Sie sind auf Seite 1von 12

SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN
Text
Musterprüfung

Das Gedächtnis: Wie Erlebnisse zu Erfahrungen werden


Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen
Erinnerungen, die uns helfen, den Alltag zu bewältigen und unser Verhalten besser an die Erfordernisse
der Umwelt anzupassen.

5 In jeder der 86.400 Sekunden eines Tages prasseln unzählbar viele Sinneseindrücke auf uns ein. Wir
sehen, riechen, hören und schmecken, wir schütteln Hände, reden mit Arbeitskollegen, reagieren mit
Emotionen und beurteilen das Erlebte. Kurz: Wir machen ständig neue Erfahrungen und lernen Neues
hinzu. Selbst wenn wir schlafen, nehmen wir unbewusst Eindrücke auf. Und wir halten es für
selbstverständlich, dass wir uns in dieser Welt sicher bewegen, ohne von der Informationsflut
10 überfordert zu werden. Dass unserem Gehirn das gelingt, verdanken wir einer Meisterleistung der Natur:
unserem Gedächtnis.

Wie wichtig das Gedächtnis für unser gesamtes Denken und Handeln ist, müssen Menschen mit einer
Amnesie, also einem Gedächtnisverlust, auf bittere Weise erfahren. Aber auch bei Gesunden ist das
Erinnerungsvermögen nicht perfekt. Tatsächlich vergessen wir das meiste von dem, was wir erleben,
15 schnell wieder. Das Gehirn filtert die permanent eingehenden Informationen und speichert in erster
Linie die Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten. Die Party am vergangenen
Wochenende, der erste Kuss, das Konzert der Lieblingsband – auch wenn es schön ist, solche Dinge im
Gedächtnis behalten zu können, der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, Informationen zu
liefern, die uns beim Treffen von Entscheidungen und bei unserem Handeln in Gegenwart und Zukunft
20 helfen.

Viele unserer Gedächtnisinhalte sind uns nicht bewusst: So muss man nicht mehr nachdenken, wenn
man einmal gelernt hat, wie man Schuhe zubindet oder Auto fährt. Andere Erinnerungen müssen wir
dagegen mühsam wieder hervorsuchen, zum Beispiel wenn man uns nach der Hauptstadt eines
bestimmten Landes fragt. Diese Beispiele zeigen bereits, dass es unterschiedliche Arten von
25 Erinnerungen gibt: Im prozeduralen oder impliziten Gedächtnis sind Gewohnheiten, Fähigkeiten und
Verhaltensweisen gespeichert – wie das Schuhebinden oder das Autofahren. Es ermöglicht, solche
motorischen Handlungen automatisch und ohne Nachdenken auszuführen und Sinnesreize schnell
zuzuordnen.

Die andere Gruppe der Erinnerungen wird bewusst wahrgenommen. Hier handelt es sich einerseits um
30 erlernte Fakten – zum Beispiel, dass die Hauptstadt Australiens Canberra heißt. Solche Inhalte werden
im semantischen Gedächtnis abgelegt. Eine besondere Form des Gedächtnisses ist die Erinnerung an
uns selbst und unsere Handlungen, das episodische Gedächtnis. Psychologen fassen das semantische
und das episodische Gedächtnis unter dem Begriff deklaratives oder explizites Gedächtnis zusammen.

 bitte wenden
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN
Text
Musterprüfung

