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Untersuchungen zur Rechtsstellung der Frau

im pharaonischen Ägypten

von Rolf Tanner

1. Aufgabe und Methode der Untersuchungen


*

Die Rechtsentwicklung eines Volkes gehört zu den integrierenden Bestandteilen


seiner Kulturgeschichte. Form und Inhalt juristischer Institutionen sind für den
Stand der in den einzelnen historischen Zeitabschnitten erreichten Kulturstufe
charakteristisch. Kulturgeschichtliche Entwicklungslinien verlaufen unregel­
mäßig; sie unterliegen dem bestimmenden Einfluß historischer Ereignisse. So
hängt auch das Werden, Sichverändern und der Untergang einer Rechtsnorm von
historischen Fakten ab. Daneben zeigen religiöse Vorstellungen, geographische
Besonderheiten und anthropologische Erscheinungen eine unverkennbare Wir­
kung auf die Rechtsgestaltung.
Die rechtshistorische Analyse demonstriert und beweist im Idealfall an der
konkreten Norm qualitativ und quantitativ Wirkungsweise und Anteil der ein­
zelnen Komponenten und vermittelt im Ergebnis einen Einblick in die inneren
Bestandteile der untersuchten Rechtsnorm, die wir im modernen Sprachgebrauch
als Rechtsgüter zu bezeichnen pflegen. Derartige Untersuchungen gehen stets von
der unmittelbaren Rechtsquelle, dem Gesetz, aus. Stehen der rechtsgeschicht­
lichen Forschung jedoch keinerlei gesicherte unmittelbare Rechtsquellen zur Ver­
fügung und fehlt überhaupt jede Überlieferung einstiger Rechtskorpora, müssen
wir die herkömmlichen Wege verlassen und neue Methoden suchen, um uns
eine annähernde Kenntnis von der Rechtswirklichkeit vergangener Hoch­
kulturen des Altertums zu vermitteln. Die Zuverlässigkeit des zu gewinnenden
Bildes hängt in hohem Maße vom jeweiligen Stande der archäologischen For­
schung und der Auswertung der Funde durch die einzelnen Fachbereiche der
Altertumswissenschaften ab.
Die vorliegenden Untersuchungen haben einen speziellen Bereich des ägyp­
tischen Rechts der Pharaonenzeit zum Gegenstände : die familienrechtliche
Stellung der Frau innerhalb bestimmter Bevölkerungsklassen. Die angedeutete
Quellenlage veranlaßt uns, mit mittelbaren Rechtszeugnissen, wie sie sich aus In­
schriften der Monumentaldarstellungen, aus Texten der Papyri und Ostraka sowie

* Den Herren Prof. D. Dr. S.Morenz, Leipzig, Prof. Dr. Petschow, München, und
Prof. Dr. E. Otto, Heidelberg, bin ich für die Erteilung zahlreicher wertvoller Hin­
weise dankbar.
46 Rolf Tanner

aus Abbildungen ergeben, vorlieb zu nehmen. Wir dürfen deshalb nach dem gegen­
wärtigen Stande der ägyptologischen Forschung keine für eine rechtsgeschicht ­
liche Auswertung idealen Tatbestände erwarten. Es wird fallweise notwendig sein,
neben Urkunden spezifisch juristischen Inhalts solche aus anderen Bereichen der
ägyptischen Kulturgeschichte (z. B. religiöse Vorstellungen und allgemeine Lite­
raturwerke) in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen. Wir glauben, hierzu aus
folgenden Gründen berechtigt zu sein: Bei der Untersuchung der Rechtsposition
der Frau muß ihre Umwelt, müssen die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen
sie lebt, berücksichtigt werden. Es berühren sich hier allgemein kulturgeschicht­
liche Fragen mit speziell juristischen Problemen. Dabei werden wir einen Wesens­
zug des ägyptischen Rechts erkennen, der zum weiteren Verständnis der uns be­
gegnenden Tatbestände nützlich ist: Nach Auffassung des ägyptischen Menschen
pharaonischer Zeit steht das Recht nicht als säkulare Größe isoliert neben seinem
Weltbild, sondern es ist mit ihm untrennbar verbunden. Ohne diese grund­
sätzliche Eigenheit des ägyptischen Rechts aus den Augen zu verlieren, werden
wir uns besonders seinen profanen Erscheinungsformen widmen, um eine Er­
leichterung in der systematischen Darstellung des Stoffes zu haben. Aus der Be­
trachtung kultischer Institutionen vom juristischen Standpunkte ergeben sich
mancherlei wertvolle familien- und erbrechtliche Rückschlüsse; das zeigen die be­
reits aus früher Zeit vorhandenen Urkunden über Totendienst und die damit ver­
bundenen vertragsähnlichen Abmachungen. Ebenso spiegelt sich in Werken der
mittel- und neuägyptischen Literatur im Rahmen der historischen Abschnitte ein
Stück Rechtswirklichkeit wider, während die kosmologischen Aussagen den
Leser nicht selten mit prinzipiellen Rechtsauffassungen der Zeit bekannt machen.
So zeigen die Weisheitslehren zum Beispiel, daß für den Ägypter des Alten, Mitt­
leren und Neuen Reiches1 das Recht nicht als abstrakter Begriff um seiner selbst
willen existiert ; es ist vielmehr zweckgebunden. Als wesentlicher Bestandteil der
Maat muß das Recht schon aus religiösen Gründen geschützt und gepflegt werden.
Herstellung der Maat bedeutet gleichzeitig Garantie der von der Gottheit (die sich
im König inkarniert) gewollten irdischen Ordnung ; diese fügt sich hierdurch sinn­
voll in die kosmische Ordnung ein. Auch die kosmische Ordnung kann nur be­
stehen, wenn ,,Maat an die Stelle des Unrechts“ gesetzt wird.12
Der Ägypter denkt nicht in abstrakten Begriffen. Wie er u. a. auf naturwissen­
schaftlichem Gebiete die vier Winde als Gestalten bezeichnet3, so bevorzugt er
auch im Rechtsdenken eine bildhafte Ausdrucksweise. Gerechtigkeit üben, heißt,
der Maat dienen. Der Schöpfergott Re ist zugleich ein richtender Gott, dessen
Weltregiment die Maat zu erhalten hat.4 Dabei wird die Maat als Göttin auf­
1 Im folgenden abgekürzt : Altes Reich = AR, Mittleres Reich = MR, Neues
Reich — NR.
2 K. Sethe, Die altägyptischen Pyramidentexte, Leipzig 1908, 265 und 1775.
Das Zitat gibt die rechts außen stehenden, fettgedruckten und fortlaufenden
Ziffern an.
3 S. Morenz, Ägypten und die altorphische Kosmogonie, in: Festschrift für
W. Schubart, Leipzig 1950, 86.
4 H. Bonnet, in: Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Berlin 1952»
628 s. v. Re.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 47
gefaßt, deren nahes Verhältnis zum Schöpfergott sich in ihrer Eigenschaft als
Tochter desselben zeigt. Der richtende Gott verkörpert auch das Idealbild des
irdischen Richters, wenn es von ihm heißt, er sei „der gerechte Richter, der keine
Bestechung annimmt".i Auch der Pharao hat nach diesen Vorstellungen die Maat
zur Richtschnur seines Regierens zu nehmen. Er bezeichnet sich gern „als den
Geliebten der Maat, der in seinen Gesetzen in ihr lebt".2
In den höheren Richtern des MR und NR begegnen uns regelmäßig Priester
der Maat, die das Bild dieser Gottheit an einer Halskette tragen. Auch im mytho­
logischen Bereich wird Thot als Vezier des Re mit dem Brust bilde der Göttin Maat
geschmückt.123
Ein typisches Beispiel für bildhaftes Rechtsdenken findet sich im juristischen
Papyrus von Turin.4 Dieser enthält eine protokollähnliche Beschreibung des
Untersuchungs- und Urteilsverfahrens gegen Täter und Gehilfen einer Harems­
verschwörung gegen Ramses III., in der die häufige Verwendung formelhafter Aus­
drücke wie „Man fand ihn für schuldig, und sie veranlaßten (die Richter), daß
ihre Strafe sie (die Verbrecher) einholte" oder „Ihre Verbrechen ergriffen sie" auf­
fällt.
Dieser kurze Streifzug durch das weite Feld der mittelbaren Rechtsquellen
zeigt, daß bei der Beschreibung eines Gegenstandes der ägyptischen Rechts­
geschichte viele Einzeltatbestände aus den verschiedensten Wissensgebieten zu­
sammengetragen werden müssen. Dabei wird es gut sein, sich immer wieder die
Unsicherheitsfaktoren vor Augen zu führen, die einer derartigen Rekonstruktion
anhaften können. Die fehlenden Rechtskodifikationen erschweren die Erforschung
des materiellen Rechts außerordentlich. Da auch die mittelbaren Rechtsquellen
vor allem in den frühen Perioden meist nur die Angehörigen einer bestimmten
Bevölkerungsschicht betreffen, dürfen wir in Auswertung dieser Belege kein homo­
genes Bild der Rechtsentwicklung erwarten. Das bunte Mosaik der gattungs-
verschiedenen Belege ist auch nicht so ergiebig, daß am Ende der Untersuchungen
eine chronologische Ordnung des materiellen Familienrechts herauskommt ; dafür
erhalten wir einen Überblick der Rechtspraxis, der zur Abrundung des kultur­
geschichtlichen Bildes unerläßlich ist.
Eine weitere Frage muß an dieser Stelle vorab behandelt werden. Die klassische,
in der Regel dem römischen Recht angepaßte juristische Begriffsterminologie
eignet sich nur sehr bedingt zur Systematisierung unseres Stoffes. Römisches

1 J. Spiegel, Mitteilungen des deutschen Instituts für ägyptische Altertums­


kunde in Kairo (im folgenden MDI) 8, 1934, 202.
2 H. Kees, Religionsgeschichtliches Lesebuch, Tübingen 1928, 41.
3 G. Möller, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde (im folgenden
ÄZ) 56, 1921, 67. Interessant sind auch die diesbezüglichen Bemerkungen bei
W. Spiegelberg, Orientalische Literaturzeitung (im folgenden OLZ) 31, 1928, 146.
Die Titulaturen der Distriksvorsteher enthalten vielfach die Bezeichnung eines
Priesters der Maat ; vgl. A. Erman, H. Ranke, Ägypten und ägyptisches Leben im
Altertum, Tübingen 1923, 96.
4 A. de Buck, Journal of Egyptian Archaeology (im folgenden JEA) 23, 1937,
152-164.
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Rechtsdenken setzt im hohen Maße Abstraktionsfähigkeit voraus, die sich


in juristischen Definitionen bewährt und die exakte Interpretation erleichtert;
hierzu gehört aber ein klar begrenzter und rational festgelegter Sinngehalt der zu
untersuchenden Norm, die man zu diesem Zwecke mindestens kennen muß. Das
vorliegende Quellenmaterial gewährt diese Voraussetzungen nicht. Darüber hinaus
hatten wir festgestellt, daß dem Ägypter begriffliche Abstraktionen fremd sind.
Die Verwendung neuzeitlicher Begriffe wie Staat, Beamtenschaft, öffent­
liches oder privates Recht usw. kann den rechtlichen Erscheinungsformen, die
sich unter den historischen Entwicklungsbedingungen des 3. und 2. Jahrtausends
v. Ohr. herausgebildet haben, nicht gerecht werden.1 Es empfiehlt sich deshalb,
fallweise bestimmte Termini zu gebrauchen, die den Eigentümlichkeiten der
ägyptischen Rechtsauffassung am besten entsprechen. Das zu behandelnde
Quellenmaterial geht zeitlich — von einigen Ausnahmen abgesehen — nicht über
das NR hinaus.
Die ägyptologische Forschung hat auf Grund der fehlenden Rechtskodi­
fikationen der Behandlung rechtsgeschichtlicher Themen bisher wenig Auf­
merksamkeit gewidmet. Es ist das Verdienst von Spiegelberg, die Fachwelt erst­
malig durch eine Veröffentlichung übersetzter und kommentierter Texte ju­
ristischen Inhalts aus der 18. bis 21. Dynastie mit interessanten Einrichtungen
des allgemeinen Gerichtswesens bekannt gemacht zu haben.1 2 Ihm schloß sich
Revillout mit einem Abriß über das gesamte ägyptische Recht an;3 das Werk
enthält einen — wenn auch allgemein gehaltenen — Abschnitt über familien­
rechtliche Fragen. Revillout verdanken wir die Erkenntnis, daß die ägyptische
Frau bereits im AR unbeschränkte Geschäftsfähigkeit hatte und insoweit dem
Manne völlig gleichgestellt war.4 Die uns für die Begründung dieser Ansicht über­
lieferten Belege betreffen allerdings Angehörige der Feudalkreise (es handelt sich
um Grabinschriften hochgestellter Höflinge des Königs Cheops), so daß hinsicht­
lich der Rechtsposition der Frau aus den anderen Bevölkerungsschichten noch
nichts gesagt werden kann. Auf die von Revillout zitierten Texte möchten wir uns
heute nicht mehr stützen, da diese zum großen Teil auf veralteten Übersetzungen
beruhen. In einem mehrbändigen Werk hat J. Firenne den Versuch unternommen,
die chronologische Entwicklung des Privatrechts von den ersten Dynastien bis zur
6. Dynastie zu beschreiben.5 In einer weiteren Arbeit befaßt sich der gleiche Autor
speziell mit erbrechtlichen und sozialgeschichtlichen Fragen.6 Firenne berührt in
beiden Werken Probleme, mit denen wir uns auch in diesen Untersuchungen aus­

1 Vgl. hierzu die treffenden Bemerkungen bei E. Otto, Ägypten — Der Weg des
Pharaonenreiches, Stuttgart 1955, 7.
2 W. Spiegelberg, Studien und Materialien zum Rechtswesen des Pharaonen­
reiches, Hannover 1892.
3 M. E. Revillout, Précis du droit Égyptienne, Paris 1903.
Ebd. 2, Paris 1903, 974.
5 J. Pirenne, Histoire des institutions et du droit privé de l’ancienne Égypte 1—3,
Bruxelles 1932—1935, mit Übersetzungen von M. S trac mans.
6 Ders., Les trois cycles de l’histoire juridique et sociale de l’ancienne Égypte,
Bruxelles 1937.
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einandersetzen müssen. Besonders wertvoll sind die dem zuerst genannten Werke
beigefügten Materialsammlungen, obgleich dieselben den für die genannte Zeit
bestehenden Mangel an unmittelbaren Rechtsquellen auch nicht überbrücken
können. Schon aus diesem Grunde türmen sich für eine chronologische Be­
schreibung der allgemeinen Rechtsgeschichte nahezu unüberwindliche Schwierig­
keiten auf. Weiterhin ist ein Werk von grundlegender Bedeutung aufzuführen:
E. Seidl, Einführung in die ägyptische Rechtsgeschichte bis zum Ende des Neuen
Reiches.1 Seidl gibt in konzentrierter Form und auf modernen Übersetzungen
fußend einen allgemeinen Überblick der gesamten Rechtsentwicklung und sagt
für die meisten Bereiche das auf Grund der derzeitigen Quellenlage Wißbare. So
stellt gerade dieses Werk eine Pioniertat dar, auf dessen Ergebnissen sich ein guter
Teil der vorliegenden Untersuchungen auf bauen konnte. Endlich sei noch einer
monographischen Darstellung des ehelichen Güterrechts gedacht.12*3Wenn auch der
Schwerpunkt des angeführten Belegmaterial von Pestman in die ägyptische
Spätzeit verlegt wurde und teilweise sogar Urkunden des bereits stark gräzi-
sierten Familienrechts des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. herangezogen werden,
so enthält die Arbeit auch für die früheren Epochen wertvolle Feststellungen.
Es bestehen jedoch grundsätzliche Bedenken, wenn Pestman das Eherecht mit
seinen güterrechtlichen Erscheinungsformen einer isolierten Behandlung unter­
zieht, ohne gleichzeitig die für Ägypten so typische Verbindung desselben mit
dem Erbrecht zu erörtern. Man denke z. B. an die erbrechtliche Bedeutung der
Ehefrau als nb.t pr.?>

2. Spezielle Bemerkungen zur Quellenlage

Über den merkwürdigen Umstand, daß uns aus dem AR, MR und NR keinerlei
Rechtskodifikationen überliefert worden sind, hat sich die ägyptologische For­
schung bisher wenig geäußert. Man vermutet allgemein die Existenz geschriebener
Gesetze bereits für das AR und MR, obwohl spärliche Belege erst für das NR vor­
liegen. 4 Eine interessante Untersuchung dieser Frage hat E. Otto in seinen
Prolegomena5 vorgenommen und festgestellt, daß die uns überlieferten Zeugnisse,
wie z. B. das aus der 6. Dynastie stammende Prozeßurteil6, der vor der ,t

