Sie sind auf Seite 1von 12

IAB Kurzbericht

Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung


4/2018

In aller Kürze Substituierbarkeitspotenziale von Berufen


„„ Seit unserer letzten Studie zu den
Substituierbarkeitspotenzialen aus
dem Jahr 2013 sind viele neue Tech-
Wenige Berufsbilder halten
nologien marktreif geworden. Des-
halb ist eine Neubeurteilung erfor-
derlich, in welchem Ausmaß Berufe
mit der Digitalisierung Schritt
durch Computer oder computerge- von Katharina Dengler und Britta Matthes
steuerte Maschinen ersetzt werden
könnten. Zugleich ist zu berücksich-
tigen, dass sich einige Berufsbilder
geändert haben.
„„ Die Substituierbarkeitspotenziale
sinken mit steigendem Anforde- Die Entwicklung neuer Technologien hat einen Rückwärtssalto gestanden und damit
rungsniveau. Gegenüber 2013 sind in den letzten Jahren deutlich an Fahrt die Sportlichkeit und Balancefähigkeit ei-
die Unterschiede zwischen den An-
aufgenommen. Berufliche Tätigkeiten, nes normalen Menschen weit übertroffen
forderungsniveaus noch deutlicher
geworden. Am stärksten sind die bei denen der Mensch bisher als nicht hat. Die allgemeine Verunsicherung über
Potenziale in den Helferberufen, am ersetzbar galt, könnten heute potenziell die Konsequenzen des Einsatzes solcher
wenigsten in den Expertenberufen von Computern und computergesteuerten Technologien für die zukünftigen Beschäfti-
gestiegen (vgl. Abbildung 1).
Maschinen erledigt werden. Gleichzeitig gungschancen ist groß. Weil bislang jedoch
„„ Bei den Berufssegmenten fällt der
haben sich in einigen Berufen die Tätig-
Anstieg in den Verkehrs- und Logis-
tikberufen am höchsten aus. keitsprofile verändert und es sind neue Abbildung 1

„„ Der Anteil der sozialversiche- Tätigkeiten oder Berufe hinzugekom- Substituierbarkeitspotenzial nach
rungspflichtig Beschäftigten, die in men. Vor diesem Hintergrund berechnen Anforderungsniveau
einem Beruf mit hohem Substituier- wir den Anteil der potenziell ersetzbaren Anteil der Tätigkeiten, die potenziell von Computern
barkeitspotenzial arbeiten, ist von 15 erledigt werden könnten, in Prozent
Tätigkeiten in den Berufen für das Jahr
Prozent im Jahr 2013 auf 25 Prozent
im Jahr 2016 gestiegen. 2016 neu, vergleichen die Ergebnisse mit 2016 Veränderung 2013/2016
2013 in %-Punkten1)
„„ Substituierbarkeitspotenziale wer­­- denen von 2013 und untersuchen, wie
58
den allerdings nur zum Teil ausge- sich die potenzielle Betroffenheit der so- Helferberufe
46
+12
schöpft, da einer Automatisierung zialversicherungspflichtig Beschäftigten 54
beispielsweise wirtschaftliche, ethi- Fachkraftberufe +8
verändert hat. 45
sche oder rechtliche Aspekte entge-
40 +7
genstehen können. Spezialistenberufe
33
„„ Insgesamt ändern sich die Berufe Die Digitalisierung führt in vielen Bereichen
24 +6
Expertenberufe
langsamer als die potenziellen Ein- zu einer rasanten Entwicklung. So hat sich 19
satzmöglichkeiten neuer Technolo- beispielsweise der Laufroboter „Atlas” in 1)
Abweichungen zu den Differenzen kommen durch
gien. Es sollte deshalb kontinuierlich
wenigen Jahren von einer klobigen, am Ka- Rundung zustande.
überprüft werden, inwieweit Berufs- Quelle: Eigene Berechnungen, Dengler/Matthes (2015),
bilder entsprechend angepasst wer- bel laufenden Maschine zu einem humano- BERUFENET (2013, 2016). © IAB
den müssen. iden Roboter entwickelt, der 2016 erstmals
noch kein humanoider Roboter marktreif ist, haben „„ Roboter verlassen ihre Käfige
diese Technologien auch noch keine Folgen für den
Arbeitsmarkt. Dennoch ist in den letzten Jahren eine Unter den Technologien, die in den letzten Jahren
Reihe neuer Technologien so weiterentwickelt wor- marktreif geworden sind, ist vor allem der mobile,
den, dass sie Marktreife erlangt haben. kollaborative Roboter zu nennen. Statt wie ein klas-
Im Jahr 2013 haben wir das erste Mal dargestellt, sischer Industrieroboter, der an einem Ort feststeht
wie viele der in einem Beruf anfallenden Tätigkei- und immer wieder die vorprogrammierten Arbeits-
ten von Computern oder computer­ gesteuerten schritte erledigt, kann er unterschiedliche Tätigkei-
Maschinen erledigt werden könnten (Dengler/Mat- ten an verschiedenen Orten verrichten und dabei mit
thes 2015). Diese Einschätzung war eine Moment­ Menschen zusammenarbeiten. Bisher waren beim
aufnahme ausgehend von den technologischen Einsatz von Industrier­ obotern trennende Schutz-
Möglichkeiten und den Berufsbildern im Jahr 2013. einrichtungen notwendig, um Personen, die sich
Inzwischen gibt es Computer oder computergesteu- im Arbeitsfeld des Roboters befanden, sicher gegen
erte Maschinen auf dem Markt, die Tätigkeiten, die Verletzungen durch die sich schnell bewegenden Ro-
damals als nicht ersetzbar galten, heute potenziell boter zu schützen. Kollaborierende Roboter dagegen
ersetzen können. Deswegen ist eine Aktualisierung sind mit Sensoren ausgestattet, die Verletzungen
der Substituierbarkeitspotenziale – also der Ab- des menschlichen Mitarbeiters verhindern. Damit
schätzung, in welchem Ausmaß Berufe durch Com- wird es möglich, dass Menschen eng mit Robotern
puter oder computergesteuerte Maschinen ersetzt zusammenarbeiten. Ein kollaborativer Roboter kann
werden könnten (vgl. Infokasten 1) – erforderlich. zum Beispiel eingesetzt werden, um schwere Werk-
stücke zu heben und zu positionieren, um dem Men-
schen die Arbeit zu erleichtern.
1 Definition des Substituierbarkeitspotenzials Kollaborative Roboter sind aber auch die Basis
Das Substituierbarkeitspotenzial gibt an, in welchem Ausmaß Berufe gegen- für eine Reihe von Servicerobotern, die viele ein-
wärtig potenziell durch den Einsatz von Computern oder com­putergesteuerten fache Tätigkeiten übernehmen können. So gibt es
Maschinen ersetzbar sind. Es entspricht dem Anteil an Kerntätigkeiten in einem
zwar schon länger fahrerlose Transport­systeme; neu
Beruf, die schon heute durch den Einsatz moderner Technologien übernommen
werden könnten. Welche Tätigkeiten für einen Beruf wesentlich sind, haben Be- ist allerdings, dass die Transportroboter nicht mehr
rufsexperten im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die knapp 4.000 in an vorgeschriebene Wege gebunden sind, sich also
Deutschland bekannten Berufe auf Basis von Ausbildungsordnungen oder Stellen- selbstständig den optimalen Weg zur nächsten Be-
ausschreibungen herausgearbeitet. Im BERUFENET (vgl. Infokasten 2) werden die- oder Entladestation suchen können. Gleichzeitig re-
se und eine Reihe anderer berufskundlicher Informationen der Öffentlichkeit zur
gistrieren Sensoren, dass ein Produkt aus dem Regal
Verfügung gestellt. Wir nutzen daraus die Daten über die beruflichen Tätigkeiten.
Drei Codierer haben unabhängig voneinander für jede dieser ca. 8000 Tätigkeiten entnommen und in welchen Behälter es gelegt wor-
recherchiert, ob es eine computergesteuerte Maschine oder einen Computeral- den ist. Dadurch können Tätigkeiten, die bisher als
gorithmus gibt, der diese Tätigkeit vollumfänglich automatisch erledigen kann. nicht ersetzbar galten, von Robotern übernommen
Kam es bei der Zuordnung zu abweichenden Einschätzungen der Codierer, wurde
werden: zum Beispiel das Kommissionieren im Lager,
anhand von Rechercheergebnissen diskutiert und entschieden, ob eine Tätigkeit
als substituierbar betrachtet werden kann. Bei dieser Einschätzung geht es aus- das Be- und Entladen von Maschinen, das Transpor-
schließlich um die technische Machbarkeit. Wenn eine Tätigkeit als ersetzbar ein- tieren von Waren und Werkzeugen, aber auch das
gestuft wurde, heißt das nicht, dass sie tatsächlich in den nächsten Jahren ersetzt Holen oder Bringen von Essen oder medizinischen
wird. Sofern die menschliche Arbeit wirtschaftlicher, flexibler oder von besserer
Produkten in der Patientenbetreuung, das Begleiten
Qualität ist oder rechtliche oder ethische Hürden einem Einsatz solcher Technolo-
gien entgegenstehen, werden auch ersetzbare Tätigkeiten eher nicht ersetzt. von Kunden auf dem Weg zu einem gesuchten Pro-
Weil uns keine Informationen darüber zur Verfügung stehen, wie viel Zeit in einem dukt und vieles andere mehr.
Beruf typischerweise für die Erledigung einer bestimmten Tätigkeit aufgewendet
wird, gehen wir bei der Berechnung des Substituierbarkeitspotenzials davon aus,
dass jede Kerntätigkeit in einem Beruf mit gleichem zeitlichen Umfang erledigt
wird. Das kann einerseits zu einer Überschätzung des Substituierbarkeitspotenzials
führen; nämlich dann, wenn insgesamt weniger Zeit für die Erledigung substitu-
ierbarer Kerntätigkeiten aufgewendet wird; andererseits aber auch zu einer Unter-
schätzung, wenn dafür insgesamt mehr Zeit aufgewendet wird. Deswegen wird im
IAB-Job-Futuromat (http://job-futuromat.iab.de) nicht nur das berufsspezifische
Substituierbarkeits­potenzial berichtet, sondern auch die Möglichkeit geschaffen,
einzustellen, wie häufig die einzelnen Tätigkeiten erledigt werden. Damit lässt sich
ein jobspezifisches Substituierbarkeits­potenzial bestimmen.

