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Der Internist
Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten
Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
Heft 1 Sonderheft
Fall 1–25
Facharzt-Training
Innere Medizin
25 Fallbeispiele mit
Prüfungsfragen
Von Exp er ti nn en und Exper ten d es Fac h ge b ie ts f ü r Sie ge p l a n t, ge sch rie b e n u n d b e gut ac hte t !
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tragen das Varicella-Zoster-Virus in sich.1
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Für eine vollständige Auflistung der Kontraindikation, Warnhinweise und Nebenwirkungen siehe Fachinformation.
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Wirkstoff: Shingrix Pulver und Suspension zur Herstellung einer Injektionssuspension, Herpes-Zoster-Impfstoff (rekombinant, adjuvantiert). Zusammensetzung: Nach
der Rekonstitution enthält eine Dosis (0,5 ml): 50μg Varizella Zoster Virus Glykoprotein-E-Antigen, hergestellt in immortalisierten Ovarialzellen des chinesischen Hamsters
(CHO); adjuvantiert mit AS01B, dieses enthält: 50 μg Pflanzenextrakt aus Quillaja saponaria Molina, Fraktion 21 (QS-21) und 50 μg 3-O-Desacyl-4’-monophosphoryl-
Lipid A (MPL) aus Salmonella minnesota. Sonstige Bestandteile: Saccharose, Polysorbat 80, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Kaliummonohydrogenphosphat,
Colfosceriloleat (DOPC), Cholesterol, Natriumchlorid, wasserfreies Natriummonohydrogenphosphat, Kaliumdihydrogenphosphat, Wasser für Injektionszwecke.
Anwendungsgebiete: Aktive Immunisierung zur Vorbeugung von Herpes Zoster (HZ) und postzosterischer Neuralgie (PZN) bei Erwachsenen im Alter von 50 Jahren und
PM-DE-SGX-ADVT-210001 01.2021
älter und bei Erwachsenen ab 18 Jahren mit erhöhtem Risiko für einen Herpes zoster. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder sonstige Bestandteile
des Impfstoffes. Akute, schwere, fiebrige Erkrankung. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfschmerzen, gastrointestinalen Beschwerden (einschließlich Übelkeit, Erbrechen,
Durchfall und/oder Bauchschmerzen), Myalgie, Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Rötung, Schwellung), Müdigkeit, Schüttelfrost, Fieber. Häufig: Pruritus an
der Injektionsstelle, Unwohlsein. Gelegentlich: Lymphadenopathie, Arthralgie. Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Hautausschlag, Urtikaria, Angioödem.
Verschreibungspflichtig. Stand: August 2020. GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 80700 München. de.gsk.com
Weitere Informationen über das Arzneimittel: Dosierung: Als i.m. Injektion: 2x 1 Dosis (0,5 ml) mit einem Abstand von 2 Monaten. Falls erforderlich, kann die zweite Dosis
im Abstand von 2 bis 6 Monaten nach der ersten Dosis verabreicht werden. Bei Personen, die krankheitsbedingt oder durch eine Therapie immundefizient oder immun-
supprimiert sind oder werden könnten und die von einem kürzeren Impfschema profitieren würden, kann die zweite Dosis 1 bis 2 Monate nach der ersten Dosis verabreicht
werden. Weitere Warnhinweise laut Fachinformation: Der Impfstoff darf nicht intravasal oder intradermal verabreicht werden. Es kann als psychogene Reaktion auf die
Nadelinjektion nach oder sogar vor einer Impfung zu einer Synkope (Ohnmacht) kommen. Weitere Informationen siehe Fachinformation. Nebenwirkungen melden Sie
bitte ggf. bei der GSK-Hotline: 0800-1223355.
Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von
Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, Paul-Ehrlich-
Institut, Paul-Ehrlich-Str. 51-59, 63225 Langen, Tel: +49 6103 77 0, Fax: +49 6103 77 1234, Website: www.pei.de zu melden.
I n h alt Der Internist · Band 62 · Supplement 1 · März 2021
Editorial
G. Ertl · A. Arlt
S1 Facharzt-Training Innere Medizin. Fallbezogenes Lernen anhand der neuen Muster-Weiterbildungsordnung
Facharzt-Training
A. Arlt
S5 67/m mit Kollaps nach Stuhlgang. Fall 1
M. Möckel
S11 73/w mit Zustand nach Sturzereignis. Fall 2
J. Saccomanno · R.-H. Hübner · M. Raspe
S18 27/m mit plötzlich einsetzenden thorakalen Schmerzen, Dyspnoe und Hämoptysen. Fall 3
K. Blödt
S24 64/m mit Schmerzen und Kältegefühl im Bein. Fall 4
U. Seybold
S31 35/w, schwangere Kollegin. Fall 5
S. Meyhöfer
S35 72/w mit Kollaps nach Schwindel und starkem Schwitzen. Fall 6
M. Menzen
S41 50/m mit Erstmanifestation eines Diabetes mellitus. Fall 7
A. Arlt
S46 60/m mit Inappetenz und Oberbauchbeschwerden. Fall 8
R. Wirth
S51 83/w mit Mangelernährung unklarer Genese. Fall 9
A. Arlt · C. Meinhardt
S56 41/w mit gürtelförmigen Oberbauchschmerzen. Fall 10
M. Hoechstetter
S63 72/m mit Leukozytose, Lymphozytose und Lymphadenopathie. Fall 11
S. C. Hintze · C. Terkamp
S70 42/w soporös mit starken abdominellen Schmerzen. Fall 12
M. Abu-Tair
S76 83/m mit Delir. Fall 13
U. Seybold
S81 61/m, frisch nach Coronainfektion. Fall 14
R. Draenert
S86 36/w mit Fieber und Schmerzen im rechten Arm. Fall 15
V. Rüttermann
S90 78/w mit akutem und chronischem Husten. Fall 16
G. Serfling
S97 53/w mit Fieber und Palpitationen. Fall 17
R. Draenert
S102 80/m mit Dyspnoe und zunehmender Verwirrtheit. Fall 18
A. Arlt
S106 75/w mit zunehmenden Krämpfen in beiden Händen. Fall 19
M. Raspe · J. Saccomanno · R.-H. Hübner
S110 67/m mit langsam zunehmender Dyspnoe und Husten. Fall 20
J. Leipe
S118 59/w mit zunehmender Schwellung im rechten Handgelenk. Fall 21
M. Menzen
S125 21/m mit massiver Verschlechterung des Allgemeinzustands. Fall 22
K. Sonnenschein
S130 71/m mit pochender Bauchvorwölbung. Fall 23
J. Gebauer
S136 82/w mit Verwirrtheit und rezidivierenden Stürzen. Fall 24
T. Böhme
S141 65/w mit einseitiger, schmerzhafter Unterschenkelschwellung. Fall 25
Kostenfrei
für alle
DGIM-
Mitglieder
Der Facharzt für Innere Medizin beinhaltet ein breites und rapi-
de wachsendes Wissensspektrum der einzelnen Teilfachgebiete.
Nicht zuletzt zeigt sich dies in der Tatsache, dass es neben dem
Facharzt für Innere Medizin weitere acht Teilgebietsfachärzte für
Innere Medizin gibt. Letztlich manifestieren sich in der Inneren
Medizin besonders eindrucksvoll der immense Wissenszuwachs
und die raschen technologischen Entwicklungen in der gesamten
Medizin, die ein hohes Maß an Spezialisierung fordern. Dem steht
eine stete Zunahme an Multimorbidität in unserer alternden Ge-
sellschaft gegenüber, die eine breite Ausbildung aller internistisch
tätigen Kolleg*innen erfordert. Dem Wissenszuwachs kann mit
zunehmender Nutzung digital gespeicherten Wissens begegnet
werden und mit dem Versuch, dieses durch lernende Algorithmen
abzurufen. Die „elektronische Patientenakte“ hat das Potenzial, das
Wissen noch um ein Vielfaches zu potenzieren und individuell für Abb. 1 8 Sonderheft 1 Facharzt-Training Innere Medizin
den einzelnen Patienten abrufbar zu machen.
und folgen in Kürze. Herausgegeben werden die Sonderhefte vom
» In der Inneren Medizin manifestiert sich der immense wissenschaftlichen Beirat der DGIM.
Wissenszuwachs besonders eindrucksvoll
Inhalte auch als E-Learning verfügbar
Das ärztliche Primat, Voraussetzung für eine humane Anwendung
am Menschen, lässt sich nur durch höchste Kompetenz in allen Parallel zu diesem Sonderheft gibt es die Inhalte als E-Learn-
Facetten dieser modernen Medizin erhalten. Was ist das hierfür ing aufbereitet über die DGIM e.Akademie (https://www.dgim-
notwendige Wissen? Jedenfalls ändert es sich stetig und rasch. eakademie.de). So kann jeder für sich entscheiden, ob er sich per
Wie lässt sich die notwendige Kompetenz in angemessener Zeit Sonderheft oder lieber digital auf die Facharztprüfung vorbereiten
erwerben, wie überprüfen? Wer ist qualifiziert, sie zu prüfen? Die möchte.
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) macht sich dies
zu einem ihrer großen Themenschwerpunkte und nutzt hierfür als DGIM e.Akademie bietet online umfangreiches
Organ unter anderem die Zeitschrift Der Internist, die sich einem Angebot
breiten Spektrum der Inneren Medizin widmet und damit alle
Internist*innen ansprechen möchte. Wir möchten auf das bereits etablierte E-Learning-Angebot der
DGIM und des Springer Medizin Verlags hinweisen. Jedes Mitglied
Kompaktes Wissen für die Facharztprüfung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin hat Zugriff auf das
Fortbildungsangebot der DGIM e.Akademie.
Das vorliegende erste Sonderheft Facharzt-Training Innere Medi- Was aus den verschiedenen Schwerpunkten und Zusatzgebie-
zin (. Abb. 1) ist ein fallbasiertes Kompendium mit Wissen für den ten der Inneren Medizin ist neu und wichtig für die Praxis? Das
internistischen Alltag, geschrieben und begutachtet von Experten können aktuelle Studienergebnisse und Leitlinien sein oder dif-
des jeweiligen Fachgebiets. Es enthält praxisorientierte Beiträge aus ferenzialdiagnostisch interessante Fälle, die in einem interaktiven
allen Bereichen der Inneren Medizin in Form von Patientenfällen. Format vorgestellt werden. Über einen Newsletter werden Sie re-
Diese Patientenfälle werden in den Facharztprüfungen zum gelmäßig informiert. Nutzen Sie das umfangreiche Angebot der
Internisten abgefragt und dienen so optimal zur Vorbereitung auf DGIM e.Akademie unter https://www.dgim-eakademie.de!
die Prüfung. Sonderhefte mit weiteren Fällen sind bereits in Arbeit
Sie haben ein Exemplar von „Der Internist“ der neuen Reihe zum
„Facharzt-Training Innere Medizin“ mit den ersten 25 Prüfungsfällen zur
Vorbereitung auf die Facharztprüfung vor sich.
Prof. Dr. Georg Ertl
Generalsekretär der DGIM
Das Facharzt-Training wird herausgegeben vom Wissenschaftlichen
Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DGIM
Beirat der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. und wird über
die nächsten Monate kontinuierlich erweitert, bis rund 150 Prüfungsfälle
aus allen Schwerpunkten der Inneren Medizin zur Verfügung stehen
werden.
Interessenkonflikt. G. Ertl und A. Arlt geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
nistinnen und Internisten ist schier unbegrenzt, „In der Prüfungsvorbereitung zum internisti-
die Diversität der Formate ebenso. Was ist für Sie schen Facharzt ist die Hämatologie und Onkolo-
das Richtige und was für welchen Stand in Ihrer Weiterbildung? gie oft das Fachgebiet, in welchem die meisten
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin möchte Ihnen bei Kolleginnen und Kollegen ihre größten Lücken
der Auswahl behilflich sein und garantiert mit dem Facharzt-Trai- sehen. Dies ist berechtigt, da die Hämatologie/Onkologie einen
ning Innere Medizin eine hohe Qualität, zusammen mit einem sehr rapiden Wissenszuwachs erfährt und die Krankheitsbilder sowohl
engagierten Team von Springer Medizin, dem ich herzlich danke.“ in der Diagnose als auch in der Therapie oft komplex sind. Es ist für
mich eine große Freude, anhand von ausgewählten Patientenfäl-
Gastroenterologie len die Hämatologie und Onkologie in der Prüfungsvorbereitung
für Sie einfach und lernbar darzustellen. Anerkannte Experten be-
Prof. Dr. Alexander Arlt reiten die Fallbeispiele anhand aktueller Leitlinien für Sie auf, so
Klinikdirektor Universitätsklinik für Innere Medizin
– Gastroenterologie am Klinikum Oldenburg, dass Sie einen schnellen Überblick über die Erkrankung, Diagnostik
© Klinikum Oldenburg
federführender Herausgeber, Mitglied Wissenschaftli- und Therapie erhalten und auch auf spezielle Fragen eine fundierte
cher Beirat der DGIM Antwort geben können.“
Angiologie Rheumatologie
Prof. Dr. Oliver Müller PD Dr. Philipp Sewerin
Bereichsleiter Angiologie am Universitätsklinikum Leiter Klinische Studien an der Poliklinik am
Schleswig-Holstein in Kiel, Mitglied Wissenschaftlicher Uniklinikum Düsseldorf, Mitglied Wissenschaftlicher
© Klinikum Heidelberg
© P. Sewerin
„Die Innere Medizin ist mehr als die Summe ihrer „Der Weg zum Facharzt ist steinig. Die zahlreichen
Schwerpunkte. Die Fallbeispiele mit den zugehö- neuen Erkenntnisse in Diagnostik und Therapie
rigen Fragen ermöglichen nicht nur das Identifi- stellen heutzutage auch erfahrene Kollegen*-
zieren von Wissenslücken vor der Facharztprüfung, sondern auch innen vor große Herausforderungen. Mit dem Facharzt-Training
ein Update im Bereich wichtiger internistischer Erkrankungen. Da- Innere Medizin wollen wir Sie durch eine innovative Verzahnung
her arbeite ich gerne in der DGIM e.Akademie mit.“ der interdisziplinären Lehrinhalte auf diesem Weg unterstützen,
um dieser Herausforderung gerecht zu werden.“
Pneumologie
Infektiologie
Dr. Matthias Raspe
Internist und Pneumologe an der Charité/ PD Dr. Ulrich Seybold
Universitätsmedizin in Berlin, Mitglied Klinikum der Universität München, Mitglied
„Junge Ärztinnen und Ärzte bevorzugen fallba- „Nicht erst seit der Corona-Pandemie wird die
© M. Raspe
„Ich freue mich, dass ich aktiv an der DGIM e.Aka- Themen der Inneren Medizin in engem Bezug zum klinischen All-
demie mitwirken kann. Im interdisziplinären He- tag zu repetitieren. Die Fälle aus dem Fachbereich Geriatrie haben
rausgeber-Team versuchen wir stets, aktuelles daher keinen organspezifischen Ansatz, sondern spiegeln die Mul-
und praxisrelevantes Wissen für Sie zu bündeln. Besonders liegt timorbidität vieler älteren Personen, ihre Besonderheiten in Diag-
mir aktuell unser neues Projekt des Facharzt-Training Innere Me- nostik und Therapie sowie den multiprofessionellen Ansatz wider.
dizin am Herzen. Die fallbasierte Aufarbeitung des internistischen So kann sich der Leser mit den wichtigsten Themen der Altersme-
Facharzt-Wissens macht nicht nur Spaß, sondern kann unseren dizin auseinandersetzen und das erworbene Wissen direkt in der
Weiterbildungskollegen auch ein gutes Fundament für eine er- Behandlung älterer Menschen anwenden.“
folgreiche Facharztvorbereitung liefern.“
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Untersuchung würden Sie bei dem Patienten als Erstes
Fallschilderung veranlassen, um eine vitale Gefährdung auszuschließen oder zu
belegen?
Ein 67-jähriger Mann (178 cm, 90 kg) wird über den Rettungsdienst – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen die weiteren
aufgenommen. diagnostischen und therapeutischen Schritte aus?
Am Morgen verspürte der Patienten nach dem Stuhlgang – Wovon machen Sie abhängig, ob und wann Sie eine Öso-
Schwindel und einen schnelleren Herzschlag. Ohnmacht oder Sturz phagogastroduodenoskopie (ÖGD) bei diesem Patienten
werden verneint. Auf Nachfrage gibt der Patient an, dass der Stuhl- durchführen?
gang sehr dunkel und klebrig war. Das Hautkolorit des Patienten – Welche Maßnahmen sollten Sie vor der ÖGD noch durchführen?
ist blass. – Nach welcher Klassifikation werden Ulkusblutungen eingeteilt
An Vorerkrankungen sind eine Hüfttotalendoprothese vor und um welche Blutung/welchen Ulkus handelt es sich?
10 Jahren und ein Bluthochdruck bekannt. – Welche Maßnahmen sollten nach der erfolgreichen Blutstillung
Zuletzt hat der Patient vermehrt Ibuprofen bei erneuten Schmer- erfolgen?
zen im Bereich der Hüfte eingenommen. Ansonsten besteht eine re- – Welches sind die häufigsten Ursachen für Ulzera im Duodenum?
gelmäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure 100 mg und eines nicht – Wie erfolgt die Diagnostik auf eine Helicobacter-pylori-
näher benannten Angiotensin-converting-enzyme-Hemmers. Infektion?
– Wie erfolgt die Therapie einer Helicobacter-pylori-Infektion?
Zusatzmaterial online
Die Online-Version dieses Beitrags (https://doi.org/10.1007/s00108-
020-00924-8) enthält ein Video. Das Video steht Ihnen auf www.
springermedizin.de zur Verfügung. Bitte geben Sie dort den Beitragstitel
in die Suche ein, das Video finden Sie beim Beitrag unter „Ergänzende
Inhalte“.
DieserArtikelwurdemedizindidaktischüberarbeitetundbasiertinTeilenauf
dem e.Curriculum Innere Medizin Gastrointestinale Blutung: Interaktiver
Fall zur Leitlinie von A. Arlt, der Online-Kurs erschien im August 2020.
D Antworten
? Welche Untersuchung würden Sie bei dem Patienten ? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen die
als Erstes veranlassen, um eine vitale Gefährdung auszu- weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritte
schließen oder zu belegen? aus?
– In der Zusammenschau der Befunde Teerstuhl, blasses Haut- – Bei dem Patienten besteht die Verdachtsdiagnose einer oberen
kolorit, Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) GI-Blutung.
und Kreislaufprobleme besteht die Verdachtsdiagnose einer – Der Hb-Wert liegt fast noch im Normbereich. Bei den Vitalpara-
gastrointestinalen (GI) Blutung. metern fällt allerdings ein positiver Schockindex auf.
Merke. Die erste Einschätzung der Gefährdung des Patienten Cave. Der Hb-Wert ist v. a. in der Frühphase der Blutung häufig
sollte durch eine Erfassung von Blutdruck und Herzfrequenz noch normal und korreliert nicht mit der Gefährdung des Patienten.
sowie die Bildung des sog. Schockindex (Herzfrequenz/Blutdruck
systolisch) erfolgen. Von diesem ist die Dringlichkeit des weiteren – Grundsätzlich ist das Vorgehen bei einer oberen GI-Blutung in
Vorgehens abhängig. eine präendoskopische, eine endoskopisch-therapeutische
und eine postendoskopische Phase zu unterteilen [1].
– Falls möglich, sollte eine Erweiterung der Anamnese und
körperlichen Untersuchung mit folgenden Schwerpunkten Der Fall.
erfolgen: – Da in der körperlichen Untersuchung kein Anhalt für eine
j Ausführliche Anamnese: gezielte Nachfrage nach Blu- Perforation besteht (Tastbefund), kann von einer Detektion
tungsmanifestation (Teerstuhl, Bluterbrechen und/oder freier Luft mittels Sonographie oder Röntgenaufnahme im
Blut im Stuhl). Vegetative Symptome. Medikation (gezielt Stehen/Linksseitenlage Abstand genommen werden.
nach NSAR, Glukokortikoiden und Gerinnungshemmern). – Prinzipiell besteht die Indikation für eine ÖGD.
Begleiterkrankungen und Risikofaktoren (Ulkusleiden, Leber- – Es sollten eine Bestimmung der Blutgruppe und – in Ab-
erkrankungen, Malignome, endoskopische Eingriffe in der hängigkeit von der Gesamtsituation – die Bereitstellung von
jüngsten Vergangenheit). Familienanamnese (Helicobacter Erythrozytenkonzentraten erfolgen.
pylori)
j Körperliche Untersuchung: Druckschmerz Abdomen,
Darmgeräusche, Haut- und Schleimhautzeichen der Anämie
j Allgemeine internistische Untersuchung (Herz, Lunge etc.)
j Labordiagnostik: Notfalllabor: Gerinnungsparameter; Krea-
tinin, Harnstoff, Blutbild, Thrombozyten, ggf. Laktat und
Laktat-Dehydrogenase; Blutgasanalyse
Vitalparameter und
Notfalllabor (Hb, Gerinnung, ggf. Laktat)
? Wovon machen Sie abhängig, ob und wann Sie eine Der Fall.
Ösophagogastroduodenoskopie bei diesem Patienten – Formal besteht ein hämorrhagischer Schock.
durchführen? – Bei hämorrhagischem Schock fordert die Leitlinie der Deut-
– Klinisch ist die Erfassung folgender Parameter gebräuchlich schen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
und auch sehr zügig durchzuführen: Stoffwechselkrankheiten (DGVS) eine intensivmedizinische
j Vitalparameter (Herzfrequenz, Blutdruck, O2-Sättigung) Behandlung auf entsprechend qualifizierten Stationen und
j Hb-Wert (z. B. in der Notaufnahme als Point-of-care-Test) nach Stabilisierung, spätestens nach 12 h eine Notfallendosko-
j Laktat pie [2].
– Im Falle einer hämodynamischen Stabilität können weitere
Scores hilfreich sein, u. a. der modifizierte Glasgow-Blatchford-
Score für die Risikoabschätzung bei Verdacht auf nichtvariköse ? Welche Maßnahmen sollten Sie vor der Ösophago-
obere GI-Blutung und die Stratifizierung in stationär vs. gastroduodenoskopie noch durchführen?
ambulant zu versorgende Patienten (. Tab. 1). – Initial müssen eine Aufklärung und eine Klärung des Patien-
tenwillens erfolgen:
Merke. Letztlich ist die klinische Einschätzung des Patienten ent- j Im Falle einer Ablehnung der Untersuchung durch den
scheidend. Patienten muss aufgrund der hohen Sterblichkeit einer nicht
adäquat behandelten schweren GI-Blutung eine sehr gute
Dokumentation erfolgen.
j Im Falle der Einwilligung des Patienten ist als Nächstes zu
klären, ob der Patient nüchtern ist.
Abb. 2 8 Forrest-Klassifikation. a Ia: aktive arterielle Blutung, b Ib: Sickerblutung, c IIa: nichtblutender, sichtbarer Gefäß-
stumpf, d IIb: anhaftendes Koagel, e IIc: Hämatin am Ulkusgrund, f III: keine sichtbare Blutungsquelle
Merke. Vor der ÖGD sollten die Gabe von Erythromycin 250 mg i.v. jAktive Blutungen (Klasse I)
zur Magenentleerung und eine i.v.-Gabe von 80 mg Pantoprazol jNichtaktive Blutungen. Wichtig: Rezidivblutungsrisiko bei
oder einer Äquivalenzdosis eines anderen Protonenpumpeninhi- einer Forrest-IIa-Situation (sichtbarer Gefäßstumpf) deutlich
bitors (PPI) erfolgen (. Abb. 1). erhöht!
Der Fall. Merke. Bei Forrest-Ia- und -IIa-Ulzera sollte eine endoskopische
– Der Patient erreicht mit den Kreislaufparametern und dem Therapie aufgrund des schlechten Ansprechens auf PPI allein er-
erniedrigten Hb-Wert einen modifizierten Glasgow-Blatchford- folgen (. Tab. 2).
Score von 4 bis 5. Damit besteht die Indikation zur zeitnahen
ÖGD. Der Fall. Es lag eine Forrest-IIb-Blutung vor, die nach Entfernung
– Der Patient wird für die ÖGD aufgeklärt und willigt in diese des Koagels in eine Forrest-Ia-Blutung überführt wurde.
ein. Er erhält Erythromycin 250 mg i.v. zur Magenentleerung
und 80 mg Pantoprazol i.v. Unter der Gabe von Ringer-Laktat- ? Welche Maßnahmen sollten nach der erfolgreichen
Lösung stabilisiert sich der Kreislauf. Blutstillung erfolgen?
– Die ÖGD erfolgt gemäß der Sedierungsleitlinie in Anwesenheit – In dieser postendoskopischen Phase sollte
eines zweiten Arztes mit Propofol ohne eine Intubationsnarko- j eine Therapie mit Protonenpumpeninhibitor erfolgen,
se. j eine engmaschige Verlaufsuntersuchung der Vitalparameter
j ÖGD: Speiseröhre unauffällig, wenig frische Blutreste im und des Blutbilds erfolgen.
Magen; nach Passage des Pylorus ein Koagel auf einem
Ulkus darstellbar (>>s. Video online) → Unterspritzung
mit Suprarenin → spritzende arterielle Blutung aus dem ? Welches sind die häufigsten Ursachen für Ulzera im
Ulkusgrund → gezielte Unterspritzung mit Fibrin in den Duodenum?
blutenden Bereich → Blutung sistiert – Die Ursachen für Ulzera im Magen und Duodenum entsprechen
den Ursachen für die Gastritis und können analog eingeteilt
werden:
? Nach welcher Klassifikation werden Ulkusblutungen j Autoimmun
eingeteilt und um welche Blutung/welchen Ulkus handelt j Bakteriell
es sich in diesem Fall? j Chemisch-toxisch
– Ulkusblutungen werden nach der Forrest-Klassifikation
eingeteilt (. Abb. 2; . Tab. 2):
Merke. Helicobacter pylori (bakteriell) und chemisch-toxische Ein- ? Wie erfolgt die Diagnostik auf eine Helicobacter-
wirkungen sind die häufigsten Ursachen von Ulzera im Duodenum. pylori-Infektion?
– Invasive und nichtinvasive Methoden (. Tab. 3)
– Die Autoimmungastritis tritt nur im Magen auf. – Zur klinischen Diagnostik der H.-pylori-Infektion sollen Tests
– Bei einem Ulkus im Magen muss immer ein Malignomaus- ausgewählt werden, die eine aktuelle Infektion nachweisen:
schluss erfolgen, da jedes Ulcus ventriculi letztlich bis zur j Ureasetest, Histologie, Kultur, Polymerase-Kettenreaktion
Abheilung und/oder zum bioptischen Ausschluss verdächtig (PCR), Antigenstuhltest und Harnstoffatemtest [3]
auf ein Magenkarzinom ist.
– Ulzera im Duodenum sind sehr selten Manifestation eines Merke. In der klinischen Akutsituation ist der H.-pylori-Nachweis
Malignoms. mittels histologischer Untersuchung und Ureaseschnelltest an Bi-
opsien des Magens Goldstandard.
Abb. 3 8 Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori. aRisikofaktoren: Herkunftsland des Pati-
enten (Süd-/Osteuropa), frühere Makrolidbehandlung. Amoxi Amoxicillin, CLAClarithromycin, MET Metronidazol,
PPI Protonenpumpeninhibitor. (Nach [3])
Für DGIM-
Mitgliede
r Direkt zu den
kostenlos pneumologischen
Fällen
Foto: Privat
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
Ihr chirurgischer Kollege in der Notaufnahme bittet Sie um Mit- Elektrokardiogramm. Das Elektrokardiogramm (EKG) ist in
beurteilung einer 73-jährigen Patientin: Gestern sei die rüstig wir- . Abb. 1 dargestellt.
kende Frau plötzlich auf dem Gehweg gestürzt und mit dem Kopf
aufgeschlagen. Es besteht der Verdacht auf eine Jochbeinfraktur. Weitere Befunde.
Ihr Sohn konnte sie erst heute motivieren, sich angesichts der – Labor: hochsensitives, kardiales Troponin T ist im Normbereich,
zunehmenden Schwellung der linken Gesichtshälfte vorzustellen. leichte mikrozytäre hypochrome Anämie
Er dolmetscht. So erfahren Sie, dass seine Mutter weder im – Computertomographie (CT) des Schädels: keine Jochbeinfrak-
Gesicht noch aus Nase oder Mund geblutet habe. Natürlich könne tur, aber Subarachnoidalblutung bds. parafalzin frontal und
sie sich auch an alles erinnern. Zum Sturzereignis selbst genauer parietal
befragt kann sie dann allerdings doch keine sicheren Angaben
machen. Zeugen des Sturzes gibt es keine. Gestolpert oder gestürzt ? Prüfungsfragen
sei sie bereits öfters, ohnmächtig geworden aber noch nie. Prodromi – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Befunden Sie das EKG.
verneint sie ebenso wie Übelkeit oder pektanginöse Beschwerden. – Wie definieren Sie Synkope und welche Formen von Synkopen
gibt es?
Vorerkrankungen. – Welche Differenzialdiagnosen zur Synkope kennen Sie?
– Depression – Wie schätzen Sie die Prognose von Patienten mit Synkope ein,
– Z. n. Hallux-valgus-Operation vor 4 Wochen wenn sie nicht adäquat diagnostiziert und behandelt werden?
– Vor 2 Wochen Ergometrie und kardiale Magnetresonanz- – Erläutern Sie Ihre diagnostische Strategie für Patienten mit
tomographie wegen anhaltender Belastungsdyspnoe ohne Synkope: Was umfasst die initiale Abklärung und welche Fragen
wegweisenden Befund klären Sie zuerst?
– Nach welchen Kriterien nehmen Sie einen Patienten mit Syn-
Medikamente. kope stationär auf? Was verstehen Sie unter dem Begriff Risiko-
– Citalopram 20 mg 1-0-0 stratifizierung im Zusammenhang mit der Synkopendiagnostik?
– Welchen Stellenwert haben Kipptischuntersuchung und
Karotissinusmassage als weiterführende Untersuchungen in
den aktuellen Empfehlungen zur Synkopendiagnostik?
– Was ist ein Loop-Rekorder und welche Indikationen für eine
Dieser Artikel wurde medizindidaktisch überarbeitet und basiert in Teilen
Implantation bestehen?
auf dem e.Curriculum Innere Medizin Synkope: Interaktive Fälle zur
ESC-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie von M. Möckel. Der Online-Kurs
erschien im November 2019.
? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Befunden Sie das ? Welche Differenzialdiagnosen zur Synkope kennen
Elektrokardiogramm. Sie?
– Es besteht der hochgradige Verdacht auf einen passageren Erkrankungen oder Ereignisse, die fälschlich als Synkope gesehen
Sinusarrest als Ursache einer rhythmogenen Synkope. Ein werden können, sind in . Tab. 2 aufgeführt.
primärer Stolpersturz mit nachfolgender Bewusstlosigkeit ist
unwahrscheinlich.
Abb. 2 8 Handlungsalgorithmus Synkope. EKG Elektrokardiogramm, TLOC „transient loss of consciousness“. (Nach
Leitlinie der European Society of Cardiology 2018 [2])
Tab. 3 Fragen nach Empfehlungen im deutschen Manual zur Leitlinie jAusführliche Eigen- und Fremdanamnese via standardisierter
der European Society of Cardiology (ESC; [4]) Checkliste
Handelt es sich um einen transienten, kompletten Bewusstseinsverlust jKörperliche Untersuchung inkl. Blutdruckmessung im Liegen
mit vollständiger, spontaner Erholung?
und Stehen
Wenn ja, liegt eine Synkope nach ESC-Definition vor? j12-Kanal-EKG
Wurde das Ereignis beobachtet?
Besteht eine potenziell ätiologisch zugrunde liegende Vordiagnose? Merke. Duplexsonographie der Halsgefäße, Elektroenzephalogra-
Bestehen Hinweise auf ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse phie und Schädel-CT sind kein Bestandteil der Routinediagnostik
oder Tod? bei Synkopen, sondern dienen der individuellen Differenzialdiag-
Familiäre Häufung von Synkopen bzw. Hinweis auf hereditäre kardiale nose.
Erkrankungen?
? Nach welchen Kriterien nehmen Sie einen Patienten
mit Synkope stationär auf? Was verstehen Sie unter dem
? Wie schätzen Sie die Prognose von Patienten mit Begriff Risikostratifizierung im Zusammenhang mit der
Synkope ein, wenn sie nicht adäquat diagnostiziert und Synkopendiagnostik?
behandelt werden? – Die ESC-Leitlinie empfiehlt:
– Die 1-Jahres-Mortalität für Synkopen bei unzureichend be- j Entlassung bei Patienten mit geringem Risiko ohne Hinweise
handelter kardialer Grunderkrankung beträgt 20–30 %, ohne auf kardiogene Synkope
kardiale Grunderkrankung 0–10 % [3]. j Stationäre Aufnahme bei Hochrisikopatienten
j Überwachung bei intermediären Patienten (Notaufnahme,
? Erläutern Sie Ihre diagnostische Strategie für Patien- Synkopeneinheit)
ten mit Synkope: Was umfasst die initiale Abklärung und – Die Risikobewertung umfasst folgende Aspekte:
welche Fragen klären Sie zuerst? j Synkopales Ereignis (genaue Anamnese und Fremdanamne-
– 6 Grundfragen zur Synkopendiagnostik (. Tab. 3) se)
– Die initiale Abklärung umfasst (. Abb. 2): j Medizinische Vorgeschichte
Abb. 3 8 Neuerungen in der Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) 2018. ATP Adenosintriphosphat, EKG Elek-
trokardiogramm, ICD implantierbarer Kardioverter-Defibrillator, ILR implantierbarer Loop-Rekorder, LVEF linksventrikuläre
Ejektionsfraktion
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
Cave. Bis zu 40 % älterer Männer ohne Synkope weisen einen geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
hypersensitiven Karotissinus auf [4]! Richtlinien.
? Was ist ein Loop-Rekorder und welche Indikationen The supplement containing this article is not sponsored by industry.
Redaktion
M. Rapse, Berlin
Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Fall 3
J. Saccomanno · R-H. Hübner · M. Raspe
Medizinische Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin,
Deutschland
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Was sind nach erweiterter Anamnese und körperlicher Unter-
Fallschilderung suchung die erste Verdachtsdiagnose und Diagnostik, die Sie
veranlassen?
Ein 27-jähriger Mann stellt sich mit akut einsetzenden, stechen- – Was sind die Hauptdifferenzialdiagnosen?
den, linksseitigen thorakalen Schmerzen (numerische Analogskala – Wie sieht die weitere diagnostische Abklärung aus?
7–8/10) und progredienter Dyspnoe seit ca. 8 h in der Rettungs- – Was sind die Hauptrisikofaktoren für einen primären bzw.
stelle vor. Zudem hatte er dreimal Hämoptysen. Die linksseitigen sekundären Spontanpneumothorax?
thorakalen Schmerzen strahlen nicht aus und sind nicht mit Palpi- – Welche therapeutischen Strategien haben Sie?
tationen assoziiert. Die Dyspnoe ist progredient und bessert sich – Welche interventionellen Therapien zur Versorgung des Pneu-
nicht in Ruhe. Der Patient ist aktiver Raucher seit dem 18. Lebensjahr mothorax stehen zur Verfügung?
mit kumulativ 9 Packungsjahren und hat keine Vorerkrankungen. – Wann kann eine Thoraxdrainage wieder entfernt werden?
Der Patient ist tachypnoisch (Atemfrequenz 28/min). Trotz Zuhil- – Was sind seltene Ursachen des Pneumothorax?
fenahme der Atemhilfsmuskulatur zeigt sich eine eingeschränkte
periphere Sättigung von 92 %. Im Elektrokardiogramm fällt eine
Sinustachykardie (Herzfrequenz von 114/min) auf.
? Was sind nach erweiterter Anamnese und körper- – Bildgebung: Es wurde eine Röntgenaufnahme des Thorax im
licher Untersuchung die erste Verdachtsdiagnose und Stehen und in Inspiration veranlasst (. Abb. 1).
Diagnostik, die Sie veranlassen?
– In Zusammenschau der Befunde zeigt sich ein junger, kardio- Merke. Die Formel zur Berechnung des korrigierten Sauerstoffparti-
respiratorisch grenzwertig kompensierter Patient mit einem aldrucks bei Hypokapnie lautet: pOkorr = pO2;ist – 1,66 × (40 – pCO2)
klinischen Bild, das auf einen Pneumothorax hindeutet. Auf-
grund der kompromittierten respiratorischen Situation sollten Cave. Der Spannungspneumothorax ist ein medizinischer Notfall.
sich die weitere Anamnese, körperliche Untersuchung und Durch einen Ventilmechanismus kommt es zu einer progredienten
bildgebende Diagnostik zielgerichtet auf die Differenzierung Luftansammlung im Pleuraraum mit Verdrängung der umliegen-
zwischen einem primären und sekundären Spontanpneumo- den Strukturen nach kontralateral. Durch Kompression der V. cava
thorax und den Ausschluss eines Spannungspneumothorax und Behinderung der rechtskardialen Füllung kann im schlimmsten
fokussieren (Ätiologie des Pneumothorax s. . Tab. 1). Zu- Fall ein Herz-Kreislauf-Versagen eintreten.
dem sollte gleichzeitig eine weitere differenzialdiagnostische
Abklärung der linksthorakalen Schmerzen erfolgen. ? Was sind die Hauptdifferenzialdiagnosen?
– Einige relevante Differenzialdiagnosen, die bei der Einschätzung
Der Fall. des Patienten in Betracht gezogen werden sollten, sind in
– Erweiterte Anamnese: Auf Nachfrage gibt der Patient an, . Tab. 2 gezeigt.
dreimal blutig tingiertes Sputum abgehustet zu haben. Es
sind keine strukturellen Lungenerkrankungen bekannt und ? Wie sieht die weitere diagnostische Abklärung aus?
es wird kein Trauma in jüngerer Zeit als auslösender Faktor – Die weitere Abklärung ist auch von den lokalen Gegebenheiten
berichtet. Der Patient hatte noch keinen Pneumothorax in der abhängig. Eine konventionelle Thoraxröntgenuntersuchung
Vorgeschichte. p.-a. im Stehen und in Inspiration (ggf. in 2 Ebenen) ist in
– Körperlicher Untersuchungsbefund: Keine Deviation der Tra- der Regel der Standard. Eine Computertomographie (CT) des
chea bei der Inspektion. Linksseitig reduziertes Atemgeräusch, Thorax ist zunächst nicht notwendig, da bei dem Patienten keine
erhöhte Atemfrequenz (28/min), keine Akrozyanose. Herz:
rein, rhythmisch, tachykard (114/min). Die weitere körperliche
Untersuchung ist altersentsprechend unauffällig.
– Labordiagnostik: Notfalllabor (Blutbild, Kreatinin, Harnstoff,
C-reaktives Protein, Gerinnungsparameter, D-Dimere und Her-
zenzyme) und arterielle Blutgasanalyse (BGA). Die D-Dimere,
Herzenzyme (Troponin und Kreatinkinase, Kreatinkinase vom
MB-Typ) sind nicht erhöht. In der BGA zeigen sich ein pH von
7,41, ein pO2 von 68,2 mm Hg und ein pCO2 von 32,8 mm Hg
entsprechend einer auf das Alter korrigierten Hypoxämie
(korrigierter Wert 56,2 mm Hg) mit Hypokapnie infolge einer
Hyperventilation. Die D-Dimere wurden aufgrund eines erhöh-
ten Wells-Scores zur differenzialdiagnostischen Abklärung einer
Lungenarterienembolie bestimmt, Herzenzyme zur Abklärung
eines akuten Koronarsyndroms.
ja
Thoraxröntgen, CT Thorax oder
Thoraxsonographie
ja
ja
Abb. 3 8 Therapeutisches Vorgehen in Abhängigkeit von Anamnese, klinischen Beschwerden, körperlicher Untersuchung
und Bildgebung. CT Computertomographie. (Mit freundl. Genehmigung, © Dr. med. J. Saccomanno, alle Rechte vorbehalten)
Tab. 3 Risikofaktoren für den sekundären Spontanpneumothorax – Ein asymptomatischer Spontanpneumothorax kann ambulant
Obstruktive Lun- Asthma, chronisch-obstruktive Lungenerkran- betreut werden, falls eine Verlaufskontrolle innerhalb von 24 h
generkrankungen kung, Mukoviszidose
erfolgen kann.
Interstitielle Lun- Fibrosierende Lungenerkrankungen, Sarkoidose,
generkrankungen Histiozytose X, Lymphangioleiomyomatose,
tuberöse Sklerose Merke. Beim sekundären Spontanpneumothorax können Sympto-
Infektiöse Lun- Pneumonie, Tuberkulose, Lungenabszess, Pneu-
me deutlich ausgeprägter sein als beim primären Spontanpneu-
generkrankungen mocystis jirovecii mothorax, da die funktionelle pulmonale Reserve durch Begleit-
Bindegewebs- Marfan- und Ehlers-Danlos-Syndrom, rheumatoi- erkrankungen der Lunge bereits reduziert ist.
erkrankungen de Arthritis, systemische Sklerose
Maligne Lungener- Lungenkarzinome, Mesotheliom
? Welche interventionellen Therapien zur Versorgung
krankungen des Pneumothorax stehen zur Verfügung?
