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Katholische Reform
(4,745 words)

1. Begri ichkeit
Article Table of Contents
Die Reaktion auf die Reformation seitens der kath. Kirche
1. Begri ichkeit
(in der Reformationszeit meist Alte Kirche genannt)
setzte erst allmählich ein. Um sie zu charakterisieren, hat 2. Kirchengeschichte
die Geschichtswissenschaft unterschiedliche Begri fe 3. Literatur
entwickelt. Es gibt gegenwärtig allerdings keinen 4. Kunst
Terminus, der sowohl die Reformbemühungen innerhalb
der kath. Kirche während des 16. Jh.s als auch den
Versuch, das verlorene politisch-gesellschaftliche Terrain
zurückzugewinnen, umfassend kennzeichnet. Konkurrierende Begri fe sind K. R.,
Gegenreformation (= G.), kath. Konfessionalisierung und Rekatholisierung.

Die Reaktion der Alten Kirche (und der weiterhin von ihr geprägten Staaten und Territorien)
auf die Reformation als ein Grundereignis der dt. und europ. Geschichte war sekundär; so lässt
sich der Begri f der G. erklären, der zuerst 1654 au am. Er wurde durch den Göttinger
Staatsrechtsprofessor Johann Stephan Pütter geprägt, der ihn 1776 zur Bezeichnung der
antiprotest. Anwendung des Ius reformandi durch kath. Landesherren benutzte. Leopold von
Ranke bezeichnete mit ihm allgemein die kath. Reaktion auf die Reformation. Im 19. Jh. wurde
der Begri f G. als Epochenbezeichnung schließlich durch Moritz Ritter gebräuchlich, der ihn im
Sinne Rankes für die auf den Augsburger Religionsfrieden (1555) folgende Epoche verwendete.

Auf kath. Seite empfand man den Begri f G. als einseitig und negativ, weil er
vorreformatorische Reformansätze innerhalb der röm.-kath. Kirche nicht berücksichtigte.
Schon Ranke war sich darüber im Klaren, dass der G. eine innere Erneuerung des
Katholizismus vorausgegangen war. Wilhelm Maurenbrecher führte dies in seiner Geschichte
der kath. Reformation (1880) aus. Er sah deren Wurzeln in der span. Kirche, bei Erasmus von
Rotterdam und in der lutherischen Reformation. Zwischen diesen drei Strängen vermutete er
Wechselwirkungen. Die Regeneration des Katholizismus im 16. Jh. war nicht nur Reaktion auf
die Reformation, sondern basierte nach Maurenbrecher auch auf einer unabhängig vom
Protestantismus entstandenen kath. Reformbewegung.
/
Auf kath. Seite versuchte man nun, den entschärften Terminus G. mit dem Begri f K. R. zu
verbinden. Der Kirchenhistoriker Hubert Jedin verwies auf die geschichtliche Kontinuität kath.
Reformansätze, ihr zeitliches Vorangehen und damit verbunden auf die innerkath.
Selbstreform, d. h. die sachliche Unabhängigkeit der kath. Erneuerung von der Reformation in
Deutschland [4]; [5]: Ihren Ursprung hatte die K. R. in Italien und Spanien, ihr Durchbruch
erfolgte während des Trienter Konzils (1545–1563) und im Wirken der nachfolgenden
Reformpäpste (Papsttum). Auf dieser Grundlage kam es zu einer aktiven Gestaltung dessen,
was man G. nennt. An Jedin wurde kritisiert, er beschränke den Blick zu sehr auf
innerkirchliche Phänomene. So verbanden in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s viele Historiker
die theologischen und politischen Dimensionen sowohl der Reformation wie auch der kath.
Gegenreaktion wieder stärker. In der Kirchengeschichtsschreibung herrscht heute weitgehende
Übereinstimmung darin, dass der eher politisch geprägten G. eine innere Erneuerung und
Festigung der Kath. Kirche vorausging (vgl. Katholizismus).

Rolf Decot

2. Kirchengeschichte

2.1. Reformbedürfnis und Reformansätze vor dem Trienter Konzil

Die Reformbedürftigkeit der Kirche war spätestens seit dem abendländischen Schisma – der
Spaltung der westl. Kirche zur Zeit des Doppelpapsttums zwischen 1378 und 1417 – ins
allgemeine Bewusstsein gedrungen, sodass es bereits vor dem ö fentlichen Auftreten Martin
Luthers verschiedene Ansätze zu einer Erneuerung gab. Je länger eine gesamtkirchliche
Reform ausblieb, desto mehr bildeten sich einzelne Reformansätze in der Theologie, den
Frömmigkeitskulturen und dem praktischen kirchlichen Leben. Hierbei taten sich vor dem
Hintergrund von Renaissance und Humanismus auch viele Laienkräfte hervor.

