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Seee~tsverfahren

=d

Folgeverfahren

S t u die n a r bei t
zur Erlangung
des Wirtschaftsingenieurs fUr Seeverkehr grad.

vorgelegt
de~ Fachbereich Seefahrt
der Facbhochschule tUr Technik und Seefahrt

von

stud. (5. Semeeter) Bemd-Alfred Wehrmenn

Dozent: Kapt. Herbart Gädke


Dem Dozenten e1ngereicht am 28. Juni 1974

Adresse des Verfassers: 24 LUbeck, Auf de~ Schild 2


LUbeck, den 28. Juni 1974

Diese Arbeit wurde von mir ohne


fremde Hilfe und nur mit den an­
gegebenen Mitteln angefertigt.

(Bernd-A. Wehrmann)
I

SeUe

E 1 nIe 1 tun g 1

1. Seeamtsvertehren 6

1.1. Voraussetzung !Ur die Seeamtsuntersuchung 6

1.2. Einleitung das Verfahrens 9

1.'. Beweisaufnahme 11

1.'.1. Eigene Beweisaufnahme 14

1.4. Hauptverhandlung 17

1.4.1. Zusammensetzung des See~tes 18

'.4.2. VoraUBsetzvng tur die Erstellung der

Beisitzerliste 19

1.4.'. Verfahren der Hauptverhandlung 20

1.5. Rechte des Beteiligten 25

1.6. Der Sp:n.Ich 27

1.6.1. Entziehung der Gewerbebefugnla 31

1.6.1.1. Neu zu berücksichtigende Kriterien

zur Patentmlndenmg 34

1 .7. Bedeutung des s:: Tuches 37

1.7.1. Anfechtbarkeit des Spruches 39

1.8. Status des Bundesoberseeamtes 47

1.8.1. Kritische Stimmen zur Petententziehung

durch d88 Bundeaoberseeamt 49

1,8.2. Meinungen Uber d88 FUr und Wider der Ge­


richtsbarkeit des Bundesobersesamtes 52

2. Strnfrechtsvertnhren 61

2.1. Paragraphen, aUfgrund des~en ein Straf­


rechtsverfahren eingeleitet werden kann 61

2.2. Einleitung des Strafverfahrens 68

- I I ­
11 ­

2.3. Beanstandungen der Verteidigung 72


2.4. Einstellung des Verfahrens 79
2.4.1. Verfahrenakoaten 62
2.5. Nachwort zum Strafverfahren 64

3. Zivilrechtevertehren
3.1. Die Klageschrift
3.2. Das Verlehren

4. Nachwort 90

Llteraturverzeichnia 92
I. Zitierte Literatur 92
11. BerUcksichtigte, aber nicht zitierte
Literatur 93
III.Weitere Ouellen 93
_ 1 •

~_!_~_l_~_!_~_~_~_!

Das Thema dieaer Studienarbeit hot mich von dem Tage


on interessiert, an dem ich merkte, welche Uachfol­
gen der Seeamtsapruch tur einen Beteiligten haben
ke~.

Mit der Zeit wurde ~lr euch immer bewußter, welche


unsichere Rechtslage des Seeamt hzv. Ohereeeamt hat.
Aus diesem Grunde hebe ich mich etwas näher mit den
Seeamtaverfahren und den Folgeverfahren be8chö~tlgt.

Um das Problem mit den Untersuchungen von Seeun­


fällen im Zusammenhang ~ eehen, muß man einen Blick
in die Hlatorle werfen. Denn nur hieraus wird deut­

11ch, mit welchen Gegebenheiten man s1ch bei der


VorbereJtung des Gesetzes von 1877 auseinander zu
setzen hatte.

Bereits Jahrzehnte vor der Schaftung des Norddeut­


echen Bundes gab 8a in einer Reihe von KUetenlHndern
schon Sondergerichte, die siCh mit Fragen der Schiff­
fshrt befsssten.

In Ha~burg gab es ein seerechtliebes ~ondergericht.

welches mit vier Schiffskapitänen und einem ju­


ristisch gebildeten Protokollführer besetzt war.

·2·

- ,

In Preußen bestand ein Admiralitätsgericht, welche~

eber ~OBt den Charakter eines Zivilgerichton hotte.

Doch dlea~ ~~em1en befnssten sich nur sehr wenig


mit der Untersuchung von Secun~äl1en. sondern bil­
deten eine Art Vorlnufer des Arbeitsgerichtes:
es wurden Streitigkeiten zw schen '~nnschaft und
Kopltfin sowie zwischen Reeder und Kapitän ent­
schieden.

Hitte des 19. Jahrhunderts wurde jedoch immer wie­


der von SchiffahrtsKreisen darauf hingewiesen, daß
man elne Institution schaffen mUsse. die in der
Lage sel, in einem objektiven Verfahren SeeunfUlle
:tu untersuchen.

England hat dann 1854 den n!1erchont Sh1pping Act n

elngefUhrt. Das Fehlen eines parallel leufenden


Verfahrens wurde als sehr hinderlich empfunden, 60
daO 1869 der Deutsche Bund mit Zustimmung fast
aller KUstenltlnder sich damit einverstanden er­
klärte, daS die englische Behörde auch deutsche
Schiffe in ihre untersuchungen einbeziehen konnte,
sofern der Seeunrall Sich in der Nähe der engli­
schen r.Uste abgespielt hatte.

Als sich in der Folgezeit schwere Seeunfälle deut­

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scher Schiffe eretgneten, bei denen eine größere
Anzahl von Seeleuten ums Leben kanen, regte die
Admiralität 1873 Dn,
"nu~ erfahr~en Seeleuten e~ne technische K~ls­

sion zu bilden, welche bei Seeunfällen mit der Ab­


gabe von Gutnchten deruber zu betreuen wäre, in­
wieweit die Strandung oder uas Sinken als Folge
pflichtwldrigen Verfahrens seines Führers. eines
Schlffsoffizlers oder clnes Schiffsmannes anzu­
sehen und in welchen Handlungen oder Unterlassungen
des Schuldigen die Pfllchtwldrigkelt zu finden 881."

Der damalige Reichskanzler wandte sich alsbald an


die in Betracht komoenden Bundesländer und forderte
diese zur Stellungnahme auto Dabei wurde gleich
klargestellt. daß die einzurichtende Behörde die

Begutachtung neben den Zivil- und Strnfgerichten


treffen könne, selbet also keine Entscheidungen
zu tretten hnbe.

In nahezu allen echiffnhrtetreibenden Uationen


werden Seeunftllle zum Gegenstand eines gesonderten
Vertahrena ge~echt, so daß die Gerichte nach wie
vor ihres ~tes walten werden.

Blickt man zurUck aut die Entstehungsgeschichte


des SUC, können wir zur Kenntnis nehmen, daß die

- ,­
- 4 ­

Aufklärung der UrsBchen oines Seeunfalls durchaus


nicht gleichbedeutend l~t mit der Suche nach einem
etwaigen Schuldigen und der weiteren Frage, ob
diesem das Potent zu entziehen ist.

Diese beiden Aufgaben des Seeamtes sind zwar in


einem einheitlichen Verfahren zusaomengefasst. wie
wir später aber noch sehen werden, müssen diese
beiden Begriffe stark voneinander getrennt werden.

Durch die f1eufassung des Gesetzes 1m Jahre 1935


sind zwar einige Mängel beseitigt worden, die Un­
tersuchung ansieh ist jedoch nicht verbessert wor­
den. Problematisch wird es jedoch, wenn versucht
vird, den Begriff des nautJschen Verschuldens im
Sinne des SUG gleichzusetzen mit dem strafrecht­
lichen Verschulden 1m Sinne der Transportgefähr­
dung. Wenn mnn s1ch heute d1e Frage stellt, ob
eine Änderung des SUG wünschenswert oder notwen
dig ist, muß can grundsätzlich von der Frage aus­
gehen, welche Aufgaben des Seeemt zu erfUllen hat.

flach dem Wortlaut des Gesetzes soll dos SeeeUlt die


umstände und Ursachen des Seeunfalls ermitteln.
Diese Ermittlungen des Seeamtes sollen jedoch nur
dem öffentlichen Interesse und der Allgemeinheit
dienen. Ein wesentlicher Mangel in der Seeamtsver­

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handlung besteht darin, daß das Gesotz die gooooto


Unterouchung und Bewoisaufnahme bis zur vollen Dar­
legung der UnIellkriterlen in einer einzigen öffent­
lichen Verhandlung verlangt. Denn außerhalb der
Hauptverhandlung sollen nach Möglichkeit vom Seeamt
keine Bewe.se aufgenommen worden. Trotzdem soll am
Schluß der Hauptverhandlung, quasi gleich nach Ab­
schluß der Bc....eisaufnahme. der Spnlch verkUndet
....erden. Der Gesetzgeber fordert also eln Gutachten
ous dem ~ehgreif.

Die Spruchpraxls des Seeamtes bzw. Obersceamtes


möchte ich aber in meiner StudienarbeJt nicht zur
Diakusslon stellen. Vielmehr möchte ich mit einer
Zusammenfassung deo Beteiligten odor dem späteren
Angeklagten die Möglichkeiten auffUhren, die ihm
zur Bewelssicherung und zum Verhalten in den nach­
folgenden Strafrechts- oder Zivilrechtaverfahren
dienen können. Es ware aber jedem zu ompfehlen, so­
fort einen R chtsbeistand zu konsultieren, da dieser
in den Fragen der Prozess!Uhrung wesentlich mehr
Erfahrung be~itzt.

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6 ­

1. Seeamtsvertahren
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1.1. Voraussetzungen !Ur die Seeamtsuntersuchung
Das Seesmtsvertohren wird durehgefUhrt nach dem
SUG "Gesetz Uber die Untersuchung von Seeamtstöllen
vom 28. September 1935 mit den Änderungen vom
('6. Juni 1957." In den §§ 1 - 4 werden die Gegen­
stände der Untersuchungen genau aufge:fUhrt.

§ 1 1st der Paragraph, der sm weitesten des Ge­

biet umopl)lmt. Er lautet wie folgt:

"Seeunfälle werden von den Seeämtern untersucht,

wenn eln öffentliches Interesse vorliegt."

Zu beacbten 1st, daß des geltende Gesetz den Be­

griff des Seeunfells nicht näher bestimmt hat und

dadurch der Rechtssprechung und Literatur die Mög­

lichkeit zu einer zweckmäßigen, weiten Auslegung

gegeben hot. Auch in der neuen Gesetzesform 1st

von einer Bestimmung des Begriffes "Seeunfall"

Abatand genommen worden. Anhaltspunkte ergeben

sich aber im § 2.

Die §§ 2, 3 und 4 sind untergliedert in Unter­

suchungen, die eingeleitet werden können, die

eingeleitet werden mllssen und untersuchungen,

die eingeleitet werden dUrten.

In § 2 kann eine Untersuchung dann eingeleitet

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- 7 ­

werden, wenn ein Seefahrzeug einen Schaden in sei­


nem Bestand oder Betrieb erlitten oder einen Scha­
den angerichtet hat, jem~nd 1m Bereich des Betrie­
bes eines Seefahrzeuges von seinem Körper oder
seiner Gesundheit stark verletzt worden 1st, oder
seinem Leben ein Ende zu machen versucht hat.
Nach § 3 muß eine Untersuchung eingeleitet werden,
wenn bei dem Seeunfslle ein Fnhrzeug gesunken oder
au~gegeben worden 1st, bei deo Seeunfalle jemand
den Tod erlitten hat, ein Fnhrzeug verschollen let,
oder die oberste Bundesbehörde sie angeordnet hat.
Diene Best1maungen des § 3 in Verbindung mit § 2
Aba. 1 Nr. 2 ergibt, daß in Fällen des vollendeten
Selbstmorde an Bord von Schiffen eine Untersuchung
eingeleitet werden muß. Im § 4 sind elle die Punkte
zusammengefasst, die alner Zuatimmung der obersten
Bundesbeh8rde bedürten. Die unter § 4 angetuhrten
Punkte sind tUr 5chitfsotfizlerc und Kapitäne der
deutschen Handelsmarine ohne besondere Bedeutung.