1 2. Aufl. Glückstadt 1951. Besondere Erwähnung verdient die Fortsetzung dieses


Werkes: E. Seidl, Ägyptische Rechtsgeschichte der Saiten- und Perserzeit, Glück­
stadt 1956. Für familien- und erbrechtliche Fragen vgl. ders., Einführung in die
ägyptische Rechtsgeschichte, 55—59.
2 P. W. Pestman, Marriage and Matrimonial property in Ancient Egypt,
Leiden 1961.
3 Vgl. S. 59.
4 H. Kees, in : Kulturgeschichte des Alten Orients, Abschnitt : Ägypten, München
1933 (Handbuch der Altertumskunde 3, 1, 1), 227.
5 E. Otto, MDI 14, 1956, 150.
6 K. Sethe, ÄZ 61, 1926, 67. Es handelt sich bei dieser Urkunde um ein bedingtes
Beweisurteil in Protokollform.
4 KLIO
so Rolf Tanner

gesiegelte Grundstückskaufvertrag1 und die imj./-^-Urkunden1 2 mit Sicherheit


detaillierte Rechtssatzungen voraussetzen. Dabei ist zu bedenken, daß Rechts­
normen sowohl auf mündlicher Tradition als auch auf Gesetzgebungsakt beruhen
können. Die Entwicklung gewohnheitsrechtlicher Bräuche mag im Zusammen­
hang mit mündlichen Befehlen des Königs in den Zeiten, in denen sich die Schrift
noch im Anfangsstadium befand, an Stelle späterer Rechtssatzungen gestanden
haben. Es ist anzunehmen, daß in dieser Zeit die oberste Rechtssprechung in den
Händen des Königs selbst lag.3 Vielleicht stehen die auf der Deckeloberseite eines
Siegelbehälters des Königs Dwn (1. Dynastie) abgebildeten Zeichen mit der ge­
richtlichen Tätigkeit des Königs im Zusammenhang?4 Die Narmer-Palette5 ist
noch durch symbolhafte Darstellungen bestimmt, wenn auch bereits mit pho­
netischen Bestandteilen, die sich für den Ausdruck gesetzlicher Formulierungen
kaum eignen. Es ist die Frage zu prüfen, ob der Term, hp ausschließlich den
speziellen Begriff bezeichnet, den wir vom juristischen Standpunkt aus unter „Ge­
setz' verstehen — also ein von dem Einzelfall losgelöstes und normativ festgelegte
Gebot oder Verbot —, oder ob wir eine enge Verwandtschaft zu wd njsw.t „Königs­
befehl“ annehmen dürfen, der Einzelfälle nach der Art eines Verwaltungsaktes
regelt?6 Die pluralische Form hpw bedeutet neben „Gesetzen“ auch „Erlasse“
oder „Vorschriften“.7 Ähnliches gilt von wd njsw.t im Sinne von „Erlaß“ bzw. „Be­
fehl des Königs“.8 Es bestünde hiernach die Möglichkeit, den für konkrete Einzel­
fälle gegebenen Königserlaß als Präjudiz für spätere Parallelfälle anzusehen. Daß
zwischen beiden Rechtsinstitutionen keine strenge Unterscheidung zu bestehen
scheint, geht beispielsweise aus dem Restitutionsedikt des Haremheb hervor.9 Das
Edikt enthält vorwiegend Strafandrohungen, die nach Inhalt und Formulierung
gesetzlichen Tatbeständen entsprechen.1011Gleichzeitig lassen sich erste Ansätze
einer systematischen Gesetzgebung erkennen. Auch in der Dienstordnung des
VezirsJ1 begegnen wir Bestimmungen, die verschiedenen Rechtsgebieten zugehören

1 Urkunden des ägyptischen Altertums 1 : Urkunden des AR, hrsg. von K. Sethe,
Leipzig 1933, 157f. (im folgenden Urk.); vgl. auch K. Sethe, Sitzungsberichte der
Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. (im folgenden SPAW)
63, 1911, 6. Wir begegnen in dieser Urkunde erstmalig der vollentwickelten Rechts­
form des Kaufes. Der verwendete Terminus lautet: inj r isw = gegen Entgelt an
sich bringen, also kaufen; vgl. hierzu A. Erman, H. Grapow, Wörterbuch der
ägyptischen Sprache 1, Leipzig 1955, 91. (im folgenden WB).
2 Die imj. t-pr Urkunde spielt als Legitimation der Eigentumsübertragung
bereits im AR eine wichtige Rolle. Sie wird schon in der Inschrift des Meten (Urk. 1,
1933, 1—7 Z. 15) erwähnt (4. Dynastie).
3 Zu den Verwaltungsformen der Thinitenzeit vgl. E. Otto, Ägypten — Der
Weg des Pharaonenreiches, 48.
4 F. Petrie, A History of Egypt, London 1924, 20.
5 Oftmals abgebildet; vgl. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar, Oxford 1927, 7.
c E. Otto, MDI 14, 1956, 151, führt eine scharfe Trennung durch.
7 A. Erman, H. Grapow, Wörterbuch der ägyptischen Sprache 2 1955 488
8 Ebd. 1, 1950, 397 Nr. 5.
» W. Helck, ÄZ 80, 1955, 109.
10 Auch E. Otto, MDI 14, 1956, 155, bejaht für das Haremheb-Dekret einen vor­
wiegend gesetzlichen Charakter.
11 Urk. 4, 1909, 1103-1117.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 51

und sowohl den konkreten Einzelfall als auch durch Festlegung normativer Tat­
bestände eine unbestimmte Vielzahl entsprechender Fälle regeln können. U. a.
heißt es:
„Er soll jeden Eingabeführenden anhören gemäß diesem Gesetz, das in seiner
Hand ist .“1 Für „diesem Gesetz“ steht hp pn. Ferner verweist der Text auf vierzig
Lederrollen, die während der Gerichtssitzung vor dem Vezir liegen sollen.1 2 Der
Gedanke liegt nahe, daß zwischen den beiden Stellen ein innerlicher Zusammen­
hang besteht, obgleich der Text nichts über den Inhalt der Rollen sagt. Hierzu
paßt die Abbildung der vierzig Rollen im Grabe des aus der 18. Dynastie stammen­
den Vezirs Rechmire.3 Auf vier Teppichen liegen je zehn Rollen, die mit großer
Wahrscheinlichkeit zur einstigen richterlichen Tätigkeit des Grabinhabers ge­
hörten. In den Mahn Worten des Ipw-wr erfahren wir: „Wahrlich, die Gesetze der
Gerichtshalle sind hinausgeworfen. Die Leute laufen auf den öffentlichen Plätzen
darauf herum. Die Armen brechen sie in den Gassen auf .. .“4 Der im Text stehende
Term, hp.w bezieht sich hier auf Korpora, die unter normalen Umständen in der
Gerichtshalle aufbewahrt werden. Auf Grund turbulenter Ereignisse sind sie von
gewalttätiger Hand aus der Halle geworfen worden. Die Armen brechen sie auf
der Straße auf. Es könnte sich bei den Korpora um Gerichtsentscheidungen im
Sinne von Erlassen handeln, die von amtierenden Veziren schriftlich verkündet
wurden. Die Verwendung von hp.w gestattet diese Auslegung. Einen weiteren
Hinweis auf gesetzesähnliche Bestimmungen lesen wir auf einer Stele aus der Zeit
der 11. oder 12. Dynastie. Es handelt sich um eine Art Friedhofsordnung, wenn
man den term, hp ... . irj smj.t in dieser Weise auffassen darf.5 Aus dem Kontext
ist zu entnehmen, daß die Bezugnahme auf diese gesetzesähnliche Vorschrift zur
Legitimation einer Strafandrohung gegen Personen höheren Standes dienen soll,
die innerhalb des abgegrenzten Geländes sich eine Grabanlage einrichten.
Zwischen den zitierten Belegen für die Verwendung des Term, hp liegen große
Zeiträume; sie deuten jedoch auf einen gemeinsamen Gegenstand hin: Die
richtende Obrigkeit — evtl, durch den die oberste Rechtsprechung ausübenden
Vezir vertreten (an Stelle des Königs) — hatte sich bei ihren Entscheidungen an
schriftlich fixierte Rechtsgrundsätze zu halten, die mit großer Wahrscheinlichkeit
in den genannten vierzig Lederrollen aufgezeichnet waren. Wir vermeiden mit
Bedacht den Begriff Gesetz, da trotz der Verwendung von hp nichts über Inhalt
und Form bekannt ist. Es fragt sich auch, ob der Ägypter des AR, MR und NR

1 Ebd. 1111 Z. 2. Vgl. hierzu K. Sethe, Untersuchungen zur Geschichte und Alter­
tumskunde Ägyptens 5, Leipzig 1912, 54, und W. Reick, Untersuchungen zu den
Beamtentiteln, Ägyptische Forschungen 18, 1954, 19, die den Text in die 13. Dy­
nastie datieren.
2 Urk. 4, 1909, 1104 Z. 7.
3 P. E. Newberry, The Life of Rekhmara, London 1900, Taf. 4; A. Erman,
H. Ranke, Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum, Tübingen 1923, 158
Abb. 44.
4 Pap. Leiden Nr. 344, recto, 6 Z. 9-11; übersetzt von A. Gardiner, The Admo­
nitions of an Egyptian Sage, Leipzig 1909, 46.
5 Wörtlich übersetzt: „Zur Wüste gehöriges Gesetz“; vgl. Stele des Neferhetep
bei D. Randall-Maciver, El Amrah and Abydos, London 1902, Taf. 29 Z. 7.
4*
52 Rolf Tanner

jemals zwischen königlichen Gesetzen und Erlassen juristisch unterschieden hat.


Die Frage wird zu verneinen sein, da sämtliche Formen der sog. Begriffsjuris­
prudenz als unägyptisch zu bezeichnen sind. Das vom Gottkönig gesetzte Recht
ist in jeder Beziehung sakrosankt, dient es ja letztlich der Erfüllung einer religiösen
Verpflichtung in der Herstellung der Maat für den irdischen Bereich. Bei allen
rechtstheoretischen Zweifelsfragen orientiert man sich am besten an der Aus­
gangsposition des Rechtsdenkens, die für den Ägypter immer innerhalb religiöser
Vorstellungen liegt1. Über einige kultische Bräuche im Zusammenhang mit Rechts­
handlungen hatten wir bereits berichtet. Als besonders charakteristisches Beispiel
sei noch darauf hingewiesen, daß der Vezir als oberster Gerichts-,,Beamter4* seit
der 5. Dynastie den Titel eines ,,Propheten der Maat" führt1 2 und der Maattempel
als Vernehmungs- und Verwahrungsort für Rechtsbrecher gebraucht wird.3 In der
Zeit des absoluten Gottkönigtums erstreckte sich die oberste Gerichtsherrschaft
des Pharao nicht nur auf sein weltliches Territorium, sondern er galt, wie der
Horusname nb ,t ,,Herr der Maat" zeigt, zugleich als Weltenrichter.4 Es klingt
wie eine Reminiszenz an die einstige Rechtsposition der Könige des frühen bis
mittleren AR, wenn wir in einem Papyrus aus der Zeit Ramses’ III. (der uns über
den schon erwähnten Prozeß gegen die Täter und Teilnehmer der Harems­
verschwörung berichtet) bei der Aburteilung lesen: „Es wurden an ihnen die
großen Todesstrafen vollstreckt, von denen die Götter gesagt haben : 'Vollstrecke
sie an ihm’."5 Die Stelle könnte das Zitat einer gesetzesähnlichen Strafvorschrift
sein ; sie wendet sich in Gebotsform an den Richter, in dessen Händen die Ent­
scheidung über das Schicksal der Übeltäter liegt. Daß es sich nicht um den Richter
des Jenseitsgerichts handelt, lehrt der beschriebene Prozeßfall selbst. Die Bezug­
nahme auf das Gebot erfolgt zur Legitimation des vorausgegangenen Urteils -
Spruches. Anders läßt sich die Stelle nicht auslegen.
Es drängt sich uns die Frage auf, ob wir für den Ursprung bestimmter Bereiche
des ägyptischen Rechts göttliche Gebote anzunehmen haben?6 Im Unterschied
zum israelitischen Beispiel sind uns derartige Satzungen auch für den religiösen
Bereich nicht überliefert, so daß für das profane Recht ähnliches gelten dürfte.
Auch ethische Lehren kleidet der Ägypter nicht in die Form des Gottesgebotes.

1 Vgl. hierzu die grundlegenden Bemerkungen bei S. Morenz, Ägyptische Re­


ligion, Stuttgart 1960, 12, 117.
2 E. Otto, MDI 14, 1956, 150; W. Helck, Ägyptische Forschungen 18, 1954, 74.
3 D. h., neben seiner eigentlichen Bestimmung als Kultstätte; so auch W. Spiegel­
berg, Studien und Materialien, 100; desgl. K. Sethe, Göttingische gelehrte Anzeigen
14, 1906, 92.
4 Belegt für die Könige Snofrw (4. Dynastie) und Userkaf (5. Dynastie) in den
Sinai-Inschriften: Urk. 1, 1933, 7f.; vgl. auch E. Gauthier, Le livre des rois
d’Égypte 1, Le Caire 1907, 62. Dazu ausführlich S. Morenz, Ägyptische Religion,
136; W. Westendorf, Mitteilungen des Instituts für Orientforschimv (im folgenden
MIO) 2, 1954, 180. °
5 Pap. Rollin 1, 7; J. Breasted, Ancient Records of Egypt 4 Chicago 1907
§ 455.
6 Über „Gebot, Leitung, Eingebung und Schickung-Wirkungsarten der Götter“
vgl. S. Morenz, Ägyptische Religion, 60.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 53
sondern läßt sie als Empfehlungen des Lehrers an den Schüler zum Ausdruck
kommen.12 In dem erwähnten Papyrus über die Haremsverschwörung befindet
sich ein merkwürdiges Zitat, das wiederum als Legitimation des Urteilsspruches
herangezogen wird, diesmal jedoch hinsichtlich der zu vollstreckenden Todes­
strafen nicht auf die Götter, sondern auf die ,,heiligen Schriften“ Bezug nimmt;
es heißt: ,,. . . von denen die heiligen Schriften sagen: 'Vollstrecke es an ihm'.2"
Die Existenz heiliger Schriften ist für Ägypten von antiken Schriftstellern
mehrfach behauptet123, aber bislang von der Forschung nicht erwiesen worden.
In diesem Zusammenhang verdient eine Stelle aus dem bekannten Papyrus
Westcar Interesse, die von einem Zusammentreffen des Königs Cheops mit dem
Zauberer Dedi erzählt. Der König läßt einen Gefangenen bringen, damit Dedi an
ihm seine Zauberkünste vorführe. Dem König gegenüber wagt der Zauberer eine
Rüge vorzubringen, indem er erklärt: ,,Doch nicht an einem Menschen, oKönig,
mein Herr! Ist es doch verboten, so etwas an dem heiligen Vieh Gottes zu tun.“4
Der König läßt diesen Einwand gelten, und das Kunststück wird alsdann an einer
Nilgans vollzogen. Bei allem Vorbehalt gegen eine literarische Ausschmückung,
mit der hier zu rechnen ist, fällt doch gerade an dieser Stelle die Bezugnahme auf
ein Verbot in die Waagschale, auf das sich der gesellschaftlich so weit unter dem
Pharao stehende Dedi sogar der Majestät gegenüber berufen kann. Über die Her­
kunft oder die Form dieses Rechtssatzes wissen wir nichts, auch ist bisher keine
Parallele bekannt geworden. Immerhin muß es sich aber um mehr als eine ethische
Verhaltensregel handeln, da man sich keinesfalls auf eine bloße ,,Empfehlung“
beruft, sondern die Ausführung eines königlichen Befehls verweigert und sich dabei
mit Erfolg auf eine Norm bezieht, der sich offenbar auch der König unterzuordnen
hat. Aus diesen Gründen muß es sich um eine Rechtsnorm höheren Grades handeln,
die möglicherweise in der Form eines Gottesgebotes vorlag.
Nach der 5. Dynastie veränderte sich das Weltbild und damit auch die Grund­
lagen der Rechtsauffassung in der Weise, daß der König in seiner nunmehrigen
Gottessohneigenschaft dem Schöpfergott Rechenschaft über sein irdisches Regi­
ment abzulegen hat. Die Position eines ,,Herrn der Maat“ hat sich in einen ,,Diener
der Maat“ verwandelt, dessen vornehmste Pflicht in der unwandelbaren Treue zu
ihren Grundsätzen besteht.5 Für die Folgezeit ist eine göttliche Rechtsetzung
nicht mehr in Betracht zu ziehen. Der König erläßt jetzt als Amtsträger die zur
Verwirklichung der Maat dienenden gesetzlichen Anordnungen.6 Kraft seiner Ein­

1 Ebd. 67.
2 Pap. Rollin Kol. 2 Z. 5. Breasted, Ancient Records 4, § 456.
3 Nach S. Morenz, Ägyptische Religion, 127, gibt es erwiesenermaßen kein ge­
schriebenes Religionsgesetz. Zum Gesamtproblem vgl. J. Leipoldt, 8. Morenz,
Heilige Schriften, Leipzig 1950.
4 Seit Spiegelbergs Übersetzung der zitierten Stelle (ÄZ 64, 1929, 90) dürfte es
unzweifelhaft sein, daß es sich tatsächlich um ein Verbot handelt; unter „heiligem
Vieh Gottes“ sind Menschen zu verstehen.
5 Zur heliopolitanischen Lehre vgl. H. Kees, Der Götterglaube im alten Ägypten,
Berlin 1956, 248-251.
6 Zum Begriff der Zwei-Naturen-Lehre s. H. Goedicke, Die Stellung des Königs
im AR, Wiesbaden 1960, zu unserem Problem bes. S. 92.
54 Rolf Tanner

sicht in das Wesen der Maat (E. Otto) ist hierzu nur der König in der Lage, da
die Maat keine speziellen Verhaltensregeln aufstellt, weder im Bereich des Religiös-
Ethischen noch in der säkularen Rechtsordnung. Wahrheit und Gerechtigkeit sind
gewissermaßen nur als ihre Derivate anzusprechen. ,,Die Maat ist von Gott ge­
setzt, dabei durch sein Wort geboten; aber sie ist ein Grundwert, kein explizites
Gesetz."1 Hierin dürfte von unserem Aspekt aus betrachtet der Hauptunterschied
zwischen den Grundlagen der ägyptischen und israelitischen Rechtsauffassung
bestehen, so daß mit allem Vorbehalt die Existenz einer auf allgemein-normative
Gesichtspunkte beschränkten Gesetzgebung angedeutet werden soll. Durch Prä­
judizentscheidungen der rechtsprechenden Organe könnten diese auf der Maat­
vorstellung beruhenden Normen allmählich eine greifbare Form angenommen
haben, bis schließlich ein in allen Einzelheiten ausgebildetes Recht (materiell und
formell) entstand. Auf das Präjudiz eines Vezirs namens Hori wird z. B. im Pap.
Turin Bezug genommen.1 2 Eine Parallelstelle enthält ein hieratisches Ostrakon,
das auf die Vorentscheidung eines Vezirs Nfr-rnpt verweist.3 Wie die Rechts­
entwicklung im einzelnen verlaufen ist, auf welche Gebiete sie sich erstreckte,
können wir nach dem derzeitigen Quellenstande nicht sagen. Als sicher läßt sich
jedoch herausstellen, daß für den angezeigten Entwicklungsgang kein Gesetzes­
werk — weder in apodiktischer noch in kasuistischer Form — als conditio sine qua
non gegeben zu werden brauchte. Würde diese These zutreffen, hätten wir eine
plausible Erklärung für das Fehlen jeglicher kodifizierten Rechtsüberlieferung
aus dem AR und MR.

