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28 Wundmanagement
28.2 Grundlagen
Kleinere akute Verletzungswunden heilen häufig von selbst ab. Die Anzahl der schlecht
heilenden Wunden hingegen nimmt immer mehr zu.
Eine Wunde entsteht durch eine Schädigung der Haut und ggf. des darunterliegenden
Gewebes. Ursachen hierfür sind häufig Abschürfungen, Schnitt- und Stichverletzungen oder
Verbrennungen. Aber auch Durchblutungsstörungen (z. B. pAVK, CVI),
Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus), ein langanhaltender Druck auf eine
bestimmte Körperregion (Dekubitus) oder ein schlechter Ernährungszustand können
Wunden verursachen und deren Abheilung erschweren.
28.2 Grundlagen
Kleinere akute Verletzungswunden heilen häufig von selbst ab. Die Anzahl der schlecht
heilenden Wunden hingegen nimmt immer mehr zu.
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Damit diese Wunden optimal versorgt werden können, ist ein individuelles
Wundmanagement besonders wichtig. Neben Reinigungsmaßnahmen, Hautschutz und -
pflege kann eine individuell angepasste Wundversorgung die physiologischen Prozesse der
Wundheilung fördern und unterstützen. Vorausgesetzt, die Wundursache wird adäquat
diagnostiziert und es erfolgt eine Kausaltherapie der auslösenden Erkrankung.
Definition
Wunde
Als Wunde wird der Barriereverlust zwischen dem Körper und der Umgebung durch
Zerstörung von Gewebe an äußeren oder inneren Körperoberflächen bezeichnet (Initiative
Chronische Wunden [ICW] e.V.).
Entstehungsursache
Die Art und Weise, wie eine Wunde entstanden ist, ist für Wundbehandlung und
Heilungsverlauf von entscheidender Bedeutung. Darum werden Wunden zunächst nach ihrer
Entstehungsart eingeteilt, und zwar in:
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Bakterien besiedelt, die sich jedoch nicht vermehren, solange die körpereigene
Immunabwehr intakt ist. Es liegen keine Entzündungszeichen vor. Solche Wunden
heilen sekundär, d. h., sie werden offen behandelt und nicht durch Naht oder
Klammerung verschlossen (sekundäre Wundheilung). Sie heilen also nur langsam,
ggf. treten Wundheilungsstörungen auf, und es bilden sich z. T. große, unebene
Narben. Beispiele sind Verbrennungen, Drainageausgänge oder bewusst offen
gehaltene Wunden wie ein Tracheostoma.
kolonisierte Wunden: Nahezu jede oberflächliche Wunde ist von Mikroorganismen
besiedelt, d. h. kontaminiert. In kolonisierten Wunden finden sich bereits
vermehrungsfähige Bakterien, die allerdings keinen nachhaltigen Einfluss auf die
Wundheilung haben. Es sind noch keine Entzündungszeichen sichtbar. Per
Augenschein kann nicht zwischen Kontamination und Kolonisation unterschieden
werden. Chronische Wunden sind aufgrund ihrer verzögerten oder stagnierenden
Heilung eher kolonisiert als kontaminiert.
kritisch kolonisierte Wunden: Diese Wunden sind bereits infektgefährdet, da die
Gefahr besteht, dass die Keimbesiedlung auf den Körper (Wirt) übergeht. Die ersten
Zeichen sind z. B. eine zunehmende Exsudation und beginnende Rötung.
infizierte Wunden: Bei der infizierten Wunde liegt ein bakterielles Wachstum vor. Die
Keimbesiedlung ist auf den Körper übergegangen und führt zu einer
immunologischen Reaktion. Infizierte Wunden sind hoch keimbelastet und zeigen die
typischen Entzündungszeichen Rötung (rubor), Schwellung (tumor), Wärme (calor),
Schmerzen (dolor) und Funktionseinschränkung (functio laesa) der betroffenen
Gliedmaßen (Abb. 28.3). Darüber hinaus sondern sie trübes, eitriges Exsudat ab und
riechen unangenehm. Das Granulationsgewebe ist bröckelig und blutet leicht.
Gelangen die Keime in die Blutbahn, entwickelt sich schlimmstenfalls eine Sepsis.
Eine lokale Wundinfektion mit den typischen Entzündungszeichen ist klar von einer
systemischen Infektion (septische Wunden), die meist mit Fieber und Zellulitis
(Entzündung des Unterhautgewebes) einhergeht, abzugrenzen. Ein Blutbild (erhöhte
Leukozytenzahl) sowie eine erhöhte CRP geben hierüber Aufschluss.
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Sekundär heilen vor allem großflächige, tiefe oder infizierte Wunden (z. B. Verbrennungen)
sowie alle chronischen Wunden, z. B. Dekubitus, diabetisches Fußulkus und Ulcus cruris.
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Der Heilungsverlauf einer Wunde hängt also wesentlich von der Entstehungsursache, der Art
und Tiefe der Wunde sowie ihrem Infektionsrisiko ab. Damit sich zerstörtes Körpergewebe
überhaupt regenerieren kann, beginnt schon wenige Minuten nach der Verletzung ein
komplexer Wundheilungsprozess, der von der ersten Blutgerinnung bis zur Narbenbildung in
3 verschiedenen, sich überschneidenden Phasen abläuft (Abb. 28.4):
1. Exsudationsphase oder Reinigungs-, Inflammations- oder Entzündungsphase
2. Proliferationsphase oder Granulationsphase
3. Regenerationsphase oder Epithelisierungsphase
Exsudationsphase = Reinigungsphase
Durch die Verletzung wurden Blutgefäße zerstört, die Wunde blutet und Exsudat tritt aus.
