrung beeinflusst
tisch unbestimmte Anteile i. Allg. getrennt berücksich- werden können, dient der Dekompressionsnachweis
tigt. Unabhängig vom statischen System wird der sta- zur Ermittlung der erforderlichen Spannstahlmenge (s.
tisch bestimmte Anteil als Vordehnung ".0/pmt auf Quer- Abschn. 11.4.8.1).
524 13 Statisch unbestimmte Systeme

My
Biegemoment
der Platte
GIT = 0
T

GIT = 0
GIT = 0 GIT = 0

a Gleichgewichtstorsion b Verträglichkeitstorsion c Randunterzug

Abbildung 13.36a–c Unterscheidung zwischen Gleichgewichts- und Verträglichkeitstorsion

Für Durchlaufträger kann aus den Dekompressions- Pk;inf MEd;S  Pk;inf  zcp;S
c;dek;S D C
bedingungen für den Stütz- und Feldquerschnitt ei- Ac;S WS;dek
ne Bestimmungsgleichung für die erforderliche Vor- Pk;inf  zp;ind;S Š
spannkraft abgeleitet werden, die eine vorherige Er- C D 0: (13.77)
WS;dek
mittlung des statisch unbestimmten Anteils umgeht.
Unter der Voraussetzung ungerissener Querschnitte Nach Umformen folgt aus den Gln. (13.76) und (13.77)
(Zustand I) gilt für den Feldquerschnitt (s. Gl. 11.61)

1
Pk;inf MEd;F  Pk;inf  zcp;F 0D MEd;F
c;dek;F D C WF;dek
Ac;F WF;dek  
Pk;inf  zp;ind;F Š WF;dek
C D 0: Pk;inf C zcp;F C zp;ind;F ; (13.78)
WF;dek
(13.76) Ac;F

1
In Gl. (13.76) bezeichnen: 0D MEd;S
WS;dek
 
MEd;F Feldmoment infolge Eigengewicht und nicht WS;dek
Pk;inf C zcp;S C zp;ind;S : (13.79)
ständigen Einwirkungen aus der für den De- Ac;S
kompressionsnachweis maßgebenden Einwir-
kungskombination Da die Klammerausdrücke in den Gln. (13.78) und
Pk;inf charakteristischer Wert der Vorspannkraft zum (13.79) jeweils D 0 sind, muss dies auch für deren Dif-
maßgebenden Zeitpunkt (i. d. R. t ! 1), wei- ferenz gelten. Es folgt
tere Erläuterungen s. u. 0
zcp;F Exzentrizität der Vorspannung im Feld (nach B WF;dek WS;dek
unten positiv) MEd;F  MEd;S  Pk;inf @ 
Ac;F Ac;S
zp;ind;F effektive Exzentrizität des statisch unbe-
stimmten Anteils der Vorspannung 1
D Mp;ind;F =Pk;inf C Š
WF;dek Widerstandsmoment im Feld Czcp;F  zcp;S C zp;ind;F  zp;ind;S A D 0 :
„ ƒ‚ …
Ac;F Betonquerschnittsfläche im Feld. D0
(13.80)
Da Gl. (13.76) hier für Entwurfszwecke herangezo-
gen wird, sind vereinfachend die Querschnittswerte Da bei symmetrischer Spanngliedführung der statisch
des Bruttoquerschnitts (! Ac ; W; : : : ) zu verwenden. unbestimmte Anteil der Vorspannung über die Träger-
Das Widerstandsmoment bezieht sich jeweils auf die länge konstant ist, gilt zp;ind;F D zp;ind;S . Nach Pk;inf
gewählte Dekompressionslinie, z. B. nach DIN 1045-1 aufgelöst, folgt mit Gl. (13.81) ein Ausdruck, der nur
auf den Querschnittsrand. mehr von den Biegemomenten an Feld und Stütze so-
Für den Stützquerschnitt folgt analog wie geometrischen Größen abhängig ist.
Literatur 525

MEd;F  MEd;S Mindestbewehrung in Form von Bügeln und


Pk;inf D WF;dek WS;dek
(13.81)
Ac;F
 Ac;S
C zcp;F  zcp;S Längsstäben erforderlich. Klassische Beispiele für
Verträglichkeitstorsion sind Randunterzüge bei
In Gl. (13.81) sind alle Größen einschließlich ihrer Deckensystemen (Abb. 13.36c).
Vorzeichen einzusetzen (i. Allg. MEd;S , WS;dek , zcp;S <
0). Mit geschätzten Spannkraftverlusten .1  ˛/ D
Pmt =Pm0 (i. d. R. ˛  0;1–0,2) kann die mindestens Normenregelung nach DIN 1045-1
erforderliche Vorspannkraft zum Zeitpunkt t D 0 er- und EN 1992-1-1
mittelt werden, mit der gleichzeitig die Dekompressi- DIN 1045-1, 10.4.1 (2) sowie EN 1992-1-1, 6.3.1 (2) erlau-
onsbedingungen im Feld und an der Stütze erfüllt sind. ben die Vernachlässigung von Torsionsbeanspruchungen
bei Verträglichkeitstorsion. Nach beiden Regelwerken
Pk;inf
Pm0;min D (13.82) wird eine Mindestbewehrungsmenge wie für querkraftbe-
.1  ˛/  rinf anspruchte Trägerstege als ausreichend angesehen.
Hierbei stellt Pm0;min einen unteren Grenzwert dar. In
Praxis muss, da die Verteilung mit der statisch unbe-
stimmten Wirkung optimiert wurde und auch in den
Zwischenpunkten Dekompression eingehalten werden
muss, mit einer etwas höheren erforderlichen Vor- Literatur
spannkraft gerechnet werden.
A HNER, C.; K LIVER, J.: Development of a new con-
cept for the rotation capacity in DIN 1045-1. In:
Leipzig Annual Civil Engineering Report (LACER)
13.5 Torsion in statisch unbestimmten 3 (1998), S. 213–236
Systemen A HNER, C.; K LIVER, J.: Part II: Development of a new
Concept for the Rotation Capacity in DIN 1045-1.
Wie in Abb. 8.9 dargestellt, nimmt die Torsionssteifig- In: Leipzig Annual Civil Engineering Report (LA-
keit durch Rissbildung im Vergleich zur Biegesteifig- CER) 4 (1999), S. 383–392
keit deutlich stärker ab. Dieses Verhalten führt zu ei- A LVAREZ, M.: Einfluss des Verbundverhaltens auf das
ner für statisch unbestimmte Systeme relevanten Diffe- Verformungsvermögen von Stahlbeton, ETH Zürich,
renzierung zwischen Gleichgewichts- und Verträglich- Diss., 1998
keitstorsion:
BACHMANN, H.: Zur plastizitätstheoretischen Berech-
• Gleichgewichtstorsion nung statisch unbestimmter Stahlbetonbalken, ETH
Torsionsmomente sind zur Erfüllung des statischen Zürich, Diss., 1967
Gleichgewichts notwendig (Abb. 13.36a); die erfor- BACHMANN, H.: Hochbaukonstruktion. In: Z ILCH , K.
derliche Torsionstragfähigkeit muss im Rahmen ei- U . A . (Hrsg.): Handbuch für Bauingenieure. Berlin :
ner Bemessung gewährleistet werden. Springer, 2001, S. 3/60 – 3/126
• Verträglichkeitstorsion CEB: Structures Hyperstatiques. Lausanne : Comité
Sofern bei statisch unbestimmten Systemen Tor- Euro-International du Béton, 1976 (CEB Bulletin
sionsmomente nur aus der Verträglichkeit der d’Information No. 105)
Verformungen resultieren, kann auch bei Annahme CEB: Ductility of Reinforced Concrete Structures.
torsionsweicher Stäbe (GIT ! 0 ) T ! 0) Lausanne : Comité Euro-International du Béton,
das statische Gleichgewicht erfüllt werden. Bei 1998 (CEB Bulletin d’Information No. 242)
Verträglichkeitstorsion kann daher auf eine Torsi-
onsbemessung verzichtet werden; damit einher geht DA F S TB: Erläuterungen zu DIN 1045-1. Berlin :
allerdings die Erhöhung anderer Schnittgrößen, Beuth, 2003 (DAfStb-Heft 525)
im Beispiel nach Abb. 13.36b etwa der Biege- DE B ORST , R.; M EYER, Ch.: Numerische Probleme
momente im Querstab. Die Vernachlässigung der bei nichtlinearem Tragwerksverhalten. In: Der Inge-
Torsionsmomente setzt allerdings voraus, dass die nieurbau – Grundwissen. Bd. 6: Rechnerorientierte
Schnittgrößenumlagerungen durch Verformungen, Baumechanik. Berlin : Ernst & Sohn, 1995, S. 427–
d. h. einen Abbau der Torsionssteifigkeit durch 488
Rissbildung, realisiert wird. Zur Vermeidung brei- D UDDECK, H.; A HRENS, H.: Statik der Stabtragwer-
ter, die Gebrauchstauglichkeit bzw. Dauerhaftigkeit ke. In: Betonkalender 1982. Berlin : Ernst & Sohn,
gefährdender Risse wird daher eine konstruktive 1982, S. 581–824
526 13 Statisch unbestimmte Systeme

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Literatur 527

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Sohn, 2004, Kapitel 221-373 406
Kapitel 14
Dauerhaftigkeit

14.1 Allgemeines – Beeinträchtigung des Korrosionsschutzes der


Bewehrung
Die Gewährleistung der Dauerhaftigkeit bedeutet, dass – Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes.
die für den Erhalt von Tragfähigkeit und Gebrauchs- Die Schadensbilder sind eng mit den jeweils auf das
tauglichkeit erforderlichen Eigenschaften während der Tragwerk einwirkenden Umwelteinflüssen verknüpft;
Nutzungsdauer mit dem üblichen Wartungsaufwand Maßnahmen zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit im
aufrecht erhalten werden. Die auf das Tragwerk oder Rahmen von Planung und Ausführung müssen daher
Bauteil einwirkenden, chemischen oder physikali- auf die herrschenden Umgebungsbedingungen abge-
schen Umwelteinflüsse dürfen damit auch langfristig stimmt sein. In Bemessungsnormen werden allerdings
keine nachteiligen Auswirkungen auf die geplanten nur diejenigen Maßnahmen, Kennwerte und Anfor-
und vereinbarten Eigenschaften nach sich ziehen. Die derungen z. B. der Betontechnologie aufgenommen,
Dauerhaftigkeit ist eine fundamentale Anforderung die einen unmittelbaren Einfluss auf die Bemessung
an Tragwerke, deren Sicherstellung damit gleichran- der Bauteile haben, also neben den impliziten rech-
gig neben der Bemessung in den Grenzzuständen nerischen Nachweisen der Dauerhaftigkeit (Rissbrei-
steht. Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit von tenbegrenzung, Dekompression, etc.) und Konstrukti-
Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen wird durch zwei onsregeln (Mindestbewehrung) auch Mindestwerte der
Schadensszenarien, die mit dem Überbegriff Korro- Betondeckung und der Betondruckfestigkeit. Weitere
sion (lat. corrodere: : : zernagen) zusammengefasst Aspekte zur Wahrung der Dauerhaftigkeit sind:
werden, bedroht:
• Betontechnologische Maßnahmen (z. B. geeignete
• Korrosion der Bewehrung (Abb. 14.1) Zusammensetzung des Betons)
– Reduktion des Stabquerschnitts und damit der
Tragfähigkeit
– Einschränkung der Duktilität und der Ermü-
dungsfestigkeit
– schlagartiges Versagen ohne Vorankündigung
bei Spannstahl
– bei flächiger Korrosion Absprengen der Beton-
deckung
– Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes durch
Rostfahnen
• Angriff auf den Beton (Betonkorrosion, Abb. 14.2)
– Zerstörung des Betongefüges
– Reduktion des Festigkeit
– Reduktion des Querschnitts Abbildung 14.1 Korrosionsschaden an einer Stütze

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 529


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
530 14 Dauerhaftigkeit

on entstehende Kalziumhydroxid (Ca(OH)2 ) – bildet


sich auf der Stahloberfläche ein mikroskopisch dünner
Überzug aus Oxidationsprodukten, die Passivschicht,
die eine Korrosion des Stahls verhindert. Die Zerstö-
rung der Passivschicht und damit des Korrosionsschut-
zes der Bewehrung, die Depassivierung der Stahlober-
fläche, tritt ein, wenn der Beton bis an die Bewehrung
karbonatisiert ist oder Chloride die Stahloberfläche er-
reichen.

• Karbonatisierung des Betons


Das in luftgefüllte Poren des Zementsteins eindif-
Abbildung 14.2 Aufgelockertes Gefüge eines frostgeschädig- fundierende Kohlendioxid (CO2 ) reagiert mit dem
ten Betons
alkalischen Kalziumhydroxid zu neutralem Kalzi-
umkarbonat (Ca(OH)2 C CO2 ! CaCO3 C H2 O).
In karbonatisiertem Beton sinkt der pH-Wert unter
• Herstellung und Verarbeitung (z. B. ausreichende
9. Der Karbonatisierungsfortschritt nimmt mit der
Verdichtung)
Permeabilität des Zementsteins, die primär durch
• Nachbehandlung (z. B. Schutz vor frühzeitigem
Porenstruktur und Porengrößenverteilung bestimmt
Austrocknen).
wird, zu, mit steigendem Gehalt an Ca(OH)2 und
Im Folgenden wird ein geraffter Überblick über Porenwasser ab. Die Porosität des Zementsteins
Schädigungsprozesse und Einflussparameter gegeben. ist proportional zum Verhältnis der Massenanteile
Ausführlichere Zusammenfassungen der relevanten von Wasser und Zement (w/z-Wert). Der Gehalt an
Aspekte zur Dauerhaftigkeit im Betonbau sind in Ca(OH)2 ist zudem mit der Klinkermenge im Ze-
Rostam (1999); Schießl u. a. (2004) zu finden. We- ment verknüpft.
sentliche Fragen der Korrosion von Bewehrung in • Eindringen von Chloriden
Beton werden darüber hinaus in Schießl (1976, 1986); Chloride, d.h. negativ geladene Ionen von Salzen
Nürnberger u. a. (1988); Nürnberger (2002) behandelt. (Natrium-, Calzium- und Magnesiumchlorid NaCl,
CaCl2 , MgCl2 ) sind in Meerwasser und Tausalzen,
aber auch in der Luft (Sprühnebel von Verkehrs-
14.2 Schädigungsmechanismen flächen, Gischt, Abgase nach einem PVC-Brand)
enthalten. Das Eindringen von Chloriden ist an
die Transportvorgänge des Porenwassers – Diffusi-
14.2.1 Korrosion der Bewehrung on und kapillares Saugen – gekoppelt. Wechseln-
de Naß-Trocken-Phasen, wie sie z. B. im Spritzwas-
Korrosion der Bewehrung tritt in Stahlbeton- und serbereich vorliegen, bieten die günstigsten Rand-
Spannbetonbauteilen in unterschiedlichen Formen bedingungen für hohe Chloridanreicherungen, da
in Erscheinung; für Betonstahlbewehrung ist die durch kapillares Saugen bei Befeuchten ansonsten
Sauerstoffkorrosion, das „Rosten“ dominant, bei trockenen Betons im Vergleich zur reinen Diffusion
Spannstählen tritt zudem Spannungsrisskorrosion, im wassergesättigten Beton deutlich größere Chlo-
häufig in Kombination mit Wasserstoffversprödung ridmengen transportiert werden können.
auf. Da Ablauf und Ausprägung der Korrosionspro- Anreicherung und Eindringtiefe von Chlorid
zesse sich in ungerissenem und gerissenem Beton zum nehmen mit der Permeabilität bzw. Porosität zu.
Teil unterscheiden, werden zunächst die in ungeris- Gleichzeitig ist der Zementstein in der Lage,
senem Beton ablaufenden Schädigungsmechanismen einen Teil der Chloride zu binden. Wegen der
betrachtet. mit zunehmendem Hydratationsgrad verringer-
ten Permeabilität steigt der Eindringwiderstand
gegenüber Chlorid auch mit dem Betonalter bei
14.2.1.1 Depassivierung (ungerissener Beton) der ersten wesentlichen Chloridbeanspruchung
an. Dies sollte, soweit möglich, bei der Termin-
Durch die hohe Alkalität des im Zementstein enthalte- und Bauablaufplanung insbesondere für Bauteile
nen Porenwassers mit pH-Werten von 12,5 bis 13,5 – an tausalzbehandelten Verkehrsflächen bedacht
primär bewirkt durch das bei der Zementhydratati- werden.
14.2 Schädigungsmechanismen 531

Schädigungsgrad H2O (Elektrolyt) O2 Oberfläche

Beton
Grenzschädigung
c 2(OH)-
Fe++
Absprengen der
Betondeckung
Depassivierung ds e--
e
Rissbildung

Zeit Potentialdifferenz
Einleitungsphase Schädigungsphase

Abbildung 14.3 Charakteristischer Ablauf der Bewehrungskor- Anode: Oxidation Kathode: Reduktion
rosion in zwei Phasen am Beispiel der Karbonatisierungsinduk- Fe ® Fe +++ 2e - H 2O + 1 O2 + 2e - ® 2(OH ) -
tion (in Anlehnung an Tuutti 1982) 2

Abbildung 14.4 Korrosion von Stahl im Beton – Mechanismen

Die Korrosion von Bewehrung läuft in zwei charak-


teristischen Phasen, der Einleitungs- und der Schädi- • Mikrokorrosionselemente
gungsphase ab (Abb. 14.3). In der ersten Phase dringt Wenn die beiden Teilprozesse örtlich nicht trenn-
die Karbonatisierungs- bzw. die Chloridfront bis zur bar und gleichzeitig ablaufen, entstehen Mikrokor-
Stahloberfläche vor. Am Ende der Einleitungsphase ist rosionselemente, die zu gleichmäßiger, abtragen-
der Stahl nach Depassivierung korrosionsbereit. In der der Korrosion führen (Abb. 14.5a). Diese Form tritt
Schädigungsphase setzt Korrosion ein und führt letzt- i. d. R. bei karbonatisierungsinduzierter Korrosion
lich zum Erreichen eines kritischen Zustandes (Grenz- auf. Durch die Volumenzunahme bewirkt flächige
zustand), z. B. zum Tragfähigkeitsverlust. Korrosion erhebliche Sprengdrücke, die zu Längs-
rissen entlang der Bewehrung und schließlich zum
Abplatzen der Betondeckung führen. Durch eine vi-
14.2.1.2 Korrosionsmechanismen suelle Prüfung des Bauteils kann diese Korrosions-
der Sauerstoffkorrosion art zumindest in fortgeschrittenem Stadium erkannt
werden.
Die Korrosion der Bewehrung läuft in zwei Teilprozes- • Makrokorrosionselemente
sen ab, dem anodischen und dem kathodischen Pro- Bei örtlich getrenntem anodischem und kathodi-
zess (Abb. 14.4). An der Anode geht das Eisen un- schem Prozess entstehen Makrokorrosionselemen-
ter Abgabe von Elektronen in Lösung (Gl. 14.1a). Mit te. Die Eisenauflösung läuft lokal begrenzt und im
den überschüssigen Elektronen entstehen an der Ka- Vergleich zur flächigen Korrosion oft beschleunigt,
thode aus Wasser und Sauerstoff negativ geladene Hy- mit erheblich größeren Abtragstiefen in Form von
droxidionen (Gl. 14.1b), die mit dem gelösten Eisen Lochfraßkorrosion ab (Abb. 14.5b). Diese Art der
zu Eisen(II)hydroxid reagieren (Fe2C C 2.OH/ ! Korrosion wird häufig durch das lokale Vordringen
Fe.OH/2 ). von Chloriden an die Stahloberfläche ausgelöst und
stellt gegenüber der flächigen Korrosion eine erheb-
Oxidation: Fe ! Fe2C C 2e (14.1a) lich größere Gefährdung der Tragfähigkeit dar. Im
Reduktion: 2e C H2 O C O2 ! 2(OH)
 1
2
Unterschied zur gleichmäßigen Abrostung ist Loch-
(14.1b) fraßkorrosion i.Allg. kaum an der Betonoberfläche
sichtbar; ein Charakteristikum sind schwarz gefärb-
Der Transport negativ geladener Ionen erfolgt über
einen Elektrolyten, z. B. Wasser. Die Entstehung der
bekannten Korrosionsprodukte, dem „Rost“ (z. B.
Fe2 O3 ), ist dem eigentlichen Korrosionsprozess nach-
geschaltet. Die Korrosionsprodukte weisen geringe
Festigkeiten auf, gleichzeitig ist die Oxidation des
Eisens mit einer Volumenzunahme verbunden. Die
unterschiedliche Lokalisierung des anodischen und ka-
a flächige Korrosion b Lochfraßkorrosion
thodischen Teilprozesses führt zu zwei verschiedenen
Formen der Korrosion: Abbildung 14.5a,b Erscheinungsformen der Korrosion
532 14 Dauerhaftigkeit

te Rostfahnen anstelle der bei flächiger Korrosion Eindringtiefe der


Karbonatisierungs- bzw. Chloridfront
typischen Rot- bis Braunfärbungen. in mm
t - Gesetz
50

14.2.1.3 Voraussetzungen und Einflussgrößen 40 c = 40 mm


(ungerissener Beton) Streubereich
30
c = 25 mm
Damit Korrosionsprozesse ablaufen können, müssen 20
die folgenden Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein
(vgl. Schießl 1986; Nürnberger u. a. 1988): 10
geplante Lebensdauer
• Die anodische Eisenauflösung muss möglich sein.
Bei lokaler oder flächiger Depassivierung ist dies 10 25 50 100
Alter des Bauteils in Jahren
erfüllt. Der kathodische Teilprozess läuft dagegen
auch bei passiver Stahloberfläche ab. Abbildung 14.6 Eindringtiefe der Karbonatisierungs- bzw.
• Ein Elektrolyt muss vorhanden sein. Chloridfront (schematisch, nach Schießl u. a. 2004)
Für den Ionentransport ist eine ausreichende Men-
ge freien Wassers im Beton erforderlich. Karbona-
tisierungsinduzierte Korrosion setzt erst bei Umge- obere Abschätzung kann die Dicke der karbonatisier-
bungsfeuchten  85% RH ein. Sie tritt also bei Bau- ten Schicht proportional zurpWurzel der Einwirkungs-
teilen in trockenen Innenräumen selbst dann nicht zeit angenommen werden ( t-Gesetz); tatsächlich ist
ein, wenn die Betondeckung vollständig karbona- die Eindringtiefe aufgrund der instationären Verhält-
tisiert ist. Durch die hygroskopische Wirkung von nisse des Außenklimas und chemischer Reaktionen in
Salzen ist chloridinduzierte Korrosion bereits bei der Betondeckung kleiner.
geringeren Umgebungsfeuchten möglich.
• Zu Bereichen mit kathodischen Teilprozessen muss
Sauerstoff zutritt haben. 14.2.1.4 Einfluss von Rissen
Sauerstoff ist i. Allg. in ausreichender Menge vor-
handen. Eine Ausnahme bildet wassergesättigter Im Bereich von Rissen quer zur Bewehrung erreicht
Beton, bei dem Korrosion damit nahezu ausge- die Karbonatisierungs- bzw. Chloridfront die Beweh-
schlossen ist. rung schneller, eine lokale Depassivierung der Stahl-
• Die elektrische Leitfähigkeit des Stahls muss gege- oberfläche tritt gegenüber ungerissenem Beton erheb-
ben sein. lich früher ein. In Rissen bilden sich vorwiegend Ma-
• Zwischen Anode und Kathode muss eine Potential- krokorrosionselemente, d. h. an der anodisch wirken-
differenz vorliegen. den Stahloberfläche im Riss tritt Lochfraßkorrosion
Potentialdifferenzen entstehen z. B. durch Inhomo- auf, während die Bewehrung zwischen den Rissen ka-
genitäten des Betongefüges, durch Belüftungsunter- thodisch wirkt (Abb. 14.7). Flächig abtragende Korro-
schiede oder durch lokale Depassivierung. sion im Riss (Mikroelementbildung) ist von unterge-
ordneter Bedeutung und wird zudem – im Gegensatz
Aus den Mechanismen, die zur Depassivierung der zur Lochfraßkorrosion – durch das Zusetzen des Ris-
Stahloberfläche und in der Folge zu Korrosion führen, ses mit Schmutz oder Korrosionsprodukten gehemmt.
lassen sich die dominierenden Einflussgrößen auf den Der Korrosionsfortschritt im Riss wird durch den
Korrosionswiderstand in ungerissenem Beton ableiten: kathodischen Teilprozess, d. h. die Sauerstoffzufuhr
über die Betondeckung, also deren Dicke und Permea-
• Eindringwiderstand der Betondeckung
bilität, die Feuchteverhältnisse im Beton und die räum-
• Dicke der Betondeckung.
liche Ausdehnung der Kathode gesteuert. Bei Loch-
Der Eindringwiderstand – primär durch Porenstruktur fraßkorrosion, insbesondere wenn Chloride im Riss
und Porengrößenverteilung bestimmt – hängt von ei- zum Betonstahl vordringen, wirkt sich das Größenver-
ner Vielzahl von Parametern, u. a. dem w/z-Wert, dem hältnis von kleinem anodischen Bereich im Riss und
Hydratationsgrad und der Nachbehandlung ab. Mit zu- großem kathodischen Bereichen zwischen den Ris-
nehmender Eindringtiefe der Karbonatisierungs- bzw. sen beschleunigend auf die Korrosionsgeschwindig-
Chloridfront wird der Eindringfortschritt reduziert; ei- keit aus und führt zu extrem hohen Abtragsraten.
ne vergrößerte Betondeckung wirkt sich damit über- Solange die Rissbreite unter 0,3–0,4 mm bleibt,
proportional auf den Widerstand aus (Abb. 14.6). Als kommt ihr gegenüber der Dicke und Dichtigkeit der
14.3 Prinzipien zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit 533

Karbonatisierungs- CO2 / Cl - O2 H 2O Oberfläche


bzw. Chloridfront
die Auslöser für die genannten Korrosionsformen
Beton auszuschalten.

2(OH)- 2(OH)-
e
- e
- 14.2.2 Betonangriff (Betonkorrosion)

Fe++ Rostprodukte Neben der Bewehrung ist auch der Beton Angrif-
fen ausgesetzt, die langfristige Schädigungen bis hin
Kathode
zur vollständigen Gefügeauflösung nach sich ziehen
Anode Kathode
können. Die Schädigungsmechanismen können nach
Potentialdifferenz physikalischen und chemischen Ursachen differenziert
Abbildung 14.7 Korrosionsmechanismen im Bereich von Ris- werden (vgl. Schießl u. a. 2004):
sen – Bildung von Makrokorrosionselementen
• physikalischer Angriff
– mechanisch (z. B. Abrieb, Verschleiß)
– thermisch (z. B. Frost, Frost-Tausalz)
Betondeckung nur geringe Bedeutung für den Korro-
• chemischer Angriff
sionsfortschritt zu; erst bei größeren Rissbreiten steigt
die Korrosionsintensität im Rissbereich erheblich an. – lösend (saurer Regen, Kohlensäure)
Ein Eindringen von Chloriden ist allerdings auch bei – treibend (Sulfat, Alkali-Kieselsäure-Reaktion)
kleineren Rissbreiten möglich (vgl. Schießl 1986; – kombiniert (Meerwasser).
Nürnberger u. a. 1988). Bauteile, die hohen Chlorid-
Mit Ausnahme des mechanischen Verschleißes sind
konzentrationen ausgesetzt sind, z. B. direkt befahrene
die Schädigungsmechanismen bei Betonkorrosion mit
Parkhausdecken, sind daher – weitgehend unabhängig
dem Eindringen von Wasser in den Beton und Trans-
von den auftretenden Rissbreiten – besonders kritisch
portmechanismen im Betongefüge verknüpft. Die phy-
zu beurteilen.
sikalische Barrierewirkung, d. h. der Widerstand ge-
gen Betonangriff, wird durch die Permeabilität und
damit durch Betonzusammensetzung, w/z-Wert, Bin-
14.2.1.5 Korrosion von Spannstahl
demittelart und Menge, Zugschlag, Betonzusatzmittel
und -stoffe, also primär betontechnologische Maßnah-
Neben abtragender Korrosion ist bei Spannstählen,
men gesteuert. Darüber hinaus kommt dem Hydrata-
abhängig von Material und Herstellungsprozess,
tionsgrad bzw. der Nachbehandlung von Beton große
durch die dauerhaft anliegende hohe Zugspannung
Bedeutung zu. Die Einflussgrößen sind – mit Ausnah-
Spannungsrisskorrosion (SpRK), ggf. in Kombi-
me der für Betonkorrosion nicht relevanten Betonde-
nation mit Wasserstoffversprödung, zu beobachten
ckung – mit denen der Bewehrungskorrosion weitge-
(vgl. Abschn. 3.5). Zur Initialisierung ist – wie
hend identisch.
bei der Sauerstoffkorrosion – die Depassivierung
der Stahloberfläche erforderlich. Da SpRK zu an-
kündigungslosen Sprödbrüchen führt, ist in ihr
ein erhebliches Gefährdungspotential zu sehen. 14.3 Prinzipien zur Sicherstellung
Grundsätzlich muss die Gefährdung durch Spannungs- der Dauerhaftigkeit
risskorrosion aber bereits durch die Zusammensetzung
und das Herstellungsverfahren des Stahls weitest-
gehend ausgeschlossen werden. Als ergänzende 14.3.1 Überblick
Maßnahme müssen die Spannstahlspannungen unter
Gebrauchslasten begrenzt werden (vgl. Abschn. 11.2). Angesichts der Schädigungsmechanismen, denen Be-
Davon abgesehen weist Spannstahl im Vergleich wehrung und Beton unterworfen sind, wird offensicht-
zu Betonstahl eine größere Sensitivität gegenüber lich, dass dauerhafte Tragwerke durch das Zusammen-
Sauerstoffkorrosion auf. Ziel der Bemessung ist spiel der folgenden Faktoren erreicht werden:
es, eine Depassivierung während der Lebensdauer
durch verschärfte Anforderungen an Betondeckung • Betontechnologie
und Rissbreitenbegrenzung zu vermeiden und damit (geregelt in DIN 1045-2 bzw. EN 206-1)
534 14 Dauerhaftigkeit

– Zusammensetzung des Betons, insbesondere die jeweils in Abhängigkeit der zu erwartenden


w/z-Wert und Zementgehalt Umwelteinflüsse festgelegt werden, eingehalten sind.
Die beiden Größen sind miteinander verknüpft; bei
• Verarbeitung und Nachbehandlung
größerer Druckfestigkeit, d. h. geringerer Permea-
(geregelt in DIN 1045-3 bzw. EN 13670)
bilität, reicht eine reduzierte Betondeckung aus.
Nach dem heutigen Wissenstand kann bei Beachtung
• Bemessung und Konstruktion der in DIN 1045-2 bzw. EN 206-1 vorgegebe-
(geregelt in DIN 1045-1 bzw. EN 1992-1-1) nen Betonzusammensetzung, bei Einhaltung der
– Betondeckung Mindestbetonfestigkeitsklasse, bei Ausführung der
– Rissbreitenbegrenzung (Dekompression) erforderlichen Betondeckung und bei regelgerech-
– weitere konstruktive Maßnahmen (z. B. Min- ter Begrenzung auftretender Rissbreiten – übliche
destbewehrung). Instandhaltungsmaßnahmen vorausgesetzt – davon
ausgegangen werden, dass das Bauteil mindestens
Die für die Permeabilität des Betons maßgebenden 50 Jahre dauerhaft sein wird (vgl. Reinhardt 2003).
Faktoren, insbesondere w/z-Wert und Mindestzement- Ergänzend sei angemerkt, dass neben den determi-
gehalt, wirken sich ebenfalls auf die Bemessung aus. nistischen Ansätzen bereits probabilistische Verfahren
Da der w/z-Wert am Bauteil nur mit großem Auf- zur Dauerhaftigkeitsbemessung auf der Grundlage des
wand und eingeschränkter Genauigkeit festzustellen in Abschn. 2.2 vorgestellten Sicherheitskonzeptes vor-
ist, aber eine grundsätzliche Korrelation mit der Be- liegen (vgl. Gehlen 2001; Schießl u. a. 2004).
tondruckfestigkeit besteht, werden in DIN 1045-1 und
EN 1992-1-1 aus den Vorgaben für w/z-Wert und Ze-
mentgehalt nach DIN 1045-2 bzw. EN 206-1 Anhalts- 14.3.1.2 Anmerkung zur
werte der Druckfestigkeit abgeleitet. Damit wird als Mindestbetonfestigkeitsklasse
Bezugsgröße ein leicht zu prüfendes und zugleich ei-
ner umfassenden Konformitätskontrolle unterliegen- Die zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit vorgesehe-
des Merkmal gewählt. ne Mindestbetonfestigkeit kann über der statisch er-
Bei Leichtbeton ist der Zusammenhang zwischen forderlichen Druckfestigkeit liegen. Da die Mindest-
der Druckfestigkeit und der Permeabilität des Be- bewehrungsmenge zur Rissbreitenbegrenzung (s. Ab-
tons weniger ausgeprägt, da die Druckfestigkeit primär schn. 11.4.5) wie auch die Mindestbewehrungsmen-
von der Festigkeit des Leichtzuschlags abhängt, wäh- ge zur Sicherstellung eines duktilen Bauteilverhaltens
rend die Durchlässigkeit auch bei Leichtbeton durch (s. Abschn. 6.6) mit der tatsächlich zu erwartenden
den Zementgehalt und den w/z-Wert gesteuert wird. Zugfestigkeit des Bauteils ansteigen, muss die aus der
Für Leichtbeton werden daher keine Mindestbeton- erforderlichen Betonzusammensetzung resultierende,
festigkeitsklassen angegeben; entsprechende Betonei- ggf. höhere Zugfestigkeit bei der Ermittlung der Min-
genschaften werden damit durch die in DIN 1045-2 destbewehrung berücksichtigt werden.
bzw. EN 206-1 geforderte Betonzusammensetzung er-
reicht.

14.3.2 Expositionsklassen
14.3.1.1 Nachweisgrundsätze
Um die Maßnahmen zur Sicherstellung der Dauerhaf-
Im Gegensatz zum semi-probabilistischen Sicherheits-
tigkeit auf die jeweiligen Randbedingungen abzustim-
konzept der Nachweise in den Grenzzuständen der
men, werden die Umwelteinflüsse in Expositionsklas-
Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit basieren die
sen eingeteilt. Die Expositionsklassen unterscheiden
konstruktiven Regeln zur Sicherstellung der Dauerhaf-
zwischen Einwirkungen, die Korrosion der Bewehrung
tigkeit auf einem deterministischen Konzept. Die Dau-
verursachen und solchen, die das Betongefüge angrei-
erhaftigkeit ist nachgewiesen, wenn:
fen. Die Kennzeichnung erfolgt durch den Großbuch-
• die Mindestbetondeckung und staben X (engl. eXposure classes) und einen weiteren
• die Mindestbetonfestigkeitsklasse, Buchstaben bzw. die Zahl 0.
14.3 Prinzipien zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit 535

kein n klasse beeinflusst die Wahl von Zement und Zuschlag,


! X0 ! (engl. Zero Risk) wirkt sich aber nicht auf die Bemessung der Bauteile
Angriff
8 aus. Dessen ungeachtet liegt es in der Verantwortung
ˆ
ˆ XC ! Karbonatisierung des Tragwerksplaners, die Feuchtigkeitsklasse eindeu-
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ tig auf den Ausführungsunterlagen zu vermerken, also
ˆ
ˆ
(engl. Carbonation)
Korrosion ˆ
< XD ! Tausalze den Bauausführenden bekannt zu geben.
der ! Durch die strikte Unterscheidung zwischen Korro-
ˆ
ˆ (engl. Deicing-Salt) sion der Bewehrung und Angriff auf den Beton (s. Ta-
ˆ
ˆ
Bewehrung ˆ
ˆ belle 14.1) sind Oberflächen i. d. R. in mindestens zwei
ˆ XS ! Meerwasser
ˆ
:̂ Expositionsklassen einzuordnen. Ausnahmen stellen
(engl. Seawater)
Innenbauteile in trockener Umgebung wie z. B. Hoch-
8
ˆ
ˆ XF ! Frost, Frost-Tausalz baudecken dar, für die angesichts der Abwesenheit be-
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ (engl. Frost)
tonangreifender Mechanismen nur die Klasse XC1 re-
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
levant ist. Umgekehrt sind z. B. einer unmittelbar an
ˆ
ˆ XA ! chemischer Angriff
ˆ
ˆ
Verkehrsflächen, d. h. im Spritzwasserbereich stehen-
Beton- < (engl. Chemical den Wand die Klassen XC4, XD3 und XF2 zuzu-
!
angriff ˆ
ˆ Attack) ordnen. Weitere Beispiele enthalten Reinhardt (2003)
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
und Fingerloos u. Litzner (2005). Für Mindestbeton-
ˆ
ˆ XM ! Verschleiß
ˆ
ˆ
festigkeit und Betondeckung gilt jeweils die schärfste
ˆ
ˆ (engl. Mechanical
ˆ Anforderungen der zugeordneten Klassen. Alle maß-
:̂ gebenden Expositionsklassen müssen in den Planungs-
abrasion)
unterlagen als Grundlage für die Wahl der Betonzu-
Mit Ausnahme der Klasse X0 sind die Expositions- sammensetzung angegeben werden.
klassen nach dem Gefährdungspotential in drei bis
vier Stufen unterteilt. In Tabelle 14.1 sind die in
DIN EN 206-1 festgelegten und in DIN 1045-1 sowie
EN 1992-1-1 übernommenen Expositionsklassen auf- 14.3.3 Betondeckung
gelistet.1 Sie beziehen sich auf Bauteiloberflächen, die
der Umgebung ausgesetzt sind und nicht auf Bauteile Die erforderliche Betondeckung der Bewehrung wird
als Ganzes. Unterschiedliche Oberflächen eines Bau- durch die Aspekte:
teils können damit verschiedenen Expositionsklassen
zugeordnet werden. • Korrosionsschutz (Dauerhaftigkeit ! Expositions-
In DIN 1045-1 wird mit der Ausgabe 2008 ei- klassen XC, XD, XS)
ne weitere Klasse W angefügt, die auf Betonkorro- • Übertragung von Verbundkräften (Tragfähigkeit)
sion als Folge der Alkali-Kieselsäure-Reaktion2 ab-
zielt. Die Intensität dieser Reaktion und damit das bestimmt. Bei Verschleißbeanspruchungen kann eine
Ausmaß des Betonangriffs wird durch den Feuchte- Erhöhung der Betondeckung als Alternative zu beton-
gehalt des Betons gesteuert. Die Einordnung in W- technologischen Maßnahmen erfolgen. Die zur siche-
Klassen (WO bis WS) entspricht damit der Klassifizie- ren Übertragung von Verbundkräften erforderliche Be-
rung eines Bauteils nach den zu erwartenden Feuchte- tondeckung wird in Abhängigkeit des Stabdurchmes-
verhältnissen. Die Zuordnung zu einer Feuchtigkeits- sers, bei Spanngliedern bzw. -drähten in Abhängigkeit
des Hüllrohr- bzw. Drahtdurchmessers festgelegt (vgl.
1 Abschn. 14.3.4). Zur Sicherstellung der Dauerhaftig-
Die Verschleißklassen XM sind zwar nicht in EN 206-1 enthal-
ten, werden aber in DIN 1045-1 und EN 1992-1-1 vereinbart. keit werden folgende Größen vereinbart:
2
Bei der Alkali-Kieselsäure-Reaktion reagieren alkalilösliche,
kieselsäurehaltige Gesteinskörnungen mit den im Zement vor- cmin für den Korrosionsschutz erforderlicher Min-
handenen bzw. von aussen z. B. durch Tausalze zugeführten destwert der Betondeckung
Alkalien bei Anwesenheit von Feuchtigkeit zu sog. Alkali- c Vorhaltemaß
Kieselsäure-Gel. Damit gehen Volumenvergrößerungen, d. h. cnom Nennwert der Betondeckung (Planungsgröße)
Treiberscheinungen einher, die zu Betonabplatzungen und Ris- cnom D cmin C c
sen führen können. Als reaktiv gelten i. Allg. nur Gesteine aus
Norddeutschland, z. B. Flint oder Opalsandstein, oder Grauwa-
cken der Lausitz (vgl. Pisarsky 2007). Weitere Angaben enthält Die schärferen Anforderungen an den Korrosions-
die DAfStb-Richtlinie Vorbeugende Maßnahmen gegen schädi- schutz bei im Verbund liegenden Spanngliedern
gende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie). werden durch einen um 10 mm vergrößerten Min-
536 14 Dauerhaftigkeit

Tabelle 14.1 Expositionsklassen für Bewehrungskorrosion und Betonangriff nach DIN 1045-1 und EN 1992-1-1
(Mindestbetonfestigkeitsklassen nach EN 1992-1-1: emfohlene Werte und länderspezifische Festlegungen)
Mindestbetonfestigkeitsklasse
Expositionsklasse Umgebung Beispiele für die Zuordnung DIN EN 1992-1-1
1045-1 EU D A

Bewehrungskorrosion

X0
X0 kein Angriffsrisiko unbewehrte Bauteile C12/15 C12/15 C12/15 --
kein Angriffsrisiko

Innenbauteile, Bauteile unter


XC1 trocken, ständig nass C16/20 C20/25 C16/20 C20/25
Wasser
XC
XC2 nass, selten trocken Wasserbehälter, Gründungen C16/20 C25/30 C16/20 C20/25
Karbonatisierungs-
induzierte
Korrosion XC3 mäßige Feuchte Außenbauteile, Feuchträume C20/25 C30/37 C20/25 C25/30

wechselnd nass und Außenbauteile mit direkter


XC4 C25/30 C30/37 C25/30 C30/37
trocken Beregnung

Bauteile im Sprühnebelbereich von


XD1 mäßige Feuchte C30/37 C30/37 C30/37 C25/30
Verkehrsflächen
XD
Bauteile, die chloridhaltigen
Chloridinduzierte XD2 nass, selten trocken C35/45 C30/37 C35/45 C25/30
Industriewässern ausgesetzt sind
Korrosion
wechselnd nass und Spritzwasserbereiche bei Brücken,
XD3 C35/45 C35/45 C35/45 C35/45
trocken direkt befahrene Parkdecks

XS1 salzhaltige Luft Außenbauteile in Künstennähe C30/37 C30/37 C30/37 --


XS
Chloridinduzierte Bauteile, die ständig unter Wasser
XS2 unter Wasser C35/45 C35/45 C35/45 --
Korrosion aus liegen
Meerwasser Spritzwasser-, Sprüh-
XS3 Kaimauern C35/45 C35/45 C35/45 --
nebel- und Tiedebereich

Betonangriff

mäßige Wassersättigung
XF1 Außenbauteile C25/30 C30/37 C25/30 C25/30
ohne Taumittel
mäßige Wassersättigung Sprühnebel- oder Spritzwasser-
XF XF2 C25/30 C25/30 C25/30 C25/30
mit Taumittel bereich von Verkehrsflächen
Betonangriff durch
Frost mit und ohne hohe Wassersättigung Wasserbehälter,
XF3 C25/30 C30/37 C25/30 C25/30
Taumittel ohne Taumittel Wasserwechselzone (Süßwasser)
hohe Wassersättigung taumittelbehandelte Verkehrs -
XF4 mit Taumittel oder flächen, direkt befahrene Park- C30/37 -- C30/37 C25/30
Meerwasser decks, Meerwasserwechselzone

Behälter von Kläranlagen,


XA1 schwach angreifend C25/30 C30/37 C25/30 C25/30
XA Güllebehälter
Chemisch mäßig angreifend, Bauteile in Kontakt mit Meerwasser,
XA2 C35/45 C30/37 C35/45 C35/45
angreifende Meeresbauwerke Bauteile in angreifenden Böden
Umgebung
XA3 stark angreifend stark angreifende Abwässer C35/45 C35/45 C35/45 C35/45

Beanspruchung durch luftbereifte


XM1 mäßiger Verschleiß C30/37 -- -- --
Fahrzeuge
XM
Verschleiß- XM2 schwerer Verschleiß Gabelstaplerverkehr C35/45 -- -- --
beanspruchung
Verkehr mit Kettenfahrzeugen,
XM3 extremer Verschleiß C35/45 -- -- --
Stahlrollenbereifung

Innenbauteile, Bauteile an Außenluft


W0 weitgehend trocken --
(ohne direkte Beregnung)
W Außenbauteile,
häufig o. längere Zeit
Betonangriff durch WF massige Bauteil (kleinste --
feucht Feuchtigkeitsklassen in
Alkali-Kieselsäure- Abmessung > 0,8 m)
EN 1992-1-1
reaktion zusätzlich zu WF häufig Bauteile im Spritzwasserbereich
WA -- nicht enthalten
(Feuchtigkeits- Alkalizufuhr oder mit Meerwassereinwirkung
klassen)
hohe dynamische
Betonfahrbahnen unter
WS Belastung und --
Tausalzeinwirkung
Alkalizufuhr
Ergänzende Anmerkungen enthalten die Normenregelungen!
14.3 Prinzipien zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit 537

Tabelle 14.2 Mindestbetondeckung zum Schutz vor Korrosion cmin und Vorhaltemaß c (cdev ) nach DIN 1045-1 und EN 1992-
1-1 für eine Nutzungsdauer von 50 Jahren (nach EN 1992-1-1: emfohlene Werte und länderspezifische Festlegungen)
Mindestwert der Betondeckung cmin in mm
Vorhaltemaß Dc in mm
Betonstahl Spannstahl
Expositionsklasse
DIN EN 1992-1-1 DIN EN 1992-1-1 DIN EN 1992-1-1
1045-1 EU D A 1045-1 EU D A 1045-1 EU D A

XC1 10 15 10 15 20 25 20 25 10 10

XC2 20 25 20 25 30 35 30 35
XC 10 5
XC3 20 25 20 25 30 35 30 35 15 15

XC4 25 30 25 25 35 40 35 35

XD1 40 35 40 30 50 45 50 40

XD XD2 40 40 40 30 50 50 50 40 15 10 15 5

XD3 40 45 40 40 50 55 50 50

XF1 40 35 40 -- 50 45 50 --

XF XF2 40 40 40 -- 50 50 50 -- 15 10 15 5

XF3 40 45 40 -- 50 55 50 --

Mögliche Modifikationen der Betondeckung s. Normenregelung!

destwert der Betondeckung cmin im Vergleich zu


Betonstahl widergespiegelt. cnom,w
Die Betondeckung ist ausführungstechnisch unver-
cnom,l ds,l
meidlichen Schwankungen unterworfen. Die erforder-
liche Betondeckung cmin muss daher um die zu erwar-
tenden Schwankungen, die als Vorhaltemaß c defi- cnom,l _ ds,l
c min >
cmin
cnom,w cv,w cv,l
niert sind, vergrößert werden. Die z. B. in DIN 1045-1 Δc
angegebenen Vorhaltemaße c beruhen auf umfang- Δc

reichen Messungen an Bauwerken uns spiegeln damit Verbundbedingung maßgebend! Verlegemaße


die zu erwartenden Schwankungen für die übliche Her- a Beispiel zur Betondeckung
stellung gegen Schalungen wieder (Dillmann 1999).
Bei Betonage gegen unebene Flächen, z. B. Sauber-
Ortbetonergänzung
keitsschichten oder stark strukturierte oder profilier-
te Schalungen, muss das Vorhaltemaß entsprechend Wenn Bewehrung direkt auf Fuge
gelegt (mind. Raue Oberfläche):
der Unebenheiten vergrößert werden. Aus den unter- > 10 mm nur mäßige Verbundbedingungen
> 5 mm (raue Fuge)
schiedlichen Anforderungen an die Betondeckung der
einzelnen Bewehrungslagen ergibt sich das Verlege- > cmin+ Δc
> 5 mm
maß cv der Bewehrung, das in der Bemessung für die
Ermittlung der statischen Nutzhöhe anzusetzen und in Fertigteil Elementfuge
Bewehrungsplänen anzugeben ist (Abb. 14.8).
b erforderliche Betondeckung gegen die Fuge für Fertigteile
mit Ortbetonergänzung

Abbildung 14.8a,b Betondeckung; Besonderheiten bei Fertig-


14.3.4 Normenregelung nach DIN 1045-1 teilen (nach DIN 1045-1)

und EN 1992-1-1

Im folgenden Abschnitt werden die normativen Regeln onsklassen und damit verknüpfte Anforderungen an
zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit zusammenge- die Betonzusammensetzung und die Betondeckung der
stellt: die Einordnung von Bauteilen nach Expositi- Bewehrung.
538 14 Dauerhaftigkeit