Ich werde den § 5 w8rtlich zitieren, da er die zu


ermittelnden und festzustellenden Umstände des 5e8­
unfalls sehr genau rcstlegt.

§ 5. (1) "Die Untersu~hung soll dJe UrSBchen und


Umstände des Seeunfells ermitteln.
(7) Vor allem 1st festzustellen, ob der Unfall

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1. durch Fehler i~ Schitfahrtsbetrieb verschuldet


worden ist.
/. auf Wtngel in der Bauurt, EinrichtunG, Ausrilatung.
Beschaffenheit. BeladuOß oder Bemannung des See­
fahrzeugs zurilckz~en ist,
ferner ob
3. ~mngel dca Fahrwassers, der Seezeichen, des
Lotaenwesens, der benutzten Seekarten und nau­
tlachen BUcheT, des Nachrichtendionstes, der
Rettungsunstalten und anderer Seeverkehrscin­
r chtunßen aufgetreten sind und der Unfall auf
Fehler von Personon zurückzuführen ist. die in
der Verwaltung dca Fahrwnssers oder der Einrich­
tungen tätiß sind,

4. gegen das Seestraßenrecht verstoßen oder die


Beistandapflicht verletzt worden lst. n

Hiernus kann ~an ersehen. daß das Seeamt bei Scbl!fs­

unfällen nicht nur gegen die Schiffs!Uhrung ermit­

telt.

riech § 10 Aba. 1 !'~!Ur die untersuchung von Schitts-­

unfällen das Seeemt zu6tündiß. Die Zuständigkeit der

Seetll'1~e{' ls-i; m'~:l J Iv wilt folgt geregelt,

§ 10. (1) 1. benagt, daO das Seeamt, in d~eeen Be­

zirl, dS5 Seefehrzeua oder die gerettete Besatzung

od'-lr, I>'enn D!e sich geteilt h .. t, der Kepitl:ln oder

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der rangälteste ~chiff8offlz1cr oder Schiffsmann
nach dem Unfall 8n1~OlDlll.t,

2. dessen Sitz dem Ort dcs Unfalles sm nächsten

Hegt,

;I. in dessen Bezirk der Heimathafen dOll FahrzeUßB

liegt.

In § 10 Aha. 2 werden Unsti~lgkelten gckltlrt,

wenn mehrere Seeftmter zust~ndig sein sollten. Dort


heißt es:
"Unter !:lehrersn zuständigen Seeämtern wird dlle zu­
stündlg, dns zuerst die Untorsuchung eingeleitet
hat. Die oberste Bundssbehllrde knnn die Unter­
8uch~~g einem anderen Seeamt Ubertragen. Sie be­
stimmt auch bei Zweifeln Uber die Zuatnndigkelt
und sonst dns Sesamt, welches die Untersuchung zu
fUhren hat. 11

1.2. Einleitung des Verfahrens

Nach § l ' Ahs. 1 bewirkt der Vorsitzende des See­

amtes die Ermittlungen rUr die Untersuchungen.

Der Reeder und der FUhrer des betroffenen See­

fohrzeuges haben nur Anf'orderung Auskunft Uber Be­

&ltzung, :'1~gc.:l:r--:: ".U1U nei~epll:ln des Socfnhrzeuges

zu geben und die bCIlutzte."1 Seekarten, TegobUcher

und andere Papiere (z.B. BrUckenklnddo und Kurs­

schreiber) herauszugeben. niese HerauBgnbe kenn

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durch Erzwingungsstrafen in Geld angehalten wer­

den. Erxwingungsstrafen werden vom Vorsitzenden

des Seeamtes verhängt. Gegen die Festsetzung ksnn

man Beschwerde nach § 30 einlegen.

Ich zitiere den § 30 SUO:

"Entscheidungen und Anordnungen k8nnen mit Be­

schwerden angefochten werden, soweit es in diesem

Gesetz oder in anderen, nach diesem Gesetz anzu­

wendenden Gesetzen zugelsssen ist. Ober die Be­

schwerde entscheidet endgUltig der Vorsitzende

des Bundesoberseeamtes. Im Ubrigen gelten ent­


sprechend di. Vorschriften der §§ 306 - 309 =d

d. . §
,,, dor StPO Uber die Beschwerde."

Dor § ,06 Abs. , lautet wie folgt:

MDie Beschwerde wird bei dem Gericht. von dem oder

von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entschei­

dung erlassen ist zu Protokoll der Geschäftsstelle

oder schriftlich eingelegt. Sie kenn in dringenden

Fällen euch bei dem Beschwerdegericht eingelegt

werden. "

Gemäß § 14 SUG beschließt der Vorsitzende nach den

Ermittlungsergebnissen oder auf Anordnung nach

§ 1.Abs. 1 Nr. 4 die Einleitung der Untersuchungen.

Aus besonderen GrUnden kann eine Fortsetzung der

Untersuchung ausgesetzt werden, und zwar bis zum

Abschluß einer wegen des Unfells etrefrichterlichen

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Untersuchung. Erfolgt eine Ablehnung der Unter­


suchung, auch gegen den Antrag des Bundeskommis­
sare. so hat der Vorsitzende die Akten ~lt seiner
und die des Bundeskommlssars dem Vorsitzenden des
Bundesoberseeamtes vorzulegen, dieser hört den
ständigen Beisitzer und trifft die endgUltige
Anordnung.

1.3. Beweissufnahme

Der § 15 beinhaltet die Anweisungen Uber die Be­

weisaufnahmen. Nach § 15 Abs. 1 hat der Vorsitzen­

de die Sicherung von Beweisen zu bewirken. § 23

Aba. 1 findet Anwendung. In den Akten iet die Zu­

lässigkeit und die Vereidigung der Beweisaufnahme

festzustellen.

Ich zitiere den § 23 wörtlich:

§ 23. (1) -AuBerhalb der Hauptverhandlung sind Be­

weise nur aufzunehmen. wenn voraussichtlich die

Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nicht mög­

lich oder besonders erschwert sein wird.

(?) Die Beweisaufnahme bewirkt Buf Beschluß des

Seeamts der Vorsitzende.

(3) Im Ubri~en gilt § 15 Abs. 2 - Abs. G.n

Die Zulässlgkeit der Beweisaufnahme und der Grund


einer Voreidigung ist zu den Akten featzuatellen.
Im weiteren Verlauf des §15 wird unter anderem

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12­

ausgesagt. daß dor Bundeskomml&ssr berechtigt 1st,


der Beweisaufnamne beizuwohnen. Die Beteiligten
sind zu benachrichtigen, wenn sich die Beweisauf­
nahme auf den Gegenstand ihrer Verantwortlichkeit
bezieht und durch ihre Anwesenheit die Beweisauf­
nahme nicht gefährdet 1st.

In der Praxis 1st es so, daß die Wssserschutzpoli­


ze1, die benachrichtigt worden 1st, mit den Ermitt­
lungen beginnt. Bei den Ermittlungen, den Besichti­
gungen der Sch~den und der Besichtigung des Unfall­
ortes durch die Beamten sollte man immer dabei sein,
um nachher evtl. Unklarheiten sofort berichtigen
zu können. Vor allem sollte man von seiner Aussage­
verweigerung Gebrauch machen, da 8S immer wieder
vorkommt, daß nachträgliche, sinngemäß geschriebene
Protokolle nicht mehr dem entsprechen, was man
glaubt gesagt zu haben.

Bei Gesprächen mit Rechtsanwälten wurde mir immer


wieder bestätigt, daß der Klient, nachdem er etwas
Abstand von der Sache gewonnen hatte, nach noch­
maliger Durchlesung des Protokolls fast immer zu
dem Schluß kam, daß er dies sber so nicht gemeint
habe. Danach besteht aber dann dje Schwierigkeit,
gegen ejne Niederschrift, dje noch unterschrieben
worden ist, vorzugehen.

_l' _

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Aus dieser Aussoge k6nntc sber vom Seeamt ein fal­


acher Schluß gezogen werden. Der Rechtsbeistand
ist dann in der schwierigen Lagc, diese Aussoge so
7.urechtzurUckcn, wie sein Mnndant sie ver~tanden

hoben möchte. O~~e jemanden nahe treten zu wollen,


muß mon sich eingestehen, daß die Auslegung eines
SchriftstUclIes nuf verschiedene Weise erfolgen
kann. Verfolgt ~nn einmal den Werdegang eines
solchen Protokolls Ober eine AUßsnge, so kommt man
zur folgenden Fcststellung:
Der Befragte gibt Antworten unter Einwirkungen des
Schocks des vorausgegangenen Unfalls, die er später
nicht mehr vertreten wUrde. Der Beamte versucht,
auf diese Fragen und Antworten einen zusammenhän­
genden Bericht zu schreiben und läßt diesen nach
kurzem Vorlesen von den Befragten unterschreiben.
Nun wird der Bericht dem Seeamtsvorsitzenden vorge­
legt. Dieser liest das Schriftstück durch und zieht
wiederum daraus neine eigenen SchlUsse. Wer kann
sich davon freisprechen. dieses SchriftstUck nach­
her bei der Hauptverhandlung verschieden auszu­
legen.

Hier iot euch d~r § 5 des StGB zu nennen, der be­


sagt, doß das deutsche Strafrecht auch euf deut­
schen Schiffen gilt. Dementsprechend kann noch
§ 343 ein Beamter niemanden zur Aussage ~ingen.

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nur die sogenannte Auoe~geerpre3~ung bestehen so­


gnr Fre1heitsst~atcn.

Fs 1st also empfohlenGWert. ~lch schon zu dios~

Zeitpunkt e1nen Rechtsbelstand zu nehmen, der im

§ 12 ~bs. ? ~usdrUcklich erlaubt ist.

Ich zitiere:

§ 1;:> (2):

wDer Beteiligte kann sich in jeder Lage des Ver­

fahrens der Hilfe eInes rechts- oder sachkundigen

Beistandes bedienen. Auch an diesen sind nach sei­

ner Benennung die Ladungen und andere Mitteilungen

zu richten. w

Weiterhin ist der § 12 fbs. 3 zu beachten, der

besagt, daß der Beistand vom Vorsitzenden zurUck­

gewiesen werden kann, wenn dieser zum sachgemäßen

Vortrag oder sonst ungeeignet 1st.

Dieser Ab5Stz findet eber nur Anwendung auf einen

Beist8nd, während in Abs. 4 gesegt wird, daß Aba. 3

auf Rechtsanwälte keine Anwendung findet.

1.~.1. Eigene ßewei~aufn~hne

~ehr wJchtlg 1st dje eigene Bewe~fifUhnlng zur Ent­


lnstung. Dabei ist des Tngebuch mit der Tagebuch­
vererdnung, er111tlSCn 1901, von den einzelnen See­

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ufßrstootcn b::w. jmlltcnl~ndern und die :;::usf!.tzlichen

§§ 520, 522 und 523 des HGB von großer Bedeutung.

M,n dnrf n~llch ni~ht vergessen, daß des Tage­

bu~h pin~ Urkunde ist und vor dem Seeamt oder den

Gerichten als Beweismittel gilt und n~ch § 21

Abs. ? SUG vor dem Seeamt verlesen werden derf.

Dip DegrUndung des PrUssmanns zu § 520 HeB sagt

folgendes aus, Ich zitiere:

"Die Eintragungen im Tagebuch dienen dem Zweck, i~

Interease aller ßn der R_lse beteiligten oder inte­

ressierten Personen alle erheblichen Vorgänge an

Bord des Schiffes urktL~dljch festzuhelten."

Auf die gonaue Führung des Schiffstagebuches ist

zu schten.