Hierdurch werden auch Fremdkörper und Bakterien ausgeschwemmt. Zur Vermeidung
weiterer Blutverluste bewirken zelleigene Substanzen eine Engstellung der geschädigten
Gefäße (Vasokonstriktion), bis die Mechanismen der Blutgerinnung greifen und die Wunde
durch das gebildete Fibrin verkleben. Makrophagen (Fresszellen) dringen in die Wunde ein
und bauen Fremdkörper, Bakterien und Zelltrümmer durch Phagozytose ab.
Proliferationsphase = Granulationsphase
Die Substanzverluste werden durch die Bildung (Proliferation) neuen Gewebes wieder
aufgefüllt. Bindegewebszellen (Fibroblasten) nutzen das bei der Blutgerinnung entstandene
Fibringerüst zur Neuansiedlung von Zellen. Sie produzieren zusätzlich Kollagen, wodurch
das neue Gewebe gefestigt wird. Kapillargefäße sprießen ein und Endothelzellen lagern sich
an. So entsteht allmählich neues, gefäßreiches Granulationsgewebe, das sich durch seine
tiefrote Farbe und eine feuchtglänzende, körnige (lat.: granulum = Körnchen) Oberfläche
auszeichnet.
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Regenerationsphase = Epithelisierungsphase
In dieser Phase stellen die Fibroblasten allmählich ihre Arbeit ein und wandeln sich in
Fibrozyten und Myofibroblasten um, die ein Zusammenziehen der Oberfläche bewirken. Das
Granulationsgewebe verliert Wasser und die Anzahl der Gefäße nimmt ab. Vom Wundrand
her wandern Epithelzellen zur Wundmitte und überziehen das Granulationsgewebe mit
einem feinen Epithel. Hierfür ist jedoch eine möglichst glatte und feuchte Wundoberfläche
notwendig. Durch Mitose (Zellkernteilung) verdickt sich die Zellschicht und die Wunde
schließt sich allmählich.
Die Wundheilung ist ein komplexer Prozess, der durch viele Faktoren beeinflusst und gestört
werden kann (Abb. 28.5). Hier spielen sowohl lokale Faktoren, also solche, die direkt von
außen auf die Wunde einwirken, als auch systemische Faktoren, die den gesamten Körper
betreffen, eine Rolle. Für Pflegefachkräfte ist es wichtig, diese Einflussfaktoren zu kennen,
damit sie den Pflegeempfänger gezielt daraufhin beobachten und die Wunde entsprechend
beurteilen können.
Lokale Störfaktoren
Von außen einwirkende, zum Teil sichtbare Störfaktoren können die Wundverhältnisse
verschlechtern und die Heilung hemmen. Hierzu gehören:
Keimbesiedelung, ggf. Infektionen, Beläge oder Nekrosen
Fremdkörper in der Wunde
Ödeme, Hämatome
trockener, die Wundheilung störender Schorf
Druck auf die betroffene Region oder unzureichende Ruhigstellung
Austrocknung oder Auskühlung der Wunde, z. B. durch Wundspülung mit kalten
Lösungen oder durch zu langes Freiliegenlassen einer unverbundenen Wunde
Hypergranulation (überschießende Bildung von Granulationsgewebe über
Hautniveau), hypertrophes Narbengewebe
Wunddehiszenz, d. h., die Wundränder klaffen bei zu großer Spannung auseinander
Nahtdehiszenz, wenn bereits primär verschlossene Wunden wieder aufplatzen
vorgeschädigtes Gewebe, z. B. nach Bestrahlung bei Tumoren
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Systemische Störfaktoren
Für eine erfolgreiche Wundbehandlung ist es daher Voraussetzung, zunächst auf die lokalen
und systemischen Störfaktoren zu reagieren sowie die Grunderkrankungen zu behandeln
(Kausaltherapie).
So ist für die Abheilung eines Ulcus cruris venosum eine
sachgerechte Kompressionstherapie erforderlich – bei einem diabetischen Fußulkus neben
einer guten Stoffwechseleinstellung eine Druckentlastung des betroffenen Fußes. Bei einem
Dekubitus sind zuerst Druck-, Reibe- und Scherkräfte zu beseitigen. Liegt eine arterielle
Durchblutungsstörung (pAVK) vor, ist diese zunächst zu beheben, z. B. durch eine Bypass-
OP, Stenteinlage oder Dilatation.
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Zum Auswischen oder Ausspülen von o. g. Belägen und Verschmutzungen wird die Wunde
mit geeigneten Lösungen, d. h. einer physiologischen Wundspüllösung (bei nicht infizierten
Wunden) oder mit Antiseptika (bei kritisch kolonisierten und infizierten Wunden), unter
Verwendung von sterilen Kompressen/Tupfern ausgewischt oder gespült. Diese Methode ist
geeignet, um nicht festhaftende Zellbestandteile und oberflächliche Fibrinbeläge zu
entfernen. Biofilm kann nur in Kombination mit chirurgischem Débridement, Larventherapie
oder speziellen mechanischen Verfahren optimal beseitigt werden. Folgende Produkte
können das mechanische Débridement unterstützen:
Reinigungspad, z. B. Debrisoft (Lohmann & Rauscher) als Kompresse oder
Stäbchen oder Prontosan Debridement Pad (B. Braun): besteht je nach Produkt aus
Monofilament-Polyester-Fasern und einer Beschichtung aus Polyacrylat oder aus
einer reinigenden Mikrofaserseite sowie einer darüberliegenden absorbierenden
Schicht. Nach dem Anfeuchten mit steriler Wundspüllösung wird das jeweilige
Produkt sanft über die Wundoberfläche geführt, sodass die Fasern in Vertiefungen
eindringen und Abfallstoffe, Verkrustungen sowie Exsudat von der Wunde lösen
können. Der weiche und dichte Faserverbund soll für eine schonende Behandlung
sorgen. Achtung: Diese Produkte dienen lediglich der mechanischen Wundreinigung
und sind keine Verbandmittel!