3. Die allgemeine Rechtspersönlichkeit der altägyptischen Frau

a) Bereits Diodor (I 27) berichtet von einer gesellschaftlich bevorzugten Po­


sition der Frau, die im Falle der Verheiratung gegenüber dem Gatten ein Priori­
tätsrecht genieße4. Diese Vorrangstellung räume ihr der Ehemann ausdrücklich
durch schriftlichen Vertrag ein. Diese merkwürdige Sitte erkläre sich aus dem
Mythos der Ägypter. Isis, die Gattin und Schwester des König Osiris, habe dem
ermordeten Herrscher auch späterhin eine so große Treue gehalten, daß sie hier­
durch der Liebling des Volkes geworden sei. Darüberhinaus erwies sie dem Volke
große Wohltaten, so daß sie auch aus diesem Grunde eine besondere Verehrung
genoß; deshalb „sei verordnet, die Königin solle mehr Macht und Ehre haben als
der König selbst . Deshalb herrsche auch beim Volke die Frau über den Mann.
Die Beobachtungen Diodors könnten zunächst die Annahme eines Matriarchats
für bestimmte Zeitabschnitte der ägyptischen Geschichte nahelegen. Die z. Z. vor­
1 S. Morenz, Ägyptische Religion, 126; vgl. auch E. Otto, MDI 14, 1956 181.
2 47, 10; übersetzt bei J. Cernÿ, JEA 15, 1929, 256.
3 J. Cernÿ, A. Gardiner, Hieratic Ostraca, 1, Oxford 1957, pl. 46 2 verso Z 10
bis 12.
4 “Ch auch à ^P- O^'-Nr. 1380 Z. 214-216; vgl. hierzu die Besprechung
von 8. Morenz zu 8. Schott, Altägyptische Liebeslieder, Zürich 1956 in* O T 7 4R
1953, 137. ' ' 48'
Die Frau im pharaonischen Ägypten 55
handenen Belege rechtfertigen diese Hypothese für die historische Zeit jedoch
nicht, obgleich manches rechtliche Brauchtum auf eine matriarchalische Kom­
ponente schließen lassen könnte.1 Ein Unterordnungsverhältnis des Mannes gegen­
über der Frau ist zu keiner Zeit erkennbar. Eine bemerkenswerte Bedeutung
kommt in diesem Zusammenhang dem Papyrus Libbey1 2, besonders aber dem
Papyrus Berlin Nr. 3078 3 zu. In diesen beiden bedeutungsvollen Urkunden - sie
stammen aus der Perserzeit (27./31. Dynastie) - tritt als Subjekt des Vertrags­
textes die Frau auf, die sich sogar das Recht des ,,Verstehens" vorbehält (d. i.
das Scheidungsrecht). Ein festgesetzter Anteil am Frauengut gelangt in diesem
Falle an den Mann zur Auszahlung. Nach Seidl liegt in beiden Fällen eine sog.
matrilokale Eheform vor, die möglicherweise durch eine gesellschaftliche und wirt­
schaftliche Vorrangstellung des weiblichen Partners bestimmt wird.4 Bei beiden
Urkunden handelt es sich um Ausnahmetatbestände, da selbst in so später Zeit5
die patrilokale Eheform den Regelfall darstellt. Wir wissen auch nicht, ob die
beiden Urkunden nicht schon den Niederschlag fremdrechtlicher Elemente
zeigen, so daß für die früheren Epochen keine sicheren Rückschlüsse möglich sind.
Die einleitenden Vereinbarungen der Kontrahenten dieser zwei Verträge gehen
jedoch von der Feststellung der für alle ägyptischen Güterrechtsvereinbarungen
charakteristischen Voraussetzung aus: ,,Du hast mich zur Ehefrau gemacht6...".
Der männliche Partner erscheint also auch hier als der Initiator des rechts­
begründenden Tatbestandes der Eheschließung.7
Man hat Diodors Berichten, die nicht auf eigenen Wahrnehmungen zu beruhen
scheinen, sondern teilweise den Reiseaufzeichnungen eines Hekataios von Abdera
entlehnt sind, den Vorwurf gemacht8, daß ihnen oftmals die Übereinstimmung
mit der Wirklichkeit ermangele, ein Umstand, der auf die Absicht des Verfassers
schließen lasse, griechischen Staatsmännern „philosophische Nutzanwendungen"
zum Zwecke der Nachahmung anheim zu stellen und bei dieser Gelegenheit
eigene Erkenntnisse als typisch „ägyptisch" mit zu unterschieben. Das bezieht
sich besonders auf I 75 und 76, die das Gerichtsverfahren usw. betreffen. Auch in
I 27 liegt eine Übertreibung der tatsächlichen Verhältnisse vor; den Kern der
Beobachtungen können wir aber nicht von der Hand weisen. Dieser besteht un­

1 Zur Frage des Matriachats äußert sich E. Kornemann, Die Stellung der Frau
in der vorgriechischen Mittelmeerkultur, Orient und Antike 4 (Heidelberg), 1927,
18-19.
2 W. Spiegelberg, Der Pap. Libbey, Straßburg 1907.
3 Ebd. publiziert.
4 E. Seidl, Ägyptische Rechtsgeschichte, 62.
5 Pap. Libbey stammt aus der Zeit des Fürsten Hbbs, etwa 2. Perserzeit ; Pap.
Berlin Nr. 3078 wird von Spiegelberg in das 30. Jahr des Königs Darius I. (1. Perser­
zeit) datiert.
6 Pap. British Museum Nr. 10120a enthält die Feststellung nicht expressis
verbis, bestätigt aber als Ausnahme die Regel; vgl. auch E. Seidl, Ägyptische
Rechtsgeschichte, 65.
7 Meist folgt der Nachsatz: ,,. . . und mir eine Frauengabe gegeben."
8 So von Radinger, RE 2. Reihe 14, 1912, 2750 s. v. Hekataios aus Abdera, bes.
2755.
56 Role Tanner

zweifelhaft in der durch weitgehende persönliche Freiheit gekennzeichneten


Rechtssphäre der Frau. Die in zahlreichen zeitgenössischen Urkunden hervor­
tretende Gleichstellung der Frau dem Manne gegenüber mußte dem griechischen
Betrachter als diametrale Erscheinung zu den heimatlichen Institutionen in die
Augen fallen. Reduzieren wir die Behauptungen Diodors auf diesen einfachen
Tatbestand (der aber von grundsätzlicher Bedeutung ist), so werden wir das
Richtige treffen.
b) Ein Vergleich zu den Rechtsanschauungen altorientalischer Nachbarvölker
zeigt deutlich den für die pharaonische Zeit geltenden Ausnahmecharakter der
personenrechtlichen Stellung der ägyptischen Frau. Wir wollen damit nicht zum
Ausdruck bringen, daß es innerhalb des genannten Zeitraumes etwa keine Frauen
mit geminderter Rechtspersönlichkeit gegeben habe. Hier soll zunächst nur das
rechtliche Verhältnis der Geschlechter zueinander ins Auge gefaßt werden, wobei
vorauszusetzen ist, daß es sich jeweils um Angehörige desselben Standes handelt.
Wie die Untersuchung der eherechtlichen Stellung der Frau ergibt1, können wir
aus keiner ägyptischen Rechtsquelle den Tatbestand der Kaufehe ableiten. Zur
Erleichterung des Verständnisses rechtsvergleichender Schlußfolgerungen sei
folgendes hervorgehoben: Das wesentliche Charakteristikum beim Tatbestand
der Kaufehe besteht in der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen Bräu­
tigam und Brautvater, die äußerlich in der Entrichtung einer Art Kaufpreis an
den Vater der Braut ihren sichtbaren Ausdruck findet. Es wirft ein bezeichnendes
Licht auf den personenrechtlichen Status der Braut, daß bei der Kaufehe in der
Regel keiner der Kontrahenten ihr Einverständnis einzuholen braucht. D. h., der
kaufähnliche Ehevertrag kommt durch die Willensübereinstimmung von Bräu­
tigam und Brautvater zustande. Die Patrimonalgewalt des Vaters beherrscht
die Tochter als Rechtsobjekt, die ganz oder teilweise gegen Entrichtung eines
Entgeltes auf den Schwiegersohn übertragen wird (Prinzip der notwendigen
Entgeltlichkeit). Ein Rechtssystem mit derartigen Institutionen schränkt die
Rechte der Frau im allgemeinen in einem Maße ein, daß die Verehelichung kaum
eine erhebliche Veränderung des Personenstandes in positivem Sinne bedeutet.
Die Institution der Kaufehe hängt mit der Lehre vom Eigentum eng zusammen.
Dort, wo die Frau als eine Art sachenrechtlicher Begriff eingeordnet wird, ist die
Kaufehe in variierenden Formen zu Hause.
Diese oder ähnliche Verhältnisse finden sich im jüdischen Familienrecht,
während im vorexilischen Israel eine freiere Position der Frau angenommen wird.2
Nach dem 2. Buch Mose 20, 17 möchte man die Ehefrau als zum Eigentum des
Mannes gehörig betrachten, wenn sie auch keineswegs mit dem Status eines
Sklaven zu identifizieren ist. Mit Recht verweist Sauber3 auf einige Bestimmungen
hin, die eine unverkennbare Einschränkung der Befugnisse des Ehemannes er­

1 Dieses Thema wird einer speziellen Bearbeitung unterzogen.


2 Ruth 4, 9—10; 2. Mose 21, 7f.; Gen. 29, 18; 1. Sam. 4, 21; A. Alt, in: Real­
lexikon der Vorgeschichte 3, 1924, 24-25. s. v. Ehe; J. Padoch, Geschichte des alt­
orientalischen Rechts, München 1946, 35.
3 R. Sauber, Die Abstraktion im israelitischen Recht, Wendelstein 1950, 23—25.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 57
kennen lassen. Daß allerdings in deuteronomischer Zeit eine wesentliche Besser­
stellung der Ehefrau eingetreten sei, vermag ich aus dem 5. Buch Mose 5, 18 nicht
herauszulesen. Die Frau gehörte nach wie vor zum Eigentum des Mannes, wenn
sie auch jetzt an erster Stelle der aufgezählten sachenrechtlichen Kategorien
genannt wird. Im rabbinischen Judentum gilt die Frau als nicht kultfähig. Sie
bekleidet daher keine öffentlichen Ämter.1 Alle bestehenden Zweifel über die
Einschätzung der jüdischen Frau werden durch den Ausspruch des Tannaiten
Jehuda ben Elcai (nachhadrianisch) zerstreut: ,,Gepriesen sei, der mich nicht als
Frau erschaffen hat.“12 Nach Morenz nehmen die Frauen erst nach dem babylo­
nischen Exil an der Gemeindeversammlung teil.3
Eine starke Minderung der weiblichen Rechtspersönlichkeit ist dem alt­
arabischen Recht zu entnehmen. Der Ehemann übte eine absolute Verfügungs­
gewalt über die Frau aus. Töchter konnten nicht erben, dagegen aber vom Fa­
milienoberhaupt jederzeit verkauft werden. Zur Scheidung der Ehe bedurfte es
nur einer kurzen mündlichen Formel, die der Ehemann in Gegenwart einiger
Zeugen zu sagen brauchte, und die Frau mußte, ohne Entschädigungsansprüche
erheben zu können, das Haus verlassen. Auch wird das Vorkommen von Poly­
andrie und Gruppenehe erwähnt.4 Treffend charakterisiert Max Henning die
Rechtsverhältnisse alt-arabischer Zeit: ,,Das Weib nahm eine sehr tiefe Stufe
unter ihnen ein, die Scheidung war im Handumdrehen durch die Formel ,Du bist
mir wie der Rücken meiner Mutter4 vollzogen; Söhne galten als Segen, Töchter
als ein Fluch, so daß sie häufig nach der Geburt lebend begraben wurden.44 5 Die
islamische Religion hat auf diese barbarischen Sitten einen wohltätigen Einfluß
ausgeübt. Mohammed verordnete Vermögensfähigkeit und Erbansprüche für
die verheiratete Frau. Die leichtfertige Scheidung suchte er durch Einführung
bestimmter Karenzzeiten für den Mann zu verhindern.6 Der geschiedenen Frau
und den Witwen billigte er Versorgungsansprüche zu.7 Dennoch unterlag die
Höhe dieser Ansprüche im Ermessen des Mannes; ihm verblieben weitgehende
Verfügungsbefugnisse gegenüber der Ehefrau. So hatte er insbesondere das Recht
der „Vertauschung44 8, so daß auch im islamischen Rechtssystem die Frau nach
wie vor als sachenrechtlicher Begriff aufzufassen ist. Der Islam hat insoweit keine
grundsätzliche Veränderung der Rechtsverhältnisse, sondern nur eine gewisse
Milderung der schlimmsten Auswirkungen gebracht. Die gesamte Rechtsauf­
fassung des Islam über die Stellung der Ehefrau spiegelt sich in Vers 38 der 4. Sure

1 Vgl. hierzu bes. S. Morenz, Die Zauberflöte, Münster 1952, 62 f.


2 Tosephta Berakoth 7, 18; S. Morenz, Die Zauberflöte, 62 Anm. 7.
3 S. Morenz, Die Zauberflöte, 62, verweist in diesem Zusammenhang auf 1. Kor.
14, 34, und bemerkt, daß die Rechte der Frauen in den alten christlichen Ge­
meinden im Gottesdienst Beschränkungen unterlagen; hier habe das Vorbild der
jüdischen Ahnen eingewirkt.
4 J. Padoch, Gesell, des altoriental. Rechts, 50f.
5 M. Henning, Koran-Übersetzung, Frankfurt 1901, 6f. (Vorwort).
6 Koran 2, 226-232; 2, 233, 237f.
7 Koran 2, 241 ; 4, 8.12.
8 Koran, 4, 24.
58 Rolf Tanneb

(„Die Weiber“) wider: „Die Männer sind den Weibern überlegen wegen dessen,
was Allah den einen vor den anderen gegeben hat, und weil sie von ihrem Geld
(für die Weiber) auslegen. Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam
in der Abwesenheit (ihrer Gatten), wie Allah für sie sorgte. Diejenigen aber, für
deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet — warnet sie, verbannt sie in die Schlaf­
gemächer und schlagt sie . . J* 1
Auch das altbabylonische Recht kannte die Kaufehe, die hier wohl als ein
Überbleibsel sumerischer Auffassungen zu werten ist.12 So wird tirhatu ursprüng­
lich den Kaufpreis bedeutet haben, den der Bräutigam dem Brautvater zu zahlen
hatte. Unter Hammurabi entwickelte sich aus diesem Brauchtum der Mitgift­
begriff, der eine Abgrenzung zum seriktu, dem Geschenk des Vaters an die Braut,
kaum noch deutlich werden läßt. Nach dem Kodex Hammurabi nahm die Ehefrau
eine beachtliche Freiheitssphäre in personenrechtlicher Beziehung ein, die ledig­
lich durch das Fortbestehen der patria potestas des Familienvaters eingeschränkt
wurde. Sie erfreute sich u. a. weitgehender Geschäftsfähigkeit. Zu der erbrecht­
lichen Vorrangstellung der verheirateten ägyptischen Frau als nb.t pr ist sie
freilich nie avanciert. Haus und Hof blieb der absoluten Verfügungsgewalt des
Hausvaters vorbehalten.3
Der Rundblick soll nicht ohne eine kurze Erwähnung der Parallelinstitutionen
des römischen und germanischen Rechts abgeschlossen werden.
Die Manus-Ehe war als coemptio im ältesten römischen Zivilrecht mit einer
weitestgehenden rechtlichen Abhängigkeit gegenüber dem Ehemann verbunden.
Als uxor in manu mariti hatte die Ehefrau personenrechtlich eine Stellung, die
der jüdischen Frau in vordeuteronomischer Zeit ähnelt. Sie war insbesondere
nicht vermögensfähig. Bei der zunächst formlos geschlossenen Usus-Ehe (die
rechtlich jedoch keine Anerkennung fand) konnte, wenn keine Ehehindernisse
bestanden, die Frau sogar im Wege der „Ersitzung“ erworben werden. 45D. h.,
befand sich die Frau ein Jahr lang ununterbrochen im tatsächlichen Gewalt-
Verhältnis des Mannes (indem sie in der genannten Zeit im Hause des Mannes
wohnte), so verwandelte sich die Usus-Ehe in die rechtmäßige Manus-Ehe. Im
übrigen unterstand die Frau derjenigen patria potestas, in der sich der Ehemann
befand. Die Frau schied durch die conventio in manum aus der Familie ihrer
Eltern aus und wurde Mitglied der Agnatenfamilie des Mannes. Dieser Vorgang
wurde rechtlich als capitis deminutio minima bezeichnet. Die Frau wurde in
späterer Zeit wesentlich freier; zur Zeit des Gaius war auch ihre Zustimmung
zur Rechtswirksamkeit der Ehe notwendig 5. Neben der Manus-Ehe bestand eine

1 M. Henning, Koranübersetzung, 106.


2 J. Padoch, Gesch. des altoriental. Rechts 8.
3 H. Winkler, Die Gesetze Hammurabis in Umschrift und Übersetzung, Leipzig
1904, 84 (enthält auch das sumerische Familien-Gesetz).
4 K. Öttinger, Das bürgerliche Recht, Halle 1931, 382; zum Gesamtproblem vgl.
E. Seidl, Römisches Privatrecht, Erlangen 1949, und E. Kaser, Römische Rechts­
geschichte, Göttingen 1950; die Frühzeit behandelt W. Kunkel, Römische Rechts­
geschichte, Heidelberg 1948, besonders S. 18.
5 E. Seidl, Röm. Privatrecht, 90.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 59
sog. „freie Ehe“ mit getrennten Vermögen der Gatten und unbeeinflußtem Per­
sonenstand der Frau. Die Kinder einer solchen Ehe hatten erhebliche personen-
und erbrechtliche Nachteile. Bei unüberwindlichen Ehehindemissen konnten die
3artner nur im Konkubinat zusammen leben (z. B. bei Standesungleichheit).
^inen schwachen Rechtsschutz gewährte das Gesetz auch in derartigen Fällen.1
Im germanischen Recht hatte die Frau im Vergleich zu Rom eine etwas freiere
Stellung inne.2 Sie gehörte nicht zum Eigentum des Mannes, unterstand aber
seiner Munt. Die Munt begründete für den Hausherrn (ahd. fro) gegenüber der
Ehefrau und den Kindern ein personenrechtliches GewaltVerhältnis, das zur Ver­
tretung derselben in eigenem Namen führte. Die Frau hatte nicht das Recht,
selbständig vor Gericht aufzutreten. Die Eheschließung beruhte auf Vertrags-
Schluß zwischen Bräutigam und Muntwalt der Braut. Die Ehefrau blieb auch
lach der Aufnahme in das Haus des Mannes noch Angehörige ihrer Sippe, die sie
zor Willkürakten des Hausherrn schützte. Dieser hatte bei schweren Ehe-
zerfehlungen der Frau ein Tötungsrecht. Die Ehescheidung konnte auf vertrag -
icher Grundlage zwischen den berechtigten Vertretern der beiden Sippen ver­
einbart werden. Die einseitige Scheidung war nur bei bestimmten Verfehlungen
1er Frau oder ihrer Unfruchtbarkeit möglich ; der Mann hatte eine diesbezügliche
Erklärung dem Vertreter der Frauensippe abzugeben. Erkannte die Sippe die
zorgebrachten Gründe der Scheidung nicht an, war sie zur Fehde verpflichtet.
Die Rechtswirksamkeit der Scheidung wurde hiervon jedoch nicht berührt.
Neben der geschilderten Eheform kannte man die sog. Entführungsehe. Diese
war nicht an die Zustimmung der Frauensippe gebunden; die Sippe des Mannes
nußte sich jedoch bereit erklären, die Frau in ihren Schutz aufzunehmen.3 Der
Ehemann hatte dem Muntwalt der Frau eine Buße zu zahlen. Dagegen billigte
las germanische Recht nicht die Raubehe.4 Mit der erbeuteten Frau konnte
reine legitime Ehe begründet werden, es sei denn, die Frauensippe erklärte sich
nit einer nachträglichen Eheschließung auf Vertragsbasis einverstanden.
c) Das Resultat unseres rechtsvergleichenden Rundblicks hegt auf der Hand:
Die personenrechtliche Stellung der ägyptischen Frau pharaonischer Zeit hebt
sich deutlich von den besprochenen Parallelbeispielen ab. Sie erfreut sich ins­
besondere als nb,t pr einer bevorzugten Rechtsstellung, mit der sich nicht einmal
lie Frau der Antike messen kann.5 Diese Feststellung gilt mit großer Wahr­
scheinlichkeit für Zeiträume, die — soweit uns die Quellen Auskunft geben und
ron einer noch zu erörternden Ausnahme abgesehen — sich über ca. zwei Jahr­
tausende erstrecken. Es nimmt deshalb nicht wunder, daß zahlreiche Texte aus
fern AR, MR und NR von den mannigfaltigsten Rechtshandlungen der Frauen