Ich zitiere w1ederum eine BegrUndung des Prt!ssllIanna

zu § 520 HGB:

"Nur bei ricbtiger und vollständiger Eintragung

aller privat- und öffentlich rechtlicher Vorgänge

an Bord des Schiffes. l~t des Tagebuch geeignet,

d'e volle Beweiskraft e'nsr ?rlvaturkunde zu ent­

feIten. insbesondere bei der Verklarung sowie in

den Verfahren vor den Seemannsämtern, den Seeämtern

und vor GerJcht."

Die durch (, 520 eF VOI'geschrieben!' Art der Eintra­

r,ung von Unfällen entspr1cht derjenigen des VerklB­

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rung~bcrichtc~ ee~3 ~ 523.


Hieraus i::;t zu cr~chen, daß die Sch:"ffsleitung ohne
we teres in der Lag@ 1st, Bewe'se zu s~eln. die
n~rhher vor den Gerichten tmd den See~mtern rechts­
kr1fti~ slnd. ~ol~he V~rf~11c bzw. Unfülle sind auf
jeden Fall im Tagebuch zu vcroerJ,en.
Ich zitiere § 7 der T8gebuchverordnung:
"Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser
Verordnunß sowie gegen die Uestimmungen des § 520
HeB l{erden. soIern die Zuwlderhandhmg nicht durch
c'ne andere Vorschritt mit Strafe bedroht lot, mit
Geldstrafen bl:1 Z\I U'rf 100,-- bcstrnft."
Der § 521 HGB 1st aufgehoben; dadurch wird der § 8
der Tagebuchverorommg hinfällig.

1Iach § 52~ HGB hat der Kepitän Uber olle Un!'ölle,


die s1ch w~rend der Reise ereignen sowie Verlust
oder BeBchtidigune dea Schiffes oder der Ladung.
Verklarung abzulegen. Die Verklarung ist ohne Ver­
zue zu be-,Jlr'tell, und Z\'/ar in BOllt~m:::tungsha:ten, bei
~ehrercn Bcst'rn~sh~fen oder i~ Noth~fcn. Nach
S 36 KonllulntsG !ulnn die Verklarung vor einem deut­
schen Konnul sbgelegt werden. Dies let besonders
zu empfehlen, wenn mon dar Landessprache nicht hun­
dertprozentig o~cbtlg 1st.

Die Verl:lnrung solJte nehr g('nnu seln und \fohl Uber-­

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- 17 ­

legt und formuliert, danlit sie e!ne Bedeutung im

Zivilrecht haben kann. Im ?rUssmann wird darUber

folc;cndes flllSeeBSlr,t:

DJe Verklarunc; knnn 1m Zivtlrechtsstreit in der

Regel eine hU6sage nicht er~et?en, da d~s Verfahren

der seerechtliehen VerklA111rt8 nflch :laßg~be der Ver­

klarungsordnung - vergl. Anh. § 525 HGB - sehr ver­

einfacht und me'st einseitig tst.

Der K':!pH:11n und di!' IJbr1r:en 1'In der VerklArung be­

te' 11 ~en Bes?tz\.tn,3sMl t,.11eder rlllssen rrnmdllätz­

lieh nut Antrflg in Pro?ess vernonmen werden, es sej

denn, die Parteien erklären sich belde mit der Ver­

wertung des Verkls~sberichtes als Beweismittel

einverlltenden.

Wenn msn sich an diese Richtlinien hält, ist man

in der Lage, eine eut fundierte eigene B~~eis­

sicherung zu betreiben, Diese Bewe1seicherung durch

Niederschriften 1~ TflC;ebuf'h wird nber nur dann die

nöt'/Je Beweiskrnft haben, wenn dns T'lBebnch von

vornherein n~ch den Besti~'mgen der Tngebuchver­

ordnune gefl.lhrt wnrdpn ist. 'Ps w~re slso zu empfeh­

len, das TIlgebuch nfcht nln nntHendige::l Ullel enzu­

sehen

1.4. Hllunt"Cl'h"nd"tnr
Der Seen~tsverhnnd"mg llpr~ die ~tr-rprnzes8ordnung

~llgr"ndl".

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- 18

1.4.1. Zusammensetzung des Seeamtes


Des Seeamt 1st folgendermaßen besetzt:
Mit einem Vorsitzenden, der zum Richteramt oder zum
höheren Verwaltungsdienst befWbigt ssin muß.
Es muß mindestens ein Stellvertreter benannt seln,
der ebenfalls die gleichen Befähigungsn vorzuweisen
hat. Nach § 7 kann der Vorsitzende entweder auf Zeit
oder auf Lebenszeit ernennt werden.
Gemäß § 6 Äbs. 2 hat das Seeamt aus vier Beisitzern
und einem Vorsitzenden zu bestehen, 1m Gegensatz
zur Zus~mmenstellung des Bundeeobersesemtes, welches
se;nen ~itz in Hamburg hat und aus einem Vorsitzen­
den und sechs Beisitzern besteht.

Von den Beisitzern des Bundssoberseeemtes mUsssn


mindestens drei der SchlfLahrt kundig sein, davon
muß einer die Befähigung zum Kapittln auf große Fahrt
besitzen und wenig6tens ein Jahr lang mit der FUh­
rung eines Schiffes betraut worden sein. Kapitäne
und Schittsotfiziere, die als Beisitzer fungieren,
müssen wenig6ten6 innerhalb der letzten zehn Jahre
gefahren haben. Falls !lIan :tU der Annahme gelangt,
daß der Unfall aut das Fehlverhalten des ~~schlnen­

personals zurUckzutuhren ist, muß ein Beisitzer


aus dem Kreise der Schiffsingenieure hinzugezogen
werden. Wenn mijglich, soll dieser Beisitzer inner­
halb der letzten zehn Jahre Leiter einer Maschinen­

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anlage gewesen sein.

Der Vorsitzende und ein sehlffahrtakundlger stän­

diger Beisitzer sowie deren Stellvertreter werden

vom Bundesminister ror Verkehr ernannt.

Der § 11 Aba. 3 lautet zwar vie folgt:

Den Vorsitzenden und ein schiftahrtskundlger stän­

diger Beisitzer sowie ihre Stellvertreter enlennt

der FUhrer und Reichskanzler.

Da das Bundesoberseeamt nach der heutigen Auffassung

eine Behörde let, wird die Ernennung von dem ober­

sten Dl~~stherren, in diesem Falle dem Bundesminister

tUT Verkehr, durehgeftlhrt.

Die Bels1tzerll~ttn fUr des Bundesoberseeamt werden

für den Zeitraum von drei Jahren aurgestellt.

1,4.2. Voraussetzungen fUr die Erstellung der Be1­

sitzerl1sten

Die Beisitzer werden aus der Beisltzerllate berufsd,

welche die oberste Behörde der Länder (Au!sl~hts~­

hörde) jedes Jahr aufstellt.

Die Beisitzer wohnen im Bezirk des Seeamtes und

sollen !Ur das Amt eines Beisitzers geeignet sein.

Offiziere der Bundesmarine werden nicht aufgenommen.

lmch § 8 Aba. 2 können Offiziere der Bundesmnrine

aber als Beisitzer fungieren, ohne in der Beisitzer­

liste zu atehen. Dieses kann eintreten, wenn an dem

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Unfall ein Schiff der Bundeamarine mit betroffen

worden ist (§ 16 Abs. 2).

Vor der endgUltigen Erstellung der Liste werden

von der Aufsichtsbehörde der Vorsitzende des See­

amtes, des Oberseeamtes, die Leiter der örtlich

zuständigen Industrie- und Handelskammer, ein An­

gehöriger des Bundesverkehrsministeriums und Ver­

treter der Gewerkschaften angehört.

Im § 8 Abs. 3 wird zwar von der fUr die nautischen

und technischen Schltfsoffiziere zuständigen Stelle

der "De~t8chen Arbeitsfront" gesprochenj meiner

Meinung nach entspricht dies aber den heutigen Ge­

werkschaften.

Die nufgestellte Liste wird der obersten Bundesbe­

hörde, d~m Vorsitzenden des Seeamtes und des Eun­

desoberseeamtes, dem Bundesbeauftragten sowie den

im § 8 Abs. 3 bezeichneten Stellen Ubermittelt.

1.4.3. Verfahren der Hauptverhandlung


Die Hauptverhandlung beraumt der Vorsitzende an.
Die Bejsitzer und Stellvertreter werden von ihm
berufen. Außerdem beachafft er die Beweismittel
und erlässt die Ladungen. Er hat die zuständigen
Dienststellen (§ 13 Aba. 4) vom Termin zu unter­
richten, und wenn m6g1ich auch den Reeder zu ver­
ständigen.

- 21 ­
21 _

Der Vorsitzende des Seeamtes leitet die Verhand­

lung. Sie beginnt mit dem Aufrufen der Zeugen und

Sachverständigen. Danach berichtet der Vorsit~ende

Ober die Ergebnisse der ErnittlunG.

Es gelten entsprechend die Vorschritten des Ce­

richtsver!sssungsgesetzes Ober die O!tentlichkeit

und Sit~ungspoli~ei. Cerichtssprache, Beratung und

Abstimmung, soweit es voo Gesetz nicht anders be­

stillllllt wird.

Die Mitglieder des Seeamtes, der Bundeskommissar

und ein vereidigter SchrittfUhrer, MUs sen während

der Hauptversnmmlung lcmer snwesend sein.

Die zustMndigen D~enststellen und die Beteiligten

heben des Recht, der Verhandlung beizuwohnen.

Der Beteiligte kenn jedoch aufgefordert werden,

das Sitzlmgszimmer zu verlassen (§ 247 StPO). Das

gilt fUr den Fall, wenn befUrchtet werden muß,

deß ein Zeuge oder Mitbeteiligter in Anwesenheit

des Beteiligten die Wahrheit nicht sagen wird.

Selbnt während der SpruchverkUndung ist die Ent­

fernung deo Beteiligten zulMssig. In diesem Fall

ist der Spruch dem Beteiligten zuzustellen, selbst

wenn der Deista.nd anwesend war. Die Ablehnung von

Cerichtspersonen steht dem Bundeskommisssr und

dem Beteiligten z~. Bis ~um Beginn der Bericbter_

~tattung muß die Ablehnung aber a~sgesprochen sein.

- ZZ ­
- 2~

Die Ablehnung ist gem. § 24 StPO zulässig, wenn


d8s Mißtrauen gegen die unparteilichkeit eines
Richters begrUndet ist.
Ober Ablehnung und Ausschließung einos Beisitzers
entscheidet der Vorsitzende. Ober die Ablehnung
des Vorsitzenden entscheidet das Seenot. Dabei
wird der Stellvertreter hinzugezogen. Ebenfalls
sind der Bunde6ko~i6S3r, der Beteiligte und sein
Beistand berechtigt, Sachverständige abzulehnen.

Das Seeamt kann den Umfeng der Bewe1e8ufnahme be­


stimcJen; lIiederachrtttan Uber eine trlIhere Verneh­
mung oder eine außerhslb der Verhnndlung ertolgte
Beweisaufnahme, SchrittstUcke, Zellbnisoe und Gut_
I:lchten von Behörden lind öftentlichen ,,"suIten
dUrten verlesen werden.
Das unmittelbll,re Befragen von Zeusen und Sachver­
ständigen durch die Beteiligten un~ ihre Beistände

sowie durch den Bundeskoeunis5l\r und die Beisitzer


hat d~r Vorsitzende zu gestatten. Fragen, d1a nicht
zur Sache gehören oder ungeeignet erscheinen sowie
Fragen eines Beteiligten an den anderen Beteiligten
kann er zurückweisen.
Bei Zweitel Uber die Zuläss1gkeit hat das Seeamt
zu entscheiden. Ober die Vereidigung von Zeugen
wird nach freiem Ermessen entschieden. Zuvor wird
der Beteiligte und der Bundcakommi~o~r gehört. Aut

- 23 ­
- 23 ­
Antrng des Bundcakommiosnrs ist die Vereidigung

eines Beteiligten bis zum Schluß der Beweisaufnahme

zurUckzustellen.

