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Enzyklopädie der Neuzeit Online

Fronde
(758 words)

Mit dem Begri f F. bezeichneten schon die Zeitgenossen die politischen, sozialen und
ökonomischen Kon ikte, die in einer Serie von Unruhen und Bürgerkriegen eskalierten und
Frankreich zwischen 1648 und 1653 in eine tiefe innenpolitische Krise stürzten.

Die Regierung Ludwigs XIII. und seines Ministers Richelieu war in den 1630er Jahren geprägt
durch das Bemühen, die staatlichen Einkünfte zu steigern, um die immensen Kosten der
Beteiligung Frankreichs am Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) zu decken. Das »Kriegsregime«
Richelieus beinhaltete nicht nur eine Vervierfachung der Steuerlast zwischen 1630 und 1640,
sondern auch die Einführung von Intendanten und Kommissaren, die in Konkurrenz zu den
traditionellen Institutionen und Amtsinhabern (Beamten) des Königreichs agierten. Die
Ausweitung des Steuerpacht-Systems und die in ationäre Aushebung neuer Ämter (o ces)
taten ein Übriges, um auch die privilegierten Schichten gegen Richelieus Politik einzunehmen.
Nach dem Tod des Königs (1643) sahen sich die Regentin Anna von Österreich und ihr Minister
Kardinal Mazarin wechselnden Allianzen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und
»Parteien« gegenüber, die trotz unterschiedlicher Interessenlagen im Kampf gegen die
Regierung zusammenfanden. Die F. gri f von Paris auch auf die Provinz über und erfasste das
städtische Handwerk und Bürgertum ebenso wie die Parlamente, den niederen Adel und die
Prinzen von Geblüt.

Die erste Phase der F. stand im Zeichen des Pariser Parlaments, das sich gegen die teils
erzwungene Registrierung neuer Steueredikte au ehnte und dabei Unterstützung in der
Pariser Bevölkerung und bei Teilen des Hochadels fand (F. parlementaire). Am 13. Mai 1648
schloss es sich mit den anderen Obergerichten der Hauptstadt zur Chambre Saint-Louis
zusammen, die wenig später in 27 Artikeln u. a. die Abscha fung der Intendanten,
Staats nanciers und Steuerpächter sowie die Rückkehr zur althergebrachten Finanz- und
Justizverwaltung durch königliche Beamte und Obergerichte forderte. Eine Flut meist
regierungskritischer Pamphlete begleitete die Auseinandersetzungen (Flugschrift). Die sog.
Mazarinades konzentrierten ihre verbalen Angri fe zum größten Teil auf den ungeliebten ital.
Minister Mazarin.

/
Die Regierung akzeptierte zunächst einen Großteil der Forderungen, inhaftierte aber am 26. 
August 1648 die Wortführer der Opposition. Als darau in in der Hauptstadt zum ersten Mal
seit den Religionskriegen wieder Barrikaden errichtet wurden, lenkten Mazarin und die
Regentin erneut ein – allerdings nur, um wenige Monate später, im Januar 1649, mit dem
minderjährigen Ludwig XIV. Paris zu verlassen und die Stadt durch königliche Truppen unter
der Führung des Prinzen Condé belagern zu lassen. Dessen Bruder Conti sowie eine Reihe
weiterer Mitglieder des Hochadels schlugen sich auf die Seite der Belagerten und stellten sich
an die Spitze des militärischen Widerstands, der nun auch auf einige Provinzen übergri f. Am
1. April 1649 einigten sich Regierung und Frondeure im Frieden von Saint-Germain auf einen
Kompromiss, der große Teile der Forderungen des Parlaments erfüllte und für die
rebellierenden Prinzen eine Amnestie vorsah.

Die von Mazarin im Januar 1650 angeordnete Inhaftierung der Prinzen Condé und Conti sowie
des Herzogs von Longueville leitete die zweite Phase der F. ein (F. des princes). Die
weitreichenden Familien- und Klientelbeziehungen der Prinzen führten zu einem erneuten
Ausbruch des Bürgerkriegs in Paris und in den Provinzen. Nach wechselnden Allianzen
zwischen der Regierung und den Frondeuren, dem zweifachen Exil Mazarins und einer Serie
militärischer Siege kehrte der inzwischen volljährige Ludwig XIV. im Oktober 1652 in die
Hauptstadt zurück, schickte die Anführer der F. ins Exil und widerrief die Zugeständnisse des
Jahres 1648. In Bordeaux, wo die populäre Bewegung der Ormée die Stadtregierung
übernommen und sich auf die Seite des noch immer rebellierenden Condé gestellt hatte,
dauerten die Kämpfe noch bis 1653.

Die F. wurde sowohl als »liberale« Revolution als auch als feudale Reaktion gegen die
zentralisierte administrative Monarchie und den Steuerstaat gedeutet, wobei der Blick im
ersten Fall v. a. auf den eigenmächtigen Zusammenschluss der Pariser Obergerichte und den
schichten- und ständeübergreifenden Widerstand gegen die Regierung gerichtet war [7].
Neuere Ansätze versuchen, die F. insbes. im Kontext der damaligen politischen Kultur zu
begreifen, in der die Tradition gewaltsamer Empörung gegen monarchische Entscheidungen
zur politischen Mentalität namentlich des hohen Adels gehörte [2]; [6]. Kontrovers diskutiert
wird schließlich die Frage, ob die Mazarinaden als Quellen der politischen Ideengeschichte
nutzbar sind [1] oder ob sie sich als verbale Kampfmittel nur auf ihren unmittelbaren
Handlungskontext beziehen lassen [3].

Verwandte Artikel: Absolutismus | Bürgerkrieg | Dreißigjähriger Krieg | Monarchie | Revolte

Christine Vogel

Bibliography

[1] H. C , Le labyrinthe de l'État. Essais sur le débat politique en France au temps de la


fronde (1648–1653), 2004

/
[2] R. D / C. J , La Fronde en mouvement: le développement de la crise
politique entre 1648 et 1652, in: XVIIe siècle 36, 1984, 305–322

[3] C. J , Mazarinades: La Fronde des mots, 1985

[4] E. K , La Fronde, 1954

[5] H. M , La Fronde, 1984

[6] M. P , La Fronde, 1994

[7] O. R , The Fronde. A French Revolution 1658–1652, 1993.

Cite this page

Vogel, Christine, “Fronde”, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den
Fachherausgebern herausgegeben von Friedrich Jaeger. Copyright © J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
2005–2012. Consulted online on 14 May 2020 <http://dx-doi-org.uaccess.univie.ac.at/10.1163/2352-0248_edn_SIM_267844>
First published online: 2019

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