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Leberzirrhose und ihre Komplikationen

Bei der Leberzirrhose als Endstadium einer chronisch fibrosierenden Lebererkrankung kommt es zu
einer Aufhebung der Leberarchitektur und zur Bildung von Regeneratknoten. Dies führt zur
Entwicklung einer portalen Hypertension, einer eingeschränkten Synthese- und Entgiftungsfunktion
und der Bildung von portalsystemischen Shunts. Zu den häufigsten Ursachen einer Leberzirrhose in
den Industrienationen gelten die alkoholische und die nicht alkoholische Lebererkrankung sowie die
chronisch aktiven Virushepatitiden. Eine Leberzirrhose verbleibt häufig über Jahre asymptomatisch.
Erste Hinweise auf eine höhergradige Fibrosierung der Leber werden häufig im Zuge einer
Labordiagnostik oder Ultraschalluntersuchung gewonnen. Typische körperliche Befunde sind
bestimmte Hautzeichen (Spider-Naevi, Palmar-Erythem, Nagelveränderungen, Dupuytren-
Kontrakturen), testikuläre Atrophie und Gynäkomastie sowie Menstruationsstörung. Wichtige
Komplikationen sind Aszites , spontan bakterielle Peritonitis, hepatische Enzephalopathie sowie
Ösophagusvarizen. Das Management einer Leberzirrhose konzentriert sich auf die Behandlung der
Grunderkrankung und somit der Verlangsamung oder Revision des Fibroseprogresses.

Leberzirrhose
Definition

Die Leberzirrhose entspricht dem Endstadium einer chronisch fibrosierenden Lebererkrankung. Es


kommt zu einer Aufhebung der Leberarchitektur und zur Bildung von Regeneratknoten. Die veränderte
Struktur führt zur Entwicklung einer portalen Hypertension, einer eingeschränkten Synthese- und
Entgiftungsfunktion und der Bildung von portalsystemischen Shunts.
Ursprünglich wurde dieser Prozess als nicht reversibel angesehen. Aktuelle Studien weisen auf die
Möglichkeit einer Rückbildung der Fibrosierung auch in fortgeschrittenen Zirrhosestadien unter einer
adäquaten Therapie der Grunderkrankungen (z. B. Hepatitis B) hin [Schrabpour et al. 2012].

Ätiologie und Pathophysiologie

Als die häufigsten Ursachen für eine Leberzirrhose in den Industrienationen gelten die alkoholische
und die nicht alkoholische Lebererkrankung sowie die chronisch aktiven Virushepatitiden (Hepatitis
B, Hepatitis C, Hepatitis D).
Von besonderer Bedeutung ist in Deutschland auch die alkoholische Lebererkrankung mit einem
zunehmenden Anstieg der Todesfälle in den vergangenen Jahrzehnten (1980: 5/100.000, 2005:
9,9/100.000; Statistisches Bundesamt 2011).
Seltene Ursachen sind:

 Toxische Lebererkrankungen (z. B. medikamentös toxisch)


 Stoffwechselerkrankungen: Hämochromatose, Morbus Wilson , α1-Antitrypsinmangel
 Autoimmunhepatitis (AIH Typ 1 und 2)
 Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
 Primär biliäre Zirrhose (PBC)
 Vaskuläre Erkrankungen: Budd-Chiari-Syndrom
 Chronische Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz (kardiale Zirrhose)

Klinik

Eine Leberzirrhose verbleibt häufig über Jahre asymptomatisch. Erste Hinweise auf eine höhergradige
Fibrosierung der Leber werden häufig im Zuge einer Labordiagnostik oder Ultraschalluntersuchung
gewonnen. Neben diesen Zufallsbefunden sind auch Komplikationen der Leberzirrhose im Sinne einer
Blutung oder aszitischen Dekompensation ein nicht seltenes Bild bei Erstdiagnose der Zirrhose.
Einzelne Fälle werden letztendlich erst bei einer Autopsie aufgedeckt [Conn et al. 1993].
Charakteristische Befunde der körperlichen Untersuchung können bereits auf eine Leberzirrhose
hinweisen. Als Hautzeichen bei Leberzirrhose werden Spider-Naevi, Palmar-Erythem,
Nagelveränderungen (Muehrcke-/Terry-Nägel) und Dupuytren-Kontrakturen angesehen. Hormonelle
Störungen bei Leberzirrhose spiegeln sich beim Mann als testikuläre Atrophie und Gynäkomastie und
bei der Frau als Menstruationsstörung wieder. Als Folge des portalvenösen Hochdrucks kann es zur
Aszitesbildung, Ösophagusvarizenentstehung und -blutung sowie zur Splenomegalie und
Ödembildung kommen. Eine signifikante Leberentgiftungsstörung demaskiert sich in einem Ikterus,
einer hepatischen Enzephalopathie oder Asterixis („flapping tremor“) (Schuppan und Afdhal 2008).