Wenn gegen einen Beteiligten nach § 25 Aba. 4 eine

Feststellung in der Spruchformel getroffen werden

8011, so kenn die Vereidigung unterbleiben. Falls

gegen einen Beteiligten die Entziehung seiner Ge­

werbebefugnis in Betracht gezogen wird (§ 26 Abs. 2),

so muß die Vereidigung unterbleiben.

Im dritten Abschnitt des SOG § 2 ist genau festge_

legt, welche Zeugen die Stellung eines Beteiligten

heben.

In § 12 Abs. (1) 1, sind das gesamte nautische Per­

sonel und der Lotse eufgefUhrt.

In Abs. (1) 2 sind des Maschinenpersonal unddie Be­

setzung~itglieder, die eine deutsche Cewarbebefug­

nia als Kapit~l heben, nufgefUhrt.

Die in § 12 Aba.(1} 2 aufgefUhrtcn Personen werden

nur zu Beteiligten, wenn nach § 26 Aba. 1 die Ent­

ziehung der Gewerbebetugnis oder nach § 25 Abs. 4

die Feststellung eines schuldhaften Verhaltens

durch Ankündigung oder Stellung eines Antrages des

Seeamtes oder Bundeskommisssrs Aufgeworfen wird.

Nach § 12 Aba. ? hat der Beteiligte das Recht, sich

in jeder Lage des Verfahrens der Hilfe eines rechts­

oder sachkundigen Beistandes zu bedienen. Die La­

dungen und Benennungen sind ebenfalls an den Bei­

- 24 ­
- 24 ­

stand zu richten.

Der Beistand kann durch den Vorsitzenden zurUck­

gewiesen werden, wenn dieser ungeeignet erscheint.

Ein Recht~on,mlt kann nicht ~urUckgewie8en werden.

Dc~ Rechtsanwalt ist die Einsicht in die Akten


zu gewähren, solange der Untersuchunß6zweck nicht
gefährdet wird. Einem onderen Beistand kann die
Einsicht gewährt werden.
Gegen § 12 Ahs. 3 und 5 ist eine Be:'chwerde nach
§ 30 :zulässig.
Dabei 1st zu beachten, daß nach § 307 StPO der
Vollzug der angefochtenon Entscheidung durch das
Einlegen der Bescb~erde nicht gehemmt wird.
Die angefochtene Entscheidung kann jedcch von dem
Gericht, de~ Vorsitzenden oder dec Richter, dessen
Entscheidung angefochten wird, ausgesetzt werden.
"Die Aussetzung der Vollziehung ist eine ~

messensentscheidung, bei der die Aussichten des


Rochtsmittels und die pro~e66uale FUrsorgeptlicht
eine Rolle spielen. Die AUs6etZUDg kann vom Erst­
gericht in geeigneten Fällen tur ganz kurze Zeit
sngeordnet werden. in der der Betroffene Beschwer­
de einlegen und eine neue Aussetzungsentscheidung
Uberlegt werden kann." (StPO Beck'ache Kurz­
Kommentare)

- 25 ­
- 25 ­

1.5. Pechte des Beteil1/!jten

Außer den eben aurgefUhrten Re~hten steht den Be­

teiligten folgendes zu:


noch § 15 Abs. 3 SUG da!! Anwoeenho1t9.recht beilII
Bewoiatennln,
noch § 19 Aba. 2 SUG dos Anwosonhciterocht bei
der Verhnndlung,
nach § 20 SUG dos Ablolmungsrocht gegen­
Uber den Seeamtamitgliedern,
noch § 21 SUG dos Ablohnur-tsrecht gegen_
Uber dem Sochversttindigen,
noch § ;'2 SUC dos Fragerecht,
nach § 23 :UC das /.mlesenhoitsrecht bei
der Bcweisaufnahne,
noch § 24 hb~. - SUG dos Antrag!lrcch~,

noch § ?5 Ibo. 5 SUG das Recht ouf Gehör vor Ver­


l:llnoung ces Spruches und dos
Pocht auf Zustellung des
Spruches,
noch § 26 Abc. ? SUG das Sonderrecht DUr Antriige,
das Fecht auf ordnungsgemäße
Ladung, das Recht zur nach­
lichen liußcrung vor oincllI
deutschen Gericht oder Kon­
sulnt,
nach § 27 Aba. ? SUG das Recht nuf Einsicht in
die Niederschrift und eine

- 26 ­
.. 26

kor,tenfre!e Abschrift der­


ßelben,
nach § 34 hbs. ~ ~UG das DeI~ungarecht beim
Dundesoberseeamt.

~~ch einee Beschlu3 des LUbecker hDtsgerichtes:


nDer Beschuldigte war berochtigt, einen Anwalt sei­
nes Vertrauens hinzuzuziehen, und zwar gegebenen­
falls auch zu La5ten des Verfahrensgegners, wenn
die Kosten 1n zumutbarem Rahnen bleiben. Venn der
Beschuldigte den Vertreter seines Berufsverbandes
6e.. . .t lhlt hat, ist diea nicht zu beanstanden. n

Einen RechtsbeiBt~nd sollte man sich sofort nehmen


un~ keine AUSSOGe ohne Beratune des nechtsbeiston­
des tätic;en. ll.Bn sollte einen Pechtsbeistllnd wahlen,
der auch secl:1I1nnische Fr:f['hrIJn<l: boaitzt. Fa wUrde
sich sogar lohnen, sich einem Berufl'lvt"rbflnd ftlIZU­

schließen, dD nan dann mit seinee An......alt, welcher


~l1t der Snchlnge '/ertraut 1st, r.ueh bei zivil- wld
ntro~r~chtlichen Vcrfnhren, dip ~tl. in ~nceron

Sttldton stnt~findcn. euftrc~en krnn.

Noch einer Ger!chtsentßC"hejdunc deI) Dundesverwol­


tungsger1chtes (Band 39 Soite 21 Ur. 5) hat der
EeteHigte bei Ent:mg der Gcwel'b{'befurrni~ das De,..,,_
"'ungsrecht beim VenlBltune:"gerieht.

- 27 ­
- 2"1 ­

1.6. Der Spruch


Die ::;eearotsverhnnrllung endet 01 t der Beratung des
Vorsitzenden tuld der lki:>itzcr. Dnnoch lIird der
Spruch verleilndst. der eine ZUIlIlr:'.roenf:lGSU1lS der in
der Seeamtsverhandlung zuse~ungetrBßenen Meinungen

und Cutnchtrm Uber Art tU1d Ursacho dC(l Seeunf'alls


enthält.
GemUn § eS SUG ~ird der Spruch n~ Schluß der Houpt­
verhsndlung,nach Anhörung des Bundeskommisssrs und
der anwesonden Eeteiligten, deren necht os 1st, vor­
her noch e1nnol IJohllrt zu werden, unte)" Hitteilung
des \resl'ntlichen Inhalto dor Grunde verkundot.
StattdeGBCn kann c~ne öffentliche Zitzung sofort
anbernUt:lt werden, in der die Vcrl-:Undung stattfindet.
Die ·nbcroumung der öffontlichen ~'tzUllG dorf obor
nicht Ubr>r %\;oi Wochen hinaus ;mgesetzt verden. Bei
diesor ~itzunG brnurhcn der Bundenkommissar und die
Beisitzer nicht Dm/eBend zu :loh,.

Vor der VcrkUndung ~uß der Spruch schr~ftlich ab­


geeetzt "erden, wtl.hrend dj Cl -:chr.l ftlicha lleßY'l1ndung
erst inncu'hnlb von :!:\lci Vo.hen f'ef'.tgcntellt weroen
I:lUß. Fonn die Verkundune des ~pruches DU!lgesetzt
lIorden ir.t, nach § "'5 Abn. ::', :-0 milr,sen <!ie GrUnde
vor dor V<.rkUndung ochriftlich te!lteelegt ",erden.
Die Formel dca Sprucher. ist nnr.h ~ ?5 Abs. 3 goneu
teatgelegt; sie hAt Ort. Zeit, Art und Ursachon des

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- 28 ­

Seeunfalls, gegebenenfalls ein 8chuldhartes Ver­

halten eines Beteiligten zu enthalten.

Hierzu ist ~u sagen, daß die Feststellung eines

schuldhaften Verhaltens nur gegen einen Beteilig­


ten suszusprechen ist, und zwar nur gegen einen

Beteiligten gemäß § 12 nach einem Spruch des

Reichsobereeeamtee vom 24.9.1937.

Ein Verschulden im Sinne d. . § 25 liegt immer dann

vor. wenn der Beteiligte die im Seeverkehr erfor­

derliche Sorgfalt außer acht gelassen hat. Der

Spruch ist von sämtlichen Beisitzern und dem Vor­

sitzenden zu unterzeichnen.

Die Ausführung eines Seeamtsspruches sieht wie

folgt aus:

Seeamt Ulbeck
Reg.Nr.
"In der untersuchung Uber die Kollision des 115 n_~

mit der BrUcke. hat das Seeamt in seiner öffent­


lichen Sitzung sm ...• an welcher teilgenommen
haben
1 .

2. .
der VorBit~ende•

) Beisitzer,
b) Beisitzer,
,) Beisit~er,

d) Beisitzer,
3. der Bundesbeou1'tragte,
4. der vereidigte SchrittfUhrer.

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- 29 ­

nach mUndlicher Verhandlung folgenden Spruch ver­

kUndet:

Am ••• um ... , ist das die DrUcke traveautwörts

passierende ~lS "-" mit seineo vorderen Kran gegen

die Unterkente der DrUcke gestoßen. Anschließend

hat sich der Kran mit einem zur DrUckenkons~ruktion

gehörenden Drahtseil verfangen. Er ist umgerissen

worden, und die Lade~sten haben mit dem Draht ei­

nen BrUckenbesichtigungswsgen heruntergerissen.

Den Kapitän trifft der Schuldvorwurf, daß er die

KransteIlung nicht genUgend kontrolliert hat."

Wie man hieraus ersehen kann, ist die Formel Uber

den Spruch mit Ort, Zeit und Art eingehal~en yor­

den. Oie Ursache ist in diesem Falle nicht berück­

sichtigt yorden.

Auf den folgenden Sei~en ist der Tatbestand genau­

estens geschildert.

Dann folgt eine kurze Zusammenfsssung, in der such

die Meinung des Bundesbeauftrsgtsn zum Tragen kommt.

Dsnn folgt die BegrUndung des zuerst abgebenen


Spruches, die auch mehrere Seiten betragen kann,
und sm Scbluß der BegrUndung baben der erste Vor­
sitzende und alle vier Beisitzer gezeichnet.

Bei Abschriften mUssen diese noch beglaubigt s8in.


Gemäß § 25 bbs. 4 muß das schuldhatte Verhalten als

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- 30 ­

solche~ bezeichnet und kurz umschrieben werden,


wenn nach Ansicht des Seeamtes ein 8ehu1dha~tes

Verhalten eines Beteiligten vorliegt und dieses


Verhalten in der Formel ale eine Feststellung ge­
troffen wird. Der Name des Beteiligten muß wenig­
stens in den vorhergenannten GrUnden erwähnt wer­
den. Der Vorwurf eincs echuldhaften Verhaltens
darf in den GrUnden nur erhoben werden, wenn des
schuldhafte Verhalten gleichzeitig auch in der
Formel festgestellt wird.
Diese Bestimmung soll sich dahin auswirken, daß
in der Spruchtormel und in den Gründen eine mög­
lichst groBs Unterscheidung zwischen den belehren­
den und kritisierenden AusfUhrungen und beabsich­
tigten Vorwurf schuldhaften Verhaltens gemacht
wird, soll es in der Formel mit genUgender Deut­
11c~(elt zum Ausdruck gebracht werden.