Bei der interventionellen Therapie ist zwischen drei Möglichkeiten
zu unterscheiden:
Merke. Gerätetauchen sollte nach einem Pneumothorax dauerhaft – Aspiration: Ein kleiner Pneumothorax kann z. B. mittels einer
vermieden werden (Ausnahme: Es erfolgt eine beidseitige Pleu- Nadel (Venenverweilkanüle oder spezielle Punktionskanüle)
rektomie und eine postoperative Lungenfunktionsuntersuchung aspiriert werden. Eine Punktionsaspiration sollte nicht wieder-
sowie CT des Thorax sind unauffällig; [2]). holt werden.
– Sollte die Punktionsaspiration nicht ausreichen oder eine
? Welche therapeutischen Strategien haben Sie? Drainageanlage indiziert sein, kann eine kleinlumige Thorax-
– Die Entscheidung zwischen interventioneller Therapie und drainage (z. B. 12–16 F) in Seldinger-Technik gelegt werden.
„watch and wait“ sollte primär von der Symptomlast abhän- Generell sind kleinlumige Thoraxdrainagen für die Versorgung
gig gemacht werden. Weitere Faktoren sind die Größe des eines Pneumothorax ausreichend. Großlumige Thoraxdraina-
Pneumothorax, das Alter und das Vorliegen einer zugrunde gen werden von den Patienten schlechter toleriert und sind
liegenden Lungenerkrankung bzw. die Frage, ob es sich um ein komplikationsreicher. Nach Drainageanlage wird der Pneumo-
Pneumothoraxrezidiv handelt. Eine kürzlich publizierte Studie thorax sofort abgesogen. In . Abb. 4 ist dargestellt, wann die
zeigte, dass möglicherweise die Watch-and-wait-Strategie bei Drainage wieder entfernt werden kann.
mittelgroßem/kleinem Spontanpneumothorax einer Draina- – Operative Versorgung: Ein spontaner Hämatopneumothorax
geanlage nicht unterlegen und mit weniger Nebenwirkungen sollte primär operativ versorgt werden. Weitere Indikationen für
verbunden ist [6]. die chirurgische Therapie sind v. a. eine fehlende Reexpansion
– Bei Spannungspneumothorax oder beidseitigem Spontanpneu- nach Sogtherapie oder ein persistierendes Luftleck (sog. Fistel)
mothorax sollte der Patient immer stationär aufgenommen und sowie das Auftreten eines Rezidivpneumothorax.
mit einer Drainage versorgt werden.
ja nein
Abb. 4 9 Vorgehen bei der
Sog mit –10 bis –20 Entfernung der Thoraxdrai-
Kein Sog mmHg H2O nage bei Pneumothorax.
a
Die radiologische Kon-
trolle sollte sonographisch
oder als Röntgenaufnah-
Radiolog. ja Radiolog.
Kontrolle Kontrolle me des Thorax p.-a. erfol-
nach 24 ha nach 24 ha gen. bBei persistierendem
Pneumothorax alternati-
ve Therapieoptionen ab-
Kein Kein hängig von Komorbiditä-
Pneumothorax? Pneumothorax?b Pneumothorax? ten und Patientenwunsch
ja
evaluieren (z. B. Pleurode-
ja
se oder operative Versor-
gung prüfen). (Mit freundl.
Drainageentfernung Genehmigung, © Dr. med.
J. Saccomanno, alle Rechte
vorbehalten)
Der Fall. Der Patient wird nach Diagnose des linksseitigen Spon-
tanpneumothorax mit Spannungskomponente (Mediastinalshift)
in der Röntgenuntersuchung mit einer Thoraxdrainage versorgt.
Direkt nach Anlage wird die pleurale Luft abgesogen. Nach feh-
lender kompletter Reexpansion in der kurzfristigen radiologischen
Verlaufskontrolle nach einer Stunde (Röntgenuntersuchung des
Thorax p. a.; . Abb. 5) erfolgt eine Sogapplikation mit –15 mm Hg.
Unter Sog erfolgt 24 h nach Drainageanlage eine weitere radiologi-
sche Kontrolle, die eine komplett entfaltete Lunge zeigt (. Abb. 6).
Die Drainage wird abgeklemmt. Nach 24 h erfolgt die nächste Kon-
trolle per Röntgenuntersuchung des Thorax, die weiterhin eine
Abb. 5 8 Röntgenaufnahme des Thorax p.-a. in Inspiration 1 h nach Anlage komplett expandierte Lunge ergibt. Die Drainage kann nun kom-
der Thoraxdrainage linksseitig. Es zeigt sich eine teilentfaltete Lunge mit re-
gredientem Mediastinalshift und einliegender kleinlumiger Thoraxdraina- plikationslos gezogen und der Patient entlassen werden.
ge links. Linksapikal kommt ein kleiner Restpneumothorax zur Ansicht. (Mit
freundl. Genehmigung, © Charité – Universitätsmedizin Berlin, alle Rechte ? Was sind seltene Ursachen des Pneumothorax?
vorbehalten) – Menstruationspneumothorax: seltene Form des (Hämato-)
Pneumothorax, die auf thorakale Endometrioseherde zurück-
zuführen ist und typischerweise während der Menstruation
Merke. Bei einem unkomplizierten Pneumothorax ist die Anlage auftritt. Therapeutisch kommen eine chirurgische Resekti-
einer kleinlumigen Thoraxdrainage ausreichend und mit weniger on der Endometrioseherde und/oder eine antihormonelle
Komplikation (z. B. Weichteilemphysem, Schmerzen) assoziiert. medikamentöse Therapie in Betracht.
– In seltenen Fällen kann ein Pneumothorax infolge einer Lym-
Merke. Auch bei kleinlumiger einliegender Thoraxdrainage sollte phangioleiomyomatose oder einer pulmonalen Langerhans-
auf eine ausreichende Analgesie geachtet werden. Zell-Histiozytose auftreten.
Korrespondenzadresse
J. Saccomanno
Medizinische Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie, Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Deutschland
jacopo.saccomanno@charite.de
Interessenkonflikt. J. Saccomanno, R.-H. Hübner und M. Raspe geben an, dass kein
Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Literatur
1. Management of spontaneous pneumothorax: British Thoracic Society pleural
disease guideline 2010
2. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/010-007k_S3_Spontanpneumo
thorax-postinterventioneller-Pneumothorax-Diagnostik-Therapie_2018-03_01.pdf.
Zugegriffen: 13. Feb. 2021
3. Casha AR, Manché A, Gatt R, Wolak W, Dudek K, Gauci M, Schembri-Wismayer P,
Camilleri-Podesta M-T, Grima JN (2014) Is there a biomechanical cause for
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Untersuchung würden Sie als Erstes veranlassen? Haben
Fallschilderung Sie weitere Fragen an den Patienten?
– Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Welches diagnostische und/
Ein 64-jähriger Mann (182 cm, 93 kg) stellt sich über die zentrale oder therapeutische Vorgehen schlagen Sie vor?
interdisziplinäre Notaufnahme als Selbsteinweiser vor. Der Patient – Welche Kriterien sollten bei kritischer Extremitätenischämie zur
hat morgens ein Kältegefühl im rechten Bein bemerkt. Seit meh- raschen Einleitung einer Therapie führen? Wie gehen Sie vor?
reren Tagen verspürt er belastungsinduzierbare Schmerzen der – Welche diagnostischen Schritte leiten Sie zur gezielten Planung
Wade und des Fußes. Bereits am Vortag gab er ähnliche Ruhebe- der Revaskularisation ein?
schwerden an, die ihn bei Besserung unter körperlicher Schonung – Was fällt Ihnen zur klinischen Präsentation und Lokalisation des
nicht veranlassten, zum Arzt zu gehen. Bei Vorstellung sind die akuten Arterienverschlusses ein?
o. g. Beschwerden anhaltend. – Nach welcher Klassifikation wird die kritische Extremitätenis-
An Vorerkrankungen sind eine periphere arterielle Verschluss- chämie eingeteilt, welches Stadium liegt in diesem Fall vor?
krankheit (pAVK) bekannt, die zuletzt vor ca. 2 Jahren invasiv – Was sind die häufigsten Ursachen einer akuten Extremitätenis-
behandelt wurde, sowie eine koronare Herzerkrankung, bislang chämie?
ohne Interventionsbedarf. Der Patient nimmt Atorvastatin 10 mg, – Stellt die konservative Therapie ohne Revaskularisation eine
Ezetimib 10 mg und Rivaroxaban 2-mal 2,5 mg ein. Acetylsalicyl- Option dar?
säure (ASS) hat der Patient selbstständig abgesetzt, da er eine – Welche Therapieoptionen gibt es? Was empfehlen Sie in diesem
Sorte von Tabletten zur Blutverdünnung ausreichend fand. Fall dem Patienten?
– Wie sieht die postinterventionelle Nachbehandlung aus?
– Wie sind die residuellen Beschwerden zu werten? Welche
Maßnahmen erachten Sie als notwendig?
? Welche Untersuchung würden Sie als Erstes veranlas- tastbar. Leichtes Kribbeln in den Zehen rechts. Motorik bds.
sen? Haben Sie weitere Fragen an den Patienten? intakt
Verdacht auf subakuten Gefäßverschluss der rechten unteren Ex- – Labordiagnostik: Laktat-Dehydrogenase 295 U/l (Referenzbe-
tremität: reich < 250 U/l), CK 195 U/l (Referenzbereich 20–200 U/l), Laktat
– Bekannte pAVK im Vollblut 1,5 mmol/l (Referenzbereich 0,5–2,2 mmol/l), übrige
– Rasch beginnende Symptomatik mit Kältegefühl und belas- Werte im Normbereich
tungsinduzierbaren und reproduzierbaren Schmerzen passend
zu Claudicatiobeschwerden Merke. Die initiale gezielte Anamnese und körperliche Untersu-
– Selbstständiges Absetzen der Thrombozytenaggregationshem- chung helfen bei der ersten Differenzierung der pAVK gegenüber
mung. anderen Differenzialdiagnosen (z. B. orthopädischen, neurologi-
schen, venösen Ursachen der Beschwerden) und bei der Einord-
Anamnese. nung der Akuität der Erkrankung.
– Schmerzcharakterisierung (drückend, stechend, elektrisierend)
und Lokalisation des Schmerzes (Muskeln, Wade, Haut, Gelenke) ? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Welches diagnos-
– Sind Beschwerden vergleichbar mit den Beschwerden vor dem tische und/oder therapeutische Vorgehen schlagen Sie
letzten Gefäßeingriff? vor?
– Was verbessert Symptomatik (Medikamente, Bewegung,
Hochlagern, Tieflagern, Massage, Lockerungsübungen)? Verdachtsdiagnose. Subakute kritische Extremitätenischämie bei
– Was führt zur Schmerzzunahme (Hochlagern, Belastung)? Arterienverschluss im rechten Bein
– Erweiterte Anamnese: klassische kardiovaskuläre Risikofak-
toren (Nikotinabusus, arterielle Hypertonie, Hyperlipoprote- Therapie.
inämie, positive Familienanamnese), weitere Risikofaktoren – Gabe von ASS und volltherapeutische Antikoagulation mit
(Thrombophilie, Notwendigkeit, Medikamente abzusetzen unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin (unter
[andere ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen, Unverträg- Absetzen von Rivaroxaban)
lichkeiten], Verweilen in Zwangshaltung, z. B. langes Knien) – Aufgrund des subakuten Beginns der Symptomatik ohne
– Bestehen auf der Gegenseite belastungsabhängige Beschwer- motorische und sensible Einschränkungen sowie wegen CK
den? und Laktat im Normbereich bleibt Zeit für eine funktionelle und
– Körperliche Untersuchung: Hautkolorit, Läsionen, Hauttem- bildgebende Diagnostik zur gezielten Therapieplanung.
peratur, Pulsstatus der unteren Extremität, Kapillarfüllungszeit,
Überprüfung der Motorik und Sensibilität der Beine und Füße. Merke. Bei klinischer Vertretbarkeit kann der Patient von einer
Auskultation des Herzens sorgfältigen Planung der Revaskularisation unter Inkaufnahme
– Labordiagnostik: Blutbild mit Thrombozytenzahl, Kreatinkina- einer längeren Ischämiedauer profitieren. Dies ist stark abhängig
se (CK), Laktat, Kreatinin, Elektrolyte, thyreoideastimulierendes von der Verfügbarkeit diagnostischer und therapeutischer Mittel in
Hormon, Gerinnungsparameter der behandelnden Klinik sowie von der Erfahrung des Untersuchers.
Der Fall.
– ABI des rechten Beins reduziert (. Tab. 1; Normbereich 0,9–1,3)
– Oszillographie (. Abb. 1) zeigt normale Amplitude bei phy-
siologischem Kurvenverlauf der beiden Oberschenkel; rechter
Unterschenkel zeigt leicht, Großzehe zeigt stark pathologische
Kurven Abb. 1 8 Oszillographie vor Intervention, COMPACTUS7132–30127 (Gut-
– Duplexsonographie (. Abb. 2) zeigt Verschluss der A. femoralis mann Medizinelektronik, Eurasburg a. d. Loisach, Deutschland). a Ober-
schenkel rechts mit reduzierter Amplitude, physiologischem Kurvenver-
superficialis (AFS) sowie eines einliegenden Stents der A. pop- lauf, links Normalbefund. b Unterschenkel rechts mit reduzierter Amplitu-
litea; Unterschenkelarterien sind ab proximalem Unterschenkel de, angedeutet pathologischem Kurvenverlauf, links reduzierte Amplitu-
wieder perfundiert, distal deutlich pathologisches Flusssignal de, normaler Kurvenverlauf. c Zehe D1 rechts, Nulllinie mit Artefakten, links
der A. tibialis anterior und posterior Normalbefund. li links, OS Oberschenkel, pD1 Zehe D1 des Fußes, re rechts,
US Unterschenkel
Cave. Die Duplexsonographie ist vom erfahrenen Untersucher
schnell und effizient als Bedside-Untersuchung durchzuführen. Parästhesie, Pulslosigkeit, Einschränkung der Motorik („paraly-
Viele Informationen über Morphologie und Hämodynamik (Fluss- sis“), Schock („prostration“). Embolische Verschlüsse finden sich
profile) können bei entsprechender Ultraschallqualität in kurzer meist an Bifurkationen: Femoralisgabel, Unterschenkelarterien,
Zeit gewonnen werden. Die sorgfältige Dokumentation und Inter- A. poplitea, Aortenbifurkation, Armarterien (in absteigender
pretation sind für das weitere Vorgehen von höchster Wichtigkeit. Häufigkeit)
Der Fall. Stadium IIa nach Rutherford [4] Gefäßschädigungen oder einer Embolie bei thrombogener
Aorta sein.
Merke. In der klinischen Anwendung findet häufig die Einteilung – Lokalthrombotische Arterienverschlüsse: häufig bei athero-
analog der Fontaine-Klassifikation (. Tab. 3, [1]) statt, die auch für sklerotisch vorerkrankten Gefäßen aufgrund von Stenosen und
die chronische pAVK Anwendung findet. Hyperkoagulabilität, z. B. bei Paraneoplasie, Thrombophilie
oder starkem Nikotinkonsum. Seltene Ursachen: Dissektionen
Merke. Die Einschätzung der Dringlichkeit einer Revaskularisati- oder Vaskulitiden
on erfolgt abhängig vom zeitlichen Verlauf und dem klinischen
Stadium der Ischämie. Merke. Bei unklaren Gefäßverschlüssen ohne Hinweis auf eine
lokalthrombotische Ursache ist eine Abklärung der Emboliequelle
? Was sind die häufigsten Ursachen einer akuten Extre- obligat. Hierzu zählen z. B. die transthorakale und ggf. transösopha-
mitätenischämie? geale Echokardiographie, wiederholte Ruheelektrokardiogramme
– Häufigste Ursache akuter Arterienverschlüsse: Embolie (EKG) und ggf. 24 h-EKG, eine CT-angiographische Darstellung der
(ca. 70–80 %); dabei sind kardiale Embolien mit 80–90 % Aorta bzw. ein Vaskulitisscreening. Der Umfang der Abklärung wird
führend. individuell und entsprechend vorliegenden Risikofaktoren und der
– Verdächtig für kardiale Emboliequelle: Patienten mit Vorhof- Klinik des Patienten in interdisziplinärer Zusammenarbeit gewählt.
flimmern und insuffizienter Antikoagulation; Störungen wie
persistierendes Foramen ovale, Endokarditiden oder thrombo-
sierte Herzwandaneurysmen
– Arterioarterielle Embolien: Sie können Folge einer dilatativen
Arteriopathie mit thrombosierten Aneurysmen, von iatrogenen
Tab. 3 Klassifikation der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ? Welche Therapieoptionen gibt es? Was empfehlen Sie
(pAVK) nach den Fontaine-Stadien (chronische pAVK). (Nach [1]) in diesem Fall dem Patienten?
Stadien- Befund Befund – Therapie der Wahl: Revaskularisation der Extremität
einteilung
– Chirurgische Therapie mittels Thrombektomie
I Asymptomatisch Extremität nicht akut gefährdet
– Interventionelle Therapie mittels Angiographie und ggf.
II Claudicatio inter- Extremität nicht akut gefährdet Rotationsthrombektomie
mittens
A Gehstrecke > 200 m Extremität nicht akut gefährdet
Der Fall.
B Gehstrecke < 200 m Extremität nicht akut gefährdet
– Aufgrund der bekannten, bereits interventionell vorthera-
III Ischämischer Ruhe- Kritische Extremitätenischämie pierten pAVK und der im Haus zügigen Verfügbarkeit einer
schmerz
interventionellen Therapie: zeitnahe Angiographie bei inkom-
IV Ulkus, Gangrän Kritische Extremitätenischämie
pletter akuter Ischämie (. Abb. 3)
– Hier bestätigt sich: In-Stent-Verschluss der AFS und A. poplitea
? Stellt die konservative Therapie ohne Revaskularisati- rechts
on eine Option dar? – Drahtpassage und Rotationsthrombektomie, lokale Lyse mit
– Der Patient muss über Risiken einer Intervention oder Operation 10 mg Alteplase („recombinant tissue plasminogen activator“
und über Risiken einer alternativen konservativen Therapie [rtPA])
aufgeklärt werden. – Zur Behandlung der ursächlichen Stenose (In-Stent-Restenose):
– Die wichtigsten Komplikationen bei protrahierter Ischämie: Angioplastie (perkutane transluminale Angioplastie mittels
Funktionsverlust der Extremität mit Einschränkungen der Sen- Hochdruckballon [PTA]) und Applikation eines „drug-eluting
sibilität und Motorik, Bildung von Ulzerationen mit folgender balloon“ (DEB) im Bereich der Läsion
Gangrän, Schmerzen, Extremitätenverlust
Cave. Die operative und interventionelle Therapie sollte wann
Der Fall. Risiken einer konservativen Therapie überwiegen; der Pa- immer möglich interdisziplinär im Team besprochen werden, um
tient muss eingehend über Nutzen der Revaskularisation informiert im Falle der Notwendigkeit eines Strategiewechsels zeitnah andere
werden. Therapieoptionen zur Verfügung zu haben.
? Wie sieht die postinterventionelle Nachbehandlung ne „vaskuläre“ Dosis von Rivaroxaban 2-mal 2,5 mg (gemäß der
aus? COMPASS-PAD-Studie nur zusätzlich zu 75–100 mg ASS [2]).
– In der Regel: postinterventionell duale Thrombozytenaggrega- – Aufgrund der anamnestischen erneuten Verschlüsse und der
tionshemmung mit ASS 100 mg und Clopidogrel 75 mg pro Tag hohen Thrombuslast: Entscheidung gemeinsam mit dem
für 4–12 Wochen fortführen Interventionalisten für individuelle Therapie mit Clopidogrel
– Aufgrund der Komplexität der Intervention: engmaschige 75 mg und Rivaroxaban 15 mg pro Tag (analog dem PIONEER-
Kontrolle des Befunds und der Klinik Schema [3])
– Mit dem Patienten besprechen: Notwendigkeit und Nutzen – Nach 4 Wochen soll dann wieder auf ASS 100 mg in Kombi-
der medikamentösen Therapie und einer konsequenten nation mit der ursprünglichen „vaskulären“ Rivaroxabandosis
Nikotinkarenz umgestellt werden, da keine gesicherte Indikation für eine
dauerhafte Vollantikoagulation besteht.
Der Fall. – Erste postinterventionelle Kontrollen am Folgetag und nach
– Zwischenzeitlich liegt aktenanamnestisch vor: Bereits im Vor- 7 Tagen: Patient mit anhaltenden Parästhesien und livider
feld waren erneute Interventionen bei erneuten Verschlüssen Verfärbung der Zehen. Wadenclaudicatio wird verneint. In der
notwendig; dies erklärt die initial vom Patienten eingenomme- klinischen und dopplersonographischen Untersuchung: regel-
Korrespondenzadresse
Dr. med. K. Blödt
Innere Medizin II, Schwerpunkt Angiologie, Universitätsklinikum Ulm
Albert-Einstein-Allee 23, 89081 Ulm, Deutschland
kathrin.bloedt@uniklinik-ulm.de
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine mündliche Einwilligung vor.
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Wie beraten Sie Ihre Kollegin bzgl. Indikationen oder Kontrain-
Fallschilderung dikationen für die Influenzaimpfung in ihrer Situation? Wenn
Sie diese Impfung empfehlen, wann kann/sollte sie erfolgen?
Ihre 35-jährige chirurgische Kollegin der Nachbarstation berichtet – Welche andere Impfung ist bzw. welche anderen Impfungen
Ihnen Ende Oktober erfreut von ihrer zweiten Schwangerschaft, sind spezifisch während der Schwangerschaft indiziert, wann
aktuell in der 21. Schwangerschaftswoche. Ihr gehe es prächtig, sollte(n) sie erfolgen?
sie frage sich aber, ob sie an der aktuellen Influenzaimpfaktion – Welche Aussagen bzw. Vorgaben zur Masern-Mumps-
der Klinik teilnehmen soll. Sie mache sich Sorgen über mögliche Röteln(MMR)-Impfung lassen sich aus dem Masernschutz-
Auswirkungen auf die Schwangerschaft oder Nebenwirkungen für gesetz für die Kollegin selbst und ihren 18-monatigen Sohn
das Baby. Bei ihr seien keine Erkrankungen bekannt, mit Ausnahme ableiten?
von Heuschnupfen auch keine Allergien. Bis auf die „Schwanger- – Besteht ein Zusammenhang zwischen MMR-Impfung und
schaftsvitamine“ und Paracetamol bei Bedarf nehme sie keine Autismusrisiko?
Medikamente ein. In der Vergangenheit habe sie nach Impfun- – Ist die aktuelle Schwangerschaft der Mutter eine Kontraindika-
gen gelegentlich Schmerzen an der Einstichstelle und nach der tion für die Impfung des Sohns?
Grippeimpfung im Vorjahr auch über 1 bis 2 Tage eine erhöhte
Temperatur bis 38 ºC gehabt. Vor 2 Jahren habe sie eine 4-fach-
Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Polio aber gut
toleriert. Ihr 18-monatiger Sohn sei ebenfalls gesund. Bei ihrem
37-jährigen Bruder sei ein gut eingestelltes Krampfleiden bekannt.
D Antworten
? Wie beraten Sie Ihre Kollegin bzgl. Indikationen oder – Krampfleiden in der Familie sind keine Kontraindikation für
Kontraindikationen für die Influenzaimpfung in ihrer Si- Impfungen, auch nicht bei Kindern.
tuation? Wenn Sie diese Impfung empfehlen, wann kann/ – Genauso wenig wäre z. B. ein akuter, selbst mild fieberhafter
sollte sie erfolgen? Infekt eine Kontraindikation.
– Weitere Beispiele von oft fälschlicherweise als Kontraindikation
Bei Ihrer Kollegin liegen die folgenden Indikationen für eine betrachteten Umständen finden sich in den jeweils aktuellen
Influenzaimpfung vor: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am
– Schwangerschaft: Frauen sind in der Schwangerschaft sig- Robert Koch-Institut (RKI; [1]; . Tab. 2).
nifikant stärker gefährdet, aufgrund von Influenza stationär
behandelt werden zu müssen. Eine Influenzainfektion stellt Damit ergibt sich im Fall Ihrer Kollegin ganz klar die Empfehlung
zusätzlich einen Risikofaktor für Komplikationen während für die Influenzaimpfung. Die STIKO empfiehlt die Influenzaimp-
der Schwangerschaft dar. Daher sollte jeder Schwangeren die fung „im Herbst“, damit zum Beginn der Grippewelle (meist im
saisonale Influenzaimpfung aktiv empfohlen werden (. Tab. 1). Dezember) der Impfschutz bereits besteht. Da sie bei Schwangeren
– Für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen besteht eine ab dem zweiten Trimenon ohne Einschränkung erfolgen kann, ist
klare Indikation für die Influenzaimpfung, einerseits zum sie also ab sofort möglich. Das Abwarten bis zum zweiten Tri-
eigenen Schutz, andererseits zur Verhinderung nosokomialer menon wird v. a. empfohlen, um die Fehldeutung einer zeitlichen
Infektionen der von ihnen betreuten Patienten (. Tab. 1). Assoziation der Impfung mit im ersten Trimenon generell häufigen
– Zur Reduktion des persönlichen Risikos einerseits und der Schwangerschaftskomplikationen als kausal zu vermeiden.
Belastung des Gesundheitssystems andererseits ist die Influ-
enzaimpfung im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie aktuell Merke. Kontraindikationen für Impfungen und insbesondere die
von besonderer Bedeutung. Influenzaimpfung liegen extrem selten vor.
Keine Kontraindikationen stellen dar (. Tab. 2): ? Welche andere Impfung ist bzw. welche anderen
– Schwangerschaft: Ein erhöhtes Risiko für Schwangerschafts- Impfungen sind spezifisch während der Schwangerschaft
komplikationen oder Schädigung des Kindes besteht durch die indiziert, wann sollte(n) sie erfolgen?
Influenzaimpfung nicht. – Seit 2020 empfiehlt die STIKO die zusätzliche Gabe einer Dosis
– Zustand nach (milder) lokaler oder systemischer Reaktion: Die (azelluläre) Pertussisvakzine (als Tdap-Impfung in Kombination
geschilderten Symptome sind gut vereinbar mit erwartbaren, mit Tetanus- und Diphtherieimpfstoff, da ein Einzelimpfstoff
ungefährlichen Reaktionen nach Impfungen. Der prädiktive nicht verfügbar ist) in jeder Schwangerschaft unabhängig vom
Wert früherer Nebenwirkungen in Bezug auf zukünftige Reak- Zeitabstand der letzten Dosis. So wird durch die transplazentare
tionen ist sehr beschränkt. Allenfalls schwere Komplikationen Übertragung von Pertussisantikörpern eine passive Immunisie-
nach Impfungen sind mögliche Kontraindikationen für weitere rung erreicht, die das Ziel der „Reduktion von Erkrankungen,
Dosen derselben Vakzine. Hospitalisierungen und Todesfällen durch Erkrankungen mit
Tab. 1 Ausgewählte Indikationen für die Influenzaimpfung. (Empfehlungen der Ständigen Impfkommission 2020/2021 [1])
Influenza S Personen ≥60 Jahre
I Alle Schwangeren ab zweitem Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab erstem Trimenon
I Personen ab 6 Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens, wie z. B.:
– Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane (inklusive Asthma und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung)
– Chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenerkrankungen
– Diabetes mellitus und andere Stoffwechselerkrankungen
– Chronische neurologische Erkrankungen, z. B. multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben
– Personen mit angeborener oder erworbener Immundefizienz bzw. Immunsuppression
– HIV-Infektion
Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen
Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risikopersonen gefährden können.
Als Risikopersonen gelten hierbei Personen mit Grunderkrankungen, bei denen es Hinweise auf eine deutlich reduzierte Wirksamkeit
der Influenzaimpfung gibt, wie z. B. Personen mit angeborener oder erworbener Immundefizienz bzw. -suppression
I Wenn eine schwere Epidemie aufgrund von Erfahrungen in anderen Ländern oder nach deutlicher Antigendrift bzw. einem Anti-
gen-Shift zu erwarten ist und der Impfstoff die neue Variante enthält
B Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr
sowie Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen fungieren können
Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln
B berufliche Indikation, HIV „human immunodeficiency virus“, I medizinische/epidemiologische Indikation, S Standardimpfung
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. U. Seybold, M.Sc.
Sektion Klinische Infektiologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU
Klinikum, Ludwig-Maximilians-Universität München
Pettenkoferstr. 8a, 80336 München, Deutschland
useybold@med.lmu.de
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Literatur
1. Robert Koch-Institut (2020) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
(STIKO) am Robert Koch-Institut - 2020/2021. Epidemiol Bull 34:1–65
2. Robert Koch-Institut (2020) Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert
Koch-Institut: Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung der Pertus-
sisimpfung mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff in der Schwangerschaft.
Epidemiol Bull 13:3–27
3. Der Deutsche Bundestag (2020) Gesetz für den Schutz vor Masern und zur
Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz). Bundesgesetzbl 6:148–157
4. Wakefield AJ, Murch SH, Anthony A et al (1998) RETRACTED: ileal-lymphoid-
nodular hyperplasia, non-specific colitis, and pervasive developmental disorder in
Facharzt-Training
children. Lancet 351:637–641
5. Hviid A, Hansen JV, Frisch M, Melbye M (2019) Measles, mumps, rubella vaccination
and autism: a nationwide cohort study. Ann Intern Med 170:513–520
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? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Untersuchungen würden Sie als Erstes durchführen, um
Fallbeschreibung eine potenziell vitale Gefährdung zu beurteilen?
– Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
Anamnese – Welche Symptome sind noch typisch für Ihre Verdachtsdiagno-
Eine 72-jährige Patientin kommt mit dem Rettungsdienst in die se?
Notaufnahme. Die Patientin habe beim Einkaufen plötzlich Schwin- – Was sind mögliche Auslöser oder Risikofaktoren für eine
del und starkes Schwitzen verspürt und sei kollabiert. Ihr Ehemann Hypoglykämie?
konnte sie gerade noch auffangen, sodass sie sich keine Verlet- – Welche therapeutische Konsequenz sollte aus dem aktuellen
zungen zugezogen habe. Als der Rettungsdienst eintraf, war die Fall gezogen werden?
Patientin bewusstlos. Vom Ehemann erfahren wir, dass an Vor- – Was sind mögliche Folgen einer Hypoglykämie?
erkrankungen ein Diabetes mellitus Typ 2 sowie eine arterielle – Wie wird eine milde und schwere Hypoglykämie behandelt?
Hypertonie bekannt sind. Ihr Mann hat auch einen Medikamen- – Kennen Sie Strategien, um Hypoglykämien zu vermeiden?
tenplan dabei. Die Dauermedikation besteht in:
– Ramipril 10 mg: 1-0-0-0
– Metformin 1000 mg: 1-0-1-0
– Glibenclamid 3,5 mg: 1-0-0-0
– Insulin glargin 100 IE/ml: 10 IE um 8 Uhr
D Antworten
? Welche Untersuchungen würden sie als Erstes durch- and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK) empfehlen einen Blut-
führen, um eine potenziell vitale Gefährdung zu beurtei- glukosewert von 70 mg/dl für die Definition einer Hypoglykämie,
len? andere Arbeiten schlagen jedoch andere Werte vor [14]. Vielmehr
– Überprüfung der Atemwege („airway“) und einer möglichen sollte die klinische Situation und Symptomatik jedes einzelnen
respiratorischen Insuffizienz („breathing“) Patienten beurteilt werden.
– Überprüfung einer Kreislaufinsuffizienz („circulation“) mit
Erhebung der Vitalparameter Merke. Die sogenannte Whipple-Trias kennzeichnet die Hypogly-
– Weitere Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems kämie durch einen niedrigen Blutzuckerspiegel und eine Besserung
(„disability“) der Symptomatik durch Kohlenhydratzufuhr.
Merke. Zur Einschätzung einer vitalen Gefährdung des Patien- ? Welche Symptome sind noch typisch für Ihre Ver-
ten sollte der sog. Schockindex erfasst werden: Herzfrequenz/ dachtsdiagnose?
systolischer Blutdruck. – Symptome einer Hypoglykämie können unspezifisch sein.
– Reihenfolge der Erstuntersuchung im Notfallmanagement – Die Verminderung der Blutglukosekonzentrationen macht sich
richtet sich nach ABCD-Schema („airway, breathing, circula- zunächst durch Aktivierung des autonomen Nervensystems
tion, disability“) bemerkbar.
– Blutzuckerkontrolle sollte umgehend folgen – Bei weiterem Abfall der Blutglukose kommen oft neuroglyko-
– Durchführung einer klinischen Untersuchung, die eine Un- penische Symptome hinzu, die letztlich zu Bewusstlosigkeit
tersuchung des Abdomens, des Herzens, der Lunge und der und Krampfanfällen führen können. Dabei wird eine schwere
peripheren Pulse beinhaltet Hypoglykämie nicht selten initial fehlinterpretiert, nicht er-
– Blutgasanalyse und Bestimmung der Ketonkörper sind kannt oder als neurologische Erkrankung, z. B. als transitorische
dringend notwendig. ischämische Attacke oder Apoplex, fehldiagnostiziert [2].
– Labordiagnostik: kleines Blutbild, Gerinnung, Kreatinin, – In . Tab. 2 sind typische autonome und neuroglykopenische
Transaminasen, Laktat sowie HbA1c-Wert Symptome aufgelistet, die bei einer Hypoglykämie auftreten
– Erweiterte Anamnese: Symptomatik vor der Bewusstlosigkeit können.
erfragen, mögliches rezidivierendes Auftreten, regelrechte – Besonders gefährlich ist das rezidivierende Auftreten von
Einnahme/Applikation und Dosis des Insulins bzw. der antidia- Hypoglykämien.
betischen Medikation – Durch gehäuftes Auftreten wird die glykämische Schwelle für
– Sofern keine Eigenanamnese erfolgen kann, ist eine Fremdan- die neuroendokrine Hypoglykämiegegenregulation abgesenkt.
amnese oft sehr hilfreich. Dies geht auch mit einer Abschwächung der Hypoglykämie-
symptomatik, primär der autonomen Symptomatik einher. Man
spricht von einer Hypoglykämiewahrnehmungsstörung bzw.
? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? einem „hypoglycemia-associated autonomic failure“ (HAAF;
– Diagnose: schwere Hypoglykämie [3]).
– Die Einteilung der Hypoglykämie in eine milde und schwere – Letztlich kann ein gefährlicher Circulus vitiosus entstehen
Form richtet sich derzeit nicht nach spezifischen Blutglukose- (. Abb. 1).
werten, sondern vielmehr nach der Fähigkeit zur Selbsttherapie – Hypoglykämien sind mit einer erhöhten Gesamtmortalität
(. Tab. 1). assoziiert [1, 11].
Merke. Das gehäufte Auftreten von Hypoglykämien ist besonders ? Welche therapeutische Konsequenz sollte aus dem
gefährlich und geht mit einem 10-fach erhöhten Risiko für eine aktuellen Fall gezogen werden?
schwere Hypoglykämie einher. – Die Patientin hat neben Metformin regelmäßig Glibenclamid,
einen Sulfonylharnstoff, eingenommen sowie täglich ein
? Was sind mögliche Auslöser oder Risikofaktoren für Basalinsulin appliziert.
eine Hypoglykämie? – Sulfonylharnstoffe:
– Risikofaktoren: wiederkehrende Hypoglykämien mit Entwick- j Steigern Insulinsekretion unabhängig von der Glukosekon-
lung eines HAAF sind besonders gefährliche Risikofaktoren. zentration; damit besteht per se eine erhöhte Hypoglykämi-
– Unabhängig vom Diabetestyp begünstigende Faktoren egefahr.
(. Tab. 3): j Vor allem lang wirksame Sulfonylharnstoffe (u. a. Glib-
j Unzureichende Nahrungsaufnahme enclamid und Glimepirid) können zu schweren und lang
j Körperliche Bewegung/Sport, insbesondere mit ausgepräg- anhaltenden Hypoglykämien führen; diese können bis zu
ter Muskelarbeit. Durch übermäßige Muskelaktivität wird 72 h anhalten.
die Insulinsensitivität erhöht und vermehrt Glukose in die j Bei Menschen in höherem Alter: Durch andere Komorbi-
Muskulatur aufgenommen. ditäten, wie eine eingeschränkte Nierenfunktion, kann die
j Alkoholkonsum. Alkohol hemmt die Glukoneogenese und Halbwertszeit von Sulfonylharnstoffen verlängert sein; eine
vermindert somit die endogene Glukoseproduktion [14]. schwere Hypoglykämie kann ausgelöst werden.
j Häufige Ursache: Überdosierung einer glukosesenkenden
Medikation. Neben der Insulintherapie können insbesondere Cave. Hypoglykämien können auch prolongiert über Stunden und
Sulfonylharnstoffe Glukosespiegel inadäquat senken [2]. Tage verlaufen [2].
j Ein hohes Lebensalter ist ein Risiko, da Wahrnehmung und
Gegenregulation abgeschwächt sind. Der Fall. Die Therapie mit Glibenclamid und die Insulintherapie
j Eine wichtig Rolle spielen häufig komplexe Komorbiditäten sollten hinsichtlich der stattgehabten schweren Hypoglykämie und
mit Polypharmazie, insbesondere bei einer Niereninsuffizienz. des niedrigen HbA1c-Werts erneut evaluiert und ggf. abgesetzt
j Ausgeprägte Blutglukoseschwankungen werden.
j Hoher HbA1c-Wert [5] – Metformin: kann bei Menschen in höherem Alter eingesetzt
werden, sofern die glomeruläre Filtrationsrate nicht unter
30 ml/min liegt und auch sonst keine Kontraindikationen wie
eine höhergradige Leberfunktionsstörung oder Herzinsuffizienz
vorliegen. Andernfalls sollte auf eine nierenadaptierte Dosis werden; ein HbA1c-Wert bis 8,5 % kann zunächst toleriert
geachtet werden [5]. werden [14].
– Grundsätzlich: bei Patienten mit Diabetes Kontrolle des HbA1c-
Werts alle 3 Monate
? Was sind mögliche Folgen einer Hypoglykämie?
Der Fall. Der HbA1c-Wert von 6,1 % ist bei entsprechender Thera- – Schwere kardiale Konsequenzen; unabhängiges Risiko für
pie und Zustand nach rezidivierenden Hypoglykämien zu niedrig, kardiovaskuläre Ereignisse (. Abb. 2)
sodass das Risiko für weitere schwere Hypoglykämien besteht. – Ein Katecholaminanstieg während Hypoglykämie erhöht
Das basale Insulin der Patientin sollte daher ebenfalls abgesetzt Blutdruck, Herzfrequenz und Auswurfleistung und damit den
werden. In den letzten Jahren haben sich v. a. für Menschen in Sauerstoffbedarf des Herzens.
höherem Alter die Therapieziele geändert. – Die Thrombophilie wird gesteigert und die Thrombolyse
gehemmt, sodass das Risiko von Myokardischämien und
Merke. Als übergeordnetes Ziel gilt, dass gemeinsam mit dem Infarkten erhöht ist.
Patienten stets ein individuelles Therapieziel vereinbart wird. – Während einer Hypoglykämie kann es zu ventrikulären Extrasy-
– Im Vordergrund stehen der Erhalt der Lebensqualität sowie die stolen und Sinusbradykardien kommen.
Vermeidung von Akutkomplikationen wie Hypoglykämien. – Zunahme der QTc-Zeit, wodurch Auftreten von Arrhythmien
– Mit strengeren Zielwerten sowie intensivierten Therapiesche- begünstigt wird [5, 6]
mata können meist keine Vorteile erreicht werden. Sie bringen – Insgesamt deutlich erhöhte Mortalitätsrate bei Menschen, die
oft ein erhöhtes Hypoglykämierisiko mit sich. häufig eine Hypoglykämie erleben [1]
– Nach aktueller S2k-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufs- – Assoziation zwischen häufig auftretenden hypoglykämischen
kontrolle des Diabetes mellitus im Alter“ [5] wird der in . Tab. 4 Episoden und Vorkommen einer Demenz [13]. Das Risiko für
beschriebene HbA1c-Zielkorridor empfohlen. Menschen mit Diabetes ist sowohl in Bezug auf eine vaskuläre
Demenz als auch hinsichtlich einer Alzheimer-Demenz bis zu
Der Fall. Die Patientin sollte mit ihrem HbA1c -Wert zwischen 6,5 und 5-fach erhöht [9].
7,5 % liegen. Liegt der HbA1c-Wert unter Metforminmonotherapie – Möglich: Stürze und z. T. schwerwiegende Frakturen, die zu
jedoch über 7,5 %, sollte zunächst leitliniengerecht mit einem Na- langfristiger Immobilität führen können [12]
trium/Glukose-Kotransporter-2(SGLT-2)-Inhibitor oder einem Glu-
cagon-like-peptide-1(GLP-1)-Analogon begonnen werden, bevor
erneut eine Insulintherapie initiiert wird. Sowohl SGLT2-Inhibitoren ? Wie wird eine milde und schwere Hypoglykämie be-
als auch GLP-1-Rezeptor-Agonisten haben kein direktes Hypoglyk- handelt?
ämierisiko [2].
– Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 wird ein HbA1c unter Milde Hypoglykämie.