1 K. Ottinger, Das bürgerl. Recht 372.


2 H. Planitz, Germanische Rechtsgeschichte, Berlin 1944, 26—29.
3 H. Planitz, German. Rechtsgesch., 29f.
4 Im Unterschied zur Entführungsehe fehlt bei der Raubehe die Zustimmung der
Braut.
° Die Rechtstellung der griechischen Frau ähnelt in vieler Beziehung der der
ö mischen ; vgl. hierzu die Ausführungen bei H. D. F. Kitto, Die Griechen, Frank -
urt a. M. 1960, 175-177.
60 Rolf Tanner

berichten. Wir lernen Frauen als Inhaberinnen dinglicher Rechte kennen; sie
besitzen Grundstücke, ja ganze Ländereien und Städte, die ihnen durch Haus­
urkunde ausdrücklich übertragen werden. Ebenso können sie selbst ererbten
Landbesitz weitergeben, ohne hierzu einer besonderen Einwilligung Dritter —
etwa des Ehemannes — zu bedürfen. Es wird an keiner Stelle ein diesbezüglicher
Konsens erwähnt. Bei den in der Ausführlichkeit des Formulars geradezu pedan­
tisch wirkenden notariellen Bemerkungen würde das Fehlen einer notwendigen
Zustimmungserklärung — wodurch eventuell die Rechtsunwirksamkeit des be­
absichtigten Rechtsgeschäfts zu besorgen gewesen wäre - kaum zu übersehen
gewesen sein. Für die Übertragung von Landbesitz durch Hausurkunde an die
Kinder der Eigentümerin liegt bereits ein Beleg aus der Zeit des Königs Snofru,
4. Dynastie, vor. Er findet sich in der Biographie des Meten. Das Beispiel verdient
besonders deshalb unser Interesse, da bereits zu dieser Zeit von einer königlichen
Registratur die Rede ist, die die Veränderungen des Grundeigentums festhält.
Die Stelle lautet folgendermaßen:
Z. 14 ,,Es wurden ihm 50 Stadien Land von (seiner) Mutter Nebset übertragen.
Z. 15 Sie machte darüber eine Hausurkunde für (ihre) Kinder.
Z. 16 (Diese) wurde in ihren Besitzungen durch königliche Urkunden (?) in jedem
Ort (oder Amt) aufbewahrt.“1
Die Mutter ist hiernach unbeschränkte Eigentümerin ihrer Liegenschaften. Die
Hausurkunde errichtet sie zugunsten ihrer Kinder. Der Vater derselben wird
an dieser Stelle der Urkunde überhaupt nicht erwähnt. Meten beerbt auch ihn,
wie er uns in seiner Biographie weiterhin erzählt. Der Grundbesitz des Vaters
wird näher beschrieben. Wir werden auf diese Urkunde wiederholt zurück­
kommen; zunächst genügt die klare Trennung der elterlichen Vermögensteile
und die Feststellung, daß die Verfügungen der Mutter vom Willen des Vaters
unabhängig sind. Stünden Mutter und Kinder unter einem personenrechtlichen
GewaltVerhältnis des Vaters, könne die Mutter niemals die Urkunde allein er­
richten. Aus der gleichen Dynastie berichtet uns eine Urkunde, daß der Sohn
des Königs Chephren, Prinz Nj-Rc-kJw, der Ehefrau und Tochter bedeutende
Schenkungen gewährt (Städte).1 2 Diese Eigentumsübertragungen gelten sicher­
lich erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Wie wir erkennen werden, knüpft
sich an die Erbschaft die Verpflichtung, für den Verstorbenen Totendienste zu
leisten. Nach der religiösen Auffassung des Ägypters setzt der Tote als verklärter
Geist im Falle der Rechtfertigung vor dem „großen Gotte“ seine Existenz in
außerirdischen Bereichen fort; d. h., der Heimgegangene ist für den Hinter­
bliebenen nicht tot. Wir finden aus diesem Grunde in Ägypten keine ausgespro­
chene Testamentsform.
d) Wenden wir uns jetzt einer Inschrift aus der 6. Dynastie zu, die einen be­
merkenswerten Inhalt hat. Sie steht im Grabe des Priesters Senenj bei Kasr es

1 Urk. 1, 1933, 1—7; J. Breasted, Acient Records of Egypt 1, Chicago 1903,


§ 171—175.
2 Urk. 11, 933, 16k. Z. 5.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 61

Sajad.1 Der Text ist z. T. sehr zerstört, gibt aber über die wichtigsten Anliegen
genügend Auskunft. Der Grabherr teilt der Nachwelt eine Landschenkung mit,
die er zugunsten seiner Ehefrau verfügt habe. Er versichert, daß das Land ihr
wirkliches Eigentum sei, und droht jedem, der ihr es streitig mache, einen Prozeß
,,vor dem großen Gotte“ an. Vergleicht man den weiteren Text, vor allem Zeile 9,
so zeigt sich die geachtete Stellung der Frau, deren Lobpreis mehr als bloße
Phrase zu sein scheint. Die Inschriften des AR zollen der Frau selten ein be­
sonderes Lob, obgleich sie auch nicht übergangen werden. Interessant ist die
Redewendung in Zeile 3 4, deren Inhalt in der Regel Grabschändern angedroht
wird12, hier aber die (vermutlich den Grabherrn überlebende) Ehefrau Asenka
der Rechtshilfe des Toten versichert. Auch die Frau bekundet Rechtsbrechern
gegenüber ihre Streitbarkeit, wie die Zeilen 11/12 zu erkennen geben. Unabhängig
von dem nach außen hin dokumentierten Rechtsschutz des Ehemannes, der
noch mit handfesten Drohungen verbunden ist, zeigt die Urkunde, daß die Frau
in der Lage ist, kraft eigenen Rechts die Angriffe Dritter durch gerichtliche
Schritte abzuwehren. Unter dem ,,großen Gotte“ ist nicht der Jenseitsrichter,
sondern das unter dem Schutz des göttlichen Königs stehende weltliche Gericht
zu verstehen. Die in der Inschrift zum Ausdruck kommende Doppelsicherung
durch Drohung des Mannes und der begünstigten Frau mag ein Erfordernis un­
ruhiger Zeiten gewesen sein. Die Inschrift stammt aus dem Ende des AR, in
dessen Folgezeiten sich turbulente geschichtliche Ereignisse einstellten.3 Wir
dürfen der Urkunde entnehmen, daß Asenka nicht nur voll geschäftsfähig war —
von einem Vormund usw. ist nirgends die Rede —, sondern auch Prozesse führen
durfte.

1 Urk. 1, 1933, 115—117. Der Text stellt der Übersetzung große Schwierigkeiten
in den Weg. Für die im folgenden mitgeteilte Übersetzung vergleiche A. Scharff,
E. Seidl, in: Festschrift für L. Wenger 2, München 1944, 168—169; vgl. auch
J. Breasted, Ancient Records of Egypt 1, § 357.
Zeile 1 ,,Serienj, er sagt:
,, 2 Was dieses Land anbetrifft, das ich als ....
,, 3 und das ich meiner geliebten Ehefrau Asenka übertragen habe .... mit
allen ....
,, 4 .... die es von dieser Asenka wegnehmen sollten, (mit) ihnen werde ich
Gericht halten beim großen Gotte,
,, 5 dem Herrn des Himmels; außerdem werde ich ihnen den Hals umdrehen
wie einem Vogel . . .
9 (Ich habe) dieses für die Asenka (getan), weil die Verehrung für sie in
meinem
,, 10 Herzen so groß ist. Sie sagte nichts, das mein Herz kränkte; sie hat mich
nicht ausgeschlossen von ....
,, 11 Asenka, sie sagt:
,, 12 Ich bin eine süß an Liebe .... eine, die in ihrer ganzen Stadt beliebt ist.
Mit allen Leuten, die dieses Land von mir wegnehmen sollten, werde ich
beim großen Gotte Gericht halten.“
2 Vgl. hierzu E. Edel, Untersuchungen zur Phraseologie der ägyptischen In­
schriften des Alten Reiches, MDI 13, 1944, 9f.
3 Vgl. E. Otto, Ägypten - Der Weg des Pharaonenreiches, Stuttgart 1955,
93-111.
62 Rolf Tanner

Die aus der eben besprochenen Urkunde gewonnenen Erkenntnisse stehen im


Widerspruch zu der von Eirenne geäußerten Auffassung, daß die hm.t in der
6. Dynastie ihre bis dahin freie Rechtspersönlichkeit eingebüßt habe.1 Pirennes
Hauptbeleg ist Pap. Berlin 901012, der Prozeß des Sebek-hetep. Die Urkunde
beinhaltet einen Erbschaftsstreit zwischen dem Vermögensverwalter Sebek-
hetep und dem ältesten Sohne des Erblassers. Das Gericht beendet den Prozeß
mit einem Beweisurteil.3 Für das angeschnittene Problem interessieren die
Zeilen 1/2; dort heißt es, daß der Königsgeehrte und Vorsteher der Dol­
metscher, Woser, dem Verwalter seine Frau und Kinder habe übergeben lassen
(inch aller anderen Sachen). Pirenne schließt aus dieser Stelle, daß die Ehefrau
nicht mehr selbständig sei, andernfalls es weder der Einsetzung eines Verwalters
noch der Übergabe der Familienmitglieder samt dem Vermögen bedürfe. Wie
Sethes Kommentar erkennen läßt4, stützt sich die Übersetzung von Zeile 1/2
auf Ergänzungen, da die Urkunde gerade am Anfang zerstört ist. Die Schwierig­
keiten beginnen mit der Wahl des im Nebensatz zu ergänzenden Prädikats:
,,. . . (indem er ihm übergab) seine Frau und seine Kinder und alle seine Sachen
in sein Haus . . .“ Sethe schlägt mit überzeugender Begründung das Verbum
„überweisen, übergeben“ vor, an das sich ein dativisches, sich auf eine Person
(nämlich Sebek-hetep) beziehendes Objekt anschließt. Bei der juristischen Inter­
pretation dieser diffizilen Stelle kommt es auf die nähere Deklarierung des Prä­
dikats an. Der spezielle Sinngehalt ergibt sich m. E. aus der erhaltenen Zeile 2/3 :
„ . . . um (alle) Kinder dieses Woser daraus zu befriedigen . ..“, d. h., das „Über­
weisen“ oder „Übergeben“ geschieht in der mutmaßlichen Absicht des Erblassers
(d. i. Woser), die Erbauseinandersetzung der Kinder und der Mutter von einer
neutralen Person (vielleicht einer Amtsperson?, jedenfalls scheint es sich um eine
Funktion zu handeln, die der unseres modernen Testamentsvollstreckers ähnelt)
überwachen zu lassen. Danach liegt in Zeile 1/2 nicht die Begründung eines per­
sonenrechtlichen Gewaltverhältnisses vor, das etwa die Folge einer allgemein
veränderten Rechtslage darstellt (wie Pirenne anzunehmen scheint). Die Frau
erbt mit den Kindern zusammen ; deshalb ist sie Partei und darf bei der Nachlaß­
teilung die Kinder nicht vertreten. Die hier vorgetragene Ansicht läßt sich auch
philologisch begründen. Das Kausativum sjp bedeutet nicht nur körperliche
Übergabe, sondern gestattet in Verbindung mit dem Objekt der Person oder
Sache die Übersetzung „überweisen lassen zum Zwecke der Überwachung, In­
spektion usw.“5 Hinsichtlich der Worte is.t.f r m hnw.f in Zeile 2 zweifelt schon

1 J. Pirenne, Histoire des institutions 3, Bruxelles 1935, 351 f. ; E. Seidl, Ein­


führung in die ägypt. Rechtsgesch. 43, lehnt Pirennes Meinung zwar ab, möchte
die in Pap. Berlin 9010 erwähnte Frau jedoch nicht für voll geschäftsfähig an­
sehen.
2 K. Sethe, Ein Prozeßurteil aus dem alten Reiche, ÄZ 61, 1926, 67—79. K. Sethe
datiert, ebd. 68f„ den Papyrus in die 6. Dynastie.
3 Es liegt sicherlich die Abschrift einer protokollarisch festgehaltenen Ent­
scheidung des angerufenen Prozeßgerichtes vor.
4 K. Sethe, ÄZ 61, 1926, 73 f.
Ermai1’ H Arapow, Wörterbuch der ägyptischen Sprache 4, Leipzig 1955.
Die Fau im pharaonischen Ägypten 63
Sethe, ob ,,alle seine Sachen“ mit dem vorhergehenden „seine Frau und seine
Kinder“ zu verbinden ist und sich gemeinsam auf die Ortsbestimmung m hnw.f
bezieht.1 Es steht nach der Satzkonstruktion durchaus nicht fest, ob nicht ein
besonderer Nebensatz eingeschoben werden soll . indem alle seine Sachen
in seinem Hause sind“). Das durch die Urkunde des Woser veranlaßte Besitz­
verhältnis würde sich hiernach also nur auf die „Sachen“ erstrecken. Die Zeilen
6-8 betreffen ebenfalls „Sachen“ vermögensrechtlicher Art und stützen deshalb
diese Lesart.
e) Es ergibt sich zusammenfassend folgender Tatbestand: Pap. Berlin 9010
betrifft einen Erbstreit. Die beklagte Partei, Sebek-hetep, legitimiert sich mit
einer Urkunde des Erblassers, die ihm wahrscheinlich sein Vermögen überträgt
mit der Maßgabe, die Erbauseinandersetzung zwischen den Hinterbliebenen zu
regeln oder bis zu dieser Regelung - falls die Kinder teilweise noch minderjährig
sind — eine NachlaßVerwaltung durchzuführen. Dabei soll „er sich der Frau und
Kinder“ annehmen, aber kein familienrechtliches Unterordnungsverhältnis be­
gründen (etwa nach der Art eines Vormundes). Schließt man sich dieser Ansicht
an, so kann Pap. Berlin 9010 nicht fernerhin als Beleg für eine angebliche Ent­
rechtung der hm.t während der 6. Dynastie herangezogen werden. Er ist im üb­
rigen auch der einzige seiner Art, so daß dieser Umstand ebenfalls für die hier
vorgetragene Konstruktion spricht.
Es bedarf auch nicht mehr des von Seidl12 vorgeschlagenen Ausweges, daß die
vom Erblasser (Woser) getroffene Verfügung die Frau dem Verwalter personen­
rechtlich unterordne, aber als ein Einzelfall sich vielleicht aus ihrer Jugendlich­
keit erkläre. In Zeile 8 (am Ende) erfahren wir, daß der Kläger Tiw der älteste
Sohn und damit wahrscheinlich der gesetzliche Erbe des Vaters ist, wenn nicht —
und das wird hier von der Gegenpartei behauptet — durch besondere Anordnung
des Erblassers eine anderweite Regelung getroffen wurde. Gehört T?w zu den
in Zeile 2 erwähnten Kindern und stammen diese von der bezeichneten Ehefrau
des Woser, so dürfte es sich nicht um eine jugendliche Frau handeln. Auf diese
Umstände kommt es aber aus den oben mitgeteilten Gründen nicht an.
f) Die familienrechtlichen Quellen des AR fließen spärlich. Pap. Berlin 9010
würde allein für die hier vertretene These, die Frau habe auch in der 6. Dynastie
ihre von alters her innegehabte rechtliche Freiheit nicht verloren, kaum aus­
reichen. Eine beträchtliche Unterstützung erfährt unsere Meinung aber durch
die erörterte Schenkungsurkunde des Senenj, die ebenfalls aus der 6. Dynastie
stammt.
Für die späteren Zeiten (NR) geben uns mannigfaltige Inschriften Kunde von
der vollen Rechts- und Geschäftsfähigkeit der ägyptischen Frau.3
Für die Zeit des MR scheint Seidl gewisse Bedenken hinsichtlich der Stabilität
der Frauenrechte zu haben. Einige Urkunden aus dieser Epoche zeigen jedoch,
daß die hm.t von ihrer bisherigen Rechtsposition nichts eingebüßt hat. Das geht

