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Kronleuchter

„Lux ad illuminandas gentes“,

Studien zu Schaftkronleuchtern
aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts
in Norddeutschland

Textband

Inauguraldissertation

an der

Philosophischen Fakultät

der Christian-Albrechts-Universität

zu Kiel

vorgelegt von

Erdmute Beate Mascher, M.A.

Preetz / Holstein

2004
Erstgutachter: Prof. Dr. U. Albrecht
Zweitgutachter: Prof. Dr. A. von Buttlar
Tag der mündlichen Prüfung: 07.07.2004
Zum Druck genehmigt am: 23.07.2004
Dekan: Prof. Dr. S. Oechsle
alle Rechte vorbehalten

- II -
INGRID († 2000) und FRIEDRICH MASCHER, Preetz
in Dankbarkeit und Liebe gewidmet

- III -
Inhalt

Vorwort

Dank

1. Einleitung.................................................................................................1

1.1 Thematik und Methodik ......................................................................1

1.2 Forschungsgeschichte.........................................................................5
1.2.1 Kronleuchter – Metallgießer........................................................5
1.2.2 Werkstoff und Technik – zur Verbreitung der Kronleuchter............ 28

1.3 Quellen .......................................................................................... 33


1.3.1 Schriftquellen......................................................................... 33
1.3.2 Bildquellen............................................................................. 36

2. Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze des 16. bis 18. Jahrhunderts
in Norddeutschland.................................................................................. 41

2.1 Bronze und Messing als Werkstoff für Kronleuchter ............................... 41


2.1.1 Theorien zur Herstellung von Schaftkronleuchtern – Formguss
und/oder Wachsausschmelzverfahren mit verlorenem Modell.......... 44

2.2 Morphologie, Konstruktion und Zierrat des Schaftkronleuchters –


die Besonderheiten des Winkelarmkronleuchters der Renaissance
sowie des Kugelkronleuchters des Barock ............................................ 49
2.2.1 Die Schaftkronleuchter aus Messing der Renaissance ................... 53
2.2.2 Barocke Kugelkronleuchter aus Messing ..................................... 54

2.3 Die Verbreitung der Schaftkronleuchter............................................... 56

2.4 Die Hängung von Kronleuchtern......................................................... 65

3. Bekrönungsfiguren der Winkelarmkronleuchter und anderer Schaftkronleuchter


des 16. bis 18. Jahrhunderts – Voraussetzungen und Typen eines
ikonographischen Programms..................................................................... 84

3.1 Wappenhalter, Tugenddarstellungen? Künstlerische, religionspolitische,


theologische Kriterien ....................................................................... 84

3.2 Die Topfigur „Römischer Soldat/Legionär, Infanterie“ auf


Schaftkronleuchtern ....................................................................... 104
3.2.1 Die Verteilung und Bedeutung der Kronleuchterfigur
„Römischer Soldat“ ............................................................... 107

- IV -
3.2.2 Exkurs ................................................................................ 124

3.3 Die Topfigur „Römischer Soldat, Cavallerie“ auf Kronleuchtern ............. 126

3.4 Der Büttel oder Gerichtsdiener......................................................... 128

3.5 Landsknecht-Kronleuchter – Zeugnis historischer Ereignisse oder


bestimmter Werkstätten?................................................................ 131

3.6 „Wilde Leute“?............................................................................... 139

3.7 Eine Kurzcharakteristik potenzieller Bekrönungen auf Kugelkronleuchtern


des Barock.................................................................................... 147

4. Unterhänge an Kronleuchtern des 16. und 17. Jahrhunderts aus Metall ......... 160

5. Kronleuchter als Stiftungen..................................................................... 182

6. Metallgießer und Werkstätten.................................................................. 189

7. Resümee.............................................................................................. 192

Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ 195

Literaturverzeichnis (Auswahl)...................................................................... 197

Lebenslauf

-V-
Vorwort

Die vorliegende Studie zu Kronleuchtern aus Metall (Messing und Bronze) des 16. bis
18. Jahrhunderts in Norddeutschland ist unter anderem durch die folgenden Voraus-
setzungen begründet:

Von besonderer Bedeutung für die Wahrnehmung des menschlichen Schaffens und
Lebensraumes nach kunstwissenschaftlichen Kriterien waren vor allem architektur-
historische Lehrveranstaltungen von Herrn Professor Dr. phil. Uwe Albrecht und
Herrn Professor Dr. phil. Adrian von Buttlar am Kunsthistorischen Institut der Chris-
tian-Albrechts-Universität zu Kiel. Gleichfalls prägten dort die Seminare zur Iko-
nographie mittelalterlicher (Grab-)Denkmäler bei Herrn Professor Dr. phil. Wolfgang
J. Müller († 1992) sowie zur Ikonographie barocker Deckenmalerei bei Herrn Profes-
sor Dr. phil. Frank Büttner.

Nach der Auseinandersetzung mit der Gestalt und Bedeutung mittelalterlicher Sak-
ralarchitektur weckte die Beschäftigung mit dem Werk universeller Architekten neben
dem bestehenden Interesse an der Baukunst nicht nur ein solches für Interieurs,
Mobiliar und Materialästhetik, sondern auch für Licht und Beleuchtung.

Berufspraktische Erfahrungen aus einem – wie vielerorts – nur temporär angelegten


Projekt der (ergänzenden) Inventarisierung kirchlichen Kunstgutes bestärkten in der
persönlichen Grundhaltung, Aufgabenstellungen anzunehmen, anstatt aufzugeben
und führten zu der im Folgenden dargelegten Feststellung: Der Bestand und Erhal-
tungszustand der Kronleuchter, aber auch das Bewusstsein und die Verantwortung
für dieses kulturelle Erbe (überwiegend in evangelischen Kirchen) sind sowohl regio-
nal als auch überregional sehr unterschiedlich.

Beide Bereiche – die Dokumentation von Kunstgut an sich sowie die der Beleuch-
tungskörper und -konzepte im besonderen – werden in ihrer Bedeutung oft unter-
schätzt; sie bilden oftmals nur das Schlusslicht diverser Planungen.

Licht und Schatten tragen aber wie die Architektur und ihre künstlerische Ausgestal-
tung als Teil derselben erheblich zur Ästhetik, zum Charakter der Raumatmosphäre
und damit zur Nutzung, Identitätsstiftung und Erhaltung dieser Zeitdokumente bei.

Seit Ende des vergangenen Jahrhunderts kann eine stärkere Einbindung der Licht-
technik festgestellt werden. Die systematische Inventarisierung der Beleuchtungsge-
räte, respektive Kronleuchter aus Metall mittels aussagekräftiger Fotografien bildet in
den Landesämtern für Denkmalpflege bisher noch eine verhältnismäßig große Lücke,
die es zu schließen gilt.

Denn tatsächlich sind die scheinbar in sicherer Höhe hängenden und so robust wir-
kenden Gusserzeugnisse weder vor den Auswirkungen des Raumklimas und gutge-
meinter, aber nicht immer sachgerechter Handhabung und Pflegemaßnahmen noch
vor Missgeschicken, Diebstahl, mutwilliger Zerstörung oder ignoranter Veräußerung
(in der Vergangenheit) so wenig sicher wie zuweilen anderes Inventar.

- VI -
Anregungen zu einer intensiveren Beschäftigung mit historischen Kronleuchtern aus
Metall in Norddeutschland bieten außer schuldig gebliebene Antworten zur Thematik
während der ergänzenden Inventarisierung kirchlicher Kunst und der oben angespro-
chenen Motivation unter anderem die folgenden Veröffentlichungen: Die Reisebe-
schreibungen „Moskowitische und Persische Reise. Die Holsteinische Gesandtschaft
beim Schah 1633-1639“ von Adam Olearius1 und ferner „Die Bronzetüren des Mittel-
alters“ sowie „Die Türzieher des Mittelalters“ von Mende als Fortsetzung des Corpus-
werkes der mittelalterlichen Bronzegräte, das 1935 von von Falke und von E. Meyer
mit einem Band über Aquamanile und Leuchter begründet wurde.2 Es werden dort
Löwenkopf-Masken als Türzieher in ihrer formgeschichtlichen Entwicklung vorgestellt.
Die Löwenkopf-Maske kommt in etlichen Varianten auch als Unterhang an älteren
Winkelarmkronleuchtern sowie als Maskaron anders platziert an barocken Kronleuch-
tern vor. Dieser Aspekt wurde in der Erforschung der Kronleuchter bisher nicht be-
rücksichtigt. Insofern liegt der Schwerpunkt dieser Studien weniger auf der Typologie
der Kronleuchter an sich, die an anderer Stelle bereits anschaulich beschrieben wird.3
Vielmehr ist das ikonographische Programm, sind die Bekrönungsfiguren und Unter-
hänge der Metallkronleuchter in ihrer (potenziellen religionspolitischen und rechtshis-
torischen) Bedeutung von Interesse. Und dies ist ursächlich in der Erfahrung und des
immer wieder beschäftigenden Spannungsfeldes zwischen einem (material-
)ästhetisch, idealistisch inspiriertem Kunstschaffen und des als Bedeutungsträger
geprägten Lebensumfeldes begründet.

Der zweite Aspekt ist die Faszination für Licht und Schatten als wesentliche Basis für
Leben überhaupt sowie als ein vielfach – insbesondere künstlerisch – instrumentali-
siertes Phänomen.

Um angesichts der in Studium und Berufspraxis gewonnenen Erfahrungen und Er-


kenntnisse – nach Laotse – nicht über die Dunkelheit zu klagen, sondern besser ein
Licht anzuzünden, sind diese Studien entstanden.

1
Adam Olearius, Moskowitische und Persische Reise. Die Holsteinische Gesandtschaft beim Schah
1633-1639, Hg. D. Haberlandt, 1986, S. 251
2
U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, Berlin 1981 (Bronzegeräte des Mittelalters, Bd. 2). - O.
v. Falke/E. Meyer, Romanische Leuchter und Gefäße, Gießgefäße der Gotik, Berlin 1935 (Bronzege-
räte des Mittelalters. Bd. 1)
3
S. Erixon, Mässing. Svenska Manufakturer och Konsthantverksprodukter under 400 år, Stock-
holm/Malmö 1943.

- VII -
Dank

Mein besonderer Dank gilt allen, die mit Interesse und vielfältiger Unterstützung die
Durchführung dieses Forschungsvorhabens gefördert haben.

Dank gebührt Herrn Professor Dr. phil. Uwe Albrecht, Kunsthistorisches Institut der
Christian-Albrechts-Universität Kiel und Herrn Professor Dr. Phil. Adrian von Buttlar,
Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der Technischen Universität Berlin für die
fachliche Betreuung.

Sehr zu danken habe ich Firma Benedikt, Lübeck; Werkstatt für Metallgestaltung und
U.-V. Bläse/K.-U. Laas, Plön; Herrn Wolfgang Hofmann, Werkstatt für Metallgestal-
tung und Restaurierung, Wolgast; Herrn Laabs, Werkstatt für Restaurierung, Greifs-
wald; Firma Paul Oehlmann († 1999/2003) & Sohn, Bielefeld; Werkstatt für Metall-
Restaurierung Frau Betina Ross, Hamburg. Die Gewährung der Einblicknahme in Her-
stellungsprozesse und Restaurierungsmaßnahmen sowie die als Arbeitsmaterial zur
Verfügung gestellten Fotografien und Befunddokumentationen waren über die pro-
funden Gespräche und Erfahrungsberichte hinaus überaus förderlich für das Ver-
ständnis der Thematik.

Mein Dank gilt ferner Herrn T. Theise, Regensburg für Empfehlungen zur Lektorie-
rung, den Damen und Herren der Universitätsbibliothek Technische Universität Han-
nover; Frau Renate Oldermann-Meier, Archiv Stift Fischbeck/Hessisch Oldendorf;
Frau Kiesendahl, Fachbibliothek des Instituts für Kunstwissenschaft der Universität
Greifswald; den Damen und Herren der Landesbibliothek Schleswig-Holstein in Kiel
sowie den Damen und Herren der Stadtarchive von Kiel, Lübeck, Mölln und Stralsund
sowie des Kreisarchivs Nordfriesland in Husum; den Herren Robert Gahde M.A. und
B. Utermöhlen, Buxtehude – Archiv der Evangelischen St. Petri-Kirchengemeinde
sowie Stadtarchiv; Frau Büttner, Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg;
Frau Dr. S. Graf, Niedersächsisches Staatsarchiv in Stade; den Damen und Herren
des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs in Schleswig; Herrn Dr. phil. Bern-
hard Heitmann, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Herrn Dr. phil. Franz
Leitgeb, Stadtmuseum Graz; den Damen und Herren der Landesämter für Denkmal-
pflege von Brandenburg, Mecklenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sach-
sen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Sehr zu danken habe ich Frau I. Gräfin Brockdorff-Ahlefeldt sowie Herrn H. Joswig,
Adeliges Kloster Preetz und Herrn Jochen Storjohann († 2003), Archiv des Adeligen
Klosters Preetz; den Kirchengemeinden der Evangelischen Landeskirche in Berlin-
Brandenburg – hier insbesondere: Alt Placht, Rheinsberg, Gransee/ Sonnenberg,
Wittstock a. D.; den Kirchengemeinden – insbesondere Herrn Pfarrer P. Röthke,
Salzgitter-Ringelheim – sowie dem Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Evangelisch-
lutherischen Landeskirche in Braunschweig; den Kirchengemeinden der Evangelisch-
lutherischen Landeskirche Hannovers – hier insbesondere: Berdum, Buxtehude, Ot-
terndorf, Stade, Werdum sowie Herrn Jörg Giermann, Landeskirchliches Archiv der

- VIII -
Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers; der Evangelisch-Lutherischen
Landeskirche Mecklenburgs; den Kirchengemeinden der Nordelbischen Evangelisch-
Lutherischen Kirche – hier insbesondere: Bredstedt, Eckernförde, Hattstedt, Kei-
tum/Sylt, Lauenburg, Meldorf, Mölln, Plön, Preetz, Rendsburg sowie Herrn Grützner,
Kirchengemeindearchiv Rendsburg; Schleswig; Kirchenkreisarchiv Eiderstedt; der
Kirchenkreisverwaltung Husum-Bredstedt; den Kirchengemeinden der Pommerschen
Evangelischen Kirche – hier insbesondere: Barth, Bergen/Rügen, Richtenberg sowie
Herrn Pfarrer Christian Tiede, Evangelische St. Jacobi-Kirche Stralsund und den Da-
men und Herren der Evangelischen St. Nikolai-Kirche Stralsund; der Evangelisch-
Lutherischen Landeskirche Sachsens – hier insbesondere Frau Dietlinde Tesp,
Schmiedeberg/Sachsen; dem Kirchenbuchamt Kirchenkreis Plön; der Evangelischen
Kirche in Dänemark; Herrn Juhan Kilumets, Tallinn/Estland; Herrn Andreas G.
Kamm, Bielefeld; Herrn Wolfgang Gross, Herrn Dr.-Ing. Wilhelm Poser, Frau Ingrid
Wenk, Nordelbisches Kirchenamt Kiel, Frau Dr. phil. Annette Göhres, Frau Prang und
Herrn Ulrich Stenzel, Nordelbisches Kirchenarchiv Kiel; Herrn Dr. phil. Hasso von Po-
ser und Groß Naedlitz, Amt für Kunstpflege des Landeskirchenamtes der Evange-
lisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Mein Dank gilt ferner Frau Dr. phil. Anne Heinig, Kiel für ihre konstruktive Kritik und
Frau Dagmar Rösner M.A., Eckernförde; Frau Frauke Dreyer, Kiel.

Sehr dankbar bin ich Frau Helga Weinhold und Frau Ute Weinhold, Uslar-Ahlbers-
hausen; Frau Käte Bohrdt, Kiel; meinen Schwestern mit ihren Familien. Herzlichst
danke ich meinen Eltern Ingrid († 2000) und Friedrich Mascher, Preetz.

- IX -
Einleitung Seite 1

1. Einleitung

1.1 Thematik und Methodik

Kronleuchter – „Lux ad illuminandas gentes“4, Schaftkronleuchter aus Messing des


16. bis 18. Jahrhundherts in Norddeutschland.

Die unter diesem Titel vorliegende Studie thematisiert das Bildprogramm resp. Be-
krönungen und Unterhänge (früh-)neuzeitlicher Schaftkronleuchter in evangelischen
Kirchen. Deutlich weniger Kronleuchter dieses Typs sind in Sakralgebäuden anderer
Religionsgemeinschaften oder als Inventar bestimmter Korporationen sowie aus Pro-
fangebäuden – wie zum Beispiel Rathäuser und Schlösser – bekannt.5 Dieses Phä-
nomen ist in weiten Teilen verbreitet und bisher nicht in allen Facetten erforscht.6

Die zahlreichen Schaftkronleuchter aus Messing werden in erster Linie als kunst-
handwerklich gestalteter Gebrauchsgegenstand wahrgenommen und nach folgenden
Kriterien beurteilt: Größe, Funktion und Form. Ihre materialtechnische und -ästhe-
tische Verarbeitung kann in Anbetracht des Erhaltungszustandes und aus bloßer An-
schauung nur vage eingeschätzt werden. Selten findet der Motivschatz dieser Be-
leuchtungsgeräte Erwähnung oder die Tatsache, dass Kronleuchter unterschiedlich
motivierte Stiftungen und ursprünglich Halterungen für Wachsabgaben resp. -lichter
sind.

Kulturgeschichtlich nehmen Kronleuchter unter den künstlichen Lichtquellen einen


besonderen Platz ein.

An sich ist der Begriff Kronleuchter abzuleiten von den Worten „corona“, das heißt
Kranz sowie von „leuchten/licht“, das heißt einen Raum mit Licht erfüllen. Dies ist
effektiv möglich mittels eines mehrarmigen Lichtträgers, der frei von einer Raumde-
cke herabhängt.

Die im Begriff „Kronleuchter“ angedeutete konzentrische Anordnung von Lichtquellen


ist und bleibt grundlegend für die Morphologie dieser Hängeleuchter. Im Mittelalter
ursprünglich für den kirchlichen Gebrauch geschaffen, bilden sich in Anlehnung an
die jeweils zeittypische – gegebenenfalls auch landestypische – architektonische
Formensprache unterschiedliche Kronleuchtertypen heraus.

Die Typologie und Bezeichnung für Kronleuchter orientierte sich daran, dass Archi-
tekturelemente rezipiert und kompositorische Bezugspunkte verändert werden – wie
zum Beispiel morphologisch bei Radleuchtern/Lichtkronen, Tabernakel- oder
Schaftkronleuchtern und im Detail bei Winkelarmkronleuchtern der Renaissance oder
Kugelkronleuchtern des Barock.

4
J. Sauer, Symbolik des Kirchengebäudes in der Auffassung des Mittelalters, 1928, S. 186. Zitat in
Anlehnung an das Buch des Propheten Sacharja im Alten Testament, s. Neue Jerusalemer Bibel,
1985, S. 1347 ff.
5
Siehe amtliche Länderinventare der Bau- und Kunstdenkmäler, z. B. Die Kunstdenkmäler der Provinz
Hannover, Stadt Emden, VI. Regierungsbezirk Aurich, 1927, S. 124.
6
S. Erixon, Mässing, Svenska Manufakturer och Konsthantversprodukter under 400 år, 1943.
Einleitung Seite 2

Diese wechselnde Gestaltung spiegelt eine sich wandelnde Vorstellung von Ordnung
wider.

So bestehen Schaftkronleuchter aus dem Gefüge einer zentralen, tragenden Spindel


und reversibel eingehängten Modulen in Gestalt von Leuchterarmen und Zierelemen-
ten, die konzentrisch angeordnet sind. Diese Komposition kann jeweils nach oben
und/oder unten mit einer figürlichen und/oder gegenständlichen Darstellung ab-
schließen.

Sowohl Bekrönungsfiguren als auch Unterhänge bei neuzeitlichen Kronleuchtern aus


Buntmetall sind nichts Neues, denn sie kommen bereits an spätmittelalterlichen Hän-
geleuchtern vor.7 Klärungsbedarf besteht hinsichtlich des erweiterten Motivschatzes,
der nicht nur christliche Themen, sondern augenscheinlich auch profane Darstellun-
gen umfasst – wie zum Beispiel als Kronleuchterbekrönungen und teils auch als Sub-
figuren: Römischer Soldat, Büttel, Landsknechte, Wilde Leute. Sie kommen auf
(früh-)neuzeitlichen Schaftkronleuchtern in Kirchen vor. Über diesen Aspekt des
Verwendungszusammenhanges bestimmter Motive hinaus sind die Ursachen ihrer
kunstgeographischen Verbreitung zu ergründen. Es ist von Interesse, ob eine unab-
dingbare Zugehörigkeit von Kronleuchter- und Figurentyp sowie zwischen diesen und
ihrem Bestimmungsort besteht und insofern ein weiteres Kriterium zur Beurteilung
von Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts herauszuarbeiten
wäre. Es dürfte angesichts des heterogenen Forschungsmaterials und der in Frage
gestellten Bedeutung von Kronleuchterfiguren kaum ausreichend sein, anhand einer
beliebig ausgewählten, überschaubaren Anzahl von Objekten eine Annäherung an die
Thematik zu exemplifizieren: Das Ausmaß des Motivschatzes und dessen Verbreitung
kann durchaus auf die Möglichkeit der seriellen Produkten und verlegerischen Ar-
beitsorganisation in der Messingverarbeitung zurückzuführen sein.8 Das Spektrum an
überkommenen Bekrönungsfiguren auf Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis
18. Jahrhunderts (in Norddeutschland) äußert sich aus heutiger Sicht im Nebenein-
ander von Gerechtigkeitsdarstellungen sowie Motiven friedlicher und kriegerischer
Ordnungshüter. Diese Tatsache sowie die Wahrnehmung, dass nur ein Teil dieser
Kronleuchterfiguren der Lichtsymbolik zu entsprechen scheint, veranlasst zu der vor-
liegenden Kronleuchterstudie unter dem Motto „Lux ad illuminandas gentes“.9 Dient
die Gestaltung und Beschaffenheit der besagten Lichtträger ausschließlich der Be-
leuchtung und Helligkeit oder auch der Erleuchtung?10

7
Siehe u. a.: Die Denkmäler des Rheinlandes, Kreis Kleve, 1: Altkalkar-Huisberden, 1964, S. 72 und
Abb. 179. Vgl.: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 8, II: Die Kreise Erkelenz und Geilenkir-
chen, 1904, S. 45 f. (S. 288 f.). – K. Jarmuth, 1967, S. 107 f. mit Abb. 91 und 92.
8
R. A. Peltzer, Die Geschichte der Messingindustrie, 1909, S. 69, 137 ff.
9
J. Sauer, 1928, S. 186. – R. Wittkower, Allegorie und der Wandel der Symbole in Antike und Renais-
sance, Köln 1983, S. 56 ff.
10
J. Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe, 1894, S. 761. – J. Brüning, Der
Kronleuchter, in: Kunstgewerbeblatt, n.F. 7, 1897, S. 53. Brüning weist darauf hin, dass der Wechsel
von einer Zentral- und einer Bekrönungsfigur bei Kronleuchtern den Charakter des rein Attributiven
vermitteln könne.
Einleitung Seite 3

Die systematische Durchsicht der amtlichen Länderinventare der Bau- und Kunst-
denkmäler lässt erkennen, dass das ikonographische Programm von Schaftkron-
leuchtern des 16. bis 18. Jahrhunderts mit 39 unterschiedlichen Bekrönungsfiguren
dort weiter gefasst ist, wo die lutherische Glaubenslehre praktiziert wird als in calvi-
nistisch geprägten Gebieten – wie zum Beispiel in den Niederlanden.11

Die südlichen Bundesländer Deutschlands in diese Untersuchung einzubeziehen, er-


scheint angesichts fehlender Einträge zu Schaftkronleuchtern aus Messing in den
entsprechenden amtlichen Länderinventaren der Bau- und Kunstdenkmäler nicht
möglich. Zwar heißt es Mitte des 20. Jahrhunderts, dass zum Beispiel ursprüngliche
Bestände an Landsknechtkronleuchtern in Süddeutschland die Verbreitung vergleich-
barer Leuchter in Norddeutschland maßgeblich geprägt habe, aber infolge von Ge-
genreformation und Bildersturm nicht mehr als Sachquelle erhalten seien.12 Die Ein-
flussnahme der Druckgrafik wird nicht erörtert, obgleich sowohl die Motivauswahl als
auch die Gestaltung der Bekrönungen auf Schaftkronleuchtern aus Messing des 16.
bis 18. Jahrhunderts Parallelen zu Sujets und Duktus deutscher Kleinmeister erken-
nen lassen.13 Nach bisheriger Kenntnis sind keiner Quellen bekannt, die diese Über-
legung eines Zusammenhangs zwischen Kleinmeister, Kunsthandwerker und
Schaftkronleuchter resp. Bekrönungen bestätigen würden. Aber die Recherchen zur
vorliegenden Kronleuchterstudie führen zu der Erkenntnis, dass einzelne Schriftquel-
len des 16. bis 18. Jahrhunderts zu Künstlern, Kunsthandwerkern und den besagten
Objekten als Positionierung zur neuen Glaubenslehre, das heißt zum Protestantismus
zu lesen sind.14

Bemerkenswert ist – neben der häufig konstatierten weiträumigen Verbreitung der


Schaftkronleuchter aus Messing – die über Stadt-, Landes- und Staatsgrenzen hin-
ausreichende Mobilität von Künstlern, Kunsthandwerkern und Auftraggebern.15

Der große Bestand an (früh-)neuzeitlichen Schaftkronleuchtern aus Messing – und


soweit inventarisiert – mit 39 unterschiedlichen Bekrönungsfiguren in evangelischen
Kirchen Norddeutschlands, Skandinaviens und Teilen der Baltischen Staaten scheint
ursächlich im humanistischen und reformatorischen Gedankengut, das heißt in der
Herausbildung der Grundrechte und der Einführung der lutherischen Glaubenslehre
begründet: Das Individuum wird im Zuge wissenschaftlicher Erkenntnisse und des
Interesses an Erziehung und Bildung als Ideen- und Entscheidungsträger (an-)er-
kannt, in religiösen und politischen Gemeinschaften gesellschaftliche Neuordnungen
zu leben oder diesen entgegenzuwirken.16 Bedeutsam erscheint der Aspekt „Frei-

11
Siehe u. a.: De Nederlandsche Monumenten van geschiedenis en kunst, T. IV, 1971, S. 20, 39. –
Weitere Kunstdenkmälerinventare s. Literaturverzeichnis.
12
H. Spielmann, Die Kerzenkrone der Renaissance und des Barock im Ostseegebiet, Greifswald 1956
(Diplomarbeit Greifswald 1956, maschinegeschrieben).
13
H. W. Singer, Die Kleinmeister, 1908.
14
Vgl.: Inschrift eines Schaftkronleuchters der ev. Kirche in Esens, Niedersachsen.
15
K. Jarmuth, 1967. – Zu: Mobilität, s. u. a. Dokumentation von Kronleuchter-Inschriften in amtlichen
Länderinventaren der Bau- und Kunstdenkmäler.
16
N. Mont (Hg.), Die Kultur des Humanismus: Reden, Briefe, Traktate, Gespräche von Petrarca bis
Kepler, München 1998, S. 25.
Einleitung Seite 4

heit“, der mit der von Martin Luther (1483-1546) und Johannes Calvin (1509-1564)
maßgeblich geprägten theologischen Rechtfertigungslehre „simul iustus et peccator“,
das heißt „Gerechterklärung“ des (sündigen) Menschen seitens Gott, verbreitet wird
und in Norddeutschland der allmählich Fuß fassenden lutherischen Zwei-Reiche-
Lehre Rechnung trägt. Sie nimmt mit der Herausbildung von Territorialstaaten in Ab-
lösung des zentralistischen, universalistischen Heiligen Römischen Reiches Deutscher
Nation und mit der phasenverschobenen Einführung der Evangelischen Kirchenord-
nung in Norddeutschland Gestalt an.

Die Bekrönungen: Römischer Soldat, Büttel, Landsknecht und Wilde Leute auf (früh-)
neuzeitlichen Schaftkronleuchtern aus Messing in evangelischen Kirchen Nord-
deutschlands und der benachbarten Staaten scheinen religionspolitische Auseinan-
dersetzungen und daraus resultierende Entwicklungen über den Dreißigjährigen
Krieg (1618-1648) hinaus zu dokumentieren und Zeichensprache zu sein.

Mit einer Gesamtstückzahl von mehr als 700 amtlich inventarisierten Schaftkron-
leuchtern des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland – und im Rahmen der
vorliegenden Kronleuchterstudie kartographisch dargestellt17 – repräsentieren diese
die quantitativ und qualitativ sehr unterschiedlichen Bestände (Minimum ca. 30, Ma-
ximum ca. 300) der nördlichen Bundesländer Deutschlands: Nordrhein-Westfalen,
die Hansestädte Bremen und Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,
Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und den Norden Brandenburgs – und als Stiftun-
gen in evangelischen Kirchen insoweit eine ähnliche Größenordnung wie in Dänemark
oder Schweden.

Da in Deutschland systematische Untersuchungen zur Thematik bisher fehlten, um


auf allgemeingültige Ergebnisse aufbauen zu können, ist es das Anliegen der vorlie-
genden Kronleuchterstudie, das diesbezüglich heterogene Arbeitsmaterial zu struktu-
rieren und eine Annäherung an die Bedeutung des ikonographischen Programms von
Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland zu
wagen. Und es sind Zusammenhänge angesprochen, die zur weiteren Erforschung
und Erhaltung der überkommenen Kronleuchterbestände führen sollen. Weitgehend
unerforscht sind die Inschriften und die Provenienz der Kronleuchter sowie Bestand
und Zeugniswert entsprechenden Archivguts.

Unter den inventarisierten Schaftkronleuchtern aus Messing befinden sich nur wenige
Beispiele, die mittels Marke, Stempel oder Namen der Kunsthandwerker gekenn-
zeichnet sind. Und aus der Vielzahl unsignierter Exemplare können kaum kongruente
Arbeiten ermittelt werden, so dass auch Werkstattzuschreibungen nach wie vor ein
Forschungsdesiderat darstellen.

Es wäre wünschenswert, über die bekanntere Typenbezeichnung und Lokalisierung


„Flämischer Kronleuchter“ hinaus zum Beispiel nachweisen zu können, ob der so ge-

17
Diese Verbreitungskarte (Maßstab 1 : 750.000) ist als Anhang zum Bildband der vorliegenden Kron-
leuchterstudie nur in der Christian-Albrechts-Universität Kiel verfügbar und bildet die Grundlage der
digitalisierten Übersichtskarte.
Einleitung Seite 5

nannte Winkelarmkronleuchter der Renaissance tatsächlich in Lübeck geschaffen oder


von dort aus vertrieben wurde und Werkstätten zu benennen.18

1.2 Forschungsgeschichte

1.2.1 Kronleuchter – Metallgießer

Die kunstwissenschaftliche Erforschung von Schaft-Kronleuchtern aus Metall ist kein


kontinuierlicher Erkenntnisprozess. Die Sach- und Schriftquellen zu dieser Thematik
bilden ein sehr heterogenes Arbeitsmaterial, das nur in großen Zeitabständen exem-
plarisch untersucht wird. Verschiedene Fragestellungen verdichten sich in ihrer un-
terschiedlichen Gewichtung und wechselseitigen Beeinflussung seit der zweiten Hälf-
te des 19. Jahrhunderts schließlich zu diesem Forschungsanliegen: Die Ergründung
der geistigen Urheberschaft von Schaftkronleuchtern und Bestimmung ihres iko-
nographischen Programms sowie mögliche Werkstattzuschreibungen.19

Eine frühe Darstellung zum Thema Hängeleuchter erschien 1864: „Der Kronleuchter
Kaiser Friedrich Barbarossas im Aachener Münster und die formverwandten Lichtkro-
nen.“20 Der Titel des Werkes nimmt mit den Termini technici „Kronleuchter“ und
„Lichterkrone“ Ansätze einer Typologie vorweg, die für das Verständnis von histori-
schen Hängeleuchtern und ihre weitere Dokumentation und Erforschung richtungwei-
send ist. Annähernd 150 Jahre vorher vermittelte eine Definition des Begriffs „Kron-
leuchter“, dass es sich um einen von der Decke eines Raumes frei herabhängenden
Leuchter mit mehreren Armen und Lichtquellen handelt.21

Neben dieser und weiteren, jüngeren Dokumentationen aus dem In- und Ausland
sowie entsprechenden Handbüchern zu Kunstgewerbe und kirchlicher Kunst, die Bei-
spiele von Kronleuchtern enthalten, kommen verstärkt in den ersten drei Vierteln des
20. Jahrhunderts Beiträge oder Monographien zur Geschichte der Messingindustrie
sowie zur Kulturgeschichte und Typologie der Beleuchtungsgeräte heraus. Außerdem
erscheinen materialkundliche und materialikonographische, theologisch orientierte
oder sozialgeschichtliche Studien, die für die Erforschung der Schaft-Kronleuchter
aus Metall (Messing) nützlich sind. Nicht zuletzt tragen letztere als Materialsammlun-
gen dazu bei, die besonderen Voraussetzungen und Organisationsformen des Hand-
werks der Metallgießerei aufzuzeigen. Sie können so wertvolle Hintergrundinformati-
onen zur historischen Metallverarbeitung, gegebenenfalls auch zur Entstehung von

18
K. Jarmuth, 1967, S. 160 ff.
19
Einzelne Titel und Themen werden im Anschluss an diese Übersicht ausführlich vorgestellt.
20
F. Bock, Der Kronleuchter Kaiser Friedrich Barbarossas im Karolingischen Münster zu Aachen und die
formverwandten Lichterkronen zu Hildesheim und Comburg, nebst zwanzig erklärenden Holzschnit-
ten und sechzehn von den Original-Kupferplatten des Aachener Kronleuchters., Leipzig 1864.
21
Großes Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste. Bd. VI, Halle/Leipzig 1733, Sp. 1722.
Einleitung Seite 6

Kronleuchtern bieten. Wo Beschreibungen dieser Beleuchtungsgeräte in erster Linie


das Bild eines funktional und dekorativ motivierten Kunstgewerbes vermitteln, zeigt
der zunehmend interdisziplinäre Forschungsansatz unter anderem die bestehenden
Wechselwirkungen zwischen Objekt und Werkstoff sowie das Netzwerk im Metallge-
werbe auf, das heißt die Abhängigkeiten von Monopolisierung und Kupfersteuer, reli-
gionspolitischen Entwicklungen, zünftigen Strukturen, die Abgrenzung einzelner Tä-
tigkeitsbereiche, Stand und Ansehen des Handwerks.22

Damit sind Grundlagen für weitere Forschungen geschaffen, um nunmehr mögliche


Ursachen einer spezifischen Verteilung bestimmter profaner Motive auf Schaft-Kron-
leuchtern in Norddeutschland zu ergründen. So werden zum Beispiel Vorbilder für die
Darstellung des Landsknechts als einer der bewaffneten Figurentypen auf Kronleuch-
tern nach Nürnberg lokalisiert.23 Insofern scheinen ältere Erkenntnisse bestätigt,
dass das Metallhandwerk sich von Nürnberg aus über ganz Deutschland verbreitet
habe. Es fehlen präzise Angaben zum Hersteller und dass die Landsknechtfiguren auf
Kronleuchtern in Norddeutschland unterschiedlich kostümiert sind und daher in
Gruppen eingeteilt werden können. Ob die Verteilung dieser Figuren thematisch be-
gründet ist, bleibt offen.

Eine Untersuchung von 1874 zur ältesten Hamburger Zunftrolle, die einen Abschnitt
der Gewerbegeschichte Hamburgs vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1603 reprä-
sentiert und als Schwerpunkt niederdeutscher Rollen gilt, spricht auf die Lübeckische
Zunftrolle als Vorbild an. Die Berücksichtigung dessen wie auch die Verbindung der
Ämter der Rotgießer und der Kannengießer zur Brüderschaft St. Marien in Hamburg
erscheint über die Tatsache der gemeinsamen Morgensprache, d.h. Zunftversamm-
lung, hinaus als hilfreicher Hinweis für Erkenntnisse über den Charakter historischer
Werkstätten der Metallverarbeitung. Der dort gepflegte Gemeinschaftssinn beinhaltet
unter anderem eine würdige Ausstattung der Kirche, da die Bruderschaft es als
Hauptanliegen betrachtete, für ein angemessenes Begräbnis ihrer Mitglieder zu sor-
gen. Das ist hinsichtlich des Themas Kronleuchter insofern von Interesse, als mittel-
alterliche Marienleuchter als Ausstattung oder Stiftung von Kalandsbruderschaften
genannt werden und neuzeitliche Schaftkronleuchter inschriftlich häufig als Stiftun-
gen diverser Handwerksämter ausgewiesen sind. Letzteres geht teils aus Inschriften,
teils aus entsprechenden Darstellungen oder aus den älteren amtlichen Länderinven-
taren der Bau- und Kunstdenkmäler hervor.24

22
H. Pohl, Kupfergewinnung, Kupferverarbeitung und Kupferhandel im Aachen-Stolberger Raum von
1500 bis 1650, in: Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa 1500-1650.
Hg. Hermann Kellenbenz (1977), Kölner Kolloquien zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsge-
schichte, Bd. 3.
23
H. Spielmann, Die Kerzenkrone der Renaissance und des Barock im Ostseegebiet, 1956.
24
O. Rüdiger, Die ältesten Hamburgischen Zunftrollen und Brüderschaftsstatuten. Gesammelt und mit
Glossar versehen. Hg. Bürgermeister Kellinghusens Stiftung, Hamburg 1874. S. VII. – Vgl. K. Hüse-
ler, Das Amt der Rotgießer. Hamburg 1922. S. 12. – Siehe z. B., Die Kunstdenkmäler des Kreises
Rügen/Bezirk Rostock, Bd. 1, Leipzig 1963, S. 85 ff. – M. Berwing, Preetzer Schuhmacher und ihre
Gesellen 1750-1900, Aufschlüsse aus Archivalien, Neumünster 1983, S. 67 f., Abb. 3-5.
Einleitung Seite 7

Erwähnt und zum Teil fotografisch oder als Zeichnung abgebildet werden Kronleuch-
ter 1883 im „Handbuch der kirchlichen Kunst-Archäologie des deutschen Mittelal-
ters“25 und 1888 in der „Geschichte des deutschen Kunstgewerbes“26. Diese Publika-
tionen vermitteln weniger einen Überblick über das Spektrum an Bekrönungsfiguren
auf historischen Schaftkronleuchtern aus Metall, wie es bei Brüning anklingt.27

Dies ändert sich mit der zunehmenden Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmä-
ler in den Städten sowie in den damaligen Provinzen und Herzogtümern, wo die im
Entstehen begriffenen amtlichen Länderinventare bereits um die Jahrhundertwende
eine gewisse Übersicht über die jeweiligen Bestände an Messingkronleuchtern geben.

Bereits 1889 erscheint ein Aufsatz „Zur Geschichte der Nürnberger Rotschmiede“.28
Hier werden im Zusammenhang mit der Feststellung, dass Rotschmiede erst im
15. Jahrhundert als selbstständiges Gewerbe in Nürnberg auftreten, bestimmte
Rechte und eine besondere Stellung der Rotgießer beschrieben. Diese bestanden un-
ter anderem in der freien Wahl der Meisterstücke und zugleich in der Bindung, diese
in Werkstätten geschworener Meister auszuführen, sowie in der Reglementierung der
Ortsansässigkeit oder auswärtiger Kontakte.

Letzteres dürfte im Zeichen der Geheimhaltung metallurgischer Zusammenhänge


und der daraus resultierenden Aussichten auf Prosperität stehen.

Es heißt, dass die Nürnberger Rotgießer wesentlich vom Bronzeguss der Erzgießer-
familie Vischer (1450-1550) geprägt seien. Zugleich werden Auseinandersetzungen
um Abgrenzungen hinsichtlich der Aufgabengebiete anderer Metallgießer konstatiert.

Dass Verbindungen der Vischer-Werkstatt nach Norddeutschland bestehen, doku-


mentieren unter anderem eine Bronzetumba (1495) im Dom zu Magdeburg, Bronze-
grabplatten (16. Jahrhundert) im Dom zu Halberstadt oder ein Epitaph der Herzogin
Helena (1525–1527) im Dom zu Schwerin. Und es wird im Zusammenhang mit ande-
ren Objekten deutlich – wie am Beispiel der Taufe (1520/22) in Salzwedel, Marien-
Kirche29, die als Bronzeguss des Hans von Cöln/Köln aus Nürnberg gilt. Er wird bei
Mithoff und Gebhardi III zwischen 1515 und 1520 für Lüneburg und Nürnberg ge-
nannt. Doch auch westfälische Meister sind mit Bronzefünten oder anderer Kunst-
werke im Norden vertreten.30

25
H. Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie des deutschen Mittelalters, 2 Bde., 5. Aufl. Leip-
zig 1883, s. insbes. Bd. 1, S. 156.
26
J. v. Falke, Geschichte des deutschen Kunstgewerbes, Berlin 1888, S. 142 f.
27
A. Brüning, Der Kronleuchter, in: Kunstgewerbeblatt, N.F. 8, Hg. K. Hoffacker, 1897, S. 55.
28
Zur Geschichte der Nürnberger Rotschmiede, in: Mus.-Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürn-
berg, 1889, S. 6–15.
29
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt, Bd. I: Bezirk Magdeburg, 2.
Aufl., 1990, S. 146, 178, 350. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Mecklenburg,
Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, 1980, S. 358.
30
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Mecklenburg, Unveränd. Nachdruck des Bandes
„Die Bezirke Neubrandenburg, Rostock, Schwerin“, München/Berlin 1980, S. 358.
Einleitung Seite 8

Im Jahre 1890 erscheinen in „Bremische Werkmeister aus älterer Zeit“ die Namen
von Metallgießern.31 Die Personennamen stehen hier – wie auch in jüngeren Publika-
tionen – weniger im Zusammenhang stilkritischer Untersuchungen zu Kronleuchtern,
sie sind vielmehr Resultat des Aktenstudiums, das in der Regel kaum Aufschluss über
die Urheberschaft des Formen- und Motivschatzes von Leuchtern gibt. Aber es wer-
den anhand dieses Verzeichnisses Aufgabenbereiche des Metallgewerbes und mögli-
che Ortsbezüge deutlich, denn gelegentlich finden sich Hinweise, welcher Rotgießer
in welchem Zeitraum Leuchter angefertigt und/oder repariert hat. In Verbindung mit
anderen, vergleichbaren lokalhistorischen Studien zum Amt der Rotgießer könnte
dies eine Vorstellung vom Anteil der Metallgießer an der Entstehung, Verbreitung und
Veränderung von Kronleuchtern – insbesondere des 16. und 17. Jahrhunderts –
vermitteln.

In den einzelnen amtlichen Länderinventaren der Bau- und Kunstdenkmäler seit der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute sind Kronleuchter aus Metall sehr un-
terschiedlich dokumentiert. Neben ausführlichen und differenzierenden Dokumentati-
onen kommen diese Beschreibungen vor: „en lysekroner med ... plader og anden
zirat“32 – „Zwei messingne Kronleuchter im Schiff, mit Doppeladler, zeigen die übli-
chen Renaissanceformen.“33 – „ein eleganter Kronleuchter von Messing mit Inschrift
aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts“34.

Die Tatsache immer wiederkehrender Formen und die Wiederholung einiger Motive
schließt Varietät nicht aus. So können Kronleuchter aus Metall auch angesichts tradi-
tioneller Konstruktion und Morphologie je nach Auswahl und Komposition der Motive
sehr unterschiedlich sein und wirken. Von Interesse ist auch, welche Gestalten die
zum Teil allein als weiblich oder männlich bezeichneten Figurentypen tatsächlich ver-
körpern.

Hinsichtlich der Fragen zur Ikonographie der christlich deutbaren Topfiguren auf
Schaftkronleuchtern aus Metall des 16. bis 18. Jahrhunderts beschäftigen die zur
Beschreibung und Identifikation der Figur herangezogenen Kriterien.

31
J. Focke, Bremische Werkmeister aus älterer Zeit. Als Beitrag zur Nordwestdeutschen Gewerbe- und
Industrie-Ausstellung in Bremen, Bremen 1890. – H. Fatthauer, Die Bremischen Metallgewerbe vom
16. bis zum 19. Jahrhundert, in: Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt
Bremen (1936).
32
Danmarks Kirker, København, Bd. 1. Hg. Nationalmuseum Kopenhagen 1945–1958, S. 698. Insge-
samt aber sind insbesondere Art der Bekrönungen und Unterhänge sowie Inschriften gut dokumen-
tiert.
33
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. 6, Teil 1. Kreis Lebus, Berlin 1909, S. 84. – Das
Zitat zeigt, dass dieser Angabe nicht zu entnehmen ist, ob der Schaft der Kronleuchter aus einer Ba-
lusterform oder Kugelkolonnaden besteht, ob die Enden der Leuchterarme gewinkelt und mit einge-
stellten Rosetten oder lanzettlichen Blüten oder anstelle dessen aufgebogen und mit Masken verziert
sind. Da im Rahmen dieser Studie festgestellt wurde, dass die Bestände amtlicher Fotodokumentati-
onen von Kronleuchtern tendenziell unzureichend sind – nicht zuletzt infolge des Ersten und Zweiten
Weltkrieges – und die Inventarisierung kirchlicher Kunst seitens einiger Landeskirchen nicht begon-
nen, fortgesetzt oder abgeschlossen ist, erfordert dies einen zusätzlichen persönlichen Einsatz. Und
ohne das freundliche Entgegenkommen der Restauratoren/Restauratorinnen könnten etliche der in-
ventarisierten Kronleuchter als weitere Quelle bei Werkstattzuschreibungen oder anderer Forschun-
gen kaum berücksichtigt werden.
34
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen, H. 1, Das Samland, Königsberg 1891, S. 70.
Einleitung Seite 9

Ist angesichts einer bärtigen männlichen Kronleuchterstatuette in einer tunikaartigen


Gewandung aufgrund des attributiven Krummstabes und angesichts des Patrozini-
ums ihres Standortes – der Evangelischen St. Nikolaikirche in Kiel – hier tatsächlich
der heiligen Nikolaus dargestellt, obschon die charakteristische Bischofsmütze fehlt?
Hier wäre die Gegenüberstellung mit einer als Bischofsfigur bezeichneten und als
heiliger Nikolaus spezifizierten Topfigur eines Kronleuchters (17. Jahrhundert) in der
Unter-Kirche St. Nikolai in Burg/Sachsen-Anhalt aufschlussreich. Ist das Beispiel in
Kiel angesichts vergleichbarer Bekrönungsfiguren in Tunika und mit Segensgestus
auf Schaftkronleuchtern der gleichen Zeit (um 1661) im Lande – insbesondere
Schleswig, Dom und bedingt Glückstadt –, hier in Anbetracht des adäquaten Segens-
gestus der Rechten und der fehlenden Kopfbedeckung, ursprünglich als Christusbild
und eine freie Ergänzung seiner Linken samt Attribut denkbar? Schließlich weisen
andere Kirchen wie zum Beispiel Eckernförde mit einem entsprechenden Patrozinium
nicht unweigerlich deshalb eine adäquate Kronleuchterfigur auf. Auch die Beschrei-
bung der profanen Motive, hier der männlichen Bewaffneten auf Schaftkronleuchtern
aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts, bietet mitunter kaum Anhaltspunkte, wem
die Bezeichnung „Mann zu Rosse“35 gilt, ob Rittern, Soldaten o.a.

Des Weiteren ergibt die systematische Recherche anhand dieser Länderinventare,


dass einige Kronleuchter, obgleich vorhanden, nicht inventarisiert worden sind. An-
dere erscheinen im Stichwort-Register, ohne im Text beschrieben zu sein.36 Manche
Kunstdenkmäler-Inventare wurden (noch) nicht aktualisiert, so dass die Trennung
von Kronleuchter-Beständen und -Verlusten erschwert ist und an sich einer systema-
tischen Überprüfung bedarf, wie sie aus einem Bestandskatalog des Grassimuseums
in Leipzig hervorgeht.37

Es fällt auf, dass Kronleuchter als Einzelbeispiele freiberuflicher Auftragsarbeiten o-


der im Rahmen institutioneller Aufgabengebiete vereinzelt aussagekräftig, aber im

35
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Hamburg, Schleswig-Holstein, 1994, S. 378,
783, 293, 217. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt, Bd. I, Der
Bezirk Magdeburg, 2. Aufl., 1990, S. 57. – Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunst-
denkmäler der Provinz Sachsen XXIII. Heft. Kreise Halberstadt Land und Stadt. Halle/S. 1902,
S. 374: „Von zwei messingenen Kronleuchtern, deren einer von 1692 datiert ist, der andere aus der-
selben Zeit herrührt, hat der erstere acht Arme um die Kugel herum; der andere deren vierzehn in
zwei Etagen. Als Henkel dient dem ersteren ein Mann zu Rosse, dem zweiten ein nackter Mann mit
einem Schwerte, der auf einem Adler reitet.“ Das Schwert ist für die Darstellung Jupiter auf Adler
ungewöhnlich und dürfte eine freie Ergänzung sein. Die andere Beschreibung setzt eine gewisse
Denkmälerkenntnis voraus, um hier anhand anderer Kronleuchter des 17. Jahrhunderts – zum Bei-
spiel Estebrügge/Niedersachsen – eine Gestaltung als anitkisierend römischer Soldat anzunehmen.
36
H. Saebens/C. Matthias-Schröder, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Oldenburg, Heft V,
Die Ämter Brake, Butjadingen, Varel, Jever und Rüstringen, Oldenburg 1909. – Vgl. H. Saebens/C.
Matthias-Schröder, Die Kirchen des Jeverlandes, Jever 1956, Abb. Die rohe Elektrifizierung der Kron-
leuchter spricht für eine nachträgliche Veränderung dieser ursprünglich für Wachslichter eingerichte-
ten Beleuchtungsgeräte. Hier wären weitere Recherchen erforderlich. – Hinsichtlich der Frage zur Au-
thentizität der Kronleuchterfiguren „hl. Nikolaus“ oder „Christusbild“, s. Georg Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler, Hamburg, Schleswig-Holstein 1994, S. 292, 378 und 783. Vgl. Die
Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Stadt Schleswig, Bd. 2, Der Dom und der ehemalige
Dombezirk, 1963, S. 494 ff., insbes. S. 495.
37
Europäisches Kunsthandwerk aus Bronze, Messing, Kupfer und Eisen vom 12. bis 19. Jahrhundert,
Bestandskatalog des Museums für Kunsthandwerk/Grassimuseum Leipzig (1996).
Einleitung Seite 10

Hinblick auf die nicht minder aufschlussreiche Quantität dieser Beleuchtungsgeräte


unzureichend dokumentiert sind – sowohl fotografisch als auch deskriptiv.38 Insofern
ist die Formenvielfalt der Kronleuchter und ihrer Topfiguren systematisch zu ermit-
teln sowie formal und stilistisch zu strukturieren, um die selten signierten, zum Teil
inschriftlich datierten Objekte mit Angaben, die aus Dokumentationen oder Quellen-
sammlungen verfügbar sind, zu Metallgießern oder in Quellensammlungen erhalte-
nen Angaben zu Metallgießern in Beziehung setzen und mögliche Verbindungen veri-
fizieren zu können. Denn die anhand der Figurentypen und Löwenkopf-Masken von
Kronleuchtern gebildeten Gruppen können bisweilen stilistische Unterschiede aufwei-
sen. Hier besteht Forschungsbedarf. Denn auch die Register zu Metallgießern be-
nennen weitaus mehr Glocken- als Kronengießer. Obschon sich diese und weitere
Betätigungsfelder – wie zum Beispiel die Anfertigung von Geschützen, Tauffünten,
Brunnenanlagen oder Bewässerungssystemen – zuweilen überschneiden können, gibt
es auch Beispiele klarer Differenzierung. Das zeigen – neben anderen – die weiter
unten vorgestellten Untersuchungen von Philippsen.

Eine äußerst hilfreiche Arbeitsgrundlage bilden unter den oben genannten amtlichen
Länderinventaren jene, die bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts als Vollinventare
der Bau- und Kunstdenkmäler angelegt worden sind. Sie enthalten in der Regel aus-
führliche, teils metrische Objektbeschreibungen mit der Wiedergabe vorhandener In-
schriften und Hinweise auf weiterführendes Schrifttum. Ferner werden gelegentlich
Analogien angedeutet. Die Gesamt- oder Detailaufnahmen von Kronleuchtern sind
überwiegend aussagekräftig, doch proportional zum Gesamtbestand der inventari-
sierten Kronleuchter und ihres Formenrepertoires sowie Motivschatzes eindeutig un-
terrepräsentiert.

Die Inventarisierung kirchlichen Kunstgutes seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
beinhaltet neben der deskriptiven und metrischen Erfassung als Aktualisierung und
Ergänzung der besagten amtlichen Länderinventare insbesondere eine systematische
fotografische Dokumentation. Hinzu kommt die Neuerfassung bisher nicht inventari-
sierter und/oder neu hinzugekommener Kunstgüter, um so die unentbehrliche Auf-
gabe der Dokumentation fortzuführen.39

Erste Ansätze, historische Beleuchtungsgeräte über den architektonischen Bezug und


die christliche Symbolik hinaus hinsichtlich figürlicher Elemente und ihrer Ikono-
graphie wahrzunehmen, enthält die Darstellung „Histoire du luminaire“ (1891) von

38
Zu dieser Erkenntnis führt die persönliche Durchsicht der ortsalphabetischen Fotokarteien der Lan-
desämter für Denkmalpflege von Brandenburg (1999) sowie Schleswig-Holstein (M. 1990er Jahre).
Und auch die Ergebnisse der diesbezüglich schriftlichen Anfragen (2002) an die entsprechenden In-
stitutionen in Dresden, Hamburg, Münster und Schwerin lassen diesen Rückschluss zu. – Siehe ein-
zelne amtliche Länderinventare im Literaturverzeichnis. – Wertvolle Erkenntnisse sind aus den Do-
kumentationen zu einzelnen Restaurierungsmaßnahmen an Kronleuchtern der Werkstätten für Me-
tallgestaltung W. Hofmann in Wolgast sowie B. Ross in Hamburg sowie anhand einiger Arbeitsauf-
nahmen der Firma P. Oehlmann & Sohn in Bielefeld zu gewinnen.
39
Nähere Auskünfte dazu sind in der Regel über die Referate für Gebäudeplanung und/oder kirchliche
Kunst der Aufsicht führenden Kirchenbehörden erhältlich.
Einleitung Seite 11

d’Allemagne.40 Die dort auf Longperrier zurückgeführten Verbindungslinien zwischen


den beschriebenen Leuchtern „Wilde Leute“ zu Darstellungen und zur Kultur des Rit-
tertums im Mittelalter werden verstärkt in den entsprechenden kunstwissenschaftli-
chen Publikationen Mitte des 20. Jahrhunderts aufgegriffen. Das betrifft auch die an-
gesichts der Qualitätsunterschiede geäußerten Vorbehalte vor einer Überbewertung
dieser Statuetten, die allein potenzielle Reflektoren sein könnten. Die jüngere kunst-
wissenschaftliche Forschung hat dies anhand der Funktion und Mehrdeutigkeit des
Motivs in anderen Verwendungszusammenhängen relativiert.

In der „Geschichte der technischen Künste“ von 1893 stehen unterschiedliche Gefäße
und Gerätschaften aus Bronze, Kupfer oder Zinn des Mittelalters sowie der Neuzeit
im Mittelpunkt. Die komprimierte Zusammenfassung zu Metallgießern, Objekten und
Daten gibt wichtige Anhaltspunkte.41

1894 spricht Justus Brinckmann – wie viele nach ihm – die kulturgeschichtliche Be-
deutung der Leuchter an, ohne neben typologischen Aspekten zu Leuchterstamm
und Leuchterarmen auf Weiteres einzugehen. Aber er weist auf die besonderen Leis-
tungen der Gelbgießer in Hamburg hin.42

Ähnliche Ansätze wie bei d’Allemagne finden sich 1897 im Beitrag „Der Kronleuchter“
von Brüning für das Kunstgewerbeblatt.43 Die dort skizzierte Typologie der Kron-
leuchter enthält Deutungen, die für die weitere kunstwissenschaftliche Erforschung
dieser Beleuchtungsgeräte prägend zu sein scheinen.

Über die aus baukünstlerischen und literarischen Inspirationen abgeleitete Komposi-


tion mittelalterlicher Hängeleuchter in kultischem Verwendungszusammenhang hin-
aus siedelt er den Ursprung der Schaftkronleuchter als favorisiertes Ausstattungs-
stück vornehmer Bürgerhäuser im Kontext einer gesteigerten Lebensqualität an. Die
Löwenkopf-Maske mit Ring im Fang als Unterhang an Schaftkronleuchtern der Re-
naissance erwähnt er ausschließlich als Zugvorrichtung. Gleichwohl unterscheidet
Brüning zwischen einer beliebigen und einer für kirchliche Zwecke hergerichteten
Kronleuchterform, die aufgrund des daraus erwachsenden Motivschatzes – insbeson-
dere unterschiedlicher Bekrönungsfiguren – zu einer wechselvollen Gestaltung dieser

40
H. R. d’Allemagne, Histoire du luminaire, Paris 1891, S. 141. – « Le plus souvent ces chandeliers
(14.–16. Jahrhundert) représentent des hommes sauvages ... M. de Longperrier a fait à ce sujet une
très interessante étude et il est le premier qui ait véritablement résolu cette question. Le sauvage
velu, dit-il, est une création contemporaine de la chevaliers une fois les paladins errants inventés, il
leur a fallu des adversaires en dehors des données communes de l’humanité. Cette villosité, symbole
de force ... » – Vgl. A. Spamer, Die wilden Leute in Sage und Bild (Bericht über den Vortrag am 18.
April 1911), in: Volkskunde und Volkskunst, 9. Jg. Nr. 11/12, München 1911. – R. Bernheimer, Wild
men in the Middle Ages. Cambridge/Mass. 1952 – s. Vorlage S. 34. – L. Möller, Die wilden Leute des
Mittelalters, Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (1963). – Dies., Zwei Anmerkun-
gen zum Wilde-Leute-Thema in der niederländischen Kunst, in: Nordelbingen 34 (1965), S. 56–66. –
J. Schewe, Wilde Leute, in: LCI, Bd. 4, Sonderausgabe, Freiburg/Br. 1994, Sp. 531. – D. Kremers,
Der „Rasende Roland“ des Ludovico Ariosto, Aufbau und Weltbild, Mainz 1973. – N. Schindler, Wider-
spenstige Leute, Studien zur Volkskultur in der frühen Neuzeit, Frankfurt/M. o.J.
41
B. Bucher (Hg.), Geschichte der technischen Künste, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1893, S. 93.
42
J. Brinckmann, Führer durch das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe zugleich ein Hand-
buch der Geschichte des Kunstgewerbes, Hamburg 1894, S. 760 f.
43
A. Brüning, Der Kronleuchter, in: Kunstgewerbeblatt, N.F. 8, Leipzig 1897, S. 55.
Einleitung Seite 12

Beleuchtungsgeräte führe. Hier finden am Beispiel des Tabernakelkronleuchters


(1425) von Herzogenbusch auch die gewappneten Subfiguren in der Korrelation zu
historischen Ereignissen eine gewisse Beachtung.

Sowohl die Wahrnehmung des architektonischen Bezugs mittelalterlicher Lichtkronen


und Kronleuchter aus Metall als auch die normative Unterscheidung ihrer Statuetten
nach bedeutsamer Zentralfigur und attributiver Topfigur weisen indirekt auf das
Kunstverständnis der alten, das heißt römisch-katholischen und der neuen, das heißt
Evangelisch-lutherischen Kirche hin. Expressis verbis und im Zusammenhang mit der
Metallverarbeitung ist dieser Aspekt zum Beispiel auch in einer Schriftquelle des
18. Jahrhunderts in Ostvorpommern dokumentiert.44 Eine deutliche Korrelation zwi-
schen religionspolitischen Entwicklungen und der Geschichte der Messingindustrie
formuliert wenige Jahre später Peltzer für Aachen.45

Insbesondere die Jahrbücher und Kataloge der Museen für Kunsthandwerk enthalten
um die Jahrhundertwende und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts häufiger
Informationen zu Kronleuchtern oder ihren Fragmenten. In der Regel ist die Prove-
nienz der museal bewahrten Objekte nicht klar einzugrenzen.

Lüer und Creutz nehmen im ersten Band „Kunstgeschichte der unedlen Metalle“ ihres
zweibändigen Werkes „Geschichte der Metallkunst“ (1904) besondere Kronleuchter in
Europa als beispielhafte Leistungen in der Verarbeitung von Buntmetallen auf. Die
nach Epochen und Länder gegliederte Darstellung vermittelt einen Eindruck von der
Verbreitung der Kronleuchter und ist maßgeblich für einen Teil jüngerer Fachpublika-
tionen auf diesem Sektor.46 Als wertvolle Grundlage für weitere Forschungen könnten
sich die darin erwähnten Namen von Metallgießern erweisen. Die in groben Zügen
skizzierte Stil- und Materialentwicklung mit Hinweisen auf die gegensätzliche Ent-
wicklung des Bronze- und Messinggusses im nördlichen Deutschland gegenüber jener
im südlichen enthält nur wenige detaillierte Angaben zur Gestaltung einzelner Kron-
leuchter.47 Die Äußerung, dass unter den Armkronleuchtern des 15. Jahrhunderts in

44
HSTA Rep. 16, 263, J. Mitzken, Protokoll 1720.
45
R.A. Peltzer, Geschichte der Messingindustrie und der künstlerischen Arbeiten in Messing (Dinande-
ries) in Aachen und den Ländern zwischen Maas und Rhein von der Römerzeit bis zur Gegenwart,
1909
46
H. Lüer/M. Creutz, Kunstgeschichte der unedlen Metalle, Bd.1, in: Geschichte der Metallkunst, 2
Bde., Stuttgart 1905. – Siehe auch H. Lüer, Technik der Bronzeplastik, Leipzig 1902 sowie Ders.,
Kronleuchter & Laternen, Vorbilderhefte aus dem Königlichen Kunstgewerbemuseum, H. 31, Hg. J.
Lessing, Berlin 1903.
47
H. Lüer/M. Creutz, Kunstgeschichte der unedlen Metalle, Bd. 1, Stuttgart 1904, S. 399 u. 494: „16.
Jahrhundert. Hatte noch im 15. Jahrhundert der deutsche Norden einschließlich der Niederlande der
Zahl der geschaffenen Werke nach das südliche Deutschland unendlich überwogen, und war er mit
seinen besten Leistungen künstlerisch nicht dahinter zurückgeblieben, so ist nun für Jahrhunderte
ein Niedergang der Erzgießkunst im Norden unverkennbar,...“ In Bezug auf die Kleingeräte aus Mes-
sing (S. 492) heißt es auf S. 494: „Vielleicht darf man sagen, dass die schönsten Beispiele in den
deutschen Küstenländern entstanden sind.“ – Siehe ebd. S. 369. – Vgl. Waase/Ummanz, Kronleuch-
ter, 15. Jahrhundert: Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirkes Stralsund, H. IV, Der Kreis Rügen,
Stettin 1897, S. 362 sowie: Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen, Bezirk Rostock, Bd. 1, Leipzig
1963, S. 617 u. Taf. 129. – Vgl. Danmarks Kirker, Aarhus Amt, Bd. 3, Kopenhagen 1976, S. 1178 u.
1180: Aarhus, Frauenkirche, Tabernakelkronleuchter mit Hl. Georg, 15. Jahrhundert. – S. Erixon,
Lysekroner av mässing, o.O. 1965, S. 11. Sireköpings kyrka, Skane, Tabernakelkronleuchter, 15.
Jahrhundert.
Einleitung Seite 13

Norddeutschland nur der im Rathaus zu Goslar von einiger Bedeutung sei, findet mit
der Abbildung dieses Exemplars in der „Illustrierte[n] Geschichte des Kunstgewer-
bes“ (1909) eine Bestätigung48, ist aber zu relativieren. Die seit der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts durchgeführte Inventarisierung der Bau- und Kunstdenkmäler
erbrachte eine Erweiterung der Denkmälerkenntnis.

Diese Äußerung im Jahre 1904 von Lüer und Creutz veranlasst Griep noch Anfang
der 1960er Jahre , eine Sonderstellung des Goslarer Leuchters anzunehmen.49 Im
Hinblick auf das Pendant in Münnerstadt wurde das Goslarer Exemplar auch metal-
lurgisch untersucht. Sowohl der Aufbau dieses Leuchters – insbesondere die Verwen-
dung zweier Statuetten: eine Muttergottes innerhalb der zentralen Kapelle und eine
Bischofsfigur darüber – als auch potentielle Verbindungen zum Rammelsberger Berg-
bau im Harz unterstützen diese Beurteilung einer Sonderstellung bedingt. Demge-
genüber ist von einem Tabernakelkronleuchter der Spätgotik in Waase/Ummanz (In-
sel Rügen), der in diesem Zusammenhang nicht erwähnt wurde, „nicht bekannt“,
dass dessen Marien-Statuette erneuert wurde – im Gegensatz zum Beispiel in Goslar.
Dort heißt es, dass die seit 1819 fehlende Zentralfigur im Jahre 1871 ergänzt wurde.

Als ein in jüngere Zeit datiertes Exemplar, wo eine Zentral- und eine Bekrönungsfi-
gur einen Kronleuchter zieren, wäre der sogenannte Karls-Leuchter (vor/um 1628)
aus und in Aachen zu nennen.50 Anstelle einer Muttergottes im Zentrum des Kron-
leuchters erscheint hier ein geharnischter Krieger in Rennzeug. Die Statuette des
Salvator mundi bekrönt den Aufbau des Leuchters, wo in einem Kranz die Apostel
zwischen diesen beiden Figuren vermitteln. Hier ist die Bedeutung des Kronleuchters,
dessen Gewicht auf 500 Pfund und dessen Wert damals auf 350 Taler geschätzt wird,
aufschlussreich, da er ein Medium zur Bewältigung eines Interessenkonfliktes zwi-
schen Kaiser, Jesuiten und Protestanten hinsichtlich der Ansprüche an Grund und
Boden sowie dessen Bewirtschaftung darstellt. Eine Konfrontation, die auch für ältere
Kronleuchter auf einer anderen Ebene bestimmend erscheint.

Die Äußerung von Lüer und Creutz, „dass im 16. Jahrhundert im Norden Deutsch-
lands nichts Hervorragendes entstanden ist“51, ist angesichts des fehlenden Nachwei-

48
O. v. Falke, Das spätgotische Kunstgewerbe im 15. Jahrhundert, E. Eisen, Erz, Zinn, in: Illustrierte
Geschichte des Kunstgewerbes, 2 Bde., Hg. G. Lehnert, Berlin 1909, Bd. 1, S. 405 ff. – insbes.
S. 410 f.
49
H.-G. Griep, Ein Goslarer Kronleuchter in Münnerstadt, in: Harz-Zeitschrift, Jg. 13, Hg. K. W. San-
ders, Bad Harzburg 1961, S. 103–117 mit Bildtafeln, s. insbes. S. 106 (Ergänzung Zentralfigur) und
S. 110 ff. (Verhüttung und Aufbereitung der Erze). – Nach Angabe des Verfassers dieses Textbeitra-
ges handelt es sich dabei um eine Neufassung des gleichnamigen Aufsatzes von V. C. Habicht, Han-
nover.
50
R. A. Peltzer, Geschichte der Messingindustrie und der künstlerischen Arbeiten in Messing (Dinande-
ries) in Aachen und den Ländern zwischen Maas und Rhein von der Römerzeit bis zur Gegenwart (Mit
13 Abbildungen), Aachen 1909, S. 28, 128, 130 u. Taf. 8. – Zur Bedeutung des Nürnberger Mes-
singgusses, s. H. Stafski, Der künstlerische Messingguss, in: Nürnberg – Geschichte einer europäi-
schen Stadt, Hg. G. Pfeiffer, München 1971, S. 229–235.
51
H. Lüer/M. Creutz (1904), Bd. 1, S. 455. Diese Äußerung, die allen voran auf den Bronzeguss des
16. Jahrhunderts gemünzt ist, lässt eine Gegenüberstellung mit regionalen Erzeugnissen – wie zum
Beispiel in Mölln/Schleswig-Holstein, Ev. St. Nikolaikirche, Bronzetaufe (1509) von Peter Wulf, Lü-
beck oder in Plau/Mecklenburg, Ev. Stadtkirche, Bronzefünte (1570), Rotgießer Evert Wichtendahl aus
Plau zugeschrieben – vermissen. Siehe G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Ham-
Einleitung Seite 14

ses und der in dieser Kronleuchterstudie exemplarisch genannten Objekte aus Metall
in Norddeutschland vorerst nicht haltbar. In Hinsicht auf die so genannten schönen
Kleingeräte aus Messing wäre allerdings eine Präzisierung erforderlich. So wären
Wandleuchter unter diesem Gesichtspunkt zu untersuchen – unter anderen jene des
Hans Meißner aus Braunschweig in der Evangelischen Stephanikirche in Oster-
wiek/Sachsen-Anhalt von 1567 oder die des Dominicus Slodt in der Evangelischen
St. Marien-Kirchen in Barth/Mecklenburg-Vorpommern von 1588. Als weitere Bei-
spiele sind zu nennen: Stralsund, Evangelische St. Marien-Kirche, „Salvator mundi“,
1557; Otterndorf/Niedersachsen, Evangelische St. Severi-Kirche, „Büttel“, 1572;
Buxtehude/Niedersachsen, Evangelische St. Petri-Kirche, „gekrönter, heraldischer
Doppel-Adler“, 1589 von Hans Bars; Barth, Evangelische St. Marien-Kirche, „Greif“
1589/1590 von Dominicus Slodt.52

Gleichwohl ließen sich bisher weder persönliche Daten noch die Wirkungskreise die-
ser Metallgießer ermitteln. Tatsächlich muten die vielfach stereotypen Bekrönungsfi-
guren etlicher anderer Schaftkronleuchter dieser Zeit zunächst wie unbedeutende
Serienprodukte an. Außer einer formalen Gruppenzugehörigkeit – die zu definieren
ist – sind sie häufig nur anhand geringfügiger Unterschiede in der Modellierung oder
der Weiterbearbeitung mittels Gravuren zu differenzieren. Und diese lassen in ihrer
teils minimalistischen, teils dominierenden Ausführung zunächst keinen größeren
kunsthandwerklichen Anspruch erkennen. Diesen sprechen Lüer und Creuz in ihrem
Hinweis auf den Anteil Nürnbergs an der Entstehung von Messingkronleuchtern des
17. Jahrhunderts in Reval und Rostock indirekt an.

Besondere Aspekte des Beleuchtungswesens werden 1905 von Benesch im Reallexi-


kon zur deutschen Kunstgeschichte publiziert53; im gleichen Jahr erscheint das
„Handbuch kirchlicher Kunstaltertümer“ von Bergner54. Auch von Falke konzentriert
seine Ausführungen zum spätgotischen Kunstgewerbe aus Metall in der „Illustrier-
te[n] Geschichte des Kunstgewerbes“ (1909) – und dort hinsichtlich der Kronleuchter
– auf Beispiele mit kultischer Verwendung. Er exemplifiziert diese am Kapellenkron-
leuchter in Goslar, anhand des Korbkronleuchters (1424) von Kolberg oder mit Hin-
weisen auf die Lichtkronen in Einbeck (Evangelische Kirche St. Alexandri, Radleuch-
ter, datiert 1429, Messing), Halberstadt (Dom, Radleuchter, vor 1516, Eisen, urspr.
vergoldet) und Münster (Dom, Radleuchter, wohl 1536, Bronze). Über die Arm- und

burg, Schleswig-Holstein (1994), S. 630. – Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzog-
tums Mecklenburg-Schwerin, IV. Band, 2. Aufl., Schwerin i. M. 1901. – G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler, Mecklenburg (1980), S. 274.
52
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt, Kunstdenkmäler, Der Bezirk
Magdeburg (1974), S. 323. – Mit Ausnahme einer Rechnung, Register vom 20. Juli 1602 im Archiv
der Ev. St. Marien-Kirche in Barth, s. Anhang 1–3 und als Mitsiegler einer im Stadtarchiv der Hanse-
stadt Stralsund bewahrten Urkunde von 1594 konnten bisher keine weiteren Angaben zur Person des
Dominicus Slodt ermittelt werden – auch nicht unter Berücksichtigung einer unterschiedlichen
Schreibweise des Namens, s. HSTA St. Marien 157, Urkunde.
53
H. E. Benesch, Das Beleuchtungswesen vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, in: RDK, Bd. 2,
Wiesbaden 1905.
54
H. Bergner, Handbuch der kirchlichen Kunstaltertümer in Deutschland, Leipzig 1905, S. 338 ff. –
Ders., Ausstattung, kirchliche, in: RGG I (1909), S. 811–813.
Einleitung Seite 15

später von anderer Seite als Schaftkronleuchter bezeichneten Gelbgussarbeiten ist


neben einer Kurzcharakteristik ihrer Morphologie – wie zum Beispiel jene der Kron-
leuchter in Seckau oder Herzogenbusch (1424) – kaum mehr als das auf Rathäuser
und Museen erweiterte Vorkommen von Kronleuchtern zu erfahren.55

R. A. Peltzer beschreibt 1909 die „Geschichte der Messingindustrie und der künstleri-
schen Arbeiten in Messing (Dinanderies) in Aachen und den Ländern zwischen Maas
und Rhein von den Römern bis zur Gegenwart“. Hier finden sich nützliche Angaben
zur Beschaffenheit der Werkstoffe mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass „Dinande-
ries“ den Werkstoff Messing und als Bearbeitungstechnik an sich keinen Messing-
guss, sondern Treibarbeiten bezeichnet. Darüber hinaus ist Wesentliches zur Bedeu-
tung dieses Werkstoffes für Wirtschaft und Politik zu erfahren. Etliche Quellentexte
im Anhang stützen Peltzers ausführliche Darstellung. Der Intention dieser Publikation
entsprechend ergänzt eine Auswahl abgebildeter Leuchter die an anderer Stelle ge-
nannten Beispiele.

Die Vergegenwärtigung der Themenstellung ist wichtig, um den folgenden Satz als
Grenze der Recherche und nicht als Grenze der Verbreitung von Metall-Kronleuchtern
zu verstehen: „Eine besondere Zierde der meisten Kirchen Westdeutschlands, Bel-
giens und der Niederlande bilden noch heute jene effektvollen messingnen Kron-
leuchter, welche im 15. Jahrhundert entstanden.“56 Denn die – siebzehn Seiten wei-
ter in Kapitel VI des Werkes dargestellten – Zusammenhänge zwischen der Auswan-
derung protestantischer Kupfermeister und den Auswirkungen der Gegenreformation
am Beispiel des Niedergangs der Aachener und des Aufblühens der Stolberger Mes-
singindustrie finden auch später in Stralsund eine gewisse Entsprechung.

So kann im Rahmen der hier vorliegenden Studie ein bisher unveröffentlichtes Proto-
koll des Jahres 1720 vorgestellt werden, das Auskunft über das Bestreben des Glo-
cken- und Rotgießers Jochim Nitzken aus Nürnberg gibt, Meister in Stralsund zu
werden. Im Zuge der Befragung durch Senat und Polizei der Hansestadt beschreibt
er die Stationen seiner 11-jährigen Wanderung zwischen Italien und Dänemark, und
es wird notiert: „... in Wien hatte er auch 6 Wochen gearbeitet, weil aber die Catholi-
sche Religion floriret, hätte er nicht länger sich da auffhalten wollen von da wärr er
nach Breslau gereiset ...“57

Diese Korrelation zwischen religionspolitischen und sozioökonomischen Aspekten er-


scheint nicht allein bedeutsam für das Metallgewerbe an sich, sondern auch für die
Entstehung und Verbreitung bestimmter Figurentypen auf Schaftkronleuchtern aus
Metall.

55
J. v. Falke (1888), S. 142 f. – R. A. Peltzer (1909), S. 130. – Radleuchter, s. G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen, München 1992, S. 430. – Ders., Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler Sachsen-Anhalt, Bd. I, Der Bezirk Magdeburg, Unveränderter Nachdruck
des Bandes „Der Bezirk Magdeburg“ München/Berlin 1974, S. 145. – Ders.: Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler Westfalen, Unveränderte Neuaufl. und Nachdruck, München 1986, S. 363.
56
R. A. Peltzer (1909), S. 127.
57
HSTA Rep. 16, 263.
Einleitung Seite 16

Nach der Zerstörung Dinants als bedeutender Stätte der Messingverarbeitung und
der Abwanderung von Metallgießern – zunächst nach Stolberg/Aachen – weist Peltzer
insbesondere Nürnberg den entscheidenden Anteil an der Metallveredlung anhand
technischer Neuerungen wie zum Beispiel dem Metallbrennen zu. Da es aber im Be-
reich der Alchemie niemanden gab, der nicht auf die Geheimhaltung profitabler Ent-
deckungen bedacht war, die in der bildenden Kunst nachweislich die Arcanisten in
der Porzellanherstellung kennzeichnet, beanspruchen neben der genannten auch an-
dere Stätten der Metallverarbeitung für sich, besonderen Anteil an diesen oder ver-
gleichbaren Innovationen zu haben – wie zum Beispiel der Rammelsberger Bergbau
im Harz. Dort heißt es, dass zur Messingerzeugung der Zusatz von pulverisiertem
Galmei, das mit feiner Holzkohle vermengt und mit Kupfer verschmolzen wird, eine
besondere Hitzeentwicklung mit sich bringt. Und diese wiederum erlaubt, dass die
verschiedenen Schmelzpunkte von Galmei und Kupfer erreicht werden, um Messing
zu erzeugen.58

Erklärungen dafür bieten nicht zuletzt die Abgrenzung zu den Mansfelder Erzen, die
als hochwertiger eingestuft werden, die Tradition des Rammelsberger Bergbaus und
die Nähe zu den mittelalterlichen Zentren des Bronzegusses, Hildesheim und Magde-
burg.59

In Nürnberg hat der Bronzeguss mit der Erzgießerfamilie Vischer von 1453 an hun-
dert Jahre lang Tradition, ist weit über Deutschland hinaus führend und beinflusst die
Rotgießer vor Ort. Vereinzelt werden an anderer Stelle einige ihrer Namen – wie zum
Beispiel Hans von Cöln/Köln zu Nürnberg (Lüneburg, Evangelische St. Johannes-
Kirche, Kronleuchter, Messing, 1515; Salzwedel, Evangelischen Marien-Kirche, Bron-
zetaufe, 1520) oder Johann Müller aus Nürnberg – mit Norddeutschland in Verbin-
dung gebracht. Der Name dieses Kupfermeisters des 17. Jahrhunderts ist inschriftlich
auf einem Kronleuchter der Evangelischen Kirche in Klüss/Mecklenburg-Vorpommern
(möglicherweise mit Aufenthaltsort Kiel/Schleswig-Holstein) überliefert Im Anschluss
an Schlie erwähnen Lüer und Creutz die Kronleuchter der Evangelischen St. Jacobi-
Kirche in Rostock (1602 und 1603) sowie darüber hinaus fünf Kronleuchter der Evan-
gelische St. Nikolai-Kirche in Reval als nachweisbare Nürnberger Arbeiten – ohne je-
doch diesen Nachweis zu erbringen. Forschungsbedarf besteht in diesem Zusam-
menhang ferner in Bezug auf die vage Zuordnung eines Schaftkronleuchters (Stif-
tung des Jahres 1704) nach Deutschland oder Holland. Unter den im Jahre 1915 ver-
öffentlichten Merkzeichen der Nürnberger Rotschmiede zu den Signaturen der Mes-
singgusswaren des 16. bis 19. Jahrhunderts beziehen sich etliche auf Leuchtenma-

58
H.-G. Griep (1956), S. 111. – In der französischen Staatsgießerei wird mit dessen Leiter, einem
gewissen Keller aus Zürich (1683–1702), die Erfindung einer neuen Legierung aus Kupfer und Zink
mit einem geringen Zinn- und Bleigehalt in Verbindung gebracht, s. O. v. Falke (1935/1989), S. 107.
59
U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters (1981). – H. Asmus, 1200 Jahre Magdeburg, Bd. 1, Die
Jahre 805 bis 1631, in: H. Asmus/M. Wille, 1200 Jahre Magdeburg, Von der Kaiserpfalz zur Landes-
hauptstadt, 2 Bde., Magdeburg 2000, S. 186 ff.
Einleitung Seite 17

cher, die dort verzeichnet sind. Die zuvor genannten Namen sind dort nicht vertre-
ten.60

Sehr aufschlussreich ist die Arbeit des Jahres 1922 von Hüseler zum Amt der Ham-
burger Rotgießer insofern, als hier das Kunsthandwerk in Hamburg des 16. bis 18.
Jahrhunderts Gegenstand der Betrachtung ist. Es wird – wie schon 1767 in Sprengels
Werk „Handwerke und Künste“61 – auf Grund handwerklicher Techniken, das heißt
anhand der zum Guss verwandten Form, zwischen Rot- und Gelbgießern unterschie-
den. Danach weist das Arbeiten in einer Lehmform, die kräftiger, aber stets für jeden
Guss neu anzufertigen ist, den Rotgießer als Kunsthandwerker aus. Hüseler kommt
zu der Auffassung, dass Rotgießer daher auf Bestellung und selten für den direkten
Marktverkauf gearbeitet haben. Letzteres aber war den Gelbgießern möglich. Auf
diese Weise untermauert Hüseler die Einschätzungen Brinckmanns zum Stellenwert
dieser Metallgießer in Hamburg. Er stellt fest, dass das Amt der Rotgießer schon lan-
ge vor 1573 Anschluss an vergleichbare Einrichtungen der slawischen Städte und
innerhalb des Niedersächsischen Reichskreises die Rolle einer höheren Instanz inner-
halb des Metallgewerbes inne hat.62 Indem aus Urkunden und Akten die Geschichte
des Amtes der Rotgießer dargestellt wird, bietet sich eine gute Grundlage, die Ent-
stehung des Amtes der Gelbgießer während des 17. Jahrhunderts in Norddeutschland
nachzuvollziehen und für weitere Studien anhand der chronologisch und alphabetisch
gegliederten Matrikel der Metallgießer. Doch ihre Viten sind weitestgehend uner-
forscht.

60
Geschichte der technischen Künste, Bd. 3, Hg. B. Bucher, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1893, S. 93. – Die
Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, Bd. III, 2. Aufl.,
Schwerin 1900, S. 219 f.: „Kronleuchter von Messing mit dem Doppeladler bekrönt. An der Krone
dasselbe Wappen mit der Jahreszahl 1658 wie an den Leuchtern, dazu die Inschrift: CHRISTOF NA-
SAV RITMEISTER / JOHAN MVLLER VON NIRNBERG HAT (lt. Inventar von 1811 DIESE KRONE IN
KIEL GEMACHT). Der Schluss fehlt jetzt, dafür liest man: DIESE KRONE IST VON F. PAEPKE IN GRA-
BOW REPARIRT 1823.“ – Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-
Schwerin, Bd. I., 2. verb. u. verm. Aufl., Schwerin 1898, S. 98. – Ebd., S. 127, weist F. Schlie im
Zusammenhang mit den Kronleuchtern der Ev. St. Petri-Kirche in Rostock auf eine Verschlimmbesse-
rung von Messingkronleuchtern durch Vergoldung hin und erwähnt hier die evangelischen Kirchen St.
Jacobi, St. Marien und St. Nikolai zu Rostock. – H. Lüer/M. Creutz (1904), S. 494. – Die Datierungen
der in der Nikolaikirche in Reval erhaltenen Kronleuchter: 1615, 1645, 1648, 1651, 1692. – Dan-
marks Kirker. Sonderjylland. Kunsthistorisk Oversigt og Registre, Kopenhagen o.J., S. 316. – R.
Vollbrecht, Die zwei großen Kronleuchter der Bozener Pfarrkirche, in: Der Schlern 20, 1946 (7), S.
220 f.:“ Der eine dieser Kronleuchter ist signiert von Sebastian Denner, Nürnberg 1675.“ – R. Schel-
ler, Die Brauerkrone der Marienkirche zu Köslin, in: Pommern 23, 1985 (2), S. 2906. Ein Messing-
kronleuchter, der inzwischen verloren gilt, wird nach Nürnberg lokalisiert, um 1606. – W. Stengel,
Die Merkzeichen der Nürnberger Rotschmiede, in: Festschrift für Gustav von Bezold zu seinem 70.
Geburtstag (17. Juli 1918), Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg 1918.
S. 107–155. – E. Egg, Nürnberger Messingwaren in Tirol, in: Anzeiger des Germanischen National-
museums Nürnberg (1965), S. 52–59.
61
P. N. Sprengel, Handwerke und Künste in Tabellen, Berlin 1769-1778, Ausst.-Kat. München 1989,
Modell und Ausführung in der Metallkunst, Hg. Bayerisches Nationalmuseum München (Bildführer
15).
62
K. Hüseler, Das Amt der Hamburger Rotgießer, Hamburg 1922, S. 16 f. – S. Erixon, Mässing, 1943,
S. 19.
Einleitung Seite 18

Weitere Namen von Metallgießern und insbesondere die der Gelbgießer in Lübeck
sind in der Sammlung Ed. Hach enthalten.63 Diese ist an sich den ungedruckten
Quellen zuzuordnen, erhält aber an dieser Stelle eine weitere Bedeutung angesichts
der Studien von Hüseler zum Amt der Rotgießer und zur Differenzierung von Gelb-
gießern in Hamburg sowie von Philippsen zu Schleswiger Zinn- und Rotgießern64, wo
für die Stadt an der Schlei die Herausbildung des Kronengießers als Spezialberuf
festgestellt wird.65

Mit der Darstellung „Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der
Auffassung des Mittelalters“66 aus dem Jahre 1924 thematisiert Sauer aus theologi-
scher Sicht den Begriff „Symbolik“ in seiner Entwicklung – unter anderem anhand
der Schriften des Wilhelm Durandus (gest. 1332) und des Sicardus von Cremona
(1158-1215). Die in Anlehnung an das Alte Testament geschilderte christozentrische
Lichtsymbolik ist unstrittig. Sie wird allerdings als ursprünglicher Entstehungsgrund
der Kronleuchter hinterfragt. Sauer schließt angesichts der Formenvielfalt von Kron-
leuchtern eine Mehrdeutigkeit nicht aus, doch steht dieser eine Trennung zwischen
einer Ikonographie tragender Elemente, das heißt Kugel, Schaft, Leuchterarmen und
Aufhängung, und morphologisch untergeordneter, das heißt scheinbar bedeutungslo-
ser Zierelemente gegenüber. Licht bewirkt eine verbesserte Wahrnehmung und kann
als Beleuchtung auch der Erleuchtung dienlich sein.

1927 erscheint eine Beleuchtungskörper-Stilkunde von Schmid.67

Aus schwedischer Perspektive weist im Jahre 1943 Erixon in seinem Buch „Mässing.
Svenska Manufakturer och Konsthantverksprodukter under 400 år.“ auf die fehlende
Erforschung der in Deutschland vorhandenen und/oder gefertigten Messingerzeug-
nisse – insbesondere Kronleuchter – hin.68 Und er betont ausdrücklich die Relevanz
des Quellenstudiums und größer angelegter Untersuchungen zu diesem Stoffgebiet,
um die stilkritischen Studien zu Messingkronleuchtern und die daran zum Teil sich
abzeichnende Zusammenarbeit zwischen Schweden und Deutschland, insbesondere
mit Aachen und Lübeck, in Hamburg zusätzlich aufzeigen und belegen zu können.
Denn, so stellt Erixon fest, es sei auf dem Festland bisher – das heißt bis zur Veröf-
fentlichung des Buches im Jahre 1943 – nicht gelungen, Messingerzeugnisse be-
stimmten Werkstätten zuzuordnen oder eine Hauptproduktionsstätte zu lokalisieren,
gleichwohl Aachen und Nürnberg seit 1466 als Synonym für Dinant zu stehen schei-

63
St.A. HL, Slg. Ed. Hach 98, Handwerker. Hier liegt ein Verzeichnis von Gelbgießermeistern in Lübeck
der Jahre 1647–1833 vor. Die Auflistung ist mit Zeitabständen von einem bis fünf Jahren nicht lü-
ckenlos. Die Jahre 1674, 1686, 1752 und 1759 sind mit jeweils einem Namen für Frühjahr und
Herbst doppelt aufgeführt; der größte Intervall besteht zwischen 1791 und 1814.
64
H. Philippsen, Schleswiger Zinn- und Rotgießer, in: Nordelbingen 4 (1935), S. 626–635.
65
Ebd., S. 632.
66
J. Sauer, Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der Auffassung des Mittelalters,
Mit Berücksichtigung von Honorius Augustodunensis, Sicardus und Durandus, 2. verm. Aufl., Frei-
burg/Br. 1924. – Vgl. J. Brinckmann, Hamburg 1894, S. 761.
67
G. Schmid, a.a.O.
68
S. Erixon, Mässing. Svenska Manufakturer och Kosthantverksprodukter under 400 ar, Stock-
holm/Malmö 1943, S. 187, 19, 32.
Einleitung Seite 19

nen und für Lübeck der Nachweis fehlt. Erixon schlägt daher eine systematische Un-
tersuchung der so genannten Kirchenkronleuchter vor.

Obschon Braun in „Das christliche Altargerät“ unter „vasa non sacra“ im zweiten Ab-
schnitt gemäß der Kapitelüberschrift von Leuchtern ausschließlich Altarleuchter – und
damit zusammenhängend Akolythenleuchter – abhandelt, sind mit seinen Ausfüh-
rungen auch Anhaltspunkte für das Verständnis von figürlichen Motiven resp. Bekrö-
nungen auf Schaftkronleuchtern gesetzt.69

Nur wenigen figürlichen und ornamentalen Elementen an (Stand-)Leuchtern spricht


Braun Symbolcharakter zu. Stattdessen sieht er die Gestaltung dieser Geräte über-
wiegend in der Schmuckfreude der jeweiligen Epoche begründet. Als zusätzliche Er-
klärung dienen ihm die sich häufig wiederholenden Motive mittelalterlicher Bauplas-
tik. Hier wie dort schließt er Ansätze einer Interpretation des Dargestellten als Kampf
zwischen „Gut und Böse“ weitgehend aus, da dies nicht Intention des Objekts, viel-
mehr des Betrachters sei.

Eine Häufung bestimmter Formen, Figuren und Motive ist auch an einem Großteil früh-
neuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Messing zu finden – in Norddeutschland ebenso
wie im benachbarten Ausland. Obschon in diesem Motivschatz mehrerer hundert
Kronleuchter sowohl segnende als auch kriegerische Statuetten vorkommen, sind
darunter nur wenige Motive als Inbegriff dieses Schwarz-Weiß-Denkens bekannt –
z. B. Stade, Evangelische St. Cosmae et Damiani-Kirche, Kronleuchter „Erzengel Mi-
chael“, 1660 und Stadthagen, Evangelische Kirche, Kronleuchter „Heiliger Georg“,
wohl Ende 16. Jahrhundert. Dort ist der Kampf zwischen Gut und Böse narrativ – in
der Überwältigung des Lindwurms – als Figurengruppe dargestellt. Ob in diesem Sin-
ne die auf frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern stärker repräsentierten Soldaten
unter dem Aspekt der Tugend im eigentlichen Sinne und im Kontext der Unterschei-
dung zwischen Gut und Böse ebenso zu betrachten sind?

Mit stilkundlichen Aufsätzen über Beleuchtungsgeräte hat Jarmuth seit 1953 zur Auf-
nahme kunstgeschichtlicher Themen in die Zeitschrift „Lichttechnik“ beigetragen.70
Spannend, aber in Deutschland offensichtlich nur kurze Zeit im öffentlichen Bewusst-
sein ist seine Darstellung zur Bergung jener Winkelarmkronleuchter, die Ende des

69
J. Braun, Das christliche Altargerät, München 1950, S. 492 ff. – Vgl. P. Bloch, Siebenarmige Leuchter
in christlichen Kirchen, in: Wallraf-Richartz-JB. 23/1961, S. 55-190. – Zur Darstellung hl. Georg auf
Kronleuchtern, s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen
(1992), S. 1232: Kronleuchter, wohl Ende des 16. Jahrhunderts und ebd., S. 1222: Kronleuchter
„hl. Michael“, um 1660, Vgl.: Danmarks Kirker, Arhus Amt, 3. Bd., Kopenhagen 1976. S. 1177 f und
1180 mit Abb.: spätgotischer Tabernakelkronleuchter mit Zentralfigur „St. Jürgen“ und Vogel als
Topfigur. – Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Provinz Pommern, Kreis Kammin (Land), Stettin
1939, S. 139 und 170 mit Abb. 1061: Kronleuchter „Hl. Georg“, Ende 17. Jahrhundert; gilt als Stif-
tung von 1704 des Kupferschmieds.
70
K. Jarmuth, Lübecker Leuchten vom Meeresgrund, in: Lichttechnik. 21. Jg., H. 1. Berlin 1969, S. 72–
74. – Ders., Lübecker Leuchten vom Meeresgrund, in: Lichttechnik, 22. Jg., H. 5, Berlin 1970, S. 250
f. – Ders., Lübecker Leuchten vom Meeresgrund, in: Lichttechnik, 23. Jg., H. 10, Berlin 1971,
S. 342. – Bemühungen, respektive Schreiben hinsichtlich einer Kontaktaufnahme (1999/2000) zum
Museum in Zadar, das lt. Jarmuth die Bergung des Schiffswracks und der Kollis mit 350 Einzelteilen
von Leuchtern leitete sowie Recherchen zu diesbezüglichen Dokumentationen von Sofija Petricioli,
Zadar blieben ohne Resonanz.
Einleitung Seite 20

16. Jahrhunderts bei einer Havarie im Adriatischen Meer versunken waren. Jarmuth
ordnet diese Leuchter mit heraldischem Doppel-Adler als Bekrönung und Löwen-
kopfmaske als Unterhang aufgrund des Kronleuchtertyps lübischer Provenienz zu.
Ferner weist er auf die Handelsbeziehungen und damit auf die Bedeutung Lübecks
hin. Zugleich gibt er zu bedenken, dass die tatsächliche Produktion bestimmter Kron-
leuchtertypen in Lübeck noch zu erforschen sei.

In Anbetracht des Titels sei hier die Diplomarbeit „Kerzenkrone der Renaissance und
des Barock im Ostseegebiet“ von Spielmann erwähnt. Diese auf die Küstenregion
Norddeutschlands konzentrierte Zusammenfassung von exemplarisch ausgewählten
Kronleuchtern war seinerzeit neu71, wird später aber nicht wieder aufgegriffen. Sie
greift auf die bis 1956 erschienenen amtlichen Länderinventare der Bau- und Kunst-
denkmäler und auf entsprechende Fachpublikationen zurück und zeichnet die darin
zum Teil aufgestellte Typologie der Kronleuchter nach. Verhandelt werden im We-
sentlichen die aus Messing gegossenen Kronleuchter der Hansestädte in Mecklen-
burg-Vorpommern, der Hansestadt Lübeck und einzelner anderer Orte Norddeutsch-
lands. Erstmalig nach Stengel wird das Vorkommen von Landsknechtkronleuchtern
des 16. Jahrhunderts gewürdigt. Ein Exemplar im Schabbelhaus zu Lübeck ist als
Replikat erwähnt, mögliche Vorbilder werden nach Nürnberg lokalisiert.72 Die unter-
schiedlichen Gruppen von Landsknechtkronleuchtern, die einen Teil der vorliegenden
Kronleuchterstudie bilden, und Kriterien ihrer Verbreitung sind bei Spielmann kein
Gegenstand der Betrachtung.

Meyer fördert aufgrund seiner Forschungen zu mittelalterlichen Bronzen das Interes-


se und Bewusstsein für Kunsthandwerk und -gewerbe aus unedlem Metall. Im Zu-
sammenhang mit Beleuchtungsgeräten sind unter den Kronleuchtern die spätgoti-
schen, christlich deutbaren Exemplare Gegenstand der Betrachtung. Meyer nimmt
schon für gotische Messingkronleuchter eine serielle Produktion und angesichts des
weiträumigen Vertriebs keine individuelle Beziehung der Kronleuchterfiguren zum
jeweiligen Zielort an. Andererseits thematisiert er die Frage nach Abhängigkeit und
Beeinflussung zwischen Marianum und Muttergottesleuchter einerseits und den
Schaftkronleuchtern der Spätgotik (Höhe zwischen 70 u. 110 cm) andererseits.73

Lutze interpretiert die in der Regel als Doppelfigur gestaltete zentrale Statuette der
in gotischer Zeit verbreiteten Marienleuchter als Kombination von anschaubarer
Kunst mit kultischen Handlungen. Etwa dreißig Jahre später greift Hilger die Frage
nach dem Ursprung der Schaftkronleuchter in seinem Aufsatz zum Marienleuchter
(Höhe 403 cm, Auftragsarbeit von 1508) der St. Nikolai-Kirche in Kalkar auf und be-
kräftigt den diesbezüglich bestehenden Forschungsbedarf. Restaurierungsmaßnah-

71
H. Spielmann, Die Kerzenkrone der Renaissance und des Barock im Ostseegebiet, Dipl. Greifswald
1956.
72
W. Stengel, Nürnberger Messinggerät, in: Kunst und Handwerk, 21. Jg., H. 5–7, o.O. 1918.
73
E. Meyer, Mittelalterliche Bronzen, Bilderhefte des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg, H. III,
Nr. 38, Hamburg 1960. – Ders., Der gotische Kronleuchter in Stans, Ein Beitrag zur Geschichte der
Dinanderie, Festschrift Hans R. Hahnloser zum 60. Geburtstag 1959, Hg. E. Beer. Basel/Stuttgart
1961. – Vgl. Ausst.-Kat. München 1989, Bayerisches Nationalmuseum, Modell und Ausführung in der
Metallkunst, S. 7-34.
Einleitung Seite 21

men hatten dort zu neuen Erkenntnissen und zur differenzierten Datierung des
Leuchters geführt.74

Innerhalb dieser drei Jahrzehnte entstanden unterschiedliche Studien zu Kronleuch-


tern. Daran werden die Komplexität des Themas und das unveränderte Interesse
deutlich, Kronleuchter als kulturgeschichtliches Phänomen zu ergründen, die Urhe-
berschaft bestimmter Kronleuchtertypen zu ermitteln und weitere Hintergründe ihrer
Verteilung einschließlich regionaler und stilistischer Einflüsse zu erhellen.

1961 findet in Gent unter dem Titel „Art du cuivre“ eine Ausstellung im Musée de la
Byloke statt, die Kunsthandwerk aus unedlem Metall gewidmet ist. Hier werden
Korb- und Tabernakelkronleuchter, das heißt Hängeleuchter mit einer Zentralfigur,
als reicher gestaltet beschrieben denn andere Leuchter, ohne dass letztere detailliert
vorgestellt werden.75

Anders als bei bisherigen Darstellungen gilt im Rahmen einer weiteren Präsentation
mit begleitendem Katalog nicht dem Kronleuchter an sich die Aufmerksamkeit, son-
dern einem potentiellen Motiv desselben: „Die Wilden Leute des Mittelalters“76 zeich-
nen in ihren vielfältigen Verwendungszusammenhängen im Museum für Kunst und
Gewerbe in Hamburg im Jahre 1963 ein Gegenbild des Gartens in der Kunst anläss-
lich der Internationalen Gartenbau-Ausstellung.

Möller bezeichnet die dabei vorgestellten Gelbgussfigürchen als Dinanderien. Dabei


lassen die Texte des Ausstellungskatalogs nicht erkennen, worauf die Bezeichnung
„Dinanderie“ im Einzelnen bezogen ist. Sowohl die Exponate als auch die magazinier-
ten Exemplare dieses Hauses, die im Ausstellungskatalog abgebildet sind, weisen
Qualitätsunterschiede auf. In der Regel vermittelt das Stichwort „Dinanderie“ nicht
nur einen Anknüpfungspunkt zum einstigen Zentrum der Messingverarbeitung, son-
dern auch technische und qualitative Ansprüche. Darauf weist Peltzer 1909 in seinen
Ausführungen zur Geschichte der Messingindustrie hin; und dies lassen ebenso die
Texte von Bouchard oder Weihrauch zu den Stichworten „Dinanderie“ bzw. „Ad-
ler/Doppel-Adler“ im „Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte“ erkennen. Der
heraldische Doppel-Adler kommt zwar häufig in Verbindung mit Gelbgusserzeugnis-
sen vor, doch wäre zu überprüfen, ob dieses Motiv nicht mehr ist als eine technisch
einfache Form und Sympathieträger für Kaiser Karl V.77

Für das Motiv „Wilde Leute“ gibt es verschiedene Interpretationsansätze. Es kann


heraldische Funktionen übernehmen, Sinnbild für Freiheit oder Fruchtbarkeitssymbol

74
E. Lutze, Veit Stoß, o.O. 1968. – H. P. Hilger, Stadtpfarrkirche S(ank)t Nicolai in Kalkar, Kleve 1990,
S. 293.
75
Art du cuivre, Ausst.-Kat. Musee de la Byloke Gent, 1961, S. 51.
76
L. Möller, Die wilden Leute des Mittelalters, Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
1961, S. 8–12. – Vgl. W. Bernheimer, Wild men in the Middle Ages, 1952. – T. Husband, The Wild
Men, Medieval Myth and Symbolism, Ausst.-Kat. Metropolitan Museum of Art New York (1980).
77
P. E. Bouchard, La dinanderie d’art, in: RDK, Bd. 4, Brüssel 1952. – H. R. Weihrauch, Bronze, Bron-
zeguss, Bronzeplastik, in: RDK, Bd. 2, Stuttgart 1948, Sp. 1182–1216. – Ders., Die Bildwerke in
Bronze und in anderen Metallen, Mus.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, Bd. XIII 5, München 1956.
– Ders., Europäische Bronzestatuetten, 15.–18. Jahrhundert, Braunschweig 1967. – Vgl. Lichter,
Leuchten im Abendland, Zweitausend Jahre Beleuchtungskörper, Braunschweig (1967), S. 172
Einleitung Seite 22

sein. Häufig werden literarische Inspirationen angenommen. Zur Darstellung „Wilder


Mann“ als Kronleuchterfigur fehlen in der Regel Informationen und Untersuchungen,
so dass einige dieser Statuetten zwar als Detail eines Leuchters erkannt, nicht aber
weiter eingeordnet werden.78 Im Zuge ihrer systematischen Untersuchung fällt auf,
dass einige dieser Figuren deutliche Qualitätsunterschiede erkennen lassen. Dies ist
auch bei anderen Figurentypen auf Schaftkronleuchtern feststellbar.79

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschienen etliche Studien zu Beleuch-
tungsgeräten. Sie betreffen die Kulturgeschichte von Lampen, Leuchten und Later-
nen im allgemeinen oder sind topographisch zum Beispiel auf Italien (14. bis
18. Jahrhundert) oder Großbritannien (1550–1990) begrenzt. Teilweise wird nach
ihrer profanen Zweckbestimmung unterschieden.80

Im Jahre 1967 veröffentlichte Jarmuth eine umfassende Kulturgeschichte der Be-


leuchtungskörper.81 Er gliedert die Studie nach Epochen und scheint auch sonst am
Werk Erixons orientiert. Beide Darstellungen basieren nicht auf Archivstudien. Wäh-
rend sich die Untersuchungen von Peltzer im Jahre 190982 anhand nur weniger Bei-
spiele von Kronleuchtern auf die Geschichte des Bergbaus, der Messingerzeugung
und -verarbeitung sowie auf materialtechnische Entwicklungen konzentrieren, steht
bei Jarmuth die Frage nach der Formgebung und nach der geistigen Urheberschaft,
d.h. Entwicklung und Gestaltung sowie Stileinflüsse der Kronleuchter im Vorder-
grund. Es besteht Forschungsbedarf hinsichtlich des Winkelarmkronleuchters, der
seit der Renaissance Verbreitung fand. Jarmuth bringt diesen Hängeleuchter mit der
Hansestadt Lübeck in Verbindung. Unter Berücksichtigung weiterer Beispiele aus Eu-
ropa liegt für ihn der Anspruch an die Gestaltung der Kronleuchter außerhalb des
allgemeinen Handwerks. Er hebt in diesem Sinne – gerade auch gegenüber üppigen
Kronleuchtern in Italien und Süddeutschland – die Winkelarmkrone als eine für die
Hansestadt Lübeck charakteristische Leuchterform hervor. Jarmuths Deutung der
Topfiguren „heraldischer Doppel-Adler“, „Engel“ sowie die formale Zuordnung des
„Jupiter“ regt eine eingehendere Betrachtung des ikonographischen Programms und
der Inschriften auf Schaftkronleuchtern an. Spätgotische Schaftkronleuchter, die
Jarmuth angesichts der schablonenhaften Leuchterarme zur Volkskunst und Lebens-

78
L. Möller (1963), S. 6 ff. – Vgl. K. Jarmuth, 1967, S. 172.
79
Ebd., S. 6 f. und Kat.-Nr. 13, S. 11, Kat.-Nr. 22 und 23 (Am 27.11.2002 nach Vereinbarung mit
Herrn Dr. B. Heitmann, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, besichtigt.) – Vgl. Abb. 12 der
vorliegenden Studie.
80
K. Slyterman, Huisrad en Binnerhuis in Nederland, o.O. 1918, Fig. 231. M. Krüger, Sakrale und pro-
fane Beleuchtungskörper in neuen Formen, Begleitheft zur Ausstellung im Thaulow-Museum (1926).
– G. Janneau, Le luminaire de l’antiquité au XIXe siècle (1934). – G. Mariache, Illuminazione in Italia
del quattrocento all’ottocento, Mailand 1965. – Lampen, Leuchter, Laternen. Frankfurt/M. 1975. – H.
P. Lockner, Licht für Kirche und Haus, Mitteleuropäische Bronzeleuchter des 16. Jahrhunderts, in:
Kunst und Antiquitäten, H. 2 u. H. 5 (1977), H. 1 (1978), H. 5 (1979). – Lichter/Leuchter, Festschrift
zum 75jährigen Geschäftsjubiläum Trilux-Lenze, Arnsberg 1987. – J. Bourne/V. Brett, The art of
lighting in the domestic interior 1550–1990, London 1991, S. 30, Nr. 78.
81
K. Jarmuth, 1967.
82
R. A. Peltzer, 1909.
Einleitung Seite 23

baum-Symbolik in Beziehung setzt, können im Rahmen dieser Studie nicht näher


verhandelt werden.83

Zum Motiv „Wilder Mann“ in verschiedenen Verwendungszusammenhängen und da-


mit auch zum Figurenschmuck historischer Schaftkronleuchter aus Metall gibt im
Jahre 1980 die Ausstellung „Mythos und Symbolik im Mittelalter“ neue Anregungen.
In Anlehnung an die Forschungen des Kulturhistorikers Johan Huizinga (1872–1945)
und im Sinne einer religiösen Interpretation aller Lebensbereiche ergibt sich daraus
eine Wahrnehmung des Mythos „Wilder Mann“ als ein Phänomen, das kaum besser
die Verflechtung religiösen und säkularen Denkens demonstrieren kann.84

Ende schließlich konstatiert im Jahre 1984: „Zum Besitz vieler Kirchen gehören Ker-
zenkronen, die fast immer als Stiftung vermögender Bürger in die Gotteshäuser ge-
langten. (...) Die Kerzenkronen scheinen nur in Ausnahmefällen in direktem Auftrag
entstanden zu sein, wahrscheinlich wählten die Interessenten aus bereits vorhande-
nen Stücken in den Werkstätten aus, nur so ist die geringe Anzahl von Kronen mit
eindeutig religiös motivierten Darstellungen zu erklären.“ Und er erwähnt beiläufig,
dass außer dem „deutschen Reichsadler ... auch seltenere Motive wie Engel, Hand-
werker, Pelikan oder Gottvater anzutreffen“85 sind.