7,5 % empfohlen. – Wenn Selbsttherapie noch möglich ist, Einnahme von 15 bis
– Bei gehäuftem Vorkommen von schweren Hypoglykämien kann 20 g Kohlenhydraten, vorzugsweise in Form von Glukose
jedoch auch bei Patienten mit Typ-1-Diabetes und bei jüngeren – Wenn Blutglukose weiterhin niedrig ist (50–60 mg/dl), Maßnah-
Patienten ein weniger strenges Therapieregime durchgeführt me nach ca. 15 min wiederholen
Korrespondenzadresse
Schwere Hypoglykämie. Wenn Selbsttherapie nicht mehr mög-
lich ist, bei noch vorhandenem Bewusstsein 30 g Kohlenhydrate Dr. med. S. Meyhöfer
Institut für Endokrinologie und Diabetes, Universität zu Lübeck
oral verabreichen. Bei Bewusstlosigkeit mindestens 50 ml 40 %ige
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, Deutschland
Glukose im Bolus i.v. oder alternativ, sofern ein intravenöser Zu- svenja.meyhoefer@uni-luebeck.de
gang nicht verfügbar ist, 1 mg Glukagon i.m. oder s.c. verabreichen
[14].
Einhaltung ethischer Richtlinien
Merke. Bei Personen mit erhöhtem Hypoglykämierisiko kann es Interessenkonflikt. S. Meyhöfer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
hilfreich sein, Begleitpersonen für die Glukagonapplikation zu schu-
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
len. Hierfür eignet sich v. a. ein Glukagonnasenspray, sodass auch durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
medizinisch nicht geschulte Personen schnell und einfach helfen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
können. Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Merke. Zu beachten ist, dass Hypoglykämien, die durch Sulfonyl- The supplement containing this article is not sponsored by industry.
harnstoffe induziert sind, nicht primär mit Glukagon therapiert
werden sollen. Glukagon führt bei noch erhaltener β-Zell-Funkti-
on zu einer vermehrten Freisetzung von Insulin und folglich zu Literatur
einer Verstärkung der Hypoglykämie [2].
1. Amiel SA, Aschner P, Childs B et al (2019) Hypoglycaemia, cardiovascular disease,
and mortality in diabetes: epidemiology, pathogenesis, and management. Lancet
Merke. Eine Therapie mit Glukagon ist bei einer durch Sulfonyl- Diabetes Endocrinol 7:385–396. https://doi.org/10.1016/S2213-8587(18)30315-
harnstoffe induzierten Hypoglykämie kontraindiziert. 2
2. Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Deutsche Diabetes
? Kennen Sie Strategien, um Hypoglykämien zu vermei- Gesellschaft (DDG), Deutsche Gesellschaft Für Allgemeinmedizin Und Familien-
medizin (DEGAM) et al (2013) Nationale VersorgungsLeitlinie Therapie des Typ-2-
den? Diabetes—Langfassung, 1. Auflage. Version 4. Diabetes. https://doi.org/10.6101/
– Risikofaktoren und auslösende Mechanismen prüfen und ent- AZQ/000213
3. CryerPE(2005)Mechanismsofhypoglycemia-associatedautonomicfailureandits
sprechende Auslöser oder Medikamente absetzen/reduzieren component syndromes in diabetes. Diabetes 54:3592–3601. https://doi.org/10.
– Individuelle Schulungen der Patienten, auch unter Einbezie- 2337/diabetes.54.12.3592
hung der an- oder zugehörigen Personen, sind eine wichtige 4. Cryer PE, Axelrod L, Grossman AB et al (2009) Evaluation and management of adult
hypoglycemic disorders: an endocrine society clinical practice guideline. J Clin
Grundlage der Prävention von Hypoglykämien. Endocrinol Metab 94:709–728. https://doi.org/10.1210/jc.2008–1410
– Bei manchen Menschen, insbesondere älteren Personen: Ein 5. Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) Sk2-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Ver-
Therapieregime ohne Insulin und Sulfonylharnstoffe kann laufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter, 2. Auflage, AWMF-Registernummer:
057-017. Bundesärztekammer (BÄK); Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV);
sinnvoll sein. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
– Niedrige HbA1c-Werte sind mit einem erhöhten Auftreten von (AWMF)
Hypoglykämien assoziiert; insbesondere bei älteren Menschen 6. Frier BM, Schernthaner G, Heller SR (2011) Hypoglycemia and cardiovascular risks.
Diabetes Care 34:S132–S137. https://doi.org/10.2337/dc11–s220
mit Diabetes kein zu strenges Therapieregime durchführen [1]. 7. Hermanns N, Krichbaum M, Kulzer B (2009) Hypoglykämiewahrnehmungs-
– Bei jüngeren Patienten mit intensivierter Insulintherapie zu störungen. Diabetol Stoffwechs 4:R95–R111. https://doi.org/10.1055/s-0029-
empfehlen: Verwendung von modernen Technologien zur 1224693
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? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– In der Zusammenschau der beschriebenen Befunde besteht die
Fallschilderung Diagnose eines Diabetes mellitus. Welche Kriterien der sicheren
Diagnose eines Diabetes mellitus sind Ihnen bekannt?
Ein 50-jähriger Patient wird dem diensthabenden Kollegen der – Welchen Typ der Diabeteserkrankung halten Sie im geschilder-
Notaufnahme vom Hausarzt angekündigt. Der Patient habe sich ten Fall für vorliegend?
am heutigen Tag in seiner Praxis zur jährlichen Routineuntersu- – Sehen Sie mögliche Differenzialdiagnosen?
chung vorgestellt. Dabei sei ein Blutzucker von über 400 mg/dl – Würden Sie eine weiterführende Diagnostik einleiten, um Ihre
aufgefallen. Im letzten Jahr hätten die Plasmaglukose und auch Verdachtsdiagnose zu bestätigen? Wenn ja, welche?
der Hämoglobin-A1c(HbA1c)-Wert noch im mittleren Normalbereich – Welche Behandlung würden Sie dem Patienten vorschlagen?
gelegen. – Sehen Sie eine Indikation zur stationären Therapie? Würden Sie
Auf genaueres Befragen habe der Patient seit etwa 6 Monaten weitere Untersuchungen durchführen, um dies abzuklären?
eine zunehmende Sehverschlechterung bemerkt. Er verspüre keine
Polyurie oder Polydipsie. Der Großvater des Patienten war an einem
Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt.
Der Hausarzt berichtet, er habe eine Therapie mit Metformin
begonnen.
Untersuchungsbefund (optional)
– Größe 185 cm, Gewicht 95 kg, Body-Mass-Index (BMI)
27,76 kg/m2
D Antworten
? In der Zusammenschau der beschriebenen Befunde Quantifizierung der Insulinresistenz und β-Zell-Funktion. Als
besteht die Diagnose eines Diabetes mellitus. Welche Rechenformel hierfür dienen [2]:
Kriterien der sicheren Diagnose eines Diabetes mellitus j HOMA-R = Insulin (nüchtern, μU/ml) × Plasmaglukose
sind Ihnen bekannt? (nüchtern, mg/dl)/405 bzw. HOMA-R = Insulin (nüchtern,
In . Abb. 1 ist der Diagnosealgorithmus eines Diabetes mellitus μU/ml) × Plasmaglukose (nüchtern, mmol/l)/22,5
zusammengefasst. Im vorliegenden Fall sind die Diagnosekriteri- j HOMA-B = 360 × Insulin (nüchtern, μU/ml)/(Plasmaglukose
en durch die Gelegenheitsglukose-, Nüchternplasmaglukose- und [nüchtern, mg/dl] – 63) % bzw. HOMA-B = 20 × Insulin (nüch-
HbA1c-Werte hinreichend erfüllt. tern, μU/ml)/(Plasmaglukose [nüchtern, mmol/l] – 3,5) %
? Welchen Typ der Diabeteserkrankung halten Sie im Der Fall. Wendet man dies auf die genannten Laborwerte des
geschilderten Fall für vorliegend? Patienten an, so zeigt sich ein HOMA-R von 3,9 und somit der
– Der Terminus Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Nachweis einer Insulinresistenz sowie ein HOMA-B von 11 % und
Stoffwechselerkrankungen, die alle durch Hyperglykämie somit eine deutlich verminderte β-Zell-Funktion. Somit ergibt sich
infolge von Störungen der Insulinsekretion und/oder der aus den Befunden mittleres Lebensalter, BMI 27,8 kg/m2, leichte In-
Insulinwirkung gekennzeichnet sind. sulinresistenz und rascher Krankheitsverlauf (<1 Jahr) mit deutlich
– Abhängig von der Frage, welche der beiden Störungen domi- erhöhtem HbA1c- und Blutzuckerwert sowie deutlich verminderter
niert und welcher Pathomechanismus diese auslöst, erfolgt die β-Zell-Funktion die Verdachtsdiagnose eines dem Typ-1-Diabetes
Typisierung der Diabeteserkrankung. In . Tab. 1 sind wichtige untergeordneten latenten Autoimmundiabetes im Erwachsenen-
Charakteristika gegenübergestellt. alter („latent autoimmune diabetes in adults“ [LADA]).
Der Fall. Im vorliegenden Fall fällt auf den ersten Blick eine Typi- Merke. Auch im Erwachsenenalter ist das Auftreten eines Diabetes
sierung schwer, da der Patient Merkmale aufweist, die sowohl auf mellitus Typ 1 – dann als LADA – möglich und sollte immer in die
einen Diabetes mellitus Typ 2 als auch auf einen Diabetes mellitus differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.
Typ 1 hinweisen.
– Hilfreich bei der Diagnosestellung in solchen Fällen ist die
Bestimmung des Homeostasis Model Assessment (HOMA) zur
Abb. 1 8 Algorithmus zur Diagnose eines Diabetes mellitus. IFG„impaired fasting glucose“ (gestörte Nüchternglu-
kose), IGT „impaired glucose tolerance“ (gestörte Glukosetoleranz), oGTToraler Glukosetoleranztest, HbA1c Hämo-
globin A1c. ([1], mit freundl. Genehmigung, © Georg Thieme Verlag KG, alle Rechte vorbehalten)
Merke. Eine bildgebende Diagnostik zum Ausschluss einer struk- Der Fall. Die Bestimmung bei unserem Patienten ist in . Tab. 2
turellen Pankreaserkrankung sollte bei Erstmanifestation eines Dia- zusammengefasst.
betes mellitus im Erwachsenenalter immer erfolgen.
? Welche Behandlung würden Sie dem Patienten vor- Der Fall. In unserem Fall liegt ein Typ LADA als Sonderform des Typ-
schlagen? 1-Diabetes vor. In . Abb. 4 [5] ist dargestellt, dass bei diesem Typ
– Therapie der Wahl bei Diabetes mellitus Typ 1 ist die intensivier- oft nach Jahren eine relevante Insulineigenbildung besteht, sodass
te Insulintherapie. in den ersten Jahren der Therapie auch vor dem Hintergrund der oft
– Die Erkrankung verläuft in Phasen, die in . Abb. 3 schematisch bestehenden Insulinresistenz orale Antidiabetika oder Glucagon-
dargestellt sind. like-peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten Anwendung finden.
j Phase 1 – genetische Prädisposition: Es besteht insbesondere
aufgrund der Verteilung der HLA-Klasse-2-Moleküle (HLA Merke. Bei raschem Versagen der oralen blutzuckersenkenden
humanes Leukozytenantigen) und anderer Kandidatengene Medikation bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sollte immer daran
für den Typ-1-Diabetes eine höhere Empfänglichkeit dafür, gedacht werden, dass in Wirklichkeit ein LADA bestehen könnte.
dass
? Sehen Sie eine Indikation zur stationären Therapie? Einhaltung ethischer Richtlinien
Würden Sie weitere Untersuchungen durchführen, um
Interessenkonflikt. M. Menzen gibt folgende Interessen und Beziehungen an:
dies abzuklären? finanzielle Interessen: Referentenhonorare/Reisekosten: AstraZeneca, Boehringer
– Zwingend erforderlich ist die Ketonkörpermessung im Urin oder Ingelheim, MSD, Novo Nordisk, Novartis, Eli Lilly, Deutsche Diabetes Gesellschaft,
ÄrztekammerNordrhein.BezahlterBerater/internerSchulungsreferent: NovoNordisk,
besser die Bestimmung von β-Hydroxybutyrat im kapillären Servier, Novartis. Nichtfinanzielle Interessen: Chefarzt Innere Medizin – Diabetologie,
Vollblut sowie die Blutgasanalyse. Gemeinschaftskrankenhaus Bonn, Mitgliedschaften: Deutsche Diabetes Gesellschaft,
– Bei Vorliegen einer Ketoazidose besteht intensivmedizinischer Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin.
Behandlungsbedarf. Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
– Beim Grad der Stoffwechselentgleisung unseres Patienten geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
(Blutzucker initial > 400 mg/dl, HbA1c 13,6 %) ist eine stationäre Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Behandlung gerechtfertigt. Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Der Fall. Der Patient wird initial mit einer intensivierten Insulin- The supplement containing this article is not sponsored by industry.
therapie behandelt. Nach Blutzuckernormalisierung wird auf eine
basal unterstützte orale antidiabetische Therapie umgestellt. Literatur
Schlüsselwörter. Diabetes mellitus Typ 1 · Diabetes mellitus Typ 2 · Latenter 1. Müller-Wieland P, Nauck M, Petersmann A et al (2019) Definition, Klassifikation
Autoimmundiabetes im Erwachsenenalter (LADA) · Hyperglykämie · Hämoglo- und Diagnostik des Diabetes mellitus. Diabetologe 15:128–134. https://doi.org/
bin A1c 10.1007/s11428-019-0460-1
2. Turner et al (1993) Measurement of insulin resistence an β-cell function: the HOMA
and CIGMA approach. Current topics in diabetes research. Belfiore F, Bergman R,
Korrespondenzadresse Molinatti G (Hrsg) Front Diabetes. Karger, Basel, 12:66–75
3. S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. AWMF-Registernummer:
Dr. med. M. Menzen
057–013
Abteilung Innere Medizin – Diabetologie, Gemeinschaftskrankenhaus 4. Spinas S, Fischli GA (2011) Endokrinologie und Stoffwechsel kompakt, 2. Aufl.
Bonn Thieme, Stuttgart . New York
Bonner Talweg 4–6, 53113 Bonn, Deutschland 5. Hernandez et al (2015) Insulin secretion in patients with latent autoimmune
m.menzen@gk-bonn.de diabetes (LADA): half way between type 1 and type 2 diabetes: action LADA 9. BMC
Endocr Disord 15:1
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Beschreiben Sie den Gastroskopiebefund anhand der Forrest-
Fallschilderung Klassifikation. Was ist bei diesem Patienten möglicherweise
schiefgelaufen?
Ein 60-jähriger Patient sitzt besorgt auf der Untersuchungsliege – Wo sollen Biopsate entnommen werden und warum?
in der Notaufnahme. Seit etwa zwei oder drei Tagen fühle er sich – Welche diagnostischen Tests stehen Ihnen zur Verfügung und
schlapp. Der Appetit sei bereits seit letzter Woche schlecht und welche Aussagekraft haben diese?
nach dem Essen trete oft ein Druckgefühl im Oberbauch auf. Ihm sei – Schnelltest und Biopsie – wieso nimmt man eigentlich zwei
auch immer etwas übel, jedoch ohne dass er sich übergeben müsse. Tests ab?
Der Hausarzt habe auf diese Beschwerden hin Blut abgenommen – Aus welchen Eradikationsprotokollen können Sie jetzt wählen?
und einen Stuhltest auf Blut veranlasst, der positiv ausgefallen – Der Patient stammt aus Italien. Warum könnte das für Ihre
sei. Auf dem Einweisungsschein steht: „Hb 10 g/dl, V. a. obere GiB, Therapie bedeutsam sein? Machen Sie einen Therapievorschlag!
erbitte Gastroskopie“. – Welche Faktoren gelten neben der Resistenzlage als entschei-
dend für den Erfolg der Eradikationstherapie?
Vorerkrankungen – Wie und ab wann könnte man den Therapieerfolg überprüfen?
– Arterieller Hypertonus Wann würden Sie endoskopieren?
– Grenzwertige Stenose der A. carotis links, seit 4 Wochen
Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg
– Zustand nach rezidivierender Gastritis, die vor mehr als 30 Jah-
ren mit „Rollkuren“ behandelt wurde
– Florider Nikotinabusus, ca. 40 Packungsjahre
Medikamente
– ASS 100 mg 1-0-0
– Candesartan 16 mg 1-0-0
Ausgewählte Laborbefunde
– Hämoglobinwert bei Aufnahme 8,5 g/dl (5,28 mmol/l)
Dieser Artikel wurde medizindidaktisch überarbeitet und basiert auf dem
eCurriculum Innere Medizin „Helicobacter pylori: Interaktive Fälle zur
aktuellen S2k-Leitlinie“ von A. Arlt, der Online-Kurs erschien erstmals im Juli
2017 (rez. 12/2018).
? Beschreiben Sie den Gastroskopiebefund anhand jFür die histologische Untersuchung gilt: 2 Biopsien aus dem
der Forrest-Klassifikation! Was hätte im Vorfeld bei dem Antrum, 2–3 cm vor dem Pylorus sowie 2 aus dem mittleren
Patienten ggf. beachtet werden können? Korpus, je eine von der großen und kleinen Kurvatur.
– In . Abb. 1 sieht man ein großes, anhaftendes Koagel. Damit – Die Biopsatentnahmestellen basieren auf der Sydney-Klassifi-
liegt nach der Forrest-Klassifikation (. Tab. 1) eine Ulkusblutung kation der Gastritis ([2]; . Tab. 2).
IIb vor.
– Vor einer geplanten Dauermedikation mit niedrig dosierter
ASS aufgrund der Karotisstenose hätte Ihr Patient angesichts ? Welche diagnostischen Tests stehen Ihnen zur Verfü-
seiner Gastritis- oder Ulkusanamnese leitliniengemäß auf eine gung und welche Aussagekraft haben diese?
Helicobacter-pylori-Infektion untersucht werden sollen. – Zur klinischen Diagnostik der H.-pylori-Infektion stehen zur
– Bei Keimnachweis mit zwei zugelassenen Testverfahren hätte Verfügung (. Tab. 3): Ureasetest, histologische Untersuchung,
dann präemptiv eine Eradikationstherapie durchgeführt Kultur, PCR, Antigenstuhltest und Harnstoffatemtest.
werden können [1]. – Ein positiver Serumantikörpertest kann auf eine frühere,
inzwischen aber eliminierte Infektion hinweisen, ist aber nicht
Der Fall. Bei Ablösung des Koagels während der Untersuchung hilfreich bei der Frage nach einer aktuellen Infektion.
kommt es zu einer arteriellen Blutung aus einem unübersichtlichen – Nicht empfohlen werden der Antikörpernachweis im Urin oder
Ulkusgrund (Forrest Ia) ohne klar identifizierbaren Gefäßstumpf. Speichel, Schnelltests zum Antikörpernachweis im Vollblut und
Nach lokaler Unterspritzung mit Suprarenin und Fibrin gelingt eine Schnelltests zum Antigennachweis im Stuhl, da sie bis dato
erfolgreiche Blutstillung und der Patient kann zur weiteren Über- nicht ausreichend validiert sind [1].
wachung auf die Intensivstation verlegt werden. Er erhält eine hoch
dosierte intravenöse Therapie mit einem Protonenpumpeninhibi-
tor (PPI). In einer erneuten Gastroskopie nach 24 h zeigt der Patient ? Schnelltest und Biopsie – wieso nimmt man eigentlich
keine Blutungszeichen. Jetzt werden Biopsien durchgeführt. Der zwei Tests ab?
Helicobacter-Schnelltest ist positiv. Nach 3 Tagen bestätigt sich – Für eine aussagekräftige H.-pylori-Diagnostik werden 2 positive
das positive Ergebnis in der histologischen Untersuchung. Testergebnisse gefordert, da die Prävalenz von H. pylori relativ
niedrig und tendenziell weiter sinkend ist.
? Wo sollen Biopsate entnommen werden und warum? – Bei niedriger Prävalenz wirkt sich ein konstanter Anteil falsch-
– H. pylori ist im Magen nicht gleichmäßig, sondern inhomogen positiver Befunde stärker aus, als wenn die Prävalenz hoch ist.
verteilt. Der positive prädiktive Wert erniedrigt sich.
j Für Ureasetest, Kultur und Polymerase-Kettenreaktion – Ausnahme ist das Ulcus duodeni, hier ist eine hohe H.-pylori-
(PCR) sollten sich die Biopsien auf Zonen hoher Keimdichte Prävalenz gegeben, sodass schon ein positives Testergebnis
(große Kurvatur > kleine Kurvatur) fokussieren. Es sollen ausreicht. Auch ein histologischer Nachweis bei chronisch-
Biopsate von der großen Kurvatur aus dem Magenantrum aktiver Gastritis ist nahezu 100 % spezifisch, eine positive Kultur
und Korpus entnommen werden [1]. ist für sich allein ebenfalls ausreichend.
Korrespondenzadresse
Univ.-Prof. Dr. med. A. Arlt
Universitätsklinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Klinikum
Oldenburg AöR
Rahel-Straus-Str. 10, Oldenburg, Deutschland
alexander.arlt@uni-oldenburg.de
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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Für DGIM-
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Prüfungssimulation vorbekannt war. Die Patientin lebt allein und hatte bisher keine
Probleme, sich selbst zu versorgen. Sie erhält folgende Medikation:
Fallschilderung – Ramipril 10 mg 1-0-0
– Hydrochlorothiazid 25 mg 1-0-0
Eine 83-jährige Patientin wird im Rahmen einer Synkope über den – Digitoxin 0,07 mg 1-0-0
Rettungsdienst stationär aufgenommen. Im Rahmen des geria- – Phenprocoumon nach International Normalized Ratio (INR), Ziel
trischen Assessments und der erweiterten Anamnese stellt sich 2,0–3,0
heraus, dass die Patientin in den letzten 2 Jahren ungewollt 25 kg
Körpergewicht verloren hat. Untersuchungsbefund
Diesen Gewichtsverlust verschwieg sie zunächst, da sie zuvor Der körperliche Untersuchungsbefund ist bis auf eine grenzwerti-
übergewichtig gewesen war und jetzt mit ihrem „Normalgewicht“ ge regelmäßige Bradykardie gänzlich unauffällig. Im Elektrokardio-
zufrieden ist. Aktuell wiegt die Patientin 43 kg bei einer Körpergröße gramm (EKG) bei Aufnahme findet sich der in . Abb. 1 dargestellte
von 146 cm (Body-Mass-Index 20,2 kg/m2). Vorbekannt sind neben Befund.
einer arteriellen Hypertonie eine chronische Niereninsuffizienz (ak-
tuelle geschätzte glomeruläre Filtrationsrate nach Modification-of- Laborwerte
Diet-in-Renal-Disease[MDRD]-Formel 38 ml/min pro 1,73 m2) und Die Laborwerte des Aufnahmelabors sind normwertig, so auch
ein intermittierendes Vorhofflimmern mit einmaliger Episode ei- der basale Wert des thyreoideastimulierenden Hormons. Lediglich
ner Tachyarrhythmia absoluta zwei Jahre zuvor. Die Patientin klagt das Kreatinin ist mit 1,4 mg/dl erhöht. Der INR-Wert befindet sich
über keinerlei Beschwerden. Im Rahmen der geriatrischen Assess- mit 2,6 im Zielbereich. Auch der Digitoxinspiegel zeigt sich mit
ments zeigt sich eine leichtgradige kognitive Störung, die nicht 28,3 μg/l im oberen Normbereich (10–30 μg/l).
Abb. 1 8 Elektrokardiogramm bei Aufnahme mit Sinusrhythmus und einer Frequenz von 56/min
D Antworten
? Welche Befunde fallen Ihnen im abgebildeten Ruhe- – Erkrankung mit Steigerung des Energiebedarfs
EKG auf? – Erkrankung mit reduzierter Bioverfügbarkeit von Nährstoffen
– Verlängerte PQ-Zeit (0,24 s) – Zu geringe Energiezufuhr
– Muldenförmige ST-Strecken-Senkungen
Die Verminderung der Energiezufuhr steht bei älteren Patien-
ten meist im Vordergrund. Die Gründe hierfür können ebenfalls
? Worauf deuten diese Befunde und wie lautet Ihre vielfältig sein und reichen von der krankheitsbedingten Appetit-
Verdachtsdiagnose? losigkeit bis hin zur unzureichenden Mahlzeitenversorgung bei
– Zeichen der Überdosierung mit Digitalis Hilfsbedürftigkeit und sozialer Isolation. Die häufigsten Ursachen
– Atrioventrikulärer (AV) Block I° bei Digitalisüberdosierung; für Malnutrition im Alter finden sich in . Tab. 1. Demenzerkran-
Verdacht auf Synkope bei intermittierend höhergradiger AV- kungen sind besonders bei Frauen und alleinlebenden Patienten
Blockierung ein Risikofaktor für Gewichtsverlust. Malignome sollten wegen der
weitreichenden Konsequenzen im Rahmen der Diagnostik immer
frühzeitig ausgeschlossen werden.
? Könnte die Verdachtsdiagnose mit dem ungewollten
Gewichtsverlust der Patientin in Zusammenhang stehen? ? Welches Ausmaß von Gewichtsverlust ist relevant und
– Eine Digitalisüberdosierung führt typischerweise zu Übelkeit sollte eine diagnostische Abklärung nach sich ziehen, und
und Erbrechen. wie lauten die diagnostischen Kriterien für die Protein-
– Da hier die Digitalisüberdosierung mit einem Digitoxinspiegel Energie-Malnutrition?
im oberen Normbereich nicht sehr ausgeprägt ist, kann sie – Gewichtsverlust von mehr als 5 % des Körpergewichts in
jedoch stattdessen nur zu Appetitverlust führen. Diesen hat die 6 Monaten oder kürzer
Patientin möglicherweise nicht ausreichend wahrgenommen. – Gewichtsverlust von mehr als 10 % des Körpergewichts über
– Der langsam progrediente Gewichtsverlust führte auch zu unbestimmte Zeit
einem geringer werdenden Verteilungsvolumen mit ansteigen-
den Digitoxinkonzentrationen im Organismus. Da das genaue Ausmaß des Gewichtsverlusts oft nicht sicher
– Prinzipiell können aber auch viele andere Ursachen zu einem bestimmbar ist, sollten nach den aktuellen diagnostischen Kriterien
chronischen Gewichtsverlust führen. [3] weitere Faktoren mitbeurteilt werden. Für die Diagnose der
Malnutrition sollte jeweils ein phänotypisches und ein ätiologisches
Kriterium erfüllt sein (. Tab. 2).
? Welche anderen Ursachen können insbesondere bei
älteren Patienten zu Malnutrition und ungewolltem Ge- Merke. Für die Diagnose der Protein-Energie-Malnutrition sollte
wichtsverlust beitragen und müssen daher in die differen- mindestens ein phänotypisches und ein ätiologisches Kriterium
zialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden? der o. g. Kriterien erfüllt sein.
Ungewollter Gewichtsverlust ist bei älteren Menschen sehr häu-
fig. Die Ursachen sind meist multifaktoriell und vielfältig. Drei
grundsätzlich verschiedene Pathomechanismen, die von den un-
terschiedlichstenStörungsbildernaktiviert werden können, werden
unterschieden (. Abb. 2):
? Wie würden Sie in dem geschilderten Fall diagnostisch auch apparativer Diagnostik sollten andere häufige Ursachen aus-
vorgehen und welche weiteren Untersuchungen würden geschlossen werden (. Tab. 1).
Sie durchführen?
Da Mangelernährung bei älteren Patienten häufig ein polyätiologi- Der Fall. Auch im vorliegenden Fall werden andere Ursachen des
sches Phänomen ist, darf man sich auf die Relevanz einer einzelnen Gewichtsverlusts u. a. durch Labordiagnostik, Sonographie und
potenziellen Ursache nicht verlassen. Mithilfe von geriatrischem Endoskopie ausgeschlossen. Nach Absetzen der Digitoxintherapie
Assessment, körperlicher Untersuchung, Labordiagnostik und ggf. normalisiert sich das EKG (. Abb. 3) und ein weiterer Gewichts-
verlust tritt nicht mehr auf. Eine Gewichtszunahme ist bei älteren
Patienten, wenn überhaupt, erst nach mehreren Wochen zu er-
Tab. 1 Wichtigste Ursachen der Protein-Energie-Malnutrition bei äl- warten. Im vorliegenden Fall nimmt die Patientin ohne weitere
teren Patienten ernährungsmedizinische Therapiemaßnahmen nach einem Jahr
Depression erneut 13 kg Körpergewicht zu.
Demenz und andere neurodegenerative Erkrankungen Nebenbefundlich wird auch die medikamentöse Therapie mit
Oropharyngeale und ösophageale Dysphagie Hydrochlorothiazid beendet, da eine diuretische Wirkung bei der
Schlechter Zahnstatus, Schmerzen beim Kauen aktuellen glomerulären Filtrationsrate nicht mehr zu erwarten ist.
Arzneimittelnebenwirkungen
? Wie würden Sie die Therapie der Patientin überwa-
Gastrointestinale Erkrankungen
chen?
Allgemeinerkrankungen, Inflammation
Malignome – Dokumentierte Gewichtskontrollen in wöchentlichen Abstän-
Hyperthyreose
den
– Regelmäßige Kontrollen der Herzfrequenz, um den Bedarf für
Immobilität
eine weitere frequenzkontrollierende Therapie abzuschätzen
Versorgungsdefizite
Soziale Isolation, Einsamkeit
Merke. Da sowohl ein Gewichtsverlust als auch eine Zunahme
Auflistung ohne gewichtende Reihenfolge
des Körpergewichts ein sehr langsam ablaufendes Phänomen ist,
sollten Therapiekontrollen auch nach Wochen und Monaten statt- ? Welches sind mögliche Therapiestrategien bei Malnu-
finden. trition im Alter?
Analog zu den vielfältigen Ursachen der Malnutrition gibt es vielfäl-
? Welche Maßnahmen leiten Sie ein, wenn die Patientin tige Therapieansätze (. Tab. 3). Die Therapiemaßnahmen sollten
weiter Körpergewicht verliert? – sich an der Ätiologie der Malnutrition orientieren,
– Verwerfung der Verdachtsdiagnose und Durchführung weiterer – ggf. miteinander kombiniert werden,
Diagnostik – dem Ausmaß der Unterversorgung mit Energie (Kalorien)
– Gabe von bilanzierter Trinknahrung angemessen sein und
– Überprüfung der Mahlzeitenversorgung der Patientin – der Prognose des Patienten angemessen sein.
Merke. Das primäre Therapieziel bei älteren Patienten ist es, den Cave. Die Ernährungstherapie von Patienten im Endstadium ei-
Gewichtsverlust zu stoppen. Eine Zunahme des Körpergewichts ner chronischen inkurablen Erkrankung sollte nicht mit invasiven
ist zwar wünschenswert, jedoch bei älteren Patienten eher selten Maßnahmen erfolgen.
zu erreichen.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. R. Wirth
Klinik für Altersmedizin und Frührehabilitation, Marien Hospital Herne –
Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
Hölkeskampring 40, 44625 Herne, Deutschland
rainer.wirth@ruhr-uni-bochum.de
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Untersuchungsbefund
– Größe 165 cm, Gewicht 80 kg (Body-Mass-Index 29,38 kg/m2)
– Druckschmerz im rechten Oberbauch
– Leber und Milz nicht palpabel
– Nierenlager frei, rege Darmgeräusche bei der Auskultation
– Herz und Lunge auskultatorisch unauffällig, peripherer Pulssta-
tus regelrecht
Fallschilderung (Teil 2)
Bei den Laboruntersuchungen zeigen sich verschiedene Parameter
erhöht:
– Lipase >3000 U/l (Referenzbereich: 13–60 U/l) Abb. 1 8 Konkremente in der Gallenblase
– Bilirubin gesamt 26,4 μmol/l (Referenzbereich: 2,0–21,0 μmol/l)
– γ-Glutamyltransferase (γ-GT) 2968 U/l (Referenzbereich:
<40 U/l)
– Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)/Alanin-Aminotransfera-
se (ALT) 236,8 U/l (Referenzbereich: <35 U/l)
– Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)/Aspartat-Ami-
notransferase (AST) 184,3 U/l (Referenzbereich: <35 U/l)
– Laktat-Dehydrogenase 373 U/l (Referenzbereich: <250 U/l)
– Kreatinkinase gesamt 184 U/l (Referenzbereich: <170 U/l)
– C-reaktives Protein (CRP) 9,77 mg/dl (Referenzbereich:
<5 mg/dl)
D Antworten
? Welche Untersuchungen würden Sie bei der Patientin ? Welches sind wichtige Differenzialdiagnosen bei
als Nächstes veranlassen? Oberbauchschmerz?
– Zur diagnostischen Abklärung bei gürtelförmigen Oberbauch- – Pankreatitis
schmerzen gehören zunächst folgende Schritte: – Cholangitis
j Ausführliche Anamnese: Schmerzcharakter, -dauer und – Ulkus
-lokalisation, Frage nach bekannten Gallensteinen, Alko- – Appendizitis
holkonsum, Familienanamnese, Medikamentenanamnese, – Nephrolithiasis
Allergie + Auslandsaufenthalt + Nikotinkonsum + Wasser- – Herzinfarkt
lassen + Urinfarbe + Stuhlverhalt? + Stuhlfarbe + Übelkeit/ – Lungenembolie
Erbrechen + Operationen (Zustand nach CHE?) – Hepatitis
j Körperliche Untersuchung: Druckschmerz Abdomen (Mur-
phy-Zeichen?), Darmgeräusche, Hautzeichen
j Allgemeine internistische Untersuchung (Herz, Lunge etc.) ? Welche bildgebenden Verfahren würden Sie zur wei-
j Labordiagnostik: Lipase, Elektrolyte, Gerinnungsparameter; teren Diagnostik einsetzen?
Kreatinin, Harnstoff, CRP, Blutbild, Thrombozyten, Blutgas- – In der Regel erfolgt zunächst eine Abdomensonographie,
analyse, Bilirubin, alkalische Phosphatase, γ-GT, AST, ALT. eventuell ergänzt durch eine Endosonographie (EUS), die das
Zusätzlich Kalzium und Triglyzeride (Ausschluss spezifischer Verfahren mit der höchsten Sensitivität zum Nachweis einer
Ursachen), Blutkultur vor Antibiotikagabe möglichen Choledocholithiasis darstellt [11].
j Ausschluss einer Schwangerschaft und eines Harnwegsin- – Die bildgebende Diagnostik in den ersten 48 h soll in erster Linie
fekts klären, ob eine biliäre Pankreatitis vorliegt, da im Falle einer
j Elektrokardiogramm: Herzinfarkt? Komplizierende Faktoren Choledocholithiasis rasch eine Steinextraktion erfolgen sollte.
wie Vorhofflimmern? – Bei unklarer Klinik kann die Bildgebung auch dem Ausschluss
j Röntgenuntersuchung des Thorax: Stauungszeichen? von Differenzialdiagnosen dienen.
– Bei akuter Pankreatitis können u. U. folgende Veränderungen
Merke. 6 × F-Regel bei Gallensteinen: „fat, female, fair, forty, fertile, sonographisch nachweisbar sein [11]:
family“. j Vergrößerte, unscharf begrenzte Pankreasloge
j Nekrosen, Abszesse, Pseudozysten
Cave. Die Bestimmung der Serumamylase ist aufgrund ihrer ge- j Aszites/Pleuraerguss
ringeren Spezifität nicht sinnvoll. j Gallensteine, extrahepatische Cholestase bei akuter biliärer
Pankreatitis
j Pankreasverkalkung als Hinweis auf chronische Pankreatitis
Merke. Eine Computertomographie (CT) sollte bei fehlender Sen- Diagnosekriterien „Akute Pankreatitis“
sitivität für Gallengangsteine und Gefahr der Nephrotoxizität des
Kontrastmittels in den ersten 48 h nicht durchgeführt werden. Sie Merke. Wenn zwei der folgenden Kriterien zutreffen, kann ent-
wird bei ausbleibender Besserung oder bei Verschlechterung des sprechend der aktuellen Leitlinie des American College of Gas-
Krankheitsverlaufs sowie vor möglichen Interventionen empfohlen troenterology in der Regel eine akute Pankreatitis diagnostiziert
[2]. Eine CT kann im späteren Verlauf in der Nekrosediagnostik werden [3]:
sinnvoll sein. – Lipaseerhöhung im Serum um mehr als das Dreifache der
Norm
? Welches Krankheitsbild zeigt die Patientin? – Memo: Fehldiagnosen sind häufig. Wichtig ist daher die
– Die stark erhöhten Lipasewerte weisen zusammen mit der Klinik Lipasebestimmung
(gürtelförmige Oberbauchschmerzen) und der Bildgebung auf j Passende Klinik (Oberbauchschmerzen, oft gürtelförmig
eine akute biliäre Pankreatitis hin. auftretend)
j Charakteristische Befunde in der abdominellen Bildgebung.
Akute Pankreatitis.
– Häufiges, akut bedrohliches gastroenterologisches Krankheits- Merke. Die Höhe des Lipasewerts korreliert nicht mit Schwere und
bild [3] Prognose der akuten Pankreatitis [11].
– Folge einer vorzeitigen Aktivierung von Kaskaden der Verdau-
ungsenzyme ? Weitere Ursachen für eine Hyperlipidämie?
j durch toxische Schädigung, Weitere Ursachen sind u. a.
j durch erhöhten endoluminalen Druck – Pankreastumoren,
– Intrapankreatische Enzymaktivierung führt zu einer Selbst- – penetrierendes Ulkus,
andauung der Bauchspeicheldrüse → primär abakterielle – Ileus und
Entzündung – diabetische Ketoazidose.
– Jährliche Inzidenz: 13–73/100.000 Einwohner [3–5]
– Häufigkeitsgipfel der Erkrankung: 40- bis 60-Jährige
– Mortalität: 2–15 % je nach Ausprägung [2]
0 1 2 3 4
Atmung: Oxygenierungsindex ≥400 mm Hg <400 mm Hg <300 mm Hg <200 mm Hg und künstli- <100 mm Hg und künstli-
(OI = paO2/FIO2) che Beatmung che Beatmung
Gerinnung: Thrombozytenzahl ≥150.000/μl <150.000/μl <100.000/μl <50.000/μl <20.000/μl
Neurologischer Zustand: Glas- 15 13–14 10–12 6–9 <6
gow Coma Scale
Herz-Kreislauf-System: notwen- MAD MAD Dopamin ≤5 oder Dopamin >5 oder Adrena- Dopamin >5 oder Adrenalin
dige Katecholamindosierung >70 mm Hg >70 mm Hg Dobutamin (belie- lin ≤0,1 oder Noradrenalin ≤0,1 oder Noradrenalin
(μg/kg pro min) bige Dosis) ≤0,1 ≤0,1
Leber: Bilirubin (mg/dl) <1,2 1,2–1,9 2,0–5,9 6,0–11,9 > 12,0
Niere: Kreatinin (mg/dl) < 1,2 1,2–1,9 2,0–3,4 3,5–4,9 (oder Urin > 5,0 (oder Urin
<500 ml/Tag) <200 ml/Tag)
Bei einem SOFA-Score von 2 Punkten besteht ein >10 %iges Mortalitätsrisiko. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Punkte in zwei Organsystemen vergeben
wurden oder nur in einem Organsystem
FIO2 inspiratorische Sauerstofffraktion, MAD mittlerer arterieller Druck, paO2 arterieller Sauerstoffpartialdruck in mm Hg, SOFA Sequential Organ Failure As-
sessment
Merke. Eine kausale Therapie der akuten Pankreatitis gibt es nicht. Cave. Sekundäre Infektion der Nekrosen durch Darmkeime im
Die Behandlung erfolgt symptomatisch. Sinne einer Durchwanderungsperitonitis bei fehlender enteraler
Ernährung.
Volumengabe. – Keine parenterale Ernährung über zentrale Venenkatheter, da
– Frühe, kontrollierte intravenöse Volumengabe v. a. innerhalb Eintrittspforte für Keime und damit Risiko für die Infektion von
der ersten 12–24 h [3] Pankreasnekrosen [13]
– Ringer-Laktat-Lösung (entzündungshemmender Effekt in
Studien) initial bei einer Volumenrate von 5 bis 10 ml/kg pro h ERCP [3].
bis zum Ansprechen auf Volumengabe [2] und bis zum Erreichen
– Bei Patienten mit akuter Pankreatitis und begleitender akuter jPankreasgängige Antibiotika: Carbapenem oder Chino-
Cholangitis: innerhalb von 24 h nach stationärer Aufnahme lon + Metronidazol, keine generelle Empfehlung für Antimy-
kose
Merke. Wichtigstes Cholangitiskriterium: Erhöhung der GPT bzw. j „Step-up approach“: zunächst antibiotische Therapie, mi-
ALT um mehr als das Dreifache der Norm. nimal-invasive Drainage, endoskopische oder perkutane
– Frühe ERCP bei den meisten Patienten mit einer Gallenstein- Nekrosektomie (in Ausnahmefällen offene chirurgische
pankreatitis nicht notwendig, sofern keine laborchemische oder Nekrosektomie)
klinische Evidenz für anhaltende biliäre Obstruktion j Bei nekrotisierender Pankreatitis kann es zu einem transi-
– Keine Cholangitis und/oder kein Ikterus, aber starker Verdacht enten Diabetes mellitus sowie einer exokrinen Insuffizienz
auf Choledocholithiasis → Bevorzugung von MRCP oder EUS kommen.
gegenüber einer diagnostischen ERCP – Klare Indikation für Antibiose [3]:
– Akute biliäre Pankreatitis ohne Cholangitis: spontaner Steinab- j Extrapankreatische Infektionen, z. B. Cholangitis, katheteras-
gang kann abgewartet werden (24–48 h) soziierte Infektion, Bakteriämie, Harnwegsinfektion oder
Pneumonie
Zum Fall. Die Differenzialdiagnose einer Cholangitis wird bei der
Patientin durch fehlendes Fieber, Ikterus und Cholestase in EUS Cholezystektomie.
ausgeschlossen. – Bei allen Patienten mit biliärer Pankreatitis zur Vermeidung von
Rezidiven
Antibiotische Therapie. – Milde biliäre Pankreatitis:
– Keine routinemäßige prophylaktische Antibiotikagabe. Cave: j Cholezystektomie frühzeitig am Ende des Indexkrankenhaus-
sekundäre Candida-Infektionen [14] aufenthalts [3, 13]
– Nekrotisierende Pankreatitis und Fieber (Therapie sollte an
Zentren erfolgen):
Korrespondenzadresse
Univ.-Prof. Dr. med. A. Arlt
Universitätsklinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Klinikum
Oldenburg AöR
Rahel-Straus-Straße 10, 26133 Oldenburg, Deutschland
alexander.arlt@uni-oldenburg.de
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
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11. Herold G (Hrsg) (2018) Innere Medizin 2018. Eigenverlag, Köln
Redaktion
M. Hoechstetter, München
Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Fall 11
M. Hoechstetter
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Palliativmedizin, Infektiologie und Tropenmedizin,
München Klinik Schwabing, München, Deutschland
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Wenn Sie sich das Blutbild und Differenzialblutbild ansehen, an
Fallschilderung welche Erkrankungen denken Sie?