Unberührt von dieser Auslegung bleiben die kriti_


sierenden und belehrenden AusfUhrungen in den GrUn­
den, mit dem Ziel einer Verbescerung der bestehen­
den Einrichtungen und Verhütungen kUnftiger Seeun­
fUlle, und zwar der im § 5 Aba. 2 aufgefUhrten Fälle.
Im großen und ganzen Boll 8US den Cründen das Ergeb­
nis der Bewei5aufna~e hervorgehen.

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- 31 ­

1.6.1. Entziehuns der Gewerbebefugnis

§ 26 Abs. 1, 2 und 3 befasst sich mit der Ent­

ziehung einer deutschen Gffi~erbebefUgnis als Kapi­

tän, Seeschiffer, Seesteuermann, Schiffsingenieur,

See- oder Kleincaschinist oder SeemotorfUhrer. Im

Spruch kann dem Inhaber diese Gewerbebefugnis ent­

zogen werden, wenn er in der Besatzung oder als

Lotse des betroffenen Seefahrzeuges durch sein Ver­

schulden am Unfalle oder durch sein Verhalten bei

Gelegenheit des Unfalls erwiesen hat, daß ihm eine

Eigenschaft feh~t, die zur AusUbung dieses Gewerbes

erforderlich ist.

Zur AusUbung des Dewebbes gehören nicht nur die be­

ruflichen Eigenschaften und Kenntnisse, sondern euch

die körperlich geistigen und moralischen Befähigungen

tur den Beruf.

Gemäß § 26 Abs. 1 können Buch BesatzUDgsmitgliedern,

die im Besitz einer Gewerbebefugnis als Kapitän, See­

schiffer, Seesteuermann, Schiffsingenieur, See- oder

Kleinmaschinist oder SeemotorfUhrer sind, die Ge­

werbebefUgnis entzogen werden.

Es wäre also möglich, daß der Inhaber einer Gewerbe­

befugnis als Kapitän als Matrose fährt und bei einem

Einsatz, z.B. Feuerstroßtrupp oder Bereitschafts­

bootsbesatzung, dermaßen schlechte Anordnungen gibt,

daß ihm dia geistige und moralische Fähigkeit tur

den Beruf nicht mehr bescheinigt werden kann und

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- 32 ­

ihm deshalb die GewerbebefUgnis entzogen wird.

So etwas wird heute wohl nicht mehr vorkommen.

Wie ich aus der Erzählung gohUrt hobe, 6ind aber

nach dem ~Ieiten Weltkrieg, als wir noch nicbt 80­

viele Einheiten in der doutschon Handelsflotte

hatten, sehr viele A5- und A6-Inhaber an Deck ge­

fahren.

In solchen Fällen wäre es natUrlich möglich gewe­

sen, daß auch diese Horren bei einer Seeamtsverband­

lung ihr Patent verloren hijtten.

In diesem bestimmten FsII kann ~n aur § 12 Aba.0) 2

zurUckgreifen, der folgendes sagt:

"Folgende Zeugen heben die Stellung von Beteiligten:

von der Schiffebesatzung die Inhaber einer deutschen

Gewcrbebe!ugnis als Kapitän, Seeschifter, Seesteuer­

m3nn. Schiffsingen'cur, See- oder Kleinmaschinlst

oder SeemotortUhrer, sobald die Frage der Entziehung

dieser GewerbebefUgnis oder der Feststell1.Ulg eines

echuldhsften Verhaltens (§ 25 Abs. 4) durch Stellung

oder ArotUndigung eines Antrages des Bundeskommissers

oder durch das Seeamt aufgeworfen ist."

Die Fntziehung einer G~~erbebefugnia ist nur zu­


ll:lssig:
1. gegenüber einem anwesenden Beteiligten,
wenn dieser Gelegenheit zu Äntrttgen er­

- 33 ­
- 33 ­

halten hatte,

2. gegenliber dem ausgebliebenen Beteilig­


ten. wenn di~3er zur HauptverhandlWlg
ordnungsgemäß geladen war und Gelegen­
heit hatte zu erschoinen, oder wenn
ihm autgr\md einer Lndung vor ein deut­
sches Gericht odor Konsulat Gelegenheit
z.u sachlicher Äußerung gegeben war.

In § 26 Abs. 3 heißt es wie folgt:

"Tlird (Ho Cewerbebefugnle a16 Kapitän Wld Schiffer

oder als Sch1!fslngenleur, See- Wldr KlelnrnBsch1­

n1st und 5eemotor""lhrcr entzogen. so ist die AusUbung

des Gewerbes eines ~chif!ers oder leitenden ~~schl­

nisten (Leiter der MaschinenanIsge) verboten.

Der Spruch kann darUber hinaus ohne besonderen An­

trag die CewcrbebefUgnis als Sec steuermann oder

Wachm06chinlet entziehen."

Zur allgemeinen Begriffsbestimmung Uber Kapitäne

oder Schi!fsoffiziere des nautischen oder mnnchinen­

technischen Schiffsdienstes steht im Bundesgesetz.­

blatt vom 26.6.1970 Nr. 64 folgendes:

§ 2 allgemeine Begriffsbestimmungen

Ic Sinne diessr Verordnung sind

1. Kapitlln oder Schiffsoffizler des nautischen oder


meschinentechniachen Dienstes:

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- 34 ­

die in den §§ 2 und 4 Nr. 1 des Seemanssgesetzee


genannten Personen, die 1m Besitz eines BetMhi­
gungszeugnisses oit don damit verbundenen Befug­
nissen sind.

1.6.1.1. !feu zu beruch:~ichtlGende Kriterien zur


Patentminderun~

WelU1 heute dus Seeamt Uber don Ein~ug oder die Itin­

derung einer GewerbebefUgnjs entscheidet, mu1 es

sich ~lt der nnuen ~U3!Uhrung der Pntente AGV und

AG bej"nssen.

Dns Patent 1,0\1 vlrd ntlch § 17 dos Bundesgesetzblat­

tes Nr. 84 boi dor Au~~tcllung eincs Beftlhigunßs­

zeugnisses h6here~ Ordnung eingezogen. Auf der

letzten Seite des Patentes IG steht wie folgt:

nDe~ Inhaber dieeeß Zeugnisses ist befugt, Fracht­

und Fßh~gost8chiffe allo~ G~ößen in allen Fahrtge­

bieten zu fUhren oder aut ihnen die Aufgaben des

ersten Offiziers cuszuUben."

Es ist meines F-raehtens nach nicht möglich, einen

bestl~ten Teil dieses Textes zu streichen, und

~nr so zu streichen, daß der Pntentinhaber nUT

noch die Aufgaben dea ersten Orfiziers ausUben kalU1.

Denn nach dem SeemalU1sgesetz § ? tbD. 3 ist bei Ver­

hinderung des Kapit~ns der erste Offizier des Decks­

dienstes auto~otisch als Kapitän anzusehen.

Der § 2 Abs. 3 l~utet wie folgt:

- 35 ­
- 35

"Iat ein Kapittln nicht vorhanden oder ist er ver­


hindert, BO n1~nt der erate Offizier dea Decka­
dienstes odor der Alleinsteuernann dia Pflichten
und Defugnl~Ge des y.opit§nn ~~hr.ft

Also kann der erste Offizier jederzeit in die ~!e

kOllllllcn. das Schitf als Y..llpl t!in fUhren zu m(Jssen.


llelche Reederei wird nbel' einen Ilnut1.ker a19
ersten Offizier einstellen, deo don FUhren von See­
achiffen untersagt 1st.
Um dle~ etwas näher zu erl~utern, muß nan sich die
SBAO betrachten. Im § 9 Aba. (1) 2d), der die große
Fahrt betrifft, lrt folgendes aursefUhrt:
d) in der großen Fahrt:
bis 10.000 BRT mUseen vorhandon sein
als Kaplttln ein AG-Mann,
als Schiffsofflziere ein hC-Mann und zwei M1-Leute.
Uber 10.000 BRT

als KaptHln ein AG-Jo!ann,


als Schlffsoftiziere ein Inhaber dca AC und drei
Inhaber des AN.

Hieraus ist 2U crscben, daß der Reeder nicbt ver­


pfiichtet ist, Tnhaber des AG\1 nnzumustern, um ge­
näß SBAO sein Schi!f beset2t 2U haben. Es wäre also
~ine Verhärtung der Strnte, wenn jemandem in seinem
Patent AG das FUhren von Sectahrzeugcn untersagt

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- 36 ~

wUrde, da kein Reeder einen Inhaber alt solch ei­


nen Potent anmustern wUl~e, da nur ein AG-Inhaber
als Schiff8otfi~ler anzumustern 1st. Da dieser AG­
Inh.cber <Iber lteine Seefohrzeuge fUhren darf, 1st
er fUr den Reeder nicht mehr interessant, da er
kein voll s'Jltiges AG hnt, und 50lllit \:lrd er ihn
auch nicht mehr anmustern.
In § 9 'ba. ~ steht ~wnr. anstelle der in /ba. 1
jeweils geforderten Inhaber von Bef~ißUngszeug­

nissen AG, AN und Ai: l:önnen Inh3ber der Befühigtmgs­


zeugnisse I.G·}, .'li! und AKW 1m Pahmen der in § 4 ge­
nannten Defugnisse eingesetzt werden.

Wer will dem Reeder aber verwähren. daß er nur die


Leute einsetzt, die ihm Personalkosten ersparen.
Nach § 42 kann die oberste Bundcsbeh6rde eine
entzogene Gewerbobefugnis nach Ablauf eines Jahrea
wieder einräumen, wenn die Annahme begründet ist,
daß der Betroffene fernerhin den Anforderungen
seines Gewerbes eenUgen werde. Vorher ist jedoch
das SeeaMt, in Berufungsf11len auch das Bundeaober­
seeamt, zu hören.
Wie soll mann aber b~~ei~on, daß 02n den Anforde­
rungen lleine~ Gewerbes gen'l,gen kann, wann einem
~ahrscheinlich nicht mehr die Möglichkeit gegeben
wird, sein Ge~erbe nuszuUben.

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- 37 ­

1.7. Bedeutung des Spruches


In Band 32 der Entscheidungen des Bundesverwnltungs­
gerichtes auf der Seite 21 unter der Ur. 5 steht
~olgendes Uber die SprUche der Seeämter oder Ober­
seefuDter:
"SprUche dee Oberseeamten, die lediglich ein echuld­
haftes Verhalten eines Beteiligten ~eststellen, sind
keine Verwaltungsakte und können vor den Verwaltungs­
gerichten nicht ange~ochten werden. Der verkündete
Spruch des Bundesoberseeamtes ist keine gerichtliche
Entscheidung."
Hier folgt dazu die BegrUndung: bereits der Utlllle
spricht dagegen, daß das Bundesoberseeamt ein Ce­
richt der Länder ist. Auch ist dies durch Verwsl­
tungsanordnung der Bundesregierung vom 26.11.1950
(BOBl. Seite 768) eingerichtet worden, nach dessen
§ 2 ee eine Bundesbeh~rde iet und der Au~sicht des
Bundesministers !Ur Verkehr unterliegt.
Rechtsprechende Gewalt kann es daher nur ausUben,
wenn es eines der im Grundgesetz vorgesehenen Bun­
desgerichte darstellt.
Im Gegensatz zu einem Artikel in der KommandobrUcke
vom 7/0 JUli/Aug. 1965 sagt das Bundesverwaltungs­
gericht folgendes Bua:
"Da das Bundesoberseeamt echon aUB diesen GrUnden
nicht ala Gericht anzusehen ist, braucht nicht un_
tersucht zu werden. ob es den sonstigen an ein Ge­

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rieht gestellten Anforderungen genUgt.q

In dieser Begründung ist noeh einmal ganz eindeu­

tig festgelegt: Aufgabe der See~ter ist es, die

Ursaehen von Seeunrallen zu ermitteln und dabei

die Gefahrenquellen aufzudeeken, die aus unzureiehen­

den Vorsehriften und Einrichtungen sowie aus dem

Versagen der verantwortlichen Personen der deut­

schen Seeschiffahrt entstehen k~nnen, um der Ver­

waltung die M~gliehkeit zur Abstellung der erkannten

Illingel zu geben.