Die Frage, was genau in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine Erinnerung speichern, beschäftigt
35 Neurowissenschaftler rund um den Globus. Man vermutet, dass ein wichtiger Mechanismus, um
Informationen dauerhaft im Gehirn zu speichern, die dynamische und schnelle Veränderung der Zahl
und Stärke der Verbindungen im Neuronen-Netzwerk des Gehirns ist. Man kann sich die Bildung von
langfristigen Erinnerungen so vorstellen: Ein Erlebnis wird im Gehirn durch eine synchrone, also
gleichzeitige Aktivierung bestimmter Neuronengruppen gespeichert. Diese synchrone Aktivierung der
40 Nervenzellen führt dazu, dass sie auch in Zukunft gleichzeitig aktiv sind. Je häufiger das geschieht, desto
fester und stabiler werden die Verbindungen zwischen diesen Neuronen. Nach einiger Zeit ist die
Aktivierung einer einzelnen Nervenzelle ausreichend, damit auch die anderen Zellen aktiv werden. So
kann das Gelernte schnell abgerufen werden.
Bevor ein Gedächtnisinhalt dauerhaft abgelegt ist, durchwandert er mehrere Stufen der Speicherung.
45 Das Ultrakurzzeitgedächtnis ist ein Puffer für Sinneseindrücke aus der Umwelt. Von hier wird die
Information ins Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis übertragen, das Informationen zwischenlagert, um sie
möglichst schnell wieder abrufen zu können. Die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses ist allerdings
begrenzt und kann schnell überschritten werden, wenn eine andere Information wichtiger erscheint
oder wir abgelenkt werden. Ist die neue Information aber wichtig genug – Aufmerksamkeit und
50 Emotionen spielen bei dieser Beurteilung eine bedeutende Rolle – wird sie sofort zur Weiterverarbeitung
an den Hippocampus geleitet. Hier beginnt dann ein Prozess zur dauerhaften Einlagerung von
Gedächtnisinhalten ins Langzeitgedächtnis.

Ist eine Erinnerung im Gedächtnis eingelagert, stellt sich die Frage, wie man zuverlässig an sie
herankommt. Was man dazu bisher weiß, ist, dass Erinnerungen auftreten, wenn im Gehirn ein
55 bestimmtes neuronales Aktivitätsmuster entsteht, das dem Muster ähnelt, das bei der Bildung der
Erinnerung entstand. Dies kann zum Beispiel über äußere Reize geschehen: Ein bestimmter Duft erinnert
uns an unsere Kindheit, ein bestimmtes Geräusch an den letzten Zahnarztbesuch. Studien zeigen auch,
dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, das Abrufen von
Gedächtnisinhalten erleichtern. In einer wissenschaftlichen Studie erinnerten sich die Teilnehmer, die
60 betrunken eine Anzahl von Wörtern lernen sollten, zum Beispiel besser an diese, wenn sie wieder
betrunken waren. Wie genau jedoch das Abrufen von Erinnerungen geschieht, ist noch nicht bis ins
Detail geklärt.

Ebenfalls nicht abschließend klären konnten Forscher die Frage, warum unser Gedächtnis uns manchmal
täuscht oder zeitweise auch ganz im Stich lässt, zum Beispiel bei einer Amnesie oder auch kurzfristigen
65 „Blackouts“, wenn uns zum Beispiel ein Name nicht mehr einfällt. Es gibt offenbar einen Unterschied
zwischen der Anwesenheit einer Erinnerung im Gedächtnis und der Fähigkeit, diese auch abrufen zu
können. Aber es gibt eine Methode, dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, die schon der römische
Dichter Cicero notierte: „Das Gedächtnis nimmt ab, wenn man es nicht gebraucht.“
[6.029 Zeichen inkl. Leerzeichen

Quelle: Tanja Krämer auf www.dasGehirn.info – ein Projekt der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft e. V.
in Zusammenarbeit mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe,
http://dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/wie-erlebnisse-zu-erfahrungen-werden-2013-das-gedaechtnis/
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben
Musterprüfung

Aufgaben zum Text „Das Gedächtnis: Wie Erlebnisse zu Erfahrungen werden“

1. Ergänzen Sie die Lücken – den Informationen im Text entsprechend – mit jeweils
einem Wort. 1 P.

Unser Gedächtnis: Das Wichtigste in Kürze


Das Gedächtnis ist die Fähigkeit, neue _______________________ im Gehirn zu _______________
und wieder abrufbar zu machen.

2. Lesen Sie die Aussagen zum Text und kreuzen Sie an: Ist die Aussage laut Text

Richtig

Falsch
richtig, falsch oder sagt der Text dazu nichts (Tsdn)?