2 IAB-Kurzbericht 4/2018
„„ Computerprogramme können ten über Bodeneigenschaften und Wetter zu nutzen,
selbstständig lernen um durch bedarfsgerechte Düngung die Kosten für
Dünger, Pflanzenschutzmittel und Saatgut zu senken.
Weil große Datenmengen gesammelt und in Echt- Nicht zuletzt ergibt sich daraus die Möglichkeit, den
zeit ausgewertet werden können, lassen sich zum Eintrag überschüssiger Nährstoffe in die Umwelt zu
Beispiel mit intelligenter Bilderkennung verschie- minimieren. Ebenso können LKW-Routen permanent
dene Prozesse in der Wertschöpfungs­ kette wie optimiert werden, wenn die sich ständig verändern-
Wareneingangs­ kontrolle, Montageprüfung oder den Informationen über Witterungsverhältnisse oder
Warenkommissionierung optimieren. Dabei werden Straßensperrungen mit unternehmensspezifischen
viele Bilder von einem Produkt gemacht und in ei- Informationen über Ort, Zeit und Umfang von ver-
nem Datenbanksystem mit den dazugehörigen Pa- einbarten Warenlieferungen oder verzögerte Be- und
rametern gespeichert. Werden nun Waren geliefert, Entladezeiten verknüpft werden.
erzeugt eine Kamera ein Bild, das mit den Bildern in
der Datenbank verglichen und in Sekundenbruchtei-
„„ 3D-Druck und Virtuelle Realität
len erkannt werden kann. Dabei optimiert sich das
System selber, denn es kommen immer wieder neue 3D-Druck ist eine zukunftsweisende Technologie,
Bilder vom gleichen Produkt hinzu. die in der Lage ist, viele Branchen zu revolutionie-
Aber nicht nur einfache Tätigkeiten können zu- ren. Gegenüber spanenden Verfahren wie Fräsen
nehmend besser von Computern oder computer- oder Bohren ist der 3D-Druck nicht nur energetisch
gesteuerten Maschinen erledigt werden, sondern günstiger, sondern vor allem materialsparender: Es
auch komplexere Aufgaben. Durch Vergleichen ei- wird nur so viel Material verwendet, wie erforder-
nes unbekannten Falls mit einer großen Anzahl von lich ist, um das Werkstück herzustellen. Eine weitere
datenbankgespeicherten Fällen sind Computerpro- Stärke des 3D-Drucks ist die Möglichkeit, komple-
gramme zunehmend besser in der Lage, auch kom- xe Formen aufzubauen, die mit anderen Maschinen
plexe Sachverhalte zu analysieren und zu bewerten. schwer oder gar nicht herstellbar sind. Dabei ist der
So können Versicherungsanträge oder Steuerer- 3D-Druck nicht auf Kunststoffe beschränkt, auch
klärungen vollautomatisch geprüft werden. Selbst metallische und keramische Werkstücke lassen sich
bei der Besetzung einer offenen Stelle schaffen es mit diesem Verfahren herstellen. 3D-Drucker werden
Computerprogramme inzwischen, auf der Basis ei- bislang vor allem bei der Herstellung von Prototypen
ner genauen Beschreibung des Stellenprofils und und Modellen eingesetzt oder produzieren Werk-
einer großen Menge an Daten über die bisherigen stücke, von denen nur geringe Stückzahlen benötigt
Rekrutierungsentscheidungen geeignete Kandida- werden. Gegenwärtig sind also durch den 3D-Druck
ten vorzuschlagen. Ein eingebauter Lern­algorithmus Tätigkeiten wie „Modelle anfertigen“ potenziell sub-
(Machine Learning) führt dabei nicht nur dazu, dass stituierbar. Das hat aber nicht nur für Tätigkeiten im
die historischen Erfahrungen bei der Besetzung einer Modellbau Folgen, sondern auch in der Medizin- und
Stelle in das Programm einfließt, sondern auch dazu, Zahntechnik: Durch den 3D-Druck können Prothesen
dass sich der Suchalgorithmus – wenn der vom Pro- und Zahnersatz, die genau auf die Bedürfnisse des
gramm vorgeschlagene Kandidat nicht eingestellt Patienten zugeschnitten sind, schneller und weniger
werden konnte oder nicht die erhofften Ergebnisse aufwändig gefertigt werden.
erzielt – automatisch anpasst. Darüber hinaus haben weitere digitale Assistenz-
Weil immer mehr Daten verfügbar sind, zunehmend systeme Marktreife erlangt. Smart Glasses, mit de-
Daten aus unterschiedlichen Quellen miteinander nen beispielsweise Lagerarbeiter angezeigt bekom-
kombiniert werden können und auch entsprechende men, in welchem Regal sie als nächstes welches
statistische Modelle entwickelt werden, gewinnen Produkt entnehmen sollen, gibt es schon länger. Neu
Prognosen an Vorhersagekraft. So gelingt es immer in diesem Bereich ist allerdings die Software, die si-
besser, Lager­bestände dadurch zu reduzieren, dass die muliert, ob ein lediglich virtuell existierendes Bauteil
Schätzung, wann, wie viel eines Produkts oder einer in ein real existierendes Objekt passt. Durch den Ein-
Ware an einem bestimmten Ort zur Verfügung ste- satz Virtueller Realität kann man zum Beispiel uner-
hen sollte, immer genauer wird. In der Landwirtschaft fahrenen Monteuren genau anzeigen lassen, wie der
geht es beim Düngen nicht mehr nur darum, Dünger nächste erforderliche Arbeitsschritt zu erfolgen hat.
auf dem Feld auszubringen, sondern auch darum, Da- Oder Architekten können ihren Kunden virtuell zei-