Einen bedeutenden Reformkreis gab es in Venedig um Paolo Giustiniani. Dieser legte dem
fünften Laterankonzil (1512–1517) eine Denkschrift über die Reform der Kirche vor, die manche
Gedanken des Trienter Konzils vorwegnahm. Wichtig v. a. für die Zeit nach dem Konzil von
Trient sollten einige Ordensneugründungen in Italien werden: Der Theatinerorden geht auf
Cajetan von Thiene und Gian Pietro Carafa (den späteren Papst Paul IV.) zurück, die beide
Mitglieder des röm. Oratoriums waren. Der Orden p egte das Breviergebet, die würdige Feier
der Messe, die Predigt und Seelsorge. Im 16. und 17. Jh. gingen aus ihm viele bedeutende ital.
Bischöfe hervor. Antonio Maria Zaccaria gründete 1533 eine Priestergenossenschaft, die später
den Namen Barnabiten erhielt. Sie widmete sich der Volks-Mission, der Intensivierung des
eucharistischen Kults und der Einführung des vierzigstündigen Gebets. In der Diözese Mailand
bediente sich ihrer Karl Borromäus nach seiner Bischofsernennung, um seine Diözese zu
reformieren.

Während in Italien die Quellen der K. R. in kleinen Gemeinschaften von Klerikern und Laien
lagen, wurden in Spanien noch vor der Wende zum 16. Jh. der Episkopat (Bischofsamt), die
Mönchs- und die Bettelorden unter aktiver Förderung der Könige zu Trägern der religiösen und
kirchlichen Erneuerung. Der besondere Eifer erklärte sich u. a. aus der Frontlage Spaniens
/
gegenüber dem Islam. Den größten Ein uss übten die Kardinäle Pedro Gonzáles de Mendoza
und Jiménez de Cisneros aus. Letzterer gründete als Erzbischof von Toledo 1499 die Universität
Alcalá bei Madrid, die den Humanismus und die Erneuerung der Theologie förderte.

Die span. Kirche beseitigte frühzeitig die Angri fspunkte einer kirchentrennenden
Reformation, d. h. sie nahm Reformen vorweg, die später nur noch im Kampf gegen die Alte
Kirche realisiert werden konnten. Auf dem Trienter Konzil spielten span. Theologen eine
führende Rolle. Ebenfalls in Spanien hatte auch der wirkmächtigste Reformorden seinen
Ursprung, die »Gesellschaft Jesu« (Societas Jesu); durch ihren Begründer Ignatius von Loyola
gehören die Jesuiten in den geschichtlichen Zusammenhang der span. Reformbewegung.

Mit Papst Paul III. begann die innerkath. Reform auch im Zentrum der Kirche Raum zu
gewinnen. Persönlich hing er noch der vergangenen Epoche an, wurde aber ein Wegbereiter
der Erneuerung. Er förderte die Reformkräfte in Italien, indem er die Reformorden
unterstützte, 1540 die Jesuiten bestätigte und viele ital. Bischofssitze an Reformfreudige vergab.
Paul III. erneuerte das Kardinalskollegium und berief reformeifrige Männer an die Kurie, die
später die treibenden Kräfte der kath. Erneuerung und die führenden Köpfe des Trienter
Konzils wurden: Gasparo Contarini; Marcello Cervini (Konzilslegat 1545/47, als Marcellus II.
1555 Papst); Gian Pietro Carafa (Urheber der röm. Inquisitions-Behörde, als Paul IV. 1555–1559
Papst); Jacopo Sadoleto; die Engländer John Fisher (damals durch Heinrich VIII. inhaftiert) und
Reginald Pole (Konzilslegat) sowie Giovanni Morone (letzter Legat, der das Konzil zum
Abschluss brachte). Die größte Leistung Pauls III. war schließlich die Einberufung des Trienter
Konzils.

2.2. Das Konzil von Trient und dessen Auswirkungen

Das Tridentinum wurde fast dreißig Jahre nach den Thesen Luthers Ende 1545 erö fnet. Die
erste Periode (1545–1547/49) war nur schwach besucht. An der zweiten Periode (1551/52)
nahmen auch viele dt. Bischöfe teil, darunter die geistlichen Kurfürsten von Mainz, Köln und
Trier. Auch einige protest. Stände hatten das Konzil beschickt; bevor jedoch ihre Theologen
eintrafen, wurde es infolge des dt. Fürstenaufstandes um Kurfürst Moritz I. von Sachsen wieder
zersprengt. Nach diesem Scheitern einigten sich die Fürsten des Alten Reichs im Augsburger
Religionsfrieden (1555) auf ein gleichberechtigtes Nebeneinander zweier Konfessionen. An der
dritten Periode (1562/63) nahmen die dt. Vertreter nicht teil, um den Religionsfrieden nicht zu
gefährden. Eine schwere Krise löste die Frage aus, wie sich päpstliche und bischö iche Gewalt
zueinander verhielten (Papsttum). Erst nach zehnmonatiger Unterbrechung gelang es Kardinal
Morone, das Konzil rasch zu Ende zu führen.