Reinigungstuch, z. B. UCS Debridement (medi): ist ein Tuch, das aus 100 %
Viskose besteht. Dies ist bereits mit einer Reinigungslösung getränkt. Diese enthält u.
a. Aloe Vera, Allantoin sowie ein Poloxamer (Tensid = Seifenzusatz), das die
Reinigungswirkung verstärkt. Das Produkt wird sanft über die Wundoberfläche sowie
den Wundrand geführt. Achtung: Dieses Produkt dient lediglich der mechanischen
Wundreinigung und ist kein Verbandmittel!
Reinigungsschwamm, z. B. LIGASANO Wundputzer (LIGAMED) oder Schülke
wound pad (Schülke & Mayr): ist ein elastisches, geschäumtes, luft- und
wasserdurchlässiges Polyurethan. Die grobe Struktur und die raue Oberfläche üben
einen mechanischen Reiz aus, der lokal durchblutungsfördernd wirkt und somit die
Granulation unterstützt. Je nach Wundzustand und Schmerzwahrnehmung stehen 3
Schäume in unterschiedlichen Porengrößen – grob-, mittel- und feinporig – zur
Verfügung. Die Reinigungswirkung wird durch Reibung, die Wahl des Produktes und
den Anpressdruck bestimmt. Achtung: Dieses Produkt dient lediglich der
mechanischen Wundreinigung und ist kein Verbandmittel!
hydroreinigende Polyacrylatwundauflage, z.B. URGOCLEAN (URGO) mit/ohne
Ag (Silber): ist ab der Reinigungsphase für fibrinöse, exsudierende Wunden geeignet.
Sie ist als Kompresse mit mikroadhäsiver Lipidokolloid-Matrix oder als Tamponade
mit und ohne Silber erhältlich. Bei Kontakt mit Wundexsudat bilden die
Polyacrylatfasern ein Gel, das Fibrinbeläge binden und absorbieren soll. Je nach
Lokalisation und Exsudation erfolgt die Abdeckung mit einem Sekundärverband. Die
Verweildauer beträgt 1–2 Tage.
Chirurgisches Débridement
Schneller und effizienter ist es, wenn die Wunde chirurgisch z. B. mit Skalpell und Pinzette,
Ringkürette, Wasserskalpell oder Shaver gereinigt wird (Abb. 28.6). Das avitale Gewebe (z.
B. Nekrosen und Fibrinbeläge) wird bis in intakte anatomische Strukturen abgetragen. Dies
kann sehr schmerzhaft sein. Darum ist je nach Ausmaß der Wunde eine ausreichende und
rechtzeitige lokale Analgesie angezeigt (z. B. mit EMLA-Creme oder ANESDERM,
Einwirkzeit von 30–60 Minuten beachten; Achtung: Zulassung nur für Ulcus cruris!)
ACHTUNG
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Das chirurgische Débridement ist schnell und effektiv, jedoch invasiv und nicht
gewebeschonend. Alle anderen Débridementmethoden greifen im Gegensatz hierzu lediglich
oberflächlich ein. Diese Methode darf nicht bei Gerinnungsstörungen oder Einnahme von
Gerinnungshemmern stattfinden!
ACHTUNG
Vor einem Débridement ist grundsätzlich die Durchblutungssituation zu klären. Bei
einer pAVK dürfen trockene Nekrosen erst nach erfolgreicher Revaskularisation behandelt
werden. Bis dahin erfolgen keine feuchte Wundbehandlung und kein Débridement!
Wundspülung
Unkonservierte Wundspüllösungen
Diese unkonservierten Lösungen sind direkt nach Anbruch zu verwerfen, denn eine mögliche
Verkeimung ist trotz aller hygienischen Maßnahmen nicht auszuschließen. Dies wird durch
die „durchgestrichene, eingekreiste 2“ auf der Verpackung verdeutlicht (Abb. 28.22).
Konservierte Wundspüllösungen
Sind Polihexanid, Octenidin oder hypochlorige Säure nur als konservierender Stoff deklariert,
also als Zusatz der Wundspüllösungen, handelt es sich bei diesen Lösungen um
Medizinprodukte. Diese sind trotz der antiseptischen Zusätze keine Antiseptika und dürfen
nicht bei infizierten Wunden eingesetzt werden. Hier sind zeitgemäße Wundantiseptika zu
nutzen.
Antiseptika
Kontraindikationen Octenisept
keine Anwendung in der Bauchhöhle (z. B. intraoperativ), der Harnblase, in der Nase,
auf Knorpelgewebe und am Trommelfell
nicht mit anderen Präparaten mischen
Präparat nicht in größeren Mengen verschlucken oder injizieren
um Gewebeschädigungen zu vermeiden, darf das Präparat nicht mittels Spritze in die
Tiefe des Gewebes eingebracht werden
das Präparat ist nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt, d. h., es wird mittels
Tupfer oder Aufsprühen appliziert
ein Abfluss des Präparates muss jederzeit gewährleistet sein
keine Anwendung bei Überempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe
Kontraindikationen Polihexanid
Keine Anwendung …
im Mittel- und Innenohr sowie im Innenauge,
auf Knorpelgewebe, bei aseptischen Gelenkoperationen (Gefahr der
Knorpelschädigung),
im gesamten Bereich des zentralen Nervensystems und der Meningen,
intraperitoneal,
bei Überempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe.
PVP-Jod
Darüber hinaus werden auch noch Produkte auf PVP-Jod-Basis (z. B. Betaisodona)
eingesetzt. Diese haben Nachteile: Sie verfärben die Wunde, erschweren dadurch die
Wundbeurteilung und können Schmerzen und allergische Reaktionen auslösen. Der sog.