Diagnostik

Im Vordergrund der ätiologischen Aufarbeitung steht auch bei Lebererkrankungen eine gezielte
Anamnese. Problematische Themen wie Alkohol- und Drogenkonsum sollten dezidiert angesprochen
werden. Spezielle Schlüsselsymptomatiken (z. B. Arthralgie bei Hämochromatose) sollten bekannt sein
und entsprechend erfragt werden.
Labor

Zur allgemeinen und speziellen Labordiagnostik Tab. 1 und 2.


Tab. 1
Allgemeine Labordiagnostik bei Leberzirrhose
Quick Abschätzung der Lebersynthese- und Leberentgiftungsleistung
(INR), Albumin, Bilirubin
, Cholinesterase

Thrombozytopenie  Korrelat einer hepatischen Hypertonie 

Hyperpleniesyndrom

Verminderte hepatische Thrombopoetinproduktion

AP/GGT vs. GOT/GPT Hepatisches vs. cholestatisches Leberenzymmuster:

differenzialdiagnostische Einordnung der Zirrhosegenese

γ-Globuline Unspezifische Erhöhung bei Leberzirrhose häufig – aber auch als


Hinweis auf eine Autoimmunhepatitis (IgG) oder primär biliäre
Zirrhose (IgM) (Triger und Wright 1973)
AP alkalische Phosphatase, GGT Gamma-Glutamyltransferase, GOT Glutamat-Oxalacetat-
Transaminase, GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase, IgG Immunglobulin G, IgM Immunglobulin
M, INR „international normalized ratio“

Tab. 2
Spezielle Labordiagnostik bei Leberzirrhose
Gruppe Erkrankung Diagnostik (Suchtest)

Alkoholische ASH (alkoholische Steatohepatitis) GGT (nicht proportional erhöht)


Lebererkrankung
De-Ritis-Quotient (GOT/GPT >2)

CDT („carbohydrate-deficient
transferrin“)

Virushepatitis Chronische HCV-Infektion (Sarrazin et Anti-HCV


Gruppe Erkrankung Diagnostik (Suchtest)

al. 2010) Ggf. HCV-RNA

Chronische HBV-Infektion (Cornberg et HBsAg, Anti-HBc


al. 2011)
Ggf. HBeAg, Anti-HBe, HBV-
DNA, Anti-HDV

Autoantikörper- Autoimmunhepatitis (AIH) (Manns et Autoantikörper:


assoziierte al. 2011)
Leberzirrhose AIH Typ 1: ANA, SMA

AIH Typ 2: LKM, SLA

Biliäre Erkrankung Primär ANCA (unspez. pANCA)


sklerosierende Cholangitis (EASL 2009
)

Primär biliäre Zirrhose (EASL 2009) AMA

Metabolische Hämochromatose (EASL 2010) Transferrinsättigung (>45 %)


Lebererkrankungen
Ggf. HFE-Genotyp

Morbus Wilson  (EASL 2012) Serumcoeruloplasmin, freies


Serumkupfer, 24-Stunden-
Kupferausscheidung im Urin

α1-Antitrypsinmangel α1-Antitrypsin (AAT) im Serum → 


ggf. AAT-Phenotypisierung
AMA antimitochondriale Antikörper, ANA antinukleäre Antikörper, ANCA Anti-Neutrophilen-
zytoplasmatische Antikörper, GGT Gamma-Glutamyltransferase, GOT Glutamat-Oxalacetat-
Transaminase, GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase, HBV Hepatitis-B-Virus, HCV Hepatitis-C-Virus, 
HFE hereditäre Hämochromatose, LKM Leber-Nieren-Mikrosomen, SLA lösliches
Leberantigen, SMA „smooth muscle antibody“

