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Anton Bruckner

„Das ist ja ein


greuliches Stück, nichts
wie Fetzen aneinander
gereiht und viel
Bombast; dazu nun
noch von
unverschämter Länge.“
 Sinfonie Nr. 3, Kopfsatz (Exposition)
 1872–1873 (1. Fassung)
 Richard Wagner gewidmet
Zur Widmung
„1873 ging ich mit meiner Sinfonie No 3 in Dmoll nach Bayreuth. Meister Wagner ließ
sich erbitten, u. durchblätterte langsam die Partitur. Da er großes Interesse zeigte,
bath ich, selbe dediciren zu dürfen. Doch erst Abends, nachdem der große Meister
das Werk vollständig durchgesehen hatte, empfing mich Wagner mit einer
Umarmung, u. sprach so schmeichelhafte Anerkennung aus, die ich dermalen wohl
nie sagen kann, zugleich bemerkte der Meister, mit der Dedication habe es seine
Richtigkeit, u. ich bereite ihm damit das größte Vergnügen. Seither habe ich auch
schriftlich die so großartige Anerkennung, u. die Einladung zu den Festspielen
erhalten.“

Anton Bruckner, Autobiographische Skizze für Wilhelm Tappert, 1. Oktober 1876


Rezeption (1)
„Einem Häuflein von 10 bis 20 meist blutjungen Menschlein beiderlei Geschlechts,
welche applaudierten, stand die zischende und lachende Menge gegenüber und
die Auguren der tonangebenden musikalischen Haute-volée lachten sich
schadenfroh ins Fäustchen: ein prächtiger Heiterkeitsstoff für das zu Hause ihrer
harrende Diner.“

Theodor Rättig, 1877, nach der Uraufführung der Sinfonie Nr. 3 von Anton Bruckner
Rezeption (2)
„Wir möchten dem als Menschen und Künstler von uns aufrichtig geehrten
Komponisten, der es mit der Kunst ehrlich meint, so seltsam er mit ihr umgeht,
nicht gerne wehtun, darum setzen wir an die Stelle einer Kritik lieber das
bescheidene Geständnis, daß wir seine gigantische Symphonie nicht
verstanden haben. Weder seine poetischen Intentionen wurden uns klar –
vielleicht eine Vision, wie Beethovens ‚Neunte‘ mit Wagner’s ‚Walküre‘
Freundschaft schließt und endlich unter die Hufe ihrer Pferde gerät – noch
den rein musikalischen Zusammenhang mochten wir zu fassen.“

Eduard Hanslick, Neue Freie Presse, 18.12.1877

„Wie helle Blitze leuchten hier vier, dort acht Takte in eigenartiger Schönheit auf;
dazwischen liegt wieder verwirrendes Dunkel, müde Abspannung und fieberhafte
Überreizung. Und all das zu einer Länge ausgedehnt, welche dem geduldigsten
Gemüth zur Qual wird. In Bruckners Compositionen vermissen wir das logische
Denken, den geläuterten Schönheitssinn, den sichtenden und überschauenden
Kunstverstand.“

Eduard Hanslick, Neue Freie Presse, 1890


Rezeption (3)
Die »Morgenpost« Nr. 346, S. 3:

» * Das zweite Abonnements=Concert der Musikfreunde ließ an Geschmacklosigkeit des


Programmes nichts zu wünschen übrig. [...] kommen wir auf die Novität des Programmes,
eine Symphonie in d-moll von Anton Bruckner. Mit Wahrheit - was wir an Symphonien noch
gehört haben, einer solchen Mißgeburt sind wir bis heute noch nicht begegnet. Was an
Geschmack- und Gedankenlosigkeit, an gehirnerschütternder Instrumentation zu leisten
möglich ist, das leistet Bruckner in seiner neuen Symphonie. Von einer Form ist nicht die
Rede, von einem redlichen, herzlichen Gedanken oder bloßem Anspielen an einen
solchen nicht die Rede, was bleibt da Anderes zu bieten übrig, als was Herr Bruckner
geboten. Das Werk verdient wirklich nicht, daß man darüber nachdenkt, denn es bietet
keinen Stoff dazu. Mag man immerhin von hoher sittlicher und ethischer Bedeutung
phrasiren, zur Musik braucht man Talent und nur Talent; Bruckner und Brahms werden
sterben und ihre ethischen Einflüsse gleich Null sein. Eine geniale Schöpfung wirkt nur durch
echten, musikalischen Gehalt, was aber Herr Bruckner geboten, kann auf tiefere Wirkung
nicht rechnen, denn es ist keine Schöpfung, sondern das musikalische Chaos! Für den
Applaus sorgten einige Schüler und blinde Anhänger des Compositeurs. Die Wenigen,
welche noch im Parterre waren, staunten, schüttelten den Kopf und - gähnten. Recht so!
[Signatur:] "M. A-r." [= M. Adler]) (**)
Rezeption (4)
 Besprechung der 3. Symphonie in der »Wiener Zeitung (Abendpost)« Nr. 288 auf S. 2f
(Signatur »h« [= Ludwig Benedikt Hahn]):
»Concert. h. Gestern ging das zweite ordentliche Concert der Gesellschaft der
Musikfreunde vor sich. Am Dirigentenpulte stand noch Herr Joseph Hellmesberger; aber er
nahm in seiner Eigenschaft als provisorischer Leiter der Gesellschaftsconcerte Abschied. [...
Ungenauigkeiten bei Egmont-Ouvertüre ... Grün mit entschuldbaren Intonationstrübungen ...
der rauschende Beifall für Schuch-Proska nicht berechtigt ... Beethovens Chor hätte ohne
Verluste wegfallen können ...] Die Schlußnummer bildete eine Riesensymphonie (D-moll) von
Bruckner, welcher die Leitung seines Werkes persönlich führte. Es ist das ein ganz
ungeheuerliches Werk, dessen Wagnisse und Seltsamkeiten sich nicht mit wenigen Worten
charakterisiren lassen. Es sei uns also gestattet, auf dasselbe zurückzukommen. Es arbeitet in
dieser verblüffenden Musik ein ungezügelter und ungeschulter Naturalismus, dem keine
Rohheit zu groß, kein logischer Sprung zu weit ist und der das Unerhörteste mit einer wahrhaft
kindlichen Gutgläubigkeit begeht. Herr Bruckner mordet Vater und Mutter mit der
Ueberzeugung, das müsse so sein. [... Generalpausen ... Fieber ... dennoch interessant ...
Publikumsflucht ...] so daß das Finale, welches an Absonderlichkeit alle seine Vorgänger
überbietet, nur mehr vor einer kleinen Schaar zum Aeußersten entschlossener Waghälse
abgespielt wurde. Es sei fern von uns, diese traurige Unsitte des Wiener Publicums in Schutz
nehmen zu wollen.« (*).
https://www.youtube.com/watch?v=Po3ywYPMTt8 (bis ca. 3:25min; ca. 5:45min anhören)
https://www.youtube.com/watch?v=AknbDG2gLRA (bis ca. 3:45min; bis ca. 6:15min anhören)

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