Tsdn
a. Unser Gehirn macht regelmäßig Ruhepausen, in denen es keine neuen Informationen
aufnimmt.
b. Den größten Teil der Informationen, die im Gehirn eingehen, haben wir kurze Zeit später
schon wieder vergessen.
c. Unser Gehirn speichert vor allem solche Erfahrungen und Erlebnisse, die für zukünftige
Entscheidungen und Verhaltensweisen potentiell wichtig sind.
d. Stark emotionale Erinnerungen werden in der rechten Gehirnhälfte gespeichert.

4 P.

3. Ergänzen Sie das Schaubild zu den Gedächtnisarten mit jeweils einem Wort pro Lücke.

Gedächtnisarten

speichert:
• ______________
• ______________ prozedural ___________
• ______________ oder: oder:
(z.B. Schuhebinden, Autofahren)
____________ ____________
5 P.

speichert: speichert Erinnerung an:


• _____________ • uns selbst
• unsere ___________
____________ _____________

 bitte wenden
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben
Musterprüfung

4. Welche Satzergänzung entspricht dem Text? Kreuzen Sie an:


Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.

a) Ein Erlebnis wird im Gehirn langfristig gespeichert, indem …


 eine einzelne Nervenzelle aktiviert wird.
 verschiedene Nervenzellen synchron aktiviert werden. 1,5 P.
 eine einzelne Nervenzelle benachbarte Nervenzellen synchron aktiviert.
b) Je häufiger verschiedene Nervenzellen synchron aktiviert werden, desto …
 stabiler werden die Verbindungen zwischen ihnen.
 seltener wird die Verbindung zwischen ihnen genutzt.
1,5 P.
 größer ist die Menge der speicherbaren Informationen.

5. Lesen Sie die Aussagen zum Text und kreuzen Sie an: Ist die Aussage laut Text

Richtig

Falsch
richtig, falsch oder sagt der Text dazu nichts (Tsdn)?

Tsdn
a. Im Ultrakurzzeitgedächtnis werden Informationen zwischengespeichert, damit wir später
wieder schnell auf sie zugreifen können.
b. Durch Ablenkung kann eine Information, die wir nur im Kurzzeitgedächtnis gespeichert
haben, wieder verloren gehen.
c. Der Grund für Gedächtnisausfälle ist meist großer Stress.

6. Ergänzen Sie die Lücke – den Informationen im Text entsprechend – mit jeweils einem Wort. 3 P.

Beim Speicherungsprozess des Gehirns spielen _________________ und Gefühle eine wichtige Rolle.

1 P.
7. Fassen Sie das Thema des mit * markierten Absatzes stichwortartig zusammen.

_________________________________________________________________________
2 P.
8. Ergänzen Sie die Lücke – den Informationen im Text entsprechend – mit jeweils einem Wort.

Man muss sein Gedächtnis regelmäßig trainieren, weil es sonst _______________________.

1 P.

Gesamtpunktzahl
20 P.
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 2, WISSENSCHAFTSSPRACHLICHE STRUKTUREN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben
Musterprüfung

1. Ergänzen Sie die Sätze, ohne das Original inhaltlich zu verändern.

Beispiel:
Z. 8-9: Selbst wenn wir schlafen, nehmen wir unbewusst Eindrücke auf.
 Selbst ___ beim Schlafen____ (im Schlaf / während des Schlafe(n)s) nehmen wir unbewusst Eindrücke auf.

a) Z. 1-3: Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen
Erinnerungen, die uns helfen, […] unser Verhalten […] an die Erfordernisse der Umwelt anzupassen.

Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen Erinnerungen,
die uns bei _____________________________________________________
______________________________________________________________________ helfen. 1 P.

b) Z. 15-17: Das Gehirn filtert die permanent eingehenden Informationen und speichert in erster Linie die
Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten.

Das Gehirn filtert die Informationen, ______________________________________________ und


speichert in erster Linie die Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten. 0,5 P.

c) Z. 17-20: […] der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, Informationen zu liefern, die uns beim Treffen
von Entscheidungen […] helfen.