Sonographie
Hinweise auf eine Leberzirrhose [Dietrich 2010]:

 Inhomogene Echotextur
 Wellige Leberoberfläche (Hochfrequenzultraschall)
 Linker/rechter Leberrand abgerundet
 Lebervenen nicht gestreckt verlaufend und rarefiziert
 Zeichen der portalen Hypertension: Aszites , Splenomegalie, Kaliber der V. lienalis >8 mm,
Pfortaderfluss verlangsamt <12 cm/s (ggf. Flussumkehr), perihepatische Shunts (z. B.
Cruveilhier-von-Baumgarten-Syndrom oder splenorenaler Shunt)
 Umfelddiagnostik: Lymphknotenvergrößerung (speziell Lig. hepatoduodenale) als Hinweis auf
immune oder virale Lebererkrankung.

Nicht invasive Fibrosemessung


Transiente Elastographie (Fibroscan) oder ARFI („acoustic radiation force imaging“) sind nicht invasive
ultraschallgestützte Techniken zur Bestimmung des hepatischen Fibrosegrades. Die Genauigkeit der
Verfahren und der Nutzen im alltäglichen Einsatz wurden umfangreich belegt (Friedrich-Rust et
al. 2012, Baranova et al. 2011).

Leberpunktion
Die Indikation zur Leberbiospie stellt sich bei Lebererkrankung unklarer Ätiologie oder wenn das
Stadium der Lebererkrankung mittels nicht invasiver Verfahren nicht sicher festzustellen ist. Zur
adäquaten Einschätzung des Fibrosegrades sollte ein Leberstanzzylinder von ausreichender Größe
gewonnen werden (>15 mm Länge, >10 Portalfelder/Schnittebene) (Tannapfel et al.2012).
Perkutane (sonographisch gestützt), transjuguläre und laparoskopische Zugangswege stehen zur
Verfügung.

Therapie

Das Management einer Leberzirrhose konzentriert sich auf die Behandlung der Grunderkrankung und
somit der Verlangsamung oder Revision des Fibroseprogresses. Die Früherkennung und die Kontrolle
von fibrosespezifischen Komplikationen sind von besonderer Bedeutung. Letztendlich gilt es im Falle
eines nicht abwendbaren Leberversagens, die Möglichkeit einer Lebertransplantation zu prüfen.

Verlauf und Prognose

Die Prognose einer Zirrhose ist hoch variabel und von multiplen Einflussfaktoren (Ätiologie,
Schweregrad, Auftreten von Komplikationen) abhängig. Als etabliertes Staging-Modell dient die Child-
Pugh-Klassifikation (Tab. 3). Sie erlaubt eine Abschätzung der Schwere der Zirrhose, des
Operationsrisikos und der Gesamtprognose. Die Child-Pugh-Klassifikation korreliert mit dem
Gesamtüberleben. Ein-Jahres-Überlebensraten liegen für Child-Pugh-A-, -B- und -C-Zirrhose bei 100
%, 80 % und 45 % (Infante-Rivard et.al.1987; Albers 1989).
Tab. 3
Child-Pugh-Klassifikation
Parameter 1 2 Punkte 3 Punkte
Punkt

Albumin im Serum (g/dl) >3,5 2,8–3,5 <2,8

Bilirubin im Serum <2,0 2,0–3,0 >3,0


(mg/dl)

Quick (%) >70 40–70 <40

Aszites  Kein Leichtgradi Mittelgradig


g

Enzephalopathie Keine I–II III–IV


Child A = 5–6, Child B = 7–9, Child C = 10–15

Komplikationen bei Leberzirrhose


Das Auftreten von Komplikationen der Leberzirrhose dient als Marker für eine dekompensierte
Erkrankung. Hohe Morbidität und Mortalität gehen mit dem Auftreten der Komplikationen einher.
Die Mehrzahl der hepatozellulären Karzinome entwickelt sich auf dem Boden einer Leberzirrhose. Der
Früherkennung und Therapie des hepatozellulären Karzinoms wird ein eigenes Kapitel gewidmet
(Kap. Hepatozelluläres Karzinom).