Indem innerhalb der oben vorgestellten Forschungen der Einfluss der Städte Aachen,
Hamburg, Lübeck und Nürnberg – neben dem anderer Länder – auf die Entstehung
gegossener Metallkronleuchter der Neuzeit an einzelnen Objekten exemplifiziert wird,
ergeben sich neue Forschungsaufgaben. Das heißt, die Personennamen von Kupfer-
meistern und Gelbgießern in Norddeutschland wären mit systematisch untersuchten
Gruppen von Kronleuchtern dort – wie zum Beispiel zunftgebundener Wanderjahre
im Metallgewerbe – und weiteren Kriterien in Beziehung zu setzen, um das beste-
hende Interesse an Werkstattzuschreibungen aufzugreifen und fruchtbar zu machen
– wie es Jarmuth an Objekten in Lübeck exemplifiziert.86

Etwa zeitgleich mit den zuvor genannten kulturgeschichtlichen Darstellungen zu


Kronleuchtern – häufig exemplifiziert an herausragenden Objekten offenkundiger
Qualität in Europa – erschienen seit dem 19. Jahrhundert auch einige regionale Un-
tersuchungen oder kleinere Arbeiten zu einzelnen Kron- und Geweihleuchtern. An-
hand dieser Beiträge werden Verbindungen zwischen ausgewählten Objekten, Künst-

83
K. Jarmuth, Lichter, Leuchter im Abendland, 1967, S. 226 u. 229. Die im Zusammenhang mit
Schaftkronleuchtern aus Messing des 17. Jahrhunderts in Norddeutschland getroffene Feststellung,
dass Engel als religiöses Motiv selten auf Kronleuchtern vorkommen, ist so nicht haltbar. Denn pro-
portional zum Gesamtbestand der Kronleuchter eines jeweiligen Bundeslandes im Norddeutschen
Tiefland sind die Gruppen der einzelnen Figurentypen annähernd gleich stark repräsentiert und wer-
den allein von der Anzahl der heraldischen Doppel-Adler übertroffen. Und zu dem dort exemplarisch
vorgestellten Kronleuchter (1665) aus Lübeck (Ev. St. Marien-Kirche, urspr. in Ev. St. Katharinen-
Kirche) wäre anzumerken, dass dessen Bekrönung angesichts des Palmzweiges eines Attributes ei-
nen Friedensengel darstellen könnte, doch die Armhaltung dieser Topfigur entspricht jener des Erz-
engels Michael als Seelenwäger. – Ebd., S. 289 ff.
84
The Wild Man, Medieval Myth and Symbolism, T. Husband. Ausst.-Kat. Metropolitan Museum of Art
New York (1980).
85
H. Ende, Die Stadtkirchen in Mecklenburg. Berlin 1984, S. 45.
86
K. Jarmuth, 1967, S. 164, 170.
Einleitung Seite 24

lern und ihrer Provenienz ansatzweise fassbar. Teils werden so neue Erkenntnisse zu
lokalen Handelsbeziehungen herausgearbeitet, teils rücken aber auch berufliche und
familiäre Bindungen der Kunsthandwerker stärker ins Blickfeld. Doch geraten die für
weitere Forschungen zum Teil wertvollen Ergebnisse heimatkundlicher Studien ohne
einen thematisch größeren Kontext häufig allzu rasch wieder in Vergessenheit.

Schon 1831 spricht Seestern-Pauly im Zusammenhang mit der großen Kirchenkrone


in Bad Oldesloe von Renten aus Legaten, um die Beleuchtungskosten zu bestreiten.87
Dieser Aspekt wie auch die weiter unten erwähnten, sind für die Bedeutung von
Kronleuchtern nicht unerheblich. Sie fanden jedoch bisher kaum Beachtung.

Im Jahre 1881 werden in einem Beitrag über die kirchliche Kunst in Schleswig-
Holstein einige Kronleuchter – darunter exemplarisch zwei Kronleuchter (1667) aus
der Kirche zu Heide – vorgestellt. Die anschließende Würdigung: „Außer in Tondern
und Ratzeburg finden sich, soweit unsere Erfahrung reicht, nirgends hier zu Lande so
vorzügliche Kronleuchter.“, beschreibt zwar im Ansatz eine auf den Norden konzent-
rierte Sichtweise, zeichnet aber nicht erst nach heutigem Wissensstand ein unzuläng-
liches Bild tatsächlicher Quantitäten und Qualitäten in diesem Bereich.88 Schon im
Jahre 1886 erweitert T. Hach mit seinem Text über die kirchliche Kunstarchäologie
im Herzogtum Lauenburg die Kenntnis über Beleuchtungsgeräte beträchtlich.89

Zu einer anderen Wahrnehmung führen um 1903 Mitteilungen in der schleswig-


holsteinischen Zeitschrift „Die Heimat“. Die Entstehung des dort beschriebenen Kron-
leuchters (1592) aus Schmiedeeisen weist über seinen praktischen Nutzen für die
Evangelische Kirche zu Heiligenhafen hinaus. Diesem Hängeleuchter, dessen Entste-
hung ursächlich auf einem Strafverdikt und der allgemeinen Erfüllung von Abgaben
gründet, stehen andere, unterschiedlich motivierte Stiftungen von Schaftkronleuch-
tern aus Messing gegenüber. Soweit erkennbar künden sowohl die Inschriften dieser
Messingleuchter als auch ggf. Aktenvermerke davon, dass es sich um freiwillige Ga-
ben handelt. Dieser Aspekt könnte sowohl im regionalen als auch im überregionalen
Vergleich eine andere Bedeutung – sowohl hinsichtlich des Stiftungswesens als auch
an möglicher Aussagekraft für Kronleuchter insgesamt erlangen.90 Weitaus häufiger
ist der Unterhalt eines Kronleuchters mittels Zinsen oder bestimmter Mengen Wachs
inschriftlich, zuweilen aktenkundlich festgelegt. Aber unter der Perspektive „Wachs-
abgaben, Wachsmengen, Wachs-Zieher“, die in der Regel eng mit Fragen der Kir-
chenbaulast sowie mit Einnahmen und Ausgaben der Kirchengemeinde verknüpft
sind, wurde die Bedeutung der Kronleuchter resp. ihrer Inschriften noch nicht syste-
matisch untersucht.

87
F. Seestern-Pauly, Aktenmäßiger Bericht über die in dem Herzogtume Holstein vorhandenen milden
Stiftungen, Schleswig 1831, S. 139.
88
F. Posselt, Die kirchliche Kunst in Schleswig-Holstein, in: Ztschr. f. S.-H.-Lauenbg. Geschichte, Bd.
1, Kiel 1881, S. 251 ff.
89
T. Hach, Die kirchliche Kunstarchäologie des Kreises Herzogtum Lauenburg, in: Ztschr. f. S.-H.-
Lauenbg. Geschichte, Bd. 16, Kiel 1886, S. 1–194.
90
Mitteilungen: Stiftung eines Kronleuchters in die Kirche zu Heiligenhafen, in: Die Heimat, 13. Jg.,
Nr. 2, Kiel 1903, S. 47.
Einleitung Seite 25

Für stilkritische und materialästhetische Betrachtungen sind die Ausführungen von


Pelka aus dem Jahre 1916 von Interesse, die Aktenauszüge zum Bernsteinkronleuch-
ter (17. Jahrhundert) des Michel Redlin in Danzig betreffen.91 Bernstein als fossiles
Harz ist seiner chemischen Struktur nach ein brennbares Polyester und erinnert nicht
nur in seiner rötlich-braunen bis gelblichen Färbung an die vorzustellenden
Schaftkronleuchter aus Bronze und Messing, sondern entspricht diesen auch in Auf-
bau und Formgebung.

Eine Denkschrift von 1918, welche die einstige Monopolstellung der Stadt Dinant für
die Messingverarbeitung würdigt, hebt die verlegerische Arbeitsorganisation als be-
währte Form auch für Kunsthandwerk kirchlicher Bestimmung hervor. Obgleich der
Doppel-Adler dort als verbreitetes Motiv vorgestellt wird, unterscheidet er sich von
der als Reichsadler bezeichneten Figur auf Schaftkronleuchtern darin, dass beide
Köpfe zusammen und nicht einzeln bekrönt sind,92 sofern hier wie dort nicht gänzlich
auf die Bügelkrone als Rangzeichen und Symbol der Souveränität verzichtet wurde.
Korns Untersuchungen zum Doppel-Adler führen in diesem Zusammenhang auf
Grund des zeitlich früher und geographisch ausgedehnten Faktors kaum weiter.93

Wie eingangs erwähnt und wie weiter unten noch auszuführen sein wird, ist der Be-
stand und Erhaltungszustand der Schriftquellen zu Schaftkronleuchtern aus Metall
sehr unterschiedlich. Urkunden zu diesen frühneuzeitlichen Objekten in Norddeutsch-
land sind nach derzeitigem Erkenntnisstand selten. Außer jener im gedruckten
Diplomatarium von Jessien über die Unterhaltung des ältesten der insgesamt vier
Kronleuchter mit Wachs (1594)94 in Preetz weist erst Seeler in seiner Beschreibung
der barocken Kronleuchter und des gesamten Inventars der Maria-Magdalenen-
Kirche zu Lauenburg/Elbe von 1938 wieder auf eine Urkunde hin.95 Diese beiden
Schriftstücke sind kaum im Bewusstsein; sie enthalten keinerlei Erläuterungen zur
Entstehung und Gestaltung des jeweiligen Kronleuchters.

Dass ein Kronleuchter auf Grund seiner Inschrift in das Jahr 1740 umzudatieren ist,
erläutert Feigel 1952 in einem Artikel.96 In dänischen Kunstdenkmäler-Inventaren
wird hingegen mehrfach darauf hingewiesen, dass Kronleuchter und ihre Inschriften
nicht zwangsläufig derselben Zeit angehören müssen.97

Bouchard skizziert im Reallexikon der Kunstgeschichte den Terminus technicus Di-


nanderie.98 Dieser bezeichnete ursprünglich die Messingerzeugnisse der Maasregion;
später wird er auch auf außerhalb entstandene Produkte angewendet und oft syn-

91
O. Pelka, Die Meister der Bernsteinkunst, in: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum
Nürnberg (1916), S. 113 f. u. Taf. XVIII u. XIX.
92
R. Graul, Die Dinanderie in Dinant, eine Denkschrift, München 1918, S. 155-175. – Vgl. C. Göttler,
Die Kunst des Fegefeuers nach der Reformation, 1996, S. 24, Anm. 6
93
H. E. Korn, Adler und Doppeladler, Diss., Göttingen 1969.
94
A. Jessien, Diplomatarium des Klosters Preetz, Kiel-Elmschenhagen 1838, S. 187.
95
S. Seeler, Die Maria-Magdalenen-Kirche Lauenburg (Elbe), Lauenburg 1938, S. 25 ff.
96
E. Feigel, Ein Bronzelüster aus Bingen, das Werk eines Mainzer Spenglermeisters, in: Mainzer Ztschr.
46/47 (1951/52), S. 100 f.
97
Danmarks Kirker, Sonderjylland. Kunsthistorisk oversigt, Kopenhagen o.J., S. 316.
98
P. E. Bouchard, La dinanderie d’art, in: RDK, Bd. 4, Brüssel 1952, S. 1.
Einleitung Seite 26

onym durch das Wort „cuivre poli“ als eine Art der speziellen Materialverarbeitung
und des künstlerischen Messinggusses ersetzt.99

Hinsichtlich künstlerischer Arbeiten aus Metall, das heißt als Beispiel für Werkstattzu-
schreibungen und -traditionen ist die Arbeit über den Flensburger Glockengießers
Michel Dibler interessant. Obgleich diese vornehmlich auf die Glocken und die Tauf-
fünten des „königlich bestallten Büchsenmachers“100 eingeht und kaum auf die ihm
auch zugeschriebenen Leuchter101, legen einige Stücke stilistische Korrelationen na-
he. So weist die Bronzetaufe in Esgrus (1619) – wohl als Fortsetzung der Werkstatt-
Tradition durch den Sohn Marcus Dibler – in den Details Merkmale auf, die zum Teil
auch an den Löwenkopf-Masken der in der vorliegenden Studie thematisierten Kron-
leuchter zu finden sind.102 Forschungsbedarf besteht hinsichtlich weiterer Metallgie-
ßer und ihrer Werke, um mögliche Zusammenhänge in der Metallgestaltung zu er-
kennen – wie zum Beispiel zu Jochim Schmidt (Eckernförde, Evangelische St. Nikolai-
Kirche, Löwenkopf-Türzieher, 1621), Laurenz Karsten (Husum, Evangelische Markt-
kirche, Taufe, 1643 – nach Holzmodellen von B. Cornelissen und Zweitguß in Hatt-
stedt, Evangelische St. Marien-Kirche Hattstedt, Taufe, 1647) oder in Bezug auf je-
ne, die nachweislich Kronleuchter fertigten – wie zum Beispiel Borchart Gelgießer
(1585–1613/Dänemark), Johann Nikolaus Bieber (1725–1808), Hans/Johann Müller
(ca. 1635–1674) in Norddeutschland. Es fällt auf, dass mit Ausnahme einzelner Auf-
sätze oder weniger Monographien die Tätigkeit der Metallgießer als Kronengießer
kaum untersucht ist und Recherchen unter dem Stichwort „Glockengießer“ erfolgrei-
cher sein dürften.

Im Jahre 1960 werden die Kronleuchter (1638 und 1661) nebst dem Wandleuchter
„heiliger Georg“ (1655) der Evangelischen St. Nikolai-Kirche Kiel in einem Beitrag
ausführlich in ihrer Gestaltung und gemäß ihrer ursprünglichen Hängung beschrieben
und abgebildet. In diesem Zusammenhang wird der Marien-Leuchter, der 1495 mit-
ten in der Kirche hing, nicht erwähnt.103

99
Art du cuivre, Ausst.-Kat. Musée de la Byloke, Gent 1961.
100
R. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, Bd. III, Kiel 1887, S. 33. –
H. J. Kuhlmann, Michel Dibler, Leben und Wirken des Flensburger Glockengießers, in: Nordelbingen
21 (1953), S. 58–83. – W. J. Müller, Bemerkungen zur kunstgeschichtlichen Stellung der beiden
Taufen des Michel Dibler, in: ebd., S. 84–87. – Vgl. LDSH Kiel, Abschrift: „Inventar der fürstlichen
Häuser, 1587/Mich. Dibler. Das Ambt Lügumkloster, in F. Cammer. Eine neue Missings Krone von
ungefähr 60 punden (?), so noch bei dem Meister zu Flensburg, und etzlich alt Missinges Zeuch dar-
zu gethann, so zuvor bei der Closter Cammer.“
101
R. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, Bd. III, Kiel 1887. – Die
Bau- und Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Die Stadt Flensburg, Hg. P. Hirschfeld,
München 1954, S. 127.
102
Siehe Abb. 38 u. 41 der vorliegenden Studie. – Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenk-
mäler Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl., München 1994, S. 215, 320 u.
347.
103
K. Thiede, St. Nikolai in Kiel, Ein Beitrag zur Geschichte der Stadtkirche, Kiel 1960, S. 50–79. – Vgl.
Denkelbok der St. Nicolai-Kirche zu Kiel vom 1487–1601, in: Ztschr. d. Gesell. f. S.-H.-Lauenbg.
Gesch., Bd. 10, Kiel 1881, S. 226.
Einleitung Seite 27

1961 erscheint in der Festschrift für Hans R. Hahnloser ein Beitrag von Meyer über
den gotischen Kronleuchter in Stans.104 Dieser und der im Folgenden genannte Auf-
satz weisen am Beispiel lokaler Kronleuchter über den Ortsbezug hinaus. Dennoch
erscheinen Werkstattzuschreibungen fast unmöglich.

Im gleichen Jahr veröffentlicht Griep neue Erkenntnisse über den Goslarer Kron-
leuchter in Münnerstadt.105 Er stellt fest, „dass Kronleuchter noch niemals das Objekt
einer speziellen Untersuchung waren“, und begründet so „erhebliche Schwierigkei-
ten“ bei stilkritischen Analysen. In diesem Zusammenhang schlägt er eine Typologie
der Kronleuchter vor, die Fragen handwerklich-technischer Voraussetzungen und der
traditionellen Lehre einbezieht.

Eine der wenigen ausführlicheren Zuordnungen von Kronleuchtern und Metallgießern


erfolgt 1965 in dem Aufsatz von Michaelsen über die Glückstädter Kronleuchter. Da-
bei ist von ortsansässigen Handwerkern – so auch von einem aus Stralsund zugereis-
ten Gießer Johann Lehmeyer – die Rede.106

Ein anderer Text von 1965 betrifft „Nürnberger Messingwaren in Tirol“. Darin schreibt
Egg einen Kronleuchter (1675) der Pfarrkirche zu Bozen einem Sebastian Denner in
Nürnberg zu.107 1965/66 enthält die Mainzer Zeitschrift einen Aufsatz über den Main-
zer Kronleuchter von 1748.108 Im Folgejahr wird dem Messingleuchter von Con-
rad Müller (gest. 1762) aus Mainz für die Kirche zu Camberg eine Beschreibung ge-
widmet.109 1969 stellt Waagepetersen eine kleine Auswahl an Kronleuchtern mit aus-
sagekräftigen Fotografien in „Lysekroner i Skandinavien fra Gotik til Klunketig“
vor.110

1977 wird im Rahmen eines Beitrages über den Bildhauer Hans Ochs als eigenes
Werk eine Hirschskulptur zu einem Kronleuchter aus Buntmetall (1625) von Lorenz
Carstensen für den Hirschsaal in Schloss Gottorf/Schleswig erwähnt.111

104
E. Meyer, Der gotische Leuchter in Stans, Ein Beitrag zur Geschichte der Dinanderie, in: Festschrift
Hans R. Hahnloser, Zum 60. Geburtstag 1959, Hg. E. Beer, Stuttgart 1961.
105
H. G. Griep, a.a.O.
106
F. Michaelsen, Die Festung Glückstadt, in: Glückstadt im Wandel der Zeiten, Bd. 1, Hg. Stadt Glück-
stadt, Glückstadt 1963, S. 83. Insbes. – Ders., Die Glückstädter Lichterkronen, in: Steinburger Jahr-
buch, 9. Jg. Itzehoe 1965, S. 91–99. Diesem Hinweis weiter nachzugehen, ist im Rahmen der vorlie-
genden Studie kein Erfolg beschieden: Lt. Antwortschreiben (24.02.2000) des Archivdirektors Hans-
Joachim Hacker, Stadtarchiv der Hansestadt Stralsund, kommt der Name Johann Lehmeyer in den
archivalischen Findmitteln nicht vor.
107
E. Egg, Nürnberger Messingwaren in Tirol, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Nürn-
berg (1965), S. 52–59.
108
L. v. Döry, Ein Mainzer Kronleuchter von 1748, Seine entwicklungsgeschichtliche Stellung und sein
plastischer Schmuck, in: Mainzer Ztschr. 60/61 (1965/66), S. 145–150, 7 Abb.
109
Ders., 1966, Camberg, Pfarrkirche – Ein Messingleuchter von Conrad Müller († 1762 in Mainz) mit
vergoldeter Holzfigur des Hl. Sebastian von Johann Caspar Hiernle (1710–55). Anhang: Rechnungs-
auszüge.
110
C. Waagepetersen, Lysekroner i Skandinavien fra Gotik til Klunketig, Gyldendal 1969.
111
E. Schlee, Der Bildhauer Hans Ochs, in: Nordelbingen 46 (1977), S. 36–48, insbes. S. 37 – U. Kuhl,
Bildhauer und Bildschnitzer im Dienst der Gottorfer Herzöge, in: Gottorf im Glanz des Barock. Kunst
und Kultur am Schleswiger Hof 1544–1713, Bd. 1, Die Herzöge und ihre Sammlungen, Ausst.-Kat.
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Hg. H. Spielmann/ J. Drees, Schleswig
1997, S. 192–209, S. 195 insbes.
Einleitung Seite 28

Während der folgenden Jahrzehnte erscheinen Kronleuchter rein deskriptiv und eher
beiläufig in unterschiedlichen Publikationen. Nach wie vor sind nur vereinzelt Ansätze
einer ikonographischen Fragestellung vorhanden. Als Beispiel wäre hier ein Aufsatz
von 1981 zu nennen, in dem der Doppel-Adler als Topfigur des Kronleuchters in Be-
ziehung zur mündlich überlieferten und mittels genealogischer Bande nachvollzoge-
nen Stiftung Friedrich des Großen von Preußen für den damaligen holsteinischen
Statthalter, Markgraf Friedrich Ernst von Brandenburg-Kulmbach (um 1745/85), ge-
setzt wird.112 Der Kronleuchter in der Kirche zu Hohenaspe wird ursprünglich in das
herrschaftliche Anwesen Drage/Friedrichsruh lokalisiert.

1985 wird die nicht mehr erhaltene so genannte Brauerkrone der Marienkirche zu
Köslin/Pommern als Nürnberger Arbeit von 1606 beschrieben.113

In seinen Ausführungen zur Werkstatt Peter Vischers d. Ä. – unter Berücksichtigung


des Kronleuchters in der Lorenzkirche zu Nürnberg– umreißt Wixom 1986 unter an-
derem Zusammenhänge zwischen den Bereichen Messingproduktion, -handwerk und
-erzeugnisse.114 Auch an anderer Stelle – teils durch Inschriften und Dokumentatio-
nen – werden Verbindungen zu Nürnberg immer wieder bestätigt. 1988 erscheint
eine Dokumentation der Kronleuchter in der Kirche zu Westerbur115, 1989 der Auf-
satz „Lysekroner i Rømø Sct. Clemenskirke/Dänemark“116.

1.2.2 Werkstoff und Technik – zur Verbreitung der Kronleuchter

Die chronologische Bibliographie zur Kunst- und Kulturgeschichte der Beleuchtungs-


geräte, das heißt insbesondere der Kronleuchter aus Metall, sowie einzelner regiona-
ler Beiträge zu diesem Thema vermittelt weiteren Forschungsbedarf. Dieser besteht
unter anderem in einer Präzisierung der nur in Ansätzen aufgezeigten Korrelationen
im Metallgewerbe, das heißt, inwieweit der Neuguss von Kronleuchtern ein eigen-
ständiges Aufgabengebiet darstellt oder ein zusätzliches der Ratsstück- oder Glo-
ckengießerei ist und welchen Anteil Norddeutschland im 16. bis 18. Jahrhundert tat-
sächlich an der Messingverarbeitung und Produktgestaltung hat oder diesbezüglich
Transitland ist.

Schaftkronleuchter des 16. bis 18. Jahrhunderts sind überwiegend aus Messing und
werden den Gelbgussarbeiten zugeordnet.

112
B. Langmaack, Gedanken über den Kronleuchter in der Kirche zu Hohenaspe, in: Steinburger Jahr-
buch, 25. Jg., Itzehoe 1980, S. 277–280.
113
R. Scheller, Die Brauerkrone der Marienkirche zu Köslin, in: Pommern 23 (1985).
114
W. D. Wixom, Nürnberger Messingarbeiten, in: Nürnberg 1300–1550: Kunst der Gotik und Renais-
sance, Ausst.-Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (1986), S.75–79. Vgl. S. 392 und s.
auch S. 332: Drachenleuchter (1522) von A. Dürer. – Siehe auch: H. Stafski, Der künstlerische Mes-
singguss, in: Nürnberg – Geschichte einer europäischen Stadt, Hg. G. Pfeiffer, München 1971,
S. 229–235.
115
Ebd.
116
F. J. Falk, Lysekroner i Rømøs Sct., Clemenskirke (Föhr 1989).
Einleitung Seite 29

Anfang des 20. Jahrhunderts lokalisiert Brinckmann die Provenienz qualitätsvoller


Messingprodukte nach Hamburg.

Wenige Jahre später unterscheidet Hüseler anhand der Metallverarbeitung, dass Glo-
ckengießer im Gegensatz zu Gelbgießern sich nicht mit kleinteiliger Produktion be-
fassten. Letztere ist Ausgangsbasis der aus einzelnen Modulen zusammengesetzten
Schaftkronleuchter.

Einige amtliche Länderinventare der Bau- und Kunstdenkmäler sowie Bearbeitungen


von Archivbeständen oder Einträge in Bürgerbücher und Künstlerlexika lassen erken-
nen, dass Glockengießer durchaus Kronleuchter fertigten oder Erhaltungsarbeiten
daran durchführten.

Umgekehrt sind etliche Namen von Gießern bekannt, ohne dass die ihnen archiva-
lisch zugeordneten kunsthandwerklichen Arbeiten präzise dargestellt oder gar er-
kennbar erhalten sind.117

Die Tatsache, dass nur wenige Exemplare im Kronleuchterbestand signiert und aus
diesem kaum Pendants zu ermitteln sind, lässt eine generelle Zuordnung zu Metall-
gießern und Werkstätten unmöglich erscheinen. Erschwerend wirken sich zudem die
ursächlich in der manuellen Nachbearbeitung begründeten Unregelmäßigkeiten an
Kronleuchtermodellen aus, so dass eine Händescheidung oftmals ausgeschlossen
erscheint. Die bisher kaum beachtete Mobilität der Kunsthandwerker und Auftragge-
ber über Landesgrenzen hinaus sowie der unterschiedlich motivierte Entstehungshin-
tergrund von Schaftkronleuchtern erfordert einen größeren Forschungsrahmen.

Da Schaftkronleuchter aus Messing einen auffallend großen Bestand in evangelischen


Kirchen bilden und in geringer Stückzahl für Sakralgebäude anderer Konfessionen
sowie für Rathäuser dokumentiert sind, stellt sich die Frage, ob die Ausbreitung des
Phänomens Kronleuchter vornehmlich auf Traditionen im Stiftungswesen – unter an-
derem auf Wachsabgaben – zurückzuführen ist oder auf jene der Materialästhetik
und -allegorie. Dass der Materialwert und -unwert zumindest bei einigen Schaftkron-
leuchtern eine Rolle spielt, geht aus inschriftlich oder archivalisch dokumentierten
Gewichtsangaben von Kronleuchtern hervor.118

Der Bestand an Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in
Norddeutschland ist an sich heterogen und kann innerhalb eines Bestimmungsortes –
wie zum Beispiel in Sakralgebäuden – sowohl proportional und qualitativ erheblich
divergieren als auch Tendenzen einer Angleichung erkennen lassen.

117
S. Erixon, 1943, S. 32. – R. Haupt, Bd. 3 (Register, hier: Gießer), 1889. – J. Brinckmann, 1894, S.
761. – J. Faulwasser, 1894. – Thieme-Becker, Bd. 8, 1918, S. 328 und Bd. 27, 1933, S. 265. – K.
Hüseler, 1922, S. 2 f., 8, 14 ff. – H. Philippsen, 1928, S. 633. – F. Michaelsen, 1963. – Ders., 1965,
S. 91-99. – KD Niedersachsen, Landkreis Stade, (Textbd.), 1965, S. 591. – C. A. Meier, 1984, S.
165 ff. (= Quellen 18-22). – KD Hamburg, 1968 (Ev. Kirchen St. Katharinen, St. Jacobi), S. 267 f. –
K. Jarmuth, 1967, S. 126, 160 ff., 173. – Ders., Lübecker Leuchten vom Meeresgrund, in: Lichttech-
nik, Jge. 21-23, 1969-1971, S. 72 ff. (1969), 250 f. (1970), 342 f. (1971).
118
KD Lübeck, Bd. IV, 1928, S. 359, 554, 596. – Vgl. K. Hüseler, 1922, S. 15. – T. Raff, 1994, S. 46 ff.
Einleitung Seite 30

Vielfach erscheint es auf Grund des Erhaltungszustandes von Kronleuchtern baulicher


Veränderungen kaum eindeutig nachvollziehbar, ob einzelne oder auch mehrere die-
ser künstlichen Lichtquellen ursprünglich im Verhältnis zur Baukunst geschaffen wur-
den – das heißt unter Berücksichtigung der architektonisch vorgegebenen, natürli-
chen Licht- und Schaffenswirkung einerseits und der Materialästhetik andererseits.

Studien zu Kronleuchtern ziehen diesen Aspekt – im Gegensatz zur Einflussnahme


der architektonischen Formensprache auf die Morphologie der Leuchter – kaum in
Betracht.

Jüngere rechtshistorische, wirtschafts- und sozialgeschichtliche sowie kunstwissen-


schaftliche Forschungsergebnisse bestärken in der der Auffassung, Schaftkronleuch-
ter resp. ihre Bekrönungsmotive nicht allein exemplarisch als unterschiedliche Resul-
tate des Kunsthandwerks vorstellen zu können. Vielmehr erscheint es erforderlich,
ihre kunstgeographische Ausbreitung als Sachquelle und Zeitdokument historischer
Prozesse und im interdisziplinären Kontext zu prüfen. Entdeckungen und Erfindungen
im Bereich Licht und Optik119 dürften auf das Phänomen Kronleuchter Auswirkungen
gehabt haben.

Hier wären insbesondere die Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Einfalls- und
Reflektionswinkel in Licht und Beleuchtungstechnik von Leonardo da Vinci (1452–
1515), die Einführung des Begriffes Elektrizität bei geriebenen Körpern wie Bernstein
durch William Gilbert (1544–1603) und insbesondere die Formulierung und Veröf-
fentlichung der Brechungsgesetze des Lichts durch Thomas Harriot (1560–1621),
Willebrordus Snellius (Snell van Rojen, 1580–1626), René Descartes (1596–1650) zu
nennen.

Interessante Aspekte enthalten die Studie „Die Sprache der Materialien“ von Raff120
und Untersuchungen der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel: die
Entstehung und Ausbreitung der Alchemie121 und die Herstellung des Messings122, die
allerdings nicht im Zusammenhang mit Kronleuchtern erarbeitet wurden, aber in Be-
tracht zu ziehen sind.

Dass „die Formung des Erzes eine der schwierigsten künstlerischen Arbeitsweise ü-
berhaupt ist“, indem die für das Endprodukt relevante Eigenfarbe des Metalls hervor-
geholt wird, ohne dass einzelne Arbeitsvorgänge für den Betrachter sichtbar vollzo-

119
Lichter und Leuchter, Entwicklungsgeschichte und Technik eines alten Kulturgutes, Arnsberg 1987, –
H. Holländer, 2000.
120
T. Raff, München 1994, S. 38, 61 ff. – N. Gramaccini, Zur Ikonologie der Bronze im Mittelalter, in:
Städel-Jb., N.F. 11 (1987), S. 147–170. – Siehe auch: G. Bandmann, Bemerkungen zu einer Ikono-
logie des Materials, in: Städel-Jb., N.F., Bd. 2 (1969), S. 75 ff.
121
S. Krifka, Das Labor – Ort des Experiments, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion, Hg. H. Hollän-
der, 2000, S. 755–771, insbes. S. 757.
122
Vannoccio Biringuccio, De la pirotechnia, Libri X, Venedig 1540, Dt.: Biringuccios Pirotechnia, Ein
Lehrbuch der chemisch-metallurgischen Technologie und des Artilleriewesens aus dem 16. Jahrhun-
dert, übers. v. O. Johannsen, Braunschweig 1925, S. 79 (s. dort Lit.hinweis: E. v. Lippmann, Entste-
hung und Ausbreitung der Alchemie, Berlin 1919 (Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften
und Technik. Berlin 1923), S. 570) und s. Harburger Jahrbuch 1996, S. 48. – Siehe Krifka, Zur Kon-
struktion der Natur in wissenschaftlichen Experimenten, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion. Hg.
H. Holländer, 2000, S. 725–753.
Einleitung Seite 31

gen werden, darauf lenkte im Jahre 1928 die Publikation „Gestaltung des Erzes und
ihre Grundlagen“ den Blick.123 Sie erlangt für die Wahrnehmung von Kronleuchtern
des 16. bis 18. Jahrhunderts aus Metall in Norddeutschland einen neuen Stellenwert
angesichts jüngerer Forschungen zu Handelsverbindungen sowie zu Schwerpunkten
der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa zwischen 1500 und 1650.124
Kupferlegierungen mit Zink, das heißt Messing oder mit Zinn, das heißt Bronze – die
Verarbeitung beider Materialien zeichnet sich durch eine lange Tradition der Herstel-
lung und Verwendung aus.125

Das besondere Interesse an einer künstlerischen Verarbeitung unedler Metalle sieht


der Kunsthistoriograph, Maler und Architekt Giorgio Vasari (1511-1574) im sozialen
Aufstieg sowie im Wettstreit der Künste begründet.126

Daran scheinen geschichts- und kunstwissenschaftliche Untersuchungen zu Beginn


des 20. Jahrhunderts insofern anzuknüpfen, als sie auf Zusammenhänge zwischen
der Geheimhaltung von technischen Neuerungen in der Metallverarbeitung und der
Herausbildung führender Produktionsstätten im Metallgewerbe verweisen.127

Jüngere Forschungen haben ergeben, dass Mitte des 16. Jahrhunderts insbesondere
die Gewinnung von Zink als Zinkspat oder -blende – anstelle des Zinkerzes – eine
Innovation im Bergbau darstellt und die daraus resultierenden Veränderungen in der
Veredelung der Rohstoffe zur Blütezeit des Messings führen.128 Hilfreich sind ferner
Analysen zu Kleinbronzen in Europa129 und vereinzelte Aufsätze und Monographien
zum Metallgewerbe.130

Da unterschiedliche Schwierigkeitsgrade in der Verarbeitung der unedlen Metalle


Bronze und Messing einerseits sowie gegenüber jener der Edelmetalle andererseits
bestehen, sind insbesondere folgende Darstellungen hervorzuheben: „Metall im
Kunsthandwerk des Nachmittelalters“ als Einführung zur Ausstellung „Modell und
Ausführung in der Metallkunst“ sowie die Studien zur Bildgeschichte von Naturwis-
senschaften und Technik vom 16. bis zum 18. Jahrhundert „Erkenntnis, Erfindung,

123
Die Gestaltung des Erzes und ihre technischen Grundlagen, Sammlung Kluge, Berlin/Leipzig 1928,
S. 6 ff.
124
H. Kellenbenz (Hg.), Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–
1650, Köln/Wien 1977.
125
R. A. Peltzer, 1909, S. 16 ff.
126
W. Paatz, 1930, S. 67.
127
R. A. Peltzer, 1909, S. 138. – H. G. Griep, 1961, S. 110.
128
Z. Lovag, 1979, S. 51 ff. – L. Jardine, Der Glanz der Renaissance, 1999, S. 45. – H. Holländer,
Kommentare und Notizen zur Bildgeschichte des Bergbaus, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion,
2000, S. 643-671, insbes. S. 646.
129
H. R. Weihrauch, Art, Bronze, Bronzeguß, Bronzeplastik, in: RDK, Bd. 2, 1948, Sp. 1182-1216. –
Ders., Die Bildwerke in Bronze und in anderen Metallen, München 1956.
130
W. Paatz, Lübeckische Bronzeproduktion, 1930, S. 67. – J. Warncke, Zinngießer in Lübeck, Lübeck
1922. – U. Mende, Minden oder Helmarshausen, Bronzeleuchter aus der Werkstatt Rogers von Hel-
marshausen, in: Jb. d. Berliner Museen, Bd. 31, Berlin 1989, S. 61–85. – Von allen Seiten gleich
schön, Bronzen der Renaissance und des Barock, Ausst.-Kat., Berlin 1996. – J. Stüben, Ein verlore-
ner Standleuchter aus der Werkstatt des Hamburger Metallgießers Hermann Bonstede in der alten
Kirche zu Uetersen, in: Nordelbingen 68 (1999), S. 11–27.
Einleitung Seite 32

Konstruktion“131; dort werden unter anderem die wichtigen frühen Darstellungen zur
Technik des Bronzegusses zusammengefasst, insbesondere der „Codex Atlanticus“
von Leonardo da Vinci (1452–1519), „De la pirotechnia“ von Vannocio Biringuccio
(1480–1538) und „De re metallica“ des Georg Agricola (1494–1555).132 Diese Werke
sind sowohl relevante historische Dokumente zur Metallverarbeitung als auch maß-
geblich an der Wertschätzung unedler Metalle beteiligt.

Vor diesem Hintergrund ist angesichts der sehr starken Verbreitung von Kronleuch-
tern aus Metall in evangelischen Kirchen die Beziehung Martin Luthers zur wirt-
schafts-, sozial- und kunstgeschichtlichen Rolle des Bergbaus interessant.133

Hinsichtlich der Entstehung und Verteilung von Kronleuchtern aus Metall werden in
den unterschiedlichen Publikationen seit Mitte des 20. Jahrhunderts abweichende
Ansichten vertreten. In erster Linie gelten wirtschaftliche Faktoren, das heißt insbe-
sondere ausbaufähige Handelsbeziehungen, als grundlegend. Hier stellt sich die Fra-
ge, ob Metallgießer nach ihren ausbildungsbedingten Wanderjahren als Arcanisten –
und zugleich im Interesse der Konjunktur – quasi zusammen mit den entsprechen-
den Exportgütern auf Reisen gingen.

Desgleichen wäre aus dieser Perspektive die Verbreitung bestimmter Motive durch
die Druckgraphik zu untersuchen. Erixon bemerkt im Zusammenhang mit gotischen
Kronleuchtern aus Metall: „I det stora hela rader en märklig överensstämmelse i typ
och detaljer mellan de gotiska ljuskronorna inom hela deras utbredningsomrade i
Tyskland, Belgien, Holland, England och Skandinavien samt Finland.“134

Unstrittig scheinen daher die Auffassungen zur kunstgeographischen Ausbreitung der


Leuchter. Im Wesentlichen geht man davon aus, dass sie von niederrheinischen Ge-
bieten135 und der Maasregion ausgingen – insbesondere von Dinant als ursprüngli-
chem Zentrum der Metallverarbeitung bis 1466. Dabei wird eine wechselseitige Be-
einflussung mit anderen Ländern, so auch Deutschland, nicht ausgeschlossen, aber
auch nur anhand weniger Objekte unterschiedlicher Epochen exemplifiziert. Dies
deckt das Spektrum der Kronleuchter nicht ab und wäre anhand von Werkstatt-
Zuschreibungen zu spezifizieren.

Inwieweit also traditionelle Stätten des Bergbaus eng mit Monopolbildungen ver-
knüpft sind und – mehr noch – inwieweit jene des Metallgusses Anteil an der Form-
gebung und Verbreitung der Metallkronleuchter in Norddeutschland haben, gehört zu
den für diese Region nicht abschließend beantworteten Fragen.

131
Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat., Bayerisches Nationalmuseum München
(1989), – Hg. H. Holländer, 2000.
132
C. Schneider, Die Gusstechnik, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion. Hg. H. Holländer, a.a.O.,
S. 573–678.
133
„... von daher bin ich ...“, Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land, Ausst.-Kat. 7 u. H. 7
Stiftung Luthergedenkstätten Sachsen-Anhalt/Martin-Luther-Sterbehaus Eisleben, Hg. R. Knape, Eis-
leben 2000.
134
S. Erixon, 1943, S. 32. – K. Jarmuth, 1967, S. 187. – Vgl. J. v. Bonsdorff, Kunstproduktion und
Kunstverbreitung im Ostseeraum des Spätmittelalters, Helsinki-Helsingfors 1993.
135
S. Erixon, a.a.O., S. 54 (Messingwerk Skultuna/Dalarne wurde 1607 gegründet).
Einleitung Seite 33

1.3 Quellen

1.3.1 Schriftquellen

Sowohl der verfügbare Bestand an Schriftquellen als auch die Zugangsvoraussetzun-


gen und infolgedessen die Ergebnisse einer systematisch angelegten Recherche kön-
nen sehr unterschiedlich sein. Obschon Inschriften einiger weniger Schaftkronleuch-
ter der Renaissance und etliche des Barock möglicherweise authentische Hinweise
zur Entstehung geben, bedarf es weiterer Untersuchungen sowohl der Beleuchtungs-
geräte als auch der Archivalien, um sich mit einer Vielzahl an Einzelergebnissen all-
gemeingültigen Aussagen über die Verteilung der Motive auf Kronleuchtern anzunä-
hern.

Das gilt für Figurendarstellungen auf Wandleuchtern im Vergleich zu solchen auf


Hängeleuchtern – zum Beispiel ein Wandleuchter (um 1600) mit Landsknechtfigür-
chen (mit Heerpauke und Federbarett) in der Evangelischen St. Marien-Kirche zu
Flensburg zusammen mit vergleichbaren Stücken an anderen Orten gegenüber
Landsknechtkronleuchtern aus jener Zeit – und dies sowohl im regionalen (Ko-
sel/Eckernförde, Kronleuchter, 16. Jahrhundert) als auch im überregionalen Bereich
(zum Beispiel: Rømø/Dänemark) unter der Fragestellung, welche der Theorien über
ihre Entstehung, Verbreitung und Verteilung sich als tragfähig erweist, selbst mit der
Einschränkung, dass Quellen ohne Angaben zur Provenienz der Kronleuchter kein
Einzelfall sind.136

In diesem Zusammenhang wären auch die Gruppen der gekrönten und ungekrönten
heraldischen Doppel-Adler auf neuzeitlichen Schaftkronleuchtern aus Metall zu erfor-
schen. Denn diese sind auffallend oft Stiftungen von Ratsherren, Ämtern/Zünften
oder vergleichbaren Anderen. Ließe sich dies anhand weiterer Beispiele und mittels
Schriftquellen erhärten, dann würde der heraldische Doppel-Adler weiterhin als Wap-
pentier und Herrschaftszeichen gelten, könnte aber zugleich den Stand der gesell-
schaftlichen und administrativen Umstrukturierung andeuten.137 Die bisher unter-

136
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Stadt Flensburg, Hg. P. Hirschfeld, München
1954, S. 127. – F. J. Falk, Lysekroner i Rømø Sct. Clemenskirke, Wyk/Föhr (1989), Text Nr. 3, Abb.
12 f. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark
erw. und veränd. Aufl., München 1994, S. 404. – Siehe LKA EKvW 4, 46 Nr. 5, 1 pag. 67 Andreas
Kamm, Bielefeld übersandte im Rahmen seiner Studien zu Kronleuchtern aus Messing in Westfalen
der Verfasserin Ende 2003 einige Auszüge aus Archivalien.
137
Schaftkronleuchter mit heraldischem Doppel-Adler als Stiftungen von Bürgermeistern und Ratsver-
wandten kommen vor in Bernau, Ev. Kirche, Kronleuchter 1599, s. Die Kunstdenkmäler der Provinz
Mark Brandenburg, Kreis Niederbarnim, Berlin 1939, S. 86. – Eberswalde, Ev. Kirche, sog. Ratskron-
leuchter und Schumacherkronleuchter nur noch fragmentarisch erhalten. Ihre ursprüngliche Gestal-
tung ist unbekannt. Die männlichen Köpfe als flachgeschnittenes Zierelement der Leuchterarme
könnten auf die Bekrönung „Heraldischer Doppel-Adler“ hindeuten, denn nur in dieser Kombination
kommen vergleichbare Profile an Kronleuchtern vor, s. Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der
Provinz Brandenburg, Berlin 1885, S. 330. – Flensburg, Ev. St. Marien-Kirche, Kronleuchter (W)
1687 – und nicht 18. Jahrhundert, s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Hamburg,
Schleswig-Holstein, 1994, S. 250. – Lauenburg, Ev. St. Maria-Magdalenen-Kirche, Kronleuchter
1658, s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Schleswig-Holstein, Hamburg, Schles-
wig-Holstein, a.a.O., S. 420. – Lütjenburg, Ev. St. Michaelis-Kirche, Kronleuchter 1674, s. G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Schleswig-Holstein. Hamburg, Schleswig-Holstein, a.a.O.,
Einleitung Seite 34

suchten Akten enthalten diesbezüglich keine Angaben. In Anbetracht der ausgepräg-


ten Präsenz von Kronleuchtern in Sakralbauten erschienen Quellenstudien in den Ar-
chiven evangelischer Kirchengemeinden und Kirchenkreisämter zunächst nahe lie-
gend. Hier können Rechnungsbücher und Inventare sowie Matrikel Informationen zu
Kronleuchtern enthalten oder Rückschlüsse erlauben, sofern dieses Schriftgut voll-
ständig erhalten ist. Oftmals bestehen Lücken für jene Zeiträume, die relevant für
die Entstehung und Datierung dieser Beleuchtungsgeräte erscheinen. Andererseits
beziehen sich erhaltene Vermerke häufig nur auf die Ausgaben für Erhaltungsmaß-
nahmen – zum Beispiel Reparaturen: Löten eines Leuchterarmes, Ergänzen kleiner
schadhafter Stellen und Reinigung – sowie auf Einnahmen von Renten und Wachs,
zur Unterhaltung des betreffenden Kronleuchters. Ausführliche Beschreibungen oder
gar eigene Schriftstücke wie die Urkunden zu den Leuchtern und ihrer Unterhaltung
mit Wachslichtern bilden nach derzeitigem Kenntnisstand eine Ausnahme. Es kann
im Rahmen der vorliegenden Studie den Urkunden (1594) zu den Kronleuchtern
„Gekrönter heraldischer Doppel-Adler/Löwenkopf-Maske“ (um 1594) des Adeligen
Klosters Preetz138 und „Gekrönter heraldischer Doppel-Adler/Kugel“ (1651/58) „Stif-
tung Dochtermann“ der Evangelischen Maria-Magdalenen-Kirche zu Lauen-
139
burg/Elbe ein anderes Schriftstück zugeordnet werden, das Auskunft über die Pro-
venienz des Kronleuchters (1771 und ohne Bekrönung) in Berdum/Ostfriesland
gibt.140

Sofern Namen von Stiftern und/oder Metallgießern bekannt sind, können anhand von
Sterberegistern oder Grabbüchern zum Teil die ursprüngliche Platzierung der Kron-
leuchter in einer Kirche sowie Datierungen überprüft werden. An anderer Stelle kön-
nen Chroniken, Erbebücher, Denkelbücher, Schoßrechnungen oder Stellenbeschrei-
bungen, ferner Rechenschaftsberichte des so genannten Küsterinnen-Dienstes sowie
Akten zur Liturgie und zur weiteren Nutzung kirchlicher Räume, wo Kronleuchter
samt Hängung beiläufig erwähnt werden, Rückschlüsse erlauben.

S. 614. Präzise Angaben zur Gestaltung dieser Kronleuchter in Schleswig-Holstein samt Inschriften,
s. R. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein einschließlich Herzogtum
Lauenburg, 6 Bde., Kiel 1887 ff. – Und es sind ferner Ende des 19. Jahrhunderts insgesamt 16
Schaftkronleuchter des 17. Jahrhunderts, davon 15 mit dem „Reichsadler“ und 1 mit „Jupiter auf Ad-
ler“ als Ausstattung der Jüdischen Synagoge in Worms inventarisiert. – Siehe Kunstdenkmäler im
Großherzogtum Hessen, Provinz Rheinhessen, Kreis Worms, Darmstadt 1887, S. 263. – Vgl. G. De-
hio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Rheinland-Pfalz, Saarland, 2., bearb. und erw. Aufl.,
München 1984, S. 1177 ff. Es wird infolge der beiden Weltkriege (1914/18 und 1939/45) wohl nicht
mehr zu klären sein, ob diese Kronleuchter Originale oder Replikate darstellen, die möglicherweise
im 18. Jahrhundert erworben wurden, als mit Einführung der Predigt in Landessprache infolge der
jüdischen Emanzipationsbewegung auch die Kulträume entsprechend verändert wurden, s. dazu: Le-
xikon der Kunst, Bd. 7, München 1996, S. 160 f.
138
A. Jessien, Diplomatarium des Klosters Preetz, Kiel-Elmschenhagen 1838, S. 187 f.
139
Mitteilungen d. Gesellsch. f. Kieler Stadtgesch., Kiel 1908. – Lauenburg/Elbe, Archiv der Ev. St. Ma-
ria-Magdalenen-Kirchengemeinde, 5133, Beleuchtung, Nr. 959/768: Urkunde Stiftung Jürgen Doch-
termann, s. Abb. 47.
140
Berdum/Ostfriesland, Archiv der ev. Kirchengemeinde, KR I a 3, Berdumer Kirchenrechnungsbuch
1762–1868: Kronleuchter 1771. Bestandteil der Fotodokumentation zu Restaurierungsmaßnahmen
an Kronleuchtern; 1998 von Firma Paul Oelmann & Sohn, Bielefeld zur Verfügung gestellt, nach
Rücksprache mit dem Kirchenvorstand der Ev. Kirche in Berdum.
Einleitung Seite 35

Gelegentlich erhellen Korrespondenzen zwischen Kirchgeschworenen und Gemein-


demitgliedern als Auftraggeber von Kronleuchtern die Motivation ihrer Entstehung
oder Bewahrung.

Sofern kirchliche Akten nicht als Depositum kommunaler Archive erkennbar sind,
ergibt das bisher dort recherchierte Schriftgut nur vereinzelt Aufschluss über die als
Kleinbetriebe wohl doch schwer fassbaren Werkstätten. Andernorts sprechen die er-
haltenen Selbstzeugnisse und die darin genannten Aufenthaltsorte der Metallgießer
für eine Fortsetzung der Recherchen.

Die in den Landes-, Kreis- und Stadtarchiven verwahrte Korrespondenz mit Gesu-
chen der Handwerker an die Obrigkeit um Schutz und Anerkennung ihrer Person und
Profession erstreckt sich vielfach über mehrere Seiten. Während einerseits die Her-
ausbildung des Kronengießers als eigener Berufsstand festgestellt werden konnte,
scheint diese Spezialisierung andernorts nicht abgeschlossen oder nicht vordringlich.
Infolgedessen bedarf es gleichzeitig verschiedener Suchkriterien – wie zum Beispiel
„Glockengießerei“ –, um mittels weiterer Quellen bisherige Feststellungen zur
Verbreitung, Ikonographie oder Provenienz von Kronleuchtern erhärten oder widerle-
gen zu können. Auch hinsichtlich der hier eingehender vorgestellten Kronleuchter mit
profanen Motiven sind die Recherchen noch nicht abgeschlossen.

Weitere Fragen ergeben sich zum Beispiel aus der auch als gedruckte Quelle verfüg-
baren Reisebeschreibung „Moskowitische und Persische Reise. Die Holsteinische Ge-
sandtschaft beim Schah, 1633–1639“ des Adam Olearius (1599–1671). Dort wird als
eines unter mehreren Gastgeschenken der Gesandten ein Kronleuchter mit dreißig
Armen und eingebauter Uhr (!) erwähnt.141 Eine derartige Komposition ist für Nord-
deutschland als Kunstgut nicht inventarisiert; eine gewisse Vorstellung davon dürfte
ein Kronleuchter (1610; 1750 gestiftet) in der Heilig-Geist-Kirche in Kopenhagen
vermitteln (Abb. 119). Teile des Uhrwerks bestätigen die frühe Datierung dieses
Kronleuchters. Weitere Beispiele dieser Art werden anhand von Inventarverzeichnis-
sen verschiedenen Gemächern auf Schloss Frederiksborg/Dänemark zugeordnet, und
141
Adam Olearius: Vermehrte Newe Beschreibung der Moscowitischen und persianischen Reyse Zum
andern mahl herauß gegeben durch A. O. (Schleswig) 1656, S. 508: „Des Herrn Gesandten Brüg-
mans Geschencke. ... 2. Eine grosse messinge gantz vergüldete Liecht-Krone mit 30 Armen, so drey-
fach über einander mit Bildern und silbern Laubwerck besetzet und schön gezieret. Im Knopff war
eine Uhr so die Stunden und Viertel schlug.“ – Vgl. Adam Olearius, Moskowitische und Persische Rei-
se, Die Holsteinische Gesandtschaft beim Schah, 1633–1639, Hg. D. Haberland. Stuttgart/Wien
1986, S. 251, 22. Hier ist neben der Beschreibung eines Kronleuchters als Gastgeschenk des Weite-
ren die Verbindung zwischen Olearius und Kielmann interessant. Johann Adolph Kielmann von Kiel-
mannsegg (1612-1676) stiftete Kronleuchter (1661) in den Dom zu Schleswig. – Vgl. Kronleuchter-
details mit Exemplaren in Kiel, evangelische St. Nikolaikirche und Rendsburg, evangelische Christkir-
che. – D. Haberland weist darauf hin, dass diese Reisebeschreibungen ein erhebliches Maß Barockli-
teratur widerspiegeln. Vgl. dazu F. Kochwasser, Die holsteinische Gesandtschaftsreise 1633/1639. –
Adam Olearius, Vermehrte Newe Beschreibung der Muscowitischen und Persischen Reyse, Schleswig
1656. – O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins, Kiel 1981, S. 184 f. und 189. – D. Lohmeier, A-
dam Olearius, in: Gottorf im Glanz des Barock, Kunst und Kultur am Schleswiger Hof 1544–1713,
Bd. 1, Die Herzöge und ihre Sammlungen, Ausst.-Kat. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum
(199), S. 348–353. Es sind ferner zur Beurteilung diplomatischer Beziehungen der Neuzeit diese Un-
tersuchungen hilfreich: G. Mattingly, Renaissance Diplomacy, London (1954). – Siehe L. Gielham-
mer, Deutsche Gesandte in Iran, Zur Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutsch-
land und Iran, München 1960, S. 273–275, insbes. S. 274. Hg. D. Lohmeier. Tübingen 1971.
Einleitung Seite 36

auch der ursprüngliche Verwendungszusammenhang des Kronleuchters der Heilig-


Geist-Kirche wird dorthin lokalisiert.142

1.3.2 Bildquellen

Neben der Erzgießerschale143, auf der Abläufe des komplizierten Bronzegusses an-
schaulich dargestellt sind, und jenen Abbildungen, die in den Schriften namhafter
Autoren der Renaissance die einzelnen Arbeitsabläufe der Metallverarbeitung – ins-
besondere der Messingproduktion – schildern144, können Bildquellen die Herstellung
oder die Verwendungszusammenhänge von Kronleuchtern aus Metall vermitteln.

Sehr häufig werden daher die Graphiken des Ständebuchs von Jost Amman (1539–
1591, Zürich) und das Gemälde „Die Hochzeit des Giovanni Arnolfini und der Giovan-
na Cenami“ (1434) des Jan van Eyck (1390–1441) als präzise Beispiele für
Schaftkronleuchter präsentiert und kaum die Darstellungen von Kirchen-Interieurs
des Emanuel de Witte (1607–1692) mit ihren flüchtig wiedergegebenen Kugelkron-
leuchtern.145 Beleuchtungsgeräte in Sakralgebäuden werden öfter dargestellt als sol-
che in profanen Wohn- und Repräsentationsräumen.

Die Herkunft der Schaftkronleuchter und ihrer weltlichen Bekrönungen ist nicht ein-
deutig geklärt. So wurde das besagte Gemälde van Eycks lange als zeitgenössisches
Dokument der Wohnkultur des 15. Jahrhunderts und der ersten Schaftkronleuchter
im profanen Ambiente betrachtet. Demgegenüber hebt die jüngere kunstwissen-
schaftliche Forschung anhand auffälliger Darstellungsdetails die rechtliche Kompo-
nente hervor. Insofern sollen die genannten Werke hier erneut einbezogen werden,
um an ihnen den mehrdeutigen Aussagegehalt derartiger Bildquellen zum Kunst-
handwerk zu verdeutlichen.

Andere Beispiele wurden während der Vorbereitung dieser Studie en passant zu-
sammengetragen und werden weiter unten genannt. Diese wären nicht nur um wei-
tere Darstellungen zu ergänzen, sondern auch genauer zu beschreiben und zu analy-
sieren. Tendenziell stehen die in der Bildkunst wiedergegebenen Kronleuchter (aus
Metall) über ihren dekorativen Charakter und Zeugniswert hinaus – indirekt auch zur
Entwicklung der Beleuchtungsgeräte – mit wichtigen Handlungen und damit zusam-
menhängenden Rechtsfragen in Verbindung.146 Diese Korrelation könnte auch die

142
Danmarks Kirker, København, Bd. 1, Kopenhagen 1945–58, S. 694 ff. sowie Abb. 119 der vorliegen-
den Kronleuchterstudie.
143
C. Schneider, Die Gusstechnik, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion, Hg. H. Holländer, a.a.O.,
S. 673–687, hier S. 673.
144
Dies., a.a.O., S. 675 ff.
145
Eygentliche Beschreibung aller Staend auff Erden, Nürnberg 1568, Nachdruck München 1923 (Holz-
schnitte von Jost Amman). – Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Na-
tionalmuseum München (1989). s. Abb. Frontispiz.
146
In einer Beschreibung der Hohenzollerischen Hochzeit (1598) in Hechingen heißt es: „Von der Decke
hängen zwei Messingleuchter mit vierzehn Kerzen ...“, s. I. Loesch, So war es Sitte in der Renais-
sance, Leipzig 1965, S. 109.
Einleitung Seite 37

Verteilung bestimmter Topfiguren auf Metallkronleuchtern in Norddeutschland erklä-


ren.

Die Graphiken von Jost Amman oder Christoph Weigel (1654–1725, Nürnberg) illust-
rieren in Druckwerken zur Beschreibung der Stände unter anderem die Tätigkeiten
der Leuchtenmacher und der Rotschmied-Drechsler oder Messing-Schaber im Bereich
der Messingverarbeitung. Sie geben so auch Einblick in die Anfertigung einzelner
Kronleuchter-Module, wobei der Weigel’sche Kupferstich „Der Leuchtenmacher“ un-
vollständige Schaftkronen abbildet, die mit einer großen Kugel am unteren Ende ab-
schließen und dem Barock zuzuordnen sind. Sollte dies die mehrfach erwähnte verle-
gerische Arbeitsorganisation der Metall verarbeitenden Berufe dokumentieren, so
scheint die zeittypische Grundform eines Kronleuchters demnach vom Hersteller
festgelegt und verfügbar, ohne dass ältere Modelle noch zur Auswahl stehen. Denn
die Winkelarmkronen der Renaissance sind dort zum Beispiel nicht abgebildet. Es sei
denn, dass die Provenienz der zuvor genannten Graphiken nicht nur Rückschlüsse
auf das Aufgabengebiet des Kronengießers an sich, sondern auch auf die Produkti-
onsstätte, die kunstgeographische Verbreitung oder den Erhalt eines bestimmten
Kronleuchtertyps zulässt.

Die Graphiken bieten keine Hinweise zum Motivschatz eines Kronleuchters. Aber die
dort unvollständig wiedergegebenen Kronleuchter könnten darauf hindeuten, dass
ihre weitere Gestaltung an anderer Stelle und nach Belieben der Auftraggeber ausge-
führt wurde.

Die den Darstellungen jeweils zugeordneten Sinnsprüche geben Aufschluss über die
Voraussetzungen für qualitätvolle Messingerzeugnisse, die dem Berufsstand zur Ehre
gereichen.

Während diese Abbildungen die verschiedenen Fachbereiche und -berufe und inso-
fern Sozialgeschichte veranschaulichen, belegen in Norddeutschland einige Schrift-
quellen die dort offensichtlich übliche Praxis. So sind namentlich bekannte Metallgie-
ßer dadurch charakterisiert, dass sie die von Amman illustrierten Facetten dieses
Aufgabengebietes in ihrer Person und Werkstatt (notgedrungen) vereinen. Gleich-
wohl stellt Philippsen in Schleswig die Herausbildung des Kronengießers als Spezial-
beruf fest.147

Darstellungen einzelner zeittypischer und vollständiger Kronleuchter kommen in un-


terschiedlichen Sujets und Medien vor. Selten jedoch sind sie so realistisch wieder-
gegeben wie auf den Gemälden „Die Hochzeit des Giovanni Arnolfini und der Giovan-
na Cenami“ (1434) von Jan van Eyck und „Letztes Abendmahl“ (1464/67) von Dirk
Bouts.148 Infolgedessen werden diese Darstellungen in etlichen Untersuchungen zur
Thematik Kronleuchter in erster Linie herangezogen, um Datierungen oder den Ur-
sprung von Schaftkronleuchtern aus Metall als Ausdruck standesspezifischer (Wohn-)

147
H. Phillipsen, a.a.O. – Vgl. K. Hüseler, 1922.
148
F. Büttner, Schätze der Kunst, Europäische Malerei aus sieben Jahrhunderten, Künzelsau-Gaisbach
1988, S. 22 f. – E. Grimme, Belgien, Spiegelbild Europas, 4. Aufl., Köln 1980, S. 56.
Einleitung Seite 38

Kultur zu belegen.149 Denn diese weichen morphologisch und bedingt auch iko-
nographisch von den eindeutigen Kirchenkronleuchtern der Gotik ab. Zu diesen Kron-
leuchtern kultischen Ursprungs gehören als Sonderform die Marienleuchter, die in
Westeuropa vornehmlich als Tabernakelkronleuchter das Abbild eines Sakralgebäu-
des resp. eines Sakramentshauses wiedergeben. In Osteuropa sind die Korbkron-
leuchter als Anspielung auf die Wurzel Jesse und die Rosenhag-Madonna stärker ver-
breitet. Bereits in spätgotischer Zeit kommen Schaftkronleuchter aus Metall mit den
Bekrönungsfiguren der Muttergottes oder eines sitzenden Löwen vor.

In die Diskussion zur geistigen Urheberschaft und Ausbreitung spätgotischer und


frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter wären die so genannten Alternativen in die In-
terpretation einzubeziehen: Jüngere Graphiken aus Süddeutschland zeigen anstelle
eines Metallkronleuchters einen Geweihleuchter oder Leuchterweibchen als mögliches
Inventar von Ratsstuben oder repräsentativen Wohnstätten. Bekannt sind die Ent-
würfe Albrecht Dürers (1471–1528) für einen Geweihleuchter, der das Domizil eines
wohlhabenden Bürgers zieren sollte.

In Norddeutschland werden Geweihleuchter im Zusammenhang mit kirchlichem In-


ventar in den Schriftquellen des 17. Jahrhunderts erwähnt oder konnten noch in der
Gegenwart als überkommener Bestand inventarisiert werden.150

Die oben genannten Gemälde und Graphiken als Aussage zu Entwicklungsstufen der
Messingverarbeitung und zur Ausbreitung ihrer Erzeugnisse heranzuziehen, ist in
Anbetracht der bisher bekannten Forschungsergebnisse zur Messingproduktion hilf-
reich. Die den profanen Bildern des 15. Jahrhunderts unterstellte Beweiskraft zur
Herkunft der Schaftkronleuchter aus der Wohnkultur wäre eingehender zu untersu-
chen.

Eine differenziertere Bildbetrachtung vermittelt Büttner, und diese trägt zu einer


neuen Wahrnehmung von Kronleuchtern bei.151 Er analysiert das besagte Arnolfi-
ni’sche Hochzeitsbild der Gebrüder van Eyck über die diesem Gemälde zugeschriebe-
ne Dokumentation bürgerlichen Besitzstandes hinaus anhand der in Spiegelbild und
Schriftzug festgehaltenen Zeugenschaft als Darstellung eines Rechtsaktes. Indem er
dabei auf die einzelne Kerze des Kronleuchters als Brautkerze verweist, artikuliert er
in der Korrelation von Kronleuchter und Wachs ein Phänomen, das auch in Nord-
deutschland mittels anderer Rechtszusammenhänge anschaulich belegt werden
kann.152 Hinsichtlich der nahezu in fotorealistischer Maltechnik dokumentierten Hoch-

149
A. Brüning, a.a.O. – K. Jarmuth, a.a.O.
150
1542–1992. 450 Jahre Evangelische Kirche in Regensburg, Ausst.-Kat. Museum der Stadt Regens-
burg (1993), S. 300. – Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (1897), Taf.
III, S. 22. – Nürnberg 1300–1550: Kunst der Gotik und Renaissance, Ausst.-Kat. Germanisches Na-
tionalmuseum Nürnberg (1986), S. 332.
151
F. Büttner, a.a.O.
152
Denkelbok der St. Nicolai-Kirche zu Kiel von 1487–1601, in: Ztschr. d. Gesell. f. S.-H.-Lauenbg.
Gesch., Bd. 10, Kiel 1881, S. 226: „Item N der borth vnszes Heren Dusent verhundert vnde jn dem
vyff vnde Negentichsten Wy Hans Schele Radtman Hans Louwe vnde Hans grauwetopp Sunte Nicolai
swaren Tugeden vnser leuen vrouwen Cronen midden jn der kerken vnde steyth anderthalffhundert
Einleitung Seite 39

zeit des Arnolfini erhebt sich die Frage, ob nicht gerade diese Komposition von In-
nenraum und Menschenbild – die als Einzelsujets und als Charakteristika im Œuvre
der Gebrüder van Eyck gelten – über ihre Aufgabe einer Bilddokumentation des Inte-
rieurs hinaus auch den daraus abzuleitenden Aspekt der Rechtsfähigkeit darstellt.
Gerade diese Zusammenhänge erscheinen richtungsweisend für die Einordnung be-
stimmter Bekrönungsfiguren auf frühneuzeitliche Schaftkronleuchter aus Metall resp.
Motivschatz über kunsthandwerkliche Qualitäten hinaus auf ihren Verwendungszu-
sammenhang hin zu untersuchen.

Weniger differenziert sind Kronleuchter aus Metall zum Beispiel in folgenden Zusam-
menhängen dargestellt: auf dem Tafelgemälde „Verkündigung“ (um 1500) eines
Westfälischen Meisters für die Außenseite eines Flügelaltars153, bei Lucas Cranachs d.
Ä. „Martyrium des Apostel Themas“ (Holzschnitt, um 1512)154 in „Kleine Holzschnitt-
passion“ (1509/11), „Fußwaschung“ von Albrecht Dürer und deren Übertragung von
Hans Brüggemann in den Bordesholmer Altar (1521) im Dom zu Schleswig155 oder
zum Beispiel in einer Miniatur aus dem Ratsbuch der Stadt Augsburg (1545) von
Jörg Breu d. J. Unter dem Titel „De fem sanser“ (Die fünf Sinne) stellt Bassen (1590-
1652) unter anderem einen Kronleuchter aus Metall mit einer Haltefaust als Aufhän-
gung sowie ein Kohlebecken als Bestandteile eines holländischen Interieurs dar. Ver-
gleichbares Inventar ist zum Teil auch in einigen evangelischen Kirchen Dänemarks
sowie in Norddeutschland erhalten.

Einen Kugelkronleuchter ohne Bekrönung zeigt das Gemälde „En Drengeskole“ von
Frantz Clein (1582–1658).

Der Kronleuchter, der auf dem Gemälde „Das Fest des Herodes“ von Jaques Bellange
(1594–1638) zu sehen ist, könnte in der Gegenüberstellung zu den dort dargestell-
ten Waffen und Musikinstrumenten ebenfalls aus Metall gefertigt sein. Weibliche Sta-
tuetten scheinen den Schaft dieses Leuchters zu umgeben.156

marck Dar to gaff Hans Schimmelpennyngk vefftich marck.“ – Mitteilungen, Stiftung eines Kron-
leuchters in der Kirche zu Heiligenhafen, in: Die Heimat, 13. Jg., Nr. 2 (1903), S. 47.
153
Dortmunder Kunstbesitz II, Erwerbungen 1958–1963, Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturge-
schichte, Dortmund 1963, Kat.-Nr. 21.
154
H. Appuhn, Einführung in die Ikonographie der mittelalterlichen Kunst in Deutschland, Darmstadt
1979, S. 37.
155
J. Rosenfeld, Das Bordesholmer Hochaltarretabel: Hans Brüggemann, Albrecht Dürer und die Reta-
belbaukunst in den Niederlanden und am Niederrhein, in: Der Bordesholmer Altar des Hans Brügge-
mann, Begleitband der Ausstellung „Der Bordesholmer Altar des Hans Brüggemann, Werk und Wir-
kung, Hg. U. Albrecht, Kiel 1996, S. 71–86, hier: 75, Abb. 6. – U. Wolff-Thomsen, Die bildliche Re-
zeption des Bordesholmer Retabels im 19. Jahrhundert: Ein Kunstwerk im Zeitalter seiner techni-
schen Reproduzierbarkeit, in: Der Bordesholmer Altar des Hans Brüggemann, 1996, S. 241–283,
hier S. 256.
156
Kunst und Kunsthandwerk, Meisterwerke im Bayerischen Nationalmuseum, Mus.-Kat. Bayerisches
Nationalmuseum München (1955), Abb. 88 und S. 59. – Fredensborg/Dänemark, Rittersaal, s. in der
Gegenüberstellung zu den Inventarstücken des Gemäldes: Kohlebecken, Bronze, 1491 mit Inschrift
in der Ev. Kirche St. Petrus in Landkirchen/Fehmarn und Kronleuchter mit Haltefaust – wie zum Bei-
spiel in der Kirche St. Olai, Helsingør/Dänemark. – Enzyklopädie der Weltkunst, Renaissance und Ba-
rock, Bd. 6., Weinheim/Österreich o.J., S. 2750.
Einleitung Seite 40

Barocke Kronleuchter sind insbesondere auf bildlichen Darstellungen zu kirchlichen


Amtshandlungen: Taufen, Eheschließungen, Feier des heiligen Abendmahls oder zur
Beschneidung Jesu zu finden – wie zum Beispiel als Kupferstich zu „Aus dem Marien-
leben“ (1594) von Hendrik Goltzius (1558–1616), überwiegend aber auf den Interi-
eurgemälden von Anthonie de Lorme (1605–1673), Gerard Dou (1613–1675) und
Emmanuel de Witte (um 1617–1692).157 Ferner kommen Kronleuchter im Werk „Ma-
donna“ (Gnadenthal/Kleve) von Joan Gossaert Mabuse (1478–1532), „Interieur“
(1672, Dom zu Utrecht) von Hendrik Cornelis van Vliet, „Fischerhochzeit“ (1898) von
Ludwig Dettmann oder als Relief einer Ofenplatte (1643) in Merseberg vor.158

Einen präziseren Eindruck von der Gestaltung eines Kugelkronleuchters vermittelt


das Gemälde „Das Gesicht“ (1617) von Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625) und Peter
Paul Rubens (1577–1640).159

Aber auch in Phantasiedarstellungen – wie zum Beispiel dem „Interieur van de Grote
Kerk te Alkmaar“ (1635) von Pieter Saenredam (1597–1665) können Kronleuchter
raumbildendes und -prägendes Inventar darstellen.160

Obschon in diesen Zusammenhängen in erster Linie davon auszugehen sein wird, dass
die dort wiedergegebenen Kronleuchter eines unter mehreren Gestaltungsmitteln dar-
stellen können, geben die Leuchter als vertraute Zeitdokumente bestimmten Bildinhal-
ten einen Realitätsbezug. Kronleuchter werden nicht nur im Rahmen der im moralisie-
renden Sinn der Feinmalerei genremäßig belebter Innenräume dargestellt, vielfach
treten sie in Verbindung mit feierlichen Ereignissen oder (Amts-)Handlungen von be-
sonderer Tragweite auf – wie zum Beispiel Geburt, Taufe, Hochzeit, Tod oder Begräb-
nis. Insofern stellt sich die Frage, ob Kronleuchter hier Rechtsräume und Rechtsfähig-
keit anzeigen, ob sie die Aufgabe funktional-dekorativer Beleuchtungsgeräte zu erfül-
len haben.

157
Meisterwerke europäischer Graphik 15.–18. Jahrhundert aus dem Besitz des Kupferstichkabinetts
Coburg, 200 Jahre Coburger Kupferstichkabinett 1775–1975, Ausst.-Kat. Veste Coburg 1975, Kat.-
Nr. 174. – Anthonie de Lorme (1605–1673) „Inneres einer Kirche“, 1643, Öl auf Eichenholz, 41,5 x
50,5 cm, Landesmuseum Oldenburg 15.686; Gerard Dou (1613–1675) „Die Wassersüchtige“, Louvre
Paris; Emanuel de Witte (1617–1692) „Die Oude Kerk in Amsterdam“, 1659, Malerei auf Leinwand
60,5 X 75,5 cm; Hamburger Kunsthalle; Ders., „Predigt in einer reformierten Kirche“, 1670, Malerei
auf Leinwand, 120,5 x 103,8 cm; Hamburger Kunsthalle; Ders., „Eine reformierte Kirche“, Eichen-
holz 42 x 32,5 cm, Hamburger Kunsthalle; Gerrit Berckheyde (1638–1698), „Die Bavokerk in Haar-
lem“, Malerei auf Eichenholz 51,5 x 39,8 cm, Hamburger Kunsthalle; Adolf Friedrich Teichs, „Kaiser
Karl V. am Grabe Luthers“, Lutherhalle Wittenburg; Stadtkirche Glückstadt, Emporengemälde, „Be-
schneidung“, Detail aus dem Bilderzyklus in Anlehnung an den Kupferstich von Hendrik Goltzius –
s.o.
158
Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 1, Kreis Kempen, Geldern, Moers, Kleve, Düsseldorf
1892, S. 448, Abb. 10. – De Nederlandse Monumenten van geschiedenis en kunst, Deel II, De Pro-
vince Utrecht, Eerste Stuk, De Gemeente Utrecht, De Dom van Utrecht, Gravenhage 1965, S. 228 f.,
352. – H. Schmidt, Ludwig Dettmann, in: Nordelbingen 19 (1950), S. 53, 120. – Die Bau- und
Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam, a.a.O., S. 113. – Danmarks Kirker, Ribe Amt, 2. Bd.
Kopenhagen 1974, S. 1087.
159
H. H. Mann, Optische Instrumente, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion. Hg. H. Holländer, a.a.O.,
S. 357–407, S. 381, Abb. 19.
160
Mus.-Kat. Rijksmuseum het Catharijneconvent, Utrecht 1983, S. 78 f.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 41

2. Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze des 16. bis 18. Jahr-
hunderts in Norddeutschland

2.1 Bronze und Messing als Werkstoff für Kronleuchter

Die hier in Betracht gezogenen Schaftkronleuchter Norddeutschlands und der Ost-


seeanrainerstaaten sind überwiegend aus Messing, wenige möglicherweise aus (mo-
difizierter) Bronze gegossen. Die Werkstoffe Messing und Bronze gehören zu den
Buntmetallen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Legierungen aus Kupfer
(55-90 %) und Zink (45-10 %) für Messing oder Zinn für Bronze. Das Mischungsver-
hältnis dieser Rohstoffe und der Prozess ihrer Veredelung bestimmen die Farbgebung
und Eigenschaften der oben genannten Werkstoffe. Ihre Herstellung, bei der rotes
Kupfer in gelbfarbenes Messing reversibel verwandelt wird, beschreibt Biringuccio im
16. Jahrhundert als „alchimistisches Kunststück“.161

Häufig werden diese Beleuchtungsgeräte, die im Baukastenprinzip aus gezählten und


speziell markierten kleinteiligen Modulen zusammengefügt werden – wie auch weni-
ge Stand- und Osterleuchter oder handliche Wand- und Tischleuchter – als Gelb-
gussarbeiten bezeichnet und so auf Grund ihrer Materialzusammensetzung und Fer-
tigungstechnik von den monumentalen siebenarmigen Standleuchtern unterschieden.
Letztere werden in der Regel dem Bronzeguss zugerechnet, können aber auch aus
Messing gefertigt sein.162

Die Hänge- oder Schaftkronleuchter und die kleineren Stand- oder Wandleuchter aus
Messing variieren farblich je nach Legierung des Buntmetalls von kupferrot, rotgelb,
rein- und hellgelb, goldfarben bis hin zu weißlich oder silbergrau.

Die Verarbeitung von Messing und Bronze ist nicht an den Ort des Bergbaus gebun-
den.163

161
Vannoccio Biringuccio, De la pirotechnia, Libri X, Venedig 1540, dt. Übers. Braunschweig 1925, S. 79
ff. – Z. Lovag, 1979, S. 51 ff. – W. D. Wixom, 1986, S. 75. – Modell und Ausführung in der Metall-
kunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum München (1989), S. 8 f. – W. Hofmann, Die Kron-
leuchter der Klosterkirche zum Heiligen Kreuz der Hansestadt Rostock, Befunddokumentation, Res-
taurierungsplan, Wolgast 1997. – R. A. Peltzer, 1909, S. 12. – Z. Lovag, Mittelalterliche Bronze-
kunst, Budapest 1979, S. 51 ff. – Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches
Nationalmuseum München 1989, S. 8. – T. Raff, 1994, S. 15 und Anm. 25.
162
R. A. Peltzer, 1909, S. 21. – W. D. Wixom, Nürnberger Messingarbeiten, 1986, S. 75.
163
H. Schmidt/H. Dickmann, Bronze- und Eisenguss. Bilder aus dem Werden der Gießtechnik, Ein Be-
richt über die „Historische Sonderschau der Internationalen Gießereifachmesse 1956“, Düsseldorf
1958. – Mittelalterliche Bronzen, Bilderhefte des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (1960),
S. 4. – H.-G. Griep, 1961, S. 110. Entgegen der häufigen Darstellung, dass in erster Linie fremdes
Kupfer zur Messingproduktion gehandelt werde, beschreibt Griep für die Metallverarbeitung im Harz
die Verwendung einheimischen Kupfers und Zink. Und er führt weiter aus, dass es anfangs Schwie-
rigkeiten bei der Verhüttung gegeben habe und Galmeierz importiert wurde, obschon seit dem Mit-
telalter Galmei-Hütten im Harz nachweisbar seien. – O. Werner, Analyse mittelalterlicher Bronzen
und Messinge, 1977. – A. Timm, Die Bedeutung des Mansfelder Kupfers zwischen 1500 und 1630,
in: Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–1650. Hg. H. Kel-
lenbenz, 1977, S. 184–189. – W. D. Wixom, 1986, S. 76.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 42

Die rötliche Farbe des Kupfers bleibt sowohl bei einer Legierung mit Zink (1-7 %) als
auch mit Zinn erhalten (vgl. Kronleuchter mit gekröntem heraldischem Doppel-Adler,
bewaffneten Subfiguren auf der unteren Nutenscheibe und Löwenkopf-Maske
/Leuchterarm im südlichen Querhaus der Evangelischen St. Severin-Kirche in Ham-
burg Kirchwerder). Der Zusatz von Zink verleiht – bei einem Anteil zwischen zwei
und vier Prozent – der Bronze ähnliche physikalische Eigenschaften wie Messing und
die Möglichkeit, eine ausdruckstarke Patina anzusetzen. Messing gilt als korrosions-
beständig – werden Anteile von Zinn hinzugefügt, entstehen Übergänge zur Bronze.

Ein prozentual steigender Anteil von Zink bewirkt bei der Legierung mit Kupfer insbe-
sondere dessen Farbveränderung von Rot nach Gelb sowie eine Differenzierung der
gelben Farbtöne, wobei ein Über- oder Unterschreiten der hinzuzufügenden Anteile in
weißliche oder rötliche Farbtöne umschlagen kann. So entspricht Messing bei einem
50-prozentigen Zinkgehalt optisch dem Edelmetall Gold. Messing ist jedoch wesent-
lich kostengünstiger, da unter anderem in größeren Mengen verfügbar; denn einige
Bestandteile des Buntmetalls fallen quasi als Abfälle bei der Gewinnung von Silbererz
an.164

Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten werden die physikalischen Eigenschaften des


Kupfers als Hauptbestandteil des Messings und der Bronze, das heißt Härte und
Dehnbarkeit geschätzt. Kupferlegierungen besitzen eine bestimmbare Beschaffenheit
und eignen sich daher als Gebrauchsmetall. Die Bearbeitungsfähigkeit mit Schneide-
werkzeugen (Feile u.a.) kann durch Zusätze von Blei verbessert werden.

Messing ist leicht und blasenfrei zu gießen, da es dünn fließt. Es ist deshalb für Ar-
beiten nach einem Modell im Formkasten geeignet und infolgedessen als hauptsächli-
cher Werkstoff für die im Baukastensystem konzipierten neuzeitlichen Schaftkron-
leuchter anzusehen. Wobei von den üblichen drei Arten des so hergestellten Guss-
messings die als „cuivre poli“ bezeichnete Legierung mit einem Zinkanteil von we-
nigstens dreißig bis gut fünfzig Prozent für Schaftkronleuchter des 16. bis 18. Jahr-
hunderts in Norddeutschland in Frage gekommen sein dürfte. Dieses Mischungsver-
hältnis zeichnet sich durch besonders scharfe Güsse, schöne Farben und Politurfähig-

164
„Verfügbarkeit des Messings“ ist hier nicht im Sinne konstanter Bezugsquellen von Kupfer als Be-
standteil des Werkstoffes „Messing“ zu verstehen. Gleichwohl scheinen Angebot und Nachfrage un-
verändert hoch, werden aber erheblich von wirtschaftspolitischen Faktoren beeinflusst. Neben Ver-
änderungen auf dem Finanzsektor, das heißt Zahlungsverkehr und Preisentwicklung sowie logisti-
scher Aufgabenstellungen, gibt es unterschiedlich starke Erschöpfungen der bekannten Erzlagerstät-
ten. Dazu K. Glamann, Japanese Copper on European market in the 17th century, in: Schwerpunkte
der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–1650, 1977, S. 280–289, insbes.
S. 286. Hier wird der Einfluss von Amsterdam auf den schwedischen Kupferhandel angesprochen. Es
ist dabei zu vergegenwärtigen, dass der Handel Antwerpens zwischen 1649–1792 zum Erliegen
kommt, als die Niederlande die Schifffahrt auf der Schelde unterdrücken. – R. Hildebrandt, Augsbur-
ger und Nürnberger Kupferhandel 1500–1619, Produktion Marktanteile und Finanzierung im Ver-
gleich zweier Städte und ihrer wirtschaftlichen Führungsschicht, in: Schwerpunkte der Kupferproduk-
tion und des Kupferhandels in Europa: 1500–1650, 1977, S. 190–224. – H. Pohl, Kupfergewinnung,
Kupferverarbeitung und Kupferhandel im Aachen-Stolberger Raum von 1500–1650, in: Schwerpunk-
te der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–1650, 1977, S. 225–240. – K.
Kumlien, Staat, Kupfererzeugung und Kupferausfuhr in Schweden 1500–1650, in: Schwerpunkte der
Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–1650, 1977, S. 241–259, insbes. S. 242,
245, 248 ff.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 43

keit aus und trägt so der Plastizität modellierter Motive Rechnung.165 Abweichungen
davon können neben Stilmerkmalen auf unterschiedliche Provenienz sowie auf Er-
gänzungen oder Replikate hindeuten.166

Demgegenüber weisen im 19. Jahrhundert Schaftkronleuchter aus Messingblech eine


einheitliche Gelbfärbung auf.

Der Messingguss erlaubt eine beliebige Wiederholung von Formen und Motiven und
damit eine gesteigerte Produktion, wodurch die kunsthandwerkliche Authentizität
deutlich herabgesetzt wird. Andererseits dokumentiert der Bestand an Schaftkron-
leuchtern, dass eine Wiederholung von Formen und Motiven die Vielfalt nicht aus-
schließt. Es sind nur wenige Schaftkronleuchter erhalten, die annähernd gleich sind.
Etliche Exemplare wirken kongruent und weisen bei näherer Betrachtung deutliche
Unterschiede auf.167

Im Gegensatz zu Messing, das sowohl im kalten als auch im heiß-flüssigen Zustand


verarbeitet werden kann, ist die Erzeugung und Verarbeitung von Bronze aufwendi-
ger. Sie schmilzt schwer, und beim Erstarren scheiden sich leicht die Legierungen
verschiedener Zusammensetzung voneinander. Sofern der Bronzeguss nicht ein-
wandfrei beherrscht wird, kann die Qualität des Endproduktes erheblich gemindert
sein.

Zum Teil können die Werkstoffe Messing oder Bronze durch andere Materialien er-
setzt oder ergänzt sein. Darunter kommen wenige Schaftkronleuchter aus Messing
vor, die feuervergoldet oder mit Silberblech beschlagen sind.168 Aus Zinn gegossene
Beleuchtungsgeräte dieser Art sind nur in geringer Zahl bekannt. Andere Beispiele,
die in der Formgebung den gegossenen und geschmiedeten Kronleuchtern sehr ähn-
lich sein können, bestehen aus Eisen, gedrechseltem, beschnitztem und gefasstem
Holz oder Bernstein.169 Dieses fossile Harz ist seiner chemischen Struktur nach ein

165
L’art du cuivre, Ausst.-Kat. Musée de la Byloke Gent (1961), S. 54 f.
166
O. Volbehr (Hg.), Die Christkirche in Rendsburg=Neuwerk. Festschrift zur Feier des 200-jährigen
Jubiläums der Kirche am 15. Juli 1900, Kiel 1900, S. 14: „Von besonders schönen Formen sind die
drei im Gange vom Thurm bis zum Altar hängenden Kronleuchter aus Bronze, die älter sein dürften
als die Kirche selbst, über deren Ursprung nichts zu ermitteln ist. „Dieselben sind jetzt um zwei neue
in derselben Weise von der Firma Riedinger in Augsburg hergestellte vermehrt ...“ - Die drei ur-
sprünglichen Kronleuchter und Motive in der Christkirche (von Westen nach Osten, Ende 1990er Jah-
re): Jupiter/Adler, heraldischer Doppel-Adler und Caritas. In den Archivalien ist von Messing- und
nicht von Bronzeleuchtern die Rede – Charles Coleman Entwurfsmappen 1963. – Vgl. auch Fundus
und Firmengeschichte einzelner Metallgießereien. – Der Landsknechtkronleuchter, wohl 16. Jh., der
evangelischen Kirchengemeinde Oederquart wurde 2002/03 überarbeitet und die fehlende Löwen-
kopf-Maske ergänzt. Sowohl die Gussqualität des Kronleuchters und des Unterhanges unterscheiden
sich als auch die längliche Kopfform und Plastizität des Fanges dieser Maske von jenen an vergleich-
baren Kronleuchtern der evangelischen Kirchen in Steinkirchen/Elbe (inschriftlich 1654 gestiftet) und
Bad Bevensen. Nach letzterem Landsknechtkronleuchter wie auch vom Kronleuchter „Büttel“
(inschriftlich 1572) in Otterndorf/Cuxhaven sind im letzten Viertel des 20. Jh. Replikate entstanden.
167
Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum München
(1989), S. 7.
168
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Schwerin, I. Bd., Rostock, Ribnitz, Sülze-
Marlow, Tessin, Laage, Gnoien, Dargun, Neukalen, 2. verb. und verm. Aufl., Schwerin 1898, S. 127.
– Danmarks Kirker, Kobenhavn, 1. Bd., Kopenhagen 1954–1958, S. 693 ff.
169
O. Pelka, Die Meister der Bernsteinkunst, in: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum
Nürnberg (1916), S. 113 f. und Taf. XVIII und XIX. – T. Raff, 1994, S. 137 (Anm. 167).
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 44

brennbares Polyester. Es erinnert nicht nur in seiner gelblichen bis rötlich-braunen


Färbung an die vorzustellenden Kronleuchter aus Messing oder Bronze, sondern ent-
spricht bei geeigneten Bearbeitungstechniken auch deren Aufbau und Formgebung.
Eine Kombination mehrerer Materialien ist ebenfalls möglich (Abb. 51, 52).

Dass die Verbreitung und der Bestand der Kronleuchter aus Messing dennoch sehr
viel größer ist, dürfte also einerseits auf die Materialeigenschaften und veränderten
Produktionsprozesse im 16. Jahrhundert, andererseits und nicht zuletzt auf die mit
Gold und Bronze assoziierten Werte zurückzuführen sein. Bronze wurde wegen seiner
Beständigkeit auch als aes aeternum bezeichnet, so wie Gold – seit Plinius d. Ä. (um
23/24–79 n. Chr.) – zugleich Licht, Beständigkeit und Ewigkeit bedeutete.170

2.1.1 Theorien zur Herstellung von Schaftkronleuchtern – Formguss und/oder Wachs-


ausschmelzverfahren mit verlorenem Modell

Weder das Material noch das Aufgabengebiet, sondern zuerst die handwerklichen
Techniken führen Hüseler zufolge zu einer Differenzierung der Metall verarbeitenden
Berufe und Berufsbezeichnungen – wie zum Beispiel Rotgießer oder Gelbgießer. Hü-
seler beschreibt dies in seiner Studie zum Amt der Rotgießer in Hamburg für das 16.
und 17. Jahrhundert. Ihre Institution galt unter den Metallgießern als oberste Instanz
im Niedersächsischen Reichskreis. Dieser Bereich der Kreiseinteilung Deutschlands
um 1500/1512 bezieht sich aus heutiger Sicht auf die Bundesländer Bremen, Ham-
burg, Mecklenburg, Niedersachsen sowie auf Teilgebiete Sachsen-Anhalts und
Schleswig-Holsteins.

Die Bezeichnung „Rotguss“ bezieht sich im Reich des späten Mittelalters und der Re-
naissance sowohl auf Bronze- als auch auf Messingarbeiten.171 Gelbgießern ist es
möglich, bedarfsorientiert für den Marktverkauf zu arbeiten, indem er seine Artikel
im Sandgussverfahren mittels Kastenformen herstellt.172 Dies ermöglicht zwar nur
Kleinteiliges, beinhaltet aber optisch positive Auswirkungen auf die Textur der Er-
zeugnisse.

Dies dürfte auch grundlegend für die Herstellung und große Ausbreitung der aus Mo-
dulen zusammengesetzten Schaftkronleuchter aus Metall des 16. bis 18. Jahrhun-
derts gewesen sein. Wobei für die Fertigung der Kronleuchterfiguren noch andere
Gussverfahren in Betracht kommen.

170
T. Raff, 1994, S. 15, 22 f. (Anm. 53), 66 (Anm. 267). – Möglicherweise spielten finanzielle Erwägun-
gen eine Rolle. – Vgl. betreff Umguss: D. Diederichs-Gottschalk, Die protestantischen Schriftaltäre
des 16. und 17. Jahrhunderts in Norddeutschland, 2004, S. 309.
171
R. A. Peltzer, 1909, S. 22 (Anm. 4). – K. Hüseler, 1922, S. 17. – Vgl. Großer Atlas zur Weltgeschich-
te, 1997, S. 97, Karte 2.
172
K. Hüseler, 1922, S. 2. – Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Natio-
nalmuseum München (1989), S. 11. – Zur Unterscheidung der termini technici, vgl. H. Drescher, Zur
Technik der Untersuchung bronzener Bildwerke, in: Restaurierung von Kulturdenkmalen, Berichte
zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Beiheft 2, Hg. H.-H. Möller, Hameln 1989, S. 370.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 45

Bei einem Gussverfahren nach einem Modell in einer zweiteiligen Form wird das ab-
zuformende Modell jeweils zur Hälfte in den zubereiteten Formsand eingebettet und
nach dem Abdruck wieder entfernt. Es bleibt somit für die mehrfache Wiederholung
des Gussverfahrens erhalten.

Indem die so als Model vorbereiteten Formkästen deckungsgleich aufeinander ge-


setzt werden, entsteht ein Hohlraum. Dieser wird vor dem Gussverfahren zum Teil
mit einem Kern ausgefüllt und über kleine Einflusskanäle mit flüssigem Metall ausge-
gossen. Diese entstehenden Gusskanäle werden anschließend mit Schabeisen, Feilen
und Schleifmitteln versäubert.173

Die Spindel eines Schaftkronleuchters entsteht ebenfalls nach Modellen, ist in der
Regel massiv gegossen und wird schließlich auf einer Drehbank überarbeitet. So wird
bei allen achsensymmetrischen Teilen dieses Kronleuchters verfahren, um eine
gleichmäßige Oberflächenwirkung zu erzielen. Die dabei entstehenden Drehrillen
bleiben mehr oder weniger stark sichtbar. Mittels der nachträglichen Bearbeitung
durch Feilen, Schleifen und Poliermittel wird der Eindruck der ebenmäßigen Oberflä-
che gesteigert. Schablonenartige Zierelemente werden aus einem Blech ausgestanzt
und mit Graviermeißel und Punzen abschließend bearbeitet.

Ein anderes Gussverfahren, dass für die Herstellung von Schaftkronleuchtern, das
heißt vor allem für ihren differenziert modellierten, vollplastischen Figurenschmuck in
Betracht gezogen wird, ist das Wachsausschmelzverfahren. Als qualitativ höherwerti-
ge Technik des Bildgusses ist an sich das „Wachsausschmelzverfahren in verlorener
Form“ (à cire perdu) für monumentale Kunstwerke bekannt. Für diese einmalig ge-
fertigten Statuetten wird das „direkte Wachsausschmelzverfahren mit verlorenem
Modell“ angenommen und für wiederholt verwendete Figuren liegt die Reproduktion
von Wachsmodellen mittels einer materialbeständigen Zwischenform nahe.174

Wie die Bezeichnung „verlorenes Modell“ erkennen lässt, bleiben bei diesem Verfah-
ren die im Interesse einer künstlerisch zartgliedrigen Gestaltung aus Wachs model-
lierten Plastiken während des Gussvorganges nicht erhalten.

Das Fehlen historischer Formen und Modelle einerseits175 sowie die beruflichen Über-
schneidungen zwischen Glocken- und Kronengießern andererseits deuten auf diese
Art der Fertigung. Für das Gros der stereotypen Kronleuchterfiguren auf Schaft-
kronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts wird von der kostengünsti-

173
Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum München
(1989), S. 12 f., nach: Denis Diderot/Jean le Rond d’Alembert, Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné
des siences, des arts et des métiers, 17. Bde., Paris 1751–1765. Recueil de planches, 11 Bde., Paris
1762–1765. – W. Hofmann, Die Kronleuchter der Klosterkirche zum Heiligen Kreuz der Hansestadt
Rostock, Befunddokumentation, Restaurierungsplan, Wolgast 1997.
174
U. Mathies, 1998, S. 21 ff. – C. Schneider, Die Gusstechnik, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion,
2000, S. 673–687, insbes. S. 682.
175
Im Rahmen von Besichtigungen 1996 und 1997 der Betina Roß GmbH Restaurierungen in Hamburg
wird im Zusammenhang mit der Instandsetzung eines Kronleuchters aus Messing von 1633 das Feh-
len historischer Formen als genereller Mangel angesprochen.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 46

gen Variante des Wachsausschmelzverfahrens auf der Grundlage einer materialbe-


ständigen Zwischenform auszugehen sein.

Die Topfigur „Römischer Soldat“ (Abb. 56), die im folgenden Kapitel eingehender zu
betrachten sein wird, gehört an sich formal zu den stereotypen Bekrönungen, die
sich durch eine subtile Modellierung und wenige Gravuren auszeichnen. Proportional
und im Detail können stilistische Abweichungen auftreten – wie zum Beispiel in der
Modellierung des Brustpanzers. Die grundverschiedene Gestaltung dieses Figuren-
typs auf zwei Kronleuchtern in der Evangelischen Stadtkirche St. Marien in Ber-
gen/Rügen (Abb. 63) legt stilistische Verbindungen der Bekrönung des östlichen
Kronleuchters zum Gros vergleichbarer Exemplare in Niedersachsen und Schleswig-
Holstein, das heißt zum damaligen Niedersächsischen Reichskreis nahe. Demgegen-
über lässt die gedrungene Gestalt der Figuren auf dem westlichen Kronleuchter in
Bergen/Rügen und jener auf dem westlichen Kronleuchter in der Evangeli-
schen St. Marien-Kirche in Barth/Vorpommern (Abb. 54) eine andere Provenienz ver-
muten.

Inwieweit ein weiteres der anderen hier thematisierten Motive auf Kronleuchtern –
gemeint sind die drei unterschiedlichen Gruppen von Landsknecht-Figuren (Abb. 68-
79) – eine kunsthandwerkliche Herstellung oder aber die Intention differenzierter
Bedeutungsgehalte widerspiegelt, soll im folgenden Kapitel erörtert werden.

Die Frage der Fertigungstechnik stellt sich auch bei anderen Modulen: Ob die Technik
des Wachsausschmelzverfahrens nach einer materialbeständigen Zwischenform bei
der Fertigung von Tier-/Löwenkopf-Masken, das heißt für Unterhänge an Schaftkron-
leuchtern der Renaissance Anwendung gefunden hat, wird weiter unten anhand der
aufgezeigten Quantität, Qualität und der Verbreitung dieser Masken zu differenzieren
sein. Denn das dort vorgestellte Spektrum an Löwenkopf-Masken reicht von wenigen
malerisch-plastisch modellierten bis hin zu extrem stilisierten und bisweilen stark
ziselierten Exemplaren. Es ist insofern eine stilistische Korrelation zu den jeweiligen
Topfiguren festzustellen, als dass sowohl an Bekrönungen als auch an Unterhängen
der Umfang der Endbearbeitung mittels Gestalt gebender Gravuren in dem Maße
steigt wie die differenzierte Ausarbeitung des Gussmodells reduziert ist.

Im Verhältnis zur Vielzahl an stereotypen Modulen und Topfiguren von Schaftkron-


leuchtern könnte die als Büste bisher einmal erhaltene und fein modellierte Bekrö-
nung „Salvator mundi“ des Schaftkronleuchters (1557) der Evangelischen St. Marien-
Kirche in Stralsund (Abb. 88) auf einen Guss mit verlorenem Modell, das heißt ein
Formmaskenverfahren, hindeuten. Anhand der beiden Hälften der Büste mit ihrer
„als Weichlötung ausgeführten Fügenaht auf der Unterseite und auf der Oberseite“
stellt Hofmann bei der Restaurierung dieses Kronleuchters fest, „dass die zwei Hälfen
der Figur schon als Wachsmodell, nach Fertigung des Wachsrohlings in einer Form
weiterbearbeitet wurden. Der zweiteilige Strahlenkranz ist in den Nahtverlauf integ-
riert und zusammen mit den beiden Hälften der Figur verlötet.“176

176
Beschreibung nach W. Hofmann, Werkstatt für Metallgestaltung und Restaurierung in Wolgast.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 47

Lokalgeschichtlich wird ein Zusammenhang zwischen diesem inschriftlich früh datier-


ten Schaftkronleuchter und dem aktenkundlich 1560 erwähnten Metallgießer Frantz
Bolte in Stralsund vermutet. Er verkaufte im Jahre 1576 auch einen Kronleuchter
nach Wismar.177 Was in diese um die Jahrhundertwende vorgenommene und veröf-
fentlichte Verknüpfung von Fakten nicht einbezogen wurde, ist eine nähere Betrach-
tung der frühneuzeitlichen Schaftkronleuchter aus Metall in Wismar. Eine Vor-
kriegsaufnahme des Innenraumes der dortigen Evangelischen St. Georgen-Kirche
zeigt eine Halbfigur als Bekrönng eines Schaftkronleuchters im Chor wie jene des
Kronleuchters „Salvator mundi“ (1557) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in
Stralsund.

Inwieweit die zur Fertigung eines Schaftkronleuchters erforderlichen Modelle zum


Beispiel von Bildschnitzern übernommen oder möglicherweise zum Teil anhand von
Reproduktionsgraphiken der Kleinmeister direkt von den Metallgießern geschaffen
wurden, ist für Norddeutschland bisher nicht erforscht. Es gibt einzelne Beispiele, die
eine Kooperation von Skulpturen und Metallgießern erkennen lassen.178

Für Objekte aus unedlem Metall gibt Seelig zu Bedenken, dass die physikalischen
Eigenschaften der unedlen Metalle keine spontanen Gussverfahren gestatten, son-
dern dass die so hergestellten Gegenstände und Motive das Resultat einer Arbeitstei-
lung seien.179

Angesichts der gegenwärtigen Erkenntnisse zur Fertigung von Schaftkronleuchtern


aus Metall bleibt festzuhalten, dass der Fertigungsprozess unterschiedlich sein konn-
te. So stellt Hofmann im Zuge der Befunddokumentation und Restaurierung der
Kronleuchter in der Kirche „Zum Heiligen Kreuz“ in Rostock fest: „Bei der Herstellung
der Leuchter kamen mehrere Verfahren der Guss- und Schmiedetechnik zur Anwen-
dung, die noch heute an den unterschiedlichen Werkspuren ablesbar sind ...“. Einzel-
heiten seien vielfach erst nach der Demontage des Kronleuchters erkennbar.180

Dass bestimmte Schadensbilder auf Schwachstellen in der Materialzusammensetzung


von Kronleuchtern und auch auf die Gusstechnik hindeuten könnten, lässt sich ge-
genwärtig noch nicht sagen. Denn in der Regel werden die Beeinträchtigungen des

177
Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stralsund, Heft IV, Der Kreis Rügen, Stettin 1897, S.
450.: „Als ein apungeter“ in Stralsund wird 1560 ein Frantz Bolte genannt; er hat 1576 einen Kron-
leuchter nach Wismar verkauft und könnte vielleicht auch dieses Werk von 1557 (das heißt den
Kronleuchter Salvator mundi“) ausgeführt haben, Str. Chr. III, S. 102, Schlie, Kunstdenkm. v. Meckl.
II. S. 60).“ – Möglicherweise gehört ein weiterer dazu: Von diesem Kronleuchter aus Messing des
ausgehenden 16. Jh. in der evangelischen Kirche in Kühlungsborn (vormals Brunshaupten) ist bisher
nur bekannt, dass dieser „beachtenswert ist .. mit einer langen Reihe von Stifternamen aus dem
Jahre 1597“. Dieser qualifizierenden Beurteilung wäre angesichts der Einschätzung und Datierung
ebenfalls auf eine mögliche Provenienz der Werkstatt Frantz Boltes nachzugehen. Siehe Kunst- und
Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, III Bd., 2. Aufl. 1900, S. 5.
178
„Den 6 Octobris Jost Roggen betaltt vor S: Catharinen bilde so up der Kronen steitt tho snidende,
dar nha gegaten Iß 2 mk“, s. Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg.
Hamburg (1956), S. 132.
179
Modell und Ausführung in der Metallkunst, Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum München
(1989), S. 7–39.
180
W. Hofmann, Die Kronleuchter der Klosterkirche zum Heiligen Kreuz der Hansestadt Rostock, Be-
funddokumentation, Restaurierungsplan, Wolgast 1997.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 48

Erhaltungszustandes von Schaftkronleuchtern auf äußere Faktoren zurückgeführt.


Die nachteiligen Einwirkungen können bei unsachgemäßer Aufhängung, Nutzung,
Pflege oder Instandsetzung erfolgt sein. Gleichwohl dürften Fehler im Gussverfahren,
der Verschleiß mehrfach eingeschmolzener Werkstoffe oder raumklimatische Verän-
derungen ebenfalls in Betracht zu ziehen sein.

Demgegenüber werden Defekte an Schaftkronleuchtern des 19. Jahrhunderts aus


Messing auf eine im industriellen Herstellungsprozess begründete extreme Material-
spannung zurückgeführt.

Die Möglichkeit metallurgischer Untersuchungen wurde nach bisheriger Kenntnis nur


Mitte des 20. Jahrhunderts für die nahezu identischen Kapellenkronleuchter von Gos-
lar und Münnerstadt/Franken in Anspruch genommen. Das Projekt erlaubte damals
eine Eingrenzung auf die an der Erzgewinnung und Metallverarbeitung beteiligten
Gebiete. Eine genaue Aussage zu deren jeweiligem Anteil und Einfluss hinsichtlich
Gestaltung und Provenienz dieser Kronleuchter ermöglichten die Analysen jener Zeit
nicht.

„Einige an der Goslarer Krone entnommene Späne ergaben, dass einwandfrei Ram-
melsberger Erz das Rohmaterial für diesen Messingguss gewesen ist. Damit besteht
kein Hinderungsgrund für die vorstehend aufgeführten Leuchter Goslar als Entste-
hungsort anzunehmen. Es ist uns bewusst, dass mit den vorstehenden Ausführungen
noch kein abschließendes Resultat gewonnen werden konnte. Allzu dürftig ist noch
der Urkundenbestand des 15. Jahrhunderts gesichtet. Die metallurgische Untersu-
chung ist mit dem Unsicherheitsfaktor behaftet, dass im Maasgebiet ebenso Ram-
melsberger Kupfer verarbeitet worden ist, wie Galmei von der Maas im Harz.“181

Die Materialbezeichnung „Messing“ und Gewichtsangaben in Lot finden sich auf nur
wenigen Kronleuchtern.182

181
H.-G. Griep, 1961, S. 103–117.
182
Beispiele zum Gewicht von Kronleuchtern: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck,
Bd. IV, Die Klöster, Die kleineren Gotteshäuser der Stadt, Die Kirchen und Kapellen in den Außenge-
bieten ..., Lübeck 1928, S. 554: „Die Beleuchtungskörper der Kirche sind sämtlich aus Bronze ge-
gossen. – Kronleuchter: Die größte der vorhandenen drei Lichtkronen besteht aus einem von einem
Doppeladler gekrönten und unten in einen Doppel-Löwenkopf auslaufenden vielgegliederten Schaft
„... Auf dem die unteren Arme tragenden Schaftringe ist eingraviert: A0 1587 HEFFT // HER IOHAN
// SPANGENBERC // H: DISSE KRON // DER KERCKEN // TO SLVCKUP VOREHRET // WICHT 9
LISPV.“ – 1 Liespfund= Last, Schiffspfund=14 Pfund (6,766 kg) im Seehandel, 16 Pfund (7,735 kg)
bei Landfracht. Diese Einteilung variiert je nach örtlichem Gebrauch. Siehe dazu: K.-J. Lorenzen-
Schmidt, Kleines Lexikon alter schleswig-holsteinischer Gewichte, Maße und Währungseinheiten.
Neumünster 1990, S. 35. – Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Marien in Rendsburg, Kron-
leuchter-Inschrift (2. von Westen): 1647 HAT WEILANDT DER EHRNFESTE UND WOLL WEISER JA-
COB LENSCHE RATHSVERWANDTER DIESER STADT RENDSBURG UND SEINE LIEBE FRAW DIE EHR
UND VIEL TUGENTSAHME F. TOBEA LENSCHEN DIESE KRON ZV GOTTES EHR UND DER KIRCHEN
ZUR ZIERDE GEBEN UND VOREHREN WOLLEN – WICHT 343 PFUNDT. – Ev. St. Nikolaikirche in Kiel,
Kronleuchter; zum Exemplar von 1638 wird kein Gewicht angegeben, zum jüngeren von 1661: „Der
kleinere Kronleuchter ist im Jahre 1661 von den damaligen Kirchgeschworenen angeschafft; sein
Gewicht beträgt 495 Pfund. Über einen dritten, im Gewicht von 112 Pfund, welcher 1577 angekauft
ist und vor dem Chore gehangen hat, sind keine Nachweise des Verbleibs vorhanden.“ Siehe F. Vol-
behr, Beiträge zur Topographie der Stadt Kiel in den letzten drei Jahrhunderten, T. 1, Schloss und
Altstadt, in: Mitteilungen d. Gesell. f. Kieler Stadtgesch., H.3, Kiel 1881. – Beispiele zur Materialan-
gabe: Ev. Kirche Evensen, Kronleuchter-Inschrift: GOTT ZU EHREN UND ZUM CHRISTLICHEN NACH-
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 49

2.2 Morphologie, Konstruktion und Zierrat des Schaftkronleuchters – die


Besonderheiten des Winkelarmkronleuchters der Renaissance sowie des
Kugelkronleuchters des Barock

Eine vornehmlich morphologische Charakterisierung von Kronleuchtern scheint ur-


sächlich in der Bestandserfassung begründet, die im Zuge der Reformation, mit der
Säkularisierung von Klöstern und schließlich der Entstehung der evangelischen Lan-
deskirchen bei regelmäßigen Visitationen und der Erstellung von Kircheninventaren
erfolgte. Dabei werden Kronleuchter überwiegend nach ihrem geschätzten Ausmaß
als „groß“ oder „klein“, nach ihrem Werkstoff „Messing“ und der Anzahl der Kerzen-
tüllen oder Lichter erfasst. Die Konstruktion sowie figürliche und ornamentale Details
werden nicht beschrieben.183

Ob im Jahre 1733 oder gut 250 Jahre später – die Definition der Kronleuchter als
„Hängeleuchter mit Leuchterarmen“ und ihre Lokalisierung in „Kirchen, Rathäuser,
Wohnstuben und Festsäle“ legen nahe, dass für die Kenntnis und Beurteilung dieser
Beleuchtungsgeräte im Wesentlichen ihre Morphologie von Bedeutung sei. Typologi-
sche Studien bauen darauf auf, indem sie die Gestaltung der Kronleuchter als kunst-
handwerkliches Inventar anhand von Leuchteramen und Kerzentüllen zu Baustilen in
Beziehung setzen. Obschon formale und ästhetische Charakteristika einer Epoche
dabei selten dezidiert genannt werden, bietet die aufgezeigte Parallele zwischen Ar-
chitektur und Kunsthandwerk grundlegende Kriterien, um Veränderungen funktiona-
ler Qualitätsmerkmale und -unterschiede dieser Lichtträger benennen zu können.184

Dennoch bleibt es nicht aus, dass die mitunter zierlichen Schaftkronleuchter aus Me-
tall als Lichtkrone bezeichnet werden, obgleich dieser Terminus technicus die roma-
nischen Radleuchter als eine von mehreren Sonderformen der Kronleuchter bezeich-
net.185

DENKEN HAT DIESE MESSINGESKRONE IN DIESE KIRCHE VEREHRET CATHARINA AWEN CHRISTOF-
FER HOHMEISTERS SEHL(IG) GEWESENEN EINWOHNERS ZU OSTERN NACHGELASNE WITWE, 1667.
– Ev.-luth. St. Maria-Magdalenen-Kirche, Archiv, Nr. 963/878, 5.1.5, Inventarium Kirchliches Mobili-
ar 1700: „Eine Meßings Crohn mit neun Armen nahe bey der Cantzel hangend, welche seel(ig) Her-
mann Weltsien vorehret worden ...“, s. auch KR 1623/24 evangelische St. Petri-Kirche, Buxtehude.
183
Ev. Kirche St. Marien in Barth/Stralsund, Archiv 1156, Inventar 1658–1673. Im Jahre 1671 lauten
die Eintragungen: „3. Messingzeugk. 3 Krohnen sindt vorhanden, undt ermangelt an der kleinsten
nur 1 arm“. – KKrs. A. Husum-Bredstedt, Husum St. Marien, Varia, 232: (1763) „Zwischen denen
p:t: Vorsteher der Kirchen als Inger Nilsen, Jacob Friedrich Hansen, ... nebst dem Küster Johann Ge-
org Lützen, und dem angenommenen Bälgetretter Peter Bennig ist folgender Contract aufgerichtet
und geschlossen, als (unter 23 Punkten ist an 12. Stelle zu lesen) Bey Öfnung, und Schließung der
Kirch Thüren fleißig nach den Cronen und .. zu sehen und zu visitiren, und so bald etwas fehlet, so
gleich dem Vorsteher des Kirchen=Bau=Registers davon Nachricht geben“.
184
Großes Universallexikon aller Wissenschaften und Künste, welche bisher durch menschlichen
Verstand und Witz erfunden und verbessert worden (...). Bd. VI. Halle/Leipzig 1733, Sp. 1722. –
Landesausstellung Niedersachsen 1985, Stadt im Wandel, Kunst und Kultur des Bürgertums in Nord-
deutschland 1150–1650, Bd. 1, Ausst.-Kat. Braunschweigisches Landesmuseum, 1985, S. 264, Kat.-
Nr. 202.
185
D. Diederichs-Gottschalk, 2004, S. 309.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 50

Nach monumentalen Radleuchtern (Abb. O) oder Lichtkronen der Romanik186, den


aus mehreren übereinander gesetzten Lichtreifen wie eine Tiara187 geformten Ex-
emplaren und nach Sonderformen gotischer Hängeleuchter (Abb. 7, 12, 13), die in
der Regel aus einer Zentralfigur und einem architektonischen Rahmenwerk aufge-
baut sind, durchweg kurze und irreversible Halterungen für Wachslichter tragen und
insgesamt hauptsächlich über einen kultischen Verwendungszusammenhang definiert
werden, treten während der Spätgotik bereits Schaftkronleuchter mit Bekrönungsfi-
guren auf. Die daraus unter anderem entwickelten Winkelarmkronleuchter der Re-
naissance sowie die Kugelkronleuchter des Barock bilden die Basis für ein umfangrei-
ches Bildprogramm.