1 K. Sethe, ÄZ 61, 1926, 73f.


2 E. Seidl, Einführung in die ägypt. Rechtsgesch., 43f.
3 Vgl. die ebd. 43 Anm. 183, 187 zusammengestellten Belege.
64 Rolf Tanner

z. B. aus Pap. Kahum I 1 p. 12 hervor.1 Hier erfahren wir von einer Eigentums­
übertragung div. beweglicher Gegenstände an die Ehefrau. Interessant sind die
Zeilen 6/14; da heißt es u. a.: ,,. . . sie kann diese Dinge ganz nach Belieben an
irgend eines der Kinder geben, die sie mir geboren hat...“ 12. Die Bezeichnung des
dotierungsfähigen Personenkreises enthält eine natürliche Begrenzung, insofern
das Erbgut der Kinder betroffen wird. Diese Urkunde zeigt die Frau als eine auch
nach dem Tode ihres Mannes von jeder Bevormundung freie Rechtspersönlich­
keit, die auch den Kindern gegenüber disponieren kann. In Pap. Berlin 9010
hatte der Erblasser augenscheinlich durch besondere Verfügung die Einsetzung
des Nachlaßverwalters veranlaßt und diesem damit bestimmte Dispositions­
befugnisse übertragen. Unterstellen wir die Rechtmäßigkeit der von Sebek-
hetep vorgetragenen Legitimation, so scheint das geltende Recht dem Erblasser
weitgehende Bestimmungsfreiheit gestattet zu haben. Das gleiche sehen wir
in den Fällen, in denen die Frau von ihrem Recht der Güterübertragung Gebrauch
macht. Unabhängig von der Problematik des Pap. Berlin 9010 können wir aus
allen einschlägigen Urkunden — das gilt besonders auch für diejenigen, die aus
dem NR stammen — erkennen, daß der Ehemann stets nur über „sein“ Vermögen,
nicht aber über das der Ehefrau verfügt. Diese Beschränkung der Rechte des
Mannes gegenüber dem Eigentum der Frau versteht sich nicht von selbst; sie
ist eines der wichtigsten Symptome für die graduelle Einstufung des ägyptischen
Familienrechts überhaupt. Wir finden im AR, MR und NR zu keiner Zeit die
bei anderen Völkern des alten Orients typische Institution, die in Rom ihre höchste
Stufe erreichte und patria potestas genannt wurde. Diese Behauptung dürfen
wir für Ägypten aufstellen, ohne dabei den evidenten Quellenmangel der ver­
schiedenen Zeiträume außer acht gelassen zu haben. In irgendeiner der über­
lieferten Urkunden würden wir sonst die Spuren einer so weitreichenden väter­
lichen Gewalt finden; denn in vermögensrechtlicher Beziehung pflegen sich der­
artige Institutionen am deutlichsten abzuzeichnen.
g) Untersucht man die Vertretungsbefugnis der Frau in rechtlich relevanten
Angelegenheiten, so zeigt sich das gleiche Bild wie bei den bereits erörterten Ge­
bieten des Familienrechts. Die Frau tritt vor Gericht mit voller Parteifähigkeit
auf; ihre Aktivlegitimation kann sich dabei sogar von den Ansprüchen nahe­
stehender Verwandter herleiten. Ein schönes Beispiel der Postulationsfähigkeit
und Stellvertretung liegt aus dem NR vor. Es ist die von Sir A. H. Gardiner in
so vortrefflicher Weise edierte und kommentierte Inschrift des Mes.3
Der Text berichtet von mehreren Prozessen vor dem großen Gerichtshof, in
denen weibliche Mitglieder einer Grundbesitzerfamilie mehrere Generationen
hindurch ( !) eine aktive Rolle spielen. Die Streitigkeiten scheinen etwa am
Ende der 18. Dynastie zur Zeit des als Gesetzgeber bekannten Königs Haremheb
zu beginnen. Das Gericht überträgt einer Miterbin, die vermutlich die älteste

1 F. L. Griffith, The Petrie Papyri, London 1898.


2 Vielleicht wollte der Erblasser eine Aussetzung der Erbteilung bis zum Tode
der Ehefrau erreichen?
3 A. H. Gardiner, The Inscription of Mes, Leipzig 1905; vgl. K. Sethe, Unter­
suchungen zur Gesch. und Altertumskunde Ägyptens 3, Leipzig 1905, 2.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 65

Schwester der Streitenden ist, Ländereien zur gesamten Hand. Der Gesamthand­
besitz beinhaltet ein Treueverhältnis gegenüber den Geschwistern und gestattet
gewisse Vorrechte. Eine Erbteilung bedeutet diese Regelung insoweit, als an­
genommen werden darf, daß den Miterben Ansprüche aus den Erträgnissen des
Grundbesitzes zustehen. Von erbrechtlichen Fragen abgesehen1, begegnen wir
hier einer Frau — sie heißt ,,Urnero44 —, die von Amts wegen als bevorrechtigte
„Besitzerin44 und gleichzeitig als Interessenvertreterin ihrer Geschwister ein­
gesetzt wird. Dabei spielt es keine Rolle, daß auch jüngere Brüder vorhanden sind.
Die Entscheidung des Gerichts wird sich vermutlich auf eine Erbfolge ab in­
testate stützen, da von einer Legitimation der Urnero eventuell durch imj.t pr-
Urkunde nirgends die Rede ist. Die Befugnis zur Vertretung anderer Rechts­
persönlichkeiten setzt weitgehende individuelle Rechtsmacht voraus ; man
könnte versucht sein, von einer Vorrangstellung familienrechtlicher Art zu
sprechen. Der von Gardiner1 2 mit ,,Treuhänderin44 oder ,,Verwalterin44 übersetzte
Ausdruck rwd trifft den Sinn der Institution gut ; dabei darf aber nicht die Tat­
sache in den Hintergrund treten, daß Urnero ein Besitzervorrecht hat, das in
ihrer erbrechtlichen Stellung begründet liegt.3*5Sie ist zwar nicht unbeschränkte
„Erbbesitzerin44 geworden, genießt aber doch wesentliche Vorteile, die dem
Eigentumsrecht nahekommen. Ihre Schwester ficht dieses Vorrecht bei der großen
knb.t durch Klageerhebung an. Im Jahre 59 des Königs Haremheb erstreitet sie
ein obsiegendes Urteil. Das Erbland wird an die Geschwister aufgeteilt. Eine
bemerkenswerte Stellung nimmt die Klägerin dieses Prozesses ein. Sie tritt allem
Anschein nach für sich und die weiteren Geschwister der Urnero auf. Später
klagt Urnero auf Unzulässigkeit der getroffenen Parzellierung. Hierbei ist die
selbständige Handlungsfreiheit, die sich im Vorgehen der beiden Schwestern
zeigt, hervorzuheben. Von einer Zustimmung des Ehemanns lesen wir an keiner
Stelle der Urkunde. Ab der 21. Dynastie lassen die ehegüterrechtlichen Verträge
die Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Mannes am Frauenvermögen er­
kennen. Alle modernen Rechtssysteme, die den Güterstand der Verwaltung und
Nutzung kennen, billigen dem Ehegatten die Befugnis zu, für die Frau Prozesse
zu führen, um die Ansprüche Dritter abzuwehren, die den Bestand des verwalteten
Vermögens beeinträchtigen könnten. Aber nicht einmal ein Beitrittsrecht des
Ehemannes zeigt die Inschrift. Als die Klägerin Urnero stirbt, wird der Prozeß
durch ihren ältesten Sohn, den Schreiber Hwj, gegen die Beklagte fortgesetzt, die
wiederum nach ihrem Ableben den Sohn Smntwj an ihre Stelle treten läßt. Die
Inschrift des Mes ist eine Rechtsquelle ersten Ranges. Die Duplizität der Fälle
zeigt mit durchschlagender Deutlichkeit die verschiedenen Rechtspositionen der
maßgeblich beteiligten Frauen. Von den bestimmenden erbrechtlichen Elementen
zunächst abgesehen, begegnen uns in dieser Urkunde Frauen, deren personen­

1 Diese werden in einem besonderen Aufsatz behandelt.


2 A. H. Gardiner, The Inscription of Mes, 26 oben.
3 Ein ähnlicher Fall liegt in Urk. 1, 1933, 35 vor. Der Vater überträgt hier durch
imj.t pr-Urkunde der (ältesten?) Tochter, einer Totenpriesterin, die Oberaufsicht
über ihre offenbar jüngeren Geschwister. Vermögensrechtliche Vorteile sind mit
diesem Amte anscheinend nicht verbunden ; die Urkunde schweigt sich hierüber aus.
5 KLIO
66 Rolf Tanneb

rechtliche Freiheit ein Maximum erreicht hat und im alten Orient wie in der
Antike nicht ihresgleichen findet. Die Inschrift des Mes gestattet gleichzeitig
einen tiefen Einblick in das Rechtsgefüge des NR, dessen prozeßtechnisches
Niveau — wie der kontradiktorische Verlauf der Verhandlung uns zeigt — den
hohen Rang des ägyptischen Rechts demonstriert.

4. Die sozialrechtliche Stellung der Frau

a) Wie Seidl bereits mit gutem Grunde hervorhebti, unterscheidet der Ägypter
in pharaonischer Zeit nicht zwischen „öffentlichen“, also die staatliche Sphäre
betreffenden Rechten und einem eigentlichen Privatrecht. Ihm ist der abstrakte
Begriff ,,Staat“ fremd.2 Abgesehen von den religiösen Vorstellungen, die ihm
vor allem den König als ein Wesen göttlicher Abkunft erscheinen lassen, fühlt
sich der Ägypter als Mitglied eines Gemeinschaftswesens, dessen Struktur ge­
schichtlichem Wandel unterlegene Standesunterschiede kennzeichnen. Sein Ver­
hältnis zur Obrigkeit faßt er als festen Bestandteil der natürlichen Ordnung aller
Dinge auf. Der Gang geschichtlicher Ereignisse hat zuweilen diese Grundsätze
auf das schwerste erschüttert, so daß in Zeiten politischer Wirren das Gefüge des
sozialen Aufbaus zerstört wurde und eine substantielle Umordnung der gesell­
schaftlichen Verhältnisse eintrat. Am Ende derartiger Entwicklungsvorgänge
tritt aber mindestens im Formalen immer wieder ein an die alten Verhältnisse
anknüpfendes Gemeinschaftsgefüge, das wir mit modernen Begriffen „Obrigkeits­
staat“ nennen würden. Graduelle Unterschiede in der sozialen Wertung der Be­
völkerungsschichten können dabei extreme Ausmaße annehmen und zeigen
dabei typisch orientalische Verhältnisse. Der durch feudale Rechte begründeten
Herrschaftsbefugnis der Territorialherren steht die weitgehende soziale Abhängig­
keit der dienenden Bevölkerungskreise gegenüber. Der hohe, mit weitreichenden
Vollmachten ausgestattete Beamte erwartet devote Unterwürfigkeit der Unter­
gebenen. Es entspricht den historischen Gegebenheiten, daß sich die gesellschaft­
liche Rangordnung einesteils nach den Vorrechten der Geburt, andernteils nach
der Zugehörigkeit zu bestimmten Berufskategorien richtet. Dabei gibt der Mann
für die soziale Einstufung der Familie in der Regel den Ausschlag. Das gilt aller­
dings nur für die mittleren und niederen Stände. Adlige Ehefrauen dagegen
können bestimmte Geburtsvorrechte erblich der Familie übertragen, auch wenn
der Mann diese Rechte von Haus aus nicht besaß.
b) Die weitgehende Gleichstellung, die die individuelle Rechtssphäre der ägyp­
tischen Frau kennzeichnet, gilt nicht im gleichen Maße für die Position im öffent­
lichen Leben. Wir treffen die Frau selten in Verwaltungsfunktionen an.3 Der in

1 E. Seidl, Einführung in die ägypt. Rechtsgesch., 41 f.


2 E. Otto, Ägypten — Der Weg des Pharaonenreiches, 7f., 56f.
3 Die wichtigste Ausnahme von dieser Feststellung bildet die Rechtsposition der
Frau innerhalb der Königsfamilie. Hier übt sie einen bestimmenden Einfluß in­
sofern aus, als sich die Legitimation der Thronfolge in der Regel nach der weiblichen
Die Frau im pharaonischen Ägypten 67

allen Epochen der ägyptischen Geschichte zu beobachtende hierarchische Ver­


waltungsapparat besteht fast ausschließlich aus männlichen Funktionären.* 1 Auf
erbrechtlicher Grundlage wird die Amtstätigkeit der Mutter des Gaugrafen
Cheti’ II. beruht haben, über die uns eine Inschrift aus der 9. Dynastie berichtet.*
12
Die verwitwete ( ? ) Mutter verwaltete die gesamten Ländereien des Erbbesitzes,
bis der minderjährige Sohn erwachsen (volljährig) wurde. In diesem Zusammen­
hang verdienen Titulatur und Epitheta einer adligen Frau erwähnt zu werden,
die u. a. wie folgt lauten: ,,. . . Tochter des Mrhw, Die vom Hofe, Richterin und
Vezirin Tochter des Thot.. .“3. Leider sagt die Inschrift nichts über
die Herkunft der Grabinhaberin, so daß auch der Ursprung der Titel im Dunkeln
bleibt. Da uns Belege über die tatsächliche Funktion weiblicher Richter oder
Vezire fehlen, können an die erwähnten Titel vorerst keine Schlußfolgerungen
geknüpft werden.
S. Schott und H. Brunner berichten von einer Schreiberin im Haushalt
einer Königin der 13. Dynastie und einer Priesterfürstin der 26. Dynastie.4 Aus
dem MR sind zwei Inschriften bekannt, in denen Frauen als Schatzmeisterinnen
bezeichnet werden.5
Dagegen bekleiden Frauen häufig das Amt einer Priesterin namentlich der
Hathor oder Keith. Diese Tatsache erklärt sich insbesondere daraus, daß der­
artige Würden nicht nur verliehen, sondern auch im Erbwege erworben werden
können. Da die Frauen selbstverständlich mit zum Kreis der Erbberechtigten
zählen, erhalten sie auf diese Weise auch Priesterämter, an denen zuweilen recht
erhebliche Einkünfte hängen (Naturalstiftungen). Wir besitzen eine diesbezüg­
liche Urkunde (imj.t pr?) aus der Zeit des Köngs Userkaf (5. Dyn.).6 Der
Testator, ein hoher Priester, vermacht seine diversen geistlichen Ämter den Mit­
gliedern seiner Familie incl. Ehefrau und Tochter. Da die Pfründen unterschied-

Linie richtet; d. h., die ausschlaggebende Rolle für die Reinheit des königlichen
Blutes spielt die Königsmutter. Sie erfreut sich fast zu allen Zeiten einer besonderen
Verehrung durch den regierenden König.
1 Im 21. Spruch der Ptahhotep-Lehren findet sich in einem Nachsatz die auf die
Frauen bezogene Warnung: ,,Halte sie fern davon, Macht zu haben!“ (übersetzt
von A. Erman, Die Literatur der Ägypter, Leipzig 1923, 93); dieser Grundsatz
scheint das öffentliche Leben, nicht aber die private Rechtssphäre beeinflußt zu
haben.
2 F. LI. Griffith, The Inscriptions of Siût and Dêr Rifêth, London 1889, Taf. 15;
J. Breasted, Ancient Records 1, 1906, §§ 405—414,
3 A. Mariette, Abydos 1. 2, Paris 1869—1880, Nr. 525; siehe hierzu die auf­
schlußreichen Ausführungen bei H. G. Fischer, A Daughter of the Overlords of
Upper-Egypt in the First-Intermediate Period, in: Journal of the American Oriental
Society 76, 1956, 99-108.
4 S. Schott, Altägyptische Liebeslieder, Zürich 1950, 10; H. Brunner, Alt­
ägyptische Erziehung, Wiesbaden 1957, 46; die Belege sind: Pap. Turin, und 0. R.
Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien 3, Berlin 1851, 252. Siehe auch:
E. Sander-Hansen, Das Gottesweib des Amun, Kopenhagen 1940, 38; A. Blackman,
JEA 7, 1921, 8.
5 P. E. Newberry, Beni Hasan, in: Annals of Archaeology and Anthropology 1,
London 1892, Taf. 32 und 36.
6 J. Breasted, Ancient Records 1, 1906, §§ 216—217.
5*
68 Rolf Tanneb

liehe Einkünfte abwerfen, regelt der Erblasser Art und monatliche Dauer des
Dienstes bis in alle Einzelheiten. Totenpriesterinnen lassen sich bereits in der
4. Dynastie nachweisen.1 Ja, wir besitzen Belege, in denen uns Frauen bereits
im AR als Hohepriesterinnen begegnen.1 2
Bei kultischen Handlungen fungieren Frauen in Tempeln, wo sie zu verschie­
denen Feierlichkeiten als Tänzerinnen und Musikantinnen auftreten.3 Durch
Königsdekret wird ihnen besonderer Schutz verliehen, wie wir aus den Block­
inschriften der Jubiläumshalle des großen Tempels in Bubastis erfahren.4 König
Osorkon II., 22. Dynastie, sichert den ,,heiligen“ Frauen des Amontempels und
der Tempelstadt Protektion zu. Auch das weibliche Dienstpersonal wird in den
Schutz einbezogen, soweit deren Mitglieder ,,seit der Zeit ihrer Väter als solches
tätig sind“. Diese Dekrete waren von großem Wert in wirtschaftlicher Hinsicht,
befreiten sie doch von steuerlichen Abgaben und sonstigen Hand- und Spann­
diensten.
c) Dagegen verrichten die Frauen der breiten Masse zum Teil körperlich
schwere Arbeiten. Ihnen obliegt nicht selten die gesamte Feldbestellung von
der Aussaat bis zur Ernte. Sie bringen die Erzeugnisse auf den Markt und sind
sogar für die Steuerabgaben verantwortlich. In den sog. (gemischten) Dörfler­
prozessionen können sie ihr Dorf aber auch gabenbringend vertreten. Das Korn-
mahlen, Backen und Brauen wird als spezifisch weibliche Tätigkeit genannt.
Eines besonderen Rufes und einer gehobenen Stellung erfreuen sich die Arbeite­
rinnen der königlichen Webereien. In der Mastaba des Zwergen Snb, 6. Dynastie,
sind die Abbildungen feierlicher Szenen erhalten, in denen Arbeiterinnen Aus­
zeichnungen für besondere Leistungen erhalten. Königliche Beamte überreichen
Fayence-Perlen und Gold.5 Pap. Sallier II weiß allerdings auch von sozialen Miß­
ständen in den Webhäusern der späteren Zeiten zu berichten.6 Als Leiterin eines
,,Hauses der Weber“ im AR wird eine Frau namens WsrtkZ erwähnt, die sich
als mr bezeichnen läßt und als Tochter der rh.t-njswt Nfrhtps dieses Adelsprädikat
führt.78
Daneben finden wir Frauen als Dienerinnen aller Art. Sie verrichten Arbeiten
in den Haushaltungen der Vornehmen. Das gilt z. B. von der wtëj.t ‘AufWärterin’
Man darf ,,öffnen“ als Stamm vermuten, so daß die wbBj.t auch als Türöff-