Die Expositionsklassen sind per se im Rahmen der • Direkt befahrene Parkdecks


harmonisierten Produktnorm für Beton EN 206-1 euro- Die Ausführung direkt befahrener Parkdecks der Ex-
paweit einheitlich vereinbart, allerdings ist EN 1992-1- positionsklasse XD3 ist nur mit zusätzlichen Maßnah-
men zum Korrosionsschutz der Bewehrung möglich;
1 im Hinblick auf die aus den Expositionsklassen ab- vgl. hierzu DAfStb (2003) sowie die Erläuterungen in
geleiteten Festlegungen (Mindestbetonfestigkeitsklas- Fingerloos (2009).
se, erforderliche Betondeckung) weitestgehend für län- • Chemischer Angriff – Klasse XA
derspezifische Regelungen geöffnet. Grenzwerte für chemische Beanspruchungen zur Ein-
Mit dem NA D wird erreicht, dass diese Festle- ordnung in die Klassen XA1 bis XA3 sind in EN 206-1
bzw. DIN 1045-2 enthalten.
gungen mit den derzeit geltenden nationalen Regeln • Verwendung sehr langsam erhärtender Betone
übereinstimmen. Da insbesondere hinsichtlich der Be- Bei Verwendung sehr langsam erhärtender Betone
tondeckung in DIN 1045-1 und DIN Fachbericht 102 (r < 0;30 mit r D fcm;2 =fcm;28 ; vgl. EN 206-1,
(Betonbrücken) Unterschiede bestehen, andererseits DIN 1045-2 bzw. DIN 1045-3) kann die Mindestbeton-
EN 1992-2 (Betonbrücken) aber auf EN 1992-1-1 Be- festigkeitsklasse in den Expositionsklassen XD2, XS2,
XF2, XF3 und XA2 um eine Stufe reduziert werden
zug nimmt, erfolgt die Angleichung für den Hoch- (Die Mindestbetonfestigkeitsklasse bezieht sich dabei
bau und den Brückenbau getrennt durch eine dif- unverändert auf die charakteristische Festigkeit in ei-
ferenzierte Festlegung des additiven Sicherheitsele- nem Betonalter von 28 Tagen.).
ments cdur; . Auf den ersten Blick erscheint damit • Oberflächenbehandlung bei XM2
die Ermittlung der erforderlichen Betondeckung nach Wird die Oberfläche von Beton, der in Verschleißklasse
XM2 einzuordnen ist, z. B. durch Vakuumbehandlung
dem NA D aufwändiger, allerdings ergeben sich z. B. oder Flügelglätten bearbeitet, kann die Mindestbeton-
für den Hochbau damit unmittelbar die Werte nach festigkeitsklasse um eine Stufe auf C30/37 reduziert
DIN 1045-1. In Tabelle 14.2 sind für EN 1992-1-1 in werden.
Verbindung mit dem NA D daher nur die aus cmin;dur
und cdur; zusammengesetzten Werte cmin angege- Betondeckung
ben. DIN 1045-1, 6.3 enthält Anforderungen an die Dicke der
Betondeckung. Für den Nennwert cnom gilt:
Normenregelung nach DIN 1045-1 cnom D cmin C c : (14.2)
In Gl. (14.2) entspricht die Mindestbetondeckung cmin
Expositionsklassen, Mindestbetonfestigkeitsklassen dem größeren der zur Übertragung von Verbundkräften
Die in DIN 1045-1, 6.2 vereinbarten Expositionsklassen (! cmin;b ) bzw. zur Sicherstellung des Korrosionsschut-
und die zugeordneten Mindestbetonfestigkeiten sind in Ta- zes (! cmin;dur ) erforderlichen Werte (Bezeichnungen der
belle 14.1 wiedergegeben. Die Tabelle wird durch folgende Anschaulichkeit halber nach EN 1992-1-1).
Regelungen ergänzt: (
cmin ” Verbund
• Mindestbetonfestigkeitsklassen bei Spannbetonbautei- cmin D max (14.3)
len cmin ” Korrosionsschutz
Ergänzend zu Tabelle 14.1 müssen Spannbetonbautei-
In Gl. (14.3) gilt für die Sicherstellung des Verbundes:
le mindestens folgenden Festigkeitsklassen zugeord-
net sein: C25/30 (LC25/28) bei Vorspannung mit nach- 8
ˆ
ˆ ds Betonstahl
träglichem bzw. ohne Verbund; C30/37 (LC30/33) bei ˆ
ˆ
ˆ
ˆ dsV Stabbündel
Vorspannung mit sofortigem Verbund (Die höhere Min- <
destbetonfestigkeitsklasse ist jeweils maßgebend.). cmin D dh Spannglieder (nV) : (14.4)
ˆ
ˆ
• Klasse XC ˆ
ˆ
ˆ 2;5  dp Litze (sV)
Die Feuchteangaben beziehen sich auf den Zustand in- :̂
nerhalb der Betondeckung; i. Allg. entspricht dies den 3  dp gerippter Draht (sV)
Feuchtebedingungen der Umgebung. Dies gilt nicht In Gl. (14.4) bezeichnet (nV) nachträglichen Verbund
zwingend, wenn Sperrschichten angeordnet werden. und (sV) sofortigen Verbund; dsV bezeichnet den
• Verwendung von Luftporenbeton p Ver-
gleichsdurchmesser von Stabbündeln (D ds  n; vgl.
In den Expositionsklassen XD, XS, XA2, XA3 und XM Abschn. 11.4.6), dh den äußeren Hüllrohrdurchmesser
darf die Mindestbetonfestigkeit für Normalbeton um von Spanngliedern mit nachträglichem Verbund und dp
eine Stufe reduziert werden, wenn aufgrund zusätz- den Nenndurchmesser einer Litze bzw. eines Drahtes mit
licher Anforderungen (z. B. Eingruppierung in Klasse sofortigem Verbund.
XF) Luftporenbeton entsprechend DIN 1045-2 verwen- Die Mindestbetondeckung cmin zur Sicherstellung des
det wird. Die für die Klassen XF2 und XF3 genannten Korrosionsschutzes ist in Abhängigkeit der maßgebenden
Mindestbetonfestigkeitsklassen gelten nur bei Verwen- Expositionsklasse Tabelle 14.2 zu entnehmen. Die Tabelle
dung von Luftporenbeton nach DIN 1045-2; andernfalls wird durch folgende Regelungen ergänzt:
sind die Mindestbetonfestigkeitsklassen um zwei Stu-
fen auf C35/45 zu erhöhen. Bei Klasse XF4 ist grund- • Betonfestigkeitsklasse
sätzlich Luftporenbeton zu verwenden, ausser es wird Die Mindestbetondeckung cmin nach Tabelle 14.2 darf
erdfeuchter Beton mit w/z  0;4 eingebaut. für Bauteile, deren Betonfestigkeit um zwei Stufen über
14.3 Prinzipien zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit 539

der nach den Expositionsklassen erforderlichen Min- Tabelle 14.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
destbetonfestigkeitsklasse liegt, um 5 mm verringert Mindestwert der Betondeckung cmin;b zur Sicherstellung des
werden. Für Bauteile der Expositionsklasse XC1 ist die- Verbundes
se Abminderung nicht zulässig.
• Verbundfugen NDP EU D A
Wird Ortbeton kraftschlüssig mit einem Fertigteil ver-
bunden, darf cmin an den der Fuge zugewandten Rän- Spannglieder im nachträglichen Verbund
dern auf 5 mm im Fertigteil und auf 10 mm im Ort- dduct  80 mm a EU EU
beton (5 mm bei Fuge mit mindestens rauer Oberflä-
chenbeschaffenheit, s. Abschn. 7.8.3.1) verringert wer- cmin;b Litze, glatter Draht im sofortigen Verbund
den (vgl. Abb. 14.8b). Werden bei rauer oder ver- 1;5dpb 2;5dpb EU
zahnter Fugenoberfläche die Bewehrungsstäbe direkt
auf die Oberfläche gelegt, sind für deren Verbund (! gerippter Draht im sofortigen Verbund
z. B. Verankerungs- und Übergreifungslängen) nur mä-
2;5dpb – EU
ßige Verbundbedingungen anzusetzen (s. DIN 1045-1,
12.5. (3)). a
Bei rechteckigen Hüllrohren: dduct entspricht dem größeren Wert aus
• Opferbeton bei Verschleißbeanspruchungen der kleineren Abmessung und der Hälfte der größeren Abmessung
Als Alternative zu betontechnologischen Maßnahmen des Hüllrohrs.
kann die Verschleißbeanspruchung durch eine Vergrö- b
dp bezeichnet den Durchmesser der Litze oder des Drahtes
ßerung der Betondeckung (Opferbeton) berücksichtigt
werden. Als Richtwerte für die Anhebung von cmin wer-
den 5 mm für XM1, 10 mm für XM2 und 15 mm für XM3
Bauteile in Gebäuden mit sehr geringer Luftfeuchte (RH
angegeben.
 30%). Die Mindestbetonfestigkeitsklassen, in EN 1992-
• Leichtbeton
1-1, Anhang E als indikative Werte vereinbart, stellen
Bei Bauteilen aus Leichtbeton ausgenommen Expositi-
empfohlene Klassen dar, die länderspezifisch festgelegt
onsklasse XC1 gilt zusätzlich zu Gl. (14.4) und Tabel-
werden können (NDP ! Tabelle 14.1). Darüber hinaus
le 14.2 cmin  dg C 5 mm mit dg als Größtkorndurch-
sind keine Modifikationsmöglichkeiten der Mindestbeton-
messer der leichten Gesteinskörnung.
festigkeitsklassen vorgesehen.
Bei Leichtbeton ist eine mögliche Verringerung der Be-
tondeckung cmin nicht an die Betonfestigkeitsklasse ge-
knüpft; allerdings kann cmin ebenfalls um 5 mm redu-
ziert werden, wenn – in Analogie zu Normalbeton – Betondeckung
die Betonzusammensetzung (w/z-Wert, Zementgehalt) Nach EN 1992-1-1, 4.4.1 ergibt sich das Nennmaß der Be-
entsprechend angepasst wird. tondeckung nach Gl. (14.5).
cnom D cmin C cdev (14.5)
Das Vorhaltemaß c ist ebenfalls in Tabelle 14.2 angege-
ben. Die Werte sind wie folgt zu modifizieren:
Der Mindestwert der Betondeckung cmin wird aus Anfor-
• Herstellung gegen unebene Oberflächen derungen an die Übertragung von Verbundkräften bzw. an
In Bauteilen, die gegen unebene Oberflächen (z. B. die Dauerhaftigkeit bestimmt. Allgemein gilt
Sauberkeitsschicht) betoniert werden, sollte die Beton- 8
deckung um das Differenzmaß der Unebenheiten, min- ˆ
< cmin;b
destens jedoch um 20 mm erhöht werden. Bei Herstel- cmin D max cmin;dur C cdur;  cdur;st  cdur;add
lung unmittelbar auf dem Baugrund sollte die Betonde- :̂
10 mm
ckung um 50 mm vergrößert werden.
(14.6)
• Besondere Qualitätskontrollen
Bei entsprechender Qualitätskontrolle darf c In Gl. (14.6) bedeuten:
um 5 mm abgemindert werden (vgl. hierzu die cmin;b Mindestbetondeckung zur Sicherstellung des
DBV-Merkblätter „Betondeckung und Bewehrung“, Verbundes
„Abstandhalter “ und „Unterstützungen“) cmin;dur Mindestbetondeckung zur Sicherstellung
• Fertigteil mit Ortbetonergänzung der Dauerhaftigkeit ! NDP (in Tabelle 14.2
Zusätzlich zur reduzierten Mindestbetondeckung kann sind bereits die resultierenden Größen
bei Fertigteilen mit Ortbetonergänzung an den der Fu- cmin;dur C cdur; angegeben!)
ge zugewandeten Rändern auf den Ansatz des Vorhal- cdur; Additives Sicherheitselement ! NDP (Tabel-
temaßes verzichtet werden (vgl. DAfStb 2003). le 14.4)
cdur;st Abminderung bei Verwendung nicht rostenden
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Stahls ! NDP (Tabelle 14.4)
cdur;add Abminderung auf Grund zusätzlicher Schutz-
Expositionsklassen, Mindestbetonfestigkeitsklassen maßnahmen ! NDP (Tabelle 14.4).
Die in EN 1992-1-1, 4.2 vereinbarten, mit EN 206-1 Die Mindestbetondeckung zur Sicherstellung des Verbun-
übereinstimmenden Expositionsklassen entsprechen des cmin;b ist für Betonstahl festgelegt durch:
Tabelle 14.1 (Feuchtigkeitsklassen W sind in EN 1992-1-1 (
nicht enthalten; Verschleißklassen XM nicht in EN 206-1). ds Betonstahl
cmin;b D : (14.7)
Abweichend davon erfasst Klasse X0 auch bewehrte dn Stabbündel
540 14 Dauerhaftigkeit

Tabelle 14.4 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Tabelle 14.5 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum
Mindestwert der Betondeckung cmin zur Sicherstellung der Dau- Vorhaltemaß der Betondeckung cdev
erhaftigkeit
NDP EU D A
NDP EU D A
cdev s. Tabelle 14.2 s. Tabelle 14.2a s. Tabelle 14.2
cdur; 0 0–10 mm a 0
cdur;st 0b 0c 0d Herstellung gegen unebene Oberflächen
cdur;add 0b 0b 0e k1 40 mm 20 mm
EU
k2 75 mm 50 mm
Modifikation für 100 Jahre Nutzungsdauer
cmin;dur C10 mm C10 mm C5 mm Abminderung bei besonderer Qualitätskontrolle
cdev .0 : : : 10/ mmb 5 mmc 0
Modifikation für höhere Betonfestigkeitsklasse a
In Tabelle 14.2 ist das im NA-D definierte Vorhaltemaß für die
cmin;dur 5 mmf 5 mmg 5 mmh Mindestbetondeckung zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit, das in
Verbindung mit cmin;dur anzuwenden ist, enthalten. In Verbindung mit
Modifikation für besondere Qualitätskontrolle
cmin;b ist cdev D 10 mm zu verwenden.
cmin;dur 5 mm 0 5 mmi b
Abhängig vom Kontrollumfang
c
zur Qualitätskontrolle vgl. DBV-Merkblätter Betondeckung und
Modifikation für plattenförmige Bauteile Bewehrung, Unterstützungen und Abstandhalter
cmin;dur 5 mm 0 0

Opferbeton bei Verschleißbeanspruchungen


Einhaltung der Mindestbetonfestigkeitsklasse nach Tabel-
k1 C5 mm le 14.1 angegeben. (Anm.: Für EN 1992-1-1 und NA-A
k2 C10 mm EU EU stimmen die dort angegeben Größen wegen cdur; D 0
k3 C15 mm mit cmin;dur überein!)
In EN 1992-1-1, 4.4.1.2 sind folgende Möglichkeiten zur
a
für den Hochbau wird cdur; in Abhängigkeit der Expositionsklassen Modifikation von cmin;dur vorgesehen:
mit Werten zwischen 0 und 10 mm festgelegt; in Tabelle 14.2 sind
bereits die resultierenden Werte cmin;dur C cdur; enthalten. • Nutzungsdauer
b
Gilt ohne weitere Spezifikationen. Bei einer geplanten Nutzungsdauer von 100 Jahren an-
c
Gilt ohne weitere Spezifikationen. Für den Hochbau gilt darüber stelle von 50 Jahren ist die Betondeckung um cmin;dur
hinaus: sofern nachgewiesen wird, dass der Stahl während der ge- zu erhöhen: cmin;dur ! NDP (Tabelle 14.4)
planten Nutzungsdauer keinen schädigenden korrosiven Einwirkungen • Betonfestigkeitsklasse
unterliegt, darf cdur;st so gewählt werden, dass nur cmin;b eingehalten Bei Erhöhung der Betonfestigkeitsklasse um zwei Stu-
wird. fen gegenüber der maßgebenden Mindestbetonfestig-
d keitsklasse für die Expositionsklassen XC, XD und XS
Gilt ohne weitere Spezifikationen. Sofern ausreichender Korrosions-
schutz nachgewiesen wird, darf cdur;st  cmin;dur gesetzt werden. nach Tabelle 14.1 kann die Betondeckung um cmin;dur
e
Gilt für den Neubau; für Instandsetzungsmaßnahmen sind die tech- verringert werden: cmin;dur ! NDP (Tabelle 14.4)
nischen Spezifikationen der Beschichtungsprodukte heranzuziehen. Bei Verwendung von Luftporenbeton ist die Erhöhung
f um eine Stufe ausreichend (Anforderung an den Beton:
Bei Außenbauteilen der Expositionsklasse XC3 ist es ausreichend,
wenn die Betonfestigkeitsklasse nur eine Stufe über der Mindestbeton- EN 1992-1-1: > 4% Luftporen, NA-D: Mindestluftgehalt
festigkeitsklasse liegt, d. h. Beton der Klasse C35/45 verwendet wird; nach DIN 1045-2 für XF-Klassen).
wird gleichzeitig Luftporenbeton verwendet, ist C30/37 ausreichend. • Qualitätskontrolle
g
Bei Expositionsklasse XC1 gilt cmin;dur D 0. Bei nachgewiesener besonderer Qualitätskontrolle darf
h
Bei Expositionsklasse XC1 gilt für Betonstahl cmin;dur D 0. die Betondeckung um cmin;dur verringert werden.
i
Bei werksmäßig hergestellten Fertigteilen und besonderer Qualitäts- cmin;dur ! NDP (Tabelle 14.4)
kontrolle nach ÖNORM EN 13369. • Plattenförmige Bauteile
Bei plattenförmigen Bauteilen darf, sofern sichergestellt
ist, dass die Lage der Bewehrung durch die Bauar-
beiten nicht beeinträchtigt wird, die Betondeckung um
In Gl. (14.7) bezeichnet dn den Vergleichsdurchmesser. cmin;dur verringert werden: cmin;dur ! NDP (Tabel-
Bei Leichtbeton ist cmin;b nach Gl. (14.7) um 5 mm zu er- le 14.4)
höhen. Für Spannstahl bzw. Spannglieder kann cmin;b län-
• Opferbeton bei Verschleißbeanspruchungen
derspezifisch festgelegt werden (NDP ! Tabelle 14.3).
Alternativ zur Einhaltung besonderer Anforderungen an
Die Mindestbetondeckung zur Sicherstellung des
den Betonzuschlag (s. EN 206-1) darf bei Verschleiß-
Korrosionsschutzes cmin mit ihren Komponenten cmin;dur ,
beanspruchungen die Betondeckung um cmin;dur er-
cdur; , cdur;st und cdur;add ist nach EN 1992-1-1 voll-
höht werden. 8
ständig über national festzulegende Parameter geregelt.
ˆ
< k1 für XM1
In Tabelle 14.2 werden die empfohlenen und länderspe-
zifisch festgelegten Werte von cmin D cmin;dur C cdur; cmin;dur D k2 für XM2

für eine Nutzungsdauer von 50 Jahren bei gleichzeitiger k3 für XM3
Literatur 541

Hierfür sind k1 , k2 und k3 länderspezifisch festzulegen schung und Praxis: Festschrift zum 60. Geburtstag
(NDP ! Tabelle 14.4). von Prof. Dr.-Ing. György Ivanyi. Verlag Bau und
• Betondeckung an Verbundfugen Technik, 1999, S. 127–136
An Verbundfugen (kraftschlüssige Verbindung von Ort-
beton mit einem Fertigteil bzw. mit erhärtetem Ortbe- F INGERLOOS, F.: Normen und Richtlinien. In: Beton-
ton) darf cmin für Bewehrung, die an der Fuge liegt, auf kalender 2009. Berlin : Ernst & Sohn, 2009
cmin;b abgemindert werden, vorausgesetzt die Beton- F INGERLOOS, F.; L ITZNER, H.-U.: Erläuterungen zur
festigkeitsklasse beträgt mindestens C25/30, die Be- praktischen Anwendung der neuen DIN 1045. In:
tonoberfläche ist dem Außenklima nicht länger als 28 Beton Kalender 2005. Berlin : Ernst & Sohn, 2005,
Tage ausgesetzt und die Fuge ist aufgeraut.
S. 375–445
Das Vorhaltemaß cdev ist ebenfalls vollständig länderspe- G EHLEN, Ch.: Probabilistische Lebensdauerbemes-
zifisch geregelt; der Grundwert ist in Tabelle 14.2 angege- sung von Stahlbetontragwerken – Zuverlässigkeits-
ben. Folgende Modifikationen sind vorgesehen:
betrachtungen zur wirksamen Vermeidung von Be-
• Herstellung gegen unebene Oberflächen wehrungskorrosion. Berlin : Beuth, 2001 (DAfStb-
Das Vorhaltemaß bei Herstellung gegen unebene Heft 510)
Oberflächen ist um das Differenzmaß der Uneben-
heiten zu vergrößern, die Betondeckung sollte jedoch N ÜRNBERGER, U.: Korrosion und Korrosionsschutz
mindestens k1 bei vorbereitetem Baugrund (Sauber- im Bauwesen. Wiesbaden : Bauverlag, 2002
keitsschicht) und k2 bei Herstellung unmittelbar auf N ÜRNBERGER, U.; M ENZEL, K.; L ÖHR, A. ; F REY,
dem Baugrund betragen. Die Werte k1 und k2 sind R.: Korrosion von Stahl in Beton (einschließlich
länderspezifisch festgelegt (NDP ! Tabelle 14.5). Spannbeton). Berlin : Beuth, 1988 (DAfStb-Heft
• Qualitätskontrolle
Wenn die Herstellung einer Qualitätskontrolle unter- 393)
liegt, darf cdev um cdev abgemindert werden: P ISARSKY, L.: Alkali-Kieselsäure-Reaktion: Feuch-
cdev ! NDP (Tabelle 14.5). tigkeitsklassen in DIN 1045-2/A2-Änderung. In:
Weiterbildung Tragwerksplaner Massivbau –
(Anm.: Für einen Vergleich mit DIN 1045-1 weicht die for-
Brennpunkt: Aktuelle Normung. Deutscher Beton-
male Darstellung der Regeln nach EN 1992-1-1 vom Nor-
und Bautechnik-Verein e.V., 2007 (DBV-Heft 14)
mentext ab; die Inhalte sind allerdings mit dem Normentext
R EINHARDT, H.-W.: Expositionsklassen und Min-
identisch.)
destanforderungen an die Betonzusammensetzung.
D DIN EN 1992-1-1 – Ergänzungen In: Erläuterungen zu den Normen DIN EN 206-
1, DIN 1045-2, DIN 1045-3, DIN 1045-4 und
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt:
DIN 4226 – DAfStb-Heft 526. Berlin : Beuth, 2003,
• zu Expositionsklassen und Mindestbetonfestig- S. 59–67
keitsklassen: Alle zusätzlichen Regelungen nach
ROSTAM, S.: Durability. In: Structural Concrete Vol.
DIN 1045-1 zu Klasse XC1, zur Verwendung von
Luftporenbeton, zu direkt befahrenen Parkdecks, 3 – fib-Bulletin No. 3. Lausanne : fédération interna-
zur Klassifizierung des chemischen Angriffs und tional du béton, 1999, S. 1–54
zu langsam erhärtenden Betonen werden ergänzt. S CHIESSL, P.: Zur Frage der zulässigen Rissbreite und
Darüber hinaus werden die Expositionsklassen um die der erforderlichen Betondeckung im Stahlbetonbau
Feuchtigkeitsklassen nach DIN 1045-1 erweitert (vgl.
unter besonderer Berücksichtigung der Carbonati-
Tabelle 14.1).
• zur Betondeckung: die Regeln nach DIN 1045-1 zur Be- sierung des Betons. Berlin : Ernst & Sohn, 1976
tondeckung für Bewehrung, die an Verbundfugen an- (DAfStb-Heft 255)
grenzt, werden ergänzt. S CHIESSL, P.: Einfluss von Rissen auf die Dauerhaftig-
keit von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen. Ber-
lin : Beuth, 1986 (DAfStb-Heft 370)
S CHIESSL, P.; G EHLEN, Ch. ; S ODEIKAT, Ch.: Dau-
Literatur erhafter Konstruktionsbeton für Verkehrsbauwerke.
In: Beton-Kalender 2004. Berlin : Ernst & Sohn,
DA F S TB: Erläuterungen zu DIN 1045-1. Berlin : 2004, S. 155–220
Beuth, 2003 (DAfStb-Heft 525) T UUTTI, K.: Corrosion of Steel in Concrete. Stock-
D ILLMANN, R.: Betondeckung – Planung, der wich- holm : Swedish Cement and Concrete Research In-
tigste Schritt zur Qualität. In: Betonbau in For- stitute, 1982
Kapitel 15
Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

15.1 Allgemeines Die konstruktive Durchbildung von Bauteilen


besteht allerdings nicht allein aus der Befolgung von
Die konstruktive Durchbildung von Bauteilen, das Bewehrungs- und Konstruktionsregeln. Vielmehr ist
„Bewehren“ ist ein fundamentaler Bestandteil der eine grundlegende Kenntnis des Kräfteverlaufs in
Bemessung von Betonbauteilen und damit Aufgabe Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen erforderlich, um
des Tragwerksplaners. Die zum Bewehren in Nor- Fehler zu vermeiden, die zumeist zu übermäßig breiten
men enthaltenen Regeln können in zwei Gruppen Rissen und damit zur Einschränkung der Dauerhaf-
unterschieden werden: tigkeit führen können. Gravierenderen Konsequenzen
sollte sich der Planer allerdings bewusst sein (vgl.
Beispiel 15.1). Werkzeuge zur Visualisierung des
• Allgemeine Bewehrungsregeln
Kraftflusses – insbesondere Stabwerkmodelle – sind
Stababstände, Verankerungs- und Übergreifungs-
hierfür ein wertvolles Hilfsmittel (s. Kap. 4).
längen, Bügelformen, . . .
Ein zusätzlicher, oft dominierender Aspekt bei der
• Konstruktionsregeln für spezielle Bauteilarten
konstruktiven Durchbildung ist der Bauablauf. Der
Regeln für Balken, Platten, Stützen, . . .
Tragwerksplaner bzw. Konstrukteur ist – ggf. in Zu-
Grenzwerte der Bewehrungsgrade, . . .
sammenarbeit mit der Arbeitsvorbereitung – gefordert,
die Bauabschnitte und Arbeitsfugen frühzeitig festzu-
Vor allem Konstruktionsregeln nehmen eine zentra- legen und die Schritte für den Zusammenbau einzelner
le Stellung in der Bemessung ein. Zum einen er- Bewehrungselemente zu Körben zu durchdenken.
zwingen sie z. B. durch die Vorgabe von Mindestbe- In den folgenden Abschnitten können die wesent-
wehrungsmengen ein robustes, duktiles Bauteilverhal- lichen Fragen des Bewehrens von Betonbauteilen nur
ten, zum anderen werden viele Bereiche der Bemes- gestreift werden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf
sung, die nicht oder nur mit unangemessenem Auf- der konstruktiven Durchbildung von Stahlbetonbalken.
wand einer expliziten Berechnung zugänglich sind, Umfangreichere Erläuterungen zum Bewehren sind
durch Konstruktionsregeln abgedeckt. So erfolgt z. B. u. a. in Leonhardt (1974); Rehm u. a. (1979); Eligehau-
die Begrenzung von Schrägrissbreiten infolge Quer- sen u. Gerster (1993); Schlaich u. Schäfer (2001) zu
kraft oder Torsion primär durch die Vorgabe von Min- finden.
destbewehrungsmengen und Regeln zu deren Anord-
nung. Gleichzeitig wird durch die Befolgung von Kon-
struktionsregeln die Grundlage für die Anwendung Normenregelung nach EN 1992-1-1
von Bemessungsmodellen geschaffen. Am Beispiel der Die in diesem Kapitel vorgestellten Regeln beziehen sich
Querkraftbemessung erläutert, setzen die Bemessungs- weitestgehend auf DIN 1045-1; auf die Fundstellen im
modelle die Aktivierung der Rissverzahnungswirkung Normentext wird umfassend hingewiesen. Gesonderte,
voraus, für die eine Begrenzung der Schrägrissbreiten typographisch abgesetzte Normenbezüge geben ergän-
und damit ein Mindestmaß an Querkraftbewehrung er- zend die Regeln nach EN 1992-1-1 bzw. den Nationalen
forderlich ist. Anhängen Deutschlands und Österreichs wieder.

K. Zilch, G. Zehetmaier, Bemessung im konstruktiven Betonbau 543


DOI 10.1007/978-3-540-70638-0, © Springer 2010
544 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Am 23. August 1991, während des Absenkvorgangs vor


dem norwegischen Stavanger – wenige Tage vor dem
Aufschwimmen der Plattform – öffnet sich ein Riss in ei-
ner Zellenwand. In nur 18 Minuten versinkt die gesamte
Betonkonstruktion; die Erschütterungen durch den Auf-
prall am Meeresgrund werden mit einer Magnitude von
3 auf der Richter-Skala registriert. Der gesamte, durch
die vollständige Zerstörung der Betonkonstruktion verur-
sachte, wirtschaftliche Schaden wird mit 700 Mio. US-
Dollar beziffert.
Das Unglück wurde auf ein Versagen der sog. Tricells
(Detail A in Abb. 15.2), die im Gegensatz zu den zy-
lindrischen Zellen offen waren und damit den vollen
Wasserdruck aufnehmen mussten, zurückgeführt. Neben
einer fehlerhaften Schnittgrößenermittlung, die mit der
Abbildung 15.1 Offshore-Bohrplattform Sleipner A vor der FE-Methode anhand eines Gesamtsystems der Betonkon-
norwegischen Küste – der 2. Versuch struktion unter Annahme linear-elastischen Verhaltens
durchgeführt wurde und erheblich zu kleine Querkraftbe-
anspruchungen der Tricell-Wände ergab, wurde das Ver-
Beispiel 15.1 sagen auf die völlig unzureichende konstruktive Durch-
Die Offshore-Bohrplattform Sleipner A besteht aus einem bildung der Tricell-Ecken zurückgeführt. Die mit zuneh-
Beton-Unterbau aus 24 teilweise ballastierten Zellen mit mender Absenktiefe ansteigenden Beanspruchungen in-
einer Gesamtfläche von 16 000 m2 ; auf vier der Zellen folge des Wasserdrucks bewirkten Zugspannungen an der
sind Schäfte aufgesetzt, die eine 57 000 t schwere Bohr- Innenseite der Tricells. Da die sog. „T-headed bars“ in
plattform tragen (Abbn. 15.1 und 15.2a). den Ecken deutlich zu kurz waren, konnte ein Vordrin-
gen der Risse, die schließlich zur Havarie der gesam-
ten Konstruktion geführt haben, nicht verhindert werden
97,50 m 110 m
(Abb. 15.2c).
Eine klare Vorstellung des Kraftflusses in den hochsensi-
blen Bereichen der Tricells hätte bereits aufgedeckt, dass
T-headed bar die innere Bewehrung der Zwickel, die „T-headed bars“,
32,00 m 25 in die Druckzonen der Wände zu beiden Seiten verlängert
16 16
0 und dort hätten verankert werden müssen. Eine überlegte
975 1007 konstruktive Durchbildung hätte damit diesen Schwach-
24 m punkt wesentlich entschärfen können (Jakobsen u. Ro-
sendahl 1994; Schlaich u. Reineck 1993).

15.2 Grundlegende Bewehrungsregeln


a Schnitt und Grundriss Detail A - Tricell

15.2.1 Grundsätze
550 550
k
uc
rdr

T-headed bar
Die gewählte Bewehrungsführung muss neben den sta-
se

25 c 170
s
Wa

tischen Erfordernissen einige fundamentale Anforde-


rungen erfüllen:

25 c170 Riss
• Verlegefreundlichkeit
Die Verlegefreundlichkeit wird primär durch ein-
25 c170
fache Stabformen und orthogonale Anordnung der
Bewehrungselemente erreicht. Schrägaufbiegungen
werden u. a. wegen der schwierigeren Handhabung
800
in abnehmendem Maß verwendet.
b Bewehrung c Bruchvorgang • Lagesicherheit
Abbildung 15.2a–c Havarie der Beton-Offshore-Plattform Der Bewehrungskorb muss ausreichend steif und
Sleipner A (nach Jakobsen u. Rosendahl 1994; Schlaich u. Rei- stabil sein, um auch während des Betonierens in der
neck 1993) planmäßigen Lage zu bleiben.
15.2 Grundlegende Bewehrungsregeln 545

• Betonierfreundlichkeit Rüttellücke
Der Bewehrungskorb muss das Einbringen und Ver-
dichten des Betons zulassen. Bewehrungskonzen-
trationen und dichte Bewehrungsnetze (Siebwir-
kung!) müssen daher vermieden werden. Zudem a
sind Rüttelgassen und ggf. Raum für Betonier- ds,max
schläuche (v. a. bei vertikalen Tragelementen) vor- a _ 20 mm
a>
zusehen. dg+ 5 mm (dg > 16 mm)
a
Ergänzend sei angemerkt, dass die gewählte Beweh- cnom
rungsführung erhebliche Auswirkungen auf die Kos- cnom
ten der Bewehrung selbst, also Material-, Biege- und
Abbildung 15.3 Stababstände nach DIN 1045-1, 12.2
Transportkosten, sowie die Verlegekosten hat.

flächengleichen Einzelstabes; für n Stäbe eines Bün- p


15.2.2 Anordnung der Bewehrung
dels mit gleichem Durchmesser ist dsV D ds n
im Querschnitt (Abb. 15.4). Allgemein ist dsV bei Bauteilen ab ei-
ner Betonfestigkeitsklasse C70/85 auf 28 mm zu be-
15.2.2.1 Stababstände grenzen; bei überwiegend zugbeanspruchten Bautei-
len, d. h. bei außerhalb des Querschnitts liegender Deh-
Die Abstände zwischen einzelnen Bewehrungsstäben nungsnulllinie, darf dsV 36 mm nicht überschreiten. In
müssen das Einbringen und Verdichten des Frischbe- Leichtbeton sollten Stabbündel nur in Ausnahmefällen
tons erlauben und gleichzeitig die Übertragung von eingesetzt werden (vgl. DIN 1045-1, 12.9 (12)).
Verbundspannungen sicherstellen. Zu geringe Stabab-
stände führen durch die Siebwirkung zu Entmischun-
Normenregelung nach EN 1992-1-1
gen des Frischbetons und ggf. zu Kiesnestern. Für den
Stababstände (EN 1992-1-1, 8.2)
horizontalen und vertikalen lichten Abstand a zwi- Für den horizontalen und vertikalen lichten Stababstand
schen parallelen Einzelstäben oder Bewehrungslagen gelten folgende Mindestwerte:
gilt (Abb. 15.3; DIN 1045-1, 12.2):
8
ˆ
< ds;max
ˆ
a  max dg C 5 mm .für dg > 16 mm/ (15.1) Rüttellücke
ˆ
:̂ 20 mm

In Gl. (15.1) ist dg der Größtkorndurchmesser der a a


verwendeten Gesteinskörnung, ds;max der Durchmes-
ser des größten Stabes. Bei mehrlagiger Bewehrung
cnom cnom
sind die Stäbe unmittelbar übereinander anzuordnen;
der Abstand der einzelnen Lagen wird durch Querstäbe cnom a a
bzw. Stabstücke mit entsprechendem Durchmesser si-
a Stabbündel mit n = 2
chergestellt. Zur Verdichtung des Frischbetons sollten
sog. Rüttellücken oder Rüttelgassen vorgesehen wer- dsV
den. 20 mm
_
a > dg + 5 mm
Bei dichter Bewehrung kann es zweckmäßig sein, (dg > 16 mm)
zwei bis drei Stäbe mit ds  28 mm zu Stabbün- a
deln zusammenzufassen (DIN 1045-1, 12.9). Da mitt- ds

lerweile Stabdurchmesser bis 40 mm verwendet wer-


den können, werden Stabbündel nur mehr in einge- cnom
schränktem Umfang angewandt. Allerdings bieten sie
cnom a cnom d sV = d s√n
bei gestaffelter Längsbewehrung Vorteile. Für die Ab-
stände der Stabbündel gilt Gl. (15.1) sinngemäß, wenn b Stabbündel mit n = 3
anstelle von ds der Vergleichsdurchmesser dsV ein- Abbildung 15.4a,b Anordnung und Abstände von Stabbündeln
gesetzt wird. Dabei ist dsV der Durchmesser eines nach DIN 1045-1, 12.9
546 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen
8
< k1  ds
ˆ
a  max dg C k2 : (15.2)

20 mm

In Gl. (15.2) sind k1 und k2 länderspezifisch geregelt punktförmig radförmig

(NDP ! Tabelle 15.1).


Stabbündel (EN 1992-1-1, 8.9)
Die Mindestwerte für Stababstände gelten analog für
Stabbündel, wenn für ds der Vergleichsdurchmesser eines punktförmig, befestigt linienförmig
Stabes mit gleicher Querschnittsfläche eingesetzt wird.
p
Für nb Stäbe gleichen Durchmessers ist dn D ds nb . Stä- a Abstandhalter

be mit unterschiedlichen Durchmessern dürfen gebündelt


werden, wenn ds;max =ds;min  1;7 gilt. Bei Normalbeton h
darf dn 55 mm nicht überschreiten; in lotrechten, druck-
beanspruchten Stäben dürfen maximal nb D 4, sonst auf Schalung stehend

maximal 3 Stäbe gebündelt werden. Bei Leichtbeton gilt


h
dn  45 mm und nb  2.
auf Bewehrung stehend
b Unterstützungskörbe
D EN 1992-1-1 – Ergänzungen
Abbildung 15.5a,b Hilfsmittel zur Lagesicherung der Beweh-
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Anwendungsgrenzen rung in der Schalung
für Stabbündel aus DIN 1045-1 ergänzt: Der Durch-
messer der Einzelstäbe darf 32 mm nicht überschreiten;
bei Betonfestigkeitsklassen von C70/85 und höher ist keit. Zur Lagesicherung der Längs- und Bügelbeweh-
dn D 28 mm zu erfüllen. rung für Balken und für die untere Bewehrungslage
von Platten existieren punkt-, linien- und radförmige
Abstandhalter aus Beton, Faserzement oder Kunststoff
15.2.2.2 Lagesicherheit der Bewehrung – (Abb. 15.5a).
Betondeckung Zur Fixierung der oberen Bewehrungslage von
Platten werden Unterstützungskörbe nach Abb. 15.5b
Die Bewehrung muss so in der Schalung fixiert wer- benutzt, die entweder auf der Schalung (Füße mit
den, dass sie ihre planmäßige Lage auch während des Kunststoffüberzug für den Korrosionsschutz) oder
Betonierens nicht verliert. Kleinere Betondeckungen auf der unteren Bewehrungslage stehen. Dem glei-
als der erforderliche Nennwert cnom erhöhen das Kor- chen Zweck dienen Stegbügel aus Betonstahl nach
rosionsrisiko der Bewehrung und gefährden damit die Abb. 15.6b. Die beiden Bewehrungslagen von Wän-
Dauerhaftigkeit. Umgekehrt reduzieren gegenüber der den werden mit Hilfe von Montagebügeln oder
planmäßigen Lage zu große Betondeckungen die sta- S-Haken nach Abb. 15.6a in ihrer gegenseitigen Lage
tische Nutzhöhe und vermindern damit die Tragfähig- fixiert. Weitere Hinweise zu Abstandhaltern und
Unterstützungen sind in Merkblättern1 des DBV zu
finden. Generell dient auch das Verbinden einzelner
Tabelle 15.1 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum Bewehrungsstäbe, Bügel und eventuell erforderlicher
Stababstand von Bewehrungsstählen Montagestäbe2 zu Bewehrungskörben mit Hilfe von
NDP EU D A
Bindedraht3 oder durch Schweißen der Lagesiche-

k1 1 1 1;4a 1
DVB-Merkblätter Abstandhalter und Unterstützungen, je-
0 mm für dg  16 mm 0 mm einlagig weils Fassung 2002, herausgegeben vom Deutschen Beton- und
k2 5 mm Bautechnik-Verein e.V. ! www.betonverein.de
5 mm für dg > 16 mm 5 mm mehrlagig 2
Bewehrung, die rechnerisch nicht berücksichtigt wird und pri-
a
k1 D 1;4 berücksichtigt, dass der Platzbedarf gerippter Betonstähle mär dem Einbau bzw. der Lagesicherung der statisch oder kon-
etwa dem 1,2-fachen ihres Nenndurchmessers entspricht. Da sich struktiv erforderlichen Bewehrung dient, wird als Montagebe-
der lichte Abstand a auf den Nenndurchmesser bezieht, können zwei wehrung bezeichnet.
3
Bewehrungslagen durch Querstäbe, die den selben Nenndurchmesser Eine häufige Ursache für äußerst unschöne Roststellen an Un-
ds wie die Längsbewehrung aufweisen, auf korrektem Abstand 1;4ds tersichten von Betonbauteilen sind in die Schalung gefallene
gehalten werden. Bindedrahtstücke.
15.2 Grundlegende Bewehrungsregeln 547

Räumliche Biegeformen und sog. Passformen soll-


ten durch variablere Bewehrungselemente mit Über-
greifungsstößen ersetzt werden (Abb. 15.8). Bereits
kleine Abweichungen in den Passlängen oder den
Montagebügel
Schalungsabmessungen führen zu erheblichen Diffe-
renzen in der vorhandenen Betondeckung. Zudem ist
S-Haken
der Einbau bei komplexen Biegeformen stets schwieri-
ger und damit fehleranfälliger.

cv

a Montagebügel und S-Haken bei Wänden


15.2.3 Umlenkungen – Biegen
Montagestab
von Betonstahl

Betonstahl kann generell kalt (oberhalb 0ı C) oder


warm (oberhalb 500ıC) gebogen werden. Warmbiegen
erfordert eine kontrollierte Erwärmung – Schneidbren-
Längsschnitt Querschnitt ner sind daher ungeeignet – und ein Abkühlen des Sta-
bes nach dem Biegen an der Luft (nicht Abschrecken!).
b Stehbügel bei Decken
Da Betonstahl durch Erwärmen seine Festigkeit ver-
Abbildung 15.6a,b Sicherstellung des Abstands zwischen zwei liert, darf warmgebogener Stahl nur mehr mit einer
Bewehrungslagen rechnerischen Streckgrenze von fyd D 250 N=mm2
angesetzt werden (DIN 1045-1, 12.3.2 (3)).
In den weitaus meisten Fällen wird Betonstahl al-
lerdings kalt gebogen. Die dabei erzeugten plastischen
Verformungen rufen Verfestigungen und Versprödun-
gen des Materials hervor, die insbesondere bei mehr-
maligem Hin- und Zurückbiegen erhebliche Schädi-
gungen des Materials bewirken können und im Ex-
tremfall zu einem spröden Bruch führen.4 Hin- und
Zurückbiegen, wie es z. B. bei Anschlussbewehrun-
gen häufig erforderlich wird, ist daher in DIN 1045-1,
12.3.2 durch spezielle Regelungen erfasst.
Abbildung 15.7 Falsche Anwendung von Abstandhaltern
Beim Kaltbiegen müssen Anrisse an der Krüm-
mungsaußenseite des Stabes, die durch hohe plasti-
sche Dehnungen bei zu kleinen Biegerollendurchmes-
sern ausgelöst werden können, grundsätzlich vermie-
rung. Bei Bauteilen, die nicht vorwiegend ruhenden den werden. In DIN 1045-1 werden hierfür Mindest-
Einwirkungen ausgesetzt sind, ist allerdings die werte der Biegerollendurchmesser definiert (vgl. Ta-
erhebliche Reduktion der Ermüdungsfestigkeit durch belle 15.2).
Schweißnarben zu beachten. Gekrümmte, zugbeanspruchte Bewehrungsstäbe ru-
fen Umlenkpressungen u D Fsd =r hervor, die radial
zum Krümmungsmittelpunkt gerichtet sind und Spalt-
Passform Alternative
zugspannungen senkrecht zur Krümmungsebene er-
zeugen. Wenn die Krümmungsebene parallel zu einer
Außenfläche liegt, z. B. typisch bei Querkraftaufbie-
Passform
gungen oder Rahmenecken, können enge Biegeradien

4
Wiederholte plastische Verformungen und die dadurch hervor-
Alternative gerufene Versprödung des Materials führen zu einem niederzy-
klischen Ermüdungsversagen (low cycle fatigue); ein Effekt, der
z. B. für das „Brechen“ weichgeglühter Drähte genutzt wird und
Abbildung 15.8 Passformen sollten durch Bewehrungselemen- mit Hilfe einer Büroklammer leicht demonstriert werden kann
te mit variabler Länge ersetzt werden! (s. auch Abschn. 12.1.1).
548 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

A Schnitt A-A falsch!

+
- Absprengen! Absprengen!

Fsd
r u= u
richtig!
r
Fsd Fsd
A Querzugspannung
Spalten!