[…] der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, uns die ________________________________
______________________________ […] ___________________________ Informationen zu liefern. 1 P.

d) Z. 29: Die andere Gruppe der Erinnerungen wird bewusst wahrgenommen.

Die andere Gruppe der Erinnerungen _______________ man ______________________________. 1 P.

e) Z. 35-36: Die Frage, was genau in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine Erinnerung speichern, beschäftigt
Neurowissenschaftler rund um den Globus.

Die Frage, was genau in unserem Gehirn _____________________________________ passiert,


1 P.
beschäftigt Neurowissenschaftler rund um den Globus.

f) Z. 36-39: Man vermutet, dass ein wichtiger Mechanismus, …

0,5 P.
Es _____________________________________________ , dass ein wichtiger Mechanismus, …

 bitte wenden
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 2, WISSENSCHAFTSSPRACHLICHE STRUKTUREN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben
Musterprüfung

g) Z. 39-41: Ein Erlebnis wird im Gehirn durch eine synchrone […] Aktivierung bestimmter Neuronengruppen
gespeichert.

Ein Erlebnis wird im Gehirn gespeichert, ___________________ bestimmte Neuronengruppen


synchron _____________________________________________________________________. 1 P.

h) Z. 61-62: Studien zeigten auch, dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, das
Abrufen von Gedächtnisinhalten erleichtern.

Studien zeigten auch, dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, es
____________________ , ______________________________________________________. 1 P.

2. Welcher Satzteil entspricht der Bedeutung der unterstrichenden Begriffe?


Kreuzen Sie an.

Z. 21-22: So muss man nicht mehr nachdenken, wenn man einmal gelernt hat, wie man Schuhe zubindet.
 So ist es verboten, nachzudenken…
 So braucht man nicht mehr nachzudenken…
0,5 P.
 So ist es nicht mehr möglich, nachzudenken…

Z. 27-28: Es ermöglicht, solche motorischen Handlungen automatisch und ohne Nachdenken auszuführen und Sinnesreize
schnell zuzuordnen.
 Auf diese Weise muss man solche motorischen Handlungen […] ausführen …
 Auf diese Weise kann man solche motorischen Handlungen […] ausführen …
0,5 P.
 Auf diese Weise soll man solche motorischen Handlungen […] ausführen …

3. Worauf beziehen sich die unterstrichenen Pronomen? Schreiben Sie alle Begriffe aus
dem Text.

Z. 42: Je häufiger das geschieht,… _______________________________________ 1 P.

Z. 70: […], diese auch abrufen zu können. _______________________________________


1 P.

Gesamtpunktzahl
10 P.
SPRACHLERNZENTRUM
DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN
HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN
Text, Lösungen
Musterprüfung

Das Gedächtnis: Wie Erlebnisse zu Erfahrungen werden


Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen
Erinnerungen, die uns helfen, den Alltag zu bewältigen und unser Verhalten besser an die Erfordernisse
5 der Umwelt anzupassen.
In jeder der 86.400 Sekunden eines Tages prasseln unzählbar viele Sinneseindrücke auf uns ein. Wir
sehen, riechen, hören und schmecken, wir schütteln Hände, reden mit Arbeitskollegen, reagieren mit
Emotionen und beurteilen das Erlebte. Kurz: Wir machen ständig neue Erfahrungen und lernen Neues
hinzu. Selbst wenn wir schlafen, nehmen wir unbewusst Eindrücke auf. Und wir halten es für Kommentiert [LP(1]: 2. a) (LESEVERSTEHEN)
10 selbstverständlich, dass wir uns in dieser Welt sicher bewegen, ohne von der Informationsflut
überfordert zu werden. Dass unserem Gehirn das gelingt, verdanken wir einer Meisterleistung der Natur:
unserem Gedächtnis.