Das Konzil versuchte grundsätzlich, die überkommene Tradition zu verteidigen, und ließ sich
vom Gegensatz zum Protestantismus leiten. Drei wichtige dogmatische Themenkreise wurden
aufgrund der reformatorischen Herausforderung bearbeitet: das Verhältnis von Schrift und
Tradition, Erbsünde und Rechtfertigung (Gnade) sowie schließlich die Lehre von den
Sakramenten. In der letzten Sitzung des Konzils wurden dann noch in aller Kürze Fragen zum
praktisch-kirchlichen Leben behandelt, wie Heiligen-, Reliquien- und Bilderverehrung sowie
der Ablass, der Ausgangspunkt der Reformation gewesen war.
/
Ziel des Konzils war in erster Linie die Sicherung der kath. Position. Auf diese Weise besiegelte
es die faktisch bereits bestehende Kirchenspaltung. Dies geschah durch die Lehrdekrete, die in
scharfer Abgrenzung von den Reformatoren formuliert wurden. Die vermeintlichen Gegner der
Kirche ho fte man durch eine Stärkung des röm. Zentralismus abwehren zu können. Neben
dieser eher negativen Sicht ist positiv hervorzuheben, dass das Konzil dem innerkirchlichen
Leben durch seine Lehraussagen und Reformbeschlüsse neue Impulse gegeben hat. Die Päpste
bis zum Ende des 16. Jh.s trugen wesentlich dazu bei, die Ergebnisse des Tridentinums
umzusetzen. Dieses war ein Konzil der, wie man jetzt sagen muss, Römisch-Katholischen
Kirche. Dennoch hatte mit ihm die Reformation auch die kath. Kirche erfasst: Nach Trient war
sie nicht mehr die Gleiche wie noch zu Beginn des Jahrhunderts.

Noch während des Konzils waren Kommissionen zur Revision der liturgischen und
katechetischen Bücher eingesetzt worden, die ihre Ergebnisse aber erst später vorlegen
konnten (Katechismus). Als Erstes wurde der Catechismus Romanus (1566; »Röm.
Katechismus«) herausgegeben. Es folgte das Breviarium Romanum (1568; »Röm. Brevier«) und
das Missale Romanum (1570; »Röm. Messbuch«). Da ältere Riten aus der Liturgie weitgehend
ausgeschieden wurden, kam es zu einer starken Vereinheitlichung. Die lebendige Vielfalt der
Liturgie verschwand; damit wurden allerdings auch ma. Fehlentwicklungen bereinigt. Die
Uniformierung wurde durch spätere Entscheidungen verschärft und hatte den völligen
Stillstand in der kath. Liturgie bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) zur Folge
(Gottesdienst).

Spätere Päpste reformierten auch die Kurie und die kirchliche Verwaltung. Gregor XIII. baute
das päpstliche Nuntiaturwesen aus und machte die Nuntien zu Trägern der Kirchenreform. Die
bereits unter Pius V. errichtete Kardinalskongregation für Deutschland (1568) trug später als
»Dt. Kongregation« zur kirchlichen Erneuerung in Deutschland bei. Da die Durchführung des
Trienter Seminardekrets in einigen Ländern auf große Schwierigkeiten stieß, förderte Gregor
XIII. den Ausbau der röm. Kollegien für den Priesternachwuchs. Das Collegium Germanicum
vereinigte er mit dem Ungar. Kolleg und stattete es reich aus. Aus ihm sind bis heute viele
kirchliche Führungskräfte hervorgegangen. 1585 wurde die seit langer Zeit vernachlässigte
visitatio ad limina ( Visitation) faktisch neu eingeführt. Sie verp ichtete Bischöfe, dem Papst je
nach der Entfernung ihrer Diözese von Rom alle 3–10 Jahre ausführliche
Rechenschaftsberichte einzureichen. Sixtus V. reorganisierte das Kardinalskollegium und setzte
die Zahl der Kardinäle auf 70 fest (Änderung erst 1958 durch Johannes XXIII.).

2.3. Die Durchführung der Gegenreformation in Ländern Europas

Die Reformation verdrängte die kath. Kirche nicht überall vollständig. Es gab Länder, in denen
man den röm. Katholizismus nicht anfocht und vom Protestantismus verhältnismäßig wenig
bemerkte, so z. B. in Spanien, Portugal, Savoyen und Italien, dazu in kleineren Gebieten wie
Lothringen, Burgund, Luxemburg und in der Zentralschweiz.

In Nordeuropa verschwand der röm. Katholizismus allmählich, so in Schweden, Finnland,


Dänemark, weitgehend auch in Island und Norwegen. Auch im heutigen Nord- und
Mitteldeutschland wurde er zurückgedrängt, wenn sich die dortigen Territorialherren zum
/
Luthertum oder zur reformierten Lehre (Calvinismus) bekannten. Zu den Gebieten, die der
kath. Kirche bis auf kleine Reste verloren gingen, gehörten die Provinzen der Generalstaaten:
Holland und Seeland sowie die Schweizer Stadtkantone (außer Luzern, Solothurn und
Freiburg). Im anglikanischen England und im presbyterianischen Schottland erhielten sich
röm.-kath. Minderheiten.