„Eiweißfehler“ des Jods bewirkt darüber hinaus, dass es bei Kontakt mit körpereigenem
Eiweiß wie Blut oder Wundexsudat inaktiv wird. Dies ist äußerlich sichtbar an der Entfärbung
des Jods von Braun zu Gelb. Zudem wird PVP-Jod vom Körper resorbiert, weshalb es bei
Pflegeempfängern mit Schilddrüsenerkrankungen sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit
kontraindiziert ist. Weiterhin ist zu beachten, dass bei gleichzeitiger oder kombinierter
Verwendung mit Octenisept sich durch Jodfreisetzung eine lila Verfärbung ergibt. Die dabei
entstehenden Dämpfe sind toxisch. Allerdings kann PVP-Jod im Gegensatz zu Octenidin und
Polihexanid auf Knorpelgewebe angewendet werden.
Merke
Wundspüllösungen anwärmen
Der Einsatz kalter Spüllösung verursacht unnötige Schmerzen und der Kältereiz kann
zusätzlich die Wundheilung behindern. Darum sind Spüllösungen stets auf Körpertemperatur
anzuwärmen. Hierzu eignen sich Wärmeschränke oder ein temperiertes Wasserbad.
Kleinere Behältnisse können auch einfach unter fließendem Warmwasser erwärmt werden.
Spülen der Wunde
Die Spritze mit der angewärmten Wundspüllösung wird in die Hand genommen und je nach
Wundsituation das Wundgebiet so lange gespült, bis die aus der Wunde zurücklaufende
Spüllösung klar und frei von Rückständen ist (Abb. 28.8). Sind evtl. Wundtaschen oder -
gänge zu spülen, geschieht dies mit einer Einmalknopfkanüle oder einem Einmalkatheter.
Dabei ist zu beachten, dass die Spüllösung komplett wieder aus der Wunde herauskommt!
Die Spülflüssigkeit kann entweder mit Kompressen oder einer Nierenschale aufgefangen
werden.
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die mit Wasser gespülte Wunde weiter kontaminieren. Dem wirken spezielle Filtersysteme, z.
B. ein 0,2-μm-Bakterienfilter (sog. endständiger Wassersterilfilter), entgegen.
ACHTUNG
Wundbäder sind grundsätzlich nicht durchzuführen, da Keime, Eiter und Wundexsudat nicht
abfließen können und immer wieder an die Wunde schwappen (Keimverschleppung).
Dadurch besteht eine zusätzliche Infektionsgefahr.
WISSEN TO GO
Wundreinigung
Die Wundreinigung ist Voraussetzung dafür, die Wunde zu beurteilen und Infektionen
vorzubeugen. Sie wird bei der Erstversorgung und bei jedem Verbandwechsel in der
Reinigungsphase durchgeführt. Ziel der Wundreinigung ist es, die Keimzahl in der Wunde zu
reduzieren. Deshalb werden alle Wunden, unabhängig davon, ob primär oder sekundär
heilend, immer von innen nach außen gereinigt.
Zur Wundreinigung stehen verschiedene Débridement-Verfahren und die Wundspülung zur
Verfügung.
Dabei sollte beachtet werden:
nicht infizierte Wunden mit Wundspüllösungen, z. B. Ringer- oder NaCl-0,9 %-
Lösung, reinigen
infizierte Wunden mit Antiseptika reinigen
Es sollte darauf geachtet werden, dass der Pflegeempfänger zuvor ausreichend analgesiert
ist und die Spüllösungen auf Körpertemperatur angewärmt sind. Bei Analgetika und
Antiseptika sind zudem die Einwirkzeiten zu beachten.
Während man früher in der traditionellen Wundversorgung versuchte, die Wunden mit Mull-,
Vlies- und Saugkompressen möglichst trocken zu versorgen, halten die Wundauflagen heute
die Wunden feucht und warm und schaffen ein optimales Wundmilieu für eine
phasengerechte Wundversorgung. Moderne, hydroaktive Wundauflagen gewährleisten ein
optimales feuchtwarmes „Wundklima“. Außerdem nehmen sie überschüssiges Wundexsudat
und Abfallprodukte auf, gewährleisten die Wundruhe in der Granulations- und
Epithelisierungsphase, schützen die Wunde vor dem Eindringen von Keimen und Bakterien,
gewährleisten den Gasaustausch, ermöglichen einen schmerzarmen Verbandwechsel und
schützen das empfindliche neue Gewebe in der Epithelisierungsphase.
Manche Produkte greifen auch aktiv in den Heilungsprozess ein, indem sie den
Regenerationsprozess beschleunigen und die Abheilungsmechanismen unterstützen. Sie
enthalten u. a. Substanzen wie Kollagen, Silber, Hämoglobin, Hyaluronsäure und
Wachstumsfaktoren.
Wurde die Wunde sorgfältig gereinigt, beurteilt und klassifiziert und ist die Behandlung der
Grunderkrankung und der Ursachen (Kausaltherapie) eingeleitet, ist über die individuelle
Wundtherapie zu entscheiden. Hier ist die Wahl der richtigen Wundauflage von Bedeutung.
Denn wird diese phasengerecht gewählt, fachgerecht angewendet und lässt sie sich relativ
schmerzarm/-frei entfernen, kann sie die Heilung positiv beeinflussen und so die
Lebensqualität des Betroffenen erhöhen.
Entscheidungskriterien
Die Auswahl der geeigneten Wundauflage erfolgt u. a. nach folgenden Kriterien:
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Hydrogele
Alginate
Alginate wirken granulationsfördernd und wundreinigend. Sie sind als Kompressen und
Tamponaden erhältlich (Abb. 28.10). Bei Kontakt mit natriumhaltigen Flüssigkeiten wird ein
Quellvorgang initiiert, indem sich ein strukturbeständiges Gel mit hoher Saugkapazität bildet.