Erste Anhaltspunkte zum Vorkommen bestimmter Topfiguren bieten morphologische


und konstruktive Charakteristika der Schaftkronleuchter.188

Die Typenbezeichnung „Schaftkronleuchter“ weist auf das Mittelstück, das heißt den
Schaft oder die Spindel (Abb. 15-17, 26) als wesentliches Merkmal ihrer Morphologie
hin, das über einer Eisenstange aufgezogen und nach oben über einen Keil (Abb. 38)
gesichert ist. Das Zentralgestänge kann auch aus gezogenem Material gebildet sein,
wo am oberen Ende ein geschnittenes Gewinde und die Aufhängeöse direkt mitein-
ander verschraubt sind. Diese wiederum kann in ein größeres, gegebenenfalls orna-
mental geschmiedetes Eisengestänge189 oder in ein Seil mit gefassten Holzkugeln
eingehängt sein.190

Aus der Vielzahl an unterschiedlichen Aufhängeösen (Abb. 39 ff.) – Ringe, Dreipass-,


Hufeisenform und andere Motive – tragen einige eine Jahreszahl und den Namen des

186
T. Raff, 1994. S. 61 ff.
187
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, Hg. H.
Beseler, Neumünster 1979, S. 310, Abb. 755 (Rüllschau, ev. Kirche, Lichterkrone). – E. Schlee, Altes
Schmiedewerk in Schleswig-Holstein, Heide 1979, Abb. 27 (Taarstedt, evangelische Kirche, Lich-
terkrone, 15 Jh. – Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schleswig, Schloss Gottorf).
188
B. Bucher, 1893. – H. Lüer/M. Creutz, 1909. – S. Erixon, 1943. – K. Jarmuth (1967).
189
LAS Abt. 7, Nr. 6091, Nr. 53 „Inventarium Der Hochfürstlichen Thumb=Kirchen (Dom zu Schleswig)
Nebenst Andern Dazu Gehörigen Gebäuden, Brücken und Schlagbäumen. A(nn)o 1706.“ S. 4: „Die 3
großen Meßinge Crone, welche im mittels großen Gange hangen, werden die mittler mit gedoppelte
Arms, nebst die Zierrathen ümb die lauffe und die darümb Schmucke ...“ Diese Eintragung wäre
durch eine weitere zu ergänzen, s. Archiv der Domgemeinde Schleswig, Akte Nr. 86, Inventar des
Doms 1763–1880: (3 Kronleuchter) „an eisernen gewundenen Stangen“. – Oder wie zum Beispiel:
Danmarks Kirker, Frederiksborg Amt, 2. Bd. (1967), S. 954,956, Abb. 35, S. 1226, Abb. 13 und
S. 1228. – Danmarks Kirker. H. 16–17, Kobenhavn. Garnisons Kirke (1994), S. 276, Abb. 74 f. –
Siehe zum Beispiel auch Kronleuchter der evangelischen Kirchen in Grimmen/Mecklenburg-Vorpom-
mern (17. Jh.) und Grundhof/Schleswig-Holstein (1772). – Die so genannte Lichterkrone (1663) –
die diesem terminus technicus nicht gerecht wird – in der evangelischen Kirche zu Ueter-
sen/Schleswig-Holstein entspricht in der ornamentalen Gestaltung und im Material dem Gestänge
aus Schmiedeeisen, das an sich der Aufhängung von Kronleuchtern aus Messing oder Bronze dient.
Vorbilder und wechselseitige Beeinflussungen dürften Hutständer, Gittertüren bzw. Altar- und Chor-
gitter und anderes Schmiedehandwerk geboten haben. s. E. Schlee, Altes Schmiedewerk in Schles-
wig-Holstein, Heide 1979, Abb. 28.
190
Zum Beispiel: Evangelische St. Marien-Kirche zu Barth, Archiv, Nr. 161, Belege zur Rechnung für das
Jahr 1860: „Die Kronleuchter-Kette, die Knöpfe vergoldet, die Stangen mit Oelfarbe dunkelgrün ge-
strichen.“
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 51

Gießers.191 Darüber hinaus sind kaum mehr als vier Beispiele von Messingkronleuch-
tern bekannt, die an anderer Stelle eine Marke oder einen Stempel tragen.192 Haus-
zeichen können vorkommen, sind aber bisher nicht entschlüsselt und zugeordnet.
Die Aufhängeösen barocker Kronleuchter weisen keine Namen auf, denn die Kugel
dieser Leuchter bietet Raum für Inschriften. Zwei Sorten an Aufhängeösen der baro-
cken Kugelkronleuchter aber tragen beidseitig ein Löwenkopf-Maskaron. Löwenkopf-
Masken an Beleuchtungsgeräten sind an sich als vollplastischer Unterhang an Kron-
leuchtern der Renaissance üblich.

Je nach Größe193 und Gliederung des Schaftes aus wechselnd wulstigen oder bauchi-
gen, eingezogenen, zylindrischen oder balusterartigen Formen können an den dazwi-
schensitzenden, konstruktiv notwendigen Nutenscheiben mindestens vier oder insge-
samt bis zu dreißig Leuchterarme oder sechsunddreißig Lichter194 sowie eine Anzahl
von Zierelementen als einzelne Module axialsymmetrisch angeordnet sein (Abb. 22,
23). Der Durchmesser des Schaftkronleuchters, der sich aus der Spannweite der
Leuchterarme des unteren Lichtkranzes ergibt, entspricht annähernd der Höhe der
Spindel. Die Leuchterarme sind nicht mehr ranken- oder schablonenartig, sondern
körperhaft geformt. Ein Auflager in figürlicher oder geometrischer Gestalt schließt die
Spindel nach unten hin ab (Abb. 16, 17, 21).

Ein weiteres Kennzeichen ist das Prinzip der reversiblen Befestigungstechnik sämtli-
cher Kronleuchter-Module. Es wird seit der Spätgotik über Jahrhunderte hinweg bei-
behalten. Nur die Formen der Nuten wechseln in Entsprechung zur Morphologie der
Schaftkronleuchter und der sich daraus ergebenden Gewichtsverteilung. Die Verbin-

191
Es fällt auf, dass unter den wenigen inschriftlich genannten Namen der Metallgießer auf Kronleuch-
tern des 16. Jh. die Daten auf die Aufhängeösen graviert sind, Ev. St. Petri-Kirche in Buxtehude,
Kronleuchter „Gekrönter heraldischer Doppel-Adler und Löwenkopf-Maske“: DORCH DAT FVR BIN
ICK GEFLATEN HANS BARS HEFT MI GATEN ANO 1589. – Evangelische St. Marien-Kirche zu Barth,
Kronleuchter „Greif und Löwenkopf-Maske“: DOMINICUS SLODT 1590. – Demgegenüber können im
17. und 18. Jh. die Namen der Hersteller auf die Kugel graviert sein, Ev. Kirche Holzminden-
Altendorf, Kronleuchter 1704 „M. B. J. HELMAN“; Ev. Kreuzkirche/Marktkirche Hannover (vorm. in
Ägidienkirche), Kronleuchter 1720, 1747 und 1753 bez. „Meister HINRICH MEIER“. – Evangelische
Kirche Lotte/Tecklenburg, Kronleuchter: „Hermanns Sternemann MEVESIT 1777 Rotterdam“, s. Fo-
todokumentation Firma Paul Oelmann & Sohn, Bielefeld.
192
Die Fotodokumentation (1977) der Firma Paul Oehlmann & Sohn, Bielefeld enthält unter anderem:
Eine Aufnahme eines Kugelkronleuchters (um 1732) der evangelischen Kirche in Horsten/Ostfries-
land, dessen Aufhängeöse das Signum „E E“ über „V“ trägt; ferner eine Fotografie eines weiteren
schlichten Ringes als Aufhängung mit Stempel eines Kronleuchters in Groningen „WED (hochgestell-
tes) w (und als zweite Zeile darunter) G.V. DELDE(R?)“. Ob anhand der markierten Aufhängeösen
auch die Provenienz jener unsignierten Kronleuchter mit vergleichbaren Hängevorrichtungen zu
bestimmen sein wird – wie seitens einiger Werkstätten für Metallgestaltung angenommen wird – wä-
re noch zu überprüfen.
193
Die Höhe – vom Unterhang bis zum Scheitelpunkt der Aufhängeöse – vollständig erhaltener
Schaftkronleuchter aus Metall des 16. bis 18. Jh. in Norddeutschland beläuft sich in der Regel bei
entsprechenden Exemplaren der Renaissance auf minimal ca. 0,70, in der Regel 0,90 bis maximal
ca. 1,10/1,20 Meter. Die Kugelkronleuchter des Barock sind dort in der Regel zwischen 1,20 und
1,70 Meter hoch.
194
Schaftkronleuchter aus Messing der Renaissance mit einer Höhe bis zu 1 Meter besitzen gewöhnlich
einen Lichtkranz aus 6 oder 8 Leuchterarmen. Proportional zur Höhe eines Kronleuchters können so-
wohl die Anzahl der Leuchterarme und jene der daran befestigten Kerzentüllen als auch die Zahl der
Lichtkränze steigen. Siehe Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig. Stadt Wol-
fenbüttel, 1904, S. 66.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 52

dungen reichen von offenen Führungsschienen am oberen Rand der noch konsolartig
endenden Spindel während der Spätgotik und frühen Neuzeit über Schwalben-
schwanzverbindungen an den flacher werdenden Nutenscheiben von Kronleuchtern
der Renaissance bis hin zur Zapfenkonstruktion an barocken Kugelkronleuchtern.
Dabei sitzt die zur Einhängung und Befestigung erforderliche Negativform nicht mehr
wie zuvor am Rand der Nutenscheiben, sondern ist als ebenfalls konzentrischer Ring
mittig aus diesen herausgestanzt.

Die reversible Befestigungstechnik per Steck- und Schraubverbindung weiterer Mo-


dule an diesen Kunstdenkmälern erlaubt eine komplette Montage am Bestimmungs-
ort, hat aber auch dazu geführt, dass im Laufe der Geschichte insbesondere der ori-
ginäre Bestand an Wachstellern, Kerzentüllen und Zierrat erheblichen Veränderungen
ausgesetzt war und zum Teil noch ist. So können Details der Bekrönungen oder plas-
tischen Unterhänge als Auflager vernietet sein.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts weist ein Schaftkronleuchter aus Messing von
1639 mit einer Höhe von ca. 1,43 cm und zwei Lichtkränzen aus jeweils acht Leuch-
terarmen inzwischen drei unterschiedliche Gruppen an Kerzentüllen auf (Abb. 37).
Von diesen insgesamt sechzehn sind sieben zylindrisch geformt. Sie unterscheiden
sich nicht nur nach Größe und Stil voneinander, sondern auch durch die insgesamt
fünf Gewinde, die in ihren Merkmalen – Kerndurchmesser, Gewindehöhe, Ganghöhe
und Flankenwinkel – voneinander abweichen. Ähnliches gilt für die übrigen neun ba-
rocken Tüllen, die sich aus vier bauchigen und fünf vasenförmigen zusammensetzen.
Dabei ist einzuräumen, dass der Größenunterschied zwischen gleichen Tüllentypen
auf ihre Platzierung im unteren oder oberen Lichtkranz hinweisen kann.

An etlichen Schaftkronleuchtern aus Metall des 16. bis 18. Jahrhunderts markieren
im Sinne einer Bauanleitung systematische Punzierungen und Einkerbungen in auf-
steigender Zählung die axialsymmetrische Zuordnung sämtlicher Module.

Wurden die Kronleuchter im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert überarbeitet,


dann überdecken arabische Ziffern, die mit einem Vorschlaghammer gesetzt wurden,
die ältere Zählung. Irreversible Verbindungen, die im Falle einer Demontage einen
Eingriff in die Substanz bedeuten, scheinen ursprünglich nicht beabsichtigt.

Ferner sind die neuzeitlichen Schaftkronleuchter – ob sakral genutzt oder in profanen


Räumen erhalten – aus Elementen eines großen Formenrepertoires aufgebaut. Es
finden vielfach gegenständliche, stilisiert vegetabile und/oder figürliche Motive ne-
beneinander Verwendung.

Außer Rosetten aus ausgebreiteten flachen, getrenntblättrigen und runden Blüten-


blättern oder einzelnen flach-lanzettlichen Blütenknospen sowie vollplastischen glo-
ckigen Blüten, Weinlaub und angedeuteten Pflanzentrieben sowie Früchtekompositio-
nen können axialsymmetrisch-geometrische Ornamente sowie Masken, Fabelwesen,
architektonische oder gefäßähnliche Elemente diese Kronleuchter, das heißt in der
Regel deren Leuchterarme schmücken oder einzelne Ziermodule bilden. Das Ganze
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 53

bekrönen weibliche und männliche Figuren, oder auch plastische Tierdarstellungen –


vereinzelt können kleine Reliefs diesen Platz einnehmen.

Zuweilen treten zusätzlich zur Bekrönung eines Schaftkronleuchters entweder auf


der unteren Nutenscheibe oder auf den Leuchterarmen Subfiguren auf (Abb. 17-19).

In dieser Verbindung kommen zum Beispiel die Motive Heraldischer Doppel-Adler und
Römischer Soldat oder Landsknecht, Caritas und Putti, Justitia und Tugendfiguren
oder Darstellungen des Salvator mundi mit der Apostelreihe oder den Klugen und
Törichten Jungfrauen vor. Nahezu alle zeigen die gleiche Gestik einer erhobenen
Rechten und einer angewinkelten Linken oder ausgebreitete Arme.

Oftmals gibt es stilistische Parallelen zwischen den Schaftkronleuchtern und den


nicht minder stark verbreiteten Wandleuchtern aus Messing. Inwieweit hier oder dort
der zusätzliche Figurenschmuck allein dekorative Ansprüche erfüllt, eine Verarbei-
tung überzähliger Motive darstellt oder von ikonographischer Bedeutung ist, wird
ohne eine systematische Untersuchung der Schaftkronleuchter und der Wandleuchter
aus Messing oder Bronze sowie ohne Werkstattzuschreibungen kaum zu klären sein.

2.2.1 Die Schaftkronleuchter aus Messing der Renaissance

Grundsätzlich gehören die Motive, die gleichmäßig linear und flächig gestaltet sind
und welche die Konstruktion des Kronleuchters in der Vertikalen, insbesondere aber
in der Horizontalen akzentuieren zu den Kronleuchtern der Renaissance. Unter diesen
ist der Winkelkronleuchter nach der liegenden S-Form seiner Leuchterarme benannt,
deren Enden annähernd einen rechten Winkel beschreiben. Auf den äußeren Leuch-
terarmen ruhen kleine flache Wachsteller und zylindrische Kerzentüllen. Letztere
können noch in gotischer Manier durchbrochen und mit ringförmigem Fuß gestaltet
sein, erhalten aber zunehmend ein geschlossene, leicht konische Wandung, deren
oberer Rand im späten 16. Jahrhundert schulterförmig ist. Die inneren Enden der
Leuchterarme können in Anlehnung an die Rollwerk-Ornamentik geschlossen oder
leicht aufgebogen sein. In der Regel bilden sechs oder acht Leuchterarme den unte-
ren Lichtkranz und gegebenenfalls ebenso viele oder um zwei vermindert den oberen
Lichtkranz. Dort können die Leuchterarme mit Zierelementen wechseln. Oder letztere
dekorieren ausschließlich die obere Nutenscheibe und sind in der frühen Neuzeit oft
kurze schablonenhafte S-förmige Bänder. Ihre Form zeichnet annähernd strahlen-
förmige Gravuren auf der Oberfläche nach.

Die Leuchterarme selbst sind nicht mehr rankenartig gezogen oder schablonenhaft
geschnitten, wie bei gotischen Kapellen- oder spätgotischen Schaftkronleuchtern,
sondern als Formgussstücke gestaltet. Mittig platzierte Ornamentscheiben und kugel-
förmige Verdickungen können die Leuchterarme akzentuieren und Gussnähte über-
spielen.

Die schaftnahen Abschlüsse der Leuchterarme enthalten als Volute eingestellte Blü-
tenmotive oder bisweilen bärtige Masken.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 54

Zylindrische bis balusterartige Elemente oder gleichmäßige Kugelkolonnaden bilden


einen röhrenförmigen Kronleuchterschaft.

Auf der so gebildeten Spindel kommen als Bekrönungen unter anderem heraldische
Doppel-Adler und Tiere, die als Wappentiere und Sinnbild der Stärke eingeordnet
werden könn(t)en, vor. Insgesamt überwiegen die profanen Motive. Und es sind mit
drei Gruppen an Kriegern und der Gruppe „Büttel“ mehr männliche denn weibliche
Figuren vertreten. Mit den derzeit bekannten maximal drei Darstellungen des Salva-
tor mundi (Abb. 88), sieben des Gnadenstuhls und drei der Muttergottes (Abb. 89,
90) repräsentieren verhältnismäßig wenige Figuren auf den Schaftkronleuchtern aus
Metall des 16. Jahrhunderts in Kirchen in Norddeutschland einen christlichen Kon-
text.195

Den Gegenpol zu diesen Bekrönungen und den unteren Abschluss der Kronleuchter-
spindel bilden ein- oder doppelgesichtige Löwen- oder Tierkopf-Masken mit Ring
(Abb. 55) im Fang. Derartige Unterhänge schließen optisch zusammen mit der unte-
ren Nutenscheibe sowie gegebenenfalls mit einem kugelartigen Modul dazwischen als
Auflager die gesamte Komposition und Konstruktion nach unten ab. Bisher werden
sie als Zugvorrichtung eingeordnet, obgleich etliche Exemplare keine Gebrauchsspu-
ren aufweisen.196 Gleichwohl ist im Sinne der Verhältnismäßigkeit einzuräumen, dass
einige dieser Ringe zwischenzeitlich erneuert sein können und andere nicht erhalten
sind. Die Nutzung und Bedeutung des Motivs sind unbekannt.

2.2.2 Barocke Kugelkronleuchter aus Messing

Gegenüber Schaftkronleuchtern der Renaissance erscheint der Anteil sakraler und


profaner Themen auf Kugelkronleuchtern des Barock ausgewogener. Doch indem
Personifikationen und Allegorien einen Teil der Kronleuchterfiguren bilden und etliche
Friedensengel kaum neutral gestaltet sind, dominiert nun das Feminine. An männli-
chen Bekrönungen christlicher Ikonographie kommen einige Darstellungen des Sal-
vator mundi oder der Apostel vor. Bedeutend größer ist die Anzahl des mythologi-
schen Motivs „Jupiter auf Adler reitend“. (Abb. 120) Insgesamt zeigen die Topfiguren
eine expressivere Gestaltung. Und diese entspricht der Morphologie der Kugelkron-
leuchter. Diese kann im Wesentlichen aus der Kugel als räumliche Grundform abge-
leitet werden und tritt ganz deutlich in der die Konstruktion nach unten abschließen-
den großen Kugel in Erscheinung. Dieses Prinzip setzt sich fort in den ornamentalen

195
Die Kunstdenkmäler des Landes Niedersachsen, Landkreis Stade, Textband, 1965, S. 84 – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Mecklenburg, 1980, S. 392. – G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen, 1992, S. 1081, 1222. – U. Mathies, 1998,
S. 129–130, Abb. 1 (S. 161), 32 (S. 182), 34 (S. 183), 37 (S. 184) und 39 (S. 185). Ob die beiden
ersten Beispiele an ihren Schäften neben den Drachenfiguren auch Leuchterarme besaßen, ist nicht
ersichtlich, erscheint angesichts der anderen Exemplare nicht abwegig.
196
Lt. Auskunft von Herrn U.-V. Bläse, Werkstatt für Metallgestaltung in Plön (2. Hälfte 1990er Jahre)
sowie Herrn W. Hofmann, Werkstatt für Metallgestaltung und Restaurierung in Wolgast (2001) wei-
sen die Ringe im Fang der Löwenkopf-Masken an Kronleuchtern aus Messing der Renaissance ten-
denziell keine Gebrauchsspuren auf.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 55

Details – wie zum Beispiel in Gestalt aufgelegter Rosetten oder konzentrischer Gra-
vuren an den Scheitelpunkten der Kugel. In diesem Sinne beschreiben die U-förmig
ausschwingenden und an den äußeren Enden oftmals verzweigten Leuchterarme, die
tigel- oder muschelförmigen Wachsschalen (Abb. 34) und vasenähnlichen Kerzentül-
len im Ansatz ebenfalls Kreissegmente oder Kugelformen. Und in gleicher Weise sind
sämtliche Zierelemente – zum Beispiel Früchte oder Gefäße –, die das Körperhafte
betonen, das heißt räumlich-plastisch sind, vornehmlich den Kronleuchtern dieser
Zeit zuzuordnen. Die Abmessungen sind insgesamt größer, aber stets am Wechsel-
spiel von Zentrierung und Ausdehnung und am Abstand der Lichtquellen von der
Konstruktion orientiert. Der untere Scheitelpunkt der großen, abschließenden Kugel
ist mit einem Zapfen in Gestalt einer Traube oder eines Bienenkorbes versehen.

Desgleichen können Früchtekompositionen oder ornamental aufgefasste Darstellun-


gen weiblicher und männlicher Profile mit ihren zeittypischen Kopfbedeckungen Er-
folg in Beruf und Gesellschaft assoziieren und zugleich ein Datierungshilfe sein
(Abb. 29-32).

Das Gros der Motive veranschaulicht so unter anderem Reichtum und Fülle. Der Stei-
gerung ins Unermessliche und Unfassbare dient das Verschleifen der Konstruktion
mittels extremer Formen oder Konturen und dynamischer Linien sowie der daraus
resultierenden Verkürzungen oder Überschneidungen der Perspektive, wie sie für den
Barock charakteristisch und aus Architektur, Malerei und Bildhauerkunst dieser Zeit
bekannt sind. Zudem trägt der so und mittels der Materialästhetik des wellenpolier-
ten Messings erzielte Grad an Licht- und Schattenwirkung wesentlich zur Plastizität
des Objekts sowie der Umgebung bei. Denn dieser Effekt hängt insbesondere von
dem Strahlenverlauf punktförmiger Lichtquellen zur Gestaltung und Lichtneigung der
Flächen ab.197

Ob diese Verbindung zwischen Gesetzmäßigkeiten der Optik und dem Betrachter-


standort und damit insbesondere die große, abschließende Kugel der barocken Kron-
leuchter auch im Sinne der optischen Täuschung zu betrachten ist oder nur als kon-
struktives und reflektierendes Detail, das zudem Inschriften Raum bietet, bleibt nä-
her zu untersuchen.
Sofern barocke Kronleuchter keine oder kaum Inschriften tragen, können sie unter
qualitativ und lokal günstigen Voraussetzungen mit der Wahrnehmung des Betrach-
ters spielen. So kann dieser mit Blickrichtung auf einen entsprechenden Kronleuchter
den Eindruck gewinnen, dass er mittels der widerspiegelnden Kronleuchterkugel im-
stande ist, einen großen Teil seiner Umgebung in einem flüchtigen, aber weiten
Blickwinkel zu erfassen. Und doch führt diese Wahrnehmung zu dem Ergebnis, dass
das Spiegelbild auf der Kugel nicht nur die Weite des Raumes erfasst, sondern diese
zugleich im Scheitelpunkt bündelt.

197
U. Sareik, Gelenktes Sonnenlicht im Kult, Diss., Erfurt 1985. – Lichter und Leuchter, Entwicklungs-
geschichte und Technik eines alten Kulturgutes, 1987. – A. Fölsing, Galileo Galilei. Prozess ohne En-
de, 1996, S. 300 f. – H. H. Mann, Optische Instrumente, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion.
2000, S. 357–407.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 56

Wenige andere erhaltene Exemplare des 17. und 18. Jahrhunderts zeigen, dass in
die abschließende Kugel ein Uhrwerk eingebaut sein kann. Das Chronometer spricht
für den Erfindungsgeist, vermittelt insbesondere den Vanitas-Gedanken jener Zeit.
Einen derartigen Kronleuchter mit dreißig Armen beschreibt Adam Olearius in
„Moskowitische und Persische Reise. Die Holsteinische Gesandtschaft beim Schah
1633–1639“.198

Eine gewisse Vorstellung von einer solchen Komposition könnte ein Kronleuchter in
der Heiliggeistkirche in Kopenhagen vermitteln.199 Dieses im Jahre 1750 gestiftete
Ausstattungsstück aus vergoldeter Bronze mit Silberbeschlägen wird aufgrund seiner
Marken und im Vergleich zu einigen Exponaten im dortigen Nationalmuseum um
1610 datiert. Es wird aber vermutet, dass das Exemplar auf einer Auktion erworben
wurde und daher verhältnismäßig spät in die Kirche gelangte. Derartige Kompositio-
nen scheinen kaum bekannt zu sein, denn sie finden in den entsprechenden kultur-
geschichtlichen Darstellungen keine Berücksichtigung.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Schaftkronleuchter und Bekrönungen


aus Metall auch unabhängig voneinander ihre Wirkung entfalten. Doch nur im aufein-
ander abgestimmten ästhetischen Miteinander lassen sie den tieferen Sinn ihrer
Doppeldeutigkeit von be- und erleuchtendem Lichtträger, das heißt die potentielle
Aufgabe eines kultisch nutzbaren Bildprogramms erkennen, sofern sie an ihren Be-
stimmungsorten und in ihren räumlichen Verwendungszusammenhängen erhalten
sind. Insofern vergleichbare Topfiguren auf Schaftkronleuchtern in unterschiedlichen
Landesteilen Norddeutschlands und des benachbarten Auslands vorkommen können
und dabei historische-politische Parallelen erkennen lassen, können diese vielfach
seriell anmutenden Stereotype vom Eindruck der Beliebigkeit fort und hin zu einer
Bedeutung führen. Gleichwohl könnte diese auch auf eine Unterscheidung der Motive
als „Klassiker“ oder „Modeerscheinung“ hinauslaufen.

2.3 Die Verbreitung der Schaftkronleuchter

Die kunstgeographische Ausbreitung der oben vorgestellten Schaftkronleuchter aus


Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in weiten Teilen Europas führt die ältere kunst-
und kulturwissenschaftliche Forschung anhand von Beispielen aus Finnland und

198
Adam Olearius, Vermehrte Newe Beschreibung der Moscowitischen und persianischen Reyse. Zum
andern mahl herauß gegeben durch Adam Olearius, (Schleswig) 1656, S. 508: „Des Herren Gesand-
ten Brügmans Geschenke. „2. Eine grosse messinge gantz vergüldete Liecht-Krone mit 30 Armen, so
dreyfach über einander mit Bildern und silbern Laubwerck besetzet und schön gezieret. Im Knopff
war eine Uhr so die Stunden und Viertel schlug.“ Der so beschriebene Kronleuchter ist eines der für
Schah Sefi von Isfahan vorgesehenen Gastgeschenke (1637) der holsteinischen Gesandtschaft, dürf-
te aber bei einer Havarie auf der Ostsee zwischen Reval und Nawar, das heißt vor Hochland verloren
gegangen sein. Siehe A. Olearius, Moskowitische und Persische Reise, die holsteinische Gesandt-
schaft beim Schah 1633–1639, Hg. D. Haberland, 1986, S. 40 f., 86 f. und 251. – F. Pohle, Univer-
salwissenschaft, in: Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion, 2000, S. 73–119, insbes. S. 77.
199
Danmarks Kirker, København, 1945–1958, S. 693 ff.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 57

Skandinavien bis Italien, von den Britischen Inseln über die Niederlande, Frankreich
und Deutschland bis Polen vor Augen. Weitere Beispiele in den Baltischen Staaten
und in Russland wären in Betracht zu ziehen.200

Im Baltikum sind etliche Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis


18. Jahrhunderts erhalten; ihre Bekrönungen – wie zum Beispiel „Wilder Mann“,
„Krieger“ oder „heraldischer Doppel-Adler“ – könnten wie die erhaltenen Bestände in
Dänemark und Schweden weiteren Aufschluss über das Bildprogramm dieser Be-
leuchtungsgeräte geben. Die Hoch-Zeit ihrer Entstehung fällt in Zeiten der Auseinan-
dersetzung um die Vorherrschaft über die Ostseeküsten. Und für Moskau sind im Zu-
sammenhang mit Kronleuchtern Geschäftsbeziehungen eines Metallgießers aus dem
Reich bekannt, das mit dem Westfälischen Frieden (1648) nicht mehr als Heiliges
Römisches Reich Deutscher Nation fortbesteht, sondern aus einer Vielzahl an Territo-
rialstaaten. Diese große Verbreitung von Kronleuchtern ist sichtbarer Ausdruck reger
Handelsbeziehungen.

Der Kronleuchterstudie Erixons zufolge konnten diese neben dem Export und Import
von Rohstoffen resp. Erzen auch eine Vermittlung von Bearbeitungstechniken bein-
halten – wie er am Beispiel schwedisch-deutscher Kontakte für Skultuna/Dalarne
darlegt.201 Ähnliches beschreibt Peltzer bereits Anfang des 20. Jahrhunderts für die
kooperative Messingverarbeitung zwischen Maas und Rhein.202 Für diesen Bereich
wird kriegerischen Auseinandersetzungen in Burgund sowie religionspolitischen Kon-
flikten am Niederrhein ein maßgeblicher Anteil an Standortverlagerungen und der
Abwanderung von Fachkräften zugemessen. Seither gilt, dass die immense Produkti-
on von Kronleuchtern aus Messing und damit die weit reichende Verbreitung durch
eine nicht an den Ort des Bergbaus gebundene Materialverarbeitung begünstigt ist.

Dies ist insofern zu relativieren, da die für den Untersuchungszeitraum charakteristi-


schen Monopolbildungen nachhaltige Konsequenzen für die Produktion und den Ver-
trieb der Messingwaren haben konnten.203 In diesem Zusammenhang führen die bis-
herigen Forschungen zur Geschichte der Messingindustrie sowie zur Kupferprodukti-
on weiter – Kupfer ist der wesentliche Bestandteil von Bronze und Messing.204

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts misst die Forschung der – für die Dinanderien be-
schriebenen – verlegerischen Arbeitsorganisation eine große Bedeutung bei und setzt
diese auch für andernorts erzeugte Messingprodukte voraus.205 Für die Erschließung
neuer Absatzmärkte und Werkstätten wird entsprechend der führenden Position Di-
nants/Maas im Metallgewerbe und nach der Zerstörung dieser Hansestadt (1466) der

200
Dieser Eindruck ist aus einem Antwortschreiben (Ende 1990er Jahre) samt Fotokopien als Arbeitsma-
terial von Herrn J. Kilumets, Tallinn zu gewinnen. – Zu einem Kronleuchter (1653) in Moskau ist
nicht mehr bekannt, als dass Johann Wurzelbauer (*1595) aus Nürnberg diesen geschaffen habe.
201
S. Erixon, Mässing, 1943, S. 57.
202
R. A. Peltzer, Geschichte der Messingindustrie (...), 1909, S. 144 ff., insbes. S. 155 ff.
203
Siehe H. Holländer (Hg.), Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion, 2000.
204
R. A. Peltzer, Geschichte der Messingindustrie, 1909, S. 109, 137. – S. Erixon, Mässing, 1943. – H.
Kellenbenz (Hg.), Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa: 1500–
1650, (1977).
205
R. A. Peltzer, 1909, S. 80 f.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 58

weitere Anteil an der Messingverarbeitung den dadurch zum Teil entstehenden oder
erstarkenden traditionellen Zentren für Metallgestaltung zugeordnet – wie zum Bei-
spiel Aachen, Nürnberg, Augsburg und die Harzregion. Wobei die Qualität des Ram-
melsberger Kupfers im Harz gegenüber jener der Erze des Mansfelder Landes herab-
gestuft wird.206 Des Weiteren werden Schlesien, Böhmen, das Erzgebirge und die
Niederlande genannt. Dabei fällt auf, dass die Bezeichnung „Flämischer Kron-
leuchter“ im Sprachgebrauch fest etabliert ist und es doch Unsicherheiten in der
geographisch exakten sowie morphologisch zutreffenden Beschreibung dieser
Schaftkronleuchter der Neuzeit gibt. Der pyramidale Aufbau ist ein Kriterium, das
Vorkommen in calvinistisch geprägten Gebieten ein weiteres.207

Wird nun eine der oben genannten Stätten als Herstellungsort für bestimmte Typen
oder das Gros der überkommen Schaftkronleuchter aus Messing angenommen, so ist
plausibel, dass die Verfügbarkeit, Qualität und Verarbeitung des Werkstoffes Messing
sowie die Frage nach lokalisierbaren Führungspositionen in der Entwicklung neuer
Technologien eine entscheidende Rolle für die Entstehung und Verbreitung, aber
auch für die Beurteilung von Kronleuchtern spielt. Diese Kriterien gelten auch für den
Bronzeguss. Und bis zu einem gewissen Grade knüpft die quantitative Ausbreitung
der Schaftkronleuchter aus Messing an jene der Erztaufen, Aquamanile und anderen
Bronze- und Messingerzeugnisse – wie zum Beispiel Standleuchter oder Löwenkopf-
Türzieher - in Norddeutschland seit dem 13. Jahrhundert an.208 Obwohl Erixon aus
Stockholm und Jarmuth aus Berlin Mitte des 20. Jahrhunderts auf die Bedeutung der
Hansestadt Lübeck für die Messingverarbeitung und den ausgedehnten Handel hin-
weisen, fehlen bisher systematische Untersuchungen zur Urheberschaft und Produk-
tion des nach Lübeck lokalisierten Kronleuchtertyps der Renaissance: des so genann-
ten Winkelarmkronleuchter. In der Annahme, dass Schaftkronleuchter aus Messing
resp. Bekrönungen größtenteils seriell hergestellt wurden, erstaunt ihre ungleichmä-
ßige Verteilung in Norddeutschland – selbst eingedenk der vielfältigen Verluste und
Standortwechsel, sofern diese dokumentiert und bekannt sind.209

206
Ebd., S. 106. – H.-G. Griep, Ein Goslarer Kronleuchter in Münnerstadt, in: Harz-Zeitschrift. 13. Jg.
Hg. K. W. Sanders, 1961, S. 111, 117. – R. Slotta/S. Müller, Zum Bergbau auf Kupferschiefer im
Mansfelder Land, in: Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land: (Aufsätze zur Ausstellung
„... von daher bin ich – Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land“), Ausst.-Kat. Martin Lu-
thers Sterbehaus Eisleben/Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Hg. R. Knape, 2000,
S. 9–27, Ebd., S. 104–120: C. Bartels, Sauerländisches Blei für die Mansfelder Hütten – Blei zur Ent-
silberung des Mansfelder Kupfers.
207
S. Erixon, 1943, S. 44. Hier weist Erixon bereits auf die möglichen Produktionsstätten und Handels-
beziehungen hin. Vgl. K. Jarmuth, Lichter, Leuchten im Abendland, (1967), S. 160 ff. – Zur „Flämi-
schen Krone“ siehe S. Erixon, 1943, S. 47. – K. Jarmuth. (1967), S. 120, 187, 224 insbes.
208
H. Lüer/M. Creutz, Geschichte der Metallkunst, Bd. 1, Kunstgeschichte der unedlen Metalle,
1904/1909. – A. Mundt, Die Erztaufen Norddeutschlands von der Mitte des XIII. bis zur Mitte des
XIV. Jahrhunderts ... 1908. – W. Paatz, Die Lübeckische Bronzeproduktion des 15. und 16. Jahrhun-
derts, in: Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. 51, 1930. S. 67–92. – O. v. Falke/E. Meyer, Rom-
nische Leuchter und Gefäße, Gießgefäße der Gotik, 1935. – U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters,
1981 (Denkmäler deutscher Kunst, Bronzegeräte des Mittelalters; Bd. 2).
209
Bildband, Anhang (Verbreitungsarte der Schaftkronleuchter) nur zusammen mit gedruckter Kron-
leuchterstudie – digitalisiert als Übersichtskarte.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 59

Mit der oftmals vagen Lokalisierung der Schaftkronleuchter innerhalb Deutschlands


oder von Skandinavien aus nach Hamburg, Lübeck, Nürnberg oder Aachen erscheint
die Verbindungen nach Nürnberg häufiger als andere – auch außerhalb des unmittel-
baren Zusammenhanges mit Kronleuchtern. So begründet der Glocken- und Kronen-
gießer Johann Gottfried Woseck in Stralsund im Jahre 1740/53 in seiner „Klage ge-
gen das Amt der Gürtler wegen Eindrangs“ seine Auswahl sachdienlicher Vorbilder
damit, dass er selbst in Nürnberg gewesen sei und es dort im Gegensatz zu Lübeck,
das an sich räumlich und insofern exemplarisch näher läge, keine Gelbgießer gä-
be.210

Zur Begründung der Provenienz einiger Kronleuchter in Norddeutschland aus Nürn-


berg stehen diese drei zur Verfügung:

1. Die Inschrift eines Kronleuchters der Stadtkirche „Unser lieben Frauen“ in So-
rau besagt: Elisabeth Koberin selige hat zur erkeuffung dieser Leuchter funfzig
Gulden bescheiden, welche ihr Her Waltn Ludewich Secretarius anna 1590 von
Nurrenberg anhero brengen lassen. Renoviret 1774 / G.F.211

2. Für die St. Jacobi-Kirche in Rostock wurden 1603 anlässlich des Todes von
Henricus von Bergen Rigensis und fürstlich Mecklenburgischer Fiscal zwei
Kronleuchter in Nürnberg erworben.212

3. Johann Müller von Nirnberg hat (diese Krone in Kiel gemacht) lautet die In-
schrift des Kronleuchters in Klüss, wo inzwischen ein schlichter Zweckbau als
Gotteshaus dient.213

Allen drei Kronleuchtern gemeinsam ist die Bekrönung durch einen heraldischen
Doppel-Adler. Es fällt weiter auf, dass diese nachweislichen Arbeiten aus Nürnberg
nach bisheriger Kenntnis auf die östliche Region des Reiches beschränkt sind.

Eine andere Akzentuierung zeigt die im Rahmen der vorliegenden Studie speziell er-
stellte Verbreitungskarte der Schaftkronleuchter mit ihren Bekrönungen aus Messing
des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland.214

Schaftkronleuchter aus Messing mit der Bekrönung eines heraldischen Doppel-Adlers


kommen unter anderem in Südniedersachsen und Nordrhein-Westfalen vor und dort
intensiv in einem Gebiet zwischen Hannover, Goslar, Alfeld/Leine, Holzminden und

210
HSTA Rep. 16, Nr. 312 (Amt der Gürtler/Klage J. G. Woseck, 1740/53).
211
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Kreis Sorau und Stadt Forst, 1939, S. 213.
212
Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, Bd. 1: Die Amts-
gerichtsbezirke Rostock, Ribnitz, Sülze-Marlow, Tessin u. a., 2. verb. und verm. Aufl., 1898, S. 98.
213
Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, Bd. III: Die
Amtsgerichtsbezirke Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lübtheen, Dömitz, Grabow u .a., 2. Aufl.
1900, S. 220.
214
Bildband der vorliegenden gedruckten Kronleuchterstudie; Anhang: Verbreitungskarte für Schaft-
kronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jh. – digitalisiert nur als Übersichtskarte – auf der Grundla-
ge der amtlichen Länder-Inventare seit Mitte des 19. Jh. für die Bau-, Kunst- und Geschichts-
Denkmäler. Neben der weiteren Harzregion stellt das Erzgebirge – hier nicht eingetragen – ebenfalls
als traditionelle Stätte des Bergbaus einen deutlichen Schwerpunkt in der Verbreitung der besagten
Leuchter dar.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 60

Minden. Mit Ausnahme des Bistums Minden entspricht dieses Gebiet dem südlichen
Teil des Niedersächsischen Reichskreises (um 1500/1512); und dort dominiert als
Kronleuchterfigur der heraldische Doppel-Adler – insbesondere in und um Alfeld her-
um und ausgeprägter noch als auf der Insel Rügen.215 Werden zudem die Winkel-
armkronleuchter mit heraldischem Doppel-Adler als ältere Beispiele in Betracht ge-
zogen, deren Urheberschaft Jarmuth nach Lübeck und mit einer Hauptverbreitung in
Nordeuropa zuordnet, zeichnen sich zwei Richtungen ab:

Während sowohl die inventarisierten Bestände dieses zuletzt genannten Kronleuch-


tertyps sowie Bildquellen oder Beschreibungen diese Einordnung zu bekräftigen
scheinen, ist diese Aussage zur kunstgeografischen Verbreitung zu präzisieren. Wur-
den doch adäquate Kronleuchter in Einzelteilen als havarierte Schiffsfracht des 16.
Jahrhunderts im Adriatischen Meer um die Mitte des 20. Jahrhunderts geborgen.216

Dieses Beispiel für Renaissance-Kronleuchter ist nicht zuletzt auf Grund der hier the-
matisierten Fragestellung nach Zusammenhängen zwischen der Verbreitung und dem
Motivschatz resp. Bildprogrammen von Kronleuchtern interessant.

Scheint die Darstellung des heraldischen Doppel-Adlers auf diesen havarierten Win-
kelarmkronleuchtern die mögliche Herkunft aus Lübeck zu stützen, so könnte dieses
Motiv auch für die freie Reichsstadt Nürnberg stehen. Erixon sieht in der Darstellung
des heraldischen Doppel-Adlers eine Art Markenzeichen oder Qualitätssiegel für die
Messingprodukte bzw. Dinanderien.217

Erlaubt die Mehrdeutigkeit der Bekrönungen auf Schaftkronleuchtern, „ im besagten


heraldischen Doppel-Adler eine Sympathiebekundung der Stadt Amsterdam an Kai-
ser Karl V. wahrzunehmen?“218

Angesichts der zahlreichen gekrönten und ungekrönten heraldischen Doppel-Adler


auf Schaftkronleuchtern, die auch außerhalb des Reiches und Herrschaftsbereichs
Kaiser Karls V. – zum Beispiel in Dänemark und Schweden – vorkommen, erscheinen
diese trotz der Interpretationsansätze universalistischer Kaiseridee und der dynasti-
schen Verbindungen schon fragwürdig und erfordern in jedem Fall eingehende Unter-
suchungen. Doppel-Adler auf Schaftkronleuchtern können wie die Löwenkopf-Masken

215
Gleichwohl die Provenienz etlicher Schaftkronleuchter aus Metall nach Süd- und Westdeutschland
sowie in die Niederlande lokalisiert wird, ist die Verteilung und Relation des Motivschatzes auch für
Kronleuchter im Norddeutschen Tiefland bisher kaum bekannt, s. u.a. Die Kunstdenkmale der Pro-
vinz Hannover, T. II: Reg.-Bezirk Hildesheim, Bd. 10., Kreis Alfeld, 1939. – Die Kunstdenkmale des
Kreises Rügen, 1963.
216
F. Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik, 1900 (Hansische Geschichtsquellen, N. F.,
Bd. II), 5. CXXII. Es ist allerdings nicht ersichtlich, ob es ein Winkelarmkronleuchter ist. – K. Jar-
muth, Lübecker Leuchten van Meeresgrund, in: Lichttechnik, Beleuchtung, Elektrogerät, Installation,
21. Jg., H. 1, 1969, S. 72–74. Ders., a.a.O., 22. Jg., H. 5, 1970, S. 250–251. Ders., a.a.O., 23. Jg.,
H. 10, 1971, S. 342–343. – Die Bemühungen um Kontakte zum Museum in Zadar/Kroatien in dieser
Angelegenheit waren Ende der 1990er Jahre nicht erfolgreich – vermutlich auf Grund des damaligen
Bürgerkriegs in Jugoslawien. In die internationale Bibliographie ist die Auswertung des Fundes im
Adriatischen Meer von Sofija Petricioli, Leiterin des Museums in Zadar – worauf K. Jarmuth hinweist
– nicht aufgenommen.
217
S. Erixon, 1943, S. 43. – K. Jarmuth, (1967), S. 172 f.
218
K. Jarmuth, (1967), S. 172.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 61

als Unterhänge an Renaissance-Kronleuchtern sowohl formale als auch stilistische


Unterschiede in der Ziselierung aufweisen, dass daran eine Art Personalstil ablesbar
ist.

Neben dieser Ansammlung von Metallkronleuchtern im südlichen Niedersachsen ist


die Ausbreitung der Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in
Norddeutschland erwartungsgemäß insbesondere auf die traditionellen Handelsver-
bindungen und -knotenpunkte konzentriert, das heißt in erster Linie auf die wirt-
schaftlich und strategisch wichtigen Hansestädte sowie entlang der Flussläufe.219

In der weiteren Verteilung auf einzelne Orte an Nord- und Ostseeküste bilden Ost-
friesland und die Insel Rügen hinsichtlich der Häufung von neuzeitlichen Schaftkron-
leuchtern gleichsam die Eckpunkte des hier verhandelten Forschungsgebietes. Denn
hier wie auch an der Unterelbe kommen profane männliche Bewaffnete sowohl als
Bekrönungsfiguren wie auch als Subfiguren zum heraldischen Doppel-Adler vor.

Zwischen diesen Eckpunkten erscheint die Verteilung der Kronleuchterfiguren zu-


nächst diffus. Aber sie gewinnt dort Konturen, wo unter den hier thematisierten pro-
fanen Motiven der Figurentyp „Wilder Mann“ offenbar ausschließlich auf Schaftkron-
leuchter im Niemandsland zwischen den Landesgrenzen beschränkt ist. Dies kann
sich sowohl auf jene Karten beziehen, die das Reich im 16. bis 18. Jahrhundert wie-
dergeben, als auch auf die Orientierung an den Generalkarten für die Bundesrepublik
Deutschland und die angrenzenden Nachbarstaaten.

Weitere Zusammenhänge zeichnen sich ab, indem die drei Varianten der Lands-
knechtkronleuchter als eine andere Gruppe profaner Motive der Renaissance in ihrer
jeweiligen Verteilung zwischen Weserbergland und Vorpommern sowie zwischen dem
Großraum Hannover und Tondern/Dänemark oder aufgrund ihres Bestandes an der
Unterelbe, das heißt zwischen Altem Land und den Vierlanden, zur scheinbar willkür-
lich punktuellen Verteilung der anderen kriegerischen Kronleuchterfiguren „Römi-
scher Soldat“ und – bedingt – Büttel in Beziehung gesetzt werden. Nur die dichte
Abfolge zwischen Hannover und Goslar lässt die Verteilung der Kronleuchterstatuette
„Römischer Soldat“ ähnlich wie jene der Landsknechtkronleuchter als Route erschei-
nen. Ansonsten fällt auf, dass die innerhalb ihrer Gruppen stereotypen Motive sehr
unterschiedlich – anscheinend diffus – verbreitet sind. Der hier erarbeiteten Verbrei-
tungskarte zufolge kontrastieren gerade in den Elbmarschen die Kronleuchterfiguren
„Krieger“ und „Engel“ besonders augenfällig.

Wie im Falle der profanen Bewaffneten bedarf es noch der systematischen Untersu-
chung, inwieweit zwischen Friedens- und Erzengeln oder zwischen letzteren und Jus-
titia als Personifikation göttlichen Rechts zu differenzieren ist.

Obwohl Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in der Regel
Stiftungen und diese vielfach individuell motiviert sind, erfordern sowohl die sich
daraus ergebende spezifische Deutung als auch die daran sichtbare Verfügbarkeit

219
Bildband zur vorliegenden gedruckten Kronleuchterstudie: Anhang: Verbreitungskarte für Schaft-
kronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jh. in Norddeutschland.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 62

des Motivschatzes weiter gefasste Bezugspunkte. Es sind dies die Bedeutung des
Kronleuchters als Inventar im Sakral- oder Profangebäude und die Standorte dersel-
ben.

Ein Beispiel:

Jarmuth stellt den Friedensengel als Bekrönung eines Kronleuchters (1676, Evangeli-
schen St.-Marien-Kirche in Lübeck) in einen Zusammenhang mit dessen Stifter-In-
schrift.

Diese ist auf das Ableben des Donators bezogen, was Jarmuth veranlasst, den Frie-
densengel als persönlichen Wunsch nach dem Ewigen Frieden im Jenseits zu inter-
pretieren.220 Die fehlende differenzierende Beweisführung erlaubt den Umkehr-
schluss: Demnach intendieren alle Memorialstiftungen, die als Kronleuchter keinen
Friedensengel oder eine vergleichbare Bekrönung tragen auch keinen Ewigen Frieden
des Verstorbenen, sofern keine besseren Alternativen und weitere Perspektiven vor-
gestellt werden?

Angesichts dessen fordert der gegenwärtige Erkenntnisstand im Rahmen der hier


vorliegenden Studie dezidierte Untersuchungen.

Der Bestand und die Verteilung der neuzeitlichen Schaftkronleuchter samt ihrer Be-
krönungen zeigen, dass sich die bisher neununddreißig Figurentypen in Gruppen ein-
teilen lassen und offenbar bedarfsorientiert verteilt sind:

Die Gestik der von Jarmuth als Friedensengel bezeichneten Topfigur des besagten
Kronleuchters in Lübeck weist gegenüber vergleichbaren Exemplaren in Nord-
deutschland deutliche Parallelen zur Darstellung des heiligen Michael als Kronleuch-
terfigur in Gestalt des Seelenwägers auf. Und es gibt an sich kaum formale Anknüp-
fungspunkte zu jenen Boten Gottes, die mit axialsymmetrisch ausgestreckten Armen
Palmzweig und Lorbeerkranz darbringen. Diese Lichtgestalten sind es, die im eigent-
lichen Sinne die Friedensengel repräsentieren. Und sie entsprechen quantitativ etli-
chen anderen Figurentypen auf Kronleuchtern.

Die Feststellung Jarmuths, dass Engel mit Palmzweig als religiöses Motiv auf Kron-
leuchtern selten auftreten, erscheint angesichts der zahlreichen heraldischen Doppel-
Adler und Darstellungen „Jupiter auf Adler“ richtig, ist aber im Verhältnis zu den üb-
rigen Motiven so nicht haltbar.221

Die Gegenüberstellung der Verbreitungskarte für Schaftkronleuchter und der Karte


Deutschlands im 16. Jahrhundert zeigt, dass die Erzengel auf den besagten Beleuch-
tungsgeräten in Norddeutschland vorzugsweise dort vorkommen, wo ihr Standort im
Einflussbereich von Bistümern liegt. Unterschiedliche Darstellungen der Erzengel
kommen vor auf Kronleuchtern in Stade und Oberndorf (vormals Erzbistum Bremen),
Bardowick (im 10./11. Jahrhundert ursprünglich als Bischofssitz vorgesehen – später
Bistum Verden) und Hessisch Oldendorf (Bistum Minden/Bistum Paderborn/Bistum

220
K. Jarmuth, Lichter, Leuchten im Abendland, (1967), S. 226 ff.
221
Ebd., S. 226.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 63

Münster).222 Ein Großteil derartiger Leuchter gehört in das 17. und 18. Jahrhundert.
Ihre Gestaltung dokumentiert den Eindruck aktueller Ereignisse als vielmehr prägen-
de Erfahrungen der Vergangenheit.

Zwei weitere Verbreitungsgebiete für Schaftkronleuchter aus Messing bilden das


westliche und südliche Nordrhein-Westfalen und in Brandenburg der Großraum Ber-
lin. Während zwischen Düsseldorf und der deutsch-niederländischen Staatsgrenze
Marienleuchter und spätgotische oder frühneuzeitliche Schaftkronleuchter mit der
Bekrönung einer Muttergottes vorkommen, können für den östlichen Teil Branden-
burgs keine spezifischen Kronleuchterfiguren genannt werden. Insbesondere infolge
der beiden Weltkriege gingen hier wie auch andernorts etliche Kronleuchter unwie-
derbringlich verloren, ohne typologisch und ikonographisch ausreichend dokumen-
tiert worden zu sein.

Stets ist zu vergegenwärtigen, dass eine realitätsnahe Ermittlung der Entstehungs-


hintergründe und der Verteilung von Kronleuchtern, Kronleuchterfiguren und ande-
ren Details bereits angesichts dieser Ausgangssituation gewissen Einschränkungen
unterliegt. Denn bisweilen haben sich Schriftquellen zu Kronleuchtern erhalten –
nicht jedoch die Objekte selbst.

In den älteren amtlichen Länderinventaren wird gelegentlich nebulös eine Provenienz


von Kronleuchtern als Kriegsbeute konstatiert. Oder es findet der Verkauf von Kron-
leuchtern – zum Beispiel an jüdische Gemeinden – Erwähnung, die im Zweiten Welt-
krieg ausgelöscht wurden. Etliche Kronleuchter wurden während der Weltkriege kon-
fisziert, um für Rüstungszwecke eingeschmolzen zu werden.223 Andere Kronleuchter
blieben infolge dieser militärischen Auseinandersetzungen oder aufgrund anderer
Einwirkungen nur unvollständig erhalten. Sie können aus Restbeständen ursprünglich
mehrerer Kronleuchter komplettiert, durch Neuanfertigungen ergänzt, oder durch

222
Siehe u.a.: Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Kreis Hadeln und Stadt Cuxhaven, 1956,
S. 239. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Landkreis Stade, 1965, S. 103, 115. –
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen, Neubearb., stark erw.
Aufl., 1992, S. 184, 186, 1217 f.,1222 f., 1224. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmä-
ler, Brandenburg, Neubearb. 2000, S. 55 ff. Ein Messingkronleuchter ist dort nicht erwähnt, aber fo-
tografisch im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege dokumentiert. – Des Weiteren kön-
nen adäquate Kronleuchter chronologisch genannt werden in ev. Kirchen: 1633, Weener; 1650,
Buttforde/Niedersachsen (urspr. Bistum Bremen); 1656, Borstel; 1660, Zeven; 1667, Jork/Nie-
dersachsen (urspr. Bistum Bremen); 1668, Hemme/Schleswig-Holstein (s. Schwabstedt, urspr. Bis-
tum Schleswig); 1674, Beeskow/Brandenburg. (urspr. Bistum Lebus); 1700, Esens/Niedersachsen
(urspr. Bistum Bremen); 1709, Reetz /Brandenburg (urspr. Bistum Magdeburg); 1736, Gö-
dens/Niedersachsen; 1738, Adeliges Kloster Preetz (urspr. Bistum Eutin-Lübeck); 1739, Hemme
(s. o.); des Weiteren: Brockhagen/Niedersachsen und Hamburg-Harburg 1645 sowie Haseldorf und
Seester; s. Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1970, S. 547. Ebd., S. 555 f. ist für die evangeli-
sche Kirche Seester-Kurzenmoor kein Kronleuchter mit geflügelter, weiblicher Figur dokumentiert,
aber doch vorhanden. – J. v. Schröder/H. Biernatzki, Topographie, Bd. 1, 2. neu bearb. und verm.
Aufl., 1855, S. 4 f., 16 f., 490, 513. Dies., a.a.O., Bd. 2, 1856, S. 439 f. Bremen und Magdeburg wa-
ren Erzbistümer. Ostfriesland gehörte im Nordosten zum Erzbistum Bremen und im Südwesten zum
Bistum Münster.– Großer Atlas Weltgeschichte, 1997, S. 96.
223
Diesbezügliche Hinweise finden sich unter anderem in den amtlichen Länderinventaren der Bau- und
Kunstdenkmäler für Berlin und das Bundesland Brandenburg.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 64

Erwerbungen im Kunsthandel oder durch Replikate ersetzt sein.224 Nicht immer sind
überkommene Kronleuchter also authentisch und an ihrem Bestimmungsort oder in
ihrem Verwendungszusammenhang erhalten.

Vereinzelt konnte festgestellt werden, dass Kronleuchter bereits im 18. Jahrhundert


in Anbetracht der als unästhetisch empfundenen Defekte oder Instandsetzungsmaß-
nahmen als wertlos erachtet wurden. Sie konnten eingeschmolzen oder veräußert
werden und lieferten so das Ausgangsmaterial für neue Kronleuchter.225

Andernorts entsprachen Kronleuchter aus Metall nicht mehr dem Zeitgeschmack und
wurden als unpassende, störende Beleuchtungskörper aus dem renovierten oder
modernisierten Innenraum entfernt.226 Mitunter gelten Leuchter als spurlos ver-
schwunden. Zeichnet sich hierbei eine gewisse Beliebigkeit ab, sprechen der große
Bestand an Kronleuchtern und die Tatsache ihrer Stiftung für die Beliebtheit dieser
Objekte und ihre Eignung als Zeitdokument und Kommunikationsmittel.

224
Lt. mündlicher Auskunft (E. 1990er Jahre) des Pastors der Ev. St. Johannis-Kirche in Hamburg-
Curslack wurde Mitte des 20. Jh. ein Kronleuchter aus Messing mit einem gekrönten, heraldischen
Doppel-Adler (Kirche, Südseite) im Kunsthandel erworben. – In der Alten Kirche auf Pellworm wurde
Mitte der 1990er Jahre das Replikat eines barocken Kugelkronleuchters installiert. – Im Sommer
1996 stellt die Nordelbische Kirchenzeitung (Evangelisch-Lutherisches Wochenblatt, Nr. 34, Kiel
1996, S. 6) einen Schaftkronleuchter (Höhe: ca. 3 m) des Domes in Hadersleben/Dänemark und im
Zusammenhang mit der Firma Scan Metal in Sölstedt/Jütland vor. Der besagte Kronleuchter weist
mit den Apostel-Statuetten als Subfiguren sowie in der Gestaltung der Leuchterarme und des Knaufs
unter der großen Kugel deutliche Parallelen zum Messingkronleuchter (1638) der Ev. St. Nikolaikir-
che in Kiel auf. Lt. Inventar hat der Dom zu Hadersleben 18 (!) Kronleuchter und datiert drei davon
vor 1605, zwei in das Jahr 1605, der dritte von 1655 und den Rest als Replikat. Siehe Danmarks Kir-
ker, Sonderjylland, Haderslev Amt, 1954, S. 156. – Eine Fotodokumentation (2. Hälfte 20. Jh.) der
Firma Paul Oehlmann, Bielefeld zeigt unter anderem eine Nachbildung des Landknechtskronleuchters
der evangelischen Kirche in Bad Bevensen sowie eine Nachbildung des Kugelkronleuchters (1717)
der evangelischen Kirche in Mittelnkirchen/Elbe nach historischen Fotografien. Der ursprüngliche
Kronleuchter wurde im Weltkrieg konfisziert; siehe Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen.
Landkreis Stade, 1965, S. 502. Das Replikat eines Winkelarmkronleuchters „Büttel“ war Ende der
1990er Jahre während eines Ortstermins in der Firma Oehlmann, Bielefeld zu besichtigen. Von einem
weiteren Exemplar ist bekannt, dass es vor 1996 in die evangelische Kirche in Müden/Aller gekom-
men ist.
225
St. A. Kiel, „Akten des Stadtkonsistoriums in Kiel betreff den Verkauf der beiden alten Messingkro-
nen in der Klosterkirche 1784“ (Nr. 9). Während einer Besichtigung der Klosterkirche in Kiel anläss-
lich der Errichtung eines neuen Chores stellt der Kirchenjurat Friedrich Tamsen fest, ... dass solche
(die beiden Kronleuchter) sehr schadhaft sind und einer sehr großen Reparation bedürfen. Selbige in
brauchbaren Stande zu versetzen, verlangt man 16 M(ark) und dan sind und bleiben es doch altmo-
dische Kronen, die meines dafürhaltens nicht wehrt, daß so viel Geld davon verwandt wird“; „so wa-
re es doch besser, aus den zweyen kleinen alten, eine etwas größere neue machen zu lassen, wofür
man à W (Pfund) Gut 20 ß (Schilling) in Lübeck verlanget“. F. Tamsen skizziert dann, wie das Mes-
sing der eingeschmolzenen Kronleuchter mit der Anfertigung neuer zu verrechnen sei.
226
Mit dem Abbruch der spätgotischen Marienkirche in Husum finden die dazugehörigen Kronleuchter
des 17. Jh. in der vollkommen als klassizistischer Neubau errichteten Ev. Marktkirche keine Ver-
wendung mehr. Lt. R. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, Bd. III,
Register, 1889, S. 109 und vgl. P. Hirschfeld (Hg.), Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-
Holstein, Kreis Husum, 1939, S. 112 gehörten drei Kronleuchter aus Messing der Jahre 1630,
1650/55 (Hl. Elisabeth) und 1643 (heraldischer Doppel-Adler) in die besagte Kirche. Der Kronleuch-
ter von 1643 wurde 1716 in Flensburg und 1773 van Gelbgießer Johann Christoph Wiedecke re-
pariert; s. KKrs.A. H.-B., 232, Akte St. Marien Husum 1605–1852, Notification.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 65

2.4 Die Hängung von Kronleuchtern

Die Platzierung eines Kronleuchters richtet sich augenscheinlich nach der baulichen
Situation des jeweiligen Bestimmungsortes und ist innerhalb dieser überwiegend
sakralen und profanen Repräsentationsräume – wie zum Beispiel in evangelischen
Gotteshäusern sowie in Rathäusern – per definitionem morphologisch und funktional
begründet227: Die freie Hängung des Kronleuchters an Seilen, Ketten oder Gestängen
inmitten eines Raumes trägt sowohl einer effektiven, der Helligkeit dienenden und
glanzvollen, festlichen Nutzung der kranzförmig angeordneten Lichtquellen Rechnung
als auch bedingt der Ästhetik von Beleuchtungsgerät und Interieur. Einer Proportio-
nalität zwischen beiden wird damit nicht zwangsläufig entsprochen – wie zum Bei-
spiel in Otterndorf/Niedersachsen, Evangelische Kirche St. Severi, Winkelarmkron-
leuchter (ca. 80 m Höhe) der Spätgotik und frühen Neuzeit oder Rheinsberg/Bran-
denburg, Evangelische Kirche St. Laurentius, Kronleuchter (Anfang 18. Jahrhundert).
Denn Baukörper und Ausstattung spiegeln häufig historische Prozesse wider.228

227
Großes Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, (…), Bd. 6, Halle/Leipzig 1733, Sp. 1722.
228
Otterndorf/Niedersachsen, Evangelische Kirche St. Severi ist eine große hohe Saalkirche mit Ton-
nengewölbe. – A. Kamphausen, Der Dom der Dithmarscher, die Kirche zu Meldorf, Düsseldorf 1931,
S. 155 f. – Denkelbok der St. Nicolai-Kirche zu Kiel von 1487-1601, in: Ztschr. d. Gesell. f. S.-H.-
Lauenbg. Gesch., Bd. 10, 1881, S. 226. - J. Kinder, Plön. Beiträge zur Stadtgeschichte, 1904, S.
31 f. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. II, 1920. S. 267, 269,
271, 302. – A. v. Brand, Geist und Politik in der Lübeckischen Geschichte, Lübeck 1954, S. 88 ff. –
J. Heers, Vom Mummenschanz zum Machttheater, Europäische Festkultur im Mittelalter, 1986. –
H. Ewe, Das alte Stralsund, Kulturgeschichte einer Ostseestadt, 1995, S. 61. – G. Kießling, Der Herr-
schaftsstand, Aspekte repräsentativer Gestaltung im evangelischen Kirchenbau, 1995. – Gegenwär-
tig hängen drei annähernd gleich große Schaftkronleuchter, das heißt zwei Renaissancekronleuchter
von 1589 und 1590 je einer im Osten und Westen, ein barocker Kugelkronleuchter in der Mitte der
Ev. St. Marien-Kirche in Barth/Vorpommern. Im Inventar vom 20.10.1673 dieser Kirchengemeinde
heißt es: „4. Messingszeugk: Drey über der großen Kirchdiele hangende Crohnen sindt vorhanden
undt ist bey der (Vordersten) gegen den Rahtstuell ein arm hinwegk: Es liegtt aber annoch ein Stück
davon im Altar Pult Schapff hinterm Altar jedoch zerbrochen.“ Ein vierter Kronleuchter im Chor der
Kirche weist formale Parallelen zu den Exemplaren des Dominicus Slodt in der evangelischen St. Ma-
rien-Kirche in Barth auf. – Und auch in anderen Archivalien wird die Hängung von Kronleuchtern in
der Mitte des jeweiligen Gotteshauses, nicht aber die Reihenfolge beschrieben: A) LAS Abt. 7 Nr.
6091, Nr. 53, S. 4. Dom zu Schleswig: „Inventarium der Hochfürstlichen Thumb=Kirchen nebenst
andern dazu gehörigen Gebäuden, Brücken und Schlagbäumen. Anno 1706. Die 3 großen Meßinge
Crone, welche im mittelß großem Gange hangen ... hat ebenfalß folged achter Hr. Prasident der Kir-
chen verehret.“ – B) Im Kirchenbuch der Ev. Christkirche Rendsburg lautet der Eintrag für den 29.
Juli 1721: „Einnahme Caput 111. Vor Leichen auf die Verwesung, sowohl in der Kirche, alß 1.) In der
Kirchen den 29. July die Seel(ige) Jungfer Möllerinn mitten im Stiege unter die Krone in der Kirche in
die Erde davor Herr Pastor Müller bezahlet hat. 42 M.“ (Ki A RD Christkirche Nr. 391 Kirchensachen).
– C) Mölln, Ev. St. Nikolai-Kirche, Kircheninventar 1758: „10. Ein Meßingene Crone mit 16 Arm im
Leichen Hause, worauff die Höltichten Erben Lichter halten.“ Die Inschrift eines Kronleuchters von
1689 in der dortigen Kirche nennt als Stifter einen Jochim Werner Höltig. – D) Und im Verzeichnis
von 1763 der Ev. Kirchengemeinde in Hattstedt/Schleswig-Holstein betreff Kronleuchter von 1644
und 1654; s. KKrs. H.-B., Hattstedt Nr. 240. - Demgegenüber und Quellenstudien im LAS zufolge
scheinen die Informationen zur Gestaltung und Hängung neuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Metall
in Profangebäuden dürftiger; s. C.-H. Seebach, Das Kieler Schloss. Neumünster 1965, S. 19 f. – Vgl.
LAS Abt.7 Kop. Abg. Nr. 1044/166. Landesausstellung Niedersachsen 1985, Staat im Wandel, Kunst
und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150-1650, Bd. 1, (1985), S. 264, Kat.-Nr. 202. – D.
Lafrenz, Das Kieler Schloss, Hamburg 1987, S. 33: „Zur Beleuchtung dienten Messingkronen mit
Kerzen, die an den Gewölbepfeilern befestigt waren (!), oder einfache Brandruten an den Wänden,
womit zum Teil wohl Fackeln, aber auch metallene Wandleuchter gemeint waren.“ Eine derartige An-
bringung von Messingkronen erscheint trotz spärlicher Quellen zu diesen Inventarstücken eher un-
wahrscheinlich, s. vorstehende Anmerkung. Selten gehen vergleichbare Einzelheiten zum Beispiel
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 66

Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland


sind oftmals Stiftungen und insoweit zweck- und ortsgebunden.

Ein einzelner neuzeitlicher Schaftkronleuchter ist vornehmlich zentral platziert – wie


zum Beispiel in Zirkow/Rügen, Evangelische Kirche St. Johannes, Kronleuchter „Dop-
pel-Adler“ mit Subfiguren „Landsknechte“, um 1630 (Abb. 77) oder auf Pell-
worm/Schleswig-Holstein, Neue Kirche, Kronleuchter „Doppel-Adler“, 1704 (vor
Brandschaden, 2. Hälfte der 1990er Jahre).

Mehrere Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts an einem Be-
stimmungsort können axialsymmetrisch angeordnet sein (Güstrow/Mecklenburg-
Vorpommern, Evangelische Pfarrkirche, Kronleuchter „Engel“, 1696 und Kronleuchter
„Doppel-Adler“, 17./18. Jahrhundert; Rössing/Niedersachsen, Evangelische Kirche, 1
Kronleucher „Sitzlöwe“, Evangelisch 16./7. 17. Jahrhundert und eine Nachbildung
anlässlich einer Familienfeier im 19. Jahrhundert; Lüneburg/Niedersachsen, Evange-
lische St. Johannis-Kirche, Kronleuchter, 17. Jahrhundert sowie Rathaus, Fürsten-
saal, je ein Kronleuchter „Sitzlöwe“, 16./17. Jahrhundert und „Doppel-Adler“, 17.
Jahrhundert; Odense/Dänemark, Frauenkirche, ein Kronleuchter, 16./17. Jahrhun-
dert, 2. Exemplar vermutlich eine Nachbildung).229

Überwiegend hängen derartige Schaftkronleuchter in Longitudinalbauten in einer Rei-


he – wie zum Beispiel in Flensburg, Hattstedt und Preetz/Schleswig-Holstein, Evangeli-

aus den verschiedenen Urkundenbüchern hervor, wo im Zusammenhang mit Testamenten oder an-
deren Rechtsangelegenheiten, die sowohl Privatbesitz als auch kirchliche Belange beinhalten können,
mitunter nur das Vorhandenseins einer Ewigen Lampe oder eines Kronleuchters erwähnt bzw. die
Nutzung der Beleuchtung geregelt ist. Vgl. u.a. Hamburgisches Urkundenbuch 1337-1350, Bd. 4, Hg.
Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg, 1967 (U 234/235 Hamburg, 21. März 1345, Ewige
Lampe und U 413 Hamburg, 20. Januar 1350 und U 270, Schwerin, 07. Dezember 1345), s. auch E.
Götz, Die Stadtkirche Unser Lieben Frauen zu Friedberg. Berlin 1984 (Große Baudenkmäler H. 203).
Darüber hängt ein Messingkronleuchter, der wie sein gleichartiges Gegenstück 1752 bei einem Nürn-
berger Händler zur Aufhängung im Mittelschiff bestellt und gekauft wurde...“ – Eine Vorstellung von
der Platzierung eines Metallkronleuchters in Profangebäuden gibt zum Beispiel das Gemälde „Ge-
richtssitzung“ (1625) von Hans van Hemßen, wo zwischen zwei Fensterachsen in der Stirnwand des
dargestellten Audienzsaales ein Kronleuchter mit kleiner Kugel und mehreren Lichtkränzen angedeu-
tet ist; s. A. Graßmann, Lübeck im 17. Jahrhundert: Wahrung des Erreichten. Europäische Konflikte
und Lübeckische Unruhen, in: Lübeckische Geschichte, 2. überarb. Aufl. 1989, S. 435 ff., insbes.
S. 442, Abb. 145. – A. Wendt, Das Schloss Reinbek, Untersuchungen und Ausstattung, Anlage und
Architektur eines landesherrlichen Schlosses, Kiel 1991, S. 65: „Als besondere Ausstattungsstücke
fanden sich hier (im Schlosssaal) ein großer Kronleuchter...“ – H. Ewe, Das alte Stralsund. Kulturge-
schichte einer Ostseestadt, 2. Aufl. 1995, S. 156. Dort ist im Zusammenhang mit der Rechnungsfüh-
rung von 1499 zur Ausstattung des Stralsunder Artushofes „..., von einem Kronleuchter und einem
Marienbild“ die Rede.
229
Ein Ortstermin und ein Gespräch Ende der 1990er Jahre in der Evangelischen Kirche zu Hamburg-
Curslack ergab, dass zu einem vorhandenen Schaftkronleuchter Mitte des 20. Jahrhunderts eine wei-
terer barocker Kugelkronleuchter im Kunsthandel erworben wurde. Somit ist eine axialsymmetrische
Beleuchtung beider Querhausarme der Kirche möglich. – Die Kunst- und Geschichts-Denkmale des
Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Band, 2. Aufl., Schwerin 1901, S. 247. – Die Kunst-
denkmale der Provinz Hannover. I: Regierungsbezirk Hannover, 3: Kreis Springe, 1941, S. 177. –
Die axialsymmetrische Hängung der Schaftkronleuchter im Fürstensaal des Rathauses zu Lüneburg
besteht laut Länderinventar von 1906 nicht im Gegenüber der Bekrönungen „Sitzlöwe“ und „heraldi-
scher Doppel-Adler“. Mit Zerstörung der Evangelischen Kirche St. Lamberti in Lüneburg nahm der
Schaftkronleuchter „Ritter“ (richtig: Römischer Soldat) die heutige Platzierung des Hängeleuchters
mit bekrönenden Sitzlöwen ein, vgl. Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. III: Regierungsbezirk
Lüneburg, 2 und 3: Stadt Lüneburg, 1906, S. 255 und s. S. 130, 241.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 67

sche Kirchen, Bernau und Wittstock a.D./Brandenburg, Evangelische Kirche; Lü-


beck/Schleswig-Holstein, Evangelische Kriche St. Jakobi; Plau, Stralsund (Evangeli-
sche Kirchen St. Marien, St. Nikolai und Heiliggeistkirche sowie ursprünglich auch St.
Jakobi) und Wismar/Mecklenburg-Vorpommern; Kopenhagen/Dänemark, Heiliggeist-
kirche; Tondern/Dänemark, Kristkirche.230

Ist der Bestimmungsort von Kronleuchtern über einem Grundriss in Gestalt eines
griechischen Kreuzes errichtet, kann die Hängung der besagten Leuchter daran ori-
entiert sein – wie zum Beispiel in Rostock/Mecklenburg-Vorpommern, Marienkirche
(Abb. 126), sechs Kronleuchter 16., 17. und 18. Jahrhundert oder wird mittels Neu-
erwerbungen darauf abgestimmt (Rendsburg/Schleswig-Holstein, Evangelische
Christkirche, der Bestand von drei Barockkronleuchtern „Caritas“, „Doppel-Adler“ und
„Jupiter auf Adler“ wird um zwei Schaftkronleuchter des 19. Jahrhunderts erweitert
und erlaubt eine kreuzförmige Hängung im Raum).231

Die Hängung von (Schaft-)Kronleuchtern in gleichmäßigen Intervallen in Kirchen ist


des Weiteren von der diesbezüglich verfügbaren Anzahl von Gewölbejochen be-
stimmt oder richtet sich nach Unterzügen von Balken- bzw. gerade abschließenden
Raumdecken.

Quantitativ und/oder qualitativ ungleiche Kronleuchterbestände an einzelnen Be-


stimmungsorten können zu asymmetrischen Platzierungen der Leuchter führen – wie
zum Beispiel Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts gesehen in den Evangelischen Kir-
chen in Bad Freienwalde/Brandenburg und Esens/Niedersachsen oder im Dom zu
Schleswig/Schleswig-Holstein.

Gleichartige Schaftkronleuchter und/oder Bekrönungsfiguren ermöglichen Symmet-


rien (Preetz/Schleswig-Holstein, Stadtkirche, Schaftkronleuchter „Doppel-Adler“,
1641; „Engel“, 1696; „Doppel-Adler“, 1649), sofern die Stiftung und Hängung dieser

230
Von ursprünglich drei Schaftkronleuchtern (1684, 1709 und 1745) der Evangelischen Kirche in Ha-
genow/Mecklenburg-Vorpommern ist Ende der 1990er Jahre nur das Exemplar von 1745 erhalten
und hängt nicht mehr mittig wie noch im neogotischen Interieur, sondern über der Taufe und diago-
nal zum Altar im erheblich verkleinerten und modernisierten Kirchenraum, vgl. Die Kunst- und Ge-
schichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, III. Bd., 2. Aufl., Schwerin 1900,
S. 6. – Ferner konnte eine seitliche Hängung eines Schaftkronleuchters (17./18. Jahrhundert) nahe
zum Seiteneingang in der Evangelischen St. Marien-Kirche in Salzwedel/Sachsen-Anhalt im Herbst
2000 festgestellt werden. – Betreff Goslar/Niedersachsen befindet sich der frühneuzeitliche
Schaftkronleuchter „Römischer Soldat“ heute in einem an die Diele des Rathauses angrenzenden
Raum und nicht mehr in Reihe mit den spätgotischen Geweihleuchtern und einem gegossenen Kapel-
lenkronleuchter, vgl. Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim, 1
und 2: Stadt Goslar, 1901, S. 302.
231
Die genannte Reihenfolge der Schaftkronleuchter in der Evangelischen Christkirche in Rendsburg ist
auf die gegenwärtige Hängung von Ost nach West bezogen. Die Bekrönung des östlich hängenden
Leuchters „Caritas“ ist eindeutig k e i n e Christus-Figur; s. Die Kunstdenkmäler des Landes Schles-
wig-Holstein, Hg. H. Beseler, 1979, S. 642 und vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenk-
mäler, Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl., 1994, S. 743 und vgl. ebd.
S. 342 sowie G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen, 1992,
S. 1344 (Werdum). Der mittlere Kronleuchter „Doppel-Adler“ in der Evangelischen Christkirche zu
Rendsburg weist stilistische Parallelen zum Kronleuchter (1661) in der Evangelischen Nikolaikirche in
Kiel auf, s. Bildband der vorliegenden Kronleuchterstudie, Abb. 13.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 68

Beleuchtungsgeräte nicht auch Nutzungsrechte von Kirchenständen, Grablegen oder


anderweitiges zu dokumentieren hat.232

Unabhängig davon, ob Kronleuchter nach Wachslichter tragen oder aufgrund unter-


schiedlicher Erwägungen (Pflege, Nutzung, Modernisierung) nachträglich elektrifiziert
wurden, können über stilistisch vergleichbare, vorhandene Wandleuchter im Raum
hinaus zusätzlich modern Hänge-, Decken- und Wandleuchter installiert sein.

Ob historisch oder modern – Beleuchtungsgeräte sind Kunsthandwerk, sofern sie in


limitierter Stückzahl gleichermaßen stilistische, materialästhetische und funktionale
Kriterien in manueller Verarbeitung erfüllen.

Die Grenzen zum Kunstgewerbe sind fließend. Sobald angesichts einfacher, schlichter
Formgebung, Materialeigenschaften und hoher Auflagenzahlen eine serielle Produkti-
on nahe liegend erscheint.

Dass Kronleuchter oftmals nach Größe und einem danach bestimmten materiellen
Wert beurteilt werden, überrascht ebenso wenig wie ihre scheinbar freie Hängung –
im übertragenen Sinne. So können Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18.
Jahrhunderts – wie zum Beispiel die zwischen 0,70 und 1,20 Meter hohen frühneu-
zeitlichen Winkelarmkronleuchter mit ihren spezifischen Bekrönungsfiguren unter-
schiedlich platziert sein: Eine dieser charakteristischen Bekrönungen bilden – neben
Motiven wie Römischer Soldat, Büttel, Wilde Leute und heraldischer Doppel-Adler –
die Darstellungen von Landsknechten.233

Die so genannten Landsknechtkronleuchter können inmitten eines kleinen Gottes-


hauses (Kosel/Schleswig-Holstein, Abb. 74; Oederquart/Niedersachsen) oder als ein
exemplar unter verschiedenen Kronleuchtern vor der Orgelempore (Steinkirchen,
Elbe/Niedersachsen, Evangelische Kirche) oder seitlich, das heißt über Fünfen und
Taufständern (Holzminden/Niedersachsen, Evangelische Kirche) platziert sein (Abb.
73). Sofern letztere nicht bereits mit einer Taufkrone – möglicherweise kronleuchter-
artigen Abdeckung konzipiert sind und hier wie dort den Bezug zu den Kasualien ver-
deutlichen.

Andere Beispiele dieses Kronleuchtertyps der Renaissance, die auch eine Löwen-
kopfmaske als Unterhang besitzen und nach oben aber mit einem gekrönten, heral-
dischen Doppel-Adler abschließen, sind ebenfalls unterschiedlich platziert: Im Dom
St. Petri zu Lübeck hängen sie axialsymmetrisch – seitlich des Chors (Abb. 102) in
der Evangelischen Kirche St. Johannis in Hamburg-Neuengamme vor der Orgelempo-

232
Siehe u.a. HSTA 148 St. Marien, Stralsund, „Todten-Register“. – Schaftkronleuchter der Evangeli-
schen Kirche in Hamburg-Ochsenwerder, s. HHStA Archiv Ochsenwerder I A ) a 1, Auszug aus dem
Kirchenbuch 1619. – Vgl. Munkbrarup/Schleswig-Holstein, J. Stüdtje, Die Chronik des Kirchspiels
Munkbrarup, Bd. 1, Schleswig 1975, S. 45. – Die Befestigungstechnik und -vorrichtung zur Hängung
der Kronleuchter ist sehr unterschiedlich, s. Die Bau und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt
Lübeck, Bd. III, T. 2, 1920, S. 281. – Vgl. Bildband der vorliegenden Kronleuchterstudie, Abb. 39,
48.
233
Siehe Kapitel 3 der vorliegenden Kronleuchterstudie sowie Bildband, Abb. 68-79 und Verbreitungs-
karte und/oder digitalisierte Übersichtskarte.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 69

re (Abb. 75). Eine Fotografie von 1897234 zeigt ein entsprechendes Exemplar (um
1594), das im Chorraum der Kirche des Adeligen Klosters Preetz/Schleswig-Holstein
nahe zum Altar hängt. 1845 heißt es im „Verzeichnis der Pflichten und Einnahmen
des Organisten Präcentors und Küsters am Kloster zu Preetz“ unter anderem

„Bei Sterbefällen mit feierlichem Leichenbegängnissen (…) wird der, zunächst bey
der großen Gitterthür hängende kleinste Kronleuchter herunter genommen (damit er
nicht mit dem Sarg berührt werde).“235

Und im Rechnungsbuch ist eingetragen: „1756, den 20. Seb. (September) ist das
Begräbnis auffem Kohr under der Crohn auff und zu gemacht.“236

Der besagte „kleinste Kronleuchter“ oder die „Crohn“ sind dort nicht weiter beschrie-
ben. Es dürfte der frühneuzeitliche Winkelarmkronleuchter (um 1595) mit Doppel-
Adler und Löwenkopfmaske gemeint sein. Denn dieser Leuchter hat im Gegensatz zu
den drei übrigen (Abb. 98, 120, 121, 139) Kugelkronleuchtern (17./18. Jahrhundert)
nur einen Durchmesser von ca. 60 cm.

Einem Akteneintrag zufolge hat 1711 „Frau Ide Schakken von (…)orghoff der Kloster
Kirchen eine Messingue Leuchter Krone verehrt. Undt Fräulein Anna Margareta Se-
hestedten sich erboten, die darauf nöthigen lichter jederzeit anzuschaffen, so ist be-
liebet, daß gedachte Krone hinter dem Saugstuhl gehanget werden soll.“237

Von einem dritten Schaftkronleuchter aus Messing in der Klosterkirche zu Preetz ist
1845 zu lesen:

„Zu den gewöhnlichen Sonntagen. Gegen 3 Uhr im Sommer und gegen 2 Uhr im
Winter (…) werden die Examen- und große Norder-Kirchenthür geöffnet; (…) das in
dem sogenannten Durchgange (= alter Beicht-Stuhl) stehende Pult, zum Gebrauch
für den Prediger bey den Examen; in das Schiff der Kirche, und unter dem, der Exa-
mensthür gegenüber hängenden Kronleuchter gesetzt.“238

Es gibt keinerlei Hinweise, auf welchen der zwei verbleibenden Kronleuchter dieser
Akteneintrag bezogen sein könnte (Abb. 98, 120, 121, 139). 43 Jahre vergehen als
der Landeskonservator Richard Haupt Anfang des 20. Jahrhunderts inventarisiert: „4
schöne Kronleuchter, der im Chore mit einem Adler (Abb. 98). Der westlichste, von
1738 (Abb. 139), ist besonders gut und schwunghaft, mit 2 mal 6 Armen. Auf der
unteren stehen kleine Gestalten der Tugenden, oben steht die Justitia.“239

Die Platzierung eines Hängeleuchters im Chorraum der Klosterkirche zu Preetz und


die der weiteren in je einem Gewölbejoch des in diese Stützbasilika eingebauten

234
Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein in Kiel, Fotothek, vgl. LDSH IV B (1897), LDSH S
832 (1905) und LDSH L 839 (1917).
235
KAP V B a 1 und b 1-9. – Gitterthür bezeichnet die schmiedeeiserne Chorschranke (1738 von M.
Dahl) in der besagten Kirche des Adeligen Klosters Preetz.
236
KAP Kloster-Kirchen-Rechnungen, 1. März 1756, Ostern 1757.
237
KAP Akte 1705/1711 „Allerhand interessante Nachrichten und Urkunden des Klosters Preetz“, S. 25
f.
238
KAP V B a 1 und b 1-9 (1845).
239
R. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, Bd. II, Kiel 1888, S. 171.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 70

Nonnenchores bleibt maßgebend für die Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts
vollzogenen – und en passant dokumentierten – Umhängungen. Diese erfolgen von
West nach Ost, so dass der oben genannte „Tugendleuchter“ (Abb. 13) (das heißt
der Kronleuchter der Anna Hedwig von Offenburg und Dorothea Catrina Pogrell,
1738) im zweiten westlichen Gewölbejoch des Nonnenchores hängt.240 Infolgedessen
erhält der große Kugelkronleuchter mit dem aufgelegten Wappen derer von Qualen
und der Bekrönung „Jupiter auf Adler“ (Abb. 121) seinen Platz vor dem Chorgitter
und hinter diesem im Chorraum der kleinere mit einer entsprechenden Figurengrup-
pe (Abb. 120). Dies führt zu Umhängungen des von Anna Brocktroff gestifteten
Kronleuchters (um 1594) aus dem Chorraum in das westlichste Joch des Nonnencho-
res – mithin unmittelbar vor den ehemaligen Priorinnensitz.241 Die Stiftung und Nut-
zung dieses Hängeleuchters ist an den Fortbestand der Klosterkirche gebunden.242

Desgleichen weist die Inschrift des nächsten, das heißt des „Tugendkronleuchters“
(1738) mit einem gravierten Allianzwappen der Familien von Offenberg und Pogrell
auf die Zweckbindung der Stiftung an den Bestimmungsort hin:
„Diese Crone
Welche des Herren Tempel gewidmet
von der Wohlehrwürdigen und Hochwohl geborenen
Fräulein Anna Hedwig von Offenberg Conventualien dieses Hochadlichen Stifts ist nach
Dero Seel. Absterben Anno MCCCXXXVIII den 24. Dec.
Zum Andenken überliefert von
einer Freundin dieses Closters Preetz“

Indem innerhalb der ersten drei Jahre des 21. Jahrhunderts die Reihenfolge dieses
zweiten und des dritten Schaftkronleuchters (von Westen) im Nonnenchor wechselt,
befindet sich nunmehr der großen Kronleuchter „Jupiter auf Adler“ mit dem aufgeleg-
ten Wappen des Adelsgeschlechts von Qualen in jener räumlichen Querachse wie die
Grabplatte (1779) dieser Familie im nördlichen Seitenschiff der besagten Klosterkir-
che zu Preetz.243

Weitere Beispiele dafür, dass die kleineren, ihrer Datierung und/oder Formensprache
nach älteren Kronleuchter im Chor bzw. in unmittelbarer Nähe zum Altar und die
größeren Schaftkronleuchter des Barock im Mittelschiff der Kirchen aufgereiht hin-
gen, können unter anderem für die evangelischen Kirchen Lübecks und Kiel/Schles-

240
Vgl. J. Siebmachers Wappen-Buch (1701/1772). Faksimile-Nachdruck, München 1975, Nr. 50, 139,
Inschrift s.u.
241
Die Motivation, die zur Umhängung führte, ist bisher unbekannt. Im 19. und bis Mitte des 20. Jahr-
hunderts ist die Stelle des Priorinnensitzes Standort des spätgotischen Schreinaltars „Hl. Sippe“.
Nach dessen Neuplatzierung ist dort die gotische Darstellung des Gnadenstuhls sichtbar, vgl. R.
Paczkowski, Die Altäre der Preetzer Klosterkirche, in: Jb. für Heimatkunde im Kreis Plön, 17. Jg.,
1987, S. 37-53.
242
A. Jessien, Diplomatarium des Klosters Preetz, 1838, S. 187 f.
243
Siehe Johann Siebmachers Wappen-Buch (1701/1772), Faksimile-Nachdruck 1975, Nr. 3, 154. –
H. H. Qualen, Die von Qualen, Geschichte einer schleswig-holsteinischen Adelsfamilie, Kiel 1987. –
Es sind keinerlei Hinweise bekannt, die diese angenommenen Zusammenhänge bestätigen.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 71

wig-Holstein sowie für Hagenow/Mecklenburg-Vorpommern genannt werden und wä-


ren um eine Vielzahl aus anderen Orten und Ländern zu ergänzen.244

Historischen Schriftquellen aus Lübeck zufolge liegen der Hängung von Beleuch-
tungsgeräten im Kirchenmittelschiff offenbar (spät-)mittelalterliche Traditionen zu-
grunde.245

Ursachen, die zum Verzicht auf vorhandene Kronleuchter, das heißt zu ihrer Verän-
derung oder Veräußerung führen können, sind unterschiedlich motiviert.246 Entspre-
chende Entscheidungsfindungen beruhen häufig auf Kosten-Nutzen-Analysen, inwie-
weit die als notwendig erachteten Reparaturen und Ergänzungen an abgenutzten,
abgestürzten Kronleuchtern oder Um- und Neugüssen vergleichbarer Exemplare
nicht ausschließlich wirtschaftlich, sondern auch hinsichtlich des liturgischen Verwen-
dungszwecks sowie betreff Materialwert und ästhetischer Ansprüche zu rechtfertigen
sind.247 Schließlich beginnen etliche Kronleuchterinschriften – insbesondere des 17.
und 18. Jahrhunderts – damit, dass der Leuchter Gott zur Ehre und der Kirche zur
Zierde gereichen soll.248

In diesem Zusammenhang lässt sich nach gegenwärtiger Kenntnis weder bestätigen


noch widerlegen, dass Schaftkronleuchter als Stiftungen generell erhalten bleiben im
Gegensatz zu jenen, die ohne diese rechtliche und moralische Verpflichtung im Han-
del erworben und möglicherweise einem wechselnden Kunstverständnis eher preis-
gegeben werden.249

Während Bestimmungsort und Platzierung eines Kronleuchters benannt sein können,


findet die kunsthandwerkliche Gestaltung von Schaftkronleuchtern – im Ganzen oder

244
F. Volbehr, Beiträge zur Topographie der Stadt Kiel in den letzten drei Jahrhunderten, T. 1: Schloss
und Altstadt, in: Mitteilungen d. Gesell. für Kieler Stadtgesch., H. 3, Kiel 1881, S. 109. Die Restau-
rierung der Schaftkronleuchter von 1638 und 1661 der Evangelischen St. Nikolai-Kirche Kiel erfolgte
Mitte des 20. Jahrhunderts und zur Jahrtausendwende. – Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des
Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, 1900, S. 6. Gegen Ende der 1990er Jahre prästentierte die
evangelische Kirchengemeinde Hagenow im Rahmen einer Fotodokumentation zu erfolgten Baumaß-
nahmen und neuen Nutzungskonzepten des Gotteshauses mit abgetrennten Wohneinheiten histori-
sche Aufnahmen des Ende 19./Anfang 20. Jahrhunderts neogotisch gestalteten Innenraums unter
Verwendung der älteren Schaftkronleuchter. Der Verbleib der jeweils ältesten Exemplare (in Kiel von
1577, in Hagenow von 1684) ist unbekannt. – Zur Hängung weiterer Schaftkronleuchter siehe u.a.
H. Ewe, Das alte Stralsund, 2. Aufl., 1995, S. 47 (Abb. 47), 49 (Abb. 49), 75 (Abb. 75).
245
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III (1920), S. 275.
246
Ebd., Bd. II, T. 2 (1906), S. 404. – Die Bau- und Kunstdenkmäler, Regierungsbezirk Stettin, Bd. 1,
Stettin 1900, S. 129 (Anklam, Marienkirche). – Die Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Os-
tens, R. A., Bd. 5, Stadt Danzig, Stuttgart 1972, S. 60 (St. Trinitatiskirche).
247
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. II (1906), S. 420 (Umguss). –
St.A Kiel Nr. 789, sog. Braunes Kirchenbuch, S. 173 (1748 betreff Kronleuchter der Klosterkirche in
Kiel). – KKrs. A. H.-B., 232, Akte 1605-1852, St. Marien Husum, „Notification von der niedergefalle-
nen Krone.“
248
Inschriftlich zum Beispiel auf Schaftkronleuchtern mit Bekrönung „Engel“ oder weiblichen Figuren:
1646 Rotenburg bei Stade und 1650 Buttforde/Niedersachsen, 1650 Tondern/Dänemark, Kristkirche,
1653 Helsingør/Dänemark, St. Olaf, 1660 Zeven/Niedersachsen, 1667 und 1672 Heide/Schleswig-
Holstein, 1678 Bielefeld/Nordrein-Westfalen, St. Nikolai, 1709 Reetz/Brandenburg.
249
Kronleuchterbestände wären auf tatsächliche Stiftungen zu prüfen. – Zum Verkauf von frühen Mes-
sing- oder Kupferkronleuchtern s. u.a. A. Hagedorn, Ein Bild des Heiligen Olaf, o.A., S. 152 (Kron-
leuchter aus Bergenfahrer-Schütting um 1472). – Die Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Os-
tens, R. A, Bd. 5, Stadt Danzig, Stuttgart 1972, S. 60 (Kronleuchter, 1580).
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 72

im Detail resp. Bekrönungen und Unterhänge – wie auch deren räumliche Ausrich-
tung – in Schriftdokumenten keine Erwähnung – gegebenenfalls als Akteneintrag
angesichts größerer Reparaturen. Ob der für die Bergenfahrerkapelle der St. Marien-
kirche zu Lübeck genannte Hängeleuchter (1581-1766) aus Messing in Anbetracht
der ungeraden Anzahl, das heißt fünf Leuchterarme und mit der Statuette des Heili-
gen Olaf einen unvollständigen Schaftkronleuchter oder eine Sonderform der Be-
leuchtungsgeräte – wie zum Beispiel die so genannte Müllerkrone im Dom zu Lübeck
darstellt, kann hier nicht beantwortet werden.250 Hinsichtlich der Hängung von
Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts spielen ideelle Werte
gegenüber materiellen offenbar nur in Einzelfällen eine Rolle.251

Insofern erscheinen Zweifel berechtigt, dass die im folgenden Kapitel als For-
schungsgegenstand vorgestellten Bekrönungsfiguren und Unterhänge (früh-)neuzeit-
licher Schaftkronleuchter aus Messing über ihren dekorativen Anteil am ikonographi-
schen Programm dieser Beleuchtungsgeräte hinaus als Bedeutungsträger differen-
ziert werden. Zumal das Gros dieser Statuetten einfach konturiert und in seiner
gruppenspezifischen Gestaltung mehrfach verbreitet ist. Der große Bestand an
Schaftkronleuchtern aus Messing in Norddeutschland und im benachbarten Ausland,
die Handelsverbindungen und Messingverarbeitung sowie die Wiederholung von Mo-
tiven und Formen lassen eine serielle Produktion vermuten.

Die nach dem Baukastenprinzip konzipierte Morphologie der Schaftkronleuchter so-


wie die ungleichmäßige Verteilung annähernd gleich großer Gruppen bestimmter Be-
krönungsfiguren sprechen für eine bedarfsorientierte Vielfalt und ein besonderes In-
teresse daran – abgesehen von nachträglich oder unsachgemäß komplettierten Ex-
emplaren oder jüngeren Replikaten. Weisen doch sowohl die oben genannten Bei-
spiele aus Preetz (1595), Kiel (1638 und 1661) und Hagenow (1745) sowie etliche
andere Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts evangelischer
Kirchen in Norddeutschland darin Parallelen auf, dass über die Stiftung von Kron-
leuchtern hinaus mittels zweckgebundener Renten und Legate für die kontinuierliche
Bestückung der Leuchter mit Wachslichtern gesorgt wird und folglich für die Nutzung
und Erhaltung dieser Beleuchtungsgeräte.252

250
KKrs. A. H.-B., 232, Akte 1605-1852, St. Marien Husum, „Notification von der niedergefallenen Kro-
ne“. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. II, T. 2 (1906), S. 405,
423. – Ebd., Bd. III (1920), S. 273.
251
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansenstadt Lübeck, Bd. III (1920), S. 236 f.; Bd. IV
(1928), S. 421, 554, 596. – KiA Barth, Kirchen-Rechnungen 1602. – Vgl. HSTA Rep. 16, Nr. 312. –
E. Meyer, Der gotische Leuchter in Stans, in: FS Hans R. Hahnloser (1961), S. 151-184.
252
KAP VB a 1 und b 1-9 (1845), Verzeichnis der Pflichten und Einnahmen des Organisten und Küsters
am Kloster zu Preetz.“ Dort heißt es, dass jährlich einmal, etwa zu Pfingsten die „Kronen- und
Schild-Leuchter und mit ihnen zugleich die Kirche totaliter mit der großen Stockeule gereinigt (wer-
den)“ – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Leitern und Treppenstühlen die Leuchter stückweise
auseinanderzuschrauben und jeder besonders in die Küsterwohnung zu tragen sei. „Hierbei darf es
aber der Küster an seiner Gegenwart und Aufsicht nicht fehlen lassen, um das nachlässige Behan-
deln und Zerbrechen dieses Kircheneigenthums möglichst zu verhindern und sich und die Kirche vor
Schaden zu sichern. Auch darf das Reinigen der Leuchter weder durch Säuren noch (…) Sieden be-
schafft werden, sondern man nimmt dazu sehr fein geriebenen Rothstein, Oele und einen weichen
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 73

Bei der Auswahl der folgenden Beispiele handelt es sich um Stiftungen von Privatper-
sonen an eine Kirche/Kirchengemeinde: 1634 in Bad Oldesloe, Evangelische Kirche
St. Peter und Paul, Kronleuchterinschrift:

„ANNO · 1634 · HEFT · DER · EHRBAR · DANIEL · FISCHER · BORGER · IN · LÜBECK ·


DISSE · KRONEN : VEREHRET · THO · GOTTES · EHREN · MIT · EWIGER · RENTTE ·
THO · UNDERHOLDING · DER · LICHT“

Weitere Schaftkronleuchter unterschiedlicher Größe und Gestaltung, die als Dotation


von Privatpersonen in evangelische Kirchen gelangten und mittels zweckgebundenes
Sondervermögen seitens Leibeserben oder von der örtlichen evangelischen Kirche
kommissarisch unterhalten werden, kommen unter anderem vor in Stralsund, St.
Marien, Kronleuchter „Pelikan“, 1649, Eheleute M. Rateke253 und im gleichen Jahr im
Preetz/Schleswig-Holstein, Stadtkirche, Kronleuchter „Doppel-Adler“ – gegeben von
Dorothea Wensin, Konventualien des Adeligen Klosters Preetz254; ferner in Lauen-
burg/Elbe, Maria Magdalenen Kirche die Schaftkronleuchter mit „Adler“ (1651) und
„Jupiter auf Adler“ (1644) der Familien Jürgen und Hans Dochtermann255 oder im
Dom zu Lübeck der Schaftkronleuchter „(Friedens-)Engel“ des Hökers Arendt Sigel-
low.256

Neben dieser Auswahl aus einem sehr großen Bestand an Kronleuchterstiftungen


einzelner Donatoren sind entsprechende Beispiele für Personengruppen: Kirchenge-
schworene und Ratsleute257 zu nennen sowie jene der Bruderschaften, Handwerk-
sämter sowie der Kompanien– wie zum Beispiel 1611 der Schuhmacher in Ber-
gen/Rügen, Evangelische Kirche258; 1623 der Schuhmacher in Eberswalde/Branden-
burg, Evangelische Kirche

„Die Schuhmacher Crone (…) bestehet aus 12 Armleuchter, und ist auch 1623 aus ih-
ren Mitteln in der Kirche angeschaffet, wird in dem Weihnachten auf Kosten des Ge-
werckes mit Wachs Lichtern bestecket, geben daher in der Kirche von angenommene
Meister und Lehr Jungen kein Wachs Geld, wie andere Gewercke Probanden sind, wie-
get etwa ¾ Centner schwer. Es hat dieses Gewerck, nach Alter gerechtfertigt, vor ihre

wollenen Lappen.“ (Wahlweise Kreide oder Englische Erde, Hühnerfutter und Polierbürste). – KiA
Plön, Rechnungsbuch 1696/97. – Siehe ferner Kronleuchterinschriften vor Ort.
253
Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. V, Der Stadtkreis Stralsund, Stettin 1902,
S. 451.
254
KiA Preetz, KR 1636-1740/83.
255
S. Seeler, Die Maria Magdalenen Kirche Lauenburg (Elbe), a.a.O. und J. S. 29.
256
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III, T. 1 (1919), S. 281. – Vgl.
ebd., Bd. II, T. 2 (1906), S. 405.
257
F. Vollbehr, Beiträge zur Topographie der Stadt Kiel in den letzten drei Jahrhunderten, T. 1: Schloss
und Altstadt, in: Mitteilungen der Gesell. f. Kieler Stadtgesch., H. 3 (1881), S. 109. – Krs. Eberswal-
de-Barnim, Historisches Stadtarchiv Nr. 5733, „Kurtz historische Nachricht der in der Chus- und Mit-
tel-Mittel-Marck Brandenburg belegenen imediat Stadt Neustadt-Eberswalde … Verfasset von Johann
Albrecht Beling, Küster bey der evangelisch Lutherischen Kirche (…)“, 1769, § 7 (S. 87).
258
Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen/Bezirk Rostock, Bd. 1, Leipzig 1963, S. 85 ff. – Vgl. S. Seeler,
a.a.O.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 74

Gesellen, nahe an der Orgel, ein eigenes Chor, davon aber die Sitze in der 1sten Reihe
von den Meistern baar an die Kirche bezahlet werden müssen (…).“259

Weitere Beispiele bieten die so genannte Schneiderkrone („Doppel-Adler“), 1641,


Preetz/Schleswig-Holstein, Stadtkirche260; 1652 bis 1655 die Schaftkronleuchter der
Vereinigten Bruderschaft (mit „Salvator mundi“, 1655) und einem vergleichbaren
Exemplar (1652) des Handwerkeramtes sowie der Kronleuchter (1652, gegenständli-
che Bekrönung) der Isländischen Kompanie in der Stadkirche zu Glückstadt261; 1691
der Kronleuchter „Römischer Soldat“ der Garnweber in Bergen/Rügen262 oder die so
genannte Schusterkrone von 1696 in Preetz mit bekrönender Engel-Statuette und
angehängter Miniatur eines Schaftstiefels.263

Seltener sind Schaftkronleuchter als Gemeinschaftsprojekt wie im folgenden doku-


mentiert:

„Verzeichniß des Messings was an Kronen, Armen und Leuchtern ist in der Kirche
(Heilig-Geist-Kirche, Stralsund).

Zum ersten eine große Krone mitten in der Kirche die bey Zeiten des Hr. Predigers
Matthäus Kalander ist gemacht worden, und von dem Gelde so err von der Gemeinde
und den Bürgern, so zu der Kirche alda sichhalten, hat colligieren lassen bezahlet.“264

Ein wesentliches Moment für die Hängung von Schaftkronleuchter aus Messing des
16. bis 18. Jahrhunderts in evangelischen Kirchen Norddeutschlands ist – Urkunden
und Kronleuchterinschriften zufolge – die Tatsache der Stiftung. Diese bedeutet
grundsätzlich, Vermögen einem dauernden Zweck zu widmen und mittels daraus er-
zielter Erträge den Willen des Stifters zu erfüllen.265

Die Dotation der besagten Beleuchtungsgeräte ist ein sichtbarer Beitrag zur Fabrica
ecclesia und fernerhin, dass Kommunikation geschaffen oder bestehende Gemein-
schaften geprägt werden.266

259
Krs. A. Eberswalde-Barnim, Historisches Stadtarchiv Nr. 5733, „Kurtz historische Nachricht der in der
Chur- und Mittel-Mittel-Marck Brandenburg belegenen imediat Stadt Neustadt Eberswalde (…) Ver-
fasset von Johan Albrecht Beling, Küster bey der evangelisch Lutherischen Kirche (…)“, 1769, § 8
(S. 87).
260
J. und H. Engling, Altes Handwerk im Kreis Plön, Von der ersten schriftlichen Überlieferung bis zum
Jahr 1867, Neumünster 1990, S. 24 ff.
261
F. Michaelsen, Die Glückstädter Lichterkronen, in: Steinburger Jb., 9. Jg. (1965), S. 91-99. – Vgl.
Abb. LDSH PK III 1594. – Vlg. Schaftkronleuchter (1654) des „Stekenitzfahreramtes“ mit Darstellung
der Schutzpatronin Maria Magdalena als Kronleuchterbekrönung im Dom zu Lübeck, s. Die Bau- und
Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III, T. 2 (1920), S. 279.
262
Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen/Bezirk Rostock, Bd. 1 (1963), S. 85 ff.
263
M. Berwing, Preetzer Schuhmacher und ihre Gesellen 1750-1900, Aufschlüsse aus Archivalien
(1982), Abb. 3 bis 5.
264
HSTA Rep. 9 Nr. 186 (1644) „Acta Coenobie Spirit Scti. bt. die Kirchengeräthe beim Heil. Geist,“
XVII Verzeichnis, vgl. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. V, Stadt-
kreis Stralsund, Stettin 1902, S. 382 f. – Vgl. H. Ewe, Das alten Stralsund, 2. Aufl. 1995, S. 79 f.
265
M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossenschaft, Hg.
D. Geuenich, O. G. Oexle, Göttingen 1994 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Ge-
schichte Göttingen), S. 268 ff., insbes. S. 270, 276, 280.
266
KiA Lauenburg, 5133 Beleuchtung Nr. 959/768, Urkunde btr. Schenkung Kronleuchter Dochtermann
1651. – S. A. Möller/Lbg. – H. Ewe, Das alte Stralsund, 2. Aufl. 1995, S. 42.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 75

Bezweckt ihre Ausstattung mit einem Stiftungsgut einerseits die Unabhängigkeit von
fremder Herrschaft, verpflichtet sie andererseits ihre Nutznießer durch Stiftungsauf-
lagen – wie die Memoria an den Donator und die oben genannte Pflegschaft.

Dies beschreibt ein soziales System, das zwar den Tod überdauert, aber angesichts
der Folge von Geschichte schreibenden Ereignissen eine Verankerung in der Umwelt
und Regelungen der Außenbeziehungen erfordert.267 Nimmt die Stiftung und Nutzung
von Lichtvermögen auch im 16. bis 18. Jahrhundert einen festen Platz ein268, vermit-
teln (früh-)neuzeitliche Schaftkronleuchter aus Messing samt des ikonographischen
Programms, dass die auf Leuchter und Wachs übertragene Lichtsymbolik nicht hinfäl-
lig, aber infolge von Umstrukturierungen auf eine andere Ebene gestellt ist.269

Eine Lichtsymbolik von Beleuchtungsgeräten im kultischen Gebrauch wird für Hänge-


leuchter – nach Öllampe und/oder zusätzlich zum Ewig Licht – ausdrücklich auf die
monumentalen Lichtkronen der Romanik bezogen.270 Denn hier sitzen die Wachslich-
ter in dichter Abfolge auf oder an der Außenseite dieser architektonisch sowie teils
filigran gestalteten Metallreifen. Und dieser Komposition kann so oder in Verbindung
mit figürlichen Darstellungen eine Zahlensymbolik zu Grunde liegen. (Abb. O, 4) Als
Sinnbild des Himmlischen Jerusalems mit seinen Stadttoren und als glänzende, neue
Stadt prägt dies eine gewisse Vorstellung von der Gottesstadt, von der darin herr-
schenden Ordnung und von der Ewigkeit. Und dieser Anspruch lässt eine Platzierung
dieser Lichtkronen in der Vierung, im Hohen Chor oder Sanctuarium - also in deutli-
chem Bezug zum Hauptaltar und dessen Stellenwert vermuten.