– Können Sie aufgrund der quantitativen Ausprägung der
Im Rahmen eines stationären Aufenthalts zur elektrischen Kar- Lymphozytose (absoluter Lymphozytenwert) Rückschlüsse auf
dioversion bei paroxysmalem Vorhofflimmern wird bei einem 72- die Diagnose ziehen?
jährigen Patienten ein auffälliger Befund im Routineblutbild festge- – Welche Laboruntersuchung würden Sie als Erstes veranlassen,
stellt. Neben paroxysmalem Vorhofflimmern leidet er seit mehre- um die Lymphozytose weiter abzuklären?
ren Jahren unter einer medikamentös gut eingestellten arteriellen – Beschreiben Sie kurz den Blutausstrich, wie lautet Ihre Ver-
Hypertonie (Angiotensin-converting-enzyme-Hemmer Ramipril). dachtsdiagnose?
Abgesehen davon berichtet der Patient, sich wohlzufühlen. Infek- – Durch welche Untersuchungen können Sie Ihre Verdachtsdia-
tionen habe er in letzter Zeit keine gehabt, er lasse sich jedes Jahr gnose erhärten?
gegen Grippe impfen. – Welche Parameter in der Immunphänotypisierung beschreiben
die Monoklonalität der CLL-Zellen?
Körperliche Untersuchung nach erfolgreicher Kardioversion. – Wann würden Sie bei V. a. CLL eine Knochenmarkpunktion
72-jähriger Patient in gutem Allgemeinzustand (Eastern-Coope- durchführen?
rative-Oncology-Group[ECOG]-Performance-Status 0) und norma- – Nach welchen Merkmalen soll bei der Anamnese insbesondere
lem Ernährungszustand (181 cm, 79 kg). Tastbare Lymphknoten gefragt werden?
zervikal beidseits (2 × 2 cm) und inguinal beidseits (1,5–2 × 2 cm), – Nach welcher Klassifikation wird die CLL eingeteilt und welches
nicht druckdolent, glatte Oberfläche, gut verschiebbar. Herzakti- Stadium liegt bei unserem Patienten vor?
on regelmäßig, Puls 68/min, Blutdruck 125/75 mm Hg, Herztöne – Welche zusätzlichen Parameter können zur Prognoseeinschät-
rein. Vesikuläres Atemgeräusch beidseits, Atemfrequenz 16/min, zung der CLL genutzt werden?
sonorer Klopfschall. Abdomen weich, kein Druckschmerz, keine – Welche Therapiestrategie empfehlen Sie einem Patienten im
Resistenzen, lebhafte Darmgeräusche über allen vier Quadranten, Stadium Binet B?
Leber und Milz nicht vergrößert tastbar. – Wann sollte bei der CLL mit einer Therapie begonnen werden?
B-Symptome: kein Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust. – Wie erfolgt die Therapie der CLL in der Erstlinie?
D Antworten
Abb. 2 8 Multiparametrische Immunphänotypisierung. Gelbe Markierungen entsprechen den unten dargestellten Plots,
grüne Markierungen entsprechen den für die Diagnosestellung zusätzlichen wichtigen Befunden. B B-Lymphozyten, BLA
Blasten, CD cluster of differentation, GR Granulozyten, LY Lymphozyten, MO Monozyten, NK natürliche Killerzellen, T T-Lym-
phozyten
CLL und ein 1,9- bis 2,6-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung
eines anderen indolenten Lymphoms. Aufgrund der niedrigen
Inzidenz dieser lymphatischen Neoplasien ist das absolute
Erkrankungsrisiko der Angehörigen dennoch niedrig [1].
Abb. 6 8 Algorithmus der Erstlinientherapie. BSC „best supportive care“, BTK Bruton-Tyrosinkinase, CD cluster of differentati-
on, CR komplette Remission, IGHV „immunoglobulin heavy chain variable region“, PD „progressive disease“ (fortschreitende
Erkrankung), PR partielle Remission, SD „stable disease“ (stabile Erkrankung), w & w „watch and wait“. (Nach [1])
? Wie erfolgt die Therapie der chronischen lymphati- Die Therapieauswahl erfolgt im Wesentlichen nach den vorlie-
schen Leukämie in der Erstlinie? genden Begleiterkrankungen.
– Die Therapieauswahl richtet sich nach dem genetischen
Risikoprofil (nach Zyto- und Molekulargenetik sowie Karyotyp; Der Fall. Der Patient wird aufgrund des erhöhten Risikos eines
. Abb. 6). Rezidivs des Vorhofflimmerns unter BTK-Inhibitor mit dem BCL2-
– Patienten mit einem ungünstigen Parameter erhalten eine Antagonisten Venetoclax in Kombination mit Obinutuzumab über
zielgerichtete Therapie mit einem Bruton-Tyrosinkinase(BTK)- 12 Monate therapiert und erreicht eine komplette Remission (nor-
Inhibitor, der den B-Zell-Rezeptor-Signalweg blockiert. Zuge- males Blutbild und komplette Rückbildung der Lymphadenopathie
lassene Medikamente sind Ibrutinib und Acalabrutinib, die und Splenomegalie).
Auswahl orientiert sich individuell an den Komorbiditäten des
Schlüsselwörter. Chronische lymphatische Leukämie · Binet-Klassifikation ·
Patienten. Beide Medikamente werden als Dauertherapie appli- Prognosescore · Erstlinientherapie · Immunphänotypisierung
ziert und können mit einem Anti-CD20-Antikörper (Rituximab
oder Obinutuzumab) kombiniert werden.
Korrespondenzadresse
– Alternativ kann der BCL2-Antagonist Venetoclax in Kombination
mit Obinutuzumab eingesetzt werden. Diese Therapie ist Dr. med. M. Hoechstetter
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Palliativmedizin,
zeitlich auf 12 Monate limitiert.
Infektiologie und Tropenmedizin, München Klinik Schwabing
– Bei Patienten ohne genetischen Risikoparameter können in der Kölner Platz 1, 80804 München, Deutschland
Erstlinientherapie weiterhin die Chemoimmuntherapien FCR, manuela.hoechstetter@muenchen-klinik.de
Bendamustin + Rituximab oder Chlorambucil + Obinutuzumab
eingesetzt werden. Diese zeitlich limitierten Therapien sind Einhaltung ethischer Richtlinien
jedoch im progressionsfreien Überleben den zielgerichteten
Substanzen unterlegen und werden nur noch selten empfohlen. Interessenkonflikt. A. Finanzielle Interessen: Vortragshonorar: AstraZeneca, Abbvie.
Advisory Boards: AstraZeneca, Janssen-Cilag GmbH.Redaktion: SpringerMedizin.
B. Nichtfinanzielle Interessen: Leitung der Studienzentrale der Klinik für Hämatologie
Merke. Vor Beginn der Erstlinientherapie und auch vor jeder weite- und Onkologie, München Klinik Schwabing. Mitgliedschaften: Deutsche Gesellschaft
ren Therapie muss das aktuelle genetische Risikoprofil des Patienten für Innere Medizin (DGIM), Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und internistische
Onkologie (DGHO), European Society of Oncology (ESO).
(Zyto- und Molekulargenetik sowie Karyotyp; neu nach Leitlinie von
2020!) vorliegen, um eine individualisierte Therapieentscheidung Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
treffen zu können. durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
Literatur
1. DGHO-Leitlinie CLL, Stand September 2020. https://www.onkopedia.com/de/
onkopedia/guidelines/chronische-lymphatische-leukaemie-cll/@@guideline/
html/index.html#ID0EIYAE. Zugegriffen: 11. Okt. 2020
2. Hoechstetter M (2020) Chronische lymphatische Leukämie. e.Curriculum Innere
Medizin
3. Hallek M, Cheson BD, Catovsky D, Caligaris-Cappio F, Dighiero G, Döhner H,
Hillmen P, Keating M, Montserrat E, Chiorazzi N et al (2018) iwCLL guidelines
for diagnosis, indications for treatment, response assessment, and supportive
management of CLL. Blood 131(25):2745–2760
4. International CLLIPI WG (2016) An international prognostic index for patients with
chronic lymphocytic leukaemia (CLL-IPI): a meta-analysis of individual patient
data. Lancet Oncol 17(6):779–790
Facharzt-Training
• Zusätzliches Vertiefungswissen
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• Aussagekräftige Abbildungen, Tabellen und Videos
• Demnächst: weitere Übungsfälle (insgesamt ca. 150)
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen
Fallschilderung ergreifen Sie aufgrund Ihrer Verdachtsdiagnose in der Notauf-
nahme und wie lautet diese?
Eine 42-jährige Patientin (165 cm, 63 kg) wird mit dem Rettungs- – Wie sind die abdominellen Schmerzen der Patientin zu erklären?
dienst in soporösem Zustand in die Notaufnahme gebracht. Laut – Wie lässt sich der Diabetes mellitus Typ 1 vom Diabetes mellitus
Ehemann habe sich der Zustand seiner Frau schnell verschlechtert. Typ 2 abgrenzen?
Sie habe im Vorfeld über starke abdominelle Schmerzen geklagt, – Wie sehen die Grundlagen der Therapie bei dieser Patientin
habe erbrochen und in den Tagen zuvor viel getrunken. Bis auf eine aus?
Immunthyreopathie unter Substitution mit L-Thyroxin sind keine – Welche supportiven Therapiemaßnahmen sind zu beachten?
Vorerkrankungen bekannt. Die Patientin nimmt keine weiteren – Was ist bei Transition auf die Normalstation zu beachten und
Medikamente ein. In der körperlichen Untersuchung fallen Ihnen wie erfolgt die Umstellung auf eine subkutane Insulintherapie?
ein gespanntes Abdomen, eine vertiefte, noch normofrequente – Liegt bei einer diabetischen Ketoazidose immer eine signifikan-
Atmung und ein fruchtiger Geruch auf. Der Hautturgor ist trocken. te Hyperglykämie vor?
– Welche Ursachen einer Hyperglykämie kommen bei stationären
Patienten neben einem Diabetes mellitus infrage und wie
grenzen Sie diese ggf. ab?
All of the material is the original work of the authors and no further
permissions are required.
? Welche diagnostischen und therapeutischen Maß- ? Wie sind die abdominellen Schmerzen der Patientin
nahmen ergreifen Sie aufgrund Ihrer Verdachtsdiagnose zu erklären?
in der Notaufnahme und wie lautet diese? – Mögliche Ursachen der abdominellen Schmerzen: gestörte
Bei der vigilanzgeminderten Patientin ist es dringlich, sich rasch Magenentleerung und verminderte Darmmotilität sowie
einen Überblick über die Situation zu verschaffen. peritonitische Reizung im Rahmen der Azidose
– Zunächst Vitalparameter erheben: Blutdruck, Puls, Temperatur, – Symptomatik bessert sich spontan im Laufe der Blutzuckernor-
Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung malisierung. Eine Pseudoperitonitis diabetica tritt vor allem bei
– Zusätzlich muss bei allen Bewusstseinsstörungen eine Blut- Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 auf.
zuckermessung vorgenommen werden, da Bewusstseins-
störungen sowohl durch Hyperglykämien als auch durch Merke. Bei jedem unklaren Peritonismus Blutzucker bestimmen,
Hypoglykämien bedingt sein können. um eine Pseudoperitonitis diabetica nicht zu übersehen und nicht
– Die Patientin benötigt einen großvolumigen Zugang, bei erlo- indizierte Laparotomien zu vermeiden.
schenen Schutzreflexen zusätzlich eine Atemwegssicherung.
– Zügig EKG schreiben bzw. Patientin am Monitor überwachen ? Wie lässt sich der Diabetes mellitus Typ 1 vom Diabe-
– Fokussierte körperliche Untersuchung: Abwehrspannung/ tes mellitus Typ 2 abgrenzen?
abdomineller Druckschmerz, Darmgeräusche, Reaktion auf
Schmerzreiz, Prüfen eines weiteren neurologischen Defizits (u. a. Diabetes mellitus Typ 1 [1].
Pupillenreaktion), orientierende internistische Untersuchung – Es kommt zu einer autoimmun vermittelten Zerstörung
(Herz, Lunge) der insulinproduzierenden β-Zellen des Pankreas. Hieraus
– Labordiagnostik: Notfalllabor: Blutgasanalyse inkl. Laktat, resultiert im Laufe des Destruktionsprozesses ein absolu-
Elektrolyte, Infektparameter, Retentionsparameter/Harnstoff, ter Insulinmangel, der sich meist erst manifestiert, wenn
Leberwerte, Blutbild, Gerinnungsparameter, Urinuntersuchung > 80–90 % der β-Zellen zerstört sind. In der Dekompensation
mit Teststreifen. Ggf. Blutkulturen führt der absolute Insulinmangel zur schweren Hyperglykämie.
Bei absolutem Insulinmangel laufen darüber hinaus Lipoly-
Der Fall. se und Fettsäureoxidation ungebremst ab, sodass sich eine
– Auffällige Laborwerte: Ketoazidose entwickelt.
j Blutzucker 561 mg/dl (31,2 mmol/l) – Bei ca. 90 % der Patienten: Nachweis von diabetesassoziierten
j Venöse Blutgasanalyse: pH-Wert 7,1, pCO2 24 mm Hg, Bicar- Autoantikörpern – Antikörper gegen Glutamat-Decarboxylase
bonat 6 mmol/l (GAD65), Antikörper gegen Tyrosinphosphatase IA-2, Insulinan-
j Daneben Leukozytose von 13,9 Tsd./μl, Hämoglobinwert von tikörper, Zinktransporter-8-Antikörper, Inselzellantikörper
15,8 g/dl und Kalium von 4,9 mmol/l – Bei erhöhten Blutzuckerspiegeln findet sich ein deutlich
j Nachweis von Ketonkörpern im Urin erniedrigter C-Peptid-Spiegel, der einen Insulinmangel beweist.
– Zusammenschau der Befunde: vigilanzgeminderte Patientin – Typische Altersgipfel bei Erstmanifestationen sind Kindheit und
mit deutlicher Hyperglykämie und Ketoazidose ergibt die Jugend; ein Diabetes mellitus Typ 1 kann aber in jedem Alter
Diagnose der Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1 auftreten.
mit ketoazidotischem Präkoma – Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen. Dies passt
– ⇒ . Tab. 1: Differenzialdiagnose diabetische Ketoazidose bei zu der bereits bestehenden Immunthyreopathie Typ Hashimoto.
Diabetes mellitus Typ 1 und hyperosmolares hyperglykämisches
Syndrom bei Diabetes mellitus Typ 2 Diabetes mellitus Typ 2 [1].
– Gekennzeichnet durch einen relativen Insulinmangel, oftmals
im Rahmen eines metabolischen Syndroms
Tab. 1 Differenzialdiagnose diabetische Ketoazidose (DKA) bei Typ 1 Diabetes und hyperosmolares hyperglykämisches Syndrom (HHS) bei Typ 2 Dia-
betes mellitus
Diabetische Ketoazidose Hyperosmolares hyperglykämisches Syndrom
Glukose in mg/dl (mmol/l) 300–600 (16,7–33,3) 600–1200 (33,3–66,6)
Kalium Normal bis ↑, aber Kaliumspeicher leer Normal
Ketonkörper im Urin und Serum ++++ +/–
Arterieller pH 6,8–7,3 >7,3
Arterieller pCO2 in mm Hg 20–30 Normal
Standardbicarbonat in mmol/l <15 Normal bis leicht ↑
Weitere pathologische Laborbefunde Leukozyten ↑, Triglyzeride ↑ Leukozyten ↑
– Typischerweise Manifestation im Erwachsenenalter; immer – Unerlässlich ist eine zügige Volumensubstitution. Dies sollte
mehr Fälle auch bei adipösen Jugendlichen die therapeutische Erstmaßnahme darstellen, da die Patienten
– Pathophysiologisch geht die Erkrankung mit einer gestörten ein großes Flüssigkeitsdefizit aufweist. Bereits in der Notauf-
Insulinsekretion in der Frühphase sowie einer Insulinresistenz nahme muss in der ersten Stunde die Substitution von 1 l NaCl
des Gewebes mit relativ erhöhten Insulinspiegeln einher. Die 0,9 % (S3-Leitlinie „Therapie des Typ-1-Diabetes“ der Deutschen
noch vorhandenen Insulinmengen reichen aus, um die Lipolyse Diabetes Gesellschaft [DDG], „Positionspapier der Deutschen
zu unterdrücken, weshalb es bei diesen Patienten in der Regel Diabetes Gesellschaft zur Therapie des Diabetes mellitus im
nicht zu einer Ketoazidose kommt. In seltenen Einzelfällen: Aus Krankenhaus“) oder Vollelektrolytlösung erfolgen. Im weiteren
der Kombination von schwerer Sepsis, schwerem Trauma oder Verlauf erfolgt die Volumensubstitution in Abhängigkeit von
schwerer kardiovaskulärer Erkrankung mit einem stark ausge- der Kreislaufsituation (je nach zentralvenösem oder mittlerem
prägten hyperosmolaren Syndrom kann sich eine Ketoazidose arteriellem Druck), in der Regel mindestens 250–500 ml/h [3, 4].
bei Patienten mit Typ-2-Diabetes entwickeln. – Insulintherapie muss intravenös und kontinuierlich mit Nor-
– Wichtiges diagnostisches Abgrenzungsmerkmal zum Diabe- malinsulin über eine Spritzenpumpe erfolgen. Initial erfolgt
tes mellitus Typ 1: Nachweis von Ketonkörpern im Urin in die Gabe eines Bolus 0,05 IE/kgKG i.v., anschließend 0,05–0,1 IE/
Kombination mit metabolischer Azidose kgKG pro h intravenös. Die kontinuierliche intravenöse In-
sulintherapie sollte mindestens bis zum Ausgleich der Azidose
Der Fall. Auch bei dieser Patientin sollte die Bestimmung der fortgeführt werden.
Ketonkörper zeitnah erfolgen. – Neben einer stündlichen Blutzuckermessung müssen initial
im gleichen zeitlichen Intervall Natrium, Kalium, pH und pCO2
Merke. Bei schwerer Hyperglykämie sollten immer der pH-Wert kontrolliert werden.
und Ketonkörper im Urin bestimmt werden, da sie bei der Klas- – Ziel: langsame Absenkung des Blutzuckers um 50–100 mg/dl
sifizierung des Diabetestyps helfen. Dies ist wichtig, da sich die (2,8–5,6 mmol/l) pro h. Bei zu rascher Absenkung Gefahr
Therapiekonzepte nach der Rekompensation der akuten Stoffwech- eines Hirnödems. Der Blutzucker sollte zunächst auf maximal
selentgleisung im Verlauf unterscheiden. 250 mg/dl (13,8 mmol/l) abgesenkt werden.
– ⇒ . Tab. 2: Grundzüge der Therapie der Ketoazidose und des
? Wie sehen die Grundlagen der Therapie bei dieser hyperosmolaren hyperglykämischen Syndroms
Patientin aus?
– Aufgrund der Schwere des Krankheitsbilds und der Vigilanzmin- Cave. Die Blutzuckersenkung sollte optimalerweise 50 mg/dl
derung: Indikation zur intensivmedizinischen Überwachung (2,8 mmol/l) pro h betragen und darf 100 mg/dl (5,6 mmol/l) pro h
und Therapie der Patientin nicht übersteigen, da sonst das Risiko besteht, dass die Patienten
ein Hirnödem entwickeln.
Merke. Es besteht ein nicht zu unterschätzendes Flüssigkeitsdefizit, – Auch nach der ersten subkutanen Gabe eines Normalinsu-
dass adäquat therapiert werden muss. lins sollte noch über 3–4 h eine überlappende intravenöse
Insulintherapie erfolgen.
? Welche supportiven Therapiemaßnahmen sind zu – Merke: Die kontinuierliche intravenöse Insulintherapie sollte
beachten? mit einer Spritzenpumpe fortgeführt werden, bis der pH-Wert
– Zu Beginn der Therapie liegt bei Patienten mit einer Ketoazidose ausgeglichen und der Blutzucker im Zielbereich ist.
oft ein hoher Serumkaliumspiegel vor (. Tab. 2). Mit Ausgleich – Etwa 75–80 % der intravenösen Insulindosis der letzten 24 h
der metabolischen Azidose kommt es zur Kaliumverschiebung werden zur Berechnung der subkutanen Insulinmenge genutzt.
nach intrazellulär, sodass sich ein Kaliummangel entwickeln Diese Gesamtinsulinmenge (Tagesdosis) wird ungefähr in 50 %
kann. als Normalinsulin und 50 % als Basalinsulin aufgeteilt.
– Daher ist eine frühzeitige Kaliumsubstitution wichtig, die – Der prandiale Insulinbedarf liegt morgens bei ca. 2 IE/BE (3/6
intravenös erfolgen sollte. Auf der Intensivstation kann bei- des prandialen Tagesbedarfs), mittags bei ca. 1 IE/BE (1/6 des
spielsweise die Therapie initial mit 40 mmol Kaliumchlorid prandialen Tagesbedarfs) und abends bei ca. 1,5 IE/BE (2/6 des
7,46 % pro h unter stündlichen Kaliumkontrollen begonnen prandialen Tagesbedarfs).
werden. Das Kaliumchlorid wird der parenteralen Flüssigkeit – 1 IE Normalinsulin senkt den Blutzucker um ca. 30–40 mg/dl
hinzugefügt. Alternativ kann die Kaliumsubstitution auch (1,7–2,2 mmol/l), was einem Korrekturfaktor von 30 bis 40 mg/dl
kontinuierlich mittels einer Spritzenpumpe erfolgen. entspricht.
– Eine Substitution mit Natriumbicarbonat kommt nur im Falle – Beispielrechnung in . Abb. 1
schwerer metabolischer Azidosen bei einem pH < 7 zum Einsatz. – Grundsätzlich: Der Insulinbedarf bei Patienten mit Typ-1-
– Daneben ist aufgrund der ausgeprägten Dehydratation der Diabetes liegt nach Ausgleich der Azidose in der Regel bei
Patienten und der daraus resultierenden Hyperkoagulabilität 0,5–1 IE/kg Körpergewicht.
eine Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin
unerlässlich [2].
? Liegt bei einer diabetischen Ketoazidose immer eine
signifikante Hyperglykämie vor?
? Was ist bei Transition auf die Normalstation zu beach- – Nein. Die Substanzklasse der Sodium-glucose cotransporter-
ten und wie erfolgt die Umstellung auf eine subkutane 2(SGLT-2)-Inhibitoren stellt einen erheblichen Fortschritt in
Insulintherapie? der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 dar [5].
– Umstellung von intravenöser auf subkutane Insulinthera-
pie, sobald sowohl die Hyperglykämie als auch die Azidose SGLT-2-Inhibitoren.
ausgeglichen und eine enterale Ernährung möglich ist. – Sie erreichen nicht nur eine Reduktion der Glukose, fast alle
– Bei Verlegung auf Normalstation vor Umstellung auf subku- SLGT-2-Inhibitoren reduzieren darüber hinaus auch schwerwie-
tane Therapie darf die intravenöse Insulingabe während der gende kardiovaskuläre Ereignisse in der Sekundärprävention
Verlegung nicht unterbrochen werden. Die Halbwertszeit von (z. B. [7]).
intravenösem Normalinsulin beträgt wenige Minuten, daher – Sie erreichen eine Reduktion der Hospitalisierungsrate bei
kann bereits eine kurze Unterbrechung der Therapie zu einer Herzinsuffizienz und erhalten die Nierenfunktion bei Patienten
erneuten Dekompensation der Stoffwechsellage führen. mit und ohne Diabetes mellitus Typ 2 (Studien: [8, 9, 10, 11]).
Hospitalisierung aufgrund
1) größeren chirurgischen Eingriffs
Verdacht auf oder Diagnose einer Zuvor bereits DKA oder
DKA unter SGLT-2-Inhibitoren 2) akuter schwerer Krankheit
Wiederaufnahme
nicht empfohlen Behandlung unterbrechen
Abb. 2 8 Empfehlungen des EMA Pharmacovigilance Risk Assessment Committee zur Minimierung des Risikos einer eugly-
kämischen diabetischen Ketoazidose unter SGLT-2-Inhibitor-Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. DKA diabetische Ketoazi-
dose, EMA European Medicines Agency, SGLT-2 „sodium-glucose cotransporter 2“ (Natrium/Glukose-Kotransporter 2). (Nach
Empfehlung des EMA Pharmacovigilance Risk Assessment Committee vom 12.02.2016: EMA/100751/2016 [6])
– Unter Diabetestherapie mit SGLT-2-Inhibitoren konnte jedoch – Der HbA1c-Wert reflektiert die glykämische Stoffwechsellage
auch ein leicht gesteigertes Risiko für die Entwicklung einer der letzten drei Monate.
sogenannten euglykämischen diabetischen Ketoazidose – Ein HbA1c <6,5 % weist daher auf eine Stresshyperglykämie hin;
(EUDKA) bei allerdings sehr geringer Inzidenz beschrieben bei HbA1c ≥6,5 % ist von einem Diabetes mellitus auszugehen.
werden. – Hierbei zu beachten: Bei den meisten Anämieformen (verkürzte
– Sie hemmen SGLT-2 in der Niere und verstärken so insuli- Erythrozytenlebensdauer) werden falsch niedrige HbA1c-Werte
nunabhängig die Glukosurie. Dadurch sinken im Serum die gemessen.
Glukose- und Insulinspiegel. Gleichzeitig kommt es zu einem – Zudem kann eine Glukokortikoidtherapie zu einer passageren
Glukagonanstieg. Hyperglykämie (steroidinduzierter Diabetes) führen, die sich
– Bei einer schweren Erkrankung oder periinterventionellen nach Absetzen der Glukokortikoide normalisiert.
Nahrungskarenz kann es unter SGLT-2-Inhibitoren zu einer
gesteigerten Lipolyse mit daraus resultierender Ketoazidose
Schlüsselwörter. Diabetes mellitus · Hyperosmolares Koma · Ketoazidose ·
kommen. SGLT-2-Inhibitoren · Intravenöse Insulintherapie
– Aufgrund der insulinunabhängigen Glukosesenkung der
SGLT-2-Inhibitoren wurden diese EUDKA auch schon bei
Korrespondenzadresse
Serumglukosewerten < 250 mg/dl (13,9 mmol/l) beschrieben.
– Das EUDKA-Risiko kann durch eine adäquate Patientenschulung Dr. S. C. Hintze
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie,
und durch die Pausierung der SGLT-2-Inhibitoren bei schwerer
Medizinische Hochschule Hannover
Erkrankung, reduzierter Nahrungsaufnahme und perioperativ Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover, Deutschland
deutlich gesenkt werden (. Abb. 2). hintze.sophie@mh-hannover.de
Literatur
1. Melmed, Shlomo et al (2019) Williams Textbook of Endocrinology, 14th edition,
2019, Elsevier, Section VIIIDisorders of carbohydrate and fat metabolism
2. Riddle MC et al (2020) Diabetes Care 2020, 43, Suppl. 1, Standards of Medical Care
in Diabetes 2020, 15. Diabetes Care in the hospital
3. DDG (2018) S3 Leitlinie Therapie des Typ 1 Diabetes, 2. Aufl. AWMF Registriernum-
mer 057-013
4. DDG (2016) Positionspapier Therapie des Diabetes mellitus im Krankenhaus
5. Fleming N et al (2020) Evolving evidence of diabetic Ketoacidosis in patients taking
sodium-glucose cotransporte2 inhibitors. J Clin Endocrinol Metab 105:2475–2486
6. Empfehlung des EMA Pharmacovigilance Risk Assessment Committee
vom 12.02.2016: EMA/100751/2016. http://www.ema.europa.eu/ema/index.
jsp?curl=pages/news_and_events/news/2016/02/news_detail_002470.jsp&
mid=WC0b01ac058004d5c1. Zugegriffen: 14. Nov. 2020
7. Zinman B et al (2015) EMPA-REG-OUTCOME. N Engl J Med 373:2117–2128. https://
doi.org/10.1056/NEJMoa1504720
8. Wiviott SD et al (2019) DECLARE. N Engl J Med 380:347–357. https://doi.org/10.
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9. McMurray JJV et al (2019) DAPA-HF. N Engl J Med 381:1995–2008. https://doi.org/
10.1056/NEJMoa1911303
10. Packer M et al (2020) EMPEROR-Reduced. N Engl J Med 383:1413–1424. https://
doi.org/10.1056/NEJMoa2022190
11. Heerspink HJL et al (2020) DAPA-CKD. N Engl J Med 383:1436–1446. https://doi.
org/10.1056/NEJMoa2024816
Facharzt-Training
Für DGIM-
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Mitgliede
sten lo s
ko Direkt zu den
infektiologischen
Foto: LMU Klinikum München
Fällen
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
Redaktion M. Abu-Tair
M. Abu-Tair, Bielefeld Abteilung für Nephrologie und Diabetologie, Klinik für Kardiologie, Nephrologie und Diabetologie,
Evangelisches Krankenhaus Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
DieserArtikelwurdemedizindidaktischüberarbeitetundbasiertinTeilenauf
dem e.Curriculum Innere Medizin Hyponatriämie – Interaktive Fälle nach
der europäischen Praxisleitlinie von W. Jabs, M. Abu-Tair. Der Online-Kurs
erschien erstmals im Februar 2018 (rez. 7/2020).
? Wie lautet Ihre Diagnose? Haben Sie schon eine Ver- – Die Einschätzung des Extrazellulärvolumens zur Unterschei-
mutung zur Ursache? dung einer hypo-, hyper- oder euvolämischen Hyponatriämie
– Die Diagnose lautet hypovolämische Hyponatriämie, am wird in den Leitlinien als letzter, fakultativer Schritt genannt, da
ehesten als diuretikainduzierte Hyponatriämie unter Hydro- sie sich oft als unzuverlässig erweist.
chlorothiazid. – Einschränkung der Beurteilbarkeit bei Diuretika und chronischer
Niereninsuffizienz: Hier hat sich die fraktionelle Harnsäureex-
? Nennen Sie Medikamente, die eine Hyponatriämie kretion als zuverlässiger als das Urinnatrium erwiesen.
verursachen können. – Der Algorithmus in . Abb. 1 (Video online) fasst die Differenzi-
– . Tab. 1 gibt einen Überblick zu Medikamenten, die eine aldiagnose zusammen.
Hyponatriämie verursachen können.
Der Fall. Den Praxisleitlinien folgend haben Sie die Serumosmo-
? Stimmt Ihre erste Verdachtsdiagnose auch? Schildern lalität, die Urinosmolalität und das Urinnatrium bestimmt. Der
Sie Ihr differenzialdiagnostisches Konzept bei Hypona- Patient zeigt folgende Werte:
triämie. – Serumosmolalität: 245 mOsm/kg (erniedrigt)
– Der diagnostische Ablauf gemäß europäischen Praxisleitlinien – Urinosmolalität: 582 mOsm/kg (>100 mOsm/kg)
[2] von 2014 umfasst drei Schritte mit deren zugrunde liegenden – Urinnatrium: 18 mmol/l (erniedrigt, da eine kompensatorische
pathophysiologischen Fragestellungen: Natriumrückresorption als „postdiuretischer Effekt“ nach
j Schritt 1 Serumosmolalität bestimmen: „echte“ hypotone Einnahme des Kombinationspräparats vor > 12 h vorliegt)
Hyponatriämie?
j Schritt 2 Urinosmolalität bestimmen: physiologische Dadurch konnten eine Pseudo- und Translokationshyponatriämie,
Suppression des antidiuretischen Hormons? ein SIADH sowie ein renales Salzverlustsyndrom ausgeschlossen
j Schritt 3 Urinnatrium bestimmen: effektives zirkulierendes werden.
Blutvolumen reduziert?
? Unter den Differenzialdiagnosen der Hyponatriämie
Merke. Serumosmolalität, Urinosmolalität und Urinnatrium be- findet sich auch das Syndrom der inadäquaten Sekretion
stimmen. des antidiuretischen Hormons. Was wissen Sie über dieses
Krankheitsbild?
– Das SIADH gehört zu den häufigsten Ursachen der euvolämi-
Tab. 1 Ausgewählte Medikamente, die ein erhöhtes Hyponatriämie-
risiko bergen. (Modifiziert nach [1]) schen Hyponatriämie. Es wird nach seinen Erstbeschreibern
Medikamenten- Beispiele (1957) auch Schwartz-Bartter-Syndrom genannt.
gruppe – Kennzeichen sind eine verminderte Serumosmolalität, unzurei-
Diuretika Thiazid chend verdünnter Harn und eine erhaltene Natriurese.
Spironolacton – Wichtige Ursachen umfassen Malignome (z. B. kleinzelliges
Xipamid Bronchialkarzinom), zentralnervöse Störungen, pulmonale
Antidepressiva Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer („se- Erkrankungen und Medikamente (z. B. Antidepressiva, Neuro-
lective serotonin reuptake inhibitors“ [SSRI]) leptika, Opioide, Zytostatika). Als besonders vulnerabel gelten
Selektive Serotonin Noradrenalin Reuptake Hem- auch postoperative Patienten durch Stress und Schmerz als
mer („Noradrenergic specific serotonin reuptake begünstigende Faktoren.
inhibitors“ [NSSRI]) – Die drei wichtigsten Differenzialdiagnosen sind Nebennie-
Citalopram reninsuffizienz, zerebrales Salzverlustsyndrom (Schädel-Hirn-
Trizyklische Antidepressiva Trauma, Neurochirurgie) und Hypothyreose.
Mirtazapin – Das SIADH ist eine Ausschlussdiagnose, d. h., auch wenn
Venlafaxin alle Diagnosekriterien (. Abb. 2) erfüllt sind, müssen die
Neuroleptika Phenothiazin wichtigsten Differenzialdiagnosen ausgeschlossen sein.
Butyrophenon – Therapieoptionen umfassen:
Schmerzmittel Opioide 1. Auslösende Medikation modifizieren oder absetzen
Nichtsteroidale Antirheumatika 2. Flüssigkeitsmanagement mit Trinkmengenbeschränkung,
Antikonvulsiva Carbamazepin
ggf. Furosemid/Torasemid
3. Drittlinientherapie: Tolvaptan bei Therapieversagen, wenn
Valproat
auslösende Medikamente unverzichtbar bleiben und/oder
Lamotrigin
wenn eine Trinkmengenbeschränkung nicht realisierbar ist.
Gabapentin
Achtung: Nur stationäre Therapieeinstellung mit engmaschi-
Phenytoin
Abb. 1 8 Zusammenfassung der Differenzialdiagnose Hyponatriämie. ADH antidiuretisches Hormon, CNI chronische Nie-
reninsuffizienz, EZV extrazelluläres Volumen, NNR Nebennierenrinde, SIADH Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion bzw.
Antidiurese. (Modifiziert nach [3])
Tab. 2 Kriterien für den Schweregrad einer Hyponatriämie. (Modifi- – Zusammen mit der Anamnese (Entwicklung der Symptome
ziert nach [4])
über etwa 10 Tage) würde man eher ein chronisches Geschehen
Einteilungskriterien bei Hyponatriämie
vermuten (. Abb. 3).
Labor- Leicht 130–135 mmol/l
chemischer
– Bei einer ausgeprägten, akuten Hyponatriämie können gra-
Mittel 125–129 mmol/l
Ausprägungs- vierende Symptome wie ein Krampfanfall, Erbrechen oder
Schwer <125 mmol/l
grad Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auf ein lebensbe-
Manifesta- Chronisch >48 h drohliches Hirnödem mit Einklemmungsgefahr des Hirnstamms
tionsdynamik Akut <48 h hinweisen.
Symptomatik Leicht Konzentrationsstörungen – Dies beruht auf einem dem osmotischen Gradienten folgenden
Mittelschwer Kopfschmerzen, Delir, Übelkeit Einstrom von Wasser in die Zellen des zentralen Nervensystems,
Schwer Erbrechen, Somnolenz, Krampf-
die besonders sensibel sind und sich bei akuter Hyponatriämie
anfall, Koma nicht rasch anpassen können. Bei einer sich langsam entwi-
ckelnden Hyponatriämie können Zellen bis zu einem gewissen
Grad mit Gegenregulationsmechanismen auf osmotische
gen Natriumkontrollen, gesicherter Flüssigkeitsaufnahme, Veränderungen reagieren.
Kontraindikationen beachten z. B. Lebererkrankungen
Merke. Die Grenze zwischen akuter und chronischer Hyponatriämie
wird bei 48 h gezogen.
? Wie schätzen Sie die Schwere und Akuität der Hy- Mithilfe der Manifestationsdauer (<48 h oder > 48 h) kann das
ponatriämie Ihres Patienten ein? Welche Symptome sind Risiko einer osmotischen Demyelinisierung bei Elektrolytausgleich
„red flags“, die schnelles Handeln erfordern? abgeschätzt werden.
– Der Patient zeigt laborchemisch betrachtet eine ausgeprägte
Hyponatriämie, aber keine schweren neurologischen Sympto-
me (. Tab. 2).
? Was sind die Empfehlungen zur Geschwindigkeit des ? Welche Faktoren beeinflussen also zusammenfassend
Natriumausgleichs und warum? Ihr therapeutisches Vorgehen bei Patienten mit Hypona-
– Ein zu rascher Natriumausgleich bei chronischer Hyponatriämie triämie und wie gehen Sie konkret vor?
(mutmaßlich > 48 h bestehend) birgt das Risiko der osmotischen – Die vier therapieentscheidenden Faktoren sind: Schwere der
Demyelinisierung mit irreversiblen neurologischen Schäden. neurologischen Symptome (führend), Manifestationsdynamik
– Natriumausgleichsziel 6 mmol/l in 24 h für alle Patienten, (akut oder chronisch), laborchemische Ausprägung und Ursache
bei schweren Symptomen mit Hirnödemgefahr „preloading“ der Hyponatriämie. Der absolute Natriumwert ist allerdings
von 6 mmol/l in den ersten 6 h, dann Stopp und weiterer klinisch nicht richtungsweisend, da die Symptome nicht
Natriumausgleich am nächsten Tag. unbedingt damit korrelieren [3].
– Akutes Bild mit schweren neurologischen Symptomen:
Merke. „Sodium – rule of six“ [3] j Prompte Kurzinfusion von 150 ml einer 3 %igen NaCl-Lösung
„Severe symptoms – six mmol/l in six hours – then stop for i.v. über 20 min mit
safety“ j Natriumkontrolle unmittelbar danach, während einer zweiten
solchen Kurzinfusion
Cave. Therapieziel ≠ Therapielimit des Natriumanstiegs j Intensiv- oder Intermediate-Care-Station und weiteres
<10 mmol/l in ersten 24 h und < 8 mmol/l in den nachfolgenden Vorgehen nach obigen Therapiezielwerten
24 h – Moderate Symptome:
j Ursächliche Medikamente absetzen
Cave. Den empfohlenen Bereich des Serumnatriumanstiegs nie j Langsamerer Ausgleich (4–6 mmol/l in 24 h)
überschreiten! – Weder schwere noch moderate Symptome
– Vorgehen umso vorsichtiger, je milder die Symptome und je j Fokus liegt auf der Grunderkrankung (. Abb. 1)
größer das Risiko für pontine Demyelinisierung: Risikofaktoren
u. a. Alter, Malnutrition, Alkoholismus, Lebererkrankungen Der Fall. Der Patient erholt sich unter Gabe kristalloider Infusi-
onslösungen (3 l am ersten Tag und jeweils 2 l an den Tagen 2
und 3). Nach 12 h beträgt das Serumnatrium 125 mmol/l. Nach
24 h hat sich der Wert auf 131 mmol/l stabilisiert, nach 48 h beträgt
er 139 mmol/l und nach 72 h schließlich 142 mmol/l.
Literatur
1. Liamis G, Millionis H (2008) A review of drug-induced hyponatremia. Am J Kidney
Dis 52:144–153. https://doi.org/10.1053/j.ajkd.2008.03.004
2. Spasovski G, Vanholder R (2014) Clinical practice guideline on diagnosis and
treatment of hyponatraemia. Intensive Care Med 40:320–331. https://doi.org/10.