Wie wichtig das Gedächtnis für unser gesamtes Denken und Handeln ist, müssen Menschen mit einer
Amnesie, also einem Gedächtnisverlust, auf bittere Weise erfahren. Aber auch bei Gesunden ist das
15 Erinnerungsvermögen nicht perfekt. Tatsächlich vergessen wir das meiste von dem, was wir erleben,
schnell wieder. Das Gehirn filtert die permanent eingehenden Informationen und speichert in erster Kommentiert [LP(2]: 2. b) (LESEVERSTEHEN)
Linie die Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten. Die Party am vergangenen Kommentiert [LP(3]: 1. (LESEVERSTEHEN)
Wochenende, der erste Kuss, das Konzert der Lieblingsband – auch wenn es schön ist, solche Dinge im
Kommentiert [LP(4]: 2. c) (LESEVERSTEHEN)
Gedächtnis behalten zu können, der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, Informationen zu
20 liefern, die uns beim Treffen von Entscheidungen und bei unserem Handeln in Gegenwart und Zukunft
helfen.
Viele unserer Gedächtnisinhalte sind uns nicht bewusst: So muss man nicht mehr nachdenken, wenn
man einmal gelernt hat, wie man Schuhe zubindet oder Auto fährt. Andere Erinnerungen müssen wir
dagegen mühsam wieder hervorsuchen, zum Beispiel wenn man uns nach der Hauptstadt eines
25 bestimmten Landes fragt. Diese Beispiele zeigen bereits, dass es unterschiedliche Arten von
Erinnerungen gibt: Im prozeduralen oder impliziten Gedächtnis sind Gewohnheiten, Fähigkeiten und
Verhaltensweisen gespeichert – wie das Schuhebinden oder das Autofahren. Es ermöglicht, solche
motorischen Handlungen automatisch und ohne Nachdenken auszuführen und Sinnesreize schnell
zuzuordnen.
30 Die andere Gruppe der Erinnerungen wird bewusst wahrgenommen. Hier handelt es sich einerseits um
erlernte Fakten – zum Beispiel, dass die Hauptstadt Australiens Canberra heißt. Solche Inhalte werden
im semantischen Gedächtnis abgelegt. Eine besondere Form des Gedächtnisses ist die Erinnerung an
uns selbst und unsere Handlungen, das episodische Gedächtnis. Psychologen fassen das semantische
und das episodische Gedächtnis unter dem Begriff deklaratives oder explizites Gedächtnis zusammen. Kommentiert [LP(5]: 3. (LESEVERSTEHEN)
SPRACHLERNZENTRUM
DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN
HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 1, LESEVERSTEHEN
Text, Lösungen
Musterprüfung
35
Die Frage, was genau in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine Erinnerung speichern, beschäftigt
Neurowissenschaftler rund um den Globus. Man vermutet, dass ein wichtiger Mechanismus, um
Informationen dauerhaft im Gehirn zu speichern, die dynamische und schnelle Veränderung der Zahl
und Stärke der Verbindungen im Neuronen-Netzwerk des Gehirns ist. Man kann sich die Bildung von
40 langfristigen Erinnerungen so vorstellen: Ein Erlebnis wird im Gehirn durch eine synchrone, also
gleichzeitige Aktivierung bestimmter Neuronengruppen gespeichert. Diese synchrone Aktivierung der Kommentiert [LP(6]: 4. a) (LESEVERSTEHEN)
Nervenzellen führt dazu, dass sie auch in Zukunft gleichzeitig aktiv sind. Je häufiger das geschieht, desto
fester und stabiler werden die Verbindungen zwischen diesen Neuronen. Nach einiger Zeit ist die Kommentiert [LP(7]: 4. b) (LESEVERSTEHEN)
Aktivierung einer einzelnen Nervenzelle ausreichend, damit auch die anderen Zellen aktiv werden. So
45 kann das Gelernte schnell abgerufen werden.

