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Wer kennt es nicht: Die Schlüssel für die neue Wohnung oder WG werden übergeben, man öffnet

die Tür und wird zuerst vom hallenden Klang seiner Schritte oder eigenen Stimme empfangen. So
ergeht es auch mir und meinen beiden Mitbewohnern, als wir unser neues Apartment betreten und
auf die zwar makellos geweißelten, aber sonst kahlen Wände unserer leeren Zimmer blicken.

Was fehlt ist klar: das Mobiliar. Ebenso naheliegend ist meine Reaktion. Denn als frischgebackener
Universitätsabsolvent ist mein Budget vor allem eines: begrenzt. Prompt stöbere ich auf des
Internetseite des schwedischen Möbelhauses meines Vertrauens durch das schier unendliche
Sortiment und grüble, ob nun Billy, Malm oder Songesand besser in die Nische neben meinem
Fenster passen.

An Nachhaltigkeit verschwende ich in diesem Moment noch keinen Gedanken, obwohl ein kurzes
Innehalten auf der Suche nach dem nächsten Einrichtungs-Schnäppchen durchaus angebracht wäre.
Erst als ich bereits auf den „Kaufen-Button“ klicken will, überlege ich. Wie nachhaltig ist das Regal in
meinem Warenkorb eigentlich?

Das Problem mit der Langlebigkeit

Preiswert und einfach zu errichten, so lautet das Erfolgsrezept der meisten Möbeldiscounter. Und
solange der Schrank oder die Kommode der Wahl aufgebaut an ihrem Fleck stehen, hat dieses
Konzept auf den ersten Blick keinen erkennbaren Fehler. Wer jedoch, wie ich, in Abständen von zwei
bis drei Jahren den Wohnort wechselt, dem ist folgendes Phänomen wohlbekannt: die eigenen
Discount-Möbel überstehen - trotz gebotener Sorgfalt - vielleicht noch den ersten, selten aber den
zweiten oder dritten Umzug.

Das ist Teil des Geschäftsmodells: Während die Schraube im ausgeleierten Loch durchdreht oder
man sich über den abgebrochenen Holzstift ärgert, verteilen die Möbel-Discounter schon den
nächsten Saison-Katalog mit neuen Designs. Die Botschaft: Einfach neu kaufen, kostet ja nicht viel.
Aus ökonomischer Sicht mag das sinnvoll sein, nachhaltig ist es eher nicht.

Produktionsstandorte und Materialien

Zudem lassen große Möbelketten in der Regel ihre Produkte weltweit in Niedriglohnländern
produzieren. So unterhielt IKEA im Jahr 2018 mehr als ein Viertel (27 Prozent) seiner
Produktionsstandorte in China.

Von dort werden die Produkte wiederum zu Lasten der Umwelt durch die Welt transportiert. Positiv
ist hingegen, dass der Konzern 85 Prozent seiner Holzrohstoffe aus nachhaltigen und zertifizierten
Quellen bezieht. Bei Baumwolle sind es sogar 100 Prozent. Andere Discounter hingegen bleiben bei
ihren Angaben zum Thema Nachhaltigkeit im Vagen.

Doch welche Möglichkeiten gibt es, um beim Möbelkauf gezielt auf Nachhaltigkeit zu achten?
1. Zertifikate als Indikator für nachhaltige Holzproduktion

Für den Möbelbau dient Holz nach wie vor als bewährter Rohstoff. Umso genauer sollte man
hinsehen, woher das Holz stammt, das im neuen Esstisch oder Küchenstuhl verarbeitet wurde.

Zertifikate - wie die der unabhängigen Organisationen FSC (Forest Stewardship Council) und PEFC
(Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) - sorgen für die entsprechende
Transparenz. In beiden Fällen wird der Rohstoff Holz entlang seiner gesamten Produktionskette auf
Nachhaltigkeitskriterien überprüft.

Dazu gehört zum Beispiel auch, ab welchem Alter und vor allem welche Bäume für kommerzielle
Zwecke gefällt werden dürfen.

2. Regionale Produkte für Menschen mit mehr Budget

Auch Möbel aus regionaler Produktion verringern den ökologischen Fußabdruck und das aus zwei
Gründen: Zum einen werden Werkstoffe nicht aus der ganzen Welt herangekarrt, sondern direkt aus
Deutschland bezogen. Aufgrund der kurzen Transportwege verringert sich so der CO2-Abdruck der
eigenen Einrichtung.

Anderseits zeichnen sich heimische Hölzer aufgrund der Forstauflagen in Deutschland durch ihre
Nachhaltigkeit aus. Häufig haben regionale Produkte aber auch ihren Preis, gerade dann, wenn sie
beispielsweise von lokalen Möbeltischlereien stammen. Nicht jeder kann sich so etwas leisten.

3. Second Hand für den kleinen Geldbeutel

Doch auch Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln haben die Möglichkeit, ihr Zuhause im
Sinne der Nachhaltigkeit einzurichten. Ob auf Flohmärkten, im Second-Hand-Geschäft oder online:
Die Optionen, dem Wegwerf-Prinzip zu trotzen, sind auch beim Möbelkauf vielfältig.

Zudem dürfte, anders als bei Textilien, die Hemmschwelle auf gebrauchtes Mobiliar zurückzugreifen,
bei vielen deutlich niedriger liegen – so ist es zumindest in meinem Fall.

Meinen Warenkorb habe ich deswegen wieder geleert und mir stattdessen ein Regal aus der
Nachbarschaft besorgt. Dass es diesmal nicht Billy heißt, kann ich verschmerzen.

Überstehen keinen Umzug und schaden der Umwelt: Mein Abschied von Discount-Möbeln

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