Dieses schließt überschüssiges Wundexsudat, Zelltrümmer und Bakterien mit ein
(reinigende Funktion). Aufgrund dieser aufsaugenden Wirkung kann es zu Geruchsbildung
kommen. Alginate wirken durch das enthaltene Kalzium zusätzlich blutstillend. Sie haben ein
hohes Saugvermögen und sind in der Lage, ca. das 20-Fache ihres Eigengewichts an
Flüssigkeit aufzunehmen. Allerdings wird dies unter Druck fast vollständig wieder abgegeben
(Mazerationsgefahr!). Da Alginate aus allen Richtungen Wundexsudat aufnehmen, sind
diese passend und nicht den Wundrand überlappend zu applizieren → Mazerationsgefahr.
Die Verweildauer beträgt je nach Exsudation bis zu 4 Tage (laut Packungsbeilage bei
einigen Produkten bis zu 7 Tage). Es ist eine Sekundärabdeckung erforderlich.
Indikationen: mittelere bis starke Wundexsudation, feuchte/schmierige Beläge,
unterminierte, zerklüftete, tiefe oder flächige Wunden, wie Fisteln und Abszesse,
Tumorchirurgie
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Silberhaltige Wundauflagen
Bei elektronischen Messungen darf die Wundauflage keinen Kontakt zu Elektroden oder
leitenden Gelen haben. Einige Produkte sind nicht kompatibel mit
Magnetresonanzbildverfahren und nicht zusammen mit Produkten auf Ölbasis wie Paraffin
einsetzbar. Diese Produkte sollten nur so lange zum Einsatz kommen, wie eine lokale
Wundinfektion besteht. Laut einem Konsens von Wundauflagenherstellern (2014) sind diese
Produkte nicht länger als 14 Tage durchgehend zu nutzen. Spätestens im Anschluss daran
ist die Wundsituation erneut zu bewerten. Ein Infekt sollte bei konsequenter antiseptischer
Behandlung nach 2 Wochen abgeklungen sein.
Diese Produkte bestehen aus einer Vliesstoffumhüllung, in die ein mit elementarem Silber
imprägniertes Aktivkohlegewirk eingeschlossen ist (Abb. 28.12). Die Aktivkohleauflage mit
Silber bindet Gerüche und Toxine und hemmt die Funktion der Bakterienenzyme. Die
Verweildauer beträgt je nach Produkt, Exsudation und Wunde 1–3 Tage. Je nach Produkt ist
eine Sekundärabdeckung erforderlich.
Indikationen: infizierte und infektionsgefährdete oberflächliche und tiefe sowie übel
riechende Wunden, z. B. exulzerierende Tumorwunden
Kontraindikationen: freiliegende Knochen, Sehnen, Muskulatur; Überempfindlichkeit
gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen
Merke
Nicht zuschneiden
Wundauflagen mit Aktivkohle dürfen nicht zerschnitten oder gerissen werden, da sonst
Kohlepartikel in die Wunde gelangen können; es kommt dann zur Schwarzfärbung der
Wunde (keine Wundbeobachtung mehr möglich).
Hydrophobe Wundauflagen
Diese Wundauflage hat eine grüne Farbe und ist als Tupfer, Kompresse, Gelkompresse,
beschichteter Polyurethanschaumverband, Tamponade, Saugkompresse, Vlieskompresse
mit Superabsorber und hydroaktive Wundauflage mit hochabsorbierender
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Hydropolymermatrix für die Aufnahme von Wundexsudat erhältlich (Abb. 28.13). Durch die
hydrophobe (wasserabweisende) Eigenschaft dieser wirkstofffreien Wundauflage werden die
ebenfalls hydrophoben Bakterien gebunden. Der Verbandwechsel entfernt die gebundenen
Bakterien aus der Wunde. Die Verweildauer beträgt je nach Produkt, Exsudation und Wunde
2–4 Tage. Je nach Produkt ist eine Sekundärabdeckung erforderlich.
Indikationen: infektgefährdete, kritisch kolonisierte und infizierte Wunden
unterschiedlicher Genese
Kontraindikationen: Nicht angewandt werden darf die Gelkompresse des Produkts
bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Propylenglykol. Die Produkte sind nicht in
Kombination mit Salben und Cremes zu verwenden, da diese die Bindung von
Mikroorganismen an die Wundauflage beeinträchtigen.
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Aktivkohlekompressen
Diese Wundauflage besteht aus einer Aktivkohleschicht. Je nach Produkt ist ein Ethylen-
Methyl-Acrylat-Film, ein Absorptionskissen, ein Wunddistanzgitter aus Acrylfaser, eine
Schaumkompresse, Zellulose oder eine Außenschicht aus Vliesstoff enthalten (Abb. 28.14).
Die Aktivkohlekompresse wirkt geruchsbindend, hat eine große Saugkapazität und bindet
Eiweißmoleküle und Bakterien. Die Verweildauer beträgt je nach Geruchsentwicklung und
Exsudation bis zu 2 Tage. Je nach Produkt ist eine Sekundärabdeckung erforderlich.
Indikationen: übel riechende Wunden oder infizierte Wunden mit unangenehmer
Geruchsentwicklung
Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt oder seinen
Bestandteilen
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Hydrofaser
Feinporige Polyurethanschaum-/Hydropolymerverbände
Hydrokolloidverbände
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Hydrokolloidähnliche Wundauflagen
Diese Produkte sind unterschiedlich aufgebaut. Die meisten verfügen über eine
Hydropolymermatrix, in die superabsorbierende Polyacrylatpartikel eingearbeitet sind. Es
gibt auch Produkte mit Carboxymethylcellulose und Hydrogeltechnologie.
Hydrokolloidähnliche Wundauflagen geben aufgenommenes Exsudat auch unter Druck nicht
wieder ab. Als Deckschicht dient eine atmungsaktive, semipermeable Polyurethanfolie (Abb.
28.19). Diese Produkte sind alle relativ dünn, anschmiegsam und hinterlassen, im
Gegensatz zu den Hydrokolloiden, kein gelbes Gel. Sie stellen eine Weiterentwicklung der
Hydrokolloidverbände dar. Einige dieser Produkte sind bei Bedarf zuschneidbar (siehe
Packungsbeilage). Die Verweildauer beträgt je nach Exsudation und Wundzustand bis zu 7
Tage.