267
M. Borgolte (1994), S. 269, 276.
268
Siehe u.a. Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. II, T. 2 (1906), S.
405. – KiA Eckernförde KR Lichtregister 1659-1680. – KiA Plön St. Nikolai KR 1693. – KKrs. A H.-B.,
98 Varia (1696) St. Marien Husum. – KiA Barth Kirchen-Register 620, 1734. – KAP V B c+d (um
1749) „Die Lichter auf den vier Cronen muß jades ein halb Ellen lang, und neun Loth schwer seyn.” –
Urkundenbuch zur Chronik der Stadt Plön. Urkunden und Akten, gesammelt und mit Erläuterungen
versehen von J. Kinder, Plön 1890, S. 355 f., 478.
269
Zu Licht in der Liturgie im Allgemeinen s. J. Sauer, 1924, S. 181 ff. – J. Braun, Das christliche Altar-
gerät, 1950, S. 492 ff. – J. Ritter, Mystik und Liturgie als lichttechnische Größe, in: Zeitschr. Licht &
Architektur, 1. Jg., Nr. 4, Gütersloh 1993, S. 1. Wenn Licht zur Glaubensfrage wird. - B. Kahle, Vom
Umgang mit Licht im Kirchenraum, in: Licht & Architektur, 1. Jg., Nr. 4, Gütersloh 1993, S. 8. Wenn
Licht zur Glaubensfrage wird.
270
H: d’Allemagne, 1891, S. 124. – A. Brüning, 1897, S. 49 ff. – H. Lüer, 1903. – H. Lüer/M. Creutz,
1904, S. 361 ff. – G. Henriot, Encyclopédie du luminaire, 2 Bde., 1933. – S. Erixon, 1943. – K. Jar-
muth (1967). – The dictionary of art, 34 Bde., Hg. J. Turner, 1996, S. 351 ff. – Enciclopedia dell’arte
medievale, Bd. VII, o.J., S. 588 ff. – Eine gewisse Übersicht zum Bestand unterschiedlicher Kron-
leuchtertypen in den einzelnen Bundesländern Deutschlands geben die geschichtlichen/kunst-
geschichtlichen Einleitungen der amtlichen Länderinventare der Bau- und Kunstdenkmäler – insbe-
sondere zwischen dem 19. Jahrhundert und bis Mitte 20. Jahrhundert; s. zum Beispiel: Inventar der
Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg, Berlin 1885, S. 96.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 76

Mit der Verteilung dieser Radleuchter aus Metall271 (Bronze, Messing oder Eisen) auf
Zentren, die Ansprüche geistlicher und weltlicher Macht assoziieren - wie zum Bei-
spiel Hildesheim (Dom, Lichtkrone, 1044/79 gestiftet von Bischof Hezilo), Comburg
(Komburg, Benediktinerabtei/Schloss, Lichtkrone, 1120), Aachen (Münster, Lichtkro-
ne, 1168, Geschenk Kaiser Friedrich I.) oder Reims scheint diese Symbolik zugleich
einen direkten Realitätsbezug zum mittelalterlichen Kirchenstaat und dieser eine un-
bestrittene Gültigkeit zu erhalten. Motiv und Material stehen hier ganz im Zeichen,
aus dieser Korrelation den irdischen Anspruch und ewigen Fortbestand einer als aus
Gottes Gnaden legitimierten Herrschaft zu dokumentieren. Deutlich repräsentieren
diese Lichtkronen, die aus der Summe von Teilräumen einer angedeuteten Stadt-
mauer gebildet sind, eine Zusammenfassung und Bekräftigung des additiven Prinzips
der sie umgebenden romanischen Architektur und vermitteln zugleich die oben ge-
nannten Visionen. Es ist jedoch unbekannt, ob diese Deutung nachträglich unterlegt
oder ursprünglich ist und insofern als entfernter Hinweis auf den Dualismus von Kir-
che und Reich in Frage käme. Hier aber fällt auf, dass diese Lichtkronen in einer Zeit
entstehen, die vom Investiturstreit geprägt ist und vornehmlich durch die Unter-
scheidung zwischen geistlichem und weltlichem Amt seitens des Theologen Ivo von
Chartres (1040-1116) neue Perspektiven erhält.

Insofern sind die religions-politischen Parallelen jener Zeit gegenüber der frühen
Neuzeit sowie ihre jeweiligen potenziellen Verbindungen zur Entstehung bestimmter
Kronleuchtertypen aus heutiger Sicht bemerkenswert. Denn schließlich erfahren ins-
besondere die messingnen Schaftkronleuchter der Renaissance mit ihren spezifischen
Motiven in jener Zeit die größte Ausbreitung, die sowohl unter dem Eindruck der
Zweireichelehre des Martin Luther (1483-1546) steht als auch von dessen Auffas-
sung eines „Priestertums der Gläubigen“ (1. Petrus 2; 2. Mose 19,5) geprägt ist.
Gleichwohl weisen diese Kronleuchter der Renaissance keine architektonische Mor-
phologie und somit keine eindeutige räumliche Zweckbestimmung auf. Dennoch führt
die Quantität dieser Beleuchtungsgeräte in evangelischen Kirchen dazu, auch diese
heutzutage als Kirchenkronen zu bezeichnen.

Ein deutlicher Bezug zur Architektur als Bedeutungsträger ist nach den Lichtkronen
der Romanik häufiger an den Sonderformen gotischer Hängeleuchter ablesbar. Frei-
lich kaum in der Form, dass der kühnen und diaphanen Bauweise gotischer Sakral-

271
Erhaltene Lichtkronen, in: Hildesheim, 11. Jh., Aachen 1165. – Siebe B. Erenz, Alles Gold, was
glänzt. Das alte, das neue, das ewige Aachen. Eine Entdeckungsreise durch die Schatzhäuser der
Kaiserstadt, die dieses Jahr Karl den Großen feiert, in: Wochenzeitung DIE ZEIT Nr. 25 vom 15. Juni
2000, S. 83 (Reisen). Rolf Dieter Düppe vom Institut für Photogrammetrie und Kartographie der TU-
Darmstadt hat aus 25 Fisheye-Aufnahmen eine Fotografie des Oktogons samt Lichtkrone des Aache-
ner Doms als neue Perspektive zusammengerechnet. Die so erzielte konzentrische Abfolge architek-
tonischer Gliederungselemente, die durch die Rosette der Lichtkrone zusätzlich gebündelt erschei-
nen, lenken den Blick auf die Ausmalung der Kuppel mit dem Christusbild „Miestas Domini“; Kom-
burg, 12. Jh.; Einbeck. 1420; Halberstadt, 15. Jh.; Reepsholt, 15. Jh. – nicht mehr erhalten in Spey-
er, 1038; Köln, 12. Jh. – Vgl. zu „Sinnbild Himmelsstadt/Himmlisches Jerusalem“: G. Bandmann, 8.
Aufl. 1985, S. 62. – LCI. Bd. 2. Sonderausgabe 1994, Sp. 394 ff.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 77

bauten Rechnung getragen werden kann. Doch insoweit, dass die Omnipräsenz
kirchlicher Hierarchie und Einflussnahme sichtbar ist.272

Unter diesen Sonderformen gotischer Hängeleuchter haben etliche Muttergottes-


Leuchter ihren Ursprung in Kalandsbruderschaften und -häusern und ihren Platz zum
Teil in der intimeren Atmosphäre eines Andachtraumes, doch zum Teil auch inmitten
der Kirche.273

272
J. Sauer, 1924. – L. C. Morsak, 1984, S. 63. – G. Bandmann, 8. Aufl. 1985, S. 247. – Vgl. ebd.,
S. 61 und J. Sauer, 1924, S. 80 und 290. – W. Schöller, Die rechtliche Organisation des Kirchenbau-
es im Mittelalter – vornehmlich des Kathedralbaues: Baulast - Bauherrenschaft - Baufinanzierung,
1989, S. 124 ff. insbes. – Zu religions-politischen/verfassungsrechtlichen Verhältnissen; s. u.a.
U. Lange, Landtag und Ausschuss. Zum Problem der Handlungsfähigkeit landständischer Versamm-
lungen im Zeitalter der Entstehung des frühmodernen Staates. Die welfischen Territorien als Beispiel
(1500-1629), Hildesheim 1986. – Ders., Deutschland im Zeitalter der Reichsreform, der kirchlichen
Erneuerung und der Glaubenskämpfe (1495-1648), in: P. Rassow, Deutsche Geschichte, Hg.
M. Vogt, Stuttgart 1987, S. 144-217 und ebd., S. 218-297: H. Schmidt, Zerfall und Untergang des
alten Reiches 1648-1806. – A. Molnar, Die Waldenser. Geschichte und Ausmaß einer europäischen
Ketzerbewegung, Freiburg/Br. 1993, S. 5 ff.
273
Neben Kalandsbruderschaften besitzen auch Handelsgesellschaften bereits im 15. Jh. Kronleuchter
als Inventar ihrer Kontore. Wie die Leuchter dieser Kompanien in jener Zeit aussehen, ist im Gegen-
satz zum jüngeren Kronleuchter in Glückstadt als Stiftung der Island-Kompanie, nicht bekannt, s.
F. Michaelsen, Die Glückstädter Lichterkronen, in: Steinburger Jb. 1965, S. 91-99, insbes. S. 92 f.–
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw.
und veränd. Aufl. 1994, S. 293. – Im Folgenden wird eine Auswahl an Standorten für Marienleuchter
genannt. Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III, Kirche zu Alt-
Lübeck, Dom, Jakobikirche, Ägidienkirche, 1920, S. 275. - S. Seeler, 1938. - Marien-Leuchter zum
Beispiel in Doberan, 1290/1425; s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklen-
burg, 2. Aufl. 1980, S. 68. – Dortmund, s. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Dort-
mund-Stadt, 1894, Taf. 38, Eutin, 1322/1760; s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmä-
ler. Hamburg, Schleswig-Holstein. 2., stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 232. – Gettorf; s. W.
Vollertsen, 1989, S. 43-49. – Heiligenstedten, A. 16. Jh./1913-19; s. G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein. 2., stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 327,
s. ebd., S. 414 (Landkirchen/Fehmarn, Marienleuchter, 15. Jh.), S. 420 (Lauenburg/E., Marien-
Leuchter der Schiffergilde, E. 15. Jh. und Marien-Leuchter des Schusteramtes, A. 16. Jh.), S. 632
(Mölln, 1506). Des Weiteren in Lüneburg, um 1490; s. Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T.
III, Regierungsbezirk Lüneburg, Bd. 2 und 3: Stadt Lüneburg, 1906, S. 117 ff. – G. Dehio, Handbuch
der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen. Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 877. –
Kalkar, 1510; s. H. P. Hilger, 1990; s. dort auch Abb. 139 (Vreden), s. ferner Die Bau- und Kunst-
denkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden, I. Bd.: Der Rheingau, 1902, Abb. 198. – Kiel; s.
Denkelbok der St. Nicolai-Kirche zu Kiel von 1487-1601 (1881), S. 226. - s. u.a. Die Baudenkmäler
der Provinz Pommern, T. 3: Der Regierungs-Bezirk Köslin, 1892, S. 37 (sog. Schlieffenkrone im Dom
zu Colberg). Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 41. Bd., T. 6.: Die Stadt Münster, 1941, S.
353, Abb. 524, 364 (Kronleuchter mit Muttergottes 1577/1636, Schmiedeisen im Rathaus zu Müns-
ter und Gegenüberstellung zum Radleuchter im Rathaus von Osnabrück). – F. Bruns, Die Lübecker
Bergenfahrer und ihre Chronistik, 1900, S. 136, Nr. 209: „Gosschalk Stynt, borger to Lubeke. ... I-
tem in Unser Leven Frouwen kerken to Bergen geve ik ... up Unser Leven Frouwen bome eyn halff
lispunt wasses, ..“ Demgegenüber ist einem Aufsatz zum „Schonenfahrergelag in Rostock“ folgendes
zu entnehmen: „Die Aufzeichnung über den Besitz der Kompagnie an kirchlichen Geräten in Falster-
bo und über das Inventar im Schütting von 1440-46 (Wehrmann, Lüb. UB 8, Nr. 95, 192,394) deu-
ten nicht auf großen Reichtum. Doch hatte die Kompagnie ein eigenes Haus. Für seinen Schmuck
wurde durch ein Gemälde und einen Kronleuchter gesorgt, ...“ s. W. Stieda, Das Schonenfahrergelag
in Rostock, in: Hansische Geschichtsblätter, Bd. 7, 1892, S. 115-144, insbes. S. 139. Die Gestaltung
dieses Hängeleuchters ist nicht weiter bekannt. Und auch aus den Beschreibungen zu Beleuchtungs-
geräten in anderen Verwendungszusammenhängen geht nicht hervor, ob es Lichterbäume, Stand-
oder Hängeleuchter sind – wie zum Beispiel aus der Schlosskirche Allerheiligen in Wittenberg zu:
„..1517 ein grosser Leuchter ‚im Khor darauf unser lieben Frawn bild ist“ ; s. Die Denkmale im Bezirk
Halle. Die Denkmale der Lutherstadt Halle, 1979, S. 253. – Allg. Lit. zur Marienverehrung; s. R.
Schimmelpfennig, Die Geschichte der Marienverehrung im deutschen Protestantismus. 1952. – R. W.
Scribner, Religion und Kultur in Deutschland 1400-1800, Göttingen 2002 (Veröffentlichungen des
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 78

Die Morphologie dieser so genannten Kapellenkron- oder Tabernakelkronleuchter und


von zumeist doppelseitigen Zentralfiguren – wie zum Beispiel der Muttergottes oder
Heiligen – in einem Gehäuse bestimmt. (Abb. 7, 11-13) Dieses rezipiert Elemente
der gotischen Sakralarchitektur und ruht in der Regel auf einer Konsole, die mit ei-
nem protomartigen Löwenkopf abschließt. An diesem Häuschen sind wenige Halte-
rungen für Kerzen irreversibel angebracht. Und ihr geringer Abstand zu diesem lässt
schlussfolgern, dass die Illumination des Bildwerkes nach Art einer „himmlischen
Entrückung“ das zentrale Anliegen dieser Beleuchtungsgeräte ist und nur bedingt die
Ausleuchtung des Andachtsraumes.274 Denn die formalen Parallelen zwischen Taber-
nakelkronleuchtern und architektonischen Details gotischer Kathedralen im westli-
chen Europa sowie zwischen den aus Ranken gebildeten Korbkronleuchtern (zum
Teil an eine byzantinisch – von Kuppeln – geprägte Sakralarchitektur erinnernd) in
Osteuropa deuten heilige Plätze an – wie zum Beispiel erstere die Sakramentshäuser
für die geweihte Hostie sowie letztere den Rosenhag bzw. hortus conclusus.275

Von den in Norddeutschland erhaltenen Beleuchtungsgeräten dieser Art ist insbeson-


dere die so genannte Müllerkrone (um 1425) des Domes zu Lübeck hervorzuhe-
ben.276 Sie ist aufgrund ihres architektonischen Gehäuses in spätgotischer Formen-

Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 175), S. 82 f. Zu Hinweisen, dass die Kalande häufig für die
Ausstattung von Kirchen zuständig waren; s. u.a. Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Freistaates
Mecklenburg-Strelitz, Bd. I: Das Land Stargard, T. II: Der Blumenhäger Silberfund, die Amtsge-
richtsbezirke Fürstenberg, Feldberg, Woldegk und Friedland, 1925, S 327. – V. Plagemann, Kunstge-
schichte der Stadt Hamburg, 1995, S. 55, 100 f.
274
H. d’Allemagne, 1891, S. 124. – H. P. Hilger, 1990, S. 283. – Einen Zusammenhang zwischen Leuch-
tern und Bruderschaften benennt S. Seeler, Die Maria-Magdalenen-Kirche Lauenburg (Elbe). o.J.,
S. 29. – An anderer Stelle wird die Ausstattung von Kirchen allgemein als Aufgabe der Bruderschaf-
ten, Gilden und Zünfte erwähnt, s. H. Bergner, Handbuch der kirchlichen Kunstaltertümer in
Deutschland, 1905, S. 27. – K. Hüseler, 1922, S. 12. – Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 49.
Bd./T. I: Stadt Lemgo, 1983, S. 57: „Die Kramer hatten ihre geistliche Heimat in der Nikolaikirche,
für die sie noch 1606 einen neuen Kronleuchter stifteten.“ – Ähnliches ist von anderen Orten be-
kannt; vgl. zum Beispiel Bergen/Rügen: Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen, Bezirk Rostock,
Bd. 1, 1963, S. 85 ff. oder Evangelische Stadtkirche St. Lotharii in Preetz, sog. Schneiderkrone
(1641) und sog. Schusterkrone (1696); aussagekräftige Abb. in M. Berwing, Preetzer Schuhmacher
und ihre Gesellen 1750-1900. Aufschlüsse aus Archivalien, 1983, Abb. 3 bis 5. – I. und H. Engling,
Altes Handwerk im Kreis Plön. Von den ersten schriftlichen Überlieferungen bis zum Jahr 1867, 1990,
S. 25 f. – s. auch E. Hoffmann, Lübeck im Hoch- und Spätmittelalter: Die große Zeit Lübecks, in: Lü-
beckische Geschichte, 1988, S. 293 ff. – Siehe ferner: F. Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre
Chronistik. Hansische Geschichtsquellen, N.F., Bd. II, 1900, S. CXXII, CXXXV. Ob die dort beschrie-
bene „mit dem Bildnis König Olafs gezierte messingne Lampe“ noch der gotischen oder schon der
neuzeitlichen Tradition entsprach, geht daraus nicht hervor. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der
Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. II: Petrikirche. Marienkirche. Heilig-Geist-Hospital, Lübeck 1906,
S. 143, 406. – W. Jensen/H. Kochendörffer, Das alte Ratsbuch der Stadt Wilster, Wilster 1925,
S. 51.
275
Korbkronleuchter kommen unter anderem vor in Colberg, Holkenkrone von 1424, s. Die Baudenkmä-
ler der Provinz Pommern, T. 3: Der Regierungs-Bezirk Köslin, 1892, S. 39 mit Abb., s. auch K. Jar-
muth (1967), S. 86. – Braunsberg (Kopie in Marienburg), s. Die Bau- und Kunstdenkmäler der Pro-
vinz Ostpreußen, H. IV: Das Ermland, 1894, S. 54. - Danzig, St. Marien, von Meister Andreas um
1490, s. K. Gruber/E. Keyser, Die Marienkirche in Danzig, 1929, S. 47 f. – Bau- und Kunstdenkmale
des deutschen Ostens, Reihe A: Kunstdenkmäler der Stadt Danzig, Bd. 4: Die Marienkirche in Danzig
und ihre Kunstschätze, 1963, Abb. 157. – Siehe zu „hortus conclusus“: LCI, Bd. 2, Sonderausgabe
1994, Sp. 77 ff. – LCI, Bd. 3, Sonderausgabe 1994, Sp. 375 ff.
276
Ausführliche Geschichte der Lübeckischen Kirchen-Reformation in den Jahren 1529-1531, Hg.
F. Petersen, Lübeck 1830, S. 133. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lü-
beck, Bd. III: Kirche zu Alt-Lübeck, Dom, Jakobikirche, Ägidienkirche, 1920, S. 273 ff. – W. Grus-
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 79

sprache den zuvor genannten Sonderformen gotischer Hängeleuchter zuzuordnen.


Sie weicht zugleich von diesen ab, indem sie nicht aus beschnitztem und polychrom
gefasstem Holz gebildet, sondern wie andere Beispiele in Goslar und Waase/Ummanz
aus Metall gegossen ist (Abb. 7, 12, 13). Und sie unterscheidet sich ferner darin,
dass ihr architektonischer Rahmen mehrere und dezentral platzierte Statuetten – wie
zum Beispiel Johannes der Täufer und Bischöfe – aufnimmt. Aber indem diese Kron-
leuchterfiguren (Höhe ca. 43 cm) en face ringsherum platziert sind, erfüllen sie das
gotischen Hängeleuchtern eigene „Zusammenwirken von anschaubarer Kunst und
liturgischem Gerät“.277 Zusätzlich zu den Diakonen (Höhe circa 25 cm), die dort an
ihren Eckplätzen die Lichtstangen halten, bekrönt eine große einzelne Kerze die gan-
ze Komposition. Anhand der zuvor beschriebenen Details lassen sich Verbindungen
zu Lichtstangen, so genannten Lichterbäumen oder Prozessionsleuchtern herstellen.
Proportional dominieren dort Gehäuse und Statuette gegenüber der Größe und An-
zahl an Wachslichtern.

Die besagte Müllerkrone erhielt vermutlich aufgrund bestehender Erwerbungs- und


Nutzungsverträge des Amtes der Müller mit der Kirche ihren Platz als Beleuchtung
zum Kirchengestühl dieses Amtes zugewiesen.278 Vor diesem Hintergrund stellt die-
ser Leuchter keine ungewöhnliche Form dar, sondern korrespondiert gerade darin zu
den Lichterbäumen, die an die Gestühlskästen gesteckt werden konnten.279

Die bekrönende Kerze legt überdies Gedanken an die Osterkerze als Symbol der Auf-
erstehung Christi nahe, da das Bildprogramm des Leuchters auf die Gemeinde bil-
dende Taufe und Lichtträger zwischen Totengedenken und Auferstehungsglaube hin-
weist.

Diese Frage der Platzierung und Hängung von Kronleuchtern als Ausstattungsstück
im Sinne eines Bildprogramms innerhalb eines gesamten Interieurs spielte in den
bisherigen Untersuchungen zu Beleuchtungsgeräten kaum eine Rolle. Denn die Iko-
nographie der allansichtigen monumentalen Lichtkronen der Romanik sowie die viel-

nick/F. Zimmermann, 1989, S. 25. – Schloss Gottorf und seine Sammlungen. Mittelalter, 1994 (Son-
derband der Reihe „Kunst in Schleswig-Holstein“), S. 74 f.
277
E. Lutze, 1968.
278
W. Grusnick/F. Zimmermann, 1989, S. 25. – Auch für jüngere Kronleuchter – wie zum Beispiel im
Dom zu Verden – sind vergleichbare Zusammenhänge bekannt, s. amtliche Kunstdenkmälerinventa-
re Niedersachsens, Neudruck des gesamten Werkes 1889-1976, Bd. 42. Die Kunstdenkmale der
Kreise Verden, Rotenburg und Zeven, 1980, S. 40: „Im Schiff sorgte man für Sitzplätze und Be-
leuchtung; 1663 z.B. wurden ‚kupferne Kronen’ neu beschafft durch den Bürger und Kaufmann Ste-
phan Ganz in der Norderstadt. Die anderen Teile der Kirche, besonders der Chorumgang wurden
immer wieder als Begräbnisplatz verkauft ...“ – Vgl. E. Sehling (Hg.), Evangelische Kirchenordnung
des 16. Jahrhunderts, 1. Abteilung: Sachsen und Thüringen nebst angrenzenden Gebieten, 1904, S.
488: „Item, das er achtung in der kirchen gebe, das niemands nach seinem gefallen ein gestuele
baue oder einen stuel, der gebauet ist, einnehme ..., und gebe der Kirchen ihre gebuhr, als zwei o-
der drei pfund wachs. Darnach die personen vermuegens sein und von solchem wachse die lichte uf
den altar, und die sonst nötig seind, darvon machen lassen.“
279
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III: Kirche zu Alt-Lübeck,
Dom, Jakobikirche, Ägidienkirche, 1920, S. 283, 424 m. Abb. und vgl. S. 274 m. Abb. – Ebd., Bd. II,
T. 2: Die Marienkirche (1906), S. 420. – Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische
Küstenregion. Mit den Städten Rostock und Wismar, 1990, S. 218. – Zur Einschätzung der sog. Mül-
lerkrone/Lübeck, s. Schloss Gottorf und seine Sammlungen. Mittelalter. Mus.-Kat. Schloss Gottorf
Schleswig (1994), S. 149, Kat.-Nr. 83-85.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 80

fach verwendeten Doppelbildnisse gotischer Hängeleuchter definieren und begrenzen


ihren räumlichen Verwendungszusammenhang.

Die spätgotischen und offenbar frühesten Exemplare unter den Schaftkronleuchtern


mit ihren an die Wurzel Jesse oder an den Rosenhag gemahnenden Leuchterarmen
scheinen einerseits noch der mittelalterlichen Tradition eines kultisch festgelegten,
unantastbaren lokalen Bezugs verpflichtet. Andererseits ist die Bekrönung dieses
Leuchtertyps nicht mehr Gegenstand der Illumination, sondern trägt als Reflektor
selbst dazu bei. Dies ist auch deutlich am typologisch an sich älteren Korbkronleuch-
ter (1580) in der Kirche St. Johann in Thorn/Polen ablesbar. Anstelle der sonst für
diesen gotischen Leuchtertyp üblichen Zentralfigur (s. Obernkirchen/Niedersachsen,
Stiftskirche, Muttergottesleuchter) weist dieser einen kurzen zylindrischen Schaft mit
einer Inschrift auf. Eine Muttergottes-Statuette bekrönt diesen, der nach unten mit
einer ebenso zylindrischen Konsole unterhalb des Lichtkranzes abschließt. Der Licht-
kranz wird von acht Leuchterarmen gebildet, die aus leicht diagonal nach außen an-
steigenden, gleichmäßigen Ranken bestehen. Sie tragen die während der Gotik übli-
chen kleinen Wachsteller mit einer Manschette aus Maßwerk und einem hohen Dorn.
Auch die in der Mitte ringsherum korbartig aufstrebenden sechzehn Ranken sind in
gleichmäßigen Intervallen mit Kreuzblumen besetzt und unterhalb des Sockels der
Statuette stärker eingezogen. Sie bilden so eine sehr lang gezogene S-Form, deren
Enden in Blüten münden.280

Von ähnlicher Form, jedoch auf der gewachsenen Gestalt basierend, dürften ebenso
stark die Geweihleuchter einst verbreitet gewesen sein – wie zum Beispiel in Tan-
germünde, Evangelische St. Lorenz-Kirche. Dort bildet der Tierschädel die Basis der
Zentralfigur.281 In der Regel bilden die Muttergottes oder andere Heiligenfiguren die-

280
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreußen, 2. Bd., Kulmerland und Löbau, 1887-95,
S. 265 und Beilage 18. – Vgl. Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen, H. IV: Das
Ermland, 1894, S. 54. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Dortmund-Stadt, 1894,
Taf. 30 und S. 39. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Bd. IV: Regierungsbezirk Osna-
brück, T. 4.: Die Kreise Lingen und Grafschaft Bentheim, 1919 (H. 14 des Gesamtwerkes), S. 76. –
Die Denkmäler des Rheinlandes, Kreis Kleve, H. 2: Kalkar (1967), Abb. 179.
281
Die Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg, 1885, S. 96 f. – Die Bau- und Kunst-
denkmäler der Provinz Ostpreußen, H. III: Das Oberland, 1893, S. 105. – Die Bau- und Kunstdenk-
mäler der Provinz Westpreußen, H. X: Kreis Löbau, 1895, Beilage 1a (Grabau). Die Kunstdenkmäler
der Rheinprovinz, T. I, Bd. 5: Düsseldorf, 1900, S. 21 (Gimborn, Kreis Gummersbach, Geweihleuch-
ter, A. 16. Jh. aus der Antoniuskapelle bei Waldbruch „ist in seiner künstlerischen Durchbildung und
Erhaltung ein Stück ersten Ranges“). – Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T. III, Regie-
rungsbezirk Lüneburg, Bd. 2 und 3: Stadt Lüneburg, 1906 (Bd. 5 und 6 des Gesamtwerkes), S. 255
f. – Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel, Bd. III, Kreis Grafschaft Schaum-
burg, 1907, S. 88 m. Bildtaf. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Kreis Herford, 1908,
S. 48. – Unbekannt ist die Gestaltung eines Geweihleuchters in der Stadtkirche in Preetz/Holstein.
Dort heißt es im Rechnungsbuch (Bd. 49): „1731, Einnahmen Kirchgelder. Das Hirschhorn so in der
Kirchen zu Lichter Krone ist gebraucht worden, verkaufft von ... Meyer ... 1 M(ark) 6 ß(Schilling).“ –
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, 3. Bd. Kreis Wolfenbüttel, 1906,
S. 195 f. – Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 84. Jahresbericht (1938), S. 4. – Die Kunst-
denkmäler der Provinz Mark Brandenburg. Kreis Niederbarnim, 1939, S. 35, Abb. 17 (Bernau) und
S. 251, Abb. 208 (Basdorf) – R. Kahsnitz, Albrecht Dürer, 1521-22 Entwurf für einen Drachenleuch-
ter, in: Nürnberg 1300-1550. Kunst der Gotik und der Renaissance. Ausst.-Kat. Germanisches Natio-
nalmuseum Nürnberg (1986), S. 352. – L. Telsnig, Zu Lüchten ein Hirtzhorn. Mittelalterliche Geweih-
kronen als Hängeleuchter, in: Weltkunst 66, H. 14, (1996), S. 1614 f.
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 81

sen Mittelpunkt. Und das mit einigen Lichtern besetzte Gestänge mutet dabei wie
eine Mandorla an, die noch eine gewisse räumliche Vision und einen Abglanz des
Himmels anzudeuten scheint (Abb. 8-11). Inwieweit der konsolartig anmutende Tier-
schädel für die Gestaltung der Unterhänge an den Schaftkronleuchtern aus Metall der
Renaissance als Vorbild gedient haben könnte, ist bisher unerforscht. Daneben sind
auch horizontal ausgerichtete Geweihleuchter, die so genannten Leuchterweibchen
bekannt.

Gegenüber diesen Leuchtern beschreibt die Komposition des kleineren der beiden
Geweihleuchter (1480/90) im Rathaus zu Goslar – über eine Illumination seines Bild-
werkes hinaus – anhand der Korrelation einer geschnitzten, polychrom gefassten
Sitzfigur des Kaisers mit den Reichsinsignien und zusammen mit der Inschrift einen
profanen lokalhistorischen Bezug. Und sowohl diese Verbindung als auch das Neben-
einander der unterschiedlichen Kronleuchtertypen im Rathaus zu Goslar veranlasst
zu einer neuen Wahrnehmung neuzeitlicher Schaftkronleuchter und ihrer profanen
Motive. Dass ihre Verbreitung nicht ausschließlich dekorativ begründet ist, darauf
scheint auch der gotische Tabernakelkronleuchter von Herzogenbusch (s’-Her-
togenbosch/Niederlande) mit zentraler Heiligenstatuette und kriegerischen Subfigu-
ren hinzudeuten. Denn dessen Entstehung wird anhand der Ortsgeschichte erklärt.282

282
Der Leuchter aus dem Geweih eines Zwölfenders gilt als Vorbild für entsprechende Leuchter in Ma-
rienburg/Westpreußen sowie in Stockholm (Museum), s. Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover,
T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 1 und 2: Stadt Goslar, 1901, S. 301f. – Goslar. Ein Führer
durch die tausendjährige Stadt, 1949, S. 61. – Das Rathaus zu Goslar, Hg. Stadt Goslar, 1959. – K.
Jarmuth. (1967), S. 88f und 92. – Zum Kronleuchter von s'-Hertogenbosch (Herzogenbusch), süd-
westlich von Nimwegen/Niederlande, s.: A. Brüning, Der Kronleuchter, in: Kunstgewerbeblatt, N.F.
8, 1897, S. 58. – O. v. Falke, Das spätgotische Kunstgewerbe im 15. Jahrhundert, in: Illustrierte Ge-
schichte des Kunstgewerbes, Bd. 1, Hg. W. Behncke, O. v. Falke, G. Lehnert u.a., Berlin, o.J.,
S. 410. Dieser Tabernakelkronleuchter (1424) in s’-Hertogenbosch, der typologisch spätgotischen
Kronleuchtern zugeordnet wird, besitzt bereits auf den Leuchterarmen Subfiguren. Vgl. dazu ein an-
deres Beispiel: O. ter Kuile, Onderdelen van een kerkkroon en van twee kandelaars uit de St. Ja-
cobskerk te Den Haag, in: Bulletin van het Rijksmuseum, 28. Jg., Nr. 3, 1980, S. 125-133, insbes.
S. 128, Abb. 6. – Subfiguren als unterschiedliche Typen insbesondere auf den Leuchterarmen von
Schaftkronleuchtern des 17./18. Jahrhunderts und dort ggf. thematisch in Verbindung zur jeweiligen
Bekrönungsfigur kommen unter anderem vor in: Aachen, Michaelskirche, Karls-Kronleuchter 1630:
Salvator mundi/Apostel/ Zentralfigur/Kugel; s. R. A. Peltzer, Geschichte der Messingindustrie, 1909,
Taf. 8. – Kiel, Evangelische St. Nikolaikirche, Kronleuchter 1638: Pelikan/Apostel/Kugel; s. Georg
Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und
veränd. Aufl., 1994, S. 378. – Erfurt, Evangelische Predigerkirche, so genannte Gustav-Adolf-
Leuchter 1647, Messing „mit acht Apostelstatuetten, einem Tabernakel mit Reiterstatuette und Wid-
mungsinschrift zu Ehren des schwedischen Königs Gustav Adolf.“ ; s. G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler, Thüringen, Berlin 1998, S. 340, Abb. und betreff. Informationen zur Restau-
rierung dazu s. Bautätigkeit in der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 2, Hg. Gehrig Verlagsgesellschaft
mbH Merseburg. (2000/2001), S. 55 und vgl. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 33, H.: Bautzen (Stadt), 1909, S. 43 f. Der mit Abb. 51
inventarisierte Kronleuchter im Dom St. Peter zu Bautzen weist zum Gustav-Adolf-Kronleuchter in
Erfurt eine vergleichbare pyramidale Morphologie mit einem bekrönenden Gehäuse auf sowie in
wechselnden C-Formen ausschwingende Leuchterarme. Diese sind jedoch nicht mit Subfiguren, son-
dern mit Obelisken besetzt. – Schleswig, Dom, Kronleuchter 1661: Salvator mundi/Apostel/Kugel;
s.: G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw.
und veränd. Aufl., 1994, S. 783. – Keitum/Sylt, Rendsburg und Werdum/Ostfriesland, Evangelische
Kirchen, Kronleuchter 17. Jahrhundert: Caritas/Putti/Kugel; s. Handbuch der deutschen Kunstdenk-
mäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl., 1994, S. 372,742 und G. De-
hio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen, Neubearb., stark erw. Aufl.
1992, S. 1344. Dort ist die Bekrönung des Kronleuchters (1692) als „Maria mit Kind und Johannes-
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 82

Hinsichtlich des besagten Leuchters in Goslar wird sie häufig in dieser verkürzten
Fassung zitiert:

„O Goslar, du bist togeda / dem hillege romeske rike / suder middel un wae / nicht
macstu darvan wike.“ (O Goslar, du gehörst zum Heiligen Römischen Reiche, unmit-
telbar, nicht magst du davon weichen.)283

Vergleichbare Bezugspunkte sind für die jüngeren Schaftkronleuchter nicht heraus-


gearbeitet, infolgedessen unbekannt.

Auch rezipieren die verschiedenen Schaftkronleuchter der Neuzeit, (hier: Winkelarm-


kronleuchter der Renaissance und Kugelkronleuchter des Barock) deutlich die künst-
lerischen Stilmittel ihrer Entstehungszeit. Allerdings unterscheiden sie sich bereits
darin von älteren Hängeleuchtern, dass sie überwiegend keine Bindungen architekto-
nisch und ikonographisch definierter Hierarchien sowie endzeitliche Visionen und un-
realistische Ideale sakraler Lebenswelten beinhalten. Vielmehr stellen die Winkel-
armkronleuchter zu Beginn der Neuzeit handgreifliche Realitätsbezüge her. Und dies,
indem die architektonischen Gliederungselemente der neuzeitlichen Schaftkronleuch-
ter soweit abstrahiert sind, dass diese eine zeitliche, aber keine spezifizierend räum-
liche Zuordnung erlauben oder gar gebaute Architektur wiedergeben. Mithin kämen
sowohl Sakral- als auch Profangebäude (für die Platzierung und Bedeutung der Kron-
leuchter) in Frage, denn etliche dieser Leuchter hängen zwar in Kirchen, vergleichba-
re Exemplare kommen unter anderem aber auch in Rathäusern vor.284

knaben“ beschrieben. Die formale Gestaltung der Statuette entspricht nahezu jener der Caritas-
Figuren auf besagten Kronleuchtern in Schleswig-Holstein, vgl. Motiv Cesare Ripa, Ikonologia, Rom
1593, Reprint. – LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp. 349 ff. – E. Wind, Charity. (Journal of the
Warburg Inst. 1, 1937/38), S. 322-340. – Preetz, Adeliges Kloster (Evangelischer Damenstift, ehem.
Benediktinerinnenkloster „Campus Beatae Mariae“), Stiftskirche, Kronleuchter, inschr. 1738, Justi-
tia/Tugenden/Kugel; s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Hamburg, Schleswig-
Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl., 1994, S. 699. – Ringelheim/Salzgitter, Evangelische St.
Johannes-Kirche, Kronleuchter, wohl 1768, Jupiter auf Adler/ vier „kleine nackte Figur(en) mit einem
Geldbeutel in der rechten Hand/Kugel“; s. Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Bd. II: Regie-
rungsbezirk Hildesheim, T. 7: Landkreis Goslar, 1937 (Bd. 22 des Gesamtwerkes), S. 202. G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen, Neubearb,, stark erw. Aufl.
1992, S. 1132. – Gegenüber diesen barocken Kronleuchtern mit Subfiguren auf den Leuchterarmen
kommen auf den Schaftkronleuchtern aus Metall der Renaissance diese zusätzlichen Statuetten zur
Bekrönung überwiegend auf der unteren Nutenscheibe und als Krieger vor oder bilden einen Teil der
Leuchterarme wie am Kronleuchter (1557) „Salvator mundi“ in der Evangelischen St. Marienkirche in
Stralsund; s. Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. V: Der Stadtkreis Stralsund,
1902, S. 449 f.
283
Siehe Anfang der vorstehenden Anm. sowie ferner: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Bd.
II: Regierungsbezirk Hildesheim, T. 1 und 2: Stadt Goslar, 1901 (Bd. 2 und 3 des Gesamtwerkes),
S. 269. - Diese Inschrift wird häufig zitiert, ohne dass weiterreichende Interpretationsansätze the-
matisiert werden.
284
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T. VI: Regierungsbezirk Aurich, Bd. 1 und 2: Stadt Em-
den, 1927 (Bd. 15 und 16 des Gesamtwerkes), S. 124: „Im Magistratszimmer befindet sich ein aus
der Erbauungszeit des (neuen) Rathauses (1576) stammender Kronleuchter mit zweimal acht s-
förmigen Armen und Zierstücken in Form von Seepferden und Wappen haltenden Kriegsknechten; an
der Spindel oben ein doppelköpfiger Adler, unten ein Löwenkopf mit Ring im Maul ...“ – Die Kunst-
denkmäler der Provinz Hannover, T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 2 und 3: Stadt Goslar,
1901, S. 302: „Der vierte zunächst dem Eingange hängende bronzene Kronleuchter zeigt die häufig
wiederkehrenden Formen der Kirchenkronen aus dem Ende des XVII. Jahrhunderts, hat zweimal
sechs volutenförmige Arme und als Krönung des gedrehten Mittelkörpers die Figur eines geharnisch-
Schaftkronleuchter aus Messing oder Bronze Seite 83

Anfang des 20. Jahrhunderts beschreibt P. Graff in seiner Darstellung zur Auflösung
der alten gottesdienstlichen Formen, dass zur Christmette jeder sein eigenes Licht
mitbrachte und die Beleuchtung recht mangelhaft gewesen sei, da unter anderem in
Lübeck über das schwache Licht bei Abendmusiken geklagt und daher die Anzahl der
Lichter vermehrt wurde.285 Ähnliches ist aus Karsta/Schweden bekannt. Dort wurden
im Jahre 1799 beim Gelbgießer Lindström zwei neue Kronleuchter bestellt, denn es
hatten sich etliche über die Finsternis in der Kirche beschwert.286 In anderen Fällen
ist die Nutzung des gestifteten Kronleuchters zum Beispiel an den Bestand der Kirche
oder an die Hohen Festtage im Kirchenjahr gebunden.287

ten Mannes mit aufgehobenem Beil in der rechten Hand. Unten endigt der Leuchter in einem abwärts
gerichteten Löwenkopf mit Griff.“ Entgegen dieser Beschreibung befindet sich dieser Leuchter gegen
Ende der 1990er Jahre nicht (mehr) in der Diele des Rathauses, sondern in einem nordwestlich da-
von angrenzenden Raum. Diese Schaftkronleuchter mit kriegerischen Motiven werden im weiteren
Verlauf des hier vorliegenden Kapitels näher beschrieben. – Ein inventarisierter, kaum weiter als
„aus Messing“ und „beachtenswerth“ beschriebener Kronleuchter „mit einer langen Reihe von Stif-
ternamen aus dem Jahre 1597“ der Evangelischen Kirche zu Kühlungsborn (Brunshaupten)/Mecklen-
burg-Vorpommern lässt Fragen zur Gestaltung und Provenienz offen. Vgl. Die Kunst- und Ge-
schichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, III. Bd.: Die Amtsgerichtsbezirke
Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lübtheen, Dömitz, Grabow, Ludwigslust, Neustadt, Crivitz, Brüel,
Warin, Neubukow, Kröpelin und Doberan, 2. Aufl. 1900, S. 533. – Unbekannt ist bisher auch das
Aussehen eines Schaftkronleuchters mit Löwenkopf-Maske der Evangelischen Kirche zu Wote-
nik/Grimmen, s. Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stralsund, H. III: Der Kreis Grimmen,
1888, S. 260. – Auch die Auflistung von Schaftkronleuchtern (um 1600) mit 6 Leuchterarmen in den
evangelischen Kirchen zu Braunschweig (St. Martini) sowie Hörste wäre um Etliches zu präzisieren,
dass daraus Erkenntnisse für weitere Forschungen gewonnen werden könnten; s. Die Bau- und
Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig, 1926, S. 23. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfa-
len. Kreis Halle, 1908, S. 23.
285
P. Graff, Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche
Deutschlands bis zum Eintritt der Aufklärung und des Rationalismus, 1921, S. 140. – Vgl. demge-
genüber Beschreibungen zur Illumination porfaner Anwesen: J. B. v. Rohr, Einleitung zur Ceremo-
niel-Wissenschaft der Privat-Personen (...), Berlin 1728, S. 838 ff.
286
Sveriges Kyrkor. Uppland, Bd. III, 1921-53, S. 209.
287
E. Sehling (Hg.), Evangelische Kirchenordnung des 16. Jahrhunderts, Bd. 3: Mark Brandenburg,
Markgrafenthümer Oberlausitz, Niederlausitz, Schlesien, 1909, S. 32: „Neumärkische Kastenordnung
1540. Nachdem auch gross und klein gewercke zuvoren alle sontage und feiertage auf den kerzen
lichte gebrandt, sollen die rähte gleichfalls mit den gewercken auf einige anzahl wachses jehrlich zu
geben, handelen, damit des winters wenn der tag kurz ist, lichte zur notturft der kirchen gehabt und
gebraucht werde.“ – Ebd., S. 71: „Kirchenordnung Joachim’s II., 1540: Auch sollen die gewöhnlichen
lichter zu den horis, messen und anderen emptern, auch sonst des winters zur notturft gebrand wer-
den; was aber darüber sonst sonderliche lichter der bruderschaften, gülden oder enzeler personen
vorhanden, sollen abgethan und was etwan darauf gewand, sol nach befelch der visitatoren zu bes-
serm brauch gekart werden.“ - KKrs. A. H.-B., Hattstedt 245 „Register der Kercken Renthe tho
Hatsted angefangen nar der grothen Waterflod Anno 1634“, S. 99: „Anno 1644 ... Gott tho Ehre und
der Kerken thom Zierath eine Krone in der Kerken vorehret, und darby verordnet, Dat deme Krone
mit 16 Waßlichtern .. underholden werde, und de Lichter Jahrliches de 3 hoge festdags alß Pasches,
Pinxten und Christdach under des Vormiddags Predige brennen, bith der Gottesdienst verrichtet is.“
Ähnlich heißt es betreff „Frühpredigt“ im Kirchenrechnungsbuch (1709) der Ev. St. Nikolai-Kirche zu
Eckernförde und 1749 hinsichtlich der hohen Feiertage im KAP V B c.d. – A. Jessien, Diplomatarium
des Klosters Preetz (1838), S. 187 f.
Bekrönungsfiguren Seite 84

3. Bekrönungsfiguren der Winkelarmkronleuchter und anderer Schaft-


kronleuchter des 16. bis 18. Jahrhunderts – Voraussetzungen und
Typen eines ikonographischen Programms

3.1 Wappenhalter, Tugenddarstellungen?


Künstlerische, religionspolitische, theologische Kriterien

Gut zwei Drittel der amtlich inventarisierten Schaftkronleuchter aus Messing des 16.
bis 18. Jahrhunderts gehört zum kirchlichen Kunstgut – überwiegend evangelischer
Kirchen.

Es kommen dort unter gut 700 Exemplaren in Norddeutschland und entsprechenden


Beständen im benachbarten Ausland bis zu 40 unterschiedliche Bekrönungsfiguren
vor.288 Darunter befinden sich vier Gruppen bewaffneter Statuetten, die aufgrund
ihres gruppenspezifisch stereotypischen Erscheinungsbildes und ihres Verwendungs-
zusammenhanges – sowohl in Sakral- als auch in Profangebäuden – zu Fragen ver-
anlassen. Weder eine narrative Komposition aus mehreren Figurengruppen noch die
Tatsache der – in Kapitel 2 angesprochenen – Kronleuchterstiftung oder Inschriften
und Archivalien erläutern unmittelbar die Auswahl und das Vorkommen kriegerischer
Motive (etwa 15 Exemplare je Einheit) auf Schaftkronleuchtern.

Im Gegensatz dazu gehören die aktiven Kampfszenen der mit Stichwaffen ausgerüs-
teten und Ungeheuer bezwingenden Leuchterfiguren des Erzengel Michael (1665)
(Abb. 140) oder des Heiligen Georg (Ende des 16. Jahrhundert) (Abb. 64) zu den
traditionellen Sujets christlicher Ikonographie.289

Als profane, kriegerische Motive gelten in der bisherigen kunstwissenschaftlichen


Fachliteratur jene (männlichen) Topfiguren auf Schaftkronleuchtern der Renaissance
– insbesondere auf Winkelarmkronleuchtern – die durch das Tragen von Wappen-
schilden und Waffen hervortreten und aufgrund ihres charakteristischen Äußeren
entweder bestimmten Gesellschaftsschichten bzw. Berufsgruppen zugeordnet werden
können - wie zum Beispiel „Römischer Soldat“, „Büttel“ und „Landsknecht“ - oder
die aufgrund ihrer übermäßigen Behaarung (gegebenenfalls Nacktheit) eine Außen-
seiterposition einzunehmen scheinen – wie zum Beispiel „Wilde Leute“. In Ponderati-
on und mittels Waffe und Schild signalisieren die ersten drei Figurentypen sowohl
Kampfbereitschaft als auch Abwehr, Schutz, Standfestigkeit und Entschlossenheit. In
Kontrapost vermittelt das Motiv „Wilder Mann“ der vierten Figurengruppe Flexibilität

288
Einzelne Kronleuchterbestände werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels beziffert. Schaftkron-
leuchter aus Messingblech des 19. Jahrhunderts sind von dieser Zählung ausgenommen; sie unter-
liegen einem anderen Produktionsverfahren und besitzen keine figürlichen Motive.
289
Die Kunstdenkmäler des Landes Niedersachsen. Stadt Stade, Textbd. (1960), S. 112 f. – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen (1992), S. 1232. – Allg., s. Lexi-
kon der christlichen Ikonographie, Bd. 1, Hg. E. Kirschbaum S.J. (1968), Sonderausgabe, Freiburg
1994, Sp. 674 ff. – Ebd., Bd. 6, Begründet v. E. Kirschbaum S.J., Hg. W. Braunfels (1974), Sonder-
ausgabe 1994, Sp. 365 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 85

und Handlungsbereitschaft, sofern sie nicht per Kniefall Demut und Ehrerbietung er-
weisen.

Die eindeutig christlichen Themen unter den Kronleuchterfiguren jener Zeit bilden die
proportional zu den inventarisierten Kriegerfiguren offensichtlich weniger verbreite-
ten Darstellungen des Gnadenstuhls sowie des Salvator mundi oder Engel.290 Und die
wenigen Schaftkronleuchter mit der Statuette der Muttergottes zeigen mittels dieser
Bekrönung noch Anklänge an die Spätgotik, während die Leuchter selbst Mischfor-
men (s. Thorn/Polen, St. Johann, Kronleuchter 1580) oder als Schaftkronleuchter
schon neuzeitliche Formen aufweisen können.291 Diese vier kriegerischen Figuren-
gruppen (Abb. 55-86) bilden neben heraldischen Tierdarstellungen (Abb. 93, 102)
und eindeutig christlichen Motiven (Abb. 88, 89) die charakteristischen Bekrönungen
hauptsächlich frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter resp. Winkelarmkronleuchter aus
Messing.

Die genannten Spezifizierungen, das heißt die Zuordnung von Kronleuchter- und Fi-
gurentypen werden mitunter beschrieben, mögliche Gemeinsamkeiten oder Unter-
schiede dieser Gestalten auch hinsichtlich ihrer Präsenz auf verschiedenen Kron-
leuchtern wurden bisher nicht analysiert.292

290
Siehe u.a.: R. Schimmelpfennig, Die Geschichte der Marienverehrung im deutschen Protestantismus,
1952. – M. Hasse, Maria und die Heiligen im protestantischen Lübeck, in: Nordelbingen 34 (1965),
S. 72-81. – A. Krücke, Der Protestantismus und die bildliche Darstellung Gottes, in: Ztschr. f. Kunst-
wissenschaft 13, (1959). S. 59-90. – E. Hoffmann, Lübeck im Hoch- und Spätmittelalter: Die große
Zeit Lübecks, in: Lübeckische Geschichte, 1988, S. 292 f. – A. Morath-Fromm, Theologie und Fröm-
migkeit in religiöser Bildkunst um 1600. Eine niederländische Malerwerkstatt in Schleswig-Holstein,
1991 – Gnadenstuhl/Trinität, s. allg. LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp.525 ff. (Dreifaltigkeit). –
Siehe Einzelbeispiele: U. Mathies, 1998, S. 18 ff., 129 ff. und Abb. S. 161, 169, 174, 182 ff., 190. –
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Westfalen, Unveränd. Neuaufl. mit Nachtr. 1986,
S. 342 f. – Salvator mundi/Christus; s. z.B. Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stralsund. H.
V: Der Stadtkreis Stralsund, 1902, S. 449 f. – F. Michaelsen, Die Glückstädter Lichterkronen, in:
Steinburger Jb. (1965), S. 91-99. – Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Stadt
Schleswig, 2. Bd.: Der Dom und der ehemalige Dombezirk, 1966, S. 494 ff. – Engel; s. allg. A. Ro-
senberg, Engel und Dämonen, 1969. – LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp. 626 ff. (Engel) und Sp.
674 ff. (Erzengel).
291
Hier wären die als Kronleuchter der Frührenaissance beschriebenen Exemplare mit einer bekrönen-
den Statuette der Muttergottes, vergleichbaren Leuchterarmenden und Tierkopf-Masken in Lübeck,
Evangelische St. Jakobikirche und Plau am See, Evangelische Stadtkirche näher zu untersuchen; s.
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III: Kirche zu Alt-Lübeck.
Dom. Jakobikirche. Ägidienkirche, 1920, S. 430 f. und S. Bock/ T. Helms, Mecklenburg-Vorpommern
Kirchen in Städten. Eine kulturgeschichtliche Wanderung vom 13. bis ins 20. Jahrhundert. o.J., S. 50
f. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Der Landkreis Stade, Bildband, 1961, Abb. 42:
Balje, ehem. Kirche, Kronleuchter von 1562; 1936 vernichtet. Die Kunstdenkmale des Landes Nie-
dersachsen. Der Landkreis Stade, Textband, 1965, S. 84. - Die Kunstdenkmale des Landes Nieder-
sachsen. Regierungsbezirk Stade. Die Kunstdenkmale des Kreises Land Hadeln und der Stadt Cuxha-
ven, Textband, 1956, vgl. R. Schimmelpfennig, Die Geschichte der Marienverehrung im deutschen
Protestantismus, 1952. – A. Ehrhardt/H. Wenzel, Niederdeutsche Madonnen, 1940. – Die Denkmäler
des Rheinlandes. Rheinisch-Bergischer Kreis, Bd. 2, Klüppelberg-Odenthal 1972, S: 22 f.: Thier, ka-
thol. Kirche, Kronleuchter, A. 17. Jh. – Vgl.: Gegen den Strom. Meisterwerke niederrheinischer
Skulptur in Zeiten der Reformation 1500-1550. Ausst-Kat. Suermondt-Ludwig-Museum Aachen
(1996).
292
H. Ende, 1984, S. 45. – Vgl. Dokumentation der Kronleuchter in amtlichen Länderinventaren der
Bau- und Kunstdenkmäler. – Eine Charakterisierung einzelner Figurengruppen erfolgt weiter unten.
Bekrönungsfiguren Seite 86

Ohne grundlegende Untersuchungen zur potenziellen Ikonographie dieser Figuren –


im Gegensatz zu geläufigeren Verwendungszusammenhängen der Motive – wie zum
Beispiel Engel und Caritas – auf barocken Kugelkronleuchtern – erschienen diese
kriegerischen Darstellungen bisher nicht in die von Bischof Sicardus von Cremona
(1185-1215) und in Anlehnung an das Alte Testament der Bibel abgeleitete Licht-
symbolik integrierbar.293

Bilden Kronleuchter und Lichter als Stiftungen zum Lichtvermögen in Kirchen


zugleich einen Beitrag zur Lichtsymbolik und einen Bezug zu dieser Umgebung, ist
der Aspekt des Stiftungswesens auch hinsichtlich der Motivauswahl an Bekrönungsfi-
guren zu betrachten. Es ist von Interesse, ob diese Statuetten – insbesondere die
augenscheinlich profanen – die Regelung von Außenbeziehungen, mithin die Erfül-
lung des Stifterwillens und eine Verankerung der Stiftungswirklichkeit verkörpern.294

Sind doch die annähernd gleich großen Beständen dieser profanen Kronleuchterfigu-
ren: Römischer/antikisierender Soldat, Landsknecht und Wilde Leute – mit Ausnah-
me des Motivs „Büttel“ – innerhalb dieser Gruppen geographisch und zeitlich unter-
schiedlich und einzelne Exemplare dieser verschiedenen Einheiten mitunter parallel
verbreitet.295 Und dies betrifft nicht nur die Bekrönungsfiguren (von ca. 20-30 cm
Höhe), sondern auch die ikonographisch verwandten, deutlich kleineren Subfiguren
(11 cm). Als „Römischer Soldat“ oder „Landsknecht“ sind sie auf einer der Nuten-
scheiben des Schaftkronleuchters platziert und der Bekrönung „Heraldischer Doppel-
Adler“ untergeordnet.

So kommen unter anderem auf einem der vier Schaftkronleuchter (inschriftlich da-
tiert 1604, südliches Querhaus) der Evangelischen Kirche St. Severi in Hamburg-
Kirchwerder nur schwach ausgearbeitete Subfiguren „Römischer Soldat“ vor, wäh-
rend ein vergleichbarer Leuchter (inschriftlich datiert 1607) mit heraldischem – un-
gekröntem – Doppel-Adler als Bekrönung und Löwenkopf-Maske als Unterhang im
neidersächsischen Uelzen, Evangelische Kirche St. Marien Landsknechte auf der Nu-
tenscheibe trägt. Desgleichen sind auf Kugelkronleuchtern mit heraldischem Doppel-
Adler (inschriftlich bezeichnet 1630) in der Evangelischen Kirche in Zirkow/Rügen
sowie 1620/25 in Hittfeld/Lüneburg und Valløby/Dänemark zu finden.296

Interdisziplinäre Forschungen sind heranzuziehen, um die Entstehung der Schaftkron-


leuchter aus Metall des 16. bis 18. Jahrhunderts in die historische Entwicklung und die
neuzeitliche Sichtweise auf ein sich änderndes Weltbild einordnen zu können.

293
J. Sauer, 1924, S. 22 ff.
294
Siehe Kapitel 2, 2.4 Die Hängung von Kronleuchtern. – Allg. s. u.a. M. Borgolte (1994). – C. Göttler,
Die Kunst des Fegefeuers nach der Reformation. Kirchliche Schenkungen, Ablaß und Almosen in
Antwerpen und Bologna um 1600, Mainz 1996, S. 24 f., insbes. Anm. 6.
295
Siehe Bildband, Anhang: Verbreitungskarte. – Nachbildungen seitens Leuchtenhersteller wären ge-
sondert zu untersuchen.
296
Danmarks Kirker, Praesto Amt, T. 1, 1933-1935, S. 309. – Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien
und Hansestadt Hamburg. Bergedorf, Vierlande, Marschlande, Hg. G. Grundmann, Hamburg 1953, S.
112 und Abb. 138. – Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen, Bd. 1 (1963), S. 652.
Bekrönungsfiguren Seite 87

Religions-politische, theologische sowie künstlerische Grundlagen vorausgeschickt,


wird die Beschreibung der besagten Waffenträger auf Kronleuchtern der Renaissance
mit ihren Charakteristika und in ihrer Verteilung verständlich. Denn diese und das
überwiegende Vorkommen dieser vier Gruppen männlicher Bewaffneter: „Römischer
Soldat“, „Büttel“, „Landsknecht“ und „Wilder Mann“ (Abb. 55-86) auf Schaftkron-
leuchtern der Renaissance in Kirchen und unter dem Aspekt der für die Leuchter ge-
bräuchlichen Lichtsymbolik lässt gerade sie vor dem Hintergrund religionspolitischer
Kontroversen und gesellschaftlicher Umstrukturierungen als potenzielle Boten der
Grundrechtsidee im 16. Jahrhundert erscheinen. Denn Gotteshäuser dienten nicht
nur der Verkündigung des Evangeliums.297

Die optisch einprägsamen Kronleuchterfiguren weisen formale und damit funktionale


Parallelen zu den Piktogrammen als Zeichensprache kultischen Ursprungs bis hin zu
veränderten, aktualisierten Kommunikationsmitteln auf, die dort eingesetzt werden,
wo Erläuterungen erforderlich erscheinen, aber weder zu bestimmten Zeiten noch
permanent möglich sind. Zum anderen sind sie Lichtträger sowie Reflektionskörper
und stehen im Zusammenhang mit der Nutzung von Wachslichtern. Wachs dient
noch in der frühen Neuzeit als Zahlungs- und Ahndungsmittel.298 Inwieweit die dar-
aus für Kronleuchter gefertigten Kerzen mit ihrer offenen Flamme über die Funktion
als Lichtquelle hinaus mit der rechtlichen Bedeutung des Feuers als Zeichen zur Ver-
sammlung sowie der Eigentumsverhältnisse in Verbindung zu bringen sind, ist bisher
unbekannt.299

Dokumentieren möglicherweise die zuvor genannten Kronleuchterfiguren des 16. bis


18. Jahrhunderts exemplarisch umkämpfte religionspolitische Strukturen und die da-
raus resultierenden Freiheiten, so scheint die spezifizierte Darstellung dieser kriege-
rischen Bekrönungen anzuzeigen, dass die Religions- und Gewissensfreiheit als ein
Teil der Grundrechte bis dahin nicht selbstverständlich und verfügbar waren. Und
auch, dass zur (Be-)Wahrung dieser Rechte gewisse Pflichten und Regeln gehören,
die die Basis für jene Ethik bilden, die im Sinne der Lichtsymbolik auf einen Großteil
der Bekrönungen barocker Kugelkronleuchter angewendet wird. Denn erst die In-
schriften der Kugelkronleuchter des 17. und 18. Jahrhunderts enthalten im Sinne der

297
H. Ewe, Das alte Stralsund, Kulturgeschichte einer Ostseestadt, Weimar 1995, S. 61.
298
W. Petke, Oblationen, Stolgebühren und Pfarreinkünfte vom Mittelalter bis ins Zeitalter der Reformia-
tion, in: Kirche und Gesellschaft im Heiligen Römischen Reich des 15. und 16. Jahrhunderts, Hg.
H. Boockmann, Göttingen 1994, S. 26 ff., insbes. S. 39.
299
A. Brüning, 1897, S. 49 ff. – Zum Gebrauch der Wachslichter an sich, s. P. Graff, Geschichte der
Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands bis zum
Eintritt der Aufklärung und des Rationalismus, 1921, S. 101: Sinngemäß schreibt er, dass Lichter
größtenteils beibehalten, teils aber auch als „freie Mitteldinge aus Kostengründen abgeschafft“ wur-
den. „Sie (die Lichter) erinnerten uns daran, daß Christus das Licht der Welt sei und wir unser Licht
leuchten lassen und wie die klugen Jungfrauen stets im Glauben bereit sein sollten.“ – J. Sauer,
1924, S. 182. – M. Lurker, Symbol, Mythos und Legende in der Kunst. Die symbolische Aussage in
Malerei, Plastik und Architektur, 1958 (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 314), S. 11. –
Zur Rolle des Wachs; s. J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 13, Leipzig 1922, Reprint,
Sp. 63 f., 134. – Zur rechtlichen Bedeutung des Feuers; s. J. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer,
Bd. I, 4., vermehrte Aufl., Leipzig 1922, Reprint, S. 268 f.
Bekrönungsfiguren Seite 88

oben genannten Freiheit Worte wie „freiwillig“ (Schleswig) oder „ohn Ketzerey“ (E-
sens).

Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist um so mehr von Interesse, als diese
kriegerischen Typen in Zeitläufen eine unterschiedliche gesellschaftliche Akzeptanz
erfahren und dennoch als verbreitete Motive neuzeitliche Schaftkronleuchter bekrö-
nen. Historische Darstellungen zur vorreformatorischen Bewegung in Schleswig-
Holstein wie auch jüngere drastische Beschreibungen des Klosterlebens in Archivalien
erwecken den Eindruck, dass die Organisation und Umgangsformen menschlicher
Gemeinschaften im Zuge der Individualisierung stärker auf den Prüfstand zu stellen
waren als das eigentliche, theologische Anliegen der neuen Glaubenslehre. Gleich-
wohl zielt diese auf die Verkündigung des reinen Wortes Gottes und damit auf das
allgemeine Priestertum, das heißt auf ein in diesem Sinne gottgläubiges Leben ab.

Da die kriegerischen Figurentypen, die die Schaftkronleuchter der Renaissance im


Wesentlichen charakterisieren, vereinzelt auch noch im 17. und 18. Jahrhundert auf
diesen Beleuchtungsgeräten aus Metall vorkommen bzw. inschriftlich als Stiftungen
dieser Zeit deklariert sein können, erklärt sich sowohl die zeitliche Eingrenzung des
Themas auf das 16. bis 18. Jahrhundert, das heißt zwischen Reformation und For-
men des Absolutismus in Deutschland als auch die Sonderstellung dieser profanen
Motive gegenüber Statuetten eindeutig christlicher Ikonographie auf (früh-)neuzeit-
lichen Schaftkronleuchtern aus Metall.

Stellen der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) einen tiefen Einschnitt in die europäi-
sche Geschichte und schließlich der Westfälische Friede (1648) einen religions-politi-
schen Wendepunkt dar, erscheint für die Beurteilung der vielfältigen Bekrönungsfigu-
ren der besagten Beleuchtungsgeräte weniger diese Zäsur zur Eingrenzung des
Themas in Betracht zu kommen. Vielmehr ist es der über diese Zeit hinausreichende
Spannungsbogen aus bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über das Sacer-
dotium sowie der Stellenwert der Glaubens-, Gewissens und Bekenntnisfreiheit, der
zusammen mit anderen Faktoren – wie zum Beispiel die Herausbildung der Territori-
alstaaten und die Verwaltung durch weltliche Ämter – die Verteilung und den Motiv-
schatz dieser Schaftkronleuchter aus Messing begünstigt haben dürfte.300

Denn es kommen zu dieser Zeit auch Schaftkronleuchter o h n e Figurenschmuck


und diese allem Anschein nach hauptsächlich in calvinistisch geprägten Gebieten vor.

Über ihre Morphologie hinaus vermitteln die in Kapitel 2 beschriebenen frühneuzeitli-


chen Schaftkronleuchter komplexe Zusammenhänge, indem in der Regel ihre profa-

300
Auch diese zuletzt genannte geographische Eingrenzung wäre im einzelnen zu untersuchen, vgl.
dazu u. a. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 49. Bd., T. 1: Stadt Lemgo, Münster 1983,
S. 71. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Bochum-Stadt, 1906, S. 14. – Die Aus-
wirkungen von Verwaltungs- und Gebietsreformen der jüngeren Vergangenheit sind unter anderem
an den Titeln der amtlichen Länderinventare der Bau- und Kunstdenkmäler und deren Fortschreibung
seit dem 19. Jahrhundert ablesbar. Das heißt, dass die ursprüngliche Lokalisierung der Kronleuchter
heute mitunter nicht direkt anhand der genannten Gebiete und Orte nachvollzogen werden kann,
sondern Eingemeindungen zu berücksichtigen sind – wie auch die Tatsache, dass Kronleuchterbe-
stände Veränderungen unterliegen. Es wurde daher bewusst auf die generelle Abkürzung KDinv. ver-
zichtet.
Bekrönungsfiguren Seite 89

nen Bekrönungsfiguren – auf das Wesentliche komprimiert – Typen aus der Bevölke-
rung darstellen, die so das Allgemeine, aber auch das Charakteristische einer Ge-
meinschaft und insofern Strukturen ihrer Organisation im Sinne der Zweireichelehre
des Martin Luther repräsentieren können.

„Römischer Soldat“, „Büttel“, „Landsknecht“, und „Wilder Mann“, in der Regel als
Wappenhalter beschrieben, fallen in ihrem kultischen Verwendungszusammenhang
als weltliche, noch dazu kriegerische Darstellungen verschiedentlich auf.301 Dabei
sind in Sakralgebäuden weder profane Themen noch die Wiedergabe lebensbedrohli-
cher Instrumentarien fremd - offensichtlich aber in der Verbindung zu Kronleuch-
tern.302

Ein neuer Forschungsansatz, der alle unterschiedlichen Bekrönungen auf Schaftkron-


leuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts zunächst auf eine gemeinsame
Basis stellt, ist die im Rahmen der vorliegenden Studie erstellte Verbreitungskarte.

Aus heutiger Sicht sind aufgrund dieser Zusammenfassung von neuzeitlichen


Schaftkronleuchtern der besagten drei Jahrhunderte ansatzweise Schwerpunkte für

301
Im Gegensatz zu etlichen Bekrönungsfiguren neuzeitlicher Schaftkronleuchter, die in der Regel grob
charakterisiert sind, ist die Beschreibung der Subfiguren als Krieger- oder Ritterfiguren sehr vage.
Nicht nur die Figuren, sondern auch die beiden Kronleuchter der Ev. Kirche zu Langenhessen/Nieder-
Planitz wären insgesamt und im Hinblick auf die Datierung „1592“ des einen Exemplars genauer zu
erforschen; s. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs
Sachsen, 12. H.: Amtshauptmannschaft Zwickau, 1889, S. 48. – Auch die Topfigur des Kronleuchters
in Oldisleben ist mit „Krieger“ oder „Ritter“ zu ungenau beschrieben und kann aufgrund fehlender In-
formationen nicht weiter berücksichtigt werden. Denn geographisch liegen diese Orte in Gebieten,
die zu den für das 16. und 17. Jahrhundert „nicht darstellbaren kleineren Territorien“ gehören – am
Rande sowie innerhalb des damaligen Kursachsens – heute in den Bundesländern Thüringen und
Sachsen, s. W. Putzger, 1970, S. 82 f. Dass Kurzcharakteristiken zu wenig sind, zeigt sich auch in
Luckau/Brandenburg, Stadtkirche St. Maria und St. Nikolai. Im Inventar der Bau- und Kunst-
denkmäler in der Provinz Brandenburg von 1885, S. 504 als „Kronleuchter aus Messing, Renais-
sance, sehr reich“ beschrieben, gibt eine Fotografie des Innenraumes nach Westen nur im Rahmen
dessen den Eindruck eines barocken Kugelkronleuchters wieder; s. Deutsche Kunstdenkmäler. Ein
Bildhandbuch. Bezirke Cottbus, Frankfurt/Oder, Potsdam und Berlin, Leipzig 1971, S. 132. Eine fern-
mündliche Nachfrage (09/1999) im Büro der Kirchengemeinde St. Nikolai, Luckau ergibt, dass zwei
Kronleuchter vorhanden seien. Vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Branden-
burg, 2000, S. 606 bzw. 610 ff. - Auch für die Pfarrkirche St. Marien in Angermünde ist bisher unbe-
kannt, ob bzw. womit die drei Kronleuchter aus Messing der Renaissance bekrönt waren. Die Abbil-
dung und Beschreibung, in: Die Bau- und Kunstdenkmäler der DDR. Bezirk Frankfurt/Oder, 1980,
S. 18 bezieht sich auf drei Kronleuchter des 19. Jahrhunderts, vgl. G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler, Brandenburg 2000, S. 22. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und
Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 1889, S. 48. – Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens,
1. Abt.: Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, Bd. 2: Verwaltungsbezirk Apolda, H. 2: Amtsge-
richtsbezirk Allstedt, 1891 (H. 13 des Gesamtwerkes), S. 295, H. Ende, 1984. S. 45.
302
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg, Unveränd. Nachdruck des Ban-
des: Die Bezirke Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, 1980, S. 384. – Die Bau- und Kunstdenkmale
in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Mit Stralsund, Greifswald, Rügen und
Usedom, 1995, S. 136. – V. Friedrich, Stralsund – Rats- und Pfarrkirche St. Nikolai, 1999 (Kunstfüh-
rer), S. 26 mit Abb. S. 33. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt,
Bd. II: Bezirk Halle, Unveränd. Nachdruck 1976, S. 328: „An der Kanzeltreppe reliefierte Darstellung
eines lokalen Ereignisses, des sog. Schlüssel- und Klöppelkrieges.“ - s. im Allg.: LCI, Bd. 1, Sonder-
ausgabe 1994, Sp. 150 ff. – Die Beschwörung des Kosmos. Europäische Bronzen der Renaissance.
Ausst.-Kat. Wilhelm Lehmbruck, Duisburg (1994/95), S. 10. – W. Paatz hatte darauf hingewiesen,
dass sich das revolutionäre Weltbild am treffendsten in kleinformatigen Bronzewerken ablesen lasse.
– Es stellt sich die Frage, ob dieser Gedanke auf bestimmte Figurentypen als Motive neuzeitlicher
Schaftkronleuchter aus Metall übertragbar wäre.
Bekrönungsfiguren Seite 90

das Vorkommen der Beleuchtungsgeräte und ihrer Bekrönungen ablesbar. Soweit


bekannt, sind die Topfiguren dort angegeben, aber ein Großteil dieser Objekte ist
noch zu untersuchen und differenzierter darstellbar.

Dies betrifft auch die hier vorgestellten Kronleuchter, die im Rahmen der Studie
zwecks genauerer Analyse nicht in Einzelteile zerlegt werden konnten. Doch sind De-
tails ihrer Morphologie und Konstruktion unter der Fragestellung berücksichtigt, ob
die Eintragungen zur potenziellen Entstehungszeit und Ikonographie dieser (früh-)neu-
zeitlichen Schaftkronleuchter im Gegenüber mit geschichtswissenschaftlichen Karten-
werken für Mitteleuropa neben einer Übersicht zu Kronleuchterbeständen auch eine
kunstgeografische Entwicklungslinie sichtbar wird.303

Gleichwohl historische Untersuchungen zum Kupferhandel überregionale bis interna-


tionale Geschäftsbeziehungen herausarbeiten konnten, erklärt die Tatsache, dass
Kupfer Bestandteil der besagten Schaftkronleuchter ist, noch nicht die spezifische
Verteilung bestimmter Figurendarstellungen auf Kronleuchtern.

Wie anhand der Forschungsgeschichte in Kapitel 1 aufgezeigt, vermitteln bisherige


kunstwissenschaftliche Darstellungen kaum das Spektrum an Motiven auf Schaftkron-
leuchtern und auch nicht, ob diese potenzielle Serienware als Kontingent vertrieben
oder auf Nachfrage veräußert wurde. Und es ist ferner unbekannt, in welchem Maße
die Wanderschaft der Metallgießer oder die Mobilität der Kaufinteressenten bzw. Stif-
ter an der Verteilung der Kronleuchter und bestimmter Motive Anteil hat.

Anhand der Quellen, die im Rahmen dieser Studie untersucht wurden, sind die zu-
letzt genannten Aspekte nicht auszuschließen, bedürfen aber weiterer Recherchen,
um zu allgemeingültigen Aussagen zu führen.

Um so mehr ist die Vergegenwärtigung historischer Strukturen mittels entsprechen-


der Kartenwerke von Interesse: Diese zeigen das Heilige Römische Reich im Zeitalter
der Reformation – um 1547 – sowie unter anderem nach dem Dreißigjährigen Krieg
(1648) als ein Mosaik verschiedener und wechselnder Herrschaftsbereiche, wo infol-
gedessen die neue Glaubenslehre nicht einheitlich eingeführt werden konnte. Daran
sowie insbesondere am Bestand der Enklaven in Norddeutschland orientiert, gewin-
nen die auf der Verbreitungskarte für Kronleuchter noch diffus wirkenden Einträge an
Kontur.

Das 16. und 18. Jahrhundert gelten insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen des
Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert als Zeiten des wirtschaftlichen, aber auch
des demographischen Wachstums und sind neben machtpolitischen durch soziale
Konflikte geprägt.304

303
F. W. Putzger, Historischer Weltatlas, 92. Aufl. 1970, S. 78 f., 82 f., S. 90 f. – Großer Atlas zur Welt-
geschichte, 1997, S. 90 f., 96 f., 102 f., 104, 106 f. – Siehe auch Handbuch der Kirchengeschichte,
Bd. IV, 1985 und Bd. V, 1986.
304
W. Stieda, Hansische Vereinbarung über Städtisches Gewerbe, in: Hansische Geschichtsbl., Jg. 1886
(1888), S. 101 ff. – R. A. Peltzer, 1909. – E. George, Die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehun-
gen der Westküste Schleswig-Holsteins zu den Niederlanden, in: Nordelbingen 1 (1923), S. 220-289.
– Schwerpunkte der Kupferproduktion in Europa: 1500-1650, Hg. H. Kellenbenz, 1977. – O. Brandt,
Bekrönungsfiguren Seite 91

Auseinandersetzungen um Ressourcen und Monopole, der Handel und die Preisrevo-


lution erfordern insbesondere im 16. Jahrhundert ein rasches Handeln von Kaiser
und Reich in „administrativer“ und militärischer Hinsicht.305

Die sozialen Konflikte äußern sich nachweislich in der Konkurrenz zwischen städti-
schen Ämtern/Zünften und ländlichem Gewerbe um eine Arbeitsteilung sowie um
Schutz seitens der Obrigkeit zwecks Sicherung von Privilegien, was auch für die Me-
tallgießer mittels ausführlicher Schriftwechsel belegt werden kann.306 Als weitere
Gründe wären Rivalitäten zwischen dem Bürgertum als neuer städtischer, reicher
Oberschicht und dem landsässigen Adel um Einfluss und Ansehen zu nennen.

Die obrigkeitliche Reglementierung einerseits sowie andererseits zum Beispiel die


Kritik der Humanisten am geistlichen Stand und Martin Luthers an kirchlichen Miss-
ständen lösen Widerstände und eine Neuorientierung bis hin zur Reformation aus.
Denn durch die Ansätze einer Reichsreform und eine nachgebesserte, das heißt diffe-
renziertere Einteilung der Reichskreise (1500/12) – wie zum Beispiel des Sächsi-
schen Reichskreis in einen Niedersächsischen und in einen Obersächsischen Reichs-
kreis, die heute im Wesentlichen Norddeutschland ergeben, scheinen die Gerichts-
barkeit, die regionalen Zuständigkeiten zur Wahrung des Ewigen Landfriedens sowie

Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. Aufl., Kiel 1981, S. 154, 175. – U. Lange, Deutschland im Zeital-
ter der Reichsreform, der kirchlichen Erneuerung und der Glaubenskämpfe (1495-1648), in: P. Ras-
sow, Deutsche Geschichte, 1987, S. 144-217. – Siehe ebd. S. 218-197. H. Schmidt, Zerfall und Un-
tergang des alten Reiches 1648-1806 – G. Mann, Wallenstein, 1997, insbes. S. 355 ff. – L. Jardine,
Der Glanz der Renaissance, 1999, I. Origo, „Im Namen Gottes und des Geschäfts“. Lebensbild eines
toskanischen Kaufmanns der Frührenaissance, 3. Aufl. 2000.
305
Neue Formen der „Verwaltung/Administration“ entstehen seit dem 15. und 16. Jh. zum Beispiel in
Holstein und Schleswig unterschiedlich. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Kreis An-
germünde, Bd. III, T. 3, 1934, S. XXXIX ff. – U. Lange, Die politischen Privilegien der schleswig-
holsteinischen Stände 1588-1675, 1980. – Frieden durch Recht. Das Reichskammergericht von
1495-1806. Ausst.-Kat. Wissenschaftszentrum Bonn sowie Historisches Museum Frankfurt/M.
1994/1995. – B. Distelkamp, Rechtsfälle aus dem Alten Reich. Denkwürdige Prozesse vor dem
Reichskammergericht, 1995, insbes. S. 39-56 und S. 62-75.
306
Siehe u.a.: HHStA. 612-1/45, Extrajudical-Sachen der Rot-, Stück- und Glockengießer gegen die
Eisenkrämer. – HSTA Rep. 16, Nr. 312: Amt der Gürtler/Klage J. G. Wosaeck 1740/53 gegen das
Amt der Gürtler wegen Eindrangs: „Ich muß mich hier auf das Exempel anderer Städte beziehen,
Lübeck gehört hier wohl am nächsten, weil aber daselbst Gelbgießer sind, so muß man auf eine sol-
che Stadt recurieren, wo sich keine Gelbgießer aufhalten: man wird deren weniger finden - mir ist
aber doch Nürnberg bekandt daselbst dürften die Gürtler nicht das geringste, ja nicht einmahl ein
Loth schwer gießen ... und müssen alles gegossene, was sie zu ihrer Arbeit benöthiget, sind bey de-
ren Rothgießern gießen lassen. Dieses weiß ich weil ich selbst in Nürnberg gewesen bin, ...“ - HSTA
Rep. 16 Nr. 316: „Da heute in termino so weit der roth und glocken Gießer Woseck nebst seinem
beystand dem Adv(ocatus) Köppen, als die Gürtler Hopp und Weylen erschienen haben H(erren)
Camerarii der wegen unter Ihnen streitig seyenden puncten Vereinigung zu treffen sich bemüht,
worauf denn endlich gürtler sich erkläret, daß Sie nunmehro folgender Arbeit sich gänzlich begeben,
und dem Roth- und Glockengießer als zu seiner profession gehörig privative einräumen wolten - 1)
alle gegossene … Crohnen und Tischarme (des Weiteren Mörser, Glocken etc.) ... dahingegen läßet
Ihm den Roth und Glockengießer Woseck gefallen, daß die hiesige gürtler nebst Ihm folgende ange-
bot zu jeder Zeit mögen machen und verfertigen können als 1) die Anklopfer und Schilde an denThü-
ren, 2) Messingste Schaufeln und Zangen groß und kleine ..., 4) wie auch tafel leuchter ... Saturn
den 3. jun. 1747“ – LAS Abt. 210, Nr. 2353: Stück- und Glockengießer. Privileg für Anthon Wiese zu
Lübeck für den Bereich Lauenburg 1649. – LAS Abt. 210, Nr. 2369: Acta betreff die dem Hans Hütt-
mann zu Ratzeburg ertheilten Privilegien des Kupfer- und Messing-Handels und die wider die regie-
renden Kupferträger und Kesselflicker erlassenen Verordnungen (1665) 1680/81. – LAS Abt. 65.1,
Nr. 1769: Akten der Deutschen Kanzlei betreff zu Bad Oldesloe spec. die Kupfermühle und Handel
mit Kupfer- und Messingwaren (1515) 1632/1668.
Bekrönungsfiguren Seite 92

personelle Strukturen auf der Grundlage des rezipierten Römischen Rechts im Heili-
gen Römischen Reich de jure geordnet, aber nicht de facto zwischen geistlichen und
weltlichen Fürstentümern. Denn die Bischöfe besitzen in Teilen ihres geistlichen
Sprengels fürstliche Macht und somit eine Doppelherrschaft. Und diese ist unter an-
derem Auslöser, dass Einfluss und Interessen der weltlichen Landesfürsten und
Stadträte mittels der Zweireichelehre Martin Luthers, das heißt durch die konsequen-
te Trennung von Religion und Politik eine neue Dimension erhalten.307

Das Bestreben, hier ordnend einzugreifen durch eine Neustrukturierung von Gesell-
schaft und kirchlicher Gemeinschaft sowie Maßstäbe zu setzen, könnte die Auswahl
der Kronleuchterfiguren „Römischer Soldat“, „Büttel“, „Landsknecht“ und „Wilder
Mann“ begünstigt haben. Assoziiert doch der römische Soldat Gesetz und Ordnung
durch Römisches Recht. Zudem ist die Präsenz dieses Motivs um die Darstellung des
Gerichtsdieners bzw. Büttels erweitert.

Da dieser mitunter auch als Landsknecht angeworben wurde, nimmt der Büttel inso-
fern unter den als potenzielle Landesdefensoren wiedergegebenen Kronleuchterfigu-
ren eine Zwischenstellung ein.

Landsknechte waren anfangs ritterlichen Orden vergleichbar und lebten nach be-
stimmten Ordnungen, so dass ihre Verbindung zum Christentum nicht abwegig ist,
aber im Zeitalter der Konfessionalisierung zur Aufsplitterung sowie zu Antagonismen
führt.

In ihrer Frühphase (1490-1530) stellen sie ein zeitgemäßes militärisches Instrument


zur Landesverteidigung dar. Dieses rekrutiert sich in diesem Zeitraum zunächst aus
freien Bürgern, später aus allen Gesellschaftsschichten, und es ersetzt so das Ritter-
tum des Mittelalters.308 Daher erklärt es sich auch, dass die Ritter in Ringelpanzer,

307
P. Graff, Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche
Deutschlands bis zum Eintritt der Aufklärung und des Rationalismus, 1921. – Weltanschauung und
Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation. Abhandlungen zur Geschichte der Philoso-
phie und Religion, 3. unveränd. Aufl. 1923, S. 46 ff. – L. Fendt, Der lutherische Gottesdienst des
16. Jahrhunderts, sein Werden und Wachsen, 1923. – H. H. Schrey, Reich Gottes und Welt. Die Leh-
re Luthers von den zwei Reichen, 1969 (Wege der Forschung, Bd. CVII), S. 48 ff. – Handbuch der
deutschen Bildungsgeschichte, 6 Bde., Bd. 1: 15. bis 17. Jahrhundert. Von der Renaissance und der
Reformation bis zum Ende der Glaubenskämpfe, o.J., S. 57 ff. – O. Brandt, Geschichte Schleswig-
Holsteins, 8. Aufl. Kiel 1981, S. 152,154 f., 158, 160, 203. – H. Diwald, Luther. Eine Biographie,
1982. – Martin Luther 1483-1546. Ausst.-Kat. Lutherhalle Wittenberg (2., verbess. und erw. Aufl.
1993), S. 92, 176, 206. – R. Friedenthal, Luther. Sein Leben und seine Zeit, 9. Aufl. 1997. – Martin
Luther und der Bergbau: aus Tischreden, Briefen und Predigten. Stiftung Luthergedenkstätten in
Sachsen-Anhalt, H. 6, 2000. - „..von daher bin ich“ Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder
Land. Aufsätze zur Ausstellung Martin Luthers Sterbehaus Eisleben (2000/Stiftung Luthergedenkstät-
ten in Sachsen-Anhalt. H. 7). – H. Lilje, Martin Luther, 22. Aufl. 2000.
308
H. Schnitter, Volk- und Landesdefension. Volksaufgebote, Defensionswerke, Landmilizen in den deut-
schen Territorien vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, Berlin-Ost 1977, S. 36. – R. Baumann, Lands-
knechte. Von Helden und Schwartenhälsen, 1991, S. 195 insbes. – B. R. Kroener/R. Pröve (Hg.),
Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 1996. – Brage bei der Wieden,
Niederdeutsche Söldner vor dem 30jährigen Krieg. Geistige und mentale Grenzen eines sozialen
Raums, in: R. Kroener/R. Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neu-
zeit, 1996. – K. Hagemann/R. Pröve, Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger. Militär,
Krieg und Gesellschaftsordnung im historischen Wandel, 1998. – S. Kroll/K. Krüger (Hg.), Militär und
ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit. Herrschaft und soziale Systeme in der frühen Neuzeit,
Bd. 1, 2000.
Bekrönungsfiguren Seite 93

schwerer Schutz- oder eindrucksvoller Paraderüstung in der Regel auf neuzeitlichen


Schaftkronleuchter – gegenüber spätmittelalterlichen Tischleuchtern – kaum mehr
vorkommen, obschon gerade dieser Typus das Bild der tugendhaften Ideale charak-
terisiert und darin der allgemeinen Lichtsymbolik von Kronleuchtern als Kirchengerät
hätte entsprechen können. Denn die spezielle Lebensweise der Ritter fordert unter
anderem Tugenden – wie zum Beispiel Schutz der christlichen Kirche, der Witwen,
Waisen und Bedrängten. Und entgegen der anfänglichen Antagonismen ob der „mili-
tia saecularis“ ,hat der „milites Christi“ seinen festen Stellenwert im Christentum.309
Ein geharnischter Ritter als Bekrönung eines gotischen Schaftkronleuchters, dessen
Leuchterarme mit Laubwerk besetzt sind, ist für das Rathaus in Lüneburg/Nieder-
sachsen inventarisiert. Der so genannte Karls-Leuchter (1630, Aachen) mit der als
Karl der Große (747-814) beschriebenen Zentralfigur in leichter Rüstung dürfte hier
eine gewisse Ausnahme bilden. Und dies wird noch deutlicher in der Gegenüberstel-
lung zum so genannten Gustav-Adolf-Kronleuchter (1647) in der Evangelischen Pre-
digerkirche in Erfurt, der von einer Art Monopteros mit einer Reiterstatuette bekrönt
wird und auf den Leuchterarmen des unteren Lichtkranzes zusätzliche Subfiguren
trägt. Der Karls-Kronleuchter knüpft in der Doppelbesetzung mit einer Zentral- und
einer Bekrönungsfigur, die die Morphologie des Leuchters bestimmt, an die spätgoti-
schen Tabernakel- bzw. Kapellenkronleuchter – wie zum Beispiel in Waase/Ummanz
oder in Goslar an.310 Der Unterschied besteht neben stilistischen darin, dass nun an-
stelle einer Muttergottes als Zentralfigur die eines weltlichen Herrschers zu sehen ist
und eine Christus-Statuette mit den Aposteln als Subfiguren diesen Karls-Leuchter
bekrönt. Dagegen stellen die bekrönenden Statuetten der besagten spätgotischen
Tabernakel-Kronleuchter in Goslar einen Bischof und in Waase einen Löwen dar. In-
wieweit ein Kronleuchter in Werdau/Langenhessen tatsächlich auch von einer Ritter-
Figur bekrönt wird, wäre noch zu untersuchen.311

Angesichts der oben angesprochenen Reformen sowie der Organisation von Gemein-
schaften liegt es nahe, der Darstellung „Wilder Mann“/“Wilde Leute“, das heißt der
vierten Gruppe der profanen Motive unter den potentiellen Statuetten auf
Schaftkronleuchtern der Renaissance die positive Eigenschaft der Selbstbezwingung
zuzuweisen. Vornehmlich als literarische Metapher der ungezähmten Natur gelten sie
gemeinhin als außerhalb der übernatürlichen sowie der gesellschaftlichen Ordnung
Stehende. Die jüngere kunstwissenschaftliche Forschung sieht in ihnen das Menschli-
che schlechthin wiedergegeben, so dass aus dieser Perspektive die drei zuerst ge-

309
J. Bumke, Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, 2 Bde., 3. Aufl. 1986, Bd.
1, S. 64 ff.
310
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, III. Reg.bez.: Hannover, 2. und 3.: Stadt Lüneburg,
Hannover 1906, S. 130, 241, 255. – Sog. Karlskronleuchter (17. Jh.) in Aachen; s. R. A. Peltzer.
1909, S. 128. – Spätgotischer Kapellenkronleuchter; s. Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover,
T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 1 und 2: Stadt Goslar, 1901, S. 301. – H. G. Griep, 1961
(Goslar). – Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stralsund, H. IV: Der Kreis Rügen, 1897,
S. 361. – Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen. Bezirk Rostock, Bd. 1, 1963, S. 617 und Taf. 129
(Waase/Ummanz).
311
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 12. H.:
Amtshauptmannschaft Zwickau, 1889, S. 48.
Bekrönungsfiguren Seite 94

nannten Figurengruppen „Römischer Soldat“, „Büttel“ und „Landsknecht“ die zuneh-


mende Differenzierung gesellschaftlicher Funktionen erkennen lassen.312

Jeder dieser Figurentypen verkörpert sowohl ein realitätsnahes Vorbild als auch Ge-
gensätzliches und bietet Gründe zur moralisierend-ethischen Deutung von Kron-
leuchterfiguren in Sakralräumen. Dies setzt eine ungehinderte Ausübung von Religi-
on, das heißt Glaubens- und Bekenntnisfreiheit voraus, die mit der Entstehungszeit
der Schaftkronleuchter aus Metall noch keine Selbstverständlichkeit darstellt, son-
dern im Entstehen begriffen ist. Wie erwähnt, sind nur wenige Schaftkronleuchter
aus Messing des 16. Jahrhunderts bekannt bzw. erhalten, die eindeutig christliche
Motive aufweisen.

Wird von Schaftkronleuchtern spätgotischer Formensprache in evangelischen Gottes-


häusern abgesehen – unter anderem in Dortmund, Petrikirche, Woltersdorf/Branden-
burg, Köckte-Bölsdorf/Sachsen-Anhalt, Gutskirche, Graede, Frederiksborg Amt/Dä-
nemark (Abb. 14 a bis e) – geht die Darstellung der Muttergottes auf Schaftkron-
leuchtern aus Messing der frühen Neuzeit im Norden zurück: Plan am See/Mecklen-
burg-Vorpommern, Balje (1562) und Otterndorf/Niedersachsen, Lübeck/Schleswig-
Holstein, Evangelische Kirche St. Jakobi (Abb. 89, 90) oder in Skepptuna, Uppsa-
la/Schweden. Erneut, aber vereinzelt, sind weitere Statuetten der Muttergottes auf
Schaftkronleuchtern seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zu finden in Stral-
sund/Mecklenburg-Vorpommern, Evangelische Kirche St. Nikolai, ferner in Lipp-
stadt/Nordrhein-Westfalen, Marienkirche, 1652 in Wismar/Mecklenburg-Vorpom-
mern, Evangelische Kirche St. Marien oder zum Beispiel 1654 in Frösunda und 1678
in Rimbo/Uppsala in Schweden.

Als Beispiele früherer Darstellungen des Salvator mundi sind die Bekrönungen der
Schaftkronleuchter mit abschließender Löwenkopf-Maske in Stralsund, Evangelische
Kirche St. Marien (1557) und in Stade/Niedersachsen, Evangelische Kirche St. Wil-
hadi bekannt (Abb. 88, 153).

Hinsichtlich nicht erhaltener oder unbekannter Exemplare wäre weiterhin zu recher-


chieren: Braunschweig und Hildesheim/Niedersachsen, Evangelische Kirchen St. And-
reas (Abb. 91) sowie Wismar/Mecklenburg-Vorpommern, Evangelische Kirche St.
Georgen (St. Jürgen).

Dass die Statuette „Salvator mundi“ zwischen 1655 und 1661 auf Schaftkronleuch-
tern in Schleswig-Holstein häufiger vorkommt, ist auf Stiftungen bzw. Doppelstiftun-
gen sowie möglicherweise auf Werkstatttraditionen zurückzuführen (Abb. 103, 114,
115).313 Und vor diesem Hintergrund erhebt sich die Frage, ob die besagten kriegeri-

312
R. Bernheimer, 1952. – L. Möller, 1961. – Der Mensch um 1500. Werke aus Kirchen und Kunstkam-
mern, Ausst.-Kat. Skulpturengalerie Berlin SMPK (1977), S. 164 f. – T. Husband/G. Gilmore House,
The Wild Man. Medieval Myth and Symbolism, Ausst.-Kat. Metropolitan Museum of Art New York
(1980), LCI., Bd. 4, Sonderausgabe 1994, Sp. 531. – M. Elias, Über den Prozess der Zivilisation. So-
ziogenetische Untersuchungen, 2 Bde., Frankfurt/M. 1976, 2. Bd., S. 316
313
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Dortmund – Stadt Münster, 1894, S. 39 und
Taf. 30. – Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Frankfurt/Oder, Berlin, München 1980, S.
49. – Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, 3. Bd.: Kreis Stendal Land, Burg 1933, Taf. 78. –
Bekrönungsfiguren Seite 95

schen Figuren unmittelbarer Ausdruck dieser Grundrechtsidee sein können und dar-
über hinaus, ob sie die verschiedenen Auffassungen zum „Priestertum der Gläubi-
gen“, das heißt die Ordnungs- und Dienstfunktionen gegenüber kirchlichen Leitungs-
ämtern widerspiegeln. Denn jedes der besagten profanen Motive assoziiert unter an-
derem entsprechende Charakteristika und Verbindlichkeiten innerhalb einer Gemein-
schaft.

Verkörpern diese Figurentypen, die in der frühen Neuzeit vermehrt zu sehen sind, die
Antithese „Gesetz und Evangelium“, die für Luther eine zentrale Frage ist und Kon-
troversen im Zeitalter der Konfessionalisierung nährt? Und erlaubt die stereotype
Gestaltung der jeweiligen Figurengruppen nicht allein Rückschlüsse auf die Ferti-
gungstechnik, sondern auch auf das Wesen reformatorischer Kunst?

Dort interessiert mit der Konzentration auf das ikonographisch Wesentliche, die
Rechtfertigung aus Glauben: die Gnade. Diese scheint im Medium Metallguss künst-
lerisch kaum eindringlicher vor Augen geführt werden zu können als in Gestalt der
besagten vier Figurentypen.

Vielfach sind die innerhalb ihrer Gruppe gleichermaßen stereotypen Bekrönungen der
neuzeitlichen Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts bisher
deskriptiv in Wappenhalter sowie normativ als Tugenddarstellungen eingeteilt. Und
letztere werden dabei zum Teil anhand der Inschriften von Kronleuchtern mit einer
gewissen Vorbildfunktion der auf diese Weise Gewürdigten für die Zeitgenossen und
die Nachwelt in Verbindung gebracht.314 Diese Korrelation einer illuminierten figürli-
chen Darstellung und eines (posthum) verbalisierten Leistungsdenkens als Totenge-

Danmarks Kirker, Frederiksborg Amt, 4. Bd., Kopenhangen 1975, S. 2210. – Die Kunst- und Ge-
schichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Bd., 2. Aufl. Schwerin 1901,
S. 595 f. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Reg.bez. Stade. Kreis Land Hadeln und
Stadt Cuxhaven, Textbd. 1956, S. 283. – Ebd., Landkreis Stade, Textbd. 1965, S. 84. – Die Bau-
und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III, 1920, S. 430. – S. Beissel, Ge-
schichte der Verehrung Marias im 16. und 17. Jahrhundert, 1910. – M. Hasse, Maria und die Heili-
gen im protestantischen Lübeck, in: Nordelbingen 34 (1965), S. 72-81. – E. Hoffmann, Lübeck im
Hoch- und Spätmittelalter. Die große Zeit Lübecks, in: Lübeckische Geschichte, 1988, S. 295 (Volks-
frömmigkeit und kulturelle Verhältnisse). – Schleswig-Holsteinische Regesten und Urkunden, Bd. 15,
Urkundenbuch des Bistums Lübeck, Bd. 4, Urkunden 1510-1530 und andere Texte, 1996, S. 194,
Nr. 2359: Verzeichnis der Kleinodien des Bildes Marien Mitleid im Dom zu Lübeck, 14. August 1528.
– R. W. Scribner, Religion und Kultur in Deutschland 1400-1800, 2002 (Veröffentlichungen des Max-
Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 175), S. 82 f. – Sveriges Kyrkor. Uppland, Bd. IV, Seminghundra
Härad, 1919, S. 244. – Sveriges Kyrkor, Uppland, Bd. V, T. 1, 1953-58, Sjuhundra Härad, 1956,
S. 280 f. (Rimbo Kyrka). – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Bd. V, T. 1, Regierungs-
bezirk Stade, 1956, S. 283. – Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklen-
burg-Schwerin, II. Bd., 2. Aufl. Schwerin 1899, S. 66. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfa-
len. Kreis Lippstadt, Münster 1912, S. 105. – Die Baudenkmäler des Reg.bez. Stralsund, H. V, Stadt-
kreis Stralsund, Stettin 1902, S. 450. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Reg.bez.
Stade. Stadt Stade, Textbd. 1960, S. 66. – R. Slawski, St. Andreas - Neustadt - Braunschweig, Hg.
Kirchenvorstand der St. Andreasgemeinde zu Braunschweig, 1996, S. 41, vgl. Die Bau- und Kunst-
denkmäler der Stadt Braunschweig, 1926, S. 23 und 25! – Ende 2004 informierte H. von Poser, Kunst-
referent der Evangelischen Landeskirche Hannovers über die Wiederauffindung eines Schaftkronleuch-
ters aus Messing mit der doppelseitigen Bekrönung des Salvator mundi und des Apostel Andreas in
Hildesheim, evangelische Kirche St. Andreas. – Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großher-
zogtums Mecklenburg-Schwerin, II. Bd., 2. Aufl. Schwerin 1899, S. 117. – F. Michaelsen, Die Glück-
städter Lichterkronen, in: Steinburger Jb. 1965, S. 91-99.
314
K. Jarmuth (1967), S. 228 f.
Bekrönungsfiguren Seite 96

denken, scheint auf den ersten Blick an die Tradition von Beleuchtungsgerät und Hei-
ligenfigur im Sinne der alten Lehre aus katholischer Zeit anzuknüpfen. Etlicher Zier-
rat von Schaftkronleuchtern in Gestalt von Masken und Fabelwesen weist auf Paralle-
len zu mittelalterlichen Wandmalereien und illuminierten Handschriften hin (Abb.
146).315

Buchholz spricht in seinen Studien „Protestantismus und Kunst im 16. Jahrhundert“


unter anderem davon, dass die Reformation nichts gänzlich Neues brachte, sondern
alles auf eine andere Ebene stellte.316

Ähnlich heißt es schon in der Vorrede zur Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung


von 1542, wo eindeutig von der Gnade Gottes als Grundlage gesprochen wird, wobei
die Entstehung der evangelischen Landeskirchen im Zusammenhang mit machtpoliti-
schen Interessen weltlicher Herrscher zu sehen ist.

„WIR CHRISTIAN, VON GOTTES Gnaden König zu Dänemark und Norwegen, König
der Wenden und Goten, Herzog zu Schleswig, Holstein, Stormarn und Dithmarschen,
Graf zu Oldenburg und Delmenhorst. Wir preisen Gott und danken seiner Gnade in
Ewigkeit, dass wir zur Erkenntnis seines lieben Sohnes, unseres Herrn Jesus Chris-
tus, gekommen sind ... Damit wir für diese unaussprechliche Gnade Gottes nicht
undankbar sind und sich auch unsere Erblande in der Sache der christlichen Religion
nicht weiterhin so beklagenswert in unheilvoller Zerrüttung befinden mögen, haben
wir aus Gottes Gnaden in Zusammenarbeit mit unseren Räten und unserer Land-
schaft vorgenommen, eine christliche Kirchenordnung gemäß Gottes Wort und Christi
Befehl ergehen zu lassen, nicht um etwas Neues zu stiften (davon behüte uns Gott),
sondern um öffentlich mit unseren Erblanden das anzunehmen, was uns Gott, unser
lieber Herr durch seine Propheten und Apostel befohlen hat, bevor es unter soviel
Irrlehre begraben wurde, dass dadurch das Evangelium Christi seiner Helligkeit be-
raubt und unterdrückt worden ist ...“317

Dass dieses Besinnen auf Gottes Gnade auch im Kernland der Reformation keine
gängige Praxis ist, geht unter anderem aus den Schreiben Martin Luthers (Witten-
berg, 24. Mai 1540) an seinen Landesherrn Graf Albrecht von Mansfeld hervor.

„Gnade und Friede in Christo! Gnädiger Herr! Ich habe lange nicht um etwas gebe-
ten, ich muss auch einmal kommen, das die Straße der Fürbitte nicht zu gar mit Gra-
se verwachse, … , ward unter anderem gesagt, wie Euer Gnaden mit den Hütten-
meistern der Schärfe handelten ... Ich bitte nicht um Recht …, sondern um Gnade

315
Der Ornamentschatz. Sammlung historischer Ornamente aller Kunstepochen, Hg. H. Dolmetsch,
4. und verb. Aufl. 1913. – K. Kröll/H. Steger, Mein ganzer Körper ist Gesicht. Groteske Darstellungen
in der europäischen Kunst und Literatur des Mittelalters, 1994. – Kunst für das Gewerbe. Graphische
Vorlagen für Kunsthandwerker in Deutschland 18. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Museum für
Kunst und Gewerbe (2001), S. 8.
316
F. Buchholz, Protestantismus und Kunst im 16. Jahrhundert, 1928, S. 63 (Studien über christliche
Denkmäler, N.F., 17. H.). – T. Scharff, Die Kämpfe der Herrscher und Heiligen. Krieg und historische
Erinnerung in der Karolingerzeit. Symbolische Kommunikation in der Vormoderne, 2002, S. 211.
317
KAP II D a, Nr. 11. – O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. Aufl. Kiel 1981, S. 154 f., 158,
160. – Die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, Hg. W. Göbell, 1986 (Schriften des
Vereins für Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte, Reihe I, Bd. 34).
Bekrönungsfiguren Seite 97

und Gunst, denn Euer Gnaden werden Gottes Gnaden und Gunst auch bedürfen, ...
Denn suchen wir unser Recht zu gestrenge an unserem Nächsten und lassen nicht
Gnade scheinen, so wird wahrlich Gott sein Recht gegen uns auch suchen und die
Gnade finster werden lassen. Ich hoffe, Euer Gnaden werden hieraus nichts anderes
verstehen, denn dass ich Euer Gnaden als meinen lieben Landesherrn lieb habe ...“318

Buchholz hebt zeitig die besondere Wahrnehmung des Reformators Martin Luther
(1483-1546) für die kirchliche Kunst als pädagogisches Mittel hervor. Die jüngere
Kunstwissenschaft hat diesen Ansatz anhand systematisch untersuchter Kunstwerke
stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt.319

So führen anhand der Schriften Martin Luthers und auch Philipp Melanchthons (1497-
1560) interdisziplinäre Forschungen zur bewahrenden Kraft des Luthertums für mit-
telalterliche Kunst in evangelischen Kirchen vor Augen, dass die Reformation infolge
eines anderen Verständnisses des Evangeliums eine Erneuerung des Glaubens in
Form eines Umdenkungsprozesses der (gläubigen) Bevölkerung sowie der Obrigkeit
und nicht ein tabula rasa – die Ausräumung von Kunst aus Kirchen – zum Ziele hat-
te.

Schon im Jahre 1921 führt P. Graff aus: „Die Reformatoren selbst standen allen Ze-
remonien ziemlich frei gegenüber. Sie hatten in Norddeutschland viele behalten, da
die Gemeinden oft darauf hielten, auch um der Schwachen willen, in Süddeutschland
dagegen nur wenig, weil die Gemeinden unter schweizerischem Einfluss stehend,
Anstoß nahmen.“320

Sofern also die vorhandenen Kunstwerke und die Schaffung neuer nicht der Vereh-
rung von Heiligen und der Abgötterei dienten, sondern der Erinnerung an Zeugen des
frühen Christentums und an (lokale) Vorbilder des Glaubens, so hatte Martin Luther
– nach einer im Umkreis Kursachsens entstandenen Ordnung – schließlich jene Aus-
stattung nicht abgelehnt, welche „... ein eusserlich Zierde und wolstand sei, dodurch
das volg zu mehrer andacht bewogen werde.“321 Ähnlich heißt es in der auf Johannes
Bugenhagen (1485-1585) zurückgehenden Kirchenordnung (1528/29), die auch in

318
Martin-Luther-Briefe 9, Nr. 3481, in: Martin Luther und der Bergbau. Aus Tischreden, Briefen und
Predigten, Gesammelt von C. Reizig und G. Müller, Hg. Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-
Anhalt, Wittenberg 2000, S. 32 ff.
319
F. Buchholz, 1928, S. 79. – Siehe u.a.: Geschichte des protestantischen Kirchenbaues. Festschrift für
Peter Poscharsky zum 60. Geburtstag, Hg. K. Raschzok/R. Sörries, 1994. – G. Kießling, Der Herr-
schaftsstand. Aspekte repräsentativer Gestaltung im evangelischen Kirchenbau, 1995 (Beiträge zur
Kunstwissenschaft. Bd. 58). – U. Mathies, 1998, S. 78. – R. Zeller, Prediger des Evangeliums. Erben
der Reformation im Spiegel der Kunst, 1998. – Vgl. demgegenüber: C. Göttler, Die Kunst des Fege-
feuers nach der Reformation. Kirchliche Schenkungen, Ablaß, Almosen in Antwerpen und Bologna um
1600, 1996 (Berliner Schriften zur Kunst, Bd. 7).
320
P. Graff, 1921, S. 17; s. dort auch Einführung und Auswirkungen des Interims. – V. Plagemann,
Kunstgeschichte der Stadt Hamburg, 1995, S. 119 ff. – J. M. Fritz (Hg.), Die bewahrende Kraft des
Luthertums. Mittelalterliche Kunstwerke in evangelischen Kirchen, 1997. – Goldschmiedekunst des
Mittelalters im Gebrauch der Gemeinden über Jahrhunderte bewahrt, Ausst.-Kat. der Evangelischen
Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Kirchlichen Stiftung Kunst und Kulturgut in der Kirchen-
provinz Sachsen Magdeburg (2001).
321
G. Wartenberg, Bilder in den Kirchen der Wittenberger Reformation, In: Die bewahrende Kraft des
Luthertums. Mittelalterliche Kunstwerke in evangelischen Kirchen. Hg. J. M. Fritz. 1997. S. 19-33,
insbes. S. 21.
Bekrönungsfiguren Seite 98

Lübeck Anwendung findet.322 In diesem Sinne „ad instructionem“ und „ad memoriam
sanctorum/pro memoria“ werden seit der Reformation – der Schleswig-Holsteini-
schen Kirchenordnung (1542) zufolge und laut herzoglicher Anweisung in Mecklen-
burgischen Kirchenordnung (1552/54), die damals auch in Holstein-Pinneberg gilt –
zum Beispiel Heiligenlegenden nur als Zeugnis und zur Stärkung des Glaubens einge-
setzt.323

„Am Tage Allerheiligen soll man über den Glauben und die Nachfolge der Heiligen
predigen, damit der gemeine Mann begreife, wie man die Heiligen in der richtigen
Weise verehren könne, nicht dass man sie anrufe oder ihnen wie früher eine falsche
oder heuchlerische Verehrung entgegenbringe.“ Denn auf der Grundlage des reinen
Wortes Gottes von der Erlösung der Menschheit durch Christi Opfertod und Auferste-
hung verkündigen die Reformatoren die Rechtfertigung allein aus Glauben. Und be-
zeichnenderweise greift Luther zudem aus den sieben Sakramenten der alten Kir-
chenlehre die Taufe, die Buße und das Abendmahl als wesentlich heraus.

In diesem Sinne und im aktuellen Wortschatz beschreibt der schwedische Theologe


und Religionshistoriker Nathan (Lars Olof) Söderblom (1866-1931) aus evangelischer
Sicht jene Personen als Heilige, die durch ihr gegenwärtiges Sein und Wirken für
wahr halten und verkündigen, dass Gott lebt.324

Wäre also entsprechend des Paulus-Briefes an die Gemeinde in Ephesus (Epheser,


Kapitel 6, Vers 11) und im Sinne der Haltung des Reformators Martin Luthers nicht
das antikisierende Motiv „Römischer Soldat“ auf neuzeitlichen Schaftkronleuchtern
der Renaissance als Sinnbild des Kampfes für den Glauben sowie als Zeuge des frü-
hen Christentums zu betrachten? Und stellen sie insofern ein Gegenbild zum Motiv
„Wilde Leute“ dar, die in der christlichen Ikonographie „den Kampf der niederen Welt
gegen die höhere, des Lasters gegen die Tugend“ verkörpern?325 Dann ließe sich aus
diesem Interesse an den Strukturen eines Gemeinwesens und der propagierten
Zweireichelehre auch die Darstellung von Landsknechten auf Schaftkronleuchtern
mittels der differenzierten Haltung Martin Luthers gegenüber anderen Reformatoren
und Humanisten in der Beurteilung der Landsknechte plausibel begründen. Denn Lu-
ther urteilt, „… dass der Krieg eines gerechten Fürsten auch eine gerechte Sache
sei“.326

322
Ders. a.a.O., S: 22.
323
Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, 1986, S. 79 f. – E. Wolgast, Die Reformation im
Herzogtum Mecklenburg und das Schicksal der Kirchenausstattungen, in: Die bewahrende Kraft des
Luthertums. Mittelalterliche Kunstwerke in evangelischen Kirchen, 1997, S. 54-70, insbes. S. 62.
324
F. Buchholz, 1928, S. 70. - A. O. Schwede, Nathan Söderblom. Ein Lebensbild, 2. Aufl. 1969.
325
Germanisches National-Museum Nürnberg, 48. Jahresbericht (1938), S. 15 ff. – R. Bernheimer, Wild
Men in the Middle Ages, 1952. – L. Möller, Die Wilden Leute des Mittelalters, Ausst.-Kat. Hamburger
Museum für Kunst und Gewerbe (1961). – Der Mensch um 1500. Werke aus Kirchen und Kunst-
kammern, Ausst.-Kat. Skulpturengalerie Berlin SMPK (1977), S. 161 ff. – T. Husband/G. Gilmore
House, The Wild Man, Medieval Myth and Symbolism, Ausst.-Kat. Metropolitan Museum of Art New
York (1980). – LCI, Bd. 4, Sonderausgabe 1994, Sp. 531.
326
R. Baumann, Landsknechte. Ihre Geschichte und Kultur vom späten Mittelalter bis zum Dreißigjähri-
gen Krieg, 1994, S. 205 f.
Bekrönungsfiguren Seite 99

Erfährt hier die weltliche Macht expressis verbis deutliche Unterstützung, fällt auf
frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern die zeitlich nahe Präsenz der beiden Landesde-
fensoren unterschiedlicher Epochen, das heißt „Römischer Soldat“ und „Landsknecht“
und die Ergänzung dieser Figurentypen um jene des „Büttels“ als Bekrönungen auf.
Und es ist ferner auffallend, dass diese kriegerischen Motive zwar unterschiedlich
verbreitet und doch auf religionspolitisch vergleichbare Standorte verteilt sind. Hier
kommt in der Regel jeweils nur eine dieser vier Darstellungen innerhalb eines Sakral-
oder Profangebäudes vor.