Abbildung 15.9 Querzugspannungen aus der Umlenkpressung


bei Stabkrümmungen
Abbildung 15.10 Umlenkungen in einspringenden Ecken ver-
meiden!

zusammen mit einer geringen seitlichen Betondeckung


zu Betonabplatzungen und zur Bildung von Spaltris- Bei stetig gekrümmten Bauteilen, z. B. zylindri-
sen führen (Abb. 15.9). Bei gekrümmten, druckbean- schen Behältern, Schornsteinen, etc., übt die stets
spruchten Stäben sind die Umlenkpressungen u radial erforderliche innere Ringbewehrung kontinuierliche
nach außen gerichtet und können ein Absprengen der Umlenkpressungen auf die Betondeckung aus, die nur
Betondeckung bewirken. im günstigsten Fall durch Zugspannungen im Beton
Die Umlenkpressungen auf den Beton werden aufgenommen werden können. Die Ringbewehrung
ebenfalls durch Mindestwerte der Biegerollendurch- muss in diesem Fall innerhalb der Vertikalbewehrung,
messer in Abhängigkeit der seitlichen Betondeckung die eine Verteilung der Umlenkpressungen bewirkt,
nach Tabelle 15.2 begrenzt; bei Leichtbeton sind angeordnet werden. Bei stark gekrümmten Bauteilen
die Biegerollendurchmesser um 30% zu erhöhen muss die am konkaven Rand liegende Zugbewehrung
(DIN 1045-1, 12.3.1 und Tabelle 23). Bei Veran- durch Bügel zurückverankert werden; gleiches gilt für
kerungselementen wie Haken, Winkelhaken und die an konvexen Rändern gelegene Druckbewehrung
Schlaufen, bei denen von einer erheblichen Reduk- (vgl. auch Abb. 5.12!).
tion der Zugkraft durch Verbund bereits vor dem An einspringenden Ecken mit kleinen Winkeln bis
Krümmungsbeginn und insbesondere im Verlauf der etwa 15ı können Umlenkkräfte aus abgebogenen Stä-
Krümmung auszugehen ist, können deutlich kleinere ben ebenfalls noch sinnvoll durch Bügel aufgenommen
Biegerollendurchmesser zugelassen werden. Wenn werden. Bei größeren Winkeln müssen die einsprin-
sich Schweißstellen innerhalb der Umlenkung befin- genden Ecken durch zweckmäßige Bewehrungsfüh-
den, müssen die Biegerollendurchmesser insbesondere rung mit geraden Stäben bewehrt werden (Abb. 15.10).
bei nicht vorwiegend ruhenden Lasten deutlich erhöht In diesen Fällen können Stabwerkmodelle zur Verfol-
werden (vgl. hierzu DIN 1045-1, Tabelle 24). gung der Zug- und Druckkräfte genutzt werden.
Normenregelung nach EN 1992-1-1
Wie in DIN 1045-1 wird auch in EN 1992-1-1, 8.3 zwi-
Tabelle 15.2 Zulässige Biegerollendurchmesser schen Haken, Winkelhaken und Schlaufen, die primär zur
Endverankerung von Stäben eingesetzt werden und ent-
Haken, Winkelhaken, sprechend reduzierte Zugkräfte aufweisen, und Umlen-
Schlaufen [dbr1] kungen mit annähernd konstanter Zugkraft unterschieden.
dbr1 dbr2
dbr2 Stabdurchmesser ds Die Differenzierung erfolgt allerdings über das mögliche
ds
Schadensbild – Schädigung des Bewehrungsstabes (klei-
< 20 mm > 20 mm ne Biegerollendurchmesser, gleichzeitig geringe Umlenk-
kräfte ! Endverankerung mit Haken, etc.) bzw. Schädi-
Normalbeton 4 ds 7 ds gung des Betons (hohe Umlenkpressungen ! Umlenkung
Leichtbeton 5 ds 9 ds von Zugkräften, größere Biegerollendurchmesser erforder-
Schrägstäbe oder andere gebogene Stäbe lich). Grundsätzlich sind für Umlenkungen zwei Nachweise
[dbr2] zu führen:
Mindestwerte der Betondeckung rechtwinklig • Nachweis, dass die Bewehrung nicht durch Anrisse als
zur Biegeebene
Folge des Biegens geschädigt ist und
> 100 mm > 50 mm < 50 mm • Nachweis gegen Betonversagen infolge zu großer Um-
und > 7 ds und > 3 ds oder < 3 ds
lenkpressungen.
Normalbeton 10 ds 15 ds 20 ds
Der Nachweis für die Bewehrung ist durch die Einhaltung
Leichtbeton 13 ds 20 ds 26 ds
des Mindestwertes des Biegerollendurchmessers Dmin zu
15.3 Verankerung von Bewehrung 549

Tabelle 15.3 Länderspezifisch festzulegende Parameter zum de oder gebogene Stäbe handelt – muss die Kraft, die
Mindestwert des Biegerollendurchmessers Dmin zur Vermei- dem Stab im Bemessungsquerschnitt zugewiesen wur-
dung von Schäden an der Bewehrung de, im Beton verankert werden. Dies kann durch Ver-
NDP EU D A bund oder durch mechanische Hilfsmittel wie z. B. An-
kerplatten erfolgen.
4ds für ds  16 mm 4ds für ds < 20 mm
Dmin EU
7ds für ds > 16 mm 7ds für ds  20 mm

15.3.1 Verbundverankerung gerader Stäbe


führen. Hierbei ist Dmin länderspezifisch festzulegen (NDP
! Tabelle 15.3). Die Kraftübertragung durch Verbund zwischen Be-
Der Nachweis gegen Betonversagen wird ebenfalls wehrung und Beton ist der einfachste und i. d. R. wirt-
über die Einhaltung eines Mindestwertes des Biegerollen- schaftlichste Weg, Stäbe zu verankern. Die Mechanis-
durchmessers Dmin nach Gl. (15.3) geführt. men des Verbundes wurden bereits in Abschn. 3.6.1
 
Fbt 1 1 beschrieben. Wie in Abb. 15.11a für die Veranke-
Dmin   C (15.3)
fcd ab 2ds rung eines Zugstabes nochmals dargestellt, breiten sich
In Gl. (15.3) ist Fbt die Zugkraft des Stabs im GZT am Druckspannungen ausgehend von den Rippen im Ide-
Krümmungsbeginn und ab entspricht dem kleineren Wert alfall radial aus und erzeugen Ringzugspannungen, die
aus dem halben Abstand der Krümmungsebenen benach- bei geringer Betondeckung Spalt- bzw. Sprengrisse
barter Stäbe und dem Abstand der Krümmungsebene zur
auslösen können. Die Tragfähigkeit von Verbundver-
Bauteiloberfläche. Die Krümmungsebene ist dabei auf die
Stabachse bezogen. Dabei darf fcd mit nicht mehr als ankerungen ist wesentlich davon abhängig, ob Spreng-
55=c D 36;7 N=mm2 angesetzt werden. rissbildung z. B. durch eine große Betondeckung oder
Ein expliziter Nachweis nach Gl. (15.3) kann primär für Querdruckspannungen, die die Zugspannungen kom-
Haken, Winkelhaken und Schlaufen entfallen, wenn fol- pensieren, verhindert wird oder ob durch Querbeweh-
gende Bedingungen erfüllt sind: rung ein unkontrolliertes Öffnen der Sprengrisse ver-
• die erforderliche Verankerungslänge nach dem Ende mieden werden kann. Querzugspannungen, wie sie
der Krümmung ist < 5ds ,
• die Krümmungsebene liegt nicht nahe der Betonober- z. B. im Bereich der Feldbewehrung zweiachsig ge-
fläche, spannter Platten oder bei der Stützbewehrung durch-
• innerhalb der Krümmung ist ein Querstab mit dsq  ds laufender Plattenbalken aus der Querbiegung der Platte
angeordnet und entstehen, erhöhen das Risiko einer Sprengrissbildung.
• die Biegerollendurchmesser Dmin nach den empfohle-
nen Werten in Tabelle 15.3 sind eingehalten. Die Verbundspannungen entlang der Einbettungs-
länge eines Stabes nach Abb. 15.11b sind mit den
Für den vereinfachten Nachweis gegen Betonversagen
lokalen Relativverschiebungen zwischen Bewehrung
bei Leichtbeton sind die Werte nach Tabelle 15.3 um 50%
und Beton verknüpft und damit beanspruchungsab-
zu vergrößern.
hängig; mit zunehmender Belastung wandert z. B. das
Verbundspannungsmaximum auf das Stabende zu. An
D EN 1992-1-1 – Ergänzungen Querrissen treten zudem Verbundstörungen z. B. durch
Zu EN 1992-1-1 werden die Regeln für das Hin- und kegelförmige Betonausbrüche auf (vgl. Abschn. 3.6.1).
Zurückbiegen von Betonstahl nach DIN 1045-1, 12.3.2 Für die Bemessung von Verankerungen wird der Ver-
ergänzt. Darüber hinaus werden für einen vereinfachten bundspannungsverlauf durch eine konstante Verteilung
Nachweis gegen Betonversagen die Mindestbiegerol- idealisiert. Die Stabkraft nimmt dem entsprechend ent-
lendurchmesser für Schrägstäbe oder andere gebogene lang der Verankerungslänge linear zu.5
Stäbe nach Tabelle 15.2 eingeführt. Für nach dem
Schweißen gebogene Bewehrung gilt als länderspezifi-
sche Festlegung DIN 1045-1, Tabelle 24. 15.3.1.1 Bemessungswert der Verbundspannungen
(DIN 1045-1, 12.5)

Die normativen Regeln sowohl in DIN 1045-1 als auch


in EN 1992-1-1 beziehen sich grundsätzlich auf ge-
15.3 Verankerung von Bewehrung
5
Die rechnerische Berücksichtigung des linearen Zugkraftan-
stiegs z. B. im Rahmen eines Zugkraftdeckungsnachweises ist
Am Ende eines Bewehrungsstabes – gleichgültig ob allerdings nach DIN 1045-1 im Unterschied zu EN 1992-1-1
es sich dabei um zug- oder druckbeanspruchte, gera- nicht möglich, vgl. Abschn. 15.5.1.
550 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Druckstreben Zugring
bundbedingungen für liegend gefertigte, stabför-
mige Bauteile mit äußeren Querschnittsabmessun-
gen  500 mm, die mit Außenrüttlern verdich-
tet werden, anzunehmen. In allen anderen Fällen
ist von mäßigen Verbundbedingungen auszugehen.
Bei mäßigen Verbundbedingungen wird fbd mit 0,7
multipliziert (Tabelle 15.4).
• Querdruck bzw. Umschnürung
Eine Erhöhung der Verbundtragfähigkeit kann al-
ternativ über die Anrechnung eines Querdrucks p
(in N/mm2 , Druck positiv) nach Gl. (15.5) oder bei
a räumlicher Spannungszustand bei der Verankerung von einer durch Bewehrung gesicherten, allseitigen Be-
Bewehrungsstäben tondeckung von mindestens 10ds über eine Erhö-
hung der Verbundfestigkeit fbd mit den Faktor 1,5
berücksichtigt werden.
1
fbd .p/ D fbd   fbd  1;5 (15.5)
1  0;04  p
Die Anhebung der Verbundfestigkeit aufgrund der
tb Betondeckung ist nicht zulässig bei Übergreifungs-
Versagen
Gebrauchslastniveau
Idealisierung
stößen mit einem Achsabstand der Stöße von s 
fbd 10ds (für s vgl. Abb. 15.20).
• Querzug
b Verbundspannungsverteilung (Idealisierung für die Bemessung)
Die erhöhte Spaltrissgefahr bei Querzug – z. B.
im Feldbereich zweiachsig gespannter Platten –
Abbildung 15.11a,b Verbundverankerung von Bewehrungsstä- ist durch eine Abminderung von fbd um 1/3 zu
ben
berücksichtigen. Sofern die Rissöffnung im GZG
durch Querbewehrung ausreichend beschränkt wird
(wk D 0;2 mm, vorwiegend ruhende Einwirkun-
rippten Betonstahl, der den Vorgaben der jeweiligen
gen), kann auf die Abminderung verzichtet werden.
Norm entspricht. Durch die Definition eines Mindest-
• Stäbe mit ds > 32 mm
wertes der bezogenen Rippenfläche fR wird eine Min-
Die erhöhte Spaltrissgefahr bei Stäben mit ds >
destverbundtragfähigkeit vorausgesetzt. Die Verbund-
32 mm wird durch eine Abminderung von fbd mit
festigkeit im GZT wird durch den Bemessungswert der
dem Faktor 0;01  .132  ds/ (ds in mm) berücksich-
Verbundspannungen fbd beschrieben:
tigt.
fctkI0;05 • Leichtbeton
fbd D 2;25  : (15.4)
c Für Leichtbeton ist fbd mit 1 zu vermindern.
Die wesentlichen Einflussparameter auf die Verbund-
tragfähigkeit – Verbundlage und Spannungszustand
quer zum Stab – werden durch Abminderungs- 15.3.1.2 Verankerungslänge (DIN 1045-1, 12.6.2)
oder Erhöhungsfaktoren berücksichtigt (vgl. Ab-
schn. 3.6.2): Das Grundmaß der Verankerungslänge lb (engl. bond)
entspricht der für die Verankerung eines geraden, mit
• Lage des Stabes beim Betonieren (Verbundlage)
Fsd D As fyd ausgenutzten Stabes erforderlichen Ver-
Der Einfluss der Lage des Stabes beim Betonieren
bundlänge (Tabelle 15.4).
auf die Verbundfestigkeit wird vereinfacht durch ei-
ne Kategorisierung in gute und mäßige Verbundbe- Fsd D As  fyd D fbd  Us  lb
dingungen erfasst. Gute Verbundbedingungen sind ds  fyd
anzunehmen für alle Stäbe mit 45ı  ˛  90ı ) lb D (15.6)
4  fbd
(Abb. 15.12a) und mit 0ı  ˛  45ı für Bautei-
le, deren Dicke in Betonierrichtung 300 mm nicht Sofern bei der Bemessung die Stahlverfestigung durch
überschreiten (Abb. 15.12b) sowie in den Fällen Stahlspannungen sd > fyd berücksichtigt wird, sollte
nach Abb. 15.12c und d. Zudem sind gute Ver- anstelle von fyd in Gl. (15.6) sd angesetzt, d. h. das
15.3 Verankerung von Bewehrung 551

Tabelle 15.4 Bemessungswerte der Verbundspannungen fbd in N/mm2 und bezogenes Grundmaß der Verankerungslänge lb =ds
(nach DIN 1045-1, 12.5 und 12.6; lb für BSt 500, sd D fyd und s D 1;15)

Betonfestigkeitsklasse nach DIN 1045-1


bedingung
Verbund-

C100/115
C90/105
C12/15

C16/20

C20/25

C25/30

C30/37

C35/45

C40/50

C45/55

C50/60

C55/57

C60/75

C70/85

C80/95
fbd 1,6 2,0 2,3 2,7 3,0 3,4 3,7 4,0 4,3 4,4 4,5 4,7 4,8 4,9 4,9
gut
lb /ds 66 54 47 40 36 32 30 27 25 25 24 23 23 22 22

fbd 1,2 1,4 1,6 1,9 2,1 2,4 2,6 2,8 3,0 3,1 3,1 3,3 3,3 3,4 3,5
mäßig
lb /ds 94 78 67 58 51 46 42 39 36 36 35 33 33 32 32

Grundmaß der Verankerungslänge proportional erhöht chende Betondeckung, alternativ dazu eine enge Ver-
werden. bügelung des Verankerungsbereichs oder Querdruck
Wenn das Stabende als Haken, Winkelhaken oder erforderlich (vgl. Fußnote a zu Tabelle 15.5 und Erläu-
Schlaufe geformt ist oder wenn Querstäbe im Veranke- terungen zur Querbewehrung). Die erforderliche Ver-
rungsbereich angeschweißt werden, wird ein Teil der ankerungslänge kann darüber hinaus proportional zum
Zugkraft über Umlenk- bzw. Kontaktpressung aufge- Verhältnis der vorhandenen zur erforderlichen Quer-
nommen; dem Verbund wird nur mehr der Anteil ˛a  schnittsfläche, d. h. zum Ausnutzungsgrad der Beweh-
Fsd zugewiesen. Beiwerte ˛a für unterschiedliche Aus- rung, reduziert werden.
prägungen des Stabendes sind in Tabelle 15.5 enthal- Unter Berücksichtigung der Biegeform des Stab-
ten. Um die bei Stabkrümmungen auftretenden Spalt- endes und des Ausnutzungsgrades ergibt sich die er-
zugspannungen aufnehmen zu können, ist eine ausrei- forderliche Verankerungslänge lb;net zu
As;erf
lb;net D ˛a  lb  (15.7a)
As;vorh
1
8
h ˆ
ˆ 0;3  ˛a  lb  10  ds
α
ˆ
ˆ
a < bei Zugstäben
 lb;min D : (15.7b)
ˆ
ˆ 0;6  l  10  d
ˆ b s
1
h 300 :̂
( 250) bei Druckstäben
b
Durch die Mindestverankerungslängen lb;min werden
Kraftumlagerungen auf die Bewehrung durch Krie-
h > 300
1
300 (> 250)
chen und Schwinden erfasst.
c
(250) Stäbe mit ds > 32 mm müssen mit geraden Stab-
enden oder mit Ankerkörpern verankert werden. Für
Druckstäbe ist eine Verankerung mit Haken, Winkel-
300 haken oder Schlaufen nicht geeignet, da aus dem Ver-
1 h > 600 satz der resultierenden Druckkräfte Beanspruchungen
d
auf die Betondeckung entstehen können, die zu Ab-
platzungen führen (Abb. 15.13a). Gleichzeitig können
1... Betonierrichtung
(ausgehend von Frischbetonunterkante) durch den Spitzendruck von Druckstäben Betonkegel
an freien Rändern ausgestanzt werden (Abb. 15.13b).
gute Verbundbedignungen Um dies zu verhindern, ist eine ausreichende Betonde-
ckung von ca. 4ds  50 mm vorzusehen. Zur Veranke-
mäßige Verbundbedingungen
rung von Stabbündeln vgl. DIN 1045-1, 12.9.
Abbildung 15.12a–d Abgrenzung der Bereiche mit guten und Die durch die Krafteinleitung hervorgerufe-
mäßigen Verbundbedingungen (DIN 1045-1, 12.4 und Bild 54; nen Ringzugspannungen nach Abb. 15.11 können
abweichende Werte nach EN 1992-1-1, 8.4.2 in Klammern) Sprengrisse auslösen, die vom Bewehrungsstab zur
552 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Tabelle 15.5 Beiwerte ˛a für die Wirksamkeit von Verankerungsarten (DIN 1045-1, Tabelle 26)
1 2 3
Beiwert αac
Art und Ausbildung der Verankerung
Zugstäbe a Druckstäbe

ds
1 a Gerade Stabenden 1,0 1,0
lb,net

b Haken ds c Winkelhaken d Schlaufen


>5

2 α ³ 150° α
>5ds 0,7b -
dbr ds dbr ds dbr ds (1,0)

lb,net lb,net lb,net


_ 90°
150° > α >
ds
3 e Gerade Stabenden mit mindestens einem angeschweißten Stab 0,7 0,7
innerhalb lb,net lb,net

f Haken ds g Winkelhaken h Schlaufen (Draufsicht)


>5

>5ds
dbr ds dbr ds dbr ds 0,5
4 -
α (0,7)
α >_ 150° lb,net lb,net lb,net
150° > α > 90° 150° > α > 90°
mit jeweils einem angeschweißten Stab innerhalb lb,net vor dem Krümmungsbeginn

i Gerade Stabenden mit mindestens 2 angeschweißten Stäben ds


s
5 innerhalb lb,net (Stababstand s < 100 mm, s ³ 5ds und ³ 50 mm) nur
0,5 0,5
zulässig bei Einzelstäben mit ds £ 16 mm und bei Doppelstäben lb,net
mit ds £ 12 mm
a
Die in Spalte 2 in Klammern angegebenen Werte gelten, wenn im Krümmungsbereich rechtwinklig zur Krümmungsebene die
Betondeckung weniger als 3 ds beträgt oder kein Querdruck oder keine enge Verbügelung vorhanden ist.
b
Bei Schlaufenverankerungen mit Biegerollendurchmesser dbr ³ 15 ds darf der Wert aa auf 0,5 reduziert werden.
c
Für aufgeschweißte Querstäbe mit ds,quer / ds,l ³ 0,7 sind die Verbindungen als tragende Verbindungen auszuführen.

Bauteiloberfläche vordringen und parallel zum Stab aus, muss dafür aber auch über den gesamten Ver-
verlaufen. Um ein Verankerungsversagen im Falle ankerungsbereich angeordnet werden (DIN 1045-1,
eines Auftretens von Sprengrissen zu verhindern, muss 12.6.3 (2)).
Querbewehrung im Verankerungsbereich angeordnet Nach DAfStb (2003) ist die Mindestbeweh-
werden. Auf die Bewehrung kann nur verzichtet rung allerdings nicht ausreichend, wenn mehrere
werden, wenn die Zugspannungen durch Querdruck Bewehrungsstäbe relativ konzentriert, z. B. durch
kompensiert werden. Im Allgemeinen reicht die Ankerkörper, Haken oder Winkelhaken verankert
Mindestbügelbewehrung (Balken, Stützen) bzw. die werden (vgl. Fußnote a zu Tabelle 15.5). Sofern kein
Mindestquerbewehrung (Platten, Wände) hierfür genauerer Nachweis erfolgt, können die Regelungen
nach DAfStb (2003) für die Verankerung in Beton
a b ab der Festigkeitsklasse C70/85 als Anhalt dienen:
Abplatzung
Hierfür sind Bügel erforderlich, die die Längsbe-
kürzen oder wehrung umschließen und deren Querschnittsfläche
abbiegen (Summe der Querschnitte der vertikalen Bügelschen-
Knickrichtung kel) 50% des Querschnitts der verankerten Bewehrung
beträgt. Weitere Regeln für Querbewehrung bei
der Verankerung von Stäben mit Durchmessern
ds > 32 mm enthalten DIN 1045-1, 12.6.3 (3) und
DAfStb (2003) bzw. die zugehörigen bauaufsichtli-
chen Zulassungen. Zur Verankerung von Bügeln vgl.
Abbildung 15.13a,b Verankerung von Druckstäben Abschn. 15.5.1.
15.3 Verankerung von Bewehrung 553

Normenregelung nach EN 1992-1-1 Querstab  5ds vom lastseitigen Beginn der Veranke-
Bemessungswert der Verbundtragfähigkeit rungslänge entfernt liegen.
Die Festlegung des Bemessungswertes der Verbund- Als Vereinfachung gegenüber Gl. (15.10) wird nach
tragfähigkeit in EN 1992-1-1, 8.4.2 ist weitgehend EN 1992-1-1, 8.4.4 (2) für Haken, Winkelhaken und
deckungsgleich zu DIN 1045-1; die Formulierung baut Schlaufen eine Ersatzverankerungslänge lb;eq D ˛1  lb;rqd
allerdings auf dem Bemessungswert der Zugfestigkeit
angegeben, die analog zu DIN 1045-1 in der verlängerten,
fctd D ˛ct fctk;0:05 =c (bei Leichtbeton: flctd D flctkI0;05 =c
ohne ˛lct ) auf: geraden Stabachse gemessen wird (vgl. Abbildungen
in Tabelle 15.5, Zeilen 2 und 4). Für gerade Stäbe mit
fbd D 2;25  1  2  fctd : (15.8)
angeschweißten Querstäben ist lb;eq D ˛4  lb;rqd .
Zusätzlich ist fbd für höherfesten Beton auf den Wert für
Ergänzende Regeln zur Verankerung mit angeschweißten
die Festigkeitsklasse C60/75 zu begrenzen, sofern nicht
durch Versuche eine höhere Verbundtragfähigkeit nachge- Querstäben mit 14 mm  dsq  32 mm enthält EN 1992-1-
wiesen wird. Die Lage des Stabes beim Betonieren wird 1, 8.6, Hinweise zur Verankerung von Stabbündeln sind
über 1 analog zu DIN 1045-1 mit 1 D 1;0 für gute in EN 1992-1-1, 8.9.2 zu finden und Ergänzungen für
und 1 D 0;7 für mäßige Verbundbedingungen angerech- ds  32 mm sind in EN 1992-1-1, 8.8 enthalten.
net. Die Unterscheidung zwischen den Verbundbereichen
ist in Abb. 15.12 wiedergegeben; gegenüber DIN 1045-
1 wird der Bereich mit guten Verbundbedingungen ein- D EN 1992-1-1 – Ergänzungen
geschränkt; die Regeln zu stabförmigen Bauteilen, die
mit Außenrüttlern verdichtet werden, sind in EN 1992-1- Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt:
1 nicht enthalten. Die über 2 berücksichtigte Abminde- Bemessungswert der Verbundtragfähigkeit
rung bei Stabdurchmessern mit ds > 32 mm ist mit 2 D • Die Bereiche guter Verbundbedingungen nach
0;01.132  ds / (2 D 1;0 für ds  32 mm) identisch zu Abb. 15.12b und c werden auf 300 mm ausgedehnt
DIN 1045-1. und damit an DIN 1045-1 angeglichen.
Verankerungslänge Verankerungslänge
Der Basiswert der erforderlichen Verankerungslänge lb;rqd
• lb;min für zugbeanspruchte Stäbe nach Gl. (15.10): Es
folgt aus Gl. (15.9)
dürfen die Beiwerte ˛1 und ˛4 angerechnet werden;
ds sd darüber hinaus darf bei direkter Lagerung ˛5 D 0;7
lb;rqd D  ; (15.9)
4 fbd gesetzt werden. Der Mindestwert von 100 mm darf für
Hochbauten unterschritten werden.
mit sd als Bemessungswert der Stahlspannung im GZT • lb;min für druckbeanspruchte Stäbe nach Gl. (15.10):
in dem Schnitt, von dem aus die Verankerung gemessen Der Mindestwert von 100 mm darf für Hochbauten un-
wird; sd muss damit nicht notwendigerweise der Stahl- terschritten werden.
spannung, die der Bemessung im GZT im maßgeben- • Ergänzungen zu Tabelle 15.6:
den Querschnitt zugrunde gelegt wird, entsprechen. Da-
mit wird im Unterschied zu DIN 1045-1 bereits im Ba- – Für cd < 3ds bei gebogenen Stäben ist ˛2 D 1;4 zu
siswert lb;rqd der Ausnutzungsgrad des Stabes (! in setzen.
DIN 1045-1 durch As;erf =As;vorh berücksichtigt) angerech- – Die Beiwerte ˛2 und ˛5 dürfen nicht gemeinsam in
net. Der Bemessungswert der Verankerungslänge lbd folgt Ansatz gebracht werden.
aus Gl. (15.10): – Falls eine allseitige, durch Bewehrung gesicherte
Betondeckung  10ds vorhanden ist, darf ˛2 D 0;7
lbd D ˛1  ˛2  ˛3  ˛4  ˛5  lb;rqd ; (15.10a) angenommen werden. Dies gilt nicht für Übergrei-
mit ˛2  ˛3  ˛5  0;7 fungsstöße mit einem Achsabstand der Stöße von
8 s  10ds .
ˆ
ˆ 0;3  lb;rqd  10  ds  100 mm
ˆ
ˆ – Zu ˛5 werden die Regeln nach DIN 1045-1 zur Be-
< bei Zugstäben
rücksichtigung von Querzug (DIN 1045-1, 12.5 (6))
 lb;min D :(15.10b)
ˆ
ˆ 0;6  lb;rqd  10  ds  100 mm
ˆ ergänzt.
:̂ bei Druckstäben

Dabei wird lbd unabhängig von der Biegeform entlang der


Mittellinie des Stabes gemessen. Mit den ˛-Beiwerten in
Gl. (15.10a) werden folgende Aspekte berücksichtigt: 15.3.2 Weitere Möglichkeiten
˛1 Biegeform der Stäbe unter Annahme ausreichender der Verankerung
Betondeckung
˛2 Betondeckung
Sofern der zur Verfügung stehende Platz für eine Ver-
˛3 Querbewehrung
˛4 angeschweißte Querstäbe bundverankerung nicht ausreicht, können am Ende der
˛5 Querdruckspannungen. Bewehrungsstäbe Ankerkörper angebracht werden, die
Die ˛-Beiwerte können Tabelle 15.6 entnommen werden. i. d. R. für die volle Zugkraft As fyd ausgelegt sind.
Bei angeschweißten Querstäben wird für den Querstab- Die Ausführung angeschweißter Ankerplatten nach
durchmesser dsq  0;6ds gefordert; gleichzeitig muss der Abb. 15.14a regelt DIN EN ISO 17660.
554 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Tabelle 15.6 Beiwerte ˛ zur Berechnung der Verankerungslänge lbd nach EN 1992-1-1, 8.4.3 (EN 1992-1-1, Tabelle 8.2)
Einfluss Art der Verankerung Zugstab Druckstab

gerades Stabende α1 = 1 α 1 = 1,0


Biegeform
α1 Haken, Winkelhaken, cd > 3 ds: α 1 = 0,7
α 1 = 1,0
Schlaufen cd £ 3 ds: α 1 = 1,0
α 2 = 1 – 0,15 (cd – ds)/ds
gerades Stabende α 2 = 1,0
Betondeckung mit 0,7 £ α 2 £ 1,0
α2 α 2 = 1 – 0,15 (cd – 3ds)/ds
Haken, Winkelhaken,
α 2 = 1,0
Schlaufen mit 0,7 £ α 2 £ 1,0
Querbewehrung α 3 = 1 – Kl
α3 alle Arten α 3 = 1,0
mit 0,7 £ α 3 £ 1,0
Angeschweißte
alle Arten α 4 = 0,7 α 4 = 0,7
Querstäbe α4
Querdruck α 5 = 1 – 0,04p
α5 alle Arten -
mit 0,7 £ α 5 £ 1,0
Anmerkungen:
l = (S Ast - S Ast,min)/As
S Ast Querschnittsfläche der Querbewehrung entlang l bd
S Ast,min Querschnittsfläche der Mindestquerbewehrung (= 0,25 A s für Balken und 0 für Platten)
As Querschnittsfläche des größten verankerten Einzelstabs
p Querdruck in N/mm² im GZT
cd der kleinere Wert aus Betondeckung und lichtem Abstand zwischen zwei Stäben
(bei Haken, Winkelhaken und Schlaufen: senkrecht zur Krümmungsebene gemessen)
K Beiwert für die Wirksamkeit der Querbewehrung
= 0,1 wenn der zu verankernde Stab an zwei Seiten von Querbewehrung
umschlossen wird (Stab in einer Bügelecke)
= 0,05 wenn die Querbewehrung zwischen Stab und Bauteiloberfläche liegt
=0 wenn die Querbewehrung innerhalb des zu verankernde n Stabes liegt

Sofern die Tragfähigkeit der Verbindung zwischen müssen unabhängig von der Ausprägung der Ver-
Ankerkörper und Bewehrungsstab nicht normativ bindung zwischen Stab und Ankerkörper allgemein
nachgewiesen werden kann (z. B. bei Verbindungen bauaufsichtlich zugelassen sein (vgl. DAfStb 2003).
mit vorab angearbeitetem Gewinde), bedürfen die Der Verankerungsnachweis, d. h. der Nachweis,
Verankerungen einer allgemeinen bauaufsichtlichen dass die über Ankerkörper konzentriert eingeleiteten
Zulassung. Mechanische Verankerungen, die bei nicht Druckspannungen durch den Beton aufgenommen
vorwiegend ruhender Belastung eingesetzt werden, werden können, wird über einen Nachweis der Teil-
flächenbelastung nach DIN 1045-1, 10.7 geführt (s.
Abschn. 3.7.2.5). Gegebenenfalls wird im Veranke-
rungsbereich enge Querbewehrung z. B. in Form von
Wendeln erforderlich, um große Druckkräfte aus der
Ankerplatte über die erhöhte Festigkeit umschnürten
Betons aufzunehmen.

a Schweißverbindung b aufgestauchter Ankerkopf


15.4 Stoßverbindung
von Bewehrungsstäben

Kraftschlüssige Stoßverbindungen von Bewehrungs-


stäben werden durch die abschnittweise Herstellung
c Schraubverbindung d Beispiel von Ortbetontragwerken – z. B. bei Stützen, deren
(Stab mit Gewinde)
Längsbewehrung nach jedem Stockwerk gestoßen
Abbildung 15.14a–d Mechanische Endverankerungen wird – oder durch die i. d. R. auf 12–15 m begrenz-
15.4 Stoßverbindung von Bewehrungsstäben 555

ten Regellängen von Betonstahlstäben erforderlich.


Stöße können direkt, d. h. durch Schweißen oder
mechanische Verbindungsmittel, oder indirekt durch
Übergreifung ausgeführt werden.

15.4.1 Übergreifungsstöße

15.4.1.1 Tragverhalten

Die einfachste und am häufigsten verwendete


kraftschlüssige Verbindung zweier zug- oder druck- a typisches Versagensbild eines Vollstoßes ohne
beanspruchter Stäbe wird durch einfaches neben- Quer- und Bügelbewehrung

einanderlegen erreicht. Die Stabkräfte werden durch


Verbundwirkung – idealisiert durch ein System
schräger Druckstreben – übertragen (Abb. 15.15). ds ds
Das Gleichgewicht erfordert vorwiegend in der
Stoßebene wirkende Querdruck- und Querzugkräfte. s s
Große Querzugspannungen lösen Risse parallel zu
weiter Abstand (s > 10 ds) enger Abstand (s <_ 10 ds)
den gestoßenen Stäben aus, die die Verbundwirkung
drastisch reduzieren. Eine Aufnahme der Querzug- b Rissbildung in Abhängigkeit des Stoßabstandes
kräfte durch Querbewehrung ist daher grundsätzlich Abbildung 15.16a,b Versagensformen bei Übergreifungsstö-
erforderlich. Die Querzugkräfte treten im Bereich der ßen
Stabenden konzentriert auf; die Querbewehrung sollte
zweckmäßig dort angeordnet werden.
Die Querzugbeanspruchung führt bei weiterer Last-
Übergreifungsstöße stellen immer Schwachstellen der
steigerung je nach dem Abstand der Stöße untereinan-
Konstruktion dar; die Platzierung von Stößen in hoch-
der zum trichterförmigen oder flächigen Abplatzen der
beanspruchten Bereichen verbietet sich daher.
Betondeckung (Abb. 15.16b). Bei Vollstößen in biege-
beanspruchten Bauteilen bildet sich, sofern kleine seit-
liche Stoßabstände s vorliegen und umgreifende Quer-
15.4.1.2 Übergreifungslänge (DIN 1045-1, 12.8.2)
bewehrung fehlt, in der Stoßebene bei Überschreiten
der Betonzugfestigkeit schlagartig eine Bruchfläche
Übergreifungslängen ls , die der einfachen Veranke-
aus, die zum charakteristischen, scherenartigen Auf-
rungslänge lb;net entsprechen, sind wegen der günsti-
klappen der gestoßenen Stäbe nach Abb. 15.16a führt
gen Wirkung des Spitzendrucks und der größeren Wir-
(vgl. Eligehausen 1979). Angesichts des Bruchbildes
kungslänge (Abb. 15.15) nur für Druckstäbe, bei Zug-
wird deutlich, dass die Querbewehrung zweckmäßig
stäben nur unter speziellen Randbedingungen möglich.
die Stoßenden umfassen und bei Balken – zumindest
Allgemein ist ls größer als lb;net , da die Ausbreitung der
bei enger Lage (s  10ds ) und großem Anteil gesto-
Verbundspannungen gegenüber einer Verankerung ein-
ßener Stäbe – in der Druckzone rückverankern sollte.
geschränkt, d. h. der wirksame Umfang vermindert ist
(Abb. 15.17).
Fsd Die Übergreifungslänge kann bei Zugstäben analog
zur Verankerung durch die Ausführung der Stabenden
Fsd
mit Haken, Winkelhaken oder Schlaufen mit ˛a redu-
ziert werden; bei Druckstäben sind nur gerade Staben-
a Zugstoß
den zulässig. Es gilt:
Fsd

Fsd ls D lb;net  ˛1 (15.11a)


(
15  ds
b Druckstoß  ls;min D 0;3  ˛a  ˛1  lb  (15.11b)
200 mm
Abbildung 15.15a,b Kraftfluss bei Übergreifungsstößen
556 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Druckstoß Zugstoß Stoßart

Stabdurchmesser

d s <16mm d s ³16mm

Anteil der ohne Längsversatz


gestoßenen Stäbe je Lage

a b _
<33% >33% _
<33% >33%

Beiwert α1

α1 = 1,0 α1 = 1,2a α1 = 1,4a α1 = 1,4a α1 = 2,0b

a _
Für s >10d _
s und s0 > 5ds gilt: α1 = 1,0 s0 s
b _
Für s >10d _
s und s0 > 5ds gilt: α1 = 1,4
a Stabverankerung
b Übergreifungsstoß
c Einfluss der Überdeckung zur Definition von s und s0
c
Abbildung 15.18 Beiwert ˛1 für die Übergreifungslänge
Abbildung 15.17a–c Wirksamer Stabumfang bei Verankerun- (DIN 1045-1, Tabelle 27)
gen und Stößen

• Für Stabdurchmesser ds < 16 mm (bis C55/67


In Gl. (15.11) bedeuten: bzw. LC45/50) bzw. ds < 12 mm (ab C60/75
lb;net Verankerungslänge nach Gl. (15.7) bzw. LC50/55) oder einem Anteil gestoßener Stä-
˛1 Beiwert für die Übergreifungslänge nach be in einem Querschnitt  20% reicht die vor-
Abb. 15.18 handene Mindestquerbewehrung zur Aufnahme der
lb Grundmaß der Verankerungslänge nach Querzugspannungen aus (vgl. hierzu die Definition
Gl. (15.6) des Längsversatzes). Zusätzliche Maßnahmen sind
˛a Beiwert für die Wirksamkeit der Verankerungsart nicht erforderlich. Unberührt davon bleibt die Re-
nach Tabelle 15.5, Zeilen 1 oder 2 (d. h. ohne An- gelung für Übergreifungsstöße in Beton ab der Fes-
rechnung des Einflusses angeschweißter Querstä- tigkeitsklasse C70/85.
be). • Sofern eine Querbewehrung erforderlich
P wird, muss
sie eine Gesamtquerschnittsfläche Ast aufwei-
Generell sollte versucht werden, die zu stoßenden Stä- sen, die mindestens der Querschnittsfläche eines ge-
be möglichst eng aneinander zu legen. Sofern der lichte stoßenen Stabes As entspricht.
Abstand allerdings größer als 4ds ist, muss die Über- • Für s  10ds muss die Querbewehrung in vor-
greifungslänge um die Differenz zwischen dem vor- wiegend biegebeanspruchten Bauteilen bügelartig
handenen lichten Abstand und 4ds vergrößert werden. ausgebildet sein; andernfalls reichen gerade Stäbe.
Für die Berechnung der Übergreifungslänge und die Bei flächenartigen Bauteilen gilt dies für s  7ds ,
konstruktive Ausbildung von Stößen bei Stabbündeln allerdings darf auf eine Regelung nach Bertram
vgl. DIN 1045-1, 12.9. u. Bunke (1989) zurückgegriffen werden, die mit
der Ausgabe 2008 auch in DIN 1045-1 aufgenom-
men wurde, wonach auf eine bügelartige Ausbil-
15.4.1.3 Querbewehrung (DIN 1045-1, 12.8.3) dung der Querbewehrung verzichtet werden kann,
wenn die Übergreifungslänge pauschal um 30%
Im Bereich von Übergreifungsstößen muss Querbe- vergrößert wird. Auf eine bügelartige Umfassung
wehrung zwischen den gestoßenen Stäben und der kann ebenfalls verzichtet werden, wenn der Ab-
Betonoberfläche angeordnet werden, um Querzugkräf- stand der Stoßmitten benachbarter Stöße mit ge-
te aufzunehmen. Innen angeordnete Querbewehrung raden Stabenden (Längsversatz) etwa 0;5ls beträgt
trägt nur in untergeordnetem Maß zur Aufnahme der (vgl. Abb. 15.20).
Querzugspannungen bei Spaltrissbildung bei. Die • Für Beton ab der Festigkeitsklasse C70/85 müs-
Querbewehrung muss im Einzelnen den folgenden sen Übergreifungsstöße durch Bügel umschlossen
Anforderungen entsprechen: werden, wobei die Summe der Querschnittsflächen
15.4 Stoßverbindung von Bewehrungsstäben 557

A st A st
2 2
_
<150mm Fsd
Fsd
ls ls
ls ls
3 3 große Rissbreite ungünstig!
a Zugstoß
ls
A st A st
2 2
_
<150mm Fsd
Fsd ls ls

_ 4ds
< geringe Rissbreiten günstig!
ls ls
3 3 _ 50mm
<
a Zusammenhang zwischen Stoßanordnung und
ls zu erwartenden Rissbreiten
b Druckstoß

Abbildung 15.19a,b Anordnung der Querbewehrung nach


DIN 1045-1, Bild 59 > 1,3 ls
Mittenabstand
Fsd
Fsd

ds
der vertikalen Bügelschenkel gleich der erforder- ls
Fsd

ds
Fsd
lichen Querschnittsfläche der gestoßenen Längsbe-

> 20
wehrung sein muss.

> ds
Stoßachse
Fsd
• Werden bei mehrlagiger Bewehrung mehr als 50% Fsd

ds
des Querschnitts der einzelnen Lagen in einem < 4ds

>2ds
> 20

s
Fsd
Schnitt gestoßen, müssen die Übergreifungsstöße Fsd

ds
durch Bügel umschlossen werden, die für die Kraft

s0
der gestoßenen Stäbe zu bemessen sind.
Bauteilrand
• Die Querbewehrung muss zwischen Längsbe-
b Längsversatz (Masse in mm)
wehrung und Betonoberfläche liegen und nach
Abb. 15.19 verteilt werden. Aus dem Stab- Abbildung 15.20a,b Konstruktionsprinzipien bei Übergrei-
werkmodell nach Abb. 15.15 wird unmittelbar fungsstößen – Längsversatz (DIN 1045-1, Bild 57)
einsichtig, dass bei Druckstößen auch außerhalb ls
Querbewehrung erforderlich wird.
Normenregelung nach EN 1992-1-1
Übergreifungslänge (EN 1992-1-1, 8.7.3)
Der Bemessungswert der Übergreifungslänge l0 errechnet
15.4.1.4 Anordnung von Stößen – Längsversatz sich aus dem Basiswert der Verankerungslänge zu
(DIN 1045-1, 12.8.1) l0 D ˛1  ˛2  ˛3  ˛5  ˛6  lb;rqd (15.12a)
 l0;min D 0;3  ˛6  lr;rqd  15ds  200 mm : (15.12b)
Wenn mehrere Stäbe gestoßen werden müssen, sollten
die Stöße versetzt angeordnet werden. Günstig für die Die Beiwerte ˛1 (Biegeform der Stabenden), ˛2 (Beton-
deckung), ˛3 (Querbewehrung) und ˛5 (Querdruck) sind
auftretenden Rissbreiten wirken Abstände der Stoß-
Tabelle
P 15.6 zu entnehmen. Für die Berechnung von ˛3 ist
mitten deutlich über ls (Abb. 15.20a). Nach DIN 1045- Ast;min durch As  .sd =fyd / mit As als Querschnittsfläche
1 gelten Stöße erst als versetzt, wenn die Stoßmit- eines gestoßenen Stabes zu ersetzen (vgl. Regelung zur
ten einen Abstand  1;3ls aufweisen. Für die Stab- erforderlichen Querbewehrung). Mit ˛6 wird der Anteil der
abstände bei Stößen gilt Abb. 15.20b. Vollstöße, d. h. gestoßenen Stäbe in einem Querschnitt berücksichtigt:
Stöße aller Bewehrungsstäbe ohne Längsversatz, soll- r (
1  1;0
ten generell nicht in hochbeanspruchten Bereichen lie- ˛6 D : (15.13)
25  1;5
gen. Sofern die Schnittgrößenermittlung mit Verfahren
nach der Plastizitätstheorie oder mit nichtlinearen Ver- In Gl. (15.13) ist 1 der Anteil der innerhalb von 0;65l0 (ge-
fahren durchgeführt wurde, ist eine Anordnung von messen ab der Mitte des betrachteten Übergreifungssto-
ßes) gestoßenen Bewehrung in %. Für einen Stoßanteil
Stößen in plastischen Zonen ausgeschlossen, da an-  25% ist ˛6 D 1;0; für einen Anteil > 50% ist ˛1 zu
sonsten die Rotationsfähigkeit erheblich eingeschränkt 1,5 zu setzen. Bei einem „Drittelstoß“ (Stoßanteil 33%)
wird. ist ˛6 D 1;15. Sofern der lichte Abstand der gestoße-
558 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

nen Stäbe 4ds bzw. 50 mm überschreitet, muss analog zu 15.4.2 Direkte Stöße
DIN 1045-1 die Übergreifungslänge l0 um die Differenz
zwischen dem lichten Abstand und 4ds bzw. 50 mm ver-
größert werden. Direkte Stöße von Bewehrungsstäben können durch
Querbewehrung (EN 1992-1-1, 8.7.4) mechanische Verbindungsmittel – i. d. R. Muffen –
Die im Stoßbereich vorhandene Querbewehrung hat fol- oder durch Schweißen hergestellt werden. Sie sind
genden Regeln zu entsprechen: gegenüber Übergreifungsstößen zwar kostenintensi-
ver, bieten allerdings erhebliche Vorteile bei beeng-
• Sofern für den Durchmesser der gestoßenen Stäbe
ten Platzverhältnissen. Zudem können bei Arbeitsfu-
ds < 20 mm gilt oder der Anteil der gestoßenen Stä-
be in jedem beliebigen Querschnitt höchstens 25% be- gen weit über die Abschalung hinausreichende Stab-
trägt, kann auf die Anordnung zusätzlicher Querbeweh- enden, die für Übergreifungsstöße erforderlich wären,
rung verzichtet werden. Dies setzt voraus, dass die vermieden werden. Direkte Stöße werden i. Allg. als
Mindestquerbewehrung vorhanden ist. normalduktil eingestuft; die Anordnung in plastischen
• Bei Stabdurchmessern ds  20 mm muss die Gesamt- Gelenken bei Schnittgrößenermittlung nach der Plasti-
querschnittsfläche der Querbewehrung Ast mindestens
zitätstheorie ist daher nicht möglich.
die Querschnittsfläche eines gestoßenen Stabes betra-
gen.
• Sofern mehr als 50% der Bewehrung in einem Quer-
schnitt gestoßen werden und der Querabstand zwi- 15.4.2.1 Mechanische Verbindungen
schen Stößen a  10ds ist (a entspricht s nach
DIN 1045-1, vgl. Abb. 15.20), muss die Querbeweh- Derzeit wird ein breites Spektrum verschiedener Sys-
rung in Form von Bügel oder Steckbügeln ausgeführt
werden.
teme zur mechanischen Verbindung von Betonstählen
• Die Querbewehrung ist nach Abb. 15.19 zu verteilen. angeboten, die zumeist mit Muffen arbeiten. Die Ver-
fahren bedürfen grundsätzlich einer allgemeinen bau-
Anordnung und Versatz (EN 1992-1-1, 8.7.2) aufsichtlichen Zulassung (BAZ), in der alle Einzelhei-
Stöße sollten nicht in hochbeanspruchten Bereichen, z. B. ten der Verwendung beschrieben sind (vgl. DIN 1045-
plastischen Gelenken angeordnet werden. Benachbarte 1, 12.8.1 (7)). In Zukunft werden die BAZ durch eu-
Stöße sind i. Allg. um 1;3l0 bezogen auf die Stoßmitten zu ropäische technische Zulassungen (ETA) abgelöst. Bei
versetzen. Darüber hinaus sollten die Abstände zwischen klassischen Schraubmuffen müssen entweder Stäbe
benachbarten Stößen Abb. 15.20b entsprechen. Wenn mit Gewinderippen verwendet oder Gewinde vorab
die Bewehrung nur einlagig ausgeführt wird, können auf konventionellen Betonstahl aufgeschnitten wer-
bei Zugstößen 100% der Bewehrung gestoßen werden, den. Für hydraulisch aufgepresste Muffen oder Muf-
sofern die Regeln zur Anordnung – insbesondere der fen mit Scherbolzen erübrigt sich eine spezielle Vor-
erforderliche Versatz zwischen benachbarten Stößen – bereitung der Stäbe (Abb. 15.21). Daneben existie-
erfüllt sind. Bei mehrlagiger Bewehrung ist der Anteil auf ren Kombinationssysteme, z. B. mit bereits auf Staben-
50% zu reduzieren. Bei Druckstößen und bei Oberflä- den aufgepressten Muffen, die auf der Baustelle durch
chenbewehrung ist ein Vollstoß der Bewehrung in einem Koppelbolzen mit Gewinde verbunden werden. Einen
Querschnitt zulässig. Überblick über verschiedene Systeme enthält Bertram
Ergänzende Regelungen für den Stoß bei großen Stab- (1999).
durchmessern (ds > 32 mm) bzw. bei Stabbündeln sind Alle derzeit zugelassenen mechanischen Verbin-
EN 1992-1-1, Abschn. 8.8 bzw. 8.9 zu entnehmen. dungen können sowohl auf Zug als auch auf Druck
mit der Maximallast der angeschlossenen Stäbe bean-
sprucht werden. Einschränkungen bestehen lediglich
D EN 1992-1-1 – Ergänzungen für die Ermüdungsfestigkeit, die in den jeweiligen Zu-
lassungen näher spezifiziert ist. Eine Ausnahme stel-
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt:
len Kontaktstöße für ständig druckbeanspruchte Be-
• Übergreifungslänge: Anstelle von ˛6 nach Gl. (15.13) wehrungsstäbe mit ds  20 mm in Stützen dar. Die
ist der Beiwert ˛1 nach Abb. 15.18 zur Berechnung von rechtwinklig geschnittenen und entgrateten Stabenden
l0 in Gl. (15.12a) zu verwenden. Zur Ermittlung der Min- werden durch Zentrierhülsen gehalten, die keiner bau-
destübergreifungslänge l0;min nach Gl. (15.12b) dürfen aufsichtlichen Zulassung bedürfen. Der Stoßanteil ei-
auch die Beiwerte ˛1 und ˛4 herangezogen werden.
nes Querschnitts ist bei Kontaktstößen auf 50% bei
• Querbewehrung: Die Regeln zu Menge, Anordung
und Verteilung von Querbewehrung nach DIN 1045-1, gleichmäßiger Verteilung der gestoßenen Stäbe über
12.8.3 werden ergänzt. den Querschnitt beschränkt.
15.5 Konstruktionsregeln für Balken 559

A-A
A

a Muffenstoß von Gewindestäben


A
> 2ds 0,3ds
> 4ds > 4ds

a Überlappstoß
A-A
b Muffenstoß mit konischem Gewinde (wahlweise)
A

ds

c Pressmuffenstoß
A
> 2ds 0,3ds
> 4ds > 4ds

b Laschenstoß

d Muffe mit Scherbolzen und Zahnleisten

Abbildung 15.21a–d Mechanische Stoßverbindungen c Abbrennstumpfschweißung

15.4.2.2 Schweißstöße (DIN 1045-1, Tabelle 12)


d Lichtbogenhandschweißung

Tragende, d. h. für die volle Zugkraft des ungestoßenen Abbildung 15.22a–d Schweißstöße nach DIN EN ISO 17660-1
Stabes ausgelegte Schweißstöße sind in Abb. 15.22
wiedergegeben. Die möglichen Anwendungsfälle
der einzelnen Verbindungen werden in DIN 1045- Im Folgenden werden die Konstruktionsregeln für Bal-
1, Tabelle 12 geregelt. Die Ausführung der Stöße ken erläutert; soweit die Regeln auf Platten übertragbar
und insbesondere die Schweißnahtlängen sind in sind, wird darauf hingewiesen.
DIN EN ISO 17660, die mittlerweile DIN 4099 abge-
löst hat, geregelt. Dort werden auch die erforderlichen
Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Schweißver-
bindungen angegeben. In der genannten Norm werden 15.5.1 Biegung
darüber hinaus tragende Schweißverbindungen von
Betonstählen mit Stahleinbauteilen behandelt. 15.5.1.1 Mindest- und Höchstbewehrung
Bei vorwiegend ruhenden Lasten können alle Stö- (DIN 1045-1, 13.1.1)
ße sowohl für Zug- als auch für Druckkräfte einge-
setzt werden. Wegen der erheblichen Reduktion der Um auszuschließen, dass mit dem Auftreten des ers-
Ermüdungsfestigkeit durch Schweißnarben und Quer- ten Risses bereits der unangekündigte Kollaps eines
schnittssprünge dürfen bei nicht vorwiegend ruhenden Bauteils eintritt, müssen vorwiegend biegebeanspruch-
Lasten für zugbeanspruchte Verbindungen nur Stumpf- te Bauteile eine Mindestbewehrung aufweisen, die für
stöße, die durch Abbrennstumpfschweißen hergestellt die Aufnahme der Rissschnittgröße ausgelegt ist (Si-
wurden, verwendet werden (s. Abschn. 12.2.1.3). cherstellung eines duktilen Bauteilverhaltens). Hinter-
gründe und Berechnung der Mindestbewehrung wur-
den bereits in Abschn. 6.6 erläutert. Für die Anordnung
15.5 Konstruktionsregeln für Balken der Mindestbewehrung gilt im Einzelnen:

• Die Mindestbewehrung ist gleichmäßig über die


Neben den allgemeinen Bewehrungsregeln zu Veran- Breite und anteilig über die Höhe der Zugzone zu
kerung und Stoß von Bewehrung enthalten DIN 1045- verteilen.
1 und EN 1992-1-1 eine Reihe von Konstruktionsre- • Die im Feld erforderliche, untere Mindestbeweh-
geln für spezielle Bauteile bzw. Beanspruchungsarten. rung muss zwischen den Auflagern durchlaufen und
560 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

am Endauflager bzw. an Zwischenauflagern von 15.5.1.2 Allgemeine Konstruktionsregeln