1007/s00134-014-3210-2
3. Fenske W (2017) Hyponatriämie in der Notaufnahme – häufig gefährlich. Internist
58:1042–1052. https://doi.org/10.1007/s00108-017-0315-z
4. Spasovski G, Vanholder R (2014) Hyponatraemia Guideline Development Group.
Clinical practice guideline on diagnosis and treatment of hyponatraemia. Eur J
Endocrinol 170:G1–G47. https://doi.org/10.1530/EJE-13-1020
Korrespondenzadresse
Dr. M. Abu-Tair
Abteilung für Nephrologie und Diabetologie, Klinik für Kardiologie,
Nephrologie und Diabetologie, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld
Burgsteig 13, 33617 Bielefeld, Deutschland
mariam.abu-tair@evkb.de
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Besteht bei Herrn S. eine Indikation oder Kontraindikation für
Fallschilderung die Gabe des adjuvantierten Zostertotimpfstoffs?
– Besteht bei Herrn S. eine Indikation oder Kontraindikation für
Von der Coronastation entlassen Sie nach 1-wöchigem Aufenthalt eine Pneumokokkenimpfung?
den 61-jährigen Herrn S. mit gut eingestellter HIV-Infektion (vor – Wenn eine Indikation besteht: Welches Präparat bzw. welche
3 Wochen: Viruslast <50 cp/ml, CD4-Helferzellen 588/μl, gute Ad- Präparate sollte er erhalten? Wenn mehrere indiziert sind: in
härenz bzgl. der antiretroviralen 3-fach-Therapie mit Emtricitabin/ welcher Abfolge?
Tenofoviralafenamid/Bictegravir). Als bisher einzige Manifestati- – Welche weiteren Impfungen sind bei Herrn S. spezifisch
on der HIV-Infektion trat vor 5 Jahren ein Herpes zoster auf. Vor aufgrund der Asplenie indiziert?
10 Jahren erfolgte nach einem Verkehrsunfall eine Splenektomie. – Wann wäre der optimale Zeitpunkt zur ersten Gabe dieser
Die weitere Medikation besteht in Ramipril 5 mg/Tag bei arte- Impfungen (gewesen)?
rieller Hypertonie und Vitamin D3 20.000 IE/Woche. Der Verlauf – Wann sollten Auffrischungsdosen gegeben werden?
der COVID-19-Erkrankung war mild mit nur leichtem Husten und – Welche grundsätzlichen Aussagen können Sie zu Impfungen
Fieber bis max. 38,3 ºC, es erfolgte lediglich eine symptomatische bei Personen mit Immundefizienz treffen, insbesondere zu
Therapie. den Bereichen Indikation, Wirksamkeit sowie Sicherheit/
Kontraindikationen?
– Wo finden Sie Informationen zum Thema Impfen bei Immunde-
fizienz?
D Antworten
? Besteht bei Herrn S. eine Indikation oder Kontrain- jAlter >60 Jahre, insbesondere auch im Rahmen der Severe-
dikation für die Gabe des adjuvantierten Zostertotimpf- acute-respiratory-syndrome-coronavirus-2(SARS-CoV-2)-
stoffs? Pandemie
Bei mindestens einem Viertel aller Deutschen >50 Jahre wird im – Kontraindikationen sind nicht erkennbar.
Verlauf des weiteren Lebens ein Herpes zoster manifest werden.
Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2018
die Verwendung des adjuvantierten Totimpfstoffs ([1, 2]; . Tab. 1): ? Wenn eine Indikation besteht: Welches Präparat bzw.
– Bei Herrn S. zutreffende Indikationen: welche Präparate sollte er erhalten? Wenn mehrere indi-
j HIV-Infektion (ab einem Alter >50 Jahre; [3]) ziert sind: in welcher Abfolge?
j Alter >60 Jahre – Hier anzuwendendes Schema der sequenziellen Impfung bei
– Keine Kontraindikationen stellen dar: Immundefizienz, ebenso bei anatomischem Risiko (Cochleaim-
j Zustand nach Herpes zoster: Auch mehrfache Manifestatio- plantat oder Liquorfistel; [2]; . Tab. 3):
nen einer Zostererkrankung sind möglich, die Impfung bietet j Falls bisher keine Pneumokokkenimpfung erfolgt ist: zu-
auch gegen eine weitere Erkrankungsepisode Schutz. erst 13-valenter Konjugatimpfstoff (PCV13), dann nach
j Immundefizienz (diese ist vielmehr die wichtigste Indikation) (6–)12 Monaten 23-valenter Polysaccharidimpfstoff (PPSV23)
j Zustand nach Splenektomie j Falls bisher nur PCV13: nach (6–)12 Monaten PPSV23
– Das Impfschema beinhaltet 2 Dosen im Abstand von mindes- j Falls bisher nur PPSV23: nach mindestens 12 Monaten PCV13
tens 2 bis max. 6 Monaten. Allerdings besteht ein anhaltender j Weitere Gaben von PPSV23 im Abstand von mindestens
Versorgungsengpass, was bei der Planung der zweiten Dosis 6 Jahren
beachtet werden muss. Bei aktueller Zostermanifestation soll – Schema der Indikationsimpfung bei Erkrankungen des Herzens,
die Impfung erst nach Abheilung der Erkrankung erfolgen. der Atemwege, des Stoffwechsels oder des Nervensystems
Eine serologische Testung bzgl. des Varizella-Zoster-Virus soll ab 16 Jahren (. Tab. 2) oder der Standardimpfung bei sonst
(außerhalb des Transplantationssettings) nicht erfolgen. gesunden Personen ab 60 Jahren (. Tab. 2):
j Einmalig PPSV23
j Mögliche Wiederholungsimpfungen mit PPSV23 im Abstand
? Besteht bei Herrn S. eine Indikation oder Kontraindi- von mindestens 6 Jahren nur bei medizinischer Indikation
kation für eine Pneumokokkenimpfung? (Kategorie I)
– Bei Herrn S. zutreffende Indikationen für die Pneumokokken- j Einige Fachgesellschaften und Experten favorisieren auch hier
impfung (. Tab. 2): (ggf. zusätzlich) PCV13, maßgeblich für die Kostenübernahme
j HIV-Infektion (altersunabhängig; [3]) der Impfung ist aber die STIKO-Empfehlung
j Zustand nach Splenektomie ([4], s. unten)
Merke. Die Erwachsenenimpfung gegen Pneumokokken erfolgt
gemäß STIKO-Empfehlungen bei Immundefizienz und/oder ana-
tomischem Risiko (I) als sequenzielle Gabe von PCV13 und PPSV23,
bei sonstigen chronischen Erkrankungen (I) oder Alter >60 Jahre
Tab. 1 Indikationen für die Impfung mit dem adjuvantierten Zos- (S) nur mittels PPSV23. Bei medizinischer Indikation (I) soll die
tertotimpfstoff. (Empfehlungen der Ständigen Impfkommission Gabe von PPSV23 nach mindestens 6 Jahren wiederholt werden,
2020/2021 [2]) die Standardimpfung (S) wird nicht wiederholt.
Herpes S Personen ≥60 Jahre
zoster (HZ) I Personen ≥50 Jahre bei erhöhter gesundheit- ? Welche weiteren Impfungen sind bei Herrn S. auf-
licher Gefährdung infolge einer Grunderkran- grund der Asplenie indiziert?
kung, wie z. B.:
– Angeborene oder erworbene Immundefizienz
Bei Asplenie besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionen
oder Immunsuppression insbesondere durch bekapselte Bakterien (bis zur Manifestation
– HIV-Infektion eines „overwhelming post splenectomy syndrome“ [OPSI]). Daher
– Rheumatoide Arthritis besteht bei Asplenie (auch bei Hyposplenie oder funktioneller
– Systemischer Lupus erythematodes Asplenie) neben der Empfehlung für alle ohnehin gemäß STIKO
– Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
empfohlenen Impfungen eine spezifische Indikation (. Tab. 4) für
– Chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen
oder Asthma bronchiale die Impfung gegen
– Chronische Niereninsuffizienz – Pneumokokken (sequenzielle Impfung mit PCV13 und PPSV23,
– Diabetes mellitus s. oben),
I medizinische/epidemiologische Indikation, S Standardimpfung (auch als – Haemophilus influenzae Typ b,
Kategorie G geführt und damit einzige von der Ständigen Impfkommission – Meningokokken und außerdem
als Grundimmunisierung im Erwachsenenalter bezeichnete Impfung)
– Influenza.
? Wann wäre der optimale Zeitpunkt zur ersten Gabe (Beides entspricht nicht der aktuellen allgemeinen STIKO-
dieser Impfungen (gewesen)? Empfehlung, daher ggf. Kostenübernahme klären. Die
– Der optimale Zeitpunkt für die Erstgaben ist bis spätestens Möglichkeit der Übernahme dieser Expertenempfehlungen
2 Wochen vor einer geplanten Splenektomie, falls nicht in die STIKO-Empfehlungen wird derzeit geprüft.)
möglich, dann innerhalb von 4 Wochen danach. j MenB: 2 Dosen (Abstand 2 oder 6 Monate, je nach Präparat).
– Falls die Impfungen primär nicht erfolgt sind, sind sie aber auch Auffrischung alle 5 Jahre erwägen (Auffrischung entspricht
jederzeit später indiziert. nicht der STIKO-Empfehlung)
– Influenza (. Tab. 4): jährlich.
Diese Impfung ist bei Herrn S. auch aufgrund des Alters und der
? Wann sollten Auffrischungsdosen gegeben werden? HIV-Infektion indiziert und ohnehin in Anbetracht der SARS-
– Haemophilus influenzae Typ b (Hib): einmalige Gabe (. Tab. 4; CoV-2-Pandemie allgemein dringend zu empfehlen.
für Erwachsene muss der Einzelkonjugatimpfstoff aus dem
Ausland importiert werden)
– Meningokokken-Serogruppen A, C, W und Y (MenACWY) sowie
Serogruppe B (MenB; . Tab. 4):
j MenACWY: 2 Dosen im Abstand von 4 bis 8 Wochen,
Auffrischung alle 5 Jahre erwägen.
Tab. 4 Empfehlungen zu Impfungen bei Asplenie/Hyposplenie. (Empfehlungen der von der Ständigen Impfkommission beauftragten Expertenkom-
mission 2020 [4])
Indikationsimpfungen Altersentsprechendes Impfschema Auffrischimpfungen
der STIKO
Haemophilus influen- Immunisierung gemäß STIKO-Empfehlung –
zae Typ b
Pneumokokken Grundimmunisierung mit PCV13 gemäß PPSV23 alle 6 Jahre
STIKO-Empfehlung +1 Impfstoffdosis PPSV23 [2]
6–12 Monate nach letzter PCV13-Impfstoffdosis
Meningokokken, Sero- 2 Impfstoffdosen MenACWY im Abstand von 4 Alter ≥6 Wochen bis <12 Monate
gruppe A, C, W und Y bis 8 Wochen 1. Auffrischimpfung im Alter von 12 Monaten
(MenACWY) Alle anderen Altersgruppen: Auffrischimpfungen alle 5 Jahre erwägen
Meningokokken, Sero- Immunisierung gemäß jeweiliger Fachinformation 1. Auffrischimpfung gemäß jeweiliger Fachinformation; spätere Auf-
gruppe B (MenB) frischimpfungen nach jeweils 5 Jahren erwägen
Influenza Jährlich, bei erstmaliger Gabe im Alter <9 Jahren: –
2 Impfstoffdosen im Abstand von 4 Wochen
Fett markiert: von den offiziellen STIKO-Empfehlungen abweichend
PCV13 13-valenter Konjugatimpfstoff, PPSV23 23-valenter Polysaccharidimpfstoff, STIKO Ständige Impfkommission
? Welche grundsätzlichen Aussagen können Sie zu ? Wo finden Sie Informationen zum Thema Impfen bei
Impfungen bei Personen mit Immundefizienz treffen, Immundefizienz?
insbesondere zu den Bereichen Indikation, Wirksamkeit Informationsquelle:
sowie Sicherheit/Kontraindikationen? – Die STIKO hat Expertenkommissionen mit der Zusammenstel-
– Indikation: Menschen mit Immundefizienz sind stärker durch In- lung von Handlungsempfehlungen zum Thema Impfen bei
fektionserkrankungen gefährdet, bei Ihnen ist ein umfassender Immundefizienz beauftragt. Diese vier Publikationen [3–6]
Impfschutz daher besonders wichtig. enthalten detaillierte und einfach umsetzbare Informatio-
– Wirksamkeit: Eine Kompromittierung des Immunsystems kann nen und sind frei verfügbar (https://www.rki.de/DE/Content/
bei bestimmten Impfstoffen zu einer geringeren Wirksamkeit Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/STIKO_Weitere/Tabelle_
führen. Für besondere Situationen sind daher ggf. besondere Immundefizienz.html).
Impfschemata zu beachten. Eine mögliche Reduktion der
Wirksamkeit ist aber kein genereller Grund, auf eine Impfung zu Merke. Für Menschen mit Immundefizienz/-suppression ist ein
verzichten. möglichst kompletter Impfschutz besonders wichtig. Totimpfstoffe
– Sicherheit/Kontraindikationen: Totimpfstoffe können generell sind teilweise weniger wirksam, aber generell unbedenklich und
unabhängig vom Immunstatus ohne erhöhtes Risiko gegeben daher in den allermeisten Fällen indiziert.
werden. Lebendimpfstoffe sind bei relevanter Immundefizienz
(z. B. HIV-Infektion mit CD4-Helferzellen von <200/μl) oder Im- Cave. Bei relevanter Immundefizienz/-suppression sind Lebend-
munsuppression (z. B. Prednisolon ≥10 mg/Tag für ≥2 Wochen, impfstoffe primär kontraindiziert und nur in speziellen Situationen
Rituximab, antineoplastische Therapie, Immunsuppression möglich.
nach solider Organtransplantation) generell kontraindiziert.
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. U. Seybold, M.Sc.
Sektion Klinische Infektiologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU
Klinikum, Ludwig-Maximilians-Universität München
Pettenkoferstr. 8a, 80336 München, Deutschland
useybold@med.lmu.de
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Facharzt-Training
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Angiologie: Die ersten drei Fälle jetzt
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auch online absolvieren
1. Robert Koch-Institut (2018) Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) Prof. Dr. Oliver Müller
am RKI: Wissenschaftliche Begründung zur Empfehlung einer Impfung mit dem Angiologie am Universitäts-
Herpes zoster-subunit-Totimpfstoff. Epidemiol Bull 50:541–567 klinikum Schleswig-Holstein
2. Robert Koch-Institut (2020) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
in Kiel
(STIKO) am Robert Koch-Institut – 2020/2021. Epidemiol Bull 34:1–64
3. Ehl S, Bogdan C, Niehues T et al (2018) Impfen bei Immundefizienz: An- Herausgeber und Mitglied
wendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Wissenschaftlicher Beirat
Impfungen. (II) Impfen bei 1. Primären Immundefekterkrankungen und 2. HIV- der DGIM
Infektion. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz
61:1034–1051
4. Laws HJ, Baumann U, Bogdan C et al (2020) Impfen Bei Immundefizienz:
Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen
Impfungen. (III) Impfen bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen
(Antineoplastische Therapie, Stammzelltransplantation), Organtransplantation „Die Innere Medizin ist mehr als die Summe ihrer
und Asplenie. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheits-
schutz 63:588–644 Schwerpunkte. Die Fallbeispiele mit den zugehörigen
5. Wagner N, Assmus F, Arendt G et al (2019) Impfen bei Immundefizienz – Fragen ermöglichen nicht nur das Identifizieren von
Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Wissenslücken vor der Facharztprüfung, sondern
Impfungen. (IV) Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-
entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie. auch ein Update im Bereich wichtiger internistischer
Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 62:494–515 Erkrankungen. Daher arbeite ich gerne in der DGIM
6. Niehues T, Bogdan C, Hecht J, Mertens T, Wiese-Posselt M, Zepp F (2017) Impfen e.Akademie mit.“
bei Immundefizienz: Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkom-
mission empfohlenen Impfungen. (I) Grundlagenpapier. Bundesgesundheitsblatt
Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 60:674–684 Für DGIM-
r
Mitgliede
kostenlos Direkt zu den
angiologischen Fällen
Foto: Klinikum Heidelberg
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
Prüfungssimulation ? Prüfungsfragen
– Welche weiterführenden Untersuchungen (laborchemisch und
Fallschilderung apparativ) würden Sie veranlassen? In welcher Reihenfolge und
welchem zeitlichen Rahmen?
Eine 36-jährige Patientin (172 cm, 75 kg) stellt sich in der zentralen – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und würden Sie eine weitere
Notaufnahme vor. Der Pflegedienst hat bei der Gabe der paren- Fachrichtung konsiliarisch hinzuziehen?
teralen Ernährung über Port eine erhöhte Temperatur gemessen – Welche therapeutischen Maßnahmen ergreifen Sie noch in der
(38,6 °C). In der Notaufnahme gibt die Patientin zudem Schmer- Notaufnahme?
zen im rechten Arm und Übelkeit/Erbrechen an. Letzteres kennt – Behandeln Sie die Patientin ambulant oder stationär? Verändern
sie jedoch schon seit ihrer Magenoperation. Andere Symptome Sie die antibiotische Therapie im Verlauf?
(Husten, Dyspnoe, Diarrhö, Dysurie) werden verneint. – Was sind Risikofaktoren für Staphylococcus aureus-Bakteriämi-
An Vorerkrankungen besteht ein diffuses Magenkarzinom mit en?
Zustand nach neoadjuvanter Chemotherapie und Operation (Gast- – Welche zusätzlichen Untersuchungen veranlassen Sie?
rektomie mit Ösophagojejunostomie nach Billroth II). Derzeit post- – Wie entscheiden Sie über die Dauer der antibiotischen Therapie?
operative Chemotherapie. Brauchen Sie eine Kombinationstherapie?
An Medikamenten nimmt die Patientin Enoxaparin 40 mg 1-0-0 – Wie kann die Infektion eines venösen Katheters mit Staphylo-
und Metoclopramid bei Bedarf ein. coccus aureus vermieden werden?
Die klinische Untersuchung ergibt, dass der Port (rechte Tho-
raxwand) nicht gerötet ist, es besteht kein präpektorales Erythem
und kein Druckschmerz im Bereich der Porttasche. Der rechte
Arm ist inspektorisch unauffällig. Bei Abduktion gibt die Patientin
Schmerzen an.
? Welche weiterführenden Untersuchungen (laborche- – Konsiliarisch sollten die Chirurgen hinzugezogen werden mit
misch und apparativ) würden Sie veranlassen? In welcher der Frage, ob der Port direkt explantiert werden sollte.
Reihenfolge und welchem zeitlichen Rahmen?
– Vitalparameter: Blutdruck, Puls, Temperatur und Atemfrequenz
(u. a. um eine Sepsis auszuschließen) ? Welche therapeutischen Maßnahmen ergreifen Sie
– Abnahme eines Routinelabors einschließlich Entzündungspa- noch in der Notaufnahme?
rameter (Blutbild und Differenzialblutbild, C-reaktives Protein – Beginn einer antibiotischen Therapie:
(CRP), wenn möglich Procalcitonin), Urinstatus j Bei schweren bakteriellen Infektionen muss die antibiotische
– Abnahme von mindestens 2 Sets Blutkulturen. In diesem Fall Therapie innerhalb 1 h nach Vorstellung im Gesundheits-
sollten zeitgleich Blutkulturen zentral (also aus dem Port) und system erfolgen. Die mikrobiologischen Proben müssen
peripher (aus einer beliebigen peripheren Vene) abgenommen vorher abgenommen werden. Allerdings darf die Abnahme
werden. Die Sets klar kennzeichnen und für beide Sets den mikrobiologischer Proben die Gabe des Antibiotikums nicht
Entnahmezeitpunkt angeben. verzögern. Mit jeder Stunde, die das Antibiotikum später
Dies ist wichtig, um die „differential time to positivity“ gegeben wird, verschlechtert sich die Prognose des Patienten
(DTP) zu berechnen. Das ist ein Verfahren, um in vivo eine und die Letalität steigt [2].
Gefäßkatheterinfektion zu diagnostizieren. Grundlage ist j Die antibiotische Therapie in diesen Situationen erfolgt
die Tatsache, dass die Erregerdichte in einem infizierten kalkuliert, d. h. ohne das Wissen, um welchen Erreger es
Kathetersystem höher ist als im peripheren Blut. Die aus dem sich handelt. Wichtig ist deswegen die Verdachtsdiagnose:
Katheter befüllte Blutkulturflasche wird also schneller positiv Danach richtet sich die Wahl des Antibiotikums.
als die Flasche mit peripherem Blut. j Medikament der Wahl bei Gefäßkatheterinfektionen:
Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gefäßkatheterinfek- Vancomycin
tion ist gegeben, wenn die in . Tab. 1 beschriebenen Kriterien Die meisten dieser Infektionen werden durch grampositive
erfüllt sind. Erreger verursacht (Staphylokokken, Enterokokken).
– Röntgenuntersuchung des Thorax mit Frage nach Pneumonie Bei klinischer Instabilität und Verdacht auf gramnegative
– Zeitlicher Rahmen: Die erste Diagnostik (kurze Anamnese, kurze Sepsis: zusätzliche Gabe eines Pseudomonas-wirksamen
körperliche Untersuchung, Blutentnahme inklusive Blutkultu- β-Laktams (z. B. Piperacillin/Tazobactam, Cefepim oder
ren) sollte innerhalb maximal einer Stunde nach Vorstellung Meropenem)
in der Notaufnahme erfolgen. Die Patientin ist im Rahmen der Bei Risikofaktoren (. Tab. 2) und Sepsis: zusätzliche Gabe
Chemotherapie immunsupprimiert und Infektionen in dieser von Caspofungin
Situation sind immer als schwer zu werten. – Entfernung des Ports oder Katheterblock:
j Je nach Empfehlung im chirurgischen Konsil: evtl. Entfernung
Der Fall. Das Blutbild inklusive Differenzialblutbild ist in diesem des Ports sofort
Fall nur eingeschränkt hilfreich, da die Patientin zuvor eine Chemo- j Wenn der Port nicht sofort entfernt wird, kann über einen
therapie erhalten hat. Bei Vorstellung in der Notaufnahme ist die Katheterblock mit Antibiotika nachgedacht werden.
Leukozytenzahl 1,36 G/l mit 0,67 G/l (49 %) neutrophilen Granulo- Empfohlen wird Vancomycin in hoher Konzentration
zyten. Das CRP bei Erstvorstellung beträgt 15,1 mg/dl (Normwert (5 mg/ml in 0,9 % NaCl). (Wechsel 1-mal täglich, d. h., der
<0,5 mg/dl). Bei der Patientin werden 4 Sets Blutkulturen abge- Katheter muss rückläufig sein).
nommen, die alle positiv werden. Zumindest sollte der Katheter bei Verdacht auf Katheterin-
fektion nicht mehr verwendet werden.
Merke. Bei schweren Infektionen immer an die Abnahme von
mikrobiologischen Kulturen denken! Der Fall.
– Im hier geschilderten Fall wird mit Vancomycin als Mono-
? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und würden Sie therapie begonnen, weil die Patientin hämodynamisch stabil
eine weitere Fachrichtung konsiliarisch hinzuziehen? ist.
– Verdachtsdiagnose: Portinfektion – Zudem gibt es bei Erstvorstellung keinen Hinweis auf eine
j Differenzialdiagnostisch kommt beispielsweise eine Aspira- Portinfektion wie eine gerötete, druckschmerzhafte Porttasche.
tionspneumonie infrage: Die Patientin hat kein Verschluss- Deswegen wird der Port nicht direkt entfernt.
system am Ende des Ösophagus mehr und erbricht immer – Am nächsten Tag ergibt die mikrobiologische Diagnostik den
wieder. Deswegen wird eine Röntgenuntersuchung des Nachweis von Staphylococcus aureus in der peripheren und
Thorax durchgeführt. Aber auch andere Infektfoci müssen zentralen Blutkultur. Die zentrale Blutkultur wird 2 h vor der
bedacht werden. Deswegen wird in der Anamnese nach peripheren Blutkultur positiv, d. h., die DTP liegt bei 2 h. Die
Diarrhö etc. gefragt und ein Urinstatus ermittelt. Resistenztestung des Staphylococcus aureus zeigt, dass der
Erreger oxacillinempfindlich ist.
? Behandeln Sie die Patientin ambulant oder stationär? jAm besten ist die Abnahme vor der nächsten Antibiotikagabe.
Verändern Sie die antibiotische Therapie im Verlauf? Eine persistierende Bakteriämie (trotz suffizienter Therapie)
– Stationäre Therapie! über 48–72 h hinaus ist der stärkste Prädiktor für eine
j Bis zur Klärung des Erregers und der weiteren Interventionen komplizierte Staphylococcus aureus-Bakteriämie. Sie ist ein
sollten diese Patienten stationär aufgenommen werden, u. a. Hinweis auf einen nicht sanierten Fokus [5].
weil die antibiotische Therapie intravenös gegeben werden – Durchführung einer transösophagealen Echokardiographie
muss. (TEE).
– Die antibiotische Therapie im Verlauf richtet sich nach den j Staphylococcus aureus ist einer der häufigsten Erreger einer
Ergebnissen der mikrobiologischen Diagnostik. Hier handelt Endokarditis und kann sich bei Bakteriämie aufgrund eines
es sich um eine Staphylococcus aureus-Bakteriämie mit anderen Fokus auch auf den Herzklappen absiedeln. Eine
Oxacillin(Methicillin)-empfindlichem Erreger (MSSA). TEE sollte durchgeführt werden, wenn eines der Kriterien aus
j Therapieempfehlungen bei Staphylococcus aureus-Bakte- . Tab. 4 erfüllt ist [4].
riämie in . Tab. 3 [5, 7] – Symptombezogene Suche nach septischen Embolien oder
– Jetzt ist die Entfernung des Ports indiziert. Bei einer Infektion Streuherden:
mit Staphylococcus aureus kann der Port nicht saniert werden, j Bei neurologischen Ausfallserscheinungen können septische
sondern muss immer entfernt werden. Dies liegt an der Embolien im Gehirn vorliegen.
ausgeprägten Neigung zur Biofilmbildung und der hohen j Bei Rückenschmerzen kann eine Spondylodiszitis oder ein
Virulenz von Staphylococcus aureus. epiduraler Abszess vorliegen.
Der Fall. Der Port wird am nächsten Tag operativ entfernt. Auch Der Fall. Die Folgeblutkultur, die 24 h nach Entfernung des Ports
an der Portspitze ist Staphylococcus aureus (MSSA) gewachsen. abgenommen wurde, ist negativ. Da die Patientin sich mit ambulant
Die antibiotische Therapie wird umgestellt auf Flucloxacillin 6-mal erworbener Staphylococcus aureus-Bakteriämie vorstellte, wird ei-
2 g i.v. ne TEE durchgeführt. Diese ergibt keinen Hinweis auf Endokarditis.
Sonst findet sich in Anamnese und körperlicher Untersuchung kein
? Was sind Risikofaktoren für Staphylococcus aureus- Hinweis auf komplizierende Faktoren der Staphylococcus aureus-
Bakteriämien [7]? Bakteriämie.
– Ausgeprägte Staphylococcus aureus-Kolonisation
– Häufige Kontakte zum Gesundheitssystem ? Wie entscheiden Sie über die Dauer der antibiotischen
j Also Krankenhausaufenthalte, Rehabilitationsaufenthalte, Therapie? Brauchen Sie eine Kombinationstherapie?
Pflegeeinrichtungen etc. – Die Therapiedauer bei Staphylococcus aureus-Bakteriämie ist
– Vorhandensein intravaskulärer Katheter grundsätzlich lang und abhängig davon, ob eine komplizierte
– Hämo- oder Peritonealdialyse Verlaufsform vorliegt [5].
– Infektion mit dem „human immunodeficiency virus“, Organ- Bei unkompliziertem Verlauf beträgt die Therapiedauer
transplantation, Herzerkrankung 14 Tage. Grundsätzlich gilt, dass diese Therapie intravenös
– Malignome, intravenöser Drogengebrauch, schädlicher Alko- durchgeführt werden sollte. Es gibt jedoch erste Daten, dass
holgebrauch, Diabetes mellitus eine Oralisierung nach ca. 7 Tagen möglich ist, ohne dass es
– Schlaganfall, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, syste- dadurch zu einem schlechteren Outcome kommt [6].
mischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis Bei kompliziertem Verlauf sollte für 4–6 Wochen behandelt
werden. Die Therapie sollte in diesem Fall intravenös durchge-
führt werden.
? Welche zusätzlichen Untersuchungen veranlassen Eine unkomplizierte Staphylococcus aureus-Bakteriämie liegt
Sie? vor, wenn alle folgenden Fragen mit Nein beantwortet werden:
– Abnahme von Kontrollblutkulturen alle 48 h, bis diese negativ j Kontrollblutkulturen positiv nach 48 h
sind. j Ausbleibende klinische Besserung/kein Fieberrückgang
innerhalb von 72 h
Tab. 4 Indikationen für die Durchführung einer transösophagea- Schlüsselwörter. Portinfektion · Staphylococcus aureus-Bakteriämie · Blut-
len Echokardiographie bei nachgewiesener Staphylococcus aure- kulturen · „Differential time to positivity“ · Transösophageale Echokardiographie
us-Bakteriämie [4]
Ambulant erworbene Staphylococcus aureus-Bakteriämie
Korrespondenzadresse
Unbekannte oder prolongierte Bakteriämiedauer >48 h
Hämodialyse Prof. Dr. med. R. Draenert
Stabsstelle Antibiotic Stewardship, LMU Klinikum, Campus Großhadern
Dauerhaft intrakardiales Device (z. B. Herzklappenersatz, Schrittmacher, Marchioninistr. 15, 81377 München, Deutschland
Defibrillator) rika.draenert@med.uni-muenchen.de
Kardiale Risikofaktoren (Herzvitien, Herztransplantation, Zustand nach
Endokarditis)
Einhaltung ethischer Richtlinien
Vertebrale Infektionen/Osteomyelitis
Periphere oder zentrale Embolien Interessenkonflikt. R. Draenert gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Intravenöser Drogengebrauch
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
jHinweis auf Endokarditis (Duke-Kriterien) Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
jImplantiertes Fremdmaterial
jHinweise auf septische Embolien The supplement containing this article is not sponsored by industry.
jOsteomyelitis oder Spondylodiszitis
jSeptische Thrombose
– Eine Kombinationstherapie wird v. a. empfohlen, wenn implan- Literatur
tiertes Fremdmaterial vorliegt. In allen anderen Situationen
zeigt die derzeitige Studienlage keinen signifikanten Vorteil 1. Blot F, Nitenberg G et al (1999) Diagnosis of catheter-related bacteraemia:
a prospective comparison of the time to positivity of hub-blood versus peripheral-
der Kombinations- gegenüber der Monotherapie. Bevorzugt blood cultures. Lancet 354:1071–1077
wird die Kombinationstherapie mit Rifampicin als Kombina- 2. Kumar A, Roberts D et al (2006) Duration of hypotension before initiation of
tionspartner durchgeführt. Hier müssen unbedingt Medika- effective antimicrobial therapy is the critical determinant of survival in human
septic shock. Crit Care Med 34(6):1589–1596
menteninteraktionen beachtet werden, bevor das Medikament 3. Tokars JI, Cookson ST et al (1999) Prospective evaluation of risk factors for
verordnet wird. bloodstream infection in patients receiving home infusion therapy. Ann Intern
Med 131(5):340
4. Kaasch AJ, Fowler VG et al (2011) Use of a simple criteria set for guiding
Cave. Interaktionscheck durchführen vor der Gabe von Rifampicin! echocardiography in nosocomial Staphylococcus aureus bacteremia. Clin Infect
Dis 53(1):1–9
Der Fall. Die Patientin hat eine unkomplizierte Staphylococcus au- 5. Lopez-Cortes LE, del Toro MD et al (2013) Impact of an evidence-based bundle
intervention in the quality-of-care management and outcome of Staphylococcus
reus-Bakteriämie und wird 14 Tage i.v. mit Flucloxacillin behandelt. aureus bacteremia. Clin Infect Dis 57(9):1225–1233
Für eine Kombinationstherapie gibt es keine Indikation. 6. Willekens R, Puig-Asensio M et al (2019) Early oral switch to linezolid for low-
risk patients with Staphylococcus aureus bloodstream infections: a propensity-
? Wie kann die Infektion eines venösen Katheters mit matched cohort study. Clin Infect Dis 69(3):381–387
7. Rieg S (2018) Staphylococcus aureus-Infektionen. In: Lehmann C, Ruf BR, Jung N
Staphylococcus aureus vermieden werden [7]? (Hrsg) FAQ Infektiologie. Urban & Fischer, Elsevier, München, S 175–186
– Notwendigkeit des Katheters täglich überprüfen 8. Gould IM, Miro JM et al (2013) Daptomycin: the role of high-dose and combination
therapy for Gram-positive infections. Int J Antimicrob Agents 42(3):202–210
j Sofortiges Ziehen, wenn er nicht mehr gebraucht wird 9. Senneville E, Caillon J et al (2016) Towards a definition of daptomycin optimal
– Händehygiene bei jeglicher Manipulation am Katheter dose: lessons learned from experimental and clinical data. Int J Antimicrob Agents
– Aseptisches Vorgehen bei Katheteranlage 47(1):12–19
j Steriler Kittel, Haube, Mund-Nasen-Schutz, sterile Handschu-
he, sterile Abdecktücher, Hautdesinfektion
– Vermeidung von Kathetern in der Leiste, wenn möglich
Prüfungssimulation ? Prüfungsfragen
– Welche Aspekte sollten bereits zu Beginn der Anamnese
Fallschilderung bedacht werden, wenn sich ein Patient mit dem Symptom
Husten vorstellt?
Eine78-jährigePatientin(165 cm,123 kg,Body-Mass-Index 46 kg/m2) – Ändert sich die Wahrscheinlichkeit für eine Ursache mit der
stellt sich in der Hausarztpraxis mit seit 16 Wochen bestehendem Dauer der Symptomatik?
trockenem Husten vor, der sich seit drei Tagen kontinuierlich – An welche bedrohlichen Erkrankungen sollten Sie initial bei
verschlechtere. akutem Husten auch denken?
– Welche Labordiagnostik ist bei akutem Husten initial sinnvoll?
Anamnese. Kein Kontakt zu Coronavirus-disease-2019(COVID-19)- – Welche Rolle spielt die Lungenfunktionsprüfung bei akutem
Patienten bekannt, kein Fieber, keine Gliederschmerzen, keine Rhi- Husten?
nitis, keine Angina pectoris, Dyspnoe wird zunächst verneint. Eine – Ist die Aufzeichnung eines Elektrokardiogramms (EKG) bei
kompensierte Herzinsuffizienz ist bekannt. Bei Voruntersuchungen akutem Husten sinnvoll?
normfrequenter Sinusrhythmus. – Wo befinden sich „Hustenrezeptoren“?
– Welche ätiologischen und diagnostischen Aspekte bedenken
Vormedikation. Angiotensin-converting-enzyme(ACE)-Hemmer Sie bei subakutem Husten?
(Ramipril 10 mg 1-0-0), Kalziumantagonist (Amlodipin 10 mg 1-0- – Wie gehen Sie diagnostisch bei chronischem Husten vor?
0), Diuretikum (Torasemid 5 mg 1-0-0), Glucagon-like-peptide- – Welche Bedeutung hat ein gastroösophagealer Reflux als
1-Agonist (Dulaglutid 1,5 mg 1-mal/Woche), Sodium-glucose- Ursache für Husten?
cotransporter-2-Inhibitor (Empagliflozin 25 1-0-0), Metamizol
(500 mg bei Bedarf), unregelmäßig inhalative Kortikosteroi-
de/lang wirksame β2-Adrenergika (Fluticason 100 μg/Vilanterol
39,82 μg, Hausstauballergie – allergisches Asthma bronchiale), bei
Sodbrennen bedarfsweise Pantoprazol 20 mg.
? Welche Aspekte sollten bereits zu Beginn der Ana- ? Ändert sich die Wahrscheinlichkeit für eine Ursache
mnese bedacht werden, wenn sich ein Patient mit dem mit der Dauer der Symptomatik?
Symptom Husten vorstellt? – Das Ursachenspektrum verlagert sich im Zeitverlauf entschei-
– Gerade bei multimorbiden Patienten gilt: Akut Wichtiges dend.
muss von aktuell weniger Wichtigem differenziert werden, – Daher hilft die Frage nach der Dauer des Hustens bei der
Leitsymptome – hier Husten – müssen definiert werden. Eingrenzung der wahrscheinlichen Ursachen (. Tab. 1).
– Das Symptom „Husten“ unterliegt in hohem Maße einer
individuell unterschiedlichen Wahrnehmung. Es ist daher un- Der Fall.
erlässlich, das Symptom unter Einbeziehung psychosozialer – Bei der Patientin besteht ein chronischer Husten (>8 Wochen)
und soziokultureller Informationen individuell zu interpretie- mit akuter Verschlechterung seit drei Tagen.
ren. Eine Vielzahl völlig unterschiedlicher Erkrankungen kommt – Es stellt sich die Frage: Ist die Zunahme der Hustensymptomatik
als mögliche Ursache infrage. durch eine Verschlechterung der seit mehreren Wochen
– Es gilt, die Vielzahl theoretisch möglicher Ursachen schnell auf bestehenden Ursache bedingt oder liegt eine akut aufgetretene
wenige wahrscheinliche Differenzialdiagnosen zu reduzieren; Zweiterkrankung vor?
für diese Ranking formulieren.
Dies wird erleichtert, wenn sich die Diagnostik an dem zu Da ein akuter Husten mit Abstand am häufigsten Symptom eines
erwartenden ätiologischen Spektrum der Altersgruppe im Infekts der oberen Atemwege ist, liegt es nahe, zunächst diese
entsprechenden Versorgungsbereich orientiert. Beispielsweise Ursache in Betracht zu ziehen. Dann sollten entsprechend der epi-
ist ein Infekt als Hustenursache bei jungen Patienten wahr- demiologischen Situation bei jeder Diagnostik auch entsprechende
scheinlicher als eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung Infektionsschutzmaßnahmen ergriffen werden.
(COPD). In einem kleinen Teil der Fälle liegt kein harmloser Infekt,
sondern eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung zugrunde
Tab. 1 Einteilung nach Dauer und Ursachen des Hustens. (Nach [3]) (. Tab. 2).
Akuter Bis (Virale) Erkältungsinfekte
Husten 2 Wo- Allergische Rhinokonjunktivitis ? An welche bedrohlichen Erkrankungen sollten Sie
chen initial bei akutem Husten auch denken?
Asthma
Aspiration: oft Kinder 1–3 Jahre – Anamnese und körperliche Untersuchung müssen zuerst klären,
Inhalative Intoxikation: Unfälle, Brände ob Alarmzeichen vorliegen (. Abb. 1).
Subakuter 2–8 Wo- Postvirale Rhinosinusitis – Besteht ausgeprägte Luftnot, ist zunächst eine sofortige
Husten chen Postinfektiöser Husten mit vorübergehender stationäre Einweisung zu organisieren.
bronchialer Hyperreagibilität – Bereits die Inspektion beim Betreten des Sprechzimmers
Pertussis, Adenoviren- oder Mykoplasmeninfekt (Mobilität, Atemfrequenz, Gesichtsausdruck, Hautkolorit) liefert
Erkrankungen der Lunge/Pleura intuitiv wichtige Anhaltspunkte für nächste Versorgungsschrit-
Pneumonie te.
Pleuritis – Wichtigster Aspekt der körperlichen Untersuchung: pulmo-
Chroni- >8 Wo- Chronische nichtobstruktive Bronchitis, chro- nale und kardiale Auskultation (Atemgeräusch vorhanden?
scher chen nisch-obstruktive Lungenerkrankung Giemen? Feinblasige Rasselgeräusche? Knistern?)
Husten Asthma, nichtasthmatische eosinophile Bron- Während Sensitivität und Spezifität der Auskultation nicht
chitis selten überschätzt werden, wird die Bedeutung der Messung
Lungentumoren von Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung oft unterschätzt.
Obstruktives Schlafapnoesyndrom – Obligat: Palpation der Pulsfrequenz, Messung des Blutdrucks,
Infektionen, z. B. Tuberkulose Abklärung peripherer Ödeme, Erfassung der Körpertempe-
Diffuse Lungenparenchymerkrankung ratur; zum Teil sind diese Parameter Teil des CRB-65-Scores, mit
Systemerkrankung mit Lungenbeteiligung
Bronchiektasen, Bronchomalazie
Tab. 2 Verdachtsdiagnosen, die ein sofortiges Handeln erfordern
Zystische Fibrose Akute Linksherzinsuffizienz, z. B. auf dem Boden einer kardialen
Gastroösophageale Refluxkrankheit Ischämie, Herzrhythmusstörungen
Medikamentös ausgelöster Husten: z. B. ACE- Pneumonie
Hemmer Lungenembolie
Kardiale Erkrankungen mit Lungenstauung Asthmaanfall, exazerbierte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung
Chronischer idiopathischer Husten mit respiratorischer Insuffizienz
ACE „angiotensin-converting enzyme“ Pneumothorax
dessen Hilfe das Mortalitätsrisiko für Patienten mit Pneumonie – Pathologische Atemgeräusche sind nicht nur unspezifisch, son-
abgeschätzt werden kann (CRB-65: „confusion, respiratory rate, dern können z. B. bei Emphysem und geringer Inspirationstiefe
blood pressure, age ≥ 65 years“/Bewusstseinseinschränkung, abgeschwächt sein oder vollständig fehlen.