Vereinzelt erstaunt die Lokalisierung des Motivs „Wilde Leute“. Denn diese bekrönen
nicht allein Leuchter in evangelischen Gotteshäusern, sondern auch in katholischen
Kirchen.

Karikaturen reformatorischer Flugblätter aber zeigen den Papst als Oberhaupt der
römisch-katholischen Kirche in diesem Habitus eines Ungezähmten.327 So dass die
Verbreitung des Motivs „Wilder Mann“ offensichtlich beliebig ist, aber dem Ursprung
nach tatsächlich im Sinne der älteren Forschungsmeinung an bestimmte Landschaf-
ten, das heißt an waldreiche Gebiete gebunden schiene, gäbe es diese Darstellungen
des Schrats nicht auch in der Küstenregion. Aufgrund dessen bedarf die Lokalisation,
das heißt unwegbares/unzugängliches Gelände, wodurch die Wilden Leute auch cha-
rakterisiert und definiert werden, einer Präzisierung. Wesentlich sind dabei die
Grenzbereiche in jeder Hinsicht. Denn auch die nackten weiblichen Kronleuchterfigu-
ren werden trotz Hut und Halsschmuck der Gruppe „Wilde Leute“ zugeordnet.

Die Dominanz des Maskulinen – so möglicherweise auch die der Figurentypen „Römi-
scher Soldat“, „Büttel“, „Landsknecht“ im Motivschatz frühneuzeitlicher Schaftkron-
leuchter – entspricht der humanistisch geprägten Auffassung der Reformatoren. Dar-
nach ist der Glaube etwas in hohem Maße Heroisches. Schließlich zeigen die frühen
Landsknecht-Darstellungen bekannter Künstler seinerzeit – wie zum Beispiel Albrecht
Altdorfer (1480-1538) oder Albrecht Dürer (1471-1528) Bewunderung für diese Sol-
daten.328

Auf Kronleuchtern aus Metall bilden die zuvor genannten vier Figurentypen innerhalb
ihrer Gruppe klar konturierte Stereotype. Die jeweils charakteristische Gestik lenkt
dann das Augenmerk auf die Attribute und die Kostümierung der Statuetten. So er-
füllen sie als eingängige, leicht verständlich Motive einen Wiedererkennungseffekt,

327
Der Mensch um 1500. Werke aus Kirchen und Kunstkammern, Ausst.-Kat. Skulpturengalerie SMPK
Berlin (1977), S. 164 f.: Die Karikatur „Papst als Wilder Mann“ von Melchior Lorch zeigt nicht nur
den Spruch „HEBT EUCH GODT UNDT MENSCHEN FERREN ICH UNDT TEUFEL SINDT DIE HERN.“ Dia-
metral dazu – links in der oberen Ecke der Radierung, heißt es: „AL ANDER HERSCHAFT IST VON
GOT // ZUR HULF DEM MENSCHEN IN DER NOT // OH SATAN UNDT SEIN BEPSTLICH ROT // SEINDT
HERN ZU STIFTEN SUNDT UNDT TODT // DER BABST HEIST RECHT DER WILDE MAN // DER DURCH
SEIN FALSCHES SCHALCKES BAN // AL UNGLUCK HAT GERICHTET AN // DAS GOT UNDT MENSCHEN
NICHT LEIDEN KAN. 1545 MART. LUTHER. D.“
328
Meisterwerke europäischer Graphik 15.-18. Jh. aus dem Besitz des Kupferstichkabinetts Coburg,
Ausst.-Kat. Kunstsammlungen der Veste Coburg (1975), Kat.-Nr. 76. – H. Mielke, Albrecht Altdorfer
– Zeichnungen, Deckfarbenmalerei, Druckgraphik, Ausst.-Kat. Kupferstichkabinett Berlin SMPK
(1988), Kat.-Nr. 89b, 90 a.
Bekrönungsfiguren Seite 100

welcher im Sinne der Reformatoren einem pädagogischen sowie kommunikativen


Mittel entspricht, um Glaubensgrundsätze zu verbreiten und zu festigen.329

Dieser Ansatz findet sich in den Darstellungen religiöser – vornehmlich reformatori-


scher – Themen mittels einprägsamer Gestalten oder Szenen aus Genre, Historie
oder Mythologie und Bibel, die im Wesentlichen das Aufgabengebiet der deutschen
Kleinmeister charakterisieren.330 Obgleich diese insbesondere über die Gebrüder Bar-
thel (1502-1540) und Hans Sebald (1500-1550) Beham sowie Georg Pencz (1500-
1550) aus Nürnberg oder Jost Amman (1539-1591) aus Zürich definiert werden,
verbindet sich doch die Tätigkeit und Ausbreitung von Kupferstichen und Ornament-
werken etlicher Kleinmeister, die zugleich als Medailleure, Formschneider, Holz-
schneider oder Maler wirkten, auch mit diesen Künstlern – wie zum Beispiel Jakob
Binck (1500-1569) aus Köln aufgrund seiner Aufenthalte in Kopenhagen, Schweden,
Norddeutschland, Sachsen und Königsberg oder Melchior Lorichs (1527-1583) aus
Flensburg mit Stationen in den Niederlanden, in Österreich, Italien, Konstantinopel
und Hamburg, ferner Nikolaus Wilborn - wohl aus Lübeck sowie über die Parteinahme
des Heinrich Aldegrever (1502-1555/61) aus Soest für die lutherische Reformation.
Stilistisch könnten hier die Vorbilder für etliche Bekrönungen auf Schaftkronleuchtern
in Norddeutschland entstanden sein sowie den Realitätsbezug und die Mehrdeutigkeit
der Figuren erklären. Gleichwohl beschreibt die jüngere Geschichtswissenschaft eine
unterschiedliche Haltung der Landsknechte gegenüber Religiosität und Konfessio-
nen.331 Außer Motiven wie Landsknechte und Wilde Leute geben die besagten Klein-
meister unter anderem auch den Figurentyp „Römischer Soldat“ wieder.

Dass zum Beispiel die Brüder Beham mit ihren Graphiken eines römischen Soldaten
Jupiter meinen, erläutert die Bildunterschrift.332

In Zeiten, wo sich gesellschaftliche Umstrukturierungen ereignen, wo Philosophie und


Geistesgeschichte auch dem Universum Unendlichkeit zuerkennen, die bis dahin al-
lein Gott charakterisierte und die Öffnung des Weltbildes zugleich eine für andere
Religionen beinhaltet, erscheint während der Renaissance die Darstellung des Jupiter
als höchste Gottheit der Römer sowie als höchster Garant und Erhalter der kosmi-
schen und sittlich-sozialen Ordnung nahe liegend. Ob eine entsprechende Korrelation

329
In Anbetracht des erhobenen Schwertes als Attribut der Kronleuchterfigur „Römischer Soldat“ stellt
sich die Frage, inwieweit dies mit den so genannten Sendschwertern als Zeichen der Freiheit assozi-
iert wurde. s. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 41. Bd., 2. T.: Die Stadt Münster, 1933,
S. 364, Abb. 536 und S. 374 f. und vgl. Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische
Küstenregion. Mit den Städten Rostock und Wismar, Berlin 1990, S. 217. Dort wird der hölzerne
Wandarm unterhalb eines Tafelbildes mit Kriegsschiff und Silhouette Wismars, 17. Jh. im Nordosten
der Heiligen-Geist-Kirche zu Wismar allerdings als vermutlich dazugehöriger Kerzenhalter interpre-
tiert. – Zu Kunst als pädagogisches Mittel; s. U. Mathies, 1998, S. 39.
330
K. Löcher, Barthel Beham. Ein Maler aus dem Dürerkreis, 1999 (Kunstwissenschaftliche Studien,
Bd. 81).
331
M. H. Bethink; s. Saur, Bd. 10, 1995, S. 236. – J. Binck; s. Thieme-Becker, Bd. 4, 1910, S. 36. –
H. Brosamer; s. Thieme-Becker, Bd. 5, 1911, S. 66. – H. Guldenmund; s. Thieme-Becker, Bd. 15,
1922, S. 329. – J. Ladenspelder; s. Thieme-Becker, Bd. 22, 1928, S. 189. – M. Lorichs; s. Thieme-
Becker, Bd. 23, 1929, S. 395. – N. Wilborn; s. Thieme-Becker, Bd. 35, 1942, S. 554. – Zur Religiosi-
tät der Landsknechte; s. R. Baumann, 1994, S. 35, 195.
332
K. Löcher, 1999, S. 29 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 101

für die Topfigur „Römischer Soldat“ auf frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern inten-


diert wurde, ist bisher nicht bekannt. Sie wäre insofern denkbar, da die Gestaltung
neuzeitlicher Schaftkronleuchter nicht an Sakralräume gebunden, sondern in ihrer
universellen Art Ausdruck eines säkularisierten Zeitgeistes ist. Die Tatsache aber,
dass diese Leuchter mit ihren profanen Motiven verstärkt in evangelischen Gottes-
häusern und die kriegerischen Kronleuchterfiguren im Motivschatz der deutschen
Kleinmeister vorkommen, lässt auf eine besondere Verbindung zur Reformation
schließen. Ganz im Sinne der Reformatoren dürfte daher das Motiv „Jupiter“ aus der
Perspektive der Apostelgeschichte (Kapitel 14, insbesondere Verse 12f) sein, wo der
Glaube an Christus als die Grundlage der Vorbestimmung zur Herrlichkeit angesehen
wird. Ganz im Sinne der Zweireichelehre M. Luthers und realitätsnah heißt es in der
Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung (1542) unter Bezugnahme auf den Brief
des Apostel Paulus an die Gemeinde in Rom (Römer, Kap. 13), dass die Obrigkeit
Gottes Dienerin sei und indem sie auch das Schwert führe, gute christliche Ordnung
verschaffe.
„...; hierdurch wird die christliche Kirche oder Christenheit, die leiblich auf Erden der
Obrigkeit unterstellt ist, geistlich mit Gottes Wort und zeitlich mit dem zum Leben
notwendigen Bedarf unterhalten, wie dies die heiligen Richter und Könige (wie ge-
schrieben ist) Gott zu Ehren und vielen Menschen zur Seligkeit getan haben.“333

Sind es nicht gerade diese profanen Motive – die Bewaffneten, die aufgrund ihrer
unterschiedlichen gesellschaftlichen Akzeptanz in jener Zeit der religions-politischen
Konflikte geeignet erscheinen, um eindringlich die allen Menschen geltende Botschaft
von der Erlösung der Welt durch den Opfertod Christi vor Augen zu führen? (Evange-
lium des Matthäus, Kapitel 1, Vers 21; Evangelium des Johannes, Kapitel 3, Vers 17)
Zugleich repräsentieren die Landesdefensoren unter ihnen Ordnungs- und Dienst-
funktionen. Waren nicht insbesondere die Landsknechte in diesem Sinne identitäts-
stiftend, da diese Soldaten sich anfänglich aus den freien Bürgern und später aus
allen Gesellschaftsschichten rekrutierten und die Position als Landsknecht gewisse
Freiheiten und soziale Aufstiegschancen versprach? Und wo Landsknechtrecht als
göttliches Recht beschrieben und die Gerichtsgewalt von jener Gottes sowie des Kai-
sers und des Kriegsherrn abgeleitet wird. Verkörpern nicht andererseits auch diese
Soldaten im Laufe der geschichtlichen Entwicklung die von religiöser Seite als Übel
angesehene Zustände Einzelner und der Gemeinschaft und deshalb – im Sinne der
Reformatoren – dass nicht die Leistungen des Menschen von der Sünde befreien,
sondern die Errettung, die dem Menschen allein durch die Rechtfertigung aus Glau-
ben zugewendet wird? „Simul iustus et pecator.“334

Schließlich ordnet im 20. Jahrhundert die kunstwissenschaftliche Forschung selbst


das Motiv „Wilde Leute“ als Sinnbild der Sehnsucht nach Erlösung ein.335

333
Die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, 1986, S. 9, 23. – R. Baumann, 1994, S. 104.
334
Nach dem Verständnis M. Luthers und J. Calvins von der Rechtfertigung aus Glauben und Erlösung
bleibt der sündige Mensch ein solcher auch unter der Gnade Gottes.
335
LCI, Bd. 4, Sonderausgabe 1994, Sp. 531.
Bekrönungsfiguren Seite 102

Andererseits lassen sich unter den erhaltenen, inventarisierten Schaftkronleuchtern


des 16. Jahrhunderts in Norddeutschland und den Ostseeanrainerstaaten – nach bis-
heriger Kenntnis – acht Beispiele für zwei Motive benennen, die mittels entsprechen-
der christozentrischer Darstellungen ganz eindeutig auf den Opfertod Christi und
Christus als Erlöser Bezug nehmen.

Angesichts der Entstehungszeit erhalten diese Themen in ihrem spezifischen Darstel-


lungsmedium, die im Zusammenhang mit dem Stiftungswesen auch als Glaubensbe-
kenntnis auf der Grundlage der christlichen Gemeinschaft zu werten sind, eine be-
sondere Bedeutung. Es sind dies zum einen die Darstellungen (Abb. 88, 153) des
„Salvator mundi“ als Topfigur der im Folgenden genannten Hängeleuchter, die zudem
jeweils mit einer Löwenkopf-Maske als Unterhang abschließen: Büste, Kronleuchter,
26 Leuchterarme, Messing, 1557, Evangelische St. Marien-Kirche in Stralsund und
Statuette, Kronleuchter, 16 Leuchterarme, Messing, 2. Hälfte 16. Jahrhundert, Evan-
gelische St. Wilhadi-Kirche in Stade. Zum besagten Kronleuchter „Salvator mundi“
könnte es hinsichtlich der Bekrönung ein Pendant in der Evangelischen St. Georgen-
Kirche in Wismar gegeben haben: „St. Jürgen-Kirche zu Wismar. St. Jürgen besitzt
drei sechzehnarmige Kronleuchter (das heißt mit 2X8 Leuchterarmen). Die Arme des
im Chor hängenden Leuchters enden in der Form von Hundeköpfen; als Bekrönung
dient die schwere Doppelbüste eines bärtigen Mannes, der Hand und Arm wie leh-
rend erhebt.“ Es wird zwar in den entsprechenden Länderinventaren der Kunstdenk-
mäler hinsichtlich zweier Kronleuchter (Ende 16. Jahrhundert) in Stralsund und Wis-
mar aufgrund einer Rechnung des Gießers Frantz Bolte ein möglicher Bezug aufge-
zeigt, nicht aber in der Beschreibung des nach Wismar verkauften Kronleuchters prä-
zisiert.

Und es sind zum anderen die teils als oder wie Schaftkronleuchter gestalteten Tauf-
kronen, die von der Trinität in Gestalt des „Gnadenstuhls“ bekrönt werden. Ange-
sichts dessen erhebt sich die Frage, ob die Abdeckungen protestantischer Taufbecken
– über die praktische Schutzfunktion hinaus – generell tatsächlich nur „der Auswei-
tung des ikonographischen Programms“ und der würdigenden „Hervorhebung des
Taufbeckenstandortes im Kirchenraum“ dienten oder ob nicht auch diese frühen
Kompositionen gerade vor dem Hintergrund der zeitlich versetzt durchgeführten Re-
formation und der Herausforderung der Rekatholisierung ein präzises Bekenntnis
zum Glauben an Gottes Wort und die Rechtfertigung allein aus Glauben darstellen.
(Statuette, Kronleuchter als Taufkrone zu den Fünten, Bronze, von 1547 in Hildes-
heim, Evangelischen St. Andreas-Kirche, 1590 von Mante Pelkinck (gest. zwischen
1597 und 1600) gegossen für Helmstedt, Evangelischen St. Stephanie-Kirche und
Hessisch-Oldendorf, Evangelischen St. Marien-Kirche, 1592 von Mante Pelkinck ge-
gossen für Hildesheim, Katholische Heilig-Kreuz-Kirche; 1618 von Dietrich Mente
(um 1583 - nach 1632) gegossen für Hildesheim, Evangelische St. Michael-
Kirche).336 Ein weiteres Exemplar eines Kronleuchters als Taufkrone ist mit der Bron-

336
Siehe Zu Kronleuchtern in Stralsund und Wismar: Die Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stral-
sund, H. II: Der Kreis Greifswald, 1885, S. 449 f. Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großher-
zogtums Mecklenburg-Schwerin, II. Bd.: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna,
Bekrönungsfiguren Seite 103

zetaufe (1609) des M. Hans Bethinck (1585-1609 genannt) in der Evangelischen St.
Simeonis-Kirche sowie in der Evangelischen St. Martin-Kirche in Minden erhalten.337

Ein anderes Beispiel, das inschriftlich in das Jahr 1575 datiert ist, wird sinngemäß
wie folgt beschrieben und nachträglich so interpretiert. Es befindet sich unter den
Ausstattungsstücken der Abteikirche Marienfeld zu Freckenhorst/Nordrhein-Westfalen
im Hochchor „ein vierzehnarmiger Kronleuchter“ (!) aus Gelbguss (1575). Eine Lö-
wenkopf-Maske bildet den Unterhang und eine Engelstatuette die Bekrönung dieses
Winkelarmkronleuchters. Diese hält die Wappenschilde des Ordens und des Abtes
Hermannus Fromme (1564-1597).338
„Der Kronleuchter ... beinhaltet viele symbolische Aussagen. Der obere Kranz mit
sechs Lichtern (!) stellt das Sechstagewerk dar. Die untere Lichtkrone mit zehn Lich-
tern (!) ist Sinnbild der Vollkommenheit, der Ordnung des Universums. Kronleuchter
stellen den Lichtglanz des himmlischen Jerusalems dar.“ 339

Das Bindeglied dieser eindeutigen Beispiele für eine christliche Kunst ist ihre Entste-
hungszeit vom ausgehenden Jahrhundert der Reformation bis weit über die Zeit des
Dreißigjährigen Krieges. Entscheidend ist dabei das Selbstverständnis der aus der
Reformation hervorgegangenen Kirche, diese Umgestaltung nicht als Ereignis, son-
ders als eigenes Wesensmerkmal sowie als andauernden Prozess – und doch nicht
losgelöst von (Kirchen-)Ordnungen zu betrachten.

In Anbetracht der für die frühe Neuzeit genannten Relationen christlicher und weltli-
cher Themen mutet die Zuordnung der Topfigur eines anderen Renaissancekron-
leuchters ungewöhnlich bis fragwürdig an. Denn ein adäquates Objekt ist in den an-
deren amtlichen Länderinventaren nicht dokumentiert, wohingegen es zu den zuvor
genannten Motiven wenigstens zwei oder mehrere Pendants gibt. So heißt es zum
Inventar der Katharinenkirche in Brandenburg/Havel: „Drei Kronleuchter aus Mes-
sing, die außer Gebrauch sind, ... Der zweite ist von einem Apostelfigürchen bekrönt
und endigt unten in einem Löwenkopf, der einen aus einem Drachen gebildeten Ring
hält“.340 Apostel als Bekrönung oder Subfiguren kommen vornehmlich auf

Gadebusch und Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 117. – Vgl. Die St. Georgen-Kirche zu Wismar. Kirchen-
führer. Hg. Förderkreis St. Georgen in Wismar e.V. Wismar 1996, S. 7 mit Abb. von 1924. – Stade;
s. Die Kunstdenkmäler des Landes Niedersachsen. Stadt Stade, 1960, Abb. 78 und 82. – U. Mathies,
1998, S. 15 und vgl. S. 14, siehe S. 111 ff.: Katalog und S. 163: Abbildungen.
337
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Minden, 1902, S. 89, Taf. 52.
338
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Kreises Warendorf, 1886, S. 151 und Fig. 83. – Vgl. die
noch in spätgotischer Formensprache gestalteten Schaftkronleuchter in Dortmund, Kath. Propsteikir-
che sowie ein in das Jahr 1480 datiertes Exemplar im Victoria & Albert Museum in London; s. Die
Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Dortmund-Stadt, 1894, Taf. 38 und S. 44. – K. Jar-
muth, Lichter, Leuchter im Abendland. Zweitausend Jahre Beleuchtungskörper im Abendland.
(1967), S. 101.
339
Abteikirche Marienfeld 1185-1985, Hg. Katholische Pfarrgemeinde Marienfeld/Freckenhorst, 1985,
S. 15.
340
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Der Landkreis Stade, Bildband 1961, Abb. 42. – Die
Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Der Landkreis Stade, Textband 1965, S. 84. – Die Bau-
und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion, mit Stralsund,
Greifswald, Rügen und Usedom, 1995, S. 137. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg,
Bd. II, T. 3: Stadt und Dom Brandenburg, 1912, S. 70 f. Welchen Typus die „kleine Figur“ des drit-
ten Kronleuchters der Ev. Stadtkirche verkörperte, ist bisher unbekannt und ebenso, ob die „Hand-
Bekrönungsfiguren Seite 104

Schaftkronleuchtern barocker Formensprache vor. Demgegenüber bilden die Statuet-


ten „Römischer Soldat“, „Büttel“, „Landsknecht“ und „Wilde Leute“ auf diesen jünge-
ren Kugelkronleuchtern eine Ausnahme. Andererseits ergeben die inschriftlichen Da-
tierungen der Schaftkronleuchter mit ihren profanen Bekrönungsmotiven eine Zeit-
spanne, die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts anzusetzen ist und bis in das 18.
Jahrhundert reicht. Hier zeichnet sich ab, dass die Entstehung dieser Beleuchtungs-
geräte zwar zu Ereignissen – wie zum Beispiel Reformen, Reformation, Glaubens-
kämpfen, Konfessionalisierung bis hin zu absolutistischen Herrschaftsformen in Be-
ziehung gesetzt werden kann, tatsächlich aber den Grad der Verschmelzung oder der
Trennung von Politik und Religion, das heißt Entwicklungen, anzuzeigen scheint.

3.2 Die Topfigur „Römischer Soldat/Legionär, Infanterie“ auf Schaftkron-


leuchtern

Die athletisch wirkenden, antikisierenden Figuren (Abb. 56) einiger Kronleuchter in


Norddeutschland, die zwischen Ende des 16. und bis Mitte des 18. Jahrhunderts ent-
341
standen bzw. inschriftlich so datiert sind , tragen in Anlehnung an die Soldaten des
römischen Heeres zur Kaiserzeit (1. Jahrhundert nach Christus) einen Muskelpanzer,
die Lorica. Diese Metall-Lorica besteht aus einem hüftlangen Stück mit einem runden
Halsausschnitt und Schulterklappen mit kurzen Ärmeln, die wie der untere Rand des
Bruststücks durch die Pteryges begrenzt sind.342 Diese Lederlaschen deuten den ei-
ner römischen Lorica unterlegten, charakteristischen Lederkoller an. Auch andere
Details wie die Galea als Kopfbedeckung mit ihrem halbmondförmigen Nackenschutz,
einem quer gestellten Stirnbügel und Wangenklappen oder etwa der Schaller sind
herausmodelliert. Die Carbatina mit ihren Lederriemen an Rist und Unterschenkel als
Fußbekleidung sind angedeutet. Das Gros dieser Kronleuchterfiguren zeigt eine ste-
reotype Gestaltung; es sind dennoch gelegentlich geringfügige Unterschiede der Kos-
tümierung erkennbar, die eine unterschiedliche Provenienz vermuten lassen.

Die Mehrzahl dieser Statuetten vermittelt aus der Ponderation Standfestigkeit und
Entschlossenheit. Während der linke Arm der Figur aufgrund seiner nach vorn ausge-
streckten und in Taillenhöhe angewinkelten Haltung zum Beispiel die Handhabung
einen Schildes ermöglicht oder Abwehr vermuten lässt, spiegeln der schwach ge-
drehte Oberkörper, die erhobene Rechte sowie der – bei diesen Bekrönungsfiguren –
häufig aus der imaginären Symmetrieachse nach rechts wehende Vollbart eine ge-
wisse Dynamik wider. Die Attribute dieser Statuetten weichen – soweit vorhanden
oder nachträglich ergänzt – teils voneinander ab. Überwiegend aber halten die so

habe von 1649“ auf einen Schaftkronleuchter in Renaissanceformen oder des Barock schließen lässt.
– Vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg, Neubearb. 2000, S. 126 ff.
341
Zum Beispiel in Bledeln/Hildesheim, Eutin/Ostholstein, Holle/Hildesheim, Goslar, Menkin/Prenzlau,
Sterup/Angeln, Helsingør/Dänemark, Ogy/Belgien, Ovansjö Kyrka/Gästrikland.
342
H. Kühnel, Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung. Vom Alten Orient bis zum ausgehenden Mittel-
alter, 1992, S. 158 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 105

gezeigten Soldaten ein Schwert in ihrer erhobenen Rechten. Dabei variiert trotz glei-
cher Handhaltung, wo das Umgreifen des Gegenstandes vor dem Handteller frontal
sichtbar wird, die Ausrichtung der Waffe. Anhand etlicher Beispiele ist das Schwert
horizontal zur Standfigur und oberhalb des Hinterkopfes verhalten kampfbereit posi-
tioniert (Holle/Hildesheim, um 1650; Sterup/Angeln, datiert 1760). Vereinzelt ist das
Schwert senkrecht nach oben oder als Stichwaffe auf ein gedachtes Gegenüber ge-
richtet (Bergen/Rügen, Anfang 17. Jahrhundert; Hameln/Pyrmont, 1679). Einige die-
ser Krieger halten anstelle von Schwert und Schild eine Axt, eine Lanze, einen Speer
oder eine Handglocke in der erhobenen Rechten; das Gegenstück dazu bildet ein
Feuerlöscheimer (Eutin/Ostholstein).

Erst die systematische und nähere Betrachtung mehrerer Schaftkronleuchter aus


Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts mit der Bekrönung „Römischer Soldat“ lässt in
der Gestaltung der Lorica stilistische Unterschiede zwischen jenen Exemplaren (Ende
16./Anfang 17. Jahrhundert) in Vorpommern (Renaissancekronleuchter „Römischer
Soldat“ in Barth und Bergen/Rügen) gegenüber jenen erkennen, die – von Vorpom-
mern aus – in den nordwestlichen Gebieten Deutschlands (Eutin, Goslar, Dinslaken)
verbreitet sind und diese ihrerseits gegenüber jenen die in Stadthagen oder in Bel-
gien (Ogy, Kirche S.S. Blaise et Martin) vorkommen.

Fällt in Stadthagen zuerst die angedeutete Rückennaht am Brustpanzer auf, so sind


es in Ogy neben der insgesamt kräftigen Gestaltung des 14-armigen Schaftkron-
leuchters mit abschließender Löwenkopf-Maske der proportional zum Kronleuchter
adäquate Habitus der Topfigur und die differenziert ausgearbeitete Kostümierung.

Ein vergleichbares Stück ist in Norddeutschland nicht bekannt.

Neben diesen kleinen – produktionstechnisch bedeutsamen – Unterschieden, die die


entsprechenden Kurzcharakteristiken zu Kronleuchtern im Rahmen amtlicher Kunst-
denkmäler-Inventare nicht ausführen können, verdienen neben morphologischen
auch ornamentale Details – wie zum Beispiel die stilisierten Blüten – der Renais-
sancekronleuchter eine Beachtung. Denn erst die Systematisierung des Motivschat-
zes in Kontingente und die Häufung bestimmter Komponenten dürften Rückschlüsse
auf die Entstehung und Verbreitungswege der Kronleuchter sowie auf die Bewandtnis
der Bekrönungsfiguren erlauben.

Während die Leuchterarme der Winkelarmkronleuchter, die im größeren Umkreis der


Hansestadt Lübeck verbreitet sind – so auch in Eutin/Ostholstein – häufig in eine Ro-
sette münden, weisen vergleichbare Kronleuchter südlich der Unter- und Niederelbe,
mitunter auch spitz zulaufende Knospenmotive auf.

Die Leuchterarme der zum lübischen Einzugsgebiet vergleichbaren Hängeleuchter in


Niedersachsen (Goslar und Holle/Hildesheim) und Dänemark (Helsingør) enden eben-
Bekrönungsfiguren Seite 106

falls als angedeutete Volute mit Blütenmotiv. Letztere kennzeichnet auch den,
inschriftlich in das Jahr 1760 datierten, Kronleuchter in Sterup/Angeln.343

Demgegenüber weisen die zu dieser Gruppe der Bekrönungsfiguren gehörenden Ex-


emplare in Mecklenburg-Vorpommern kleine Masken an den Enden der Leuchterarme
auf. Letztere sind auch stärker aufgebogen, wie auch der Leuchterarm an sich kräfti-
ger gestaltet und stärker geschwungen ist als jene Winkelarmkronleuchter, die in
westlicher Richtung verbreitet sind (Barth, Evangelische St. Marien-Kirche, Kron-
leuchter 1589 (Abb. 55); Bergen/Rügen (Abb. 62), Kronleuchter wohl Anfang des
17. Jahrhunderts).

Andere Verbindungslinien ergibt die Gegenüberstellung der Kronleuchterspindeln. In


Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind die aus Kugeln und Wülsten
gleichmäßig, schwach plastisch gebildeten Schaftkolonnen ein Kennzeichen dieser
Kronleuchter. Dort neigt unter den genannten Exemplaren nur in Eutin das zentrale
Schaftmodul zur Balusterform, die die Landsknechtkronleuchter damals im Nieder-
sächsischen und Obersächsischen Reichskreis, das heißt südlich der (Unter-)Elbe so-
wie zwischen Holzminden und Alt Placht/Templin, charakterisiert oder zum Beispiel
am Schaftkronleuchter „Römischer Soldat“ (1664 käuflich erworben) in Ovansjö Kyr-
ka/ Gästrikland erkennbar ist.344 Bei allen übrigen, zuvor genannten Objekten in Dä-
nemark und Niedersachsen prägt weitestgehend ein tendenziell zylindrisches bis
leicht balusterförmiges Schaftmittelstück die Morphologie der Leuchter. Alle diese
Leuchter weisen ferner eine vergleichbare Befestigungstechnik ihrer Module mittels
des Schwalbenschwanz-Zapfens sowie die doppelte Löwenkopf-Maske als Unterhang
auf. Obgleich insbesondere hier stilistische Unterschiede bestehen, wirkt dieser unte-
re Abschluss der Winkelarmkronleuchter – im Verhältnis zur Gesamtgestaltung – or-
ganisch.

Einen gegenteiligen Eindruck erwecken der Aufbau und die Proportion des Kronleuch-
ters in Dinslaken. Die Bekrönung „Römischer Soldat“ und die unvollständige, kleine
Löwenkopf-Maske am unteren Scheitelpunkt der großen Schaftkugel dürften hier ei-
ne spätere Zutat eines älteren Leuchters sein. Demgegenüber erscheinen die übrigen
Teile des Leuchters zusammen homogen durch den kontrastreichen Wechsel starker
Plastizität und deutlicher Einschnürungen des Leuchterschaftes. Die U-förmig aus-
schwingenden Leuchterarme betonen außerdem die Dynamik dieses barocken Kron-
leuchters.345

343
Zum Kronleuchter von Ogy/Belgien, s. K. Jarmuth, Lichter, Leuchten im Abendland (1967), S. 168:
Abb. 147. – Zu den genannten Kronleuchtern im Norddeutschen Tiefland, s. Die Kunstdenkmäler des
Landes Schleswig-Holstein. Landkreis Flensburg, 1952. – Die Kunstdenkmäler des Landes Schles-
wig-Holstein. Kunst-Topographie, 1979, S. 317.
344
Sveriges Kyrkor. Gästriklands Landskyrkor, o.J., S. 363.
345
Die Denkmäler des Rheinlandes. Kreis Dinslaken, 1968, S. 26 und Abb. 50. – Vgl. Sveriges Kyrkor.
Gotland, Bd. IV, Halbbd. 1, Stockholm 1959-64, S. 317, Abb. 346. Häufiger können Löwenkopf-
Masken den unteren Knauf eines barocken Kugelkronleuchters bilden wie in Dinslaken, als dass diese
Maske als typischer Unterhang eines Renaissance-Kronleuchters zu zwei Dritteln in eine Kronleuch-
terkugel geschoben ist.
Bekrönungsfiguren Seite 107

Weitere Ausnahmen dieser Gruppe „Römischer Soldat“ zeigt vor allem die Morpholo-
gie der Schaftkronleuchter in Hameln/Pyrmont, eines der beiden Exemplare in Ble-
deln/Hildesheim sowie ferner in Jever/Ostfriesland und in Stadthagen/Schaumburg
sowie in Tangermünde/Stendal.346 Gerade an diesem zuletzt genannten Exemplar fällt
auf, dass die Inschrift keinen Widmungstext im eigentlichen Sinne formuliert. Viel-
mehr scheint sie zugleich das Vorkommen der Topfigur dieses Kronleuchters zu er-
läutern.

Handelt es sich hierbei um einen regionalen Einzelfall?

In Ludwigsburg/Greifswald weicht nicht allein der Kronleuchtertyp ab, sondern auch


die kunsthandwerkliche Interpretation des Figurentyps „Römischer Soldat“ von dem
allgemein als stereotyp bezeichneten Motiv.

Im Wesentlichen an der Lorica als solcher zu erkennen, tragen sowohl der Federhelm
als auch der deutliche Kontrapost und die Lanze als Stütze für die erhobene Rechte
samt barockem Schutzschildes in der Linken zu einem anderen Erscheinungsbild die-
ser Bekrönung bei.

3.2.1 Die Verteilung und Bedeutung der Kronleuchterfigur „Römischer Soldat“

Die Entstehung des Kronleuchters „Römischer Soldat“ in der Evangelischen St. Mi-
chaelis-Kirche in Eutin/Ostholstein wird zum Beispiel anhand lokalhistorischer Ereig-
nisse erklärt.347 Da diese – wie in Bergen/Rügen mit einem vergleichbaren Kron-
leuchter oder wie vielerorts – unter anderem von Feuersbrünsten (1569,1689) ge-
prägt ist, liegt nicht nur die Annahme einer Stiftung des Kronleuchters durch die ört-
liche Brandgilde oder gefährdeter Einwohner des besagten Ortes, sondern zugleich
auch die Erwartung nahe, dass als dessen Bekrönungsfigur der Heilige Florian als
Schutzpatron dargestellt sein könnte.

Da viele Orte das gleiche Schicksal teilen, wäre nicht nur eine größere Verteilung des
Motivs „heiliger Florian“ an sich, sondern auch eine entsprechende auf Kronleuchtern
zu erwarten. Letzteres ist nicht der Fall. Eine annähernd vergleichbarer Figurentypus
mit Attributen des Feuerlöschwesens ist bisher nur aus Ogy/Belgien bekannt.

Das besagte Beleuchtungsgerät in Eutin vereint Merkmale, die dieser Zuordnung wi-
dersprechen. Der heilige Florian wird antikisierend gewandet – in Gestalt eines römi-
schen Soldaten – häufiger erst im 18. Jahrhundert und dann mit Schwert und Schild

346
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen, Niedersachsen, 1992, S. 589 f. –
H. Saebens/C. Matthias Schröder, Die Kirchen des Jeverlandes, 1956. Die Denkmale des Kreises
Greifswald, 1973, S. 190 und Taf. 110. Die Topfigur des Kronleuchters (in Ludwigsburg) ist dort als
„...Figur eines Landsknechtes mit Schild und Lanze.“ beschrieben. Obschon diese Bewaffnung für ei-
ne Darstellung jenes Söldners sprechen könnte, erfüllt dessen Kostümierung diesen Anspruch nicht.
Der dort gezeigte Halbharnisch mit Lederlaschen charakterisiert die Kronleuchterfigur „Römischer
Soldat.“ Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, 3. Bd.: Kreis Stendal Land, 1933, S. 227.
347
J. v. Schröder/H. Biernatzki, Topographie der Herzogtümer Holstein und Lauenburg, des Fürsten-
tums Lübeck und des Gebiets der freien und Hansestädte Hamburg und Lübeck, Bd. 1: Oldenburg
i. H., 1855, S. 370 f.
Bekrönungsfiguren Seite 108

als christlicher Soldat widergegeben.348 Wäre dieser besagte Kronleuchter in Eutin


tatsächlich in dieser Zeit entstanden, hätte die Topfigur anstelle der derzeitigen Att-
ribute die genannten Waffen zu tragen – wie etliche adäquate Objekte in Skandina-
vien und in Norddeutschland, die typologisch jedoch zu den Renaissancekronleuch-
tern gehören. Die Tatsache, dass dieser Kronleuchter im Eutinischen Kirchenbuch des
17. Jahrhunderts nicht auch wie die beiden anderen Hängeleuchter (17. Jahrhundert)
in der Kirche gesondert erwähnt wird, könnte seine Datierung in das 18. Jahrhundert
stützen.349 Denn das inschriftliche Datum eines nahezu adäquaten Kronleuchters in
Sterup/Angeln weist ebenfalls in jenes Jahrhundert.350 Andererseits könnte der Kron-
leuchter „Römischer Soldat“ in der Evangelischen St. Michaelis-Kirche in Eutin auch
unter der allgemeinen Auflistung „Kronleuchter“ in diesem Kirchenbuch bereits er-
fasst sein.

Beide der zuvor genannten Kronleuchter sind als Winkelarmkronleuchter im Geiste


der Renaissance gestaltet und veranlassen als jüngere Exemplare zur Frage nach
weiteren und insbesondere nach älteren Beispielen. Denn unter diesen kommt das
Motiv „Römischer Soldat“ vornehmlich auf Schaftkronleuchtern der Renaissance, aber
auch auf barocken Kugelkronleuchtern vor, so dass sich die Frage nach der Authenti-
zität oder nach potenziellen Kompositen und Replikaten stellt.

Aus mehreren Gründen ist die Aufmerksamkeit auf den inschriftlich als ältestes Pen-
dant, ansonsten weniger bekannten Kronleuchter (1589/90) in der Evangelischen St.
Marien-Kirche in Barth zu richten, der weiter unten beschrieben wird.351

Im Folgenden sollen zunächst die Verteilung sowie geographische und religions-


politische Besonderheiten als mögliche Voraussetzungen für die Entstehung der
Kronleuchter „Römischer Soldat“ erläutert werden.

Eingangs wurde das Bestreben von Individuen wie von Gemeinschaften nach geisti-
ger Selbständigkeit angesprochen, das als Zeiterscheinung die Entstehung bestimm-
ter Kronleuchter-Figuren begünstigt haben könnte. Zusammen mit der Verbreitung
und Verteilung der Kronleuchter dieser Art wirft sie ein neues Licht auf die Bedeu-
tung dieser Beleuchtungsgeräte.

Mit Ausnahme des Schaftkronleuchters im Rathaus zu Goslar352, der das Motiv „Rö-
mischer Soldat“ als Bekrönung aufweist und eines weiteren Exemplars (Jeremias Hel-
lichsen, Belgien zugeschrieben) in Emden353, wo dieser Typus Krieger als mehrfache
Subfigur zum heraldischen Doppel-Adler auftritt, hängen alle weiteren dieser Art, die

348
LCI, Bd. 6, Sonderausgabe 1994, Sp. 250 ff.
349
LAS, Abt. 260, Nr. 4162, Eutinisches Kirchenbuch 1638-1716, 1773.
350
Die Kunstdenkmale des Landes Schleswig-Holstein. Landkreis Flensburg, 1952.
351
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Die Bezirke Neubrandenburg,
Rostock, Schwerin, 2. Aufl. 1980, S. 19. – N. Buske, Kirchen in Barth, 1997, S. 34 mit Abb. S. 37.
352
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 1 und 2: Stadt
Goslar, 1901 (H. 2 und 3 des Gesamtwerkes), S. 302.
353
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T. VI: Regierungsbezirk Aurich, Bd. 1 und 2: Stadt Em-
den, 1927 (H. 15 und 16 des Gesamtwerkes), S. 124. – Nähre Angaben zum Metallgießer Hellichsen
sind in den Künstlerlexika nicht enthalten.
Bekrönungsfiguren Seite 109

hier vorgestellt werden, in evangelischen Kirchen – wie es der amtlich inventarisierte


Bestand kirchlichen Kunstgutes in Skandinavien und in Norddeutschland erkennen
lässt.

Spiegeln diese Beleuchtungsgeräte morphologisch vornehmlich den technischen


Stand des Metall verarbeitenden Kunstgewerbes im ausgehenden 16. und beginnen-
den 17. Jahrhundert wider, könnten neben diesen vornehmlich wirtschaftlichen As-
pekten und der in Kapitel 2.4 angesprochenen Stiftungswirklichkeit der Ursprung und
die Verteilung der Motive in der Verteidigung lokaler oder territorialer Rechtspositio-
nen begründet sein. Denn diese spielen sowohl zwischen geistlicher und weltlicher
Macht als auch hinsichtlich der Konfessionen untereinander sowie für die daraus er-
wachsenden Konsequenzen eine Rolle. Hier wäre unter anderem die Organisation
und die Verwaltungsstrukturr von Gemeinschaften und Gemeinden zu nennen. Und
diese betrifft nicht allein Norddeutschland, sondern auch das benachbarte Ausland.

So ist auch Dänemark durch eine administrative Struktur des Landes, das heißt
durch die Einteilung in Ämter charakterisiert, wo (früh-)neuzeitliche Schaftkronleuch-
ter mit profanen Bekrönungsfiguren (Römischer Soldat) auf einzelne Verwaltungsbe-
zirke verteilt sind.354

In Norddeutschland scheinen diese spezifischen Kronleuchterfiguren die historischen


Enklaven zu kennzeichnen, die im Interesse der Mediatisierung stehen:

Neben Eutin in Ostholstein als Enklave des Fürstentums Lübeck vom Hause Olden-
burg bildet das Herzogtum Kleve (seit 1609, endgültig 1666) zur brandenburgische
Linie der Hohenzollernschen Lande ebenfalls ein fremdstaatliches Gebiet an der
Grenze zwischen den Bistümern Münster sowie Köln. In diese Enklave ist Dinslaken
und in die dortige evangelische Kirche ein Schaftkronleuchter mit der Bekrönung
„Römischer Soldat“ zu lokalisieren.

Teils sind die besagten antikisierenden Söldner als Statuetten auf Schaftkronleuch-
tern auch dort deutlich erkennbar, wo die Verbreitungsgebiete dieser neuzeitlichen
Beleuchtungsgeräte dem Status einer Enklave de jure nur annähernd entsprechen,
de facto aber zu Zweidrittel von anderen Herrschaften umgeben sind. Dies trifft zum
Beispiel auf die Altmark, die Uckermark und bedingt auf die Neumark als Teile des
Kurfürstentums Brandenburg zu.

Im Falle der Uckermark sind es im Westen das Herzogtum Mecklenburg und nach
Osten zunächst das von 1532 bis 1625 in die Herzogtümer Wolgast und Stettin ge-
teilte Pommern. Vorpommern ist nach 1648 schwedisch.355 Tatsächlich aber ver-
zeichnet das Kurfürstentum Brandenburg von 1640-1688 sowohl an dieser östlichen
als auch an der westlichen Grenze in der Altmark Gebietsgewinne. So dass zum Bei-
spiel Tangermünde (Kronleuchter „Römischer Soldat“) im heutigen Sachsen-Anhalt,
wo die Stephanskirche im 12. Jahrhundert als Dom für ein geplantes Bistum begon-

354
Siehe u.a.: Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt, 1. Bd., 1964, S. 532 mit Abb. S. 531. – O. Brandt,
Geschichte Schleswig-Holsteins. Ein Grundriss, 1981, S. 152 ff.
355
Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg, 1885, S. 28 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 110

nen und dem Domstift zu Stendal unterstellt worden war, nicht mehr grenznah zum
Erzbistum Magdeburg liegt.356

Teils sind es wichtige Reichsstädte, wo die Domimmunität und weltliche Interessen,


das heißt unterschiedliche Ordnungsstrukturen, topographisch auf engstem Raum
aufeinander treffen – wie in Goslar, Halberstadt, Lübeck.

Wie die Landsknechte oder die als Landsknechte angeworbenen Büttel, repräsentie-
ren römische Soldaten Fußvolk und Nichtsteuerzahler. Als solche sind sie wehrpflich-
tig und können – wie die Landsknechte als kleine militärische Einheiten organisato-
risch einen Haufen darstellen oder wie römische Legionäre eine Kohorte in den römi-
schen Provinzen bilden – im Zeichen einer politischen Wende stehen. Provinzen
zeichnen sich unter anderem durch eine andere Verwaltungsstruktur und Besteue-
rung (als das übrige Reichsgebiet) aus. Bietet ein Kriegsherr Söldner zum Kauf an,
werden diese zu Außenseitern wie die so genannten Wilden Leute.

Werden die Kronleuchter „Römischer Soldat“ unter diesen Voraussetzungen als Zei-
chen territorial-politischer Auseinandersetzungen betrachtet, können sie nur dort
vorkommen, wo die Konfession sowie die Unterwerfung unter eine andere Landesho-
heit eine entscheidende Rolle spielt bzw. bestimmte Rechte und Freiheiten zu doku-
mentieren sind. Dies scheinen die folgenden Beispiele zu bestätigen. Gleichwohl gibt
es mehrere Kriterien – wie zum Beispiel ästhetische oder temporäre, die wider-
sprüchlich dazu erscheinen. So weist der besagte Kronleuchter (Ende 17. Jahrhun-
dert) in Tangermünde barocke Formen in Verbindung mit einem antikisierenden Mo-
tiv und einer alttestamentarischen Inschrift auf, während ein inschriftlich in das 18.
Jahrhundert datierter Schaftkronleuchter in Sterup/Angeln mit einer vergleichbaren
Bekrönungsfigur vollkommen im Geiste der Renaissance gestaltet ist.

Weitere Fragen ergeben sich aus der quasi doppelten, wohl ursprünglichen Präsenz
zweier kriegerischer Kronleuchterfiguren in der Evangelischen St. Martinikirche in
Halberstadt357, während überwiegend jeweils nur ein Exemplar dieser Art in (evan-
gelischen) Kirchen in Norddeutschland dokumentiert ist.

356
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt, Bd. 1: Der Bezirk Magdeburg,
2. Aufl. 1990, S. 410 f.
357
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, Bd. 28. Die
Kreise Halberstadt Land und Stadt, 1902, S. 407. Aus der Kurzcharakteristik „männliche Figur“ der
Bekrönung des Kronleuchters von 1689 der Evangelischen St. Martinikirche in Halberstadt geht nicht
hervor, dass es sich um einen römischen Soldaten handelt. Dies ist der Abbildung dort (S. 400) und
aus der Gegenüberstellung mit adäquaten Kronleuchtern zu entnehmen. Ob der zweite Kronleuchter
(1683) tatsächlich die Topfigur „Minerva“ als Herrin des Handwerks trug oder die Kriegs- und Frie-
densgöttin Athene, ist mangels aussagekräftiger Dokumentationen nicht zu überprüfen. Die Kron-
leuchter sind vor Ort nicht erhalten. – Die systematische Durchsicht der Länderinventare der Bau-
und Kunstdenkmäler ergibt, dass unter jenen detailliert inventarisierten Schaftkronleuchtern aus
Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts mit kriegerischen Topfiguren von diesen in der Regel nicht
mehr als ein Exemplar in einer Kirche vorkommt. Es wären daher die beiden Kronleuchter „Römi-
scher Soldat“ der Evangelischen Kirchengemeinde Bledeln/Hildesheim näher zu untersuchen. Gleich-
wohl weist der Renaissancekronleuchter dort vergleichbare Leuchterarmenden zu jenen des Kron-
leuchter „Büttel“ in der Evangelischen St. Severi-Kirche in Otterndorf/Cuxhaven und eine relativ kur-
ze Spindel mit einem kugelartigen Modul oberhalb der Löwenkopf-Maske auf – ähnlich wie der Kron-
leuchter „Römischer Soldat“ (1590) in Barth/Stralsund. Die als Muscheln gestalteten Wachsschalen
Bekrönungsfiguren Seite 111

Und schließlich sind es das Vorkommen und die unterschiedliche Darstellung kriege-
rischer Motive auf frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern im ehemaligen Bistum Lü-
beck, die nach der geistigen Urheberschaft bzw. nach Anteilen an dieser Differenzie-
rung fragen lassen. Wirken sich hier vorrangig doch wirtschaftliche und technische
Aspekte aus, sind es Werkstatttraditionen oder ist es möglicherweise gerade die Iko-
nographie der Topfiguren auf Schaftkronleuchtern in der Korrelation zur religionspoli-
tischen Situation ihres jeweiligen Verbreitungsgebietes?

Die relativ konzentrierte Verbreitung der Statuette „Römischer Soldat“ auf entspre-
chenden Kronleuchtern zwischen Hannover und Goslar legt zuerst die Betrachtung
dieses Gebietes nahe:

Rivalisierende Herrschaften bestimmen die Welfischen Lande.358 Diese setzen sich


infolge der Erbteilung aus den Fürstentümern Lüneburg und Braunschweig-Wolfen-
büttel (Ende des 15. Jahrhunderts) zusammen, das gegen Ende des 16. Jahrhunderts
das Fürstentum Calenberg-Göttingen erbt. Zusammen mit dem Erzbistum Bremen
sowie den Herzogtümern Holstein und Mecklenburg bilden sie (seit 1512) den Nie-
dersächsischen Reichskreis.

Während das Fürstentum Lüneburg bereits die lutherische Lehre (1527) anerkennt
und Stadträte sowie Adelige evangelische Pfarrer berufen, ohne die Zustimmung der
Fürsten abzuwarten, operieren die Erben im Braunschweigischen noch mit den
Reichsständen alten Glaubens. Inmitten dieser Territorien liegt das Bistum Hildes-
heim und südöstlich von diesem die Freie Reichsstadt Goslar. Dort führt 1528 Nico-
laus von Amsdorf aus Magdeburg die Reformation ein, wo auf Drängen des Stadtra-
tes und der Gilden infolge ihres steigenden Ansehens und vermehrten Einflusses pa-
pistische Gebräuche abgeschafft werden. Doch die Zeit zwischen 1530 und 1555
steht als ein Ringen um Recht und Ordnung, um Geistesfreiheit und Anerkennung
des lauteren Gotteswortes und wo die Stadt Goslar sich noch im ersten Viertel des
17. Jahrhunderts gegen Belagerungen und Besitzergreifungen seitens Herzog Chris-
tian von Braunschweig-Wolfenbüttel (d.J., 1599-1626) sowie vor Wallensteins Trup-
pen zu wehren hat.

Zwischen Hildesheim und Goslar befinden sich auf einer imaginären Diagonale der
Ort Ringelheim/Salzgitter, dann das nach einem Ministerialgeschlecht benannte Holle
und nördlich von Hildesheim bzw. südöstlich von Hannover der Ort Bledeln.

Damit ist im Zeitalter der Reformation (um 1547) im Wesentlichen das Herzogtum
Braunschweig-Wolfenbüttel und nach dem Dreißigjährigen Krieg ein stärker katho-
lisch (Bistum Hildesheim nordwestlich, Bistum Halberstadt-südwestlich) durchsetztes
Herzogtum Wolfenbüttel repräsentiert.

in Bledeln gehören eindeutig nicht an diesen frühneuzeitlichen Kronleuchtertyp. Dass Replikate von
den frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern „Büttel“ der Evangelischen St. Severi-Kirche in Ottern-
dorf/Cuxhaven und „Landsknecht“ in Bad Bevensen angefertigt wurden, konnte im Rahmen der vor-
liegenden Studie festgestellt werden.
358
W. Putzger, 1970, S. 65, 66 f., 82 f.
Bekrönungsfiguren Seite 112

Die geographische Nähe und auffällig dichte Abfolge teils vergleichbarer Kronleuch-
tertypen, in jedem Falle aber stereotyper Statuetten legt die Annahme einer funktio-
nal-dekorativ motivierten, wechselseitigen Inspiration oder eine gezielte Einfluss-
nahme auf die Auswahl eines bestimmten Kronleuchtertyps nahe.

Während für Goslar und Holle je ein Schaftkronleuchter in Renaissanceformen mit


der Bekrönung „Römischer Soldat“ inventarisiert ist, erscheint unweit von Holle das
zweifache Vorkommen dieser Statuette auf Schaftkronleuchtern in der evangelischen
Kirche in Bledeln ungewöhnlich. Die Morphologie dieser Beleuchtungsgeräte lässt
unter Hinzuziehung der amtlichen Inventarisierung von 1938 an einer typologisch
korrekten Ergänzung der Leuchterarme zweifeln. Denn jene des Renaissancekron-
leuchters tragen muschelförmige Wachsschalen, die mit ihrer gewölbten Form und
der gewellten Schauseite das extreme, asymmetrische Wechselspiel konkaver und
konvexer Konturen aufweisen, die charakteristisch für die Barockzeit und daher dem
Kugelkronleuchter zuzuordnen sind. Regulär gebuckelte Wachsteller, oder schlichte
Wachsschalen gehören zu Schaftkronleuchtern der Renaissance. Und so weichen die-
se beiden Komposite in Bledeln deutlich von den anderen und untereinander ähnli-
cheren Schaftkronleuchtern „Römischer Soldat“ der oben genannten Orte ab. Ande-
rerseits findet sich zum Schaftkronleuchter „Römischer Soldat“ der zuvor erwähnten
Evangelischen Kirche in Holle zunächst nur eine gewisse Parallele im dänischen Hel-
singør. Denn dort weist der Renaissancekronleuchter nicht nur die entsprechende
Bekrönung auf, sondern neben einem längeren Schaftmittelstück auch die horizontal
ausgerichteten winkeligen Leuchterarme, die zur Spindel hin als bandartig flache Vo-
luten enden. Ähnlich flach, jedoch als Tier- resp. Vogel- oder Drachenkopf münden
die inneren Leuchterarmenden am Kronleuchter (1584) in der Evangelischen Martini-
kirche in Braunschweig oder treten so als datierte Zierelemente (1557) am Kron-
leuchter „Salvator mundi“ in der Evangelischen Kirche St. Marien in Stralsund auf
(Abb. 18).359

Die Beschreibung zum Schaftkronleuchter („gegen 1600“) der Evangelischen St. Jo-
hannes-Kirche in Ringelheim: „… bärtiger gepanzerter Mann mit Turban und erhobe-
nem Schwert ...“ beinhaltet mit Ausnahme der Kopfbedeckung Merkmale, die für ei-
ne Zuordnung zur Figurengruppe „Römischer Soldat“ sprechen könnten. Allerdings
befindet sich der Ort Ringelheim nahe der imaginären Linie, die sich aus der Vertei-
lung der zweiten Gruppe der Landsknechtkronleuchter ergibt und auch nahe zu ei-
nem der Kriegsschauplätze zwischen 1618 und 1648: Lutter am Barenberge, so dass
Bart und Panzer der Statuette hier auch für das Vorkommen eines Landsknechtkron-
leuchters sprechen. Denn zwischen 1542 und 1568 sind das (ehemalige) Benedikti-
nerkloster und der Ort Ringelheim selbst durch die wechselnde Durchsetzung von
Reformation und Katholizismus geprägt, bis Herzog Heinrich Julius von Braunschweig
(1564-1613) die lutherische Lehre endgültig einführt. Gleichwohl „blieb das 1643
wieder den Katholiken übereignete Kloster Ringelheim Patron der Pfarre bis zur Auf-

359
Vgl. Schaftkronleuchter aus Messing in Hannover, Kreuzkirche und Buxtehude, Evangelische Kirche
St. Petri.
Bekrönungsfiguren Seite 113

hebung des Klosters 1803“. Da das Herrscherhaus Braunschweig-Wolfenbüttel lange


Zeit katholisch orientiert ist und dessen Hausbesitz an das Bistum Hildesheim im
Westen sowie an das Erzbistum Magdeburg und an das Bistum Halberstadt im Osten
angrenzt, dürfte sowohl dieser als auch der folgende Aspekt von Interesse und wohl
grundlegend für die Gestaltung der (früh-)neuzeitlichen Schaftkronleuchter von Rin-
gelheim sowie Baddeckenstedt sein.

Herzog Heinrich von Braunschweig (d.J., 1489-1568) als Gegner der Reformation
charakterisiert, nimmt dort für den südwestlichen Bereich von Salzgitter, das heißt
für das Amt Wohldenberg mit Baddeckenstedt, die Patronatsrechte in Anspruch und
lässt das Kirchengut von weltlichen Beamten verwalten. Indem dieser zuletzt ge-
nannte Bezirk 1643 unter die Regierungsgewalt der Hildesheimer Fürstbischöfe fällt
und für die Evangelische Kirche von Baddeckenstedt zudem einen Kronleuchter „Wil-
der Mann“ (inschriftlich datiert 1771) dokumentiert ist, ergibt die Untersuchung des
Kronleuchters in Ringelheim. Und diese ergibt, dass diesen das Motiv „Wilder Mann“
bekrönt.360

Weiter nördlich, in den Evangelischen Kirchen von Adendorf/Lüneburg (inschriftlich


1760), Hittfeld/Harburg (inschriftlich 1620), Uelzen, Evangelische Kirche St. Marien
(inschriftlich 1607) und Hamburg-Kirchwerder (inschriftlich 1604) zieren als „Römi-
scher Soldat“ oder „Büttel“ deutbare Figürchen zu mehreren (in Adendorf ein ge-
mischtes Doppel weiblicher und männlicher antikisierender Krieger) eine der Nuten-
scheiben des jeweiligen Kronleuchters und stellen insofern Subfiguren zu dessen Be-
krönung eines ungekrönten oder gekrönten Doppel-Adlers dar.

Aufgrund dieser Quantität und untergeordneten Platzierung werden sie in der mögli-
chen Aussagekraft nicht den entsprechenden Bekrönungsfiguren gleichzusetzen, aber
gewiss eine Reminiszenz an die Lokalgeschichte sein. Denn das historisch Bemer-
kenswerte zum Beispiel an Kirchwerder als „südlichste Landschaft der Vierlande an
der Elbe …“, südöstlich von Hamburg ist die administrative Aufteilung, da es „in dem
den Städten Hamburg und Lübeck gehörigen Amte Bergedorf liegt. Und dass neben
dieser Zugehörigkeit ein kleiner Teil auch der Herrschaft des damaligen Königreiches
Hannover unterstand.“361

360
Holle: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 3: Der
Kreis Marienburg, 1910 (H. 10 des Gesamtwerkes), S. 91. – Ringelheim: Die Kunstdenkmäler der
Provinz Hannover, T. II: Regierungsbezirk Hildesheim, Bd. 7: Landkreis Goslar, 1937 (H. 22 des Ge-
samtwerkes), S. 202. Als eine weitere Gruppe männlicher Bekrönungen, die bärtig und gepanzert
sind, kämen nur die Landsknechtfiguren auf Schaftkronleuchtern im nördlichen Niedersachsen in
Frage. Diese aber tragen einen Schlapphut mit Federn. Und die unter anderem mit einem Wams be-
kleideten Soldaten dieser Zeit können zwar eine Fetz ähnliche Kopfbedeckung tragen, kommen in
der Regel nur als Subfiguren auf Schaftkronleuchtern vor, und auch die angedeutete stoffliche Quali-
tät ihrer Kostümierung lässt eine deutliche Unterscheidung vom Brustpanzer erkennen. Herr Pfarrer
Rüthke, Alt Wallmoden und Ringelheim beschreibt als Kennzeichen der Topfigur des gegen 1600 da-
tierten Schaftkronleuchters: Gewundenes Band in den Haaren, gegürteten Fell-Overall und säbelarti-
ge Waffe. – Bledeln: Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover, T. II: Regierungsbezirk Hildesheim,
Bd. 9: Landkreis Hildesheim, 1938 (Bd. 24 des Gesamtwerkes), S. 27.
361
J. v. Schröder/H. Biernatzki, Topographie der Herzogtümer Holstein und Lauenburg, des Fürsten-
tums Lübeck und des Gebiets der freien und Hansestädte Hamburg u. Lübeck, 1. Bd., 1855, S. 34.
Bekrönungsfiguren Seite 114

Hinsichtlich der genannten Kombination von Top- und Subfigur auf diesen Schaftkron-
leuchtern und deren Verteilung fällt auf, dass die genannten Orte nahezu die äußers-
ten Berührungspunkte der aneinander grenzenden Herzogtümer Lüneburg, Lauen-
burg und Bremen markieren.

Parallelen dazu finden sich sowohl im Nordosten als auch im Nordwesten des ehema-
ligen Heiligen Römischen Reiches und nicht nur für das Motiv „Römischer Soldat“ ,
sondern auch für die Kronleuchterfiguren „Landsknechte“.

Weitere Beispiele in der Verbindung eines bekrönenden Doppel-Adlers und unterge-


ordneter Kriegerfigürchen sind für Renaissancekronleuchter in Emden/Niedersachsen
und Czetowiče (Zettitz)/Crossen inventarisiert.

So beschreibt im Osten ein geographisch ähnlich kompliziert klingendes Gebilde der


staatsrechtlich korrekte Titel „Herzog in Schlesien zu Crossen“, den die Hohenzollern
nach 1538 mit dem Erwerb dieses Gebietes Crossen annehmen und das bald darauf
in die Neumark eingegliedert und mit der Kurmark Brandenburg vereinigt wird. In
dieser Form grenzt das besagte Gebiet im Osten an das Königreich Polen, im Süden
an das Herzogtum Schlesien sowie an Kursachsen.362 Circa 6 ½ Kilometer nördlich
von Crossen ist für die Kirche in Czetowiče/Zettitz ein ähnlicher Schaftkronleuchter
zu jenem in Hamburg-Kirchwerder mit der Bekrönung eines gekrönten heraldischen
Doppel-Adlers und den Subfiguren „Römischer Soldat“ sowie einer Löwenkopf-Maske
als Unterhang dokumentiert. Mit Ausnahme des Kronleuchterschaftes, der hier im
Wesentlichen aus einer Balusterform besteht, weisen die übrigen Elemente – wie
zum Beispiel die Bekrönung, der S-förmige Zierrat und auch die Leuchterarme deut-
liche Gemeinsamkeiten auch mit jenem Exemplar auf, das auf der Südseite des Cho-
res im Dom zu Lübeck (Abb. 102) hängt.363 So dass sich hier, wie auch bei den ver-
gleichbaren Objekten im Stile des 16. Jahrhunderts – zum Beispiel in Lübeck-Schlu-
tup (Abb. 93) oder Hameln (Abb. 155) sowie für ein jüngeres Exemplar in Munkbra-
rup (1677) – die Frage sowohl nach den Produktionsstätten dieser Objekte als nach
der tatsächlichen Gestaltung der unteren Nutenscheibe stellt. Denn alle diese Kron-
leuchter weisen keine Kriegerfigürchen, sondern verschiedenartige Steckverbindun-

362
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. VI, T. 6: Der Kreis Crossen, 1921, S. 254. – Die
Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Bd. VI: Regierungsbezirk Aurich, T. 1 und 2: Stadt Emden,
Hannover 1927 (Bd. 15 und 16 des Gesamtwerkes), S. 124. – Die Bau- und Kunstdenkmale der Frei-
en und Hansestadt Hamburg. Bergedorf, Vierlande, Marschlande, Hamburg 1953, S. 112. Gleichwohl
große Distanzen zwischen diesen drei Orten liegen und „dazwischen“ kongruente Kronleuchter offen-
bar nicht verbreitet sind, zeigt die annähernd adäquate Gestaltung und das Vorkommen dieser drei
Kronleuchtern (Anfang des 17. Jahrhunderts, zum Beispiel Kirchwerder Evangelische St. Severin-Kir-
che, Kronleuchter (südlich) von 1605) als Inventar von Gottes- sowie Rathäusern eine gewisse Paral-
lele zur Ausgestaltung sakraler und profaner Bauwerke in Rinteln/Weser; s. H. v. Poser und Groß
Naedlitz, Kirchenführer Stadtpfarrkirche St. Nikolai Rinteln, Rinteln o.J., S. 2. – H. v. Poser spricht
angesichts der zeitlichen Korrelation der „Kirchenneuausgestaltung“ (1581/82) infolge der Reforma-
tion (1552) und gegenüber der Gestaltung des Rathauses (1583) auf den Anteil des Adels und des
Bürgertums an der Ausstattung lutherischer Gotteshäuser als Resultat der Annäherung von Kirche
und Volk durch die Reformation an.
363
Aus der Petrikirche in Lübeck; s. Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kunst-Topo-
graphie Schleswig-Holstein, 1979, S. 53. - G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.
Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 450.
Bekrönungsfiguren Seite 115

gen, das heißt obeliskenartige Kolonnaden oder Urnen und Palmetten auf und erfor-
dern gezielte akribische Untersuchungen technischer und stilistischer Merkmale, um
weiterzuführen.364 Ohne diese bisher realisierbaren Forschungswege sind die gegen-
wärtigen Studien zur Verteilung und Ikonographie von Kronleuchtern zunächst nach
den historischen Rahmenbedingungen zu strukturieren.

Diametral zum Ort Czetowiče (Zettitz)/Polen ist ein vergleichbares Objekt für das
Rathaus in Emden inventarisiert. Dass dieser Kronleuchter, der in das 16. Jahrhun-
dert datiert wird, in einem Profangebäude hängt, könnte auf die starke Ausbreitung
des Kalvinismus in Emden seit 1536 und die ablehnende Haltung dieser Glaubens-
richtung zur kirchlichen Kunst zurückzuführen sein. Die formalen Parallelen zum
Kronleuchter der Kirche in Czetowiče im früheren Kreis Crossen als Teil Kurbranden-
burgs lassen im Hinblick auf die Aspekte Kronleuchterstiftung und Stiftungswirklich-
keit mögliche Zusammenhänge mit der Verlagerung (1683) des Sitzes der Admirali-
tät Kurbrandenburgs nach Emden nicht gänzlich abwegig erscheinen.

Nicht als Sub-, sondern als Topfigur kommt das Motiv „Römischer Soldat“ ferner auf
diesen Kronleuchtern vor, die typologisch der Renaissance zugeordnet werden kön-
nen – wie zum Beispiel in der Evangelischen Kirche zu Jever. Hier fällt am entspre-
chenden Kronleuchter der als Kugelkolonnade gestaltete Schaft auf, der proportional
zur Morphologie dieses Beleuchtungsgerätes ähnlich kräftig ausgebildet ist wie es die
Balusterschäfte der frühneuzeitlichen Schaftkronleuchter in und um Stade sind.

Damals ist die Herrschaft Jever ein fremdstaatliches Gebiet inmitten der Grafschaften
Ostfriesland sowie Oldenburg, nachdem es zunächst als Lehen des Herzogs von Bra-
bant im 16. Jahrhundert an die Grafschaft Oldenburg und schließlich in Erbfolge an
das Haus Anhalt-Zerbst kommt.

Als Bekrönung von Kronleuchtern ist das Motiv „Römischer Soldat“ ferner nahe der
deutschen Ostseeküste vorhanden, wo die fürstliche Teilungspolitik (königlicher An-
teil und herzoglicher/gottorfscher Anteil) sowie der Einfluss der Stände insbesondere
in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts die Geschicke Schleswigs und Holsteins bestim-
men.

Dort, in Ostholstein, bildet Eutin als Hauptstadt des zum Großherzogtum Oldenburg
gehörigen Fürstentums Lübeck – seit 1163 fürstbischhöfliche Residenz des Bistums
Lübeck – eine Enklave, wo nur beschränkt territoriale, aber keine landesherrlichen
Rechte geltend gemacht werden können. Denn Bischof Eberhard von Holle (1561-
1586) beanspruchte, nachdem er 1561 die Reformation zum Abschluss gebracht hat-
te, für sämtliche Besitzungen, welche bis dahin unter holsteinischer Landeshoheit
gestanden hatten, die Reichsunmittelbarkeit.365

364
Lübeck-Schlutup; s. Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kunst-Topographie Schles-
wig-Holstein, 1979, S. 171. – Munkbrarup; s. ebd., S. 304. – Hameln; s. G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 589 f.
365
J. v. Schröder/H. Biernatzki, Topographie der Herzogtümer Holstein und Lauenburg, des Fürsten-
tums Lübeck und des Gebiets der freien und Hansestädte Hamburg und Lübeck, 1. Bd., 1855, S. 128
ff. – H. Oldekop, Topographie des Herzogtums Holstein einschließlich Kreis Herzogtum Lauenburg,
Bekrönungsfiguren Seite 116

Für die Hansestadt Lübeck ist ebenfalls ein Schaftkronleuchter der Frührenaissance
mit einer kriegerischen Bekrönungsfigur inventarisiert ist. Doch spricht die formale
Gestaltung der Topfigur mit dem gegürteten, ausschwingenden Leibrock eher für die
Darstellung eines Büttels als für die eines antikisierenden römischen Soldaten. Ur-
sprünglich gehört der besagte Schaftkronleuchter in das Siechenhaus St. Jürgen in
Lübeck.366

Weiter in östlicher Richtung spiegeln die Uckermark und mit ihr der Ort Menkin an
der nord-östlichen Grenze des damaligen Kur-Brandenburgs das Schicksal einer En-
klave wider. Es handelt sich hierbei nicht im eigentlichen Sinne um einen Teilstaat
inmitten eines fremden Territoriums. Doch an zwei Seiten von anderen Herrschaften
umgeben und Streitfall in Erbauseinandersetzungen zwischen Kurfürst und Herzog
wird die besagte Region schließlich Gegenstand eines Tauschvertrages – ein Mittel,
dass häufig bei der Auflösung von Enklaven Anwendung findet. Zudem ist dieser
Landstrich ein konfessionelles Mischgebiet, wo Kalvinismus und Luthertum aufeinan-
der treffen.367 Hervorzuheben ist ferner, dass dort wie in der Priegnitz die Gerichts-
obrigkeiten in den Besitz des Rechts gelangt waren, die Zünfte in den Mediatstädten
mit Privilegien zu versehen. Und dies bedeutete eine Umwandlung der Gewohnheits-
rechte in Partikularrechte.368 Damit ist ein grundlegender Aspekt für die politische
Entwicklung in Teilen des alten Reiches angesprochen.

In Anbetracht solcher Rivalitäten und Umstrukturierungen wird die Präsenz dieser


Renaissance-Kronleuchter mit der Figur „Römischer Soldat“ verständlich. Diese kann
Sinnbild für den aus der Rezeption römischen Rechts erwachsenden Anspruch an ei-
ne gesetzliche Regelung sein – insbesondere bei zu entscheidenden Rechtsstreitig-
keiten. Und so scheint sich das Nebeneinander zweier Kronleuchter von besonderer
Qualität im ehemaligen Herzogtum Pommern zu erklären, das (bis 1605) innerhalb
der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches liegt und schließlich an die schwedische
Krone fällt. Zuvor war die Pfarre Barth Gegenstand langwieriger Auseinandersetzun-
gen um Besitzungen im Rügischen Erbfolgestreit zwischen den Fürsten von Mecklen-
burg und dem Bischof von Schwerin. Die Entscheidung verläuft zugunsten der Her-
zöge von Pommern. Und seit Anfang des 16. Jahrhunderts hat der Klerus die glei-
chen Abgaben wie die Bürger zu entrichten.

Fürstentum Lübeck, Enklaven der freien und Hansestadt Lübeck, Enklaven der freien und Hansestadt
Hamburg, 2. Bd., Kiel 1908, S. 28 ff. und XVI, S. 3 ff. – O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins,
8. Aufl. Kiel 1981, S. 334.
366
A. Graßmann, Lübeck im 17. Jahrhundert: Wahrung des Erreichten. Europäische Konflikte und lübe-
ckische Unruhen, in: Lübeckische Geschichte, Hg. A. Graßmann, 2. überarb. Aufl. Lübeck 1989,
S. 445.
367
Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg, Berlin 1885, S. 28 ff. – Die
Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. III, T. 1: Prenzlau, Berlin 1921, S. XXIX ff. – Die
Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. III, T. 3: Kreis Angermünde, Berlin 1934, S. XL ff.
368
O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. Aufl. 1981, S. 138 ff., 152, 158. – Lübeckische Ge-
schichte, 2. überarb. Aufl. 1989, S. 388 ff. – 30 Jahre Staatskirchenvertrag – 10 Jahre Evangelisch-
Lutherische Nordelbische Kirche. Eine Dokumentation, 1992 (Schriften des Vereins für Schleswig-
Holsteinische Kirchengeschichte, Reihe I, Bd. 38), S. 86.
Bekrönungsfiguren Seite 117

Die beiden hier vorzustellenden Kronleuchter in der Evangelischen St. Marien-Kirche


zu Barth (Abb. 53-55) gelten als Stiftungen Herzog Bogislaws XIII. aus dem Greifen-
hause und als Auftragsarbeiten der Jahre 1589 und 1590 des Dominicus Slodt.369
Beide Kronleuchter sind nahezu identisch aufgebaut aus einem jeweils gleichmäßig
profilierten Schaft mit gestauchter Kugel und einer doppelten Löwenkopf-Maske als
Unterhang. Diese ist in ihrer malerischen Plastizität unter diversen figürlichen Kron-
leuchter-Modulen bisher einzigartig und findet eher unter den naturalistischen Lö-
wen(kopf)-Studien Albrecht Dürers vergleichbare Vorbilder als unter den materialäs-
thetisch verwandten, älteren Löwenkopf-Türziehern aus Bronze.370 Die Masken ande-
rer frühneuzeitlicher Kronleuchter weisen dagegen gewisse Parallelen zu diesen ver-
breiteten Objekten des Mittelalters auf und werden im folgenden Kapitel thematisiert.

Ähnlich verhält es sich mit der Bekrönungsfigur „Greif“ (östliches Kirchenmittelschiff)


des unter anderem mit den Jahreszahlen „1589“ an der Aufhängeöse und „1590“ auf
den Schilden signierten Kronleuchters, der laut Schild-Inschriften den Töchtern Her-
zog Bogislaws XIII. gewidmet ist.371

Die Schilde sind wie jene für die Söhne des Herzogs an den Zierkränzen des Leuch-
ters befestigt, wo sich Nix und Nixe hervorbiegen. Der heraldische Greif dokumen-
tiert die adelige Herkunft der inschriftlich genannten Töchter; die künsterische Ges-
taltung dieses Wappentiers entspricht jender des Unterhanges. Die erhobene vordere
rechte Löwentatze des Greifen weist eine Gewindebohrung auf und lässt auf die e-
hemalige Befestigung einen Wappenschildes schließen. Dass ein Goldschmied damit
beauftragt wurde, das „Wappen der Herzoginnen“ zu stechen, geht aus der Rech-
nungs-Abschrift hervor.372

369
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock. Schwe-
rin, 2., unveränd. Aufl. 1980, S. 19. – Recherchen im Rahmen dieser Studie zur Biographie des Gie-
ßers Dominikus Slodt sind nahezu erfolglos. Unter der Schreibweise Dominicus Schlott erscheint er
als Mitsiegler einer Urkunde des 18. Dezember 1594 der St. Marien-Kirche zu Stralsund. (HSTA Nr.
157, Urkunde St. Marien Stralsund). – Im „Barthischen Pfarr-Kirchen-Register pro Anno 1734“ steht
unter 614, Kopie der Rechnung D. Slodt, aus: „Kirchen-Register zu Bartte von der Einnahme und
Außgabe Anno Christi 1588 auff Martini Anfahendt. Endigt sich auff Martini Ao 89. Berechnet durch
Henricum v. Wirtzmann Oeconomium Deus Auxilium meum.“; s. Anhang. – Zu den Herzögen von
Pommern; s. Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Provinz Pommern. Kreis Kammin Land, 1939,
S. 56 f. – Die Greifen. Pommersche Herzöge 12. bis 17. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Stiftung Pommern
Schloss Rantzaubau Kiel (1996), S. 20 ff., 40, 42 ff., 63 (Abb. der Söhne Herzog Bogislaw XIII,),
154 f.
370
C. Dodgson, Albrecht Dürer. Engravings and Etchings, New York 1967, S. 42. – U. Mende, Die Tür-
zieher des Mittelalters, 1981 (Bronzegeräte des Mittelalters, Bd. 2).
371
Die Namensschilde an den Kronleuchtern des Dominicus Slodt: Topfigur „Greif“ (DOMINICVS SLODT
ME FECIT/ANNO DOMINE 1589): SOPHIA HEDEWIEG FILIA BOG XIII ANO 1590 (südlich), ERDTM-
VEDT SOPHIA FILIA BOG XIII ANNO 1590 (südöstlich), CLARA MARIA FILIA BOGIS XIII ANNO 1590.
2.) Topfigur „Römischer Soldat“ (wohl 1590): BVGISLAVS 14. FILIVS BVGISLAVS 13, VLRICVS FI-
LIVS BVGISLAVS 13. – Vgl. M. Wehrmann, Baltische Studien, N.F. 1906, S. 33-66. – Die Greifen.
Pommersche Herzöge 12. bis 17. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Stiftung Pommern Schloss Rantzaubau
Kiel, 1996, S. 154 f.
372
Siehe Fußnote 369.
Bekrönungsfiguren Seite 118

Ein Pendant zu dieser Bekrönungsfigur hat es gemäß der amtlichen Länderinventare


der Kunstdenkmäler nur in Hörde/Dortmund gegeben haben.373 Doch ist dessen Aus-
führung im Sinne der spätgotischen Schaftkronleuchter schablonenhaft, aber nicht
malerisch.

Im Gegensatz zu der malerischen Topfigur „Greif“ des besagten Schaftkronleuchters


(1589/90) in Barth bekrönt die Statuette des Typs „Römischer Soldat“ den annä-
hernd vergleichbaren Kronleuchter der Söhne des Herzogs von Pommern. Dort kon-
trastieren nicht nur die – im Vergleich zu den oben genannten Kronleuchtern der Re-
naissance – stereotype Kriegerfigur und der pittoreske Unterhang. Letzterer er-
scheint seinerseits kopiert und stereotyp, indem eine derartige Maske nicht nur diese
potenziellen Stiftungen des Herzogs, sondern auch noch einen weiteren Kronleuchter
im Chor dieser Kirche ziert. Zugleich erstaunt auch die Tatsache der Wiederholungen
an sich. Warum wurde die Bekrönung „Römischer Soldat“ als Motiv für die Stiftung
eines Herrscherhauses gewählt, das weitere Kronleuchter der Renaissance im Norden
zieren kann? Es bestehen stilistische Unterschiede.

Hätte die Kongruenz beider Kronleuchter – mit Ausnahme der Widmungen – durch
die identische Bekrönung des Wappentieres einer deutlichen Repräsentanz dieses
Adelsgeschlechtes in Barth und Pommern entgegengewirkt? Oder finden hier kunst-
handwerkliche Traditionen und ästhetisches Empfinden des ausführenden Kunst-
handwerkers Dominicus Slodt ihren Niederschlag?

Die Darstellung eines römischen Soldaten in Gebäuden und an Plätzen, die der Öf-
fentlichkeit zugänglich sind – so auch die entsprechende Bekrönung des Kronleuch-
ters der Evangelischen Kirche St. Marien in Barth dürften kaum ausschließlich deko-
rativ begründet sein. Die Komposition zweier Bedeutungsträger, das heißt Statue
und Versammlungs- und Rechtsraum oder Kronleuchter mit Bekrönungsfigur in Kir-
chen ergibt in der Regel ein Bildprogramm und hat ästhetische Erwartungen (der
Auftraggeber, der Künstler und/oder der Betrachter) zu erfüllen.374

373
Für Schmiedeberg/Dippoldiswalde ist ein „Kronleuchter, Messing, mit von Greifen getragenem Wap-
penschilde; bez. 1590“ inventarisiert, aber weder ausführlich beschrieben noch abgebildet; s. Be-
schreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 2. H.:
Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, 1883, S. 77. Demgegenüber ist heute in der Evangelischen
Dreifaltigkeits-Kirche von Schmiedeberg ein barocker Kugelkronleuchter bekannt, den ein sitzender
Bär bekrönt. Die Höhe des Wappenschildes zum Abstand der Beine sind nicht passgenau. – Die Bau-
und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Hörde, 1895, Taf. 12 und S. 20.
374
Zu Bildprogrammen in Sakralgebäuden; s. u.a. O. F. A. Meinardus, Zur Ersten Lutherischen Iko-
nographie in St. Johannis, Eppendorf, in: Schr. d. Vereins f. Schleswig-Holsteinische Kirchenge-
schichte, II. Reihe (Beiträge und Mitteilungen), 43. Bd., 1987, S. 163-166 und ebd., S. 167-174.:
Die „Erschaffung Evas“ in der Ikonographie Schleswig-Holsteins. – C. Göttler, Die Kunst des Fege-
feuers nach der Reformation. Kirchliche Schenkungen, Ablaß und Almosen in Antwerpen und Bologna
um 1600, Mainz 1996 (Berliner Schriften zur Kunst, Bd. 7) und R. W. Scribner, Religion und Kultur in
Deutschland 1400-1800, Göttingen 2002 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschich-
te, Bd. 175). – Zu Kunst in Rechtsräumen; s. zum Beispiel Stadtrechtszeichen „Rolande“; vgl. u.a.:
D. Kremers, Der „Rasende Roland“ des Ludovico Ariosto, Habil. 1973 (Studien zur Poetik und Ge-
schichte der Literatur, Bd. 26), S. 12, 18 f., 28, 32 ff., 40, 66 ff. – H. Rempel, Die Rolandstatuen,
1989, S. 105. – Siehe ferner: Recht und Gerechtigkeit im Spiegel der europäischen Kunst, W.
Pleister/W. Schild, Köln 1988.
Bekrönungsfiguren Seite 119

Nur der Kronleuchter „Greif“ (1589/90) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in


Barth lässt in der Akzentuierung der Leuchterarmmitte sowie in den Voluten und Ro-
setten der Leuchterarmenden Anklänge an die Winkelarmkronleuchter erkennen. Die
Leuchterarme des Kronleuchters „Römischer Soldat“ dort zeigen bei annähernd glei-
cher Grundform zum vorstehenden Exemplar hingegen die am inneren Ende aufge-
bogenen und mit Maskarons besetzten Leuchterarme, die in der frühen Neuzeit häu-
figer in den östlichen Gebieten des alten Reiches (Heiliges Römisches Reich Deut-
scher Nation), so auch an dem wesentlich zierlicheren Kronleuchter mit der Bekrö-
nung einer Muttergottes in der Evangelischen Stadtkirche in Plau am See oder einem
vergleichbaren Exemplar in der Evangelischen St. Jakobikirche in Lübeck anzutreffen
sind.375 Zum Teil vermitteln insbesondere die Konturen des Schafts der besagten
Kronleuchter in Barth bereits Übergangsphasen zum barocken Kugelkronleuchter.
Diese dokumentieren mittels dieser Verbindung von Morphologie und potenzieller
Ikonographie, was die historische Forschung in anderen Zusammenhängen als
Durchsetzung einer „Sozialdisziplinierung durch Gewährleistung überpersonaler
Rechtssicherheit“ sowie Recht und Ordnung als wichtigste Herrschaftslegitimation
beschreibt, indem entsprechende Herrschaftszeichen die tendenziell differierende
Morphologie dieser Kronleuchter bekrönen.376

Es liegt nahe, dass die Topfigur „Römischer Soldat“ auf Kronleuchtern verfassungs-
rechtliche Inhalte zu vermitteln hat, die sich am römischen Recht orientieren. „Sei-
nen Platz in der (…) Gesellschaft erhielt der für Sold dienende Soldat durch klar for-
mulierte soziale und juristische Aussagen zugewiesen.“377 Obschon ein Soldat in der
Regel keine liegenden Güter, sondern nur Eigentum aus fahrender, persönlich erbeu-
teter Habe besitzt, verliert er nicht das Erbrecht. Er ist frei von Steuern und Feudal-
lasten jeder Art sowie von Zöllen. Auch das Tragen von Waffen, das allgemein verbo-
ten ist, bedeutet einen sozialen Vorzug für Soldaten wie bei Städtebürgern. Bürgerli-
che Handlungen sind ihm hingegen untersagt.

In diesem Zusammenhang erscheinen zwei Kronleuchter des Typs „Römischer Sol-


dat“ aufschlussreich, die inschriftlich in das 17. und 18. Jahrhundert datiert sind.

Auf dem Kronleuchter (1760) der Kirche zu Sterup/Angeln lautet der Text:: „Zur
Zierde unsers Gottes Hauses verehret / Von den Participanten des adeligen Hofes
Kleingrünholtz: NJCOLAI HENNINGSEN, könig(licher) Rechensmann, PETER PAUL-
SEN, PETER CLAUSSEN und FRIEDRICH NJSSEN Anno 1760“.378 Es handelt sich hier

375
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Bd.: Die
Amtsgerichtsbezirke Schwaan, Bützow, Sternberg, Güstrow, Krakow, Goldberg, Parchim, Lübz, Plau,
2. Aufl. 1901, S. 518 ff. mit Abb. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck,
Bd. III: Kirche zu Alt-Lübeck, Dom, Jakobikirche, Ägidienkirche, 1920, S. 430 f.
376
Brage bei der Wieden, Niederdeutsche Söldner vor dem 30jährigen Krieg. Geistige und mentale
Grenzen eines sozialen Raums, in: B. R. Kroener/R. Pröve, Krieg und Frieden. Militär und Gesell-
schaft in der frühen Neuzeit, 1996, S. 85-107, insbes. S. 93.
377
H. Langer, Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, Leipzig 1978, S. 61 f.
378
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kreis Flensburg, 1952. – Die Kunstdenkmäler
des Landes Schleswig-Holstein, Kunst-Topographie, 1979, S. 317. – G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2., stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 850.
Bekrönungsfiguren Seite 120

vermutlich um die „… vier Interessenten mit gleichen Rechten und Freiheiten …“;
zwischen ihnen wird das adelige Gut im Jahre 1738 geteilt.379

Die zuvor erwähnte Inschrift eines anderen Kronleuchters mit einer vergleichbaren
Bekrönung in Tangermünde besteht aus der Quellenangabe eines Bibelverses im
5. Buch Mose im Alten Testament.380 Sie ist in dieser Verbindung – nach bisheriger
Kenntnis – singulär und angesichts der topographischen und historischen Vorausset-
zungen Tangermündes interessant. Diese Hansestadt an der Elbe in der Altmark
Brandenburg ist von der Wiedervereinigung der märkischen Länder sowie von der
Einbeziehung der Bistümer Havelbergs und Lebus während der Herrschaft des Kur-
fürsten Johann Georg (1571-1586, Sohn von Joachim II, reg. 1505-1571) betroffen,
ferner von der grenznahen Lage zum Bistum Magdeburg.381 So zwingt nicht nur die
wirtschaftliche Situation Kurfürst Joachim II. dazu, die Steuererhebung den Ständen
zu überlassen. Er operiert auch – trotz seiner Konversion zum Protestantismus – ge-
gen diese im Schmalkaldischen Bund.

Andererseits ist im Interesse einer objektiven Betrachtungsweise und aufgrund der


zuvor dargelegten Beurteilungskriterien in Betracht zu ziehen sein, dass auch dieser
Kronleuchter – wie das oben beschriebene Exemplar in Dinslaken – mit Motiven der
Renaissance und barocker Morphologie keine homogene Komposition darstellt.

Die Inschrift (datiert 1630) des besagten Kronleuchters in Tangermünde bezieht sich
gemäß der dort angegebenen Ziffernfolge auf das Deuteronomium, 23. Kapitel,
Vers 21 und hinsichtlich des Geldes – offensichtlich zugleich auf (aktuelle) Verhal-
tensregeln. In diesem Buch Mose, das Wiederholungen von Gesetzesverordnungen
enthält, sind die im Rahmen der sozialen und kultischen Gesetze bestehenden Unter-
schiede der Zinsnahme gegenüber Fremden und christlichen Brüdern thematisiert.382
Hier wie dort scheint somit das zentrale Anliegen verbalisiert und fixiert, die Grund-
sätze (des Bundes) und die Pflichten des Volkes (Gottes) im Hinblick auf die entstan-
dene geistliche Gemeinschaft in ihren Lebenssituationen und Zielen darzustellen und
auf ihre übertragbare Gültigkeit hinzuweisen.383

379
J. v. Schröder, Topographie Schleswig, 2. neu bearb. Aufl. 1854, S. 509 f. und vgl. S. 191 f.
380
Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, 3. Bd.: Kreis Stendal Land, 1933, S. 227. Und zum
inschriftlichen Bibeltext des Kronleuchters (1670); s. Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung
mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel, Neu bearb. und erw. Ausg. 1985, S. 244, 5. Buch Mose,
23. Kapitel, Vers 21 ff. (Soziale und kultische Gesetze).
381
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt, Bd. I.: Bezirk Magdeburg, 2.
Aufl. 1990, S. 410 f. – Zur Politik der Kurfürsten Joachim I. und Joachim II. von Brandenburg; s.
u.a.: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. II., T. 1: Kreis Westhavelland, 1913,
S. IX ff.
382
Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel, Neu bearb.
und erw. Ausg. 1985, S. 244.
383
Die Verwendung von Klammern im Zitat aus dem 5. Buch Mose, 23. Kapitel, Vers 21 ff. dient hier
der Unterscheidung des Volk Gottes. Diese Textstelle im Alten Testament bezieht sich ursprünglich
auf Israel bzw. die Israelstämme als Volk Gottes. Indem Jesus den Neuen Bund stiftet, gilt die Be-
zeichnung „Volk Gottes“ all jenen, die an Jesus als Heilbringer glauben und so Gottes Reich unter
den Völkern vermitteln; s. Das große Bibellexikon, Bd. 3, Hg. H. Burkhardt/F. Grünzweig/F. Lau-
bach/G. Maier, Wuppertal 1989, S. 1647.
Bekrönungsfiguren Seite 121

Gleichwohl Martin Luther von der Gnade Gottes spricht und das reine Evangelium
gegen eine Vergesetzlichung des Glaubens fordert, hat dennoch das göttliche Urteil
eine bleibende Bedeutung. Denn Jesus Christus hat durch seinen vollkommenen Ge-
horsam gegenüber Gottvater das alttestamentarische Gesetz erfüllt und selbst Gebo-
te gegeben, die ein Christ auch in der Kraft der Gnade Gottes zu beachten hat. Diese
Verbindung ermöglicht eine Loslösung vom Gesetz, aber keinen grundsätzlichen Ver-
zicht darauf. Das heißt, die Kirche ist berufen, dieses zu verkündigen, rechtsgestal-
tende Akte hingegen darf sie – M. Luther zufolge – nur im Bereich der menschlichen
Kirchenordnung auf der Grundlage des „consensus fratrum“ schaffen und verwal-
ten.384 Das heißt, dass mit der Herausbildung des Landeskirchentums eigene Ord-
nungen in Korrelation zum Staatswesen entwickelt werden. Diese aber haben ihren
Ursprung im Glauben, damit die Menschen darin weiter wachsen.

Schließlich gesteht die politische Anerkennung des Protestantismus als eigene Kon-
fession im Augsburger Religionsfrieden (1555) den Landesherren das „Jus reforman-
di“ zu. Es wird im Westfälischen Frieden von 1648 bekräftigt und1660 im Religions-
bann zum Zwecke der territorialen Glaubenseinheit prägnant beschrieben: „Cuius
regio, eius religio“.385

Die Einführung des landesherrlichen Kirchenregiments, das nicht nur in lutherisch


gewordenen Gebieten vorkommt, sondern auch dort zu finden ist, wo die weltliche
386
Obrigkeit fest zum alten Glauben steht bringt durch die zunehmende Säkularisie-
rung des Kirchengutes nicht nur materiellen Gewinn, sondern auch erheblichen
Machtzuwachs ein. Dazu gehören im Zuge der Säkularisierung die mögliche Besteue-
rung des Kirchengutes sowie eine Reihe anderer Maßnahmen: Die Durchsetzung der
Aufsichtsrechte gegenüber Bischöfen, die Ein- und Durchführung von Kirchenvisitati-
onen in der Herausbildung evangelischer Landeskirchen sind an sich zur Verbesse-
rung der weltlichen Macht und ihres Fiskus gedacht. Zugleich entstehen mit der Ein-
ziehung der Klöster die Ämter als landesherrliche Verwaltung. Tatsächlich führt die-
ses Vorgehen den Ständen, deren Hauptmacht im Steuerbewilligungsrecht und in der
Freiheit von Steuern und Zöllen liegt, einen wachsenden Anteil an der Landesregie-
rung zu. So kann zum Beispiel die Ritterschaft in Schleswig-Holstein als weiterhin
„wichtigste politisch-soziale Macht“ ihr eigenes Reich in den „gemeinsam regierten“

384
Die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, Hg. W. Göbell, 1986, Einleitung. – Vgl. sämt-
liche Beiträge „Orthodoxie und Pietismus“, in: Schr. d. Vereins f. Schleswig-Holsteinische Kirchenge-
schichte, Reihe I, Bd. 29, 1984. – J. Beyer, Bischof Palladius und das Selbstverständnis Lutherischer
Pastoren um die Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Schr. d. Vereins f. Schleswig-Holsteinische Kirchen-
geschichte, II. Reihe (Beiträge und Mitteilungen), 45. Bd, 1992, S. 25-41. – S. Pettke, Des Lübecker
Superintendenten Hermann Bonnus Behelfskirchenordnung für Rostock (1533), in: Schr. d. Vereins f.
Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung, II. Reihe (Beiträge und Mitteilungen), 43. Bd., 1987, S. 13-
43. – Vgl. E. Sehling, Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bde. 1-5, 1904/09.
385
F. Seibt, Karl V. Der Kaiser und die Reformation, 2. Aufl. 1998, S. 203 ff., insbes. S. 210 ff. –
A. Kohler, Karl V. 1500-1558. Eine Biographie, 1999, S. 347 ff. – M. Salewski, Geschichte Europas,
Staaten und Nationen von der Antike bis zur Gegenwart (1999), S. 644.
386
U. Lange, Landtag und Ausschuss. Zum Problem der Handlungsfähigkeit landständischer Versamm-
lungen im Zeitalter der Entstehung des frühmodernen Staates. Die welfischen Territorien als Beispiel
(1500-1629), Hildesheim 1986, S. 169, 181.
Bekrönungsfiguren Seite 122

Teilen des Landes aufbauen.387 Die Landesherren sind infolgedessen bestrebt, diese
schwindenden Machtanteile wieder an sich zu ziehen und zu festigen, indem sie die
Privilegien der Ritterschaft bestätigen.388 Der ständische Beamte wird zum königli-
chen Beamten. Er rekrutiert sich noch immer aus dem kreissässigen Adel und ist
nach wie vor Organ der ritterlichen Selbstverwaltung, aber nun auch für die Medi-
atstädte zuständig. Etliche Landesherren haben somit eine gewisse Anzahl von – ei-
gentlich dem Kaiser vorbehaltenen – Rechten an sich gebracht und sind von ur-
sprünglichen Reichsämtern zu einer nahezu mit allen Attributen der Staatsgewalt
ausgestatteten Herrschaft und Besitzungen gelangt. So stehen diese Herrschaftsge-
biete der Landesherren und Städte als Territorien im Gegensatz zum Heiligen Römi-
schen Reich und zur Macht des Kaisers als Träger der staatsrechtlichen Souveränität.

Im Rahmen der reichsständischen Landeshoheit können sich evangelische Kirchen


mit ihrem eigenen Bekenntnisstand als Landeskirche und mit einer regionalen, staat-
lich gebundenen Kirchenorganisation herausbilden. Die seit dem 2. Drittel des 16.
Jahrhunderts gültigen Kirchenordnungen legen davon Zeugnis ab.389 Sie haben den
Charakter von Landesgesetzen, welchen der Landesherr Rechtskraft verleiht und die
somit als Grundrechte staats- und kirchenrechtlich verankert sind. Damit wird der
seit den Religionskriegen geforderten Religionsfreiheit, das heißt der Glaubens-, Ge-
wissens- und Bekenntnisfreiheit Rechnung getragen. Sie gewährt das Recht des ein-
zelnen, religiöse, weltanschauliche und moralische Überzeugungen zu bilden, zu äu-
ßern und zu praktizieren.

(Früh-)neuzeitliche Schaftkronleuchter mit der Bekrönung „Römischer Soldat“ sind


daher auch in Ländern wie Dänemark (Blistrup und Helsingør/Frederiksborg Amt,
Evangelische Kirche, Renaissancekronleuchter oder Hoestrup/Tonder Amt, Evangeli-
sche Kirche, Kronleuchter, 1713 gestiftet oder Jegindo und Vester Vaned/Tisted Amt,
Evangelische Kirche, Kronleuchter, 2. Hälfte 16. Jahrhundert) verbreitet bzw. auf
bestimmte Ämter verteilt.390 Denn auch dort wird die Regierungstätigkeit der frühen
Neuzeit durch die Einführung der Reformation (zum Beispiel 1536 in Dänemark durch
König Christian III.) unter dem Einfluss der Landesaristokratie geprägt und verbindet
sich mit der Neuordnung der Landesverteidigung, der Staatsfinanzen und der Ver-
waltung.

In Helsingør kommen zum Beispiel beide Ufer des Sundes und damit Dänemark die
Zolleinnahmen dieser Wasserstraße zu, bis die östlichen Provinzen 1658 infolge krie-
gerischer Auseinandersetzungen an Schweden fallen.

387
O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. Aufl. 1981, S. 134 f. – A. Scharff/M. Jessen-Klingen-
berg, Schleswig-Holsteinische Geschichte, 1982. S. 44.
388
F. C. Jensen/D. H. Hegewisch, Privilegien der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft von den in der
Privilegienlade befindlichen Originalen genau abgeschrieben und mit denselben verglichen, Kiel 1797.
389
E. Sehling, Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bde. 1-5, Leipzig 1904/09. – Die
Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, Hg. W. Göbell, 1986 (Schr. d. Vereins für Schles-
wig-Holsteinische Kirchengeschichte, Reihe I, Bd. 34).
390
Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt, 1. Bd., 1964, S. 531 f. – Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt,
2. Bd., 1967, S. 1274. – Danmarks Kirker. Tisted Amt, 1. Halbbd. 1940, S. 280 f. – Danmarks Kir-
ker. Tisted Amt, 2. Halbbd. 1942, S. 790 f. – Danmarks Kirker. Tonder Amt, 1957, S. 1557, 1564.
Bekrönungsfiguren Seite 123

Der oben genannte Ort Hoestrup erscheint anschaulich, da dieser bis 1576 an die
Grenze der Bistümer Ribe und Schleswig zu lokalisieren und mit der Stiftung des
Kronleuchters (1713) dort in die Zeit des 3. bzw. Großen Nordischen Krieges (1700-
1721) einzuordnen ist.

Dänemark darum bestrebt, in der militärischen Auseinandersetzung um die Hegemo-


nie im Ostseeraum die Gottorfer Frage zum eigenen Vorteil zu entscheiden, gelingt
dies unter anderem mit der dänischen Okkupation Schleswigs im Jahre 1713, was
schließlich zur Inkorporation des herzoglichen Anteils an Schleswig in die königlich-
dänische Regierung führt.

Unter den mehr als 700 inventarisierten Messingkronleuchtern in Schweden kann


bisher ein einziger Kugelkronleuchter (1740 gestiftet) mit einer als „Krieger mit
Schwert“ bezeichneten Topfigur in Högby/Öland (Neue Kirche) möglicherweise der
Gruppe „Römischer Soldat, Infanterie“ zugeordnet werden. Es wären jedoch die als
„männliche Figur“ bezeichneten Bekrönungen zahlreicher älterer Schaftkronleuchter
mit Löwenkopf-Maske – wie zum Beispiel in Ovansjö/Gästrikland daraufhin näher zu
untersuchen.391

Die Gründung der evangelischen Landeskirchen ist offenbar Anlass, dass die
Schaftkronleuchter aus Metall mit ihren spezifischen Bekrönungsfiguren, den „Be-
waffneten“, entstehen und seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts den Höhepunkt
ihrer Verbreitung in Skandinavien und Norddeutschland erreichen. Neu ist die ver-
stärkte Nutzung erheblich komprimierter Bildprogramme für komplexe profane
Strukturen und sakrale Kontexte mittels des Mediums christlicher Lichtsymbolik. Die-
se ergeben sich aus der Überwindung wechselnder Zuständigkeiten in Rechtsfragen
und fehlender Exekutionsmöglichkeiten sowie aus der Manifestation neuer Herr-
schaftsformen. Im Interesse ihrer Legitimation bedarf es daher allgemein verständli-
cher Zeichen, die durch stereotype Figuren mit klaren Konturen charakterisiert sind.

Es kommt der antikisierend gekleidete Soldat nicht nur auf (früh-)neuzeitlichen


Schaftkronleuchtern aus Messing vor. Er erscheint auch als Gestaltungselement am
Gerichtsszepter (1588/89) des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig (1564-
1613).392 Dieser ist seit 1578 Bischof von Halberstadt, das unter seiner Herrschaft
als protestantischer Fürst (1589) endgültig lutherisch wird, aber noch bis 1662 unter
bischöflicher Herrschaft steht. Es ist daher bezeichnend, dass sowohl in die dortige

391
Sveriges Kyrkor. Gästrikland. Gästriklands Landskyrkor, o.J., S. 361 und 363 mit Abb. 367. Die Be-
krönungsfigur des Kronleuchters in der Kirche von Ovansjö/Schweden ist nicht weiter beschrieben.
Die Konturen der Figur und Morphologie des Leuchters erlauben eine Eingrenzung. Letzterer weist
sowohl mit der dominierenden Balusterform im Aufbau der Kronleuchterspindel als auch anhand der
tendenziell winkeligen Leuchterarme Parallelen zum Schaftkronleuchter „Büttel“ (1572) des Peter
van Minden in der Evangelischen St. Severi-Kirche in Otterndorf/Cuxhaven auf. Die Gestaltung der
Bekrönung wirft in der „Ferndiagnose“ Fragen auf. Während der kurze Leibrock mit den seitlich aus-
gestellten Rockschößen auf einen Gerichtsdiener als adäquates Motiv hindeuten könnte, widerspricht
der aus der Mittelachachse, ins Dreiviertelprofil gedrehte Kopf mit Spitzbart der bekannten Modellie-
rung eines Büttels und scheint zusammen mit den Merkmalen der Gewandung eine Verbindung zu
den neuzeitlichen Schaftkronleuchtern „Römischer Soldat“ in Vorpommern anzudeuten.
392
Renaissance im Weserraum, Bd. I, Ausst.-Kat. Schloss Brake/Lemgo, 1989, S. 114 f. Kat.-Nr. 154
mit Abb.
Bekrönungsfiguren Seite 124

Evangelische Pfarr- und Marktkirche St. Martini ein Kronleuchter mit der Topfigur
„Römischer Soldat“ (1689) als auch in die Kirche des dortigen St. Johannis-Klosters
im Jahre 1692 zwei Kronleuchter aus Messing gestiftet werden, davon einer durch
einen berittenen römischen Krieger bekrönt wird. Und dass seit 1521 die Ausbreitung
der Reformation durch dieses Kloster erfolgte.393

3.2.2 Exkurs

Insofern erhebt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob eben dort, in Hal-
berstadt, der als römischer Soldat gekleidete und mit Löwenkopf-Epauletten
(Abb. 104) ausstaffierte Kanzelträger des Predigtstuhles (1595) in der Evangelischen
St. Martini-Kirche allein die zwei Eigenschaften des alttestamentarischen Helden
Simson repräsentiert. Oder ob er neben seiner Symbolik zur Auferstehung Christi
und der übernatürlichen Stärke mittels der antikisierenden Gewandung eines Feld-
herrn nicht auch seine ursprüngliche Funktion als Richter im Alten Testament der
Bibel und zugleich die des Führers einer Gemeinschaft darstellt. Wo andernorts Mo-
ses als bedeutendste Gestalt des Alten Testaments, als Anführer und Gesetzesgeber,
widergegeben ist.394 Wie bei den zuvor genannten Beispielen sind wiederum Standor-
te und Zuständigkeiten von Belang.

Die St. Martini-Kirche ist als Pfarrkirche der Marktsiedlung Halberstadt und mit der
Rolandssäule außerhalb des Immunitätsbezirkes der dortigen Domburg gelegen. Und
die St. Martini-Kirche besaß einen weiteren Kronleuchter (datiert 1686), der mit ei-
ner als „Minerva“ beschriebenen Bekrönung dem Handwerk gewidmet war.395

Der Typ „Römischer Soldat“ kommt ferner in Gestalt erneuerter Rolands-Standbilder


– wie 1643 in (Bad) Bramstedt – als gebräuchliches und bekanntes Sinnbild für Markt-
gerechtigkeit und Gerichtsbarkeit vor.396 Und er ist häufig Bestandteil des Willkomm
der Ämter/Zünfte, die ihre eigenen Statuten haben397 sowie unter dem Motto „Valore
De Prencipe“398 als Statue in Adelshäusern zu finden.

393
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, XXXIII. H.:
Die Kreise Halberstadt Land und Stadt, 1902, S. 201 ff.
394
Zu Moses; s. LCI, Bd. 3, Sonderausgabe 1994, Sp. 282 ff. – Zu Samson (Simson); s. LCI, Bd. 4,
Sonderausgabe 1994, Sp. 30ff.
395
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler, XXIII. H.: Der Kreis Halberstadt
Land und Stadt, 1902, S. 407.
396
H. Rempel, Die Rolandstatuen: Herkunft und geschichtliche Wandlung, 1989. – Zum Roland (als
römischer Krieger) von Bad Bramstedt/Segeberg; s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenk-
mäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 153.
397
Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 48. Bd., T. I: Stadt Detmold, 1968, S. 424. Ein figürliches
Schild an der Schützenkette, A. 17. Jh. zeigt in der Mitte einen römischen Krieger, „der einen Schild
mit lippischer Rose hält und auf einem Löwenkopf steht.“ – Museum für Kunst und Gewerbe Ham-
burg, Handbuch, 1980, S. 97, Nr. 190 (Deckelpokal, 1602). – I. und H. Engling, Altes Handwerk im
Kreis Plön. Von der ersten schriftlichen Überlieferung bis zum Jahr 1867, 1990, S. 110 f.
398
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kreis Flensburg, 1952. – Die Kunstdenkmäler
des Landes Schleswig-Holstein, Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 290. – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd.
Aufl. 1994, S. 282; s. u.a. H. v. Rumohr/C. A. v. Rumohr, Schlösser und Herrenhäuser in Schleswig.
Bekrönungsfiguren Seite 125

Fokussiert die Gestalt des antikisierenden römischen Soldaten die Historie als Samm-
lung nachahmenswerter Exempel auf der Grundlage des römischen Rechts und als
ein „Idealbild römischer Tugend aus heroischer Zeit“, wo das Wohl des Staates resp.
der Allgemeinheit und Gemeinschaft über persönliche Interessen gestellt wird?399

Insofern würde dieser Blickwinkel die Interpretationsansätze früherer Forschungen


zu Schaftkronleuchtern aus Messing bestätigen, die vereinzelt Bekrönungsfiguren als
Vorbild für tugendhaftes Verhalten vorstellen. Wäre allein das Ideal des Einzelkämp-
fers, die Trennung in Gut oder Böse und eine Erfolgsethik das eigentliche Anliegen,
hätten im Wesentlichen die bekannten Motive des bewaffneten und die Seelen wä-
genden Erzengels Michael oder das tatkräftige Vorgehen des heiligen Georgs ihre
Funktion weiterhin erfüllt. Die Mehrdeutigkeit der Darstellung „Römischer Soldat“,
dass dieser als ein Beispiel der so genannten Wappenhalter über die dienende Funk-
tion hinaus als Krieger Gegenstand eines Bildprogramms sein kann, das auf Ord-
nungsstrukturen hinweist. Zugleich repräsentiert sie die Gesinnung derer, dessen
Zeichen oder Namen sie im Schilde führen.

Es erscheint nahe liegend, dass die bewaffneten profanen Topfiguren – hier: Römi-
scher Soldat bzw. Jupiter als Garant für Ordnung im Sinne der oben genannten Gra-
fik deutscher Kleinmeister – auf (früh-)neuzeitlichen Schaftkronleuchtern unter-
schiedliche Phasen und lokale Stationen auf dem Weg zur Glaubens-, Bekenntnis-
und Religionsfreiheit verkörpern. Zunächst begünstigt durch das landesherrliche Kir-
chenregiment führte dessen ausschließlich säkulare, obrigkeitsstaatliche Form zu-
sammen mit dem Absolutismus zu weit reichenden Einflüssen staatlicher Macht.