In vielen dt. Fürstbistümern, in Staaten mit kath. Herrschern wie Frankreich, Österreich und
seinen Nebenländern Böhmen, Ungarn und Polen, am Niederrhein, in Belgien und den niederl.
Südprovinzen stellte sich die Frage, ob man der evang. Bewegung, die unter den Untertanen
um sich gri f, tatenlos zusehen oder etwas gegen diese unternehmen sollte. Außer dem Herzog
von Jülich-Kleve-Berg, der sich lange scheute, seine Untertanen konfessionell zu steuern,
hielten es die übrigen Landesherren fast alle für richtig, den röm. Katholizismus zu
stabilisieren.

Blutige Kämpfe spielten sich in Frankreich ab, weil hier die Religionskriege zum Anlass
heftigster politischer, ständischer und auch wirtschaftlicher Auseinandersetzungen wurden
(Hugenotten). In den süd- und westdt. Landesherrschaften, in den Reichsbistümern und in der
Schweiz kam es zwischen 1550 und 1650 zu dramatischen Auseinandersetzungen, die aber
meist auf das jeweilige Territorium beschränkt blieben.

Die in Trient beschlossenen Reformen fanden in die kath. Kirche des Alten Reichs nicht sofort
Eingang, weil auch die kath. Reichsfürsten einschließlich der Bischöfe den Augsburger
Religionsfrieden nicht gefährden wollten. Die theologischen Beschlüsse des Trienter Konzils
wurden dennoch durch die Predigt und Lehre der Jesuiten allmählich im kirchlichen Alltag
umgesetzt. Einige Reformen, v. a. hinsichtlich der Sakramentalität der Ehe und der Formp icht
der Eheschließung, wurden auch ohne o zielle Veranlassung von den meisten Bischöfen
praktiziert. Ebenfalls ohne förmliche Einführung seiner Beschlüsse hatte das Konzil von Trient
zu einer Stärkung der kath. Reichsstände geführt. Sie versuchten nun in der zweiten Hälfte des
16. und in der ersten Hälfte des 17. Jh.s, als Landesherrn in ihren Territorien den Ein uss der
Reformation zugunsten einer einheitlichen kath. Konfession (vgl. Kirchenregiment)
zurückzudrängen. Diese Vorgänge werden im engeren Sinn als »G.« verstanden und meist
heute als »kath. Konfessionalisierung« bezeichnet. Die innere Erneuerung der kath. Kirche und
die rechtliche Festigung ihrer Position im Alten Reich auf der Grundlage des reservatum
ecclesiasticum (»Geistlichen Vorbehalts«) führten im 17. Jh. zu einem erstaunlichen
Aufschwung kath. Lebens im Zeitalter des Barock.

Unter G. ist dabei jedoch kein abgesprochenes und einheitliches Vorgehen zu verstehen;
vielmehr richtete sich jeder Landesherr nach seinen Möglichkeiten. Massive
gegenreformatorische Maßnahmen gab es zunächst in den 1570er Jahren in der Fürstabtei
Fulda und im Kurfürstentum Mainz. Das Beispiel Mainz lässt die di ferenzierte Vorgehensweise
erkennen: 1574 begann die G. im mainzerischen Eichsfeld, wo es nur landsässigen Adel gab.
Dieser war zwar durch die Declaratio Ferdinandea (zur Duldung der Augsburger Konfession) in
seinem religiösen Bekenntnis geschützt, doch war diese Bestimmung nicht in den Augsburger
Religionsfrieden aufgenommen worden, sodass letztlich die konkreten Machtverhältnisse
/
entschieden. Mit 2 000 Reitern rückte der Erzbischof ein, ließ die evang. Pfarrer durch kath.
ersetzen und errichtete in Heiligenstadt (heute Thüringen) ein Jesuiten-Kolleg. Im restlichen
Erzstift geschah zunächst nichts, vielmehr gab es bis um 1600 selbst am kurfürstlichen Hof
Protestanten in hohen Ämtern. Als um 1600 die ersten an Jesuitenschulen oder in Rom
ausgebildeten Erzbischöfe in Mainz an die Macht kamen, wurde das kath. Bekenntnis daher
auch in anderen noch von Protestanten bewohnten Gebieten des Erzstiftes verp ichtend. Wer
sich nicht beugen wollte, dem blieb nur die Auswanderung (Cuius regio, eius religio).