IAB-Kurzbericht 4/2018 3
gen, wie die Wohnung nach einer Renovierung aus- Technologien zu tun: Das Beherrschen neuer Soft-
sehen könnte. Auch die Funktionalität von lediglich wareanwendungen (wie Simulationssoftware, Geo­
virtuell existierenden Maschinen kann in ihrer realen informationssysteme, Entwicklungsumgebungen),
Arbeitsumgebung getestet werden, sodass Prozesse der Umgang mit den neuen Technologien (wie 3D-
optimiert werden können, bevor die Maschine über- Druck) oder die Einhaltung dazugehöriger gesetz-
haupt gebaut wird. licher Vorschriften wurde zu einer Voraussetzung,
bestimmte Berufe ausüben zu können. Weil mit dem
Einsatz neuer Technologien häufig neue Produk­
„„ Berufsbilder verändern sich
tionsverfahren etabliert werden, sind darüber hinaus
In den letzten Jahren sind also vor allem mobile, aber auch neue Tätigkeiten im Qualitäts- oder Pro-
kollaborative Roboter und selbstlernende Compu- zessmanagement entstanden. Außerdem verändern
terprogramme sowie erste Anwendungen von 3D- sich die für die Ausübung eines Berufes notwendi-
Druck und Virtueller Realität so weiterentwickelt gen Kenntnisse, wenn im Zuge der Digitalisierung
worden, dass immer mehr berufliche Tätigkeiten neue Produkte und Dienstleistungen angeboten
als potenziell ersetzbar eingestuft werden müssen. werden (wie beispielsweise Smart Home).
Gleichzeitig haben sich aber auch die Berufsbilder Eher selten entstehen Berufe neu. Bei der Bun-
verändert. Weil automatisierbare Tätigkeiten von desagentur für Arbeit wird permanent registriert,
Robotern oder Computeralgorithmen erledigt wer- ob neue Berufsbezeichnungen auf dem deutschen
den können, müssen sie nicht mehr vom Menschen Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt verwendet werden.
ausgeführt werden. Sie verlieren an Bedeutung oder Dies geschieht anhand von Stellenausschreibungen,
sind für die Ausübung des Berufes nicht mehr rele- durch die Erfassung der Berufsverläufe bei der Ar-
vant. In der Regel schlägt sich das darin nieder, dass beitslos- oder Arbeitsuchendmeldung, durch die
eine bislang als Kerntätigkeit deklarierte Tätigkeit in Neuordnung von Ausbildungsberufen oder die Schaf-
Stellenausschreibungen oder Ausbildungsordnungen fung neuer Studiengänge. Wenn eine Berufsbezeich-
nicht mehr erwähnt wird oder für die Ausübung des nung eine gewisse Marktrelevanz erreicht hat und es
Berufes nicht mehr als zentral gewertet wird. So keinen Vorgängerberuf gibt, werden diese Berufe im
werden 2016 Tätigkeiten wie „Modelle anfertigen“ BERUFENET (vgl. Infokasten 2) neu beschrieben. Mit
oder „Berechnen“ seltener als Kernkompetenz be- der Aufnahme in das BERUFENET kann man davon
schrieben als noch 2013. ausgehen, dass ein neuer Beruf entstanden ist.
Häufiger sind durch die Einführung neuer Tech- In Deutschland sind seit 2013 neue Berufe vor
nologien jedoch neue Tätigkeiten entstanden, die allem in Bereichen entstanden, die mit der An-
für die Ausübung eines Berufes unabdingbar wer- wendung neuer Technologien im Zusammenhang
den. Der größte Teil der seit 2013 entstandenen stehen: Beispielsweise ist der Beruf des Data Sci-
Tätigkeiten hat direkt mit der Einführung digitaler entist neu entstanden, um große Datenmengen in
Echtzeit aus verschiedenen Quellen analysieren und
für gleichzeitig ablaufende Produktions- oder Ge-
2 BERUFENET als Datenbasis schäftsprozesse nutzen zu können. Zwar gab es auch
Die Expertendatenbank BERUFENET (http://berufenet.arbeitsagentur.de) der Bun- vorher schon Berufe, in denen große Datenmengen
desagentur für Arbeit (BA) stellt online und kostenlos Informationen über alle in analysiert wurden. Dass aber die Ergebnisse solcher
Deutschland bekannten Berufe zur Verfügung. Das BERUFENET wird vor allem
Analysen in Echtzeit Parameter für die Steuerung
bei der Berufsberatung oder bei der Arbeitsvermittlung genutzt. Es enthält zum
Beispiel Informationen über die zu erledigenden Aufgaben in der jeweiligen be- bereitstellen müssen, ist neu. Ein anderes Beispiel
ruflichen Tätigkeit, über die verwendeten Arbeitsmittel, über die Gestaltung von ist der Beruf Interfacedesigner/in, in dem Benut-
Arbeits­bedingungen, über notwendige Ausbildungen oder rechtliche Regelungen. zeroberflächen von Computersystemen oder techni-
Für die Berechnung des Substituierbarkeitspotenzials nutzen wir die Anforde­ schen Produkten entwickelt werden, die möglichst
rungsmatrix (in der BA auch als Kompetenzmatrix bezeichnet), in der ca. 8.000
Anforderungen den ca. 4.000 Kernberufen zugeordnet sind. Mit Kernberuf ist
optimal auf die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Fer-
die aktuellste beziehungsweise jüngste Berufsbezeichnung für einen bestimm- tigkeiten der Nutzer abgestimmt sind. Dieser Beruf
ten Beruf gemeint. So gibt es für den Beruf „Kraftfahrzeugmechatroniker“ ältere ist neu entstanden, weil die Anforderungen bei der
Berufsbezeich­nungen wie „Kraftfahrzeug­mechaniker“ oder spezifischere Berufs- Bedienung digitaler Geräte und Anlagen steigen und
bezeichnungen wie „Kraftfahrzeug­mechatroniker – Schwerpunkt Karosserietech-
die optimierte Gestaltung der Interaktion zwischen
nik“, die jeweils mit den Anforderungen des Kernberufs „Kraftfahrzeugmechatro-
niker“ verknüpft sind. Wir verwenden die Anforderungsmatrix für das Jahr 2016. Mensch und Maschine ein immer wichtiger werden-
der Wettbewerbsvorteil ist.