Durchlaufträgern mit der erforderlichen Mindest-
verankerungslänge nach DIN 1045-1, 13.2.2 ver- An Endauflagern, die im Rahmen der Schnittgrößener-
ankert werden (Endauflager: bei direkter Lagerung mittlung zwar als gelenkige Lagerung idealisiert wer-
lb;min D 6;7ds , bei indirekter Lagerung lb;min D den, bei denen aber die freie Drehbarkeit eingeschränkt
10ds; Zwischenauflager: lb;min D 6ds ; jeweils be- ist, entstehen Einspannmomente, die in der Bemessung
ginnend ab Auflagervorderkante). nicht explizit berücksichtigt werden. Um breite Risse
• Die über Innenstützen erforderliche, obere Mindest- an der Oberseite zu vermeiden, muss das Einspann-
bewehrung ist in beiden anschließenden Feldern moment durch Bewehrung abgedeckt werden. Nach
über jeweils mindestens 1/4 der Feldweite einzule- DIN 1045-1, 13.2.1 (1) sind hierfür bei Balken, Plat-
gen. tenbalken und Platten die Querschnitte am Endaufla-
• Bei Kragarmen muss die Mindestbewehrung über ger für ein Stützmoment zu bemessen, das mindestens
die gesamte Kragarmlänge durchlaufen. 25% des benachbarten Feldmoments entspricht. Die
• Stöße der Mindestbewehrung müssen für die volle Bewehrung muss, vom Auflagerrand gemessen, min-
Zugkraft bemessen sein. destens über die 0,25-fache Länge des Endfeldes ein-
gelegt werden.
Eine Verteilung der Mindestbewehrung anteilig
über die Höhe der Zugzone ohne gleichzeitige rechne-
rische Berücksichtigung des abnehmenden Hebelarms 15.5.1.3 Zugkraftdeckung (DIN 1045-1, 13.2.2)
schränkt allerdings die Wirksamkeit der Mindestbe-
wehrung ein. Generell sollte die Mindestbewehrung Die Biegebemessung von Stahlbetonbauteilen erfolgt
im Bereich des Zugrandes angeordnet werden. Das i. Allg. nur in den maßgebenden („kritischen“) Quer-
bei hohen Stegen, z. B. bei schlanken Plattenbalken, schnitten. Bei großen erforderlichen Bewehrungsmen-
mögliche Auftreten von Sammelrissen sollte nicht gen kann es lohnend sein, die Bewehrungsmenge ent-
durch die Mindestbewehrung, sondern zweckmäßig sprechend dem Verlauf der Zuggurtkraft abzustufen,
durch zusätzliche, über die Steghöhe verteilte, riss- d. h. zu staffeln. Durch den Nachweis der Zugkraftde-
breitenbegrenzende Bewehrung verhindert werden ckung wird sichergestellt, dass in jedem Querschnitt
(vgl. Abschn. 15.5.4). die im GZT6 auftretende Zuggurtkraft durch die vor-
Gleichzeitig muss der Biegebewehrungsgrad nach handene Bewehrung aufgenommen werden kann. Die
oben begrenzt werden, um zum einen sprödes Bauteil- Auswirkung der Querkraft muss bei der Berechnung
verhalten überbewehrter Querschnitte auszuschließen der Zuggurtkraft durch den additiven Anteil Fsd;V
und um zum anderen die Herstellbarkeit zu gewährleis- berücksichtigt werden (vgl. Abschn. 7.4.6). Für Bau-
ten. Für vorwiegend biegebeanspruchte Bauteile darf teile mit Querkraftbewehrung folgt die Gurtkraft nach
der Bewehrungsquerschnitt 0;08Ac auch im Bereich Gl. (7.87a) zu:7
 
von Stößen nicht überschreiten. MEds
Bei durchlaufenden Balken, deren Schnittgrößen Fsd D C NEd C Fsd;V (15.14a)
z
auf Grundlage der Elastizitätstheorie ermittelt werden,  
MEds
wird die Rotationsfähigkeit, d. h. insbesondere die Ver- D C NEd
z
formungsfähigkeit der Druckzone lediglich durch ei-
ne Begrenzung der bezogenen Druckzonenhöhe auf VEd
C  .cot   cot ˛/ : (15.14b)
lim D 0;45 (bis C50/60) bzw. 0,35 (ab C55/67) si- 2
chergestellt (vgl. Abschn. 13.2.2). Da diese Grenzen
6
bei hochbewehrten Bauteilen mit begrenzter Druck- Eine Prüfung der Zugkraftdeckung in den Grenzzuständen der
zonenbreite, z. B. bei Plattenbalken über Innenstützen Gebrauchstauglichkeit kann erforderlich werden, wenn durch
Verfahren der Schnittgrößenermittlung auf Basis der Plastizitäts-
oder bei Überzügen in Feldbereichen, z. T. sehr restrik- theorie bzw. durch nichtlineare Verfahren erhebliche Verschie-
tiv sind, kann auf deren Einhaltung verzichtet wer- bungen der Momentennullpunkte zwischen GZG und GZT auf-
den, wenn die Duktilität bzw. Rotationsfähigkeit auf treten (vgl. DIN 1045-1, 13.2.2 (2)).
7
alternativem Weg gewährleistet wird. In DIN 1045- Gleichung (15.14b) wurde am parallelgurtigen Fachwerk mit
1, 13.1.1 (5) ist hierfür eine Umschnürung der Druck- konstanter Druckstrebenneigung  abgeleitet, gilt allerdings
zone durch eng angeordnete Bügel mit ds  10 mm auch in Lasteinleitungsbereichen (Angriffspunkte von Einzel-
lasten, Auflager), wenn der Anstieg des Druckstrebenwinkels
und Längs- und Querabständen smax nach Tabelle 15.8, in den fächerförmigen Spannungsfeldern berücksichtigt wird. In
Zeile 3 vorzusehen. Vorhandene Querkraftbewehrung diesen Bereichen führt allerdings die konsequente Anwendung
kann voll angerechnet werden. der Versatzmaßtheorie schneller zum Ziel.
15.5 Konstruktionsregeln für Balken 561

gk = 53,1 kN/m
qk = 42,5 kN/m
A B

Fsd in kN A B
8,0 8,0 Schnitt A-A
0,15
E E
1000
al 0,82
0,90
500

0,30
0
Schnitt B-B
al
æ M Eds ö
çç z + N Ed ÷÷ - Linie
500 è ø
Zugkraftlinie E Dx
0,85
Zugkraftdeckungslinie
1000 E
E
lb,net + Dx 6 ø 20 lb,net + Dx C30/37

obere
lb,net 1 ø 20

Bewehrung
2 ø 20

lb,net 3 ø 20 lb,net

untere
2 ø 20 2 ø 20
2 2 ø 20
l b,net
3

Abbildung 15.23 Zugkraftdeckung

Für Bauteile ohne Querkraftbewehrung vgl. Ab- bundwirkung an, bis nach der Verankerungslänge lb;net
schn. 7.4.3. der Bemessungswert Fsd erreicht ist. Der allmähliche,
Der zusätzliche Gurtkraftanteil Fsd;V in bei Annahme konstanter Verbundspannungen lineare
Gl. (15.14a) kann durch ein Verschieben der Zug- Anstieg darf allerdings nach DIN 1045-1 nicht berück-
kraftlinie aus .MEds=z C NEd / um das Versatzmaß sichtigt werden; die aufnehmbare Zugkraft und damit
al in Richtung abnehmender Zugkraft berücksichtigt die Zugkraftdeckungslinie des betrachteten Stabes
werden. springt nach lb;net von Null auf den Bemessungswert
8z Fsd . Im Vergleich zur Anrechnung eines stetigen
ˆ
ˆ  .cot   cot ˛/
ˆ
ˆ2 Anstiegs der Zugkraftdeckungslinie ergeben sich
ˆ
ˆ
< für Bauteile damit größere erforderliche Stablängen. Ausschlag-
al D mit Querkraftbewehrung (15.15) gebend für die Vernachlässigung des Anstiegs ist
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ primär, Sicherheiten gegen die Verkürzung der vor-
ˆ 1;0  d
:̂ für Bauteile ohne Querkraftbewehrung handenen Verankerungslängen durch unvermeidliche
Verlegeungenauigkeiten zu schaffen (vgl. Rehm u. a.
In Gl. (15.15) ist ˛ der Winkel der Querkraftbeweh- 1979).
rung gegen die Bauteilachse,  die in der Querkraft- Die in Abb. 15.23 angegebenen rechnerischen End-
bemessung angenommene Neigung der Druckstreben punkte E von Bewehrungsstäben, die im Feld enden,
(vgl. Abschn. 7.4.4). Der Hebelarm der inneren Kräfte entsprechen damit den Punkten, ab dem die Stäbe nach
z im GZT kann aus der Biegebemessung übernommen der versetzten Zugkraftlinie nicht mehr erforderlich
werden; er darf näherungsweise zu z D 0;9d gesetzt sind, d. h. die Verankerungslänge mit lb;net beginnt. Ge-
werden, sofern nicht durch erhebliche Normalkräfte nerell muss aber – unabhängig von den Regelungen zur
z. B. aus Vorspannung kleinere Werte maßgebend sind. Mindestbewehrung – ein Anteil von 25% der Feldbe-
Ausgehend vom Stabende steigt die in einem wehrung bei Balken und 50% bei Platten bis an die
Bewehrungsstab aufnehmbare Kraft durch die Ver- Auflager geführt und dort verankert werden.
562 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

d1 cot q
z cot q In Gl. (15.19) ist VEd der Bemessungswert der Quer-
kraft am Endauflager; aus Abb. 15.24 wird deutlich,
Fcd
dass als konservative Vereinfachung die Auflagerkraft
angesetzt werden sollte. Abminderungen aus auflager-
NEd
z h nahen Lasten dürfen nicht ohne weitere Überlegungen
Fswd
qA q zs1
von VEd abgezogen werden. Anteile auflagernaher Las-
ten laufen zwar unmittelbar in das Lager und können
Fsd damit bei der Bemessung der Querkraftbewehrung au-
d1
ßer Acht gelassen werden; dennoch erzeugen sie – pri-
VEd
mär aus der Umlenkung der Druckstreben zum Auf-
a1/2
lager hin – Zugkräfte in der Bewehrung. Eine genaue-
Abbildung 15.24 Endauflager – Spannungsfeld und angreifen- re Identifikation der für den Endverankerungsnachweis
de Kräfte (nach Reineck 2005) relevanten Anteile der Querkraft ist z. B. mit Stabwerk-
modellen möglich.
In Gl. (15.19) bedeutet die Begrenzung auf VEd =2
15.5.1.4 Verankerung der Bewehrung an End- im Übrigen eine Begrenzung des Druckstrebenwinkels
und Zwischenauflagern auf  D 45ı .
Die erforderliche Verankerungslänge am Endaufla-
Ein wesentliches Element des Zugkraftdeckungsnach- ger ist
weises ist die Verankerung der Bewehrung an End- und
Zwischenauflagern. In Abb. 15.24 sind das maßgeben- 2
de Spannungsfeld – der Druckspannungsfächer ausge- direktes Auflager: lb;dir D  lb;net  6ds
3
hend vom Lager – sowie die an einem Schnitt im Win- (15.20a)
kel  angreifenden Kräfte eingetragen; die Geome-
indirektes Auflager: lb;ind D lb;net  10ds : (15.20b)
trie folgt Reineck (2005). Aus dem Momentengleich-
gewicht um den Endknoten des Druckgurtes folgt die
Die Verankerungslänge beginnt an der Auflager-
Zugkraft der Bewehrung nach Gl. (15.16).
 vorderkante (vgl. Abb. 15.25a, b), da erst dort eine
zs1 
Fsd D VEd cot A C N 1  (15.16) Umlenkung der Druckstreben möglich ist (siehe auch
z Abb. 4.18). In jedem Fall muss die Bewehrung aber
Hierbei ist die Neigung der Resultierenden des fächer- mindestens über die rechnerische Auflagerlinie nach
förmigen Druckfeldes A naturgemäß etwas steiler als DIN 1045-1, 7.3.1 (6) (vgl. Abschn. 2.4) geführt
die Druckfeldneigung  im angrenzenden, parallelgur- werden. Die Mindestverankerungslängen 6ds bzw.
tigen Fachwerk und kann aus den in Abb. 15.24 gege- 10ds sollen Herstellungsungenauigkeiten abdecken
benen geometrischen Verhältnissen abgeleitet werden (vgl. Bertram u. Bunke 1989). In Gl. (15.20a) wird
zu die günstige Wirkung des Querdrucks aus der Aufla-
 
a1 d1 1 gerpressung auf die Verbundtragfähigkeit durch eine
cot A D C C cot  : (15.17)
2z z 2 pauschale Abminderung der Verankerungslänge auf
2=3lb;net erfasst. Damit ist die Erhöhung von fbd für
Für DIN 1045-1 wird die zu verankernde Zugkraft ab-
Querdruck nach Gl. (15.5) bereits mit dem größten
weichend von Gl. (15.16) unmittelbar aus der Versatz-
zulässigen Faktor 1,5 vorweggenommen; eine weitere
maßregel bzw. Gl. (15.14b) abgeleitet. Am Endaufla-
Anhebung von fbd ist nicht mehr möglich.
ger gilt MEd D 0; mit NEd ¤ 0 folgt MEds D NEd zs1 .
Nach Gl. (15.19) kann die erforderliche Veran-
Eingesetzt in Gl. (15.14b) folgt:
kerungslänge durch die Annahme einer steileren
1 Druckstrebenneigung und damit eines kleineren
Fsd D VEd  .cot  C cot ˛/
2
„ ƒ‚ … Versatzmaßes reduziert werden; gleichzeitig steigt
al =z die Querkraftbewehrungsmenge an. Die in der Praxis
 zs1  hierfür häufig angenommenen Druckstrebenneigun-
CNEd 1  (15.18a) gen über 45ı werden streng genommen durch den
z 
al zs1 Mindestwert VEd =2, der gerade  D 45ı entspricht,
D VEd  C NEd 1  : (15.18b)
z z unwirksam. Bei beengten Platzverhältnissen kann
Für DIN 1045-1 wird Gl. (15.18b) vereinfacht zu die erforderliche Verankerungslänge insbesondere
al VEd bei Stabdurchmessern ds  20 mm durch die Zulage
Fsd D VEd  C NEd  : (15.19) von Verankerungsschlaufen mit ds D 14–16 mm, die
z 2
15.5 Konstruktionsregeln für Balken 563

a b
lb,dir lb,ind gesamte, im GZT angesetzte Druckbewehrung des Durch-
messers ds muss durch Querbewehrung in einem maxima-
len Abstand von 15ds gehalten werden.
Zugkraftdeckung (EN 1992-1-1, 9.2.1.3 und 4)
Analog zu DIN 1045-1 ist die Zugkraftlinie einschließlich
der Auswirkungen der Querkraft mit Hilfe des Versatzma-
lb,dir =
2
l > 6ds lb,ind = lb,net > 10ds
ßes nach Gl. (15.15) zu ermitteln. Als wesentliche Ab-
3 b,net weichung gegenüber DIN 1045-1 darf die Tragfähigkeit
der Bewehrungsstäbe innerhalb der Verankerungslänge
lb,net lb,net lbd unter Annahme eines linear zunehmenden Kraftver-
laufs berücksichtigt werden.
Bei Balken muss ein Anteil ˇ2 der Feldbewehrung über
a direktes Auflager das Endauflager geführt weden; ˇ2 ist länderspezifisch
b indirektes Auflager geregelt (NDP ! Tabelle 15.7). Bei Platten muss dagegen
> 6ds > 6ds ein Anteil von mindestens 50% der Feldbewehrung über
c Zwischenauflager
c die Auflager geführt werden.
Verankerung an End- und Zwischenauflagern
Abbildung 15.25a–c Erforderliche Verankerungslänge bei Auf- (EN 1992-1-1, 9.2.1.4 und 5)
lagern Die Verankerung am Endauflager ist für eine Zugkraft FE
nach Gl. (15.21) auszulegen.
al
FE D VEd  C NEd (15.21)
durch Übergreifung mit der Gurtbewehrung gestoßen z
werden, reduziert werden. Darüber hinaus stehen Die Verankerungslänge lbd beginnt an der Auflagervor-
die in Abschn. 15.3.2 vorgestellten mechanischen derkante. Bei direkten Auflagern dürfen die günstigen
Verankerungselemente zur Verfügung. Auswirkungen von Querdruckspannungen über ˛5 nach
An Zwischenauflagern durchlaufender Balken und Tabelle 15.6 angerechnet werden; eine pauschale
Platten muss die Bewehrung um 6 ds hinter den Auf- Berücksichtigung wie in DIN 1045-1 erfolgt nicht. An Zwi-
lagerrand geführt werden (Abb. 15.25c). Um die Scha- schenauflagern muss die Bewehrung mit einer Länge von
denstoleranz gegenüber ungeplanten Einwirkungen zu 10ds (gerade Stäbe), dem einfachen Wert des Biegerollen-
erhöhen, wird in DIN 1045-1, 13.2.2 (10) in Form ei- durchmessers (Haken und Winkelhaken mit ds  16 mm)
ner Anwendungsregel gefordert, die untere Beweh- bzw. dem doppelten Wert des Biegerollendurchmessers
rung so auszubilden, dass auch positive Momente, die (in allen anderen Fällen) über das Auflager geführt
aus Auflagersetzungen oder durch den teilweisen oder werden. Eine vertraglich zu vereinbarende, durchlaufende
vollständigen Verlust des Auflagers z. B. durch eine Bewehrung zur Aufnahme positiver Momente kann analog
Explosion hervorgerufen werden, aufgenommen wer- Abb. 15.25c durch Übergreifungsstöße erreicht werden.
den können. Dies kann z. B. durch zusätzliche Beweh-
rung, die durch Übergreifung gestoßen wird, erfolgen.
D EN 1992-1-1 – Ergänzungen
EN 1992-1-1 folgend wird nach DAfStb (2003) eine
Zu EN 1992-1-1 werden folgende Punkte ergänzt:
Übergreifung mit lb;net als ausreichend angesehen. Die
zusätzliche untere Bewehrung an Zwischenauflagern • Regeln zur Anordnung der Mindestbewehrung nach
sollte in Anlehnung an EN 1992-1-1 vertraglich ver- DIN 1045-1, 13.1.1 (3) und (6)
• In Gl. (15.21) wird analog DIN 1045-1 ergänzt:  VEd =2
einbart und festgelegt werden.
Normenregelung nach EN 1992-1-1
Mindest- und Höchstbewehrung (EN 1992-1-1, 9.2.1.1) Tabelle 15.7 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu Kon-
Die Berechnung der Mindestbewehrung wurde bereits in struktionsregeln für Balken (Biegung)
Abschn. 6.6 vorgestellt; Hinweise zur Anordnung der Min-
destbewehrung enthält EN 1992-1-1 nicht. Die Obergren- NDP EU D A
zen der Querschnittsflächen von Zug- oder Druckbeweh-
rung ausserhalb von Stoßbereichen As;max ist länderspezi- As;max 0;04Ac 0;08Aac EU
fisch geregelt (NDP ! Tabelle 15.7). ˇ1 0;15 0;25 b
EU
Allgemeine Konstruktionsregeln (EN 1992-1-1, 9.2.1.2) ˇ2 0;25 EU EU
Bei Balken, die als gelenkig gelagert angenommen wer-
a
den, ist durch eine Bemessung der Querschnitte an den As;max bezeichnet hierbei die Summe aus Druck- und Zugbewehrung
Auflagern für ein Einspannmoment, das mindestens dem und ist auch in Stoßbereichen einzuhalten.
b
ˇ1 -fachen des maximalen Feldmoments entspricht, die Gilt in Verbindung mit dem größten Feldmoment des dem Endaufla-
nicht berücksichtigte Einspannung zu erfassen. Hierbei ist ger benachbarten Feldes. Die daraus ermittelte Bewehrung sollte über
ˇ1 länderspezifisch geregelt (NDP ! Tabelle 15.7). Die die 0,25-fache Endfeldlänge eingelegt werden.
564 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen
_
(>50mm) _ 70mm)
(>
• Für die Berechnung der Verankerungslänge an direk- ü>_ 5ds _ 10 d s
ü>
ten Auflagern kann der Querdruck vereinfacht durch
˛5 D 0;7 berücksichtigt werden; die Mindestveranke-
rungslänge ergibt sich damit zu 7ds . In jedem Fall ist ü
die Bewehrung aber über die rechnerische Auflagerli-
nie zu führen.
• Zur Verankerung an Zwischenauflagern: Im Regelfall ist
es ausreichend, an Zwischenauflagern durchlaufender
ds ds
Bauteile die erforderliche Bewehrung mindestens um
6ds hinter den Auflagerrand zu führen.
a Haken b Winkelhaken Fcw

Auswirkungen zu
geringer Betondeckung
15.5.2 Querkraft bei geraden Stabenden:
Kante bricht aus!
3 ds
_
cmin > cmin
Balken und Plattenbalken müssen generell Mindest- 50 mm
querkraftbewehrung aufweisen, deren Berechnung für
Stahlbeton- und Spannbetonbauteile bereits in Ab- ü≈15mm
_ ds
>2 _
(>10mm)
schn. 7.5 vorgestellt wurde. Querkraftbewehrung kann _ mm
>20
ü≈15mm _ mm
<50
aus einer Kombination von: dsq ³1,4d s
dsq ³0,7d s
• Bügeln, ds ds
• Schrägstäben (z. B. Querkraftaufbiegungen) und
• Querkraftzulagen
c gerades Stabende mit angeschweißten Querstäben
bestehen, die mit der Bauteilachse einen Winkel von
45ı  ˛  90ı einnehmen. Als Querkraftzulagen Abbildung 15.26a–c Verankerung von Bügeln (DIN 1045-1,
werden Körbe, leiterartige Elemente o. ä. bezeichnet, Bild 56 a–d; DIN EN 1992-1-1, Bild 8.5 – Werte in Klammern
die die Längsbewehrung nicht notwendigerweise um- ausschließlich nach EN 1992-1-1)
schließen. Nach DIN 1045-1, 13.2.3 (2) muss mindes-
tens 50% der aufzunehmenden Querkraft durch Bü-
gel abgedeckt werden. Schrägaufbiegungen erzeugen Haken, Winkelhaken oder angeschweißten Querstäben
im Krümmungsbereich Umlenkpressungen und Quer- versehen sein. Da sich die Druckstreben primär auf
zugspannungen, die durch umschließende Bügel auf- die steifen Bügelecken und Verankerungen abstützen,
genommen werden müssen (vgl. Abschn. 7.4.2). In muss bei der letztgenannten Variante eine ausreichen-
Abb. 7.19 wurde bereits die Wirksamkeit verschiede- de Betondeckung nach Abb. 15.26c vorhanden sein,
ner Querkraftbewehrungsarten anhand der Begrenzung um ein Ausbrechen der Kante zu verhindern. Um die
von Schubrissbreiten dargestellt. Dem entsprechend Querzug- und Umlenkkräfte an den Bügelverankerun-
sind Bügel wegen der hohen Effektivität zu bevorzu- gen aufzunehmen, sollten in Bügelecken, Haken und
gen; mit 45–60ı geneigte Bügel kreuzen die Schub- Winkelhaken stets Längsstäbe angeordnet werden.
risse annähernd senkrecht und bieten daher das güns- In Abb. 15.27a und b werden zwei Möglichkeiten,
tigste Tragverhalten, sind allerdings komplizierter im einen Bügel in der Druckzone zu schließen, wieder-
Einbau. gegeben. Haken oder Winkelhaken nach Abb. 15.26
können dabei alternativ verwendet werden. Im Gegen-
satz dazu müssen Bügel in der Zugzone durch Über-
15.5.2.1 Formen und Verankerung von Bügeln greifung mit ls für die volle Zugkraft geschlossen wer-
(DIN 1045-1, 12.7) den; Möglichkeiten hierfür sind in Abb. 15.27c–e dar-
gestellt. Der Bügelschluß durch vertikale Übergreifung
Dem Fachwerkmodell entsprechend, müssen Bügel nach Abb. 15.27e ist zwar in DIN 1045-1 nicht enthal-
Zug- und Druckgurt miteinander verbinden und kön- ten, erleichtert allerdings den Einbau der Längsbeweh-
nen damit erst außerhalb des Wirkungsbereichs, d. h. rung und ggf. von Spanngliedern erheblich.
zwischen Bauteilrand und Längsbewehrung bzw. zwi- Bei Plattenbalken kann der Bügelschluß durch
schen Druckspannungsresultierender und Bauteilrand Querbewehrung der Platte nach Abb. 15.27f und g
verankert werden. Um eine ausreichende Verankerung nur ausgeführt werden, wenn höchstens 2/3 der Quer-
zu gewährleisten, müssen die Bügel den Zuggurt um- krafttragfähigkeit VRd;max des Stegbetons ausgenutzt
fassen; in der Druckzone müssen sie zumindest mit werden. Nach außen gebogene Haken (Abb. 15.27g)
15.5 Konstruktionsregeln für Balken 565
_
>10d s ls ls
_
>10d s _
>10d s ls

a b c d e
a Kombination von Bügeln
Druckzone Zugzone

b Bügelkorb c Leiterartige Querkraftzulage


f g h

in Druck- und Zugzone


von Plattenbalken

Abbildung 15.27a–h Bügelschluß in Anlehnung an DIN 1045-


1, Bild 56

d zusätzliche Bügel bei Breiten Balken


bieten Vorteile beim Einbau der Stegbewehrung, sind
Abbildung 15.28a–d Beispiele für die Kombination von Bü-
allerdings in ihrer Tragwirkung etwas ungünstiger; geln bzw. Bügeln und Querkraftzulagen; Bügel bei breiten Bal-
die von der Stabkrümmung am Haken ausgehen- ken
de, schräge Druckstrebe macht zur Umlenkung
eine durchgehende untere Bewehrung erforderlich
(vgl. auch Löhr 1987). Der Bügelschluß durch die
Querbewehrung in der Platte setzt im Übrigen eine breiten Balken sind mehrere Bügel nebeneinander
ausreichende Verankerung der Querbewehrung voraus. anzuordnen (Abb. 15.28d).
Bügel nach Abb. 15.27h werden primär in einhüftigen In DIN 1045-1 sind beanspruchungsabhängige Ma-
Plattenbalken eingesetzt; der horizontale Bügelschen- ximalabstände smax der Bügelschenkel in Längs- und
kel bildet bzw. übergreift die obere Bewehrung der Querrichtung angegeben (Tabelle 15.8). Ergänzende
Platte. Regeln zu Längsabständen bei Schrägstäben sind in
DIN 1045-1, 13.2.3 (7) enthalten; Querabstände von
Schrägstäben müssen Tabelle 15.8 entsprechen. In
15.5.2.2 Anordnung von Querkraftbewehrung Abb. 15.28a bis c sind Beispiele für die Bewehrung
(DIN 1045-1, 13.2.3) von Trägerstegen bei hoher Querkraftbeanspruchung
dargestellt. Neben Zulagen in Leiter- oder Korbform
Die Querkraftbemessung unterstellt mit dem werden häufig geschlossene, gegeneinander versetzte
Schubwand- bzw. Spannungsfeldmodell nach Ab- oder aus verschiedenen Breiten kombinierte Bügel
schn. 7.4.3 ein kontinuierliches Zugspannungsfeld. unmittelbar hintereinander angeordnet.
Tatsächlich schnüren sich die Druckstreben zu den
horizontalen Bügelschenkeln – dabei primär zu
den steiferen Bügelecken – ein. Um Schäden aus 15.5.2.3 Querkraftdeckung (DIN 1045-1, 13.2.3)
den Druckspannungskonzentrationen zu vermeiden,
müssen mit zunehmender Ausnutzung der Druckstre- Die Querkraftbewehrung kann entlang des Bauteils
bentragfähigkeit engere Bügelabstände vorgesehen entsprechend der Querkraftbeanspruchung abgestuft
werden. Da die Einschnürung auch in Breitenrichtung werden (Abb. 15.29). Generell muss an jeder Stelle die
stattfindet, müssen die Abstände der Bügelschenkel Querkrafttragfähigkeit durch VEd  VRd sichergestellt
quer zur Bauteilachse ebenfalls begrenzt werden; bei werden.
566 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Tabelle 15.8 Größte Längs- und Querabstände smax von Bügelschenkeln und Querkraftzulagen (DIN 1045-1, Tabelle 31)
Betonfestigkeitsklasse
£ C50/60 > C50/60 £ C50/60 > C50/60
Zeile Querkraftausnutzung
£ LC50/55 > LC50/55 £ LC50/55 > LC50/55

Längsabstand Querabstand

1 VEd £ 0,30 VRd,max 0,7 h bzw. 300 mm 0,7 h bzw. 200 mm h bzw. 800 mm h bzw. 600 mm

2 0,30 VRd,max < VEd £ 0,60 VRd,max 0,5 h bzw. 300 mm 0,5 h bzw. 200 mm
h bzw. 600 mm h bzw. 400 mm
3 VEd > 0,60 VRd,max 0,25 h bzw. 200 mm

0,15
0,82 VEd
d
Bügel
0,90
10
Schnitt A-A
0,30
VEd bzw. VRd,sy _ d
gk = 25 kN/m lA <
2
qk = 20 kN/m
_ d
lA lE lE <
d 2
10/15 10/25 10/15 10/10 10/15 10/25
A
Querkraftdeckungslinie
A AA
Querkraftlinie
8,0 8,0 _ AA
AE <

VEd bzw. VRd,sy


10/10 Abbildung 15.30 Einschneiden der Querkraftdeckungslinie
600 bei Tragwerken des üblichen Hochbaus (schematisch; nach
10/15 Querkraftdeckungslinie 10/15
400 DIN 1045-1, Bild 68)
10/25 10/25
200
0
Querkraftlinie zu variieren, den Stabdurchmesser und damit die
-200
10/25 10/25 Bügelposition beizubehalten.
-400
10/15
-600 Normenregelung nach EN 1992-1-1
10/10
Die Querkraftbewehrung darf nach EN 1992-1-1, 9.2.2
Abbildung 15.29 Querkraftdeckung (vgl. Abb. 15.23) in Übereinstimmung mit DIN 1045-1 aus einer Kombi-
nation von Bügeln, Schrägstäben und Querkraftzulagen
bestehen, die mit der Schwerachse einen Winkel von
45ı  ˛  90ı einnehmen. Dabei soll mindestens ein
Bei Tragwerken des üblichen Hochbaus lässt
Anteil ˇ3 der erforderlichen Querkraftbewehrung aus
DIN 1045-1, 13.2.3 (9) allerdings ein Einschneiden
Bügeln bestehen. Hierbei ist ˇ3 länderspezifisch geregelt
der Querkraftdeckungslinie in die Querkraftlinie
(NDP ! Tabelle 15.9)
über eine Länge lE  d=2 zu, wenn in Richtung
zunehmender Querkraft ein Flächenausgleich der ein- Mindestbewehrung (EN 1992-1-1, 9.2.2)
geschnittenen Fläche AE und der Auftragsfläche AA Die Regeln zur Mindestquerkraftbewehrung wurden
über die Länge lA  d=2 stattfindet; ein Einschneiden bereits in Abschn. 7.5 vorgestellt.
im auflagernahen Bereich bis zum Abstand d vom Formen und Verankerung (EN 1992-1-1, 8.5)
Auflagerrand ist dagegen bei direkten Auflagern nicht Die Vorgaben nach EN 1992-1-1 zur Verankerung
möglich (Abb. 15.30). Die Mindestbewehrung muss der Bügel mit Hilfe von Haken, Winkelhaken oder
dessen ungeachtet entlang des gesamten Bauteils vor- angeschweißten Querstäben entsprechen Abb. 15.26. Er-
handen sein. Zur Staffelung der Querkraftbewehrung gänzend gibt EN 1992-1-1 vor, dass in den Krümmungen
ist es zweckmäßig, lediglich die Abstände der Bügel von Haken oder Winkelhaken ein Längsstab anzubringen
unter Beachtung des Maximalwertes nach Tabelle 15.8 ist.
15.5 Konstruktionsregeln für Balken 567

Tabelle 15.9 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu Kon-


struktionsregeln für Balken (Querkraft)

NDP EU D A

ˇ3 0;50 EU EU

0;75d.1 C cot ˛/ b
sl;max 0;75d.1 C cot ˛/a s. Tabelle 15.8
 250 mm

sb;max 0;6d.1 C cot ˛/ 0;5h.1 C cot ˛/ 0;8d.1 C cot ˛/c

st;max 0;75d  600 mm s. Tabelle 15.8 0;75d  800 mm


a
˛ bezeichnet den Winkel zwischen der Querkraftbewehrung und der
Bauteilachse.
b
˛  45ı
c
45ı  ˛  60ı Abbildung 15.31 Sinnlose Konzentration von Bügeln am En-
de eines Trägers; die Bügel umschnüren gleichzeitig den Veran-
kerungsbereich von Spanngliedern mit nachträglichem Verbund.
Anordnung von Querkraftbewehrung (EN 1992-1-1, Ein einwandfreies Einbringen des Betons ist kaum mehr mög-
9.2.2) lich! (aus Roos 2005)
Die Maximalwerte des Längsabstandes sl;max von Quer-
kraftbewehrungselementen allgemein, des Längsabstan-
des sb;max aufgebogener Stäbe und des Querabstandes
st;max von Bügelschenkeln werden länderspezifisch festge- Ausbrechen der Kanten allerdings eine Konzentration
legt (NDP ! Tabelle 15.9). der Längsbewehrung in den Ecken zweckmäßig; nach
Querkraftdeckung (EN 1992-1-1, 6.2.3 (5))
DIN 1045-1, 13.2.4 muss in jeder Ecke ein Längsstab
In Bereichen ohne Diskontinuitäten im Verlauf von VEd
platziert werden. Der gegenseitige Abstand der Längs-
(z. B. bei Gleichstreckenlasten, die an der Bauteiloberseite
stäbe darf 350 mm nicht überschreiten.
wirken) darf die Querkraftbewehrung in jedem Längen-
Zur Umlenkung der Druckstreben an den Kanten
abschnitt l D z.cot  C cot ˛/ mit dem kleinsten Wert
ist zudem eine enge Verbügelung erforderlich; der ma-
von VEd im betrachteten Abschnitt bestimmt werden.
ximale Bügelabstand darf uk =8 mit uk als Umfang
Dies entspricht einem Einschneiden der kontinuierlichen
der Kernfläche betragen. Zusätzlich muss der Längsab-
Querkraftlinie über eine Länge z.cot  C cot ˛/ ohne
stand der Bügel die Anforderungen nach Tabelle 15.8
entsprechenden Flächenausgleich.
erfüllen. Da die Bügel umlaufende Zugkräfte aufneh-
men müssen, sind sie generell kraftschlüssig durch
Übergreifung mit ls nach Abb. 15.27c und d zu schlie-
D EN 1992-1-1 – Ergänzungen ßen.
Zu EN 1992-1-1 wird ergänzt: Für die Querkraftdeckung
nach EN 1992-1-1, 6.2.3 (5) soll anstelle des kleinsten
Wertes der Querkraft VEd innerhalb des betrachteten Normenregelung nach EN 1992-1-1
Bereichs der Mittelwert verwendet werden.
Die Regeln zur konstruktiven Durchbildung torsionsbean-
spruchter Bauteile entsprechen weitgehend DIN 1045-1.
Als Mindestbewehrung wird explizit die Mindestbewehrung
für querkraftbeanspruchte Bauteile vorgegeben. Abwei-
15.5.3 Torsion chungen gegenüber DIN 1045-1 bestehen hinsichtlich der
Längsabstände der Bügelbewehrung, der nicht größer
Bei torsionsbeanspruchten Stäben muss die Beweh- als u=8 bzw. die kleinste Abmessung des Querschnitts
rung nach DIN 1045-1, 13.2.4 (1) aus Längsstäben und sein sollte und zudem sl;max nach Tabelle 15.9 erfül-
zur Bauteilachse senkrechten Bügeln bestehen. Die len soll. Mit u wird der Umfang des Kernquerschnitts
Längsstäbe sind zur Begrenzung der Torsionsrissbrei- bezeichnet. Abweichend von DIN 1045-1 dürfen Bügel
ten über den Umfang zu verteilen und durch Bügel zu durch Haken nach Abb. 15.27a geschlossen werden;
umfassen. Da die umlaufenden Druckstreben bei po- Winkelhaken werden nicht empfohlen. Bei Plattenbalken
lygonal umrandeten Querschnitten an den Kanten um- ist ein Bügelschluß durch durchgehende Querbewehrung
gelenkt werden müssen, ist zur Sicherung gegen ein ausreichend.
568 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

ungünstig bis falsch! günstig! breite


Sammelrisse
beff,1 / 2 beff,2 / 2

hf

Rüttellücke

d d

a Rissbild ohne b Rissbild mit


Steglängsbewehrung Steglängsbewehrung

Abbildung 15.33a,b Konstruktive Stegbewehrung zur Vermei-


Druckzone Druckzone dung breiter Sammelrisse

Abbildung 15.32 Anordnung der Biegezugbewehrung bei ne-


gativem Moment (DIN 1045-1)
0;5 m) zu Folge, dass zwar die Primärrisse in die Nähe
15.5.4 Ergänzende Regeln der Dehnungsnulllinie vordringen, die durch die Ver-
für Plattenbalken bundwirkung der Bewehrung hervorgerufenen Sekun-
därrisse allerdings oberhalb der Wirkungszone der Be-
15.5.4.1 Auslagerung der Bewehrung wehrung in die Primärrisse einmünden. Im Steg entste-
bei Zuggurten hen breite Sammelrisse, die wirkungsvoll durch Steg-
bewehrung vermieden werden können (Abb. 15.33).
Bei zugbeanspruchten Gurten von Plattenbalken oder DIN 1045-1, 11.2.2 (5) fordert hierzu, dass die Min-
Hohlkästen, z. B. über Innenauflagern von Durchlauf- destbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite zwar
trägern, sollte ein erheblicher Anteil der Zugbeweh- überwiegend am gezogenen Querschnittsrand anzu-
rung, i. Allg. etwa 40–60%, in die Platte ausgelagert ordnen, mit einem angemessenen Anteil aber auch
werden. Im Gegensatz zur Konzentration der Beweh- über die Zugzone zu verteilen ist.
rung im Steg kann dadurch die Rissbildung in der Plat- Der Berechnung der Mindestbewehrung wird al-
te wirkungsvoll gesteuert werden; gleichzeitig werden lerdings durch den Beiwert kc ein Hebelarm zwi-
Bewehrungskonzentrationen vermieden und damit die schen Schwerpunkt der Zugbewehrung und Druck-
Herstellung erleichtert. Bei verteilter Bewehrung ist spannungsresultierender unterstellt; bei reiner Biegung
zudem die mitwirkende Betonzugfläche und damit die gilt z  0;8h. Durch eine Verteilung der Mindest-
Steifigkeit des gerissenen Zuggurtes vergrößert. Nach bewehrung über die Höhe des gezogenen Steges wird
DIN 1045-1, 13.2.1 (2) darf die Zugbewehrung aller- der Hebelarm vermindert und damit die Wirksamkeit
dings höchstens auf die halbe mitwirkende Plattenbrei- der Bewehrung eingeschränkt. Um die Ausbildung von
te beff;i nach Abschn. 2.3.2 neben den Steg ausgelagert Sammelrissen zu verhindern, empfiehlt es sich, bei ho-
werden (Abb. 15.32). hen Stegen die Mindestbewehrung konstruktiv durch
Normenregelung nach EN 1992-1-1 Bewehrung mit ds  8  12 mm in Abständen von 10
bis 20 cm zu ergänzen.
Nach EN 1992-1-1, 9.2.1.2 (2) muss die Zugbewehrung
in Zuggurten durchlaufender Plattenbalken über die
gesamte effektive Breite verteilt werden. Ein nicht näher
spezifizierter Teil darf im Steg konzentriert werden. 15.6 Konstruktionsregeln für Stützen

D EN 1992-1-1 – Ergänzungen Bei Stützen müssen – abhängig von ihrer Schlank-


Es wird empfohlen, die Regeln zur Auslagerung der Zug- heit – in den meisten Fällen die Auswirkungen der
bewehrung in den Platten durchlaufender Plattenbalken Tragwerksverformungen auf die Tragfähigkeit berück-
gemäß DIN 1045-1, 13.2.1 (2) zu übernehmen. sichtigt werden (Theorie II. Ordnung). Dies ist zwar
nicht Gegenstand dieses Buches, dennoch sollen einige
grundlegende Konstruktionsregeln vorgestellt werden.
15.5.4.2 Stegbewehrung Für Stützen des üblichen Hochbaus werden u. a. aus
Brandschutzgründen zweckmäßig Vollquerschnitte
Die Konzentration der Längsbewehrung am unteren mit kompakten Querschnittsformen, z. B. Rund-,
Querschnittsrand hat bei hohen Stegen (Zugzone  Quadrat- oder Rechteckstützen verwendet. Nach
15.6 Konstruktionsregeln für Stützen 569

0,25 max ds,l gen Ausknicken gesichert werden; entsprechend sollte


dsw ³ 6 mm (Stabstahl)
die Längsbewehrung in den Ecken konzentriert wer-
5 mm (Mattenstahl)
<_ 30cm den. Weitere Längsstäbe und vor allem Stäbe, die ei-
ne größeren Abstand zur Ecke als 15dsw aufweisen,
>_ 20cm
<_ 40cm _ 12mm
_
<15d s,w
müssen durch zusätzliche Querbewehrung in Form von
ds,l >
Zwischenbügeln oder S-Haken, die zweckmäßig in der
>_ 20cm Ebene der Bügel angeordnet werden, gehalten werden
<_ 40cm <_ 30cm
(Abb. 15.34).

Zwischenbügel

15.6.2 Querbewehrung
_
<15d s,w
Der Querbewehrung von Stützen kommt die Aufgabe
zu, ein Ausknicken der Längsbewehrung zu verhin-
<_ 30cm <_ 30cm <_ 30cm dern und gleichzeitig Querzugspannungen, die durch
Abbildung 15.34 Konstruktive Durchbildung von Stützenquer- den Längsdruck ausgelöst werden, aufzunehmen. Die
schnitten Querbewehrung in Form von Bügeln bzw. Bügelmat-
ten, Schlaufen oder Wendeln muss die Längsbeweh-
rung umschließen. Für den Durchmesser dsw der Quer-
DIN 1045-1, 13.5.1 (1) müssen Stützen Querschnitte bewehrung gilt nach DIN 1045-1, 13.5.3:
mit einer Seitenlänge von mindestens 200 mm bei 8
ˆ
Herstellung vor Ort (Ortbeton) und 120 mm bei waa- < 0;25  dsl
ˆ
gerecht hergestellten Fertigteilen aufweisen. Bei der dsw  6 mm (bei Stabstahl) (15.24)
ˆ
Festlegung der Abmessungen und der Bewehrungs- :̂ 5 mm (bei Mattenstahl).
führung von Ortbetonstützen muss zudem bedacht
werden, dass im Querschnitt ausreichend Platz für Werden Stabbündel mit dsV  28 mm als Längsbeweh-
den Betonierschlauch bleibt; ein Freiraum mit einem rung verwendet, müssen abweichend von Gl. (15.24)
Durchmesser von 15 cm reicht i. Allg. aus. Einzelbügel oder Bügelwendel einen Durchmesser
dsw  12 mm aufweisen. Der gegenseitige maximale
Abstand ist:
8
ˆ
ˆ 12  dsl;min
15.6.1 Längsbewehrung <
sw;max D min h (15.25)
ˆ
In DIN 1045-1, 13.5.2 werden Grenzwerte für den :̂ 300 mm
Längsbewehrungsgrad von Stützen angegeben; mit
In Gl. (15.25) ist dsl;min der kleinste Durchmesser der
sl D Asl =Ac gilt:
im Querschnitt vorhandenen Längsbewehrung und h
jNEdj die kleinste Seitenlänge bzw. der Durchmesser der
sl;min D 0;15  ; (15.22) Stütze. Im Bereich der Stützenenden ist stets eine en-
Ac  fyd
sl;max D 0;09 : (15.23) gere Querbewehrung anzuordnen, um die Krafteinlei-
tung sicherzustellen oder um Endmomente aufzuneh-
Der maximale Bewehrungsgrad nach Gl. (15.23) muss men, die aus der teilweisen Einspannung der Stüt-
auch im Bereich von Übergreifungsstößen eingehal- zen in Decken auch bei gelenkig angenommener La-
ten werden. Der Durchmesser dsl der Längsbewehrung gerung entstehen. Nach DIN 1045-1 müssen unmit-
muss mindestens 12 mm betragen; in polygonal um- telbar über bzw. unter Balken oder Platten über ei-
randeten Querschnitten muss jede Ecke einen Längs- ne Länge gleich der größten Abmessung des Quer-
stab enthalten. Der gegenseitige Abstand von Längs- schnitts die Bügelabstände nach Gl. (15.25) auf 60%
stäben darf 300 mm nicht überschreiten; lediglich für reduziert werden. Gleiches gilt für die Bügelabstände
Querschnitte mit b  400 mm und h  b ist je- entlang der Übergreifungsstöße von Längsstäben mit
weils ein Bewehrungsstab in den Ecken ausreichend dsl > 14 mm (Abb. 15.35). Zwischenbügel, S-Haken
(Abb. 15.34). Bei Stützen mit Kreisquerschnitt müs- o. ä., die zur Sicherung zusätzlicher Längsbewehrung
sen mindestens 6 Stäbe über den Umfang verteilt wer- angeordnet werden, dürfen höchstens den zweifachen
den. In Bügelecken können bis zu 5 Längsstäbe ge- Abstand nach Gl. (15.25) aufweisen.
570 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

Bewehrung der Decken Stößen bei Fertigteil- oder Ortbetonstützen sind z. B.


nicht dargestellt! in Schlaich u. Schäfer (2001) enthalten. Querzugkräf-
te aus erheblichen Richtungsänderungen der Längs-
bewehrung, z. B. auch bei sich verjüngenden Stützen,
<_ 0,6sw ³ max b müssen generell durch Querbewehrung abgedeckt wer-
den; in EN 1992-1-1 wird als Grenzwert, ab dem die
Auswirkungen einer Richtungsänderung vernachläs-
sigt werden können, 1=12 angegeben.
ds,l
<_ 12 max ds,l Normenregelung nach EN 1992-1-1
sw <_ min h Allgemeines, Längsbewehrung (EN 1992-1-1, 9.5.1 und
ds,w <_ 300 mm 2)
Die Konstruktionsregeln gelten nur für Stützen, bei denen
die größte Querschnittsabmessung h nicht das 4-fache
<_ 150mm der kleinsten Querschnittsabmessung b überschreitet (die
Bezeichnungen b und h sind gegenüber DIN 1045-1 ver-
ls tauscht!).
Nach EN 1992-1-1 sind die Grenzwerte As;min und
<_ 0,6sw ³ max b
As;max des Längsbewehrungsquerschnittes wie auch der
Mindestdurchmesser dsl;min der Längsbewehrung länder-
spezifisch festzulegen (NDP ! Tabelle 15.10).
Bei Stützen mit polygonalem Querschnitt muss in jeder
Ecke ein Stab angeordnet werden; Kreisquerschnitte
müssen mindestens 4 Stäbe enthalten. Die Längsbeweh-
Abbildung 15.35 Anordnung von Bügeln bei Stützen nach
rung muss durch Querbewehrung gesichert werden. Der
DIN 1045-1
maximale Abstand eines Stabes von einem gehaltenen
Stab ist 150 mm.
Bügel müssen mit Haken nach Abb. 15.27a in Ver- Querbewehrung (EN 1992-1-1, 9.5.3)
bindung mit der Hakenform nach Abb. 15.26a, d. h. mit Für den Mindestdurchmesser der Querbewehrung gilt
Haken die – mit einem Winkel von 150ı gebogen – in Gl. (15.24). Der maximale Abstand der Querbewehrungs-
den Kern der Stütze gerichtet sind, geschlossen wer- elemente in Längsrichtung scl;tmax ist länderspezifisch
den. Im Hinblick auf eine ausreichende Verankerung
gelten allerdings auch Haken, die mit 135ı gebogen Tabelle 15.10 Länderspezifisch festzulegende Parameter zu
sind und damit die Herstellung des Bewehrungskor- Konstruktionsregeln für Stützen
bes wesentlich erleichtern, als akzeptabel. Sollen 90ı -
NDP EU D A
Winkelhaken nach Abb. 15.26b verwendet werden,
müssen zusätzliche Maßnahmen gegen ein Abplatzen 12 mm
der Betondeckung und damit einhergehend den Verlust für h  200 mm
dsl;min 8 mm 12 mm
der Bügelverankerung insbesondere im Brandfall ge- 10 mm
troffen werden. DIN 1045-1, 13.5.3 sieht hier u. a. die für h < 200 mm
Vergrößerung des Bügeldurchmessers, die Halbierung 8 8
des Bügelabstandes oder die Vergrößerung der Winkel- < 0;10 NEd NEd < 0;13 NEd
As;min max fyd 0;15 max fyd
hakenlänge von 10ds auf 15ds vor. : fyd :
0;002Ac 0;0026Ac
Die Längsbewehrung von Stützen des Hochbaus
muss i. Allg. über jeder Geschoßdecke gestoßen wer- As;max 0;04Aac 0;09Abc EU c
den. In Abb. 15.35 ist ein Stoß mit gekröpfter Längs- 8 8 8
ˆ
< 20dsl;min ˆ
< 12dsl;min ˆ
< 12dsl;min
bewehrung dargestellt; die aus der Kröpfung, d. h. der
scl;tmax min b min b min b
Umlenkung des gedrückten Stabes, entstehende Quer- :̂ 400 mm :̂ 300 mm :̂ 250 mm
zugkraft muss entweder durch zusätzliche Querbeweh-
a
rung oder – wenn die Kröpfung im Bereich der De- 0;04Ac gilt außerhalb des Stoßbereichs. Wenn nachgewiesen
cke liegt – durch die umschnürende Wirkung der De- wird, dass die Struktur des Betons nicht geschwächt und die volle
Festigkeit im GZT erreicht wird, kann davon abgewichen werden. Für
ckenplatte aufgenommen werden. Bei Vorliegen spezi-
die Stoßbereiche gilt dessen ungeachtet As;max D 0;08Ac .
fischer Randbedingungen ist ein Kontaktstoß der Be- b
Gilt auch im Bereich von Stößen.
wehrung mit Hilfe von Zentrierhülsen möglich. Wei- c
Für werksmäßig hergestellte Fertigteile gilt statt dessen
tere Möglichkeiten der konstruktiven Ausbildung von As;max D 0;09Ac einschließlich der Stoßbereiche.
15.8 Bewehrungszeichnungen 571

festzulegen (NDP ! Tabelle 15.10). Die Bügelabstände System 1

scl;tmax sind unmittelbar über bzw. unter Balken oder


Platten über eine Höhe gleich der größten Querschnitts- 2
h1
abmessung um den Faktor 0,6 zu vermindern. Gleiches
h2
gilt bei Übergreifungsstößen der Längsbewehrung mit
Nebenträger 1
dsl > 14 mm. Dabei sind mindestens 3 gleichmäßig über Hauptträger 2
die Stoßlänge verteilte Bügel vorzusehen. Bei Richtungs-
änderungen der Längsbewehrung größer als 1/12 müssen a Schnitt

die Abstände der Querbewehrung unter Berücksichtigung


der auftretenden Querzugkräfte ermittelt werden.