1 Belege bei M^. Stracmans, Textes des actes des fondation de P Ancien empire, in :
Revue Internationale des Droits 2, 1955, 31, 35.
2 A. Blackman, JEA 7, 1921, 10; es handelt sich um Hohepriesterinnen der
Hathor und Sätet. Sie hatten beträchtlichen Einfluß und hohe Einnahmen.
3 8. Morenz, Ägyptische Religion, 98.
4 J. Breasted, Ancient records 4, 1907, § 751.
5 H. Junker, Die Grabungen auf dem Friedhof des Alten Reiches bei den Pyra­
miden von Giza 5, Wien 1939, 55.
6 L. Borchardt, Das Grabdenkmal des Königs Sahurè 2, Leipzig 1910, 62;
A. Erman, H. Ranke, Ägypt. Leben, 536.
' Nach H- Junker, Die Grabungen 56, ist der Titel „Vorsteherin des Hauses der
Weber“ noch einmal bei der Mutter des Verwalters Mrjéw-'nh belebt - g Hassan
Excavations 1, Oxford 1932, Abb. Nr. 184; W. Helck, Beamtëntitef 63
8 Pap. Westcar 11, 19 und 12, 9f. ; ÄZ 47, 1910, 92.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 69
nerin — Pförtnerin fungiert haben könnte. Eine beim Totenopfer assistierende
Dienerin wird als wdpwj.t „Dienerin, die Wein darreicht“ bezeichnet.1 Die in
der Landwirtschaft in großer Zahl tätigen Mägde heißen oft nd.tj.123Vielleicht
besteht eine Verwandtschaft mit der ndw.t (?) „Müllerin“3, die in den Texten
nicht selten unmittelbar neben den noch zu besprechenden Gruppen d.t und
bBk.t steht.
d) Zu den am wenigsten geachteten Kreisen der Bevölkerung zählen fahrende
Frauen, Kellnerinnen und Dirnen. In der Ramessidenzeit scheinen Perioden
außenpolitischer Mißerfolge im Zusammenwirken mit innenpolitischen Macht­
kämpfen auf Sitte und Moral weiter Kreise einen nachteiligen Einfluß ausgeübt
zu haben.4 Die literarischen Zeugnisse dieser Zeit geben von mancherlei Miß­
ständen in Stadt und Land Kunde. Eine besonders schwierige Lage werden ver­
stoßene Frauen, Witwen und Waisen gehabt haben. Fehlte es doch in derartig
rechtsunsicheren Zeiten oftmals an der Möglichkeit, selbst die durch Vertrags­
urkunden verbrieften Alimentationsansprüche mit Hilfe der Behörden durch­
zusetzen. Diese sozialen Mißstände werden manche Frau gezwungen haben,
bettelnd das Land zu durchziehen. Damit waren gerade in der genannten Zeit die
Voraussetzungen für viele gegeben, auf der sozialen Stufenleiter abzugleiten,
um schließlich in einem Stande zu verbleiben, aus dem es keine Rettung
mehr gab. So ist es nicht verwunderlich, daß in den Weisheitslehren vor den
umherziehenden und besonders in den Schankstätten anzutreffenden Frauens­
personen gewarnt wird.5 In dieser Zeit treten Frauengruppen der genannten
Art in Erscheinung, von denen bisher nicht die Rede war. Die Texte bringen
termini wie hnm.t, kBj, ms.t, die als verächtliche Bezeichnungen gebraucht
werden und auf die Bedeutung des Wortes „Freudenmädchen“ oder „Dime“
hinauslaufen.

1 Kairo 20016 ( — Ägypt. Museum, Kairo. Das Zitat bezieht sich auf Nummern
des Catalogue général des Antiquités Égyptiennes du Musée du Caire); die Be­
zeichnung ist seit dem MR nachweisbar; vgl. A. Erman, H. Grapow, Wörterbuch
der ägypt. Sprache 1, 1955, 388.
- A. Erman, H. Grapow, Wörterbuch 2, 1955, 370; Kairo 34183.
3 Pap. Anastasi 4; Kairo 1449.
4 Das gilt besonders für die Zeit nach dem Tode Ramses’ III. Vgl. hierzu H. Kees,
Kulturgeschichte des Alten Orients 1, München 1933, 79.
5 Im Weisheitsbuche des Anii (22. Dyn.) wird allgemein vor den Frauen „von
draußen, die man in ihrer Stadt nicht kennt“, gewarnt; vgl. hierzu A. Erman, Die
Literatur der Ägypter, Leipzig 1923, 296. Die neueste Publikation des Weisheits­
buches des Anii findet sich bei A. Volten, Studien zum Weisheitsbuche des Anii,
Kopenhagen 1937. Im Pap. Anastasi IV, 12, 3 ist von Tänzerinnen die Rede, die
sich mit trunkenen Jünglingen zu schaffen machen, und in den „Ermahnungen des
Schülers“ wird dringend vom Besuch in den Bierhäusern abgeraten: A. Erman, Die
Literatur der Ägypter, 244, und S. Schott, Altägyptische Liebeslieder, 110; auch die
Reden der Liebenden (Pap. Harris, recto 500), übersetzt bei S. Schott, Altägyptische
Liebeslieder, 46, und vor allem der sog. Turiner erotische Pap. sind hier zu nennen.
Als Kontrastparallele sei auf das Weisheitsbuch des Anii 8, 3 verwiesen, wo es heißt:
,,Kontrolliere nicht eine Frau in ihrem Hause, wenn du weißt, daß sie tüchtig ist ;
vgl. hierzu R. Anthes, Der alte Orient 32, Leipzig 1933, 26.
70 Rolf Tanneb,

ffnm.t1 leitet sich von hnm „jemanden erfreuen“ ab und entspricht dem Wort
„Freudenmädchen“; k3j12 oder kl.t3 leitet sich von dem bereits in den Pyramiden­
texten vorkommenden term. k3.t „Vulva“ her, der dort noch keine obszöne Be­
deutung aufweist. Die Entwertung erfolgt erst innerhalb der hier besprochenen
Zeiträume. Ähnliches gilt für das Wort ms.t „Frauenzimmer“ (weibliches „Ge­
schöpf“), das schon im Ba-Gespräch 4 nachzuweisen ist ; die deklassierende Tendenz
zeigt sich in späteren Texten.5 Die in der Ramessidenzeit das Land als „fahrende
Frauen“ durchziehenden Musikantinnen, Sängerinnen und Akrobatinnen er­
freuten sich in früheren Zeiten keines schlechten Rufes.6 Im Märchen des Pap.
Westcar verkleiden sich die vier Göttinnen Isis, Nephthys, Mesechent und Heket
als fahrende Musikantinnen, um unerkannt zur Reddedet, der Gattin des Ober­
priesters Ra-woser, reisen zu können, wo sie alsdann anläßlich der Geburt der
drei zukünftigen Herrscher Ägyptens göttliche Hilfe leisten.7
Für die hier genannten Frauengruppen möchten wir eine mehr oder weniger
große Einbuße der Rechtspersönlichkeit annehmen und diese mit dem sittlichen
Tadel, der diesen Frauen anhaftet, begründen. Es besteht die Wahrscheinlichkeit,
daß ihnen der Zutritt zu kultischen Zwecken dienenden Stätten versagt gewesen
sein wird, wenn nicht die persönliche Bewegungsfreiheit durch bestimmte An­
ordnungen administrativer Art noch weiter eingeschränkt war. Diese Vermutung
stützt sich nicht nur auf Symptome des für diese Zeit charakteristischen all­
gemeinen sozialpolitischen Hintergrundes, sondern auf eine Quelle, die uns als
argumentum e contrario Auskunft über das Problem gibt.
e) Es handelt sich um eine Stelle aus der großen Inschrift im zweiten Hofe des
Tempels in Medinet Habu. Ramses III. preist hier die Friedenswerke seiner Re­
gierung und betont, daß er u. a. auch für die innere Ordnung des Landes gesorgt
habe. Die Stabilität der Sicherheit der „Bürger“ wird bezeichnenderweise an
der Tatsache der individuellen Bewegungsfreiheit der Frauen exemplifiziert, eine

1 A. Erman, H. Grapow, Wörterbuch der ägyptischen Sprache (im folgenden WB)


3, 1955, 292, 16 mit zahlreichen Belegen.
2 WB 5, 1955, 101, 14; belegt durch Pap. Lansing 8, 7.
3 WB 5, 1955, 94, 1; belegt durch Pap. d’Orbiney 7, 8; vgl. A. Gardiner, Late-
Egyptian Stories in Bibliotheca Aegyptiaca 1, Brüssel 1932, 9-30. Der bezeichnete
Ausdruck findet sich schon in der 21. Maxime des Ptahhotep, Zeile 337; vgl. die
Publik, von E. Dévaud, Les Maximes de Ptahhotep, Fribourg 1916. Die jüngere
Fassung in Pap. British Museum Nr. 10371 und 10435 schreibt statt dessen einfach
8.t „Frau ; vgl.A. Erman, Die Literatur der Ägypter 93, Anm. 3. Ob die Bezeich­
nung kS.lfernen obszönen Sinn hat, ist zu bezweifeln. Die strenge Auffassung von
Zucht und Ordnung, die das AR und MR kennzeichnet und die sich auch in Ptah-
hoteps Lehren widerspiegelt, paßt schlecht hierzu. Die neueste Bearbeitung des
Pap. von Z Zaba, Les Maximes de Ptahhotep, Prag 1956, enthält keinen dies­
bezüglichen Kommentar.
4 Pap. Berlin 3024, 77.
5 WB 2, 1955, 140, 10 mit Belegen.
7 à Hel.Ck’ E'5)ttOJ eleJneS Wörterbuch à Ägyptologie, Wiesbaden 1956, 237.
Übersetzung bei S. Schott, Altagyptische Liebeslieder 176; vgl. auch die mit
kommentierenden Anmerkungen versehene Übersetzung bei A. Erman, Die Literatur
der Ägypter, 73.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 71
Feststellung, die offenbar in anderen Zeiten nicht selbstverständlich war. Es
heißt : „Jede Frau ging nach ihrem Wunsche, ihre Kleider auf ihrem Haupte
unbehindert dorthin, wohin sie wollte" (es handelt sich um Zeile 73, etwa die
Mitte der Inschrift; Übersetzung von 8. Schott, Liebeslieder, 24). Im Pap.
Harris ist eine Parallelstelle enthalten, die nur im Mittelstück des Satzes von der
obigen abweicht. A. Wilson übersetzt in: ÄZ 65, 1930, 60 diese Stelle (Kolum. 78,
11. 8-9) wie folgt : „... I" (gemeint ist Ramses III.) „caused the woman of Egypt
to go, her stride extended, to the place which she may have desired." Das Subjekt
des Satzes drückt bei dieser Lesart (im Text steht hm.t) nur eine Genusbezeich­
nung aus; über den Personenstand wird nichts gesagt. Wilson nimmt an, die
Frau trage in landesüblicher Weise ihre Habe auf dem Kopfe, so daß hiermit
nur die physische Bewegungsfreiheit gemeint sein wird. Eine abweichende Deu­
tung findet sich bei Breasted; er übersetzt den attributivischen Zwischensatz
„with her veil upon her head . . ."b Danach könnte die Betonung des Satzes
weniger im Eigentumsschutz der Habe, sondern in der Bezeichnung einer ganz
bestimmten Frau, nämlich der einen Schleier tragenden, liegen.1 2 Die Verwendung
des Schleiers läßt sich aber nicht klar belegen, da diesbezügliche Termini fehlen.
Der von Schott mit „ihre Kleider" und von Breasted mit „her veil" gedeutete Aus­
druck lautet im Text ss.s ; danach handelt es sich um einen gewebten Leinenstoff,
der nach der sich anschließenden Präpos. hr mit nachfolgendem tp.s auf dem
Kopfe seiner Trägerin ist. Die Lesung ss als „Kleider" dürfte fraglich sein.3 Es
handelt sich wohl um eine Art Kopfbekleidungsstück, das als Kopf binde ge­
tragen wird. Die Bedeutung eines Schleiers möchte ich dem Worte ss deshalb
nicht entnehmen, da er zu der freien Rechtspersönlichkeit der Ägypterin4 im
Unterschied zur arabischen Frau nicht paßt. Der Zwang zur Verschleierung ist
dort zu Hause, wo dem Manne weitgehende patriarchalische oder eigentums­
ähnliche Rechte auf die Frau zustehen.5 Das ägyptische Familienrecht kennt
derartige personenrechtliche Gewaltverhältnisse nicht. Hinzu kommt, daß die
Ägypterinnen in vielen Abbildungen mit der Kopfbinde dargestellt werden.6
Will man annehmen, daß die Erwähnung des Kopfbekleidungsstückes in Zeile 72
des Textes in der Absicht geschieht, eine bestimmte Typisierung der den all­
gemeinen („öffentlichen") Rechtsschutz genießenden Frauen vorzunehmen, so
möchte in den Worten „mit ihrer Kopfbinde auf ihrem Kopfe" eine ausschließende
Bedingung vermutet werden; d. h., die garantierte Bewegungsfreiheit7 betraf

1 J. Breasted, Ancient Records 4, 1906, § 47.


2 Nach Breasted wird der Schleier in Ägypten nicht vor dem Gesicht, sondern auf
dem Kopfe getragen.
3 WB 4, 1955, 539, 14; es fehlen die Pluralstriche.
4 Das gilt zumindest bis zum Ende des NR.
5 Koran 24; 31; 59.
6 Vgl. hierzu die Abbildungen bei S. Schott, Alt ägyptische Liebeslieder, Tafeln 7,
11, 15, 18 und 19: Dame im Festschmuck mit Kranz, Lotusblüte und Kragen im
Grabe ihres Gatten in Theben (Grab 52), Tochter eines Güterverwalters „bei der
Vogeljagd“ (Grab 69), Flötistin und Lautenspielerin (Grab 52).
7 Die im Prädikat des Hauptsatzes enthaltene fern. Infinitivbildung pr.t.s „ihr
Heraus- und Umhergehen“ gestattet nicht ohne weiteres eine Anknüpfung zu dem
Role Tanneb
72
nicht alle Frauen schlechthin, sondern nur diejenigen, die nicht zu den Kreisen
mit geminderter Ehrbarkeit zählten. Wahrscheinlich kommt der Hervorhebung
des bezeichneten Kopfbekleidungsstückes die Bedeutung der Ehrbarkeit zu.
f) Schon im AR gab es Bevölkerungsgruppen, die auf ein mehr oder weniger
starkes Abhängigkeitsverhältnis zu bestimmten Personen der höheren Stände
schließen lassen. Zunächst stand dem König als obersten Herrn die Verfügungs­
gewalt über Leib und Gut seiner Untertanen zu. Er war theoretisch der einzige
wirklich ,,Freie" des ganzen Landes. Seine juristische Legitimation gründete sich
auf mythische Vorstellungen, insbesondere auf die Zugehörigkeit zu den Göttern,
deren irdische Inkarnation er bei Lebzeiten war und mit denen er sich nach dem
Ende seines weltlichen Lebens wieder vereinigte. Die tatsächliche Ausübung
eines so umfassenden und absoluten Rechts wird bereits in früher historischer Zeit
praktisch nicht mehr möglich und natürlichen Beschränkungen unterworfen
gewesen sein. Die Regierung des weiträumigen Landes konzentrierte sich zwar
in der obersten Instanz in den Händen des Pharao, wurde aber immer mehr auf
die Schultern der in Ägypten seit alters her in Erscheinung tretenden Beamten­
hierarchie verlagert.*1 Eine Belehnung mit Ämtern bedeutete stets Delegation
diverser königlicher Machtbefugnisse, die zwar zunächst derivativer Natur waren,
aber im Laufe der Geschichte bald originäre Rechte begründeten. Die Belehnung
leitender Beamter mit Grundbesitz führte bereits im AR zur Kreierung der Gau-
fürstentümer, deren Erblichkeit privatrechtliche Ansprüche zur Entstehung
gelangen ließ. Das Grundeigentum unterschied sich in dieser Periode nach zwei
Gesichtspunkten : Soweit der Landbesitz mit der Amtsausübung verbunden war,
bestand Oberhoheit des Königs, und rechtgeschäftliche Verfügungen konnten
nicht direkt vorgenommen werden. Durch die Erblichkeit der Ämter ergab sich
aber bald die Möglichkeit, indirekt auch über diesen Grundbesitz zu verfügen.
Fand der Rechtsnachfolger bei Hofe allerdings keine Gnade, so mußte er auch
mit dem Verlust des auf die genannte Weise erworbenen Landes rechnen. Anders
war die Rechtslage, wenn der Landbesitz aus königlichen Schenkungen, die
häufig als Gunstbeweise und Belohnungen für besondere Verdienste führender
Höflinge zu beurteilen sind, herrührte. Hier bestand für die Eigentümer keinerlei
Hinderungsgrund, das Grundeigentum im Erbgang und Rechtsverkehr auf dritte
Personen zu übertragen.
Das ursprünglich nur in der absoluten Königsmacht verankerte Recht, über
die Untergebenen als Individuen zu disponieren, verlagerte sich zusammen mit
dem Grundeigentum zum großen Teil auf die Territorialherren, so daß beträcht­
liche Teile der Bevölkerung in der Botmäßigkeit der Feudalen standen. Eine
juristische Differenzierung in abgeleitetes und ursprünglich gewordenes Recht
lassen die Quellen vermuten, obwohl die Beweisführung nur lückenhaft und
keineswegs sicher ist. Soviel darf gesagt werden: Mit der Übertragung von Boden­