Bevor ein Gedächtnisinhalt dauerhaft abgelegt ist, durchwandert er mehrere Stufen der Speicherung. Kommentiert [LP(8]: 7. (LESEVERSTEHEN)
Das Ultrakurzzeitgedächtnis ist ein Puffer für Sinneseindrücke aus der Umwelt. Von hier wird die
Information ins Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis übertragen, das Informationen zwischenlagert, um sie
möglichst schnell wieder abrufen zu können. Die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses ist allerdings
50 begrenzt und kann schnell überschritten werden, wenn eine andere Information wichtiger erscheint
oder wir abgelenkt werden. Ist die neue Information aber wichtig genug – Aufmerksamkeit und Kommentiert [LP(9]: 5. a)/b) (LESEVERSTEHEN)
Emotionen spielen bei dieser Beurteilung eine bedeutende Rolle – wird sie sofort zur Weiterverarbeitung
an den Hippocampus geleitet. Hier beginnt dann ein Prozess zur dauerhaften Einlagerung von
Gedächtnisinhalten ins Langzeitgedächtnis. Kommentiert [LP(10]: 6. (LESEVERSTEHEN)

55 Ist eine Erinnerung im Gedächtnis eingelagert, stellt sich die Frage, wie man zuverlässig an sie
herankommt. Was man dazu bisher weiß, ist, dass Erinnerungen auftreten, wenn im Gehirn ein
bestimmtes neuronales Aktivitätsmuster entsteht, das dem Muster ähnelt, das bei der Bildung der
Erinnerung entstand. Dies kann zum Beispiel über äußere Reize geschehen: Ein bestimmter Duft erinnert
uns an unsere Kindheit, ein bestimmtes Geräusch an den letzten Zahnarztbesuch. Studien zeigen auch,
60 dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, das Abrufen von
Gedächtnisinhalten erleichtern. In einer wissenschaftlichen Studie erinnerten sich die Teilnehmer, die
betrunken eine Anzahl von Wörtern lernen sollten, zum Beispiel besser an diese, wenn sie wieder
betrunken waren. Wie genau jedoch das Abrufen von Erinnerungen geschieht, ist noch nicht bis ins
Detail geklärt. Kommentiert [LP(11]: 7. (LESEVERSTEHEN)

65 Ebenfalls nicht abschließend klären konnten Forscher die Frage, warum unser Gedächtnis uns manchmal
täuscht oder zeitweise auch ganz im Stich lässt, zum Beispiel bei einer Amnesie oder auch kurzfristigen
„Blackouts“, wenn uns zum Beispiel ein Name nicht mehr einfällt. Es gibt offenbar einen Unterschied
zwischen der Anwesenheit einer Erinnerung im Gedächtnis und der Fähigkeit, diese auch abrufen zu
können. Aber es gibt eine Methode, dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, die schon der römische
70 Dichter Cicero notierte: „Das Gedächtnis nimmt ab, wenn man es nicht gebraucht.“ Kommentiert [LP(12]: 9. (LESEVERSTEHEN)
[6.029 Zeichen inkl. Leerzeichen

Quelle: Tanja Krämer auf www.dasGehirn.info – ein Projekt der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft e. V.
in Zusammenarbeit mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe,
http://dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/wie-erlebnisse-zu-erfahrungen-werden-2013-das-gedaechtnis/
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B1, LESEVERSTEHEN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben, Lösungen
Musterprüfung

Aufgaben zum Text „Das Gedächtnis: Wie Erlebnisse zu Erfahrungen werden“

1. Ergänzen Sie die Lücken den Informationen im Text entsprechend mit jeweils einem
Wort. 1 P.

Unser Gedächtnis: Das Wichtigste in Kürze


Informationen/(Sinnes-)Eindrücke/ speichern/behalten/
Erfahrungen/Erlebnisse/Inhalte verankern
Das Gedächtnis ist die Fähigkeit, neue _______________________ im Gehirn zu _______________
und wieder abrufbar zu machen.

2. Lesen Sie die Aussagen zum Text und kreuzen Sie an: Ist die Aussage laut Text

Richtig

Falsch
richtig, falsch oder sagt der Text dazu nichts (Tsdn)?