D EN 1992-1-1 – Ergänzungen 1
2 h_
<_ 2
Zu EN 1992-1-1 werden die Regeln für Stabbündel und 3 <_ h_2
2
Bügelschlösser sowie die Festlegungen zur Anzahl der in
Bügelecken gehaltenen Stäbe bzw. erforderlicher Zusatz-
bügel nach DIN 1045-1 ergänzt. h_
<_ 1
3
h_
<_ 1
2
b Draufsicht Auslagerungsbereich c Stabwerkmodell (Ausschnitt)
15.7 Ausbildung indirekter Auflager
Abbildung 15.36a–c Indirekte Auflager – Auslagerungsbereich
für die Aufhängebewehrung (DIN 1045-1, 13.11 bzw. Bild 79
Die Tragwirkung indirekter Auflager wurde bereits in und EN 1992-1-1, 8.2.5 bzw. Bild 9.7)
Abschn. 7.6.2 angesprochen.
Die volle Auflagerkraft des lastbringenden Trä-
gers (Nebenträger) muss im Durchdringungsbereich den Bauteil nur auf einer Breite entsprechend der sta-
durch Aufhängebewehrung in die Druckzone des last- tischen Nutzhöhe des lastbringenden Trägers anzuord-
abnehmenden Trägers (Hauptträger) eingeleitet wer- nen. Mit Ausnahme des Falls breiter, lastabnehmender
den. Die – im Unterschied zum fächerförmig konzen- Träger sind die Regelungen ebenfalls in EN 1992-1-1
trierten Druckfeld bei direkter Lagerung – überwie- enthalten.
gend parallel verlaufenden, in den Hauptträger ein- Grundsätzlich ist eine Verfolgung der Druck-
mündenden Druckstreben erlauben eine über die Hö- und Zugkräfte mit Hilfe von Stabwerkmodellen
he verteilte Einleitung der Auflagerkraft und damit hilfreich. Wertvolle Hinweise hierzu sind in Schlaich
gleichzeitig eine Auslagerung eines Teils der Aufhän- u. Schäfer (2001) enthalten. Als Alternative zur
gebewehrung in die unmittelbar angrenzenden Berei- Bemessung als indirektes Lager kann durch die
che von Haupt- und Nebenträger. Konzentration der gesamten Aufhängebewehrung im
Die Aufhängebewehrung sollte dabei primär aus Verschneidungsbereich von Haupt- und Nebenträger
Bügeln bestehen, die die Hauptbewehrung des lastab- die Tragwirkung eines direkten Auflagers erzwungen
nehmenden Bauteils umfassen. Die Trägerbereiche, in werden (vgl. Abb. 7.40 bzw. Reineck 2005). Auf die
die nach DIN 1045-1, 13.11 ein Teil der Aufhängebe- Auswirkungen indirekter Auflager bei Anwendung
wehrung ausgelagert werden darf, ist in Abb. 15.36b der Versatzmaßregel für Zugkraftdeckungsnachweise
dargestellt. Durch die Auslagerung von Aufhängebe- wurde bereits in Abschn. 7.6.2 hingewiesen.
wehrung wird die Auflagerkraft über die Höhe verteilt
eingeleitet; die Umlenkung der Druckstreben erfor-
dert daher eine horizontale, ausreichend verankerte Be-
wehrung zur Aufnahme der Zugkräfte (Abb. 15.36c). 15.8 Bewehrungszeichnungen
Nach DIN 1045-1 muss die über die Höhe verteilte,
horizontale Bewehrung eine Gesamtquerschnittsfläche Zeichnungen bilden neben der statischen Berechnung,
aufweisen, die der Querschnittsfläche der ausgelager- gegebenenfalls erforderlichen Projektbeschreibungen,
ten Bügel entspricht. Dies entspricht der Annahme ei- Angaben zur Herstellung der Vorspannung bei Spann-
nes Druckstrebenwinkels von 45ı . Bei sehr breiten, betonbauteilen, allgemeinen bauaufsichtlichen Zulas-
lastabnehmenden Trägern – z. B. auch, wenn Balken sungen und Prüfbescheiden die fundamentale Basis der
in eine Platte einmünden – ist die Aufhängebeweh- bautechnischen Unterlagen. Die speziell für Planung
rung abweichend von Abb. 15.36b im lastabnehmen- und Ausführung von Tragwerken des Massivbaus not-
572 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

wendigen Zeichnungen können an dieser Stelle nur komplexen Bauaufgaben ist es u. U. ausreichend, die
thematisch angerissen werden. Weiterführende Erläu- Positionspläne um die fehlenden Abmessungen zu ver-
terungen insbesondere zu Rohbau- und Bewehrungs- vollständigen und durch eine Bewehrungszeichnung
zeichnungen sind z. B. in Dames (1997) enthalten. zu ergänzen; auf Schalpläne oder Rohbauzeichnungen
kann dann verzichtet werden.

15.8.1 Zeichnungen für die 15.8.1.2 Schalpläne


Tragwerksplanung im Massivbau
Schalpläne sind Zeichnungen speziell für den Mas-
Zur Erstellung eines Bauwerks werden eine Vielzahl sivbau und enthalten die Darstellung der einzuscha-
verschiedener Zeichnungen in unterschiedlicher De- lenden Bauteile einschließlich aller für die äußeren
taillierung erforderlich. Im Folgenden werden speziell Formen wesentlichen Abmessungen. Sie werden auf
die Zeichnungen für die Tragwerksplanung im Über- Grundlage der Ausführungszeichnungen der Objekt-
blick dargestellt. Davon zu unterscheiden sind z. B. planer i. Allg. im Maßstab 1 W 50 im Rahmen der Aus-
die Zeichnungen der Objektplanung, z. B. Entwurfs-, führungsplanung angefertigt. Da nach den Vorgaben
Bauvorlage- oder Ausführungszeichnungen, die aller- der HOAI erstellte Schalpläne nicht alle für die Aus-
dings als Grundlage für die Tragwerksplanung selbst führung erforderlichen Angaben enthalten, werden als
bzw. als Grundlage der Zeichnungen für die Trag- Grundlage für die Herstellung der Tragwerke auf der
werksplanung dienen. Baustelle Rohbauzeichnungen erforderlich.
Der erforderliche Umfang der Zeichnungen für die
Tragwerksplanung im Massivbau wird prinzipiell in
DIN 1045-1, Abschn. 4.2 festgelegt. Darüber hinaus 15.8.1.3 Rohbauzeichnungen
enthält die HOAI (Honorarordnung für Architekten
und Ingenieure) in Zusammenhang mit den dort de- Rohbauzeichnungen sind erweiterte Schalpläne (und
finierten Leistungsphasen der Tragwerksplanung An- werden daher häufig noch als Schalpläne bezeichnet),
gaben zu den notwendigen Zeichnungen. Im Folgen- die alle erforderlichen Informationen zur Ausführung
den wird die u. a. in Dames (1997) beschriebene, all- enthalten: neben den Abmessungen der Bauteile u. a.
gemein übliche Gliederung der einzelnen Zeichnungs- Aussparungen oder Elemente, die in das Bauteil ein-
typen vorgestellt; in Praxis werden – je nach Umfang binden (z. B. Ankerschienen, Fugenbänder, etc.) ein-
der Bauaufgabe und Zweckmäßigkeit – auch Misch- schließlich ihrer genauen Vermassung. Rohbauzeich-
formen verwendet. nungen bedürfen für die Herstellung des Bauwerks kei-
ner ergänzenden Zeichnungen seitens des Objektpla-
ners. Wie die Schalpläne werden sie im Rahmen der
15.8.1.1 Positionspläne Ausführungsplanung erstellt.

Zur Organisation der Tragwerksplanung werden an al-


le Bauelemente eines Tragwerks Positionsnummern 15.8.1.4 Bewehrungszeichnungen
vergeben, mit deren Hilfe die statische Berechnung
einzelnen Tragelementen eindeutig zugeordnet wer- Bewehrungszeichnungen enthalten alle erforderlichen
den kann. Positionspläne sind Zeichnungen oder Skiz- Angaben zum Biegen und Verlegen der Bewehrung.
zen des Tragwerks, aus denen die einzelnen Positio- Vorgespannte Bewehrung wird dabei i. d. R. getrennt
nen hervorgehen. Sie basieren i. Allg. auf den Ent- von der Betonstahlbewehrung in separaten Zeichnun-
wurfszeichnungen des Objektplaners und enthalten in gen dargestellt. Bewehrungszeichnungen werden auf
Grundrissdarstellungen im Maßstab 1 W 100 unter an- Grundlage der Ausführungszeichnungen z. T. parallel
derem die wesentlichen Abmessungen des Tragwerks, zu den Rohbauzeichnungen angefertigt. Ihre Elemente
die Zuordnung der Bauteile zu Positionsnummern, die werden in Abschn. 15.8.2 erläutert.
Spannrichtung von Balken, Unterzügen und Decken-
platten, Angaben zu den vorgesehenen Baustoffen (Be-
tonfestigkeitsklassen, Betonstahl- und Spannstahlsor- 15.8.1.5 Weitere Zeichnungen
ten, etc.), die Verkehrslasten und weitere Besonderhei-
ten der Konstruktion. Positionspläne werden im Rah- Neben den Bewehrungszeichnungen existieren Ele-
men der Genehmigungsplanung erstellt. Bei weniger mentzeichnungen für Fertigteile zur Darstellung von
15.8 Bewehrungszeichnungen 573

Schalung und Bewehrung der Bauteile sowie Ver- • Zeichnungs- und Projektnummer
legezeichnungen, die Angaben zum Ein- bzw. Zu- • Baustoffe – Betonfestigkeitsklassen ggf. ein-
sammenbau der Fertigteile enthalten. Für Schalun- schließlich zusätzlicher Anforderungen (E-Modul,
gen, Schalungs- und Traggerüste, die einer eigenen Zugfestigkeit, niedrige Hydratationswärme, etc.),
statischen Berechnung bedürfen, müssen ebenfalls in Betonstahl- und Spannstahlsorten
Zeichnungen dargestellt werden. • alle zutreffenden Expositionsklassen und die dar-
aus entstehenden Anforderungen an den Beton nach
DIN 1045-1, 6.2 und DIN 1045-2
• Verlegemaß cv der Bewehrung sowie Vorhaltemaß
15.8.2 Elemente einer c der Betondeckung
Bewehrungszeichnung • Verweise auf zugehörige Zeichnungen
• Name der Zeichnerin bzw. des Zeichners
Bewehrungszeichnungen stellen das primäre Mittel zur • Prüf- und Freigabevermerke
Kommunikation zwischen dem Tragwerksplaner ei- • Datum der ersten Fassung
nerseits und dem Biegebetrieb bzw. der Baustelle an- • Änderungs- und Ergänzungsvermerke
dererseits dar. Daher müssen aus Bewehrungszeich- • ggf. Positionsnummern der zugehörigen statischen
nungen alle für die Ausführung wesentlichen Informa- Berechnung.
tionen unmissverständlich ablesbar sein. Hierzu gilt es Der Plankopf enthält zudem i. Allg. eine Über-
auch den Ausbildungsstand der auf der Baustelle Be- sichtsskizze, die eine einfache Zuordnung des auf dem
schäftigten zu bedenken. Plan dargestellten Bauteils bzw. Bereichs zum Ge-
Bewehrungszeichnungen werden bei einfachen samttragwerk ermöglicht. Die zulässigen Biegerollen-
Bauteilen und großen, einheitlich – insbesondere durchmesser werden im Beispiel nach Abb. 15.37 all-
durch Betonstahlmatten – bewehrten Flächen im Re- gemein angegeben und nur dort in Stabauszügen er-
gelfall im Maßstab 1 W 50 angefertigt. Bei schwierigen gänzt, wo Abweichungen auftreten.
Bauteilen, Bewehrungskonzentrationen und speziell
bei Stabstahlbewehrung wird der Maßstab 1 W 25
verwendet. Für Details stehen die Maßstäbe 1 W 5 15.8.2.2 Darstellung der Bewehrung
und 1 W 1 zur Verfügung. Die Darstellungsart von
Bewehrungszeichnungen ist in DIN 1356-10 gere- Die einzubauende Betonstahlbewehrung, Spannglieder
gelt;8 es werden drei Darstellungsarten unterschieden. (soweit vorhanden) sowie alle Einbauteile müssen auf
Im Folgenden wird primär auf die – am leichtesten den Zeichnungen eindeutig und übersichtlich darge-
verständliche – Darstellungsart 1 Bezug genommen; stellt, bemaßt und beschriftet werden. Die zeichneri-
Hinweise zu den anderen Darstellungsarten sind in sche Darstellung umfasst insbesondere:
Dames (1997) enthalten.
• Anzahl, Durchmesser, Form und Lage der Beweh-
rungsstäbe;
15.8.2.1 Plankopf (Schriftfeld, Titelseite) • gegenseitige Abstände;
• Übergreifungslängen an Stößen
Das rechts (bei gefaltetem Plan: Vorderseite) ange- • Rüttelgassen;
ordnete Schriftfeld muss folgende Angaben enthalten • Lage von Betonieröffnungen.
(vgl. Abb. 15.37):
Die Bewehrungsformen werden im Bauteil maßstäb-
• Bezeichnung der für die Planerstellung verantwort- lich in realistischer Lage als Linienzüge dargestellt;
lichen Firma kleine Abbiegungen (Haken, Winkelhaken) werden
• Name des Auftraggebers dabei nur in großmaßstäblicher Darstellung (1 W 5,
• Bezeichnung des Projekts 1 W 1) realistisch wiedergegeben. Bei Betonstabstahl
• Bezeichnung des dargestellten Bauteils, Gebäu- erfolgt die Kennzeichnung unmittelbar neben dem dar-
deabschnitts, etc. gestellten Bauteil z. B. durch die Folge „
1 2 ˛ 25“.
• Art und Inhalt der Zeichnung (! Bewehrungs- Dabei bedeuten:
zeichnung)
1 Positionsnummer der Biegeform
8
Eine Neufassung von DIN 1356-10 ist in Vorbereitung, steht 2 Anzahl der Stäbe mit gleicher Biegeform, d. h.
aber zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buchs noch nicht Positionsnummer
zur Verfügung. ˛25 Stabnenndurchmesser in mm.
0 1 2 3
574

1:25
Bewehrungsplan Unterzug Position 01, b/h = 40/60cm
Bauteil Druckfestig- Expositions- Betonstahl Beton-
keitsklasse Klasse deckung
Unterzug C 30/37 XC1 BSt 500 S 20 mm

Mindestwerte für Biegerollendurchmesser dbr bei


Betonstahl III S + IV S gemäBetonstahl III S + IV S gemß DIN 1045-1, Tab. 23
>100 mm und 10 ds
Betondeckung >7 d s
Ansicht rechtwinklig zur >50 mm und 15 ds d br
Krümmungsebene >3 d s
<50 mm und 20 ds
<3 d s
M 1:25
dbr Aufbiegungen
Krümmungen Haken, Winkelhaken
ds Schlaufen und Bügel

= 5 ds
dbr

ü>
d s <20mm 4 ds d br
>20mm 7 ds
3 3ø28
Abmessungen gelten von aussen bis aussen !
4 2ø28

B
A
6 39ø8/15 7 16ø10/15 6 39ø8/15 4 2ø28 ALLE MASSE SIND AM BAU ZU PRÜFEN!
Differenzen zwischen der Planung und der Situation
vor Ort sind dem Tragwerksplaner unverzüglich
mitzuteilen!

Dazugehörige Pläne

5 2ø8 beidseitig
Plan-Nr. Planinhalt
5 2ø8 beidseitig

S 01 Schalplan 01
1 2ø25 2 2ø25 1 2ø25
2 2ø25

Abbildung 15.37 Beispiel eines Bewehrungsplans


B
A
e
d
3 3ø28/4.60 oben 4.60 c
b
a Querkraftbewehrung Innenstütze 19.09.05 ze zi
Index Art der Planänderung Datum aufgestellt Koordinator
4 4ø28/8.35 oben 8.35
Übersichtsskizze Plan-Nr.: B 01
5

licher Größe und i. Allg. parallel versetzt zur La-


ge im Bauteil als Stabauszug dargestellt. Am Stab-
1

Die einzelnen Stabpositionen werden außerhalb der

auszug wird die Bezeichnung wiederholt und durch

te Stablänge, Teillängen der Biegeform, Biegerollen-


Bauteillängs- und Querschnitte einzeln in maßstäb-

die Gesamtanzahl und die Abmessungen (abgewickel-


4ø25/6.55 unten 6.55 8ø8/7.55 7.55 1 2 3 4 5'
A
2 4ø25/8.25 unten 8.25 B
C

D
Schnitt A-A Schnitt B-B
Pos. ø Länge Gesamtlänge (m) BSt 500 S Bemerkungen E
M 1:25 M 1:25 Anz. F
Nr. m ø 8 ø 10 ø 25 ø 28 G
1 2 3 4 5 6 7 8
4 2ø28 3ø28 3 4 2ø28 1 4 25 6.55 26.20
6 ø8/15 7 ø10/15 2 4 25 8.25 33.00
Bauherr:
2ø8 5 5 2ø8 2ø8 5 5 2ø8 3 3 28 4.60 13.80

4 4 28 8.35 33.40 Architekt:


2ø25 1 2 2ø25 2 2ø25
5 8 8 7.55 60.40
Auftragnehmer:
6 78 8 2.06 160.68
36 36 7 16 10 2.10 33.60 Bauvorhaben:
11 Summe L je ø (m) 221.08 33.60 59.20 47.20 Planinhalt: Projekt-Nr.: Xxx

56

56
56 11
Bewehrungsplan Datum Unterschrift
13 kg / m 0.395 0.617 3.850 4.830

13 56
bearb. 20.08.05 Zehetmaier
36 36 Unterzug Pos. 01 (Achsen C/2-4) gez. 25.08.05 Molnar
Summe kg je ø 87.3 20.7 227.9 228.0 gepr. 02.09.05 Zilch
6 78ø8/15/2.06 7 16ø10/15/2.10 Maßstab:
Planbearbeitung: 1 : 25

Summe : 563.954 kg BSt 500 S Plan-Nr.:


B 01
15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

durchmesser) ergänzt. Abmessungen sind dabei i. Allg.

schnitt mehrfach wiederholen, z. B. Bügel, werden

dargestellt. Die Beschriftung der Position muss um


den Verlegebereich erstreckende, begrenzte Querlinie
Außenmaße. Positionen, die sich im Längs- oder Quer-

einen maßstäblich dargestellten Stab und eine sich über


zu Gruppen zusammengefasst und durch mindestens
Literatur 575

den Abstand der einzelnen Elemente zueinander in 15.8.2.3 Stahllisten


cm ergänzt werden, z. B. „ 6 39 ˛ 8=15“ (auch: „ 6
39 ˛ 8, s D 15“). Der Verlegebereich kann auch un- Die Aufstellung detaillierter Stahllisten einschließlich
mittelbar neben den Schnitten angedeutet werden (vgl. einer Stahlmengenermittlung dient als Grundlage für
Abb. 15.37). Matten werden in der Draufsicht lediglich die Materialbestellung und -abrechnung und ist nach
durch ein maßstäblich die Matte begrenzendes Recht- HOAI Bestandteil der Ausführungsplanung des Trag-
eck mit einer Diagonalen dargestellt. Im Schnitt er- werksplaners. In Stahllisten (Gewichtslisten) werden
scheinen Matten als Linien, die Querbewehrung wird für alle in der Bewehrungszeichnung dargestellten Po-
durch Punkte angedeutet. Mattenpositionen werden – sitionen Durchmesser, abgewickelte Längen und Ge-
zur Unterscheidung von Stabpositionen – durch 1 wichte zusammengestellt.
(Positionsnummer durch Rechteck umschlossen) be-
zeichnet; Lagermatten werden durch die Kurzbezeich-
nung des Mattentyps ergänzt (z. B. „ 1 R377“).
Neben der Betonstahlbewehrung selbst müssen in Literatur
der zeichnerischen Darstellung folgende Elemente ent-
halten sein: B ERTRAM, D.: Stahl im Bauwesen. In: Betonkalender
1999. Berlin : Ernst & Sohn, 1999, S. 157–276
• Baustellenschweißungen (Anordnung und Ausbil-
B ERTRAM, D.; B UNKE, N.: Erläuterungen zu DIN
dung von Schweißstellen, Nahtausführung, Naht-
1045 Beton und Stahlbeton, Ausgabe 07.88. Berlin
maße, Schweißzusatzstoffe);
: Beuth, 1989 (DAfStb-Heft 400)
• Typ und Lage mechanischer Verbindungsmittel;
• Maßnahmen zur Lagesicherung der Betonstahlbe- DA F S TB: Erläuterungen zu DIN 1045-1. Berlin :
wehrung (z. B. Art und Anordnung von Abstandhal- Beuth, 2003 (DAfStb-Heft 525)
tern) sowie Anordnung, Maße und Ausführung der DAMES, K.-H.: Rohbauzeichnungen, Bewehrungs-
Unterstützungen der oberen Bewehrungslage; zeichnungen. Grundregeln – Darstellungen für die
• Einbauteile (Ankerschienen, etc.), auch wenn sie Tragwerksplanung – Checklisten – Beispiele. Wies-
nicht mit der Bewehrung verbunden werden (soweit baden : Bauverlag, 1997
die Lage nicht vollständig im Schalplan bzw. in der E LIGEHAUSEN, R.: Übergreifungsstöße zugbean-
Rohbauzeichnung beschrieben ist). spruchter Rippenstäbe mit geraden Stabenden. Ber-
lin : Ernst & Sohn, 1979 (DAfStb-Heft 301)
Bewehrungszeichnungen für Spannbetonbauteile
E LIGEHAUSEN, R.; G ERSTER, R.: Das Bewehren von
müssen darüber hinaus alle Angaben zum Einbau
Stahlbetonbauteilen – Erläuterungen zu verschiede-
der Spannbewehrung und zusätzlich erforderlicher
nen gebräuchlichen Bauteilen. Berlin : Beuth, 1993
Betonstahlbewehrung enthalten:
(DAfStb-Heft 399)
• Anzahl, Typ und Lage der Spannglieder; JAKOBSEN, B.; ROSENDAHL, F.: The Sleipner Plat-
• Anzahl, Typ und Lage der Spanngliedverankerun- form Accident. In: Structural Engineering Interna-
gen und -kopplungen; tional 4 (1994), Nr. 3, S. 190–193
• Anzahl, Durchmesser, Form und Lage der zugehö- L EONHARDT, F.: Vorlesungen über Massivbau – Drit-
rigen Betonstahlbewehrung; ter Teil: Grundlagen zum Bewehren im Stahlbeton-
• Typ und Durchmesser der Hüllrohre; bau. Berlin : Springer Verlag, 1974
• Maßnahmen zur Lagesicherung der Spannbeweh- L ÖHR, A.: Schubsicherung durch offene Bügel mit
rung (Unterstützungen, etc.) einschließlich Anga- nach außen abgebogenen Haken. In: Beton- und
ben zur Höhenlage der Spannglieder (z. B. wird bei Stahlbetonbau 82 (1987), Nr. 1, S. 21–24
Vorspannung mit nachträglichem Verbund die Hö- R EHM, G.; E LIGEHAUSEN, R. ; N EUBERT, B.: Erläu-
henlage i. d. R. auf die Unterkante des Hüllrohrs be- terung zu den Bewehrungsrichtlinien. Berlin : Ernst
zogen); & Sohn, 1979 (DAfStb-Heft 300)
• Angaben zum Einpressmörtel (Vorspannung mit
R EINECK, K.-H.: Modellierung der D-Bereiche von
nachträglichem Verbund).
Fertigteilen. In: Beton-Kalender 2005. Berlin : Ernst
Im Allgemeinen werden lediglich die zusätzliche Be- & Sohn, 2005, S. 241–296
tonstahlbewehrung und die Unterstützungen in der Be- ROOS, F.: Praktische Anwendung von Hochleistungs-
wehrungszeichnung eines Bauteils wiedergegeben; die beton – Chancen und Risiken. In: Prüfstellenlei-
Darstellung der Spannglieder einschließlich der übri- terfortbildung der Bayerischen Bauakademie. Mün-
gen Elemente erfolgt in separaten Zeichnungen. chen, September 2005
576 15 Grundlagen des Bewehrens von Stahlbetonbauteilen

S CHLAICH, J.; R EINECK, K.-H.: Die Ursache für S CHLAICH, J.; S CHÄFER, K.: Konstruieren im Stahl-
den Totalverlust der Betonplattform Sleipner A. In: betonbau. In: Beton-Kalender 2001. Berlin : Ernst &
Beton- und Stahlbetonbau 88 (1993), Nr. 1, S. 1–4 Sohn, 2001, S. 311–492
Aktuelle Ergänzungen
zur Schlussfassung des Nationalen Anhangs
DIN EN 1992-1-1/NA vom November 2009

Gegenüber dem Gelbdruck (Entwurf) des Nationalen Anhangs Zur Ermittlung von Asw bei Durchstanzbewehrung in Form
DIN EN 1992-1-1/NA (NA-D) vom September 2008, auf dem aufgebogener Stäbe ist zudem anstelle von sr D 0; 67 d in
die Normenregelungen des vorliegenden Bandes aufbauen, fin- Gl. (9.74) sr D 0; 53 d einzusetzen.
den sich im Schlussentwurf vom November 2009 einige Ände- Die maximale Querkrafttragfähigkeit ist nach NA-D abwei-
rungen, auf die im Folgenden hingewiesen wird9 . Diese Ände- chend von Gl. (9.73) und Tab. 9.4 (NDP!) nicht am Stützenan-
rungen haben sich während der Einspruchsphase und im Rah- schnitt (Rundschnitt u0 ), sondern im kritischen Rundschnitt u1
men von Testanwendungen ergeben. nachzuweisen. Es gilt:
vEd;u1  vRd;max D 1; 4  vRd;c;u1

Kapitel 8 – Torsion Hierbei ist vRd;c;u1 die Querkrafttragfähigkeit von Platten


ohne Durchstanzbewehrung nach den Gln. (9.46) und (9.47)
für den kritischen Rundschnitt u1 . Die günstige Wirkung von
Effektive Wanddicke: Im NA-D wird zu EN 1992-1-1, 6.3.2 (1)
Betondruckspannungen infolge Vorspannung cp auf vRd;c;u1
mit Bezug auf die effektive Wanddicke tef;i nach Gl. (8.30) er-
dürfen dabei nicht berücksichtigt werden. Der Ausdruck vEd;u1
gänzt: Als effektive Wanddicke tef;i ist stets der doppelte Ab-
beschreibt die einwirkende Querkraft je Flächeneinheit im
stand von der Außenfläche bis zur Mittellinie der Längsbe-
kritischen Rundschnitt u1 (s. Gl. 9.44).
wehrung anzusetzen; die nach EN 1992-1-1 möglichen größeren
Wanddicken werden ausgeschlossen. Dabei darf tef;i die tatsäch-
lich vorhandene Wanddicke nicht überschreiten. Bei Hohlkästen Fundamente und Bodenplatten: Für Fundamente werden im
mit Wanddicken bis b=6 bzw. h=6 darf allerdings die gesam- NA-D zu EN 1992-1-1, 6.4.4 (2) folgende Punkte ergänzt: Im
te Wanddicke für tef;i angesetzt werden, sofern Wandbewehrung Allgemeinen ist der kritische Rundschnitt iterativ zu ermit-
an beiden Oberflächen vorhanden ist (vgl. Abb. 8.15b). teln; für Bodenplatten und schlanke Fundamente mit  > 2; 0
darf allerdings vereinfachend der kritische Rundschnitt im Ab-
stand acrit D 1; 0 d vom Stützenanschnitt angenommen wer-
den (zur Definition von  vgl. Erläuterungen zu Gl. (9.88) und
Kapitel 9 – Durchstanzen
Abb. 9.48).
Die dem Nachweis zu Grunde zu legende, einwirkende Quer-
Platten mit Durchstanzbewehrung: Im NA-D wird zu kraft VEd;red nach Gl. (9.84) ist in jedem Fall mit einem Laster-
EN 1992-1-1, 6.4.5 (1) ergänzt: Die ermittelte Durchstanz- höhungsbeiwert ˇ  1; 10 zu ermitteln, d. h. auch in Gl. (9.85b)
bewehrung Asw nach Gl. (9.74) ist um den Faktor sw;i zu hat der Klammerausdruck stets mindestens 1,10 zu betragen.
erhöhen. Die Durchstanztragfähigkeit von Fundamenten ohne Durch-
1. Reihe sw;1 D 2;5 stanzbewehrung nach Gl. (9.86) ist mit CRd;c D 0;15=c nach-
zuweisen; Gl. (9.88) findet keine Anwendung, d. h. die Schub-
2. Reihe sw;2 D 1;4 schlankheit des Fundaments wird bei der Ermittlung der Tragfä-
Die Korrekturfaktoren sw;i wurden gegenüber der Entwurfs- higkeit nicht berücksichtigt.
fassung 09.2008 abgeändert und ersetzen damit die in den Sofern bei Fundamenten und Bodenplatten Durchstanzbe-
Gln. (9.78a) und (9.78b) angegebenen Werte für sw;i . wehrung erforderlich wird, sind folgende Regelungen des NA-
D zu EN 1992-1-1, 6.4.5 (1) zu beachten: Die reduzierte einwir-
kende Querkraft VEd;red nach Gl. (9.84) ist von den ersten bei-
9
Sofern im Folgenden auf Gleichungen verwiesen wird, bezie- den Bewehrungsreihen neben dem Stützenanschnitt ohne Abzug
hen sich die Verweise stets auf Gleichungen im vorliegenden eines Betontraganteils aufzunehmen. Hierfür wird die Beweh-
Buch. rungsmenge Asw;1C2 gleichmäßig auf beide Reihen verteilt, die

577
578 Aktuelle Ergänzungen November 2009

in den Abständen a1 D 0; 3 d und a2 D 0; 8 d anzuordnen Zur Bedeutung der einzelnen Elemente vgl. Erläuterungen zu
sind: den Gln. (11.63) bis (11.65).
Bügelbewehrung
ˇ  VEd;red  VRd;s D Asw;1C2  fywd;ef Kapitel 12 – Nachweise gegen Ermüdung
Schrägaufbiegungen
ˇ  VEd;ref  VRd;s D 1; 3  Asw;1C2  fywd  sin ˛ Wöhlerlinien für Spannstähle: Ergänzend zur NDP-Tabelle
12.2 (vgl. Abb. 12.14) wird im NA-D eine zweite Spannstahl-
Sofern bei Fundamenten und Bodenplatten weitere Bewehrungs- Klasse mit reduzierter Ermüdungsfestigkeit definiert. Für die
reihen erforderlich werden, sind je Reihe jeweils 1=3 der Be- Klasse 2 gelten folgende Ermüdungsfestigkeiten (in N=mm2 ):
wehrungsmenge Asw;1C2 vorzusehen. Der Abzugswert der Fun-
damentpressung VEd nach Gl. (9.84) darf dabei mit der Fun- im sofortigen Verbund:
damentfläche innerhalb der betrachteten Bewehrungsreihe ange- Rsk D 120
setzt werden.
im nachträglichen Verbund:
Einzellitzen in Kunststoffhüllrohren
Rsk D 120
Kapitel 11 – Nachweise in den Grenzzuständen
der Gebrauchstauglichkeit gerade Spannglieder und
gekrümmte Spannglieder in Kunststoffhüllrohren
Rissbreitenbegrenzung – Nachweis ohne direkte Berech- Rsk D 95
nung der Rissbreite: Zur Anwendung der Durchmessertabellen gekrümmte Spannglieder in Stahlhüllrohren
(EN 1992-1-1, 7.3.3 (2)) wird im NA-D in Bezug auf die Modi-
fikation des Grenzdurchmessers ds folgendes ergänzt: Rsk D 75

Mindestbewehrung - Biegung: Die übrigen Kennwerte (k1 , k2 , N  ) entsprechen Tab. 12.2 bzw.
Abb. 12.14. Die für die Spannstahl-Klasse 1 in Tab. 12.2 angege-
kc k hc r fct;eff fct;eff
ds D ds    ds  benen Ermüdungsfestigkeiten Rsk sind durch eine allgemeine
4 .h  d / 2; 9 2; 9 bauaufsichtliche Zulassung nachzuweisen.
Mindestbewehrung – zentrischer Zug:
kc k hc r fct;eff fct;eff Verbundbeiwerte : Die in Tabelle 12.3 angegebenen Verhält-
ds D ds    ds  niswerte der Verbundfestigkeiten von Spanngliedern und ge-
8 .h  d / 2; 9 2; 9
ripptem Betonstahl werden für Spannglieder im sofortigem Ver-
Lastbeanspruchung: bund nach NA-D wie folgt ergänzt: Die Werte in Tab. 12.3 gel-
s  As fct;eff ten nur für Betone bis zur Festigkeitsklasse C50/60. Für Klassen
ds D ds   ds 
4 .h  d / b 2; 9 2; 9 ab C70/85 sind diese Werte zu halbieren. Zwischen C50/60 und
C70/85 darf interpoliert werden.
Diese Regelung ersetzt damit die in NDP-Tab. 11.7 angegebe-
nen Beziehungen und ergänzt insofern eine Rechenvorschrift zur
Anwendung bei Lastbeanspruchung.
Kapitel 15 – Grundlagen des Bewehrens von
Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite: Zur An- Stahlbetonbauteilen
rechnung der nichtlinear verteilten Betonzugspannungen über
den Beiwert k wird im NA-D zu EN 1992-1-1, 7.3.2 (2) ergänzt: Verankerungslänge: Zur Berechnung der Verankerungslänge
• Sofern Zugspannungen durch im Bauteil selbst hervorgerufe- nach EN 1992-1-1, 8.4.4 bzw. zur Anwendung von Tab. 15.6
nen Zwang (z. B. Eigenspannungen aus Abfließen der Hydra- dieses Bandes werden folgende Punkte ergänzt: Bei Schlau-
tationswärme) erzeugt werden, darf k mit 0,8 multipliziert fenverankerungen mit cd > 3 ds und Biegerollendurchmesser
werden. D  15 ds darf ˛1 D 0; 5 angenommen werden. Bei direkter
• Wenn Zugspannungen durch außerhalb des Bauteils hervor- Lagerung ist ˛5 D 2=3 zu setzen; gleiches gilt bei allseitig durch
gerufenen Zwang (z. B. Stützensenkung) erzeugt werden, ist Bewehrung gesicherter Betondeckung von  10 ds . Gleichzei-
k D 1; 0 anzunehmen, sofern der Querschnitt frei von nicht- tig ist ˛2 i. d. R. zu 1,0 zu setzen.
linear verteilten Eigenspannungen und weiteren risskraftre-
duzierenden Einflüssen ist. Druckstöße von Bewehrungsstäben: Ergänzend zu EN 1992-
1-1, 8.7.2 und abweichend von den Erläuterungen zu
Besonderheiten bei Spannbetonbauteilen – Rissbreitenbe- Abschn. 15.4.1.4 dieses Bandes dürfen Druckstöße von Stäben
grenzung: Ergänzend zu EN 1992-1-1 werden nach NA-D mit ds  20 mm in Stützen zwar direkt gestoßen werden,
die Auswirkungen der Verbundunterschiede von Betonstahl sofern ihr korrekter Sitz durch entsprechende Hilfsmittel – z. B.
und Spannstahl auf die Spannungen der Betonstahlbeweh- Zentrierhülsen – gesichert ist. Allerdings beträgt der zulässige
rung (Kraftumlagerungen zur Betonstahlbewehrung) analog Stoßanteil je Querschnitt max. 50%, die gestoßenen Stäbe sind
DIN 1045-1 berücksichtigt. Die Betonstahlspannungen sind gleichmäßig über den Querschnitt zu verteilen und dürfen nur
für Nachweise zur Rissbreitenbegrenzung mit und ohne in den äußeren Vierteln der Stützenlänge angeordnet werden.
direkte Berechnung der Rissbreite über folgende Beziehung zu Der Längsversatz muss mindestens 1; 3 lb;rqd betragen. Die
ermitteln: Querschnittsfläche der nicht gestoßenen Bewehrung muss
  mindestens 0,8% des statisch erforderlichen Betonquerschnitts
1 1
s D s2 C 0; 4  fct;eff  sein.
p;eff tot
Normen und Richtlinien

Die in vorliegenden Band erwähnten und im Folgenden auf- – Teil 1: Wichten und Flächenlasten von Baustoffen, Bau-
geführten Normen, Richtlinien und Merkblätter bilden das we- teilen und Lagerstoffen (06/2002)
sentliche Gerüst für die Bemessung von Stahlbeton- und Spann- – Teil 2: Bodenkenngrößen (01/2007)
betonbauteilen.10 Darüber hinaus existieren eine Vielzahl weite- – Teil 3: Eigen- und Nutzlasten für Hochbauten (03/2006)
rer Regelwerke, deren Aufzählung den Rahmen dieses Bandes – Teil 4: Windlasten (03/2005)
sprengen würde; hierzu wird auf die im Text angegebene, wei- – Teil 5: Schnee- und Eislasten (07/2005)
terführende Literatur verwiesen. – Teil 6: Einwirkungen auf Silos und Flüssigkeitsbehälter
(03/2005)
Nationale Normen (DIN-Normen) – Teil 7: Temperatureinwirkungen (11/2002)
– Teil 8: Einwirkungen während der Bauausführung
(01/2003)
• DIN 488 Betonstahl11
– Teil 9: Außergewöhnliche Einwirkungen (08/2003)
– Teil 1: Sorten, Eigenschaften, Kennzeichen (09/1984) – Teil 10: Einwirkungen infolge Krane und Maschinen
– Teil 2: Betonstabstahl; Maße und Gewichte (06/1986) (07/2004)
– Teil 4: Betonstahlmatten und Bewehrungsdraht; Aufbau,
Maße und Gewichte (06/1986) • DIN 4149 Bauten in deutschen Erdbebengebieten - Lastan-
nahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten
• DIN 1045 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton (04/2005)
• DIN 4226 Gesteinskörnungen für Beton und Mörtel
– Teil 1: Bemessung und Konstruktion (08/2008)
– Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung – Teil 100: Rezyklierte Gesteinskörnungen (02/2002)
und Konformität, Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1
(08/2008)
– Teil 3: Bauausführung (08/2008)
– Teil 4: Ergänzende Regeln für die Herstellung und die DIN-Fachberichte
Konformität von Fertigteilen (07/2001)
• DIN-Fachbericht 100 Beton (2005)
• DIN 1048 Prüfverfahren für Beton
• DIN-Fachbericht 101 Einwirkungen auf Brücken (2009)
– Teil 1: Frischbeton (06/1991) • DIN-Fachbericht 102 Betonbrücken (2009)
– Teil 2: Festbeton in Bauwerken und Bauteilen (06/1991)
– Teil 4: Bestimmung der Druckfestigkeit von Festbeton in
Bauwerken und Bauteilen - Anwendung von Bezugsgera-
den und Auwertung mit besonderen Verfahren (06/1991) Europäische Normen (DIN EN-Normen)
– Teil 5: Festbeton, gesondert hergestellte Prüfköper
(06/1991) • DIN EN 196 Prüfverfahren für Zement

• DIN 1055 Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1: Bestimmung der Festigkeit (05/2005)
– weitere Teile 2, 3, 5 - 10 zu Prüfverfahren für Zemente
– Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung - Sicher-
heitskonzept und Bemessungsregeln (03/2001) • DIN EN 197 Zement
10
Es sind die jeweils geltenden Fassungen der Normen und – Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konfor-
Richtlinien zu verwenden. Die Aufzählung spiegelt den Stand mitätskriterien von Normalzement (08/2004)
zum Juni 2009 wieder; Ausgabemonat und Jahr sind jeweils in – Berichtigung 1 zu DIN EN 197-1 (11/2004)
Klammern angegeben. – Änderung A2 zu DIN EN 197-1 (10/2006)
11
Neuausgabe DIN 488 im August 2009 – Änderung A3 zu DIN EN 197-1 (09/2007)

579
580 Normen und Richtlinien

• DIN EN 206 Beton – Teil 3: Vebe-Prüfung (07/2008)


– Teil 4: Verdichtungsmaß (07/2008)
– Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Kon- – Teil 5: Ausbreitmaß (07/2008)
formität (07/2001) – Teil 6: Frischbetonrohdichte (07/2008)
– Änderung A1 zu DIN EN 206-1 (10/2004) – Teil 7: Luftgehalte, Druckverfahren (07/2008)
– Änderung A2 zu DIN EN 206-1 (09/2005) – Teile 8 bis 11: Prüfverfahren für Selbstverdichtendem Be-
– Teil 9: Ergänzende Regeln für selbstverdichtenden Beton
ton
(SVB) (01/2008)
• DIN EN 12390 Prüfung von Festbeton
• DIN EN 1990 EUROCODE 0 Grundlagen der Tragwerks-
planung (10/2002) und Änderung A1 zu DIN EN 1990 – Teil 1: Form, Maße und andere Anforderungen für Pro-
(04/2006) bekörper und Formen (02/2001)
• DIN EN 1991 EUROCODE 1 Einwirkungen auf Tragwerke – Berichtigung 1 zu DIN EN 12390-1 (05/2006)
– Teil 2: Herstellung und Lagerung von Probekörpern für
– Teil 1-1: Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Festigkeitsprüfungen (07/2008)
Hochbau (10/2002) – Teil 3: Druckfestigkeit von Probekörpern (07/2008)
– Teil 1-2: Brandeinwirkungen auf Tragwerke (09/2003) – Teil 4: Bestimmung der Druckfestigkeit; Anforderungen
– Teil 1-3: Schneelasten (09/2004) an Prüfmaschinen (12/2000)
– Teil 1-4: Windlasten (07/2005) – Teil 5: Biegezugfestigkeit von Probekörpern (07/2008)
– Teil 1-5: Temperatureinwirkungen (07/2004) – Teil 6: Spaltzugfestigkeit von Probekörpern (02/2001)
– Teil 1-6: Einwirkungen während der Bauausführung – Berichtigung 1 zu DIN EN 12390-6 (05/2006)
(09/2005) – Teil 7: Dichte von Festbeton (02/2001)
– Teil 1-7: Außergewöhnliche Einwirkungen (02/2007) – Berichtigung 1 zu DIN EN 12390-7 (05/2006)
– Teil 2: Verkehrslasten auf Brücken (05/2004) – Teil 8: Wassereindringtiefe unter Druck (06/2008)
– Teil 3: Einwirkungen infolge von Kranen und Maschinen – Teil 9: Frost- und Frost-Tausalzwiderstand (05/2002)
(03/2007)
– Teil 4: Einwirkungen auf Silos und Flüssigkeitsbehälter • DIN EN 12260 Gesteinskörnungen für Beton (07/2008)
(12/2006)

• DIN EN 1992 EUROCODE 2 Bemessung und Konstruktion


von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Internationale Normen (DIN EN ISO und
– Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsgrundlagen und Regeln ISO-Normen)
für den Hochbau (10/2005)
– Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für • DIN EN 15630 Stähle für die Bewehrung und das Vorspan-
den Brandfall (10/2006) nen von Beton - Prüfverfahren
– Teil 2: Betonbrücken - Bemessungs- und Konstruktions-
– Teil 1: Bewehrungsstäbe, -walzdraht und -draht
regeln (02/2007)
– Teil 3: Silos und Behälterbauwerke aus Beton (11/2006) (10/2008)
– Teil 2: Geschweißte Matten (10/2008)
• DIN EN 1997 EUROCODE 7 Entwurf, Berechnung und – Teil 3: Spannstähle (10/2008)
Bemessung in der Geotechnik
• DIN EN ISO 17660 Schweißen von Betonstahl
– Teil 1: Allgemeine Regeln (Entwurf - 10/2008)
– Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds – Teil 1: Tragende Schweißverbindungen (12/2006)
(Entwurf - 10/2007) – Berichtigung 1 zu DIN EN ISO 17660-1 (08/2007)
– Teil 2: Nichttragende Schweißverbindungen (12/2006)
• DIN EN 1998 EUROCODE 8 Auslegung von Bauten gegen – Berichtigung 1 zu DIN EN ISO 17660-2 (08/2007)
Erdbeben
• ISO 4356 Bases for the design of structures - Deformations
– Teil 1: Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln of buildings at the serviceability limit states (1977)
für Hochbauten (04/2006)
– Teil 2: Brücken (06/2006)

• DIN EN 10080 Stahl für die Bewehrung von Beton - Merkblätter und Richtlinien
Schweißgeeigneter Betonstahl - Allgemeines (08/2005)
• DIN EN 10138 Spannstähle • Merkblätter des Deutschen Beton- und Bautechnik-
Vereins e.V. (Auswahl; Übersicht unter www.betonverein.de)
– Teil 1: Allgemeine Anforderungen (Entwurf - 10/2000)
– Teil 2: Draht (Entwurf - 10/2000) – Hochfester Beton (03/2002)
– Teil 3: Litze (Entwurf - 10/2000) – Betondeckung und Bewehrung - Sicherung der Betonde-
– Teil 4: Stäbe (Entwurf - 10/2000) ckung beim Entwerfen, Herstellen und Einbauen der Be-
wehrung sowie des Betons (07/2002)
– Abstandhalter (07/2002)
• DIN EN 12350 Prüfung von Frischbeton
– Unterstützungen (07/2002)
– Teil 1: Probennahme (07/2008) – Rückbiegen von Betonstahl und Anforderungen an Ver-
– Teil 2: Setzmaß (07/2008) wahrkästen (01/2008)
Normen und Richtlinien 581

– Sichtbeton (08/2004) • DIN 4227 Spannbeton


– Selbstverdichtender Beton (12/2004)
– Parkhäuser und Tiefgaragen (01/2005) – Teil 1: Bauteile aus Normalbeton mit beschränkter oder
– Begrenzung der Rissbildung im Stahlbeton- und Spann- voller Vorspannung (07/1988)
betonbau (01/2006) – Teil 2: Bauteile mit teilweiser Vorspannung (07/1982)
– Teil 3: Bauteile in Segmentbauart; Bemessung und Aus-
• Richtlinien des Deutschen Ausschuss für Stahlbeton führung der Fugen (12/1983)
(Auswahl, Übersicht unter www.dafstb.de) – Teil 4: Bauteile aus Spannleichtbeton (02/1986)
– Teil 5: Einpressen von Zementmörtel in Spannkanälen
– Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU- (12/1979)
Richtlinie) (11/2003) – Teil 6: Bauteile mit Vorspannung ohne Verbund
– Selbstverdichtender Beton (SVB-Richtlinie) (11/2003) (05/1982)
– Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklier-
ten Gesteinskörnungen nach DIN 4226-100 (12/2004) • DIN V ENV 1992 EUROCODE 2 (Vornorm)
– Massige Bauteile aus Beton (03/2005) Planung von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken

• Richtlinien des Deutschen Instituts für Bautechnik – Teil 1-1: Grundlagen und Anwendungsregeln für den
Hochbau (06/1992)
– Richtlinie zur Übewachung des Herstellens und Einpres- – Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für
sens von Zementmörtel in Spannkanäle den Brandfall (05/1997)
– Teil 1-3: Allgemeine Regeln - Bauteile und Tragwerke
aus Fertigteilen (12/1994)
– Teil 1-4: Allgemeine Regeln - Leichtbeton mit geschlos-
Zurückgezogene Normen zur Bemessung von
senem Gefüge (12/1994)
Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen – Teil 1-5: Allgemeine Regeln - Tragwerke mit Spannglie-
dern ohne Verbund (12/1994)
• DIN 1045 Beton und Stahlbeton, Bemessung und Ausfüh- – Teil 1-6: Allgemeine Regeln - Tragwerke aus unbewehr-
rung (07/1988) tem Beton (12/1994)
– Teil 2: Betonbrücken (10/1997)
– Teil 3: Fundamente (12/2000)
– Teil 4: Stütz- und Behälterbauwerke aus Beton (12/2000)
Bezeichnungen