Atemfrequenz, Blutdruck, Alter ≥ 65 Jahre). – Die Auskultation hat eine geringe „Eindringtiefe“ von wenigen
Zentimetern, erfasst also pathologische Prozesse, die in der
Merke. Nach der Beurteilung des möglichen Vorliegens von Alarm- Nähe der Thoraxwand liegen. Seltener wirken sich zentrale
zeichen richtet sich im diagnostischen Algorithmus bei akutem Hus- Veränderungen bis in die Peripherie aus (z. B. Verlegung eines
ten die Aufmerksamkeit auf die Abklärung eines Infekts (. Abb. 1). Hauptbronchus, Fortleitung von Geräuschen) und verändern so
das Atemgeräusch.
Cave. – Dyspnoe kann bei Adaptation des Patienten oder bei geringer
– Es kann zu kurzfristigen Verschlechterungen des Krankheitsver- Belastbarkeit fehlen, z. B. aufgrund orthopädischer Begleiter-
laufs kommen; eine leichte und schwer erkennbare Lungenem- krankungen wie im geschilderten Fall.
bolie kann z. B. Vorbote einer schweren Embolie sein → evtl. – Ein basal abgeschwächtes Atemgeräusch kann ebenso durch
kurzfristige und aufmerksame Kontrollen. harmlosen Zwerchfellhochstand wie durch Atelektase oder
– Patienten können eine eingeschränkte Wahrnehmung ihrer Kör- Pleuraerguss bedingt sein.
pertemperatur mit der Folge erstaunlicher Fehleinschätzungen – Geringgradige Pleuraergüsse, z. B. im Rahmen einer Lungenem-
haben → Temperaturmessung. bolie, Pneumonie oder Tumorerkrankung, sind auskultatorisch
– Fieber kann insbesondere im hohen Alter z. B. bei Pneumonie und perkutorisch nicht erfassbar.
fehlen.
– Giemen kann auch bei pulmonaler Stauung z. B. im Rahmen ? Welche Labordiagnostik ist bei akutem Husten initial
einer Linksherzinsuffizienz vorkommen und z. B. bei einem sinnvoll?
schweren Asthmaanfall fehlen. – Abhängig von der jeweiligen epidemiologischen Situation,
– Rasselgeräusche können Ausdruck einer vorbestehenden der Verfügbarkeit von Testmöglichkeiten und der geltenden
Lungenerkrankung oder alter Veränderungen (Z. n. Pneumonie) Testkriterien kann die möglichst frühzeitige Kontrolle auf
sein, die nicht Ursache der aktuellen Dyspnoe sind. SARS-CoV-2, z. B. mithilfe von Antigenschnelltests, erforderlich
sein.
Abb. 2 8 Diagnostischer Algorithmus bei subakutem Husten. COPD chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. (Modifiziert
nach [3])
– Dies erklärt, warum auch eine Reihe extrapulmonaler Erkran- – Bei Verdacht auf bronchiale Hyperreagibilität kann auch der
kungen und psychischer Faktoren in die Differenzialdiagnostik Erfolg eines vorübergehenden Einsatzes inhalativer Kortikoste-
einbezogen werden sollte. roide oder inhalativer β2-Adrenergika bzw. bei Rhinosinusitis
– Ein „Landkartenalgorithmus“ hilft, die häufig auf Bronchien eines nasalen Kortikosteroids diagnostisch genutzt werden ([3];
verkürzte diagnostische Fokussierung zu erweitern und die . Abb. 2 und 3). Ggf. ist ein inhalativer Metacholinprovokati-
Diagnostik an Verteilung und Dichte der Hustenrezeptoren zu onstest erforderlich. Eine Verlaufskontrolle nach 4–6 Wochen
orientieren. sollte klären, ob eine weitergehende Diagnostik erforderlich ist.
? Welche ätiologischen und diagnostischen Aspekte ? Wie gehen Sie diagnostisch bei chronischem Husten
bedenken Sie bei subakutem Husten? vor?
– Die Hustensymptomatik kann abhängig vom Ausmaß der – ACE-Hemmer senken auch bei Patienten, bei denen zuvor
Epithelschädigung 6–12 Wochen andauern (v. a. Infektion kein ACE-Hemmer-Husten bestand, die Schwelle für den
durch Adenoviren, Mykoplasmen, Bordetella pertussis). Hustenreflex.
– Auch bei subakutem Husten ist zunächst auf mögliche Alarmzei- – Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Blocker gehen mit einem
chen zu achten (. Abb. 2). Bei Fehlen einer Risikokonstellation geringeren Hustenrisiko einher als ACE-Hemmer (2 % gegen-
ist eine weitergehende Diagnostik oft verzichtbar [3]. über bis zu 10 % der Patienten), sodass bei Husten unter ACE-
– Im Vergleich zum akuten Husten liegt bei prolongiertem Hemmer eine Umstellung auf ein Sartan vor Durchführung
Husten häufiger eine bronchiale Hyperreagibilität, postvirale einer weiteren Diagnostik erwogen werden sollte [3].
Rhinosinusitis oder postinfektiös vermehrte Reizbarkeit der – Husten kommt u. a. auch als Nebenwirkung einer Therapie
Hustenrezeptoren vor. mit Betablockern, Amiodaron, Methotrexat, Gliptinen oder
– An eine bisher möglicherweise nicht diagnostizierte COPD inhalativen Kortikosteroiden vor.
sollte wegen möglicher medikamentös-therapeutischer Kon- – Bei Husten länger als 8 Wochen: Einleitung einer Stufendia-
sequenzen und der eventuell intensivierten Empfehlung zum gnostik – zunächst mit Röntgenuntersuchung des Thorax und
Nikotinverzicht gedacht werden. Lungenfunktionsprüfung
– Gegebenenfalls ist eine Lungenfunktionsprüfung zur Abklärung – Die Sensitivität der Röntgenuntersuchung des Thorax ist für
restriktiver und obstruktiver Ventilationsstörungen sinnvoll. Prozesse unter einer Größe von 2 cm gering.
– Bei unauffälliger Lungenfunktionsanalyse und normalem The supplement containing this article is not sponsored by industry.
Thoraxröntgenbefund: Reflux ist häufiger Trigger für Hustenreiz
– Selbst ein schwacher ösophagealer Reflux kann durch Rei-
zung von Hustenrezeptoren im Ösophagus ein Trigger für Literatur
chronischen Husten sein.
– Im geschilderten Fall: Husten sistierte vollständig ohne Intensi- 1. AWMF (2015) Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lun-
genembolie. S2k-Leitlinie. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/065-002.
vierung der Therapie mit Protonenpumpeninhibitor. html. Zugegriffen: 21. Nov. 2020
2. IQWiG (2020) Lungenkrebsscreening mittels Niedrigdosis-Computertomografie.
Cave. Fehlt eine typische Refluxsymptomatik wie Sodbrennen, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. https://
www.iqwig.de/download/s19-02_lungenkrebsscreening-mittels-low-dose-ct_
erschwert dies die Diagnosestellung. abschlussbericht_v1-0.pdf?rev=144033. Zugegriffen: 13. Feb. 2021
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? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Wie ist Ihre Verdachtsdiagnose?
Fallschilderung – Beschreiben Sie Ursachen und Auslöser der thyreotoxischen
Krise.
Eine 53-jährige Frau wird vom Rettungsdienst mit Verwirrtheit in – Wie stellen Sie die Diagnose einer thyreotoxischen Krise und wie
die Notaufnahme eingeliefert. Eine suffiziente Eigenanamnese ist können Sie diese von einer symptomatischen Hyperthyreose
nicht möglich. Telefonisch berichtet der Ehemann, dass seine Frau abgrenzen?
seit ca. drei Wochen über zunehmendes Herzstolpern berichtet – Welche weiteren Untersuchungen ordnen Sie an?
habe. Außerdem würde sie seit einiger Zeit vermehrt schwitzen und – Mit welchen Komplikationen müssen Sie im Rahmen einer
habe ca. 7 kg Gewicht verloren. Seit gestern habe sie zudem über thyreotoxischen Krise rechnen?
Luftnot unter Belastung geklagt, sodass für Montag bereits der – Erläutern Sie die therapeutischen Optionen bei der thyreotoxi-
Besuch des Hausarztes geplant gewesen sei. Heute Vormittag sei schen Krise.
sie dann aber zunehmend verwirrt gewesen und hätte inadäquat – Wann besteht die Indikation zur Thyreoidektomie?
auf seine Anrede reagiert. – Wie sind die Prognose und das therapeutische Vorgehen im
Seit vielen Jahren besteht ein moderater Nikotinkonsum weiteren Verlauf?
(ca. 10 Zigaretten pro Tag). Vor zwei Monaten wurde eine „Schild-
drüsenüberfunktion“ diagnostiziert. Die verordneten Tabletten
nimmt die Patientin aber seit vier Wochen nicht mehr ein, weil
es ihr gut gegangen sei.
Vitalparameter: Blutdruck 104/71 mm Hg, Puls 154/min, Tem-
peratur 39,1 °C, Sauerstoffsättigung 95 %.
D Antworten
? Wie ist Ihre Verdachtsdiagnose? – Im klinischen Alltag hat sich der Burch-Wartofsky-Score
– In Zusammenschau von Anamnese und Befunden mit Hyper- (. Tab. 1) zur Risikoabschätzung bewährt. Dieser orientiert
hidrose, Tachykardie und einer Gewichtsabnahme besteht der sich an klinischen Parametern. Die Interpretation erfolgt an-
Verdacht auf eine Hyperthyreose. Die begleitende Dyspnoe hand des erhobenen Punktwerts:
könnte Ausdruck einer Herzinsuffizienz sein. Neben einer In- j Ein Punktwert ≥45 zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit für das
fektion muss bei bestehendem Fieber auch die Diagnose einer Vorliegen einer thyreotoxischen Krise an.
thyreotoxischen Krise in Betracht gezogen werden. j Ein Punktwert < 25 macht eine thyreotoxische Krise unwahr-
scheinlich.
Merke. Bei jeder schweren symptomatischen Hyperthyreose muss j Dazwischen besteht die Möglichkeit einer beginnenden
an die Möglichkeit einer thyreotoxischen Krise gedacht werden. thyreotoxischen Krise.
? Beschreiben Sie Ursachen und Auslöser einer thyreo- Cave. Eine niedrige Konzentration der Schilddrüsenhormone
toxischen Krise. schließt eine thyreotoxische Krise nicht aus!
– Der thyreotoxischen Krise liegt immer eine vorbestehende
manifeste Hyperthyreose zugrunde. ? Welche weiteren Untersuchungen ordnen Sie an?
– Die häufigsten Ursachen sind: – Die erweiterte Anamnese und weitere Untersuchungen sollten
j Morbus Basedow unter folgenden Gesichtspunkten erfolgen:
j Autonomes Adenom der Schilddrüse j Klärung der Genese der Hyperthyreose
– Meist liegt ein auslösendes Ereignis zugrunde, es ist aber nicht j Identifikation möglicher Auslöser der thyreotoxischen Krise
zwingend notwendig. Zu den auslösenden Ereignissen zählen: j Erfassung von Komplikationen der thyreotoxischen Krise
j Trauma oder Operation – Eine ausführliche körperliche Untersuchung mit Fokus auf
j Schwere Infektionen bzw. eine Sepsis folgende Gesichtspunkte:
j Entgleisungen des Blutzuckerstoffwechsels, z. B. Ketoazidose j Klinische Zeichen oder Symptome einer Herzinsuffizienz
oder Hypoglykämie j Hinweise auf ein mögliches Trauma oder Verletzungen
j Akute Erkrankungen wie Lungenarterienembolie und akuter j Hinweise auf einen möglichen Infektfokus
Myokardinfarkt
j Kontrastmittelgabe auf eine vorbestehende Hyperthyreose
– Als Ursache einer thyreotoxischen Krise wird ein plötzlicher Tab. 1 Burch-Wartofsky-Score. (Nach [1])
Anstieg der freien Schilddrüsenhormone im Rahmen eines Symptome Punkte Symptome Punkte
veränderten Bindungsverhaltens zwischen Hormonen und Temperatur Puls
Transportproteinen diskutiert. <37,7 °C 5 90–109/min 5
– Die verstärkte Schilddrüsenhormonwirkung führt zu einer 37,8–38,3 °C 10 110–119/min 10
erhöhten Expression von β-Adrenozeptoren mit einer erhöhten 38,4–38,8 °C 15 120–129/min 15
Katecholaminwirkung, die für den überwiegenden Teil der 38,9–39,4 °C 20 130–139/min 20
Symptomatik verantwortlich ist. 39,5–39,9 °C 25 ≥140/min 25
≥40 °C 30 Rhythmusstörungen
Zentralnervöse Effekte Nein 0
? Wie stellen Sie die Diagnose einer thyreotoxischen Kri-
Fehlend 0 Ja 10
se und wie können Sie diese von einer symptomatischen
Mild (Agitation) 10 Symptome einer Herzinsuf-
Hyperthyreose abgrenzen? fizienz
– Die Diagnose der thyreotoxischen Krise orientiert sich immer Mäßig (Delir, Psychose, Le- 20 Fehlend 0
an klinischen Symptomen. Die Konzentration der freien Schild- thargie)
drüsenhormone im Labor korreliert nicht mit der klinischen Schwer (Krampfanfälle, Koma) 30 Mild (Beinöde- 5
Symptomatik. me)
– Typischerweise finden sich eine ausgeprägte Tachykardie, Gastrointestinale Symptome Mäßig (basale 10
Fieber, gastrointestinale Symptome und zentralnervöse Sym- Rasselgeräusche)
ptome mit einem breiten Spektrum (von Agitiertheit über Delir
bis zum Koma). Fehlend 0 Schwer (Lungen- 15
ödem)
Merke. Die Diagnose einer thyreotoxischen Krise wird nach klini- Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, 10 Suggestive Anamnese
abdominelle Schmerzen
schen Gesichtspunkten gestellt!
Ikterus unklarer Genese 20 Fehlend 0
Vorhanden 10
Abb. 1 8 Typischer Befund eines Morbus Basedow mit ausgeprägter Hypervaskularisation in beiden Schilddrüsen-
lappen
Der Fall.
Korrespondenzadresse
– Nach der Diagnosestellung erfolgt unverzüglich die Verlegung
auf eine Überwachungsstation. Neben der vorsichtigen Volu- Dr. med. G. Serfling
Institut für Endokrinologie und Diabetes, Universität zu Lübeck
mengabe und Fiebersenkung wird eine intravenöse Therapie
Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, Deutschland
mit Esmolol, Thiamazol und Hydrocortison aufgenommen. georg.serfling@uksh.de
– Aufgrund des Fiebers erfolgen außerdem eine prophylaktische
antibiotische Abdeckung sowie eine Thromboseprophylaxe mit
Einhaltung ethischer Richtlinien
Heparin.
– Binnen kurzer Zeit reduziert sich die Herzfrequenz, es zeigen Interessenkonflikt. G. Serfling gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
sich stabile Kreislaufverhältnisse.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
– Bereits am Abend zeigt sich die Patientin zunehmend orientiert. geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
– Da sich laborchemisch die Werte der freien Schilddrüsenhor- Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
mone stabil zeigen, erfolgt nach ca. 48 h die Verlegung auf die über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Normalstation.
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Prüfungssimulation ? Prüfungsfragen
– Welche weiterführende Diagnostik veranlassen Sie?
Fallschilderung – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Welche Erreger sind dabei
typischerweise zu erwarten?
Ein 80-jähriger Patient (175 cm, 69 kg) wird von der Ehefrau in die – Wie schätzen Sie den Schweregrad der Infektion ein?
zentrale Notaufnahme gebracht. Seit 2 Tagen bemerkt er ein ein- – Ambulante oder stationäre Behandlung? Normalstation oder
geschränktes Allgemeinbefinden, trockenen Reizhusten und eine Intensivstation?
zunehmende Belastungsdyspnoe. Fieber habe er nicht gemessen, – Welche kalkulierte Therapie wählen Sie aus? Was müssen Sie
jedoch fühle er sich nicht so. Die Ehefrau hat eine zunehmende dabei beachten?
Verwirrtheit festgestellt, die über die bekannte Demenz hinaus- – Wie wählen Sie die Therapiedauer? Können Sie die Therapie
geht. auch oralisieren?
An Vorerkrankungen bestehen eine beginnende Demenz, ei- – Wie kontrollieren Sie das Therapieansprechen?
ne Sturzneigung mit Zustand nach Humerusschaftfraktur, eine
Hypercholesterinämie und eine arterielle Hypertonie.
An Medikamenten nimmt der Patient ein: Bisoprolol 5 mg 1-0-0,
Valsartan 80 mg 1-0-1, Torasemid 5 mg 1-0-0, Simvastatin 20 mg
0-0-1 und Acetylsalicylsäure 100 mg 1-0-0.
Bei Aufnahme beträgt die Körpertemperatur 37,3 °C, der Puls
ist 112/min, der Blutdruck 160/95 mm Hg und die Atemfrequenz
32/min. Der Patient ist zum Ort und zur Zeit nicht orientiert. Die
klinische Untersuchung ergibt feuchte Rasselgeräusche über dem
rechten Unter- und Mittellappen. Die übrige körperliche Untersu-
chung ist unauffällig.
? Welche weiterführende Diagnostik veranlassen Sie? an verschiedenen Punktionsstellen abzunehmen, damit evtl.
– Abnahme eines Routinelabors einschließlich Entzündungspa- Verunreinigungen besser erkannt werden können [2].
rameter (Blutbild und Differenzialblutbild, C-reaktives Protein – Legionellenantigen im Urin
[CRP], wenn möglich Prokalcitonin [PCT]), Urinstatus – Je nach Saison: Abstrich auf Influenza
– Blutgasanalyse – Evtl. Sputum
– Abstrich auf „severe acute respiratory syndrome coronavi- Sputum sollte eingeschickt werden, wenn es adäquat ge-
rus 2“ (SARS-CoV-2) wonnen werden kann und die mikrobiologische Bearbeitung
Mit Beginn im Jahr 2020 verpflichtend notwendig. Einige innerhalb von 2 bis 4 h gegeben ist. Neben der Kultur muss
Empfehlungen raten dazu, zunächst das Ergebnis des Tests auch eine Gram-Färbung durchgeführt werden. Damit kann die
abzuwarten und dann eine weitere Diagnostik (z. B. Legionel- Sputumqualität bestimmt werden. Viele Labors teilen diese auf
lenantigen im Urin – s. unten) durchzuführen [6]. ihren Befunden mit [4].
– Röntgenuntersuchung des Thorax mit Frage nach Infiltrat
Der Fall. Die Laboranalyse ergibt: CRP 15,7 mg/dl (Normwert bis
Bei mittelschwerer und schwerer Infektion: 0,5 mg/dl), Leukozyten 11,1 G/l (Normwert 3,9–9,8 G/l), neutrophile
– Abnahme von mindestens 2 Sets Blutkulturen (BK) Granulozyten 9,2 G/l (83 %; Normwert 1,78–6,23 G/l), PCT5,6 ng/ml
Bei Verdacht auf schwere bakterielle Infektionen ist die Kenntnis (Normwert bis 0,1 ng/ml).
des auslösenden Erregers für die optimale Therapie essenziell. Röntgenuntersuchung des Thorax (. Abb. 1): neu aufgetretene,
Pneumonien gehen häufig mit einer Bakteriämie einher. So auf das rechte Lungenmittel- bis -unterfeld projizierende, fleckige
findet man bei der Pneumokokkenpneumonie in ca. 40 % der Verdichtungen, vereinbar mit Infiltrat. Geringe pulmonalvenöse
Fälle eine Bakteriämie. BK sind deswegen ein wichtiges diagnos- Stauungszeichen mit bipulmonaler Gefäßzeichnungsvermehrung.
tisches Mittel. Dabei besteht – entgegen früherer Annahmen – Herzschatten und oberes Mediastinum verbreitert.
keine Korrelation zwischen Fieber bzw. Fieberanstieg und hoher
Bakterienlast im Blut. ? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Welche Erreger
Wichtig ist jedoch, mehr als ein Set BK abzunehmen. Die sind dabei typischerweise zu erwarten?
Sensitivität steigt hierbei von ca. 73 % (Abnahme 1 Set BK) auf – Verdachtsdiagnose: ambulant erworbene Pneumonie (AEP)
90 % (Abnahme 2 Sets BK). Differenzialdiagnostisch muss seit 2020 an die „coronavirus
Auch muss kein zeitlicher Abstand eingehalten werden zwi- disease 2019“ (COVID-19) gedacht werden. Im Herbst und
schen der Abnahme der BK-Sets. Wichtiger ist vielmehr, die BK Winter kommt auch die Influenza differenzialdiagnostisch
infrage. Zur Unterscheidung ist PCT hilfreich, das v. a. bei
bakteriellen Infektionen ansteigt, meist weniger bei viralen
Infektionen (meist auch nicht bei COVID-19).
– Der häufigste Erreger der AEP ist Streptococcus pneumo-
niae. Außerdem wichtig sind Haemophilus influenzae und
Mycoplasma pneumoniae (eher bei jüngeren Patienten).
Seltener kommen Chlamydia pneumoniae, Legionella spec.
oder Staphylococcus aureus vor. In 20–25 % der Fälle wird der
auslösende Erreger nicht identifiziert [5].
Der Fall. Das Röntgenbild des Thorax ergibt den Befund einer
Lobärpneumonie – damit hat der Patient eine AEP. Die Abstriche
für SARS-CoV-2 und Influenza sind negativ – was auch zu dem
erhöht gemessenen PCT passt.
Untersuchungsbefund
– Allgemein: Größe 163 cm, Gewicht 50 kg, reduzierter Allge-
meinzustand, Temperatur 35,5 °C, stehende Hautfalten als
Zeichen der Exsikkose an der Haut, keine Ödeme, keine Lymph-
adenopathie
– Neurologisch: Die Patientin ist wach, ansprechbar, voll orien-
tiert. Kribbelparästhesien an beiden Händen, keine motorischen
oder sensiblen Ausfälle, Kraft und Sensibilität seitengleich.
Hirnnervenaustrittsstellen klopfschmerzfrei, sehr lebhafte
Eigenreflexe, keine Koordinationsstörungen
– Herz/Kreislauf: Puls 75/min, Blutdruck 110/75 mm Hg, rhyth-
misch, Herztöne auskultatorisch unauffällig, keine pathologi-
schen Geräusche
– Lunge: vesikuläres Atemgeräusch seitengleich, beidseits keine
Rasselgeräusche
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dem eCurriculum Innere Medizin Zöliakie: Interaktive Fälle zur aktuellen
S2k-Leitlinie, von A. Arlt, der Online-Kurs erschien erstmals im April 2015
(rez. 6/2017).
? Welche Untersuchungen würden Sie bei der Patientin – Eine Hypokalzämie kann verschiedene Ursachen haben:
als Nächstes veranlassen? j Störung der Kalziumbilanz (Resorptionsstörung)
Zur weiteren diagnostischen Abklärung sollten folgende Untersu- j Störung der Kalziumverteilung (akute Pankreatitis)
chungen durchgeführt werden: j Störung der endokrinen Regulation (Hypoparathyreoidismus,
– Labordiagnostik: Befunde in diesem Fall s. . Tab. 1 chronische Niereninsuffizienz)
j Stuhl auf pathogene Keime und Viren unauffällig – Da es bei der Patientin keine Hinweise auf eine endokrine
– Abdomensonographie: Befunde in diesem Fall: Ursache oder eine Verteilungsstörung gibt, wird eine Störung
j Kleiner Polyp im Gallenblasenhals (3 mm) der Kalziumbilanz vermutet, genauer gesagt eine verminderte
j Atherosklerose der Aorta Kalziumresorption
j Kein Anhalt für Leberstrukturveränderungen
– Gastroduodenoskopie: Befunde in diesem Fall: Therapie der symptomatischen Hypokalzämie.
j Makroskopisch unauffällig – Kalziumchlorid 10 %, 10–40 ml als Kurzinfusion (Kontraindikati-
j Biopsien aus Duodenum (6-mal), Antrum (2-mal), Korpus (2- on bei Digitalisüberdosierung!)
mal) – Hypomagnesiämie behandeln (Magnesiumsulfat 50 %,
j Histologie: fokal erosive Duodenitis, Antrum- und Korpusga- 8 mmol = 2 g als Kurzinfusion)
stritis
– Ileokoloskopie: Befunde in diesem Fall: Merke. Da typische Ursachen für eine negative Kalziumbilanz
j Makroskopisch unauffällig Resorptionsstörungen und Vitamin-D-Mangel sind, sollte zusätzlich
– Stufenbiopsien und Biopsien für mikrobiologische und der Vitamin-D-Status untersucht werden.
histologische Untersuchungen entnommen
? Aufgrund der Resorptionsstörung für ein fettlösliches
Vitamin (Vitamin D), der abdominellen Symptome und der
? Bei der Patientin sind mehrere Laborwerte auffällig. Duodenitis vermuten Sie eine Zöliakie. Welche zusätzliche
Welcher Laborwert erklärt den klinischen Befund bei der Diagnostik führen Sie durch?
Aufnahme? Die Diagnose einer glutensensitiven Enteropathie stützt sich auf
– Die deutliche Hypokalzämie könnte die Kribbelparästhesien folgende Säulen:
und Spasmen in den Händen erklären. – Biopsie aus dem tiefen Duodenum
– Klinik (Besserung der Symptome und der serologischen
Befunde unter streng glutenfreier Ernährung)
Tab. 1 Laborbefunde der Patientin – Serologische Antikörper(AK)-Diagnostik
Patientin Referenzbereich Einheit j Die AK-Bestimmung ist ein wesentliches diagnostisches
Natrium 144 135–145 mmol/l Instrument bei klinischem Verdacht auf eine Zöliakie.
Kalium 3,43 3,6–5,2 mmol/l
– Bestimmung von Immunglobulin-A(IgA)-AK gegen Trans-
glutaminase (tTG; die Gewebstransglutaminase tTG stellt das
Kalzium 1,39 2,1–2,6 mmol/l
Autoantigen der Zöliakie dar) oder Endomysium(EmA)-IgA-AK
Harnstoff 25 12,6–48 mg/dl
[1]
Kreatinin 0,78 <0,9 mg/dl
j Parallele Bestimmung des Gesamt Serum-IgA-Spiegels, da
GFR (MDRD) >60 – ml/min pro 1,73 m2
bei den 2–3 % der Patienten, die an einer Zöliakie leiden ein
ALT (GPT) 56 <35 U/l IgA-Mangel assoziert ist
LDH 390 <255 U/l j Bei erniedrigtem Gesamt-IgA sollte Immunglobulin G gegen
CK 246 <140 U/l tTG bestimmt werden.
Glukose 107 55–115 mg/dl
Albumin 3,1 3,5–5,0 g/dl
CRP 5,6 <5 mg/l ? Wie ist eine Zöliakie definiert?
TSH 2,41 0,27–4,2 μIU/ml – Die Zöliakie ist eine chronisch-entzündliche Dünndarmer-
TPZ (Quick) 57 70–120 % krankung, die bei bestehendem Genotyp durch glutenhaltige
INR 1,36 0,8–1,42 – Nahrungsmittel ausgelöst wird und lebenslang anhält.
aPTT 30,5 26–36 s – Unterscheidung in 5 Formen (Oslo-Klassifikation):
ALT Alanin-Aminotransferase, aPTT aktivierte partielle Thromboplastinzeit, j Potenziell: AK-Nachweis bei unauffälliger Histologie (Begriff
CK Kreatinkinase, CRP C-reaktives Protein, GFR glomeruläre Filtrationsrate, für Betroffene, die ein erhöhtes Risiko haben, eine Zöliakie zu
GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase, INR International Normalized Ratio, entwickeln)
LDH Laktatdehydrogenase, MDRD Modification of Diet in Renal Disease,
TPZ Thromboplastinzeit, TSH thyreoideastimulierendes Hormon
Korrespondenzadresse
Univ.-Prof. Dr. med. A. Arlt
Universitätsklinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Klinikum
Oldenburg AöR
Rahel-Straus-Straße 10, 26133 Oldenburg, Deutschland
alexander.arlt@uni-oldenburg.de
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
Abb. 2 8 Pathogenese der Zöliakie. AK Antikörper, HLA-DQ2/8 humanes über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Leukozytenantigen DQ2/8, IgA Immunglobulin A, tTG Gewebstrans-
glutaminase The supplement containing this article is not sponsored by industry.
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Was ist Ihre Verdachtsdiagnose und an welche Differenzialdia-
Fallschilderung gnosen denken Sie?
– Wie ist die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
Anamnese. Ein 67-jähriger männlicher Patient wird Ihnen in der definiert und was sind Risikofaktoren?
Sprechstunde vorgestellt. Der Patient gibt eine über die letzten – Wie wird die COPD diagnostiziert?
Monate langsam zunehmende Luftnot unter Belastung an (New- – Worin unterscheiden sich COPD und Asthma?
York-Heart-Association(NYHA)-Stadium II–III). Außerdem bestünde – Welche Komorbiditäten müssen Sie beachten und warum ist
ein chronischer Husten mit häufigem Hochhusten von weißlichem das wichtig?
Sekret. Der Patient ist Raucher seit über 40 Jahren (aktuell ca. 10–15 – Wie erfolgt die Stadieneinteilung der COPD?
Zigaretten täglich). Der Patient lebt allein und ist berentet. – Wie erfolgt die medikamentöse Therapie der COPD?
– Welche nichtmedikamentösen Therapieoptionen kennen Sie?
Vorerkrankungen. Arterielle Hypertonie, Cholezystolithiasis, Ne-
phrolithiasis, Hyperurikämie, Adipositas Grad I.
? Was ist Ihre Verdachtsdiagnose und an welche Diffe- Kohlenmonoxid (DLCO), Bildgebung (Röntgenaufnahme des
renzialdiagnosen denken Sie? Thorax in 2 Ebenen) und standardisierte Belastungstests weiter
– Das Alter des Patienten, der langjährige weiterhin aktive charakterisiert.
Nikotinabusus und die Symptome Luftnot sowie chronischer – In . Abb. 1 ist ein diagnostischer Abklärungsalgorithmus zur
Husten mit Auswurf deuten stark auf eine COPD hin. Bestätigung oder zum Verwerfen der Verdachtsdiagnose COPD
– Relevanteste Differenzialdiagnosen sind andere chronische dargestellt.
Lungenerkrankungen wie Asthma, α1-Antitrypsin-Mangel, – Die Fluss-Volumen-Kurve der Spirometrie zeigt einen redu-
Lungenemphysem, Bronchiektasien, Bronchiolitis obliterans, zierten exspiratorischen Spitzenfluss („peak expiratory flow“
Lungentumoren und interstitielle Lungenerkrankungen. Außer- [PEF]) und eine durchhängende Exspirationskurve. Bei starker
dem kommen kardiovaskuläre Erkrankungen wie die chronische Überblähung nimmt durch ein steigendes Residualvolumen die
Linksherzinsuffizienz in Betracht. Vitalkapazität zusätzlich ab. Durch Kollaps der kleinen Bronchi-
en in schneller Exspiration nimmt der Exspirationsfluss plötzlich
Merke. Die typischen Leitsymptome einer COPD sind chronischer ab (sog. Knick; typisch für das Lungenemphysem).
Husten, Auswurf und Atemnot. – Die wichtigsten Messparameter zur Diagnose einer COPD sind
die eingeschränkte Einsekundenkapazität (FEV1; Graduierung
Merke. Werden folgende drei Fragen mit „Ja“ beantwortet, besteht s. . Tab. 1) und der reduzierte Quotient von FEV1 und forcierter
eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit für die Diagnose COPD: „Sind Sie Vitalkapazität (FVC; sog. Tiffeneau-Index) ≤ 70 % bzw. ≤ „lower
älter als 40 Jahre?“, „Rauchen Sie oder haben Sie früher geraucht?“ limit of normal“ (LLN; s. unten) nach Bronchodilatation (z. B. mit
und „Haben Sie häufig Husten und Atemnot?“ 2 Hüben Salbutamol). Wenn sich die Obstruktion normalisiert,
ist eine COPD ausgeschlossen.
? Wie ist die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung – Alternativ zum fixen FEV1/FVC-Quotienten findet zunehmend
definiert und was sind Risikofaktoren? das LLN als Grenzwert Anwendung. Die FEV1 ist in jungen
– Die COPD ist eine persistierende, progredient verlaufende, nicht Jahren am höchsten und nimmt im Alter physiologisch ab. Dies
voll reversible Atemwegsobstruktion, die mit einer gesteigerten führt zu Unterdiagnosen bei jüngeren und Überdiagnosen bei
Entzündungsreaktion in den kleinen Atemwegen assoziiert älteren Patienten. Daher wird der Vergleich mit Referenzwerten
ist. Exazerbationen und die Symptomlast bestimmen den aus einer altersgematchten Vergleichspopulation bevorzugt.
Schweregrad der Erkrankung. Das untere 5 %-Perzentil wird dabei als pathologisch definiert
– Der relevanteste Risikofaktor ist die langjährige Inhalation von (entspricht ≤ LLN).
toxischen Partikeln und Gasen, hier v. a. das Tabakrauchen. Ab
etwa 20–30 Packungsjahren haben 80–90 % der Raucher eine Merke. In der Spirometrie ist das wesentliche Diagnosekriterium
chronische Bronchitis, die in eine COPD übergehen kann. Aber für eine COPD der FEV1/FVC-Quotient ≤ 70 % bzw. ≤ LLN.
auch Verdampfer, Tabakerhitzer u. a. wirken schädlich.
– Weitere Risikofaktoren sind berufsbedingte Inhalations- und Merke. Bei schwerem Emphysem kann der FEV1 /FVC-Quotient nor-
Umweltnoxen, intrauterine/frühkindliche Einwirkungen, Atem- mal sein. Bei klinisch-anamnestischem Verdacht auf eine COPD,
wegsinfektionen (in der Kindheit), Tuberkulose und ein niedri- aber unauffälliger Spirometrie sollten daher eine Ganzkörperple-
ger sozioökonomischer Status. thysmographie und Messung der DLCO durchgeführt werden.
– Genuine Risikofaktoren sind genetische Prädisposition (z. B.
α1-Protease-Inhibitor-Mangel), bronchiale Hyperreagibilität Merke. Im Gegensatz zur Spirometrie können durch die Ganzkör-
(Asthma bronchiale) und Störungen des Lungenwachstums. per- bzw. Bodyplethysmographie der Atemwegswiderstand und
die statischen Lungenvolumina (v. a. das Residualvolumen) be-
Merke. Bei jungen COPD-Patienten, v. a. mit basal betontem Lun- stimmt werden. Beide Parameter sind hilfreich, um die schwere
genemphysem, sollte einmal eine Untersuchung bzgl. eines here- der Obstruktion einzuschätzen bzw. ein Lungenemphysem zu di-
ditären α1-Protease-Inhibitor-Mangels erfolgen. agnostizieren.
Abb. 1 8 Diagnostischer Algorithmus zur Abklärung der Verdachtsdiagnose COPD. COPD chronisch-obstruktive
Lungenerkrankung, FEV1 forcierte Einsekundenkapazität, FVC forcierte Vitalkapazität, LLN „lower limit of normal“
? Worin unterscheiden sich chronisch-obstruktive Lun- ? Welche Komorbiditäten müssen Sie beachten und
generkrankung und Asthma? warum ist das wichtig?
– Typisch für Asthma ist die reversible und variable Atemwegsob- – Komorbiditäten bestimmen bei Patienten mit COPD maßgeb-
struktion. Die Unterscheidung zum Asthma ist aber nicht immer lich die Morbidität und Prognose. Sie sollen bei Diagnose-
einfach und beide Erkrankungen können gleichzeitig auftreten. stellung proaktiv diagnostiziert und behandelt werden. Die
Sorgfältige Anamnese! Mehrzahl der Patienten verstirbt nicht an der COPD, sondern an
– Patienten mit Asthma sind typischerweise jünger, berichten kardiovaskulären Begleiterkrankungen und dem Lungenkarzi-
bekannte Allergien (oder andere Auslöser), klagen über variable nom.
und auch nächtliche Symptome und sprechen in der Regel gut – Typische Komorbiditäten sind kardiovaskuläre Erkrankun-
auf Kortison an. gen (koronare Herzerkrankung mit und ohne stattgehabten
– Eine gute Reversibilität im Bronchospasmolysetest (>200 ml Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz,
oder > 12 % Ist/Soll) spricht eher für ein Asthma. Bei langjähri- periphere arterielle Verschlusskrankheit), Lungenkarzinom,
gen schweren Verläufen kann aber auch bei Asthma eine sog. Osteoporose, Muskeldysfunktion, metabolisches Syndrom/
fixierte Obstruktion vorhanden sein. Diabetes und psychische Erkrankungen wie Depression.
Abb. 2 8 Die vier Risikogruppen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung nach Exazerbationshistorie und
Symptomlast. CAT COPDAssessment Test, COPD chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, mMRC Modified-Me-
dical-Research-Council-Skala
Abb. 3 8 Spirometrie vor (Prä) und nach (Post) Bronchospasmolyse mit 2 Hüben Salbutamol. FEV1 forcierte Einse-
kundenkapazität, FVC forcierte Vitalkapazität, MEF „mid-expiratory flow“, PEF „peak expiratory flow“, VCin inspira-
torische Vitalkapazität
Literatur
1. Vogelmeier C et al S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten
mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD), 2018,
verfügbar unter. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-006l_S2k_
COPD_chronisch-obstruktive-Lungenerkrankung_2018-01.pdf. Zugegriffen:
11.02.2021
2. (2020) 2021 GOLD Reports, 2021 Global Strategy for Prevention, Diagnosis
and Management of COPD. https://goldcopd.org/wp-content/uploads/2020/11/
GOLD-REPORT-2021-v1.1-25Nov20_WMV.pdf. Zugegriffen: 11.02.2021
3. Raspe M (2019) CME Kurs Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
eCur Innere Med. https://www.springermedizin.de/copd/diagnostik-in-der-
pneumologie/chronisch-obstruktive-lungenerkrankung-copd-1/18385638
4. Deutsche Atemwegsliga e. V. (2020) Inhalieren. https://www.atemwegsliga.de/
richtig-inhalieren.html. Zugegriffen: 11.02.2021
e.Med
SpringerMedizin.de Das Fachabo für gesichertes Wissen
und zertiǩzierte Fortbildung
Redaktion
Handgelenk
P. Sewerin, Düsseldorf
Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Fall 21
J. Leipe
Sektion Rheumatologie, V. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
Prüfungssimulation jedoch hätte die Schwellung persistiert, und nach einer Woche
seien zudem schmerzhafte Schwellungen mehrerer Finger und
Fallschilderung des rechten Knies aufgetreten. Außerdem seien ihr in letzter Zeit
v. a. morgens „Anlaufschwierigkeiten“ aufgefallen, die sie bei ih-
Eine 59-jährige Patientin stellt sich bei ihrem Hausarzt mit ei- rer Morgentoilette beeinträchtigen und länger als eine Stunde
ner ca. 8 Wochen zuvor erstmalig aufgetretenen schmerzhaften anhielten. Die Patientin hat keine relevanten Vorerkrankungen
Schwellung im rechten Handgelenk vor, die sie auf eine Über- und nimmt außer nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) keine
lastung beim Tennisspielen zurückführt. Die 59-jährige Patientin weiteren Medikamente ein. Bei der klinischen Untersuchung fal-
beschreibt eine Schmerzlinderung durch Einnahme von Ibuprofen, len beidseits druckschmerzhafte Schwellungen der Handgelenke
sowie der proximalen Interphalangeal(PIP)-III- und Metakarpopha-
langealgelenke (MCP) II auf (. Abb. 1).
? Prüfungsfragen
– Welche Verdachtsdiagnose passt zu obigem Beschwerdebild
und warum?
– Welche Differenzialdiagnosen sind bei Verdacht auf eine
rheumatoide Arthritis (RA) zu erwägen?
– Zu welchem Zeitpunkt würden Sie einen Rheumatologen
hinzuziehen?
– Welche ersten diagnostischen Schritte leiten Sie ein?
– Wie sichern Sie als Rheumatologe weiterhin die Diagnose?
– Welche Bildgebung ist bezüglich der weiteren Einschätzung
sinnvoll? Können Sie hierbei RA-typische Veränderungen
benennen?
– Was sagt der radiologische Befund über die Krankheitsaktivität
der Patientin aus?
– Wie schätzen Sie die Prognose bei der Patientin ein?
– Welche Erkrankungen sind im weiteren Verlauf mit der RA
assoziiert?
– Können Sie die wichtigsten Säulen der RA-Therapie umreißen?
Was bedeutet hierbei „treat to target“?
– Leiten Sie nun die pharmakologische Initialtherapie bei der
Patientin ein. Worauf ist insbesondere in den ersten Wochen zu
achten?
– Wie und zu welchem Zeitpunkt überprüfen Sie die Wirksamkeit
der Therapie?
– Wie ist das leitliniengerechte pharmakologische Procedere,
wenn mit der Primärtherapie keine Krankheitskontrolle erreicht
Abb. 1 8 Schwellung des proximalen Interphalangealgelenks III. Dezente wird?
Schwellungen am Metakarpophalangealgelenk II und Handgelenk. (Aus [8])
? Welche Verdachtsdiagnose passt zu obigem Be- Merke. Eine unklare Schwellung eines Gelenks ist eine Indikation
schwerdebild und warum? für eine komplette körperliche Untersuchung [3].
Folgende Symptome legen den Verdacht auf eine frühe rheuma-
toide Arthritis (RA) nahe [1–3]: Merke. Besteht die Verdachtsdiagnose RA, sollen laborchemisch
– ≥6 Wochen anhaltende Gelenkschwellungen (nicht anderweitig BSG, CRP, RF und/oder ACPA bestimmt werden [3].
erklärbar)
– Klinische Polyarthritis kleiner Fingergelenke (v. a. MCP/PIP) und Der Fall. Bei der Patientin ergeben die ersten Laboruntersuchungen
der Handgelenke die in . Tab. 2 aufgeführten Werte.