Indikationen: schwach bis mäßig exsudierende Wunden
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Hydrogelkompressen
Semipermeable Transparentfolienverbände
Diese Wundauflage besteht aus Polyurethanfolie, die durchlässig für Wasserdampf und
Sauerstoff (semipermeabel) ist. Die Folie ist selbstklebend und hat eine gute
Hautverträglichkeit.
28.4 Verbandwechsel
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28.4.1 Grundregeln
Hygienisch einwandfrei
Merke
Asepsis
Bei der Non-Touch-Technik (engl. no touch = keine Berührung) werden sterile Materialien
nur unter sterilen Bedingungen und die Wunde nur mit sterilen Instrumenten oder sterilen
Handschuhen berührt. Beim Verbandwechsel kann also ausgewählt werden,
ob man lieber mit unsterilen Handschuhen und steriler Pinzette oder
nur mit sterilen Handschuhen arbeiten möchte.
Beide Methoden sind richtig, solange eine lückenlose Asepsis gewährleistet ist.
ACHTUNG
Keine Wunde darf mit bloßen Händen berührt werden!
Schmerzarm und sicher
Ist der VW schmerzhaft für den Pflegeempfänger, sollte dieser zuvor entsprechende
Schmerzmittel nach Anordnung des Arztes erhalten. Die Einwirkzeit der Medikamente ist
entsprechend abzuwarten. Wenn der Pflegeempfänger die Behandlung als schmerzhaft
empfindet, sind manchmal auch kurze Unterbrechungen der Behandlung sinnvoll („Time-
out“).
28.4.2 Verbandwechsel
Vorbereitung
Der Pflegeempfänger wird informiert und es wird darauf geachtet, zeitnah vor dem
Verbandwechsel ggf. ein Schmerzmittel zu geben, z. B. 30 Minuten vorher. Die
Pflegefachkraft bringt die benötigten Materialien per Verbandwagen oder Tablettsystem
(Wischdesinfektion beachten) ins Zimmer des Pflegeempfängers. Bei Bedarf ist ein
Entsorgungsbehälter für spitze Gegenstände mitzunehmen
(Handlungsrichtlinien/Pflegestandards beachten).
Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt in seiner Empfehlung „Prävention postoperativer
Infektionen im Operationsgebiet“ (2018): „Verbandwechsel oder die Entfernung von
Nahtmaterial bzw. von Drainagen sind mit Verbandwagen oder mit Tablettsystem
durchzuführen. Die Benutzung unterschiedlicher Verbandwagen für aseptische und infizierte
Wunden ist nicht erforderlich – entscheidend ist, den Wagen grundsätzlich vor Kontamination
zu schützen. Im Übrigen sind bei diesen Manipulationen die Regeln der Basishygiene
einzuhalten.“
Die Durchführung ist genau zu planen und die Vollständigkeit des Materials sorgfältig zu
überprüfen. Dies erspart unnötige und unhygienische Gänge während des
Verbandwechsels. Für eine evtl. Fotodokumentation ist die Kamera vorab auf ihre
Funktionstüchtigkeit zu überprüfen (z. B. ausreichende Akkuleistung, ausreichend Platz auf
der Speicherkarte).
Material
Folgendes wird benötigt:
unsterile Einmalhandschuhe
sterile Kompressen bzw. Tupfer, sterile Pinzetten
wasserabweisende Schutzkleidung/Einmalschürze anziehen (keine langärmeligen
Jacken/Kittel tragen); bei Erkältungen des Personals Mund-/Nasenschutz anlegen
Verbandmaterial und Wundspülung/Antiseptika nach ärztlicher Anordnung
Reinigungs-/Hautdesinfektionsmittel bei primär heilenden Wunden
Fixiermaterialien, Schere
Abwurfbehälter
Im Zimmer des Pflegeempfängers wird eine Arbeitsfläche geschaffen (z. B. Tisch des
Pflegeempfängers) und wischdesinfiziert. Das Material wird platziert,
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Eine aseptische, primär heilende Wunde ist sauber und hat glatte,
aneinanderliegende Wundränder. Diese sind durch Nähte oder Klammern
verschlossen und heilen meist komplikationslos ab.
Die Hände werden desinfiziert, der alte Verband mit unsterilen Handschuhen gelöst
und beides im Abwurfbehälter entsorgt.
Die Wunde wird inspiziert, die Hände erneut desinfiziert und unsterile
Einmalhandschuhe angezogen.
Bei Bedarf erfolgt eine Sprühdesinfektion mit einem entsprechenden
Hautdesinfektionsmittel.
Anschließend wird mit Kugeltupfer/Kompresse der Wundrand von innen nach außen
trocken gewischt.
Die Kugeltupfer/Kompressen werden dabei mit einer sterilen Pinzette gegriffen.
Pro Wischgang kommen eine neue Kompresse/ein neuer Tupfer zum Einsatz.
Anschließend wird die Wunde nach ärztlicher Verordnung versorgt, z. B. mit einem
Pflasterverband.
Gegebenenfalls sind Klammern/Fäden zu ziehen, hierzu werden neue sterile
Instrumente verwendet.
Abschließend werden die Einmalhandschuhe entsorgt, die Hände desinfiziert und der
VW dokumentiert.
Der alte Verband wird mit Einmalhandschuhen entfernt, ggf. mit steriler Pinzette bei
tiefer liegenden Tamponaden.
Die alte Wundauflage wird inspiziert und im bereitgestellten Abwurfbehälter entsorgt.
Im Anschluss erfolgen eine hygienische Händedesinfektion und ein
Handschuhwechsel.
Danach wird eine sterile Wundreinigung durchgeführt (Abb. 28.23), Wischrichtung
von innen nach außen beachten.
Pro Wischgang ist jeweils eine neue Kompresse bzw. ein neuer Tupfer zu
verwenden.