Vorbemerkung R Tragwiderstand
S Flächenmoment 1. Grades (statisches Moment)
Nachfolgend werden die wichtigsten verwendeten Abkürzun- T Torsionsmoment
gen, Symbole und Bezeichnungen als Ergänzung zu den Erläu- U Umfang
terungen im Text nochmals im Überblick dargestellt. Die Nota- V Querkraft
tion orientiert sich dabei weitestgehend an DIN 1045-1; hiervon
abweichende Bezeichnungen nach EN 1992-1-1 sind in den je-
weiligen Normenbezügen beschrieben. Kleine lateinische Buchstaben

a Abstand; Auflagerbreite
Abkürzungen b Breite
c Betondeckung
Abb. Abbildung d statische Nutzhöhe; Durchmesser
BAZ allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt e Lastausmitte (Exzentrizität)
CEB Comité Euro-International du Béton f Festigkeit, Durchhang
DAfStb Deutscher Ausschuss für Stahlbeton h Höhe; Bauteildicke
DBV Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein k ungewollter Umlenkwinkel der Spannglieder;
DGL. Differentialgleichung Beiwert zur Anrechnung von Eigenspannungen
DIBt Deutsches Institut für Bautechnik l Länge; Stützweite; Spannweite
EOTA European Organisation for Technical p Querdruck
Approvals r Radius
ETA European Technical Approval (Europäische s Abstand; Stababstand
technische Zulassung der EOTA) t Zeitpunkt; Wanddicke
fib fédération international du béton u Umfang
FIP Fédération International de la Précontrainte ü Überhöhung
Gl. Gleichung v Querkraft je Längeneinheit
RH relative Feuchte in % w Durchbiegung
x Druckzonenhöhe
z Hebelarm der inneren Kräfte
Große lateinische Buchstaben

A Fläche; außergewöhnliche Einwirkung Griechische Buchstaben


C Symbol für die Festigkeitsklasse bei Normalbeton;
Auflagerreaktion ˛ Abminderungsbeiwert zur Berücksichtigung von
E Elastizitätsmodul Langzeitwirkungen auf die Betonfestigkeit und zur
F Kraft Umrechnung zwischen Zylinderdruckfestigkeit
G Schubmodul; ständige Einwirkung und einachsialer Druckfestigkeit; Winkel der
I Flächenmoment 2. Grades (Trägheitsmoment); Querkraftbewehrung zur Bauteilachse
Kriechfunktion ˇ Ausbreitungswinkel konzentrierter Normalkräfte;
LC Symbol für die Festigkeitsklasse bei Leichtbeton Abminderungsbeiwert für die einwirkende
M Moment Querkraft bei auflagernahen Einzellasten;
N Längskraft (Normalkraft) Sicherheitsindex
P Vorspannkraft  Teilsicherheitsbeiwert
Q veränderliche Einwirkung ı Umlagerungsfaktor

583
584 Bezeichnungen

" Dehnung prov vorhanden


bezogener Hebelarm der inneren Kräfte; Vertei- rare seltene Einwirkungskombination
lungsbeiwert red reduzierter Wert
Korrekturfaktor für Leichtbeton req erforderlich
Rotation; planmäßiger Umlenkwinkel der sup oberer Wert
Spannglieder; Druckstrebenneigung E Beanspruchung
# Verwindung; Umlenkwinkel Ed Bemessungswert einer Beanspruchung
 Krümmung; Vorhaltemaß für die Überspannreser- F Einwirkung (Kraft); Feldquerschnitt
ve G ständige Einwirkung
 Schlankheit, Schubschlankheit P Vorspannkraft, Einwirkung aus Vorspannung
bezogenes Moment; Mittelwert Q veränderliche Einwirkung
 bezogene Normalkraft R Systemwiderstand; rechnerisch
bezogene Druckzonenhöhe; Verbundbeiwert für Rd Bemessungswiderstand
Spannglieder (Verhältnis der Verbundfestigkeiten St Stützquerschnitt
von Spannstahl und Betonstahl) T Torsion
 geometrischer Bewehrungsgrad; Relaxationsbei- Verlust aus Reibung
wert I ungerissener Zustand (Zustand I)
 Normalspannung; Standardabweichung II gerissener Zustand (Zustand II)
 Schubspannung 1 ungerissener Zustand (Zustand I)
 bezogene Querkraft 2 gerissener Zustand (Zustand II)
' Kriechbeiwert; Verdrehung
 Beiwert für den Spannungsblock
Relaxationszahl von Beton
! mechanischer Bewehrungsgrad Große lateinische Buchstaben mit Indizes
 Differenz
 Kombinationsbeiwert Ac Querschnittsfläche
Ac;eff wirksame Zugzone, Wirkungsbereich der
Bewehrung
Indizes Act Betonzugzone im Zustand I
Ak Kernfläche des Ersatzhohlkastens
b Verbund Ap Querschnittsfläche des Spannstahls
c Beton; Druck; Kriechen; brutto (Querschnitt) As Querschnittsfläche des Betonstahls
d Bemessungswert Ast Querschnittsfläche der Querbewehrung
f Flansch; Gurt Asw Querschnittsfläche der Querkraft- und Torsionsbe-
g ständige Einwirkung wehrung
i ideell (Querschnitt); Laufvariable CEd Bemessungswert der Auflagerreaktion
k charakteristisch Ec Elastizitätsmodul für Normalbeton
l längs Ecm mittlerer E-Modul (Sekantenwert)
m Durchschnittswert, mittlerer Wert Ec0m mittlerer E-Modul (Tangentenwert im Ursprung
n netto (Querschnitt) der Spannungs-Dehnungs-Linie)
p Vorspannung; Spannstahl Ed Bemessungswert einer Beanspruchung
q veränderliche Einwirkung Elc Elastizitätsmodul für Leichtbeton
r Riss; Relaxation Elcm mittlerer E-Modul (Sekante)
s Betonstahl; Schwinden Elc0m mittlerer E-Modul (Tangentenwert im Ursprung
t Zug der Spannungs-Dehnungs-Linie)
u Grenzwert Ec;eff effektiver E-Modul
w Steg Ep Elastizitätsmodul von Spannstahl
y Fließ-, Streckgrenze Es Elastizitätsmodul von Betonstahl
cal Rechenwert Fcd Bemessungswert der Betondruckkraft
cr Rissbildung Fcwd Bemessungswert der Druckkraft in der Beton-
dir direkt druckstrebe
eff effektiv, wirksam Fpd Bemessungswert der Vorspannkraft
el nach Elastizitätstheorie Fsd Bemessungswert der Zugkraft des Betonstahls
fat Ermüdungswert IT Torsionsträgheitsmoment
freq häufige Einwirkungskombination Kp Quantilfaktor
ges Gesamtwert Mp;dir statisch bestimmter Momentenanteil infolge
ind indirekt Vorspannung
inf unterer Wert Mp;ind statisch unbestimmter Momentenanteil infolge
max maximaler Wert Vorspannung
min minimaler Wert MEd Bemessungswert eines einwirkenden Biegemo-
nom Nennwert ments
perm quasi-ständige Einwirkungs- MRd Bemessungswert des aufnehmbaren Biegemo-
kombination ments
pl plastisch ıM virtuelles Biegemoment
Bezeichnungen 585

NEd Bemessungswert einer einwirkenden Normalkraft fctkI0;05 charakteristischer Wert des 5%-Quantils der
NRd Bemessungswert der aufnehmbaren Normalkraft zentrischen Zugfestigkeit
P0 höchste Vorspannkraft am Spannanker während fctkI0;95 charakteristischer Wert des 95%-Quantils der
des Spannens zentrischen Zugfestigkeit
P .0/ Spannbettkraft fct;fl Biegezugfestigkeit
Pd Bemessungswert der Vorspannkraft fct;sp Spaltzugfestigkeit
Pk charakteristischer Wert der Vorspannkraft flck charakteristische Zylinderdruckfestigkeit von
Pm0 Mittelwert der Vorspannkraft unmittelbar nach Leichtbeton nach 28 Tagen
dem Spannen flck;cube charakteristische Würfeldruckfestigkeit von
Pmt Mittelwert der Vorspannkraft zum Zeitpunkt t Leichtbeton nach 28 Tagen
Rd Bemessungswert des Tragwiderstandes flcm Mittelwert der Zylinderdruckfestigkeit von
TEd Bemessungswert des einwirkenden Torsionsmo- Leichtbeton
ments flctm Mittelwert der zentrischen Zugfestigkeit von
TRd Bemessungswert des aufnehmbaren Torsionsmo- Leichtbeton
ments flctkI0;05 charakteristischer Wert des 5%-Quantils der
VEd Bemessungswert der einwirkenden Querkraft zentrischen Zugfestigkeit von Leichtbeton
VRd Bemessungswert der aufnehmbaren Querkraft flctkI0;95 charakteristischer Wert des 95%-Quantils der
VRd;c Bemessungswert des Betontraganteils bei zentrischen Zugfestigkeit von Leichtbeton
Bauteilen mit Querkraftbewehrung fp0;1k charakteristischer Wert der 0,1%-Dehngrenze des
VRd;ct Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit bei Spannstahls
Bauteilen ohne Querkraftbewehrung fp0;1R rechnerischer Mittelwert der 0,1%-Dehngrenze
VRd;max Bemessungswert der durch die Druckstrebenfes- des Spannstahls (nichtlineare Schnittgrößenermitt-
tigkeit begrenzten Querkrafttragfähigkeit lung)
fpk charakteristischer Wert der Zugfestigkeit des
VRd;sy Bemessungswert der durch die Tragfähigkeit der
Spannstahls
Querkraftbewehrung begrenzten aufnehmbaren
fpR rechnerischer Mittelwert der Zugfestigkeit des
Querkraft
Spannstahls (nichtlineare Schnittgrößenermitt-
Xi statisch Unbestimmte
lung)
ftk charakteristischer Wert der Zugfestigkeit des
Betonstahls
Kleine lateinische Buchstaben mit Indizes ftk;cal charakteristischer Wert der Zugfestigkeit des
Betonstahls für die Bemessung
al Versatzmaß ftR rechnerischer Mittelwert der Zugfestigkeit
beff mitwirkende Gurtbreite des Betonstahls (nichtlineare Schnittgrößener-
bf Gurtplattenbreite mittlung)
bw Stegbreite fyd Bemessungswert der Streckgrenze des Betonstahls
fyk charakteristischer Wert der Streckgrenze des
cmin Mindestbetondeckung
Betonstahls
cnom Nennmaß der Betondeckung
fyR rechnerischer Mittelwert der Streckgrenze des Be-
cv Verlegemaß der Bewehrung
tonstahls (nichtlineare Schnittgrößenermittlung)
c Vorhaltemaß der Betondeckung
hf Gurtplattendicke
dbr Biegerollendurchmesser
ka Höhenbeiwert der Betondruckspannungsresultie-
dg Größtkorndurchmesser der Gesteinskörnung renden
dp Nenndurchmesser der Litze, des Stabes oder des l0 wirksame Stützweite
Drahtes von Spanngliedern lb Grundmaß der Verankerungslänge für Betonstahl
ds Nenndurchmesser der Betonstahlbewehrung lb;net Verankerungslänge für Betonstahl
dsV Vergleichsdurchmesser bei Stabbündeln leff effektive Stützweite
f0;2k charakteristischer Wert der 0,2%-Dehngrenze des ln lichte Stützweite
Betonstahls ls Übergreifungslänge
fbd Bemessungswert der Verbundspannung lsl Nachlasslänge
fcd Bemessungswert der einachsialen Betondruckfes- lsl Keilschlupf
tigkeit lt Einleitungslänge
fck charakteristische Zylinderdruckfestigkeit des pf operative Versagenswahrscheinlichkeit
Betons nach 28 Tagen rsup oberer Beiwert zur Berücksichtigung der
fck;cube charakteristische Würfeldruckfestigkeit des Streuungen der Vorspannkraft
Betons nach 28 Tagen rinf unterer Beiwert zur Berücksichtigung der
fcm Mittelwert der Zylinderdruckfestigkeit des Betons Streuungen der Vorspannkraft
fcR rechnerischer Mittelwert der Zylinderdruckfestig- s0 Randabstand der Bewehrung
keit des Betons (nichtlineare Schnittgrößenermitt- sr Rissabstand
lung) sw Abstand der Querkraft- oder Torsionsbewehrung
fct zentrische Zugfestigkeit des Betons in Bauteillängsrichtung gemessen
fct;eff wirksame zentrische Zugfestigkeit des Betons s Setzungsdifferenz
fctm Mittelwert der zentrischen t0 Zeitpunkt des Belastungsbeginns
Zugfestigkeit teff Wanddicke des Ersatzhohlkastens
586 Bezeichnungen

uk Umfang der Kernfläche des Ersatzhohlkastens "cas Schrumpfdehnung des Betons


up Umlenkkraft infolge Vorspannung "cc Kriechdehnung des Betons
wk Rechenwert der Rissbreite "cds Trocknungsschwinddehnung des Betons
xd Rechenwert der Druckzonenhöhe auf Grundlage "cs Schwinddehnung des Betons
der Bemessungswerte von Einwirkung und "cu rechnerische Bruchdehnung des Betons
Widerstand "c spannungsinduzierte Dehnung des Betons
"lc Dehnung des Leichtbetons
"lcu rechnerische Bruchdehnung des Leichtbetons
"p Dehnung des Spannstahls
Griechische Buchstaben mit Indizes
".0/
p Vordehnung des Spannstahls (Spannbettdehnung)
"s Dehnung des Betonstahls
˛1 Beiwert für die Übergreifungslänge des Beton- "su rechnerische Bruchdehnung des Betonstahls
stahls "yd Bemessungswert der Dehnung des Betonstahls an
˛a Beiwert für die Wirksamkeit der Verankerung der der Streckgrenze
Bewehrung planmäßiger Umlenkwinkel der Spannglieder
p
˛c Abminderungsbeiwert für die Betondruckfestig- vorhandene plastische Rotation
E
keit infolge Querzugbeanspruchung Bemessungswert der zulässigen plastischen
pl;d
˛e Verhältnis der Elastizitätsmoduli von Stahl und Rotation
Beton (allgemein) Grenzwert der bezogenen Druckzonenhöhe
lim
˛i Verhältnis zwischen Tangentenmodul Ecm und l geometrischer Bewehrungsgrad der Längsbeweh-
Sekantenmodul Ec0m von Beton rung
˛p Verhältnis der Elastizitätsmoduli von Spannstahl w geometrischer Bewehrungsgrad der Querkraft-
und Beton und Torsionsbewehrung
˛s Verhältnis der Elastizitätsmoduli von Betonstahl 1 Hauptzugspannung
und Beton 2 Hauptdruckspannung
˛E Wichtungsfaktor der Streuungen der Einwirkungen c Spannung im Beton
˛R Wichtungsfaktor der Streuungen des Widerstan- cg Spannung im Beton infolge der quasi-ständigen
des; Völligkeitsbeiwert der Betondruckspannungs- Einwirkungskombination
verteilung cp0 Anfangswert der Spannung im Beton infolge
ˇr Rissneigungswinkel Vorspannung
ˇt Völligkeitsbeiwert der Stahlspannungsverteilung p Spannung im Spannstahl
c Teilsicherheitsbeiwert für Beton p0 maximale Spannung im Spannstahl während des
c0 zusätzlicher Teilsicherheitsbeiwert für Beton ab Spannens
C55/67 bzw. LC55/60 pm0 Spannung im Spannstahl unmittelbar nach dem
F Teilsicherheitsbeiwert für die Einwirkung F Spannen oder der Krafteinleitung in den Beton
G Teilsicherheitsbeiwert für eine ständige Einwir- p;cCsCr Spannstahlspannungsverlust infolge Schwinden
kung und Kriechen des Betons sowie Spannstahlrelaxa-
P Teilsicherheitsbeiwert für die Einwirkung infolge tion
Vorspannung pr Spannungsänderung im Spannstahl infolge
Q Teilsicherheitsbeiwert für eine veränderliche Relaxation
Einwirkung s Spannung im Betonstahl
R Teilsicherheitsbeiwert für den Systemwiderstand !1 mechanischer Bewehrungsgrad der Biegezugbe-
(nichtlineare Schnittgrößenermittlung) wehrung
s Teilsicherheitsbeiwert für Betonstahl und !tot Gesamtbewehrungsgrad (Interaktionsdiagramm)
Spannstahl !w mechanischer Bewehrungsgrad der Querkraftbe-
"c Dehnung des Betons wehrung
Anhang A
Bemessungshilfsmittel

Überblick

Rechteckquerschnitte
Allgemeine Bemessungsdiagramme Abb. A.1 ! Abb. A.7
!-Tafeln für Querschnitte ohne Druckbewehrung Tabelle A.1 ! Tabelle A.7
!-Tafeln für Querschnitte mit Druckbewehrung Tabelle A.8 ! Tabelle A.14
Interaktionsdiagramme d1 = h D 0; 10 Abb. A.8 ! Abb. A.14
Kreisquerschnitte
Interaktionsdiagramme d1 = h D 0; 10 Abb. A.15 ! Abb. A.21
Kreisringquerschnitte
Interaktionsdiagramme ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5 Abb. A.22 ! Abb. A.28
Plattenbalken
!-Tafeln für Querschnitte ohne Druckbewehrung Tabelle A.15 ! Tabelle A.20
Integraltafel Tabelle A.21

587
588

C12/15 – C50/60
e s1, e s 2 , e c1 in % M Eds
C12/15 - C50/60 μ Eds =
x, V b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1
2,5 b d2 ec2 As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
Fs2d σ sd
es2
As2 x=x.d Fcd
zs2
z=z.d μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
d h
zs1 MEds 0,01 0,0101 0,030 0,990 -0,77 25,00 456,5
As1 0,02 0,0203 0,044 0,985 -1,15 25,00 456,5
es1 =^
Fs1d NEd 0,03 0,0306 0,055 0,980 -1,46 25,00 456,5
d1
2,0 0,04 0,0410 0,066 0,976 -1,76 25,00 456,5
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,076 0,971 -2,06 25,00 456,5
0,06 0,0621 0,086 0,967 -2,37 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,07 0,0728 0,097 0,962 -2,68 25,00 456,5
A s1 = ç + N Ed ÷÷
e s1 [%] s sd çè z ø 0,08 0,0836 0,107 0,957 -3,01 25,00 456,5
0,09 0,0946 0,118 0,951 -3,35 25,00 456,5
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,10 0,1058 0,131 0,946 -3,50 23,29 454,9
1,5 0,11 0,1170 0,145 0,940 -3,50 20,71 452,4
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,12 0,1285 0,159 0,934 -3,50 18,55 450,4
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,13 0,1401 0,173 0,928 -3,50 16,73 448,6
0,14 0,1519 0,188 0,922 -3,50 15,16 447,1
1 æ M Eds,lim DM Eds ö
A s1 = ç + 0,15 0,1638 0,202 0,916 -3,50 13,80 445,9
ç z d - d
+ N Ed ÷÷
s sd è 2 ø 0,16 0,1759 0,217 0,910 -3,50 12,61 444,7
1 æ DM Eds ö 0,17 0,1882 0,233 0,903 -3,50 11,56 443,7
As 2 = ç ÷ 0,18 0,2007 0,248 0,897 -3,50 10,62 442,8
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø
0,19 0,2134 0,264 0,890 -3,50 9,78 442,0
0,20 0,2263 0,280 0,884 -3,50 9,02 441,3
z = z/d
0,21 0,2395 0,296 0,877 -3,50 8,33 440,6
0,22 0,2529 0,312 0,870 -3,50 7,71 440,1
0,23 0,2665 0,329 0,863 -3,50 7,13 439,5
0,617 0,24 0,2804 0,346 0,856 -3,50 6,61 439,0
0,25 0,2946 0,364 0,849 -3,50 6,12 438,5
0,5
0,26 0,3091 0,382 0,841 -3,50 5,67 438,1
0,45 x lim 0,27 0,3239 0,400 0,834 -3,50 5,25 437,7
x = x /d 0,35 0,28 0,3391 0,419 0,826 -3,50 4,86 437,3
e s 2 [%] 0,29 0,3546 0,438 0,818 -3,50 4,49 437,0
m Eds,lim 0,25
0,30 0,3706 0,458 0,810 -3,50 4,15 436,7
0,181 0,242 0,296 0,371 0,31 0,3869 0,478 0,801 -3,50 3,82 436,4
0,32 0,4038 0,499 0,793 -3,50 3,52 436,1
0,0 0,33 0,4211 0,520 0,784 -3,50 3,23 435,8
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,34 0,4391 0,542 0,774 -3,50 2,95 435,5
m Eds =
b × d 2 × f cd 0,35 0,4576 0,565 0,765 -3,50 2,69 435,3
d2/d = 0,15 0,36 0,4768 0,589 0,755 -3,50 2,44 435,0
0,10
0,05
0,37 0,4968 0,614 0,745 -3,50 2,20 434,8
e c 2 [%] 0,38 0,5177 0,640 0,734 -3,50 1,97 394,5
0,39 0,5396 0,667 0,723 -3,50 1,75 350,1
-0,5
0,40 0,5627 0,695 0,711 -3,50 1,54 307,1

Tabelle A.1 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


A Bemessungshilfsmittel

Abbildung A.1 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte


Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C12/15 – C50/60)
nach DIN 1045-1 (C12/15 bis C50/60)
C55/67
M Eds
e s1, e s 2 , e c1 in % C55/67 μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
x, V
1
2,5 As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
b d2 ec2 σ sd
Fs2d
es2
As2 x=x.d Fcd
zs2 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
z=z.d
d h
0,01 0,0101 0,030 0,990 -0,78 25,00 456,5
A Bemessungshilfsmittel

zs1 MEds
As1 0,02 0,0203 0,044 0,984 -1,15 25,00 456,5
^
es1 = 0,03 0,0306 0,056 0,980 -1,47 25,00 456,5
Fs1d NEd
2,0
d1 0,04 0,0410 0,066 0,976 -1,77 25,00 456,5
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,077 0,971 -2,07 25,00 456,5
0,06 0,0621 0,087 0,967 -2,38 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,07 0,0728 0,097 0,962 -2,69 25,00 456,5
A s1 = çç + N Ed ÷÷ 0,08 0,0836 0,108 0,956 -3,02 25,00 456,5
e s1 [%] s sd è z ø
0,09 0,0947 0,121 0,951 -3,10 22,50 454,1
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,10 0,1058 0,135 0,945 -3,10 19,80 451,6
1,5
0,11 0,1171 0,150 0,939 -3,10 17,59 449,5
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,12 0,1286 0,165 0,933 -3,10 15,75 447,7
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,13 0,1402 0,179 0,927 -3,10 14,18 446,2
0,14 0,1520 0,194 0,921 -3,10 12,84 444,9
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,15 0,1640 0,210 0,915 -3,10 11,68 443,8
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,16 0,1761 0,225 0,909 -3,10 10,66 442,9
0,17 0,1885 0,241 0,902 -3,10 9,76 442,0
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,18 0,2010 0,257 0,896 -3,10 8,96 441,2
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,19 0,2137 0,273 0,889 -3,10 8,24 440,6
0,20 0,2267 0,290 0,882 -3,10 7,59 439,9
z = z/d 0,21 0,2399 0,307 0,875 -3,10 7,00 439,4
0,22 0,2533 0,324 0,868 -3,10 6,47 438,9
0,23 0,2671 0,342 0,861 -3,10 5,98 438,4
0,24 0,2810 0,360 0,854 -3,10 5,52 438,0
0,588 0,25 0,2953 0,378 0,847 -3,10 5,11 437,6
0,5 0,26 0,3099 0,396 0,839 -3,10 4,72 437,2
0,45 x lim 0,27 0,3248 0,416 0,831 -3,10 4,36 436,9
x = x /d 0,35 0,28 0,3401 0,435 0,823 -3,10 4,03 436,5
e s 2 [%] 0,29 0,3557 0,455 0,815 -3,10 3,71 436,2
m Eds,lim 0,25
0,30 0,3718 0,476 0,807 -3,10 3,42 436,0
0,176 0,235 0,288 0,350 0,31 0,3884 0,497 0,798 -3,10 3,14 435,7
0,32 0,4054 0,519 0,789 -3,10 2,88 435,5
0,0 0,33 0,4229 0,541 0,780 -3,10 2,63 435,2
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,34 0,4411 0,564 0,771 -3,10 2,39 435,0
m Eds =
b × d 2 × f cd 0,35 0,4599 0,588 0,761 -3,10 2,17 434,0
d2/d =
0,15 0,36 0,4794 0,613 0,751 -3,10 1,96 391,0
0,10 0,37 0,4997 0,639 0,740 -3,10 1,75 349,8
e c 2 [%] 0,05 0,38 0,5210 0,667 0,729 -3,10 1,55 310,2
0,39 0,5434 0,695 0,718 -3,10 1,36 271,9
-0,5
0,40 0,5670 0,725 0,705 -3,10 1,17 234,8

Tabelle A.2 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


589

Abbildung A.2 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte


Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C55/67)
nach DIN 1045-1 (C55/67)
590

C60/75
M Eds
e s1, e s 2 , e c1 in % C60/75 μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
x, V
1
2,5 As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
b d2 ec2 σ sd
Fs2d
es2
As2 x=x.d Fcd
zs2 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
z=z.d
d h
0,01 0,0101 0,031 0,989 -0,80 25,00 456,5
zs1 MEds
As1 0,02 0,0203 0,045 0,984 -1,18 25,00 456,5
^
es1 = 0,03 0,0306 0,057 0,980 -1,51 25,00 456,5
Fs1d NEd
2,0
d1 0,04 0,0410 0,067 0,975 -1,81 25,00 456,5
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,078 0,971 -2,11 25,00 456,5
0,06 0,0621 0,088 0,966 -2,41 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,07 0,0728 0,099 0,961 -2,70 24,63 456,2
A s1 = çç + N Ed ÷÷ 0,08 0,0837 0,114 0,956 -2,70 21,07 452,8
e s1 [%] s sd è z ø
0,09 0,0948 0,129 0,950 -2,70 18,30 450,1
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,10 0,1060 0,144 0,944 -2,70 16,08 448,0
1,5
0,11 0,1173 0,159 0,938 -2,70 14,26 446,3
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,12 0,1288 0,175 0,932 -2,70 12,75 444,9
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,13 0,1405 0,191 0,925 -2,70 11,46 443,6
0,14 0,1523 0,207 0,919 -2,70 10,36 442,6
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,15 0,1643 0,223 0,913 -2,70 9,41 441,7
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,16 0,1766 0,240 0,906 -2,70 8,57 440,9
0,17 0,1890 0,256 0,900 -2,70 7,83 440,2
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,18 0,2016 0,274 0,893 -2,70 7,17 439,5
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,19 0,2144 0,291 0,886 -2,70 6,58 439,0
0,20 0,2275 0,309 0,879 -2,70 6,05 438,5
z = z/d 0,21 0,2408 0,327 0,872 -2,70 5,56 438,0
0,22 0,2544 0,345 0,865 -2,70 5,12 437,6
0,23 0,2682 0,364 0,858 -2,70 4,72 437,2
0,24 0,2823 0,383 0,850 -2,70 4,35 436,9
0,554 0,25 0,2968 0,403 0,842 -2,70 4,00 436,5
0,5 0,26 0,3115 0,423 0,835 -2,70 3,69 436,2
0,45 x lim 0,27 0,3267 0,443 0,827 -2,70 3,39 435,9
x = x /d 0,35 0,28 0,3422 0,464 0,818 -2,70 3,12 435,7
e s 2 [%] 0,29 0,3581 0,486 0,810 -2,70 2,86 435,4
m Eds,lim 0,25
0,30 0,3745 0,508 0,801 -2,70 2,61 435,2
0,168 0,223 0,273 0,32 0,31 0,3913 0,531 0,792 -2,70 2,38 435,0
0,32 0,4087 0,555 0,783 -2,70 2,17 433,6
0,0 0,33 0,4267 0,579 0,773 -2,70 1,96 392,6
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,34 0,4453 0,604 0,764 -2,70 1,77 353,6
m Eds =
b × d 2 × f cd 0,35 0,4647 0,631 0,753 -2,70 1,58 316,4
d2/d =
0,15 0,36 0,4848 0,658 0,743 -2,70 1,40 280,8
0,10 0,37 0,5059 0,687 0,731 -2,70 1,23 246,5
e c 2 [%] 0,05 0,38 0,5281 0,717 0,720 -2,70 1,07 213,5
0,39 0,5516 0,749 0,707 -2,70 0,91 181,5
-0,5
0,40 0,5765 0,782 0,694 -2,70 0,75 150,3

Tabelle A.3 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


A Bemessungshilfsmittel

Abbildung A.3 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte


Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C60/75)
nach DIN 1045-1 (C60/75)
C70/85
M Eds
e s1, e s 2 , e c1 in % C70/85 μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
x, V
1
2,5 As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
b d2 ec2 σ sd
Fs2d
es2
As2 x=x.d Fcd
zs2 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
z=z.d
d h
0,01 0,0101 0,032 0,989 -0,83 25,00 456,5
A Bemessungshilfsmittel

zs1 MEds
As1 0,02 0,0203 0,046 0,984 -1,22 25,00 456,5
^
es1 = 0,03 0,0306 0,058 0,979 -1,55 25,00 456,5
Fs1d NEd
2,0
d1 0,04 0,0410 0,069 0,975 -1,85 25,00 456,5
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,079 0,971 -2,15 25,00 456,5
0,06 0,0621 0,089 0,966 -2,46 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,07 0,0729 0,104 0,960 -2,50 21,51 453,2
A s1 = çç + N Ed ÷÷ 0,08 0,0838 0,120 0,954 -2,50 18,38 450,2
e s1 [%] s sd è z ø
0,09 0,0949 0,136 0,948 -2,50 15,94 447,9
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,10 0,1061 0,152 0,942 -2,50 13,99 446,0
1,5
0,11 0,1175 0,168 0,936 -2,50 12,39 444,5
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,12 0,1291 0,184 0,930 -2,50 11,06 443,2
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,13 0,1408 0,201 0,924 -2,50 9,93 442,2
0,14 0,1527 0,218 0,917 -2,50 8,96 441,2
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,15 0,1648 0,235 0,911 -2,50 8,12 440,4
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,16 0,1770 0,253 0,904 -2,50 7,39 439,7
0,17 0,1895 0,271 0,897 -2,50 6,73 439,1
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,18 0,2022 0,289 0,890 -2,50 6,15 438,6
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,19 0,2152 0,307 0,883 -2,50 5,63 438,1
0,20 0,2283 0,326 0,876 -2,50 5,16 437,6
z = z/d
0,21 0,2418 0,345 0,869 -2,50 4,74 437,2
0,22 0,2555 0,365 0,861 -2,50 4,35 436,9
0,23 0,2695 0,385 0,854 -2,50 3,99 436,5
0,24 0,2838 0,405 0,846 -2,50 3,67 436,2
0,25 0,2984 0,426 0,838 -2,50 3,37 435,9
0,535
0,5 0,26 0,3134 0,448 0,830 -2,50 3,08 435,6
0,45 x lim 0,27 0,3287 0,470 0,821 -2,50 2,82 435,4
x = x /d 0,35 0,28 0,3445 0,492 0,813 -2,50 2,58 435,2
e s 2 [%] 0,29 0,3607 0,515 0,804 -2,50 2,35 435,0
m Eds,lim 0,25
0,30 0,3774 0,539 0,795 -2,50 2,14 427,4
0,158 0,212 0,261 0,298 0,31 0,3947 0,564 0,786 -2,50 1,93 386,9
0,32 0,4125 0,589 0,776 -2,50 1,74 348,6
0,0 0,33 0,4309 0,616 0,766 -2,50 1,56 312,2
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,34 0,4501 0,643 0,755 -2,50 1,39 277,6
m Eds =
b × d 2 × f cd 0,35 0,4701 0,672 0,745 -2,50 1,22 244,5
d2/d =
0,15 0,36 0,4911 0,702 0,733 -2,50 1,06 212,7
0,10 0,37 0,5131 0,733 0,721 -2,50 0,91 182,2
e c 2 [%] 0,05 0,38 0,5364 0,766 0,709 -2,50 0,76 152,6
0,39 0,5611 0,802 0,695 -2,50 0,62 123,7
-0,5
0,40 0,5878 0,840 0,681 -2,50 0,48 95,5

Tabelle A.4 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


591

Abbildung A.4 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte


Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C70/85)
nach DIN 1045-1 (C70/85)
e s1, e s 2 , e c1 in % C80/95
592

x, V

2,5 b d2 ec2
Fs2d
C80/95
es2
As2 x=x.d Fcd M Eds
zs2 μ Eds =
z=z.d b ⋅ d 2 ⋅ f cd
d h
zs1 MEds 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
As1 σ sd
es1 =^
Fs1d NEd
d1
2,0 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim )
0,01 0,0101 0,033 0,989 -0,85 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,02 0,0203 0,048 0,983 -1,25 25,00 456,5
A s1 = ç + N Ed ÷÷ 0,03 0,0307 0,060 0,979 -1,59 25,00 456,5
e s1 [%] s sd çè z ø
0,04 0,0410 0,070 0,975 -1,89 25,00 456,5
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,081 0,971 -2,19 25,00 456,5
1,5
0,06 0,0622 0,093 0,966 -2,40 23,47 455,1
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,07 0,0730 0,109 0,959 -2,40 19,63 451,4
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,08 0,0839 0,125 0,953 -2,40 16,76 448,7
0,09 0,0950 0,142 0,947 -2,40 14,52 446,5
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,10 0,1063 0,159 0,941 -2,40 12,72 444,8
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,11 0,1177 0,176 0,935 -2,40 11,26 443,4
0,12 0,1293 0,193 0,928 -2,40 10,03 442,3
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,13 0,1411 0,211 0,922 -2,40 9,00 441,3
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,14 0,1530 0,229 0,915 -2,40 8,11 440,4
0,15 0,1652 0,247 0,908 -2,40 7,33 439,7
z = z/d
0,16 0,1775 0,265 0,901 -2,40 6,66 439,1
0,17 0,1901 0,284 0,894 -2,40 6,06 438,5
0,18 0,2029 0,303 0,887 -2,40 5,52 438,0
0,19 0,2159 0,322 0,880 -2,40 5,05 437,5
0,20 0,2292 0,342 0,873 -2,40 4,61 437,1
0,525
0,5 0,21 0,2428 0,363 0,865 -2,40 4,22 436,7
0,45 x lim 0,22 0,2566 0,383 0,857 -2,40 3,86 436,4
x = x /d 0,35 0,23 0,2708 0,404 0,850 -2,40 3,54 436,1
e s 2 [%] 0,24 0,2852 0,426 0,842 -2,40 3,24 435,8
m Eds,lim 0,25
0,25 0,3000 0,448 0,833 -2,40 2,96 435,5
0,152 0,204 0,251 0,283 0,26 0,3152 0,471 0,825 -2,40 2,70 435,3
0,27 0,3308 0,494 0,816 -2,40 2,46 435,1
0,0 0,28 0,3469 0,518 0,807 -2,40 2,23 434,8
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,29 0,3634 0,543 0,798 -2,40 2,02 404,6
m Eds = 0,30 0,3805 0,568 0,789 -2,40 1,83 365,0
d2/d = b × d 2 × f cd
0,15 0,31 0,3981 0,594 0,779 -2,40 1,64 327,6
0,10 0,32 0,4164 0,622 0,769 -2,40 1,46 292,1
e c 2 [%] 0,05
0,33 0,4354 0,650 0,758 -2,40 1,29 258,4
0,34 0,4552 0,680 0,747 -2,40 1,13 226,3
-0,5
0,35 0,4759 0,711 0,736 -2,40 0,98 195,6

Tabelle A.5 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


Abbildung A.5 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C80/95)
nach DIN 1045-1 (C80/95)
A Bemessungshilfsmittel
e s1, e s 2 , e c1 in % C90/105
x, V

2,5 b d2 ec2
Fs2d
C90/105
es2
As2 x=x.d Fcd M Eds
zs2 μ Eds =
z=z.d b ⋅ d 2 ⋅ f cd
d h
zs1 MEds 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
As1 σ sd
es1 =^
Fs1d
A Bemessungshilfsmittel

NEd
d1
2,0 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim )
0,01 0,0101 0,034 0,988 -0,88 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,02 0,0203 0,049 0,983 -1,29 25,00 456,5
A s1 = ç + N Ed ÷÷ 0,03 0,0307 0,061 0,979 -1,63 25,00 456,5
e s1 [%] s sd çè z ø
0,04 0,0411 0,072 0,974 -1,94 25,00 456,5
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,05 0,0515 0,082 0,970 -2,24 25,00 456,5
1,5
0,06 0,0622 0,098 0,964 -2,30 21,25 453,0
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,07 0,0731 0,115 0,958 -2,30 17,76 449,6
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,08 0,0840 0,132 0,952 -2,30 15,14 447,1
0,09 0,0952 0,149 0,946 -2,30 13,10 445,2
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,10 0,1065 0,167 0,939 -2,30 11,46 443,6
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,11 0,1180 0,185 0,933 -2,30 10,12 442,4
0,12 0,1296 0,203 0,926 -2,30 9,01 441,3
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,13 0,1415 0,222 0,919 -2,30 8,06 440,4
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,14 0,1535 0,241 0,912 -2,30 7,25 439,6
0,15 0,1657 0,260 0,905 -2,30 6,54 438,9
0,16 0,1782 0,280 0,898 -2,30 5,93 438,4
z = z/d
0,17 0,1908 0,300 0,891 -2,30 5,38 437,8
0,18 0,2038 0,320 0,883 -2,30 4,89 437,4
0,19 0,2169 0,341 0,876 -2,30 4,46 437,0
0,20 0,2304 0,362 0,868 -2,30 4,06 436,6
0,5 0,514 0,21 0,2441 0,383 0,860 -2,30 3,70 436,2
0,45 x lim 0,22 0,2581 0,405 0,852 -2,30 3,38 435,9
x = x /d 0,35 0,23 0,2725 0,428 0,844 -2,30 3,08 435,6
e s 2 [%] 0,24 0,2872 0,451 0,836 -2,30 2,80 435,4
m Eds,lim 0,25
0,25 0,3023 0,474 0,827 -2,30 2,55 435,1
0,152 0,204 0,251 0,283 0,26 0,3178 0,499 0,818 -2,30 2,31 434,9
0,27 0,3337 0,524 0,809 -2,30 2,09 418,2
0,0 0,28 0,3501 0,550 0,800 -2,30 1,89 377,0
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,29 0,3671 0,576 0,790 -2,30 1,69 338,4
d2/d =
m Eds = 0,30 0,3846 0,604 0,780 -2,30 1,51 302,0
0,15
b × d 2 × f cd
0,31 0,4028 0,632 0,770 -2,30 1,34 267,5
0,10
e c 2 [%] 0,05 0,32 0,4218 0,662 0,759 -2,30 1,17 234,9
0,33 0,4415 0,693 0,747 -2,30 1,02 203,8
0,34 0,4622 0,726 0,736 -2,30 0,87 174,0
-0,5
0,35 0,4840 0,760 0,723 -2,30 0,73 145,5

Tabelle A.6 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


Abbildung A.6 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C90/105)
nach DIN 1045-1 (C90/105)
593
e s1, e s 2 , e c1 in % C100/115
594

x, V

2,5 b d2 ec2
Fs2d
C100/115
es2
As2 x=x.d Fcd M Eds
zs2 μ Eds =
z=z.d b ⋅ d 2 ⋅ f cd
d h
zs1 MEds 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
As1 σ sd
es1 =^
Fs1d NEd
d1
2,0 μEds ω1 ξ = x/d ζ = z/d εc2 [‰] εs1 [‰] σsd [MN/m2]
ohne Druckbewehrung ( m Eds £ m Eds,lim )
0,01 0,0101 0,035 0,988 -0,90 25,00 456,5
1 æ M Eds ö 0,02 0,0204 0,050 0,983 -1,31 25,00 456,5
A s1 = ç + N Ed ÷÷ 0,03 0,0307 0,062 0,978 -1,66 25,00 456,5
e s1 [%] s sd çè z ø
0,04 0,0411 0,073 0,974 -1,97 25,00 456,5
mit Druckbewehrung ( m Eds > m Eds,lim ) 0,05 0,0516 0,085 0,970 -2,20 23,73 455,3
1,5
0,06 0,0623 0,103 0,963 -2,20 19,27 451,1
M Eds,lim = m Eds,lim × b × d 2 × f cd 0,07 0,0732 0,120 0,957 -2,20 16,08 448,0
DM Eds = M Eds - M Eds,lim 0,08 0,0842 0,139 0,950 -2,20 13,68 445,7
0,09 0,0954 0,157 0,944 -2,20 11,82 444,0
1 æ M Eds,lim DM Eds ö 0,10 0,1067 0,176 0,937 -2,20 10,33 442,5
A s1 = ç +
ç z d - d2
+ N Ed ÷÷
s sd è ø 0,11 0,1183 0,195 0,930 -2,20 9,11 441,4
0,12 0,1300 0,214 0,923 -2,20 8,09 440,4
1 æ DM Eds ö
As 2 = ç ÷ 0,13 0,1419 0,233 0,916 -2,20 7,22 439,6
1,0 s sd çè d - d 2 ÷ø 0,14 0,1540 0,253 0,909 -2,20 6,48 438,9
0,15 0,1664 0,274 0,902 -2,20 5,84 438,3
0,16 0,1789 0,294 0,894 -2,20 5,27 437,7
z = z/d
0,17 0,1917 0,315 0,887 -2,20 4,78 437,3
0,18 0,2048 0,337 0,879 -2,20 4,33 436,8
0,19 0,2181 0,359 0,871 -2,20 3,93 436,5
0,20 0,2317 0,381 0,863 -2,20 3,57 436,1
0,5 0,503 0,21 0,2457 0,404 0,855 -2,20 3,24 435,8
0,45 x lim 0,22 0,2599 0,428 0,846 -2,20 2,95 435,5
x = x /d 0,35 0,23 0,2745 0,452 0,838 -2,20 2,67 435,3
e s 2 [%] 0,24 0,2895 0,476 0,829 -2,20 2,42 435,0
m Eds,lim 0,25
0,25 0,3050 0,502 0,820 -2,20 2,19 434,8
0,138 0,186 0,23 0,251 0,26 0,3208 0,528 0,810 -2,20 1,97 393,7
0,27 0,3372 0,555 0,801 -2,20 1,77 353,2
0,0 0,28 0,3541 0,583 0,791 -2,20 1,58 315,3
0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 M Eds 0,29 0,3716 0,611 0,780 -2,20 1,40 279,8
d2/d = m Eds = 0,30 0,3898 0,641 0,770 -2,20 1,23 246,2
0,15
b × d 2 × f cd
0,31 0,4087 0,672 0,759 -2,20 1,07 214,4
0,10
e c 2 [%] 0,05 0,32 0,4285 0,705 0,747 -2,20 0,92 184,2
0,33 0,4493 0,739 0,735 -2,20 0,78 155,3
0,34 0,4712 0,775 0,722 -2,20 0,64 127,6
-0,5
0,35 0,4945 0,814 0,708 -2,20 0,50 100,9

Tabelle A.7 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den


Abbildung A.7 Allgemeines Bemessungsdiagramm für Rechteckquerschnitte
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C100/105)
nach DIN 1045-1 (C100/115)
A Bemessungshilfsmittel
Tabelle A.8 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den Tabelle A.9 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den
Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1 Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1
(C12/15 – C50/60; lim D 0; 45; BSt 500; s D 1; 15) (C55/67; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15)

C12/15 - C50/60 - [ = 0,450 - Vs1d = 436,8 N/mm² C55/67 - [ = 0,350 - Vs1d = 438,2 N/mm²
M Eds M Eds
μ Eds = μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
A Bemessungshilfsmittel

σ sd σ sd
f f
As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd
σ s 2d σ s 2d
d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20
μEds σs2d = -435,7 N/mm² σs2d = -435,7 N/mm² σs2d = -434,9 N/mm² σs2d = -388,9 N/mm² μEds σs2d = -435,2 N/mm² σs2d = -434,8 N/mm² σs2d = -354,3 N/mm² σs2d = -265,7 N/mm²
ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,30 0,368 0,004 0,369 0,004 0,369 0,005 0,369 0,005 0,24 0,279 0,006 0,279 0,006 0,280 0,006 0,280 0,007
0,31 0,379 0,015 0,380 0,015 0,381 0,016 0,382 0,017 0,25 0,290 0,016 0,291 0,017 0,292 0,018 0,293 0,019
0,32 0,389 0,025 0,391 0,027 0,392 0,028 0,394 0,030 0,26 0,300 0,027 0,302 0,028 0,303 0,030 0,305 0,032
0,33 0,400 0,036 0,402 0,038 0,404 0,040 0,407 0,042 0,27 0,311 0,037 0,313 0,039 0,315 0,042 0,318 0,044
0,34 0,411 0,046 0,413 0,049 0,416 0,052 0,419 0,055 0,28 0,321 0,048 0,324 0,050 0,327 0,053 0,330 0,057
0,35 0,421 0,057 0,424 0,060 0,428 0,063 0,432 0,067 0,29 0,332 0,058 0,335 0,061 0,339 0,065 0,343 0,069
0,36 0,432 0,067 0,435 0,071 0,439 0,075 0,444 0,080 0,30 0,342 0,069 0,346 0,073 0,350 0,077 0,355 0,082
0,37 0,442 0,078 0,446 0,082 0,451 0,087 0,457 0,092 0,31 0,353 0,079 0,357 0,084 0,362 0,089 0,368 0,094
0,38 0,453 0,088 0,458 0,093 0,463 0,099 0,469 0,105 0,32 0,363 0,090 0,368 0,095 0,374 0,100 0,380 0,107
0,39 0,463 0,099 0,469 0,104 0,475 0,110 0,482 0,117 0,33 0,374 0,100 0,379 0,106 0,386 0,112 0,393 0,119
0,40 0,474 0,109 0,480 0,115 0,487 0,122 0,494 0,130 0,34 0,384 0,111 0,391 0,117 0,397 0,124 0,405 0,132
0,41 0,484 0,120 0,491 0,127 0,498 0,134 0,507 0,142 0,35 0,395 0,121 0,402 0,128 0,409 0,136 0,418 0,144
0,42 0,495 0,130 0,502 0,138 0,510 0,146 0,519 0,155 0,36 0,405 0,132 0,413 0,139 0,421 0,147 0,430 0,157
0,43 0,505 0,141 0,513 0,149 0,522 0,158 0,532 0,167 0,37 0,416 0,142 0,424 0,150 0,433 0,159 0,443 0,169
0,44 0,516 0,151 0,524 0,160 0,534 0,169 0,544 0,180 0,38 0,427 0,153 0,435 0,161 0,445 0,171 0,455 0,182
0,45 0,526 0,162 0,535 0,171 0,545 0,181 0,557 0,192 0,39 0,437 0,163 0,446 0,173 0,456 0,183 0,468 0,194
0,46 0,537 0,173 0,546 0,182 0,557 0,193 0,569 0,205 0,40 0,448 0,174 0,457 0,184 0,468 0,194 0,480 0,207
0,47 0,547 0,183 0,558 0,193 0,569 0,205 0,582 0,217 0,41 0,458 0,185 0,468 0,195 0,480 0,206 0,493 0,219
0,48 0,558 0,194 0,569 0,204 0,581 0,216 0,594 0,230 0,42 0,469 0,195 0,479 0,206 0,492 0,218 0,505 0,232
0,49 0,568 0,204 0,580 0,215 0,592 0,228 0,607 0,242 0,43 0,479 0,206 0,491 0,217 0,503 0,230 0,518 0,244
0,50 0,579 0,215 0,591 0,227 0,604 0,240 0,619 0,255 0,44 0,490 0,216 0,502 0,228 0,515 0,242 0,530 0,257
0,51 0,589 0,225 0,602 0,238 0,616 0,252 0,632 0,267 0,45 0,500 0,227 0,513 0,239 0,527 0,253 0,543 0,269
0,52 0,600 0,236 0,613 0,249 0,628 0,263 0,644 0,280 0,46 0,511 0,237 0,524 0,250 0,539 0,265 0,555 0,282
0,53 0,611 0,246 0,624 0,260 0,639 0,275 0,657 0,292 0,47 0,521 0,248 0,535 0,261 0,550 0,277 0,568 0,294
0,54 0,621 0,257 0,635 0,271 0,651 0,287 0,669 0,305 0,48 0,532 0,258 0,546 0,273 0,562 0,289 0,580 0,307
0,55 0,632 0,267 0,646 0,282 0,663 0,299 0,682 0,317 0,49 0,542 0,269 0,557 0,284 0,574 0,300 0,593 0,319
0,50 0,553 0,279 0,568 0,295 0,586 0,312 0,605 0,332
0,51 0,563 0,290 0,579 0,306 0,597 0,324 0,618 0,344
0,52 0,574 0,300 0,591 0,317 0,609 0,336 0,630 0,357
0,53 0,584 0,311 0,602 0,328 0,621 0,347 0,643 0,369
0,54 0,595 0,321 0,613 0,339 0,633 0,359 0,655 0,382
0,55 0,605 0,332 0,624 0,350 0,645 0,371 0,668 0,394
595
Tabelle A.10 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den Tabelle A.11 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den
596

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1 Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1
(C60/75; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15) (C70/85; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15)