– Symmetrisches Verteilungsmuster
– Morgensteifigkeit ≥ 1 h ? Wie sichern Sie als Rheumatologe weiterhin die Dia-
gnose?
? Welche Differenzialdiagnosen sind bei Verdacht auf
eine rheumatoide Arthritis zu erwägen? Der Fall. Wegen des dringenden Verdachts auf eine RA überweist
Differenzialdiagnostisch ist die RA von anderen Erkrankungen mit ihr Hausarzt die Patientin nun zum internistischen Rheumatologen.
Gelenkmanifestationen abzugrenzen, z. B. von Der untersuchende Rheumatologe bestimmt den Summenscore
– rein degenerativen Gelenkerkrankungen (Arthrose) und der Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology
– anderen mit Arthritiden einhergehenden Erkrankungen wie
Spondylarthritiden, Kollagenosen, primären Vaskulitiden, Sar- Tab. 1 Spezielle Anamnese und körperliche Untersuchung unklarer
koidose, Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Hämochromatose), Gelenkschwellung. (Nach [3])
Lyme-Arthritis und septischer Arthritis. Anamnese Körperliche Untersuchung
Schmerz Differenzierung Arthritis/Arthralgie:
? Zu welchem Zeitpunkt würden Sie einen Rheumato- Wo? Was? Wann? Seit Schwellung (RA-verdächtig) oder knöcherne
logen hinzuziehen? wann? Auftreibungen/Deformierungen?
Polyartikuläres, symmetrisches Verteilungs-
– Die Überweisung der Patientin an einen internistischen Rheu- muster in den Prädilektionsregionen (HG, MCP,
matologen sollte zeitnah erfolgen, wenn eine Schwellung an PIP, MTP)
Gelenken besteht [1, 4]. Gelenksteife Bewegungseinschränkung
– Mit der Behandlung durch einen Spezialisten und einer frü- v. a. Morgensteifigkeit (nicht durch andere Ursachen bedingt)
hen Therapieeinleitung kann ein besseres funktionelles und ≥ 60 min
strukturelles Outcome für die Patientin erzielt werden [1]. Allgemeines Krank- Extraartikuläre Manifestationen
heitsgefühl z. B. Hautveränderungen (z. B. Psoriasis), Au-
genentzündung (z. B. Skleritis, Vaskulitis, Rheu-
Merke. Bei Verdacht auf eine RA ist eine frühzeitige Überweisung maknoten)
an einen internistischen Rheumatologen innerhalb von 6 Wochen
HG Handgelenk, MCP Metakarpophalangealgelenk, MTP Metatarsopha-
anzustreben [3]. langealgelenk, PIP proximales Interphalangealgelenk, RA rheumatoide
Arthritis
? Welche ersten diagnostischen Schritte leiten Sie ein?
Spezielle Anamnese und körperliche Untersuchung unklarer Ge-
Tab. 2 Laborwerte der Patientin
lenkschwellung (. Tab. 1).
Parameter Messwert Norm
Labor:
– Differenzialblutbild Blutkörperchensenkungs- 61 mm ≤20 mm in 1 h (nach
geschwindigkeit Westergren)
– Bestimmung der Entzündungsparameter:
C-reaktives Protein 8,1 mg/dl <0,5 mg/dl
Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein
Leukozyten 8,1/nl 4–10/nl
(CRP)
– Bestimmung der spezifischen Immunserologie: Hämoglobin 10,8 g/dl 12–16 g/dl
Rheumafaktor (RF) und/oder Antikörper gegen citrullinierte Thrombozyten 503/nl 150–350/nl
Peptide (ACPA; v. a. Antikörper gegen zyklisches citrulliniertes MCV 86 fl 85–98 fl
Peptid) MCH 32 pg 28–34 pg
Ferritin 550 μg/l 20–150 μg/l
Diagnostischer Algorithmus (. Abb. 2) Rheumafaktor 380 IU/ml 0–15 IU/ml
Antikörper gegen zyklisches 550 U/ml 0–7 U/ml
citrulliniertes Peptid
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MCH „mean corpuscular hemoglobin“ (mittlerer Hämoglobingehalt eines
dem e.Curriculum Innere Medizin Rheumatoide Arthritis: Interaktive Fälle
Erythrozyten), MCV „mean corpuscular volume“ (mittleres Erythrozytenvo-
zur aktuellen S2e-Leitlinie von J. Leipe, J. Derer, J. Holle und F. Moosig. Der
lumen)
Online-Kurs erschien erstmals im August 2015 (überarbeitet rez. 2/2019).
nein
Ausschluss anderer Ursachen?
ja
Risikofaktoren (Prognose): nein nein Sonstige
Erosivität, ACPA+, RF+, seronegative RA?
Arthritis/Arthralgie
hohe Krankheitsaktivität
ja ja
Rheumatoide Arthritis
Abb. 2 8 Diagnostischer Algorithmus der S3-Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“. ACPA Antikörper
gegen citrullinierte Peptide, BB Blutbild, BSG Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, CRP C-reaktives Protein, MCP meta-
karpophalangeal, RA rheumatoide Arthritis, RF Rheumafaktor. (Nach [7])
(ACR) und der European League Against Rheumatism (EULAR; ? Welche Bildgebung ist bezüglich der weiteren Ein-
. Tab. 3). Diese wurden zwar zur früheren Klassifikation der RA schätzung sinnvoll? Können Sie hierbei für die rheumatoi-
v. a. für klinische Studien entwickelt, werden in der klinischen Praxis de Arthritis typische Veränderungen benennen?
aber oft zur Diagnosestellung herangezogen. Die rheumatologische Standardbildgebung bei RA ist in . Tab. 4
zusammengefasst.
Merke. Eine RA ist wahrscheinlich, wenn nach den ACR/EULAR-
Klassifikationskriterien mindestens 6 Punkte erreicht werden. Vo- Merke. Zu den Standarduntersuchungen in der Rheumatologie
raussetzung ist der Nachweis einer eindeutigen klinischen Syno- gehören der Röntgenstatus und die Arthrosonographie der be-
vialitis in mindestens einem Gelenk, die nicht besser durch eine schwerdeführenden Gelenke.
andere Erkrankung zu erklären ist. Sofern bei Patienten mit RA-
typischen Arthritiden zudem bereits Erosionen vorliegen, können ? Was sagt der radiologische Befund über die Krank-
diese auch ohne Anwendung der Kriterien als RA klassifiziert wer- heitsaktivität der Patientin aus?
den [2, 5].
Der Fall – zusammenfassende Beurteilung. Bei der Patientin
Der Fall. Zusammenfassende Beurteilung: Mit insgesamt 8 Punkten liegt eine aktive Arthritis mit früher Erosivität vor. Erosionen sind
ist bei der Patientin die Diagnose einer RA naheliegend. grundsätzlich auch in der Magnetresonanztomographie und später
auch im Röntgen detektierbar (. Tab. 5).
Tab. 4 Arthritistypische Veränderungen in der Bildgebung schwereren und erosiven Verlaufs assoziiert. Sind wie bei der vorge-
Verfahren Arthritistypische Der Fall: Veränderungen bei
Veränderungen der Patientin
stellten Patientin beide Antikörper hoch positiv, ist das Risiko, dass
eine frühe Arthritis persistierend und erosiv verläuft, am größten.
Röntgen in einer Gelenknahe Gelenknahe Demineralisie-
Ebene: Osteopenie rung der Halswirbelsäule Erhöhte CRP- oder BSG-Werte sind zwar weniger spezifisch für die
Hände (dorsopal- Gelenkspalt- RA, zeigen aber eine aktive Synovialitis an und besitzen ebenfalls
mar) verschmälerung prädiktiven Charakter. Der frühe Nachweis von Erosionen und das
Vorfüße (dorso- Erosionen weibliche Geschlecht sind ebenso als ungünstiges prognostisches
plantar)
Zeichen zu werten [6].
Arthrosonographie Erosionen Rechtes Handgelenk:
(. Abb. 3): Synovialitis Synovialitis Grad III des rech-
Handgelenke Gelenkergüsse ten Handgelenks mit früh- Cave. Ungünstige Prognosefaktoren sind v. a. hohe Krankheitsak-
MCP II bds. Aktivität im erosiven Veränderungen tivität, ein hoch positiver RF und/oder ACPA-Titer, frühe Erosionen
PIP III bds. Power-Doppler MCP II/PIP III (bds.): und eine verzögerte Einleitung der Therapie.
Synovialitis Grad II
MCP Metakarpophalangealgelenk, PIP proximales Interphalangealgelenk ? Welche Erkrankungen sind im weiteren Verlauf mit
der rheumatoiden Arthritis assoziiert?
Tab. 5 Zusammenschau der Befunde der Patientin
Extraartikuläre Manifestation der RA ([9]; . Abb. 4).
Arthritistypische Veränderun- Interpretation bezüglich Krank-
gen bei der Patientin heitsaktivität Merke. Extraartikuläre Manifestationen treten meist im Verlauf
Arthrosonographie: Ausdruck der entzündlichen Vaskula- der Erkrankung in Erscheinung und werden durch therapeutische
Deutliche Signalgebung im risierung und floriden Entzündung im Fortschritte immer seltener.
Power-Doppler Handgelenk
Arthrosonographie: Erosive Veränderungen ? Können Sie die wichtigsten Säulen der Therapie der
Unterbrochene Knochenkontur rheumatoiden Arthritis umreißen? Was bedeutet hierbei
„treat to target“?
Säulen der Behandlung der RA [7]:
– Gesteigerte Akute-Phase-Reaktion (v. a. erhöhtes CRP) – Information und Schulung der Patienten über Krankheitsbild
– Vorliegende Erosionen und Therapie und enge Abstimmung dieser mit dem Patienten
– Weibliches Geschlecht – „Hit hard and early“
Einleitung einer frühen Behandlung mit DMARD, sobald die
Weitere bei der Patientin nicht vorhandene prognostisch un- Diagnose gesichert ist
günstige Risikofaktoren sind [3]: – Interdisziplinäre Therapie und Rehabilitation ab dem Zeit-
– Alter > 60 Jahre punkt der Diagnose
– Rauchen – Erhebung und Dokumentation der Krankheitsaktivität mithilfe
– Niedriger sozioökonomischer Status von:
– Protrahierte Therapieeinleitung mit „disease-modifying anti- j Composite-Score, z. B. Disease Activity Score 28 (DAS28),
rheumatic drugs“ (DMARD) Simplified Disease Activity Index (SDAI) oder Clinical Disease
Activity Index (CDAI)
Der Fall – zusammenfassende Beurteilung. Ein hoch positiver j Arthrosonographie
Titer für RF und/oder ACPA ist mit einem erhöhten Risiko eines
Organsystem Symptomak
Systemisch Müdigkeit, Gewichtsabnahme
Hämatologisch Anämie (häufig), Thrombozytose
(häufig), Felty-Syndrom (sehr selten)
Lunge Pleuris (ca. 9%), Rheumaknoten,
interselle Lungenerkrankung (ca. 9%)
Exokrine Drüsen Sekundäres Sjögren-Syndrom (ca. 10%)
Auge (Epi-)Skleris, Keras (ca. 5%)
Herz Kardiovaskuläre Erkrankungen (ca. 27%),
Perikardis (ca. 11%)
Niere Sekundäre Amyloidose (ca. 1%),
Glomerulonephris (sehr selten)
Gefäße Sekundäres Raynaud-Syndrom, Vaskulis
(ca. 4%)
Der Fall. Nachdem ihr Rheumatologe die Verdachtsdiagnose gesi- Cave. Die Glukokortikoidtherapie sollte auf maximal 3–6 Monate
chert hat, wird die Patientin nun umgehend auf folgende DMARD- beschränkt werden. Zieldosis sollte eine Tagesdosis ≤ 7,5 mg/Tag
Therapie eingestellt: Prednisolon sein [3].
Abb. 5 8 Therapiealgorithmus bei rheumatoider Arthritis mit alternativen Optionen. aZiel nach 3 Monaten: Reduktion der
Aktivität gemäß Composite-Score um mindestens 50 %, nach 6 Monaten Remission. bUngünstige Prognosefaktoren: Rheu-
mafaktor/Antikörper gegen citrullinierte Peptide hoch positiv, Erosionen, Versagen ≥2 csDMARD, hohe Aktivität. bDMARD
biologische DMARD, csDMARD konventionelle synthetische DMARD, DMARD „disease-modifying antirheumatic drugs“,
MTX Methotrexat, tsDMARD gezielte („targeted“) synthetische DMARD
? Wie und zu welchem Zeitpunkt überprüfen Sie die das Ziel nicht erreicht wird, sollte die Therapie angepasst werden
Wirksamkeit der Therapie? (Empfehlungsgrad B; [1]).
– Nach 4–6 Wochen sollte die Initialtherapie überprüft und
ggf. durch eine Steigerung der MTX-Dosis auf 20–35 mg/ ? Wie ist das leitliniengerechte pharmakologische Pro-
Woche und/oder durch den Wechsel auf eine parenterale Gabe cedere, wenn mit der Primärtherapie keine Krankheits-
angepasst werden (bei Nebenwirkungen Reduktion möglich). kontrolle erreicht wird?
– Die Krankheitsaktivität sollte initial und im Verlauf unter Ein Therapiealgorithmus für die RA ist in . Abb. 5 dargestellt.
Verwendung eines Composite-Scores gemessen werden. Dabei Empfehlungen der S3-Leitlinie „Management der frühen
kann der DAS28 oder gemäß den neuen Leitlinien bevorzugt rheumatoiden Arthritis“/medikamentöse Therapie [7]:
(da optimaler bei Messung der Remission) der CDAI bzw. SDAI – „DMARD-Monotherapie“: MTX ist als erste Substanz einzusetzen
verwendet werden. Das Ziel von „treat to target“ ist es, einen – „DMARD-Kombinationstherapie“: soll MTX beinhalten
Score zu erreichen, der einer Remission entspricht. Falls nicht – „DMARD-Therapiestrategien“: bei fehlendem Ansprechen auf
anders möglich, kann ausnahmsweise auch eine niedrige csDMARD-Therapie einen biologischen DMARD (bDMARD) oder
Krankheitsaktivität eine akzeptable Alternative zum Treat-to- einen zielgerichtet synthetischen DMARD-Partner (tsDMARD)
target-Ziel Remission sein, z. B. bei länger bestehender und kombinieren
schwierig zu kontrollierender RA [1]. – „Therapiesicherheit“ bei immunsuppressiver Therapie:
j Aufklärung des Patienten über Risiken und Nebenwirkungen
Merke. „Kontrollen der Krankheitsaktivität sollten bei aktiver Er- j Ausschluss aktiver Infektionen
krankung häufig (alle 1–3 Monate) und mit einem Composite- j Sicherstellung eines ausreichenden Impfstatus gemäß
Score erfolgen“ [1]. Ständiger Impfkommission (STIKO)!
Cave. Wenn 3 Monate nach Beginn der Therapie keine Verbes- Cave. Vor Therapiebeginn mit einem bDMARD müssen Infektionen
serung zu sehen ist (definiert als mindestens 50 %ige Reduktion ausgeschlossen und der Impfstatus gemäß STIKO-Empfehlungen
des jeweiligen Composite-Scores [1]) oder wenn nach 6 Monaten überprüft werden.
Korrespondenzadresse
Dr. J. Leipe
Sektion Rheumatologie, V. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum
Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, 68167 Mannheim, Deutschland
jan.leipe@umm.de
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren Facharzt-Training
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
Redaktion
Allgemeinzustands
S. Schmid, Lübeck
Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Fall 22
M. Menzen
Abteilung Innere Medizin – Diabetologie, Gemeinschaftskrankenhaus Bonn, Bonn, Deutschland
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
In der Zusammenschau der beschriebenen Befunde:
Fallschilderung – Welches Krankheitsbild liegt Ihrer Meinung nach vor?
– Welchen Typ der Diabeteserkrankung halten Sie im geschilder-
Ein 21-jähriger Patient stellt sich dem diensthabenden Kollegen der ten Fall für vorliegend?
Notaufnahme vor. Seit zwei Wochen bemerke er eine ausgeprägte – Sehen Sie mögliche Differenzialdiagnosen?
Müdigkeit. Er fühle sich kraftlos. Früher habe er leidenschaftlich – Welche Therapie leiten Sie im geschilderten Fall ein?
Fußball gespielt. Seit 2 Wochen falle ihm jede Anstrengung schwer.
Nach 10 Treppenstufen sei er so erschöpft, dass er nicht weiter-
könne. Das Atmen, insbesondere bei Belastung, falle ihm schwer.
Er müsse viel trinken, er habe an Gewicht verloren.
Es bestehen keine Vorerkrankungen, Unfälle oder Operationen.
Untersuchungsbefund
– Größe 186 cm, Gewicht 75 kg, Body-Mass-Index 21,68 kg/m2
– Die körperliche Untersuchung ist bis auf eine tachyk1arde Herz-
frequenz unauffällig (Elektrokardiogramm: Sinustachykardie).
Auffällige Laborwerte
– Plasmaglukose 412 mg/dl, Hämoglobin A1c (HbA1c) 11,0 %
– Blutgasanalyse: pH 7,204, Base Excess: –14, Ketonkörper im Urin
150 mg/dl, Glukose im Urin 1000 mg/dl
– Natrium im Serum 133 mmol/l
D Antworten
? Welches Krankheitsbild liegt Ihrer Meinung nach vor? – Bezogen auf den geschilderten Fall ist somit von einer Erst-
– In . Abb. 1 ist der Diagnosealgorithmus eines Diabetes mellitus manifestation eines Diabetes mellitus Typ 1 mit begleitender
zusammengefasst. Im vorliegenden Fall sind die Diagnosekri- Ketoazidose auszugehen.
terien durch die Plasmaglukose bei Aufnahme und den HbA1c-
Wert hinreichend erfüllt. ? Sehen Sie mögliche Differenzialdiagnosen?
– Somit besteht die Erstdiagnose eines Diabetes mellitus. Mögliche Differenzialdiagnosen finden sich im Bereich des Typ-3-
– Die angegebenen Befunde der Blutgasanalyse und des Urins Diabetes – dies gilt insbesondere für Typ 3c mit Erkrankungen des
entsprechen zudem dem Befund einer Ketoazidose. In . Tab. 1 exokrinen Pankreas. Als Beispiele seien eine chronische Pankreatitis,
sind charakteristische Befunde der akuten Komplikationen des das Pankreaskarzinom oder eine Hämochromatose genannt.
Diabetes gegenübergestellt.
Merke. Eine bildgebende Diagnostik zum Ausschluss einer struk-
Cave. Bei diabetischer Ketoazidose ist schnelles Handeln nötig. turellen Pankreaserkrankung sollte bei Erstmanifestation eines Dia-
Die Letalität liegt bei ca. 10 %! betes mellitus im Erwachsenenalter immer erfolgen.
– Es sollte daher im Rahmen der weiteren Behandlung eine
? Welchen Typ der Diabeteserkrankung halten Sie im weiterführende Diagnostik durchgeführt werden:
geschilderten Fall für vorliegend? j Zum einen ist der Ausschluss der genannten Differenzialdia-
– Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwech- gnosen des Typ 3c erforderlich,
selerkrankungen, die alle durch Hyperglykämie infolge von j zum anderen die Bestätigung der Verdachtsdiagnose.
Störungen der Insulinsekretion und/oder der Insulinwirkung
gekennzeichnet sind.
– Abhängig von der Frage, welche der beiden Störungen domi- Als serologische Marker sind für die Diagnose eines Typ-1-Diabetes
niert und welcher Pathomechanismus diese auslöst, erfolgt die geeignet [3]:
Typisierung der Diabeteserkrankung. In . Tab. 2 sind wichtige – Inselzellautoantikörper (ICA)
Charakteristika gegenübergestellt. – Insulinautoantikörper (IAA)
Abb. 1 8 Algorithmus zur Diagnose eines Diabetes mellitus. HbA1c Hämoglobin A1c, IFG „impaired fasting toler-
ance“, IGT „impaired glucose tolerance“, oGTT oraler Glukosetoleranztest. (Nach [1]. Mit freundl. Genehmigung,
© Georg Thieme Verlag KG, alle Rechte vorbehalten)
Tab. 2 Differenzialdiagnostische Kriterien für häufige Diabetestypen bei Diagnosestellung. (Nach [1–3]. Mit freundl. Genehmigung, © Georg Thieme
Verlag KG, alle Rechte vorbehalten)
Typ-1-Diabetes Typ-2-Diabetes MODY
Ätiologie Autoimmun, genetische Prädisposition Genetische Prädisposition, multifaktoriell Monogen
Vererbung Variabel Variabel Autosomal-dominant; Diabetes
in ≥ 3 Generationen
Häufigkeit unter allen 5–10 % 90–95 % Ca. 2 %
Diabetestypen
Pathogenese Autoantikörper, absoluter Insulinman- Insulinresistenz und -sekretionsstörung bis Mutation von Genen für Trans-
gel zum Insulinmangel kriptionsfaktoren oder Glukokina-
se der β-Zellen
Typisches Manifestati- Kindes- bis Erwachsenenalter Erwachsenenalter Jugend- bis frühes Erwachsenen-
onsalter alter
Klinische Manifestation Akut. Polyurie, Polydipsie, schwere Langsamer Beginn, oft Folgeerkrankungen, Langsamer Beginn, variable Hy-
Hyperglykämie, Ketoazidose moderate Hyperglykämie perglykämie
Begleiterkrankungen Autoimmunthyreoiditis, Zöliakie Viszerale Adipositas, Bluthochdruck, Diabe- Nierenzysten u. a. nach MODY-Typ
tes (auch metabolisches Syndrom genannt)
Neigung zur Ketose Ja Nein Nein
Gewicht Normalgewicht Übergewicht Normalgewicht
Plasmainsulin/C-Peptid Vermindert bis fehlend Zu Beginn oft erhöht, dann vermindert Meist vermindert
HOMA-B
Autoantikörper Ja Nein Nein
Insulinresistenz Nein Ja Nein
HOMA-R
Therapie Insulin Lebensstilmodifizierende Maßnahmen, orale Evtl. keine oralen Antidiabetika,
Antidiabetika, Insulin Insulin (je nach MODY-Typ)
HOMA-B Homeostasis Model Assessment zur Quantifizierung der β-Zell-Reserve, HOMA-R Homeostasis Model Assessment zur Quantifizierung der lnsulinre-
sistenz, MODY „maturity onset diabetes of the young“
Mittelschwere und schwere diabetische Ketoazidose. jKaliumersatz über Perfusor, sobald der Urinfluss beginnt:
– Die Behandlung erfolgt zwingend stationär und hier unter j Kalium > 5,5 mmol/l: keine Kaliumgabe
intensivmedizinischer Kontrolle. jKalium zwischen 5,5 → 3,5 mmol/l: Beginn mit 10 mmol/h
und Anpassung des Kaliumbedarfs nach Bedarf; eine
Therapie der diabetischen Ketoazidose (nach [5]). deutlich höhere Kaliumgabe von 20–30 mmol/h kann
– Legen eines Zugangs: Je nach klinischer Situation (Exsikkose, erforderlich sein
Thromboserisiko, Kaliumsubstitutionsbedarf etc.) kann die j Kalium < 3,5 mmol/l: Gabe von bis zu 40 mmol/h.
Entscheidung für einen peripheren oder einen zentralen j Die genannten Dosierungen verstehen sich als Startdosis
Venenzugang gestellt werden. mit der Notwendigkeit der engmaschigen Kontrollen und
– Thromboseprophylaxe Dosisanpassung.
– Rehydrierung: mit 0,9 % NaCl j Maximale Kaliumgabe: 30–40 mmol/h stündlich.
j In Abhängigkeit von Herz- und Nierenfunktion bis zu 1–2 l – Bicarbonatgabe
0,9 % NaCl in 30–60 min; danach weitere Infusionsgeschwin- Gabe nur bei pH < 7,0
digkeit zwischen 100 und 500 ml/h 8,4 % Natriumbicarbonat, 50 mmol über 1 h
j Der gesamte Bedarf liegt bei etwa 5–10 l oder ca. 15 % des – Ursachenforschung der Entgleisung und spezifische Therapie
Körpergewichts, in Einzelfällen auch darüber. – Behandlung der Begleiterkrankungen
– Gabe von Sauerstoff via Sauerstoffnasensonde mit 2–3 l/min
– Niedrig dosierte Insulingabe: Merke. Mit der Gabe von Insulin kann Kalium sehr rasch fallen,
j Halb- bis 1-stündliche Blutglukose- und Kaliummessung sodass eine adäquate Substitution nicht mehr möglich ist. Der
Insulingabe intravenös: zuerst als Bolus (0,05 U/kgKG), dann Insulinperfusor sollte dann gestoppt werden, bis sich das Kalium
über Perfusor (0,10 U/kgKG pro h) wieder im hochnormalen Bereich befindet.
j Zielwert:
Abfall der Blutglukosekonzentration pro Stunde um weniger Merke. Hauptziel der Behandlung der diabetischen Ketoazidose ist
als 50 mg/dl, in der ersten Stunde maximal um 100 mg/dl. die langsame Normalisierung des Stoffwechsels. Trotz adäquater
Nicht tiefer als 250 mg/dl während der ersten 24 h senken Therapie kann die Ketoazidose über mehrere Tage anhalten.
Ab 300 mg/dl Infusion von Glukose 10 % zur Vermeidung
Schlüsselwörter. Diabetes mellitus Typ 1 · Hyperglykämie · Ketoazidose · Ka-
eines zu raschen Blutglukoseabfalls und wegen intrazellu- liumsubstitution · Komplikationen des Diabetes mellitus
lären Glukosebedarfs. Die Infusionsgeschwindigkeit richtet
sich nach der Blutglukose.
Korrespondenzadresse
Kaliumspiegel beachten: bei subnormalem Kaliumspie-
gel erst Kaliumgabe, dann Insulingabe. Bei Serumkali- Dr. med. M. Menzen
Abteilung Innere Medizin – Diabetologie, Gemeinschaftskrankenhaus
um < 4 mmol/l erfolgt die Insulingabe zusammen mit der
Bonn
Kaliumgabe, ab einem Serumkalium < 3,3 mmol/l Insulinpau- Bonner Talweg 4–6, 53113 Bonn, Deutschland
se m.menzen@gk-bonn.de
– Kaliumgabe:
Die Kaliumsubstitution kann sich an folgendem Schema
oientieren:
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durch-
geführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen
Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts,
über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Literatur
1. Petersmann A et al. (2019) Praxisempfehlung der DDG: Definition, Klassifikation
und Diagnostik des Diabetes mellitus. Diabetologie; 14: S111–S118
2. (1993) Turner et al. Karger, Bd. 12. Measurement of insulin resistence an ß-cell
function:theHOMA andCIGMA approach. Currenttopicsindiabetesresearch(eds)
F. Belfiore, R. Bergman, G. Molinatti Front Diabetes, Basel, S 66–75
3. S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. AWMF-Registernummer:
057–013
4. Kitabchi AE, Umpierrez GE, Miles JM et al (2009) Hyperglycemic crises in adult
patients with diabetes. Diabetes Care 32(7):1335–1343
5. Positionspapier der Deutschen Diabetes Gesellschaft zur Therapie des Diabetes
mellitus im Krankenhaus, Version 2018, https://www.deutsche-diabetes-
gesellschaft.de/politik/stellungnahmen/krankenhaus. Zugegriffen: 31. Okt. 2020
Facharzt-Training
SpringerMedizin.de/Facharzttraining
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Untersuchungen würden Sie als Internist durchführen?
Fallschilderung – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen Ihre weiteren
diagnostischen Schritte aus?
Ein 71-jähriger Mann (184 cm, 95 kg) stellt sich wegen diffuser Bein- – Welche Risikofaktoren für die Entstehung und den Progress
und Bauchbeschwerden bei seinem Hausarzt vor. Auf Nachfrage eines Bauchaortenaneurysmas (BAA) kennen Sie? Was ist die
berichtet er über rechtsseitige Unterschenkelschmerzen beim Ge- gefürchtetste Komplikation eines BAA und wie häufig kommt
hen. Diese seien aber nicht immer da, sondern würden ab und zu sie vor?
auftreten. Manchmal muss er sogar stehen bleiben. Hautverände- – Bei welchen Patientengruppen kann es vermehrt zur Entwick-
rungen oder offene Stellen am rechten Bein habe er nicht bemerkt. lung von thorakalen oder thorakoabdominalen Aortenaneurys-
Außerdem habe er in letzter Zeit immer wieder Bauchschmerzen men kommen?
und eine weiche, pochende Vorwölbung im Mittelbauch bemerkt. – Wann und wie kann ein BAA konservativ therapiert werden?
An Vorerkrankungen sind arterielle Hypertonie, nichtinsulin- – Welche invasiven Therapiemöglichkeiten beim BAA kennen
pflichtiger Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie sowie eine Sie und für welche Option würden Sie sich beim vorliegenden
koronare Herzkrankheit (KHK) mit Myokardinfarkt in der Vorge- Patienten entscheiden?
schichte bekannt. Der Patient raucht aktuell ca. 15 Zigaretten/Tag – Welche diagnostischen Maßnahmen sollten vor der geplanten
bei insgesamt 50 Packungsjahren. Regelmäßig werden folgende Operation durchgeführt werden?
Medikamente eingenommen: Acetylsalicylsäure 100 mg/Tag, Met- – Welcher Nachsorge würden Sie den Patienten nach der erfolg-
formin 1000 mg/Tag, Glimepirid 3 mg/Tag, Bisoprolol 10 mg/Tag, ten operativen Sanierung unterziehen?
Pravastatin 40 mg/Tag, Ezetimib 10 mg/Tag, Torasemid 5 mg/Tag – Welche häufigsten Komplikationen der Endovascular-aortic-
sowie Pantoprazol 20 mg/Tag. repair(EVAR)-Therapie und der offenen Operation kennen Sie?
– Welche vaskulären Differenzialdiagnosen könnten bei Bauch-
schmerzen ohne pulsierende Raumforderung ebenfalls infrage
kommen?
? Welche Untersuchungen würden Sie als Internist – Als Nächstes sollte eine weitere Diagnostik mittels computerto-
durchführen? mographischer Angiographie (CTA) als Dünnschichtcomputer-
– Körperliche Untersuchung: tomographie (Schichtdicke ≤ 1 mm) der gesamten Aorta inkl.
j Allgemeine internistische Untersuchung (Herz, Lunge, der Beckenetage erfolgen. Dabei können begleitende Aneu-
Abdomen) rysmen und die Zugangswege für die operative Versorgung
und Auswahl des Prothesenmaterials dargestellt werden [1].
Der Fall. Herz- und Lungenauskultationen zeigen keine Auffällig- Allerdings muss auch bei der CTA an die möglichen Kontrast-
keiten. Bei der Palpation des Abdomens fällt eine weiche, pulsie- mittelnebenwirkungen bei eingeschränkter Nierenfunktion
rende Raumforderung ca. 1–2 cm proximal des Bauchnabels mit oder Hyperthyreose bzw. bei Patienten mit Jodallergie gedacht
leisem Strömungsgeräusch auf. werden.
– Blutdruckmessung an beiden Armen und beiden Beinen, inkl.
Knöchel-Arm-Index („ankle-brachial index“ [ABI]) Merke. Mittels CTA können Wandthrombosierungen besser dar-
gestellt werden als beispielsweise in der Magnetresonanzangio-
Der Fall. Der Blutdruck beträgt an beiden Armen 150/90 mm Hg, graphie. Ebenfalls lassen sich mittels CTA nicht selten für den
der ABI liegt rechts bei 0,7 und links bei 1,0. Patienten und die weitere Therapieplanung wichtige Nebenbe-
– Sonographie des Abdomens: funde wie Tumorerkrankungen im Abdomen oder Thoraxbereich
j Organultraschall (Leber, Niere etc.) sowie Gefäßultraschall darstellen.
der Aorta
? Welche Risikofaktoren für die Entstehung und den
Der Fall. Der Organultraschall ist unauffällig, allerdings ist im Progress eines Bauchaortenaneurysmas kennen Sie? Was
Bereich der Aorta abdominalis eine deutliche Erweiterung der ist die gefürchtetste Komplikation eines Bauchaortenan-
Aorta distal der Nierenarterienabgänge bis auf maximal 7 cm mit eurysmas und wie häufig kommt sie vor?
einer Teilthrombosierung darstellbar. – Ein Aneurysma der Bauchaorta liegt ab einem Durchmesser der
Aorta abdominalis von ≥ 3 cm vor. Abhängig von seiner Lage in
? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen Ihre Bezug auf die Nierenarterienabgänge werden ein infrarenales,
weiteren diagnostischen Schritte aus? juxtarenales, pararenales und suprarenales BAA unterschieden.
– Die Verdachtsdiagnose lautet infrarenales BAA. – Es existieren mehrere Risikofaktoren für die Entstehung eines
– Bei begleitender Claudicatio intermittens sowie rechtsseitig asymptomatischen BAA: Die wichtigsten sind männliches
reduziertem ABI kann auch die Diagnose der peripheren Geschlecht, Alter und Rauchen (. Tab. 1).
arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) gestellt werden. – Weitere Risikofaktoren sind eine bekannte KHK bzw. pAVK,
arterielle Hypertonie sowie positive Familienanamnese
bezüglich BAA. Die Mehrzahl der BAA ist degenerativer/
Tab. 1 Odds Ratios der Risikofaktoren, die mit der Entwicklung eines arteriosklerotischer Genese und die Inzidenz der BAA nimmt
Bauchaortenaneurysmas assoziiert sind [1]
mit dem Alter zu (bei über 65-jährigen Patienten Inzidenz von
Mit einem BAA assoziierte Faktoren Jedes Jedes
BAA BAA ca. 2,7 %; bei über 75-jährigen 5–7 %).
≥ 3 cm ≥ 5 cm – BAA sind oft asymptomatisch und werden als Zufallsbefunde
Männliches Geschlecht (vs. weibliches Ge- 5,71 7,70 der Sonographie, Computertomographie oder Magnetreso-
schlecht) nanztomographie im Rahmen anderer Fragestellungen erfasst.
Alter (vs. < 55 Jahre) – BAA treten bei Frauen seltener und eher später auf als bei
55–59 Jahre 2,76 3,20 Männern.
60–64 Jahre 5,35 8,10 – BAA mykotischer oder inflammatorischer Genese sind sehr
65–69 Jahre 9,41 13,20 selten.
70–74 Jahre 14,46 20,70
75–79 Jahre 20,43 32,0
Merke. Bei Männern ab einem Alter von 65 Jahren wird ein
einmaliges BAA-Ultraschallscreening als Früherkennungsuntersu-
≥80 Jahre 28,37 53,10
Familienanamnese BAA 3,80 3,20
Rauchen: Jahre (<10, 10–35 oder > 35 Jah- 2,61–12,13 2,60–14,50 Tab. 2 Jährliches RupturrisikoderBauchaortenaneurysmeninAbhän-
re) + Packungen/Tag (<0,5, 0,5–1, > 1) gigkeit von der Aneurysmagröße. (Modifiziert nach [1])
Rauchen eingestellt (5–10 Jahre, > 10 Jahre) 0,42–0,87 0,50–0,80 BAA-Größe (cm) Jährliches Rupturrisiko (%)
Diabetes 0,75 0,70 5,5–6,0 3,5
Kardiovaskuläre Erkrankung 1,1–1,7 1,1–1,7 6,1–7,0 4,1
BAA Bauchaortenaneurysma >7,0 6,3
Abb. 1 8 Präoperative computertomographische Angiographie des Patienten. a Bauchaortenaneurysma auf Höhe der Nie-
renarterien mit darstellbaren thrombotischen Kontrastmittelaussparungen. b Teilthrombosiertes Bauchaortenaneurysma
mit der Maximalausdehnung im infrarenalen Bereich. c Darstellung des Bereichs distal des Bauchaortenaneurysmas im Be-
reich der Aortenbifurkation mit normwertigen Durchmessern der A. iliaca communis beidseits
chung empfohlen. Frauen, die eine Raucheranamnese aufweisen, – Dabei wird auf die konsequente Einstellung der kardiovasku-
sollten ebenfalls ab einem Alter von 65 Jahren ein Früherken- lären Risikofaktoren geachtet: Nikotinkarenz, medikamentöse
nungsscreening erhalten. Bei Frauen ohne Raucheranamnese und Therapie insbesondere der arteriellen Hypertonie sowie der Hy-
ohne entsprechende Familienanamnese wird ein BAA-Screening percholesterinämie, adäquate antidiabetische Therapie sowie
nicht empfohlen. Vermeidung bzw. Reduktion des Übergewichts.
– Weitere Faktoren, die die Progression und die BAA-Ruptur – Bei begleitend vorliegender KHK sollte eine Therapie mit
begünstigen, sind weibliches Geschlecht, BAA-Größe und Thrombozytenaggregationshemmern durchgeführt werden.
Rauchen. – Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und einem BAA
– Die gravierendste BAA-Komplikation ist die Aneurysmaruptur. sollten Statine erhalten. Ein Einfluss auf die Expansionsrate
Für Aneurysmen zwischen 3 und 5,5 cm liegt eine Rupturrate der BAA ließ sich bisher in Studien weder für Statine noch für
von 0 bis 1,61 pro 100 Personenjahre vor. Bei größeren, > 5,5 cm Betablocker nachweisen, allerdings haben Patienten mit BAA
messenden BAA liegt das jährliche Rupturrisiko bei ca. 5,3 % und Statintherapie eine signifikant niedrigere Sterblichkeit [1].
(. Tab. 2). Die Letalität bei Aneurysmaruptur liegt bei ca. 80 % – Patienten mit asymptomatischem BAA sollten sich regelmäßig
und die Letalität von Patienten, die im Rahmen einer Ruptur sonographischen Verlaufskontrollen unterziehen: bei einem
operiert werden, bei ca. 50 %. BAA-Durchmesser zwischen 3 und 3,9 cm alle 2–3 Jahre, bei
einem Durchmesser zwischen 4 und 4,9 cm alle 6–12 Monate,
? Bei welchen Patientengruppen kann es vermehrt zur ab 5,0 cm alle 3–6 Monate, je nach Geschlecht.
Entwicklung von thorakalen oder thorakoabdominalen – Ab einem BAA-Durchmesser von ≥ 5,5 cm besteht eine Indikati-
Aortenaneurysmen kommen? on zur elektiven Versorgung des BAA.
– Bei Patienten mit Bindegewebserkrankungen wie Marfan-Syn- – Auch bei einem BAA-Wachstum von > 10 mm/Jahr sollte
drom, Ehlers-Danlos-Syndrom oder Loeys-Dietz-Syndrom kann unabhängig vom Durchmesser des BAA eine Versorgung des
es v. a. zur Entwicklung von thorakalen Aortenaneurysmen, Aneurysmas erfolgen.
seltener zu abdominalen Aneurysmen kommen.
– Da es sich hier um genetisch vererbbare Erkrankungen handelt, ? Welche invasiven Therapiemöglichkeiten beim
sollte auf Entwicklung und Progress möglicher Aortener- Bauchaortenaneurysma kennen Sie und für welche
krankungen geachtet werden; Verwandte ersten Grades (Ge- Option würden Sie sich beim vorliegenden Patienten
schwister, Eltern, Kinder) sollten klinisch und ggf. diagnostisch entscheiden?
gescreent werden [2]. – Bei gegebener Versorgungsindikation eines BAA muss un-
terschieden werden, ob ein intaktes oder rupturiertes BAA
Merke. Bei hereditären Aortenerkrankungen sollen bei entspre- vorliegt.
chender Indikation offen chirurgische und nicht interventionelle – Bei einem asymptomatischen, intakten BAA kommt grund-
Verfahren durchgeführt werden [1]. sätzlich sowohl ein endovaskuläres Vorgehen (EVAR) als auch
eine offene Operation in Abhängigkeit von den anatomischen
? Wann und wie kann ein Bauchaortenaneurysma kon- Gegebenheiten infrage.
servativ therapiert werden? j Neben der anatomischen Machbarkeit der EVAR und den
– Eine medikamentöse Therapie des BAA ist bei asymptomati- Komorbiditäten des Patienten sollte auch die Patientenpräfe-
schen, kleineren Aneurysmen < 5,5 cm im Durchmesser mit renz berücksichtigt werden.
geringem Wachstum sowie bei inoperablen Patienten indiziert.
