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Bei der Leberzirrhose als Endstadium einer chronisch fibrosierenden Lebererkrankung kommt es zu
einer Aufhebung der Leberarchitektur und zur Bildung von Regeneratknoten. Dies führt zur
Entwicklung einer portalen Hypertension, einer eingeschränkten Synthese- und Entgiftungsfunktion
und der Bildung von portalsystemischen Shunts. Zu den häufigsten Ursachen einer Leberzirrhose in
den Industrienationen gelten die alkoholische und die nicht alkoholische Lebererkrankung sowie die
chronisch aktiven Virushepatitiden. Eine Leberzirrhose verbleibt häufig über Jahre asymptomatisch.
Erste Hinweise auf eine höhergradige Fibrosierung der Leber werden häufig im Zuge einer
Labordiagnostik oder Ultraschalluntersuchung gewonnen. Typische körperliche Befunde sind
bestimmte Hautzeichen (Spider-Naevi, Palmar-Erythem, Nagelveränderungen, Dupuytren-
Kontrakturen), testikuläre Atrophie und Gynäkomastie sowie Menstruationsstörung. Wichtige
Komplikationen sind Aszites , spontan bakterielle Peritonitis, hepatische Enzephalopathie sowie
Ösophagusvarizen. Das Management einer Leberzirrhose konzentriert sich auf die Behandlung der
Grunderkrankung und somit der Verlangsamung oder Revision des Fibroseprogresses.
Leberzirrhose
Definition
Als die häufigsten Ursachen für eine Leberzirrhose in den Industrienationen gelten die alkoholische
und die nicht alkoholische Lebererkrankung sowie die chronisch aktiven Virushepatitiden (Hepatitis
B, Hepatitis C, Hepatitis D).
Von besonderer Bedeutung ist in Deutschland auch die alkoholische Lebererkrankung mit einem
zunehmenden Anstieg der Todesfälle in den vergangenen Jahrzehnten (1980: 5/100.000, 2005:
9,9/100.000; Statistisches Bundesamt 2011).
Seltene Ursachen sind:
Klinik
Eine Leberzirrhose verbleibt häufig über Jahre asymptomatisch. Erste Hinweise auf eine höhergradige
Fibrosierung der Leber werden häufig im Zuge einer Labordiagnostik oder Ultraschalluntersuchung
gewonnen. Neben diesen Zufallsbefunden sind auch Komplikationen der Leberzirrhose im Sinne einer
Blutung oder aszitischen Dekompensation ein nicht seltenes Bild bei Erstdiagnose der Zirrhose.
Einzelne Fälle werden letztendlich erst bei einer Autopsie aufgedeckt [Conn et al. 1993].
Charakteristische Befunde der körperlichen Untersuchung können bereits auf eine Leberzirrhose
hinweisen. Als Hautzeichen bei Leberzirrhose werden Spider-Naevi, Palmar-Erythem,
Nagelveränderungen (Muehrcke-/Terry-Nägel) und Dupuytren-Kontrakturen angesehen. Hormonelle
Störungen bei Leberzirrhose spiegeln sich beim Mann als testikuläre Atrophie und Gynäkomastie und
bei der Frau als Menstruationsstörung wieder. Als Folge des portalvenösen Hochdrucks kann es zur
Aszitesbildung, Ösophagusvarizenentstehung und -blutung sowie zur Splenomegalie und
Ödembildung kommen. Eine signifikante Leberentgiftungsstörung demaskiert sich in einem Ikterus,
einer hepatischen Enzephalopathie oder Asterixis („flapping tremor“) (Schuppan und Afdhal 2008).
Diagnostik
Im Vordergrund der ätiologischen Aufarbeitung steht auch bei Lebererkrankungen eine gezielte
Anamnese. Problematische Themen wie Alkohol- und Drogenkonsum sollten dezidiert angesprochen
werden. Spezielle Schlüsselsymptomatiken (z. B. Arthralgie bei Hämochromatose) sollten bekannt sein
und entsprechend erfragt werden.