Frappierend sind hier die Parallelen zur dritten Epoche der römischen Religion in der
Antike, wo unter dem Einfluss der griechischen Aufklärung die alte Religion zerfällt
und der Vergöttlichung der Herrscher den Weg bahnt. Diese charakterisiert auch den
Absolutismus, der nach Phasen des Früh-Absolutismus in Westeuropa und infolge des
Dreißigjährigen Krieges entsteht. Insofern stellt sich auch die Frage, ob die auf ei-
nem Adler reitende, nackte Bekrönungsfigur von „ausgeprägten männlichen Formen
und als Blitzeschwinger“ barocker Kugelkronleuchter Jupiter oder auch Apollon dar-
stellt.400 Dessen mögliche Deutung als Sonnengott beinhaltet staats-allegorischen
Charakter und entspricht darin der Barockzeit.

3. überarb. Aufl. 1987, S. 55-71. – In der Kunst-Topographie Schleswig-Holstein als „Cäsarenfigur“


bezeichnet, lässt die künstlerische Gestaltung sowie die „grandeur“ der antikisierenden Marmorsta-
tue im Herrenhaus Gelting tendenziell stärkere Parallelen zur klassischen Herrscherfigur und zu zeit-
genössischen Darstellungen römischer Feldherren – wie zum Beispiel „Gaius Julius Caesar“
(1700/10), Bronze des Nicolas Coustou (1658-1733) – erkennen, als die Kronleuchter-Bekrönungen
„Römischer Soldat“ des 16. bis 18. Jahrhunderts in Nordeuropa diese Erhabenheit je vermitteln
könnten und sollten. Das Motiv der Herrscherlegitimation per se erscheint bedeutsamer, vgl. Muse-
um für Kunst und Gewerbe Hamburg, Handbuch, 1980, S. 117, Nr. 236.
399
F. Büttner, Schätze der Kunst. Europäische Malerei aus sieben Jahrhunderten, 1988, S. 126 f.
400
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin, I. Bd.: Die Amtsge-
richtsbezirke: Rostock, Ribnitz (...) 2. verb. und verm. Aufl. 1898, S. 65. – H. Hunger, Lexikon der
griechischen und römischen Mythologie, 1984, S. 48 ff., 203 f. – E. Simon, Die Götter der Römer,
1990, vgl. S. 27-34, insbes. S. 31 und S. 107-118.
Bekrönungsfiguren Seite 126

3.3 Die Topfigur „Römischer Soldat, Cavallerie“ auf Kronleuchtern

Als Alternative zur Bekrönung „Römischer Soldat der Infanterie“ auf Kronleuchtern
aus Metall des 16. bis 18. Jahrhunderts401 gibt es – nach bisheriger Kenntnis – we-
nigstens fünf Exemplare der Cavallerie. Davon haben zwei Kronleuchter eine Löwen-
kopf-Maske als Unterhang. Die antikisierende Kleidung der Reiterfiguren entspricht
derjenigen der zuvor genannten Soldaten – mit Ausnahme des Helmes, der unüber-
sehbar mit Straußenfedern dekoriert ist.

Dass diese Reiter den heiligen Georg darstellen, kann nur anhand eines Beispieles
bestätigt werden. Denn nur auf einem der Kronleuchter (Ende 16. Jahrhundert) in
Stadthagen (Abb. 64) kämpft der Krieger zu Pferde gegen einen Drachen.

Im Schutze seines über dem Ungeheuer sich aufbäumenden Pferdes sticht der Uni-
formierte mittels einer Lanze und durch die rechtsseitige Drehung von Oberkörper
und Armen auf den Lindwurm ein. Die Lanze ist senkrecht zur Haltung des Rosses
und parallel zu dessen agierender Vorderhand ausgerichtet. Die ganze Kraft des (To-
des-)Stoßes entwickelt sich aus der Achse, die aus der Gewichtsverlagerung des
Pferdes auf dessen Hinterhand und aus der Position des Reiters aufgebaut
ist (Abb. 65).

Weniger dramatisch, aber ausgesprochen dynamisch wirkt die berittenen Bekrö-


nungsfigur auf einem barocken Kronleuchter (1681) in Estebrügge – südlich der Nie-
derelbe. Die Sitzhaltung, Gestik und Mimik dieser Topfigur entsprechen einer von
drei Gruppen, welche den indogermanischen Licht- und Himmelsgott Jupiter auf ei-
nem Adler reitend darstellen und als Motiv seit Mitte des 17. Jahrhunderts verbreitet
ist.

Beim besagten Kronleuchter in Estebrügge baut sich aus der leicht diagonalen Kar-
riere des Pferdes und der oberhalb des Kammes erhobenen, bewaffneten Rechten
des Reiters eine Spannung auf, die eine besondere Dynamik vermittelt – vermutlich
den Moment der Attacke. Auf welches Ziel diese gerichtet sein könnte, ist aus der
Gestaltung dieses Kronleuchters nicht zu beantworten. Möglicherweise bestehen Ver-
bindungen zur Topfigur „Springendes Pferd“ eines Kronleuchters (1655) in der Dom-
kirche zu Hadersleben/Dänemark.402

401
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirk Stettin. Der Kreis Usedom-Wollin, 1900, S. 380.
Als Schaftkronleuchter mit 16 Kerzen, bekrönendem Ritter zu Pferde (St. Georg) und abschließender
Löwenkopf-Maske beschrieben, lässt die inschriftlich datierte Widmung (1653) dennoch Fragen zur
Gestaltung dieses Kronleuchters offen. – Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Provinz Pommern.
Kreis Kammin Land, 1939, S. 139 und S. 170 mit Abb. 10610. – G. Dehio, Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 459 (Estebrügge,
Kronleuchter 1681), S. 1232 (Stadthagen, Kronleuchter, wohl E. 16. Jh.). – Im Zusammenhang mit
diesen Reiterfiguren auf Schaftkronleuchtern der Renaissance wäre u.a. ein Exemplar (2. H. 16. Jh.)
in der Heiliggeistkirche in Tallinn zu untersuchen. – Vgl. demgegenüber: Danmarks Kirker. Arhus
Amt, 3. Bd., 1976, S. 1177 und Abb. 124 -126 auf S. 1178, 1180 (Frauenkirche, Kronleuchter „St.
Jürgen“). – Zu überprüfen wäre auch im Folgenden, ob der Ritter gerüstet und ein Reiter ist; s. Bau-
und Kunstdenkmäler Thüringens. Herzogtum Sachsen-Altenburg. Amtsgerichtsbezirke Altenburg,
Ronneburg und Schmölln, 1895, S. 148.
402
Danmarks Kirker. Sønderjylland. Haderslev Amt, 1954, S. 156, Nr. 3 und S. 44 f.
Bekrönungsfiguren Seite 127

Stilistische Parallelen zum Wandleuchter „St. Jürgen“ (1655) in der Evangeli-


schen St. Nikolai-Kirche in Kiel könnten darauf hindeuten, dass auch die berittene
Kronleuchter-Figur in Estebrügge diesen Heiligen darstellen soll. Der zuvor beschrie-
bene Kronleuchter in Stadthagen sowie ein anderer Leuchter in der Evangeli-
schen St. Wilhadi-Kirche in Stade mit der Topfigur des kämpfenden Erzengel Michael
(16./17. Jahrhundert) zeigen andererseits, dass die Konzeption einer Figurengruppe
als Bekrönung – zum Beispiel hier die zusätzliche Darstellung eines Drachen oder im
Falle eines anderen Beispiels die Kinder der Caritas (17./18. Jahrhundert in Wer-
dum/Niedersachsen, Keitum/Sylt und Rendsburg, Christkirche/Schleswig-Holstein)
nichts Ungewöhnliches sind. Hätte also die Bekrönung des Kronleuchters in
Estebrügge den heiligen Georg darstellen sollen, wäre angesichts der genannten Bei-
spiele eine komplette Figurengruppe als Motiv produktionstechnisch möglich. Ob-
schon insofern Unterschiede bestehen, als die Statuetten der exemplarischen
Schaftkronleuchter auf die Vertikale ausgerichtet und noch mehrfigurig als Einheit
wahrnehmbar sind. Die Kontur der Topfiguren ist in der Regel proportional zur Plasti-
zität des Kronleuchters.

In Estebrügge scheint die Morphologie des Schaftkronleuchters weniger ineinander


zu greifen und subtil als vom Gros barocker Kugelkronleuchter bekannt. Entschei-
denden Anteil daran hat eine kronenartiger Zierkranz am oberen Schaftdrittel des
Leuchters. Dort sind vertikale Voluten aus Messingblech mit angeschraubten Kugeln
unterschiedlicher Größe verziert, was als Gestaltungsmittel zum Beispiel an einem
der Messingkronleuchter („heraldischer Doppel-Adler“, um 1613/20) in der nahe ge-
legenen Stadt Stade sowie am so genannten Siggelow-Kronleuchter mit Engel (1661)
in Lübeck vorkommt.

Der Kronleuchter in Estebrügge baut sich pyramidal über einem ausladenden Licht-
kranz und der darüber ansetzenden Zierkranz zur expressiven Figurengruppe hin
auf. Für eine Zuordnung zum Figurentyp „Römischer Soldat“ spräche über die antiki-
sierende Gewandung hinaus die Tatsache, dass Estebrügge ursprünglich im Erzbis-
tum Bremen gelegen ist und erst unter schwedischer Herrschaft seit 1648 endgültig
lutherisch wird.

Ebenfalls von außen gefördert und ähnlich langwierig vollzieht sich dieser Prozess im
Bistum Halberstadt, wo ein vergleichbares Motiv auf einem Schaftkronleuchter (da-
tiert 1692) vorkommt.

Und auch das oben erwähnte Beispiel aus Hadersieben/Dänemark könnte im Zu-
sammenhang mit der administrativen Neuordnung der Bistümer Ribe sowie Schles-
wig infolge der Reformation stehen.403

403
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Stadt Stade, Textband,
1960, S. 4 ff. (zur Historie), S. 112 (zu Kronleuchter Nr. 174). – Die Kunstdenkmale des Landes Nie-
dersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade, Textband, 1965, S. 292 f. – M. Schütz, Die
Landesherrschaft der Bremer Erzbischöfe und die Rolle Stades als Landstand, in: Stade. Von den
Siedlungsanfängen bis zur Gegenwart, 1994, S. 153-169. – Ebd., S. 171-204: 13. C. Fiedler, Der
Wandel Stades in der Schwedenzeit 1645-1715.
Bekrönungsfiguren Seite 128

Ganz im Gegensatz zu den dynamischen Reiterfiguren in Estebrügge und Stadthagen


– wie häufig andere Medien den heiligen Georg als unerschrockenen Schutzpatron
des Adels im Kampf zwischen Gut und Böse darstellen404, repräsentieren die folgen-
den Bekrönungen den Wortsinn „Statuette“ ebenso wie die oben vorgestellte Infante-
rie. Weder die Topfigur des Schaftkronleuchters in der Heiliggeist-Kirche in Tallinn/
Estland (2. Hälfte 16. Jahrhundert) noch jene des Kronleuchters in der Evangeli-
schen St. Johannis-Kirche in Halberstadt (1692) sind derartig expressiv. Es wäre
eingehender zu untersuchen, ob diese Figuren – zum Beispiel in Anlehnung an die
Farbholzschnitte (um 1508) des Hans Burgkmair (1473-1531) – die Tradition von
Darstellungen irdischer Anführer der christlichen Streiter fortführen.405

3.4 Der Büttel oder Gerichtsdiener

Annähernd die gleiche Statur und Körperhaltung wie die Bekrönungsfigur „Römischer
Soldat, Infanterie“ der in Kapitel 3.2 genannten Schaftkronleuchter weisen die männ-
lichen Topfiguren „Büttel“ (Gerichtsdienster, Fronbote) auf frühneuzeitlichen Schaft-
kronleuchtern aus Messing auf.

Dazu dürfte jenes Exemplar mit hoch geschlossenem Leibrock sowie mit Schwert und
Renaissance-Rundschild (Rondache) gehören, das für das Siechenhaus St. Jürgen in
Lübeck inventarisiert ist.406 Und es sind insbesondere die Winkelarmkronleuchter in
der Evangelischen St. Severi-Kirche in Otterndorf (Abb. 66, 67) zu nennen.407 Davon
trägt der eine Leuchter an der Nutenscheibe die Inschrift „PETER VAN MINDEN
ANNO 1572“ und darüber auf dem Baluster der Spindel eine Hausmarke. Die Bekrö-
nungsfigur – bekleidet mit einem schlichten, gegürteten Rock – hält als Attribut eine
Art Hirtenstab in der Linken. Dieser dürfte nicht ursprünglich sein. Bildzeugnisse zur
Rechtsgeschichte lassen etliche Parallelen in der Kostümierung der Gerichtsdiener
dort zu den besagten Kronleuchterfiguren erkennen. Der Stab des Büttels besitzt
tendenziell das Format eines Stadtrichtstabes, gegebenenfalls das einer Lanze und
endet hier wie dort nicht als Krümme. Der Stab weist den Gerichtsdiener als Amts-
person aus. Das entsprechende Pendant des anderen Leuchters hält keinerlei Zei-
chen.408

404
Vgl. heiliger Michael als Drachenkämpfer und Sinnbild des Kampfes zwischen Gut und Böse; s. Die
Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Stadt Stade. Textband 1960,
S. 112 f. – Vgl. H. W. Hegemann, Der Engel in der deutschen Kunst, 1950. – LCI, Bd. 1, Son-
derausgabe 1994, Sp. 674-681. – LCI, Bd. 3, Sonderausgabe 1994, Sp. 255-265. – LCI, Bd. 6, Son-
derausgabe 1994, Sp. 365-390.
405
S. Braunfels-Esche, St. Georg. Legende, Verehrung, Symbol, 1976, S. 100, 119 f., 197, 200, 213.
406
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, II. Bd., 2. T.: Die Marienkirche,
1906, S. 404 mit Abb.
407
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen, Bd. V, T. 1: Regierungsbezirk Stade, 1956, S. 283.
408
Inventare und Rechnungsbücher in Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde in Otterndorf/Cuxha-
ven geben keinen Aufschluss über die Kronleuchter der Evangelischen St. Severi-Kirche.
Bekrönungsfiguren Seite 129

Amtlichen Länderinventaren zufolge kommt unter den inventarisierten frühneuzeitli-


chen Schaftkronleuchtern mit einer profanen Kriegerfigur jeweils nur ein Exemplar in
Kirchen vor. Hier treten neben geringfügige Größenunterschiede der Kronleuchter
weitere Differenzierungsmerkmale, aber auch Verwechselungsmöglichkeiten:

An der Topfigur „Büttel“ dieses besagten Pendants zum Beispiel zeigen sie sich dar-
an, wie die Saumkanten graviert sind oder darin, dass der Leibriemen eine Kordel
und kein glatter Gurt ist. Der Duktus der Gravuren führt zu der Annahme, dass diese
Topfigur wohl auf jenen Kronleuchter gehören dürfte, der die Inschrift (s.o.) trägt
und dessen Löwenkopf-Maske stärker ziseliert ist. Demgegenüber weist der unbe-
zeichnete Winkelarmkronleuchter an den Nutenscheiben weder Gussnähte noch Un-
regelmäßigkeiten in der Kennzeichnung der Nuten mittels Punzierung auf und unter-
scheidet sich darin von den vergleichbaren Schaftkronleuchtern „Muttergottes“ und
„Büttel“ (1572) in jener Kirche. Und die Gegenüberstellung zeigt ferner, dass die
winkeligen Leuchterarme auch angesichts unterschiedlicher Endungen nicht entspre-
chend zugeordnet sein dürften. Es ist anzunehmen, dass der obere Lichtkranz des
einen Kronleuchters „Büttel“, dessen Leuchterarme in Rosetten münden, zum Kron-
leuchter „Muttergottes“ gehört. Denn dort besitzt der untere Lichtkranz adäquate
Blütenformen. Dass diese in Kombination mit den spitzen Blütenknospen vorkom-
men, erscheint angesichts anderer zeitlich und geographisch naher Schaftkronleuch-
ter eher untypisch. Das Vorkommen dieses lanzettförmigen Pflanzenmotivs an na-
hen, vergleichbaren Schaftkronleuchtern mit bekrönendem Landsknecht oder heral-
dischem Doppel-Adler könnte den Rückschluss erlauben, dass auch der beschriebene
Kronleuchter „Büttel“ ursprünglich damit ausgestattet war.

Hinsichtlich der Ikonographie können allein die Kopfbedeckung und Gewandung der
Figuren ihrer Deutung und Zuordnung als „Büttel“ dienlich sein409 die unter den Be-
krönungen frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Metall optisch dem Motiv „Römi-
scher Soldat“ ähnelt. Insgesamt aber wirken erstere weder dynamisch noch athle-
tisch und weisen auf unterschiedlichen Darstellungen zur Rechtsgeschichte keine uni-
forme Kleidung auf. Denn letztere sowie auch die soziale Stellung richten sich nach
dem Tätigkeitsbereich.

Da diese Statuetten „Büttel“ auffallend schlicht modelliert sind, unterscheidet sie auf
den ersten Blick nur der gegürtete und etwas ausgestellte Rock mit seinen verbräm-
ten Saumrändern. Wobei diese mittels vertikaler Gravuren verziert sind und so an
die Schulzenarmbinde erinnern.410 Ansonsten entspricht das oberschenkellange Ober-
gewand mit seinen kurzen Ärmeln annähernd jenen, die städtische Amtsträger, teils
Wachtmeister und Botenläufer bekleiden, und wie sie als Beispiel einer Handschrift
aus Stuttgart (1467) im Zusammenhang einer volkskundlichen Darstellung „Bauern,

409
G. Kocher, Zeichen und Symbole des Rechts. Eine historische Ikonographie, 1992, S. 143 und vgl.
S. 161 mit Abb. 249 f.
410
Vgl. Schulzenarmbinde und Schulzenstock in Stresow, in: Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Pro-
vinz Pommern. Kreis Kammin Land, 1939, Taf. 6 Abb. 5615.
Bekrönungsfiguren Seite 130

Handwerker und Bürger im Schachzabelbuch. Mittelalterliche Ständegliederung nach


Jacobus de Cessolis“ wiedergegeben sind.411

Stellen die Bekrönungsfiguren der Leuchter in Lübeck und Otterndorf einen Büttel
(Gerichtsdiener) und damit einen Ordnungshüter dar, ergibt ihre ikonographische
Korrelation zum Motiv „Römischer Soldat“ und damit zur adäquaten Darstellung der
mythologischen Gottheit „Jupiter“ als Garant höchster Ordnung in Gestalt eines römi-
schen Soldaten auf Graphiken der Kleinmeister einen Sinn.412

Der Gerichtsdiener bzw. -schreiber hat als „Beamter der Justizverwaltung“413 im We-
sentlichen diese Aufgabe inne: Die Überwachung des Gerichtsfriedens, das Laden
von Parteien vor Gericht, die Abnahme des Zeugeneides, das heißt gerichtliche Vor-
gänge zu beurkunden – also in der Hauptsache zivil- und strafrechtliche Vorführ- und
Exekutionsmaßnahmen. Bezüglich ihres Inhalts ist er unabhängig jeglicher Weisun-
gen des Richters. Und indem der Büttel bei privaten Rechtsgeschäften vor Gericht
mitwirken kann, verkörpert er die freiwillige, nicht streitige Gerichtsbarkeit. Die Tat-
sache, dass der Gerichtsschreiber auch an der Rechtsfindung beteiligt ist und selbst-
ständige, wichtige Verrichtungen – wie zum Beispiel die Ausfertigung von Beschlüs-
sen und Urteilen – zu seinem Amt gehören, verbindet ihn über die optischen Aspekte
hinaus mit den Gestalten „Römischer Soldat“. Ob in der Rolle als Landesdefensoren
oder als Darstellung des Jupiter im Sinne der proreformatorischen deutschen Klein-
meister assoziieren diese Figurentypen unter anderem Recht und Ordnung.

Die Kriterien „Unabhängigkeit/Freiheit“ und „Mitspracherecht“ stellen auch in Gestalt


der Kronleuchterfiguren „Büttel“ (1572) in Otterndorf einen Gegenstand der kommu-
nikativen Ebene dar. So bindet diese als auch jene Tatsache, dass Gerichtsdiener
vielfach zu militärischen Diensten als Landsknechte angeworben wurden noch stärker
an die ohnehin geographisch bestehende Nähe zu den eindeutigen Landsknechtkron-
leuchtern entlang der Elbe.414

Die Stadt Otterndorf gehört zum Verwaltungsbezirk Hadeln. Dieser bildet vom aus-
gehenden 15. bis zum 17. Jahrhundert einen Bestandteil des Herzogtums Sachsen-
Lauenburg und hat seit dem Ableben der Herzöge (1689) eine demokratische Ge-
meindeverfassung, da der Adel vor der Reformation vertrieben worden war. Damit
sind antikisierende Motive wie der römische Soldat auf Renaissance-Kronleuchtern
zur Herrschaftslegitimation wie in anderen Gebieten auch angesichts des politischen
Charakters einer Enklave nicht erforderlich. Doch es wird davon auszugehen sein,
dass in dieser Bekrönungsfigur „Büttel“ der Schaftkronleuchter in Otterndorf eine
gemäße Form gefunden wurde, die die Neustrukturierung der Gesellschaft und Ver-
waltung entsprechend anzeigt.

411
Wie Anm. 409, S. 131 und vgl. Martin Luther, 1483-1546, Ausst.-Kat., Lutherhalle Wittenberg, 2.
verb. und erw. Aufl. 1993, S. 162, Nr. 4 mit Abb. 142. – K.-S. Kramer, 1995 (Abb.), S. 46, 110,
119; (Text) S. 107 ff.
412
H. W. Singer, Die Kleinmeister, 1908.
413
G. Kocher, 1992, S. 140 ff.
414
Siehe folgende Seiten
Bekrönungsfiguren Seite 131

Dieser Interpretationsansatz behält auch für das genannte Beispiel des Siechenhau-
ses St. Jürgen in Lübeck seine Gültigkeit. Denn Hospitäler werden nach der Reforma-
tion und mit dem Wachstum der Städte vielfach weiterhin im kirchlichen Sinne be-
trieben – wie dies aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang mit Klöstern und Stif-
tern bekannt ist. Doch tritt als neues Element hinzu, dass sie vermögensrechtlich
und administrativ als weltliches Bürgerspital geleitet werden.415

3.5 Landsknecht-Kronleuchter – Zeugnis historischer Ereignisse oder be-


stimmter Werkstätten?

Basierend auf der erforschten Typologie für Kronleuchter aus Metall416 repräsentieren
die so genannten Landsknecht-Kronleuchter in Norddeutschland als Winkelarmkron-
leuchter selbst angesichts der Gruppen ihrer unterschiedlich gestalteten Bekrönungs-
figuren sowohl regional als auch überregional für zwei dieser vier Gruppen
(Abb. 68-79) einen einheitlichen, frühneuzeitlichen Typ der Schaftkronleuchter.417

Für die Leuchter der Gruppen I bis III ist die geringe Höhe der Spindel, die zwischen
0,70 und 1,10 Meter liegen kann sowie die gleichmäßige Abfolge ihrer Gliederungs-
elemente charakteristisch. Diese bestehen am unteren Ende aus einer konisch profi-
lierten, konsolartig auslaufenden, kräftigen Nutenscheibe mit einer doppelten Löwen-
kopf-Maske als Unterhang. Darüber erhebt sich zwischen den rhythmisch wechseln-
den Wülsten und Kehlen ein Baluster der den Schaftaufbau wesentlich bestimmt.
Und während sowohl die Morphologie dieser Leuchter als auch die Topfiguren einer
Gruppe weitestgehend identisch sind, können sowohl die inneren Enden der als lie-
gende S-Form gebildeten Leuchterarme in unterschiedliche Blütenmotive münden als
auch die Unterhänge dieser Kronleuchter stilistisch divergieren.

Die Exemplare der Gruppe IV sind barocke Kugelkronleuchter, die neben ihrer plasti-
schen und verschleifenden Morphologie eine Höhe aufweisen, die in der Regel deut-
lich über einem Meter liegt.

415
A. Graßmann, Lübeck im 17. Jahrhundert: Wahrung des Erreichten. Europäische Konflikte und lübe-
ckische Unruhen, in: Lübeckische Geschichte, 2. überarb. Aufl. 1989, S. 434-488, insbes. S. 445. –
Zum Vorkommen von Schaftkronleuchtern „Büttel“: Ein weiteres Exemplar wird im Zusammenhang
mit der Anfertigung von Kronleuchter-Replikaten im Katalog (1996) der Firma Paul Oehlmann &
Sohn, Bielefeld für die Ev. Kirche zu Müden/Aller genannt. Der Bestimmungsort eines adäquaten
Stückes, das Ende der 1990er Jahre u.a. in Bielefeld entstand, blieb unbekannt. Seit E. 20. Jh./A.
21. Jh. besteht dieser Betrieb nicht mehr.
416
Im Wesentlichen S. Erixon, 1943 und K. Jarmuth (1967); hinsichtlich der Landsknechtkronleuchter:
W. Stengel, Nürnberger Messinggerät, in: Kunst und Handwerk, 21. Jg. 1918.
417
K. Jarmuth (1967), S. 160 ff., bezeichnet die Winkelarmkrone unter Vorbehalt „Lübecker Krone“
(s. S. 164). Die Varianten, die er dort vorstellt beziehen sich in erster Linie auf Exemplare mit heral-
dischen Doppel-Adler, antikisierendem Soldat und Wilder Mann. Das Vorkommen weiterer Winkel-
armkronleuchter mit den Figuren „Büttel“ und „Landsknecht“ könnte die diesbezüglichen Ausführun-
gen Jarmuths stützen, bedarf aber noch weiterer Untersuchungen. s. auch: K. Jarmuth, Lübecker
Leuchten van Meeresgrund, in: Lichttechnik, Jge. 21-23, 1969-71, Nr. 3, S. 72 ff.; Nr. 5, S. 250 ff.;
Nr. 10, S. 342 f.
Bekrönungsfiguren Seite 132

Die Landsknecht-Statuetten dieser Schaftkronleuchter beeindrucken zunächst weni-


ger durch ihre Haltung, sondern gemäß des realen Images dieser Soldaten durch ein
auffälliges Äußeres, das von der bestehenden Kleiderordnung für regelmäßige Stände
und Berufsgruppen abweicht. Die Gründe für diese Freizügigkeit wurden bisher nicht
untersucht.

Das Vorkommen und die formalen Veränderungen der Bekrönungsfiguren ergeben


auf der hier vorgelegten digitalen Übersichts- bzw. der im Ausdruck (Bildband) ange-
fertigten Verbreitungskarte aufgrund ihrer Bewaffnung und extremen Kleiderformen
jeweils mindestens zwei Punkte, und korrespondierend führen sie insgesamt vier i-
maginäre und diametral verlaufende Verbindungslinien.418

Diese entsprechen den militär-strategischen Routen wie sie im Zeitalter des Dreißig-
jährigen Krieges (1618-1648) während des Deutsch-Dänischen Krieges 1625 bis
1629 von den Oberbefehlshabern der Söldnertrupps eingeschlagen werden.419 Denn
entgegen des kaiserlichen Verbots wurde im alten Reich (Heiliges Römisches Reich
Deutscher Nation) seit dem Jahre 1526 die lutherische Glaubenslehre in Nord-
deutschland eingeführt.420 Und so besteht fortan ein großes Interesse daran, die ver-
lorenen Territorien zurückzuerobern und zu rekatholisieren. Und dies insbesondere
dort, wo die Grenzen und Größe zusammenhängender geistlicher Gebiete entschei-
dend veränderbar erscheinen – wie zum Beispiel in den hier relevanten Regionen des
ehemaligen Erzbistums Bremen, der Bistümer Minden sowie Paderborn, Hildesheim
sowie Halberstadt und des Erzbistums Magdeburg.421

Inwieweit das Vorkommen von Landsknecht-Darstellungen auf Winkelarmkronleuch-


tern tatsächlich auf die immensen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges hindeu-
ten könnte, bleibt zunächst eine Vermutung. Denn auch andere Orte (in Nord-
deutschland) – wie zum Beispiel Lütjenburg – waren ebenfalls davon betroffen, ver-
fügen aber über keine Landsknecht-Kronleuchter.

Die Verteilung der Landsknecht-Kronleuchter südlich der Nieder- und Unterelbe sowie
zwischen Oberweser und Ostseeküste Vorpommerns deutet stark auf religionspoliti-

418
Die Wahrnehmung von Bekrönungen auf Schaftkronleuchtern aus Metall des 16. bis 18. Jahrhun-
derts als potenzielles ikonographisches Programm wäre weiterhin systematisch zu erforschen, um
diese Methode gegebenenfalls zum Prinzip erheben zu können. Die relativ homogene Verteilung der
unterschiedlichen Darstellungen von Landsknechten auf Schaftkronleuchtern sowie die Datierung ih-
rer Kostüme legen eine derartige Einordnung nahe.
419
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Bd. 7: Stadt Flensburg, 1955, S. 188 (Kron-
leuchter 1588/1629). – Siehe u.a.: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, 4.
Bd.: Kreis Holzminden, 1907, S. 57. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. VI, T. 1:
Kreis Lebus, 1909, S. 71. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. III, T. 1: Prenzlau,
1921, S. XXXIII, 147. – Kunstdenkmale Bezirk Magdeburg. Kreis Haldensleben, 1961, S. 60 ff. – A.
Graßmann, Lübeck im 17. Jahrhundert: Wahrung des Erreichten. Europäische Konflikte und lübecki-
sche Unruhen, in: Lübeckische Geschichte. 2. überarb. Aufl. 1989, S. 435-490, insbes. S. 446-453. –
J. Bohmbach, Stade als selbstständige Stadt, in: Stade. Von den Siedlungsanfängen bis zur Gegen-
wart, 1994, S. 109-143, insbes. S. 141. – Königin Christina von Schweden, Gesammelte Werke, Au-
tobiographie, Aphorismen, Historische Schriften, 1995 (Reprint), S. 19, 29 f. – G. Mann, Wallenstein,
1997, S. 321, 333, 384 f., 485, 509, 514 ff.
420
O. Brandt, Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. Aufl. 1981, S. 154 ff., 190 ff.
421
Großer Atlas zur Weltgeschichte, 1997, S. 104, Karte 2
Bekrönungsfiguren Seite 133

sche Ursachen hinzudeuten. Dafür sprechen andere Zeitdokumente, unter anderem


die Gestaltung und Entstehung einer Grabplatte in der Evangelischen Stadtkirche St.
Maria in Hessisch-Oldendorf, obschon die Rüstung mit Federhelm und Armkacheln
weniger, dafür der Knebelbart/Wallensteiner, ein breiter Schulterkragen von eckiger
Fasson (A-la-mode-Kleidung/Schwedenkragen) und die Knobelbecher übliche Merk-
male eines unter mehreren möglichen Zeitkostümen der Landsknechte aufweisen.
Die Inschrift dieses Reliefs lautet:

„DER WOL EDLE GESTRENGE PETER WEBER DES FVRSTL(ICH).LVNEB(URGI-


SCHEN):LEIBREG(IMENTS). ZV FVES BESTALTER OBRIST:LEVTENANT WELCHER
DEN 24 MARTIIA:MDCXXXIII VOR HAMMELN IN LAVFGRABBEN DVRCH EINEN
SCHVSS TODES VERBLICHEN AETAT SVAE: 37“422

Die Darstellung und Inschrift diese Flachreliefs (1633) dokumentieren Zusammen-


hänge zwischen Truppenstandort/-zugehörigkeit und Kostümierung der Söldner, wie
sie im Rahmen dieser Studie für die Verteilung der unterschiedlichen Landsknecht-
Kronleuchter resp. ihrer Bekrönungen als überkommnes Kulturgut angenommen
wird.

Ob und welcher dieser Gruppen Landsknechte die als „männliche Gestalt in Zeitkos-
tüm“ beschriebene Bekrönung eines Kronleuchters (16. Jahrhundert) aus der Evan-
gelischen Kirche zu Danstedt/Halberstadt zuzuordnen ist, kann hier nicht beantwor-
tet werden. Denn dieser Kronleuchter ist vor Ort nicht mehr erhalten und kaum do-
kumentiert. Die potentielle Korrelation zwischen der Umschreibung „Zeitkostüm“ und
der Datierung lassen die Darstellung einer Landsknechtfigur annehmen. (s. Folling-
bø/Lummelunda in Schweden, Kronleuchter 1766 gestiftet mit „Krieger in Kostüm
des 16. Jahrhunderts“).423 Ursprünglich gehörte das besagte Beleuchtungsgerät der
Evangelischen Kirche in Danstedt in die St. Servatii-Kirche in Quedlinburg.424 „Im
Jahre 1539 wurde die traditionsreiche Stiftung auf dem Burgberg in ein Evangeli-
sches „Freies weltliches Stift“ umgewandelt. „… von 1617 bis 1645 …, litt die Stadt
(Quedlinburg) sehr viel durch den Dreißigjährigen Krieg“. Und mit der Regierungszeit
(1684-1704) der Äbtissin Anna-Dorothea, Herzogin zu Sachsen-Weimar geht die
Schutzgerechtigkeit des Stifts von Sachsen an Brandenburg über.

Die erste imaginäre Verbindungslinie, die sich aus der Verteilung gleichartiger Lands-
knecht-Kronleuchter ergibt, verläuft südlich der Unter- und Niederelbe und könnte

422
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel, Bd. III: Grafschaft Schaumburg, 1907,
S. 94. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen. Neubearb.,
stark erw. Aufl. 1992, S. 693 und vgl. S. 754 (das heißt Holzminden, Evangelische Lutherkirche, Epi-
taph für Wulbrand von Gulich Johansen, gest. 1604).
423
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, XXIII. H.,
Kreis Halberstadt Land und Stadt, 1902, S. 27. – Sveriges Kyrkor. Gotland I. Lummelunda Ting, o.J.,
S. 529.
424
Der Harz mit seinen Merkwürdigkeiten, Volkssagen und Legenden (…). Auswahl aus „Thüringen und
der Harz“, 8 Bde., Hg. F. v. Sydow, 1839-1844 (1999 Reprint, Hg. R. Schulze). – Beschreibende
Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, 33.‚ 1. T.: Kreis Stadt Qued-
linburg, 1922, S. 9. – Der Quedlinburger Domschatz, Ausst.-Kat. Kunstgewerbemuseum Berlin
SMPK, Hg. D. Kötzsche, 1993, S. 16.
Bekrönungsfiguren Seite 134

unter Berücksichtigung der historischen Forschung somit Wendepunkte lokalge-


schichtlicher Entwicklungen markieren bzw. demonstrieren.425

Auf einer gedachten Diagonale zwischen Bad Bevensen (Abb. 68) im Lüneburgischen
und Oederquart (Abb. 72) über Steinkirchen (Abb. 71), die beide zum Kreis Stade
gehören wie die Stadt Stade heute zum Regierungsbezirk Lüneburg, tragen alle drei
Topfiguren der dort erhaltenen Winkelarmkronleuchter eine adäquate Kostümierung.
Es ist eine Schlitzmode wie sie der oben erwähnte Obrist des Lüneburgischen Leibre-
giments 1633 trägt, ferner wie sie das Epitaph zum Tode eines fürstlich Braun-
schweigischen Obristen im Jahre 1604 (Abb. 69, 70) und nicht zuletzt die Drucke
bekannter Graphiker zeigen. Hier sind die Radierungen (um 1530) des Daniel Hopfer
(1470-1536) aus Augsburg oder zum Beispiel die Holzschnitte mit Landsknechten
aus dem Werk des Peter Flötner (1490-1546) in Nürnberg zu nennen.426 Während
die Bruststücke dieser Landsknecht-Darstellungen auf Schaftkronleuchtern ganz plan
und klar konturiert gearbeitet sind, vermittelt die wulstig modellierte und entspre-
chend gravierte Oberfläche der angedeuteten Textilien an den Extremitäten der Figu-
ren deutlich den Eindruck von ausgepolsterten und geschlitzten Hemdsärmeln und
Beinkleidern. Letztere sind Pump- oder Oberschenkelhosen mit Knieband, Scham-
kapsel und Gürtel.427 Dazu tragen die Gestalten auf Winkelarmkronleuchtern südlich
der Elbe einen Schlapphut, dessen Garnitur – in Form einer Pfauenfeder – durch Gra-
vuren an der Unterseite der Krempe angedeutet ist. Ein weiteres Kennzeichen sind
der Knebel- und Spitzbart bzw. Wallensteiner. Als Infanterie sind diese Figuren mit
einer kurzen Wehr, das heißt teils mit einem Spieß (Steinkirchen/Elbe) oder mit einer
Hellebarde (Bad Bevensen und Oederquart) in ihrer Rechten ausgerüstet. Die Linke
ist leicht angewinkelt und seitlich voraus ausgerichtet, so dass sie einen Gegenstand
(zur Verteidigung) tragen, halten oder stützen könnte. Möglicherweise handelt es
sich bei diesen Kronleuchterfiguren um die Darstellung des Furier, der unter anderem
für die Quartierzuteilung zuständig ist.

Eine ähnlich geschlitzte und ausgepolsterte Kostümierung weisen zwei weitere Topfi-
guren auf Winkelarmkronleuchtern nördlich der Elbe, das heißt in Kosel/Eckernförde
(Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert) und 1550/1600 in Hadersleben/Dänemark, Alte
Kirche auf.428 In Anbetracht der Tatsache, dass Unterschiede im Detail – wie zum
Beispiel der ballonartigen, kurzen Hosen sowie der fehlenden Kopfbedeckung – sowie
in der Art der Modellierung und Ziselierung bestehen, bilden diese Figuren eine eige-

425
U. Lange, Stände, Landesheer und große Politik – Vom Konsens des 16. zu den Konflikten des 17.
Jahrhunderts. Konflikte und Kriege im 17. Jahrhundert, in: Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den
Anfängen bis zur Gegenwart, Hg. U. Lange, 1996, insbes. S. 231-240
426
E. F. Bange, Peter Flötner, Meister der Graphik, Bd. XIV, 1926, S.15. – R. Baumann, 1994, S. 74
(Holzschnitt, 1540 von Hans S. Beham), S. 100 (Holzschnitt, 1540 von Hans Döring). – B. R. Kroe-
ner/R. Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 1996, S. 160.
– K. Hagemann/R. Pröve (Hg.), Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger. Militär, Krieg und
Geschlechtsordnung im historischen Wandel, 1998, S. 57, 59.
427
G. Kocher, Zeichen und Symbole des Rechts, 1992, S. 108, Abb. 162.
428
Danmarks Kirker. Sønderjylland. Haderslev Amt, 4. T., 1954, S. 229. – Kunst-Topographie Schles-
wig-Holstein, 1979, S. 203. – Vgl. R. Baumann, 1994, S. 96 (Holzschnitt, 1513 von Hans Schäufe-
lein, Augsburg).
Bekrönungsfiguren Seite 135

ne Gruppe (III). Insgesamt wirken die Gravuren des Leuchters in Kosel gröber; dazu
tragen nicht zuletzt die verbliebenen Putzmittelreste bei (Abb. 74).

Das Charakteristische der Topfigur hier ist die fehlende Kopfbedeckung. Es sei denn,
dass die Barhäuptigkeit im Sinne älterer Graphiken als eng anliegende Lederkappe
zu interpretieren ist. Und es fällt ferner die Halskrause auf. Dieser waagerecht abste-
hende, im Nacken etwas ansteigende Kragen über dem Bruststück oder Wams ist bis
zum Jahre 1630 in Mode. Dieser kennzeichnet auch die Landsknechte als Subfiguren
der Kugelkronleuchter der Evangelischen Kirchen in Valløby/Dänemark (1620/1625),
Arhus/Dänemark sowie in Zirkow/Rügen (1630) (Abb. 77). Jedoch tragen diese un-
tergeordneten Figürchen eine ähnlich hohe Kopfbedeckung wie die Bekrönungen der
zweiten Gruppe und weisen auch eine entsprechende Gestik auf. Aber sie unter-
scheiden sich von dieser zweiten Gruppe darin, dass ihre Beinkleider nicht als wa-
denlange Schlumperhosen modelliert sind. Die Kleidung dieser Subfiguren ist weitaus
gemäßigter als jene der Landsknechte auf den Schaftkronleuchtern von Gruppe I und
II und lässt vielmehr deutliche Parallelen zum Erscheinungsbild von Amtleuten und
Landräten um 1588 in Norddeutschland erkennen. Aus dieser Perspektive könnte den
besagten Subfiguren gerade in der Verbindung zur Bekrönung „gekrönter heraldi-
scher Doppel-Adler“ auf Schaftkronleuchtern eine andere, im weitesten Sinne politi-
sche, Dimension zukommen.429

Die Kronleuchter-Bekrönungen der zweiten und vierten Gruppe sind zwar ähnlich
bewaffnet wie die andere Einheit, doch ist die Körperhaltung anders.

Die Linke dieser Landsknechte ist leger auf der Hüfte abgestützt. Eine Pose, die so-
wohl Darstellungen geharnischter Doppelsöldner als auch dem Fähnrich der Bürger-
schützen zu eigen sein kann. Charakteristisch sind vor allem die ausmodellierten
Schlumperhosen. Diese werden etwa in der Zeit von 1550 bis circa 1630 „… als Mit-
telding zwischen Spanischer Hose und Pluderhose getragen …“ und an das Wams
genestelt. (s. auch Helsingør/Dänemark, Evangelische St. Marien-Kirche, Wandleuch-
ter). Diese textil üppigen Beinkleider sind nicht minder phallusbetont wie die körper-
nahen Oberschenkelhosen der ersten Gruppe.430

Des Weiteren bildet eine Art Birnhelm die typische Kopfbedeckung dieser Soldaten
mit ihrem rauschenden Zwirbelbart.431 So erscheint in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts dieser Typ Landsknecht auf einem Holzschnitt von Hans Guldenmund

429
Danmarks Kirker. Praesto Amt, 1. T., 1933-1935, S. 309. – Danmarks Kirker. Arhus Amt, 3. Bd.,
1976, S. 1181, Abb. 127. – Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen, Bd. 1, 1963, S. 652. – Vgl. Lan-
desausstellung Niedersachsen 1985. Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Nord-
deutschland 1150-1650, Bd. 1, Ausst.-Kat. Braunschweigisches Landesmuseum, 1985, Bd. 1, S. 296
ff. – U. Lange (Hg.), Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den Anfangen bis zur Gegenwart, 1996,
S. 181 (Abb.).
430
M. Hasse, Zunft und Gewerbe in Lübeck, Lübecker Museumshefte Nr. 10, S. 91. – Danmakrs Kirker.
Frederiksborg Amt, 1. Bd., 1964, S. 532
431
Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt, 1. Bd., 1964, S. 162, Nr. 1. – Sveriges Kyrkor. Uppland, Bd.
IV: Kyrkor 1: Erlinghundra Härad (1912), S. 156.
Bekrönungsfiguren Seite 136

(1490-1560) und auf einem anonymen Flugblatt, das der Formschneider Wolffgang
Serauch in Nürnberg gedruckt hat.432

Die Verteilung dieser zweiten Gruppe markiert die südöstliche und die südwestliche
Grenze des Niedersächsischen Reichskreises, sofern die Bekrönung des ursprünglich
nach Quedlinburg zu lokalisierenden, potenziellen Landsknecht-Kronleuchters jenem
in Holzminden ähnelte. Bei letzterem nimmt heute eine Kreuzesfahne den Platz ein,
der „… einst mit einer Lanze in der Rechten …“ des Landsknechts besetzt war433
(Abb. 73 f.).

Das Vorkommen entsprechender Topfiguren mit den dazugehörigen Winkelarmkron-


leuchten auf einer Linie zwischen Bremen, Holzminden, Grafelde/Alfeld, – eventuell –
Quedlinburg, ferner Alt Placht/Templin und Stralsund könnte in Entsprechung zu je-
nen südlich der Elbe die strategische Arbeitsteilung des kaiserlichen Feldherrn Jo-
hannes Graf von Tilly (1559-1631) zwischen Weser und Elbe und des kaisertreuen
Generalissimus Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland (1583-1634) und
Herzog von Mecklenburg (1627/29) mit seinem konfessionell ungebundenen Heer an
der Elbe andeuten. Gemeinsam drängen sie König Christian IV. von Dänemark als
Protektor des Protestantismus und des Niedersächsischen Reichskreises nach Jütland
(um 1625) zurück.434

Die drei Beispiele der vierten Gruppe Landsknechte, die darauf hinweisen könnten,
kommen auf Kugelkronleuchtern in Tondern/Dänemark (datiert 1651) (Abb. 78) und
in Messenkamp/Springe (1660) ebenfalls als vollplastisch gegossene Figur sowie als
mäßig differenziertes Relief in der St. Clemens-Kirche auf Rømø/Dänemark vor.435
Die gesamte Ausstaffierung der Söldner mit seitlich durchgeknöpften Oberschenkel-
hosen bis hin zum Baudrier und Schwert – mit Ausnahme der zwischen 1620 und
1650 üblichen Becherstiefel – dokumentieren auch die Graphiken bei Fleming oder
zum Beispiel als Titelkupfer zum „Processus indiciarius“, Dresden 1655 des Johann
Kaspar Höckner.436 Der uniforme, kastige Schnitt des oberschenkellangen Leibrockes
kommt mittels minimalistischer, aber akzentuierender Details – wie zum Beispiel ei-
ne dichte Knöpfung sowie die Zierde des Spitzenkragens – deutlich zur Geltung. Ein
so genannter Rubens- oder Rembrandthut mit niedrigem zylindrischen Hutkopf (nach

432
R. Kroenen/R. Pröve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 1996,
S. 59, Abb. 4. – K. Hagemann/R. Pröve (Hg.), Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger.
Militär, Krieg und Geschlechterordnung im historischen Wandel, 1998.
433
Die Bau- und Kunstdenkmale des Herzogtums Braunschweig, 4. Bd.: Kreis Holzminden, 1907, S. 68.
434
Zu den Kronleuchtern; s. vorst. Anm., ferner: E. Meyer, Mittelalterliche Bronzen, 1960, Kat.-Nr. 39
(Text und Abb.). – Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II: Regierungsbezirk Hildesheim, 6:
Kreis Alfeld, 1929, S. 150. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Kreis Templin, 1937,
S. 48 und Abb. 37. – Stralsund, ehem. Dominikanerkloster St. Katharinen, Klausurgebäude (Kultur-
historisches Museum, vgl. Landsknecht-Kronleuchter (16. Jh.) der Ratskirche auf Bornholm;
s. C. Waagepetersen, Lysekroner i Skandinavien fra Gotik tu Klunketig, 1969, Fig. 9. – Zur politi-
schen Situation; s. U. Lange (Hg.), Geschichte Schleswig-Holsteins, 1996, S. 231 f.
435
Danmarks Kirker. Sønderjylland. Tønder Amt, 1957, S. 984, Nr. 4. – F. J. Falk, Lysekroner i Rømøs
Sct. Clemens kirke (1989), Abb. 12 f. – Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. 1: Regierungsbe-
zirk Hannover. 3: Kreis Springe, 1941 (Bd. 29 des Denkmalwerkes), S. 200.
436
H. F. v. Fleming, Der Vollkommene Teutsche Soldat, welcher die gantze Kriegs-Wissenschaft (…), 2
Bde., Leipzig 1726. – G. Kocher, Zeichen des Rechts, 1992, S. 161, Abb. 249.
Bekrönungsfiguren Seite 137

1620) und einer breiten, flachen Krempe komplettiert das strenge Erscheinungsbild.
Die gesamte Ausstaffierung entspricht den um 1630 üblichen Reitkostümen, die Bo-
ten auf zeitgenössischen Darstellungen tragen.437

So können anhand frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter resp. ihrer Topfiguren nicht


allein über thematisch bereits bekannte Graphiken hinaus kostümkundliche Details
und Waffen vor Augen geführt und unterschieden werden. Vielmehr scheinen daran
sowie an der Verteilung dieser Landsknecht-Kronleuchter Aussagen zum soldatischen
Selbstverständnis ablesbar und implizierte politische Bildaussagen verstärkt.438

Es wird wohl kaum zu klären sein, ob der oben beschriebene kahlköpfige Lands-
knecht als Topfigur des Kronleuchters in Kosel/Eckernförde eine eng anliegende Le-
derkappe trägt wie es der „Heimkehrende Landsknecht“ (1519) von Urs Graf de-
monstriert.439 Zweifelsohne erfüllen die Landsknecht-Kronleuchter über die kostüm-
geschichtlich interessanten Extremformen ihrer Kleidung hinaus den Anspruch des
ikonographischen Bildprogramms des frühen 16. Jahrhunderts.

So ließe sich nicht allein nach Art und Ausrichtung der Feder an der Kopfbedeckung
der Reisläufer vom Landsknecht unterscheiden (siehe Gruppe I). Auch ihre Bewaff-
nung kann zu differenzierten Ergebnissen führen. Dann aber ist häufig infolge verlo-
rener Attribute die Differenzierung weniger deutlich als es die extraordinäre Kostü-
mierung gegenüber bestehender Kleiderordnungen vermittelt.

Erlauben die unterschiedlichen Landsknecht-Kronleuchter Rückschlüsse auf die Inha-


berschaft der kurzen Wehren als Konsequenz, die sich aus einem möglichen Aufga-
bengebiet eines Landsknechts ergibt: Das Gemeinamt und das Mitspracherecht? „Auf
den ersten Blick scheint die Bedeutung dieser Gemeinämter gering zu sein. Geht
man aber vom Alltag der Knechte aus, so sind die Aufgaben dieser Wahlämter von
erheblicher Bedeutung: „… legitime und institutionalisierte Interessenvertretung ge-
genüber der Obrigkeit und Mitsprache bei Gericht waren wichtige Bereiche des tägli-
chen Lebens, die so von den einfachen Knechten mitbestimmt werden konnten.“440

Während „Die Autoren bedeutender Kriegslehrbücher wie Herzog Philip von Kleve,
Graf Reinhart von Solms, Heinrich Treusch von Buttlar, Conrad von Bemelberg und
Lazarus von Schwendi sie (die Gemeinämter) als selbstverständliche Einrichtung (des
Landknechtswesens) erwähnen“, kann die jüngere geschichtswissenschaftliche For-
schung nicht eindeutig bestätigen, ob die Etablierung dieser Rechte nicht erst im
Laufe der Zeit „von der Obrigkeit ertrotzt wurden“.441 Und obschon politischen, wirt-
schaftlichen, sozialen und psychologischen Faktoren maßgeblicher Anteil am Phäno-
men „Landsknechtwesen“ zugewiesen wird, ist dabei nicht eindeutig zu klären, „…

437
Ebd.
438
M. Rogg, „Zerhauen und Zerschnitten nach adelichen Sitten.“ Herkunft, Entwicklung und Funktion
soldatischer Tracht des 16. Jahrhunderts im Spiegel zeitgenössischer Kunst, in: B. R. Kroener/R. Prö-
ve (Hg.), Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 1996, S. 109-135.
439
R. Baumann, 1994. – B. R. Kroener/R. Pröve, 1996. – K. Hagemann/R. Pröve, 1998. – S. Kroll/K.
Krüger, 2000.
440
R. Baumann, 1994, S. 98 ff.
441
Ders., a.a.O., S. 101.
Bekrönungsfiguren Seite 138

inwieweit diese Organisationsform auf Traditionen des bündischen, spätmittelalterli-


chen Kriegertums zurückgehen oder inwieweit sie Ausdruck frühkapitalistisch-
neuzeitlicher Arbeitsformen sind“.442

Anhand der Verteilung der überwiegend frühneuzeitlichen Schaftkronleuchter aus


Metall mit ihren Soldaten als eine Form charakteristischer Bekrönungen – wie zum
Beispiel Landsknecht oder Römischer Soldat – zeichnet sich ab, dass diese Typen
eine negativ charakterisierte Freiheit verkörpern können: Die Unabhängigkeit von
Zwängen und Bindungen. Denn sie kämpfen zwar als Landesdefensoren nach be-
stimmten Normen, aber unabhängig von lehnsrechtlichen Verhältnissen und vollbür-
tig innerhalb einer Gemeinschaft ausschließlich für Sold, dessen Höhe verhandelbar
ist. Zugleich bedeutet dies vor dem Hintergrund der Reformation und der daraus un-
ter anderem resultierenden Säkularisierung von Kirchenbesitz, dass das Kirchenwe-
sen nicht länger als wirtschaftliche Versorgungseinrichtung zu betrachten ist – wie es
die Darstellungen von Rittern nahe legen würden.

Mit der Platzierung der besagten Renaissance-Kronleuchter und ihren bekrönenden


Söldnerfiguren sind – unter Berücksichtigung ihrer geographischen Verbreitung –
mehrere Bezugspunkte gegeben, die offenbar im Wesentlichen den Aspekt Freiheit
vor Augen zu führen, damit die neue Kirchenordnung Geltung und Bestand behält.443

Indem zwei Typen an Söldnern unterschiedlicher Epochen gleichermaßen und vor-


nehmlich in evangelischen Kirchen die dort vorhandenen Schaftkronleuchter aus
Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts bekrönen, scheinen darin die jüngeren histori-
schen Forschungen zum Wesen des Dreißigjährigen Krieges bestätigt. Nicht das
Strafgericht Gottes, sondern der Kampf um die Bekenntnisfreiheit und verlorene
Rechtspositionen sind eine wesentliche Ursache jenes Krieges – wie die Untersu-
chung von Kondominaten konfessionsverschiedener Herrschaften als Schauplätze der
Konfessionskriege ergeben.444

Garantiert – der Schleswig-Holsteinischen Kirchenordnung (1542) des Johannes Bu-


genhagen zufolge – allein die (Bekenntnis-) Freiheit ihre Wirkung, dokumentiert der
Motivschatz der Schaftkronleuchter jener Zeit weniger den vermittelnden Kampf an
sich als vielmehr die Grundlagen und Phasen der Auseinandersetzungen und Ent-
scheidungsfindungen und insofern eine Verankerung von Kronleuchterstiftungen in
der Stiftungswirklichkeit.

442
Ebd., S. 103.
443
Die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542, Hg. W. Göbell, 1986, S. 255 (Schr. d. V. f. S.-H
Kirchengeschichte, Reihe 1, 3d. 34).
444
G. Schormann, 1985. – La guerre de Trente ans, 1989, S. 136 ff. – H. Sacchi, La guerre de Trente
ans, Tafle 2. L’empire supplicié. L’edit de Restitution, 1991, S. 166, 205, 257 ff. – P. D. Lockhart,
Denmark in the Thirty Years’ War 1618-1648. King Christian IV. and the Decline of the Oldenburg
State, 1996. – J. P. Findeisen, Der Dreißigjährige Krieg. Eine Epoche in Lebensbildern, 1998. – B. v.
Krusenstjern/Medick (Hg.), Zwischen Alltag und Katastrophe, 1999 (Veröff. d. Max Planck Inst. f.
Gesch., 148). – A. Schindling, Kriegserfahrung und Religion im Reich, in: Das Strafgericht Gottes.
Kriegserfahrung und Religion im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Zeitalter des Drei-
ßigjährigen Krieges. Hg. M. Asche/A. Schindling, 2. durchges. Aufl. 2002, S. 11-53.
Bekrönungsfiguren Seite 139

Mit der Polarisierung zwischen Schaftkronleuchtern als Basis und Bekrönungsfigur als
bedingt variablem Bildprogramm spiegelt dieses Kompositionsschema die je nach
Zeitgeist unterschiedlich interpretierte Formensprache und Lichtsymbolik des Leuch-
ters, das heißt die religiöse Lebenswelt und im entsprechend wechselnden Motiv-
schatz die Schwerpunkte der alltäglichen Lebensbewältigung wider.

Unter dem Einfluss des humanistischen Gedankenguts gründet sich die Freiheit auf
die Rechtfertigung aus Glauben an das reine Wort Gottes, wo die Gnade Gottes das
Leben und Sterben gestaltet.

3.6 „Wilde Leute“?

Repräsentieren die zuvor genannten Figurentypen „Römischer Soldat“, „Büttel“,


„Landsknecht“ à 15 Stück je Einheit in Norddeutschland Charakteristika im Zivilisati-
onsprozess der Menschheit, so scheint das Motiv „Wilder Mann“ (Abb. 80-87) unmit-
telbar an die Verwendung als Bildthema im Kunsthandwerk des Mittelalters anzu-
knüpfen.

Der Ursprung des Motivs „Wilder Mann“ gilt als vornehmlich literarische Metapher für
waldreiche Regionen, das heißt Hügel- und Gebirgslandschaften, nicht aber für Nord-
deutschland. Dennoch sind für dieses Gebiet bis zu 10 Exemplare der Schaftkron-
leuchter „Wilder Mann“ inventarisiert und zum Teil erhalten.

Zwei vergleichbare Objekte sind für Mildenau sowie für Weissenborn/Zwickau in


Sachsen bekannt. Und diese veranschaulichen exemplarisch für den Südosten des
alten Reiches in ihrer ursprünglich grenznahen Lage zum Bistum Meißen - wie auch
die Verteilung der anderen dieser Gruppe auf Grenzgebiete, dass diese Trennungsli-
nien zwischen Herrschaftsbereichen hinterfragt werden bzw. neu zu definieren sind,
sobald sich ein Strukturwandel abzeichnet. Das Motiv „Wilde Männer“, kann Außen-
seiter jeglicher Ordnung versinnbildlichen.445

445
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 12. H.:
Amtshauptmannschaft Zwickau, 1889, S. 69. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Kreis
Sorau, 1939, S. 328 mit Abb. – Exemplarisch wären für Norddeutschland die Statuetten „Wilder
Mann“ der Kronleuchter zu nennen in: Grube/Oldenburg i. H.; 5.: Eine Ausstellung kirchlicher Geräte
im Thaulow-Museum, Ausst.-Kat., Kiel, 1902, S. 43, Nr. 175 und vgl. LDSH b 479 und b 480 (Aufn.
1905). – Eine adäquate Bekrönungsfigur (Wappenschild inschr. datiert 1643) ist auf einen
Schaftkronleuchter mit abschließender Löwenkopf-Maske in der Evangelischen St. Michaeliskirche in
Lütjenburg/Kreis Plön erhalten; 5.: G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg.
Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 614. – Und eine vergleichbare Topfigur
auf einen Winkelarmkronleuchter mit Löwenkopf-Maske ist für die Dominikanerkirche in Prenzlau do-
kumentiert; 5.: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. III, T. 1, Prenzlau, 1921, S. 232
mit Zeichnung und vgl. Fotodokumentation des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege,
Wünsdorf/Berlin. Weitere Recherchen wären u.a. auch erforderlich zu diesen Kronleuchtern in: Im-
sen/Kreis Alfeld; s. Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 6.
Kreis Alfeld, 1929, S. 173 oder zum Beispiel zum Kronleuchter in Salzgitter-Ringelheim; 5.: Die
Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. Landkreis Hildesheim,
1937, S. 202.
Bekrönungsfiguren Seite 140

Weiterhin fällt auf, dass es zum Motiv „Wilder Mann“ möglicherweise ein weibliches
Pendant als Statuette, allerdings von beiden keine Subfiguren gibt. Als solche können
die zuvor beschriebenen Darstellungen „Römischer Soldat“ und „Landsknecht“ eine
der anderen Kronleuchter-Bekrönungen, das heißt den gekrönten heraldischen Dop-
pel-Adler ergänzen.

Unter den Bekrönungen „Wilde Leute“ auf Schaftkronleuchtern aus Messing können
die Darstellungen „Wilder Mann“ formal bisher in zwei Gruppen eingeteilt werden – in
stehende und kniende Gestalten. Diese können ihrerseits stilistisch anhand der End-
bearbeitung in Form der nahezu den ganzen Körper überziehenden, ziselierten Be-
haarung beziehungsweise deren Aussparung (kreisförmig) an Brust und Gesäß sowie
nahe der Gelenke, sowie nach Art des Leibriemens und Stirnbandes unterschieden,
aber infolge häufig unzureichender Dokumentationen vorläufig kaum zu mehreren
zusammengefasst oder gegenwärtig Werkstätten zugeordnet werden. Gegenüber
anderen (früh-)neuzeitlichen Bekrönungen erreicht der Bestand dieser Kronleuchter-
Figuren – nach bisherigen Kenntnissen – kaum mehr als zehn Stück in Norddeutsch-
land und ist ausschließlich auf die Grenzregionen verteilt.446 Das Motiv „Wilder Mann“
kommt dort hauptsächlich, aber nicht nur auf Winkelarmkronleuchtern mit ausge-
prägt horizontalen Leuchterarmen vor, sondern auch auf jenem mit den aufgeboge-
nen S-förmigen Leuchterarmen, der als Renaissance-Kronleuchter stärker im Osten
Norddeutschlands verbreitet ist. Als Bekrönung auf barocken Kugelkronleuchtern
erscheinen „Wilde Leute“ proportional und ikonographisch deplatziert, sind aber in
dieser Kombination kein Einzelfall – wie Beispiele aus Norddeutschland (Bip-
pen/Osnabrück) und zumindest die eindeutig zugeordneten Kronleuchter in Schwe-
den belegen.447

Am Bestand dieser Schaftkronleuchter in Schweden fällt gegenüber vergleichbaren


Kronleuchtern aus Messing in Dänemark sowie in Norddeutschland auf, dass mit elf
Bekrönungen „Wilder Mann“ für (gut 770) Schaftkronleuchter in Schweden dieses
Bildthema qualitativ das Motiv „Soldaten“ überwiegt.

In Dänemark und in Norddeutschland sind diese Proportionen genau umgekehrt.

Gleichwohl bedarf eine große Anzahl der in den amtlichen Länderinventaren schlicht
als weiblich oder männlich bezeichneten Bekrönungsfiguren noch einer eindeutigen

446
Siehe vorliegende Kronleuchterstudie „Lux ad illuminandas gentes“, Bildband mit digitalisierter Über-
sichts- oder gedruckt mit Verbreitungskarte der Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahr-
hunderts in Norddeutschland.
447
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. IV. Regierungsbezirk Osnabrück. 3. Die Kreise Wittlage
und Bersenbrück, 1915, S. 92. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Nie-
dersachsen, Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 224. Die Angaben in beiden amtlichen Länderin-
ventaren der Bau- und Kunstdenkmäler zu den Kronleuchtern führen kaum weiter. Hilfreich ist die
Dokumentation kirchlichen Kunstgutes, die Herr Dr. H. v. Poser, Referat für Bau- und Kunstpflege im
Auftrag des Kirchenamtes der Ev. Landeskirche Hannovers durchführt.
Bekrönungsfiguren Seite 141

Charakterisierung, so dass die bisherige Zählung nur einen ersten Anhaltspunkt bie-
ten kann.448

Die folgenden Beispiele aus Schweden sind zugeordnet und im Wesentlichen in das
17. Jahrhundert datiert: Hosjø/Dalarne, Vaddö/Uppland, Vaddö/Akers Skeppslag,
Östra/Danderyd, Karlskrona/Blekinge (Königliche Admiralitätskirche, Kronleuchter
1686) sowie Elleholm/Blekinge, 17./18. Jahrhundert.449

Wenige Exemplare des 16. Jahrhunderts mit einer Löwenkopf-Maske als Unterhang
sind auf die Orte Avaskärs/Kristianopel und Alskog/Gotland verteilt. Wobei der Kron-
leuchter in Ramdala aufgrund dieser Datierung und Morphologie eines Kugelkron-
leuchters ebenso zu untersuchen wäre wie jener Kronleuchter in Vassunda/Uppland.
Datiert in das Jahr 1638 könnte dessen Löwenkopf-Maske als Unterhang auch für das
16. Jahrhundert sprechen.

In ihrer Verteilung auf Orte an Küsten und Landesgrenzen entsprechen sie jenen Ex-
emplaren in Norddeutschland.

Demgegenüber ist unter circa 225 inventarisierten Kronleuchtern in den evangeli-


schen Kirchen Dänemarks bisher nur einmal das Motiv „Wilder Mann“ auf einem Kron-
leuchter (1550/1600) in der Evangelischen Kirche in Vetterslev/Sørø Amt, Seeland
verzeichnet.450

Die gemeinsamen Merkmale der Kronleuchterfiguren „Wilde Leute“ in Norddeutsch-


land mit den zuerst beschriebenen Motiven „Römischer Soldat“ und „Büttel“ bestehen
formal in der Körperhaltung, die durch eine erhobene Rechte und eine seitlich des
Körpers und voraus angewinkelte Linke gekennzeichnet ist.

Obschon sowohl Soldat als auch Waldmensch mit Nahkampfwaffen in Kampfeshal-


tung präsentiert werden, unterscheiden sich die „Wilden Leute“ von ersteren als
Sinnbild der rohen Natur des in die Wildnis Verbannten und im christlichen Kontext
als Kain (1. Buch Mose, Kapitel 4, Verse 11 und 14).451

Die Natürlichkeit als Charakteristikum des Motivs „Wilder Mann“ selbst besteht neben
jenem der Nacktheit überwiegend in einem Fell- oder Haarkleid. Dieses ist häufig in
Taillenhöhe mittels einer Kordel gegürtet, dessen breiten Enden vielfach zugleich die
Aufgabe eines Lendenschurzes erfüllen. Ein Stirnband hält das lange Haupthaar aus
dem Gesicht mit Vollbart und maskenhafter Mimik zurück. Neben der unterschiedli-
chen Material- und Gussqualität sind diese Figuren nur anhand der Nachbearbeitung,
das heißt ihrer Gravuren zu differenzieren. So können letztere in gleichmäßigen Hori-

448
Diese Statistik basiert auf Erfassungen der amtlichen Länderinventare der Bau- und Kunstdenkmäler
seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart und bezieht sich auf Schaftkronleuchter aus Mes-
sing des 16. bis 18. Jahrhunderts.
449
Sveriges Kyrkor. Västergötland, Bd. 1, 0.3, S. 324; Uppland, Bd. II, T. 1, 1918-1945, S. 91 f. mit
Abb.; Uppland, Bd. IV (1920), S. 180; Dalarna, Βd. 1 (1913-1914), S. 228; Akers Skeppslag, 1950,
S. 92; Blekinge, Bd. 1, Östra Härad, o. J., S. 30; Gästrikland, o. J., S. 136, 361; Håbo Härad, 1962,
S. 257.
450
Danmarks Kirker. Sorø Amt, 2. T., 1938, S. 1256 f. mit Abb.
451
Neue Jerusalemer Bibel, Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel, 1985,
S. 19.
Bekrönungsfiguren Seite 142

zontalen (Kronleuchter, Anfang 17. Jahrhundert, Jüri/bei Tallinn, Estland) oder als
diffuse Strichelungen die Behaarung andeuten (Kronleuchter, Rühle/Solling oder
Mönchehof/Harz).452 Diese endet häufig in Höhe der Ellenbogen und Knie oder Unter-
schenkel dieser Ungezähmten. Und indem sie mit den bisweilen nackten Füßen und
Unterarmen kontrastiert, vermittelt die so begrenzte Behaarung den Eindruck einer
Gewandung. Dagegen wird bei jenen Figuren von einem Fell auszugehen sein, wo
Brust und Gesäß freiliegen: Kronleuchter-Figuren in Lütjenburg/Plön (Evangelische
St. Michaelis-Kirche), Kronleuchter, inschriftlich 1645 datiert, Grube/Oldenburg in
Holstein oder Prenzlau/Brandenburg (Abb. 80 ff.).

In gleicher Weise sind die Gestaltung der Haar- und Barttracht sowie in der Links-
oder Rechtsdrehung des Stirnbandes und der Bauchbinde zu differenzieren. Demzu-
folge können die Figuren „Wilder Mann“ von Kronleuchtern wie sie aus Antwerpen,
Mehr/Rees, Bramsche am Mittellandkanal, Esens/Ostfriesland, Lütjenburg, Grube,
Prenzlau/Brandenburg und Jüri/Estland bekannt sind, qualitativ – jedoch noch nicht
stilistisch – jenem Figurentyp zugeordnet werden, den E. Meyer als Dinanderie aus
der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts vorstellt. Die Übereinstimmungen der Bekrö-
nungsfiguren „Wilder Mann“ der Schaftkronleuchter in Grube und Lütjenburg lassen
ein- und dieselbe Provenienz annehmen.453

Ihre Bewaffnung besteht – sofern noch erhalten – in der Regel aus einer Keule. Die
Ausrüstung mit einem Schwert oder einer Kettenkugel, die zum Beispiel den unter-
schiedlichen militärtechnischen Entwicklungsstand von Nahkampf- oder Fernwaffen,
von Hieb- oder Stichwaffen anzeigen, entsprechen nicht dem Image des Waldmen-
schen oder Wildemann und dürften später ergänzt sein.454

Davon wird auch im Folgenden auszugehen sein.

Vom Kronleuchter „Wildemann“ der Evangelisch-lutherischen Kirche in Imsen/Alfeld


sind nach bisheriger Kenntnis nur eine Skizze und diese Beschreibung bekannt: Sie
charakterisiert das besagte Objekt als sechsarmigen Kronleuchter aus Bronze von
1545 mit Sinnbildern des Schlosser-, Schmiede- und Gürtlerhandwerks im Schilde.
Die Fahne in der erhobenen Rechten trägt die Initialen J.H.M.-J.D.P.R. und die Jah-
reszahl 1763.455 Die Position dieses angedeuteten Tuchs in Verbindung mit dem
Wappenschild in der Linken könnten dieses Zeichen in der Rechten als nachträgliche
Zutat ausweisen. Denn eine Fahne kommt als Zubehör unter den Topfiguren auf
Schaftkronleuchtern bisher nur bei nackten weiblichen Figuren vor, die häufig dem
Motiv „Wilde Leute“ zugeordnet werden.456 An der Deutung der Figur und der Sym-

452
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, 4. Bd. Kreis Holzminden, 1907, S. 99.
453
E. Meyer, Mittelalterliche Bronzen, 1960, Abb. 38.
454
Siehe u.a. Landesausstellung Niedersachsen 1985. Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürger-
tums in Norddeutschland 1150-1650, Bd. 2, Ausst.-Kat. Braunschweigisches Landesmuseum, 1985,
S. 757 ff.
455
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 6. Kreis Alfeld, 1929,
S. 173.
456
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 3. Kreis Marienburg,
1910, S. 60.
Bekrönungsfiguren Seite 143

bole orientierte sich vermutlich die Ergänzung von Attributen bei einer vergleichba-
ren Kronleuchter-Bekrönung in der Kirche zu Eldagsen, südlich von Springe.457 Hier
hält der „Wildemann“ ein Hufeisen in seiner erhobenen Rechten und einen Schlüssel
in der angewinkelten Linken. Beide Gegenstände dort in Eldagsen entsprechen nicht
der Proportion ihrer Trägerfigur und letztere als Bekrönung ästhetisch nicht der Ges-
taltung eines barocken Kugelkronleuchters.

Es erhebt sich daher die Frage, ob Habitus, Gestik oder Attribute jeweils allein aus-
reichen, um die Ikonographie der Topfiguren auf Schaftkronleuchtern zu bestimmen.

In das Jahr 1582 wird der Schild-Inschrift zufolge ein Kronleuchter in der Evange-
lisch-lutherischen Stadtkirche zu Gadebusch/Mecklenburg-Vorpommern (Abb. 85)
datiert, dessen Bekrönungsfigur aufgrund der Attribute als Schmied beschrieben
wird.458 Diese Statuette ist mit der gleichen Gestik und Schrittstellung, der gleichen
sorgfältig frisierten Haar- und Barttracht sowie mit einem vergleichbaren Stirnband
und Leibriemen dargestellt wie die zuvor erwähnten Beispiele. Doch deuten auf dem
Corpus dieser Figur keine Gravuren eine Körperbehaarung entsprechend der bekann-
ten Darstellung „Wilder Mann“ an. Hier wie dort findet sich ein ringartig abgesetzter
Übergang zwischen Fußrücken und Unterschenkel, was eine Saumkante von Hosen-
beinen vermuten lässt. Und es kommt der lendenschurzartig endende Gurt in Tail-
lenhöhe vor. Dieser ist nicht als Halterung diverser Werkzeuge kenntlich - wie die
Darstellungen von Handwerkern des ausgehenden 15. und im Laufe des 16. Jahr-
hunderts die andere Nutzung eines derartigen Leibriemens zeigen.459 Ein seitliches
Futteral erscheint ziemlich unvermittelt am Oberschenkel der Figur platziert. Der
Hammer in der erhobenen Rechten dieser Bekrönungsfigur entspricht dem aktiven
Werkzeug eines Kupferschmieds zur Bearbeitung von kaltem Metall - zum Beispiel
für Treibarbeiten. Mit seiner Linken stützt die Statuette einen Schild. Die dreieckige
Grundform erscheint mittels Einschnitt an den Eckpunkten und Rollwerk an der O-
berkante in Auflösung. Inschriftlich sind 10 Personennamen und die Jahreszahl 1582
verzeichnet. Der nachstehenden Jahreszahl (1582) zufolge, fällt die Entstehung die-
ses Kronleuchters in Gadebusch in die Regierungszeit des Herzogs Christoph von
Mecklenburg († 1592). Ihm wird ein besonderes Interesse an der Gewinnung von
Erzen sowie ein bedeutender Anteil an der glänzendsten Zeit Gadebuschs zuge-
schrieben.460

Die Attribute der besagten Kronleuchterfigur sowie die inschriftliche Datierung des
Leuchters in einer Zeit der gesellschaftlichen Umstrukturierungen könnten für eine
Darstellung und Würdigung des Handwerkerstandes resp. der Metallverarbeitung und
damit für die Beschreibung „Schmied“ im amtlichen Länderinventar der Kunstdenk-

457
Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. 1. Regierungsbezirk Hannover. 3. Kreis Springe. 1941,
S. 52 f.
458
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, II. Bd: Die Amts-
gerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 479.
459
K.-S. Kramer, 1995, Abb. S. 18 ff.
460
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, II. Bd.: Die Amts-
gerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 461.
Bekrönungsfiguren Seite 144

mäler sprechen. Es fällt auf, dass das Motiv „Wilder Mann“ im Verhältnis häufiger
verbreitet und dementsprechend inventarisiert ist, als zum Beispiel das der Kupfer-
schmiede. Denn dafür hätten zum Beispiel das Erzgebirge, das Mansfelder Land,
Stolberg/Aachen oder der Harz und die dort vorkommenden Kronleuchter etliche Be-
zugspunkte geboten.

Die Morphologie des Kronleuchters in Gadebusch findet mit der gleichmäßigen


Schaftkolonne, der abschließenden, gestauchten Kugel und der Löwenkopf-Maske als
Unterhang eine Entsprechung in Schaftkronleuchtern aus Messing mit anderen Be-
krönungen – wie zum Beispiel im Kronleuchter (wohl um 1584) der Evangeli-
schen St. Martini-Kirche in Braunschweig und in den fünf bis sechs Jahre jüngeren
Kronleuchtern in der Evangelischen St. Marien-Kirche zu Barth. Doch sind die Propor-
tionen des Kronleuchters in Gadebusch gedrungener.

Diese Beispiele des Motivs „Wilder Mann“ und annähernd vergleichbarer maskuliner
Statuetten auf Kronleuchtern werfen die Frage auf: Wurde das Angebot eines
scheinbar universellen Figurentyps nach kunsthandwerklich-ökonomischen Gesichts-
punkten und dessen jeweilige Endfassung entsprechend der Nachfrage ziseliert? O-
der spiegeln sich darin unterschiedliche Auffassungen zur künstlerischen Gestaltung
e i n e s Bedeutungsgehaltes und einer potentiellen Mehrdeutigkeit mit der Zielset-
zung eines Bildprogramms wider? Denn die Bekrönungen der erwähnten Schaftkron-
leuchter in Eldagsen und Immsen stellen formal Wilde Männer dar, werden deskriptiv
aufgrund ihrer Attribute auf das Schmiedehandwerk bezogen.

Von der verbreiteten Darstellung „Wilde Leute“ auf Schaftkronleuchtern ausgehend


und angesichts ihrer allgemein vielfältigen Verwendungszusammenhänge, ergäbe
sich für diesen Figurentyp gegenüber der Ikonographie der zuvor genannten Solda-
ten auf Renaissance-Kronleuchtern dieser Interpretationsansatz:

Wilde Leute – als allegorischer Kampf der Selbstbezwingung betrachtet – würden


nicht allein eine moralisierende Anspielung auf das Gegenüber von Tugend und Las-
ter bedeuten. Vielmehr könnte dadurch auch eine positive Freiheit skizziert sein, die
dem eigenen Wollen eine Richtung gibt. Diese Willensfreiheit bedeutet an sich, unab-
hängig von einer Fremdbestimmung eigene Handlungsziele frei setzen zu können.
Dies wäre bedingt auf das Handwerk übertragbar, da dieser Berufsstand seine eige-
nen und doch einschränkenden Regeln hatte. Wie auch in der Theologie der Refor-
matoren die Haltung zur Willensfreiheit abhängig ist von der Interpretation der
Rechtfertigungslehre und in letzter Konsequenz gewisse Bindungen an Grundsätze
und ethischen Prinzipien auch hier nicht völlig ausgeschlossen sind. Der Unterschied
besteht darin, ob diese oktroyiert werden oder je nach Erkenntnisstand Raum zur
Entfaltung und eine Basis zum Wohle einer Entwicklung erhalten.

Schewe beschreibt die Wilden Leute als „Kampf der niederen Welt gegen die höhe-
re“.461 Und er begründet ihre Knechtschaft anhand ihrer Verwendung als Lichthalter
und Misericordien, wo die Wilden Leute „in Rankenwerk verstrickt“ das Harren auf

461
LCI, Bd. 4, Sonderausgabe 1994, Sp. 531.
Bekrönungsfiguren Seite 145

Erlösung versinnbildlichen. Denn gemäß des Apostel Paulus in seinem Brief an die
Römer (Kapitel 8, Verse 20ff) „Vom Heilsplan ausgeschlossen stehen sie außerhalb
der übernatürlichen Ordnung als Wesen der Schöpfung, die der Nichtigkeit nicht mit
freiem Willen unterworfen ist, ...“462

Der Kontext der ersten Verse dieser Epistel, wo als Grundlage der weiteren Verse ein
Leben in der Gewissheit um die Gnade Gottes beschrieben wird, bietet einen ande-
ren Blickwinkel: Gottes Gnade befähigt zu einer inneren Freiheit. Nicht die erfüllte
Erwartung oder Sehnsucht nach Erlösung, vielmehr ein bedingungsloses Angenom-
mensein im Sinne der biblischen Gerechtigkeit, wo vor Gott alle Menschen gleich
sind, erhöht einen Menschen. Und diese scheinen Wilde Leute in ihrer erhabenen Po-
sition als Bekrönung (gegebenenfalls als Zentralfigur) neuzeitlicher Kronleuchter zu
dokumentieren.

In diesem Sinne der idealen Vervollkommnung am Scheideweg zwischen gut und


schlecht der chaotischen Unnatur ließe sich der bisher singuläre so genannte Herku-
les-Kronleuchter (um 1650) im westfälischen Münster thematisch in einen größeren
Zusammenhang stellen, wo die Ambivalenz, aber auch eine Entscheidungsfreiheit im
Typ deutlich wird.463 Denn formal entspricht die muskulöse, bärtige Gestalt, die mit
einer Keule in der erhobenen Rechten bewaffnet ist, dem Motiv „Wilder Mann“. Als
nackte, männliche Sitzfigur auf einem Löwen zeigt die Darstellung des Herkules Pa-
rallelen zur Kronleuchterfigur „Jupiter auf Adler“, die insbesondere im 17. und Anfang
des 18. Jahrhunderts stark verbreitet ist.

Morphologisch weicht dieser Schaftkronleuchter von den zuvor genannten Schaft-


kronleuchtern ab, da mittels filigranem Rankenwerk dessen zwei Lichtkränze deutlich
voneinander getrennt wirken, aber zugleich wie eine mittelalterliche Korbkrone eine
Laube für die Zentralfigur des Herkules bilden, so dass in dieser Gestaltung die Wür-
digung des antikisierenden Heros als Siegeszeichen zu sehen sein dürfte.

Ursprünglich war dieser Leuchter inmitten des Bistums Münster zu lokalisieren, wo


das Gebiet nördlich der Stadt Münster von der Ems gegen das Bistum Osnabrück und
die Grafschaften Lingen (Herrschaft Oranien) und Ravensberg (1614/66 zum Kur-
fürstentum Brandenburg) und südlich von der Lippe unter anderem gegen die
Reichsstadt Dortmund oder die Grafschaft Mark (1614/66 zum Kurfürstentum Bran-
denburg) abgegrenzt ist.464 Insofern entspricht dieser Leuchter der grenznahen Ver-
teilung der oben aufgezählten Exemplare.

Dies trifft auch auf jene Winkelarmkronleuchter des 16. Jahrhunderts zu – wie zum
Beispiel in Niedersachsen: Holtrop bei Aurich, Groß Heere/Hildesheim (Abb. 87) oder
Brandenburg: Schönerlinde/Berlin (letztere Kronleuchter werden aufgrund der Fah-

462
Neue Jerusalemer Bibel, Einheitsübersetzung, 1985, S. 1638 f.
463
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 41. Bd., 6. T.: Die Stadt Münster, 1941, S. 126 ff. mit
Abb. – Siehe zur Thematik „Herkules/Herakles“ u.a.: E. Panofsky, Herkules am Scheidewege, 1930.
– G. H. Zuchold, Luther=Herkules. Der antike Heros als Siegessymbol für Humanismus und Refor-
mation (Idea Jb. der Hamburger Kunsthalle 3, 1984).
464
W. Putzger, 1970, S. 66, 82.
Bekrönungsfiguren Seite 146

nen-Inschrift ins 18. Jahrhundert datiert) oder Håbo Härad, Håtuna Kyrka in Schwe-
den (1676), die von einer nackten weiblichen Figur bekrönt werden.465 In Anbetracht
ihrer Blöße werden diese Figuren dem Motiv „Wilde Leute“ zugeordnet, obschon Hals-
schmuck und modische Kopfbedeckung im Widerspruch dazu stehen. Die Schmuck-
kette kontrastiert zum nackten Körper der Figur, in Groß Heere trägt die Statuette
überdies einen Schlapphut mit Straußenfedern.

Die künstlerische Gestaltung dieser Kronleuchterfiguren scheint an der Federzeich-


nung „Allegorie der Vergänglichkeit“ (1517) des Hans Leu (1460-1507) orientiert.466

Sind die besagten Topfiguren auf Kronleuchtern aus Messing ohne eindeutige Attri-
bute der Vanitas erhalten, dürften Hut und Halsschmuck hier als Anspielung auf die
Eitelkeit und damit als Kennzeichnung irdischer Laster zu betrachten sein. Mit ihrem
nach oben angewinkelten linken Arm stützen sie etwas Stabähnliches, eine Lanze (in
Schönerlinde/Berlin), die Rechte greift in Taillenhöhe vor den Körper – ursprünglich
wohl einen Wappenschild haltend. Das Sujet „Nacktheit“ kann in Verbindung mit dem
in Renaissanceformen gestalteten Schaftkronleuchter als Orientierung an Graphiken
seit 1506, das heißt am Holzschnitt „Venus Cupido mäßigend“ von Lucas Cranach d.
Ä. (1472-1553) betrachtet und als Stellungnahme zu Freizügigkeit und Liebe in der
Renaissance gedeutet werden.

Die Modellierung dieser entblößt dargestellten weiblichen Statuetten vermittelt kaum


eine sinnliche Wirkung; der Bedeutungsgehalt ergibt sich im zeitlichen und räumli-
chen Verwendungszusammenhang.

Das Thema „Nacktheit“ spielt dann bei Darstellungen der römischen Gottheiten „Jupi-
ter auf Adler“ und Fortuna als Bekrönungen barocker Schaftkronleuchter wieder eine
Rolle und bietet andere Interpretationsansätze als die figurbetonte Bekleidung und
spezielle Kostümierung anderer Kronleuchterfiguren.467

Es bleibt festzuhalten, dass seit der Renaissance und der Reformation unter dem Ein-
fluss des Humanismus die Morphologie der Kronleuchter nicht mehr als Rahmen für
das Gestalten der kultischen Verehrung dient.

Mit der klaren und betont horizontal ausgerichteten Gestaltung frühneuzeitlicher


Schaftkronleuchter und mit ihrer jeweiligen Bekrönung ist ein Beleuchtungsgerät ge-
schaffen, dass im Sinne des Zeitgeistes als stereotypes Kleinkunstwerk in seiner
Mehrdeutigkeit sowohl die Anliegen Einzelner aus bestimmten Gesellschaftsschichten

465
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 3. Kreis Marienburg,
1910, S. 60 (Groß Heere). – Die Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg. Kreis Niederbar-
nim, 1939, S. 387, Abb. 604 (Schönerlinde). – Die Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg.
Kreis Teltow, 1941, S. 126 (Königs Wusterhausen). – Vgl. u.a. Die Bau- und Kunstdenkmäler von
Westfalen. Kreis Lippstadt, 1912, S. 105. – Sveriges Kyrkor, Bd. 1, Habo Härad, 1962, S. 266.
466
H. Mielke, Albrecht Altdorfer – Zeichnungen, Deckfarbenmalerei, Druckgraphik. Eine Ausstellung zum
450. Todestag von Albrecht Altdorfer, Ausst.-Kat. Kupferstichkabinett Berlin SMPK und der Museen
der Stadt Regensburg (1988), Abb. 193.
467
Um 1939 fehlt das Attribut in der linken Hand der Kronleuchterfigur „Wilde Frau“ in Schönerlin-
de/Berlin. – Siehe Die Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg. Kreis Niederbarnim, 1939,
S. 387, Abb. 604. – H. Gagel, Venus, in: Der Mensch um 1500. Werke aus Kirchen und Kunstkam-
mern, Ausst.-Kat. Skulpturengalerie Berlin, SMPK 1977, S. 127-134.
Bekrönungsfiguren Seite 147

oder -gruppen als auch die Voraussetzungen für Gemeinschaft und Gemeinde reprä-
sentieren kann. Zweifelsohne wird somit die für die Renaissance typische Entfaltung
einer freien, unabhängigen Persönlichkeit dokumentiert, die das theozentrische Welt-
bild des Mittelalters verlassen hat und die Subjektivität des Menschen in den Mittel-
punkt stellt. Dieses erlaubt, individuelle Erfahrungen mit Gott zu sammeln, die wie-
derum nicht Selbstzweck sind, sondern im Interesse des Gemeinwohls der jeweiligen
Selbstreflexion dienen. Wo beginnt und wo endet die Freiheit des Einzelnen?

In „Protestantismus und Kunst im 16. Jahrhundert“468 beschreibt Buchholz den Zu-


sammenschluss von Menschen zu einer Gemeinschaft in jener Zeit als etwas, das
äußerlich rechtlich nicht greifbar sei, aber in den Herzen der Menschen. Demgegen-
über greifbar scheinen die Bekrönungen der Schaftkronleuchter des 16. und begin-
nenden 17. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein gerade als Einzelfigur und
ikonographisch nicht nur einen Denkanstoß zum Aspekt „Gemeinschaftssinn“ geben,
sondern vor allem ein wesentliches Moment der reformatorischen und nachreforma-
torischen Kunst als pädagogisches Mittel ansprechen zu können: Es sind dies religi-
ons-politisch die Konfessionalisierung, theologisch die Gnade Gottes, rechtshistorisch
das Stiftungswesen und kunsthistorisch die Popularisierung von Kunsthandwerk.469

Eingriffe in die Morphologie der Schaftkronleuchter aus Messing, Veränderungen oder


die Herauslösung von Details aus ihrem eigentlichen Kontext bewirken eine entschei-
dende Minderung ihrer Bedeutung. Denn diese liegt in der Beziehung zum humanisti-
schen Gedankengut.470

3.7 Eine Kurzcharakteristik potenzieller Bekrönungen auf Kugelkronleuch-


tern des Barock

Sowohl während der Renaissance als auch im Barock erscheint der Bestand an unge-
krönten oder gekrönten heraldischen Doppel-Adlern und anderen Wappentieren als
Bekrönungen von Schaftkronleuchtern aus Messing gegenüber anderen Statuetten
(Abb. 120 ff.) relativ gleich bleibend. Sowohl die künstlerische Gestaltung als auch
die Ikonographie dieses Motivs wird als Reichsadler im Einzelnen an anderer Stelle
noch zu untersuchen sein. Unter diesen mehreren hundert Darstellungen sind bisher
vier bekannt, die ein Wappen auf dem Corpus tragen. Bei älteren Interpretationsan-
sätzen bleibt die Tatsache unberücksichtigt, dass das Motiv sowohl in einer gekrön-
ten als auch in einer ungekrönten Version zeitgleich und zugleich innerhalb eines
Raumes vorkommen kann. Es wird dort ebenfalls nicht in Betracht gezogen, dass
über diesen wesentlichen Unterschied im Detail hinaus die formale Gestalt insgesamt
(insbesondere Schnabel sowie Corpus und Schwanzfedern) und die stilistische End-

468
F. Buchholz, 1928 S. 76.
469
A. Moraht-Fromm, 1991, S. 9
470
Die Kultur des Humanismus. Reden, Briefe, Traktate, Gespräche von Petrarca bis Kepler, Hg.
N. Mout, 1998, S. 108 ff., 336 ff., 339 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 148

bearbeitung dieses Vogels, das heißt des Federkleides, voneinander abweichen kön-
nen. Damit ist zwar nicht der Wiedererkennungseffekt des Motivs, aber dieses im
Sinne eines Markenzeichens verfremdet und erscheint aus heutiger Sicht als solches
hinfällig – gerade gegenüber der vielfachen Verwendung und stereotypen Gestaltung
dieses Motivs wie zum Beispiel für die Erzeugnisse der Beckenschläger.

Zweifelhaft mutet die religiös gedeutete und nicht weiter belegte Symbolik des he-
raldischen Doppel-Adlers auf Kronleuchtern als zwiefältiger Geist Gottes an.471
Gleichwohl der Adler an sich mit der Lichtsymbolik und über diese mit der christli-
chen Ikonographie in Verbindung gebracht werden kann.472 Die Frage nach der Be-
deutung des heraldischen Doppel-Adlers stellt sich um so mehr, als dessen Mehrdeu-
tigkeit im Zusammenhang mit Schaftkronleuchtern bisher nicht explizit nachgewie-
sen und Stilmerkmale nicht beschreiben werden (Abb. 127, 129).

Deutliche Unterschiede zeigen die Flügel. Hier variieren die Form und Breite des
Armteils sowie jene der Handschwingen. Die Flügelpaare, die mittels Führungsschie-
ne seitlich am Corpus des Doppel-Adlers eingehängt oder genietet sein können, sind
überwiegend aus Messingblech ausgestanzt und stilisiert. So fällt an einigen bekrö-
nenden Doppel-Adlern auf Metallkronleuchtern in Mecklenburg-Vorpommern (Plau am
See, Evangelische Stadtkirche, Kronleuchter, 1728) und in Brandenburg (Falkenha-
gen, Evangelische Kirche, Kronleuchter 1734) die für das 18. Jahrhundert charakte-
ristische, aber für das Motiv seltene, Gestaltung in Durchbrucharbeit auf. Diese ist
ein Gestaltungsmittel, das an Messingkronleuchtern nur noch an der abschließenden
Kugel des Schaftes begegnet – wie zum Beispiel wie zum Beispiel an einem Kron-
leuchter (1704) auf Rømø/Jütland und in Skandinavien häufiger verbreitet ist als in
Deutschland.

Eine vergleichbare ornamentale Gestaltung einer Kronleuchterkugel – allerdings nicht


in Durchbrucharbeit wie an den Kronleuchtern im Dom St. Peter in Bautzen oder in
der Evangelischen Kirche in Hollern/Stade – weist der Kronleuchter mit der Bekrö-
nung einer Fortuna in der Evangelischen St. Johannis-Kirche in Flensburg auf.

Während die Datierung des letzteren Exemplars unterschiedlich ausfällt, da voll-


kommen verzierte – mit Ausnahme von Inschriften – Kronleuchterkugeln in Nord-
deutschland nicht weiter bekannt sind, die Anhaltspunkte einer Zuordnung bieten
könnten, gehören die inventarisierten Schaftkronleuchter mit Durchbrucharbeit dem
ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert an. Diesem Zeitraum sind
gleichfalls seltene im Detail plastisch modellierte heraldische Doppel-Adler zuzuord-
nen (Richtenberg/Vorpommern, 1747).473

471
K. Grunsky-Peper, Sakrale Kunst in Nordfriesland, Hg. Stiftung Nordfriesland, Schloss vor Husum,
1982, S. 127. – Vgl. J. E. Korn, Adler und Doppel-Adler. Dissertation Göttingen 1969.
472
R. Wittkower, Allegorie und der Wandel der Symbole in Antike und Renaissance, 1983, S. 45 f.,
51 f., 56 ff. – LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp. 70 ff.
473
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Bd.: Die
Amtsgerichtsbezirke Schwaan, Bützow, Güstrow, Krakow, Goldberg, Parchim, Lübz und Plau, 2. Aufl.
1901, S. 594 (Abb.), 596. – Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des
Königreichs Sachsen, 33. H. Bautzen (Stadt), 1909, S. 43 f. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Bran-
Bekrönungsfiguren Seite 149

Auch der Corpus und das Federkleid des heraldischen Doppel-Adlers bilden regional
und überregional über die technische Ausführung hinaus weitere Unterscheidungskri-
terien, so dass weitere Forschungen möglicherweise Aufschluss geben, wo die cha-
rakteristisch eingezogene Körperform und das extrem stilisierte Federkleid des Dop-
pel-Adlers auf dem frühneuzeitlichen Kronleuchter (um 1600) im Dom zu Lübeck
weitere Verbreitung fanden. Oder ob die einzelne Feder auf dem Corpus nur die Dop-
pel-Adler der Kronleuchter in Preetz (Evangelische Stadtkirche, Kronleuchter 1649,
gestiftet von Dorothea Wensin), in Mölln (1689) oder in Lütjenburg (1674) ziert.474
Und welche weiteren Doppel-Adler auf Schaftkronleuchtern stilistisch vergleichbare
Federn zur Gestaltung des Deckelpokals „Eule“ (2. Drittel 16. Jahrhundert) des Amb-
rosius Worms aufweisen.475

Andere, potenzielle Wappentiere mit nicht immer passgenauen Schilden kommen in


dieser Gestalt vor: Bär (Kronleuchter des 17. Jahrhunderts der Evangelischen Kir-
chen in Lungby/Dänemark 1664 und Dessau/Sachsen-Anhalt oder Schmiedeberg/
Sachsen, Evangelische Dreifaltigkeitskirche, Kronleuchter, datiert 1590) oder Greif
(Dortmund-Hörde, Ende 15. Jahrhundert; Barth/Mecklenburg-Vorpommern, 1590;
und ursprünglich wohl Schmiedeberg/Sachsen, Evangelische Dreifaltigkeitskirche,
1590) oder Löwe (unter anderem in Lüneburg, Rathaus, Fürstensaal; Rössing, Evan-
gelische Kirche; Waase, Evangelische Kirche).476

Demgegenüber stellt der ursprünglich in den Hirschsaal von Schloss Gottorf gehö-
rende Kronleuchter mit der auffallend großen Bekrönung eines springenden Hirschen
ein Stück der Innenraumdekoration und somit ein Teil des Bildprogramms dar.477

denburg, Bd. III, T. 1: Prenzlau, 1921, S. 51. – F. J. Falk (1989), Nr. 4 ff. – Vgl. S. Erixon, Mässing,
1943, S. 89 (Abb. 63, Kronleuchter von 1677). – Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-
Holstein, Stadt Flensburg, 1955, S. 228. – Die Kunstdenkmäler des Landes Niedersachsen. Regie-
rungsbezirk Stade. Landkreis Stade, Bildband, 1961, Abb. 404 f. – G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Die Bezirke Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, 2. Aufl.
1980, S. 311. – Ostsee-Zeitung und Stralsunder-Zeitung (Richtenberg/Vorpommern) vom 29. De-
zember 2004, S. 17 und vom 29. April 2005, S. 17. – W. Fiedler, Die Rinderpest in Schwedisch-
Pommern – ein Anlass zur Stiftung barocken Kircheninventars in Richtenberg bei Stralsund und in
Trent auf Rügen, in: Tierärztliche Umschau, 60. Jg., Nr. 3, Hg. E. Heizmann, Konstanz 2005, S. 150-
156. – Die Fotodokumentation (Ende der 1990er Jahre) der Verfasserin in Vorbereitung auf die vor-
liegende Kronleuchterstudie veranlasste die Evangelische Kirchengemeinde Richtenberg zur Restau-
rierung des Kronleuchters (1747) und zu weiteren Forschungen s. Die Pommersche Zeitung, F. 20,
21. Mai 2005.
474
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 53, 361, 584, 594.
475
Landesausstellung Niedersachsen 1985. Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Nord-
deutschland 1150-1650, Ausst.-Kat. Braunschweigisches Landesmuseum, 1985, Bd. 1, S. 277 f.,
Nr. 217.
476
Danmarks Kirker. Københavns Amt. 1. Bd. 1944. S. 426. - Die Kunstdenkmale des Landes Anhalt.
Die Stadt Dessau. o.J. S. 28. - Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des
Königreichs Sachsen. 2. H.: Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde. 1883. S. 77. - Die Bau- und
Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Hörde. 1895. S. 20. - Die Bau- und Kunstdenkmale in der
DDR. Mecklenburgische Küstenregion. 1990. S. 449. - Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-
Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. 1995. S. 624. - Die Kunstdenkmäler der Provinz Han-
nover. III. Regierungsbezirk Lüneburg. 2. und 3.: Stadt Lüneburg. 1906. S. 255. - Die Kunstdenk-
male der Provinz Hannover. 1. Regierungsbezirk Hannover. 3.: Kreis Springe. 1941. S. 177.
477
Die Tierskulptur ist aus beschnitztem Holz und ursprünglich mit Blattkupfer überzogen. – E. Schlee,
Der Bildhauer Hans Ochs, in: Nordelbingen 46, 1977, S. 36-48. – U. Kuhl, Bildhauer und Bildschnit-
zer im Dienst der Gottorfer Herzöge, in: Gottorf im Glanz des Barock. Kunst und Kultur am Schleswi-
Bekrönungsfiguren Seite 150

Des Weiteren kommen vollplastische Vögel auf Schaftkronleuchtern aus Messing vor.
Jene, die nicht den sich atzenden Pelikan oder den Adler des Jupiter darstellen, wer-
den mitunter als Schwan oder Taube beschrieben (Abb. 91, 116-119, 120-124).478
Diese Gefiederten halten allesamt kein Wappenschild. Es besteht hinsichtlich der Au-
thentizität dieser Bekrönungen noch Forschungsbedarf. Denn es lässt sich gegen-
wärtig nicht sagen, ob der vollplastische Vogel als Kronleuchterbekrönung einen Ad-
ler, das heißt üblicherweise Licht und Macht oder eine Taube, das heißt den Heiligen
Geist symbolisieren soll. Unbekannt ist es, ob der massiv gegossene Vogel mit aus-
gebreiteten Flügeln als Adler ursprünglich eine Darstellung des Jupiter trug oder
hielt. Der Habitus des Tiers spricht für die erste Version, doch kommt auch die ande-
re Variante vor. Weist der Reitsitz des Jupiter auf dem Kronleuchter (1671) in Ne-
bel/Schleswig-Holstein auf das Fehlen des Adlers hin wie eben jene Haltung des Jupi-
ters auf dem Kronleuchter (1724) in Gelting an eine Umkehrung der Ende der 1990er
Jahre bestehenden Konstellation nahe legt, ist die Authentizität der Doppelbesetzun-
gen bei den folgenden Kronleuchterbekrönungen nicht nachgewiesen. Es sind dies
die Kronleuchter der Evangelischen St. Ägidienkirche in Hannover: „Engel auf Adler“
(1688) und „Adler über Bischof“ (1753) von Meister Hinrich Meier. sowie in Nie-
büll/Schleswig-Holstein die Statuetten „Gekrönter heraldischer Doppel-Adler über
(Sitz-)Löwen“ (1750).479

Konnte im Rahmen dieser Studie anhand der oben vorgestellten bewaffneten, profa-
nen Topfiguren auf Schaftkronleuchtern der Renaissance festgestellt werden, dass
diese aufgrund der Positionierung ihrer Waffen eine verhaltene Kampfbereitschaft,
das heißt einen – im Bedarfsfall – zielorientierten Willen der Konfrontation und Aus-
einandersetzung vermutlich in Fragen der Konfessionalisierung erkennen lassen –
nicht jedoch im Sinne eines tödlichen Angriffes – so stellen die in jener Zeit er- und
umkämpften Errungenschaften: die Glaubens-, Bekenntnis- und Religionsfreiheit auf
der Basis der Zweireichelehre des Martin Luther in gewisser Weise die Voraussetzun-
gen des Figurenkanons und der Inschriften barocker Kugelkronleuchter dar. Die Be-
krönungen der Schaftkronleuchter beider Epochen kennzeichnen indes kaum eine
Darstellung narrativer Momente oder die Wiedergabe verschiedener Charaktere. Viel-
mehr sind es Motive, die als Fokus typischer Merkmale, das heißt für die Existenz

ger Hof 1544-1713, Bd. 1: Die Herzöge und ihre Sammlungen, Ausst.-Kat. zum 50-jährigen Beste-
hen des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums auf Schloss Gottorf und zum 400. Geburtstag
Herzog Friedrich III., 1997, S. 192-209.
478
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 289 (Gelting, Kronleuchter, 1724), 931 (Niebüll,
Kronleuchter, 1750), 919, 921 (Abb. 2507; Nebel, Kronleuchter, 1671). – Die Kunstdenkmäler der
Provinz Hannover. 1. Regierungsbezirk Hannover. Stadt Hannover, 1932, S. 122 f. (H. 19. des Ge-
samtwerkes). – Allgemein zur Darstellung des Jupiter; s. H. Hunger, Lexikon der griechischen und
römischen Mythologie, 1984, S. 203 f. und vgl. S. 48 ff., 140 f. – E. Simon, Die Götter der Römer,
1990, S. 27 ff., 107 ff.
479
Siehe u.a. Danmarks Kirker. Arhus Amt, 3. Bd. 1976, S. 1178, 1180 (Detailaufn.), 1307, Nr. 2. –
K. Jarmuth, Lichter, Leuchten im Abendland (1967), S. 179, Abs. 167 (Kronleuchter des Hamburger
Schiffbaueramtes, 17. Jh., Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg. – R. Slawski, St. Andreas -
Neustadt - Braunschweig, 1996, S. 41. Heute trägt der gleiche Kronleuchtertyp (inschr.. 1584) einen
tauben- oder wachtelartigen Vogel und über der Löwenkopf-Maske eine Kugel.
Bekrönungsfiguren Seite 151

und Formen eines Gemeinwesens (und seine Verbindung zur bzw. als Kirche) wichti-
gen Gestalt, geeignet erscheinen.

Die Bekrönungen der Kugelkronleuchter (in evangelischen Kirchen) mit christlich-


moralisierenden Tendenzen stehen im Sinne des Barock ganz im Zeichen der Reprä-
sentation und beziehen sich auf Zuwendung als auch auf Herrschaft. Die darin ent-
haltenen Nuancen erschließt erst eine eingehende Betrachtung der möglichen Kron-
leuchterfiguren:

Hierzu gehört die Gruppe der Engel (Abb. 130-142). Sie sind in Erz- und Friedensen-
gel zu unterteilen.480

Im Gegensatz zu den Friedensengeln wirken die Erzengel in ihrer Tunika – gegebe-


nenfalls Peplos – und mit ihren hohen Kronen (im Stile nordeuropäischer oder nord-
deutscher Adelskronen) stattlich. Wie die oben vorgestellten profanen Bewaffneten
können sie in ihrer Rechten ein Schwert führen. Und in der Verbindung mit einer
Waage in der Linken sind dies die Attribute des Erzengels Michael in der ihm zuge-
schriebenen Funktion des Seelenwägers. Dort – wie auch als Darstellung des Dra-
chenkämpfers mit der Lanze – tritt er mit einer Art Loros oder gekreuzten Brustrie-
men auf.

Vergleichbare Statuetten bekrönten Schaftkronleuchter der Evangelischen Kirchen


Buttforde (1650) und Brevörde/Niedersachsen, doch hält die Kronleuchterfigur in
Brevörde außer dem Schwert in der Rechten den Kopf eines Enthaupteten in der Lin-
ken. In dieser Verbindung und als kirchliches Kunstgut liegt die Interpretation der
Darstellung als biblische Gestalt „Judith“ mit dem Haupt des Holofernes nahe.481 An-
gesichts des bisher ermittelten Motivschatzes auf Schaftkronleuchtern des 16. bis
18. Jahrhunderts wäre die Authentizität des Beigefügten zu untersuchen.

Die potenziellen Attribute, das heißt Schwert und Waage, des Erzengel Michael kenn-
zeichnen auch Justitia, die auf Schaftkronleuchtern in Norddeutschland ohne die cha-
rakteristische Augenbinde und stattdessen als geflügelte, betont feminine Gestalt in
Kontrapost die himmlische bzw. göttliche Gerechtigkeit personifiziert.482

Fragen zur künstlerischen Freiheit sowie zur Ikonographie der Figuren und mögli-
cherweise später durchgeführten Veränderungen stellem sich unter anderem ange-
sichts der annähernd adäquater Bekrönungen der Schaftkronleuchter in Borstel/Nie-
dersachsen (1656) und Hemme/Schleswig-Holstein (1668) aufgrund des einerseits
vorhandenen, andererseits fehlenden Rangzeichens. Und gegenüber diesem mäd-
chenhaften Figurentyp wären des Weiteren die im Sinne des Barock üppiger propor-

480
H. W. Hegemann, Der Engel in der deutschen Kunst, Brünn, München, Wien 1943. – A. Rosenberg,
Engel und Dämonen, 1967. – LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp. 626 ff., 674 ff.
481
A. Straten, Das Judith-Thema in Deutschland im 16. Jahrhundert. Studien zur Ikonographie, 1983. –
LCI, Bd. 2, Sonderausgabe 1994, Sp. 454 ff. – Vgl. Altes Testament, Buch Judit, in: Neue Jerusale-
mer Bibel, 1985, S. 593 ff. und 609 ff.
482
E. v. Moeller, Die Augenbinde der Justitia, in: Ztschr. f. christl. Kunst, 8. Jg. 1905, Nr. 4, Sp. 107-
122 und Nr. 5, Sp. 141-152. – Ders., Die Wage der, in: Ztschr. f. christl. Kunst, 20. Jg. 1907. Nr. 9,
Sp. 269-280; Nr. 10, Sp. 292-304 und Nr. 11, Sp. 345-350. – LCI, Bd. 2, Sonderausgabe 1994,
Sp. 466 ff. - Im Allgemeinen s. Recht und Gerechtigkeit im Spiegel der europäischen Kunst, 1988.
Bekrönungsfiguren Seite 152

tionierten, geflügelten Gerechtigkeitsdarstellungen – unter anderem in Ze-


ven/Niedersachsen (1660) oder die Kronleuchterfigur (Abb. 139) im Adeligen Kloster
Preetz (1738) – in Betracht zu ziehen.483 Letztere weist den gleichen Habitus auf wie
die Statuetten der Schaftkronleuchter in Seester/Schleswig-Holstein oder Zeven,
trägt aber keine Krone und anstelle dessen vermutlich fehlplatzierte Rosetten ober-
halb des Kopfes sowie zu Füßen. Tugendfiguren als maßstäblich untergeordnetes
Gestaltungsmittel des Schaftkronleuchters in Preetz/Schleswig-Holstein bilden – wie
die im Zusammenhang mit älteren Schaftkronleuchtern und profanen Motiven bereits
thematisierten Subfiguren – gemeinsam mit der Topfigur das ikonographische Pro-
gramm.

Von diesen ikonographisch vergleichbaren Bekrönungen unterscheidet sich die Grup-


pe der Friedensengel. Vielfach ist es das mittels Körpergröße, hemdartiger Gewan-
dung und Lockenkopf oder Haarlocken geprägte juvenile, bisweilen infantile Erschei-
nungsbild (Hamburg-Kirchwerder, Evangelische Kirche St. Severin).484 Dieses kann
allerdings je nach Provenienz der Statuetten auch in der Modellierung des Erzengels
Michael in seiner Funktion als Drachenkämpfer auftreten (Stade, Evangelische St.
Wilhadi-Kirche).485 Ihre Gestik ermöglicht eine eindeutige Unterscheidung zwischen
beiden. Die in der Regel seitlich des Körpers ausgestreckten Arme des Friedensen-
gels lassen weder auf eine Kampfes- noch Abwehrhaltung, sondern auf das Über-
bringen oder – Beispielen von 1696486 zufolge – die Präsentation besonderer Gaben
schließen – das heißt die Attribute der Friedensengel sind üblicherweise Palmwedel
und Lorbeerkranz (Kronleuchter des 17. Jahrhunderts in Bielefeld, Evangelische St.