Dies ist nUß der amtlichen Begründung des Schaps­

Abraham, deutsches Seereeht, dritte Auflage, drit­

ter Bend, Seite 455, zu entnehmen.

Ferner steht folgendes in der BegrUndung des Bun­

desverwnltungsgeriehtes geschrieben:

"~~ßg8bend 1st euch hier, daß die Spruche der See­

limter keine rechtsverbindlichen Entscheidungen dar­

stellen, sondern trotz der ZU benchtenden Verfah­

rensvorschriften nur die Wirkung von fachmännischen

Gutachten haben, sofern sie nicht unmittelbar in

die Ge....erbebefugnis eingreifen."

Eine rechtliche Wirkung der Spruche des Bundeeober­

seeamtes ist auch nicht deshalb anzunehmen, wail

dss Bundesoberseeamt sie tur gerichtliche Entschei_

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- 39 ­

dungen hält; denn das ßundesoberseeamt will mit


seinen SchuldsprUchen ausschließlich die deutsche
Seeschiffahrt sichern und nicht rechtaverbindlich
die durch den l~all hervorgerufenen Folgen im
Eln2elfalle regeln (s. Entscheidungen des Bundes­
oberseeaMtes und der Seeämter der BRO, Band IV,
Seite 22 und Band VI, S. 415).
Die getroffene Entscheidung ist zumindest unter den
Beteiligten verbindlich. Ob dies im Rahmen der see­
amtlichen Verfohren zutrIfft, k~:lo~ hier dahin­
stehen; denn noch außen liegt jedenfalls eine solche
Rechtsverbindlichkeit nicht vor. Nur dies allein
1st entscheidend.

Hieraus kann man ersehen, daß der Spruch des Seeamtes


brw. des Oberseeamtes keinerlei Wirkung auf ein
Strefrechta- oder Zivilrechtsverfahren hat. Er
kenn einzig und allein als Gutachten herangezogen
werden. Dazu werde ich aber später noch Stellung
nehmen.

1.7.1. Anfechtberkeit dea Suruches

Gegen den Spruch und die Entziehung einer Gewerbe­

befugnis kenn natUrlich Buch Berufung beim Bundes­

oberseeamt eingelegt werden. Dis Rechtsmittel der

Berufung sind im §§ 34, 35 und 36 des SUG zusam­

mengefasst.

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§ 34 besagt folgendes:
"Entzieht der Spruch des ~eeamte8 e1ne Ceverbebe­
tugnis oder stellt er 1n seiner Formel gomäß § 25
Abs. 4 SUG das schuldhafte Verhelten einca Betei_
ligten fest, so kenn der Betroffene und der Bun­
deskommisaßr Berufung an das Oberseaomt einlegen.
Der Betreffeno 1st Uber Art und Form des Rechts­
mittels gecäG § 35 Abs. 1 SUG zu belehren."

Der Bundeskommissar hat auße~~~ 2in BerufUngsrecht,


wenn im Spruch seinen Antrfigen auf Entziehung der
Gewerbebefugnia oder auf Feststellung eines schuld­
haften Verhaltene des Beteiligten nicht ~1Bchge­

kommen worden ist. Er kann ebenfalls Berufung ein­


legen, wenn eine Gewerbebefbgnia entzogen worden
ist oder eine Schuldfeatstellung eines Beteiligten
zugrunde liegt, ohne daß er einen Antrag einge­
bracht hat. Somit hat der Bundeskomroissar ein un­
beschränktes Berufungsrecht, auch zugunsten des
Betroffenen und sogar in don Fällen, in denen er
selbst eine Patententziehung beantragt hat. Die
Berufung zugunsten des Betroffenen kann nur mit
dessen Zustimmung wieder zurUckgenommen werden.
Die Berufung vor dem Oberseeamt hot natürlich
keine au!ochiebende Wirkung. Gecäß § 35 Abs. 1 ~Uß

die Berufung binnen zwei ;~chen nach der VerkUndung,


oder wenn dieae in Abwesenheit des Bundeskommissars

- 41 ­
- 44 _

fochten ist. Der Spruch kann auch zugunsten dos

Beteiligten, der die Berufung ejngelegt hat, ge­

findert werden, auch wenn der BundeskomnisseT ihn

nicht oder nur zugunsten dienon Detel1igtcn ange­

foch-ten hnt.

Das Bundcsoberoeoamt kann mit seinem Spruch die

Berufung VOI"\,ert'en, :w.1"'Uckwelson oder den ange­

fochtenen fpruch 'indern.

Dei unzul~sDlger Besatzung des Seeamtes oder bei

....esentlichen Hängeln dos Ver1"ehrens ).:Pl\n er die

Aufhebung dca angefochtenen Spruches und ZurUck­

weisung, auch cn ein anderen Seca~t. aussprechen.

Gemäß § 39 ~bs. 2 ist den Beteiligten Reise­


und Vernäumnisentschädlgung ....le einem Zeugen zu
gewähren, wenn die Beru!ung des Beteiligten er­
folerelch oder diejenige dos Bundeskollll!lisBIlTS er­
folglos geblieben 1st.
Jll.ßcror'Il l{l:lnncn ihm die notwendl{;on t.uslngen tur

oeine Verteidigung im Berurungsverfnhren erstattet


\'crclen •
....· 1m die BenJ'ung des Beteil1rrten vel'"Olorfen und zu­
rJckEewiesen, so sind ihn die boren Auslagen des
Berufungsvt!rfahrens aufzuerlegen. Das Bundesobcr­
seenat bestimmt, ob dea Betroffenen ßuOerdem die
r.osten des Berufungsverfahrens ganz oder zum Teil
ßUfZueTleeen ~ind.

Dasselbe gilt, wenn der Betroffene die Berufung

- 45 ­
- 45 ­
zu kurz vor der Rauptverhandlung zurUckgenollllllen
hat, 80 daß die Beisitzer und der Bundeskommissar
nicht rechtzeitig abbestellt verden konnten.
Im Ubrigen trägt aber die Bundeakssae die baren
Auslagen und die Kosten des Berufungsverfahrens.
Hat die Berufung des Beteiligten zum Teil Erfolg,
so können die baren Auslagen und die BerufUngs­
kosten %Wischen Bundeskasse und dem Beteiligten
verteilt werden. Zu den Auslagen gehören nicht
die Reisekosten des Oberseeamtes samt der Beisitzer,
die durch eine Hauptverhandlung außerhnlb des Sitzes
des Bundesoberseeemtes entstehen, euch nicht die
Kosten der Bereitstellung von Ge8chäfts~~u~~n

Als BegrUndung ist zu bemerken, unter Kosten


sind zu verstehen, die Reisekosten und Tagegelder
der Beisitzer sovie die Reisekosten des von ous­
värte kommenden Bundsskommisssre.
Zu den baren Auslegen gehören einmal die GebUhren
der Sachverstandigen, Zeugen und Dolmetscher, und
ferner die Ausgeben !Ur Porto und Ferngespräche
(vergl. Hermann in HAlISA 1936, Seite 1619).
Unt~r den ~llgeme~nen Best~en sind noch snzu­
fUhren der § 41, der folgendes beaagt:
"Die Geschäftsordnung fUr die Seeämter und !Ur das
Bundesoberseeamt erläßt die oberste Bundesbehörde."

Ebenfalls ist zu berUcksichtigen der § 43. der wie

- 46 ­
- 46 ­

folgt lautet:
~Dleaea Gesetz (gemeint 1st das SUG) tritt sm
1.10.19}5 an die Stelle des Gesetzes betreffend
die Untersuchung von Seeuntällen vom 27.7.1677
(Relchsgsestzblatt S. 549) und des Gesetzes be­
treffend deM Gewerbebetrieb der Maschinisten auf
Seedsmpfschltten vom 11.6.1876 (Relchsgesetzblatt
S. 109)."
FUr Seeuntälle, die vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes zum Spruch einss Seeamtes gefUhrt haben,
gelten die bisherigen VorechrLtten.
Eins 1st natürlich debei zu berücksichtigen, in
gewiesen Fällen 1st das Bundesobereeeemt nicht
die letzte Instanz.
Die Voraussetzung defUr ist, daß eich die Klage
gegen einen Verwultungeskt richtet (§ 42 Abs. 1
Helbsatz 1 VwGO). Lediglich spruche des Bundes­
oberseeemtes, die nach § 26 des Gesetzes Uber
die Untereuehung von Seeunfällen vom 28.9.1935
(Reichsgesetzblatt I S. 1.183) SUG eine Gewerbe­
befugnis entziehn, sind Verwaltungsakte. Nicht
degeben Spruche, die nur klären vollen, wie der
Unfall zustande gekommen ist. Ein Sp~lch, der
kein Patent entzieht, ist deher nur eine Ursacben­
feststellung, denn das Ziel des Seeunfellunter­
suchungsverfahrens ist ausschließlich die Siche­
rung der deutschen Seefehrt, nicht die Vorberei­

- 47 ­
- 47 ­

tung und Förderung zivilrechtlicher AU3einande~

setzungen (so Schaps-Abrsham s.a.O., § 25 SUG Anm.1).


Das Bundesverwaltungsgericht sagt als erstes,
dss Bundeaoberseesmt ist kein Gericht.
? SprUche des Bundesoberseemates, die lediglich
ein schuldhsftes Verhalten eines Beteiligten test­
stellen, sind keine Verwaltungsekte und können vor
dem Verwaltungsgericht nicht angefochten werden.

Hie~it wäre gleich eIs erstes gesagt, eine weitere

Berufung beim Verwaltungsgericbt ist nur möglich,

wenn dem Beteiligten eutgrund des § 26 SUG das Pa­

tent entzogen worden ist.

Genau in diesem Augenblick kann man Berutung beim

Verwaltungsgericht einlegen. Ein Spruch kann aber

nur gegen die Einziehung des Patentes erhoben we~

den, nicht gegen den Spruch als solches.

Dss werde ich aber noch weiter begrUnden.

1.8. Status des Bundesobaraeeemtes


Das Bundeaoberseeamt kann auch nicht als besonderer
FAchsenat des Bundesverwaltungsgerichtes betrachtet
werden, weil es weder in das Bundesverwaltungsge­
rieht organisatorisch eingegliedert ist, noch nach
der Verwsltungsgerichtsordnung prozessiert.

Nach Auttassung des Bundesverwaltungageriehtes ist

_ 48 _

- 48 ­

der Spruch allerdings tur den Kltlger inaofern nach­


teilig, als er die Voreussetzung für eine sp§tere
Petententziehung und ihm in soinee Fortkommen hin­
derlich aein kenn. Das unterecheidet ihn aber nicht
von anderen Gutachten, die Grundlage tur rechtliche
Entscheidungen sind oder ein berufliches Hindernis
darstellen könnon.
Dem Begutachteten bleibt nur die M6g1ichkeit, die
8ufgrund des Gutachtens getroffenen rechtlichen
negelungen zu bekäcpfen.
So werden z.ll. Gutachten über den Geisteszustand
!/echtelle mit sich bringen und rechtliche Entschei­
dungen zu seinen Ungunsten zur Folge heben, ohne
dem Begutachteten des Recht zur Anfechtung zu ge­
währen. Gutachten, die nur eine Auffassung mani­
festieren, aber keine Rechtsverhältnlss8 regeln,
können nur widerlegt aber nicht aufgehoben werden.
So ist eo auch hier. WUrden die Verwaltungsgerichte
Schuldspruche des Bundesobereeeemtes Uberprufen,
so hätten sie lediglich die Möglichkeit, die Auf­
fassung des Bundeaoherseeamtes über den Urs8chen_
verlauf zu bestätigen oder abzulehnen, ohne das
ihren Entscheidungen rechtliche Wirltung zuklLrDe.
Sie könnten nicht verhindern, düe Gerichte und Be­
hörden in Schl!denaersA.tz'-, dienstrechtlichen und
sonstißen Entscheidungen einen entgegengeoetzten
Standpunkt ainnehl'Oen.