Aszites
Aszites  ist als pathologische Flüssigkeitsansammlung im Peritonealraum definiert. Eine portale
Hypertension (>12 mmHg) bei intrahepatischem (sinusoidalem) Block bedingt die Aszitesentstehung.
Eine vermehrte Lymphproduktion, Hypalbuminämie mit erniedrigtem kolloidosmotischen Druck und
gesteigerte Natriumrückresorption (RAAS-Aktivierung) wirken begünstigend auf die Aszitesentstehung
(Gerbes et al. 2010).
Eine Aszitespunktion wird bei neu aufgetretenem Aszites  empfohlen (Tab. 4). Außerdem soll bei allen
Patienten mit Zirrhose und Komplikationen sowie bei nicht elektiver stationärer Aufnahme eine
Punktion durchgeführt werden. Im Zuge der initialen Punktion empfiehlt es sich, folgende Parameter
zu bestimmen:
Tab. 4
Aszitespunktion
Parameter   Transsudat Exsudat

Genese Rechtsherzinsuffizienz, Budd- Leberzirrhos Entzündliche, maligne Genese


Chiari-Syndrom, Perikarditis con e
strictiva

Eiweißgehalt >2,5 g/dl <2,5 g/dl >2,5 g/dl

Serum- >1,1 g/dl >1,1 g/dl <1,1 g/dl


Aszites-
Albumin-
Quotient

 Zellzahl
 Gesamteiweiß und Albumin im Aszites
 Mikrobiologische Kultur.

Spezielle Aspekte
1.
Maligner Aszites :

 Aszites häufig hämorrhagisch (>50.000/μl)


 Zytologie
 Cholesterin (>45 mg/dl)
 Die Bestimmung von Laktatdehydrogenase (LDH), Fibronektin und Tumormarkern wird zur
Differenzierung zwischen malignem und nicht malignem Aszites in den aktuellen Leitlinien nicht
empfohlen.

 
2.
Entzündlicher Aszites:

 Erhöhte Zellzahl (>500/μl Gesamtzellzahl)


 Zelldifferenzierung: >250/μl segmentkernige Granulozyten
 Positive Bakterienkultur

 
3.
Pankreatogener Aszites:

 Amylase-/Lipase-Erhöhung

 
Therapie
1.
Nicht medikamentöse Basistherapie:

 Eiweißreiche Ernährung (1,2–1,5 g/kg KG/Tag) und ausreichender Energiegehalt


(Nichteiweißenergie 25 kcal/kg KG/Tag)
 Kochsalzrestriktion: bei refraktärem oder schwierig zu behandelndem Aszites  (maximal 5
g/Tag)
 Flüssigkeitsrestriktion: bei Hyponatriämie  <125 mmol/l maximal 1,5 l/Tag

 
2.
2. Medikamentöse Therapie:

 Primär: Aldosteronantagonist (Startdosis 100 mg Spirinolacton, Maximaldosis 400 mg/d)


 Sekundär: Schleifendiuretikum bei insuffizienter Aszitesmobilisation unter 200 mg
Spironolacton/d (in den ersten 2–3 Wochen)

Spontan bakterielle Peritonitis

Bei der spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) handelt es sich um eine bakterielle Entzündung der
Peritonealhöhle ohne Hinweis auf eine anderweitige intraabdominelle Ursache der Infektion,
Peritonealkarzinose oder Tuberkulose  (Gerbes et al. 2010).
Labor: >250 neutrophile Granulozyten/μl
Therapie
1.
Unkomplizierte Erstmanifestation der SBP (d. h. Fehlen von Schock, Ileus, gastrointestinaler Blutung,
schwergradiger Enzephalopathie oder Serumkreatinin >3 mg/dl):

 Chinolone oral

2.
Komplizierte SBP:

 Cephalosporine Gruppe 3a i.v.

 
 
3.
Ergänzende Empfehlungen:

 Abweichung gemäß lokaler Resistenzlage (speziell bei nosokomialer Infektion oder dem
Bestehen einer antibiotischen Vorbehandlung)
 Kontrolle des Therapieerfolges 48 Stunden nach Erstdiagnose mittels Kontrollpunktion

 
Primärprophylaxe
Eine Primärprophylaxe sollte bei der in Tab. 5 genannten Befundkonstellation erfolgen.
Tab. 5
Befundkonstellation für Primärprophylaxe
Aszitesalbumin <1,5 g/dl + Child-Pugh-Score >9 (mit Bilirubin >3 mg/dl)

oder + Serumkreatinin >1,2 mg/dl und Serumharnstoff >25 mg/dl


oder + Natrium <130 mmol/l
Jede gastrointestinale Blutung bei Leberzirrhose

Sekundärprophylaxe
Nach erfolgreicher Therapie einer SBP empfiehlt sich eine medikamentöse Prophylaxe. Als primäres
Therapeutikum ist die Wirksamkeit von Chinolonen in Studien belegt (z. B. Norfloxacin 400 mg/Tag).