483
Zu den genannten Orten: Fotografie des Kronleuchters in Brevörde von der Firma Paul Oehlmann,
Bielefeld. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade.
Textband 1965, S. 115. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 465. – Die Kunstdenkma-
le des Landes Niedersachsen, Bd. 42. Die Kreise Rotenburg, Verden und Zeven. Neudruck des ge-
samten Werkes 1889-1976, S. 227. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 600. – Weite-
re Schaftkronleuchter u.a. in Bielefeld/Nordrhein-Westfalen, Evangelische St. Nikolai-Kirche, 1637;
Hamburg-Harburg, 1645; Rotenburg, 1646 und Norden 1650 und Haseldorf/Schleswig-Holstein, Bar-
dowick/Niedersachsen, 1664; Oberndorf und Hessisch-Oldendorf/Niedersachsen, 17. Jh.; Höx-
ter/Nordrhein-Westfalen, 1699; Zellerfeld, 1705 in Niedersachsen; Itzehoe/Schleswig-Holstein,
1716.
484
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg. Bergedorf. Vierlande. Marschlan-
de, 1953, S. 112. – Vgl. Lauenburg, Evangelische St. Maria-Magdalenen-Kirche, Kronleuchter von
1644; s. Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 350. – Zum Kronleuchter „Engel“ in der
Evangelischen St. Maria-Magdalenen-Kirche variieren die Datierungen zwischen 1700, 1732 und
1750; s. Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 540 und vgl. G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994,
S. 152.
485
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Stadt Stade, Textband,
1960, S. 67, Nr. 60 und S. 112, Nr. 74.
486
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Bielefeld-Stadt. 1906. S. 13, 18 und Taf. 13. –
A. G. Kamm, Bielefeld erforscht neuzeitliche Schaftkronleuchter aus Metall in Nordrhein-Westfalen. –
Die Kunstdenkmale Hannovers. III. Regierungsbezirk Lüneburg. 2 und 3: Stadt Lüneburg, 1906, S.
116 (Kronleuchter 1662/67). – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 260, 594. Die Be-
schreibung der Kronleuchterfigur (1684) in der Evangelischen St. Michaeliskirche trifft auf den Be-
stand dieses Inventarstückes zu. Doch die Haltung und Gestik der Statuette widersprechen einer Be-
waffnung wie der gegenwärtigen. – Vgl. u.a. Friedensengel in Preetz, wie vorstehend S. 594, ferner:
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Bd.: Die
Amtsgerichtsbezirke Schwaan, Bützow, Sternberg, Güstrow, Krakow, Goldberg, Parchim, Lübz und
Plau, 2. Aufl. 1901, S. 247, 249.
Bekrönungsfiguren Seite 153

Nikolai-Kirche; Eutin, Evangelische St. Michaelis-Kirche; Güstrow, Evangelische St.


Marien-Kirche; Preetz, Evangelische Stadtkirche St. Lotharii). Weitere Beispiele –
unter anderem in Schleswig-Holstein: Barmstedt, Heide oder in Brandenburg: Bees-
kow und Wittstock a. D. wären hinsichtlich Habitus, Haartracht, Gewandung und Att-
ribute zu untersuchen.

Der Friedensengel als ikonographische Lichtgestalt kann zusammen mit der Inschrift
eines Kronleuchters (s. Jork/Stade, Evangelische Kirche St. Matthias, Kronleuchter,
inschriftlich datiert 1667) deutlich auf die Gnade Gottes Bezug nehmen, die über die
Erwartung eines tugendhaften Lebens gestellt und zur Grundlage allen Seins und
Handelns deklariert ist. So erläutert die Inschrift gemäß 2. Petrus, Kapitel 1 im Neu-
en Testament der Bibel:

„Gottes Freigebigkeit: Alles, was für unser Leben und Frömmigkeit gut ist, hat seine
göttliche Macht uns geschenkt; … Darum setzt allen Eifer daran, mit eurem Glauben
die Tugend zu verbinden …“ Und weiter heißt es: „Das prophetische Wort: Dadurch
ist das Wort des Propheten für uns noch sicherer geworden, und ihr tut gut daran, es
zu beachten, denn es ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint“.487

Auf einem anderen Kronleuchter bekennt dessen Stifter: „Christi Blut und Gerechtig-
keit dat is mein smught (Schmuck) und Ehrenkleit. Darmit will ich vor Govt (Gott)
Besten (bestehen) wen ich will in den Hemmel (Himmel) gehn“.488

Hinsichtlich weiterer Bekrönungen auf Schaftkronleuchtern aus Messing des 17. und
18. Jahrhunderts (Glückstadt, Evangelische Stadtkirche, 1652-1655; Minden, Evan-
gelische St. Martini-Kirche, 1652; Schleswig, Dom, 1661) ist auf das oben Gesagte
zu verweisen, dass diese kaum mehr aus einem zeitlichen (nicht räumlichen!) Ne-
beneinander der Motive „Muttergottes“, „Gnadenstuhl“ und „Salvator mundi“ wie in
der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bestehen, das zum Teil die frühneuzeitlichen
Schaftkronleuchter prägt.

Außer der nun stärker verbreiteten Statuette des Heilandes – realitätsnah und ohne
Strahlenkranz (Abb. 113, 114) – kommen des Weiteren die – auf anderen kunst-
handwerklichen Medien lange gebräuchliche – symbolische Figur des Pelikans als Be-
krönung von Schaftkronleuchtern vor (Kiel, Evangelische St. Nikolaikirche, Kron-
leuchter 1638; Stralsund, Evangelische St. Marienkirche, Kronleuchter von Jochim
Ebe(r)ling ausgeführt, 1649; Reepsholt, Evangelische Kirche St. Mauritius, Kron-
leuchter 1665; Leck, Evangelische Kirche St. Willehard, Kronleuchter 1678: Keitum
(1683); Norden (1689); Buttforde, Evangelische Kirche St. Marien, Kronleuchter
1693; Kopenhagen, Heiliggeistkirche sowie Karlum, Evangelische Kirche, Kronleuch-

487
750 Jahre Jork-Borstel 1221-1971, Bd. 1. Hg. C. Röper, 1971, S. 70, 164. – Laut Bestandsaufnahme
1986 durch H. v. Poser, Referat für kirchliche Kunst, Landeskirchenamt der Evangelischen Landeskir-
che Hannovers. – Zur Inschrift; s. Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung, 1985, S. 1768 f.
488
Inschrift des Kronleuchters (gekrönter heraldischer Doppel-Adler/Kugel, 1666 mit Wappen von Sa-
lomo Wissels und Christian Buske in der Evangelischen St. Johannes-Kirche Lüneburg. – Die Wid-
mung des zwei Jahre jüngeren Kugelkronleuchters „Engel“ in Hemme/Schleswig-Holstein beginnt mit
einem Zitat aus Philipper 3, 8; s. Neue Jerusalemer Bibel, Einheitsübersetzung, 1985, S. 1707.
Bekrönungsfiguren Seite 154

ter 17. Jahrhundert; Morsum/Sylt, Evangelische Kirche St. Martin, Kronleuchter 1713
Hamburg-Ottensen/1738) (Abb. 116-119).489

Der sich atzende Pelikan, der mit seinem Blut seine Jungtiere nährt, symbolisiert in
dieser Zuwendung die Liebe Gottes zu den Menschen. Diese zeigt sich in der Erlö-
sung durch den Opfertod und die Auferstehung Christi.

Sowohl zur Topfigur „Salvator mundi“ (Mitte des 17. Jahrhunderts in Aachen sowie in
Schleswig) als auch zu jener des Pelikans (Kiel, Evangelische St. Nikolai, Kronleuch-
ter 1638) können die Apostel als modellierte Subfiguren hinzutreten.

Dass Subfiguren ergänzend zur Bekrönung eines Schaftkronleuchters früher, das


heißt sowohl Mitte des 16. Jahrhunderts als auch während der Spätgotik vorkommen
können, zeigen diese Exemplare:

1. „Salvator mundi“ (1557) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in Stralsund. Hier


schmückt das Motiv „Kluge (und törichte) Jungfrauen“ das Bildprogramm aus. (Evan-
gelium des Matthäus, Kapitel 25, Verse 1-13) Als stereotype Darstellung an den äuße-
ren Enden der Leuchterarme scheinen sie entsprechend der Masken an Kronleuch-
tern der Renaissance in Ostdeutschland die Aufgabe eines typischen Gestaltungsmit-
tel zu erfüllen. Indem die behelmten Figuren mit angedeuteter Lorica und Blätterrock
wie eine Herme aus den Leuchterarmen hervortreten und jeweils eine Wachsschale
des unteren Lichtkranzes tragen, nehmen sie den Charakter einer Subfigur an.

489
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade, Textband,
1965, S. 84, Nr. 9 (Balje, Kronleuchter mit Muttergottes, 1562, nicht mehr erhalten). – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw. Aufl.
1992, S. 678 f. (Helmstedt „Ev. Kirche St. Stephani, Taufkrone mit Trinitätsgruppe zum Taufbecken,
Messingguss, 1590 von Mante Pelkinck, Hildesheim und Verbindungen nach Peine). – Siehe auch
U. Mathies, 1998. – Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Stadt
Stade, Textband 1960, S. 66, Nr. 58 und ebd., Bildband 1961, Nr. 78, 81. – Die Baudenkmäler des
Regierungsbezirks Stralsund. H. IV: Der Kreis Rügen, 1897, S. 449 f. – Die Kunst- und Geschichts-
denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. II. Bd.: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar,
Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 117, Nr. 17. – G. Dehio, Hand-
buch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl.
1994, S. 293, 369, 378, 425, 637, 783. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Bre-
men. Niedersachsen. Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 1110. – R. A. Peltzer‚ Geschichte der Mes-
singindustrie, 1909, S. 128 ff. und Taf. 8. – RDK, Bd. IV, 1958, Sp. 4. – Berichte des Landesamtes
für Denkmalpflege Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen 28/29, 1960, S. 297 f., Abb. 8. – Kunst-
Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 32 und Abb. 81. – Vgl. Die Bau- und Kunstdenkmale der
Freien und Hansestadt Hamburg, Bd. II: Altona. Elbvororte, 1959, S. 71 und Abb. 43. – Die Bau-
denkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. V: Stadtkreis Stralsund, 1902. S. 450 f. – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock. Schwerin, 1980,
S. 392. – Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion,
1995, S. 144. – In keinen dieser amtlichen Länderinventare und auch nicht bei N. Zaske, Die goti-
schen Kirchen Stralsunds und ihre Kunstwerke, 1964, S. 202, und aktuellen Kunstführer zur Evange-
lischen St. Marien-Kirche Stralsund wird die Inschrift auf der unteren Rosette des Pelikan-
Kronleuchters (1649) ME FECIT JOCHIM EBERLING erwähnt. – Danmarks Kirker. København, 1. Bd.:
1945-1958, S. 693 ff. – Siehe zu Pelikan-Kronleuchtern ferner: S. Erixon, 1943. S. 85 (Kronleuchter,
1690) und s. Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt, 4. Bd., 1975, S. 2273 (Kronleuchter 1682). –
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 403 (Kronleuchter 1780), 909. – C. Waagepetersen,
a.a.O. – Zur Tierssymbolik s. u.a. S. Beissel, Zur Geschichte der Tiersymbolik in der Kunst des Abend-
landes, in: Ztschr. f. christl. Kunst, 14. und 15. Jg., 1901/03, Sp. 275-286, 51-62. – LCI, Bd. 3, Son-
derausgabe 1994, Sp. 390 ff. – Ebd., Bd. 4, Sp. 315 ff. – Zu Gottesbildern; s. u.a. A. Krücke, Der
Protestantismus und die bildliche Darstellung Gottes, in: Ztschr. f. Kunstwiss. 13, 1959, S. 59-90.
Bekrönungsfiguren Seite 155

2. Die Subfiguren des Tabernakelkronleuchters von s’Hertogenbosch/Niederlande


(1424) sowie der zuvor genannten, jüngeren Kronleuchter sind vollplastische Statu-
etten und befinden sich in der Regel mittig auf den Armen eines Licht- oder Zierkran-
zes.

Diese Komposition aus bekrönender Christusfigur oder Pelikan als christliches Sym-
bol mit biblischen Gestalten erscheint in der Einzelbetrachtung plausibel, wirft aber in
der Gegenüberstellung der vergleichbaren Kronleuchter Fragen auf. Angesichts der
zuvor genannten Exemplare (insbesondere Schleswig, Dom, Kronleuchter 1661 von
Johann Adolf Kielmann von Kielmannsegg gestiftet) sowie des anderen Kronleuchters
(1661) in der Evangelischen St. Nikolai-Kirche in Kiel mit der als Heiliger Nikolaus
gedeuteten Topfigur handelt es sich auch hier um einen universellen Figurentyp.
Denn die so gedeutete Statuette trägt keine Bischofsmütze, so dass sie den Darstel-
lungen des Salvator mundi der besagten Kronleuchter vergleichbar erscheint. Über
die im Kunstdenkmälerinventar angedeuteten Parallelen hinaus490 weist in der Evan-
gelischen Stadtkirche Glückstadt ein weiterer Schaftkronleuchter (1655) mit der Be-
krönung des „Salvator mundi“ vergleichbare stilistische Merkmale auf und zeitigt
zugleich Qualitätsunterschiede.

In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf das Beispiel aus der Heiliggeistkirche
in Kopenhagen/Dänemark hingewiesen, dass mit der Bekrönung des sich atzenden
Pelikans gegenüber anderen Metallkronleuchtern thematisch vergleichbar und doch
in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich erscheint (Abb. 116-119). Zum einen ist es die
Kombination des Pelikans mit den untergeordneten, musizierenden Satyrn, obschon
auch diese im christlichen Sinne eine moralisierende Anspielung erfüllen können.
Zum anderen ist es die säulenartig gestreckte Morphologie des zum Teil aus Edelme-
tall gefertigten Schaftkronleuchters und eingebauter Uhr mit Räderwerk. Dass dieses
bei Metallkronleuchtern des 17. Jahrhunderts kein Einzelfall, indes eine Besonderheit
gewesen sein dürfte, lassen die Reisebeschreibungen des Adam Olearius als Angehö-
riger der holsteinischen Gesandtschaft von Schloss Gottorf in Schleswig an der Auf-
listung der nach Moskau und Persien mitgeführten Gastgeschenke erkennen.491 Die
Messbarkeit und Vergänglichkeit der Zeit stehen dabei außer Frage – im Gegensatz
zur „propagatio fidei per scientias“.

Neben Pelikan und Salvator mundi befinden sich unter den potenziellen Motiven auf
Schaftkronleuchtern aus Messing des 17. und 18. Jahrhunderts in Norddeutschland
vier Darstellungen der Caritas als Inbegriff der Tugend. Drei dieser vier Leuchter, das
heißt jene in Werdum (1692 bezeichnet), Keitum/Sylt und Rendsburg-Neuwerk (17.
Jahrhundert) – mithin auf die Nordseeküste Niedersachsens und Schleswig-Holsteins

490
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Stadt Schleswig, 2. Bd., 1966, S. 494 ff., ins-
bes. S. 495 f.
491
A. Olearius, Moskowitische und Persische Reise. Die Holsteinische Gesandtschaft beim Schah, 1633-
1639, Hg. D. Haberland, 1986, S. 251. – Siehe auch Kap. 1.3.1 der vorliegenden Studie „Lux ad il-
luminandas gentes“. – Schlanke, hohe Schaftkronleuchter mit drei Lichtkränzen aus Messing des 17.
Jahrhunderts, aber jeweils anderen Bekrönungen sind erhalten in: Bielefeld, Evangelische Nikolaikir-
che/Nordrhein-Westfalen; Rostock, Evangelische Kirche St. Marien/Mecklenburg-Vorpommern.
Bekrönungsfiguren Seite 156

verteilt – sind nahezu identisch und unterscheiden sich von dem vierten Exemplar
(18. Jahrhundert) in Nordhorn/Niedersachsen (Abb. 149-151).

Die zuerst genannten Beispiele zeigen Caritas als jugendliche Frau mit lieblichem
Gesicht, wallenden Haarlängen und zwei bis drei Kindern auf den Armen und zur Sei-
te. Es sind darin Parallelen zu Darstellungen der Muttergottes und den spielenden
Knaben Jesus und Johannes (der Täufer) erkennbar.

Diese Personifikation der Liebe, der Liebe zu Gott und zum Nächsten ist der deutliche
Gegenpol zur Lasterhaftigkeit und lässt sich insofern im Sinne der einleitend erwähn-
ten Lichtsymbolik interpretieren. Wie die Kronleuchter „Salvator mundi“ und „Peli-
kan“ weisen auch die Caritas-Leuchter Subfiguren auf den Leuchterarmen auf. Dabei
vermitteln die Putti mit ihren Sinnsprüchen am Kronleuchter in Rendsburg (Christkir-
che) das vollständigste Bild(programm) unter diesen vier Exemplaren.

Die Verse lauten:


Die Welt ist ein Leuchter ohn Licht
wan Lieb und Freud drin scheinet nicht

Das Gemach in dem Lieb und Fried brennt


wird ein Tempel des Geistes genannt

Die Liebesflamme das Mutterherz entzündet


dass es fühlet Freud und Schmerz

O Herz erleucht die Christenheit


Mit Lieb und Freudt zu aller Zeit

Der Fried der gülden Leuchter ist


Den frage bey uns Jesu Christ

Ein Leuchter ist ein christlich Hertz


drin stekt die Lieb und brint aufwärts

Ein Leuchter ziert ein schön Gemach


die Lieb desgleich das Glaubensfach

Wan der Fried leucht und die Lieb flammt


So wirdts wolgehn uns allensampt.

Prozentual zum Gesamtbestand an Kronleuchtern aus Messing des 17. und 18. Jahr-
hunderts in Norddeutschland ist die ikonographisch eindeutig zu identifizierende Sta-
tuette der Caritas selten vertreten. Und erst die Zusammenschau mit den beiden
zuvor beschriebenen Bekrönungen erlaubt eine andere Gewichtung und Aussage zum
ikonographischen Programm von Kronleuchtern.492

Als weitere Einzelfiguren christlicher Ikonographie auf Kugelkronleuchtern des Barock


können die Apostel Paulus (Breklum/1694) und Johannes (Steinkirchen/Elbe, Kron-

492
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 995, 1344. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 642, 909. Die Quellen-
studien zu Kronleuchtern in den Archiven der evangelischen Kirchengemeinden in Rendsburg und
Werdum führten zu keinen neuen Erkenntnissen. – Vgl. I. Kaiser, Die Tugend- und Lasterdarstellun-
gen im 16. Jahrhundert, Dissertation Salzburg, 1974 S. 2. – LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994,
Sp. 349 ff.
Bekrönungsfiguren Seite 157

leuchter, (1779), Johann Nikolaus Biber aus Hamburg zugeschrieben) vertreten


sein.493

Der radikale Lebenswandel vom Christenverfolger zum bekennenden Christen prä-


destinieren Paulus für diese Position wie den Apostel Johannes als treuen Gläubigen
und so genannten Lieblingsjünger Jesu. Es stellt sich allerdings auch hier die Frage,
ob beide Apostel vornehmlich im Sinne der älteren kunstwissenschaftlichen For-
schung und in erster Linie als Vorbilder einer tugendhaften Lebensführung zu sehen
sind. Ist nicht vielmehr ihr Bekenntnis zum Glauben, sowie die darin sichtbare Tradi-
tion des Christentums und die als Grundrecht erkämpfte Religionsfreiheit das we-
sentliche Kriterium, um Schaftkronleuchter aus Metall zu betrachten und ihre Bedeu-
tung zu ermessen? Bilden nicht erst die hier dargelegten Korrelationen, die auf die
Gnade Gottes hinweisen d a s Fundament? Oder stehen sie tatsächlich im Interesse
einer Sozialdisziplinierung, um moralisierend-ethische Ansprüche zugunsten neuer
Formen der Herrschaft darauf aufbauen zu können?

Im Gegensatz zum Motivschatz spätgotischer und frühneuzeitlicher Schaftkronleuch-


ter sind Darstellungen der Muttergottes oder Heiligenfiguren als Bekrönungen neu-
zeitlicher Beleuchtungsgeräte kaum noch zu finden (Stralsund, Evangelische St. Ni-
kolaikirche, Kronleuchter mit Madonna auf Kogge, 17./18. Jahrhundert und Husum,
Evangelische Marktkirche, Kronleuchter mit heiliger Elisabeth, 1650 (nicht erhal-
ten)).494

Schließlich bilden einige mythologische Gottheiten der Römer weitere Gruppen mög-
licher Statuetten auf Schaftkronleuchtern aus Metall des 17. und 18. Jahrhunderts.

Die Gestalt des Jupiter, der auf einem Adler reitet, ist als Kronleuchterfigur weit und
häufig verbreitet (Abb. 120-124). Mit jeweils circa 20 Exemplaren in den norddeut-
schen Bundesländern: Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Hol-
stein sind dort – nach bisheriger Kenntnis – mehr als das Doppelte an Schaftkron-
leuchtern mit Jupiter auf Adler erhalten als in den übrigen Bundesländern insgesamt.
Demgegenüber ist der Bestand an heraldischen Doppel-Adlern als Kronleuchterbe-
krönung hier wie dort mit circa 200 Exemplaren etwa gleich groß. Geringfügige Un-
terschiede in der Darstellung des Jupiter sind anhand der Haartracht, der Armhaltung
sowie an der Draperie des Tuches festzustellen (unter anderem in Bad Oldesloe, E-
vangelische St. Peter-und-Paul-Kirche, Kronleuchter 1634 und vgl. Kronleuchter von
1644 der Evangelischen St. Maria-Magdalena-Kirche in Lauenburg gegenüber Fried-
richstadt, Evangelisch-lutherische Kirche, Kronleuchter 1698 und Hamburg-

493
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und
veränd. Aufl. 1994, S. 192 und LDSH JI.FA 45/9 und JI.FA 44/44. – Die Kunstdenkmale des Landes
Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade, 1965, S. 591, Nr. 22. – Siehe auch die
Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck.
494
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock.
Schwerin, 1980, S. 386. – C. Beccau, Versuch einer urkundlichen Darstellung der Geschichte Hu-
sums bis zur Erteilung des Stadtrechts, 1854, S. 170. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-
Holstein. Kreis Husum, 1939, S. 112. – Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. I. Regierungsbe-
zirk Hannover. Stadt Hannover, 1932, S. 190. – Vgl. Doppelstatuette Salvator mundi/Apostel Andre-
as in Hildesheim, Kirche St. Andreas.
Bekrönungsfiguren Seite 158

Kirchwerder (1656), ferner zum Beispiel Kotzenbüll (1752), Preetz/Schleswig-Hol-


stein, Adeliges Kloster; Rendsburg, Evangelische Christkirche oder Wilster Stel-
lau/Wrist (1700), Schobüll (1701), Grömitz sowie Gelting (1724) sowie Grimmen
oder Rostock (1686)/Mecklenburg-Vorpommern). Erst die Systematisierung des um-
fangreichen Bestandes an Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18. Jahrhun-
derts und die Gruppierung ikonographisch vergleibarer Bekrönungsfiguren erlauben
eine Aussage zur Ästhetik dieser Beleuchtungsgeräte. Dies lässt sich an der Statuette
„Jupiter“ exemplifizieren: Nach der Durchsicht von bis zu 2000 Einträgen zu
Schaftkronleuchtern und der Besichtigung von etwa 200 Exemplaren an ihren Be-
stimmungsorten kommt gerade die „nackte Gestalt des Jupiter, auf einem Adler rei-
tend, die Blitze in der erhobenen Hand“ als Bekrönung eines Renaissance- bzw. Win-
kelarmkronleuchters aufgrund der Proportionen und Ikonographie in der Regel nicht
vor (Abb. 120)! Dort kann diese römische Gottheit als antikisierender römischer Sol-
dat gestaltet sein. Denn als solcher ist Jupiter als Garant für Recht und Ordnung auf
Graphiken der deutschen Kleinmeister des 16. Jahrhunderts dargestellt. Gleichwohl
tritt der Figurentyp „Römischer Soldat“ vereinzelt noch auf Kugelkronleuchtern des
Barock auf. 64 erhaltenen Leuchtertypen und Bekrönungen jener Zeit in Nord-
deutschland zufolge ist dies an sich der übliche Platz für das Motiv „Jupiter auf Adler“
als eines unter mehreren barocken – und hier kurz charakterisierten – Kronleuchter-
bekrönungen.495

Des Weiteren kommen zwei Beispiele der römischen Jagd- und Lichtgöttin „Diana“
vor (Evangelische Kirche St. Jacobi in Stralsund, Kronleuchter 1671 gestiftet und
Evangelische Stadtkirche Glückstadt, Kronleuchter 1684 – beide wohl von A. Leh-
meyer gefertigt (Abb. 111, 112).496

Die Statuette der Fortuna bekrönt einen Kronleuchter (Anfang 17. Jahrhundert) in
der Evangelischen St. Johannis-Kirche in Flensburg (Abb. 152)497 und mit „Minerva“

495
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg. Bergedorf, Vierlande, Marschlan-
de, 1953, S. 112. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 844, 668, 224, 350, 600, 642,
831, 823, 443, 502, 289. – Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommer-
sche Küstenregion. Mit Stralsund, Greifswald, Rügen und Usedom, 1995, S. 44. – Die Bau- und
Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. Mit den Städten Rostock und Wismar,
1990, S. 392 (Die Jahreszahl 1686 ist Teil der Inschrift des Kronleuchters Jupiter auf Adler im Chor
der Evangelischen St. Marienkirche in Rostock).
496
Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. IV: Kreis Rügen, 1897, S. 403. – N. Zaske,
Die gotischen Kirchen Stralsunds und ihre Kunstwerke, 1964, S. 231. – F. Michaelsen, Die Glück-
städter Lichterkronen, in: Steinburger Jb., 1965, S. 91-99, insbes. S. 95. – G. Köhn, Zur Geschichte
der Glückstädter Handwerksämter, in: Glückstadt im Wandel der Zeiten, 1966 S. 118 – Kunst-
Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 785 und Abb. 2123, 2125. – G. Dehio, Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S.
293 und s. Kap. 6 der vorliegenden Studie „Lux ad illuminandas gentes“.
497
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Stadt Flensburg, 1955, S. 228. – Vgl. S. Erixon,
Mässing, 1943, S. 89, Abb. 64 (Kronleuchter 1688). – Der Mensch um 1500. Werke aus Kirchen und
Kunstkammern, Ausst.-Kat. Skulpturengalerie Berlin, SMPK 1977 (Zum 17. Deutschen Evangelischen
Kirchentag), S. 115-122, insbes. S. 118, Abb. 86.
Bekrönungsfiguren Seite 159

wird die Topfigur eines nicht mehr erhaltenen Kronleuchters (1686) der Evangeli-
schen St. Martini-Kirche in Halberstadt beschrieben.498

Häufig als nackte Frauenfigur in Kontrapost mit sinnlicher Wirkung wiedergegeben,


stellt die römische Göttin Fortuna (griechisch: Tyche) das Schicksal dar, das heißt
das, was Menschen trifft. Aufgrund der Nacktheit weicht sie – wie die Motive „Wilde
Leute“ und „Jupiter auf Adler“ von anderen Kronleuchterbekrönungen ab – nicht je-
doch von verbreiteten Zierspangen, das heißt von entblößten Mädchenleibern der
Sirenen an Schaftkronleuchtern oder allgemeinen Themen der Renaissancezeit.499

Die bekrönende Statuette des Kronleuchters in Flensburg steht in einem Tempietto.


Sie hält zwischen den seitlich des Körpers diametral ausgestreckten Armen ein (vom
Wind) aufgeblähtes Ra-Segel. Dieses weist wie das Steuerrad (der Tyche) und ange-
sichts des Kontrapost sowohl auf Unbeständigkeit als auch auf die Lenkerin des
Schicksals hin. Die Morphologie und Proportionen des Schaftkronleuchters „Fortuna“
vermitteln diesen Bezug zwischen Topfigur und Kugel. Es bestehen Parallelen zum
Plakettenmodell (1530/40) Joachim Forsters. Morphologische Details (muschelförmi-
ge Wachsschalen) sind jünger.500

Der christlichen Glaubenslehre zufolge erscheint das Motiv „Fortuna“ im kirchlichen


Verwendungszusammenhang, das heißt angesichts der Lichtsymbolik von Leuchtern
ungewöhnlich und nur als Antithese zur göttlichen Gerechtigkeit verständlich.501

Ethymologisch von ferre, das heißt: Tragen, Bringen, Schutz für Transporte502 und
geographisch betrachtet, das heißt: Flensburg – Hafen und Handel, Neustadt – E-
vangelische Kirche St. Johannis503 dokumentiert dieser Schaftkronleuchter eine be-
sondere Verbindung zum Bestimmungsort; hinsichtlich untergeordneter, plastischer
Details: Vögel (vgl. Kronleuchter, 1666 der Evangelischen Kirche in Rehna/Mecklen-
burg-Vorpommern) oder Masken (vgl. Kronleuchter, 17. Jahrhundert, Evangelische
Kirche in Oberndorf bei Cuxhaven) wäre dieser Kronleuchter einer unter vielen. Die
ziselierte Kugel als Auflager ist ein weiteres, kunsthandwerkliches Qualitätsmerkmal.

498
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, XXIII. H.,
Kreis Halberstadt Land und Stadt, 1902.
499
Vgl. vasa sacra des 17. Jahrhunderts – unter anderem die Henkel der Humpen (1631 datiert) in
Lütjenburg, Evangelische St. Michaeliskirche und (1688 datiert) in Petersdorf/Fehmarn, Evangelische
Kirche. – Siehe Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 5. Aufl. 1982, S. 533, 583. – H. Hunger,
1958, S. 377 f.
500
Ebd., S. 415. – Deutsche Kleinplastik der Renaissance und des Barock. Bearb. von J. Rasmussen.
Mus.-Kat., Hamburg 1975, S. 86 f.; Abb. 8 (Bilderhefte des Museums für Kunst und Gewerbe Ham-
burg, 12).
501
LCI, Sonderausgabe 1994, Sp. 53 f.
502
E. Simon, Die Götter der Römer, 1990, S. 65.
503
J. v. Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig, 2. Aufl. 1854, S. 142 ff.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 160

4. Unterhänge an Kronleuchtern des 16. und 17. Jahrhunderts aus


Metall

Die (doppelseitige) Löwenkopf-Maske mit Ring im Fang


Die Darstellung von Löwen und Löwenkopf-Masken kommt in der bildenden Kunst
häufig vor. Das Motiv hat eine lange Tradition.504

Dementsprechend vielschichtig ist die Ikonographie dieser Tierdarstellung. Sie kann


in der profanen Kunst bevorzugt Eigenschaften und Ideale - wie zum Beispiel Macht
und Stärke beschreiben oder innerhalb der kirchlichen Kunst in diesem Sinne sowohl
den Tod als auch die Überwindung desselben und die Auferstehung (in) Christi sym-
bolisieren.505

Auffallend oft kommen vollplastische Löwenkopf-Masken oder reliefierte Maskarons


mit Ring im Fang an diversen – vornehmlich repräsentativen – Objekten vor, die im
Zeichen von Rechtszusammenhängen, Herrschaft und Macht stehen (Abb. 104). Und
in der Regel sind sie dort vorhanden, wo Rechtsbereiche bzw. -räume, das heißt die
Immunität, wechseln.

So greift Mende anhand der kunstwissenschaftlichen Forschungen Meyers zum Lö-


wenkopf-Türzieher mit Ring im Fang, die häufig an Portalen exponierter Gotteshäu-
ser vorkommen, die Verbindungen zum Asylrecht, auf. Ein weiterer Aspekt ist die
apotropäische Bedeutung.506

Kocher zeigt aus rechtshistorischer Perspektive die Rechtsikonographie des Türringes


am Beispiel einer Miniatur auf, die die Zwangsvollstreckung an einem Haus dar-
stellt.507

Es erhebt sich die Frage, inwieweit vergleichbare Spezifizierungen für das Vorkom-
men von Löwenkopf-Masken mit Ring an kirchlichem Kunstgut möglich sind. Wäre
dort über die Akzeptanz der Herrschaft Gottes und den Wechsel vom Leben durch
den Tod zum Ewigen Leben hinaus der Appell an die Verantwortung für Rechtsberei-
che – unter anderem für Stiftungen – ablesbar?

Im Zusammenhang mit Leuchtern im Allgemeinen und Kronleuchtern aus Messing im


Besonderen, die häufig in Kirchen gestiftet werden, gibt es bisher keine ikonographi-
schen Untersuchungen zu daran vorkommenden Löwenmotiven (Abb. 13, 14, 92).

504
Siehe u.a. Kultbecken mit Reliefdarstellungen von Kriegern und Löwenköpfen aus Ebla, 2. Jt. v. Chr.,
Damaskus Museum. – Darstellungen des Löwen von Uruk (Palast Sargons II, 722-704 in Dur Schar-
rukin, jetzt im Louvre in Paris), zum Gilgamesch-Epos, 28.127. Jh. – Löwenkopf-Maske, E, 7. Jh. v.
Chr., Korfu Museum. – Sarkophag mit Gutem Hirten und Löwenköpfen, 4. Jh. (römisch), Paris, Louv-
re. – Pompeji, wiederentdeckter Ausst.-Kat., Hg. L. Franchi dell’Orto/A. Varone, 5. Aufl. 1993,
S. 173, Nr. 58.
505
S. Beissel, Zur Geschichte der Tiersymbolik in der Kunst des Abendlandes, in: Ztschr. f. christl.
Kunst, Jg. 24 und 25, 1901/03, Sp. 275-286, 51-62. – M. Lurker, Symbol, Mythos und Legende in
der Kunst. Die symbolische Aussage in Malerei, Plastik und Architektur, 1958. – LCI, Bd. 3, Sonder-
ausgabe 1994, Sp. 112 ff.
506
U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, 1981, S. 161 ff.
507
G. Kocher, Zeichen und Symbole des Rechts, 1992, S. 62, Abb. 87.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 161

Als Unterhang (ca. 80 Exemplare) der frühneuzeitlichen Schaftkronleuchter des 16.


bis 18. Jahrhunderts (ca. 980) in Norddeutschland mit ihren Bekrönungsfiguren in
Gestalt der Muttergottes, des Salvator mundi, der Söldner, Gerichtsdiener, der Wil-
den Leute sowie der gekrönten und ungekrönten heraldischen Doppel-Adler oder an-
derer Wappentiere (sitzender Löwe) kommt der Ikonographie dieser figürlichen Dar-
stellungen weniger Aufmerksamkeit zu als der Bedeutung des Rings im Fang. Dessen
hauptsächliche Einordnung als Zugvorrichtung zum praktischen Gebrauch von Kron-
leuchtern erscheint angesichts des Gewichts (Winkelarmkronleuchter aus Messing:
circa zwei Zentner) plausibel. Da allerdings die ausladenden, üppigen Kugelkron-
leuchter des Barock selten eine derartige Handhabe508 aufweisen, mutet die Definiti-
on fragwürdig an, solange keine Studien zur Hängung und Zugvorrichtung dieser
Objekte vorliegen (Abb. 48-50).

Sind es ästhetische Kriterien oder jene der barocken Inszenierung von Feiern, die
dazu führen, dass kaum noch ein Ring als vielmehr ein Knauf in Gestalt eines Bie-
nenkorbes, Zapfens oder einer Traube an der großen abschließenden Kugel barocker
Kronleuchter vorkommen?

Gegen die bisher ausschließlich funktional begründete Zweckbestimmung des Ringes


zur manuellen Bedienung und Höhenregulierung der Kronleuchter sprechen die feh-
lenden Gebrauchsspuren daran sowie eine Hängung am eisernen Gestänge (Abb. 53,
55). Gleichwohl sind nicht alle Unterhänge komplett erhalten oder sind nachträglich
ergänzt. Zudem erscheint die Löwenkopf-Maske mit Ring im Fang auch an vielen an-
deren Kunstgegenständen und Stellen, wo der Ring kaum aus praktischem Nutzen zu
begründen ist – wie zum Beispiel an Dalmatiken (wo dieses Detail offensichtlich kei-
nen Verschluss darstellt; 2. Hälfte 15. Jahrhundert, Brandenburg), an Predigtstühlen
(1591, Ribe/Dänemark, St. Katharinen -Kirche), ferner am Sockel von Gestühlskäs-
ten (Køge/Dänemark, St. Nikolai-Kirche), an Postamenten von Portalumrahmungen
(Wolfenbüttel, Evangelische Hauptkirche Beatae Mariae Virginis, Nordportal, datiert
1613; Hann.-Münden, Rathaus, datiert 1603-1605/09; Lübeck, Zeughaus, datiert
1594; Fulda, ehemalige Abtsburg, Ainbau 1607/12 sowie an Herrensitzen des 16./17.
Jahrhunderts wie zum Beispiel in Ampfurth/Sachsen-Anhalt oder Waldenburg-Glau-
chau/Thüringen), des Weiteren an Brunnenbecken, an Konsolen und Gesimsen von
Altären (Süderstapel 1609; Dassow, 1632; Boel 1649) sowie an (Prunk-)Epitaphien
(Schwerin, Dom, 1552; Arnstadt, Liebfrauenkirche, 1590) (Abb. 105-110).509

508
Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. II, T. 3: Stadt und Dom Brandenburg, Berlin
1912, S. 71.
509
Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Potsdam, 1979, S. 74 f. – Danmarks Kirker. Ribe
Amt, 2. Bd., 1974, S. 75 ff. und Abb. 63. – Danmarks Kirker. København Amt, Bd. 1, 1945-58,
S. 214 ff. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen‚ stark er-
weiterte Aufl. 1992, S. 1387 f., 643. – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck, Bd. 1,
2. T.: Rathaus und öffentliche Gebäude der Stadt, 1974, S. 311 f. – G. Dehio, Handbuch der deut-
schen Kunstdenkmäler. Hessen, 2. bearb. Aufl., 1982, S. 303. – G. Dehio, Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt. 1. Bezirk Magdeburg, 1990 (Nachdruck der Ausg. 1974), S. 9. –
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 13. H.:
Amtshauptmannschaft Glauchau, 1890, S. 34 ff. und T. 1. – Die Tatsache, dass Löwenkopf-Masken
überwiegend an Portalen der Renaissance vorkommen und dort nicht nur im Zusammenhang mit öf-
Kronleuchter-Unterhänge Seite 162

Insbesondere an den Predigtstühlen und Gestühlskästen des 16. und 17. Jahrhun-
derts erscheint die Deutung des Löwen als domestizierte Bestie offensichtlich. Dies
lässt sich an Kanzeln in der Landschaft Angeln exemplifizieren, wo die Reihung von
Fratzen in Metamorphose bis hin zum Löwenkopf mit Ring im Fang gegeben ist.510
Sie gelten als Werk des Heinrich Ringeringk/Ringeling (= 1629) aus Flensburg.511 Der
Name dieses Bildschnitzers ist dort auch in Zusammenhang mit einem Leuchter ak-
tenkundlich und weist in dieser Hinsicht Parallelen zu Kooperationen verschiedener
Gewerke in Hamburg auf (Hamburg, St. Katharinen-Kirche).512

Wo aber im Einzelnen die Urheberschaft und die Vorbilder dieses Tiermotivs für
Kronleuchter tatsächlich begründet sind, ist bisher noch unbekannt.

Neben biblischen und moralisierenden Aspekten im Dienste der Verkündigung des


Evangeliums, könnten die Löwenkopf-Masken an Predigtstühlen auch machtpolitisch
durch die Amtseinsetzung des Geistlichen begründet sein. Denn es wird lokal diffe-

fentlichen Gebäuden oder herrschaftlichen Anwesen, sondern auch an Bürgerhäusern spräche für ein
reines Gestaltungsmittel, vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg.
Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 21 (Hamburg, Evangelisches St. Katha-
rinen-Portal, 1642). – Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, Bd. 1, 1887, S.
574. – U. Mende hebt im Zusammenhang mit Löwenkopf-Türziehern des Mittelalters 1981 die viel-
schichtige Bedeutung des Löwen als Motiv hervor. – Eine Auswahl anderer Beispiele: G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und veränd.
Aufl. 1994, S. 867 (Tönning, Marktbrunnen, 1613), 855. – G. Dehio, Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock. Schwerin, 1980, S. 359, 55. – G. Dehio,
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Thüringen, 1998, S. 51. – Zum Ring an Unterhängen von
Kronleuchtern; s. u.a. Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Bd. II, T. 3: Stadt und Dom
Brandenburg, 1912, S. 71. – Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildes-
heim. 3. Der Kreis Marienburg, 1910, S. 192. – Das folgende Beispiel wird kaum in unmittelbaren
Bezug zur Gestaltung von Schaftkronleuchtern aus Messing in Norddeutschland zu betrachten sein,
doch scheint der programmatische Anspruch an Aussagen zur Herrschaftsauffassung – wie A. Kohler
es in der Biographie zu Karl V. formuliert – bedingt auch auf das Bildprogramm frühneuzeitlicher
Schaftkronleuchter mit heraldischem Doppel-Adler und Löwenkopf-Maske zuzutreffen. Das zwei-
felsohne repräsentative Beispiel für Löwendarstellungen mit Ring im Fang und für Adlermotive ist der
Palast (1533 begonnen) Kaiser Karls V. auf der Alhambra in Granada. – R. Wohlfeil weist auf 53 der-
artiger Tier-Ring-Kompositionen seit 1542 hin, s. E. Rosenthal, The Palace of Charles V., 1985. – R.
Wohlfeil, Kriegsheld oder Friedensfürst (…)‚ in: FS für Horst Rabe, 1996, S. 57-96, insbes. S. 74. –
A. Kohler, Karl V., 1500-1558. Eine Biographie, 1999, S. 109 f. – Im Zusammenhang mit
Schaftkronleuchtern wäre die Bezeichnung des Ringes als Zugvorrichtung sowohl anhand der Auf-
hängung im Kirchenraum als auch oberhalb der Gewölbekappen bzw. auf dem Kirchendachboden zu
exemplifizieren.
510
Zum Ringeringk-Umkreis werden die Kanzeln der Evangelischen Kirchen zugeordnet in: Översee (A.
17. Jh.), Fahrenstedt (Böklund; 1604), Grundhof (1606), Satrup (1607), Munkbrarup (1600/10),
Groß Solt (1614), Boel (1649), Toik (17. Jh.), Quern (1762). – Weitere Predigtstühle mit Lö-
wenköpfen in Schleswig-Holstein, die wie die zuvor genannten Exemplare oftmals Stiftungen der
Kirchgeschworenen oder Kirchspielvögte sind, kommen vor in: Mildstedt (1568 von Johann von Gro-
ningen), Gettorf (1598 von H. Gudewerdt d. Ä.), Bodelum (1633), Jörl (1634), Erfde (1635 von
J. Heidtmann d. Ä.), Kahleby (1637); s. dazu G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.
Hamburg. Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 172 f., 228, 283, 307, 309,
363, 626, 638, 671, 706, 760 f., 864 f.
511
C. Meier, Heinrich Ringerink und sein Kreis, Dissertation Kiel 1983, S. 165, Nr. 18.
512
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg, Bd. III: Hauptkirche St. Petri. St.
Katharinen. St. Jacobi, 1968, S. 132. – Hans von Damme 1589 eine neue Krone (Heilige Katharina
für Evangelische St. Katharinen-Kirche in Hamburg) und Jost Rogge, Bildschnitzer. Für die Ev. St. Ja-
kobi-Kirche in Hamburg erscheinen im Rechnungsbuch 1549-51 zeitgleich die Namen der Gießer
Poppe und Gardingk sowie die der Bildschnitzer Markus, Hans Sner und Claus Hannemann für ver-
schiedene Arbeiten.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 163

renziert, wo der König den Prediger ernennt oder die Kirchgeschworenen und Vögte
ihn präsentieren und die Gemeinde wählt.513

Mehrdeutig dürfte auch die Ikonographie der Löwenkopf-Masken als Unterhang früh-
neuzeitlicher Schaftkronleuchter sein. Sind sie sowohl konstruktiv als auch ideell das
Auflager der Kronleuchter-Komposition oder bilden sie als solches sowohl technisch
als auch proportional einen Gegenpol zur Bekrönung des Kronleuchters?

Die natürliche Stärke und majestätische Erscheinung des Löwen(männchens) – mit-


hin die führende Position in einer Hierarchie – eignen sich, einerseits gebündelt als
erhabene Schönheit dargestellt zu werden. Ihre unkritische Überbewertung und die
daraus resultierenden negativen Eigenschaften und Verzerrungen provozieren die
Karikatur.

Die darin sichtbare Polarisierung von – möglicherweise ästhetischen oder mentalen –


Extremen wäre ebenso wenig eine vorübergehende Zeiterscheinung wie es Hierar-
chie und Ordnung sind.

Insofern ist die Löwenkopf-Maske nicht nur der Renaissance zuzuordnen, sondern im
Rückgriff auf die Antike natürlich dort und doch auch weit bis in die Barockzeit als
Maskaron an Schaftkronleuchtern zu finden.

Das Motiv an sich bleibt erhalten. Der Wechsel von plastischem Formguss mit seinen
unterschiedlichen Ansprüchen an die Modellierung und Ziselierung bis hin zum relief-
artigen Maskaron – wie auch die Umplatzierung des Motivs vom Unterhang an den
Hals der Aufhängeöse bei neuzeitlichen Schaftkronleuchtern – weisen auf Umstruktu-
rierungen infolge von Neubewertungen hin (Abb. 41 f., 53 ff.). Der axiale Bezug zum
Leuchterstamm bleibt allerdings bestehen. Wurde in Kapitel 2 der vorliegenden Stu-
die die Gestaltung der hier thematisierten Beleuchtungsgeräte in ihrer Verbindung
zur Architektur wahrgenommen, so ist diese sowohl auf die Rezeption bestimmter
Details als auch auf die Berücksichtigung entsprechender Gesetzmäßigkeiten in der
Gestaltung zurückzuführen – wie aus der Korrelation von Architektur und Möbeln
bekannt.514

Unter diesen Gesichtspunkten erweist sich die auf den ersten Blick beliebige und be-
liebte Verwendung von Löwenkopf-Masken nicht allein als praktisch, vielmehr auch
ikonographisch begründet.

Unstrittig sind die Löwenkopf-Masken mit Ring im Fang bevorzugt dort zu finden, wo
konstruktive Kraft und Stärke anzuzeigen sind – wie zum Beispiel an Kohlebecken
oder an Schubkästen repräsentativer Verwahrmöbel. Inwieweit die Lokalisierung der
ausdrucksstarken Löwenkopf-Masken bedeutender Bauwerke und die folgende Sys-
tematisierung aufrechtzuerhalten sind, bedarf der weiteren Untersuchung:

513
J. v. Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig, 2. neu bearb. Aufl. 1854 (Neudruck 1984),
S. 446, 540 (exemplarisch für die zuvor genannten Orte, wo der König den Prediger ernennt).
514
J. Morley, Möbel Europas. Von der Antike bis zur Moderne. 2001. S. 123ff.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 164

Es zieren namentlich an architektonischen Portalumrahmungen die Löwenkopf-


Masken den Schlussstein im Entlastungsbogen profaner Architektur sowie die Posta-
mente entsprechender Aediculamotive von Sakralbauten oder adäquaten Residenzen
in Kirchenbesitz (Abb. 105-110).515

Hinsichtlich der Löwenkopf-Maske als Unterhang frühneuzeitlicher Kronleuchter aus


Messing oder Bronze ist offensichtlich, dass sich die einst knopfgroße Maske unter-
halb der Konsole spätgotischer Kronleuchter proportional zu der sich wandelnden
Morphologie frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter vergrößert sowie formal und stilis-
tisch verändert hat (Abb. 12, 13). Eine Beeinflussung durch die Geweihleuchter er-
scheint nahe liegend, da im Falle ihrer vertikalen Komposition der Tierschädel die
Basis bildet.

Der Bestand an Löwenkopf-Masken frühneuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Messing


ermöglicht es, die Tendenzen kunstgeographischer Strömungen für Messingerzeug-
nisse in Norddeutschland darzustellen, die Parallelen zu den Gestaltungskriterien mit-
telalterlicher Bronzeplastiken und kirchlicher Gerätschaften aus Gelbguss erkennen
lassen. Dazu gehören Erztaufen, Türzieher/Türklopfer, Aquamanile, Lesepulte und
Standleuchter (Oster-, Tisch- und Siebenarmiger Leuchter/Menorah).516

Für die Gestaltung der frühneuzeitlichen Kronleuchter-Unterhänge zeichnet sich in


Norddeutschland diese geographische Drittelung mit fließenden Grenzen ab:

515
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und
veränd. Aufl 1994, S. 416. – Für die Evangelische St. Katharinenkirche in Hamburg ist diese These
insofern zutreffend, da die vorgelagerten Portalumrahmungen von 1640 an der Süd- und von 1642
an der Nordseite des Gebäudes ursprünglich von Bürgerhäusern stammen, s. dazu Die Bau- und
Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg. Bd. III: Hauptkirche St. Petri. St. Katharinen.
St. Jakobi, 1968, Abb. 128 f. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg.
Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 21. – Niedersachsen, Monatsschr. f.
Kultur- und Heimatpflege in Niedersachsen, Jg. 44, 1939, S. 289 (Abb.). – Weitere Beispiele s.o.
516
Zu Geweihleuchtern, s. K. Jarmuth, Lichter, Leuchter im Abendland (1967), S. 179 ff. – Zu Löwen-
darstellungen, s. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen. II:
Westfalen, 1986, S. 318. – Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-
Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 378. – Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des
Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 156. – K. Jarmuth (1967), S. 61 ff. – P.
Seiler, Braunschweiger Burglöwe, in: Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentati-
on der Welfen 1125-1235, Bd. 1, Ausst.-Kat. des Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, 1995,
S. 176 ff., Nr. D 20. – Ebenso sind im Rahmen stilkritischer Analysen die Löwendarstellungen als
Topfiguren auf Kronleuchtern zu berücksichtigen: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. III.
Regierungsbezirk Lüneburg. 2. und 3. Stadt Lüneburg, 1906, S. 241. – Die Bau- und Kunstdenkmä-
ler der Freien und Hansestadt Lübeck. Bd. III: Kirchen zu Alt-Lübeck. Dom. Jakobikirche. Ägidienkir-
che, 1920, S. 430 f. mit Abb. – Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. 1. Regierungsbezirk Han-
nover. 3. Kreis Springe, 1941, S. 177. – E. Meyer, Der gotische Kronleuchter in Stans. Ein Beitrag
zur Geschichte der Dinanderie, in: FS H. R. Hahnloser zum 60. Geburtstag, 1959, Hg. E. Beer, 1961,
S. 151-184, insbes. S. 160 ff. mit Abb. – I. Schlosser, Evangelische Pfarrkirche zu Waase auf Um-
manz. (Kunst-/Kirchenführer), 1995, S. 20. – Diesbezügliche Abbildungen, die Herr J. Kilumets, Tal-
linn übersandte, zeigen, dass Estland stärker in die Forschungen einzubeziehen ist! – Angesichts der
vergleichbaren Löwendarstellungen auf den Kronleuchtern in Lübeck, Lüneburg und Rössing, Waa-
se/Ummanz (gestiftet 1632) sowie in Jüri/Tallinn und erkennbarer Parallelen zu Aquamanilen; s. U.
Mende, Niedersächsischer Bronzeguss – Transfer zwischen Zentren, in: Heinrich der Löwe und seine
Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125-1235, Bd. 1, Ausst.-Kat. des Herzog Anton Ul-
rich-Museum Braunschweig, 1995, S. 502 ff., G 25-29 und vgl. S. 612 f., G 109.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 165

Das Gros der Löwenkopf-Masken an Schaftkronleuchtern der Renaissance ist doppel-


seitig en face gestaltet. Unter diesen Hängeleuchtern in Norddeutschland, die in-
schriftlich datiert sind, können regionale Gliederungen nach bestimmten Grundfor-
men und Gravuren vorerst eine grobe Orientierungshilfe sein. Einige der unten vor-
gestellten Masken gehören als Unterhänge zu den in Kapitel 3 dieser Studie be-
schriebenen Kronleuchtern. Im Wesentlichen kann so beschrieben und unterschieden
werden, dass die Grundform der Maske als Unterhang eines Kronleuchters der Glie-
derung und Proportion der Spindel entspricht, die ebenfalls regionale Stilmerkmale
widerspiegeln kann.

In den westlichen Gebieten kennzeichnen eine konische Kopfform über einer gerade
abschließenden Grundfläche, eine subtile Modellierung sowie eine entsprechende sti-
lisierte Ziselierung die besagten Löwenkopf-Masken. Der Schwerpunkt der Gestal-
tung ist auf die obere Gesichtshälfte konzentriert, wo leicht diagonal ausgerichtete
Details – wie zum Beispiel die Augenform – zur konischen Grundform der Maske kor-
respondieren. Der Form und Größe nach entsprechen die Masken damit den zierli-
chen Winkelarmkronleuchtern mit dem balusterartigen Schaft. In den östlichen Lan-
desteilen fallen die tendenziell kastige Kopfform, die ausgeprägte Plastizität der Lef-
zen und Backentaschen sowie die auf einen Kranz oder stirnbandartig flachen Reifen
begrenzte Mähne auf. Der Schwerpunkt dieser horizontal ausgerichteten und orna-
mental aufgefassten Gestaltung konzentriert sich auf die Vorpommersche Küstenre-
gion. Um so mehr fallen dort die in malerischer Plastizität naturalistisch gehaltenen
Löwenkopf-Masken an den Kronleuchtern (1589/90) des Dominicus Slodt (aus Stral-
sund) in Barth auf.517

Im Binnenland zwischen Nord- und Ostsee entstehen komposite Formen, wo aus der
Verbindung dieser west- und östlichen Gestaltungsmerkmale der Löwenkopf-Masken
eine doppelkonische Maske wird. In der teils länglichen Form erinnert diese an den
Braunschweiger Burglöwen (um 1166), doch ist der Fang der Löwenkopf-Masken dort
tendenziell nicht stumpf abschließend, sondern leicht plastisch wie auch jener der
mittelalterlichen Aquamanile lüneburgischer Provenienz.518

Die Endbearbeitung der vollplastischen oder doppelseitigen Löwenkopf-Masken der


Renaissance-Kronleuchter wirkt im Duktus individuell und ist doch von Gussqualitä-
ten und vorgegebenen Grundformen beeinflusst. Neben der konischen, länglichen
oder breiten Kopfform, die subtil modelliert oder sehr plastisch sein kann, bilden die
modellierten und/oder ziselierten physiognomischen Details weitere stilistische Un-
terscheidungskriterien: Die Stellung der Augen und der Grad ihrer stilisierten bis na-
turalistischen Gestaltung je nach Art der Lidfalten, der Wimpern sowie der mehr oder

517
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock.
Schwerin. 1980, S. 19.
518
Allgemein s. O. v. Falke/E. Meyer, Romanische Leuchter und Gefäße. Gießgefäße der Gotik (1983),
S. 38 ff. – U. Mende, Produkte aus Metall, in: Landesausstellung Niedersachsen 1985, Stadt im Wan-
del. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150-1650, Bd. 2, Ausst.-Kat., Braun-
schweigisches Landesmuseum, 1985, S. 852-861. – J. Barfod, Kirchliche Kunst in Schleswig-
Holstein. Kat. d. Slg. des Städtischen Museums Flensburg, 1986, S. 119 f., Nr. 190.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 166

weniger buschigen Augenbrauen bzw. Tasthaare. Im gegenteiligen Falle der orna-


mental-dekorativen Auffassung können diese aus Blattwerk gebildet sein. Weitere
Merkmale sind: Die Länge und Breite sowie die herzförmige, spitze oder knollige
Form der Schnauze. Die Betonung der Lefzen – in Unter- oder Aufsicht – durch an-
gedeutete Barthaare mittels diffuser Punzierungen oder unterschiedlich ausgeführter
Wellenlinien. Der Fang als breite Zahnfront, schmale Linie oder rhombusartig weite
Öffnung. Die Form und Position der Ohren. Nicht zuletzt prägt die flächige bis kranz-
artige Gestaltung des Mähnenkragens das Erscheinungsbild der Löwenkopf-Maske
entscheidend.

Dazu einige Beispiele, die die Vielfalt der Masken und die Tendenzen ihrer Verbrei-
tung verdeutlichen, um auf dieser Grundlage zeit- und regionalspezifische bzw. stilis-
tische Charakteristika einzugrenzen.

Die spätgotischen Schaftkronleuchter in Dortmund und in Woltersdorf/Uckermark


oder der Tabernakelkronleuchter in Waase/Ummanz weisen einen protomähnlichen,
aber proportional unauffälligen Tierkopf als unteren Abschluss auf. Dort ist der Mäh-
nenkragen flach als Zackenkranz oder -krone zu sehen (Abb. 12).519

Der in die gleiche Zeit datierte Kapellenkronleuchter im Rathaus zu Goslar dagegen


besitzt wie ein Schaftkronleuchter (1480) aus Messing im Victoria & Albert Museum
in London eine vollplastische Löwenkopf-Maske als Unterhang. Eine weitere Maske
von ähnlicher Gestalt wie in Goslar und in Verbindung mit einer Muttergottes-
Statuette befindet sich an einem Schaftkronleuchter in Graese/Dänemark. An der
Löwenkopf-Maske fallen neben der Tatsache, dass diese Maske nicht als Doppelkopf
gestaltet ist, die längliche Kopfform, das Profil sowie die Modellierung der Mähne auf.
Letztere wird durch den rhythmischen Wechsel von zwei kurzen und einer langen
kehlenartigen Vertiefung dargestellt. Diese endet als Volute. Die kurzen Strichelun-
gen dazwischen scheinen Fell anzudeuten (Abb. 13, 14).520

519
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Dortmund Stadt, 1894, S. 39 und Taf. 30. –
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg, 2000, S. 1134. – Vgl. die jünge-
ren Kronleuchter in Lübeck, Evangelische St. Jakobikirche oder zum Beispiel in Plau am See; s. Die
Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. III: Kirchen zu Alt-Lübeck. Dom.
Jakobikirche. Ägidienkirche, 1920, S. 430 f. mit Abb. – Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des
Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, IV. Bd.: Schwaan, Bützow, Sternberg, Güstrow, Krakow,
Goldberg, Parchim, Lübz und Plau, 2. Aufl. 1901, S. 595 (Abb.), 596. – S. Bock/T. Helms, Mecklen-
burg-Vorpommern: Kirchen in Städten, o.J., S. 50 f. (Abb.).
520
H.-G. Griep, Ein Goslarer Kronleuchter in Münnerstadt, in: Harz-Ztschr., Jg. 13, 1961, S. 103-117,
Taf. XXII-XXV. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neu-
bearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 547. – Vgl. diesen Kapellenkronleuchter und den unteren Abschluss
der Korbkronleuchter – wie zum Beispiel in der Pfarrkirche zu Braunsberg; s. Die Bau- und Kunst-
denkmäler der Provinz Ostpreußen. H. IV: Das Ermland, 1894, S. 54, Abb. 48. – Zum Größenunter-
schied der Löwenköpfe an spätgotischen und frühneuzeitlichen Schaftkronleuchtern vgl. mit dem an-
gegebenen Exemplar in London einen Leuchter der Coll. Dressmann, Amsterdam, sowie ferner die
bei K. Jarmuth abgebildeten Objekte unter Nr. 91 f.; s. K. Jarmuth, Lichter, Leuchten im Abendland
(1967), S. 101 (Abb. 87), 102 (Abb. 88), 107 (Abb. 91), 108 (Abb. 92). Der zuletzt genannte
Schaftkronleuchter mit einer bekrönenden Muttergottes-Statuette im Strahlenkranz in Aachen, St.
Jakob-Kirche, weist wie der Kapellenkronleuchter in Goslar einen vollplastischen Löwenkopf auf. –
Siehe auch Danmarks Kirker. Frederiksborg Amt, 4. Bd., 1975, S. 2210 f. (Abb.). – Zu Unterschei-
dungskriterien von Löwenköpfen im Metallguss; s. U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, 1981,
S. 104 f.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 167

Die stilistischen Parallelen der Unterhänge an den Schaftkronleuchtern „Wilder Mann“


in Rühle/Solling-Vogler (Abb. 86), „gekrönter Doppel-Adler“ in Spenge/Herford und
in der Simeon-Kirche in Minden am Kronleuchter „Salvator mundi“ (17. Jahrhundert)
scheinen regionale Merkmale und niederländische Einflüsse zu dokumentieren. Denn
diese sind auch anhand der vergleichbaren gekrönten Doppel-Adler als Topfiguren
der Kronleuchter in Spenge/Herford und Hameln erkennbar.

Während die Löwenkopf-Maske in Minden stilistisch jener in Goslar ähnelt, bilden die
teils horizontalen und teils vertikalen Gravuren am Unterhang des Kronleuchters in
Rühle eine Mischung östlicher und westlicher Gestaltungselemente. Doch hier sind
die Lefzen nicht plastisch abgerundet. Eine dichte Strichelung betont den vorgeform-
ten Mähnenkragen. In Spenge wird dieser durch Blattmotive angedeutet.521

Eine weitere einseitige Löwenkopf-Maske kommt in der Frauenkirche in Oden-


se/Dänemark vor. Dieses Exempar ist breiter als die zuvor genannten Beispiele. Die
ornamentalen Gravuren konzentrieren sich auf die fast segelartig ausschwingenden
Augenbrauen und die fontänenartig gestaltete Stirnwulst. Am Kronleuchter sprechen
zwar die kurze Spindel, die winkeligen Leuchterarme und die Figurenkombination von
bekrönendem ungekröntem heraldischen Doppel-Adler und der Löwenkopf-Maske als
Unterhang für einen Kronleuchter der Renaissance. Ungewöhnlich im Verhältnis zu
jenen datierten Kronleuchtern erscheint der wie ein Kandelaber reich ornamentierte
und in Kegel und in Baluster unterteilte, stark gegliederte Schaft des Hängeleuchters
in Odense, der zwischen der untersten Nutenscheibe und der Löwenkopf-Maske nicht
gestuft, sondern kelchförmig endet.522

Deutliche Unterschiede bestehen in Deutschland überregional zwischen den Tierkopf-


Unterhängen der Schaftkronleuchter verschiedener Jahrzehnte: „Salvator mundi“
(1557) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in Stralsund (Abb. 88 a-h)523, „Mut-
tergottes“ (Abb. 89) und „Büttel“ von 1572 (Abb. 66, 67 f.) in der Evangeli-
schen St. Severi-Kirche in Otterndorf,524 ferner ein Messingkronleuchter mit einer
männlichen Topfigur (Abb. 85 f.) in der Evangelischen Stadtkirche in Gadebusch/
Schwerin,525 als ein weiteres Beispiel ist ein Kronleuchter in der Evangeli-
schen St. Martini-Kirche in Braunschweig zu nennen. Dieser wird innerhalb des nie-
dersächsischen Inventars der Bau- und Kunstdenkmäler nicht beschrieben, jedoch in

521
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig. 4. Bd.: Kreis Holzminden, 1907,
S. 99. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Herford, 1908, S. 83 und Taf. 72. –
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 589 f.
522
Danmarks Kirker. Odense Amt, 1938-84.
523
Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Mit Stral-
sund, Greifswald, Rügen und Usedom, 1995, S. 144.
524
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Land Hadeln und Stadt Cux-
haven, Textband, 1965, S. 283.
525
Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. II. Bd.: Die Amts-
gerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin, 2. Aufl. 1899, S. 479. –
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock.
Schwerin, 1980, S. 92.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 168

das Jahr 1584 datiert.526 Dieser Kronleuchter ist inschriftlich dem „Borgemester Kale
alher“ gewidmet. Eine Grabplatte in der Evangelischen St. Martini-Kirche in Braun-
schweig erlaubt den Rückschluss, dass es sich hierbei um den Bürgermeister Jobst
Kale handeln dürfte, der im Jahre 1584 verstarb (Abb. 91);527 denn etliche Kron-
leuchter aus Metall sind Memorial-Stiftungen.

In Wittenburg/Schwerin kommt in der Evangelischen Stadtkirche unter anderem ein


Kronleuchter vor (Abb. 92), der inschriftlich in das Jahr 1586 datiert ist und den ein
gekrönter Doppel-Adler ziert.528 Der hier zusammengestellten Chronologie der In-
schriften auf Kronleuchtern folgend, stammt der nächste erhaltene von 1587. Dieses
Exemplar trägt das gleiche Motiv wie der zuvor genannte und hängt in der Evangeli-
schen Stadtkirche von Lübeck-Schlutup (Abb. 93), der ehemaligen Filialkirche der St.
Jakobi-Kirche Lübeck. Und auch ein vergleichbarer Schaftkronleuchter mit zwölf
Leuchterarmen und diesem Bildprogramm im Dom zu Lübeck dürfte in dieser Zeit
entstanden sein (Abb. 102). Ein weiteres Exemplar ist für Stade inventarisiert, be-
sitzt allerdings keinen Unterhang (mehr).529

Ein gekrönter, heraldischer Doppel-Adler bekrönt auch einen Kronleuchter mit einer
Löwenkopf-Maske als Unterhang in der Evangelischen St. Petri-Kirche in Buxtehude.
Dieser wurde im Jahre 1589 von Hans Bars gegossen.530 Schließlich wären noch die-
se vier Kronleuchter in Norddeutschland zu nennen, die ebenfalls nachweislich im
ausgehenden 16. Jahrhundert entstanden sind. Dazu gehören die beiden Kronleuch-
ter von 1589/90 des Dominicus Slodt in der Evangelischen St. Marien-Kirche in Barth
bei Stralsund.

526
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig, 2. erw. und mit 158 Abb. versehene Aufl.,
1926, S. 23, 30. (Neben Kunze Behme werden ferner Arend Greten und Hans Meißner im Zusam-
menhang mit Leuchtern erwähnt. Gegenüber diesem älteren amtlichen Kunstdenkmäler-Inventar ist
in G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen. 2. stark erw. Aufl.
1992, S. 277 nur für die Evangelische St. Martinikirche in Braunschweig ein Kronleuchter mit der Da-
tierung 1584 verzeichnet. Offensichtlich handelt es sich hier um jenen Kronleuchter der im älteren
amtlichen Länderinventar der Bau- und Kunstdenkmäler (1926, S. 23) „um 1600“ bezeichnet ist. Ei-
ner historischen Fotografie des Innenraumes von St. Andreas in Braunschweig zufolge bildet der dort
wiedergegebene Kronleuchter, der in das Jahr 1584 datiert und Kunze Behme zugeschrieben wird
(s. Inv. 1926, S. 30), annähernd ein Pendant zu jenem Exemplar in der Evangelischen St. Mar-
tinikirche, das dann wohl gleichfalls aus der Werkstatt Behmes stammen dürfte; s. R. Slawski, St.
Andreas - Neustadt - Braunschweig, 1996, S. 41. – Unter Berufung auf die 27 Jahre zurückliegende
Restaurierung des besagten Leuchters in St. Martini (mit Erneuerung der Aufhängung, Ergänzung
der Leuchterarme und Elektrifizierung) und die Aufzeichnungen „Mittelalterliche Kirchen in Braun-
schweig“ seines Amtsvorgängers Dorn beschreibt Herr Koch, Dezernat für Bauwesen der Landeskir-
che Braunschweig dieses Beleuchtungsgerät als Flämischen Kronleuchter mit Doppel-Adler als Zei-
chen der Reichsfreiheit.
527
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen. Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 277.
528
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock. Schwerin, 1980,
S. 459.
529
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und
veränd. Aufl. 1994, S. 450, 476, 604. Vgl. zu S. 604: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und
Hansestadt Lübeck, Bd. IV, 1928, S. 554.
530
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade, 1965,
S. 198 f.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 169

Wohl um 1594 entstand einer der insgesamt vier Kronleuchter in der Kirche des Ade-
ligen Klosters Preetz/Schleswig-Holstein.531 Diesen sechsarmigen Kronleuchter mit
der doppelten Löwenkopf-Maske ziert ein gekrönter heraldischer Doppel-Adler, der
als Motiv auch den zwei Jahre jüngeren, zehnarmigen Leuchter der Evangeli-
schen St. Johannis-Kirche in Hamburg-Neuengamme bekrönt.

Anhand der oben chronologisch genannten Kronleuchter werden im Folgenden stilis-


tische Gemeinsamkeiten und Unterschiede unter den Löwenkopf-Masken exemplifi-
ziert:

Der Unterhang des Kronleuchters „Salvator mundi“ (1557) in der Evangeli-


schen St. Marien-Kirche Stralsund wirkt nahezu quadratisch.532 Dabei ist – insbeson-
dere in den östlichen Gebieten des alten Reiches – die stirnbandartig begrenzte Mäh-
ne typisch. Am besagten Leuchter in Stralsund wird diese aus einem Kranz stilisierter
Locken aufgebaut. Die Enden der gleichmäßig breiten, gravierten Haarstränge liegen
über Kreuz und bilden paarweise gegenläufige Schlaufen. Nach bisheriger Kenntnis
kommt diese Form an den bedeutend jüngeren Löwenkopf-Masken der Kronleuchter
533
in Flensburg, Evangelische St. Nikolaikirche , Hohenaspe, Evangelische Kirche und
534
in Sterup, Evangelische St. Laurentius-Kirche wieder vor , obschon letztere ihrer
länglichen Grundform nach und mit kaum ausgeprägten Lefzen der westlichen Tradi-
tion entsprechen.535 Am zuvor genannten Leuchter in Stralsund steht die enorme
Plastizität der Schnauze im Zeichen des breiten Grundformats der Maske. Ferner un-
terstreicht die horizontale Stellung der mandelförmigen Augen, die mittels gestrichel-
ter Wimpernbogen akzentuiert sind und mittig weite Pupillen aufweisen, diesen Ein-
druck. Vergleichbare Löwenkopf-Masken, die in der oberen Gesichtshälfte den teils
starren Blick und maskenhafte Züge aufweisen, aber aufgrund der Ausformung des
Fanges naturalistisch wirken, kommen an Kronleuchtern in der Heilig-Geist-Kirche
sowie im Museum in Wismar vor. Demgegenüber stellen die Löwenkopf-Masken der
Kronleuchter (1589/90) im nahe der Hansestadt Stralsund gelegenen Barth (Evange-
lische St. Marien-Kirche) den absoluten Höhepunkt der malerischen Modellierung
dar.536 Hier ist die naturalistische Plastizität soweit vorangetrieben, dass der Fang
nicht mehr aus der Untersicht, sondern frontal sichtbar ist. Die Augenform erscheint
als Mischung östlich und westlich geprägter Stilmittel. Während das Oberlid sowohl
horizontal ausgerichtet als auch durch Wimpern und auffällig lange, geschwungene
Augenbrauen bzw. Tasthaare begrenzt ist, entsprechen der diagonale Verlauf des
unteren Lidrandes und die dezentrale Position der Pupillen der westlichen Tradition,
Löwenkopf-Masken zu gestalten. Es entspricht diese Form zum Beispiel auch der na-

531
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubrandenburg. Rostock.
Schwerin, 1980, S. 19. – Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-
Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 699, 90.
532
Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Mit Stral-
sund, Greifswald, Rügen und Usedom, 1995, S. 144.
533
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein, Stadt Flensburg, 1955, S. 188.
534
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 797.
535
Ebd., S. 317.
536
N. Buske, Kirchen in Barth, 1997, S. 34, 37 (Abb.)
Kronleuchter-Unterhänge Seite 170

turnahen Darstellung eines Löwen (1521) von Albrecht Dürer (1471-1528).537 Beid-
seitig des Gesichts deuten symmetrische Wellenlinien die Mähne an. Das in Haar-
stränge und -locken geteilte Haupthaar weicht von der seitlich ornamentalen Rhyth-
misierung ab. Eine vergleichbare Löwenkopf-Maske (1591) kommt als Konsole (Abb.
108) am Kanzelkorb in der Evangelischen St. Katharinen-Kirche in Ribe/Dänemark
vor.538

Jüngere Kronleuchter respektive Löwenkopf-Masken dieser Region – wie ein Beispiel


im Westeingang der Evangelischen St. Marien-Kirche in Bergen/Rügen539 – scheinen
dagegen formal am älteren Kronleuchter-Bestand in Mecklenburg-Vorpommern, das
heißt am Kronleuchter „Salvator mundi“ (1557) in Stralsund, orientiert. Letzterer ist
allerdings bedeutend aufwändiger gestaltet. In Bergen deutet nur ein Reif aus schab-
lonenartigen S-Formen die Mähne des Löwenkopfes an. Auch Feinheiten in Gestalt
von Wimpern oder die differenzierte Bearbeitung des Ringes im Fang fehlen dort
(Abb. 62, 63).

In Richtung Nordwesten kommt unter den Schaftkronleuchtern aus Messing des aus-
gehenden 16. Jahrhunderts die breitformatige Löwenkopf-Maske (Abb. 153) wohl nur
in Bremen und in der Evangelischen St. Wilhadi-Kirche in Stade vor.540 Dort, in Sta-
de, fällt eine subtile Modellierung der Maske auf, die für westlich geprägte Unterhän-
ge an Schaftkronleuchtern typisch sind – weniger dagegen die grobe Skizzierung der
Physiognomie. Denn etliche sind teils reich, teils phantasievoll ziseliert. Die kompak-
te Morphologie des Kronleuchters „Herrscherfigur“ in Stade (Ende 16. Jahrhundert)
dagegen entspricht dem nicht mehr erhaltenen Schaftkronleuchter mit einer Mutter-
gottes in der Mandorla (1562) im nahe gelegenen Balje.541 Dieser wiederum besaß
die S-förmigen Leuchterarme, die mit ihren aufgebogenen inneren Enden verstärkt in
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verbreitet sind und in dieser Gestaltung
an einem Kronleuchter „Muttergottes“ in Plau am See vorkommen (Abb. 90). Stilisti-
sche Parallelen ergeben sich für den Kronleuchter „Herrscherfigur“ in Stade zu den
ältesten Kronleuchtern (inschriftlich datiert 1572) der Evangelischen St. Severi-
Kirche im nahen Otterndorf.542 Über den Typus des Winkelarmkronleuchters hinaus
bestehen diese insbesondere im Habitus der Statuetten und in der Modellierung der
Gewänder. In Otterndorf entspricht die auffallend konische, aber fein modellierte Lö-
wenkopf-Maske der Kronleuchter „Muttergottes“ (Abb. 89) und „Büttel“ der Komposi-
tion dieser Beleuchtungsgeräte insgesamt.

537
C. Dodgson, Albrecht Dürer. Engravings and Etchings, 1967, S. 41, Nr. 31.
538
Danmarks Kirker. Ribe Amt, 2. Bd., 1984, S. 752 f.
539
Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Mit Stral-
sund, Greifswald, Rügen und Usedom, 1995, S. 470.
540
R. Stein, Romanische, Gotische und Renaissance-Baukunst in Bremen, 1962, Abb. 36. – Die Kunst-
denkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Stadt Stade, Textband, 1960, S. 66,
Nr. 58 und s. ebd., Bildband, 1965, Abb. 78, 82.
541
Ebd. (Textband), S. 84, (Bildband) Nr. 49.
542
S. Bock/T. Helms, Mecklenburg-Vorpommern. Kirchen in Städten. o.J., S. 50 f. – Die Kunstdenkmale
des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Land Hadeln und Stadt Cuxhaven, Textband,
1956, S. 283.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 171

Der Unterhang des Leuchters mit der Bekrönung eines Gerichtsdieners sieht folgen-
dermaßen aus: Die schmale Schnauze geht in den annähernd parabelförmigen Stirn-
wulst über, die als polierte Fläche mit den Details Augen und Mähne kontrastiert.
Dadurch sind die schrägen Katzenaugen noch markanter, die durch das axial-sym-
metrische Lineament der schwach segmentbogenförmig modellierten Mähne zusätz-
lich betont wird. Darin sind Anklänge an die Löwenkopf-Türzieher des Mittelalters
rheinischer Provenienz erkennbar.543

Anders als bei den im Binnenland und nach Osten Norddeutschlands verbreiteten
Löwenkopf-Masken an Kronleuchtern aus Metall sind die Ohren nicht in die – teils
ornamentalen – Gravuren und Gestaltung der Mähne integriert, sondern sitzen trop-
fenförmig oberhalb der Kandare. Davon weicht die Löwenkopf-Maske des Kronleuch-
ters „Muttergottes“ in Otterndorf ab. Die schwach plastischen Lefzen und die
Schnauze des Tierkopfes weisen auf die doppelkonischen Masken an Kronleuchtern
im norddeutschen Binnenland hin. Wie die Unterhänge der Kronleuchter in der Evan-
gelischen St. Johannis-Kirche in Hamburg-Neuengamme (1596, „Gekrönter, heraldi-
scher Doppel-Adler“) (Abb. 75) und der Landsknechtkronleuchter in der Evangeli-
schen St. Laurentius-Kirche in Kosel/Eckernförde bieten vermehrte Gravuren das Bild
eines Horror vacui, was aufgrund eingetrockneter, weißlicher Putzmittelreste in den
Vertiefungen noch auffälliger ist.544 Auf die Löwenkopf-Maske in Otterndorf, Evan-
gelische Kirche St. Severi, sind lanzettliche Blätter graviert, in Hamburg-Neuengam-
me sind es dichte Wimpern und in Kosel überziehen dicht aneinander gereihte
Schrägstriche als Augenbrauen die Stirnwulst. Und in allen drei Fällen sind auf den
Lefzen durch gedoppelte Wellenlinien die Schnurrhaare angedeutet.

Eine derartige Betonung der Lefzen zeigen auch die Löwenkopf-Türzieher rheinischen
Einflusses. Am Kronleuchter „Muttergottes“ in Otterndorf ist der Fang der Löwenkopf-
Maske zusätzlich durch Punzierungen betont (Abb. 89). Diese Bearbeitung der Ober-
fläche kommt auch gegen Ende des 16. Jahrhunderts und Anfang des 17. Jahrhun-
derts an den breiteren und plastischen Löwenköpfen der Kronleuchter in Lübeck-
Schlutup (inschriftlich datiert 1587), Tondern/Dänemark (inschriftlich datiert
1594/95), Adeliges Kloster Preetz (Kronleuchter, wohl um 1594), Hamburg-Kirch-
werder (inschriftlich datiert 1602), Welt/Eiderstedt (17. Jahrhundert) sowie in Nordha-
stedt/Heide in Schleswig-Holstein und Aurich/Ostfriesland (18. Jahrhundert) vor (Abb.
93, 98, 101, 125).545 Ein weiteres Merkmal ist die Gestaltung der Zahnfront. An der
Maske in Hamburg-Neuengamme sind diese durch eine Zickzacklinie bzw. mittels
Dreiecke dargestellt (Abb. 75). Diese Unterscheidungskriterien, die schon die Löwen-
Aquamanile niedersächsischer Provenienz in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts kenn-
zeichnen, gelten demnach auch noch für die Löwenkopf-Masken an Kronleuchtern

543
U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, 1981.
544
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 203.
545
Danmarks Kirker. Sønderjylland. Tønder Amt, 1957, S. 58. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein,
1979, S. 243 (Abb. 566), 244, 599 f., 885. – Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hanse-
stadt Hamburg. Bergedorf. Vierlande. Marschlande, 1953, S. 104-112 und Abb. 137-140, vgl. ebd.,
Abb. 205.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 172

des ausgehenden 16. Jahrhunderts und der Folgejahre. Auf welche Werkstätten der
Duktus der Gravuren schließen lässt, der an den Löwenkopf-Masken mit Ring im
Fang offensichtlicher voneinander abweicht als an den anderen Details der Kron-
leuchter, wäre eingehender zu untersuchen. Zweifelsohne beinhaltet die manuelle
Bearbeitung schon an ein und demselben Objekt gewisse Schwankungen. Der ästhe-
tische Anspruch an eine kongruente Ausführung gleicher Motive ist von der techni-
schen Handhabung der Werkzeuge zu trennen.

Als jüngeres Beispiel, das in der Nachfolge der anderen subtil modellierten Löwen-
kopf-Maske des Kronleuchters „Büttel“ (inschriftlich datiert 1572) in Otterndorf ste-
hen könnte, ist ein Kronleuchter in der Evangelischen Kirche in Munkbrarup/Angeln
zu nennen. Diese Stiftung von 1677 des Hans Friedrich August von Worgwitz, Hof-
meister, Geheimrat und Amtmann des Herzogs Christian (reg. 1663-1698) von
Glücksburg weist Merkmale der so genannten frühneuzeitlichen Winkelarmkrone
auf.546 Wie die in Kapitel 3 beschriebenen Leuchter zwischen Nieder- und Unterelbe
im nördlichen Niedersachsen – mit Ausnahme des Kronleuchters (1596) in Hamburg-
Neuengamme – zieren auch am Kronleuchter in Munkbrarup flache, getrenntblättrige
Blüten die inneren Leuchterarmenden.

Die Schaftkolonne des Leuchters folgt im Wesentlichen dem Aufbau der Kronleuchter
in nordöstlicher Richtung des alten Reiches und weist mit der gestauchten Kugel ober-
halb des Löwenkopfes auf die Formen des Barock hin. Die nahezu identischen Bekrö-
nungen des gekrönten, heraldischen Doppel-Adlers und die gleiche Aufhängevorrich-
tung verbinden andererseits diesen Kronleuchter mit dem zuvor erwähnten in Ham-
burg-Neuengamme (1596); ein zwei Jahre älterer Kronleuchter im Adeligen Kloster
Preetz/Schleswig-Holstein trägt eine derartige Topfigur weicht aber in Details der
Leuchterarme und der Löwenkopf-Maske von den anderen Beispielen ab.

Gegenüber diesen zuvor genannten gegensätzlichen Exemplaren von Löwenkopf-


Masken an Metallkronleuchtern der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts im Osten und im
Westen Norddeutschlands stellen derartige Unterhänge im Binnenland häufig eine
Mischform beider Stilrichtungen dar. So besitzt der Löwenkopf am Kronleuchter (in-
schriftlich datiert 1584) in der Evangelischen St. Martini-Kirche in Braunschweig wie
die kaum älteren Kronleuchter in westlicher Richtung des Niedersächsischen Reichs-
kreises (16. Jahrhundert) en face ein längliches und breites Format. Gravierte Wel-
lenlinien deuten Schnurrhaare an und betonen so den Fang. Besonders einprägsam
sind dort ebenfalls die Blattformen, die die Augenbrauen und Stirnfalte beschreiben –
wie sie an den jüngeren Kronleuchtern im Adeligen Kloster Preetz (um 1594) und in
der Evangelischen Kirche in Wilster (17. Jahrhundert) auftreten. Und es fallen ande-
rerseits die plastischen Lefzen und die als Haarkranz gestaltete Mähne auf – wie sie
am Kronleuchter „Salvator mundi“ (1557) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in
Stralsund vorkommen. Auch der Ring im Fang, der mit menschlichen Köpfen durch-
setzt ist, spricht für eine Orientierung an Gestaltungsmitteln, die im Osten verbreitet

546
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 304.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 173

sind (Abb. 55, 88, 91).547 Sowohl morphologische als auch dekorative Details – wie
die Gliederung der Spindel und die Form der Leuchterarme mit ihrer großen Innenvo-
lute, die in Tierköpfen münden – lassen Parallelen der Kronleuchter (1584) in Braun-
schweig, Evangelische St. Martini und Hannover, Kreuzkirche, östlicher Kronleuchter
mit Löwenkopf-Maske andererseits eine gewisse Vorbildfunktion für den mittleren
Kronleuchter in der Evangelischen St. Petri-Kirche in Buxtehude erkennen.548

Obschon die schwach doppelkonische Löwenkopf-Maske des zuvor erwähnten Re-


naissance-Kronleuchters im Adeligen Kloster Preetz eine Verbindung östlicher und
westlicher Stilelemente in der Messingverarbeitung erkennen lässt, weist die Morpho-
logie des Leuchters insgesamt Richtung Osten. Dafür sprechen sowohl die Schaftko-
lonne als auch die dort zur Spindel hin aufgebogenen Leuchterarme, die in männli-
chen Masken enden (Abb. 19). Sowohl die S-förmigen Zierbänder als auch die for-
male Gestaltung des gekrönten Doppel-Adlers erscheinen an einem messingnen
Kronleuchter in Danzig, der in das beginnende 17. Jahrhundert datiert wird. Und an
diesen beiden Kronleuchtern fallen zudem die Flügel des heraldischen Vogels auf;
denn sie scheinen in dieser Ausprägung eher selten, wo der Armteil mittels eines
schmalen Wellenbandes angedeutet ist und die Armschwingen aus angedeuteten ein-
zelnen, langen Federn bestehen, die zur Handschwinge hin nur wenig verkürzt sind.

Im Gegensatz zu dem besagten Kronleuchter in Preetz repräsentiert die Gestaltung


des Exemplars in Hamburg-Neuengamme mit dem Balusterschaft und den eingestell-
ten Pflanzenknospen am inneren Ende der zehn Leuchterarme die Winkelarmkrone
als Kronleuchtertyp, der südlich der Elbe in Nordniedersachsen verbreitet ist. Eine
verhältnismäßig kurze Waagerechte der Leuchterarme unterscheidet diese beiden
Schaftkronleuchter in Hamburg-Neuengamme (1596) und Preetz (um 1594) von je-
nen in Lübeck-Schlutup (1587) und Lübeck (16. Jahrhundert, Dom) mit ihren raum-
greifenden Leuchterarmen (Abb. 75, 93, 98, 102).549 Diese weisen zwar das gleiche
ikonographische Programm mit einer Löwenkopf-Maske als Unterhang und der Topfi-
gur eines gekrönten Doppel-Adlers auf, lassen aber zugleich stilistische Unterschiede
des Figurenschmucks erkennen: Schaftkronleuchter mit formal vergleichbaren Be-
krönungsfiguren und einer annähernd adäquaten oder auch unterschiedlichen Mor-
phologie haben nicht zwangsläufig stilistisch identische Unterhänge. Demgegenüber
können Schaftkronleuchter mit verschiedenartigen Topfiguren wider Erwarten mit
sehr ähnlichen Löwenkopf-Masken nach unten abschließen. Wie zum Beispiel in Ot-

547
Ebd. S. 831. – Zu dieser Gestaltung des Ringes im Fang der Löwenkopf-Masken an Schaftkronleuchtern
des 16. Jh.; s. u.a. Barth/Vorpommern, Evangelische St. Marien-Kirche, Kronleuchter (1589/90). –
Vgl. mittelalterliche Aquamanile und Türzieher, dort sind die Menschenköpfe direkt im Fang der Tiere
dargestellt; s. u.a. U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, 1981, Abb. 114, 146 f., 150.
548
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen. Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 277, 334.
549
Zu den Flügeln des Doppel-Adlers; s. u.a. Bau- und Kunstdenkmäler des deutschen Ostens. Stadt
Danzig, Reihe A, Bd. 3, Sankt Nikolai, St. Joseph, Königliche Kapelle Heiliger Leichnam, St. Salvator.
1959, S. 259 f. mit Abb. 191. – Zu den Leuchterarmen; s. u.a. Verzeichnis der Kunstdenkmäler der
Provinz Posen. III.: Landkreise des Regierungsbezirks Posen, 1896, S. 184 (Abb. 125), 185. – Die
Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade, Textband,
1965, S. 198 f.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 174

terndorf (Schaftkronleuchter „Büttel“, 1572) und in Hamburg-Neuengamme


(Schaftkronleuchter „Doppel-Adler, gekrönt“, 1596) (Abb. 66, 67, 74, 75).

So, wie die Kronleuchter respektive Unterhänge verschiedener Jahrzehnte diese zu-
vor erwähnten Orte und teils Hansestädte überregionale Unterschiede erkennen las-
sen, treten spezifische Stilmerkmale auch an den kleineren Messingkronleuchtern
eines Jahrzehnts auf.

Geographisch und chronologisch liegen die inschriftlich datierten Kronleuchter der


Evangelischen Stadtkirchen in Gadebusch (1582), Wittenburg (1586) und Lübeck-
Schlutup (1587) nahe zusammen. Sehr unterschiedlich sind die Löwenkopf-Masken
als Unterhänge – insbesondere jener Schaftkronleuchter der damaligen Residenz-
städte Gadebusch und Wittenburg (Abb. 66, 67, 85, 92).

In Gadebusch besteht die besagte Maske aus der länglichen, konischen Form wie sie
im Westen des Niedersächsischen Reichskreises (Anfang 16. Jahrhundert) überwie-
gend gebräuchlich ist. Zudem weist sie die subtile, kaum dekorierte Modellierung
auf, die anhand des acht Jahre älteren Kronleuchters „Büttel“ in Otterndorf zuerst
vorgestellt wurde. Proportional zur geringen Höhe der Leuchter finden sich vergleich-
bar komprimierte Masken an den Messingkronleuchtern der Evangelischen Kirchen in
Flegessen/Bad Münder am Deister und in Minden.550 Am Kronleuchter in Gadebusch
sind an der Löwenkopf-Maske die Gravuren auf den wulstigen Haarkranz und – in
Bogen- und Blattform – auf die Augenbrauen beschränkt. Ähnlich vegetabile Orna-
mente am Stirnwulst der Löwenkopf-Masken kommen an den oben erwähnten Kron-
leuchtern der Evangelischen Kirchen in Braunschweig (1584, Evangeli-
sche St. Martini-Kirche), Meldorf (1600, Dom), Hamburg-Kirchwerder (1602, Evan-
gelische St. Severin-Kirche), Uelzen (1607, Evangelische St. Marien-Kirche), Bad
Oldesloe (1616, Evangelische St. Peter-und-Paul-Kirche), Drelsdorf (1685) sowie in
Tondern/Dänemark (1594, Kristkirche), Flensburg (Evangelische St. Johannis-Kirche
sowie Evangelische St. Nikolai-Kirche), in Schleswig (seit 1848 im Dom, vormals in
Schloss Reinbek) sowie in den Evangelischen Kirchen in Hohenaspe, Wilster und Rin-
teln (Abb. 91, 96, 97, 125, 155) vor. Inwieweit die dort erhaltenen Masken in weite-
ren Details kongruent sind oder divergieren, wäre im Zusammenhang mit der unter-
schiedlichen Gestaltung der gekrönten und ungekrönten heraldischen Doppel-Adler
als hauptsächliche Bekrönung dieser Kronleuchter näher zu untersuchen. Nicht alle
dieser Masken tragen zum Beispiel eine kranzartige Mähne wie in Tondern 1594, Ga-
debusch 1582 oder Hameln 16. Jahrhundert (Evangelische St. Bonifatius-Kirche)
(Abb. 156, 157). Formal und stilistisch vergleichbare Löwenkopf-Masken zu jener in
Gadebusch sind erhalten an einem Kronleuchter in der Evangelischen St. Michaelis-
Kirche in Lütjenburg/Ostholstein (inschriftlich 1645), der auch mit seiner Bekrönung
„Wilder Mann“ formal an die männliche Topfigur des besagten Schaftkronleuchters in
Gadebusch anknüpft (Abb. 84), ferner in der Evangelischen St. Jacobi-Kirche in

550
Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. 1. Regierungsbezirk Hannover. 3. Kreis Springe, 1941
S. 63. – Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Minden, 1902, S. 92.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 175

Stralsund (Schaftkronleuchter, 2. Hälfte 16./Anfang 17. Jahrhundert) und an dem


1632 gestifteten Kronleuchter in Waase/Ummanz.551

Bei den zuletzt genannten Exemplaren überspielen flüchtig skizziertes Blattwerk bzw.
dichte vertikale Gravuren diesen vormodellierten Mähnenkragen. Alle diese Masken
haben die schwach doppelkonische, längliche Form. Charakteristisch sind ferner die
lange, schmale Schnauze und die breite Zahnfront sowie insbesondere der Kontrast
zwischen den vorherrschend polierten Partien und der Akzentuierung mittels weniger
Gravuren. Besonders markant ist die seitlich lang ausschwingende Linie des doppel-
ten Lidstriches (mit oder ohne Wimpernzeichnung).

Die Morphologie der Kronleuchter samt ihrer Bekrönungsfiguren weicht voneinander


ab. Obgleich inschriftlich in das Jahr 1582 datiert, erscheint die gesamte Komposition
des Leuchters in Gadebusch jünger gegenüber jener in Waase. Dort fällt nicht nur die
frühneuzeitliche Morphologie der Spindel ohne gestauchte Kugel auf, sondern auch
die scheibenartigen Leuchterarme (wie in Schladen/Niedersachsen) mit ihren zylind-
rischen Kerzentüllen. Der Schaft des besagten Exemplars in Stralsund weist morpho-
logisch eher in die Richtung des Kronleuchters von Gadebusch, besitzt aber die innen
aufgebogenen Leuchterarme wie die Kronleuchter des Dominicus Slodt in der Evan-
gelischen St. Marien-Kirche in Barth oder wie jener Schaftkronleuchter „Muttergot-
tes“ im Plau am See/Mecklenburg-Vorpommern (Abb. 54, 84, 90). Der Lütjenburger
Kronleuchter (1645, „Wilder Mann“) bildet mit einem Schaft – wie jenem des Kron-
leuchters in Waase – und Leuchterarmen wie der besagte Stralsunder Leuchter eine
Synthese. Die Bekrönung dieses Kronleuchters in Stralsund entspricht formal exakt
und stilistisch bedingt jenem gekrönten heraldischen Doppel-Adler, der den Kron-
leuchter mit Löwenkopf-Maske (16. Jahrhundert) im Dom zu Lübeck ziert. Der Un-
terhang in Lübeck und die Grundform der Masken von Gadebusch und Stralsund ent-
sprechen einander. Die Schnauze des Löwen ist an diesen Schaftkronleuchtern in
Lübeck wie auch in Schwerin (Dom, Schaftkronleuchter mit gekröntem heraldischen
Doppel-Adler, inschriftlich datiert 1641/42) bedeutend plastischer und wirkt zusam-
men mit der lebhaften Gestaltung der Augenpartie äußerst ausdrucksstark (Abb.
102, 103). Denn dort betonen schwungvolle Gravuren als wellenförmige Augenbrau-
en, die direkt in die lockige Mähne übergehen, den lebhaften Blick des Löwen. Eine
weitere Löwenkopf-Maske dieser Art kommt an einem Kronleuchter der Evangeli-
schen Kirche in Nakskov/Dänemark (1610) vor.552 Annähernd vergleichbare Winkel-
armkronleuchter mit einem gekrönten heraldischen Doppel-Adler als Bekrönung und
ähnlich doppelkonischen Löwenkopf-Masken als Unterhang wie die der Dome zu Lü-

551
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 277. – Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-
Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 625, 84, 154, 213, 254, 783, 337, 90 ff., 614. –
Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen, Neubearb., stark erw.
Aufl. 1992, S. 1280, 1135, 589 f. – Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg.
Neubrandenburg. Rostock. Schwerin, 1980, S. 92. – Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-
Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion mit Stralsund, Greifswald, Rügen und Usedom, 1995,
S. 149, 624. – Danmarks Kirker. Sønderjylland. Tønder Amt, 1957, S. 58.
552
Danmarks Kirker. Maribo Amt. 1. T., 1968. S. 118.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 176

beck (2. Hälfte 16. Jahrhundert) und Schwerin (1641) sind in den Evangelischen Kir-
chen in Welt (Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert), Norderbrarup (1721) und Hameln
(Evangelische St. Bonifatius-Kirche) zu finden (Abb. 156).553

Demgegenüber besitzt die Löwenkopf-Maske des inschriftlich in das Jahr 1586 datier-
ten Kronleuchters (Abb. 92) zu Wittenburg/Schwerin und südöstlich von Gadebusch
neben der eindeutig geraden Grundfläche des Fanges und der mittels Wellenlinien
angedeuteten Schnurrhaare – wie der oben beschriebene Unterhang des Kronleuch-
ters „Muttergottes“ in Otterndorf (Abb. 89) – auch die flächige Gestaltung der Mäh-
ne. Diese ist an der Maske in Wittenburg nicht segmentbogenartig, gescheitelt dar-
gestellt. Vergleichbare Masken zieren sowohl die Messingkronleuchter in Richtung
Nord-Nordwest (Bad Bevensen, Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert, Hamburg-
Kirchwerder, 1607 (Abb. 101), Nordstrand, Anfang 17. Jahrhundert, Schleswig (vor-
mals Reinbek), 17. Jahrhundert, Cleverens/Ostfriesland, 17. Jahrhundert, Bredstedt,
1670, Hürup, Anfang 18. Jahrhundert, Neugalmsbüll, 1706) als auch im Nordosten
Norddeutschlands (Volksdorf/Nossendorf, 17. Jahrhundert).554

Im Gegensatz zu den Kronleuchtern in Gadebusch (1582) und Lübeck-Schlutup


(1587), deren Schaftkolonnen morphologisch jenen Exemplaren entsprechen, die
vornehmlich im Ostseeküstengebiet verbreitet sind, weist der Kronleuchter in Wit-
tenburg – wie auch jene in Bad Bevensen oder Cleverens – die Balusterform als
Schaftmittelstück auf, welches insbesondere die (Landsknecht-)Kronleuchter südlich
der Elbe im nördlichen Niedersachsen kennzeichnet (Abb. 68, 71, 72).555 Dagegen

553
Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 686 und Abb. 1867, S. 243 (Abb. 566), 244.
554
Zum Kronleuchter (Mitte/2. Hälfte 16. Jahrhundert) in der Evangelischen Kirche Bad Bevensen heißt
es 1982 in der Kurzbeschreibung der Firma Paul Oehlmann – Leuchten, Kunsthandwerk, Bielefeld
zum Erhaltungszustand des Leuchters: „Rotguss, 12-armiger Kerzenkronleuchter, oberer Armkranz:
4 Leuchterarme und 4 Ziervoluten, unterer Lichtkranz: 8 Arme. Abschlussknopf: Doppelkopf mit
Ring. Bekrönung: männliche Figur mit Hellebarde; H 108 cm, Dm 105 cm.“ Auf dem Schaft des
Kronleuchters – soweit erkennbar – ein nach oben gerichteter Pfeil und „heraldisch rechts“, seitlich
der unteren Hälfte ein „G“ (Werkstattzeichen/Hausmarke?). 1 Ziervolute fehlt, Ziermotiv an einem
Arm unvollständig, stark verschmutzt und oxidiert, Kerzentüllen an den Armen vernietet. Fehlende
Ziermotive durch Nachguss ergänzt, Leuchter gereinigt, poliert und zaponiert. Nietung der Kerzentül-
len durch Gewinde ersetzt. Anhand des Replikats (Messing-Guss, 19./20. Jh.) des vorhandenen
Kronleuchters wird ein geringfügiger Größenunterschied festgestellt (H 100 cm, Dm 104 cm) und es
heißt „Säulenteile haben eine ca. 3-5 % geringere Größe als der Originalleuchter, bedingt durch
Schwund beim Guss und durch Nachbearbeitung.“ – Zur Metall-Restaurierung; s. u.a. P. Heinrich
(Hg.), Metall-Restaurierung. Beiträge zur Analyse, Konzeption und Technologie. 1994, S. 194, 212
(zu Acrylharzlösungen (Paraloid B 72), mikrokristallinen Wachsen und Acrylharzen). – Siehe Restau-
rierungsberichte von Herrn Wolfgang Hofmann – Werkstatt für Metallgestaltung und Restaurierung,
Wolgast sowie von Frau Dipl.-Designerin Betina Roß – Betina Roß GmbH Restaurierungen, Hamburg.
– Kunst-Topographie Schleswig-Holstein, 1979, S. 450 mit Abb. 1197 (Süden/Insel Nordstrand), 405
mit Abb. 1045 (Bredstedt/Husum), 299 (Hürup/ Kreis Flensburg), 922 (Neugalmsbüll/ Kreis Südtøn-
dern). – Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Neubrandenburg, 1982. Dieser Kronleuch-
ter in Nossendorf/Ortsteil Volksdorf weist im unteren Lichtkranz an den inneren Leuchterarmenden
die lang gezogenen und in Rosetten mündenden Voluten auf wie sie aus Holle/Niedersachsen oder
zum Beispiel am Kronleuchter (1760) in Sterup/Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Bekrönung
des antikisierenden Soldaten vorkommen. Die offenen Leuchterarme im oberen Lichtkranz mit den
kleinen Maskarons entsprechen der Gestaltung wie sie zwischen Wismar und der Insel Rügen an
Schaftkronleuchtern aus Metall zu finden ist. Die Zierelemente korrespondieren zu jenen am
Schaftkronleuchter in Menkin, südlich zwischen Pasewalk und Stettin, vgl. Die Bau- und Kunst-
denkmale in der DDR. Bezirk Neubrandenburg, 1982.
555
Fotodokumentation (2. Hälfte 20. Jh.) der Firma Paul Oehlmann, Bielefeld.
Kronleuchter-Unterhänge Seite 177

verbindet das Motiv des gekrönten heraldischen Doppel-Adlers die Kronleuchter von
Wittenburg und Lübeck-Schlutup miteinander.

Die Inschrift dieses dritten Beispiels eines in das ausgehende 16. Jahrhundert datier-
ten Kronleuchters zwischen den Bistümern Schwerin, Ratzeburg und Lübeck lautet:

„AO 1587 HEFT // HER IOHAN // SPANGENBERC // H: DISSE KRON // DER KERKEN
// TO SLVCKVP VOREHRET // WICHT 9 LISPV“ (Abb. 93).556

Die morphologischen und ikonographischen Parallelen dieses Leuchters in Lübeck-


Schlutup zum Kronleuchter (ohne inschriftliche Datierung, wohl 2. Hälfte 16. Jahr-
hundert) im Dom zu Lübeck (Chor, Südseite) sind deutlich zu erkennen. Es ist be-
merkenswert, dass die formal nahezu identischen Doppel-Adler – von den verlorenen
Kronen und dem fehlenden Flügelpaar abgesehen – aufgrund ihrer divergierenden
Binnenzeichnungen ein unterschiedliches Erscheinungsbild bieten. Dazu trägt auch
die Gestaltung der Löwenkopf-Masken bei. Der Maske in Lübeck-Schlutup verleiht
gegenüber jener im Dom zu Lübeck (Abb. 102) nicht zuletzt das Blattmotiv an der
Stirn sowie mittels der flach-runden und punzierten Schnauze einen ruhigen Aus-
druck. Und dieser begegnet – beim rhombusartigen Fang angefangen bis zur sträh-
nigen Mähne – auch an den älteren der vier Kronleuchter (1602 und 1607) in der
Evangelischen St. Severin-Kirche in Hamburg-Kirchwerder (Abb. 93, 101).

Neben diesen wesentlichen Grundformen von Löwenkopf-Masken an Kronleuchtern


aus Messing in Norddeutschland mit ihren stilistischen Feinheiten verdient der Ring
im Fang dieser Löwen eine entsprechende Beachtung und Differenzierung.

Im Allgemeinen beschreibt dieser Ring eine annähernd gestauchte Hufeisenform,


indem er sich von der kaum sichtbaren Kandare im Fang der Löwenkopf-Maske im
Verlauf zum unteren Scheitelpunkt stromlinienförmig verdickt. Dieser Symmetrie-
punkt ist häufig durch eine Kugel, eine stilisierte Frucht oder einen menschenähnli-
chen Kopf akzentuiert. Die darauf zustrebenden Ringe werden aufgrund ihrer Form
oftmals mit Delphinen verglichen. Ihre langgezogene Schnauze ist mehr oder weni-
ger ornamental zu einer Volute eingerollt. Dieses Kreismotiv setzt sich an den Au-
ßen- und Innenseiten des Ringes wechselseitig und axialsymmetrisch paarweise fort.
Es deutet dabei die Bauch- und Schwanzflossen des Delphins an. Zuweilen sind diese
auch nur als kleine Zacken sichtbar. Die Gravuren auf derartigen Ringen der Kron-
leuchter-Unterhänge wirken überwiegend vegetabil-dekorativ. Dieses Renaissance-
Motiv kommt zum Beispiel auch am Löwenkopf-Türzieher in Bündheim/Bad Harzburg
vor und wird von Mende niedersächsischer Provenienz zugeordnet.557

556
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. IV, 1928, S. 554. Der Name
Johann Spangenberg erscheint auch 1576 im Zusammenhang mit einer Stiftung in die St. Jakobikir-
che in Lübeck; s. Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Lübeck. Bd. III: Kirche zu
Alt-Lübeck. Dom. Jakobikirche. Ägidienkirche, 1920, S. 394, Lt. StA HL, Familienkartei 309 war Jo-
hann Spangenbergk seit 1573 Ratmann und verstarb am 11. Januar 1597. 1585 wird er als einer der
verordneten Weddeherren beim Erwerb des Hauses Breitestraße 941 (durch Prozess) genannt.
557
Danmarks Kirker. Sønderjylland. Tønder Amt, 1957, S. 58, Nr. 1. – L. Wehrhahn-Stauch. – Christli-
che Fischsymbolik von den Anfängen bis zum hohen Mittelalter, 1958, S. 1-51, LCI, Bd. 1, Sonder-
ausgabe 1994, Sp. 503 f. – U. Mende, Die Türzieher des Mittelalters, 1981, S. 282, Nr. 1693 und
Kronleuchter-Unterhänge Seite 178

Über die kunstgeographische Verbreitung hinaus beschäftigt die Frage nach der Iko-
nographie der Löwenkopf-Masken mit dem Delphin-Ring im Fang an Schaftkron-
leuchtern aus Messing insbesondere in Gotteshäusern.

Hauptsächlich als Ring an Unterhängen (Abb. 53-103) und/oder als Aufhängeöse


(Abb. 43-45) von Schaftkronleuchtern der Renaissance erklärt sich die neue Verwen-
dung des Delphins im Zusammenhang mit der Dotation von Kronleuchtern. Es wird
der für diese Epoche charakteristischen, das heißt erstmaligen Rückbesinnung auf die
Antike und der Rezeption antiker Formensprache Rechnung getragen. Aber es wird
mittels der traditionellen Bedeutung des Motivs auch dem Stiftungszweck von Kron-
leuchtern entsprochen: Der Delphin kann sowohl die Liebe zu den Menschen versinn-
bildlichen als auch als Meeresbewohner eine imaginäre Führung ins Jenseits. Beide
Gedanken drücken bestimmte Vorstellungen von Gemeinschaft aus.
558
Der Delphin kommt expressis verbis in der Bibel nicht vor ; ikonographisch gilt er
als Christuszeichen. Es ist bisher nicht bekannt, ob an Kronleuchtern die dekorativen
Eigenschaften des Delphins im Vordergrund stehen oder ob dieser als Mittel dient,
um den biblisch mehrfach genannten Fisch, das heißt, den Ichthys besonders hervor-
zuheben. Die schmückende Funktion des Delphins erscheint nahe liegend. Es fällt
auf, dass die Kombination der Motive „Löwenkopf-Maske“ und „Delphin-Ring“ im
Fang nur an Kronleuchtern aus Metall und vereinzelt an Türziehern aus Bronze vor-
kommt. Im Nebeneinander dieser Darstellungen kann der Delphin die Rad- und Lun-
tenschlösser der Pistolen und Büchsen zieren, wie auch der Löwenkopf als Maskaron
am Gewehrlauf oder -kolben auftritt.559 An etlichen anderen Objekten der Renais-
sance tragen die Löwenkopf-Masken einen einfachen Ring im Fang.

Schöpfte demgegenüber der Geschütz- oder Stückgießer resp. Büchsenmacher, der


bekanntermaßen auch Kronleuchter fertigen konnte, hier wahllos aus seinem For-
menrepertoire? Dagegen spricht die Kombination der Motive „Löwenkopf-Maske und
Delphinring“ als Unterhang frühneuzeitlicher Kronleuchter sowie das proportionale
Verhältnis zur Bekrönungsfigur. Obschon dieses nicht zuletzt konstruktiv und ästhe-
tisch begründet ist, erklären nicht allein Konstruktion und Morphologie der Leuchter
die Bevorzugung dieser speziellen Tierdarstellung. Die zuvor beschriebene Auswahl
der Löwenkopf-Masken an Kronleuchtern aus Messing des 16. und frühen 17. Jahr-
hunderts in Norddeutschland führt noch stärker als die Quantität an Bekrönungen,
die größtenteils Stereotype darstellen, eine stilistische Vielfalt vor Augen. Die Gestal-
tung des Löwenkopfes mittels angedeuteter Behaarung an Augenpartie und Fang
zeigen, dass diese zuerst ornamental-dekorative Ansprüche erfüllt, aber darüber hin-
aus von der Interpretation animalischer bis hin zu metaphorischen Qualitäten reicht.

Abb. 270. Füllhörner stellen ein weiteres und verbreitetes Gestaltungsmittel für den Ring im Fang
des Löwen dar; s. Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kreis Eckernförde, 1950,
S. 221 f.
558
LCI, Bd. 1, Sonderausgabe 1994, Sp. 503 f.
559
Siehe u.a. Landesausstellung Niedersachsen 1985. Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürger-
tums in Norddeutschland 1150-1650, R1, 2. Ausst.-Kat. des Braunschweigischen Landesmuseums
(1985), S. 762, Nr. 674 (Löwenkopf-Masken).
Kronleuchter-Unterhänge Seite 179

Charaktereigenschaften – von griesgrämig bis erhaben – werden in der Gegenüber-


stellung etlicher Masken deutlich.

Es wurde schon am Beispiel der Figuren auf neuzeitlichen Schaftkronleuchtern aus


Messing festgestellt (s. Kapitel 3), dass einfache und wenige Grundformen ausrei-
chen und vorherrschen, um sie mit geringen Aufwand wirkungsvoll zu verändern, das
heißt marktorientiert zu arbeiten und neue Motive zu schaffen.