4 IAB-Kurzbericht 4/2018
„„ Substituierbarkeitspotenziale 2016 Anstieg immerhin noch etwa 8 Prozentpunkte, in
im Vergleich zum Jahr 2013 den Spezialistenberufen sind es 7 Prozentpunkte
und in den Expertenberufen 6 Prozentpunkte.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Neue Tätig-
keiten und Berufe sind entstanden, in den Tätig- Veränderung des Substituierbarkeits-
keitsprofilen der Berufe haben sich Änderungen potenzials nach Berufssegmenten
ergeben und Tätigkeiten, die als nicht ersetzbar Auf den verschiedenen beruflichen Teilarbeitsmärk-
galten, sind jetzt durch neue Technologien poten- ten haben sich die Substituierungspotenziale sehr
ziell ersetzbar geworden. Eine Aktualisierung der unterschiedlich entwickelt. In Abbildung 2 (Seite 6)
Sub­stituierbarkeitspotenziale ist vor diesem Hinter- werden sie für die Jahre 2013 und 2016 in 14 Be-
grund geboten. Dabei sind wir genauso vorgegangen rufssegmenten (vgl. Infokasten 3) dargestellt.
wie 2013: Für jede der im BERUFENET verwendeten Wie schon 2013 sind auch im Jahr 2016 die Sub­
Kerntätigkeiten haben drei Codierer unabhängig stituierbarkeitspotenziale in den Fertigungs- und
voneinander recherchiert, ob es eine computerge- Fertigungstechnischen Berufen am höchsten und in
steuerte Maschine oder ein Computer­ programm den Sozialen und Kulturellen Dienstleistungsberufen
gibt, der diese Tätigkeit vollumfänglich automatisch am niedrigsten. Allerdings ist die Geschwindigkeit,
erledigen kann (vgl. Infokasten 1). Für jeden einzel- mit der sich die Substituierbarkeitspotenziale auf
nen Beruf wird dann berechnet, wie hoch der Anteil den verschiedenen beruflichen Teilarbeitsmärkten
der substituierbaren Tätigkeiten an allen für die Aus- verändert haben, sehr unterschiedlich.
übung dieses Berufes erforderlichen Tätigkeiten ist
(vgl. Infokasten 3).
3 Berechnung des Substituierbarkeitspotenzials für verschiedene
Veränderung des Substituierbarkeits- Berufsaggregate
potenzials nach Anforderungsniveau
Das Substituierbarkeitspotenzial eines Einzelberufes wird berechnet, indem für je-
In Abbildung 1 (Seite 1) wird zunächst das Substi- den Beruf die Zahl der durch Computer ersetzbaren Kernanforderungen durch die
tuierbarkeitspotenzial für die Jahre 2013 und 2016 gesamte Zahl der Kernanforderungen dividiert wird. Bei der Ermittlung des Sub-
nach Anforderungsniveaus der Berufe dargestellt. stituierbarkeitspotenzials für verschiedene Berufsag­gregate muss berücksichtigt
werden, dass Einzelberufe mit hohen Beschäftig­tenzahlen das Substituierbarkeits­
Dabei verwenden wir die Klassifikation der Berufe
potenzial stärker beeinflussen als Einzelberufe mit einer kleinen Beschäftigten-
2010 (vgl. Infokasten 4). zahl. Deswegen werden die Substituierbar­keitspotenziale auf Einzelberufsebene
Während im Jahr 2013 Helfer- und Fachkraftbe- mit einem Gewicht, das auf Basis der Beschäftigtenzahlen ermittelt wird, aggre-
rufe noch ein ähnlich hohes Substituierbarkeitspo- giert (Dengler/Matthes/Paulus 2014). In diesem Kurzbericht stellen wir somit den
Durchschnitt der ge­wichteten Substituierbarkeitspotenziale auf Einzelberufsebene
tenzial von etwa 45 Prozent hatten, weisen die Hel-
für verschiedene Berufsaggregate dar.
ferberufe im Jahr 2016 mit 58 Prozent das höchste
Substituierbarkeitspotenzial auf. Das heißt: Im Jahr
2016 hätten im Durchschnitt 58 Prozent der in den
Helferberufen zu erledigenden Tätigkeiten potenziell 4 Klassifikation der Berufe 2010
von Computern oder computergesteuerten Maschi-
Die Klassifikation der Berufe 2010 schafft für Deutschland eine aktuelle Berufsklas-
nen verrichtet werden können. Dabei sinkt das sifikation, die zwei Dimensionen der beruflichen Tätigkeiten erfasst. In der ersten
Substituierbarkeitspotenzial mit steigendem Anfor- Dimension, der Berufsfachlichkeit, werden die Berufe hinsichtlich der Ähnlichkeit
derungsniveau. In den Fachkraftberufen sind dies ihrer Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten gruppiert. Die zweite Dimension, das
Anforderungsniveau, bildet die unterschiedlichen Komplexitätsgrade innerhalb der
54 Prozent, in den Spezialistenberufen 40 Prozent
Berufe ab. Hierzu werden vier Anforderungsniveaus unterschieden, die sich an den
und in den Expertenberufen 24 Prozent. formalen beruflichen Bildungsabschlüssen orientieren (Paulus/Matthes 2013):
Besonders bemerkenswert ist dabei vor allem, dass „„ Helfer: keine berufliche Ausbildung oder eine einjährige Berufsausbildung
auch die Zunahme des Substituier­barkeitspotenzials „„ Fachkräfte: eine mindestens zweijährige Berufsausbildung oder ein
zwischen 2013 und 2016 mit steigendem Anforde- berufsqualifizierender Abschluss an einer Berufsfach- oder Kollegschule
rungsniveau kleiner wird. In den letzten Jahren sind „„ Spezialisten: Meister- oder Technikerausbildung bzw. weiterführender
Fachschul- oder Bachelorabschluss
also viele Technologien verfügbar geworden, die
„„ Experten: ein mindestens vierjähriges abgeschlossenes Hochschulstudium
eher auf die Ersetzung einfacher Tätigkeiten abzie-
Die Berufe lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten anhand berufsfachlicher
len, sodass das Substituierbarkeitspotenzial in den
Kriterien zu 14 Berufssegmenten qualitativ zusammenfassen (Matthes/Meinken/
Helferberufen mit 12 Prozentpunkten am stärksten Neuhauser 2015).
gestiegen ist. In den Fachkraftberufen beträgt der

IAB-Kurzbericht 4/2018 5
Die größten Veränderungen zwischen 2013 und 2016 entsprechenden Technologien noch erprobt werden
ergeben sich in den Verkehrs- und Logistikberufen. und man deshalb noch nicht von Marktreife spre-
Das Substituierbarkeitspotenzial ist hier um 20 Pro- chen kann.
zentpunkte gewachsen. Vor allem Tätigkeiten in Der deutliche Anstieg des Substituierbarkeitspo-
der Logistik und Intralogistik, die bislang nur vom tenzials in den Unternehmensbezogenen Dienstleis-
Menschen verrichtet wurden, könnten nunmehr von tungsberufen um 19 Prozentpunkte steht vor allem
neu auf dem Markt verfügbaren Technologien erle- im Zusammenhang mit den verschiedenen inzwi-
digt werden. So können beispielsweise nahezu alle schen marktreif gewordenen Softwareanwendun-
Tätigkeiten rund um den Material- und Warenfluss gen, die gesetzliche Regelungen oder Vorschriften in
in einer Fertigungslinie oder einer gesamten Wert- teils selbstlernende Computerprogramme übersetzt
schöpfungskette von Robotern vollautomatisch haben. Der deutliche Zuwachs in den Reinigungsbe-
erledigt und optimiert werden. Dagegen wird das rufen um 17 Prozentpunkte ist insbesondere auf die
Fahren von Bussen, Autos oder LKW – im Gegensatz nun potenziell von kollaborativen Robotern verricht-
zur schienengebundenen Fahrzeugführung – nach baren Tätigkeiten wie das Reinigen von Rohren und
wie vor als nicht substituierbar eingestuft, weil die Anlagen zurückzuführen. Dass das Substituierbar-
keitspotenzial in den Handelsberufen ebenfalls stark
Abbildung 2 gestiegen ist, beruht hauptsächlich auf der Tatsa-
Substituierbarkeitspotenzial nach Berufssegmenten che, dass Tätigkeiten wie Wareneingangskontrolle
Anteil der Tätigkeiten, die potenziell von Computern erledigt werden könnten, nunmehr als potenziell ersetzbar eingestuft werden
in Prozent (sortiert nach dem Ausmaß der Veränderung zwischen 2013 und 2016)
müssen.
2016 Veränderung 2013/2016 in %-Punkten:1) In den Fertigungsberufen haben sich die Substi-
2013 mehr als +13 +6 bis +10 -4 bis +5 tuierbarkeitspotenziale ausgehend von einem sehr
56
hohen Niveau etwas weniger stark verändert (plus
Verkehrs- und Logistikberufe +20
36 10 Prozentpunkte). In diesem Bereich spielen die
Unternehmensbezogene 60 beim Bestücken oder Befüllen von Maschinen po-
+19
Dienstleistungsberufe 40 tenziell einsetzbaren mobilen, kollaborativen Robo-
Reinigungsberufe 39 +17 ter eine wichtige Rolle. In den Sicherheitsberufen
22
lässt sich der Anstieg um 9 Prozentpunkte insbeson-
Handelsberufe 50 +13 dere mit der in den letzten Jahren deutlich verbes-
36
serten Bilderkennungssoftware in Zusammenhang
83
Fertigungsberufe 73 +10 bringen, die nunmehr einen Teil der Überwachungs-
aufgaben übernehmen kann. In den Berufssegmen-
20
Sicherheitsberufe +9
11 ten „Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe“ „Berufe
Lebensmittel- und 40 in der Unternehmensführung und -organisa­tion“ so-
+8
Gastgewerbeberufe 32 wie „Berufe in Land-/Forstwirtschaft und im Garten-
Berufe in Unternehmensführung 57
+8 bau“ ist das Substituierbarkeitspotenzial um jeweils
und -organisation 49
8 Prozentpunkte gestiegen.
Berufe in Land-/Forstwirtschaft 44 Der Anstieg des Substituierbarkeitspotenzials in
+8
und im Gartenbau 36
den Lebensmittel- und Gastgewerbeberufen ist vor
Soziale und kulturelle 13 +6 allem darauf zurückzuführen, dass in fast allen Be-
Dienstleistungsberufe 7
rufen der Lebensmittelproduktion Tätigkeiten wie
70
Fertigungstechnische Berufe 65 +5 die Wareneingangskontrolle oder Warenkommissio-
37 nierung nunmehr als potenziell ersetzbar eingestuft
Bau- und Ausbauberufe +3
33 werden müssen. In den Berufen der Unternehmens-
Medizinische und nicht- 21
-1
führung und -organisation lässt sich der Anstieg
medizinische Gesundheitsberufe 22
insbesondere mit der Verfügbarkeit von Software
IT- und naturwissenschaftliche 39 erklären, mit der sich die Umsetzung von rechtlichen
-4
Dienstleistungsberufe 44
Regelungen oder Controllingvorgaben überwachen
lassen. Auch bei der Besetzung einer Stelle könn-
1)
Abweichungen zu den Differenzen kommen durch Rundung zustande.
Quelle: Eigene Berechnungen, Dengler/Matthes (2015), BERUFENET (2013, 2016). © IAB te die Kandidatenauswahl automatisiert getroffen
werden. Der Anstieg in den landwirtschaftlichen,