Hepatorenales Syndrom

Ein hepatorenales Syndrom (HRS) ist ein potenziell reversibles Nierenversagen  bei Patienten mit
Leberzirrhose und Aszites  oder alkoholischer Steatohepatitis (Tab. 6) (Gerbes et al. 2010).
Tab. 6
Hepatorenales Syndrom (HRS)
HRS Rasches Nierenversagen, definiert als Verdopplung des Serumkreatinins auf über 2,5
Typ 1 mg/dl in weniger als zwei Wochen

HRS Moderates Nierenversagen mit Serumkreatinin zwischen 1,5 und 2,5 mg/dl bei stabilem
Typ 2 oder langsam fortschreitenden Verlauf
Diagnosekriterien

 Serumkreatinin >1,5 mg/dl


 Leberzirrhose mit Aszites  oder alkoholischer Steatohepatitis
 Keine Besserung des Serumkreatinins nach zweitägiger Einnahmeunterbrechung
aller Diuretika und Volumenexpansion mit Albumin (1 g/kg KG/Tag bis zu einer Maximaldosis
von 100 g/Tag)
 Ausschluss eines Schockgeschehens
 Keine nephrotoxischen Medikamente (aktuell/kürzlich)
 Ausschluss einer parenchymatösen Nierenerkrankung (keine Proteinurie >500 mg/d, keine
Hämaturie >50 Erythrozyten/HPF, unauffällige Nierensonographie, unauffälliges Urinsediment)

Therapie

 HRS Typ 1:
o Albumin (1 g/kg KG/Tag bis zu einer Maximaldosis von 100 g/Tag)
o Terlipressin 2–4 mg/Tag (maximal 8–12 mg/Tag) für mindestens drei Tage
 HRS Typ 2:
o Überlebensvorteile für eine kombinierte Albumin-Terlipressin-Therapie sind für das HRS
Typ 2 nicht belegt. Eine standardisierte Aszitestherapie wird empfohlen.

Die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) kann bei
Patienten mit HRS bei vorliegender Expertise erwogen werden.

Hepatische Enzephalopathie

Unter einer hepatischen Enzephalopathie versteht man reversible neuropsychiatrische Störungen bei


Patienten mit einer schweren hepatischen Funktionsstörung (Tab. 7). Es kommt zur Akkumulation von
toxischen Stoffwechselprodukten im Blut mit Affektion der kognitiven Funktion. Das klinische Spektrum
reicht von subklinischen Einschränkungen (minimal hepatische Enzephalopathie, MHE) bis zum
Leberkoma.
Tab. 7
Stadien der hepatischen Enzephalopathie
Stadium Vigilanz Neurologie

0 Klinisch unauffällig Pathologische psychometrische Tests

1 Schläfrigkeit Gestörte Feinmotorik, verminderte


Reaktionsgeschwindigkeit

2 Starke Schläfrigkeit bis Apathie Flapping tremor (Asterixis), verwaschene Sprache

3 Somnolenz, Stupor  (erweckbar Korneal- und Sehnenreflexe erhalten (teilweise


) Hyper-/Hyporeflexie)

4 Leberausfallkoma (nicht Hypo-/Areflexie


erweckbar)
Klinisch bedeutsam ist vor allem die Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei einer
bekannten Leberzirrhose. Die Ursache ist z. B. in dem vermehrten Anfall von Ammoniak im
Organismus zu finden. Eine Zunahme der Ammoniakbildung im Darm kann Folge einer
gastrointestinalen Blutung oder einem eiweißreichem Essen (bei Obstipation) sein. Infektionen
begünstigen einen Eiweißkatabolismus, wodurch ebenfalls das fragile Gleichgewicht des
Ammoniakstoffwechsels in einer Zirrhoseleber gestört werden kann.
Ein weiterer häufiger Auslöser einer enzephalopathischen Episode ist der Einsatz zentral dämpfender
Medikamente bei Leberinsuffizienz (z. B. Benzodiazepine ).
Im Alltag hat sich eine Ammoniakbestimmung im Serum bewährt (Ammoniak >100 μg/dl). Bei
Erstvorstellung von Leberzirrhosepatienten mit kognitiven Störungen dient es der ätiologischen
Orientierung und kann auch als Verlaufsparameter dienen.
Therapie
1.
Auslösende Faktoren beseitigen