Labor
Hyperpleniesyndrom
Tab. 2
Spezielle Labordiagnostik bei Leberzirrhose
Gruppe Erkrankung Diagnostik (Suchtest)
CDT („carbohydrate-deficient
transferrin“)
Sonographie
Hinweise auf eine Leberzirrhose [Dietrich 2010]:
Inhomogene Echotextur
Wellige Leberoberfläche (Hochfrequenzultraschall)
Linker/rechter Leberrand abgerundet
Lebervenen nicht gestreckt verlaufend und rarefiziert
Zeichen der portalen Hypertension: Aszites , Splenomegalie, Kaliber der V. lienalis >8 mm,
Pfortaderfluss verlangsamt <12 cm/s (ggf. Flussumkehr), perihepatische Shunts (z. B.
Cruveilhier-von-Baumgarten-Syndrom oder splenorenaler Shunt)
Umfelddiagnostik: Lymphknotenvergrößerung (speziell Lig. hepatoduodenale) als Hinweis auf
immune oder virale Lebererkrankung.
Leberpunktion
Die Indikation zur Leberbiospie stellt sich bei Lebererkrankung unklarer Ätiologie oder wenn das
Stadium der Lebererkrankung mittels nicht invasiver Verfahren nicht sicher festzustellen ist. Zur
adäquaten Einschätzung des Fibrosegrades sollte ein Leberstanzzylinder von ausreichender Größe
gewonnen werden (>15 mm Länge, >10 Portalfelder/Schnittebene) (Tannapfel et al.2012).
Perkutane (sonographisch gestützt), transjuguläre und laparoskopische Zugangswege stehen zur
Verfügung.
Therapie
Das Management einer Leberzirrhose konzentriert sich auf die Behandlung der Grunderkrankung und
somit der Verlangsamung oder Revision des Fibroseprogresses. Die Früherkennung und die Kontrolle
von fibrosespezifischen Komplikationen sind von besonderer Bedeutung. Letztendlich gilt es im Falle
eines nicht abwendbaren Leberversagens, die Möglichkeit einer Lebertransplantation zu prüfen.
Die Prognose einer Zirrhose ist hoch variabel und von multiplen Einflussfaktoren (Ätiologie,
Schweregrad, Auftreten von Komplikationen) abhängig. Als etabliertes Staging-Modell dient die Child-
Pugh-Klassifikation (Tab. 3). Sie erlaubt eine Abschätzung der Schwere der Zirrhose, des
Operationsrisikos und der Gesamtprognose. Die Child-Pugh-Klassifikation korreliert mit dem
Gesamtüberleben. Ein-Jahres-Überlebensraten liegen für Child-Pugh-A-, -B- und -C-Zirrhose bei 100
%, 80 % und 45 % (Infante-Rivard et.al.1987; Albers 1989).
Tab. 3
Child-Pugh-Klassifikation
Parameter 1 2 Punkte 3 Punkte
Punkt
Aszites
Aszites ist als pathologische Flüssigkeitsansammlung im Peritonealraum definiert. Eine portale
Hypertension (>12 mmHg) bei intrahepatischem (sinusoidalem) Block bedingt die Aszitesentstehung.
Eine vermehrte Lymphproduktion, Hypalbuminämie mit erniedrigtem kolloidosmotischen Druck und
gesteigerte Natriumrückresorption (RAAS-Aktivierung) wirken begünstigend auf die Aszitesentstehung
(Gerbes et al. 2010).
Eine Aszitespunktion wird bei neu aufgetretenem Aszites empfohlen (Tab. 4). Außerdem soll bei allen
Patienten mit Zirrhose und Komplikationen sowie bei nicht elektiver stationärer Aufnahme eine
Punktion durchgeführt werden. Im Zuge der initialen Punktion empfiehlt es sich, folgende Parameter
zu bestimmen:
Tab. 4
Aszitespunktion
Parameter Transsudat Exsudat
Zellzahl
Gesamteiweiß und Albumin im Aszites
Mikrobiologische Kultur.
Spezielle Aspekte
1.
Maligner Aszites :
2.
Entzündlicher Aszites:
3.
Pankreatogener Aszites:
Amylase-/Lipase-Erhöhung
Therapie
1.
Nicht medikamentöse Basistherapie:
2.
2. Medikamentöse Therapie:
Bei der spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) handelt es sich um eine bakterielle Entzündung der
Peritonealhöhle ohne Hinweis auf eine anderweitige intraabdominelle Ursache der Infektion,
Peritonealkarzinose oder Tuberkulose (Gerbes et al. 2010).