6 IAB-Kurzbericht 4/2018
forstwirtschaftlichen und Gartenbauberufen ist vor Veränderung der Betroffenheit
allem darauf zurückzuführen, dass in der Tierhaltung sozialversicherungspflichtig Beschäftigter
inzwischen eine Vernetzung von Futter-, Melk- und Seit 2013 haben sich also durch die Verfügbarkeit
Reinigungsrobotern mit Sensor-Halsbändern mög- neuer Technologien weitreichende Veränderungen
lich ist. Dadurch können nicht nur die erforderliche im Substituierbarkeitspotenzial der Berufe ergeben.
Futter- und produzierte Fleisch- oder Milchmenge Doch was bedeuten diese Veränderungen für die so-
genau und individuell ermittelt werden, sondern zialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutsch-
durch die zeitgleich erfolgende Erfassung und Aus- land? In Abbildung 3 (Seite 8) wird dargestellt, wie
wertung verschiedener Parameter kann auch die Ge- viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hoch-
sundheit der Tiere überwacht werden. gerechnet in den Jahren 2013 und 2016 in Berufen
In den Sozialen und Kulturellen Dienstleistungsbe- mit verschiedenen Substituierbarkeitspotenzialen be­-
rufen ist das Substituierbarkeitspotenzial um 6 Pro- schäftigt waren.
zentpunkte gestiegen, was insbesondere auf einer Waren im Jahr 2013 noch rund 40 Prozent
zunehmenden Verfügbarkeit von digitalen Lernplatt- (11,8 Millionen) der sozialversicherungspflichtig
formen beruht, die Lehrer beim Einsatz digitaler Me- Beschäftigten in Berufen mit niedrigem Substitu-
dien und der Lernzielkontrolle unterstützen können. ierbarkeitspotenzial beschäftigt, sinkt dieser Anteil
Zwar ist das Substituierbarkeitspotenzial in den im Jahr 2016 auf etwa 28 Prozent (9,0 Millionen).
Fertigungstechnischen Berufen sehr hoch, der An- Das Substituierbarkeitspotenzial eines Berufs gilt
stieg ist mit einem Plus von 5 Prozentpunkten aber dann als niedrig, wenn der Anteil der Tätigkei-
eher gering ausgefallen. Hier ist besonders auffällig, ten, die durch Computer oder computergesteuerte
dass die Steigerung fast ausschließlich auf die Ver- Maschine erledigt werden könnten, bei maximal
fügbarkeit von 3D-Druckern zurückzuführen ist, die 30 Prozent liegt.
in den Berufen im Modellbau zunehmend eingesetzt Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäf-
werden. Ein geringerer Anstieg um 3 Prozentpunkte tigten, die in Berufen mit einem mittleren Substitu-
hat sich auch bei den Bau- und Ausbauberufen er- ierbarkeitspotenzial arbeiten – das heißt, der Anteil
geben. substituierbarer Tätigkeiten liegt zwischen 30 und
Besonders bemerkenswert ist, dass das Substitu- 70 Prozent –, ist annähernd gleich geblieben: Wäh-
ierbarkeitspotenzial in den Medizinischen und nicht- rend im Jahr 2013 etwa 45 Prozent (13,2 Millio-
medizinischen Gesundheitsberufen sowie in den IT- nen) der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
und naturwissenschaftlichen Dienstleistungs­berufen Berufe mit mittlerem Substituierbarkeitspotenzial
nicht gestiegen ist. Durch den potenziellen Einsatz ausgeübt haben, waren es 2016 rund 46 Prozent
von 3D-Druckern in der Medizintechnik könnten (14,6 Millionen).
zwar manche Tätigkeiten in einigen Bereichen der Stark gestiegen ist dagegen die Betroffenheit in
Medizinischen und nichtmedizinischen Gesundheits- den Berufen mit hohem Substituierbarkeits­potenzial.
berufe substituiert werden. In anderen diesem Be- 2013 waren noch circa 15 Prozent (4,4 Millionen)
rufssegment zugeordneten Berufen sind die Sub­sti­ der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in
tuierbarkeitspotenziale dagegen deutlich gesunken, Berufen mit einem Substituierbarkeitspotenzial von
vor allem weil in der Krankenpflege der Anteil ad- über 70 Prozent beschäftigt. Bis 2016 ist dieser An-
ministrativer und damit substituierbarer Tätigkeiten teil auf gut 25 Prozent gestiegen. Das heißt, 2016
zurückgegangen ist. Insgesamt ist in diesem Berufs- arbeitete ein Viertel aller sozialversicherungspflich-
segment ein Rückgang des Substituierbarkeitspoten- tig Beschäftigten (7,9 Millionen) in Berufen, in de-
zials um einen Prozentpunkt zu verzeichnen. In den nen mindestens 70 Prozent der anfallenden Tätig-
IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsbe- keiten von Computern oder computergesteuerten
rufen haben sich vor allem die auszuübenden Tätig- Maschinen erledigt werden könnten.
keiten stark verändert: Ersetzbare Tätigkeiten haben
an Bedeutung verloren und viele neue, nicht ersetz- Zusammenhang zwischen Substituierbarkeits­
bare Tätigkeiten haben an Bedeutung gewonnen. In potenzial und Beschäftigungsentwicklung
den naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen Völlig offen ist bislang jedoch, unter welchen Um-
kommt hinzu, dass es dort zunehmend weniger um ständen die Substituierbarkeitspotenziale überhaupt
die Bedienung bestimmter technischer Geräte als ausgeschöpft werden. Um der Antwort auf diese
vielmehr um die Analyse von Daten geht. Frage etwas näher zu kommen, haben wir in Ab-