Verbum ht-ti „umherziehen“ (seit 19. Dynastie nachweisbar ; WB 3, 1955, 343) der
„fahrenden Weiber“, wenn auch das „ungehinderte Umhergehen“ wétn besonders
betont wird.
1 Vgl. hierzu W. Helck, Beamtentitel, S. 68 und 78.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 73
eigentum verband sich in der Regel Anspruch auf bestimmte Teile der Arbeits­
kraft der dort beheimateten Bewohner, die zur Bestellung des Landes unent­
behrlich waren und mit ihm gewissermaßen eine wirtschaftliche Einheit bildeten.
Dies hat Seidl für die Saiten- und Perserzeit ausgesprochen.1 Der Rechtsgrundsatz
läßt sich auch für die früheren Zeiträume belegen. Insofern können wir der
Grabinschrift des Meten2, eines Fürsten der 4. Dynastie unter Snofru, ent­
nehmen, daß ihm
1. die Ämter seines Vaters und damit verbundene Vermögensteile, insbesondere
Grundstücke mit ,,Leuten" (rmt.w) übergeben wurden - letztere dürfen als
glebae adscripticii aufgefaßt werden;
2. weiteres Landeigentum durch eine Verfügung (imj.t pr-Urkunde) seiner
Mutter zustand. Die Übersetzungsschwierigkeiten gerade dieser Urkunde lassen
freilich mancherlei Zweifelsfragen offen. Wir wissen nicht, ob rdj.nf ,,ihm wurde
gegeben" (?) eine Belehnung, Schenkung oder Erbschaft in bezug auf die er­
wähnten sachenrechtlichen Objekte bedeutet. Die Belehnung würde zu dem ver­
muteten Amtseintritt passen. Der Umstand, daß diese Nachfolgerschaft am
Anfang dieser Inschrift steht, könnte die Hypothese, daß es sich um die „Amts­
pfründe" des Vaters handelt - wenn auch der armselige Zustand derselben aus­
drücklich hervorgehoben wird3 — bestärken, weil erst gegen Ende des Textes
die privatrechtlichen Vermögenszuwendungen erwähnt sind. Darüber hinaus ist
es möglich, daß die Höhe der Amtseinnahmen wie überhaupt der Bestand an
mobilen Vermögenswerten der Pfründe im weiten Maße vom Wohlwollen der Vor­
gesetzten abhing. Der Amtsnachfolger mag deshalb nicht selten vor leeren
Speichern und ausgeräumtem Hause gestanden haben. Vielleicht lag dieser Tat­
bestand auch bei Metens Amtseintritt vor, da er erklärt, daß zum Zeitpunkt der
Belehnung (?) „kein Korn noch irgendwelcher Hausrat vorhanden war". Die in
der Inschrift genannten „Leute" bestehen aus in den Liegenschaften ansässigen
Angehörigen beiderlei Geschlechts, die zur Arbeitsleistung für den Grundherrn
verpflichtet sind. Hierfür werden sie in der Regel bezahlt, und zwar durch Aus­
händigung von Naturalien (man mißt die Arbeitsleistung nach Getreidemengen
usw.).
Über das rechtliche Verhältnis der Geschlechter dieser rmt.w wissen wir nichts.
Die Stellung der Frau wird jedoch nicht schlechter und besser als die des Mannes
gewesen sein. Da sie zur Arbeitsleistung gegenüber dem Grundherrn verpflichtet
sind und bei Besitzwechsel des Grundherrn stets dem Boden verhaftet bleiben,
wird man sie am besten als Hörige bezeichnen dürfen. Der Mangel an Beleg­
material erklärt sich für die ältere Zeit besonders aus der Tatsache, daß Schrift­
zeugnisse meistens nur in den monumentalen Grabanlagen der vom König be­
günstigten Vornehmen (Höflinge, hohe Beamte, reiche Grundbesitzer) zu finden
sind, war doch die Errichtung massiver Mastabas eine besondere Auszeichnung

J E. Seidl, Ägyptische Rechtsgeschichte der Saiten- und Perserzeit, Glückstadt

; Urk. 1, 1903, 1, 1-7.


" Zeile 1 f. des Textes.
74 Rolf Tanner

und darüber hinaus ein kostspieliger Luxus, den sich die überwiegende Mehrheit
der Bevölkerung nicht leisten konnte. Die Ausgestaltung der steinernen Grab­
anlagen entlehnt Motive aus dem Alltage des Verstorbenen, so daß ab und zu
auch Dienerinnen, Landarbeiterinnen bei der Feldarbeit, Brauerinnen beim Be­
reiten der Getränke usw. in bunter Reihenfolge verewigt worden sind. Die Dar­
stellungen werden ergänzt durch Bemerkungen, die der Grabherr in die bio­
graphischen Inschriften aufnehmen ließ.
aa) Bevor wir einige Bevölkerungsgruppen hinsichtlich ihres sozialrechtlichen
Abhängigkeitsverhältnisses zu den verschiedenen Gewalthabern näher betrachten
— das vorliegende Quellenmaterial gestattet uns nur einen spärlichen Einblick in
dieses Problem —, wollen wir eine wichtige terminologische Frage, die für die
rechtsgeschichtliche Beurteilung nützlich sein wird, vorab erörtern.
Die Erfahrungen der Geschichte lehren uns, daß die individuelle Rechts­
persönlichkeit eines Menschen sich innerhalb einer bestimmten Gesellschafts­
ordnung soweit verringern kann, daß weitgehende Rechtlosigkeit und damit ver­
bundene persönliche Abhängigkeit an seine Stelle treten. Dennoch braucht diese
Beschränkung noch nicht die Vernichtung der Rechtspersönlichkeit zur Folge zu
haben. Erst die totale Aufhebung und Ausschließung der Rechtsfähigkeit macht
den Menschen juristisch zur res, die einem Eigentümer ,,gehört“.
Die römische Begriffsjurisprudenz hat für diesen Status eine besondere Rechts­
figur entwickelt, die unter der Bezeichnung „sclavus“ bekannt wurde und ur­
sprünglich den ,,slawischen Kriegsgefangenen“ bezeichnete.1
Verwendet man den Terminus für ägyptische Paralleltatbestände, so wird eine
Orientierung an dieser römisch-rechtlichen Institution unerläßlich. Wir hatten be­
reits festgestellt, daß gegen die vorbehaltlose Übertragung der wesentlich jüngeren
und aus dem abendländischen Weltbild des antiken Mittelmeervolkes entstandenen
Rechtsvorstellungen auf die einige tausend Jahre älteren Sozialverhältnisse des
pharaonischen Ägyptens in jedem Falle Bedenken bestehen. Hier müssen andere
Wege gefunden werden, die schon in der Wahl der jeweiligen Termini den spe­
zifischen Eigenheiten des ägyptischen Rechts - soweit wir dieses kennen - Rech­
nung tragen. S. Morenz hat bereits auf die grundsätzliche Bedeutung dieses Pro­
blems hingewiesen und die notwendige Ausgangsposition für die Beantwortung
desselben abgesteckt.2
Das älteste bekanntgewordene römische Zivilrecht faßte den Sklaven ohne jede
Begrenzung der Verfügungsgewalt seines Eigentümers als Gegenstand des beweg­
lichen Sachvermögens auf.3 Der absolute Charakter des römischen Eigentums­
begriffes gestattete dem Inhaber die Totalherrschaft über die Sache; der Sklave
konnte deshalb mißhandelt, ja sogar getötet werden, ohne daß dadurch etwa eine
strafbare Handlung des Herrn gegeben gewesen wäre. Die Verwendung des
Sklaven zum Tierkampf ist bis zur Lex Petronia (61 v. Ohr.) bezeugt, und die will­
kürliche Tötung wurde erst durch Antoninus Pius (138-161 n. Ohr.) gesetzlich

1 Auch servus bezeichnete zunächst den Fremden (etrusk.).


a M^renz> Ägypten und das Berliner Ägyptische Museum, Berlin 1954, 34.
Der Sklave wurde auch bei den Griechen nur als „beseelte Sache“ gewertet.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 75

untersagt.1 Das Geschlecht des Sklaven spielte ebenfalls keine Rolle. Der Eigen­
tümer hatte auch Anspruch auf die Kinder des Sklaven (Früchte der Sache). Eine
wichtige Durchbrechung der sachenrechtlichen Einstufung brachte das Sen. cons.
Silanium aus dem Jahre 10 n. Ohr. zugunsten der Sklavin. Diese wurde de iure
..frei“, wenn sie der Herr zur Prostitution benutzte. Eingehende Bestimmungen
regelten die Möglichkeiten der Freilassung der Sklaven; in den Vollbesitz der
römischen Bürgerrechte kamen sie aber nie, da auch nach der „Freilassung“ eine
Reihe zum Teil einschneidender Beschränkungen öffentlich- und privatrechtlicher
Art verblieben.
In Ägypten hat es nach dem derzeitigen Quellenstande schon in alter Zeit, also
auch im AR und MR, Personen mit geminderter Rechtspersönlichkeit gegeben.12
Die Einbuße der individuellen Rechtssphäre der untersten Bevölkerungsklassen
wird stärker, als Ägypten im NR beginnt, imperiale Ziele zu verfolgen und aus­
gedehnte Eroberungskriege zu führen. Von diesen Feldzügen werden im Erfolgs­
falle nicht nur materielle Werte als Beute mitgebracht, sondern vor allem Kriegs­
gefangene. Allmählich gehen diese Personenkreise in der einheimischen Bevölke­
rung auf, ein Umstand, der sich offenbar günstig auf ihre Rechte auswirkt. Wie
wir noch sehen werden, gilt die Ehe eines Freien mit einer Unfreien (und um­
gekehrt) als legitim. Der Sklave kann im NR immer noch Geschäfts- und Prozeß­
handlungen im eigenen Namen vornehmen.3 Das gilt sogar noch für ptolemäisch-
römische Zeit. Es wird von Eigentumsrechten der Genannten an Sachen usw. be­
richtet und hervorgehoben, daß in den Nachbarstaaten Ägyptens gleiche Rechts­
verhältnisse nicht zu beobachten wären.4 Die Rechtsstellung des ägyptischen
Sklaven ist demnach mit der römischen Parallelinstitution nicht auf die gleiche
Stufe zu stellen. Im Gegensatz zu den römischen Verhältnissen steht auch die
Tatsache, daß in Ägypten der Mord am Sklaven mit dem Tode bestraft wurde.5
Trotz alledem bleibt die Tatsache bestehen, daß die Hörigen bereits im AR Objekt
rechtsgeschäftlicher Verfügung sein können ; sie gehören gewissermaßen zum Land­
besitz, so daß bei einem Eigentumswechsel — z. B. durch Erbfolge — die Ge­
nannten als ,,lebendes Inventar“ mit übergeben werden. So berichtet Meten, ein
hoher Beamter unter König Snefru (IV. Dynastie), daß er von seinem Vater zwar
kein Getreide oder Hausrat, dafür aber ,,Leute und Vieh“ geerbt habe. Im NR
treten Händler auf, die Menschen (vielleicht Kriegsgefangene?) an Privatleute ver­
äußern.6 Bakir folgert aus dem im AR und MR nachweisbaren Titel eines .,Schrei-

1 Vgl. hierzu K. Oettinger, Das bürgerliche Recht, Halle 1931, 32—33.


2 So auch E. Seidl, Einführung in die ägyptische Rechtsgeschichte, 42.
3 Belege bei A. Blackman, JE A 11, 1925, 250.
4 J. Nietzold, Die Ehe in Ägypten zur ptolem.-römischen Zeit, Leipzig 1903, 21 f.
5 Diodor 1, 77, 6.
6 Pap. Kairo 65739 (vgl. A. Gardiner, JEA 21, 1935, 140). Belege für die Rechts­
minderung „dienender“ Personen, die graduell sehr unterschiedlich sein kann, ent­
halten: Urk. 1, 1933, 12,3,9-13 (AR); Pap. Kahun in: F. Griffith, The Petrie
Pap. 1, London 1898, 1, Taf. 12, Zeile 10; F. Petrie, Dendereh, London 1900,
Taf. 11, Zeile 2 v. o. (MR); Pap. Berlin 9784 und 9785 (NR) (vgl. hierzu A. Gardiner,
Z 43, 1906, 35 und 37) u. v. a. Zum Gesamtproblem äußert sich ausführlich
- . Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, Kairo 1952. Bakir steht mit der hier vor-
76 Rolf Tanneb

bers der Sklaven“ sè mr(j)t, daß das Eigentum an Hörigen, Leibeigenen usw. der
zuständigen Behörde zu melden war, die ein diesbezügliches Register führte
(Bakir, Slavery, 100f.).
bb) Die im vorigen Absatz gewonnenen Erkenntnisse sind auch für die Be
urteilung der Rechtslage der Frauen in den verschiedenen Zeiträumen von Be­
deutung, gelten sie ja gleichermaßen für die weiblichen Teile der genannten
Bevölkerungsklassen. Die Frauen der feindlichen Krieger wurden als eine beliebte
Beute angesehen, wie aus einer Inschrift Sesostris’ III. (XII. Dynastie) hervor­
geht; im Zusammenhang mit der Plünderung Nubiens heißt es: ,,Ich erbeutete
ihre Frauen“* 12 aus dem Grabe desHaremheb (18. Dynastie) er­
1. In einem Relief*
scheinen gefangene Asiaten, die von ägyptischen Wachen geführt werden. Das
Bruchstück zeigt u. a. auch eine Frau mit Kindern; ihre Kleidung läßt die
asiatische Herkunft deutlich erkennen. Auch sie gehört zu den — offenbar von
Haremheb während seiner Offizierszeit — erbeuteten Gefangenen. Vielleicht
handelt es sich um syrische Soldaten. Syrische Dienerinnen sind uns schon aus
der 12. Dynastie bekannt3 und lassen (wie die Hausurkunde des Uah4, Priester
unter Amenemhet IV., zeigt) Personen mit geminderter Rechtssphäre erkennen.
Die Frau des Priesters erhält durch die Urkunde das Recht, über vier ,,östliche
Sklaven“ weiblichen Geschlechts zugunsten ihrer Kinder zu disponieren. Die be­
troffenen Personen werden mit 3m.t bezeichnet und stammen hiernach von den
nordöstlichen Nachbarvölkern Ägyptens ab. Die von den südlichen Nachbar­
völkern nach Ägypten gebrachten weiblichen Gefangenen heißen nach Ostrakon
Berlin 25218 nhsj.t.5 In diese Gruppe gehört auch eine Arbeiterin, hm.t genannt,
die oft mit „Sklavin“ übersetzt wird.6 Pap. Berlin Nr. 9784 enthält ein inter­
essantes Zeugnis aus der Zeit Amenophis’ III.7 Ein Hirte (!) namens Nb-mhj ver­
kauft die Arbeitskraft einer offenbar ihm gehörigen hm.t an den Vorsteher der
königlichen Rinderherden, Msj. Dafür bekommt er ein Entgelt aus Kleidern und
Korn. Die Verfügungsbefugnis des Nb-mhj erstreckt sich auf die physische Arbeits­
kraft der Arbeiterin (sie heißt Hnw.t). Diese wird als austauschfähiges Vertrags­
objekt angesehen. Ob es auf die Zustimmung der hm.t ankommt, läßt der Text
offen. Als Maßeinheit der Dienstleistung nennen die Kontrahenten eine Zeit­
spanne von zwei Tagen. Diese Frist soll auf eine weitere Arbeiterin des Nb-mhj

getragenen Meinung nicht im Widerspruch; wenn er auch durchweg den Term,


„slave“ verwendet, stuft er doch nach Hörigkeitsgraden ab. Einige Autoren
nehmen für das NR die Existenz von Sklaven ohne Einschränkung an, z. B. H. Kees,
Kulturgeschichte des Alten Orients 3, München 1933, 48 und 124- A Gardiner
ÄZ 43, 1906, 43 f. '
1 C. R. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien 2, Berlin 1849, 136h,
Zeile 14; J. Breasted, Ancient Records 1, 1906, § 653 f.
2 J. Breasted, Geschichte Ägyptens, 2. Berlin 1911, Abb. 116 und 148.
3 A. Gayet, Musées du Louvre, Paris 1886, Stelen C 18 und 170.
4 Pap. Kahun 1, 1, Taf. 12, recto Zeile 10—11 und Pap. Kahun 2, 1, Taf. 13,
Zeile 15—16.
° M. Müller, Die Liebespoesie der alten Ägypter, Leipzig 1899, Taf. 17.
6 A. Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, 29.
7 A. Gardiner, ÄZ 43, 1906, 23 f.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 77

Anwendung finden und u. U. verlängert werden, wenn die normale Arbeitskraft


<lurch Temperatureinflüsse vermindert werden wird.
Ähnliche Rechtsgeschäfte enthalten Pap. Gurob II, 1, und II, 2.1 Die personen­
rechtliche Stellung der hm.t zeigt die oben besprochenen Erscheinungen. Pap.
Berlin 978512 unterscheidet sich von den bisherigen Verträgen, insofern nicht nur
die Dienste, sondern die hm.t selbst gegen Tiere eingetauscht wird. Der Partner
HBt kam wahrscheinlich seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nach und er­
schien gebunden und in Begleitung der Abgabeneintreiber vor Msj, der ihm gegen
Überlassung der Arbeiterin M3't-nfr.t die ,,Sollerfüllung“ ermöglichte. Msj klagt
vermutlich auf Übergabe der hm.t, da H3t in Verzug geriet. Msj’s Ansprüche
werden vom Gericht bestätigt.
Diese Urkunden berichten uns sämtlich über den Vertragsinhalt, während wir
über das Innenverhältnis zwischen H3t und M3't-nfr.t nichts erfahren. So kann
nur aus der Nichtbeteiligung der hm.t vermutet werden, daß es auf ihre Willens­
erklärung nicht ankommt. Wie dem auch sei, wir gehen wohl nicht in der Annahme
fehl, daß die hm.t personenrechtlich etwa auf der gleichen Stufe wie die '3m.t und
nhsj,t steht und eine Minderung ihrer personenrechtlichen Freiheit erkennen läßt.
Endlich sei noch darauf hingewiesen, daß auch bei der hm.t die Begründung
des personenrechtlichen Gewaltverhältnisses originär nicht selten durch Er­
beutung im Kriege erfolgt, ein Umstand, der in den Texten hin und wieder durch
Angabe des Herkunftslandes hervorgehoben wird. 34
cc) Eine Art weibliche Leibeigene tritt in den Inschriften seit der 12. Dy­
nastie (?) unter der Bezeichnung bBk.t1* auf. Sie befindet sich in öffentlichem5 und
privatem Besitz.6 Das Mutterwort ist b3k mit dem charakteristischen Deter­
minativ für körperliche, Kraft erfordernde Arbeit und bedeutet als Verb ,,arbeiten,
zinsen“ (insbesondere ,,schwer arbeiten“7), als substantivische Abstraktbildung
bBk.t ,,das Arbeitsprodukt“ des Leibeigenen (seit 18. Dynastie — WB 1, 1955,
428 C I). Ob ein Eigentumsrecht wie bei der hm.t erworben werden kann, bleibt
unklar. Möglicherweise kann auch die bBk.t aus den Reihen der weiblichen Kriegs­
gefangenen kommen. Die Rechtseinbuße der ausländischen Kriegsgefangenen
wird im Altertum damit begründet, daß dem Sieger ein angebliches Tötungsrecht
zustehe. Wenn von diesem Recht kein Gebrauch gemacht wird, so bleibt regel­
mäßig ein Gewaltverhältnis übrig, das die Rechtsfähigkeit des Betroffenen stark
vermindert oder ausschließt. Fast alle Völker des Altertums — besonders aber der