Tsdn
a. Unser Gehirn macht regelmäßig Ruhepausen, in denen es keine neuen Informationen x
aufnimmt.
b. Den größten Teil der Informationen, die wir täglich aufnehmen, haben wir kurze Zeit später x
schon wieder vergessen.
c. Unser Gehirn speichert vor allem solche Erfahrungen und Erlebnisse, die für zukünftige x
Entscheidungen und Verhaltensweisen potentiell wichtig sind.
d. Stark emotionale Erinnerungen werden in der rechten Gehirnhälfte gespeichert. x

4 P.

3. Ergänzen Sie das Schaubild zu den Gedächtnisarten mit jeweils einem Wort pro Lücke.

Gedächtnisarten

deklarativ
speichert: prozedural ___________
Gewohnheiten
• ______________ oder: oder:
Fähigkeiten
• ______________ implizit
____________ explizit
____________
Verhaltensweisen
• ______________
(z.B. Schuhebinden, Autofahren)
5 P.

speichert: semantisch episodisch speichert Erinnerung an:


Fakten ____________ _____________
• _____________ • uns selbst
Handlungen
• unsere ___________
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B1, LESEVERSTEHEN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben, Lösungen
Musterprüfung

4. Welche Satzergänzung entspricht dem Text? Kreuzen Sie an:


Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.

a) Ein Erlebnis wird im Gehirn langfristig gespeichert, indem …


 eine einzelne Nervenzelle aktiviert wird. 1 P.
x verschiedene Nervenzellen synchron aktiviert werden.

 eine einzelne Nervenzelle benachbarte Nervenzellen synchron aktiviert.
b) Je häufiger verschiedene Nervenzellen synchron aktiviert werden, desto …
x stabiler werden die Verbindungen zwischen ihnen.
 1 P.
 seltener wird die Verbindung zwischen ihnen genutzt.
 größer ist die Menge der speicherbaren Informationen.

5. Lesen Sie die Aussagen zum Text und kreuzen Sie an: Ist die Aussage laut Text

Richtig

Falsch
richtig, falsch oder sagt der Text dazu nichts (Tsdn)?

Tsdn
a. Im Ultrakurzzeitgedächtnis werden Informationen zwischengespeichert, damit wir später x
wieder schnell auf sie zugreifen können.
b. Durch Ablenkung kann eine Information, die wir nur im Kurzzeitgedächtnis gespeichert x
haben, wieder verloren gehen.
c. Der Grund für Gedächtnisausfälle ist meist großer Stress. x

3 P.

6. Ergänzen Sie die Lücke – den Informationen im Text entsprechend – mit jeweils einem
Wort. 1 P.

Aufmerksamkeit
Beim Speicherungsprozess des Gehirns spielen _________________ und Gefühle eine wichtige Rolle.

7. Fassen Sie das Thema des mit * markierten Absatzes stichwortartig zusammen. 2 P.
Die Rolle des Kontextes (des Umfeldes) beim Erinnerungsprozess (beim Erinnern) // (Prozess des) Abrufen(s) von Erinnerungen
[Wichtiger Aspekt, der genannt werden muss: abrufen/herankommen an Erinnerungen]

8. Ergänzen Sie die Lücke – den Informationen im Text entsprechend – mit jeweils einem
Wort. 1 P.

abnimmt
Man muss sein Gedächtnis regelmäßig trainieren, weil es sonst____________.

Gesamtpunktzahl
20 P.
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 2, WISSENSCHAFTSSPRACHLICHE STRUKTUREN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben, Lösungen
Musterprüfung

1. Ergänzen Sie die Sätze, ohne das Original inhaltlich zu verändern.


Beispiel:
Z. 8-9: Selbst wenn wir schlafen, nehmen wir unbewusst Eindrücke auf.
 Selbst _____im Schlaf/beim Schlafen/während des Schlafe(n)s____ nehmen wir unbewusst Eindrücke auf.

a) Z. 1-3: Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen Erinnerungen,
die uns helfen, […] unser Verhalten […] an die Erfordernisse der Umwelt anzupassen.