C60/75 - [ = 0,350 - Vs1d = 437,5 N/mm² C70/85 - [ = 0,350 - Vs1d = 437,1 N/mm²
M Eds M Eds
μ Eds = μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
σ sd σ sd
f f
As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ cd
σ s 2d σ s 2d
d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20
μEds σs2d = -434,9 N/mm² σs2d = -385,7 N/mm² σs2d = -308,6 N/mm² σs2d = -231,4 N/mm² μEds σs2d = -428,6 N/mm² σs2d = -357,1 N/mm² σs2d = -285,7 N/mm² σs2d = -214,3 N/mm²
ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,23 0,266 0,008 0,266 0,008 0,267 0,009 0,267 0,009 0,22 0,253 0,008 0,253 0,008 0,254 0,009 0,255 0,010
0,24 0,276 0,018 0,277 0,019 0,278 0,020 0,280 0,022 0,23 0,264 0,019 0,265 0,020 0,266 0,021 0,267 0,022
0,25 0,287 0,029 0,288 0,030 0,290 0,032 0,292 0,034 0,24 0,274 0,029 0,276 0,031 0,278 0,033 0,280 0,035
0,26 0,297 0,039 0,299 0,042 0,302 0,044 0,305 0,047 0,25 0,285 0,040 0,287 0,042 0,289 0,044 0,292 0,047
0,27 0,308 0,050 0,311 0,053 0,314 0,056 0,317 0,059 0,26 0,295 0,050 0,298 0,053 0,301 0,056 0,305 0,060
0,28 0,318 0,060 0,322 0,064 0,325 0,068 0,330 0,072 0,27 0,306 0,061 0,309 0,064 0,313 0,068 0,317 0,072
0,29 0,329 0,071 0,333 0,075 0,337 0,079 0,342 0,084 0,28 0,316 0,071 0,320 0,075 0,325 0,080 0,330 0,085
0,30 0,339 0,081 0,344 0,086 0,349 0,091 0,355 0,097 0,29 0,327 0,082 0,331 0,086 0,336 0,091 0,342 0,097
0,31 0,350 0,092 0,355 0,097 0,361 0,103 0,367 0,109 0,30 0,337 0,092 0,342 0,097 0,348 0,103 0,355 0,110
0,32 0,360 0,103 0,366 0,108 0,373 0,115 0,380 0,122 0,31 0,348 0,103 0,353 0,108 0,360 0,115 0,367 0,122
0,33 0,371 0,113 0,377 0,119 0,384 0,126 0,392 0,134 0,32 0,358 0,113 0,365 0,120 0,372 0,127 0,380 0,135
0,34 0,382 0,124 0,388 0,130 0,396 0,138 0,405 0,147 0,33 0,369 0,124 0,376 0,131 0,383 0,138 0,392 0,147
0,35 0,392 0,134 0,399 0,142 0,408 0,150 0,417 0,159 0,34 0,379 0,134 0,387 0,142 0,395 0,150 0,405 0,160
0,36 0,403 0,145 0,411 0,153 0,420 0,162 0,430 0,172 0,35 0,390 0,145 0,398 0,153 0,407 0,162 0,417 0,172
0,37 0,413 0,155 0,422 0,164 0,431 0,173 0,442 0,184 0,36 0,400 0,155 0,409 0,164 0,419 0,174 0,430 0,185
0,38 0,424 0,166 0,433 0,175 0,443 0,185 0,455 0,197 0,37 0,411 0,166 0,420 0,175 0,430 0,185 0,442 0,197
0,39 0,434 0,176 0,444 0,186 0,455 0,197 0,467 0,209 0,38 0,421 0,176 0,431 0,186 0,442 0,197 0,455 0,210
0,40 0,445 0,187 0,455 0,197 0,467 0,209 0,480 0,222 0,39 0,432 0,187 0,442 0,197 0,454 0,209 0,467 0,222
0,41 0,455 0,197 0,466 0,208 0,478 0,220 0,492 0,234 0,40 0,443 0,198 0,453 0,208 0,466 0,221 0,480 0,235
0,42 0,466 0,208 0,477 0,219 0,490 0,232 0,505 0,247 0,41 0,453 0,208 0,465 0,220 0,478 0,233 0,492 0,247
0,43 0,476 0,218 0,488 0,230 0,502 0,244 0,517 0,259 0,42 0,464 0,219 0,476 0,231 0,489 0,244 0,505 0,260
0,44 0,487 0,229 0,499 0,242 0,514 0,256 0,530 0,272 0,43 0,474 0,229 0,487 0,242 0,501 0,256 0,517 0,272
0,45 0,497 0,239 0,511 0,253 0,525 0,268 0,542 0,284 0,44 0,485 0,240 0,498 0,253 0,513 0,268 0,530 0,285
0,46 0,508 0,250 0,522 0,264 0,537 0,279 0,555 0,297 0,45 0,495 0,250 0,509 0,264 0,525 0,280 0,542 0,297
0,47 0,518 0,260 0,533 0,275 0,549 0,291 0,567 0,309 0,46 0,506 0,261 0,520 0,275 0,536 0,291 0,555 0,310
0,48 0,529 0,271 0,544 0,286 0,561 0,303 0,580 0,322 0,47 0,516 0,271 0,531 0,286 0,548 0,303 0,567 0,322
0,49 0,539 0,281 0,555 0,297 0,573 0,315 0,592 0,334 0,48 0,527 0,282 0,542 0,297 0,560 0,315 0,580 0,335
0,50 0,550 0,292 0,566 0,308 0,584 0,326 0,605 0,347 0,49 0,537 0,292 0,553 0,308 0,572 0,327 0,592 0,347
0,51 0,560 0,303 0,577 0,319 0,596 0,338 0,617 0,359 0,50 0,548 0,303 0,565 0,320 0,583 0,338 0,605 0,360
0,52 0,571 0,313 0,588 0,330 0,608 0,350 0,630 0,372 0,51 0,558 0,313 0,576 0,331 0,595 0,350 0,617 0,372
0,53 0,582 0,324 0,599 0,342 0,620 0,362 0,642 0,384 0,52 0,569 0,324 0,587 0,342 0,607 0,362 0,630 0,385
0,54 0,592 0,334 0,611 0,353 0,631 0,373 0,655 0,397 0,53 0,579 0,334 0,598 0,353 0,619 0,374 0,642 0,397
0,55 0,603 0,345 0,622 0,364 0,643 0,385 0,667 0,409 0,54 0,590 0,345 0,609 0,364 0,630 0,385 0,655 0,410
0,55 0,600 0,355 0,620 0,375 0,642 0,397 0,667 0,422
A Bemessungshilfsmittel
Tabelle A.12 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den Tabelle A.13 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den
Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1 Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1
(C80/95; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15) (C90/105; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15)

C80/95 - [ = 0,350 - Vs1d = 437,0 N/mm² C90/105 - [ = 0,350 - Vs1d = 436,8 N/mm²
M Eds M Eds
μ Eds = μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1 1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
A Bemessungshilfsmittel

σ sd σ sd
f cd f cd
As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅ As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅
σ s 2d σ s 2d

d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20 d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20
μEds σs2d = -411,4 N/mm² σs2d = -342,9 N/mm² σs2d = -274,3 N/mm² σs2d = -205,7 N/mm² μEds σs2d = -394,3 N/mm² σs2d = -328,6 N/mm² σs2d = -262,9 N/mm² σs2d = -197,1 N/mm²
ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2

0,21 0,241 0,006 0,241 0,007 0,242 0,007 0,242 0,008 0,20 0,229 0,006 0,229 0,006 0,229 0,006 0,230 0,007
0,22 0,251 0,017 0,252 0,018 0,253 0,019 0,255 0,020 0,21 0,239 0,016 0,240 0,017 0,241 0,018 0,242 0,019
0,23 0,262 0,028 0,263 0,029 0,265 0,031 0,267 0,033 0,22 0,250 0,027 0,251 0,028 0,253 0,030 0,255 0,032
0,24 0,272 0,038 0,275 0,040 0,277 0,043 0,280 0,045 0,23 0,260 0,037 0,262 0,039 0,265 0,042 0,267 0,044
0,25 0,283 0,049 0,286 0,051 0,289 0,054 0,292 0,058 0,24 0,271 0,048 0,274 0,051 0,276 0,053 0,280 0,057
0,25 0,281 0,058 0,285 0,062 0,288 0,065 0,292 0,069
0,26 0,294 0,059 0,297 0,062 0,300 0,066 0,305 0,070
0,27 0,304 0,070 0,308 0,073 0,312 0,078 0,317 0,083 0,26 0,292 0,069 0,296 0,073 0,300 0,077 0,305 0,082
0,28 0,315 0,080 0,319 0,085 0,324 0,090 0,330 0,095 0,27 0,302 0,079 0,307 0,084 0,312 0,089 0,317 0,094
0,29 0,325 0,091 0,330 0,096 0,336 0,101 0,342 0,108 0,28 0,313 0,090 0,318 0,095 0,324 0,101 0,330 0,107
0,30 0,336 0,101 0,341 0,107 0,348 0,113 0,355 0,120 0,29 0,323 0,100 0,329 0,106 0,335 0,112 0,342 0,119
0,30 0,334 0,111 0,340 0,117 0,347 0,124 0,355 0,132
0,31 0,346 0,112 0,352 0,118 0,359 0,125 0,367 0,133
0,32 0,357 0,122 0,363 0,129 0,371 0,137 0,380 0,145 0,31 0,345 0,122 0,351 0,128 0,359 0,136 0,367 0,144
0,33 0,367 0,133 0,375 0,140 0,383 0,148 0,392 0,158 0,32 0,355 0,132 0,362 0,139 0,371 0,148 0,380 0,157
0,34 0,378 0,143 0,386 0,151 0,395 0,160 0,405 0,170 0,33 0,366 0,143 0,374 0,151 0,382 0,159 0,392 0,169
0,35 0,388 0,154 0,397 0,162 0,406 0,172 0,417 0,183 0,34 0,376 0,153 0,385 0,162 0,394 0,171 0,405 0,182
0,35 0,387 0,164 0,396 0,173 0,406 0,183 0,417 0,194
0,36 0,399 0,164 0,408 0,173 0,418 0,184 0,430 0,195
0,37 0,409 0,175 0,419 0,185 0,430 0,195 0,442 0,208 0,36 0,397 0,174 0,407 0,184 0,418 0,195 0,430 0,207
0,37 0,408 0,185 0,418 0,195 0,429 0,206 0,442 0,219
0,38 0,420 0,185 0,430 0,196 0,442 0,207 0,455 0,220
0,38 0,418 0,195 0,429 0,206 0,441 0,218 0,455 0,232
0,39 0,430 0,196 0,441 0,207 0,453 0,219 0,467 0,233
0,39 0,429 0,206 0,440 0,217 0,453 0,230 0,467 0,244
0,40 0,441 0,206 0,452 0,218 0,465 0,231 0,480 0,245
0,40 0,439 0,216 0,451 0,228 0,465 0,242 0,480 0,257
0,41 0,451 0,217 0,463 0,229 0,477 0,243 0,492 0,258
0,41 0,450 0,227 0,462 0,239 0,476 0,253 0,492 0,269
0,42 0,462 0,228 0,475 0,240 0,489 0,254 0,505 0,270
0,42 0,460 0,237 0,474 0,251 0,488 0,265 0,505 0,282
0,43 0,472 0,238 0,486 0,251 0,500 0,266 0,517 0,283
0,43 0,471 0,248 0,485 0,262 0,500 0,277 0,517 0,294
0,44 0,483 0,249 0,497 0,262 0,512 0,278 0,530 0,295
0,44 0,481 0,258 0,496 0,273 0,512 0,289 0,530 0,307
0,45 0,494 0,259 0,508 0,273 0,524 0,290 0,542 0,308 0,45 0,492 0,269 0,507 0,284 0,524 0,301 0,542 0,319
0,46 0,504 0,270 0,519 0,285 0,536 0,301 0,555 0,320 0,46 0,502 0,279 0,518 0,295 0,535 0,312 0,555 0,332
0,47 0,515 0,280 0,530 0,296 0,548 0,313 0,567 0,333 0,47 0,513 0,290 0,529 0,306 0,547 0,324 0,567 0,344
0,48 0,525 0,291 0,541 0,307 0,559 0,325 0,580 0,345 0,48 0,523 0,300 0,540 0,317 0,559 0,336 0,580 0,357
0,49 0,536 0,301 0,552 0,318 0,571 0,337 0,592 0,358 0,49 0,534 0,311 0,551 0,328 0,571 0,348 0,592 0,369
0,50 0,546 0,312 0,563 0,329 0,583 0,348 0,605 0,370 0,50 0,545 0,322 0,562 0,339 0,582 0,359 0,605 0,382
0,51 0,557 0,322 0,575 0,340 0,595 0,360 0,617 0,383 0,51 0,555 0,332 0,574 0,351 0,594 0,371 0,617 0,394
0,52 0,567 0,333 0,586 0,351 0,606 0,372 0,630 0,395 0,52 0,566 0,343 0,585 0,362 0,606 0,383 0,630 0,407
0,53 0,578 0,343 0,597 0,362 0,618 0,384 0,642 0,408 0,53 0,576 0,353 0,596 0,373 0,618 0,395 0,642 0,419
0,54 0,588 0,354 0,608 0,373 0,630 0,395 0,655 0,420 0,54 0,587 0,364 0,607 0,384 0,629 0,406 0,655 0,432
0,55 0,599 0,364 0,619 0,385 0,642 0,407 0,667 0,433 0,55 0,597 0,374 0,618 0,395 0,641 0,418 0,667 0,444
597
Tabelle A.14 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den
598

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung nach DIN 1045-1


(C100/115; lim D 0; 35; BSt 500; s D 1; 15)
C100/115 - [ = 0,350 - Vs1d = 436,6 N/mm²
M Eds
μ Eds =
b ⋅ d 2 ⋅ f cd
1
As1 = (ω 1 ⋅ b ⋅ d ⋅ f cd + N Ed )
σ sd
f cd
As 2 = ω 2 ⋅ b ⋅ d ⋅
σ s 2d
d2/d = 0,05 d2/d = 0,10 d2/d = 0,15 d2/d = 0,20
μEds σs2d = -377,1 N/mm² σs2d = -314,3 N/mm² σs2d = -251,1 N/mm² σs2d = -188,6 N/mm²
ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2 ω1 ω2
0,19 0,217 0,004 0,217 0,004 0,217 0,005 0,218 0,005
0,20 0,227 0,015 0,228 0,016 0,229 0,016 0,230 0,018
0,21 0,238 0,025 0,239 0,027 0,241 0,028 0,243 0,030
0,22 0,249 0,036 0,251 0,038 0,253 0,040 0,255 0,043
0,23 0,259 0,046 0,262 0,049 0,265 0,052 0,268 0,055
0,24 0,270 0,057 0,273 0,060 0,276 0,064 0,280 0,068
0,25 0,280 0,067 0,284 0,071 0,288 0,075 0,293 0,080
0,26 0,291 0,078 0,295 0,082 0,300 0,087 0,305 0,093
0,27 0,301 0,088 0,306 0,093 0,312 0,099 0,318 0,105
0,28 0,312 0,099 0,317 0,104 0,323 0,111 0,330 0,118
0,29 0,322 0,109 0,328 0,116 0,335 0,122 0,343 0,130
0,30 0,333 0,120 0,339 0,127 0,347 0,134 0,355 0,143
0,31 0,343 0,131 0,351 0,138 0,359 0,146 0,368 0,155
0,32 0,354 0,141 0,362 0,149 0,370 0,158 0,380 0,168
0,33 0,364 0,152 0,373 0,160 0,382 0,169 0,393 0,180
0,34 0,375 0,162 0,384 0,171 0,394 0,181 0,405 0,193
0,35 0,385 0,173 0,395 0,182 0,406 0,193 0,418 0,205
0,36 0,396 0,183 0,406 0,193 0,417 0,205 0,430 0,218
0,37 0,406 0,194 0,417 0,204 0,429 0,216 0,443 0,230
0,38 0,417 0,204 0,428 0,216 0,441 0,228 0,455 0,243
0,39 0,427 0,215 0,439 0,227 0,453 0,240 0,468 0,255
0,40 0,438 0,225 0,451 0,238 0,465 0,252 0,480 0,268
0,41 0,449 0,236 0,462 0,249 0,476 0,264 0,493 0,280
0,42 0,459 0,246 0,473 0,260 0,488 0,275 0,505 0,293
0,43 0,470 0,257 0,484 0,271 0,500 0,287 0,518 0,305
0,44 0,480 0,267 0,495 0,282 0,512 0,299 0,530 0,318
0,45 0,491 0,278 0,506 0,293 0,523 0,311 0,543 0,330
0,46 0,501 0,288 0,517 0,304 0,535 0,322 0,555 0,343
0,47 0,512 0,299 0,528 0,316 0,547 0,334 0,568 0,355
0,48 0,522 0,309 0,539 0,327 0,559 0,346 0,580 0,368
0,49 0,533 0,320 0,551 0,338 0,570 0,358 0,593 0,380
0,50 0,543 0,331 0,562 0,349 0,582 0,369 0,605 0,393
0,51 0,554 0,341 0,573 0,360 0,594 0,381 0,618 0,405
0,52 0,564 0,352 0,584 0,371 0,606 0,393 0,630 0,418
0,53 0,575 0,362 0,595 0,382 0,617 0,405 0,643 0,430
0,54 0,585 0,373 0,606 0,393 0,629 0,416 0,655 0,443
0,55 0,596 0,383 0,617 0,404 0,641 0,428 0,668 0,455
A Bemessungshilfsmittel
nEd d 2 = d1 nEd d 2 = d1
e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2
As2 = As1 MEd As2 = As1 MEd
-2,8 -2,8
h d h d
NEd NEd
-2,6 As1 -2,6 As1
+ e s1 + e s1
-2,4 -2,4
b d1 b d1
-2,2 2,
0 -2,2
2,
0
-2,0 ec2/ec1=-3,0/0,0 -2,0
A Bemessungshilfsmittel

ec2/ec1=-3,1/0,0
1,
-1,8 5 -1,8 1,
5
ec2/es1=-3,5/0,0 ec2/es1=-3,1/0,0
-1,6 1, -1,6
0 1,
0
-1,4 -1,4

0,
-1,2 -1,2

0,

5
5
ec2/es1=-3,5/1,0 ec2/es1=-3,1/1,0
-1,0 -1,0
w w
to to
-0,8 t = -0,8 t =
0, 0,
0 0
-0,6 -0,6
ec2/es1=-3,5/2,17
-0,4 -0,4 ec2/es1=-3,1/2,17
ec2/es1=-3,5/5,0
ec2/es1=-3,1/5,0
-0,2 -0,2
ec2/es1=-3,5/10,0 0,8 0,9
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 ec2/es1=-3,1/10,0 mEd
0,2 ec2/es1=-3,5/15,0 0,2

0,4 0,4 ec2/es1=-3,1/15,0


ec2/es1=-3,5/20,0
0,6 0,6
ec2/es1=-3,1/20,0
0,8 ec2/es1=-3,5/25,0 0,8

1,0 ec2/es1=-3,0/25,0 1,0 ec2/es1=-3,1/25,0


ec2/es1=-3,0/25,0
1,2 1,2
C12/15 - C50/60 d1/h = 0,10 C55/67 d1/h = 0,10
1,4 1,4
ec2/es1=-2,0/25,0 ec2/es1=-2,03/25,0
1,6 b×h 1,6 b×h
As ,tot = As1 + As 2 = wtot × As ,tot = As1 + As 2 = wtot ×
fyd / fcd fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed = 2,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.8 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten Abbildung A.9 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C12/15 bis C50/60; d1 = h D 0; 10; Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C55/67; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
BSt 500; s D 1; 15)
599
nEd d 2 = d1 nEd d 2 = d1
600

e c2 e c2
ec2/ec1=-2,2/-2,2 - -
-3,0 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2
As2 = As1 MEd As2 = As1 MEd
-2,8 -2,8
h d h d
NEd NEd
-2,6 As1 -2,6 As1
+ e s1 + e s1
-2,4 -2,4
b d1 b d1
-2,2 -2,2
2,
0
-2,0 -2,0 2,
0
ec2/ec1=-2,7/0,0
-1,8 -1,8 ec2/ec1=-2,5/0,0
1,
5 1,
ec2/es1=-2,7/0,0 5 ec2/es1=-2,5/0,0
-1,6 -1,6
1,
-1,4 0 -1,4 1,
0

-1,2 -1,2

0,
0,

5
5
-1,0 ec2/es1=-2,7/1,0 -1,0 ec2/es1=-2,5/1,0
w w
to to
-0,8 t = -0,8 t =
0, 0,
0 0
-0,6 -0,6

-0,4 ec2/es1=-2,7/2,17 -0,4


ec2/es1=-2,5/2,17
-0,2 -0,2
ec2/es1=-2,7/5,0 0,8 0,9
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 ec2/es1=-2,5/5,0 mEd
0,2 0,2
ec2/es1=-2,7/10,0
0,4 0,4 ec2/es1=-2,5/10,0

0,6 ec2/es1=-2,7/15,0 0,6


ec2/es1=-2,5/15,0
0,8 0,8
ec2/es1=-2,7/20,0
ec2/es1=-2,5/20,0
1,0 1,0
ec2/es1=-2,7/25,0
1,2 1,2
ec2/es1=-2,5/25,0
C60/75 d1/h = 0,10 C70/85 d1/h = 0,10
1,4 ec2/es1=-2,06/25,0 1,4 ec2/es1=-2,1/25,0

1,6 b×h 1,6 b×h


As ,tot = As1 + As 2 = wtot × As ,tot = As1 + As 2 = wtot ×
fyd / fcd fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed = 2,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.10 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten Abbildung A.11 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C60/75; d1 = h = 0,10; BSt 500; s D 1; 15) Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C70/85; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
A Bemessungshilfsmittel
nEd d 2 = d1 nEd d 2 = d1
e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2
As2 = As1 MEd As2 = As1 MEd
-2,8 -2,8
h d h d
NEd NEd
-2,6 As1 -2,6 As1
+ e s1 + e s1
-2,4 -2,4
b d1 b d1
-2,2 -2,2
2,
-2,0 0 -2,0
A Bemessungshilfsmittel

2,
-1,8 -1,8 0
ec2/ec1=-2,4/0,0
1,
5 ec2/ec1=-2,3/0,0
-1,6 ec2/es1=-2,4/0,0 -1,6 1,
5 ec2/es1=-2,3/0,0
-1,4 -1,4
1,
0
1,
0
-1,2 -1,2

0,
5
0,
5
-1,0 -1,0
ec2/es1=-2,4/1,0
ec2/es1=-2,3/1,0

w to
t
-0,8 -0,8

w to
t

=
=

0,
0
0,
0
-0,6 -0,6

-0,4 -0,4

-0,2 ec2/es1=-2,4/2,17 -0,2


0,8 0,9 ec2/es1=-2,3/2,17
0,0 0,0 0,8 0,9
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 ec2/es1=-2,4/5,0 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 mEd
ec2/es1=-2,3/5,0
0,2 0,2

0,4 ec2/es1=-2,4/10,0 0,4


ec2/es1=-2,3/10,0
0,6 0,6
ec2/es1=-2,4/15,0 ec2/es1=-2,3/15,0
0,8 0,8

1,0 ec2/es1=-2,4/20,0 1,0


ec2/es1=-2,3/20,0
1,2 1,2
ec2/es1=-2,4/25,0 C80/95 d1/h = 0,10 ec2/es1=-2,3/25,0 C90/105 d1/h = 0,10
1,4 ec2/es1=-2,14/25,0 1,4 ec2/es1=-2,17/25,0

1,6 b×h 1,6 b×h


As ,tot = As1 + As 2 = wtot × As ,tot = As1 + As 2 = wtot ×
fyd / fcd fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed = 2,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd ec2/es1=0,0/25,0 b × h 2 × fcd b × h × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.12 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten Abbildung A.13 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C80/95; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15) Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C90/105; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
601
nEd d 2 = d1 nEd
602

e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
As2 = As1 MEd MEd
r
-2,8 -2,8
h d h
NEd NEd
-2,6 As1 -2,6
+ e s1 + e s1
d1
-2,4 -2,4 e c1
b d1 As,tot d1
-2,2 -2,2
ec2/ec1=-3,5/0,0
-2,0 -2,0 ec2/es1=-3,5/0,0

-1,8 2,
0 -1,8

-1,6 ec2/ec1=-2,2/0,0 -1,6 2,


1, 0
5
ec2/es1=-2,2/0,0
-1,4 -1,4 1,
5 ec2/es1=-3,5/1,0
1,
-1,2 0 -1,2 1,
0
-1,0 -1,0

0,
5
0,
5
w
to
-0,8 -0,8

w to
t =

t
ec2/es1=-2,2/1,0

=
0,
0

0,
ec2/es1=-3,5/2,17

0
-0,6 -0,6

-0,4 -0,4

-0,2 -0,2
ec2/es1=-2,2/2,17
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd
0,2 ec2/es1=-2,2/5,0 0,2 ec2/es1=-3,5/5,0

0,4 0,4
ec2/es1=-2,2/10,0
0,6 0,6

0,8 ec2/es1=-2,2/15,0 0,8


ec2/es1=-3,5/10,0
1,0 1,0
ec2/es1=-2,2/20,0
1,2 1,2
C100/115 d1/h = 0,10 ec2/es1=-3,5/15,0 C12/15 - C50/60 d1/h = 0,10
1,4 ec2/es1=-2,2/25,0 1,4
ec2/es1=-3,5/20,0
1,6 b×h 1,6 Ac
As ,tot = As1 + As 2 = wtot × ec2/es1=-3,5/25,0 As ,tot = wtot ×
fyd / fcd ec2/es1=-3,0/25,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-1,0/25,0 M Ed NEd ec2/es1=-2,0/25,0
2,0 mEd = n Ed = 2,0 M Ed NEd
ec2/es1=0,0/25,0 ec2/es1=-1,0/25,0 mEd = n Ed =
b × h 2 × fcd b × h × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
ec2/es1=0,0/25,0
2,2 2,2

Abbildung A.14 Interaktionsdiagramm für den symmetrisch bewehrten Abbildung A.15 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt
Rechteckquerschnitt nach DIN 1045-1 (C100/115; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C12/15 bis C50/60; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
A Bemessungshilfsmittel
nEd nEd
e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
r r
-2,8 -2,8
h h
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ e s1 + e s1
d1 d1
-2,4 e c1 -2,4 e c1
As,tot d1 As,tot d1
2,
-2,2 0 -2,2
ec2/ec1=-3,1/0,0 2,
0
-2,0 -2,0 ec2/ec1=-2,7/0,0
A Bemessungshilfsmittel

1, ec2/es1=-3,1/0,0
5
-1,8 -1,8 1,
5 ec2/es1=-2,7/0,0
-1,6 1,0 -1,6
1,
0
-1,4 -1,4

-1,2
0,5 ec2/es1=-3,1/1,0 -1,2 0,
5
ec2/es1=-2,7/1,0
-1,0 -1,0
w w
to to
-0,8 t = -0,8 t =
0, 0,
0 0
-0,6 -0,6
ec2/es1=-3,1/2,17
-0,4 -0,4
ec2/es1=-2,7/2,17
-0,2 -0,2

0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd
0,2 0,2
ec2/es1=-3,1/5,0
0,4 0,4
ec2/es1=-2,7/5,0
0,6 0,6

0,8 0,8

1,0 ec2/es1=-3,1/10,0 1,0


ec2/es1=-2,7/10,0
1,2 1,2
C55/67 d1/h = 0,10 C60/75 d1/h = 0,10
ec2/es1=-3,1/15,0
1,4 1,4
ec2/es1=-2,7/15,0
1,6 ec2/es1=-3,1/20,0 Ac 1,6 Ac
As ,tot = wtot × ec2/es1=-2,7/20,0 As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-3,1/25,0 fyd / fcd fyd / fcd
1,8 ec2/es1=-3,0/25,0 1,8
ec2/es1=-2,7/25,0
ec2/es1=-2,03/25,0 M Ed NEd ec2/es1=-2,06/25,0 M Ed NEd
2,0 2,0
ec2/es1=-1,0/25,0 mEd = n Ed = ec2/es1=-1,0/25,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=0,0/25,0
Ac × h × fcd Ac × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 2,2 ec2/es1=0,0/25,0

Abbildung A.16 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt Abbildung A.17 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C55/67; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C60/75; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
603
nEd nEd
604

e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
r r
-2,8 -2,8
h h
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ e s1 + e s1
d1 d1
-2,4 e c1 -2,4 e c1
As,tot d1 As,tot d1
-2,2 -2,2

-2,0 2,
0 -2,0
2,
ec2/ec1=-2,5/0,0 0
-1,8 -1,8 ec2/ec1=-2,4/0,0
1, ec2/es1=-2,5/0,0
5 1,
-1,6 -1,6 5 ec2/es1=-2,4/0,0

-1,4 1,
0 -1,4 1,
0
-1,2 -1,2

0,
0,

5
5
-1,0 -1,0
ec2/es1=-2,5/1,0
w w ec2/es1=-2,4/1,0
to to
-0,8 t = -0,8 t =
0, 0,
0 0
-0,6 -0,6

-0,4 -0,4

-0,2 ec2/es1=-2,5/2,17 -0,2


ec2/es1=-2,4/2,17
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd
0,2 0,2

0,4 0,4

0,6 ec2/es1=-2,5/5,0 0,6


ec2/es1=-2,4/5,0
0,8 0,8

1,0 1,0

1,2 ec2/es1=-2,5/10,0 1,2


ec2/es1=-2,4/10,0
C70/85 d1/h = 0,10 C80/95 d1/h = 0,10
1,4 1,4
ec2/es1=-2,5/15,0 ec2/es1=-2,4/15,0
1,6 Ac 1,6 Ac
As ,tot = wtot × As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-2,5/20,0 fyd / fcd ec2/es1=-2,4/20,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-2,5/25,0 ec2/es1=-2,4/25,0
ec2/es1=-2,1/25,0 ec2/es1=-2,14/25,0 M Ed NEd
2,0 M Ed NEd 2,0 mEd = n Ed =
ec2/es1=-1,0/25,0 mEd = n Ed = ec2/es1=-1,0/25,0
ec2/es1=0,0/25,0 Ac × h × fcd Ac × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 2,2 ec2/es1=0,0/25,0

Abbildung A.18 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt Abbildung A.19 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C70/85; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C80/95; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
A Bemessungshilfsmittel
nEd nEd
e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
r r
-2,8 -2,8
h h
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ e s1 + e s1
d1 d1
-2,4 e c1 -2,4 e c1
As,tot d1 As,tot d1
-2,2 -2,2

-2,0 -2,0
A Bemessungshilfsmittel

2,
-1,8 0 -1,8

2,
0
ec2/ec1=-2,3/0,0
ec2/ec1=-2,2/0,0
-1,6 1, -1,6
5 ec2/es1=-2,3/0,0

1,
5
ec2/es1=-2,2/0,0
-1,4 -1,4
1,

1,
0

0
-1,2 -1,2

0,
0,

5
5
-1,0 -1,0
w
to

w to
t
-0,8 t = ec2/es1=-2,3/1,0 -0,8

=
0,
0 ec2/es1=-2,2/1,0

0,0
-0,6 -0,6

-0,4 -0,4

-0,2 -0,2
ec2/es1=-2,3/2,17 ec2/es1=-2,2/2,17
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mEd
0,2 0,2

0,4 0,4

0,6 0,6
ec2/es1=-2,3/5,0
0,8 0,8 ec2/es1=-2,2/5,0

1,0 1,0

1,2 1,2
ec2/es1=-2,3/10,0 C90/105 d1/h = 0,10 ec2/es1=-2,2/10,0 C100/115 d1/h = 0,10
1,4 1,4

1,6 ec2/es1=-2,3/15,0 Ac 1,6 ec2/es1=-2,2/15,0 Ac


As ,tot = wtot × As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-2,3/20,0 fyd / fcd ec2/es1=-2,2/20,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=-2,3/25,0 ec2/es1=-2,2/25,0
ec2/es1=-2,17/25,0 M Ed NEd M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed = 2,0 ec2/es1=-1,0/25,0
mEd = n Ed =
ec2/es1=-1,0/25,0 Ac × h × fcd Ac × fcd ec2/es1=0,0/25,0 Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 ec2/es1=0,0/25,0 2,2

Abbildung A.20 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt Abbildung A.21 Interaktionsdiagramm für den Kreisquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C90/105; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C100/115; d1 = h D 0; 10; BSt 500; s D 1; 15)
605
nEd nEd
606

e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
rr -2,8 rr
-2,8 h
h ri1 ri1
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ + e s1
d1 e s1 d1
-2,4 -2,4 e c1
e c1
As,tot d1 As,tot d1
-2,2 2, -2,2
0 2ö 2ö
æ ær ö ÷ 2,
0
æ ær ö ÷
-2,0 ec2/ec1=-3,5/0,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i ÷÷ -2,0 ec2/ec1=-3,1/0,0
Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i
ç èr
÷÷
÷
ç èr
è ø ø
è ø ÷ø
-1,8 1,5 ec2/es1=-3,5/0,0 -1,8 1,5 ec2/es1=-3,1/0,0

-1,6 -1,6
1,0 1,0
-1,4 -1,4

-1,2 ec2/es1=-3,5/1,0 -1,2


0,5 0,5 ec2/es1=-3,1/1,0
-1,0 -1,0
w w
tot tot
-0,8
=0
,0 -0,8 =0
,0
ec2/es1=-3,5/2,17
-0,6 -0,6
ec2/es1=-3,1/2,17
-0,4 -0,4

-0,2 -0,2
0,7
mEd 0,7
0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 ec2/es1=-3,5/5,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 ec2/es1=-3,1/5,0 mEd
0,2 0,2

0,4 0,4
ec2/es1=-3,5/10,0
0,6 0,6 ec2/es1=-3,1/10,0

0,8 ec2/es1=-3,5/15,0 0,8


ec2/es1=-3,1/15,0
1,0 ec2/es1=-3,5/20,0 1,0
ec2/es1=-3,1/20,0
1,2 ec2/es1=-3,5/25,0 C12/15 - C50/60 ri/r = 0,9 1,2 ec2/es1=-3,1/25,0
C55/67 ri/r = 0,9
ec2/es1=-3,0/25,0 ec2/es1=-3,0/25,0
1,4 d1/(r-ri) = 0,5 1,4 d1/(r-ri) = 0,5
ec2/es1=-2,0/25,0 ec2/es1=-2,03/25,0
1,6 Ac 1,6 Ac
As ,tot = wtot × As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=0,0/25,0 ec2/es1=0,0/25,0
2,0 M Ed NEd 2,0 M Ed NEd
mEd = n Ed = mEd = n Ed =
Ac × h × fcd Ac × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.22 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt Abbildung A.23 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C12/15 bis C50/60; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C55/67; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15)
A Bemessungshilfsmittel
nEd nEd
e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
-2,8 rr -2,8 rr
h ri1 h ri1
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ e s1 + e s1
d1 d1
-2,4 e c1 -2,4 e c1
As,tot d1 As,tot d1
-2,2 -2,2
2ö 2ö
2,0
æ ær ö ÷ æ ær ö ÷
-2,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i ÷÷ -2,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i ÷÷
÷
A Bemessungshilfsmittel

ç èr ç èr ø
ec2/ec1=-2,7/0,0 è ø ÷ø 2,
0 è ø
-1,8 1,5 -1,8 ec2/ec1=-2,5/0,0
ec2/es1=-2,7/0,0
-1,6 -1,6 1, ec2/es1=-2,5/0,0
5
1,0
-1,4 -1,4
1,0
-1,2 -1,2
0,5
ec2/es1=-2,7/1,0
-1,0 -1,0 0,5
w ec2/es1=-2,5/1,0
tot w
tot
-0,8 -0,8
=0 =0
,0 ,0

-0,6 -0,6

-0,4 ec2/es1=-2,7/2,17 -0,4


ec2/es1=-2,5/2,17
-0,2 -0,2

0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 mEd
0,2 0,2
ec2/es1=-2,7/5,0
ec2/es1=-2,5/5,0
0,4 0,4

0,6 0,6
ec2/es1=-2,7/10,0
0,8 0,8 ec2/es1=-2,5/10,0

1,0 ec2/es1=-2,7/15,0 1,0


ec2/es1=-2,5/15,0
1,2 ec2/es1=-2,7/20,0 C60/75 ri/r = 0,9 1,2 C70/85 ri/r = 0,9
ec2/es1=-2,5/20,0
ec2/es1=-2,7/25,0
1,4 d1/(r-ri) = 0,5 1,4 ec2/es1=-2,5/25,0 d1/(r-ri) = 0,5
ec2/es1=-2,06/25,0 ec2/es1=-2,1/25,0
1,6 Ac 1,6 Ac
As ,tot = wtot × As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=0,0/25,0 ec2/es1=0,0/25,0
2,0 M Ed NEd 2,0 M Ed NEd
mEd = n Ed = mEd = n Ed =
Ac × h × fcd Ac × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.24 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt Abbildung A.25 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C60/75; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C70/85; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15)
607
nEd nEd
608

e c2 e c2
- -
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2 -3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd MEd
-2,8 rr -2,8 rr
h ri1 h ri1
NEd NEd
-2,6 -2,6
+ e s1 + e s1
d1 d1
-2,4 e c1 -2,4 e c1
As,tot d1 As,tot d1
-2,2 -2,2
2ö 2ö
æ ær ö ÷ æ ær ö ÷
-2,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i
ç èr
÷÷ -2,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i
ç èr
÷÷
÷
è ø ÷ø è ø ø
2,
-1,8 0 -1,8 2,
ec2/ec1=-2,4/0,0 0
ec2/ec1=-2,3/0,0
-1,6 ec2/es1=-2,4/0,0 -1,6
1,
5 1, ec2/es1=-2,3/0,0
5
-1,4 -1,4
1,
0
-1,2 -1,2 1,
0

-1,0 0,5 -1,0

0,
5
w ec2/es1=-2,4/1,0
tot w ec2/es1=-2,3/1,0
-0,8 =0
,0 -0,8 tot =0
,0
-0,6 -0,6

-0,4 -0,4
ec2/es1=-2,4/2,17
-0,2 -0,2 ec2/es1=-2,3/2,17

0,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 mEd 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 mEd
0,2 0,2

0,4 ec2/es1=-2,4/5,0 0,4 ec2/es1=-2,3/5,0


0,6 0,6

0,8 0,8
ec2/es1=-2,4/10,0
ec2/es1=-2,3/10,0
1,0 1,0
ec2/es1=-2,4/15,0
ec2/es1=-2,3/15,0
1,2 C80/95 ri/r = 0,9 1,2 C90/105 ri/r = 0,9
ec2/es1=-2,4/20,0 ec2/es1=-2,3/20,0
1,4 ec2/es1=-2,4/25,0 d1/(r-ri) = 0,5 1,4 d1/(r-ri) = 0,5
ec2/es1=-2,3/25,0
ec2/es1=-2,14/25,0
1,6 Ac 1,6 ec2/es1=-2,17/25,0 Ac
As ,tot = wtot × As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd
1,8 1,8
ec2/es1=0,0/25,0 M Ed NEd ec2/es1=0,0/25,0 M Ed NEd
2,0 mEd = n Ed = 2,0 mEd = n Ed =
Ac × h × fcd Ac × fcd Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2 2,2

Abbildung A.26 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt Abbildung A.27 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt
nach DIN 1045-1 (C80/95; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15) nach DIN 1045-1 (C90/105; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15)
A Bemessungshilfsmittel
nEd
e c2
-
-3,0 ec2/ec1=-2,2/-2,2 e s2
MEd
-2,8 rr
h ri1
NEd
-2,6
+ e s1
d1
-2,4 e c1
As,tot d1
-2,2

æ ær ö ÷
-2,0 Ac = r 2 × p × ç 1 - çç i ÷÷
÷
A Bemessungshilfsmittel

ç èr ø
è ø
-1,8
2,
0
-1,6 ec2/ec1=-2,2/0,0
1,
5 ec2/es1=-2,2/0,0
-1,4

-1,2 1,0

-1,0 0,5
w
tot
-0,8 =0
,0
ec2/es1=-2,2/1,0

-0,6

-0,4

-0,2 ec2/es1=-2,2/2,17
0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 mEd
0,2

0,4
ec2/es1=-2,2/5,0
0,6

0,8
ec2/es1=-2,2/10,0
1,0

1,2 ec2/es1=-2,2/15,0
C100/115 ri/r = 0,9
ec2/es1=-2,2/20,0 d1/(r-ri) = 0,5
1,4
ec2/es1=-2,2/25,0
1,6 Ac
As ,tot = wtot ×
ec2/es1=-1,0/25,0 fyd / fcd
1,8
ec2/es1=0,0/25,0
2,0 M Ed NEd
mEd = n Ed =
Ac × h × fcd Ac × fcd
2,2

Abbildung A.28 Interaktionsdiagramm für den Kreisringquerschnitt


nach DIN 1045-1 (C100/115; ri =r D 0; 9; d1 =.r  ri / D 0; 5; BSt 500; s D 1; 15)
609
Tabelle A.15 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1
610

(C12/15 – C50/60; BSt 500; s D 1; 15)


C12/15 – C50/60 hf / d 0,05 0,10 0,15
M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,158 0,103 0,085 0,071 0,060 0,165 0,129 0,118 0,108 0,101 0,171 0,153 0,146 0,142 0,138
ξ = 0,25
ωlim 0,1748 0,1123 0,0915 0,0749 0,0624 0,1825 0,1407 0,1267 0,1156 0,1072 0,1899 0,1673 0,1598 0,1537 0,1492
1 μEds,lim 0,209 0,129 0,102 0,081 0,065 0,216 0,155 0,135 0,119 0,107 0,221 0,179 0,165 0,154 0,145
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) ξ = 0,35
σ sd ωlim 0,2415 0,1457 0,1138 0,0883 0,0691 0,2492 0,1743 0,1494 0,1294 0,1144 0,2566 0,2022 0,1841 0,1696 0,1587
μEds,lim 0,256 0,152 0,118 0,090 0,069 0,261 0,178 0,150 0,128 0,111 0,267 0,202 0,181 0,164 0,151
ξ = 0,45
ωlim 0,3081 0,1790 0,1360 0,1016 0,0758 0,3159 0,2078 0,1718 0,1429 0,1213 0,3233 0,2360 0,2070 0,1837 0,1663
μEds,lim 0,322 0,185 0,140 0,103 0,076 0,327 0,211 0,172 0,141 0,118 0,332 0,235 0,203 0,177 0,158
ξ = 0,617
ωlim 0,4193 0,2346 0,1731 0,1238 0,0869 0,4272 0,2635 0,2090 0,1653 0,1326 0,4346 0,2920 0,2445 0,2065 0,1779
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0409 0,0409 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0621 0,0622 0,0624 0,0629 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,10 0,12 0,16 0,26 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 23,62 18,52 12,67 6,37 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0837 0,0845 0,0852 0,0871 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836
Tabellenwerte: 0,11 0,17 0,22 0,34 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11
19,92 11,72 7,88 4,15 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
μEds ω1 0,10 0,1060 0,1082 0,1107 0,1178 0,1058 0,1058 0,1058 0,1059 0,1060 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057
ξ 0,15 0,24 0,34 0,57 0,13 0,15 0,16 0,19 0,23 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13
13,93 7,16 4,26 1,57 19,82 16,52 14,48 11,83 8,20 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29
εs1 [‰] 0,12 0,1290 0,1336 0,1396 0,1287 0,1292 0,1298 0,1312 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285
0,18 0,31 0,47 0,17 0,22 0,26 0,36 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16
10,44 4,75 2,42 13,66 9,28 6,83 4,04 18,55 18,48 18,45 18,42 18,40
0,14 0,1527 0,1611 0,1523 0,1542 0,1565 0,1629 0,1520 0,1519 0,1519 0,1519 0,1519
0,22 0,40 0,20 0,29 0,38 0,60 0,19 0,21 0,22 0,24 0,27
8,14 3,25 10,13 5,86 3,70 1,46 13,09 11,34 10,28 8,93 7,11
0,16 0,1772 0,1912 0,1766 0,1812 0,1873 0,1762 0,1767 0,1772 0,1784
0,25 0,49 0,24 0,37 0,52 0,23 0,28 0,32 0,41
6,52 2,22 7,84 3,90 2,04 9,65 7,01 5,41 3,44
0,18 0,2025 0,2251 0,2019 0,2107 0,2014 0,2034 0,2057
0,29 0,59 0,28 0,46 0,27 0,35 0,44
5,31 1,46 6,23 2,64 7,43 4,56 2,97
0,20 0,2288 0,2280 0,2436 0,2274 0,2324 0,2393
0,33 0,32 0,56 0,31 0,44 0,59
4,37 5,04 1,74 5,87 3,04 1,55
0,22 0,2562 0,2553 0,2545 0,2647
0,37 0,36 0,35 0,54
3,61 4,12 4,71 1,99
0,24 0,2848 0,2838 0,2828
0,41 0,40 0,39
3,00 3,38 3,82
0,26 0,3149 0,3136 0,3125
0,46 0,45 0,43
2,48 2,78 3,11
0,28 0,3466 0,3451 0,3438
0,51 0,49 0,48
2,04 2,27 2,53
0,30 0,3803 0,3786 0,3770
0,56 0,54 0,53
1,66 1,84 2,04
0,32 0,4164 0,4143 0,4125
0,61 0,60 0,58
1,32 1,47 1,62
A Bemessungshilfsmittel
Tabelle A.16 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1 (C12/15 – C50/60; BSt 500; s D 1; 15)
C12/15 – C50/60 hf / d 0,20 0,25 0,30
M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,177 0,171 0,170 0,168 0,167 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181
ξ = 0,25
ωlim 0,1970 0,1899 0,1876 0,1857 0,1843 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024
1 μEds,lim 0,227 0,201 0,192 0,185 0,180 0,232 0,219 0,215 0,212 0,209 0,239 0,235 0,234 0,233 0,233
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) ξ = 0,35
σ sd ωlim 0,2636 0,2286 0,2169 0,2076 0,2006 0,2704 0,2524 0,2464 0,2415 0,2379 0,2787 0,2733 0,2715 0,2701 0,2700
μEds,lim 0,272 0,225 0,209 0,196 0,187 0,277 0,245 0,234 0,226 0,219 0,282 0,262 0,256 0,251 0,247
ξ = 0,45
ωlim 0,3303 0,2635 0,2412 0,2234 0,2100 0,3370 0,2896 0,2738 0,2612 0,2517 0,3435 0,3138 0,3039 0,2960 0,2900
A Bemessungshilfsmittel

μEds,lim 0,336 0,258 0,231 0,210 0,194 0,341 0,278 0,258 0,241 0,228 0,345 0,297 0,281 0,269 0,259
ξ = 0,617
ωlim 0,4416 0,3200 0,2795 0,2471 0,2228 0,4482 0,3474 0,3137 0,2868 0,2667 0,4546 0,3739 0,3470 0,3254 0,3093
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836
Tabellenwerte: 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
μEds ω1 0,10 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057
0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13
ξ
23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29
εs1 [‰] 0,12 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285
0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16
18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55
0,14 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518
0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19
15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16
0,16 0,1759 0,1759 0,1758 0,1758 0,1758 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759
0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22
12,61 12,49 12,44 12,39 12,35 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61
0,18 0,2009 0,2009 0,2008 0,2008 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007
0,26 0,28 0,29 0,31 0,35 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25
9,02 7,82 7,10 6,19 4,99 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62
0,20 0,2269 0,2274 0,2280 0,2293 0,2263 0,2262 0,2262 0,2262 0,2262 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263
0,29 0,35 0,39 0,49 0,28 0,28 0,29 0,29 0,30 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28
6,91 5,11 3,99 2,55 9,02 8,85 8,77 8,08 7,41 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02
0,22 0,2539 0,2563 0,2592 0,2534 0,2533 0,2532 0,2531 0,2530 0,2529 0,2528 0,2528 0,2528 0,2528
0,34 0,43 0,53 0,32 0,35 0,37 0,40 0,46 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31
5,44 3,38 2,17 6,33 5,37 4,79 4,05 3,06 7,71 7,69 7,68 7,67 7,67
0,24 0,2821 0,2883 0,2814 0,2822 0,2831 0,2851 0,2809 0,2806 0,2805 0,2803 0,2801
0,38 0,52 0,37 0,43 0,49 0,60 0,36 0,37 0,38 0,39 0,40
4,34 2,21 4,96 3,59 2,73 1,60 5,71 5,28 5,05 4,80 4,54
0,26 0,3116 0,3108 0,3142 0,3101 0,3101 0,3101 0,3101
0,42 0,41 0,52 0,40 0,44 0,47 0,52
3,49 3,94 2,35 4,45 3,61 3,10 2,42
0,28 0,3427 0,3417 0,3409 0,3424 0,3442
0,47 0,46 0,45 0,53 0,61
2,82 3,14 3,51 2,38 1,67
0,30 0,3756 0,3744 0,3734
0,52 0,51 0,49
2,26 2,50 2,77
0,32 0,4108 0,4094 0,4081
0,57 0,56 0,55
1,79 1,98 2,18
0,34 0,4470 0,4455
0,61 0,60
1,53 1,68
611
Tabelle A.17 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1
612

(C12/15 – C50/60; BSt 500; s D 1; 15)