Danach erfolgen die Inspektion der gereinigten Wunde sowie ein Handschuhwechsel
und eine hygienische Händedesinfektion.
Bei Bedarf werden Fotos zur unterstützenden Dokumentation angefertigt.
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28.4.3 Wunddokumentation
Die Wunddokumentation ist die Grundlage für eine koordinierte Therapie und macht den
Verlauf einer Wundheilung bzw. -therapie erst nachvollziehbar. Sie ist nicht nur für eine gute
Teamarbeit unverzichtbar, sondern auch rechtlich und ökonomisch wichtig. Denn
Maßnahmen, die nicht dokumentiert sind, gelten als nicht durchgeführt, sie können nicht
abgerechnet und im Falle eines Rechtsstreits auch nicht nachgewiesen werden. Darum sind
alle Daten, die für die Wunde und die Wundheilung relevant sind, festzuhalten. In den
meisten Einrichtungen gibt es dafür spezielle Wunddokumentationsbögen (Abb. 28.24) oder
EDV-gestützte Systeme.
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Schriftliche Dokumentation
Wundanamnese
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Die in der Wundanamnese erfassten Fakten bilden die Grundlage für eine adäquate
Wunddokumentation. Sie beinhaltet u. a. Informationen über das soziale Umfeld, über das
Krankheitsbild, psychosoziale Aspekte und wundauslösende Faktoren sowie die Abheilung
negativ beeinflussende Faktoren. Beispielhafte Inhalte der pflegerischen Anamnese laut
DNQP-Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ (1. Aktualisierung
2015) sind:
Pflegeempfänger-/Angehörigenwissen zum Verständnis des Krankseins zu/zur:
o Wundursachen
o Bedeutung spezieller Maßnahmen wie Kompressionstherapie, Druckverteilung/-
entlastung, Bewegung
o Symptomen, z. B. Wundfeuchtigkeit, Geruch, Juckreiz
o Wundheilung und Gedanken zur Dauer der Abheilung
wund- und therapiebedingten Einschränkungen, z. B.:
o Schmerzen: Stärke, z. B. anhand einer visuellen Analogskala oder per
Fremdeinschätzung; Qualität; Lokalisation; Dauer; Häufigkeit;
situationsbedingtes Auftreten und bisherige Erfahrungen mit Maßnahmen zur
Schmerzlinderung
o Mobilitäts-/Aktivitätseinschränkungen, z. B. Treppen steigen, einkaufen gehen
o unangenehme Gerüche, hohes Exsudataufkommen, Juckreiz, Schwellungen der
Beine
o Einschränkungen bei der persönlichen Hygiene
o psychosoziale Aspekte, z. B. Frustration, Trauer, Depression, soziale Isolation,
Ängste, Sorgen
o Einschränkungen bei der Kleider- und Schuhauswahl, Schlafstörungen
bereits vorhandene wundbezogene Hilfsmittel: An- und Ausziehhilfen, medizinische
Kompressionsstrümpfe, orthetische Schuhversorgung, Positionierungshilfen,
druckverteilende Matratzen
gesundheitsbezogene Selbstmanagementkompetenzen von
Pflegeempfänger/Angehörigen zur/zum/zu:
o Umgang mit wund- und therapiebedingten Einschränkungen
o Wunde und zum Verbandwechsel, z. B. Schmerzen bei der Wundversorgung,
Umgang mit Exsudat
o Ernährung, Blutzuckereinstellung, Rauchentwöhnung,
o Hautschutz und -pflege
o Mobilität und Alltagsaktivitäten, z. B. Spaziergänge, Hobbys, Freunde besuchen,
Sport
o krankheitsspezifischen Maßnahmen wie Fußpflege und -inspektion, Gefäßsport,
Druckentlastung der Wunde
Zusätzlich sollten folgende Angaben Berücksichtigung finden:
o Alter des Pflegeempfängers
o Medikamente (siehe Medikamentenblatt), Unverträglichkeiten/Allergie/n:
insbesondere auf Wundauflagen und deren Fixierungen
o soziales Umfeld: Wie und mit wem lebt der Pflegeempfänger (Erdgeschoss,
Treppenhaus ohne Fahrstuhl, Angehörige usw.)? Ist er selbstständig oder
benötigt er Hilfe? Wer versorgte ihn bisher (ärztlich, häuslich, pflegerisch)?
o Immunstatus, Tumor/en
o Begleit- und Stoffwechselerkrankungen, durchgeführte Operationen
o geistiger und seelischer Zustand
o Lebensgewohnheiten: Rauchen, Alkohol, Drogen, Bewegung, Sport
o Information über Krankheitsbild und Einstellung dazu
o Kontinenzsituation
Achtung: Vermeiden von doppelter Dokumentation. Sind Angaben schon in anderen
Bereichen, z. B. Stammdatenblatt, Medikamentenblatt etc., erfasst, ist auf diese zu
verweisen. Zusätzlich können im Rahmen der pflegerischen Anamnese Instrumente
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Wundassessment
Um den Wundstatus aktuell und möglichst sachlich festzuhalten, muss die Wunde genau
vermessen und beurteilt werden. Die Angaben sind schriftlich zu dokumentieren (Abb.