1 A. Gardiner, ÄZ 43, 1906, 35—38. 2 A. Gardiner, ÄZ 43, 1906, 38—40.


3 Urk. 4, 1909, 665; 698; 720; 725. Pap. Harris 1, 60, 3 und Pap. Berlin 9783
macht eine Ausnahme, insoweit die hm.t einen reinägyptischen Namen MB't-nfr.t
trägt. Den Namen könnte sie allerdings in der Gefangenschaft erhalten haben.
Nach Gardiner bedeutet Hrj ,t die fern. Form von hBrw.j C“^) ,,Syrer“.
4 Vgl. hierzu A. Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, 15, mit zahlreichen Belegen.
‘ Z. B. in Pap. Anastasi 2, 8, 2.
G Pap. Louvre 3230b, 2; Pap. Bologna 1094, 9, 5. Die hier gebrauchten Term.
‘ n.t, nhsj.t, bBk.t lassen nicht erkennen, ob die betreffende Person einem öffent-
I hen oder privaten Herrschaftsverhältnis untergeordnet ist; das ergibt nur der
Nontext. Die Quellenlage gestattet auch keine chronologische Differenzierung.
7 WB 1, 1955, 426.
78 Rolf Tanner

Antike — haben sich an diesen uralten Grundsatz gehalten. Ägypten macht hier
eine Ausnahme, insoweit es zwar den Gefangenen unter ein bestimmtes Gewalt­
verhältnis stellt, ihm aber eine private Rechtssphäre beläßt, die ihn sein Los
leichter ertragen hilft. Es verwundert uns deshalb nicht, daß die Ehe zwischen
einem Freien und einer Gefangenen als legitim gilt.1 Trotz alledem brachten die
ausländischen Kriegsgefangenen auf Grund ihres Rechtsstatus auch für Ägypten
die Gefahr mit sich, eine gewisse Tendenz für die Entstehung sklavenähnlicher
Stände auf den Weg zu bringen.
Bestimmten Verfügungen unterliegt auch die b3k.t, wobei die Rechtsbeziehun­
gen im Innenverhältnis wieder nicht bekannt sind. Sie kann im Erbgang erworben
werden und in auch sonstiger Weise Objekt rechtsgeschäftlicher Verfügungen sein.
Danach muß auch bei dieser Gruppe eine Minderung des Personenrechts vorliegen,
wenn man die Irrelevanz der eigenen Mitbestimmung dieser Frauen unterstellt.
Die Quellen sagen darüber nichts aus (argumentum e silentio). Ein Grabherr des
MR erklärt: ,,Ich habe drei bïk.w und sieben blk.wt zusätzlich zu denen, die mir
mein Vater gab, erworben.“1 2 Ähnliche Beziehungen scheinen in einem Toten­
dienst-Vertrage aus der 11. Dynastie vorzuliegen3: ,,Darüber hinaus habe ich
20 Ballen Kleiderstoff (?) an diesen Totenpriester und 10 Ballen an den Vorlese­
priester und an jeden einen tëk und eine bBk.t gegeben.“ Die Verwandtschaft der
beiden Gruppen bSk.wt und hm.wt darf einer Stelle aus den Admonitions4 ent­
nommen werden, wo sie im Parallelismus membrorum stehen, was freilich nicht
Identität zu bedeuten braucht. Gardiner übersetzt : ,,Forsooth, all female slaves“
(im Text steht hm.t) ,,are free with their tongues; when their mistress speaks, it
is too more than the blk.w would stand“. Eine Arbeitspflicht (Frondienst) be­
stand sicherlich für bestimmte Teile der Landbevölkerung gegenüber dem Terri­
torialherrn.5 Ob sich dessen Ansprüche als Folge seines (mit modernen Begriffen
ausgedrückt) öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses, also zugunsten der
Obrigkeit, ergaben oder persönliche Bodenregalien darstellten, läßt sich selten
bestimmen. An Übergriffen und Willkürakten6* 7wird es nicht gefehlt haben. An die
strengen Strafbestimmungen des Haremheb-Dekrets 7 sei erinnert, die den Miß­
ständen der Landesverwaltung am Ende der Amarna-Zeit Einhalt gebieten
sollten.8 Auch in früheren Zeiten mag es teilweise nicht viel besser gewesen sein.
Manche biographische Inschrift legt hierfür Zeugnis ab. Henku, ein Fürst aus dem

1 J. Nietzold, Die Ehe in Ägypten zur ptolem.-römischen Zeit, 21, betont zu­
treffend die Vermögensfähigkeit der ägyptischen Sklaven und ihre sonstigen Rechts
befugmsse, durch die sie weit über die Lage ihrer Schicksalsgenossen in anderen
Landern herausgegeben werden.
2 A. Bakir, Slavery in Pharaoinc Egypt, 17.
3 E. Peet, A Mortuary contract of the 11th Dyn., in : Annual Report and Prospect us
of the Inst. of. Arch, of the Univ, of Liverpool 7, 1909/10, 81—88 Taf 15
Bakir, Slavery, 17f. ' ' '
4 A. Gardiner, The admonitions of an Egyptian sage, Leipzig 1909 4 13_ 14
5 A. Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, 18. '
6 Urk. 1, 1933, 172, 1-3; dsgh 210, 14.
7 W. Helck, ÄZ 80, 1955, 109.
8 E. Otto, Ägypten — Der Weg des Pharaonenreiches, 171.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 79

Ende der 5. oder vom Anfang der 6. Dynastie, berichtet in der Inschrift1 seines
Grabes bei Der el Gebraui, daß er einer gewesen sei : . der euch in der Ratshalle
(sh n sr.w) schützte“ (also offenbar: als Fürst gegenüber dem Kollegium der sr.w).
, Niemals war es der Fall, daß ich die Tochter eines von euch dienstbar machte..."
Es scheint sich hier um Frondienste zu handeln, was auch durch die Fortsetzung
in Zeile 10 des Textes nahegelegt wird. Ob das seltene Determinativ des Verbums
bBk eine Art „doch" in Kragenform als äußeres Kennzeichen der Leibeigenschaft
darstellen soll, ist unklar. Eine ähnliche Stelle ist aus einer Denksteininschrift der
11. Dynastie bekannt geworden. Es handelt sich um die Inschrift des Itj1 2, in der
der Grabherr die Nachwelt von guten Werken, insbesondere über seine Rechtlich­
keit, unterrichtet.34
„Ich habe Gebelen (iw-mjtrw) in den Jahren der Not am Leben erhalten zu
einer Zeit (?), in der 400 Menschen sich (in bezug auf Verpflegung) im Elend be­
fanden (?), dennoch nahm ich nicht die Tochter eines angesehenen Mannes fort/ *
(zur Arbeit) und beschlagnahmte nicht sein Feld."5
Das Wegnehmen der Tochter wird hier milder formuliert, von b$k ist nicht die
Rede, obwohl der Tatbestand sonst der Inschrift des Henku sehr ähnelt. Beiden
Texten kann entnommen werden, daß der jeweilige Distriktsvorsteher unter be­
stimmten Umständen berechtigt war, die Arbeitsdienstpflicht auch auf weibliche
Personen zu erstrecken. Man würde den Sachverhalt sonst nicht in dieser Weise
in die Grabinschriften aufgenommen haben.
dd) Mr.t ist ein Kollektivum und bezeichnet seit dem AR vorwiegend Land­
arbeiter beiderlei Geschlechts.6 Sie sind bestimmten Lohnherren gegenüber zur
Arbeitsleistung verpflichtet. Ihre sozialrechtliche Stellung läßt sich am besten mit
‘Hörige’ wiedergeben. Diese Bevölkerungsgruppe spielte in Ägypten von alters her
für die gesamte Volkswirtschaft eine ausschlaggebende Rolle; auf ihren Schultern
lag hauptsächlich die Besorgung der Landarbeit. Wir finden sie in den könig­
lichen Domänen, besonders im Besitz der Tempel und auch bei Privaten ver­
treten.7 Den Stamm des Wortes können wir auf mr „Feldarbeit" zurückführen,
eine Tätigkeit, die eng mit der Verwendung eines Arbeitsgerätes (Hacke) zu­
sammenhängt und sich bis in das AR nachweisen läßt.8 Im NR erweitert sich die
Bedeutung auf mr.t, unter denen wir in vielen Fällen Beschäftigte der Weberei
und des Kleiderhandwerks zu verstehen haben.9 Die Organisation der mr.t war

1 Urk. 1, 1933, 76. 2 Pap. Kairo 20001; H.-J. Polotsky, JEA 16, 1930, 194.
3 Zeile 3—4 nach J. Vandier, La stèle 20001 du musée du Caire: Mélanges Maspero
1,1937,1, 139.
4 si.t8 parallel zu s3s kann auch „Tochter eines angesehenen Mannes" heißen;
WB 3, 1955, 409, 14.
5 J. Breasted, Ancient Records 1, 1906, § 459. Parallelen finden sich in Urk. 1,
1933, 217, 5 und bei P. E. Newberry, Beni Hasan 1, 1892, Taf. 8, Zeile 18—19. Vgl.
hierzu A. Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, 15 Anm. 5.
6 Urk. 1, 1933, 210; WB 2, 1955, 106, 13; Bakir, Slavery, 22. Vgl. die interessanten
'usführungen bei C. JlypbH, BecTHUK apeBHeü Hcropun 1948, 5, 65—71.
7 Urk. 4, 1909, 72; Pap. Anastasi 6, 17. 8 W. Spiegelberg, ÄZ 45, 1908, 89.
9 C. R. Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien 2, 1849, 126. WB 2,
955, 106,19.
80 Rolf Tanneb

teilweise behördlich geregelt. Sie unterlagen der amtlichen Registratur und mußten
vom Gutsherrn zur Kopfsteuer angemeldet werden. Erwarb der Besitzer weitere
Hörige, so hatte er die Pflicht, dem Amtsvorsteher hiervon Mitteilung zu machen.
Der Grabherr Sebekaa versichert auf seiner Stele: „Ich erwarb meine Hörigen
nämlich mit Kenntnis des Amtsvorstehers f?).“1 Ss mr.t ist der eigens für die
Registratur der mr.t eingesetzte Schreiber.1 23 Der Aufseher von mehreren Ab­
teilungen Höriger, die vermutlich für Tempelbesitz arbeiten, heißt imj-r iswj mr.t A
Seit dem NR begegnen wir der Wortkombination hBw-mr „das Zuviel an Leuten“
als Bezeichnung der Plebejer4*; eine ,,gemeine Rede“ wird ebenfalls mit mr kon­
struiert: mdw.t nt h$w-mr.^
Um die für die Einkünfte der Tempel und Nekropolen wichtigen Landarbeiter
vor Willkürakten der Territorialherren, Beamten usw. zu bewahren, wurden be­
reits im AR königliche Schutzdekrete erlassen.0 Diese bringen als wesentlichen
Inhalt zum Ausdruck, daß keine Behörde (insbesondere nicht die Steuereinnahme­
ämter) ein ,,Beschlagnahmerecht“ gegenüber den mr.t habe. Damit auch jeder­
mann von dem Schutzrecht Kenntnis nehmen konnte, wurde z. B. der Schutzbrief
des Königs Neferirkarê (5. Dynastie) betr. die Befreiung der Priester des Osiris­
tempels in Abydos von Abgaben, Dienstleistungen aller Art usw. in einen Denk­
stein gemeißelt und am Eingang des Heiligtums aufgestellt.7
Die mr.t gehören einem bestimmten Besitzer; sie haben jedoch keine Sach­
eigenschaft, da der Grundherr nur Anspruch auf ihre Arbeitskraft zu haben
scheint. Die Belege enthalten keine Hinweise auf rechtsgeschäftliche Verfügungen
über die mr.t (wie das z. B. bei den bSk.w üblich ist); sie können mit dem Grund­
besitz aber auf den Erben übertragen werden.
ee) Eine rechtlich schwer zu definierende Bevölkerungsgruppe wird in den
Texten mit d.t bezeichnet. Wenn d.t (WB 5, 1955, 510, 10) mit der seit dem AR
belegbaren Schreibung mit Suffix (WB 5, 511, 4) zusammenfällt (njd.t, WB 2.
1955, 369, ev. defektive Schreibung), so dürfte der Ausdruck ursprünglich ‘die zur
d.t (Totenstiftung) Gehörigen’ im Gegensatz zu mr.t-Hörigen außerhalb der pri­
vaten Totenstiftung bezeichnet haben.
Die d.t stehen wie die mr.t zu einem Herrn in einem bestimmten Abhängigkeits­
verhältnis, das sich in der Leistung körperlicher Arbeit oder in der Verpflichtung
zur Abgabe ihrer Erzeugnisse (meist landwirtschaftlicher Art) ausdrückt.8 Es
scheint sich danach um eine Art Fronleute zu handeln, die zu einem ländlichen
Besitztum gehören. Geht letzteres auf den Erben über, so wird dieser der Herr

1 Abgebildet in der Sammlung Hieroglyphic texts from Egyptian stelae in the


British Museum 1, London 1911, Taf. 54, Zeile 1 v. u.
2 C. Firth und B. Gunn, Tet Pyramid Cemeteries 1, Kairo 1926, 192.
3 A. Mariette, Les mastabas de l’Ancien empire, Paris 1889, 125; vgl. auch
A. Bakir, Slavery in Pharaonic Egypt, 24 mit weiteren Angaben über Schreibungen
und Titel.
4 WB 3, 1955, 18, 10 mit Bel. 5 WB 3, 1955, 18, 11 mit Bel.
6 Urk. 1, 1933, 172, 1-3 und 210, 14. ? Urk. 1, 1933, 170.
8 Koptosdekret in Urk. 1, 1933, 294,16; Pap. Kahun 10, 7. Ders. 11,1; Pap.
Petersburg 1116A, 23; F. Vogelsang, Kommentar zu den Klagen des ' Bauern,
Leipzig 1913, 33 und A. Gardiner, JE A 9, 1922, 7.
Die Frau im pharaonischen Ägypten 81
der d.t. Sinuhe überträgt vor seiner Heimkehr nach Ägypten sein Vermögen an
die Kinder ; d. h., der älteste Sohn wird Verwalter des gesamten Besitzes: „Mein
großer Sohn (wurde) hinter meinen Stamm . . . mein Stamm, alle meine Habe
(kam) in seine Hand, meine Hörigen (d.t) . . .“1 Sinuhe weilt zu diesem Zeitpunkt
noch außerhalb Ägyptens, so daß es nicht feststeht, ob die Vermögensübertragung
sich nach ägyptischem oder kanaanäischem Recht richtet. Es scheint aber möglich
zu sein, daß diese Dichtung, die sich in Ägypten außerordentlicher Beliebtheit
erfreute, eher heimisches Recht als ausländisches bevorzugt ; die Übertragung des
Erbes auf den ältesten Sohn als Treuhänder für die hinterbliebene Familie wird
- wie wir bei unseren erbrechtlichen Erörterungen sehen werden - auch in
Ägypten belegt. Die Abkömmlinge der d.t stehen ipso iure im gleichen Rechts­
verhältnis wie die Mutter, die hierfür den Ausschlag gibt.12
g) Über die juristisch-gesellschaftliche Einstufung der Frauen in den „Städten“
sind wir nur ganz unzureichend unterrichtet. Einiges wird schon in anderem Zu­
sammenhang erwähnt.3 Nachzutragen bleiben drei Wortbildungen, die den Kreis
der Betrachtung der Bevölkerungsgruppen, die uns für die sozialrechtliche
Stellung der Frau mittelbaren Aufschluß geben, abschließen sollen.
Die in der Stadt lebende Frau setzt seit der 18. Dynastie vor den Namen öfter
den Titel ‘nh t nnw.t, „die in der Stadt Lebende“, d.i. „die Bürgerin“, „Städterin“.4
Tritt sie unter dieser Bezeichnung auf, handelt es sich um eine „Freie“. Als Objekt
einer rechtsgeschichtlichen Verfügung begegnen wir ihr in keiner der Quellen.
Möglicherweise haben auch die in der Stadt lebenden Frauen einer gewissen Bot­
mäßigkeit gegenüber dem Stadtfürsten und höheren Beamten unterstanden. So
groß ist der Unterschied in der rechtlichen Stellung der Stadt- und Landbewohner
noch nicht. Die sozialrechtliche Stellung der Tochter bestimmt sich in erster Linie
nach der Stellung ihrer Mutter, später auch nach der des Ehegatten.
Eine Parallele zu dem obengenannten Titel findet sich in der Bezeichnung
nmhj.t „Bürgerin“.5 Dieser Term, wird später geradezu als „frei“ im Gegensatz zu
bik gebraucht.6 In der Biographie des Henku aus der 5./6. Dynastie7 wird von
einer swB.t „verarmten Frau“ gesprochen, die trotz ihrer Armut (Schulden?) nicht
aus ihrem Hause vertrieben wurde. Die Vermögenslage spielt hinsichtlich der
rechtlichen Stellung offenbar eine nicht zu unterschätzende Rolle. èw3.t braucht
allerdings keine feststehende Bezeichnung zu sein8, so daß dieser einzelne Beleg
keine generalisierenden Schlüsse gestattet.

1 H. Grapow, Untersuchungen zur ägyptischen Stilistik 1, Dtsch. Akad. d. Wiss.,


Inst. f. Orientforschung Nr. 10, Berlin 1952, 88.
2 Pap. Kahun 11, 6—8; Kairo 20161c.
3 Vgl. S. 69-72.
4 Wenige Belege schon im MR nachweisbar: Kairo 20520, Pap. Florenz 1545 bis
1546; vgl. WB 1, 1955, 201. Seit der 18. Dynastie gibt es dagegen zahlreiche Belege.
5 Belegt seit dem MR: Kairo 20104; Kairo 20266 und Kairo 20392; Pap. Kahun 2,
9, 7 a. Vgl. WB 2, 1955, 268.
6 H. Thompson, JEA 26, 1941, 74, und S. Morenz, Theologische Literaturzeitung
74, 1949, 425.
7 Nach WB 4, 1955, 435, 8 nur einmal belegt: Urk. 1, 1933, 77, 16.
8 Der Term, sws „verarmen“ seit AR belegt : WB 4, 1955, 435, 1.

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