- 49 ­
49 ­
Da auch sonst keine rechtlichen Wirkungen von sol­
chen Urteilen ausgehen WUrden, hätten auch sie nur
eine gutachtliche, aber keine rechtliche Wirkung.
Die Eintragung der Schuldfeststellung 1n einem
Register dient auch ausschließlich dem Zweck, die
deutsche Seeschiffahrt zu sichern und nicht rechts­
verbindlich die durch den unfall hervorgerufenen
Folgen 1m Einzelfall zu regeln.

1.8.1. Kritische Stimmen zur Patententzlehung durch

das Bundssoberseeamt

Zur Patententziehung durch das Seeamt oder auch

Bundssoberaeearnt hat man sich damals bei der erst­

maligen RlnfUhrung des SUG 1677 schon viele Geden­

ken gemacht. Besonders die damaligen nautlschen

Vereine haben sich gegen den Petententzug entschie­

den ausgesprochen. Deshalb habe icb aus der HANSA

von 1877 praktische Stimmen zum SUG auf Seite 58

heraU8gegri~~en und m6chte hier nun einige Zeilen

zitieren:

nIn der zweiten Sitzung sm 27.2.1877 bat der Kon­

gress der deutschen nautischen Vereine zu Berlin

Uber das dem Reichstag vorliegende Seeunfallgesetz

verhandelt, die Einrichtung von Seemannsämtern be­

turwortet, und ist dabei zu dem Schlusse gekommen,

den Seemannsämtern das Recht einzuräumen, den Schi~­

~ern und Steuerleuten das Patent entziehen zu dUr~en.

- 50 ­
- 50 ­
Wir Dpnziger Schiffer haben seinerzeit, d.h. sls
wir noch ic nautischen Verein vertreten waren,
gegen die Errichtung von Seegerichten und ganz be­
sonders gegen die Patententziehung gestimmt und
verwahren uns deshalb ganz entschieden gegen die
Unterstellung, deß die BeschlUsse des nautischen
Vereins mit unserer Ubereinstiomung getasst wor­
den sind."
Der Danziger Seeschi!!erverein schreibt wie folgt:
"Wir halten die Entziehung des Patentes weder !Ur
notwendig noch für gerechtfertigt. Wir haben durch
die PrUfung eIs Schiffer und Steuermann unsere Be­
fähigung, als solche zu fungieren, dargetan. Infolge­
dessen hßben wir unser Potent vom Staate erhalten,
und kBnnen such nur diesem allein das Recht der
Entziehung desselben einrtlumen. Wir fragen: ist
der Schiffer, der zehn Jahre nls soleber gefahren
hat, ohne ein Versehen begangen zu haben, mit einem
Mal ganz unbrauchbar, weil im eltten Jahre ihm ein
Verschulden zur Lest gelegt werden kenn! Hat des
Gericht nicht Mocht genug, einen solchen Schiffer
tur seine Fehrlij3sigkeit und Nachl~ssigkeit, wenn
sie bewiesen ist, zu bestrafen und ist solches
nicht geschehen! Was 3011 die Entziehung des Paten­
tes nUtzen, welChen bedeutenden Einfluß wird sie
etwa aut die fernere Lebensstellung des Betreffen­
den ausüben!"

- 51 ­
- "

Dazu möchte ich sagen. daß diese Meinung auch beute


noch von vielen lahrenden Patentinhabern vertreten
wird. Denn der Patententzug let meiet immer gleich­
bedeutend mit dem Verlust des Arbeitsplatzes.
In dem Artikel aus der HANSA beißt es weiter:
"Der Schifter, der heutzutage sein Schift verliert,
es! se durch eigene SchUld oder durch irgendwelchen
Unfall, 1st schon ohnehin schwer geschädigt, da es
1hm schwer werden dUrfte, bei diesen traurigen Reede­

relverhältnieeen wieder die FUhrunß eines Schiltes


zu erlangen. Der Reeder kann den Sc:hi:!fer zu jeder
Zeit entlassen, ohn~lbm den Grund seiner Entlassung
angeben zu mUseen. Wird der Reeder das nicht tun,
wenn er viel UnglUck auf der See bat? Ja er tut 8S
sogar, wenn der Schifter mit seinem Fehrzeug nichte
verdient. Und was wird der Betroftene nWl tun? Wenn
er kein neuse Ko~ando erbält, 80 gebt er entweder
als Steuermann aus, oder er sucht sieh einen anderen
Erwerbszweig, und letzteres bleibt ihm auch nur Ubrig,
wenn ibm das Patent entzogen ist.

Uber einen Seeunfall oder eine Strandung ein richti­


ges Urteil zu fllllen und die Schuld oder Unschuld
des Schiffers festzustellen, dUrrte selbet erfahrenen
Schiffern ~anebmal schwer werden, aber ganz unmöglich
ist es dem Laien, und der ist eben jeder, der nicht
eine Anzahl Jahre als Schlff8~er fUngiert bat.

- 52 ­
- 52 ­

Die Gefahren der See sind auch heute noch eo mannig_


fach und unberechenbar, daß wenn sich der Laie ein
Urteil Uber einen Seeun!all erlsubt, man es wohl
starke Uberhebung nennen darf. Dae Geschick des
Schi!fes kann oder wird von den gut_ oder bijswilli­
gen Aussagen seiner Untergebenen abhängig gemacht.­

Soweit ein paar AuszUge aus einem Artikel aus der


HANSA von 1877, susge!Uhrt durch den Danziger See­
schifferverein.
So alt wie dieser Artikel erscheinen mag, so möchte
ich doch bemerken, daß ein großer Teil des Artikels
auch heute noch zutrifft. Aus diese~ Artikel kann
man erkennen, daß auch schon d9Jllals ein erheblicher
Teil der Fahrensleute mit dieser Entwicklung nicht
einverstanden war.

1.8.2. Meinungen Uber das FOr und Wider der Gerichts­

barkeit des BundesobsrSOBBmtss

Es werden heute auch immer noch Möglichkeiten gesucht,

Uber das Bundeeoberseeamt hinaus in die BerufUng zu

gehen. Unter anderem steht in der KommandobrUcke Nr.

7/8 JUli/Aug. 1965 tolgendes:

Der Artikel lautet:

Der Status der Seeämter.


Hier hat der Kläger am 11.2.1965 beim Verweltungsge­
richt Hamburg den Spruch des Bundesobersseamtes vom

- 53 ­
- 53 ­

15.12.1964 in der Seeunfallsuntersuchungsssche


MS/MS, betreffend der Kollision dieser Schiffe
astlieb Terscbelling Feuerschiff am 16.4.1964 um
10.25 Uhr sowie den Widerspruchsbescheid des Bun­
desoberseeamtes vom 6.1.1965, eingeklagt.
Der Kläger begründet die Zulässigkeit der Anfech­
tungsklege damit, indem er behauptet:
Das Bundesoberseeamt bezeichnet sich zu Unrecht als
Gericht. Es ist. wie § 2 der Verwaltungsordnung
Uber die Einrichtung des Bundesoberseeemtes vom
26.11.1950 (Bundesgesetzblatt S. 768) betont, eine
Bundesoberbebarde. Der angefochtene Sprucb des Bun­
desobersseamtes ist ein Verwaltungaakt. Daa Gesetz
Uber die Untersuchung von Seeunfällen vom 28.9.1935
(Reichsgesetzblstt I, 5.1.183. Bundesgesetzblatt 3,
Nr. 9510-2) gewährleistet nicht die Unabhängigkeit
der Mitglieder des Sprucbkarpers. Nach § 7 SUG
=Ossen der Vorsitzende und der stellvertretende Vor­
sitzende die Befähigung zum Richteramt oder zum hahe­
ren Verwaltungadienst besitzen. Möge es auch Ublich
geworden sein, Richter zum Vorsitzenden und Stell­
vertreter des Vorsitzenden zu ernennen, so ist da­
durch die richterliche Unabhängigkeit noch nicht
garantiert, da der Bundesminister tur Verkehr nicht
gehindert iat, einen weisungsgebundenen Verwaltungs­
beamten des höheren Dienstes zum Vorsitzenden oder
Stellvertreter zu berufen. Gegen den Gerichts­

- 54 ­
- 54 ­
charakter des Dundesoberseeamtes spricht ferner die
Regelung Uber die Auswahl der Beisitzer, die schon
zahlenmäßig ein erhebliches Ubergewicht haben, da
dem Vorsitzenden sechs Beisitzer zur Seite stehen.
Die Beisitzer werden sus einer Beisitzerliste ge­
wählt, die der Bundesminister !Ur Verkehr aufstellt
und in die er nach seinem Ermessen Personen auf­
nimmt; die Reihenfolge zur Berufung der Beisitzer
ist nicht festgelegt, vielmehr wählt der Vorsitzende
fUr den einzelnen Untersuchungsfall die Beisitzer und
- wenn nötig - die Stellvertreter eus (§ 16 SUG).
Es widerspricht dem hergebrachten deutschen Gerichts­
verfassungsrecht und ist auch nicht saChlich geboten,
die Hernnziehung der Beisitzer dom Vorsitzenden zu
Uberlassen. Die sachgemäße Auswahl der Beisitzer,
e~~a nach ihrer besonderen Sechkunde, ist nicht ge­
regelt und unterliegt Keiner Kontrolle. Daß sich das
Untersuchungsverfahren nach den Regeln der Stratpro­
zessordnung vollzieht, ist von untergeordneter Be­
deutung und Kßnn Uber dies eine fehlende, institutio­
nelle richterliche Unabhtlngigkelt nicht ersetzen.

Der Ausführung Uber die Wahl der Beisitzer kann ich


nicht zustimmen, da die Beisitzerliste von der ober­
sten Behörde der lJ1nder eingereicht wird und nicht,
wie es in der Klageschrift heißt: die Beisitzer wUr­
den aus einer Beisitzerliste ge~lt. die der Bundes­

- 55 ­
- 55 ­

minister fUr Verkehr aufstelle und in die er nach

seinem Ermessen Personen aufnehme. Diese Dar­

atellung widerspricht dem Artikel 8 Abs. 3 SUG,

der wie folgt lautet:

ftVor der endgUltigen Feststellung der Liste hört

die Autslchtabehörde den Vorsitzenden des Seeamtes,

die Leiter der örtlichen zustijndigen Industrle­

und Handelskncmern, den Leiter der Rolchsverkehrs­

gruppo Soeschirtahrt und die tUr die nautischen

und technischen Schitfsofflzlere zustöndlge Stelle

der deutschen Arbeitsfront."

Wie ich vorher schon geschrieben hebe. muß anstelle

dos Leiters der Reichsverkehrsgruppe Seeschitfsbrt

ein Angehöriger des Bundesverkehrsmlnisteriums und

anstelle der Deutschen Arbeitsfront ein Vertreter

der Gewerkschaft angehört werden.

Die Beklagte Bundesrepublik Deutschland erwidert,

die Klage sei unzultlssig. Der Spruch des Bundesober­

seeamtes vom 15.12.1964 sei eine richterliche Ent­

scheidung und deshalb nicht verwsltungsrechtlich

nachprtlfbar.