Schwierig war die Rekatholisierung in den habsburgischen Ländern, deren Bevölkerung zu


einem hohen Prozentsatz dem Luthertum anhing. Erst harte Zwangsmaßnahmen führten die
Alpenländer Kärnten, Krain und Steiermark zum röm. Katholizismus zurück. Unter den
Tschechen gab es seit Jan Hus (1415 hingerichtet) eine religiös geprägte, romfeindliche
Untergrundbewegung. Die Bemühungen um Rekatholisierung seitens der Habsburger
verschärften die Gegensätze. An den böhm. Schwierigkeiten entzündete sich der
Dreißigjährige Krieg (1618–1648), als der böhm. Adel Ferdinand II. als böhm. König absetzte
und den protest. Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz wählte. Als das Haus Habsburg vor einem
großen Sieg und einer Stärkung seiner Macht stand, erließ Ferdinand 1629 das
Restitutionsedikt, das die Rückgabe aller seit dem Augsburger Religionsfrieden den Katholiken
entzogenen Kirchengüter vorsah. Seine Durchführung hätte den Sieg der G. bedeutet. Die
kaiserliche Macht wurde aber nun von außen beschränkt, als sich das kath. Frankreich mit
dem protest. Schweden verbündete. Der Westfälische Frieden von 1648 legte das Normaljahr
1624 fest, das jeder Religionspartei den territorialen Besitzstand dieses Zeitpunktes garantierte.
Bis auf wenige innerterritoriale Maßnahmen (Salzburg) war die G. damit an ihr Ende
gekommen.

Insgesamt gilt: Die G. darf nicht als isolierte Maßnahme der kath. Reichsstände oder gar der
röm.-kath. Kirche betrachtet werden; vielmehr vollzog sie sich im Rahmen der Herausbildung
der frühnzl. Staaten und verlief insofern parallel zu vergleichbaren Vorgängen in protest.
Territorien (Konfessionalisierung; Kirche und Staat).

Verwandte Artikel: Katholizismus | Kirche | Konfessionalisierung | Römisch-Katholische Kirche

Rolf Decot

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[12] D. J. W , Katholische Reform und Gegenreformation. Ein Überblick, 2005.

3. Literatur

3.1. De nition

Die K. R. war keine Epoche der Literaturgeschichte. Wohl aber wirkten die Bestrebungen zur
Erneuerung des Katholizismus im 16. Jh. und im frühen 17. Jh. stark auf das lit. Scha fen des
kath. Abendlandes, und zwar vor 1563 v. a. in Spanien und Italien, danach auch in den übrigen
europ. Ländern (s. o. 2.). Auf lit. Feld bezeichnet der Begri f K. R. daher alle Schöpfungen der
Zeit zwischen Späthumanismus und Barock, die von der neuen kath. Spiritualität inspiriert
waren und sie aktiv zu propagieren suchten. Deshalb kann keineswegs die gesamte kath.
Literatur der Epoche von etwa 1540 bis etwa 1640 der K. R. zugeordnet werden. Mochte ein
Dichter wie Torquato Tasso (Gerusalemme liberata, 1581; »Das befreite Jerusalem«) in Kreisen
der K. R. höchste Wertschätzung genießen und ein Dramatiker wie Lope de Vega als Priester
sogar persönlich an der Inquisition mitwirken, so zielten ihre Werke doch keineswegs exklusiv
auf Erneuerung der Kirche und die Abwehr des Protestantismus. Deshalb wären sie – ähnlich
wie die Mystik einer Teresa von Avila oder eines Juan de la Cruz – als Werke der K. R. nur
unzureichend charakterisiert.

3.2. Erneuerung der Tradition

Charakteristisch für die Literatur der K. R. waren zwei scheinbar gegenläu ge Tendenzen. Die
erste bestand in der Erneuerung traditioneller Formen der Erbauungsliteratur, die man im
Geschmack der Zeit (oft im Geiste des Humanismus) umformulierte. Zu dieser Gruppe
/
gehörten z. B. die Heiligenviten (Hagiographie) des Kartäusers Laurentius Surius [2. 74–79], die
Neuausgaben und Neubearbeitungen ma. Exempla-Sammlungen [12. 62–85] sowie die
Wiedererweckung der Mystik und Askese durch span. Autoren wie Luis de Granada, Diego de
Estella und Teresa von Avila [11. 68–73, 79–92]; [5. 586 f.].

Die stärksten Impulse gingen von Spanien aus, dessen Kirche als einzige ihre innere Reform
schon um 1500 erfolgreich abgeschlossen hatte und daher nach 1520 keine Krise durchlitt.
Vielmehr schufen die Spanier schon in der ersten Hälfte des 16. Jh.s exemplarische Werke auf
allen Gebieten theologischer Gelehrsamkeit und eine neuartige Meditationsliteratur, deren
frühen Gipfel die »Geistlichen Exerzitien« (Exercitia spiritualia, 1521/41) des Ignatius von
Loyola bildeten [12. 35–43]. Fast alle maßgeblichen Werke der K. R., auch so bedeutende wie der
Traité de l’amour de Dieu (1616; »Abhandlung über die Liebe Gottes«) des François de Sales,
weisen auf span. Vorbilder zurück [11]. Begünstigt wurde deren Verbreitung durch die
politische Hegemonie Spaniens bis 1640 und die Tätigkeit der Jesuiten, die zu den aktivsten
Publizisten und Propagandisten der K. R. zählten [10].