6 Monate Ultraschall
Aneurysmadurchmesser
Endoleak
II I/III
jDas Ziel der endovaskulären Therapie ist die Vermeidung der Der Fall. Beim Patienten liegt eine Operationsindikation vor. Er ist
Größenzunahme und der Aortenruptur. hämodynamisch stabil und zeigt auch laborchemisch keinen Hin-
jBei der Therapie mit offener Operation liegt das Ziel in der weis auf eine Organischämie. Daher liegt keine Indikation zur Not-
Ausschaltung des Aneurysmas. falloperation vor. Bei einem BAA-Durchmesser von 7,2 cm (. Abb. 1)
mit einem erhöhten Rupturrisiko (s. oben) sollte aber eine zeitnahe
Merke. Das perioperative Risiko liegt bei EVAR-Versorgung in Aneurysmaversorgung erfolgen.
erfahrenen Zentren mit 1–5 % niedriger als bei offen chirurgischen In der CTA fällt auf, dass das BAA teilweise thrombosiert ist,
Eingriffen (>5 %), aber im Langzeitverlauf zeigen beide Verfahren auch im Bereich der Nierenarterienabgänge, sodass hier eine EVAR-
gleichwertige Ergebnisse [3]. Versorgung nicht möglich ist. Daher erfolgt die offen operative
Anlage einer aortobiiliakalen Y-Prothese. Der Eingriff verläuft kom-
Cave. Bei Patienten mit einer vermuteten BAA-Ruptur ist eine plikationslos und der Patient wird am siebten postoperativen Tag
sofortige notfallmäßige Reparatur notwendig. Die Versorgungs- entlassen.
art hängt von der Anatomie des Aneurysmas und der Expertise
des Operateurs ab. Falls eine EVAR-Versorgung möglich ist, soll ? Welche diagnostischen Maßnahmen sollten vor der
diese bevorzugt durchgeführt werden. Wenn ein zwar sympto- geplanten Operation durchgeführt werden?
matisches, aber nicht rupturiertes BAA vorliegt, ist eine dringliche – Meist erfolgt bereits im Vorfeld eine Abdomensonographie
Versorgungsindikation gegeben. Auch hier kann offen operativ als nichtinvasive Diagnostik, bei der das BAA entweder als
oder interventionell mittels EVAR vorgegangen werden. Zufallsbefund diagnostiziert wird oder im Falle von Verlaufs-
– Anhand der vorliegenden CTA-Diagnostik sollte bei dem untersuchungen eines bekannten BAA erneut dargestellt
vorliegenden Patienten die Möglichkeit einer EVAR-Versorgung wird.
geprüft werden. – Ergänzend sollten auch weitere arterielle Abschnitte wie
– Falls eine EVAR anatomisch möglich ist, sollten dem Patienten Becken-, Leisten- sowie Poplitealgefäße untersucht werden, da
die Vor- und Nachteile sowie Langzeitergebnisse beider hier ebenfalls Aneurysmen auftreten können.
Operationsverfahren (offene Operation, EVAR) erläutert werden – Bei bestehender elektiver Versorgungsindikation eines BAA
und im Konsens mit dem Patienten sowie in Abhängigkeit von sollte zur weiteren Planung eine CTA der gesamten Aorta
den Komorbiditäten die Entscheidung getroffen werden. durchgeführt werden, um die Zugangswege darzustellen, die
Operationstechnik festzulegen (offene Operation vs. EVAR) und
Typ Ia
?
Typ Ib
Abb. 3 8 Endoleak-Klassifikation. Typ I: Leck an den Anheftungsstellen des Grafts (Ia: proximale Anheftungsstelle, Ib: distale
Anheftungsstelle). Typ II: Aneurysmasack, der retrograd über ein (IIa) oder multiple Seitengefäße (IIb) gefüllt wird. Typ III: Leck
durch mechanischen Defekt im Graft, mechanisches Versagen des Stent-Grafts durch Separation der modularen Komponen-
ten (IIIa) oder Frakturen bzw. Löcher im Endograft (IIIb). Typ IV: Leck durch die Graftabdeckung im Sinne einer Graftporosität.
Typ V: Aneurysmaexpansion ohne sichtbares Leck bei der Bildgebung (Endotension, umstrittene Erklärung). (Modifiziert nach
[4] aus [2])
mögliche Komorbiditäten wie Tumorerkrankungen der Lunge weise interventionelle Therapien im postoperativen Verlauf
oder des Abdomens zu erfassen. durchgeführt werden.
– Bei beiden Verfahren kann es zu Protheseninfektionen und/
? Welcher Nachsorge würden Sie den Patienten nach oder aortoenteralen Fisteln kommen. Bei Protheseninfektion
der erfolgten operativen Sanierung unterziehen? muss in der Regel eine Entfernung des infizierten Prothesen-
– Patienten mit BAA sind auch nach einer offenen Operation materials und Revaskularisation erfolgen [1]. Bei Vorliegen
oder EVAR weiterhin Hochrisikopatienten für kardiovaskuläre einer aortoenteralen Fistel kann sowohl eine offen chirurgische
Ereignisse. Daher sollte ein besonderes Augenmerk auf die als auch eine endovaskuläre Sanierung erfolgen. Allerdings
konsequente Einstellung kardiovaskulärer Risikofaktoren und muss oft bei begleitender Protheseninfektion zweizeitig eine
Prävention kardiovaskulärer Ereignisse gelegt werden. Prothesensanierung (Prothesenexzision mit Revaskularisation)
– Begleitend sollte das Auftreten möglicher aneurysmaassoziier- erfolgen.
ter Komplikationen wie Endoleaks bei EVAR oder Anastomo-
senaneurysmen überwacht werden. ? Welche vaskulären Differenzialdiagnosen könnten
– Nach einer offenen Operationstechnik können dazu leitlini- bei Bauchschmerzen ohne pulsierende Raumforderung
engerecht alle 5 Jahre computertomographische Kontrollen ebenfalls infrage kommen?
durchgeführt werden [1]. – Angina abdominalis
– Nach EVAR-Versorgung sollte eine regelmäßige langfristige – Aortendissektion
Überwachung, vorzugsweise mittels Ultraschall (ggf. mit – Abdominaler Tumor (z. B. Kolonkarzinom, Lymphom)
Kontrastmittelverstärkung), durchgeführt werden (. Abb. 2).
? Welche häufigsten Komplikationen der Endovascular- Schlüsselwörter. Bauchaortenaneurysma · „Endovascular aortic repair“
(EVAR) · Ultraschallscreening · Aneurysmaassoziierte Komplikationen · Endoleak
aortic-repair-Therapie und der offenen Operation kennen
Sie?
Korrespondenzadresse
– Die häufigsten Komplikationen nach offener Operation stellen
Anastomosenaneurysmen dar. Wenn möglich werden diese Dr. med. K. Sonnenschein
Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover
endovaskulär versorgt.
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover, Deutschland
– Die häufigste Komplikation nach einer EVAR-Therapie ist das sonnenschein.kristina@mh-hannover.de
Auftreten von Endoleaks. Diese werden in 5 Typen eingeteilt
(. Abb. 3). In Abhängigkeit vom Typ des Endoleaks sowie der
Zunahme des Aneurysmasackdurchmessers können vorzugs-
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren
durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen
ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des
Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren
gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Literatur
1. DebusES,HeidemannF,Gross-FengelsWetalS3-LeitliniezuScreening,Diagnostik,
Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas. AWMF-Registernummer
004-14. Stand 07.07.2018. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/004-014.
html. Zugegriffen: 5. Jan. 2021
2. Kurzfassung der „ESC Guidelines on the Diagnosis and Treatment of Aortic
Diseases“ (Eur Heart J (2014) https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehu281
3. OVER Veterans Affairs Cooperative Study Group, Lederle FA, Kyriakides TC,
Stroupe KT et al (2019) Open versus endovascular repair of abdominal
aortic aneurysm. N Engl J Med 380(22):2126–2135. https://doi.org/10.1056/
NEJMoa1715955
4. White GH et al (2000) Semin Interv Cardiol 5:35–46
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Fällen
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? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Untersuchungen würden Sie als Erstes durchführen?
Fallschilderung – Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen die weiteren
diagnostischen und therapeutischen Schritte aus?
Eine 82-jährige Patientin kommt rettungsdienstlich begleitet in die – Welche Ursachen für eine Hypothyreose gibt es und wie werden
Notaufnahme. Fremdanamnestisch wurde von einem Nachbarn be- diese diagnostiziert?
richtet, dass sie wenige Wochen zuvor eine Hüfttotalendoprothese – Welche Untersuchungen werden bei Verdacht auf eine Hypo-
(TEP) bei Koxarthrose links erhalten hätte. Ein Rehabilitationsauf- thyreose empfohlen?
enthalt war zunächst geplant, aber nicht erfolgt. Weiter wurde – Wann und wie wird die Hypothyreose behandelt?
berichtet, dass die Patientin zunehmend vergesslich und desori- – Wie wird das Myxödemkoma diagnostiziert und welche
entiert war. Nachdem die Patientin angab, zuletzt häufiger gestürzt zusätzlichen Untersuchungen sollten bei dieser Diagnose
zu sein, informierte der Nachbar den Rettungsdienst. erfolgen?
Zum Aufnahmezeitpunkt zeigt sich die Patientin zur eigenen – Wie wird das Myxödemkoma behandelt?
Person, nicht aber zur Zeit, zum Ort und zur Situation orientiert (kei-
ne Angaben zu Vorerkrankungen bzw. Vormedikation). Entlassbrief
nach der Hüft-TEP-Operation:
– Arterieller Hypertonus, Einnahme von Ramipril 5 mg 1-mal
täglich
– Diabetes mellitus Typ 2, diätetisch behandelt
– Hypothyreose unter Substitutionstherapie mit Levothyroxin
(L-T4; 75 μg)
– Zustand nach Hysterektomie
? Welche Untersuchungen würden Sie als Erstes durch- – Merke: Die Bezeichnung „Myxödemkoma“ ist irreführend, da die
führen? Patienten zwar häufig eine eingeschränkte Bewusstseinslage
– Ausführliche körperliche Untersuchung, Vervollständigung zeigen, aber nur selten tatsächlich komatös sind.
der eingeschränkten Eigenanamnese durch Sichtung der – Die Diagnose Myxödemkoma wird klinisch gestellt. Häufig liegt
vorliegenden Vorbefunde eine unspezifische Symptomatik vor. Der Übergang von einer
– Ausführliche Anamnese: noch kompensierten in eine dekompensierte Hypothyreose
j Schwindel, Kopfschmerzen, Medikamenteneinnahme, Hus- wird in der Regel durch eine zusätzliche Erkrankung oder äußere
ten, Dyspnoe, Diarrhö, Erbrechen Faktoren ausgelöst (beispielsweise Infektionen, Herzversagen,
– Körperliche Untersuchung: zerebrovaskuläre Ereignisse, Trauma, Operation, Narkotika-/
j Allgemeine internistische Untersuchung (Herz, Lunge etc.), Sedativagabe, Kälte).
Volumenstatus → Leitsymptome des Myxödemkomas: Hypother-
j Prellmarken/Hämatome mie + neuropsychiatrische/neurokognitive Symptome
– Vitalparameter: (Desorientiertheit, Halluzinationen, Depression, Amnesie,
j Blutdruck, Puls, periphere Sättigung, Elektrokardiogramm Lethargie, Ataxie; [1])
– Ergänzende Labordiagnostik: → Zusätzlich können folgende Symptome auftreten:
j Thyreoideastimulierendes Hormon (TSH), Blutzucker, Laktat- j Kardiovaskuläre Symptome (verlängerte QT-Zeit, Sinusbrady-
dehydrogenase (LDH), Kreatinkinase (CK), Natrium im Urin, kardie und atrioventrikulärer Block, diastolische Hypertonie,
Urin- und Serumosmolarität, Nierenfunktionsparameter aber auch Hypotonie bei verminderter myokardialer Kontrak-
tilität, vermindertem Schlagvolumen und Herzzeitvolumen,
Der Fall. Perikard- und Pleuraergüsse)
– Ausführliche Anamnese: Die Patientin gibt auf Nachfrage j Hyponatriämie, Hypoglykämie, CK- und LDH-Erhöhung
leichten Schwindel sowie Kopfschmerzen an, kann sich nicht j Pulmonale Symptome (Hypoventilation mit Hyperkapnie,
richtig an die Stürze erinnern, habe zuletzt keine Medikamente Bronchopneumonie, Pleuraergüsse)
mehr eingenommen. j Gastrointestinale Symptome (Obstipation bis hin zu paralyti-
– Körperliche Untersuchung: Patientin in reduziertem Allge- schem Ileus, Magenatonie)
meinzustand und adipösem Ernährungszustand (1,6 m, 80 kg, j Zeichen des klassischen Myxödems (aufgedunsenes Gesicht
Body-Mass-Index 31,3 kg/m2), Blutdruck 140/100 mm Hg, Herz- und geschwollene Hände (nicht eindrückbares Ödem durch
frequenz 62/min, Temperatur 36,9 °C, Herz auskultatorisch ohne interstitielle Mukopolysaccharideinlagerungen), raue, kühle
pathologischen Befund, Lunge: seitengleich belüftet, rechts- Haut; [1, 2])
basal feuchte, feinblasige Rasselgeräusche, Knöchel beidseits
geschwollen, Schilddrüse nicht tastbar, Thyreoidektomienarbe Cave. Bei Patienten mit Myxödemkoma kommt es im Falle von
sichtbar, Schleimhäute trocken, stehende Hautfalten Infekten nur selten zu einer Fieberentwicklung!
– Laborwerte (s. auch . Tab. 1): Kapillare Blutgasanalyse: pH
7,32, pO2 59 mm Hg, pCO2 48 mm Hg, SO2 91 %, Bicarbonat Der Fall. In der laborchemischen Diagnostik: stark erniedrigte freie
32 mmol/l, „base excess“ 2, Laktat 2,3 Schilddrüsenhormone (fT3: 1,2 pg/ml, fT4: 4,7 pg/ml)
– Ergänzend: Röntgenuntersuchung der Lunge: rechts-basale – Vorbriefe: Hypothyreose (TSH: 25 mlU/l, fT3, fT4 nicht bestimmt)
Infiltrate, Randwinkelerguss rechts während der Hüft-TEP-Operation, Erhöhung der L-T4-Dosis auf
– Verlauf: Es wird die Diagnose einer Pneumonie gestellt und eine 100 μg täglich empfohlen
kalkulierte antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam – Vermutlich bereits in den Wochen vor der Operation keine
begonnen. Trotz Verbesserung der Infektparameter zeigt regelmäßige Medikamenteneinnahme, danach gar nicht mehr
sich die Patientin weiterhin desorientiert, verwirrt, schläfrig, – Thyreoidektomienarbe: kaum noch bis kein Restschilddrüsen-
phasenweise aber auch agitiert. gewebe
? Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose und wie sehen die ? Welche Ursachen für eine Hypothyreose gibt es und
weiteren diagnostischen Schritte aus? wie werden diese diagnostiziert?
– Bei der Patientin bestehen eine manifeste Hypothyreose – Man unterscheidet die häufige primäre Hypothyreose (latent
und der Verdacht auf ein beginnendes Myxödemkoma. Zur oder manifest), verursacht durch Erkrankungen der Schilddrüse
weiteren Diagnostik erfolgt eine Bestimmung der freien selbst, von einer sekundären bzw. tertiären Hypothyreose (auch:
Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (fT3) und Tetrajodthyronin zentrale Hypothyreose), die durch Störungen der hypophysären
(fT4; Thyroxin). bzw. hypothalamischen Funktion hervorgerufen wird (typische
Laborkonstellationen in . Tab. 2). Eine weiterführende Diag-
nostik zur Unterscheidung einer sekundären von einer tertiären
? Welche Untersuchungen werden bei Verdacht auf – Eine subklinische (latente) Hypothyreose stellt in der Regel
eine Hypothyreose empfohlen? keine klare Behandlungsindikation dar. Die Entscheidung für
– Anamnese: Körperliche und geistige Leistungseinschränkung? eine L-T4-Therapie ist abhängig von der Höhe des TSH-Werts
Müdigkeit/Verlangsamung/Antriebsarmut? Konzentrations- (< oder > 10 mlU/l), dem Patientenalter (im Alter kommt es zu
störungen/depressive Verstimmung? Gewichtszunahme? einem physiologischen TSH-Anstieg), den Symptomen einer
Obstipation? Hypercholesterinämie? Kälteintoleranz? Haaraus- Hypothyreose, dem kardiovaskulären Risiko bzw. Begleiter-
fall/trockenes, brüchiges Haar? Trockene, kühle, teigige Haut? krankungen (insbesondere einer Hypercholesterinämie) sowie
Gesteigerte Kälteempfindlichkeit? Zyklusstörungen bis hin zur dem Vorliegen einer Autoimmunthyreopathie (vor allem bei
Infertilität? Familienanamnese bezüglich Schilddrüsenerkran- Patientinnen mit Kinderwunsch; . Abb. 2). Die Entscheidung
kungen sollte individuell getroffen und im Falle des Beginns einer L-T4-
Therapie im Verlauf reevaluiert werden [3, 4].
Merke. Der klinische Schweregrad einer Hypothyreose korreliert – Therapiekontrollen: Bei der primären Hypothyreose sollte der
im Einzelfall nicht streng mit den Schilddrüsenhormonparametern TSH-Wert im Normbereich liegen (0,4–4 mlU/l); eine latente
und wird beeinflusst durch das Alter und die Vorerkrankungen des Hyperthyreose (erniedrigtes TSH) sollte vermieden werden.
Patienten. Bei Patienten mit einer zentralen Hypothyreose ist TSH diag-
nostisch nicht verwertbar und der Therapieerfolg richtet sich
– Körperliche Untersuchung: orientierende allgemein-inter- nach der Verlaufskontrolle der freien Schilddrüsenhormone,
nistische Untersuchung (Bradykardie? Ödeme?), Inspektion insbesondere nach fT4. Eine Kontrolle der Schilddrüsenpara-
und Palpation der Schilddrüse, Beurteilung der Konsistenz der meter wird 4–6 Wochen nach der letzten Dosisanpassung der
Schilddrüse (Knoten?) Therapie empfohlen. Hiernach sind bei Beschwerdefreiheit Kon-
– Labordiagnostik: TSH als „Screening“-Parameter zum Aus- trollen in 12-monatlichen Abständen ausreichend (Ausnahmen:
schluss der primären Hypothyreose, ergänzend fT4 (insbesonde- deutliche Gewichtsveränderungen, Schwangerschaft u. a. [3]).
re bei Verdacht auf zentrale Hypothyreose), fT3, Schilddrüsenau-
toantikörper: Thyreoperoxidase- und Thyreoglobulinantikörper
Abb. 2 8 Algorithmus zur Behandlung der subklinischen Hypothyreose. T4 Tetrajodthyronin (Thyroxin), TSH thyreoideasti-
mulierendes Hormon. (Aus [3])
Cave. Bei der Beurteilung des Therapieerfolgs sollte die Latenz in – Weitere Laborparameter: Natrium, Blutzucker, LDH, CK
der Normalisierung des TSH-Werts von mehreren Wochen berück- – Weitere Diagnostik (kardial, pulmonal, neurologisch) in Abhän-
sichtigt werden. gigkeit von der Symptomatik [1]
? Wie wird das Myxödemkoma diagnostiziert und wel- Merke. Eine differenzialdiagnostische Abklärung der Ursache der
che zusätzlichen Untersuchungen sollten bei dieser Dia- Hypothyreose, beispielsweise durch Bestimmung schilddrüsenspe-
gnose erfolgen? zifischer Autoantikörper, ist in der Akutsituation des Myxödemko-
– Zusätzlich zur Anamnese bezüglich vorbekannter Schild- mas nicht indiziert, da das Ergebnis keinen Einfluss auf das initiale
drüsenerkrankungen und einer körperlichen Untersuchung therapeutische Vorgehen hat.
(Thyreoidektomienarben?) sollten folgende Untersuchungen
erfolgen: ? Wie wird das Myxödemkoma behandelt?
– Bestimmung von TSH, fT3, fT4 – Im Vordergrund steht ein Ausgleich der manifesten Hypo-
j Primäre Hypothyreose: basales TSH erhöht, fT4 erniedrigt thyreose durch eine initial intravenöse Schilddrüsenhormon-
j Sekundäre/tertiäre Hypothyreose: erniedrigtes oder inad- substitution bei gleichzeitiger Behandlung des zugrunde
äquat normwertiges TSH bei erniedrigtem fT4 liegenden Krankheitsbilds sowie der mit dem Myxödemkoma
einhergehenden Komplikationen. Die Therapie erfolgt in der
Cave. Das Ausmaß der TSH-Erhöhung ist variabel und kein guter Regel initial mit L-T4 in hoher Dosierung (die genaue Dosis
Indikator für die Schwere der Hypothyreose. wird in Abhängigkeit von Gewicht und Alter des Patienten
sowie der Anamnese bezüglich einer koronaren Herzkrankheit/
– Frühmorgendliches Kortisol + Adrenokortikotropin (einmalig Arrhythmie festgelegt) und wird am zweiten Behandlungstag
zum Ausschluss einer koexistenten Nebennierenrindeninsuffi- auf eine Erhaltungsdosis umgestellt (Reduktion der Dosis um
zienz) 25 %, solange i.v. substituiert wird; . Tab. 3).
Verlauf.
– Verbesserung der kardiovaskulären, renalen, pulmonalen und
metabolischen Parameter sowie der neurokognitiven Funktion
in der Regel innerhalb von einer Woche
– Bestimmung von fT3 und fT4 alle 1–2 Tage
Redaktion
Unterschenkelschwellung
O. Müller, Kiel
Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Fall 25
T. Böhme
Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen, Klinik für Kardiologie und Angiologie II, Bad Krozingen,
Deutschland
? Prüfungsfragen
Prüfungssimulation
– Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Welche Differenzialdia-
Fallschilderung gnosen kommen Ihnen in den Sinn?
– Um was ergänzen Sie die Anamnese?
Eine 65-jährige Patientin (165 cm, 80 kg) stellt sich mit einer – Auf welche Zeichen achten Sie bei der klinischen Untersuchung?
schmerzhaften Unterschenkelschwellung links, die seit 2 Tagen – Wie würden Sie die klinische Wahrscheinlichkeit Ihrer Ver-
besteht, in der Notaufnahme vor. Ein Trauma wird verneint. dachtsdiagnose, tiefe Venenthrombose (TVT), einschätzen?
Die Patientin berichtet, dass sie vor 4 Tagen von einer Busreise Welches Hilfsmittel können Sie zur Einschätzung heranziehen?
zurückgekehrt sei. An Vorerkrankungen bestehen ein Diabetes – Welche weiteren diagnostischen Schritte leiten Sie abhängig
mellitus Typ 2 und eine arterielle Hypertonie. Die Patientin nimmt von der klinischen Wahrscheinlichkeit ein?
Bisoprolol, Ramipril und Metformin ein. – Was sind D-Dimere und wie hoch sind deren Spezifität und
Sensitivität?
– In der Kompressionssonographie zeigt sich eine Thrombose der
V. poplitea links und der Unterschenkelvenen, somit handelt
es sich um eine 2-Etagen-Thrombose. Wie ist Ihr weiteres
therapeutisches Vorgehen?
– Halten Sie bei einer unprovozierten tiefen Beinvenenthrombose
eine weitere Umfelddiagnostik für notwendig?
– Angenommen, die Patientin hat ein Tumorleiden und bekommt
eine Chemotherapie. Hat dies Auswirkungen auf die Therapie?
– Bei welchen Patienten würden Sie an das Vorliegen einer
Thrombophilie denken? Welche Parameter würden Sie bestim-
men?
D Antworten
? Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Welche Diffe- monersatztherapie wird von der Patientin verneint. Sie sei nicht
renzialdiagnosen kommen Ihnen in den Sinn? kurzatmig und habe auch keine Thoraxschmerzen.
– Aufgrund der Anamnese mit Immobilisation im Rahmen der
Busreise und der schmerzhaften einseitigen Beinschwellung ? Auf welche Zeichen achten Sie bei der klinischen
besteht die Verdachtsdiagnose einer tiefen Beinvenenthrom- Untersuchung?
bose. Klinische Zeichen einer tiefen Beinvenenthrombose:
– Tastbare Venenstränge, Überwärmung der betroffenen Extre-
Merke. Eine akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) mität
stellt eine partielle oder vollständige Verlegung der Leit- und/oder – Pratt-Warnvenen: Erweiterung epifaszialer, prätibialer Venen
Muskelvenen durch Blutgerinnsel dar, die bei fortbestehendem – Homans-Zeichen (schmerzhafte Dorsalflexion des Fußes)
Risiko appositionell wachsen und in die Lunge embolisieren können – Payr-Zeichen (Fußsohlenschmerz bei Druck)
[1]. – Meyer-Zeichen (Wadenkompressionsschmerz)
– Differenzialdiagnostisch muss bei einer einseitigen Beinschwel-
lung auch an andere phlebologische Ursachen (z. B. Throm- Der Fall – körperlicher Untersuchungsbefund. Cor: rein, rhyth-
bophlebitis, Varikose, postthrombotisches Syndrom) gedacht misch, keine vitientypischen Geräusche, 80/min, Blutdruck
werden. Zudem könnte es sich um ein Lymphödem handeln. 130/85 mm Hg. Pulmonal: vesikuläres Atemgeräusch, keine Rassel-
Ebenso sollte eine orthopädische Genese der Beinschwellung geräusche, Atemfrequenz 14/min. Abdomen: weich, regelrechte
(z. B. Baker-Zyste, Muskelfaserriss) in Betracht gezogen werden. Darmgeräusche über allen vier Quadranten, keine Resistenzen,
keine Abwehrspannung, kein Klopfschmerz über den Nierenlagern.
? Um was ergänzen Sie die Anamnese? Unterschenkelschwellung links (Umfangsdifferenz im Vergleich
– Thrombosen/Lungenarterienembolie, Spontanaborte in der zur Gegenseite um 2,0 cm), Meyer- und Payr-Zeichen positiv.
Eigenanamnese
– Familienanamnese ? Wie würden Sie die klinische Wahrscheinlichkeit ihrer
– Malignome Verdachtsdiagnose, tiefe Venenthrombose, einschätzen?
– Nikotinabusus Welches Hilfsmittel können Sie zur Einschätzung heran-
– Schwangerschaft/Wochenbett, Hormonersatztherapie/ ziehen?
Kontrazeption Die klinische Wahrscheinlichkeit lässt sich anhand der Anamnese
– Traumata und der körperlichen Untersuchung einschätzen. Zusätzlich kann
– Bestehen zusätzlich Dyspnoe oder Thoraxschmerzen? der Wells-Score (. Tab. 1) bei der Ermittlung der klinischen Wahr-
scheinlichkeit hilfreich sein.
Der Fall. Die Patientin berichtet, dass weder bei ihr noch bei
ihren Familienmitgliedern jemals eine TVT aufgetreten sei. Eine ? Welche weiteren diagnostischen Schritte leiten Sie
Tumorerkrankung sei nicht bekannt. Nikotinabusus oder eine Hor- abhängig von der klinischen Wahrscheinlichkeit ein?
Bei Verdacht auf TVT können Sie nach dem in . Abb. 1 dargestellten
diagnostischen Algorithmus vorgehen.
Tab. 1 Validierter klinischer Score zur Ermittlung der klinischen Wahr- Der Fall. Die Patientin hat einen Wells-Score von 1 (kürzliche
scheinlichkeit einer Venenthrombose: Wells-Score. (Nach [2])
Immobilisation der Beine) und somit kein hohes Risiko einer TVT.
Klinische Charakteristik Scorea
Aus diesem Grund folgt die Laboranalytik mit Bestimmung der
Aktive Tumorerkrankung 1
D-Dimere.
Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine 1
Labor:
Bettruhe (>3 Tage); große Chirurgie (<12 Wochen) 1
– Hämoglobin 15,6 g/dl (Referenzbereich 12–16 g/dl)
Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen 1 – D-Dimere 3,1 mg/l (Referenzbereich < 0,4 mg/l)
Schwellung ganzes Bein 1 – Kreatinin 0,69 mg/dl (Referenzbereich 0,5–0,9 mg/dl)
Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite 1 – Harnstoff 24 mg/dl (Referenzbereich 17–43 mg/dl)
Eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein 1 – Glomeruläre Filtrationsrate 100 ml/min pro 1,73 m2 (Referenz-
Kollateralvenen 1 bereich > 60 ml/min pro 1,73 m2)
Frühere, dokumentierte TVT 1
Alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie –2 ? Was sind D-Dimere und wie hoch sind deren Spezifität
Venenthrombose und Sensitivität?
a
Score ≥ 2: Wahrscheinlichkeit einer TVT hoch; Score < 2: Wahrscheinlichkeit – D-Dimere sind Proteine, die als Abbauprodukte von Fibrin
einer TVT nicht hoch während der körpereigenen Auflösung von Blutgerinnseln im
TVT tiefe Venenthrombose
Blut vorkommen.
hoch positiv
positiv negativ
behandeln KUS nicht behandeln
nicht eindeutig
Abb. 1 8 Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf Venenthrombose. KUS Kompressionsultraschall der Bein-
venen, KW klinische Wahrscheinlichkeit. (Nach [1])
– D-Dimere zeichnen sich durch eine hohe Sensitivität bei jedoch – Hierbei zeigen die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK)
geringer Spezifität aus. gegenüber dem früheren Therapiestandard, den Vitamin-
– Falsch-positiv können die D-Dimere beispielsweise postope- K-Antagonisten (VKA), eine Nichtunterlegenheit bezüglich
rativ, nach Trauma, bei Aortendissektion, bei Malignomen, im der Wirksamkeit und eine signifikante Reduktion schwerer
Rahmen einer Sepsis oder bei Schwangerschaft sein. Blutungen [3–5].
j Vorteilhaft sind die orale Applikation und die fehlende
Merke. Notwendigkeit der Gerinnungskontrolle der DOAK.
– Ein D-Dimer-Test soll nur nach vorheriger Einschätzung der j Zudem besteht kein Risiko einer heparininduzierten Throm-
klinischen Wahrscheinlichkeit durchgeführt werden. bozytopenie.
– Bei niedriger oder mittlerer klinischer Wahrscheinlichkeit und j Bei Niereninsuffizienz sollte beachtet werden, dass bei der
normalen D-Dimeren ist keine weitere Thrombosediagnostik hoch dosierten Initialtherapie mit Apixaban (1 Woche) bzw.
erforderlich. Rivaroxaban (3 Wochen) keine Dosisreduktion vorgesehen
– Bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit soll kein D-Dimer-Test ist. Auch bei der Dosierung dieser beiden DOAK im weiteren
durchgeführt werden, sondern gleich eine weiterführende Verlauf bestehen Unterschiede zur Dosisreduktion bei
Diagnostik erfolgen. Der negative prädiktive Wert der D-Dimere Vorhofflimmern (Fachinformation beachten).
ist in dieser Situation nicht ausreichend hoch, entsprechend – Nach 3–6 Monaten muss die Entscheidung über eine Fort-
kann eine TVT übersehen werden. setzung oder eine Beendigung der Antikoagulation getroffen
werden.
Cave. D-Dimere: hohe Sensitivität bei jedoch geringer Spezifität! – Das geschätzte Rezidivrisiko ist bei Patienten mit temporärem
Risikofaktor (z. B. Trauma, Operation, Schwangerschaft) geringer
Der Fall. Aufgrund der erhöhten D-Dimere erfolgt nun eine Kom- als bei fortbestehendem Risiko (z. B. aktive Tumorerkrankung,
pressionssonographie. Hier zeigt sich eine Thrombose der V. pop- Antiphospholipidsyndrom).
litea und der Unterschenkelvenen links, somit handelt es sich um
eine 2-Etagen-Thrombose. Merke. Nach 3–6 Monaten soll eine Entscheidung über die Been-
digung oder Fortführung der Antikoagulation getroffen werden.
Merke. Der Kompressionsultraschall ist die primäre Untersu- – Mögliche Entscheidungskriterien sind in . Tab. 3 aufgeführt.
chungsmethode zur Diagnose einer TVT. – Neben der Antikoagulanzientherapie sollte zur Verhinderung
eines postthrombotischen Syndroms eine Kompressionsthera-
? Wie sieht das therapeutische Vorgehen beim Nach- pie mit einem Kompressionsstrumpf der Klasse II erfolgen.
weis einer tiefen Beinvenenthrombose aus?
– Wird eine Thrombose diagnostiziert, muss umgehend mit Der Fall. Bei der Patientin wird eine orale Antikoagulation mit
einer therapeutischen Antikoagulation begonnen werden Rivaroxaban begonnen. An Tag 1–21 erfolgt die 2-mal tägliche
(. Tab. 2): zum einen, um eine Lungenarterienembolie sowie Gabe von 15 mg und ab Tag 22 die Gabe von 20 mg 1-mal täglich.
ein appositionelles Thrombenwachstum zu verhindern, zum Zusätzlich wird ein Kompressionsstrumpf der Klasse II angepasst.
anderen, um die körpereigene Fibrinolyse zur Verringerung des
postthrombotischen Syndroms zu aktivieren.
– Die in Deutschland hierfür zugelassenen Substanzen sind in
. Tab. 2 aufgeführt.
Warfarin-Natrium Coumadin ® 2,5–5 mg/Tag am 1. und 2. Tag; Ca. 2,5–10,0 mg allein Oral nach INR
NMH, UFH oder FDX parallel bis weiter bei INR ≥ 2,0
INR ≥ 2,0
FDX Fondaparinux, INR International Normalized Ratio, NMH niedermolekulares Heparin, UFH unfraktioniertes Heparin
a
Präparatespezifische Zulassungssituationen beachten, v. a. bei Niereninsuffizienz
b
Enoxaparin mit 1,5 mg/kgKG pro Tag, zugelassen in Österreich/Schweiz
c
®
Acenocoumarol (Sintrom ), zugelassen in Österreich/Schweiz
? Halten Sie bei einer unprovozierten tiefen Beinvenen- – Gegebenenfalls können zusätzliche diagnostische Maßnahmen
thrombose eine weitere Umfelddiagnostik für notwendig? wie Abdomensonographie und Röntgenuntersuchung des
– Bis zu 10 % der Patienten mit unprovozierten venösen Throm- Thorax bzw. in ausgewählten Fällen eine Computertomographie
boembolien erhalten im Jahr nach der Diagnose einer venösen des Abdomens/Thorax ergänzt werden.
Thromboembolie die Diagnose eines Malignoms [6].
– Aus diesem Grund sollte bei ätiologisch ungeklärter Venen- Der Fall. Bei der Patientin liegt mit der langen Busreise ein provo-
thrombose die Abklärung eines zugrunde liegenden Malignoms ziertes Ereignis vor. Sie habe zudem vor 3 Monaten eine unauffällige
erfolgen. Koloskopiegehabt. Zur gynäkologischenKontrolluntersuchungwar
– Über Auswahl und Ausmaß der diagnostischen Maßnahmen die Patientin lange nicht, wird dies aber in den nächsten Wochen
sollte individuell entschieden werden. nachholen.
– Eine gezielte Anamnese sollte durch eine körperliche Untersu-
chung, Labordiagnostik und Aktualisierung der geschlechts-
und altersspezifischen gesetzlichen Tumorfrüherkennungs-
maßnahmen ergänzt werden.
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(Änderungen vorbehalten)
pfizerpro.de/fsme
* Frühsommer-Meningoenzephalitis. ** Pfizer Data on file.
1) Serokonversionsrate im NT-Test (Cut-Off: ≥1:10): 97,4 % bzw. 89,0 % 21 Tage nach 2. Dosis bei Personen im Alter von 16 bis 49 Jahren bzw. ≥ 50 Jahren, Schnellimmunisierungsschema, siehe Fachinformation FSME-IMMUN 0,5 ml Erwachsene, Stand
Januar 2020. 2) Meistverkaufter FSME-Impfstoff in Deutschland: IQVIA Data, Stand November 2020. 3) Fachinformation FSME-IMMUN 0,25 ml Junior, Stand September 2018. 4) Fachinformation FSME-IMMUN 0,5 ml Erwachsene, Stand Januar 2020.
5) 1. Auffrischimpfung nach 3 Jahren. 6) Orlinger K et al. A tick-borne encephalitis virus based on the european prototype strain induces broadly reactive cross-neutralizing antibodies in humans. The Journal of Infectious Diseases (2011); 203:1556-64.
FSME-IMMUN 0,25 ml Junior, Suspension zur Injektion in einer Fertigspritze Wirkstoff: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Impfstoff (Ganzvirus, inaktiviert) Zusammensetzung: Wirkstoff: 1 Impfdosis (0,25 ml) enth. 1,2 g FSME-
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Virus (Stamm Neudörfl), adsorb. a. hydratis. Aluminiumhydroxid (0,17 mg Al3+), Wirtssystem f. d. Virusvermehrung: Hühnerembryonal-Fibroblastenzellen (CEF-Zellen). Sonst. Bestandteile: Humanalbumin, Natriumchlorid, Di-Natriumhydrogenphosphat-
Dihydrat, Kaliumdihydrogenphosphat, Sucrose, Wasser f. Inj.-zwecke, hydratis. Aluminiumhydroxid. Anwendungsgebiete: Aktive Immunis. gg. FSME b. Kdrn. u. Jugendl. i. Alter v. 1 - 15 Jahren. Gegenanzeigen: Überempfindl. gg. d. Wirkstoff, e. d. sonst.
Bestandt. od. e. d. Produktionsrückstände (Formaldehyd, Neomycin, Gentamycin, Protaminsulfat); weitere Kreuzallergien m. and. Aminoglykosiden mögl. Schwere Überempf. gg. Eiprotein, Hühnereiweiß. Bei moderaten od. schweren akuten Erkrank. (m.
od. o. Fieber) FSME-Impfung verschieben. Nebenwirkungen: NW in klin. Studien: Sehr häufig: Reakt. a. d. Inj.-stelle: z. B. Schmerzen a. d. Inj.-stelle. Häufig: vermind. Appetit, Unruhe, Schlafstör., Kopfschmerz, Übelk., Erbr., Myalgie, Pyrexie, Müdigk., Krank-
heitsgefühl, Reakt. a. d. Inj.-stelle wie: Schwell., Verhärt., Rötung. Gelegentlich: Lymphadenopathie, Bauchschmerzen, Arthralgie, Schüttelfrost. Selten: Wahrnehmungsstör., Benommenh., Schwindel, Diarhrhoe, Dyspepsie, Urtikaria, Juckreiz a. d. Inj.-stelle.
Weitere NW n. Markteinf.: Selten: anaphylaktische Reakt., Überempfindlichkeitsreakt., Enzephalitis, Krämpfe (einschl. Fieberkrämpfe), Meningismus, Polyneuropathie, Bewegungsstör. (Halbseitenlähm., halbseit. Gesichtslähm., vollständ. Lähmung, Neuritis),
Guillain-Barré-Syndr., Sehverschlechter., Photophobie, Augenschmerzen, Tinnitus, Dyspnoe, Hautausschlag (erythematös, makulär-papulär, vesikulär), Erythem, Juckreiz, Hyperhidrosis, Nackenschmerzen, muskuloskelettale Steifigk. (einschl. Nackensteifigk.),
Schmerzen i. d. Extremitäten, Gangstör., grippeähnl. Sympt., Asthenie, Ödeme. Weitere Informationen s. Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10,
10785 Berlin. Stand: Juni 2017
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FSME-IMMUN 0,5 ml Erwachsene, Suspension zur Injektion in einer Fertigspritze Wirkstoff: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Impfstoff (Ganzvirus, inaktiviert) Zusammensetzung: Wirkstoff: 1 Impfdosis (0,5 ml) enth. 2,4 g FSME-Virus
(Stamm Neudörfl), adsorb. a. hydratis. Aluminiumhydroxid (0,35 mg Al3+) u. hergest. i. Hühnerembryonal-Fibroblastenzellen (CEF-Zellen). Sonst. Bestandteile: Humanalbumin, Natriumchlorid, Di-Natriumhydrogenphosphat-Dihydrat, Kaliumdihydro-
genphosphat, Sucrose, Wasser f. Inj.-zwecke, hydratis. Aluminiumhydroxid. Anwendungsgebiete: Aktive Immunis. gg. FSME b. Pers. ab 16 Jahren. Gegenanzeigen: Überempfindl. gg. d. Wirkstoff, e. d. sonst. Bestandt. od. e. d. Produktionsrückstände
(Formaldehyd, Neomycin, Gentamycin, Protaminsulfat); weitere Kreuzallergien m. and. Aminoglykosiden mögl. Schwere Überempf. gg. Eiprotein, Hühnereiweiß. Bei moderaten od. schweren akuten Erkrank. (m. od. o. Fieber) FSME-Impfung verschieben.
Nebenwirkungen: NW in klin. Studien: Sehr häufig: Reakt. a. d. Inj.-stelle: z. B. Schmerzen. Häufig: Kopfschmerz, Übelk., Myalgie, Arthralgie, Müdigk., Krankheitsgefühl. Gelegentlich: Lymphadenopathie, Erbr., Pyrexie, Blutungen a. d. Inj.-stelle. Selten: Über-
empf., Schläfrigk., Schwindel (nach 1. Impfung), Durchfall, Bauchschmerzen, Reakt. a. d. Inj.-stelle wie: Rötung, Verhärt., Schwell., Juckreiz, Missempfind., Wärmegefühl. Weitere NW n. Markteinf.: Selten: Herpes zoster (b. präexpon.
Pat.), Auftreten od. Verschlimmer. v. Autoimmunerkrank. (z. B. MS), anaphylaktische Reakt., demyelinis. Erkrank. (akute dissemin. Enzephalomyelitis, Guillain-Barré-Syndr., Myelitis, Myelitis transversa), Enzephalitis, Krämpfe, asept.
Meningitis, Meningismus, Stör. d. Sinnesempfind. u. Bewegungsstör. (Gesichtslähm., Lähmung/Parese, Neuritis, Hypästhesie, Parästhesie), Neuralgie, Sehnerventzünd., Benommenheit, Sehverschlechter., Lichtscheu, Augenschmer-
zen, Tinnitus, Tachykardie, Dyspnoe, Urtikaria, Hautausschlag (erythematös, makulo-papulös), Juckreiz, Dermatitis, Erythem, Hyperhidrosis, Rückenschmerzen, Gelenkschwell., Nackenschmerzen, muskuloskelettale Steifigk. (einschl.
Nackensteifigk., Schmerzen i. d. Extremitäten, Gangstör., Schüttelfrost, grippeähnl. Sympt., Asthenie, Ödeme, Bewegungseinschränk. e. Gelenks a. d. Inj.-stelle wie Gelenkschmerz, Knötchen u. Entzünd. Weitere Informationen s.
Fach- u. Gebrauchsinformation. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: Januar 2020