IAB-Kurzbericht 4/2018 7
bildung 4 den Zusammenhang zwischen den Sub- „„ Substituierbarkeitspotenziale werden
stituierbarkeitspotenzialen im Jahr 2013 und dem nur zum Teil ausgeschöpft
Beschäftigungswachstum zwischen 2013 bis 2016
auf Berufsebene dargestellt. Anhand der leicht ab- Dass eine Tätigkeit als substituierbar eingestuft ist,
fallenden roten Linie über der Null-Prozent-Achse heißt also nicht, dass sie zukünftig nur noch von
kann man erkennen, dass die Beschäftigung mit Computern und computergesteuerten Maschinen
steigendem Substituierbarkeitspotenzial weniger erledigt wird, denn das Substituierbarkeitspotenzial
stark wächst. Die Analyse zeigt: Wenn das Substi- sagt lediglich etwas über die technische Machbar-
tuierbarkeitspotenzial um 10 Prozentpunkte steigt, keit aus. Ob dieses Potenzial überhaupt ausgeschöpft
sinkt das Beschäftigungswachstum signifikant um wird, hängt auch von einer Reihe anderer Aspekte ab.
1 Prozentpunkt. Berücksichtigt man weitere Unter- Unter anderem wird es – wenn die Qualität der vom
schiede (wie die in einem Beruf vorfindbare Alters- Menschen produzierten Waren höher ist als die von
oder Qualifikationsstruktur und die Branche), wird einer Maschine produzierten Waren – Kunden geben,
der Zusammenhang zwischen Substituierbarkeitspo- die bereit sind, einen höheren Preis für die bessere
tenzial und Beschäftigungswachstum zwar kleiner, Qualität zu zahlen, sodass die entsprechenden Tä-
bleibt aber signifikant (vgl. Infokasten 5). tigkeiten trotz hoher Substituierbarkeitspotenziale
Zusammenfassend kann man also sagen, dass sich eher nicht substituiert werden. Auch wenn Kunden
die Berufsstruktur zugunsten der Beschäftigung in einem handgefertigten Produkt eine größere Wert-
Berufen mit niedrigeren Substituierbarkeitspotenzia­ schätzung entgegenbringen – also lieber Brötchen
len entwickelt hat. Allerdings ist der Zusammenhang in der Handwerksbäckerei kaufen als im Backshop –,
nicht stark. Das heißt, Substituierbarkeitspotenziale wird es weiterhin Betriebe geben, die handwerk-
sind ein wichtiger, aber nicht der einzige Erklärungs- lich produzieren. Darüber hinaus lohnt es sich für
faktor für die Beschäftigungsentwicklung. So ist die einen Unternehmer nicht zu substituieren, wenn
Beschäftigung der Lager- und Transportarbeiter oder eine Maschine – um Produkte oder Dienstleistungen
der Mechatroniker in den letzten Jahren trotz ei- in der gleichen Qualität und Menge herzustellen –
nes hohen Substituierbarkeitspotenzials gewachsen. teurer ist als die menschliche Arbeit. Und solange
Umgekehrt ist die Zahl der Verbraucherberater ge- rechtliche Rahmenbedingungen verhindern, dass
sunken, obwohl dieser Beruf ein Substituierbarkeits- Maschinen zur Erledigung bestimmter Tätigkeiten
potenzial von 0 Prozent aufweist. eingesetzt werden dürfen, wird ebenfalls nicht sub-

Abbildung 3
Betroffenheit der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vom Substituierbarkeitspotenzial der Berufe 2013 und 2016
Substituierbarkeitspotenzial in Prozent; betroffene Beschäftigte in Mio. und in Prozent

Anteil der Beschäftigten, die von einem … niedrigen, mittleren oder hohen … Substituierbarkeitspotenzial betroffen sind.1)

2013 2016
0% 2,43 1,26
40 % 28 %
Niedriges über 0 bis 10 % 2,10 1,70
Substituierbarkeitspotenzial über 10 bis 20 % 2,83 3,23
über 20 bis 30 % 4,43 2,79
über 30 bis 40 % 3,05 3,92
45 % 46 %
Mittleres über 40 bis 50 % 2,77 2,42
Substituierbarkeitspotenzial über 50 bis 60 % 4,86 3,91
über 60 bis 70 % 2,51 4,39
über 70 bis 80 % 2,63 2,64
15 % 25 %
Hohes über 80 bis 90 % 1,02 3,27
Substituierbarkeitspotenzial über 90 bis unter 100 % 0,63 1,64
100 % 0,13 0,39
0 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5
Betroffene Beschäftigte in Mio. Betroffene Beschäftigte in Mio.
1)
Abweichungen zu 100 Prozent kommen durch Rundung zustande.
Quelle: Eigene Berechnungen, Dengler/Matthes (2015), BERUFENET (2013, 2016), Statistik der BA (2013, 2016). © IAB

8 IAB-Kurzbericht 4/2018
stituiert. Darüber hinaus muss eine Reihe ethischer eller Realität haben dazu geführt, dass Tätigkeiten,
Probleme gelöst werden, bevor bestimmte Tätigkei- die bisher als nicht ersetzbar galten, im Jahr 2016
ten substituiert werden dürfen. Außerdem treten als potenziell ersetzbar eingestuft werden müssen.
immer wieder komplexe Situationen auf, in denen Parallel dazu haben sich in einigen Berufen die
spontan Bewertungen vorgenommen und intuitiv Berufsbilder verändert: Die Bedeutung ersetzbarer
Entscheidungen getroffen werden müssen. Diese ei- Tätigkeiten hat abgenommen, die der nicht ersetz-
nem Algorithmus zu überlassen, stößt nicht nur an baren Tätigkeiten hat zugenommen. Vor allem aber
technische, sondern auch an ethische Grenzen. Es
ist also noch nicht entschieden, ob Computer oder Abbildung 4
computergesteuerte Maschinen jemals so flexibel Zusammenhang zwischen dem Substituierbarkeitspotenzial im
wie der Mensch auf ganz unterschiedliche, vollkom- Jahr 2013 und dem Beschäftigungswachstum zwischen 2013 und 2016
men neue Situationen reagieren können. auf Berufsebene (ungewichtete Darstellung)
Durch die Digitalisierung werden nicht nur Tätig- geschätzter Zusammenhang1)
+10
keiten substituierbar, sondern es werden auch neue

Beschäftigungswachstum von 2013 bis 2016


Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt an-
geboten. Arbeitsplätze können entstehen, weil bei-
spielsweise die mobilen Roboter und 3D-Drucker ge- +5
baut und gewartet werden müssen. Darüber hinaus
(in Prozent)