3.3. Nachahmung des Protestantismus

Das zweite zentrale Merkmal der Literatur der K. R. war die Tatsache, dass sie in (erklärter oder
diskreter) Konkurrenz zum Protestantismus entstand, dessen überwältigender Erfolg, so
erkannte man, nicht zuletzt daher rührte, dass er Predigt, Unterweisung und Seelsorge in der
Volkssprache bot. Deshalb sah man sich genötigt – trotz und neben der Verp ichtung auf das
Latein als universale Kirchensprache –, eine volkssprachliche Literatur zu scha fen, die ein
Laienpublikum ansprechen konnte. Dabei schrieb man protest. Muster im kath. Sinne um und
suchte sie ästhetisch zu überbieten. So imitierten die Jesuiten Petrus Canisius und Robert
Bellarmin den lutherischen Katechismus (Catechismus minimus, 1556 und Parvus catechismus,
1558; bzw. Dottrina cristiana breve, 1597; »Kurze christl. Lehre«) [5. 590]. Seit 1567 setzte Jean-
Antoine de Baïf der calvinistischen Psalmenübersetzung des Clément Marot eine kath. Version
entgegen [11. 62 f.].

Die Jesuiten kultivierten die Kanzelberedsamkeit [1]; [4], schufen geistliche Lieder (wie
Friedrich von Spee [8. 117 f.] oder Maciej Kazimierz Sarbiewski [6. 97]) und bildeten, wie Jakob
Bidermann (Cenodoxus, 1602), die protest. Schuldialoge zu einem Jesuitendrama völlig neuer
Dimensionen um [8. 149 f.]; [13]. Ordens- Historiker wie Cesar Baronius (Annales ecclesiastici,
12 Bde., 1588–1607; »Kirchliche Annalen«) suchten den Magdeburger Centurien des Matthias
Flacius eine gleichrangige kath. Kirchengeschichtsschreibung entgegenzusetzen [2]. Da es in
der Konsequenz der K. R. lag, schlechthin alle lit. Gattungen im kath. Sinne umzugestalten,
lieferten ihre Autoren auch Verhaltens- und Klugheits-Lehren (wie Balthasar Gracians Oráculo
manual, y Arte de prudencia, 1647; »Handorakel der Weltklugheit«) sowie Fürstenspiegel, die
indes weniger den Protestantismus bekämpften als den Machiavellismus und seine Idee einer
allmächtigen Staatsräson [3].

3.4. Wirkungen

/
In allen Gattungen wurde die Literatur der K. R. zu einem wichtigen Medium der
Gegenreformation: Sie weckte und inspirierte die spirituellen Energien vieler Zeitgenossen,
machte den Katholizismus für Intellektuelle wieder interessant. Sie stellte die humanistische
Ästhetik in den Dienst der Religion und ließ jene so zum Gemeingut der europ. Gebildeten
werden (Späthumanismus). Durch Institutionen wie Zensur und Index verbotener Bücher
wirkte sie formend, standardisierend und disziplinierend. Sie setzte klare, deshalb attraktive
Maßstäbe dafür, wie man »richtig« zu glauben, zu denken und zu sprechen habe [7]. Die
Formstrenge des franz. Klassizismus des 17. Jh.s ist ohne die K. R. schwer vorstellbar.

Indem die K. R. Latein und Volkssprache gleichermaßen kultivierte, förderte sie Übersetzungen.
Teils übertrug man lat. Werke in die Volkssprachen, um sie zur Mission einsetzen zu können;
teils schuf man aber auch lat. Versionen volkssprachlicher Schriften, um diese für den
internationalen Gebrauch zu adaptieren. Ein wichtiges Medium der Verbreitung bildeten auch
die Kolportageliteraturen wie die in Frankreich verlegte Bibliothèque Bleue. Sie bestand zu
einem gewichtigen Teil aus religiösem Schrifttum, insbes. Heiligenviten (Hagiographie) und
Katechismen, und erreichte ein breites Publikum auch auf dem Land und in sozialen
Schichten wie dem Handwerkerstand. Diese intensiven Vermittlungs- und
Di fusionsaktivitäten führten zu einer neuartigen Internationalisierung der roman. Literatur –
auch solcher, die gar nicht in erster Linie der K. R. angehörte (z. B. des span. Schelmenromans)
[11]; [12]. Dieses Interesse teilten auch die Protestanten: So wie ihre Schulmänner das
Jesuitentheater imitierten, machten orth. lutherische Theologen nach 1600 Anleihen bei der
span. Neuscholastik [11. 78]. Seit den 1640er Jahren übersetzten Lutheraner wie Andreas
Gryphius die lat. Gedichte des Jesuiten Jacob Balde [8. 106] ( Neulateinische Dichtung).

In Ostmitteleuropa konnten Autoren der K. R. zu Botschaftern westl. Kultur werden, zu


Mitbegründern einer modernen volkssprachlichen Literatur und damit eines nzl.
Nationalgefühls (Nationalismus) [12]. So gilt der Jesuit und Erzbischof von Gran (Esztergom),
Péter Pázmány, als Pionier der modernen ungar. Prosa [9. 685]. In Polen schuf sein
Ordensbruder Piotr Skarga mit seinen Kazanja Sejmowe (1597; »Reichstagspredigten«) die
Gattung der politischen Predigt (Politische Religionen), nachdem mit Jan Kochanowski (1530–
1584) die nzl. poln. Lyrik begonnen hatte [6. 79–82, 58–68].