28.24). Eine Wunddokumentation verdeutlicht gleichermaßen den geleisteten Pflegeprozess
wie auch den Heilungsverlauf bzw. aktuellen Zustand der Wunde. Beispielhafte Inhalte für
eine Wundeinschätzung laut Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen
Wunden“ (DNQP, 1. Aktualisierung 2015) sind:
medizinische Wunddiagnose: Grunderkrankung, Wundart und Schweregradeinteilung
der Wunde bzw. der Grunderkrankung
Wundklassifikation: z. B. Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum, diabetisches
Fußulkus, Dekubitus
Schweregradeinteilung: z. B. Dekubitusklassifikation nach EPUAP, Klassifikation
Diabetisches Fußsyndrom nach Wagner/Armstrong, Klassifikation der chronisch
venösen Insuffizienz (CVI) nach Widmer oder CEAP, Klassifikation der pAVK nach
Fontaine (Tab. 45.4)
bisherige diagnostische und therapeutische Maßnahmen zur Wundversorgung und
zur Grunderkrankung
Wundlokalisation: schriftlich ausformuliert und auf einem Schaubild eingezeichnet;
ggf. Fotodokumentation
Wunddauer: notwendig, um Belastungen, (Selbst-)Pflegezeiten und die Heilungszeit
für den Pflegeempfänger einzuschätzen
Rezidivanzahl: Erfassung von Anzahl und rezidivfreier Zeit erlaubt Hinweise auf
mögliche Problematiken bei der Prävention
Wundgröße: Erfassung von Tiefe und der größten Länge und Breite in cm, dabei
stehen Länge und Breite im 90°-Winkel zueinander; Erfassung von
Taschen/Untertunnelungen/Fisteln anhand der Uhrmethode (kopfwärts 12 Uhr, fußwärts
6 Uhr)
Wundrand/-umgebung: z. B. unterminiert, mazeriert, nekrotisch, ödematös, gerötet
häufigste Gewebeart: z. B. Nekrose, Fibrinbelag, Granulationsgewebe, Knochen,
Sehnen
Wundgeruch: ja/nein
Exsudation: Menge, Beschaffenheit, Farbe
Infektionszeichen: Rötung, Schwellung, Überwärmung, Funktionseinschränkung,
Schmerzen
Wundschmerzen: Intensität anhand von Schmerzskalen; Situationen, die mit
Schmerzen einhergehen und die zur Verbesserung führen; Schmerzqualität: pochend,
brennend, stechend usw.
Wundgröße
Es gibt verschiedene Methoden, die Wundgröße zu erfassen:
größte Länge und Breite (anhand der Körperachsen): Durchmesserberechnung mit
Lineal: Messen des vertikal (= Länge: Fuß – Kopfachse) und horizontal (= Breite)
jeweils größten Abstands der Wundränder zueinander; die Achsen stehen dabei im
rechten Winkel zueinander (Abb. 28.25a). Diese Messmethode bildet allerdings nicht
die Form einer Wunde ab.
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Bildliche Dokumentation
Die Dokumentation der Wunde mit Fotos visualisiert die schriftliche Dokumentation des
aktuellen Wundzustands und verdeutlicht den Heilungsverlauf.
Aufklärung und Information des Pflegeempfängers über die Fotoerstellung und deren
Verbleib.
Einholen der Zustimmung des Pflegeempfängers oder gesetzlichen Betreuers (§ 201a
StGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) und
schriftliche Dokumentation in der Akte. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen
werden.
In Ausnahmefällen (z. B. Beweiserhebung bei Verlegung) werden Fotos vor
Einverständniseinholung erstellt. Das Einverständnis ist dann rückwirkend einzuholen.
Wenn dieses verweigert wird, sind die Bildaufnahmen entsprechend zu verwerfen.
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Das Foto muss dem jeweiligen Pflegeempfänger eindeutig zuzuordnen sein: Vorname,
Nachname und Geburtsdatum oder Patientencode, Erstellungsdatum, Angabe der
Körperregion und Seite
Wundgröße mit einem Einmalmaßband kenntlich machen
Foto immer erst nach der Wundreinigung erstellen (Abb. 28.26); Ausnahme: spezielle
Auffälligkeiten, z. B. durchnässtes oder zerrissenes Verbandmaterial sowie Rückstände,
sind vorab festzuhalten
Schattenbildung vermeiden (mögliche Fehlinterpretation als Nekrose oder
Taschenbildung)
neutralen, ruhigen Hintergrund verwenden, z. B. einfarbige Tücher (nicht weiß;
Probleme mit dem Weißabgleich beim Blitzen) unterlegen
auf ausreichende Bildschärfe achten, sowohl von der Wunde wie der Wundumgebung;
Nutzung von Makro- oder Automatikfokus
auf gleiche Lichtverhältnisse, gleichen Abstand und gleichen Winkel (parallel zum
Aufnahmepunkt) sowie die gleiche Position des Pflegeempfängers achten (diese
Angaben nach Ersterstellung in der Akte vermerken)
bei jedem Pflegeempfänger je nach Lichtverhältnissen individuell entscheiden, ob mit
oder ohne Blitz zu fotografieren ist; diese Entscheidung dann beibehalten
die Wunde sollte mindestens 1/3 des Fotos einnehmen
Das Dokumentieren der Ausgangssituation, der Wundtherapie, der Verbandwechsel und des
Heilungsverlaufes ist wesentlicher Teil einer adäquaten Wundversorgung und
Verlaufskontrolle.
Wundanamnese:
o Wundursachen, wund- und therapiebedingte Einschränkungen, Hilfsmittel
o Selbstmanagementkompetenzen von Pflegeempfängern/Angehörigen
o Alter, Medikamente, Unverträglichkeiten/Allergien, soziales und häusliches
Umfeld
o Immunstatus, Tumoren, Begleit- und Stoffwechselerkrankungen, Operationen,
geistiger und seelischer Zustand, Lebensgewohnheiten: Rauchen, Alkohol,
Bewegung
Wundassessment:
o medizinische Wunddiagnose
o bisherige Maßnahmen zur Wundversorgung und Grunderkrankung –
Wunddauer; Rezidivanzahl
o Wundgröße und -tiefe
o Lokalisation, Zustand, Aussehen, Wundexsudat, Wundgeruch und
Infektionsanzeichen, Wundränder und wundumgebende Haut
Neben der schriftlichen Dokumentation dienen auch Fotos der kontinuierlichen
Wunddokumentation. Hierfür muss eine Einverständniserklärung vorliegen.
THIEME GRUPPE