C12/15 – C50/60 hf / d 0,35 0,40
M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181 0,181
ξ = 0,25
ωlim 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024 0,2024
1 μEds,lim 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242 0,242
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) ξ = 0,35
σ sd ωlim 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833 0,2833
μEds,lim 0,286 0,277 0,274 0,271 0,270 0,296 0,293 0,293 0,292 0,291
ξ = 0,45
ωlim 0,3496 0,3349 0,3299 0,3260 0,3230 0,3643 0,3597 0,3582 0,3570 0,3561
μEds,lim 0,348 0,314 0,303 0,294 0,287 0,352 0,329 0,322 0,315 0,311
ξ = 0,617
ωlim 0,4608 0,3992 0,3787 0,3622 0,3499 0,4667 0,4229 0,4083 0,3966 0,3878
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04 0,04
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836 0,0836
Tabellenwerte: 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11 0,11
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
μEds ω1 0,10 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057 0,1057
ξ 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13 0,13
23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29 23,29
εs1 [‰] 0,12 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285 0,1285
0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16 0,16
18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55 18,55
0,14 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518 0,1518
0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19 0,19
15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16 15,16
0,16 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759 0,1759
0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22
12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61 12,61
0,18 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007 0,2007
0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25
10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62 10,62
0,20 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263 0,2263
0,28 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28 0,28
9,02 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02 9,02
0,22 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529 0,2529
0,31 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31 0,31
7,71 7,71 7,71 7,71 7,71 7,71 7,71 7,71 7,71 7,71
0,24 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804 0,2804
0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35
6,61 6,61 6,61 6,61 6,61 6,61 6,61 6,61 6,61 6,61
0,26 0,3091 0,3089 0,3089 0,3088 0,3087 0,3091 0,3091 0,3091 0,3091 0,3091
0,38 0,38 0,39 0,39 0,39 0,38 0,38 0,38 0,38 0,38
5,67 5,59 5,56 5,54 5,51 5,67 5,67 5,67 5,67 5,67
0,28 0,3401 0,3397 0,3395 0,3391 0,3387 0,3391 0,3390 0,3390 0,3390 0,3389
0,44 0,46 0,48 0,50 0,53 0,42 0,42 0,42 0,42 0,42
3,94 3,45 3,17 2,84 2,45 4,86 4,84 4,83 4,82 4,82
0,30 0,3725 0,3729 0,3733 0,3717 0,3712 0,3709 0,3706 0,3702
0,48 0,55 0,60 0,47 0,49 0,50 0,51 0,52
3,08 2,30 1,81 3,42 3,14 3,00 2,85 2,69
0,32 0,4070 0,4060 0,4057 0,4054
0,54 0,53 0,57 0,61
2,40 2,65 2,11 1,79
0,34 0,4441 0,4428
0,59 0,58
1,85 2,02
A Bemessungshilfsmittel
Tabelle A.18 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1 (C70/85; BSt 500; s D 1; 15)

C70/85 hf / d 0,05 0,10 0,15


M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,154 0,101 0,084 0,070 0,059 0,158 0,126 0,115 0,106 0,099 0,158 0,143 0,138 0,134 0,131
ξ = 0,25
ωlim 0,1694 0,1096 0,0897 0,0737 0,0618 0,1750 0,1364 0,1235 0,1132 0,1055 0,1750 0,1564 0,1502 0,1452 0,1415
1
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) μEds,lim 0,203 0,126 0,100 0,080 0,064 0,210 0,152 0,133 0,117 0,106 0,212 0,174 0,161 0,150 0,143
σ sd ξ = 0,35
ωlim 0,2337 0,1418 0,1112 0,0867 0,0683 0,2420 0,1706 0,1468 0,1278 0,1135 0,2450 0,1953 0,1788 0,1655 0,1556
μEds,lim 0,248 0,148 0,115 0,089 0,069 0,254 0,175 0,148 0,127 0,111 0,261 0,199 0,179 0,162 0,150
ξ = 0,45
A Bemessungshilfsmittel

ωlim 0,2980 0,1740 0,1326 0,0996 0,0747 0,3063 0,2029 0,1684 0,1409 0,1202 0,3150 0,2317 0,2039 0,1817 0,1650
μEds,lim 0,282 0,166 0,127 0,095 0,072 0,289 0,192 0,159 0,133 0,114 0,294 0,216 0,190 0,169 0,153
ξ = 0,535
ωlim 0,3525 0,2012 0,1508 0,1105 0,0802 0,3608 0,2302 0,1867 0,1519 0,1258 0,3687 0,2587 0,2221 0,1928 0,1708
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0409 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0622 0,0622 0,0624 0,0629 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,11 0,13 0,16 0,27 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 20,48 17,20 12,65 6,33 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0838 0,0845 0,0853 0,0873 0,0838 0,0838 0,0838 0,0837 0,0837 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838
Tabellenwerte: 0,12 0,17 0,23 0,35 0,12 0,12 0,12 0,13 0,13 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12
18,38 11,76 7,88 4,11 18,38 17,87 17,64 17,40 17,19 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38
μEds ω1 0,10 0,1061 0,1083 0,1109 0,1183 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061
ξ 0,15 0,25 0,35 0,60 0,15 0,17 0,19 0,21 0,26 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15
13,99 7,15 4,21 1,49 13,99 12,11 10,95 9,42 7,26 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99
εs1 [‰] 0,12 0,1291 0,1339 0,1401 0,1291 0,1295 0,1300 0,1313 0,1291 0,1289 0,1289 0,1288 0,1288
0,19 0,33 0,48 0,18 0,23 0,28 0,38 0,18 0,19 0,19 0,20 0,20
10,47 4,71 2,35 11,06 8,31 6,56 3,97 11,06 10,64 10,43 10,22 10,03
0,14 0,1529 0,1615 0,1527 0,1544 0,1568 0,1527 0,1525 0,1525 0,1524 0,1522
0,22 0,41 0,22 0,30 0,40 0,22 0,24 0,26 0,28 0,32
8,15 3,20 8,96 5,84 3,64 8,96 7,88 7,22 6,40 5,30
0,16 0,1775 0,1921 0,1770 0,1816 0,1879 0,1770 0,1774 0,1778 0,1787
0,26 0,51 0,25 0,38 0,54 0,25 0,30 0,35 0,43
6,50 2,15 7,39 3,85 1,96 7,39 5,77 4,72 3,31
0,18 0,2029 0,2265 0,2022 0,2114 0,2022 0,2040 0,2061
0,30 0,61 0,29 0,48 0,29 0,37 0,46
5,28 1,38 6,16 2,57 6,16 4,20 2,92
0,20 0,2294 0,2285 0,2448 0,2283 0,2329
0,34 0,33 0,58 0,33 0,45
4,33 5,01 1,66 5,17 3,01
0,22 0,2570 0,2559 0,2555 0,2658
0,39 0,37 0,36 0,56
3,56 4,07 4,35 1,92
0,24 0,2859 0,2846 0,2838
0,43 0,42 0,41
2,94 3,33 3,67
0,26 0,3163 0,3148 0,3134
0,48 0,46 0,45
2,42 2,71 3,09
0,28 0,3484 0,3466 0,3451
0,53 0,51 0,50
1,97 2,20 2,46
0,30 0,3827 0,3805 0,3787
0,58 0,57 0,55
1,58 1,76 1,97
613
Tabelle A.19 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1
614

(C70/85; BSt 500; s D 1; 15)


C70/85 hf / d 0,20 0,25 0,30
M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,158 0,154 0,153 0,152 0,151 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158
ξ = 0,25
ωlim 0,1750 0,1700 0,1683 0,1670 0,1660 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750
1 μEds,lim 0,212 0,190 0,183 0,177 0,172 0,212 0,202 0,199 0,196 0,194 0,212 0,210 0,209 0,208 0,208
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) ξ = 0,35
σ sd ωlim 0,2450 0,2154 0,2055 0,1976 0,1917 0,2450 0,2311 0,2264 0,2227 0,2200 0,2450 0,2413 0,2401 0,2391 0,2384
μEds,lim 0,261 0,218 0,203 0,192 0,183 0,261 0,233 0,224 0,217 0,211 0,261 0,246 0,240 0,236 0,233
ξ = 0,45
ωlim 0,3150 0,2542 0,2340 0,2178 0,2056 0,3150 0,2743 0,2607 0,2499 0,2417 0,3150 0,2911 0,2831 0,2767 0,2720
μEds,lim 0,298 0,238 0,217 0,201 0,189 0,298 0,255 0,240 0,228 0,220 0,298 0,269 0,259 0,251 0,245
ξ = 0,535
ωlim 0,3743 0,2854 0,2558 0,2321 0,2143 0,3743 0,3073 0,2850 0,2671 0,2537 0,3743 0,3270 0,3112 0,2986 0,2892
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838
Tabellenwerte: 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12
18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38
μEds ω1 0,10 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061
0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15
ξ
13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99
εs1 [‰] 0,12 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291
0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18
11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06
0,14 0,1527 0,1526 0,1526 0,1526 0,1526 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527
0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22
8,96 8,90 8,88 8,85 8,84 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96
0,16 0,1770 0,1768 0,1767 0,1765 0,1764 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770
0,25 0,26 0,27 0,28 0,28 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25
7,39 6,99 6,80 6,59 6,38 7,39 7,38 7,38 7,38 7,38 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39
0,18 0,2022 0,2020 0,2018 0,2016 0,2013 0,2022 0,2020 0,2020 0,2019 0,2018 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022
0,29 0,32 0,34 0,37 0,41 0,29 0,29 0,30 0,30 0,30 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29
6,16 5,36 4,89 4,30 3,54 6,16 6,02 5,97 5,91 5,87 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16
0,20 0,2283 0,2287 0,2290 0,2300 0,2283 0,2279 0,2276 0,2274 0,2270 0,2283 0,2282 0,2282 0,2282 0,2281
0,33 0,38 0,43 0,52 0,33 0,34 0,35 0,36 0,38 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33
5,17 4,03 3,29 2,29 5,17 4,78 4,58 4,37 4,14 5,17 5,13 5,11 5,10 5,09
0,22 0,2555 0,2575 0,2600 0,2555 0,2551 0,2548 0,2545 0,2540 0,2555 0,2550 0,2548 0,2546 0,2544
0,36 0,46 0,55 0,36 0,40 0,43 0,47 0,54 0,36 0,38 0,38 0,39 0,39
4,35 2,95 2,03 4,35 3,70 3,30 2,81 2,16 4,35 4,17 4,08 3,99 3,91
0,24 0,2838 0,2894 0,2838 0,2842 0,2848 0,2838 0,2830 0,2826 0,2820 0,2814
0,41 0,55 0,41 0,47 0,53 0,41 0,43 0,45 0,47 0,49
3,67 2,08 3,67 2,76 2,18 3,67 3,29 3,08 2,84 2,58
0,26 0,3134 0,3134 0,3163 0,3134 0,3129 0,3126 0,3123
0,45 0,45 0,56 0,45 0,50 0,54 0,60
3,09 3,09 1,98 3,09 2,50 2,14 1,68
0,28 0,3446 0,3446 0,3446 0,3456
0,49 0,49 0,49 0,58
2,58 2,58 2,58 1,80
0,30 0,3775 0,3775 0,3775
0,54 0,54 0,54
2,14 2,14 2,14
A Bemessungshilfsmittel
Tabelle A.20 Bemessungstabelle mit dimensionslosen Beiwerten für den einfach bewehrten Plattenbalken nach DIN 1045-1 (C70/85; BSt 500; s D 1; 15)

C70/85 hf / d 0,35 0,40


M Eds beff / bw 1 2 3 5 10 1 2 3 5 10
μ Eds =
beff ⋅ d 2 ⋅ f cd μEds,lim 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158 0,158
ξ = 0,25
ωlim 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750 0,1750
1 μEds,lim 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212 0,212
As1 = (ω 1 ⋅ beff ⋅ d ⋅ f cd + N Ed ) ξ = 0,35
σ sd ωlim 0,2450 0,2450 0,2450 0,2449 0,2449 0,2450 0,2450 0,2450 0,2450 0,2450
μEds,lim 0,261 0,254 0,252 0,250 0,249 0,261 0,259 0,259 0,258 0,258
A Bemessungshilfsmittel

ξ = 0,45
ωlim 0,3150 0,3039 0,3002 0,2973 0,2950 0,3150 0,3121 0,3111 0,3103 0,3097
μEds,lim 0,298 0,280 0,274 0,270 0,266 0,298 0,289 0,286 0,283 0,281
ξ = 0,535
ωlim 0,3743 0,3439 0,3338 0,3257 0,3196 0,3743 0,3575 0,3520 0,3475 0,3441
μEds 0,02 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203 0,0203
0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,04 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410 0,0410
0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07 0,07
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,06 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621 0,0621
0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09
25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00 25,00
0,08 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838 0,0838
Tabellenwerte: 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12 0,12
18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38 18,38
μEds ω1 0,10 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061 0,1061
ξ 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15
13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99 13,99
εs1 [‰] 0,12 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291 0,1291
0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18 0,18
11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06 11,06
0,14 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527 0,1527
0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22 0,22
8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96 8,96
0,16 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770 0,1770
0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25
7,39 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39 7,39
0,18 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022 0,2022
0,29 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29 0,29
6,16 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16 6,16
0,20 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283 0,2283
0,33 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33 0,33
5,17 5,17 5,17 5,17 5,17 5,17 5,17 5,17 5,17 5,17
0,22 0,2555 0,2554 0,2554 0,2554 0,2554 0,2555 0,2555 0,2555 0,2555 0,2555
0,36 0,37 0,37 0,37 0,37 0,36 0,36 0,36 0,36 0,36
4,35 4,34 4,34 4,34 4,33 4,35 4,35 4,35 4,35 4,35
0,24 0,2838 0,2834 0,2832 0,2830 0,2829 0,2838 0,2838 0,2838 0,2838 0,2838
0,41 0,41 0,41 0,42 0,42 0,41 0,41 0,41 0,41 0,41
3,67 3,58 3,54 3,50 3,47 3,67 3,67 3,67 3,67 3,66
0,26 0,3134 0,3125 0,3120 0,3114 0,3109 0,3134 0,3130 0,3129 0,3128 0,3127
0,45 0,47 0,48 0,49 0,50 0,45 0,45 0,45 0,45 0,46
3,09 2,85 2,74 2,62 2,50 3,09 3,04 3,02 3,00 2,99
0,28 0,3446 0,3434 0,3427 0,3418 0,3446 0,3435 0,3430 0,3425 0,3420
0,49 0,53 0,56 0,60 0,49 0,51 0,51 0,52 0,53
2,58 2,19 1,96 1,70 2,58 2,43 2,36 2,30 2,23
0,30 0,3775 0,3772 0,3775 0,3759 0,3749 0,3739
0,54 0,61 0,54 0,57 0,59 0,62
615

2,14 1,58 2,14 1,86 1,72 1,55


616 A Bemessungshilfsmittel
R
Tabelle A.21 Integraltafel (Werte der Integrale Mi Mk dx D
l Tafelwert)

αl βl
Zeile

∫ i dx
k k k1 -k 2
k k2
l k
k

1 i i ik 1 ik 1 i (k + k ) 0 1 ik i2
1 2
2 2 2

2 i 1 ik 1 ik 1 i (k + 2k ) - 1 ik 1 ik (1 + α) 1 i2
1 2
2 3 6 6 6 3

3 i 1 ik 1 ik 1 i (2k + k ) 1 ik 1 ik (1 + β) 1 i2
1 2
2 6 6 6 6 3

4
i1
i2
1 k (i + i )
2 1 2
1 k (i + 2i )
6 1 2 [
1 i1 (2k1 + k2)
6 + i2 (k1 + 2k2) [ 1 k (i - i )
6 1 2 [
1 k i1 (1 + β)
6 + i2 (1 + α) [ 1 (i2 + i i + i2)
3 1 12 2

-i 1 i (k - k ) 1 ik 1 ik (1 - 2α)
5 0 - 1 ik 1 2
1 i2
i 6 6 3 6 3

6 1 ik 0 1 ik 1 ik 1 ikβ 1 i2
i -i/2 4 4 1 4 4 4

7 1 ik 1 ik 1 ik - 1 ik 1 ikα 1 i2
-i/2 i 4 4 4 2 4 4 4
l/2
8 1 ik 1 ik 1 i (k + k ) 0 ik (3 - 4α2) 1 i2
1 2
2 4 4 12β 3
i

[ [
γl δl ik (2γ - γ2 - α2)
9 1 ik 1 ik (1 + γ) 1 i k1 (1 + δ) 1 ik (1 - 2γ) 1 i2
6βγ
2 6 6 + k2 (1 + γ) 6 γ≥α 3
i

10 2 ik 1 ik 1 i (k + k ) 0 1 ik (1 + αβ) 8 i2
i 3 3 3 1 2
3 15
quadr. Parabel

11 i 2 ik 1 ik 1 i (5k + 3k ) 1 ik ik (5 - α - α2) 8 i2
1 2
quadr. Parabel 3 4 12 6 12 15

1 i (3k + 5k ) ik (5 - β - β2)
12 i 2 ik 5 ik
1 2 - 1 ik 8 i2
quadr. Parabel 3 12 12 6 12 15

13 i 1 ik 1 ik 1 i (k + 4k )
1 2 - 3 ik ik (1 + α) (1 + α2) 1 i2
kub. Parabel 4 5 20 20 20 7

14 i 1 ik 1 ik 1 i (4k + k ) 3 ik ik (1 + β) (1 + β2) 1 i2
1 2
kub. Parabel 4 20 20 20 20 7

Grundwerte für Vorspannung

P P
zpA
symmetrischer
P P
zpm Spanngliedverlauf
15 -Pk [zpm (1 - α) - P k [zpm (1 - α) z+
2
+ zpA α] + zpA α]
αl αl
l
kub. Parabel kub. Parabel
Gerade

-Pk P

[ [
6 P zpA
P 2,5zpm
P zpm
16 __ . - β(2zpm - 3zpA) z+
+ β2(0,4zpm
- 0,9zpA) αl βl
l
quadr. Parabel kub. Parabel
Bildnachweis 617

Bildnachweis

Bilfinger Berger AG, Mannheim: Abbn. 1.22–


1.24. Lehrstuhl für Massivbau, Technische Uni-
versität München: Abbn. 1.16–1.19, 1.21, 2.1, 3.34,
5.5, 15.16 a. Dr.-Ing. A. Müller, Sherbrooke:
Abb. 7.56. Pressefoto Peters, Berlin: Abb. 2.2. Dr.-
Ing. F. Roos, München: Abbn. 14.1, 14.2, 15.7,
15.31. Schäfer Bauten, Ibbenbüren: Abb. 5.4. Sta-
toil: Abb. 15.1. Steidle und Partner, München:
Abb. 1.20 STRABAG AG, Köln: Abb. 1.5

Die Abbn. 9.2 und 9.3 wurden Wood (2003) ent-


nommen, Abb. 9.4 ist auf der Homepage der korea-
nischen National Emergency Management Agency zu
finden (www.nema.go.kr).
Index

abgesetztes Auflager, 155 Allgemeines Bemessungsdiagramm, 205


Abstandhalter, 546 Interaktionsdiagramm, 218
additiver Sicherheitsbeiwert, 34 Bemessungskennwerte
Adhäsion, 279, 288 Beton, 64
Akkumulationshypothese, 472 Betonstahl, 93
Allgemeines, 205 Leichtbeton, 87
Alterungsbeiwert, 81 Spannstahl, 97
Anforderungen an Bauten, 21 Bemessungssituationen
Anforderungsklassen, 413 GZG, 44
angehängte Lasten, 268 GZT, 41
Ankerkörper, 143 Bemessungswerte, 32
Anschlussfuge, 277 Bernoulli, 132
Anschnittmoment, 55 Beton, 59
Anwendungsregeln, 26 Bruchenergie, 70
Aufhängebewehrung, 267, 343, 571 Dauerstandfestigkeit, 63
Aufhängefachwerk, 343, 349, 352 Druck, 78
Auflager Zug, 79
direktes, 266 Druckbeanspruchung, 60
frei drehbares, 54 Druckfestigkeit, 61
indirektes, 266, 267, 571 mehrachsiale, 107
monolithisches, 55 bei Querkraftbeanspruchung, 255
auflagernahe Lasten, 266 bei Torsionsbeanspruchung, 305
Ausklinkung, 155 Bemessungswerte, 64
charakteristischer Wert, 62
balance force Nbal , 218 effektive, 106
Baur, W., 15 für nichtlineare Berechnungen, 501
Bauschinger-Effekt, 93 mehrachsiale, 106
Beanspruchungskollektiv, 457 Umrechnung, 68
Belastungsfläche, 112, 149 Druckfestigkeitsprüfung, 61
Bemessung Elastizitätsmodul, 63
für Durchstanzen effektiver, 81, 368
mit Durchstanzbewehrung, 345, 352 Festigkeitsklassen, 59
ohne Durchstanzbewehrung, 331 Karbonatisierung, 530
für kombinierte Beanspruchungen, 307 Konformitätskontrolle, 59
für Querkraft Korrosion, 533
mit Querkraftbewehrung, 257 Kriechen, 74
ohne Querkraftbewehrung, 243 Kriechzahl, 74
für reine Torsion, 306 Leichtbeton, 86
für überwiegende Biegung, 203 Mindestfestigkeitsklasse, 534
für überwiegende Längskraft, 216 nichtlineares Kriechen, 76, 405
für zentrischen Druck, 217 Normalbeton, 59
für zentrischen Zug, 216 Relaxation, 82
für Zwang, 507 Relaxationszahl, 82
Bemessungshilfsmittel, 212 Rissverzahnung, 115
!-Tafeln, 212 Schwinden, 83
!-Tafeln für Plattenbalken, 223 Spannungs-Dehnungs-Linien, 63

619
620 Index

Spannungsbegrenzung im GZG, 405 Dehnungsverteilungen, 196


Wöhlerlinien, 453 Konstruktionsregeln, 559
zeitabhängiges Verhalten, 72 Tragverhalten, 191
Zugbeanspruchung, 68 Versagensformen, 7, 196
Zugfestigkeit Bredt’sche Formeln, 297
Biegezugfestigkeit, 71 Bruchhypothesen, 108
effektive, 418 Bruchkriterium, 108
Prüfung, 71 Mohr-Coulomb, 109, 281
Spaltzugfestigkeit, 71 Bruchmechanik, 445
Betonangriff, 533 Bruchprozesszone, 243
Betondeckung, 535, 546 Bügel, 248, 341
Betonstahl, 89 Anordnung, 565
Arten, 91 Formen, 564
Bauschinger-Effekt, 93
Bemessungskennwerte, 93 CEB, 15
bezogene Rippenfläche, 93, 100 charakteristische Länge, 70
Biegen, 547 charakteristische Werte, 28
Duktilität, 92 Chloride, 530
Duktilitätsklassen, 92, 492 Concrete-Capacity-Verfahren, 117
Ermüdungsfestigkeit, 445 Coulomb’sches Reibungsgesetz, 280
Korrosion, 447, 531
Spannungsbegrenzung im GZG, 405 D-Bereiche, 132
Verankerung, 549 DAfStb, 13
Wöhlerlinie, 449 Dauerfestigkeit, 441, 442, 474
Betonstahlverbindungen, 448, 558 Dauerfestigkeitsnachweis, 439
Betontraganteil, 252, 258 Dauerhaftigkeit, 23, 25, 529
Betriebsbelastung, 442 Prinzipien, 533
Betriebsfestigkeitsnachweis, 439, 440, 471 Spannstahl, 97
Betriebslasten, 456 Dauerhaftigkeitsbemessung, 534
Betriebslastfaktoren, 476 Dauerschwingversuch, 440, 446
Bewehren, 543 Dauerstandfestigkeit
Bewehrung Beton
Wirkungsbereich, 417 Druck, 78
Bewehrungszeichnung, 571 Zug, 79
Plankopf, 573 DBV, 13
Stabauszug, 573 Dehnungsnulllinie, 192
Stahlliste, 575 Dehnungsverteilungen, 196
bezogene Rippenfläche, 93, 100 Dekompression, 8, 187, 432, 463
Bezugsachsen, 47 Depassivierung, 530
Biegebemessung Differentialgleichung des Verbundes, 104
bei ausgenutzter Druckzone, 215 dimensionslose Bemessungstabellen (!-Tafeln), 212
bei Kreisquerschnitten, 226 Dischinger, F., 14, 73
bei Kreisringquerschnitten, 226 Diskontinuitätsbereiche, 132
bei Plattenbalken, 222 Doppelkopfbolzen, 341
bei schiefer Biegung, 226 Anordnung, 350
bei vorgespannten Querschnitten, 227 Bemessung, 349
Bemessungshilfsmittel, 212 Druck-Zug-Knoten, 142
Näherungen, 214 Nachweis, 143
Querschnitte mit Druckbewehrung, 208 Druckbewehrung, 208
Querschnitte ohne Druckbewehrung, 203 Druckfestigkeit
Biegerollendurchmesser, 446, 547 Beton, 64
Biegeschlankheit effektive, 106, 118
Begrenzung, 409 effektive bei Schubfugen, 283
Flachdecken, 316 einachsiale, 64
Biegeschubversagen, 240, 250 Leichtbeton, 87
Biegesteifigkeit mehrachsial, 111
im reinen Zustand II, 198, 385 mehrachsiale, 106
im Zustand I, 382 Umrechnung, 68
wirksame, 388 Druckgurt, 235
Biegeverformungen (GZG), 381 Druckknoten, 142
Begrenzung, 407 Nachweis, 142
Biegezugfestigkeit, 71 Druckspannungsfeld
Biegung fächerförmiges, 141
Index 621

flaschenförmiges, 112, 129, 141, 152 nicht vorwiegend ruhende, 456, 458
Kontinuität von, 142 Einwirkungskombinationen, 39
prismatisches, 141 GZG, 45
Druckstreben, 140 GZT, 41
Druckstrebenfestigkeit, 120 Einzelrissbildung, 371
bei Querkraft, 120 Eisenbeton, 13
bei Querkraftbeanspruchung, 255 Elastizitätsmodul
bei Stabwerkmodellen, 141 Beton, 63
bei Torsion, 120 effektiver, 81, 368
bei Torsionsbeanspruchung, 305 Betonstahl, 93
Druckstrebenneigung wirksamer, 377
bei Ermüdungsbeanspruchung, 467 Leichtbeton, 87
bei Querkraft, 258 Spannstahl, 97
bei Torsion, 305 Elastizitätstheorie, 494
Druckzonenhöhe mit Umlagerung, 498
Grenzwerte, 209 Ermüdungsfestigkeit
im Zustand II (GZG), 384 Betonstahl, 445
Dübel, 117 Spannglieder, 451
Dübelleisten, 341 Spannstahl, 450
Dübelwirkung, 116, 242, 280 Ermüdungsnachweis, 43, 439, 471
Duktilität, 492 Nachweiskonzepte, 443
Betonstahl, 92 Ersatzhohlkasten, 300, 304
Biegung, 199 Ersatzrahmenverfahren, 319
Durchbiegung, 407 Ersatzstützweite, 410
Durchhang, 407 EUROCODE 2 (EC 2), 17
Durchläufer, 440 Expositionsklassen, 413, 534
Durchstanzbewehrung, 341 exzentrische Stützenlasten bei Durchstanzen, 324
Anordung, 349, 353
Verankerung, 343 Fachwerkanalogie
Durchstanzen, 313 erweiterte, 251
Ablaufschema nach DIN 1045-1, 346 klassische, 251
bei exzentrischen Lasten, 324 Fachwerkmodell, 130
bei Fundamenten, 354 für Druckgurte, 273
bei vorgespannten Flachdecken, 358 für Durchstanzen, 343
geometrische Randbedingungen, 332 für Querkraft, 251
Nachweis für Torsion, 301
mit Durchstanzbewehrung, 345, 352 für Zuggurte, 274
ohne Durchstanzbewehrung, 331 mit Rissreibung, 258
ohne Durchstanzbewehrung, 321 fib, 15
Durchstanzkegel, 321 Finsterwalder, U., 14
dynamischer Vergrößerungsfaktor, 456 FIP, 15
Flachdecke
Eckstützen, 325 vorgespannte, 358
effektive Betonzugfestigkeit, 418 Flachdecken, 315
effektive Wanddicke, 304 Flächengründungen, 354
effektive Zugzone, 373, 417 Flächentragwerke, 3
effektiver E-Modul, 81, 368 Platten, 3
Eigenspannungen, 37, 423 Schalen, 3
Einleitung konzentrierter Kräfte, 109, 111, 148, 313 Scheiben, 3
Einleitungslänge, 372 flaschenförmiges Druckspannungsfeld, 152
Einstufenversuch, 440 Formänderungsarbeit, 136
Einwirkung, 36 freie Spanngliedlage, 360
aus Erdbeben, 39 Freyssinet, E., 14
außergewöhnliche, 39 Fundamente, 354
direkte, 37
indirekte, 37 Gebrauchsfähigkeit, 21
nicht vorwiegend ruhende, 37 Gebrauchstauglichkeit, 23, 403
repräsentativer Wert, 39 Geilinger Stahlpilz, 341
ruhende, 37 Gitterträger, 341
ständige, 38 Gleichgewichtstorsion, 525
veränderliche, 39 Goodman-Diagramm, 442, 466
Einwirkungen Grenzdurchmesser, 419
dynamische, 456, 458 Grenzwertsätze
622 Index

kinematischer, 131 Konsole, 152


statischer, 131 gedrungene, 153
Grenzzustand, 22 schlanke, 153
der Dekompression, 432 Konstruktionsregeln, 26
der Gebrauchstauglichkeit, 23, 403 für Balken, 559
der Tragfähigkeit, 22 Torsion, 567
maßgebender, 406 Biegung, 559
Nachweiskonzepte, 24 Querkraft, 564
Grenzzustandsgleichung, 31 für Plattenbalken, 568
Grundgesamtheit, 27 für Stützen, 568
Grundkombination, 464 zur Rissbreitenbegrenzung, 418
Grundmoment, 458, 463 Koordinatensysteme, 46
Gründungen, 354 Kopfbolzen, 117
Gurtanschluss, 272, 469 Koppelfugen, 465
Gurtstreifen, 318, 319 Korrosion, 529
Beton, 533
Haftverbund, 279, 288 der Bewehrung, 447, 530
Hauptdruckspannung, 108 Einfluss von Rissen, 532
Hauptmomente, 318 Reibkorrosion, 451
Hauptspannungen, 107, 127, 238, 297 Sauerstoffkorrosion, 531
Hauptspannungsbilder, 127 Spannstahl, 533
Hauptzugspannung, 108 Spannungsrisskorrosion, 97
Hennebique, F., 13 Kraftfluss, 127
high cycle fatigue, 440 Kraftsteuerung, 373
Histogramm, 27 Kranbahnen, 457
Hochleistungsbeton, 15 Betriebslastfaktoren, 476
Höchstbewehrung, 559 Kreisquerschnitte
Höhenbeiwert ka , 201, 503 Biegebemessung, 226
Höhenversprung bei Balken, 157 Interaktionsdiagramm, 226
Hoyer-Effekt, 106 Kriechen, 74
bei veränderl. Spannungen, 79, 367
Idealisierungen effektiver E-Modul, 81
des Tragverhaltens, 493 Komplianzfunktion, 75
des Tragwerks, 52 Kriechfunktion, 75
Innenstützen Kriechzahl, 74
exzentrische Lasten, 324 lineares, 74
Innenverankerung von Spanngliedern, 138 nichtlineares, 74, 76, 405
Interaktion Relaxationsbeiwert, 81
Biegung-Querkraft, 247, 263 Superposition, 79, 367
Längsschub-Querbiegung, 274 Zugkriechen, 79
Torsion-Biegung, 308 Kriechverformungen
Torsion-Querkraft, 308 bei Biegebeanspruchung
Interaktionsdiagramm, 218 Zustand I, 396
für Kreisquerschnitte, 226 Zustand II, 397
für Kreisringquerschnitte, 226 bei Druckbeanspruchung, 367
für Rechteckquerschnitte, 218 Einfluss der Bewehrung, 369
Invarianten des Spannungstensors, 107 kritischer Rundschnitt, 323, 333
Isler, H., 4 an freien Rändern, 333
bei Fundamenten, 356
Kani’sches Schubtal, 247 bei Öffnungen, 334
Karbonatisierung, 530 kritischer Schubriss, 239, 321, 342
Keilschlupf, 176 Kurzzeitfestigkeit, 441
Kernfläche, 297, 304
Kesselformel, 166 Lagerungsbedingungen, 53
Kirchhoffsche Plattentheorie, 317 Lasteinleitung, 109, 111, 148
Knoten exzentrische, 150
kontinuierlicher, 129 zentrische, 148
konzentrierter, 129 Lasteinzugsflächen, 320
Nachweis von, 142 Lasterhöhungsbeiwert ˇ , 325, 326, 349
Kollapsbewehrung, 339 bei zweiachsiger Ausmitte, 330
Kombinationsbeiwerte, 39 konstante Beiwerte, 330
kombinierte Beanspruchungen, 307 nach Nölting, 328
Kongresshalle Berlin, 24 nach Vocke, 329
Index 623

Lastpfad, 127 Passformen, 547


Lastpfadmethode, 135 Pilzdecken, 315, 334
Lastsektoren, 320 Pipers Row Parkhaus, 313
Lebensdauer, 440 plastisches Gelenk
Lebensdauerlinie, 444, 473 Biegerissgelenk, 491
Leichtbeton, 86 Rotation, 491
Leiteinwirkung, 39 Rotationsfähigkeit
Leonhardt, F., 15 mögliche, 492
Lochleibungspressung, 117 Nachweis, 502
low cycle fatigue, 440 Schubrissgelenk, 489, 491
Plastizitätskreis, 257
M- -Diagramm, 464 Plastizitätstheorie, 131
Maßstabseffekt, 243, 322 Grenzwertsätze, 131
Maillart, R., 14, 316 kinematischer Grenzwertsatz, 496
Makrokorrosionselemente, 532 Querkraftbemessung, 256
Makrorauigkeit, 115 Schnittgrößenermittlung, 496
Maschinenfundamente, 457, 458 statischer Grenzwertsatz, 256, 496
mechanischer Bewehrungsgrad, 204 Platten
Begrenzung, 336 einachsig gespannt, 315
mehrachsiale Festigkeit, 107 mehrachsig gespannt, 315
Membrangleichnis nach Prandtl, 298 punktgestützte, 315
Mikrokorrosionselemente, 531 vorgespannte, 358
Mikrorauigkeit, 115 Plattenbalken
Mindestbetonfestigkeitsklasse, 534 asymmetrische, 225
Mindestbewehrung, 559 Biegebemessung, 222
bei Durchstanzen, 346, 353 Bügelformen, 564
für Biegung Gurtanschluss, 272
Spannbetonbauteile, 232 Klassifizierung, 222
Stahlbetonbauteile, 231 Konstruktionsregeln, 568
für Querkraftbeanspruchung, 264 mitwirkende Breite, 48
zur Begrenzung der Rissbreite, 420, 509 Stegbewehrung, 568
Mindestmomente Plattentheorie
bei Flachdecken, 336 nach Kirchhoff, 317
mitwirkende Breite, 48 nach Reissner-Mindlin, 318
Mitwirkung des Betons auf Zug, 375 Portlandzement, 12
ModelCode 1990, 17 Positionspläne, 572
Modellbildung, 2, 52 Prinzip der virtuellen Kräfte, 382, 388
Mohr’scher Spannungskreis, 108 Prinzipien, 26
Mohr-Coulomb-Bruchkriterium, 109, 281
Progressiver Kollaps, 314, 339
Momenten-Krümmungs-Beziehung
Pull-Out-Versuche, 101
Berechnung, 388
punktgestützte Platten, 315
für nichtlineare Schnittgrößenermittlung, 502
Puzzolane, 12
im reinen Zustand II, 198
Momentenfaktor, 325, 327
Monier, J., 13 Quantil, 28
Mörsch, E., 13, 130 Quantilfaktoren, 29
Quasi-Dauerfestigkeitsnachweis, 445, 477
Nachlasslänge, 177 Querbewehrung
nachträglicher Verbund, 162 bei Stützen, 569
Nachweiskonzepte bei Übergreifungsstößen, 556
GZG, 44 bei Verankerungen, 551
GZT, 40 Querkraft
Nervi, P.L., 2, 14 Bemessungsschnitt, 265
nichtlineare Schnittgrößenermittlung, 500 Konstruktionsregeln, 564
Normalbeton, 59 Tragmodelle
Normalspannungshypothese, 109 Bogen-Zugband, 240
numerische Integration, 388 Fachwerkmodell, 251
Schubwandmodell, 251
Oberflächenbeschaffenheit von Schubfugen, 282 Sprengwerk, 240
Opus Caementitium, 12 Zahnmodell, 241
Tragverhalten
Palmgren-Miner-Hypothese, 444, 472, 474 bei Ermüdungsbeanspruchung, 466
Pantheon, 12 bei gegliedertem Querschnitt, 272
Parabel-Rechteck-Diagramm, 65, 201 mit Querkraftbewehrung, 249
624 Index

ohne Querkraftbewehrung, 239 Einfluss auf Korrosion, 532


Versagensformen, 7 Längsrisse, 412
bei Ermüdungsbeanspruchung, 466 Oberflächenrisse, 412
mit Querkraftbewehrung, 250 Sammelrisse, 412
ohne Querkraftbewehrung, 240 Spaltrisse, 412
Querkraftaufbiegung, 248, 251 Torsionsrisse, 300
Querkraftbemessung Trennrisse, 412
mit Querkraftbewehrung, 257 Ursachen, 412
ohne Querkraftbewehrung, 243 Rissprozesszone, 68, 243
Querkraftbewehrung, 341 Rissschnittgröße, 193
Arten, 248, 564 Rissverzahnung, 115, 242
kritischer Querschnitt bei Ermüdung, 468 Robinson-Faktor, 118
Querkraftdeckung, 565 Robustheitsbewehrung, 231
Querkraftdorn, 117 Rohbauzeichnungen, 572
Querkrafttragfähigkeit Romanzement, 12
bei Durchstanzen Ronan Point Accident, 22
im kritischen Rundschnitt, 337 Rotationsfähigkeit, 492
maximale, 346 Nachweis, 502
mit Querkraftbewehrung, 257 Rundschnitt
ohne Querkraftbewehrung, 243 äußerster, 349
Querschnittswerte für die Bemessung der Bewehrung, 347
Bruttoquerschnitt, 51 kritischer, 323, 333
ideeller Nettoquerschnitt, 171 Rüsch, H., 14
ideeller Querschnitt, 52, 366
im reinen Zustand II, 383 Saint-Venant
Nettoquerschnitt, 52 Prinzip von, 133
Sampoong Departement Store, 314
Rahmenecke, 145 Sandflächenverfahren, 283
Rainflow, 459 Schädigungssumme, 471
Randstützen, 325 Schadensäquivalenz, 475
Rauigkeit, 282 Schadensfall
mikro bzw. makro, 115 Kongresshalle Berlin, 24
Rautiefe, 283 Parkhaus Pipers Row, 313
Reibbeiwert, 280, 283 Reussbrücke Wassen, 490
Reibermüdung, 451 Ronan Point Accident, 22
Reibkorrosion, 451 Sampoong Departement Store, 314
Reibungsverbund, 279 Sleipner A, 544
Relaxation Schadenstoleranz, 22
Beton, 82 Schalpläne, 572
Spannstahl, 96 Scherbolzen, 117
Relaxationsbeiwert, 81, 367 schiefe Biegung, 226
Relaxationszahl, 82, 514 Schnittgrößen
Rendulic-Ebene, 111 aus Vorspannung
Reservoir, 459 statisch bestimmte Wirkung, 164
Reussbrücke Wassen, 490 statisch unbestimmte Wirkung, 518
Rissabstand Schnittgrößenermittlung, 317, 493
maximaler, 372, 416 bei Betriebslasten, 458
minimaler, 372 bei Flachdecken, 318
Rissbild bei Fundamenten, 355
abgeschlossenes Rissbild, 371, 416 Elastizitätstheorie, 494
Einzelrisse, 371, 415 Elastizitätstheorie mit Umlagerung, 498
Rissbildung, 371 mehrachsig gespannte Platten, 318
Rissbreite nichtlineare Berechnung, 500
Begrenzung, 411 Plastizitätstheorie, 496
bei Spannbeton, 434 punktgestützte Platten, 318
Berechnung Schrägstäbe, 341, 348
abgeschlossenes Rissbild, 416 Schub-Reibungs-Theorie, 118, 280
Einzelriss, 415 Schubfuge, 277
Grundlagen, 415 Bemessungsmodell, 281
Risse Haftverbund, 279, 288
Biegerisse, 6, 412 Interaktion mit Querkraftbemessung, 285
Biegeschubrisse, 6, 239 Nachweis, 282
Durchstanzrisse, 321 Rauigkeit, 282
Index 625

Reibungsverbund, 279 Relaxation, 96


senkrecht zur Stabachse, 288 Spannungsrisskorrosion, 23, 97, 406
Schubfugen Vordehnung, 187
Ermüdungsfestigkeit, 469 Wöhlerlinien, 452
Schubschlankheit , 236, 323, 357, 492 Spannstahlspannungen
Schubspannungen, 237 Begrenzung im GZG, 406
Schubsteifigkeit, 399 für den Ermüdungsnachweis, 465
Schubtal nach Kani, 247 zulässige, 184
Schwinden, 83, 369 Spannungs-Dehnungs-Linien
Schwindverformungen, 369 Beton
im Zustand I, 397 bilineare, 64, 202
im Zustand II, 398 für die Querschnittsbemessung, 64
Schwingbeiwert, 456 für die Verformungsberechnung, 63
Schwingbreite, 440 Parabel-Rechteck-Diagramm, 64, 201
Sicherheitsbeiwert Spannungsblock, 64, 202
additiver, 34 Betonstahl, 93
Sicherheitsindex, 31 für nichtlineare Berechnungen, 500
Sicherheitskonzept, 26 Spannstahl, 97
bei Ermüdungsnachweisen, 471 Spannungsbegrenzung im GZG, 404
für nichtlineare Berechnungen, 501 Betondruckspannung, 405
semi-probabilistisches, 35 Betonstahlspannung, 405
Sleipner A, 544 Spannstahlspannung, 406
sofortiger Verbund, 162 Spannungsblock, 64, 202
Sohldruckspannungen, 355 Spannungsfelder, 10, 128, 251
Spaltzugfestigkeit, 71 Spannungskollektiv, 443
Spaltzugkraft, 148 Spannungskollektive, 458
Spaltzugspannungen, 148 Spannungsrisskorrosion, 23, 97, 232
Spannbeton Spannungsschwingbreite, 440
Berechnungsgrundlagen, 161 schädigungsäquivalente, 475
Besonderheiten bei Ermüdung, 462 Spannungstensor, 107
Biegebemessung im GZT, 227 Spannungszustand
Prinzip, 8 eben, 108, 110
Rissbreitenbegrenzung, 434 mehrachsial, 107
Spannungsermittlung im GZG rotationssymmetrisch, 111
Biegung, 386 Spannverfahren, 98
zentrischer Zug, 378 Stababstände, 545
Spannbett, 162 Stabbündel, 545
Spannbettzustand, 187, 464 Stabwerkmodell, 10, 494
Spannglieder Stabwerkmodelle, 129
äquivalenter Durchmesser, 105 Druckstreben, 140
Ermüdungsfestigkeit, 451 Ermittlung der Stabkräfte, 137
Innenverankerung, 138 für abgesetzte Auflager, 155
Verbundbeiwerte, 380 für Balken mit Höhenversprung, 157
Verbundverhalten, 105 für Konsolen, 152
Spanngliedführung für Lasteinleitung, 148
bei gekrümmten Trägern, 170 Knoten, 142
freie Spanngliedlage, 360 Nachweis von, 140
kreisförmige, 167 statisch unbestimmte, 137
parabolische, 167 typische, 147
Spanngliedverankerung, 114 Zugstreben, 140
Spannkraftverluste, 171 Standardabweichung, 28
aus elastischer Betonverkürzung, 178 statisch unbestimmte Systeme
aus Keilschlupf, 176 Schnittgrößenermittlung, 493
aus Reibung, 173 Tragverhalten, 487
während des Spannvorgangs, 173 vorgespannte, 517
zeitabhängige Zwang, 506
Vorspannung mit Verbund, 181 statische Nutzhöhe
Vorspannung ohne Verbund, 183 für Durchstanznachweis, 332
Spannstahl, 95 statischer Grenzwertsatz, 256, 496
Arten, 95 Statisches Moment, 237
Bemessungskennwerte, 97 Stegdruckversagen, 250
Dauerhaftigkeit, 97 Stegzugversagen, 240
Ermüdungsfestigkeit, 450 Stichprobe, 27
626 Index

Stöße von Bewehrungsstäben von Bügeln, 564


durch mechanische Verbindung, 448, 558 von Durchstanzbewehrung, 343
Schweißstöße, 447, 559 Verankerungslänge, 143
Übergreifungsstöße, 555 Grundmaß, 550
Anordnung, 557 Nennmaß, 550
Querbewehrung, 556 Verankerungsversagen, 240, 250, 302
Übergreifungslänge, 555 Verbund, 99
Stützenkopfverstärkungen, 334 -spannungs-Schlupf-Beziehung, 99
Stützstreifen, 319 Ausziehversagen, 100
Stützstreifenvorspannung, 358 bei Schubfugen, 277
Stützweite Differentialgleichung, 104
effektive, 54 Einflussgrößen, 102
Ersatzstützweite, 410 Mechanismen, 99
Systemwechsel, 516 nachgiebig, 277
nachträglicher, 162
Teilfertigdecken, 277 Prüfung, 101
Teilflächenbelastung, 109, 111, 149 sofortiger, 162
Teilsicherheitsbeiwerte, 32 Spannglieder, 105
für Einwirkungen, 42 starr, 277
für Materialien, 43 Verbundbaustoff, 1, 99
Tension Stiffening, 375 Verbundbedingungen, 549
Torsion, 295 Verbundbeiwerte, 380, 465
bei statisch unbestimmten Systemen, 525 Verbundbewehrung, 280
Fachwerkmodell, 301 Anordung, 287
Gleichgewichtstorsion, 525 Anrechenbarkeit, 287
Konstruktionsregeln, 567 Verbundgesetze, 103
profilierte Querschnitte, 306 Verbundkriechen, 103, 378
Saint-Venant’sche Torsion, 296 Verbundspannung, 99
Tragverhalten, 300 Bemessungswert, 549
Versagensformen, 302 Mittelwert, 418
Verträglichkeitstorsion, 525 Verbundträgerkreuz, 341
Wölbkrafttorsion, 299 Verbundverankerung, 143
Torsionsbemessung, 306 Verbundversuche, 101
Torsionssteifigkeit Verformungen
im Zustand I, 297, 400 bei Biegung
im Zustand II, 300, 400 kurzzeitige, 381
Torsionsträgheitsmoment, 297 vereinfachte Berechnung, 392
Torsionswiderstandsmoment, 297 zeitabhängige, 395
Tragelemente bei Längsdruckkraft
Balken, 2 kurzzeitige, 366
Bogen, 2 zeitabhängige, 367
Stützen, 2 bei Längszugkraft
Tragwerk, 2 kurzzeitige, 371
Idealisierungen, 52 zeitabhängige, 378
Trajektorien, 4, 127 bei Querkraftbeanspruchung, 399
Trajektorienbewehrung, 136 bei Torsionsbeanspruchung, 400
Verformungssteuerung, 373
Umlagerung von Schnittgrößen, 498 Versagensankündigung, 21
Umlagerungsfaktor, 489, 498 Versagensformen, 7
Umlagerungsgrad, 489 Biegung, 7, 196
Umlenkkraftmethode, 166, 359, 520 Querkraft
Umlenkung von Bewehrung, 142, 145 mit Querkraftbewehrung, 7, 250
Umlenkwinkel ohne Querkraftbewehrung, 240
planmäßiger, 174 Torsion, 302
ungewollter, 174 Versagenswahrscheinlichkeit, 31
Unterstützungskörbe, 546 Versatzmaß, 247, 251, 263, 560
Verteilungsbeiwerte, 392
Variationskoeffizient, 28 Verteilungsdichte, 27
Verankerung, 143, 549 Verteilungsfläche, 112
am Endauflager, 562 Verteilungsfunktion, 27
am Zwischenauflager, 562 Extremwert-I-Verteilung, 30
durch Ankerkörper, 143, 553 log-Normalverteilung, 29
durch Verbund, 143, 549 Normalverteilung, 28
Index 627

Verträglichkeit der Verformungen, 135 Wöhlerversuch, 441


Verträglichkeitstorsion, 525 Wölbkrafttorsion, 299
Vitruv, 12
Völligkeitsbeiwert, 377 Zählverfahren, 459
Völligkeitsbeiwert ˛R , 201, 503 Zahnmodell, 241
Vordehnung, 187 zeitabhängiges Verhalten
Vorspannkraft Auswirkungen auf Zwang, 512
Bemessungswerte, 186 Beton, 72
charakteristische Werte, 186 Leichtbeton, 87
Rechenwerte, 184 Spannstahl, 96
Spannbettkraft, 187 Zugfestigkeit
zulässige, 184 Beton, 71
Vorspannung, 161 Betonstahl, 91
Arten, 161 Leichtbeton, 87
extern, 16 Spannstahl, 95
mit nachträglichem Verbund, 162 Zuggurt, 235
mit sofortigem Verbund, 162 Zugkraftdeckung, 560
ohne Verbund Zugkraftlinie, 560
extern, 163 Zugstreben, 140
intern, 163, 358 Zustand I, 4, 371
Prinzip, 8 Zustand II, 5, 371
Spannungsermittlung, 171 Zuverlässigkeit, 21, 31
statisch bestimmte Wirkung, 164 Zuverlässigkeitstheorie, 30
statisch unbestimmte Wirkung, 164, 517 Zwang
von Platten, 358 Überlagerung mit Last, 509
äußerer, 37, 506
Wöhler, A., 441 Abbau durch Kriechen, 512
Wöhlerlinie, 441 Ansatz in Nachweisen, 511
bei Querkraftbeanspruchung, 466 Bemessung für, 507
für Betonstahl, 449 innerer, 37, 506
Wöhlerlinien langsam auftretender, 515
Beton, 453 plötzlich auftretender, 514
Spannglieder, 452 Schnittgrößenermittlung, 510
Spannstahl, 452 Systemwechsel, 516

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