Wie bei den meisten geistigen Strömungen fällt es schwer, das Ende der K. R. zu datieren. Da
einige europ. Territorien (z. B. das Erzbistum Salzburg) noch im 18. Jh. gegenreformatorische
Politik betrieben, lassen sich prinzipiell noch um diese Zeit Beispiele entsprechender Literatur
nachweisen. Sinnvoll und heuristisch nützlich indes ist der Begri f nur bis etwa 1640, also für
die histor. Epoche, in der die span.-kath. Hegemonie über Europa eine politisch-intellektuelle
Realität war.

Verwandte Artikel: Erbauungsliteratur | Hagiographie | Jesuitendrama | Konfessionalisierung

Gerrit Walther

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im 17. Jh. (Frühe Nz. 62), 2001

[13] J.-M. V , Le théâtre des Jésuites dans les pays de langue allemande (1554–1680).
Salut des âmes et ordre des cités (Europ. Hochschulschriften 255), 3 Bde., 1978.

4. Kunst

4.1. Das Bilderdekret des Trienter Konzils

Die Reformation hatte zu einer bilderfeindlichen Kritik an der Kunst mit dem Vorwurf der
irrgeleiteten Bilderverehrung geführt. Erst am Ende des Trienter Konzils (1545–1563) reagierte
die röm. Kirche darauf im abschließenden Dekret mit einer kurzen Stellungnahme, die
prinzipiell die Verehrung der Bilder zuließ, weil sie durch ihre Darstellung auf eine höhere
theologische Wahrheit verweisen. Demnach gibt es verschiedene Arten der Verehrung: Gott
und Jesus Christus gebühre Anbetung (lat. adoratio), den Heiligen dagegen Verehrung (lat. /
veneratio), während den Bildern nur Ehre (lat. honos) zustehe. Schon Papst Gregor der Große
hatte im 6. Jh. die Bilder als Unterrichtung der Analphabeten legitimiert [10. 48], und im
zweiten Konzil von Nicäa (787) war als Folge des byz. Bilderstreits bestätigt worden, dass die
Verehrung eines Bildes auf dessen Urbild übergehe. Im kurzen, eilig erstellten Text des
tridentinischen Bilderdekrets vom Dezember 1563 wurde diese Position im Kern beibehalten.
Nur knapp und allgemein wurden die Bildinhalte eingegrenzt: Sie hatten der Bibel zu
entsprechen; Irrlehren, Anstößiges und Unehrenhaftes dürften nicht erscheinen; ebenso seien
unschickliche und laszive sowie erfundene Inhalte, die der theologischen Wahrheit
widersprechen, verboten. Die Kontrolle, Aufsicht und Verantwortung wurde in die
Zuständigkeit der Bischöfe verwiesen.

4.2. Bildertheologische Traktate der Gegenreformation

Als ein erstes Resultat auf die Beschlüsse von Trient erfolgte nach dem Tod Michelangelos (18.
2. 1564) der Beschluss, die anstößigen Stellen im »Jüngsten Gericht« (1534–1541) in der
Sixtinischen Kapelle (Vatikan) übermalen zu lassen. Damit wurde eine Kontroverse beendet;
denn seit der Enthüllung des Freskos 1541 waren viele Kritikpunkte vorgebracht worden. 1564
erschien ein schon 1562 abgeschlossener, daher nicht vom tridentinischen Bilderdekret
abhängiger Traktat von Andrea Gilio da Fabriano [2], der die Kritik zusammenfasste und die
Fehler der Künstler bei sakralen Themen darlegte, um die Oberhoheit der Theologie über die
Kunst zu sichern.

Die wenig konkreten Formulierungen im tridentinischen Bilderdekret ließen verschiedene


Auslegungen zu, so dass in der Folge verschiedene Traktate erschienen, um eine klarere
Reglementierung zu bewirken [7]; [10]. Sie handelten über nützliche und schädliche Bilder
sowie die glaubenskonforme Kirchenausstattung. Johannes Molanus [3] bekräftigte 1570 die
Lehrmeinung, dass ein Bild größere Wirkung erreiche als das Wort und daher auch stärkerer
Zensur unterzogen werden müsse. Der Mailänder Bischof Karl Borromäus erweiterte dies 1577
in seinen Instructiones (»Anweisungen«) [1] auf die gesamte Kirchenausstattung in seiner
Diözese (s. o. 2.1.). Die größte Wirkung erreichte der Bischof von Bologna, Gabriele Paleotti, mit
seiner 1582 gedruckten, unvollendet gebliebenen Bilderlehre [5]. Nördlich der Alpen
publizierte 1591 Jacob Müller sein Kompendium Kirchengeschmuck zur Ausstattung von
Kirchen [4]. Es folgten im 17. Jh. zahlreiche weitere Schriften, die in Konkurrenz zu den
genuinen Kunsttraktaten eine gegenreformatorische Bildertheologie propagierten [7]; [10], die
insgesamt auf eine Bewahrung und Stärkung der kath. Tradition zielten, jedoch keine neuen
Bildthemen und keine bestimmten Stilformen forderten. Ziel war, der Verehrung des hl. Bildes
eine theologisch abgesicherte Stellung zu bewahren [10. 405–410].