Ohne das Gedächtnis wäre unser Leben unvorstellbar, denn unsere Erfahrungen hinterlassen Erinnerungen, 1 P.
der Anpassung unseres Verhaltens an die Erfordernisse der Umwelt
die uns bei _____________________________________________________ helfen.

b) Z. 15-17: Das Gehirn filtert die permanent eingehenden Informationen und speichert in erster Linie die
Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten.

die permanent/ständig eingehen


Das Gehirn filtert die Informationen, _________________________________ und speichert in erster
Linie die Informationen, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein könnten. 0,5 P.

c) Z. 17-20: […] der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, Informationen zu liefern, die uns beim Treffen
von Entscheidungen […] helfen.

beim/für das Treffen von


[…] der Sinn einer Erinnerung besteht primär darin, uns die _______________________________
helfenden / hilfreichen (auch: relevanten, notwendigen, …)
E h id 1 P.
________[…]_________________________________________________ Informationen zu liefern.

d) Z. 29: Die andere Gruppe der Erinnerungen wird bewusst wahrgenommen. Kommentiert [KJ1]: Passiv > Aktiv

nimmt
Die andere Gruppe der Erinnerungen _______________ bewusst wahr
man ______________________________. 1 P.

e) Z. 35-36: Die Frage, was genau in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine Erinnerung speichern, beschäftigt Kommentiert [KJ2]: Temporaler
Neurowissenschaftler rund um den Globus. Hauptsatz/Nominalisierung
beim Speichern/bei der Speicherung einer
Erinnerung/von Erinnerungen
Die Frage, was genau in unserem Gehirn _____________________________________ passiert,
1 P.
beschäftigt Neurowissenschaftler rund um den Globus.

f) Z. 36-39: Man vermutet, dass ein wichtiger Mechanismus, … Kommentiert [KJ3]: Aktiv > Passiv

wird vermutet
Es ___________________________________ , dass ein wichtiger Mechanismus, …
0,5 P.
SPRACHLERNZENTRUM

DEUTSCHE SPRACHPRÜFUNG FÜR DEN


HOCHSCHULZUGANG (DSH)
TEIL B 2, WISSENSCHAFTSSPRACHLICHE STRUKTUREN Bitte kleben Sie hier Ihr Namensetikett auf.
Aufgaben, Lösungen
Musterprüfung

g) Z. 39-41: Ein Erlebnis wird im Gehirn durch eine synchrone […] Aktivierung bestimmter Neuronengruppen Kommentiert [KJ4]: Modaler Nebensatz
gespeichert.

indem/dadurch dass
Ein Erlebnis wird im Gehirn gespeichert, ___________________ bestimmte Neuronengruppen
synchron ________________________________________.
aktiviert werden 1 P.

h) Z. 60-62: Studien zeigten auch, dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, das Kommentiert [KJ5]: Verbalisierung, Infinitivkonstruktion
 bitte wenden
Abrufen von Gedächtnisinhalten erleichtern.

Studien zeigten auch, dass Stimmungen, Gerüche oder Orte, an denen man etwas gelernt hat, es
erleichtern
____________________ Gedächtnisinhalte abzurufen
, ______________________________________________________. 1 P.

2. Welcher Satzteil entspricht der Bedeutung der unterstrichenen Begriffe?


Kreuzen Sie an.

Z. 21-22: So muss man nicht mehr nachdenken, wenn man einmal gelernt hat, wie man Schuhe zubindet.
 So ist es verboten, nachzudenken…
x So braucht man nicht mehr nachzudenken…

 So ist es nicht mehr möglich, nachzudenken… 0,5 P.

Z. 27-28: Es ermöglicht, solche motorischen Handlungen automatisch und ohne Nachdenken auszuführen und Sinnesreize
schnell zuzuordnen.
 Auf diese Weise muss man solche motorischen Handlungen […] ausführen …
x Auf diese Weise kann man solche motorischen Handlungen […] ausführen …

 Auf diese Weise soll man solche motorischen Handlungen […] ausführen … 0,5 P.

3. Worauf beziehen sich die unterstrichenen Pronomen? Schreiben Sie alle Begriffe aus
dem Text.

Z. 42: Je häufiger das geschieht,… (Diese) synchrone Aktivierung der Nervenzellen


__________________________ 1 P.

Z. 70: […], diese auch abrufen zu können. (eine) Erinnerung (im Gedächtnis)
__________________________
1 P.

Gesamtpunktzahl
10 P.

Das könnte Ihnen auch gefallen