Labor: >250 neutrophile Granulozyten/μl
Therapie
1.
Unkomplizierte Erstmanifestation der SBP (d. h. Fehlen von Schock, Ileus, gastrointestinaler Blutung,
schwergradiger Enzephalopathie oder Serumkreatinin >3 mg/dl):
Chinolone oral
2.
Komplizierte SBP:
3.
Ergänzende Empfehlungen:
Abweichung gemäß lokaler Resistenzlage (speziell bei nosokomialer Infektion oder dem
Bestehen einer antibiotischen Vorbehandlung)
Kontrolle des Therapieerfolges 48 Stunden nach Erstdiagnose mittels Kontrollpunktion
Primärprophylaxe
Eine Primärprophylaxe sollte bei der in Tab. 5 genannten Befundkonstellation erfolgen.
Tab. 5
Befundkonstellation für Primärprophylaxe
Aszitesalbumin <1,5 g/dl + Child-Pugh-Score >9 (mit Bilirubin >3 mg/dl)
Sekundärprophylaxe
Nach erfolgreicher Therapie einer SBP empfiehlt sich eine medikamentöse Prophylaxe. Als primäres
Therapeutikum ist die Wirksamkeit von Chinolonen in Studien belegt (z. B. Norfloxacin 400 mg/Tag).
Hepatorenales Syndrom
Ein hepatorenales Syndrom (HRS) ist ein potenziell reversibles Nierenversagen bei Patienten mit
Leberzirrhose und Aszites oder alkoholischer Steatohepatitis (Tab. 6) (Gerbes et al. 2010).
Tab. 6
Hepatorenales Syndrom (HRS)
HRS Rasches Nierenversagen, definiert als Verdopplung des Serumkreatinins auf über 2,5
Typ 1 mg/dl in weniger als zwei Wochen
HRS Moderates Nierenversagen mit Serumkreatinin zwischen 1,5 und 2,5 mg/dl bei stabilem
Typ 2 oder langsam fortschreitenden Verlauf
Diagnosekriterien
Therapie
HRS Typ 1:
o Albumin (1 g/kg KG/Tag bis zu einer Maximaldosis von 100 g/Tag)
o Terlipressin 2–4 mg/Tag (maximal 8–12 mg/Tag) für mindestens drei Tage
HRS Typ 2:
o Überlebensvorteile für eine kombinierte Albumin-Terlipressin-Therapie sind für das HRS
Typ 2 nicht belegt. Eine standardisierte Aszitestherapie wird empfohlen.
Die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) kann bei
Patienten mit HRS bei vorliegender Expertise erwogen werden.
Hepatische Enzephalopathie
2.
Für das Zentralnervensystem toxische Stoffe reduzieren:
3.
Lebertransplantation bei terminaler Leberinsuffizienz
Patienten mit Leberzirrhose weisen bei Erstdiagnose bereits in ca. 50 % der Fälle Ösophagusvarizen
auf. Ein Drittel der Blutungsepisoden bei Zirrhosepatienten ist auf diese Komplikation der portalen
Hypertension zurückzuführen. Differenzialdiagnostisch muss an die hypertensive Gastropathie,
Fundusvarizen und klassische Blutungsquellen (z. B. peptische Ulcera) gedacht werden (Sauerbruch
und Scheurlen 2002; Garcia-Tsao et al.2007; de Francis et al. 2010).
Allgemeine Empfehlungen
Akute Varizenblutung
Allgemeine Maßnahmen:
Medikamentöse Maßnahmen
Antibiotische Therapie: Chinolone oder Cephalosporine der Gruppe 3a (z. B. Ceftriaxon 2 g i.v.)
für mindestens 5 Tage
Vasoaktive Pharmaka: Senkung des portalvenösen Druckes durch Vasopressinanaloga (z. B.
Terlipressin 2 mg alle 4 h für 48 h; 1 mg alle 4 h bis Tag 5 fortsetzen)
Endoskopische Therapieoptionen
Sekundärprophylaxe
Kombination aus Ligatur/Sklerosierungstherapie und medikamentöser Drucksenkung
(unselektive Betablocker)