kann auch die Nachfrage nach Produkten steigen,


weil durch den Einsatz neuer Technologien Preissen-
kungen möglich sind. Auch dadurch können zusätz- 0
liche Arbeitsplätze entstehen, weil sich beispielswei-
se mehr Leute intelligente Haussteuerungssysteme
leisten können, die eingebaut und gewartet werden
–5
müssen. 0 20 40 60 80 100
Substituierbarkeitspotenzial im Jahr 2013 (in Prozent)
Zudem ist die Digitalisierung nur eine der bedeu-
tenden gesellschaftlichen Herausforderungen unse- 1)
Wenn das Substituierbarkeitspotenzial um 10 Prozentpunkte steigt, sinkt das
Beschäftigungswachstum um 1 Prozentpunkt (Signifikanzniveau p<0,01).
rer Zeit. Die zunehmende Alterung der Bevölkerung
Quelle: Eigene Berechnungen, Dengler/Matthes (2015), BERUFENET (2013),
verändert die Nachfrage nach Produkten und Dienst- Beschäftigtenhistorik (2013, 2016). © IAB
leistungen und hinterlässt damit ihre Spuren in der
Beschäftigungsentwicklung. Die Energiewende führt
ebenfalls dazu, dass bestimmte Berufe stärker an Be- 5 Die IAB-Beschäftigtenhistorik als Datenbasis
deutung gewinnen als andere. Es wird sogar darüber
Die Datengrundlage für die Analysen stellt die IAB-Beschäftigtenhistorik (BeH)
spekuliert, ob durch die Digitalisierung Arbeitsplät- dar. Diese beinhaltet alle Meldungen zur Sozialversicherung, die Arbeitgeber über
ze, die im Zuge der Globalisierung in andere Länder ihre sozialversicherungspflichtig sowie geringfügig Beschäftigten abgeben müs-
verlagert wurden, wieder nach Deutschland zurück- sen. Nicht enthalten sind deshalb Zeiträume, in denen Personen als Beamte oder
kehren. Wenn Kunden nicht lange auf ein individu- Selbstständige gearbeitet haben. Jede Meldung enthält unter anderem Angaben
zur Person sowie zum Betrieb.
ell optimiertes Produkt warten wollen, ist regionale
Für die Analyse wurden die Informationen der sozialversicherungspflichtig Be-
Nähe wichtig; und die notwendigen Technologien
schäftigten aus der BeH für 2013 und 2016 auf Berufsebene (Berufsgattung
sind inzwischen verfügbar (wie der 3D-Druck). nach der Klassifikation der Berufe 2010) aggregiert. Dabei wurden Personen, die
Vollzeit beschäftigt waren, mit einem Gewicht von 1 berücksichtigt, Personen,
die Teilzeit beschäftigt waren, mit einem Gewicht von 0,5. Das Beschäftigungs-
„„ Fazit wachstum wurde aus der Veränderung der logarithmierten Beschäftigung zwi-
schen 2013 und 2016 ermittelt.
Eine Aktualisierung der Substituierbarkeitspotenzia-
Berechnet wurde der Zusammenhang zwischen dem Beschäftigungswachstum
le von Berufen ist vor allem deswegen notwendig ge-
von 2013 bis 2016 und dem Substituierbarkeitspotenzial im Jahr 2013 mithilfe ei-
worden, weil einige Technologien Marktreife erlangt ner gewichteten OLS-Regression (Methode der kleinsten Quadrate). Es zeigt sich,
haben, die bestimmte, bislang nur vom Menschen dass bei Kontrolle für Anteile nach Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Qua-
ausführbare Tätigkeiten vollumfänglich automatisch lifikation, Vollzeitbeschäftigung, Befristung, Region, Betriebsgröße und Branche
in einem Beruf, der negative Zusammenhang zwischen Beschäftigungswachstum
erledigen könnten. Insbesondere mobile, kollaborati-
und Substituierbarkeitspotenzial bestehen bleibt. Dabei muss man beachten, dass
ve Roboter und selbstlernende Computerprogramme diese Analyse keine kausale Interpretation zulässt.
sowie erste Anwendungen von 3D-Druck und Virtu-

IAB-Kurzbericht 4/2018 9
sind neue Tätigkeiten entstanden, die für die Aus- gen, man also bewusst auf eine Automatisierung
übung bestimmter Berufe maßgeblich geworden verzichtet. Darüber hinaus können rechtliche oder
sind. Außerdem sind ein paar Berufe neu entstanden. ethische Hürden einer Substitution entgegenste-
Die Aktualisierung zeigt, dass das Substituierbar- hen. Das Substituierbarkeitspotenzial berücksich-
keitspotenzial zwischen 2013 und 2016 in allen An- tigt außerdem nicht, dass durch die Digitalisierung
forderungsniveaus gestiegen ist. Dabei ist die stärk­ neue Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt
ste Zunahme in den Helferberufen zu verzeichnen. angeboten werden oder Innovationen und Produkti-
Nach wie vor sind die Substituierbarkeitspotenziale vitätswachstum zu Preissenkungen führen, die ins-
in den Fertigungs- und Fertigungstechnischen Beru- gesamt Beschäftigung schaffen könnten, statt sie
fen am höchsten und in den Sozialen und Kulturellen abzubauen.
Dienstleistungsberufen am niedrigsten. Allerdings ist Vor allem aber können wir bei der Berechnung der
die Geschwindigkeit, mit der sich die Substituierbar- Substituierbarkeitspotenziale vorab nicht abschät-
keitspotenziale verändert haben, auf den verschiede- zen, wie stark sich die Tätigkeitsprofile der Berufe
nen beruflichen Teilarbeitsmärkten sehr unterschied- verändern und welche Tätigkeiten und Berufe neu
lich. Während das Substituierbarkeitspotenzial fast entstehen. Wie wir in diesem Kurzbericht gezeigt
in allen Berufssegmenten steigt, ist es in den IT- und haben, sind diese beiden Anpassungsmechanismen
naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen so- aber äußerst relevant bei der Bewältigung des tech-
wie den Medizinischen und nichtmedizinischen Ge- nologischen Wandels. Berufe können sich so verän-
sundheitsberufen leicht gesunken. Das ist vor allem dern, dass sie mehr oder weniger gut mit der Digita-
dadurch zu erklären, dass sich die Berufsbilder so lisierung Schritt halten können.
verändert haben, dass sie mit den technologischen Der starke Anstieg der Betroffenheit von einem ho-
Möglichkeiten Schritt halten konnten. hen Substituierbarkeitspotenzial zwischen 2013 und
Hochgerechnet ergibt sich, dass 2016 ein Viertel 2016 zeigt allerdings, dass sich in den letzten Jah-
– also fast 8 Millionen – der sozialversicherungs- ren nur in wenigen Berufen die Tätigkeitsprofile der
pflichtig Beschäftigten in Berufen arbeitet, in denen Beschäftigten genauso schnell verändert haben wie
mindestens 70 Prozent der anfallenden Tätigkeiten die potenziellen Einsatzmöglichkeiten neuer Tech-
von Computern oder computergesteuerten Maschi- nologien in diesen Berufen. In allen Berufen sollte
nen erledigt werden könnten. Dabei steht das Sub- deshalb kontinuierlich geprüft werden, inwiefern die
stituierbarkeitspotenzial lediglich für das technisch Tätigkeitsprofile noch den jeweils aktuellen techno-
Machbare, also für die theoretische Möglichkeit, logischen Anforderungen gerecht werden. Es müssen
dass Tätigkeiten statt vom Menschen von Compu- Mechanismen geschaffen werden, dass die dort als
tern oder computergesteuerten Maschinen erledigt notwendig identifizierten Anpassungen der Ausbil-
werden könnten. Insofern steht die Frage im Raum, dungsordnungen und anderer rechtlicher Vorschrif-
inwiefern Substituierbarkeitspotenziale überhaupt ten auf Basis der bewährten sozialpartnerschaftli-
etwas darüber aussagen, wie sich die Beschäftigung chen Zusammenarbeit schnell umgesetzt werden
in den Berufen entwickelt. Um uns einer Antwort an- können.
zunähern, haben wir den Zusammenhang zwischen Die steigende Betroffenheit von einem hohen Sub-
dem Substituierbarkeitspotenzial 2013 und der Be- stituierbarkeitspotenzial muss nicht heißen, dass
schäftigungsentwicklung im Zeitraum 2013 bis 2016 viele Menschen zukünftig durch die fortschreiten-
untersucht und festgestellt, dass die Beschäftigung de Digitalisierung aus dem Arbeitsmarkt verdrängt
mit steigendem Substituierbarkeitspotenzial weni- werden. Geschätzt wird, dass es bis 2025 in einer di-
ger stark wächst. Allerdings ist der Zusammenhang gitalisierten Arbeitswelt einerseits 1,5 Millionen Ar-
schwach, sodass man resümieren kann: Die Sub- beitsplätze nicht mehr geben wird, gleichzeitig aber
stituierbarkeitspotenziale sind ein wichtiger, aber etwa genauso viele Arbeitsplätze neu entstehen
keineswegs der einzige Erklärungsfaktor für die Be- (Wolter et al. 2016). Deshalb besteht die Herausfor-
schäftigungsentwicklung. derung der digitalen Transformation vor allem da-
Insbesondere wenn die Arbeit des Menschen von rin, einerseits technologiebedingte Arbeitslosigkeit
besserer Qualität, flexibler oder wirtschaftlicher ist, zu vermeiden, andererseits aber auch eine ausrei-
erfolgt eher keine Substitution. Hinzu kommt, dass chende Anzahl von Fachkräften sicherzustellen, die
Kunden manchmal handwerklich hergestellten Pro- für die jeweils aktuellen Arbeitsplatzanforderungen
dukten eine größere Wertschätzung entgegenbrin- entsprechend qualifiziert sind.