4.3. Praktische Auswirkungen

Die konkreten Auswirkungen der K. R. waren sehr unterschiedlich und traten oft erst
zeitverzögert auf. In ganz Europa wurde die Bilderfrage in der Praxis nach nationalen oder
lokalen Gegebenheiten ausgelegt. Als Konsequenz der stärker auf die Eucharistie
konzentrierten Messfeier sollte der Hochaltar in den Kirchen sichtbar sein, weshalb seit dem
späten 16. Jh. bis ins 18. Jh. viele Lettner (von lat. lectorium), zwischen Chor und Kirchenschi f /
quergebaute Wände mit Lesepult und Volksaltar (oft in Verbindung zu den Chorschranken, die
Kleriker- und Laienbereich trennten), in Kloster- und Stiftskirchen beseitigt wurden. Dadurch
erhielt die Altarbaukunst (mit Abb.) größere Bedeutung als Zielpunkt und Blickfang des
Kirchenraums. In kath. Ländern entstanden zahllose neue Kirchenbauten (mit Abb.); ma.
Kirchen wurden aufwendig renoviert [9].

Bes. aus dem Jesuiten-Orden gingen viele Impulse für die bildende Kunst hervor, auch wenn
man von einer spezi sch jesuitischen Programmatik nicht sprechen kann. Freilich erreichte
die Ordenspropaganda und die in den Bildmedien neu intensivierte Heiligen-Verehrung
weitreichenden Vorbildcharakter, bes. durch den Bau und die Ausstattungen der beiden
wichtigsten Ordenskirchen in Rom ( Il Gesù und San Ignazio) [6]; [8]. Der jeweils
paradigmatisch gestaltete Saalraum mit Tonnengewölbe vereinigte Priester und Laien bei der
Messfeier und begünstigte die Vereinheitlichung der Kirchenausstattung vom liturgischen
Gerät bis zur Deckenmalerei.

Rom blieb ein Zentrum vorbildlicher Kirchenbauten, auf das man sich häu g bezog, doch
entwickelte sich die Sakralkunst außerhalb Italiens, v. a. in Süddeutschland, Österreich und
Ostmitteleuropa, aber auch in Frankreich und Spanien bzw. den außereurop. Kolonialgebieten,
überaus eigenständig. Die K. R., förderte die Fortführung und Anpassung alter Traditionen,
indem die kath. Heilslehre mit einer sinnenfreudigen Frömmigkeit wirkungssteigernd durch
architektonische und bildkünstlerische Prachtentfaltung inszeniert wurde. An dieser kath.-
sakralen Kunstpracht setzte dann seit dem mittleren 18. Jh. die Kunstkritik der Au lärung an.
Die Annahme, die kunsthistor. Epoche des Barock resultiere aus der Kunst im Kontext der K. R.
lässt sich nur sehr eingeschränkt und für spezielle Fälle der Sakralkunst (z. B. in Rom)
bestätigen.

Verwandte Artikel: Bilderverehrung | Ikonoklasmus | Kirchenausstattung | Kirchenbau |


Kunsttheorie | Religiöse Ikonographie

Roland Kanz

Bibliography

Quellen

[1] C. B , Instructiones fabricae et supellectis ecclesiasticae, Mailand 1577

[2] A. G. F , Degli errori e degli abusi de’ pittori circa l’istorie, Camerino 1564

[3] J. M , De picturis et imaginibus sacris, Löwen 1577

[4] J. M , Kirchengeschmuck, München 1591

[5] G. P , Discorso intorno alle imagini sacre et profane, Bologna 1582.

/
Sekundärliteratur

[6] G. A. B , Between Renaissance and Baroque. Jesuit Art in Rome 1565–1610, 2003

[7] J. B , Konfession, Bild und Macht. Visualisierung als katholisches Herrschafts-


und Disziplinierungsinstrument in Rom und im habsburgischen Schlesien (1560–1740), 2004

[8] R. B (Hrsg.), Rom in Bayern. Kunst und Spiritualität der ersten Jesuiten
(Ausst.kat. München), 1997

[9] M. E , Renovatio Ecclesiae. Die »Barockisierung« ma. Kirchen, 2005

[10] C. H , Katholische Bildertheologie im Zeitalter von Gegenreformation und Barock,


1997.

Cite this page

Decot, Rolf, Walther, Gerrit and Kanz, Roland, “Katholische Reform”, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen
Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern herausgegeben von Friedrich Jaeger. Copyright © J.B. Metzlersche
Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH 2005–2012. Consulted online on 14 May 2020 <http://dx-doi-
org.uaccess.univie.ac.at/10.1163/2352-0248_edn_COM_290586>
First published online: 2019

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