Möglicherweise sind untergeordnete Details eines Kronleuchters – so auch der Ring


im Fang der Löwenmaske – unter ökonomischen und bedarfsorientierten Aspekten
entstanden. Indem diese Unterhänge hauptsächlich an Schaftkronleuchtern der Re-
naissance vorkommen, liegt es nahe, dass auch Details in Entsprechung zum Ge-
staltungsprinzip, das heißt bewusst anpassungsfähig geformt sind.

Die wenigen Veränderungen an der für Delphin und Füllhorn gleichermaßen koni-
schen, stromlinienförmigen Kontur sind möglich, indem das geöffnete, breite Ende zu
einer asymmetrischen Lippe umgebördelt wird und so das Füllhorn darstellt. Oder es
wird schnauzenartig lang gezogen und weist aufgrund der gegossenen oder ziselier-
ten Flossen auf den Delphin hin.

Symbolisiert das Füllhorn Reichtum, so wird im Delphinmotiv der ideelle Ansatz deut-
lich. Die Menschenfreundlichkeit ist eine der häufig zugeschriebenen Eigenschaften.
Und wird die Löwenkopf-Maske, die den Ring hält, nicht in der möglichen Version des
Diabolischen wahrgenommen, sondern als Zeichen der Todesüberwindung und Auf-
erstehungshoffnung, so entspricht dies der neuen Glaubenslehre.

Auch barocke Kugelkronleuchter weisen zum Teil noch den Löwenkopf als Motiv, das
heißt als Maskaron auf: Typ I oder II. Die Tendenzen, die daran ablesbar sind, er-
scheinen hilfreich, um die größere Vielfalt und Verbreitung der Löwenkopf-Masken an
Schaftkronleuchtern der Renaissance zu ermessen (Abb. 41, 42) sowie den großen
Bestand der Schaftkronleuchter aus Messing des 17. und 18. Jahrhunderts zu struk-
turieren.

Der Maskaron barocker Kugelkronleuchter kommt – wie die Löwenkopf-Maske an


Schaftkronleuchtern der Renaissance – unabhängig vom Typus der Bekrönungsfigur
vor – sei es der gekrönte heraldische Doppel-Adler (Bremen, Dom oder Rendsburg,
Evangelische St. Marien-Kirche, Kronleuchter 1687, Typ II), sei es die Darstellung
des sich atzenden Pelikans (Kiel, Evangelische St. Nikolai-Kirche, Kronleuchter,
inschriftlich datiert 1638 (Abb. 116 ff.), Reepsholt/Wittmund, Evangelische St. Mau-
ritius-Kirche, Kronleuchter 1663/65 und Hamburg-Ottensen, Evangelische Christkir-
che, Kronleuchter 1738, alle Typ I) oder eines vollplastischen Adlers (des Jupiter ?)
(Lauenburg, Evangelische St. Maria-Magdalenen-Kirche, Kronleuchter, inschriftlich
datiert 1658, Typ I), seien es die Kronleuchter mit den Topfiguren des Erzengels Mi-
chael oder der Justitia (Oberndorf/Cuxhaven Evangelische St. Georg-Kirche, Kron-
leuchter Mitte des 17. Jahrhunderts oder Hamburg-Harburg (Abb. 136), zurzeit Rat-
haus, Kronleuchter 1645, alle Typ I), seien es die Bekrönungen des Salvator mundi
(Glückstadt, Evangelische Stadtkirche, Kronleuchter 1655, Rinteln, Evangeli-
Kronleuchter-Unterhänge Seite 180

sche Marktkirche St. Nikolai, Kronleuchter inschriftlich datiert 1655, beide Typ I), des
Apostel Johannes (Meldorf/Dithmarschen, Dom, Kronleuchter inschriftlich datiert
1694, Typ I) oder die vergleichbaren Kronleuchter mit der Figur des Jupiter auf dem
Adler (Preetz, Adeliges Kloster, Kronleuchter von Qualen, Mitte 17. Jahrhundert
(Abb. 121) und Rostock, Evangelische St. Marienkirche, Kronleuchter 1686 sowie St.
Annen/Kreis Norderdithmarschen, Evangelische Kirche und Wilster/Kreis Steinburg,
Evangelische St. Bartholomäus-Kirche, 17. Jahrhundert (Abb. 123), alle Typ I).

Demgegenüber weist der im Jahre 1634 in die Evangelische St.-Peter-und-Paul-


Kirche in Bad Oldesloe gestiftete Kronleuchter die Löwenkopf-Maske „Typ II“ auf wie
der oben erwähnte Kronleuchter (1687) in Rendsburg.

Diese Maskarons sind als Relief am unteren Scheitelpunkt bei zwei Arten (Typ I und
Typ II) der Aufhängeösen an Kronleuchtern der Jahre 1638 bis 1745 eher versteckt
platziert. Und doch scheinen sie angesichts ihrer axialen Platzierung am Kugelkron-
leuchter an das Motiv des plastischen Unterhangs der Renaissance-Kronleuchter an-
zuknüpfen. Diese Masken an Kronleuchtern beider Epochen werden im folgenden
charakterisiert – zunächst die Maskarons der Kugelkronleuchter:

Typ I:
Unter den vielfältigen Formen der Aufhängeösen von Schaftkronleuchtern aus Mes-
sing des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland ist die eine Art dieser Ösen
dreipassförmig. Ihr links- und rechtsseitiges Kreissegment wird aus je einer Sirene
gebildet. Dazwischen sitzt beidseitig ein kreisrunder, plastisch modellierter Löwen-
kopf. Diese Gestaltung ist stärker an barocken Kronleuchtern im westlichen Nord-
deutschland verbreitet (Abb. 41).

Typ II:
Die zweite Sorte dieser Aufhängeringe mit einer Löwenkopf-Maske ist annähernd
hufeisenförmig, wo die Enden als Pferdeköpfe gestaltet sind und das Mittelstück aus
gegenständigen Delphinen gebildet sein kann. Letzteres Motiv ist von den Unterhän-
gen der Renaissance-Kronleuchter bekannt.

Die Masken dieser Aufhängung sind flächiger gearbeitet. Es ist nicht immer ganz ein-
deutig erkennbar, ob sie tatsächlich immer Löwenköpfe mit Ring im Fang (Flensburg,
Evangelische St. Nikolai-Kirche) oder mit ihren behaarten, menschlichen Gesichtszü-
gen nicht doch Dämonen darstellen (Stralsund, Evangelische St. Nikolai-Kirche).560

560
Vom Kronleuchter im Dom zu Bremen vermittelt die Fotodokumentation der Firma Paul Oehlmann –
Leuchten, Kunsthandwerk, Bielefeld einen ersten Eindruck. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein,
1979. S. 639 (Rendsburg, St. Marien-Kirche). – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.
Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 378. – Ders., Handbuch der
deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen. Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 1110. –
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg. Bd. II. Altona. Elbvororte, 1959,
S. 71 und Abb. 42 f. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-
Holstein. 2. stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 420. – Der Messingkronleuchter im Treppenauf-
gang des Rathauses trägt auf der Kugel die Inschrift * H * NICOLAVS RICHERS BVRGM * F *
GERDRVT BEHREN ANNO 1645 und hat einen Durchmesser von circa 160 cm bei einer Höhe von cir-
ca 220 cm. – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein, 2.
stark erw. und veränd. Aufl. 1994, S. 293. – Ders., Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bre-
men. Niedersachsen. Neubearb., stark erw. Aufl. 1992, S. 1135. – Vgl. H. v. Poser und Gross-
Kronleuchter-Unterhänge Seite 181

Diese Hängevorrichtungen kommen überwiegend an barocken Kronleuchtern im Os-


ten Norddeutschlands vor (Abb. 42).561

Naedlitz, Die Stadtpfarrkirche St. Nikolais zu Rinteln (Kunst-/Kirchenführer), o. J., S. 21. Die Datie-
rung in der Bildunterschrift wäre entsprechend der inschriftlich genannten Jahreszahl 1655 und ob
des Kronleuchtertyps zu korrigieren – wie ebd. auf S. 23. – Kunst-Topographie Schleswig-Holstein,
1979, S. 880 (Meldorf), 599 (Preetz), 475 (St. Annen), 831 (Wilster), 844 (Bad Oldesloe), 8 (Flens-
burg, Evangelische St. Nikolai-Kirche). – G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Meck-
lenburg. Neubrandenburg. Rostock. Schwerin, 1980, S. 386.
561
Die Mehrzahl der Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts ist selten so detailliert
dokumentiert, dass aus den amtlichen Länderinventaren der Bau- und Kunstdenkmäler entsprechend
Aufschluss zu gewinnen wäre.
Kronleuchter als Stiftungen Seite 182

5. Kronleuchter als Stiftungen

Motivation und Inschriften


Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in evangelischen Kir-
chen Norddeutschlands sind in der Regel Stiftungen aus unterschiedlichen Gesell-
schaftsschichten und Anlässen. Darauf weisen zum Teil die Inschriften der Kron-
leuchter und – seltener – erhaltene Urkunden oder Schriftwechsel hin. Vereinzelt
sind die Wege der kunstgeographischen Verbreitung bekannt.562

Inhaltlich können die Inschriften im Wesentlichen aus bis zu neun Komponenten be-
stehen, die selten komplett berücksichtigt sind: Die Benennung und Zweckbestim-
mung der Stiftung, das heißt des Gegenstandes (Objektname, teils Erwähnung von
Material und Gewicht – sowie die jährliche Nutzung)563 unter Angabe des/der Stifter-
namen(s) mit/ oder ohne Hausmarke bzw. Wappen und des Stiftungsjahres, das in
Verbindung zu den persönlichen Lebensdaten des Donators/der Donatoren oder be-
sonderen historischen Ereignissen stehen kann. Ergänzend zu den Personennamen
können der Verwandtschaftsgrad und/oder der soziale sowie berufliche Stand be-
zeichnet sein. Ferner kann die Inschrift allein oder ergänzend aus einem Sinnspruch,
aus der Textstelle eines Bibelverses oder dessen Zitat bestehen.564 Der für diese In-
schriften gebräuchlichste Schrifttyp ist der Kapitalbuchstabe.

562
J. Kinder, Plön. Beiträge zur Stadtgeschichte, Plön 1904, S. 36. – Stiftungen neuzeitlicher Kronleuch-
ter aus Messing sind unterschiedlich motiviert. Eine der wenigen Inschriften, die den Eindruck einer
Opfer- oder Votivgabe vermittelt, bedeckt die Kugel des Kronleuchters mit gekrönten heraldischen
Doppel-Adler in Richtenberg/Vorpommern. „BIN GESCHENCKT: GOTT ZU EHREN DER KIRCHEN ZUR
ZIERDE WIE DER ALLMÄCHTIGE GOTT FAST DIE GANTZE WELT MIT EINER SCHWEREN RIND:VIEH-
SEUCHE GESTRAFFT: MAGDALENA CHRISTINA HOPPENRATHEN VERWITTWETE MENICKEN U: DES-
SEN SOHN HENIG DIEDE: RICH MENICKE PENSIONARIUS … ZU BÄRENHAGEN UND DÜRSCHAW:
M(e) F(ecit) JOHANN GOTTFR. WOSAECK STRALSUND 1747. – Zum Glockengießer Wosaeck; s. Die
Bau- und Kunstdenkmäler in der DDR. Bezirk Neubrandenburg, 1982. (Klein Plasten/Landkreis Wa-
ren). – W. Fiedler, Die Rinderpest in Schwedisch-Pommern – ein Anlass zur Stiftung barocken Kir-
cheninventars in Richtenberg bei Stralsund und in Trent auf Rügen, in: Tierärztliche Umschau, 60.
Jg., H. 3, 2005, S. 150-156. – KiA Lauenburg/Elbe 5133 Beleuchtung Nr. 959/768 Urkunde btr.
Schenkung Kronleuchter Dochtermann (1651). – Bemerkenswert sind Stiftungen von Kronleuchtern
während des Dreißigjährigen Krieges – wie zum Beispiel 1623 in Wittenburg/Schwerin, 1646 in Pe-
tersdorf/Minden, 1647 in Rendsburg, Evangelische St. Marien-Kirche. – Siehe u.a. Die Kunstdenkmä-
ler der Provinz Brandenburg, Kreis Sorau und Stadt Forst, Berlin 1939, S. 145.
563
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck, Bd. IV, 1928, S. 554. – Lt. In-
schrift des Kronleuchters (1647) in der Evangelischen St. Marien-Kirche in Rendsburg: WICHT 343
PVNDT. – Siehe Schaftkronleuchter (1587) der evangelischen Kirche in Lübeck-Schlutup: 9
Li(e)sp(f)und. 1 Liespfund = 14 Pfund im Seehandel, 16 Pfund als Landfracht
564
Siehe dazu insbesondere die frühen amtlichen Länderinventare und dort in der Regel Kronleuchter-
Inschriften des 18. Jh. – wie z.B. Backemoor/Ostfriesland, Kronleuchter, 1790: „ICH BIN EIN TOD-
TES ERZ. DOCH DIEN ICH WIE ICH KANN MIT EINER WEIHNACHTSKERTZ IM TEMPEL IEDERMANN. 0
CHRIST LASS AUCH DEIN LICHT IN CHRISTO AUFGEGANGEN IN DIR UND DANN NACH PFLICHT ZUM
BEYSPIEL ANDERN PRANGEN. GEMACHT IN EMDEN BEY G. FRANKEN. 1790.“ Bei einem älteren
Kronleuchter (1786) in Hatshausen/ Ostfriesland bildet dieser zuvor zitierte Vers den zweiten Teil der
Inschrift, die so beginnt: ANNO 1786 HABEN DIE INTERESSENTEN VND EINWOHNER ZV HATTETS-
HAUSEN DIESEN KRONLEVCHTER ZVM SCHMVCK DES HAVSES GOTTES VND AVS LIEBE ZV SEINEM
WORT VEREHRET … 1. B. HAGIVS PAST HATTETSH. – Diese Informationen sind ein Teil der Inventa-
risierung, die Herr Dr. H. v. Poser, Referat für kirchliche Kunst, Kirchenamt der evangelisch-
lutherischen Landeskirche Hannovers durchführt(e).
Kronleuchter als Stiftungen Seite 183

Etliche frühneuzeitliche, aber zum Teil auch barocke Schaftkronleuchter tragen keine
und wenige dieser Exemplare nur kurze Inschriften, die einen (Personen-)Namen
und/oder eine Hausmarke, ein Wappen sowie ein Datum enthalten können. Mitunter
sind attributiv platzierte Wappenschilde als Inschriftenträger nicht mehr erhalten.
Aus einer derartig kurzen Inschrift ist die Zweckbestimmung des Leuchters heutzu-
tage kaum mehr eindeutig ersichtlich. Diese wird überwiegend aus der Funktion im
(kultischen) Verwendungszusammenhang des Beleuchtungsgerätes abgeleitet, ohne
die tatsächlichen Entstehungshintergründe zu benennen.

Einige der in Kapitel 3 und 4 vorgestellten frühneuzeitlichen Schaftkronleuchter kön-


nen entweder den Namen des Metallgießers – wie zum Beispiel in Buxtehude, Evan-
gelische St. Petri-Kirche: 1587 HANS BARS (Abb. 39) – oder sowohl den Namen des
Kunsthandwerkers als auch des Stifters bzw. jene der indirekt Zugeeigneten tragen,
so dass in Verbindung mit der Bekrönungsfigur die Provenienz und/oder der Bestim-
mungsort des Leuchters zu lokalisieren sind - wie in Barth, Evangelische St. Marien-
Kirche: 1590 DOMINICUS SLODT (Name des Gießers) sowie die Vornamen der Töch-
ter Herzog Bogislaw XIII.: SOPHIA HEDEWIEG, CLARA MARIA, ERDTMVEDT SOPHIA,
CATHARINA (Abb. 43).

Ein anderes Exemplar wie der Landsknechtkronleuchter in Steinkirchen/Elbe, der ty-


pologisch und ikonographisch der Renaissance zuzuordnen ist, trägt auf dem Ba-
luster der Spindel eine Inschrift, wie sie an sich auf barocken Kugelkronleuchtern
üblicher ist.

„ZVR.EHRE.GOTTES.V.DER.KIRCHEN. ZIERATH. TIES. KÖNINGH.T.S./DISSE KRON.


FVEHRET.HAT.1654.“ Die Verwendung dieser kriegerischen Kronleuchterfigur er-
schließt sich aus lokalhistorischen Prozessen.565

In Schriftstücken, die den Kronleuchter betreffen, kann der Gebrauch des Kronleuch-
ters und der Kerzen dagegen präzise formuliert sein, indem zum Beispiel deren Nut-
zung an die Erhaltung der Kirche als Stiftungsort und an bestimmte Feiertage im Kir-
chenjahr bindet oder die dazu erforderlichen Geldbeträge festlegt.566 Dazu einige
Beispiele:

In einer Urkunde aus dem Jahre 1594 im Adeligen Kloster Preetz heißt es zu einer
Stiftung, die auf die Unterhaltung des dortigen zierlichen Renaissance-Kronleuchters
bezogen ist:
„DE FUNDATION DER DORTEIN RIKESDALER; WELCHER JUNFER ELLSEBE SESTE-
DENN (Sehestedt), YWANUS DOCHTER, IN DE KERKEN THO PRE(E)TZE GEGEVEN
UND VORORDNET; VON DER RENTE JARLICHES LICHTE THO MAKEN UP SELIG ANNA
BROCKTORPEN KRONE. MARTINI 1594.“

565
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade. Textband.
1965. S. 8 f., 591. – B.-C. Fiedler, Der Wandel Stades in der Schwedenzeit 1645-1715. Stade als
Provinzhauptstadt unter schwedischer und dänischer Herrschaft 1645-1715. Allgemeine politische
Entwicklung, in: Stade (1994), S. 171-204, insbesondere S. 171 f.
566
A. Jessien, Diplomatarium des Klosters Preetz (1838), S. 187 f., CLXXI.
Kronleuchter als Stiftungen Seite 184

„…, dath wy itzu nomeden und gesettede Kerckswaren der Kaspell-Kerckenn tho
Pretze (Kirchgeschworenen der Kirchspiel-Kirche zu Preetz), …, vann … Ellsebe
Sestedenn, … empfangen unnd inn ganckbarem Gelde bekamenn hebbenn dorteinn
Stuckede gude Rikesdaler, jeder Daler tho dre unnd druttich Schilling Lüb(sch), de se
uth Christlicher Lewe (Liebe) unnd allße eine milde Gave in de Kaspell-Kerckenn tho
Pretze friwillich gegevenn unnd vorordnet, dat men jarliches Renthe so vell Wasses
(Wachs) kopen schall, alls sych de Renthe streckett, unnd dar Lichte vonn maken,
welche schallenn gesettet werdenn in Gottes Ehr tho vorberurden selige Junnfer An-
na Brocktorpenn Krone, de de hierbevorenn inn de Kerckenn tho Pretze gegevenn
unnd vorehrett hefft, unnd schall ock sulcher gedachter Hovettstoll unnd jarliche
Renthe tho keinem anderen Dinge gewendett oder angelechtt werdenn, dhenn allene
tho denn Lichtenn up der gemellten Kronenn, vann nu ahn beth so lannge de Kercke
steidt. Sulches is ehr ernstlicher Bevell unnd Wille, unnd wy haven genomedenn
Kerckswarenn samptt unsem havenn gemellthenn Pastorenn lavenn unnd redenn vor
unns, Alles wath minschlich unnd mogelich is, hieby tho dhon, alls wy willenn vor
Godt unnd unser gelefften Overicheitt, ock unnsen Caspelluden vorantwerdenn. Bid-
denn unnd begeren derwegen vann unnsenn Nakamelingen (Nachkommen) sullches
im gelichen Fall getreulich zu bestellenn unnd der Mathenn richtich tho holdenn. Da-
rinne geschudt der gedachten Junnfernn eyn besunderinger Wolgefallenn unnd ahn-
genemer Dennst, unnd unnser Her Godt wertt idt ock hir tidtlich unnd ewich tho be-
lonenn wethenn (…)“.

Aber auch zu barocken Kugelkronleuchtern, die morphologisch mehr Raum für unter-
schiedlich lange Inschriften bieten, kann es aktenkundliche Verfügungen geben:
„Register der Kerckenn Renthe tho Hatsted (Hattstett) angefangen nar der grothen
Waterflodt Anno 1634.
Anno 1644 den 19. Arilis (Aprilis) is der Ehrbar .. Harre Paings in der Marsch Wanhaf-
tig tho Lindtbargum sehl(ig) im H(errn) entschlapen, und heftt vor seinen .. Gott tho
Ehre und der Kerken thom Zierath eine Krone in de Kerken vorehret, und darby ver-
ordnet, Dat ß deme Krone mit 16 Waßlichte alletage underholden werde, und de
Lichter Jarliches de 3 hoge festdage alß Pasches (Ostern), Pinxten (Pfingsten) und
Christdach (Weihnachten) under des Vormiddags Predige brennen, bith der Gottes-
dienst verrichtet is. ...“567

Etliche Stiftungen barocker Kugelkronleuchter weisen ausführlich formulierte Wid-


mungen oder Zweckbindungen auf. Der häufig wiederkehrende, standardisierte
Wortlaut: „GOTT ZUR EHRE UND DER KIRCHE ZUR ZIERDE HABEN DIESE KRONE
GEGEBEN (und/oder) ZUM ANDENKEN AN (DIE/DEN SELIG ENTSCHLAFENE(N)/(Na-
men und Datum)) kann sprachlich aufgrund regionaler Dialekte variieren. Die zweite
Satzhälfte erscheint aufgrund persönlicher Daten aufschlussreich. Genannt werden
Angehörige unterschiedlicher Adelshäuser und ebenso der beruflich nicht näher be-
zeichnete Geselle. Weitaus häufiger treten die zur See fahrenden Kompanien oder
die unterschiedlichen Handwerksämter sowie Eheleute als Stifter von Kronleuchtern
auf. Einzelne Bezeichnungen der Donatoren kommen vor: Der fürstliche Amtmann,
Konventualinnen adeliger Klöster, Bürgermeister, „Ratsverwandte“, der Notarius des
Landgerichts, Vögte, königliche „Bestalte“ und Bedienstete – der Rechensmann, der
Kornschreiber, der Pastetenbäcker, ferner Pastoren, ein evangelischer Provisor sowie
Reepschläger, Witwen, Gelbgießer oder Kupferschmiede oder die Ämter unterschied-

567
KKrs.A. H.-B., Akte Hattstedt 245, Register 1634, S. 99.
Kronleuchter als Stiftungen Seite 185

licher Gewerke.568 Dieser zweite Teil der Inschrift dokumentiert mitunter Kosenamen
der Genannten – wie zum Beispiel „Eheliebste(r)“ oder „Ehephlentzelein“ – und mu-
tet damit nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes blumig an wie die ehrerbietenden
zeittypischen Anreden „hochwohlgeboren“, „vieltugendsam“, „wohledel“, sondern
benennt die individuellen Positionen innerhalb der Gemeinschaft.569

Einige Kronleuchter haben einen Bezug zum Funeralwesen und zur Sepulkralkultur.
Die Inschrift eines Schaftkronleuchters (1637) der Evangelischen St. Nikolai-Kirche
zu Bielefeld lautet:
„Anno 1637 den 23 octobris ist der Ehrenfest und wohlgelahrte Jobst Christian Wet-
ter, Osnab.(rück) Medicinae Candidatus in Godt dem Herrn Sahl. (selig) Entschlaffen
und auf dessen Verord.(nung) hat sein nachgelassene Wittib Anna Brünger diesen
Leuchter i.d. Kirch auf der alten Stadt Bielef.(eld) zu S.(ankt) Nicol.(ai) verehret.“570

Das Vorkommen von Inschriften auf Kronleuchtern bedeutet nicht unweigerlich eine
authentische Korrelation dieser Dotation zum ursprünglichen Bestimmungsort – e-
benso wenig belegt ihr Fehlen wie auch die Tatsache profaner Bekrönungsfiguren auf
Schaftkronleuchtern die angenommene Provenienz aus Privatbesitz.571 Über die Bei-
spiele hinaus, die diese Kronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts in
Norddeutschland als Gegenstand des Totengedenkens572 oder der Fabrica und Orna-
menta ecclesiae vorstellen, gibt es andere, die sowohl auf die erforderliche Spezifi-
zierung der Entstehung als auf jene der Verbreitung und Verteilung von Kronleuch-
tern hinweisen können. Dazu gehören das Brauchtum – wie zum Beispiel der Hand-
werksämter – im Wechsel vom Alltags-/Geschäftsleben und an Feiertagen wie auch
die politisch, wirtschaftlich und rechtlich begründbare Tatsache an sich, dass das
Wachs als Zahlungsmittel – wie zum Beispiel für Lohn, Gebühren, Bußgelder - diente.
Die Einnahmen und Ausgaben an bzw. für Wachs werden in den Kirchenrechnungs-

568
Siehe u.a. Kronleuchter-Inschriften in Schleswig, Dom (1661); Bredstedt, Evangelische Kirche
(1670).
569
„Eheliebste“ ist laut Inschrift des Kronleuchters der Evangelischen Kirche St. Servatius in Se-
lent/Schleswig-Holstein: Anna Margaretha Rantzow, verheiratet mit Christian Hanns Rantzow. Und
auch das Widmungsdaturn (Mai) 1660 geht aus der Inschrift auf der oberen Kugelkalotte hervor.
Vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein. 2. stark erw.
und veränd. Aufl. 1994, S. 839. – Zu „Ehephlentzelein“; s. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regie-
rungsbezirks Stettin, H. IV: Der Kreis Usedom-Wollin, 1900, S. 380 (Kronleuchter, 1653).
570
Der Toten und Erinnerungskult ist seit der römischen Antike ein treibendes Motiv für die Herausbil-
dung des Stiftungswesens, der Begriff „Stiftung“ ist erst seit dem 19. Jahrhundert gebräuchlich,
s. M. Borgolte, Die Stiftungen des Mittelalters in rechts- und sozialgeschichtlicher Sicht, in: ZRG
Kann Abt. 74, 1988, S. 71-94-1. – Ders., Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herr-
schaft und Genossenschaft, in: Manoria in der Gesellschaft des Mittelalters, 1994, S. 267-285. – Fo-
todokumentation (2. Hälfte 20. Jahrhundert) der Firma Paul Oehlmann & Sohn, Bielefeld. Zur Kron-
leuchterbekrönung „Justitia“, s. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen. Kreis Bielefeld – Stadt,
1906, S. 18. – Zu Kronleuchter und Begräbnis s. u.a. Danmarks Kirker Maribo Amt, 1. Halbbd.,
1948, S. 168. – Ebd., Ribe Amt, 2. Bd. 1984, S. 924 f.
571
F. Michaelsen, Die Glückstädter Lichterkronen, in: Steinburger Jb., 9. Jg. 1965, S. 91-99 mit Abb.,
insbes. S. 94 f. – Danmarks Kirker. Praestø Amt, 2. Halbbd., 1933-35, S. 1098.
572
Hennstedt/Norderdithmarschen, Kronleuchter 1705 mit ausführlicher Inschrift; s. Kunst-Topographie
Schleswig-Holstein, 1979, S. 466 (Kurzbeschreibung!) mit Abb. 1247. – H. Ewe, Das alte Stralsund,
1995, S. 61.
Kronleuchter als Stiftungen Seite 186

büchern sehr detailliert notiert, teils sind auch die Kommentare zu Bezugsquellen
und Verbrauch des Wachses aktenkundlich.573

Nicht zuletzt ist neben jenen sozialkreativen Aspekten, die in Kapitel 2 verhandelt
werden, die rechtliche Komponente der Stiftung zu berücksichtigen. Indem das Kapi-
tal für einen Kronleuchter oder dieses Objekt selbst in Form einer gemeinnützigen
Stiftung als eine besonders zu verwaltende Masse von jeder persönlichen Inhaber-
schaft abgesondert ist, kann der Verwalter dieses Gutes zum Beispiel Eigentum oder
Forderungsrechte daran erwerben und darüber ausüben – solange wie auch der Stif-
tungszweck besteht. Es sei denn, dass der Donator die dauerhafte Ausführung einer
unantastbaren Zweckbestimmung der Stiftung verfügte. Die Frage nach dem Vollzug
der Stiftung zeigt, dass das Stiftungsrecht den Machtbereich des individuellen Willens
weit über seine natürlichen Grenzen hinaus erweitert, indem es dem letzten Willen
der Verstorbenen die Herrschaft über den Willen der Lebenden sichert. In diesem
Zusammenhang ist es interessant, dass aus dem 17. und 18. Jahrhundert Schreiben
zu Kronleuchtern in Kirchen erhalten sind, wo zum Beispiel die wirtschaftliche Situa-
tion des Vermächtnisnehmers berücksichtigt wird oder in anderen Fällen die Witwen
der Stifter gegenüber der lokalen evangelischen Kirchengemeinde – in persona der
Kirchgeschworenen – eine Rechtspositionen ansprechen und vertreten, die aus der
vollzogenen Stiftung ihrer Ehegatten abgeleitet ist. So ist eine Witwe in ihrem Brief
zunächst weniger um die Erinnerung an das Ableben ihres Ehemannes als Stifterper-
son bemüht als um die Vergegenwärtigung seines Wesens und Willens, um so die
postum zu deklarierende Zweckbestimmung des gestifteten Geldbetrages zu beein-
flussen.
„Hoch und WohlEdle, Veste, .., Hoch und Wohlgelahrte, Hoch und Wohlweise Hoch-
geehrte Herren,
Es ist denenselben vielleicht annoch erinnerlich, waß gestalt mein Seel(ig). Ehe-
l(iebster) in Seinem letzten Willen an hießiege St. Nicolai Kirche 100 R(eichstaler)
vermachet:
Wann ich dann nun Bedenke, daß mein Seel(ig) Ehel(iebster) zum öfftern bey seinem
Leben sowohl gegen mier als andern beglaubte Leute auch zu einigen H(erren) Provi-
sorum (Provisoren) selbst erwahnet, daß Er, falß Er ohne Kinder sterben solte, wohl
gesonnen wäre eine dergleichen schöne Krohne, wie Er sie in denen Hamburgischen
Kirchen gesehen, an die Kirche zu vermachen, dahero aber glaublich ist, daß Er diese
der Kirchen vermachte 100 R dazu emploiret wissen wollen, so habe A:V hidurch sol-
ches gehorsahmst eröffnen, und vernehmen wollen, ob Ich diese 100 R wohl dazu
emploiren könne, … ich versichere auch was mittelst quitungen hiernechst H. Provito-
ribus zu belegen verspreche, daß ich ohn mehr oder weniger hievonn verwandt habe,
versehe mir hierinnen geneigter declaration und verharre mit aller Ergebenheit

Strahls(und)
d(en) 8. Febr(uar) 1714 EE und hW Rahts
gantz verbundenste
Seel. C. S. Thoma Nachgelaßne Wittwe“574

573
KAP V A XI 18 (1793). – Urkundenbuch zur Chronik der Stadt Plön. Urkunden und Akten gesammelt
und mit Erläuterungen versehen von Bürgermeister Kinder, Plön 1890. – J. Kinder, Plön. Beiträge zur
Stadtgeschichte, Plön 1904, S. 36. – M. Berwing, Preetzer Schuhmacher und ihre Gesellen 1750-
1900. Aufschlüsse aus Archivalien, Kiel, Dissertation 1981, S. 67 f.
Kronleuchter als Stiftungen Seite 187

In der Evangelischen St. Nikolai-Kirche zu Stralsund tragen mit Ausnahme des mitt-
leren Kronleuchters „Muttergottes in Mandorla auf Kogge“ die übrigen Kronleuchter
einen heraldischen Doppel-Adler als Bekrönung. Wie im 18. Jahrhundert die Kron-
leuchter in den Kirchen Hamburgs aussahen, die gemäß Bezugnahme dieser Korres-
pondenz möglicherweise als Vorbild dienten, kann aufgrund der Auswirkungen des
Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie bisher fehlender oder unbekannter Bilddoku-
mentationen gegenwärtig nicht konkretisiert werden.

Das zweite Beispiel der oben erwähnten Schreiben bezieht sich auf einen Kronleuch-
ter mit der Topfigur „Jupiter auf Adler“ in der Evangelischen Kirche St. Pankratius in
Hamburg-Ochsenwerder. Dort begründet die Witwe Catharina Stange unter Bezug-
nahme auf die erfolgte Stiftung eines Kronleuchters ihres verstorbenen Ehemannes
den fortbestehenden Anspruch an das Erb-Begräbnis „… deswegen sie beyderseits
die Crone dafür verehret, dass sie herunter wollen ruhen …“.575

Und zum zweiten Kronleuchter von Osten in der Evangelischen St. Michaeliskirche in
Eutin heißt es:
„Anno 1684 … vor Ostern hat der wohlehrenfeste H(er)r Henning Meier, alter und
wohlverdienter fürstlicher Haußvoigt hieselbst aus freywilligem christlichen Hertzen
zu Gottes ehren und kirchlicher Zierde eine schöne Messingskrone in hiesiger Haus-
kirchen lassen aufrichten. Und hat dabey fünffzig Reichsthaler legieret und vermacht,
auch selbige den ietzigen Structurario und vornehmste Kirchenjuraten … (von den
Zinsen sollen vier Wachslichter auf der Krone gehalten und ihre Reinigung durch den
Küster bezahlt werden). Als haben auch wohlgedachte Herren Testamentary solches
den 28. Septr. ao 1687 werckstellig gemacht und so … obligation … unterschrieben
in Gegenwart aller mit Interessenten … samt allen dazu gehörigen pertinentien ein-
gehändiget …, daß die obigen 800 Rthl. (Reichstaler) solten folgendermaßen genos-
sen werden. Namlich die 500 Rthl. so der Kirchen in perpetuum legieret, die sollten
so lange Zinsbar bleiben und nicht in Capitali angewiesen werden, so lange wie die
Kirche nicht aufs höchste zu der Structur selbiger benöthiget wäre, alsdan solte die
Kirche macht haben, solches Capital zu bedienen. Die übrigen 300 Rthl. aber möch-
ten zwar die Legatary nach bleiben aufkündigen … – Zu wissen, welcher gestalt der
weyland Edle großachtbarr und wohlfürnehme H. Henning Meier, hieselbst zu Eutin
viel Jahr hochfürstl. bischöfl. Haußvoigt, und der anno 1687 den 10. Juli seelig ver-
storben längst bey gesunden Tagen ein Testament seiner recht Gott selbst erworbe-
nen freyen güter gemacht, und in den selben unteranderem aus christl. Herzen ein
rühmliches Legatum von 800 Rthl.“

Deutlich vermittelt die prägnante Formulierung der „freiwilligen Stiftung“ den Prozess
der Individuation.576 Das Individuum entfaltet sich mit den Errungenschaften seiner
geistigen Befreiung und Selbständigkeit sowie mit Wissen um die Gnade Gottes nur
innerhalb der Gemeinschaft.

574
HSTA Rep. 28 Nr. 588 (1714).
575
HH St A 514-4, 1619 (1758).
576
G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Holstein, 2. stark erw. und
veränd. Aufl. 1994, S. 791 (Schleswig-Friedrichsberg, Evangelische Dreifaltigkeitskirche, Kronleuch-
ter (1656). – Die Denkmäler des Rheinlandes. Kreis Kleve, o. J., (Hohkeppel/Gummersbach-Wipper-
fürth, Kronleuchter (1782).
Kronleuchter als Stiftungen Seite 188

Ein abschließendes Beispiel mag verdeutlichen, dass mit der Reformation das Stif-
tungswesen kaum zum Einsturz gebracht, vielmehr in anderen Dimensionen und un-
ter neuem Vorzeichen noch eine Rolle spielte.577
„Zur Bestreitung der Kosten der Erleuchtung der großen Kirchenkrone legierte der
Oldesloer Johann Daniel Fischer 1736 der Oldesloer Kirche eine jährliche Rente von
11 Mk (Mark) 12 ß (Schilling), welche in einer, jetzt dem Bürger Johann Friedrich
Schultz gehörigen, Koppel radiciert ist. - Für die Erleuchtung der kleinen Kirchenkro-
ne findet sich ein Legat des Jahres 1697, dessen Stifter unbekannt ist. Die jährliche
Rente beträgt 3 Mk, und ist in einem Garten vor dem Hamburger Thore radiciert, der
jetzt den Postmeister und Rathsverwandten wandten Schyte gehört.“578

Diese Auswahl an Inschriften ließe sich um jene Beispiele erweitern, die Bibelverse
und Sinnsprüche zum Inhalt haben. Bei aller Individualität, die auch schon im For-
menrepertoire und Motivschatz der Schaftkronleuchter zum Ausdruck kommt, zeich-
nen sich neue Vorstellungen von Ordnung, Gerechtigkeit und Gnade ab.579 Aus dieser
Perspektive, Teil eines Ganzen zu sein, ist die Kronleuchterstiftung mittels unter-
schiedlicher Zeichen mit in der Umgebung verankert.

die Inschrift eines Schaftkronleuchters mit bekrönender Engel-Statuette lautet:


„Ihneke Hayen ErbGesessen … Had zu Gottes Ehren und Dieser Kirchen … (diese)
Messinge Krone aus Freyen Willen verehret. Für Falschen Lehren Behüt Herr Jesu
Christ durch Deine Güt Hilf Dasz wir in der Unschuld seyn ohn Ketzerey In Deiner
Gemein Anno 1700“ (Wappen).

577
A. Angenendt, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 1997, S. 716. – C. Göttler, Die Kunst des
Fegefeuers nach der Reformation. Kirchliche Schenkungen, Ablass und Almosen in Antwerpen und
Bologna um 1600 (1996), s. 24, Anm. 6. – H. Liermann, Handbuch des Stiftungsrechts, 1. Geschich-
te des Stiftungsrechts (1963), S. 134, 141, 159, 160 f.
578
F. Seestern-Pauly, Aktenmäßiger Bericht über die in dem Herzogtume Holstein vorhandenen milden
Stiftungen, 2. T., 1.-6. H., 1831, S. 280. – H. v. Poschinger, Das Eigentum am Kirchenvermögen mit
Einschluss der heiligen und geweihten Sachen dargestellt auf Grund der Geschichte des Kirchenguts
und des katholischen und protestantischen Kirchenrechts, 1871, S. 235, 305. – M. Borgolte, a.a.O.,
1988. – Ders., a.a.O., 1994. – Kleinplastiken jeglicher Art gehören seit dem 16. Jahrhundert erneut
zu den favorisierten Kunstgegenständen. – Die Beschwörung des Kosmos. Europäische Bronzen der
Renaissance, Ausst.-Kat. Wilhelm Lehmbruck, Duisburg (1994/95), S. 10. – W. Paatz hatte darauf
hingewiesen, dass sich das revolutionäre Weltbild am treffendsten in kleinformatigen Bronzewerken
ablesen lasse. – Es stellt sich die Frage, ob dieser Gedanke auf bestimmte Figurentypen als Motive
neuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Metall übertragbar wäre.
579
Danmarks Kirker. Søro Amt, 1. Halbbd., 1936, S. 210.
Metallgießer und Werkstätten Seite 189

6. Metallgießer und Werkstätten

Lokalisierung – Aspekte einer Zuordnung von Kronleuchtern


Die Methoden, um die Provenienz von Kronleuchtern zu ermitteln sind – im Rahmen
des jeweils Möglichen – naturgemäß sehr unterschiedlich und oftmals um neue As-
pekte zu ergänzen oder zu variieren.

Eine Vorgehensweise besteht in der Wahrnehmung und Verknüpfung der Informatio-


nen, welche die Objekte und Archivalien selbst bieten. Bisher sind nur wenige sig-
nierte oder annähernd vergleichbare Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18.
Jahrhunderts wie auch Werkstätten bekannt, um gegenwärtig Verbindungslinien her-
ausarbeiten zu können.

Sie führt am Beispiel der Kronleuchter in der Evangelischen Stadtkirche Glückstadt


zu der Erwägung, dass einer der für Glückstadt aktenkundlichen Metallgießer die be-
sagten Leuchter angefertigt haben könnte.

Dies ergibt eine Eingrenzung auf die in Glückstadt ansässigen und über die Stadt-
grenzen hinaus tätigen Bürger Berthold Eckhorst aus Rostock (Bürgereid Glück-
stadt 1661), Levin Lindemann (gest. 1678) und seinen Nachfolger Johann Lehmeyer
aus Stralsund (Bürgereid und Hochzeit mit Witwe Lindemann, 1678).580

Eines der besagten Objekte ist der Diana-Kronleuchter (2. Hälfte 17. Jahrhundert) in
der Evangelischen Stadtkirche zu Glückstadt (Abb. 112).

Die ausschließlich lokale Orientierung hinsichtlich der Provenienz des Leuchters und
Annahme, dass das Fehlen einer Inschrift und die „ungewöhnliche“ Topfigur auf eine
Stiftung aus einem Privathaushalt hinweisen könnte, ist nur so lange aufrechtzuer-
halten, wie keine anderen Beispiele einbezogen werden (können).581

Doch es gibt ein Pendant dazu in der Evangelischen Kirche St. Jakobi in Stralsund,
das inschriftlich in das Jahr 1671 datiert ist (Abb. 111).

Die nähere Betrachtung beider Exemplare zeigt eine annähernd adäquate Morpholo-
gie. Geringfügige Abweichungen bestehen in der Höhe des Kronleuchterschaftes –
deutliche Unterschiede in der Anzahl an Lichtkränzen, in der Gestaltung von Aufhän-
geöse und abschließendem Zapfen, sowie in der Platzierung der Urnen.

Letztere wechselt mit den Leuchterarmen der zwei Lichtkränze am besagten Kron-
leuchter in Stralsund und verdeckt so – in der Untersicht – einen Teil der Topfigur.

Zugleich stellt sich die Frage, welche Zierelemente zum mittleren Nutenmodul des
Kronleuchterschaftes gehörten.

580
Es ist unbekannt, ob Heinrich Lehmeyer, 1670 Glockengießer in Søllerød Kirche/Dänemark blutsver-
wandt oder Namensvetter ist, s. Danmarks Kirker. Københavns Amt, 1. Bd., 1944, S. 443.
581
F. Michaelsen, Die Glückstädter Lichterkronen, in: Steinburger Jb., 9. Jg., Hg. Heimatverband für den
Kreis Steinburg, Itzehoe 1965, S. 91-99.
Metallgießer und Werkstätten Seite 190

Insgesamt aber bieten die beiden Diana-Kronleuchter genug Anhaltspunkte e i n e r


Provenienz. In beiden Fällen ist die Statuette mit einem Chiton bekleidet und im seit-
lichen Damensitz auf behände springendem Rehwild dargestellt. Die Armhaltung der
Bekrönungen ist nicht identisch, folgt dennoch der Bewegungsrichtung des „Reittie-
res“. Weitere Attribute sind nicht erhalten.

Neben zahlreichen Zuordnungen der Diana – unter anderem als Göttin des Lichts –
ist sie durch Tintorettos „Diana und die Horen“ (um 1580) erneut Bildthema. Als eine
unter mehreren möglichen Bekrönungen und Teil des ikonographischen Bildpro-
gramms neuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Messing in Norddeutschland, die im
Zeichen religionspolitischer Entwicklung betrachtet wurden, liegt die Deutung dieser
römischen Göttin als Göttin der Ordnung und des Rechts nahe.582

Und auch das Motiv der Diana, die stärker als mythologische Göttin der Jagd, denn
als Schwester Appolos und Göttin des Lichts bekannt ist, widerspricht der Anferti-
gung und Stiftung des Kronleuchters in einen sakralen Verwendungszusammenhang
nicht!

Gleichwohl ist ihr Name nicht mit der biblischen Göttin von Ephesus (Apostelge-
schichte 19, 24) zu verwechseln.

Die annähernd adäquate Morphologie der Leuchter, die inschriftliche Datierung 1671
des Kronleuchters in Stralsund und die persönlichen Daten des Johann Lehmeyer aus
Stralsund könnten dafür sprechen, dass er die Leuchter anfertigte oder möglicher-
weise im Zusammenhang mit Adam Lehmeyer in Stralsund zu sehen sind. Er ist dort
für das Jahr 1663 aktenkundlich (Abb. 158).583

Sowohl hinsichtlich dieser beiden, nahezu identischen Exemplare als auch für die
drei vergleichbaren Caritas-Kronleuchter in Keitum/Sylt und Rendsburg/Schles-
wig-Holstein sowie Werdum/Niedersachsen stellt sich die Frage, ob die jeweils
geringe Stückzahl auf eine Verbindung zur Ausbildung und Bewerbung als Meis-
ter zurückzuführen ist. Denn die Herstellung eines Kronleuchters bildete im Rah-
men der Meisterprüfung der Metallgießer eine der ersten Aufgaben. Die Zusam-
menhänge, die Hüseler anhand von Tätigkeitsbereichen, Bestimmungsorten der
Objekte und Schaffenszeit der Metallgießer vorstellt, sind häufig infolge kriegs-
bedingter Verluste von Kronleuchtern und fehlender Dokumentationen, kaum
formal noch stilistisch zu definieren.584

Die Gegenüberstellung der Abbildungen von Schaftkronleuchtern und/oder Be-


krönungen und Unterhänge im Bildband der vorliegenden Kronleuchterstudie
zeigt, dass es weiterer kunstwissenschaftlicher Forschungen bedarf, um die Pro-

582
E. Simon, Die Götter der Römer, 1990, S. 51-58. – H. Hunger, Lexikon der griechischen und römi-
schen Mythologie, 6. erw. u. erg. Aufl. 1974, S. 106 f. – K. Hoenn, Artemis, Gestaltwandel einer Göt-
tin, Zürich 1946, S. 133, 134, 155 ff., 168 f.
583
Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vorpommersche Küstenregion. Mit Stral-
sund, Greifswald, Rügen und Usedom, Hg. Landesamt für Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern,
Berlin 1995, S. 149. – HSTA Rep 3 Nr. 5920 (1663); HSTA L 10 (1725). – LAS Abt. 133, Nr. 138.
584
K. Hüseler, a.a.O., 1922. S. 8, 50.
Metallgießer und Werkstätten Seite 191

venienz der erhaltenen Leuchter und ihres ikonographischen Programms im Nor-


den annähernd zu ermitteln.

Die stilkritische Betrachtung morphologischer Details scheint regional – wie am Bei-


spiel von Subfiguren und Unterhang des Kronleuchters (1638) der Evangelischen St.
Nikolaikirche in Kiel und jenes von 1661 im Dom zu Schleswig sowie exemplarisch an
Leuchterarmen und Zierelementen (Lübeck, Dom sowie Evangelischen St. Jakobikir-
che, 1678) – eine lineare, das heißt direkte Verbreitung bestimmter Formen anzuzei-
gen.585

Diese Darstellung ist auszuweiten, indem der Kronleuchter mit Doppel-Adler


(17. Jahrhundert) im Mittelschiff der Evangelischen Christkirche in Rendsburg sowohl
aufgrund der Schaftgliederung als auch hinsichtlich des Unterhanges aus Zapfen und
sirenenartigen Zierspangen Gemeinsamkeiten mit den zuvor genannten Kronleuch-
tern aufweist.

Die Daten weiterer Recherchen legen nahe, dass es sich hierbei, das heißt zuerst für
den Kieler Kronleuchter (1638), vermutlich um Werke des Rotgießers Fried-
rich Schreck handeln könnte.

Die Qualität des Kronleuchters und die Tätigkeitsbereiche dieses Kunsthandwerkers


als auch jene der Zeitgenossen Hans Gass von Rotum oder Hans Kronengeter im
Schloss/-garten und Rathaus zu Kiel lassen die Provenienz der Kronleuchter dort
vermuten.586

Eine ähnliche Gestaltung und offensichtliche Orientierung – erkennbar an Aufhängeö-


se, Bekrönungsmotiv und unterem Abschluss zeigt der Kronleuchter (1738) der Evan-
gelischen Christuskirche in Hamburg-Ottensen.587

Auch die folgenden zwei Schaftkronleuchter in Renaissanceformen mit bekrönendem,


gekrönten heraldischen Doppel-Adler und herabhängender Löwenkopf-Maske auf
Rømø/Dänemark (inschriftlich datiert 18. Jahrhundert) und in Hameln/Niedersach-
sen, Evangelische Kirche St. Bonifatius (Abb. 155, 156) bilden aufgrund stilistischer
Gemeinsamkeiten weitere Beispiele länderübergreifender Verbreitungswege und Ent-
wicklungen des Kundhandwerks.588

585
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Stadt Schleswig, 2. Bd.: Der Dom und der ehe-
malige Dombezirk, Bearb. D. Ellger, Hg. H. Beseler, München 1966, S. 494 f.
586
Kieler Schloßrechnungen des 17. Jahrhunderts, II. Das Inventar des Fürstlichen Hauses zu Kiel,
1654. Hg. J. Biernatzki, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, 22. H., Kiel
1906, S. 93, 97, 102. – F. Schreck wird die Anfertigung eines Hirschen (wohl um 1654) aus Messing
zugeschrieben. Potenzielle Zusammenhänge zum Hirschkronleuchter (1623, ursprünglich auf Schloss
Gottorf in Schleswig) des Rotgießers Lorenz Carstensen in Kooperation mit dem Bildhauer Hans Ochs
wären weiter zu untersuchen; s. u.a. E. Schlee, Der Bildhauer Hans Ochs, in: Nordelbingen (46),
Heide/H. 1977, S. 36-48.
587
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg. Bd. II: Altona. Elbvororte. Bearb.
R. Klee-Gobert. Hg. G. Grundmann, Hamburg 1959, S. 71 und Abb. 42, 43.
588
Danmarks Kirker. Københavns Amt, 4. Bd., 1951, S. 2288. – Ebd., Maribo Amt, 1. Halbbd., 1948,
S. 228. – Ebd., Sønderjylland. Konsthistorisk oversigt og registre, o. J., S. 316. – KiA Berdum KR I a
3 1762 ff. – Die im Rahmen der vorliegenden Kronleuchterstudie begonnenen Listen mit ortsalpha-
betisch und chronologisch verzeichneten Personennamen von Metallgießern waren zurückzustellen.
Resümee Seite 192

7. Resümee

Schaftkronleuchter aus Messing (des 16. bis 18. Jahrhunderts in Norddeutschland)


und Licht auf eine Funktion, einen Bedeutungsinhalt festlegen zu wollen, würde dem
Spektrum dieser Phänomene nicht gerecht!

Licht ist in seinen Gesetzen, Ausbreitungsformen und in der Wirkung explizierbar.


Kronleuchter als Lichtträger sind es ebenfalls – aufgrund der erhaltenen Bestände in
Norddeutschland und in den benachbarten Staaten.

Die vorliegende Kronleuchterstudie ergibt, dass neben aufwändigen – teils signierten


– Einzelstücken, die bisherige Einordnung der Vielzahl an neuzeitlichen Schaftkron-
leuchtern aus Messing als bezugslose Serienprodukte nur bedingt aufrechtzuerhalten
ist:

Wiederkehrende Formen schließen Varietät nicht aus! Und es gibt sowohl materialäs-
thetische als auch handwerklich-stilistische, das heißt qualitative Unterschiede!
Grundlagenforschungen fehlen in Norddeutschland dazu bisher.

Die überkommenen Bestände an Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis 18.
Jahrhunderts – unter Berücksichtigung von Kompositen und Replikaten – legen eine
besondere Zuordnung zum Materiellen nahe wie die Tradition der Beleuchtungsgerä-
te in Sakralgebäuden resp. die große Verbreitung der Schaftkronleuchter in evangeli-
schen Kirchen Gedanken an eine immaterielle Welt.

Machtpolitische Interessen, das heißt insbesondere Monopolisierung im Bergbau,


technische Innovationen und sozioökonomische Gründe im 16. Jahrhundert, das
heißt Strukturwandel der Gesellschaft, die Gründung von Werkstätten und der Wett-
bewerb im Handwerk (unter verwandten Gewerken) haben zur raschen und weit-
räumigen Verbreitung von Messingerzeugnissen resp. Schaftkronleuchtern beigetra-
gen.

Die einfachen, stereotypen Formen dieser Leuchter samt des ikonographischen Pro-
gramms spielen angesichts der Erfahrungen in der Metallverarbeitung weniger den
produktionstechnischen Leistungsstand wider. Bedeutsam erscheint vielmehr die
Nutzung zur Popularisierung von Kunst(handwerk) sowie als Medium der Kommuni-
kation.

Lebensbereiche des Menschen sind unter anderem von unterschiedlichen Vorstellun-


gen zur (darin herrschenden) Ordnungsstruktur geprägt.

Das schwindende Vertrauen in die Gnadenmittel der mittelalterlichen Frömmigkeits-


praxis und Kirche sozioökonomische Spannungen im 16. Jahrhundert führen ver-
stärkt zu Ordnungsmaßnahmen. Im 17. Jahrhundert haben Bürger politische Einflüs-
se aufzugeben; es erfolgt eine Trennung von Staat und Gesellschaft.

Vermittelt eine Botschaft der Bibel, dass der Mensch als Ebenbild des Sohnes Gottes
(Römer, Kap. 8 Vers 29) geschaffen und zugleich Teil eines Ganzen – zum Beispiel
einer (Glaubens-)Gemeinschaft – ist, fordert dies an sich schon eine Positionierung
Resümee Seite 193

und insbesondere in Zeiten heftiger Auseinandersetzungen um Konfession und Macht


– wie zum Beispiel im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648).

Die Blütezeit (früh-)neuzeitlicher Schaftkronleuchter aus Messing fällt in diese Zeit


der religionspolitischen Neustrukturierung zwischen Reformation und Absolutismus,
als Fragen zur Weltordnung, zu Leben und Vergänglichkeit und das Interesse an ei-
ner geistigen Selbstständigkeit und die Freiheit des Individuums im Raume stehen.

Die Tatsache der vermehrten Stiftung von Schaftkronleuchtern aus Messing seit der
Reformation und die überkommene Proportionalität des ikonographischen Pro-
gramms dieser Leuchter legt unter Berücksichtigung verschiedener Kronleuchterin-
schriften und interdisziplinärer Forschungsergebnisse die Deutung der Kronleuchter-
bekrönungen resp. augenscheinlich profane Bewaffnete in evangelischen Kirchen als
Mittel der Verankerung in der Stiftungswirklichkeit nahe.

Die zeitnahe Darstellung bestimmter Figurengruppen sowohl in antikisierender und in


zeitgenössischer Tracht als auch entblößt oder heraldisch während des 16. bis 18.
Jahrhunderts lässt diese Statuetten als Boten der Grundrechtsidee, das heißt der
Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und als Zeichen der Neuordnung, das
heißt im Zusammenhang mit der Herausbildung der Evangelischen Landeskirche un-
ter einer phasenverschobenen Einführung der Evangelischen Kirchenordnungen im
Norden erscheinen. Denn frühneuzeitliche Schaftkronleuchter in Norddeutschland
weisen nur vereinzelt eindeutig christliche Motive der alten Glaubenslehre, das heißt
eine Muttergottes oder der neuen Glaubenslehre, das heißt einen Salvator mundi auf.
Und moralisierende Themen, das heißt traditionelle Darstellungen des Erzengel Mi-
chael begegnen als Bekrönungen der Schaftkronleuchter aus Messing erst wieder
Mitte des 17. Jahrhunderts.

Die Infragestellung einer religionspolitischen Deutung von Kleinkunstwerken – wie


zum Beispiel Schaftkronleuchter – liegt angesichts herausragender und ursächlich in
der neuen Glaubenslehre begründeter Kunstdenkmäler – wie zum Beispiel die Evan-
gelische Hauptkirche (seit 1568) Beatae Mariae Virginis (1553) in Wolfenbüttel – auf
der Hand, zumal die wissenschaftliche Forschung zur kunstgeographischen Ausbrei-
tung der besagten Kronleuchter in Norddeutschland nur in Ansätzen durchgeführt
werden konnte.

Die spezifische Verteilung der untersuchten Kronleuchterbestände mit ihren Bekrö-


nungen und Unterhängen widerspricht einer ausschließlich materiell, das heißt ideell
sinnentleerten Verbreitung allgemeinverständlicher Motive.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Kapazitäten der Druckgrafik resp. Kommunikati-
onsmedium deutscher Kleinmeister als auch die Mobilität und Inspiration der Auf-
traggeber/Kunden sowie der Kunsthandwerker diese Entwicklung auf dem Weg zur
frühmodernen Staat im reformfähigen Deutschland beschleunigt haben.

Bedeutsam für das Phänomen Schaftkronleuchter aus Messing des 16. bis 18. Jahr-
hunderts erscheint der Erkenntnisprozess, Naturgesetze analysieren und Entwicklun-
gen künstlicher Ordnungsstrukturen differenzieren zu können.
Resümee Seite 194

Der für diese Leuchter bevorzugte Werkstoff Messing könnte über produktionstechni-
sche und ökonomische Aspekte hinaus etymologisch begründet sein:

Kronleuchter, die – inschriftlich überwiegend – „Gott zur Ehre und der Kirche zur
Zierde“ gestiftet wurden, repräsentieren den Anspruch: strahlend, glänzend, präch-
tig, herrlich.

Zugleich deutet „Zier“ neben Ruhm und Ehre die Hinwendung des Menschen zu einer
– irdischen Geschöpfen übergeordneten – Gottheit, das heißt: Himmel, Tag, Him-
melsgott, Himmlischer – die Freiheit aller Gläubigen, direkt göttliches Recht zu for-
dern, an.

Die aktuelle Bedeutung dieser Beleuchtungsgeräte zeigt sich in Fragen zur verstärkt
wahrnehmbaren Profanisierung der Lebensbereiche, zur allgemeinen und individuel-
len Standortbestimmung in einer multikulturellen Gesellschaft und hinsichtlich der
Verantwortung zur Bewahrung kulturellen Erbes.

„Lux ad illuminandas gentes“, Licht zur Be- und Erleuchtung der Menschheit.
Abkürzungsverzeichnis Seite 195

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O. am angegebenen Ort


Abb. Abbildung
Abt. Abteilung
ADgSL Archiv Domgemeinde Schleswig
A. Anfang
Anm. Anmerkung
Ausst.-Kat. Ausstellungs-Katalog
Bd./Bde. Band/Bände
Bearb. Bearbeitung
Depos. Depositum
E. Ende
erg. ergänzt
erw. erweitert
ev./EKD evangelisch/Evangelische Kirche Deutschlands
f./ff. folgende Seite/Seiten
FS Festschrift
H. Heft
H.-B. Husum-Bredstedt (= Kirchenkreisverwaltung)
HH St A Hamburg Staatsarchiv
Hg. Herausgeber
hl. heilig
HSTA Hansestadt Stralsund Archiv
Inst. Institut
Inv. Inventar
Jb. Jahrbuch
Jg. Jahrgang
Jh. Jahrhundert
KA Berdum Kirchenarchiv Berdum/Niedersachsen
Kap. Kapitel
KAP Kloster Archiv Preetz
KD amtliches Länderinventar der Bau- und Kunstdenkmäler
Kg Kirchengemeinde
KiA
... Preetz (Ev.) Kirchengemeinde Archiv Preetz
... RD (Ev.) Kirchengemeinde Archiv Rendsburg
KKrs. Kirchenkreis
KR Kirchenrechnungsbuch
Kunstwiss. Kunstwissenschaft
LAS Landesarchiv Schleswig
LCI Lexikon der christlichen Ikonographie
LDSH Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein
Abkürzungsverzeichnis Seite 196

M. Mitte
No./Nr. Nummer
o.J. ohne Jahr
P Preetz
RD Rendsburg
RDK Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte
RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart
Rep. Repertorium
rev. revidiert
Rth. Reichstaler (Reichst(h)aler)
s. siehe
S. Seite
S.A. Stadt Archiv
Slg. Sammlung
St. Sankt
St A HL Stadtarchiv Hansestadt Lübeck
ß Schilling
T. Teil
Taf. Tafel
U Urkunde
UB Urkundenbuch
u.a. unter anderem
V. Vers
veränd. verändert
vgl. vergleiche
Ztschr. Zeitschrift
Literaturverzeichnis Seite 197

Literaturverzeichnis (Auswahl)

Archivalien

ADgSL Nr. 86 Inventar des Doms 1763-1880

HH St A 612 - 1/45
HH St A Kirchwerder KR 1575
HH St A Kirchwerder Inventare 1576, 1654, 1793
HH St A Archiv Ochsenwerder I A 9a1 (1619/1785)

HSTA Depos. St. Jakobi Rep. 28 Nr. 317, 885, 886


HSTA Depos. St. Jakobi Rep. 82
HSTA Rep. 3 Nr. 5920 (1663, Reisepass Gottfried Krüger, Geselle der Werkstatt Adam
Lehmeyer, Stralsund
HSTA Rep. 9 Nr. 186 (1644)
HSTA Rep. 16 Nr. 263 (1720)
HSTA Rep. 16 Nr. 312
HSTA Rep. 16 Nr. 316 (1747)
HSTA Rep. 28 Nr. 588 (1714)
HSTA Nr. 148 St. Marien Totenregister (1630-1649)
HSTA Nr. 157 (Urkunde, St. Marien)
HSTA Testament L10 (1725)

KAP VB c und d
KAP VE 6 KR 1887-1900
KAP II D a No. 11
KAP VBa1 und b1-9
KAP VA, XI 18
KAP KR 1. März 1756-Ostern 1757
KAP Akte Allerhand interessante Nachrichten und Urkunden des Closters Preetz
(1711)

KiA Berdum KR I a 3 1762-1868


KiA Barth 1156
KiA Barth B/V Inventar 1658-1673
KiA Barth Kirchen-Rechnungen 1602
KiA Barth Kirchen-Register 615, 1598-1599; 1311 (1636); 895 (1666); 811, 1680;
620, 1734
KiA Barth Belege 1860 Nr. 161
KiA Buxtehude St. Petri KR 1623-24, KR I 4 1646-65, Kleine KR 1592-1811, Große
KR 1592-1611
KiA Eckernförde KR 1709
KiA Kotzenbüll Kircheninventarium (1764-77, 1813-63)
KiA Lauenburg/Elbe 5133 Beleuchtung Nr. 959/768 Urkunde btr. Schenkung Kron-
leuchter Dochtermann 1651
Literaturverzeichnis Seite 198

KiA Meldorf Kircheninventarium (II 13 Nr. 4, 1765)


KiA Meldorf Kircheninventarium (1898)
KiA Otterndorf KR I 1 1536-1578, KR. I 3 1595-1610, 1620, KR I 6 1640-46, KR I 7
1647-54
KiA Plön St. Nikolai KR 1621-1660, 1654, 1721/22
KiA Preetz KR 1636-1740/83, 1684-1715, 1733-1807, 1741-1824
KiA Preetz Mappe 180
KiA RD (Rendsburg), Christkirche Nr. 391 (1721)
KiA RD, Christkirche KR 1756/57
KiA RD, Christkirche Inventar 1786 4.T., 4. Abschrift
KiA RD, St. Marien KR 1695-1865
KiA Werdum KR

KKrs. A. H.-B. 232, Akte St. Marien Husum 1605-1852, Notification


KKrs. A. H.-B. 323 Varia
KKrs. A. H.-B. Inventar 1658-1673
KKrs. A. H.-B. Hattstedt Nr. 240, Verzeichnis 1763
KKrs. A. H.-B. Hattstedt Nr. 245, Register (1634)

Krs. A. Eberswalde-Barnim, Historisches Stadtarchiv Nr. 5733

LAS Abt. 7 Nr. 6091, Nr. 53


LAS Abt. 7 Kop. Abg. Nr. 1044/166
LAS Abt. 8.1 Nr. 916 (1722)
LAS Abt. 19 Nr. 61 (1639)
LAS 127, 1a Nr. 66, p. 127 (1764)
LAS Abt. 133 Nr. 135, 138
LAS Abt. 210 Nr. 2353
LAS Abt. 260 Nr. 4162
LAS Abt. 400.5 Nr. 193 (1707/08), Nr. 194

S.A. Mölln/Lbg. Stadt-Archiv Mölln/Lauenburg Nr. 963/878, 5.1.5


S.A. Mölln/Lbg. Inventarisierung kirchlichen Mobiliars 1700, Inventar 1758, Corpus
Bonorum 1790 pag. 14,5
S.A. Mölln/Lbg. Kirchenbegräbnisbuch 1676-1742/70

StA HL Sammlung Ed. Hach 98


StA HL Familienkartei 309
StA HL 11-2 Altes Senatsarchiv, Handwerksämter ca. 1450-1870
StA HL 11-4 Altes Senatsarchiv, Ecclesiastica
StA HL Domkirche KR 1652-58, 1658-1664
StA HL Testament Moritzen 1685-1713 (Wachslichter, Renovierung der Kronleuchter
St. Clemenskirche
Lübeck)
StA HL Testament Johann Glandorp (1613)
Literaturverzeichnis Seite 199

St.A Kiel Akten des Stadtkonsistoriums 1784. No.9


St.A Kiel Braunes Kirchenbuch Nr. 789, S. 173f, Nr. 391 Register, S. 303

Fotodokumentation – zum Teil mit Kurzbeschreibung des Erhaltungszustandes und


der Inventarisierungsmaßnahmen – (2. Hälfte 20. Jh.) der Firma Paul Oehl-
mann – Leuchten, Kunsthandwerk, Bielefeld
Literaturverzeichnis Seite 200

Gedruckte Quellen

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Reyse. Zum andern mahl herauß gegeben durch Adam Olearius, Schleswig
1656.

Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift nach der deutschen Übersetzung Dr. Martin
Luthers, Stuttgarter Senfkornbibel 1933.

Denkelbok der St. Nikolai-Kirche zu Kiel von 1487-1601, in: Zeitschrift der Gesell-
schaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte, Bd. 10, Kiel 1881.

Adam Jessien, Diplomatarium des Klosters Preetz, Kiel-Elmschenhagen 1838.

E. Sehling (Hg.),Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, 1. Abt. Sach-


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1542, Markgrafentümer Oberlausitz, Niederlausitz und Schlesien, Leipzig
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Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, Herzogtum Lauenburg mit
Land Hadeln, Hamburg mit Landgebiet, Leipzig 1913.

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dersachsen, Die Welfischen Lande, 1. Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lü-
neburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg, Tübingen 1955.

Ders. (Hg.), Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bd. 6, T. 2. Nie-


dersachsen, Die Welfischen Lande. 2. Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen
und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim u.a. Tübingen 1957.

Ders. (Hg.), Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bd. 7, T. 1 Nie-


dersachsen, Die außerwelfischen Lande. 1. Erzstift Bremen, Stadt Stade,
Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft
Ostfriesland und Harlingerland, Tübingen 1963.

Ders. (Hg.), Evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bd. 7, T. 2.1,


Niedersachsen, Die außerwelfischen Lande. 2.1 Stift Hildesheim, Stadt Hil-
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der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte. 22. Heft, Kiel 1906.
Literaturverzeichnis Seite 201

Königin Christina von Schweden, Gesammelte Werke. Autobiographie, Aphorismen,


Historische Schriften aus: Historische Merkwürdigkeiten die Königinn Christi-
na von Schweden betreffend; zur Erläuterung der Geschichte ihrer Regierung
und insonderheit ihres Privatlebens, wie auch der Civil- und Gelehrtenhistorie
ihrer Zeit, nebst zweyen noch nie gedruckten Werken dieser gelehrten Prin-
zessin. Durchgehends auf deren Briefe gegründet, und aus den bewährtesten
Geschichtschreibern, beglaubten Handschriften und gedruckten Urkunden
zusammengetragen (…), 1. T., Leipzig/Amsterdam 1751.

Die Kultur des Humanismus. Reden, Briefe, Traktate, Gespräche von Petrarca bis
Kepler, Hg. N. Mout, München 1998

F. Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik, In: Hansische Geschichts-
quellen. N.F. Bd. II. Hg. Verein für Hansische Geschichte. Berlin 1900.

Martin Luther und der Bergbau. Aus Tischreden, Briefen und Predigten. Stiftung Lu-
thergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Gesammelt von C. Reizig und Gunter
Müller, Wittenberg 2000.

Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer


Bibel. Hg. A. Deissler/A. Vögtle, neubearb. und erw. Ausg., Freiburg/Ba-
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F. C. Jensen und D. H. Hegewisch, Kiel 1797.

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1986.

Urkundenbuch zur Chronik der Stadt Plön. Urkunden und Akten gesammelt und mit
Erläuterungen versehen von Bürgermeister Kinder, Plön 1890.
Literaturverzeichnis Seite 202

Amtliche Inventare der Bau- und Kunstdenkmäler

Baden-Württemberg

Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg. Bearb.


D. Zimdars u.a.
– Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe, München/Berlin 1993.
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Bayern

Die Kunstdenkmäler von Bayern


– Regierungsbezirk Mittelfranken. X. Landkreis Hersbruck. Bearb. W.
Schwemmer. Hg. Landesamt fürDenkmalpflege, München 1959
– Regierungsbezirk Mittelfranken. XI. Landkreis Lauf an der Pegnitz.
– Bearb. W. Meyer/W. Schwemmer. Hg. Landesamt für Denkmalpflege,
München 1966. Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.
Bayern, München/Berlin 1988-1999.
– Franken. Bearb. T. Breuer u.a. (1999).
– Niederbayern. Bearb. M. Brix u.a. (1988).
– Schwaben. Bearb. B. Bushart u.a. (1989).
– München und Oberbayern. Bearb. E. Götz u.a. (1990).
– Regensburg und die Oberpfalz. Bearb. J. Drexler u.a. (1991).

Berlin

Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin. Bearb. R. Borrmann. Geschichtliche Einlei-
tung von P. Clauswitz, Berlin 1893.
Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin.
– 2. T., Stadt und Bezirk Charlottenburg. Bearb. I. Wirth. Hg. Amt für
Denkmalpflege, Berlin 1961.
– Stadt und Bezirk Spandau. Bearb. G. Jahn. Hg. Amt für Denkmalpflege,
Berlin 1971.
Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Hauptstadt Berlin I und II. Bearb. H. Bütt-
ner, J. Fait, H. Spielmann, H. Trost. Hg. Institut für Denkmalpflege der DDR,
München/Berlin 1987.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Berlin. Bearb. S. Badstübner-
Gröger, M. Bollee, R. Paschke u.a., München/Berlin 1994.

Brandenburg
Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg. Berab.: R. Ber-
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– Bd. I, H. 2. Kreis Ostprignitz. Bearb. P. Eichholtz, F. Solger u.a., Berlin
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Literaturverzeichnis Seite 203

– Bd. VI, T. 2. Stadt Frankfurt/Oder. Bearb. W. Jung, W. Spatz u.a., Berlin


1912.
– Bd. II, T. 3. Stadt und Dom Brandenburg. Bearb. P. Eichholtz, W. Spatz
u.a., Berlin 1912.
– Bd. II, T. 1. Westhavelland. Bearb. P. Eichholtz, W. Spatz, Berlin 1913.
– Bd. I, T. 3. Kreis Ruppin. Bearb. P. Eichholtz, W. Spatz, Berlin 1914.
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– Bd. VI, T. 6. Kreis Crossen. Bearb. W. Jung, F. Solger u.a., Berlin 1921.
– H. Vl-X. Kreis Angermünde. Bearb. P. Eichholtz, O. Korn, Berlin 1931.
– Bd. III, T. 3. Kreis Angermünde (Übersicht und Einleitung). Bearb. F.
Solger u.a., Berlin 1934.
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Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg.
– Kreis Sorau und Stadt Forst. Bearb. H. E. Kubach, J. Seeger u.a, Berlin
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Deutsche Kunstdenkmäler. Ein Bildhandbuch. Bezirke Cottbus. Frankfurt/Oder. Pots-
dam und Berlin, Hauptstadt der DDR. Erläut. und Bildauswahl J. Fait, Aufn.
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Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Brandenburg. Hg. Institut für Denkmal-
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Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Frankfurt/Oder. Bearb. H. Trost u.a.,
Berlin/München 1980.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. Bearb. G.
Vinken u.a., Berlin 2000.
Die Bau- und Kunstdenkmale der Freien und Hansestadt Hamburg.
– Bd. I. Bergedorf. Vierlande. Marschlande. Hg. G. Grundmann, Hamburg
1953.
– Bd. II. Altona. Elbvororte. Bearb. R. Klee-Gobert. Hg. G. Grundmann,
Hamburg 1959.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Hol-
stein. 2., stark erw. und veränd. Aufl., München/Berlin 1994.

Hessen
Inventarium der Baudenkmäler im Königreiche Preussen. Provinz Hessen-Nassau.
Regierungsbezirk Wiesbaden. Bearb. W. Lotz, Berlin 1880.
Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen. Provinz Rheinhessen. Kreis Worms.
Bearb. E. Wörner, Darmstadt 1887.
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Landes Hessen. Hg. H. Feldtkeller, München/Berlin
1965.
Literaturverzeichnis Seite 204

Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel.


– Bd. III. Kreis Grafschaft Schaumburg. Bearb. H. Siebern, Marburg 1907.
– Bd. V. Kreis Herrschaft Schmalkalden. Bearb. P Weber. Textband sowie
Tafelband, Marburg 1913.
– Bd. VI, T. 1. Kreis Kassel-Stadt. Bearb. A. Holtmeyer, Kassel 1923.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen. Bearb. M. Backes,
2., bearb. Aufl., München/Berlin 1982.

Mecklenburg-Vorpommern

Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin.


– I. Bd. Die Amtsgerichtsbezirke Rostock, Ribnitz, Sülze-Marlow, Tessin,
Laage, Gnoien, Dargun, Neulaken. Bearb. F. Schlie, 2. verb. und verm.
Aufl., Schwerin 1898.
– II. Bd. Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gade-
busch und Schwerin. Bearb. F. Schlie, 2. Aufl., Schwerin 1899.
– III. Bd. Die Amtsgerichtsbezirke Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lüb-
theen, Dömitz, Grabow, Ludwigslust, Neustadt, Crivitz, Brüel, Warin,
Neubukow, Kröpelin und Doberan. Bearb. F. Schlie, 2. Aufl., Schwerin
1900.
– IV. Bd. Die Amtsgerichtsbezirke Schwaan, Bützow, Sternberg, Güstrow,
Krakow, Goldberg, Parchim, Lübzund Plau. Bearb. F. Schlie, 2. Aufl.,
Schwerin 1901.
Kunst und Geschichtsdenkmäler des Freistaates Mecklenburg-Strelitz. Bearb. G. Krü-
ger.
– Das Land Stargard. 2. Abt. Der Blumenhäger Silberfund, Amtsgerichts-
bezirke Fürstenberg, Feldberg, Woldegk und Friedland, Neubrandenburg
1925.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Mecklenburg. Neubranden-
burg. Rostock. Schwerin, 2. Aufl., 1980.
Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Bezirk Neubrandenburg. Bearb. G. Baier,
H. Ende u.a. Hg. Institut für Denkmalpflege der DDR, Berlin/München 1982.
Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. Mit den
Städten Rostock und Wismar. Bearb. G. Baier, H. Ende u.a. Hg. Institut für
Denkmalpflege, Berlin 1990.

Niedersachsen

Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig.


– 1. Bd. Kreis Helmstedt. Bearb. P. J. Meier. Hg. Herzoglich-Braunschwei-
gisches Bau-Direktorium, Wolfenbüttel 1896.
– 2. Bd. Kreis Braunschweig mit Ausschluss der Stadt Braunschweig.
Bearb. P. J. Meier. Hg. Herzoglich Braunschweigisches Bau-Direktorium,
Wolfenbüttel 1900.
Literaturverzeichnis Seite 205

– 3. Bd. Kreis Wolfenbüttel. 1. Abt. Stadt Wolfenbüttel. Bearb. P. J. Meier,


Wolfenbüttel 1904.
– 3. Bd. Kreis Wolfenbüttel. 2. Abt. Die Ortschaften des Kreises mit Aus-
schluss der Kreisstadt. Bearb. P. J. Meier, Wolfenbüttel 1906.
– 4. Bd. Kreis Holzminden. Bearb. K. Steinacker. Hg. P. J. Meier, Wolfen-
büttel 1907.
– 5. Bd. Kreis Gandersheim. Bearb. K. Steinacker. Hg. P. J. Meier, Wolfen-
büttel 1910.
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig. Bearb. P. J. Meier, K. Stein-
acker. 2. erw. und mit Abbildungen versehene Aufl. Braunschweig 1926.
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover.
– I. Regierungsbezirk Hannover. 1. Landkreise Hannover und Linden. Hg.
C. Wolff, Hannover 1899 (Heft 1 des Gesamtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 1. und 2. Stadt Goslar. Bearb. A. v.
Behr, U. Hölscher. Hg. C. Wolff, Hannover 1901 (Heft 2 und 3 des Ge-
samtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Lüneburg. 1. Kreise Burgdorf und Fallingbostel. Hg.
C. Wolff, Hannover 1902 (Heft 4 des Gesamtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Lüneburg. 2. und 3. Stadt Lüneburg. Bearb. F. Krü-
ger, W. Reinecke. Hg. C. Wolff, Hannover 1906 (Heft 5 und 6 des Ge-
samtwerkes).
– IV. Regierungsbezirk Osnabrück 1. und 2. Stadt Osnabrück. Bearb. H.
Siebern, E. Fink, Hannover 1907 (Heft 7 des Gesamtwerkes).
– I. Regierungsbezirk Hildesheim. 3. Der Kreis Marienburg. Bearb. H. Sie-
bern u.a., Hannover 1910 (Heft 10 des Gesamtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 4. Stadt Hildesheim. Kirchliche Bauten.
Bearb. A. Zeller, Hannover 1911 (Heft 11 des Gesamtwerkes).
– IV. Regierungsbezirk Osnabrück. 3. Die Kreise Wittlage und Bersenbrück.
Bearb. A. Nöldeke, Hannover 1915 (Heft 13 des Gesamtwerkes).
– IV. Regierungsbezirk Osnabrück. 4. Die Kreise Lingen und Grafschaft
Bentheim. Bearb. A. Öldeke, Hannover 1919 (Heft 14 des Gesamtwer-
kes).
– VI. Regierungsbezirk Aurich. 1. und 2. Stadt Emden. Bearb. H. Siebern,
Hannover 1927 (Heft 5 und 16 des Gesamtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 6. Kreis Alfeld. Bearb. O. Kiecker, P.
Graff, Hannover 1929 (Heft 17 des Gesamtwerkes).
– I. Regierungsbezirk Hannover. Heft 2 in zwei Teilen. Stadt Hannover.
Bearb. A. Nöldeke, Hannover 1932 (Heft 19 des Gesamtwerkes).
– III. Regierungsbezirk Lüneburg. H. 5. Stadt Celle. Bearb. H. Siebern u.a.,
Hannover 1937 (Heft 21 des Gesamtwerkes).
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 7. Landkreis Goslar. Bearb. O. Kiecker
u.a., Hannover 1937 (Heft 22 des Gesamtwerkes).
Literaturverzeichnis Seite 206

Die Kunstdenkmale der Provinz Hannover. II. Regierungsbezirk Hildesheim. 8. Land-


kreis Peine. Bearb. H. Jürgens u.a., Hannover 1938.
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 9. Landkreis Hildesheim. Bearb. H. Jür-
gens u.a., Hg. H. Deckert, Hannover 1938.
– II. Regierungsbezirk Hildesheim. 10. Kreis Alfeld. II. Der ehemalige Kreis
Gronau. Bearb. H. Jürgens u.a. Hg. H. Deckert, Hannover. 1939.
– I. Regierungsbezirk Hannover. 3. Kreis Springe. Bearb. H. Jürgens u.a.,
Hannover 1941 (Band 29 des Denkmalwerkes).
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen.
– Regierungsbezirk Stade. Land Hadeln und Stadt Cuxhaven. Bearb. O.
Kiecker u.a. Textband. Hg. O. Karpa, München/Berlin 1956.
– Regierungsbezirk Stade. Stadt Stade. Bearb. C. W. Clasen, G. Kiesow
u.a. Textband sowie Bildband, München/Berlin 1960.
– Regierungsbezirk Stade. Landkreis Stade. Bearb. W. Clasen, G. Kiesow
u.a. Textband sowie Bildband. Hg. O. Karpa, München/Berlin 1965.
Die Kunstdenkmale des Landes Niedersachsen. Bd. 34. Landkreis Celle im Regie-
rungsbezirk Lüneburg. Bearb. J. Bühring u.a. Textband, Hannover 1970.
Die Kunstdenkmäler des Landes Niedersachsen. Bd. 35. Landkreis Hameln-Pyrmont
im Regierungsbezirk Hannover. Bearb. J. Bühring u.a. Textband sowie Bild-
band, Hannover 1975.
– Bd. 36. Stadt Bodenwerder und Gemeinde Pegestorf im Regierungsbezirk
Hildesheim. Bearb. H. Braun u.a., Hannover 1976.
Kunstdenkmälerinventare Niedersachsens. Bd. 42. Die Kreise Verden, Rotenburg und
Zeven. Bearb. H. Siebern u.a., Osnabrück 1980 (Neudruck des gesamten
Werkes 1889-1976).

Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Oldenburg.


– 1. H. Amt Wildeshausen, Oldenburg 1896.
– 3. H. Amt Cloppenburg und Amt Friesoythe, Oldenburg 1903.
– 4. H. Die Ämter Oldenburg, Delmenhorst, Elsfleth und Westerstede, Ol-
denburg 1907.
– 5. H. Die Ämter Brake, Butjadingen, Varel, Jever und Rüstringen, Olden-
burg 1909.
Kirchen im Oldenburger Land. Bd. 1. Kirchenkreise Butjadingen, Brake, Elsfleth. Hg.
W. Runge, Oldenburg 1983.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bremen. Niedersachsen.
Bearb., G. Weiß u.a., neubearb., stark erw. Aufl., München/Berlin 1992.

Nordrhein-Westfalen

Die Kunst und Geschichtsdenkmäler des Kreises Warendorf. Bearb. J. B. Nordhoff.


Münster 1886. Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen.
– Kreis Lüdinghausen. Bearb. A. Ludorff, Münster 1893.
– Kreis Dortmund-Stadt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1894.
– Kreis Dortmund-Land. Bearb. A. Ludorff, Münster 1895.
Literaturverzeichnis Seite 207

– Kreis Hörde. Bearb. A. Ludorff, Münster 1895.


– Kreis Münster-Land. Bearb. A. Ludorff, Münster 1897.
– Kreis Paderborn. Bearb. A. Ludorff, Münster 1899.
– Kreis Iserlohn. Bearb. A. Ludorff, Münster 1900.
– Kreis Ahaus. Bearb. A. Ludorff, Münster. 1900.
– Kreis Wiedenbrück. Bearb. A. Ludorff, Münster 1901.
– Kreis Minden. Bearb. A. Ludorff, Münster 1902.
– Kreis Olpe. Bearb. A. Ludorff, Münster 1903.
– Kreis Steinfurt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1904.
– Kreis Soest. Bearb. A. Ludorff, Münster 1905.
– Kreis Arnsberg. Bearb. A. Ludorff, Münster 1906.
– Kreis Bielefeld-Stadt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1906.
– Kreis Bielefeld-Land. Bearb. A. Ludorff, Münster 1906.
– Kreis Bochum-Stadt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1906.
– Kreis Bochum-Land. Bearb. A. Ludorff, Münster 1907.
– Kreis Lübbecke. Bearb. A. Ludorff, Münster 1907.
– Kreis Gelsenkirchen-Stadt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1908.
– Kreis Gelsenkirchen-Land. Bearb. A. Ludorff, Münster 1908.
– Kreis Halle. Bearb. A. Ludorff, Münster 1908.
– Kreis Herford. Bearb. A. Ludorff, Münster. 1908.
– Kreis Meschede. Bearb. A. Ludorff, Münster 1908.
– Kreis Hattingen. Bearb. A. Ludorff, Münster 1909.
– Kreis Lippstadt. Bearb. A. Ludorff, Münster 1912.
– Kreis Höxter. Bearb. A. Ludorff, Münster 1914.
– Kreis Buren. Bearb. J. Körner, Münster 1926.
– 41. Bd., T. 2. Stadt Münster. Die Dom-Immunität. Die Marktlage. Das
Rathaus. Bearb. M. Geisberg. Hg. W. Rave, Münster 1933.
– 41. Bd., T. 6. Stadt Münster. Die Kirchen und Kapellen der Stadt außer
dem Dom. Bearb. M. Geisberg. Hg. W. Rave, Münster 1941.
– 49. Bd., T. 1. Stadt Lemgo. Bearb. O. Gaul, U.-D. Korn. Hg. E. Ellger, K. E.
Mummendorf, Münster 1983.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Westfalen. Bearb. D. Kluge,
W. Hansmann, München/Berlin 1986.
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen.
– I. Rheinland. Bearb. H. P. Hilger. Hg. Minister für Landes- und Stadtent-
wicklung des Landes Nordrhein-Westfalen und
– II. Kreis Kleve. 13. Stadt Straelen. Bearb. R. Schiffler, Berlin. 1987.
Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.
– 1. Bd. Kreise Kempen, Geldern, Moers und Kleve. Hg. P. Clemen, Düssel-
dorf 1892.
– 2. Bd. 1. Kreis Rees. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1892.
– 2. Bd. 2. Stadt Duisburg und Kreise Mülheim/Ruhr und Ruhrort. Hg. P.
Clemen, Düsseldorf 1893.
Literaturverzeichnis Seite 208

– 3. Bd. Stadt und Kreis Düsseldorf. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1894.


– 3. Bd. 2. Städte Barmen, Elberfeld, Remscheid und Kreise Lennep, Mett-
mann, Solingen. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1894.
– 3. Bd. 3. Kreis Neuss. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1895.
– 3. Bd. 4. Städte und Kreise Gladbach und Krefeld. Hg. P. Clemen, Düssel-
dorf 1896.
– 4. Bd. 2. Kreis Rheinbach. Bearb. E. Polaczek. Hg. P. Clemen, Düsseldorf
1898.
– 4. Bd. 3. Kreis Bergheim. Bearb. und Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1899.
– 5. Bd. 1. Kreise Gummersbach, Waldbroel und Wipperfürth. Bearb. E.
Renard. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1900.
– 5.Bd. 2. Kreis Mülheim/Rhein. Bearb. und Hg. P. Clemen. Düsseldorf.
1901.
– 5. Bd. 4. Siegkreis. Bearb. E. Renard. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1907.
– 6. Bd. 4. Stadt Köln. 1. Bd., 4. Abt. Die Kirchlichen Denkmäler der Stadt
Köln. St. Alban, St. Andreas, Antoniterkirche, St. Aposteln, St. Cäcilia,
St. Columba, St. Cunibert Elendskirche – St. Georg. Bearb. W. Ewald, H.
Rahtgens. Hg. P. Clemen, Düsseldorf 1916.
– 7. Bd. 2. Stadt Köln. 2. Bd., 2. Abt. Die Kirchlichen Denkmäler der Stadt
Köln. Minoritenkirche, S. Pantaleon, S. Peter, S. Severin. Bearb. H. Raht-
gens, H. Roth. Hg. P. Clemen. Düsseldorf 1929.
– 8. Bd. 2. Kreise Erkelenz und Geilenkirchen. Bearb. E. Renard. Hg. P. Cle-
men, Düsseldorf 1904.
– 8. Bd. 3. Kreis Heinsberg. Bearb. K. Franck-Oberaspach, E. Renard. Hg.
P. Clemen, Düsseldorf 1906.
– 10. Bd. Stadt Aachen. 1. Das Münster. Bearb. K. Faymonville u.a. Hg. P.
Clemen, Düsseldorf 1916.
Die Denkmäler des Rheinlandes.
– Kreis Kleve. 1. Altkalkar-Huisberden. Bearb. H. P. Hilger. Hg. R. Wesen-
berg, A. Verbeek, Düsseldorf 1964.
– Kreis Kleve. 2. Kalkar. Bearb. H. P. Hilger. Hg. R. Wesenberg, A. Verbeek,
Düsseldorf 1964.
– Kreis Kleve. 3. Keeken-Kessel. Bearb. H. P. Hilger. Hg. R. Wesenberg, A.
Verbeek, Düsseldorf 1967.
– Kreis Kleve. 5. Kranenburg-Zyfflich. Bearb. H. P. Hilger. Hg. R. Wesen-
berg, A. Verbeek, Düsseldorf 1970.
– Duisburg. Bearb. E. Verheyen. Hg. R. Wesenberg, A. Verbeek, Düsseldorf
1966.
– Bd. 1. Oberbergischer Kreis. Bergneustadt-Marienberghausen. Bearb. D.
Rentsch. Hg. R. Wesenberg, A. Verbeek, Düsseldorf 1967.
– Krefeld 2. Uerdingen-Hohenbudberg, Linn-Gellep, Fischein, Bockum-Op-
pum-Verberg, Benrad, Traar. Bearb. E. Brües. Hg. R. Wesenberg, A. Ver-
beek, Düsseldorf 1967.
Literaturverzeichnis Seite 209

– Kreis Dinslaken. Bearb. R. Günter. Hg. R. Wesenberg, A. Verbeek, Düs-


seldorf 1968.
– Bd. 2. Rheinisch-Bergischer Kreis. Klüppelberg-Odenthal. Bearb. G. Pa-
nofsky-Soergel, Düsseldorf 1972.

Rheinland-Pfalz

Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz. Saarland.


Bearb. H. Caspary u.a. 2. bearb. und erw. Aufl. München/Berlin 1984.
Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz.
– Bd. I. Rhein-Hunsrück-Kreis. T. 2.1: Ehemaliger Kreis St. Goar. Stadt
Boppard. Bearb. A. v. Ledebur u.a. Hg. Landesamt für Denkmalpflege
Rheinland-Pfalz, München/Berlin 1988.

Sachsen

Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs


Sachsen.
– 1. Heft: Amtshauptmannschaft Pirna. Bearb. R. Steche. Hg. K. Sächsischer
Altertumsverein, Dresden 1882.
– 2. Heft: Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde. Bearb. R. Steche, Dres-
den 1883.
– 3. Heft: Amtshauptmannschaft Freiberg. Bearb. R. Steche, Dresden
1884.
– 4. Heft: Amtshauptmannschaft Annaberg. Bearb. R. Steche, Dresden
1885.
– 6. Heft: Amtshauptmannschaft Flöha. Bearb. R. Steche, Dresden 1886.
– 7. Heft: Amtshauptmannschaft Chemnitz. Bearb. R. Steche, Dresden
1886.
– 8. Heft: Amtshauptmannschaft Schwarzenberg. Bearb. R. Steche, Dres-
den 1887.
– 11. Heft: Amtshauptmannschaft Plauen. Bearb. R. Steche, Dresden
1888.
– 12. Heft: Amtshauptmannschaft Zwickau. Bearb. R. Steche, Dresden
1889.
– 13. Heft: Amtshauptmannschaft Glauchau. Bearb. R. Steche, Dresden
1890.
– 14. Heft: Amtshauptmannschaft Rochlitz. Bearb. R. Steche, Dresden
1890.
– 17. Heft: Stadt Leipzig. Bearb. C. Gurlitt, Dresden 1895.
– 26. Heft: Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt (Land). Bearb. C.
Gurlitt. Hg. K. Sächsisches Ministerium des Innern, Dresden 1904.
– 29. Heft: Amtshauptmannschaft Zittau (Land). Bearb. C. Gurlitt, Dresden
1906.
Literaturverzeichnis Seite 210

– 31. Heft: Amtshauptmannschaft Bautzen (I. Teil). Bearb. C. Gurlitt, Dres-


den 1908.
– 33. Heft: Bautzen (Stadt). Bearb. C. Gurlitt, Dresden 1909.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen. Die Bezirke Dresden,
Karl-Marx-Stadt, Leipzig. München/Berlin 1965.

Sachsen-Anhalt
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sach-
sen und angrenzender Gebiete. Hg. Historische Commission der Provinz
Sachsen
– 18. H. Mansfelder Gebirgskreis. Bearb. H. Grössler, A. Brinkmann, Hal-
le/S. 1893.
– 21. H. Kreis Jerichow. Bearb. E. Wernicke, Halle/S. 1898.
– 23. H. Kreis Halberstadt Land und Stadt. Bearb. O. Doering, Halle/S.
1902.
– 25. H. Stadt Aschersleben. Bearb. A. Brinkmann, Halle/S. 1904.
– 27. H. Kreis Querfurt. Bearb. H. Bergner, Halle/S. 1909.
– 29. H. Kreis Liebenwerda. Bearb. H. Bergner, Halle/S. 1910
– 30. H. Kreis Wolmirstedt. Bearb. H. Bergner, Halle/S. 1911.
– 33. H. Kreis Stadt Quedlinburg. Bearb. A. Brinkmann, Berlin 1922.
Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Hg. H. Giesau.
– 3. Bd. Kreis Stendal Land. Bearb. F. Hossfeld, E. Haetge, Burg 1933.
– 4. Bd. Kreis Osterburg. Bearb. E. Haetge, Burg 1938
– 2. Bd. Landkreis Dessau-Köthen. Bearb. E. Haetge, Burg 1943.
Anhalts Bau- und Kunst-Denkmäler. Hg. Büttner Pfänner zu Thal, Dessau 1892-95.
Die Kunstdenkmale des Landes Anhalt. Hg. H. Giesau.
– 1. Bd. Die Stadt Dessau. Bearb. M. Harksen, Burg 1937.
Die Kunstdenkmale im Bezirk Magdeburg. Hg. Institut für Denkmalpflege Halle/S.
– Kreis Haldensleben. Bearb. M.-L. Harksen, Leipzig 1961.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Sachsen-Anhalt.
– Bd. I. Bezirk Magdeburg.
– Bd. II. Bezirk Halle. Unveränderter Nachdruck der Ausg. von 1974/1976,
Berlin 1990.

Schleswig-Holstein

Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Hg. Hansestadt
Lübeck.
– Bd. II (1906). Petrikirche, Marienkirche, Hl. Geist-Hospital. Bearb. F.
Hirsch, R. Bruns u.a.
– Bd. III (1920). Kirchen zu Alt-Lübeck, Dom, Jakpbikirche, Ägidienkirche.
Bearb. J. Baltzer, F. Bruns.
Literaturverzeichnis Seite 211

– Bd. IV (1928). Die Klöster. Die kleineren Gotteshäuser der Stadt. Die
Kirchen und Kapellen in den Außenbezirken. Gedenk- und Wegekreuze
und der Leidensweg Christi. Bearb. J. Baltzer, F. Bruns u.a.
Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein. Kunst-Topographie Schleswig-
Holstein. Bearb. im Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein und im
Amt für Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck. Hg. H. Beseler. Neumünster
1979.
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg. Schleswig-Hol-
stein, 2., stark erw. und veränd. Aufl., München/Berlin 1994.

Thüringen

Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Bearb. P. Lehfeldt, G. Voss, Jena 1888-1917.


– Heft I. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezirk
Jena. (1888).
– Heft VI. Herzogtum Sachsen-Altenburg. Amtsgerichtsbezirk Eisenberg.
(1888).
– Heft V. Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. Unterherrschaft. Amtsge-
richtsbezirke Frankenhausen und Schlotheim. (1889).
– Heft VIII. Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha. Amtsgerichtsbezirk Gotha.
(1891).
– Heft IX. Fürstentum Reuss Ältere Linie. Amtsgerichtsbezirke Greiz, Burgk
und Zeulenroda. (1891).
– Heft XI. Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha. Landratsamt Waltershausen.
Amtsgerichtsbezirke Tenneberg, Thal und Wangenheim. (1891).
– Heft XII. Fürstentum Reuss Jüngere Linie. Amtsgerichtsbezirke Schleiz,
Lobenstein und Hirschberg. (1891).
– Heft XIII. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezirk
Allstedt. (1891).
– Heft XIV. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezir-
ke Apolda und Buttstädt. (1892).
– Heft XVIII. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbe-
zirk Weimar. (1893).
– Heft XIX. Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. Amtsgerichtsbezirke Ru-
dolstadt und Stadtilm. (1894). Herzogtum Sachsen-Altenburg. I. Bd.
Amtsgerichtsbezirke Altenburg, Ronneburg und Schmölln. (1895).
– Heft XXV. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezirk
Weida. (1897).
– Heft XXX. Herzogtum Sachsen-Meiningen. Amtsgerichtsbezirke Eisfeld und
Themar. Bearb. P. Lehfeldt. Hg. G.Voss. (1903)
– Heft XXXIV. Herzogtum Sachsen-Meiningen. (Die Stadt Meiningen und
die Landorte). (1909).
Literaturverzeichnis Seite 212

– Heft XXXVII. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbe-


zirke Vacha, Geisa, Stadtlengsfeld, Kaltennordheim und Ostheim v. d.
Rhön. (1911)
– Heft XLI. Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Amtsgerichtsbezirk
Eisenach (Die Wartburg). (1917).
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Thüringen. Bearb. S. Eißing,
F. Jäger u.a., München/Berlin 1998.

Vorpommern und Polen (Historische Landschaften Pommern, West- und Ostpreußen)

Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund. Bearb. F. v. Haselberg, Stettin


1885-1897.
– Heft II. Kreis Greifswald. (1885).
– Heft III. Kreis Grimmen. (1888).
– Heft IV. Kreis Rügen. (1897).
Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen. Bezirk Rostock. Bd. 1. Bearb. W. Ohle, G.
Baier. Hg. Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Schwerin. Leipzig 1963.
Die Denkmale des Kreises Greifswald. Bearb. G. Baier, H. Ende, R. Krüger. Leipzig
1973. Die Bau- und Kunstdenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Vor-
pommersche Küstenregion. Mit Stralsund, Greifswald, Rügen und Usedom.
Bearb. G. Baier, H. Ende u.a.. Hg. Landesamt für Denkmalpflege Mecklenburg-
Vorpommern. Berlin 1995.
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin. Bearb./Hg. H. Lemcke,
Stettin 1898-1911.
– Heft I. Kreis Demmin. (1898).
– Heft II. Kreis Anklam. (1899).
– Heft III. Kreis Ückermünde. (1900).
– Heft IV. Kreis Usedom-Wollin. (1900).
– Heft V. Kreis Randow. (1901).
– Heft VI. Kreis Greifenhagen. (1902).
– Heft VII. Kreis Pyritz. (1906).
– Heft XIV, Abt. I. Das Königliche Schloss in Stettin. (1909).
– Heft XI. Kreis Greifenberg. (1914).
Die Baudenkmäler der Provinz Pommern. – 3. T. Regierungsbezirk Köslin.
– Bd. I. Die Kreise Köslin, Kolberg-Köriin, Beigard und Schlawe. Bearb. L.
Böttger, Stettin 1892
– Bd. II. 1. Der Kreis Stolp. Bearb. L. Böttger und
– Bd. II. 2. Die Kreise Bütow und Lauenburg. Bearb. H. Lemcke, Stettin
1911.
– Bd. III. Die Kreise Schivelbein, Dramburg, Neustettin, Bublitz und Rum-
melsburg, Stettin 1934.
Die Kunst- und Kulturdenkmäler der Provinz Pommern. Kreis Kammin Land. Bearb.
G. Bronisch, W. Ohle, Stettin 1939.
Literaturverzeichnis Seite 213

Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen. III. Die Landkreise des Regie-
rungsbezirks Posen. Bearb. J. Kohte, Berlin 1896.
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreussen.
– Heft VIII. Der Kreis Strasburg. Danzig. 1891. 2. Bd. Kulmerland und Lö-
bau. Bearb. J. Heise, Danzig 1887-95.
– Heft V. Kreis Kulm, Danzig 1887.
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens. Bearb. W. Drost, (1972): F. Swo-
boda. Hg. G. Grundmann, Stuttgart 1958-1972.
– Reihe A, Kunstdenkmäler der Stadt Danzig. Bd. 2: Sankt Katharinen.
(1958).
– Reihe A, Bd. 4: Die Marienkirche in Danzig und ihre Kunstschätze.
(1963).
– Reihe A, Bd. 5: St. Trinitatis, St. Peter und Paul, St. Bartholomäi, St. Bar-
bara. (1972).
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen.
– Heft IV. Das Ermland. Bearb. A. Boetticher, Königsberg 1894.

Dänemark

Danmarks Kirker. Hg. Nationalmuseum Kopenhagen. (1933-94).


– Praesto Amt. 1. T. (1933-1935), 2. T. (1933-1935).
– Sørø Amt. 1. T. (1936), 2. T. (1938).
– Tisted Amt. 1. T. (1940), 2. T. (1942).
– Københavns Amt. 1. Bd. (1944), 2. Bd. (1946), 4. Bd. (1951).
– København. 1. Bd. (1945-1958), 2. Bd. (1960-1965), 6. Bd. (1987).
– Maribo Amt. 1. T. (1948), 2. T. (1951).
– Sønderjylland. Haderslev Amt. 1. T. (1954), Sønderjylland. Konsthistorisk
oversigtog registre.
– Bornholm (1954-1959).
– Tønder Amt. 2. Bd. (1957), 3. Bd. (o.J.).
– Frederiksborg Amt. 1. Bd. (1964), 2. Bd. (1967), 3. Bd. (1970), 4. Bd.
(1975).
– Arhus Amt. 1. Bd. (1968), 2. Bd. (1972), 3. Bd. (1976).
– HolbaekAmt. 1. Bd. (1979), 2. Bd. (1982).
– Ribe Amt. 2. Bd. (1984), 3. Bd. (1988-1991).
– København. H. 16-17. Garnisonskirche. (1994).

Schweden
Sveriges Kyrkor. Konsthistoriskt Inventarium. Hg. S. Curman, A. Tuulse.
Blekinge:
– Blekinge. Bd. I. Kyrkor i Östra Härad. – Kyrkor i Medelsta Härad
– Blekinge. Bd. II.
– Blekinge. Bd. III. (1946-1959). Frederikskyrkan i Karlskrona. – Trefaldig-
hetskyrkan eller Tyska Kyrkan i Karlskrona. (1951).
Literaturverzeichnis Seite 214

– Blekinge. Bd. IV. (1959-1962). – Ronneby Kyrkor. (1959). – Karlshamns


Kyrkor. (1960).
– Blekinge. Bd. V. (1961-1965).
Bohuslän. Bd. I. (1944-1967). – Kyrkor i Västra Hisings Härad. – Kyrkor i Bohuslän.
Inlands Södre Härad. (1965). – Ytterby, Kareby och Romelanda Kyrkor i Bo-
huslän. (1967.).
– Kyrkor i Bro Härad. (1956).
Dalarna. Bd. I. Kyrkor i Leksands och Gagnefs Tingslag. (o.J.). – Falu Domsagas Norra
Tingslag (o. J.). – Falu Domsagas Södra Tingslag.
– Heft 94 Kyrkor i Habo Härad. Södra Delen. (1962).
– Heft 95. Kyrkor i Inlands Nordre Härad. Södra Delen. (1962).
– Gästrikland – Gävle Stads Kyrkor. – Falu Stads Kyrkor.
– Kyrkor i Danderyds Skeppslag. (o.J.).
Gotland. Bd. I.
– Östergötland. Bd. II. – Vreta Klosters Kyrka. (o.J.).
– Öland. Bd. I (1972). – Bd. I. Akerbo Härad. 3. Högby Kyrkor. (1968), 4.
Kalla Kyrkor. (1969), 5. Persnäs Kyrkor. (1970), 6. Fora Kyrkor. (1972).
– Kyrkor i Uppland,
– Habo Härad. (1963).
Närke. Bd. I. (1970.1972). – Örebro Stads Krykor.
Småland:
– Småland. Bd. I. (o.J.)
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– Bd. 126: Småland. Bd. II.3: Uppvidinge Härad. Dädesjö och Eke kyrkor.
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– Bd. 136. Småland. Bd. IV. 1. Vaxjö Domkyrka. (1970).
– Bd. 143. Småland. Bd. IV.2. Växjö och Öjaby kryrkor. (1971).
– Stockholm. Bd. l-lll. (o.J.).
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– Bd. II. Uppland. (1918-1945). – Väddö och Häverö Skeppslag. – Kyrko
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– Bd. II. Uppland. T. 2. Frösakers Härad.
– Bd. III. Uppland. Kyrkor i Langhundra Härad. (1921). – Kyrkor i När-
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– Bd. IV. Uppland. (o.J.). – Kyrkor i Erlinghundra Härad. – Kyrkor i Se-
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– Bd. VI. Uppland. T. 1. Färentuna Härad. (1954-1956). – T. 2. Sollentuna
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– Uppland. Bd. XI. (1969).
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Lebenslauf

Persönliche Daten
Name Erdmute Beate Mascher

Jahrgang 1962

Geburtsort Uslar / Solling

Ausbildung
1983 Abitur
Berufliche Schulen des Kreises Plön
Fachgymnasium, sozialwirtschaftlicher Zweig

1984 - 1991 Hochschulstudium


Kunstgeschichte, Mittlere und Neuere Geschichte,
Volkskunde
Christian-Albrechts-Universität Kiel

1988 Sprachkurs und Prüfung Latein (Großes Latinum)


Institut für Klassische Altertumskunde

1991 Magistra Artium


im Fach Kunstgeschichte der Philosophischen Fakultät
Christian-Albrechts-Universität Kiel

Berufspraxis
1992 Praktika in
Berlin – Kunstgewerbemuseum SMPK
Hamburg – Museum für Kunst und Gewerbe

1993 - 1996 Zeitvertrag als Kunsthistorikerin


im Dezernat für Bauwesen des nordelbischen Kirchenam-
tes Kiel zwecks (ergänzender) Inventarisierung kirchlichen
Kunstgutes in der nordelbischen evangelisch-lutherischen
Kirche

1997 Dozentur für Kunstgeschichte


Kunsthandwerkschule Plön

2000 - 2001 Zeitvertrag als Kunsthistorikerin


Stellvertretung für die Fachreferentin für kirchliche Kunst
im kirchlichen Bauamt des Konsistoriums der evangeli-
schen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen

-X-
2001 - 2004 Dissertation Kronleuchter
„Lux ad illuminandas gentes“,
Studien zu Schaftkronleuchtern aus Messing des 16. bis
18. Jahrhunderts in Norddeutschland

2004 Doktorprüfung
in Form der Disputation
Hauptfach Kunstgeschichte, Philosophische Fakultät der
Christian-Albrechts-Universität Kiel

- XI -
Kronleuchter

„Lux ad illuminandas gentes“,

Studien zu Schaftkronleuchtern
aus Messing des 16. bis 18. Jahrhunderts
in Norddeutschland

Bildband

Inauguraldissertation

an der

Philosophischen Fakultät

der Christian-Albrechts-Universität

zu Kiel

vorgelegt von

Erdmute Beate Mascher, M.A.

Preetz / Holstein
2005
INGRID (= 2000) und FRIEDRICH MASCHER; Preetz
in Dankbarkeit und Liebe gewidmet
Erstgutachter: Prof. Dr. U. Albrecht
Zweitgutachter: Prof. Dr. A. von Buttler
Tag der mündlichen Prüfung 07.07.2004
Zum Druck genehmigt am 23.07.2004
Dekan Prof. Dr. S. Oechsle

Alle Rechte vorbehalten.


Abbildungsnachweis

Abb. 0, A. Brüning, Der Kronleuchter, in: Kunstgewerbeblatt N.F. 7. Jg. Leipzig 1896.S. 100.
Abb./Skizze 2,3, E. B. Mascher, nach: dtv-Atlas zur Baukunst. Tafeln und Texte. Bd. 2. Bauge-
Schichte von der Romanik bis zur Gegenwart. 3. Aufl. 1983. S. 372, 384.
Abb. 7, W. Grusnick, F. Zimmermann, Der Dom zu Lübeck. Königstein/T. 1989. S. 25.
Abb. 51, Mitteilungen des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Jg. 1916. (Taf. 18,19).
Abb. 82,Katalog für die Ausstellung kirchlicher Geräte Schleswig-Holsteins im Thaulow Museum
Kiel, Juni 1902, S. 43, Nr. 175.
Abb. 87 (Federzeichnung), H. Mielke, Albrecht Altdorfer. Zeichnungen, Deckfarbenmalerei,
Druckgraphik. Eine Ausstellung zum 450. Todestag von Albrecht Altdorfer. Kupferstichkabinett
Berlin SMPK. Berlin 1988. Nr. 193.
Abb. 83, 129, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege, Berlin-Wünsdorf
Abb. 72 (LDSH b 480), 112 (LDSH Ph III 1635), 113 (LDSH Ph I 6901), 114 (Ph III 1612), Detail,
Ph III 1608, gesamt), 116 (Ph I 6868,6869,6895,6897).
Abb. 105, B. Bichter, Kirchenkreisverwaltung Halberstadt.
Abb.(Subfiguren) zu Abb. 56, 58, 59, 79, 154, H. von Poser und Gross Naedlitz, Kunstreferat,
Landeskirchenamt der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers.
Abb. 2, 16, 17a,b, 21-23, 26, 28, 29,40, 44, 52, 64, 68,a-d, 71 (Bekrönung), 80, 117, 132, 135,
141, 143, 144.
Abb. 15,a,b, 33, 37, 42,43, 45, 49, 55 d,e, 88b,d,e,f,g, 157, W. Hofmann, Wolgast.
Abb. 4-6, 8°,b, 9-14 mit Ergänzungen, 18-20 mit Ergänzungen, 24, 25, 27, 30-36, 39, 41, 50,
53a-c, 54a-c, 56 mit Ergänzungen, 57, 60-63, 65-67a-d, 69, 70-73, 78, 81 mit Ergänzungen, 84,
88a,c,h, 104, 106,111, 115,-120, 128, 131, 133, 134, 139, 140, 142, 145-149, 153, 155, 156, 158,
E. B. Mascher, Preetz.

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