10 IAB-Kurzbericht 4/2018
Der technologische Wandel kann nicht mehr – wie Matthes, Britta; Meinken, Holger; Neuhauser, Petra (2015):
Berufssektoren und Berufssegmente auf Grundlage der
bisher – hauptsächlich durch junge, neu in den Ar-
KldB 2010. Methodenbericht der Statistik der BA, Nürnberg.
beitsmarkt Eintretende getragen werden. Eine ab-
Paulus, Wiebke; Matthes, Britta (2013): Klassifikation der
geschlossene berufliche Ausbildung oder ein Hoch- Berufe. Struktur, Codierung und Umsteigeschlüssel. FDZ-
schulstudium bleiben zwar weiterhin die grundle- Methodenreport Nr. 8.
gende Basis für die Bewältigung zukünftiger Heraus- Wolter, Marc Ingo; Mönnig, Anke; Hummel, Markus; Weber,
forderungen der Arbeitswelt. Weil das Wissen aber Enzo; Zika, Gerd; Helmrich, Robert; Maier, Tobias; Neuber-
Pohl, Caroline (2016): Wirtschaft 4.0 und die Folgen für
immer schneller veraltet, reicht die Erstausbildung
Arbeitsmarkt und Ökonomie. Szenario-Rechnungen im
immer seltener aus, um den Anforderungen eines Rahmen der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldpro-
gesamten Erwerbslebens gewachsen zu sein. Lernen jektionen. IAB-Forschungsbericht Nr. 13.
im Erwerbsleben muss deshalb zur Normalität wer-
den. Dazu müssen insbesondere die Möglichkeiten
und Strukturen zur Weiterbildung, Höherqualifizie-
rung und Umschulung ausgebaut werden (Kruppe/
Leber/Matthes 2017).
Auf den ersten Blick liegt es dabei nahe, vor allem
digitale Inhalte zu stärken. Vergessen wird in diesem
Zusammenhang aber häufig, dass sich mit der Digi-
talisierung auch die Art und Weise verändert, wie
gearbeitet wird (zum Beispiel Arbeit in virtuellen
Teams). Deshalb steigen nicht nur die Anforderun-
gen an das Wissen über Computer und den Umgang
mit ihnen, sondern es wird zukünftig auch wichtiger,
über soziale Kompetenzen wie Kooperationsbereit-
schaft, Kommunikationsstärke, Selbstmanagement
oder Empathie zu verfügen. Außerdem sollten bei
der Aus- und Weiterbildung auch fachübergreifende
Kompetenzen vermittelt werden. Beispielsweise soll-
te nicht nur die Bedienung einer konkreten Maschi-
ne oder Anlage im Mittelpunkt stehen, sondern auch
vermittelt werden, welche verschiedenen Methoden
es gibt, ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erzielen.
Nur so kann gewährleistet werden, dass das Wissen
über traditionelle Herstellungsmethoden und die Fä-
higkeit, diese auch anzuwenden, nicht verloren geht.
Das könnte einer der wichtigsten Bausteine für die
kreative Bewältigung künftiger Probleme sein. So
bleiben die Mitarbeiter mit ihren Erfahrungen und
Kompetenzen ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die
Unternehmen der Zukunft.

Literatur
Dengler, Katharina; Matthes, Britta (2015): Folgen der Digita-
lisierung für die Arbeitswelt: In kaum einem Beruf ist der
Mensch vollständig ersetzbar. IAB-Kurzbericht Nr. 24.
Dengler, Katharina; Matthes, Britta; Paulus, Wiebke (2014):
Berufliche Tasks auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Eine Dr. Katharina Dengler Dr. Britta Matthes
alternative Messung auf Basis einer Expertendatenbank. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der ist Leiterin der Forschungsgruppe
FDZ-Methodenreport Nr. 12. Forschungsgruppe „Berufliche Arbeits- „Berufliche Arbeitsmärkte“ am IAB.
Kruppe, Thomas; Leber, Ute; Matthes, Britta (2017): Siche- märkte“ am IAB. britta.matthes@iab.de
rung der Beschäftigungsfähigkeit in Zeiten des digitalen katharina.dengler@iab.de
Umbruchs. IAB-Stellungnahme Nr. 7.

IAB-Kurzbericht 4/2018 11
„Leben und Arbeiten in der Zukunft“
Serie im Online-Magazin „IAB-Forum“ zum
Wissenschaftsjahr 2018

Der Wandel der Arbeitswelten macht sich überall bemerkbar – bei den Menschen, in den Betrieben, in der Gesellschaft. Neben
technologischen Neuerungen als Treiber ist dieser Wandel immer auch getragen von gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen
Veränderungen und Trends wie der Globalisierung, der demografischen Entwicklung oder einer Mentalitätsänderung darüber, was
Arbeit in individuellen Lebenskonzepten bedeutet.
Das Wissenschaftsjahr 2018, eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit Wissen-
schaft im Dialog (WiD), widmet sich dem Thema „Arbeitswelten der Zukunft“. Dabei soll deutlich werden, welchen Einfluss soziale
und technische Innovationen auf die Arbeitswelten von morgen haben und wie diese nicht nur den Arbeitsalltag verändern, sondern
auch neue Maßstäbe im gesellschaftspolitischen Dialog setzen.
Das IAB wird sich mit verschiedenen Aktivitäten am Wissenschaftsjahr 2018 beteiligen. Ein Schwerpunkt ist dabei die neue, jahres-
begleitende Serie „Leben und Arbeiten in der Zukunft“ in unserem Online-Magazin „IAB-Forum“. Die in loser Folge erscheinenden
(Gast-)Beiträge, Interviews und Kurzvideos widmen sich Themen wie Technologie und Arbeit, Kompetenzen und Arbeit oder Wis-
senschaft und Arbeit.
Die Serie „Leben und Arbeiten in der Zukunft“ startet zur Eröffnung des Wissenschaftsjahrs am 19. Februar. Zum Auftakt sprechen
die IAB-Forscherinnen Dr. Britta Matthes und Dr. Katharina Dengler, Autorinnen des IAB-Kurzberichts „Substituierbarkeitspotenziale
von Berufen: Wenige Berufsbilder halten mit der Digitalisierung Schritt“, im Interview über die Auswirkungen der Digitalisierung auf
Berufe und Beschäftigung.
Lesen Sie die neue Serie in unserem Online-Magazin: https://www.iab-forum.de/
Mehr über das Wissenschaftsjahr 2018 erfahren Sie hier: https://www.wissenschaftsjahr.de

Impressum  IAB-Kurzbericht Nr. 4, 15.2.2018  Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürn­berg 
 Redaktion: Elfriede Sonntag  Graphik & Gestaltung: Monika Pickel  Fotos: Jutta Palm-Nowak  Druck: Erhardi Druck GmbH, Regensburg   Rechte: Nach­druck
– auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB  Bezug: IAB-Bestellservice, c/o W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Biele­feld; Tel.
0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de  IAB im Inter-
net: www.iab.de. Dort finden Sie u. a. diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download  Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942  ISSN 0942-167X

12 IAB-Kurzbericht 4/2018

Das könnte Ihnen auch gefallen