 Prämedikation überprüfen und ggf. Medikamente pausieren


 Stuhlregulation bei Obstipation
 Volumenmangel und Elektrolytstörungen  ausgleichen
 Blutstillung und Mobilisation des Hämatins bei gastrointestinaler Blutung
 Infektionsbehandlung

 
2.
Für das Zentralnervensystem toxische Stoffe reduzieren:

 Hochkalorische Kost (kohlenhydratreich) zur Verminderung des Eiweißkatabolismus


 Eiweißarme Diät (bei drohendem Leberkoma passagere Eiweißkarenz)
 Darmreinigung und Unterdrückung der ammoniakbildenden Darmbakterien durch Disaccharide
(Laktulose oral oder als Schwenkeinlauf)
 Darmdekontamination (z. B. mittels Rifaximin)

 
3.
Lebertransplantation bei terminaler Leberinsuffizienz
 

Ösophagus- und Corpus-/Fundusvarizen

Patienten mit Leberzirrhose weisen bei Erstdiagnose bereits in ca. 50 % der Fälle Ösophagusvarizen
auf. Ein Drittel der Blutungsepisoden bei Zirrhosepatienten ist auf diese Komplikation der portalen
Hypertension zurückzuführen. Differenzialdiagnostisch muss an die hypertensive Gastropathie,
Fundusvarizen und klassische Blutungsquellen (z. B. peptische Ulcera) gedacht werden (Sauerbruch
und Scheurlen 2002; Garcia-Tsao et al.2007; de Francis et al. 2010).
Allgemeine Empfehlungen

 Bei Erstdiagnose einer Leberzirrhose ist eine diagnostische Ösophago-Gastro-Duodenoskopie


zum Varizenstaging indiziert.
 Indikation zur primärprophylaktischen Therapie bei stark blutungsgefährdeten
Ösophagusvarizen (>5 mm Durchmesser)
 Erste Wahl: unselektive Betablocker (z. B. Propranolol, Carvedilol)
 Alternativ: Varizenligatur/-sklerosierung

Akute Varizenblutung
Allgemeine Maßnahmen:

 Intensivmedizinische Betreuung (Intubation bei komatösem Patienten oder massiver Blutung


mit Hämatemesis)
 Zwei suffiziente venöse Zugänge
 Bereitstellen/Substitution von Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten
(Zielwerte: Hämoglobin >8 g/dl, Thrombozyten >50.000)
 Gerinnungsoptimierung (vor allem Patienten mit Thrombozytopenie  oder bekannter
Koagulopathie)

Medikamentöse Maßnahmen

 Antibiotische Therapie: Chinolone oder Cephalosporine der Gruppe 3a (z. B. Ceftriaxon 2 g i.v.)
für mindestens 5 Tage
 Vasoaktive Pharmaka: Senkung des portalvenösen Druckes durch Vasopressinanaloga (z. B.
Terlipressin 2 mg alle 4 h für 48 h; 1 mg alle 4 h bis Tag 5 fortsetzen)

Endoskopische Therapieoptionen

 Ösophagusvarizen: Gummibandligatur, alternativ Sklerotherapie (Polidocanol)


 Fundusvarizen: Sklerosierung (Histoacryl)
 Bei Therapieversagen: Senkstaken-Blakemore- oder Linton-Nachlas-Sonde, Varizenstent-
(DANIS-Stent)Notfall-TIPS
 Elektiver TIPS zu erwägen bei Druckgradient zwischen Lebervenen und Pfordader (HVPG) >20
mmHg, Child-B- und -C-Patienten

Sekundärprophylaxe
Kombination aus Ligatur/Sklerosierungstherapie und medikamentöser Drucksenkung
(unselektive Betablocker)

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