Im Band 32 "Entscheidungen des Bundssverwaltungsge_

richtes" Nr. 5 steht dagegen:

WUrden die Verwaltungsgerichte Schuldspruche des

Bundesoberseeamtes UberprUfen, so hätten sie lodig­

- 56 ­
- 56 ­
lieh die Möglichkeit, die Auffassung des Bundesober­
seeamtes Uber den Ursachenverlauf zu bestätigen
oder abzulehnen, ohne daß ihren Entscheidungen
rechtliche Wirkungen zukäme; aie könnten nicht ver­
hindern, daß Gerichte und Behörden in Schadenser­
satz-, dienstrechtlichen und sonstigen Entscheidungen
einen entgegengesetzten Standpunkt einnehmen.
In der Ablelmung der h~age durch die Bundesrepublik
Deutschland heißt es weiterhin wie folgt:
nDne Bundesoberseenmt entspreche nach seinen Aufga­
ben, seiner institutionellen Ausgestaltung und sei­
nem Verfahren den an einem unabhängigen Gericht zu
stellonden Anforderungen. Es errulle die Voraus­
setzungen, unter denen des Bundesverfassungsgericht
einen Spruchkörper eIs unabhängiges Gericht aner­
kenne. Es Ube rechtsprechende Tätigkeit aus. Mln­
destanforderungen an ein gerichtliches Verfahren
seien srrullt. Es sei organisstorisch von den Ver­
waltungsbehörden getrennt und durch unabhängige,
nur dem Gesetz unterworfene Richter besetzt.­

Gegen diese A~ffassung spricht des Urteil des VII.


Senats vom 18.4.1969 des ersten Verwaltungegericbtes
Hamburg und des zweiten Oberverwnltungegericbtca
Hamburg. Dort steht wie folgt:
"De Artikel 92 GG vorschreibt, die rechtaprecbende
Gewalt werde unter andorem durch die in diesem Crund­

- 57 ­
57 ­

gesetz vorgesehenen Bundesgerichte susgeUbt und


die lahl und Art der oberen Bundesgerichte in
Artikel 96 Aba. 1 ce anschließend geregelt. 1st
der Gesetzgeber nach Artikel 101 Iba. 2 ce nicht
ermächtigt, obere Bundesgerichte Uber die tun!
oberen Gerichte hinaus tur besondere Sachgebiete
zu errichten. n

Die tunt oberen Bundesgerichte sind:


der Bundesgerichtshof,
des Bundesverweltungsgericht.
der Bundesfinanzhof,
das Bundessrbeltsgericbt,
das Bundss8ozielgericht.

Die in Artikel 92 GG ausgesprochene Beschränkung


des Bundes zur Errichtung von Gerichten dient der
föderalen Struktur der Bundesrepubllk Deutschland.
WUrde der Bund durch einfaches Gesetz nach Belieben
Bundesgerichte tur besondere Sachgebiete errichten
dUrfen, 80 WUrde das einen unzulässigen Eingriff in
die Gerichtahoheit der Bundesländer bedeuten.
WUrde nämlich diese Bestimmung dem Bund die Befugnis
einräumen, alle ehemaligen der Rechtspflege dienen­
den Einrichtungen des Reiches ale Bundesgerichte zu
Ubertuhren, so wUrde das auch rur sämtliche ordent­
lichen Gerichte gelten, die bis 1945 aufgrund des

- 58 ­
- 58 ­
zweiten Gesetzes zur Oberleitung der Rechtspflege
auf das Reich vom 5.12.1934 (Reichsgesetzblatt I
5. 1.214) Gerichte des Reiches wahren. Das wäre ein
derartiger Eingriff in die Gerichtshobeit der Län­
der, daß der bundesstaatliche Aufbau der Bundes­
republik Deutschland erheblich gestört wUrde. Das
aber hat der Grundgesetzgeber sicber nicht beab­
sichtigt. Der Grundgesetzgeber hat in Artikel 92 Ge
die Bundesgerichte auf die i~ Grundgesetz v~rge­

eehenen Gerichte beschränkt. Da da~ 3undesobersee­


amt schon aus diesen GrUnden nicht ale Gericht anzu­
sehen ist, braucht nicht untersucht zu werden, ob
es den sonstigen an ein Gericht zu etellenden An­
forderungen genUgt."
Soweit der siebte Senat des Oberverwaltungagerichtea
Hamburg.

Auch in einem weiteren Punkte wird der Klage des


Klägers stattgegeben, und zwar in Bezug auf den Vor­
sitz durch einen Verwaltungabaamten. In der BegrUn­
dung der KommandobrUcke 7/8 Juli/Aug. 1965 steht
folgendes:
"Dem Gebot richterlicher Unnbh~gigkeit (Artikel 97
Abs. 1 Ge) würde ea entgegenstehen. deS noch § 11
in Verbindung mit § 7 Abs. 1 SUG auch Verwaltungabe­
amte zum Vorsitzenden oder zu einem Stellvertreter
ernannt werden kllnnen. l;uch filr die Beisitzer iet

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- 59 ­
nicht sichergestellt, daß sie keine Verwnltungsbe­
amte sindj susdrucklich vorgesehen ist, daß Offiziere
der Marine zu Beisitzern beruren werden können (ver­
gl. § 8 SUG). Mit der Trennung von Rechtsprechung
und Verwaltung sind die Einflußmöglicbkeiten der
obersten Bundesbehörde nicht zu vereinbaren, die
dieser durch die BefUgnisse eingeröumt sind, die
Geschärtsordnung ror die SeeH.mter und ror o1ss Bun­
desoberseeamt zu erlassen (§ 41 SUG: die Ge~chärt8­

ordnung !Ur die Seeämter und für das Bundosobersee­


amt erlässt die oberste Bundesbehörde.), rUr den
Vorsitzenden bindend eine Untersuchung mit der
Folge ~nzuordnen, daß deren Gegenstand als Seeun­
rall gilt (§§ , Abe. 1 flr. 4, Aba. 2, 14 Abs. 1 SUG).
und die Untersuchung ungeachtet der im SOG vorge­
sehenen Zuottlndigkeitsre5elung einem anderen Seea.t
zu Ubertragen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 SUG).
Die Reihenfolge, in der die Beisitzer zu den Sitzun­
gen hinzugezogen werden, ist nicht geregelt (§ 11
in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SUG)j das wUrde dem Ge­
bot des gesetzlichen Richtere (Artikel 101 Aba. 1
Satz 2 GG) \iderstreben. Die Voraussetzungen tUr
eine ussetzur~ des Verfahrens und Einholung einer
Entscheidung des Bt~deoverfaSdUß88g~richte8gemäß

Artikel 100 Abs. 1 GO sind nicht gegeben, da ein nach­


konstitutionelles Gesetz der zu trettenden Entschei­
dung nicbt entgegensteht.

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- 60 ­

Wie aus all diesen AusfUhrungen zu entnehmen 1st,

1st der RecbtsatatuB des Bundesoberseeamtea nicht

genau festgelegt. Wie man aber aUB dem Urteil

des siebten Senates des Ob8rv8~ltung8gerichte8

Hamburg ersehen kann, 1st der Spruch des Bundes­

oberseeamtes als solchss nicht anfechtbar.

Im Band 32 "Entache1duna:en d88 Bwldesvsrwaltunge­

gerichtes" unter !Ir. 5 steht nusdrticklieh ~e­

schrieben:

"Lediglich SprUche des BundsBoberseeamtes. die nach

§ 26 des Gesetzes über die Untersuchungen von See­

unfHllen vom ?8.9.1935 (Relchsgesetzblstt 1 S.

~ .103) _ SUG - eine Gewerbebefugnla entziehen,

sind Ven1altungsa)~te, nicht dagegen SprUche, die

nur klären wollen, wie der Unfall zustande geko~en

1st. n

Aus diesem Urteil kann man ersehen, daß daa Bundes­

oberseeamt die letzte Instanz betreffend der See­

unfUlle iet. }mn hat keine Möglichkeit, eine weitere

Berutung einzulegen. Nur in dem Felle, wenn Hand on

des Patent gelegt worden iet, wird das Verwaltunge­

gE~icbt und Q1~ ~eiteren Inet~zen des Verweltunge­

wege:.. zuständig.

DOM!t sind die Möglichkeiten des Beteiligten, eine

Änderung des Spruches vom Seeamt oder Bundeeobereee­

amt zu bewirken, erschöpft.

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- 61 ­

? Strafrechtaverfahren
2.1. Paragraphen, au1'gnmd dessen ein Strafrechts­
verfahren eingeleitet wGrden kann
~enn der Seeunfsll nicht durch das Seeamt untersucht
wird, kann es passieren, daß sich die Staatsanwnlt­
schaft direkt einschaltet. Da~u hat sie nach mehreren
Paragraphen des Strafgesetzes die Möglichkeit. Einer
der Paragraphen, gegen den nach StGB am ce~aten ver­
ftQOen wird, bt der § 315. Er steht un·~i:"r der Ober­

"Gefährliche Eingriffe in den


Dahn-, Schifts- oder Luftverkehr."
§ 315 ~1)

"Wer die Sicherhe!t des Schienenbahn-, Schwebebahn-,


Schlffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt,
des er:
1. Anlegen oder Beförderungsmittel
zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2. Hindernisse bereitet,
3. falsche Zeichen oder Signale gibt
oder
4. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen
.':1.1.11'iff vornllll1'lt und dadurch Leib
oder Leben eines anderen oder fremde
Sachen von bedeutendem Wert gefähr­
det, wird mit Freiheitsstrafen von
3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft."

- 62 ­
- 62 _

§ 315 (2):
"Der Versuch ist strafbnr."
§ 315 (3):
"Handelt der Täter in der Absicht,
1. einen unglUcks~all herbeizu!Uhren oder
2. eine andere Straftat zu ermöglichen
oder zu verdecken. so ist die Strafe
Freiheitsstrafe nicht unter einem
Jahr, in minderschweren Fällen Frei­
heitsstrafe von sechs Monaten bis
zu fUn! Jahren."
§ "5 (4),

"Wer in den Fällen des Absstzes 1 die Cefahr fahr­

lässig verursacht, wird mit Freihe1tsstr8~en bis

zu tun! Jahren bestraft."

§ 315 (5):

"Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig han­

delt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird

mit Freiheitaatrafen bis zu zwei Jahren oder mit

Geldstra~e bestraft."

§ 315 (6):

"Dss Gericht kann in den Fällen der Absätze 1 bis

4 die Strs~e nach seinom Ermessen mildern (§ 15)

oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften

absehen. wenn der Täter freiwillig die Cefahr ab­

wendet, bevor oin erheblicher Schaden entsteht.

Unter derselben Vorsussetzung wird der Täter nicht

- 63 ­
- 63 ­

nach Absatz 5 bestraft. Wird ohne Zutun des Täters


die Gefahr abee~endet, 30 genUgt sein freiwilliges
und ernsthaftes BemUhen, dieses Ziel zu erreichen. h
Soweit der § 315 StGB.
FUr die Schiffahrt 1st in diesen Paragraphen der
Abs. 1.1, 1.7 und 1.3 von besonderer Bedeutung.
Ebenfalls der Abs. 4 und 5.

Gegen den § 315 Aba. 1.1 verstößt man, wenn man z.B.
BrUcken- oder Schleusentore fahrlässig beschädigt.
Gegen den § 315 ~bs. 1.2 verstößt msn, wenn man
nach Schlffekolli3ionen auf Wasserstraßen den Ver­
kehr unnötigerweise behindert. Felsche Nebelsignale
und Uberholsignale fallen unter § 315 Aba. 1.3.
Wie wir unter Aba. 4 und 5 lesen können, können
Fälle, die unter Aba. 1 des § 315 fallen, mit
empfJndlichen Strafen bedacht werden.

Belangt werden kann man ebenfalls nach § 316 StGB,


der wie folgt lautet:
(1 )
"Wer im Verkehr (§§ 315 - 315 d) ein Fahrzeug fUhrt,
obwohl er infolg8 dea Genusses alkoholischer Ge-
tr'· kc oder anderer berauschender Mittel nicht in
':1,.~ JJo~<' ll"!;, deo Pnh...-zeug sicher zu fUhren, wird
mit Freiheitsstrafeu bis zu eine~ Jahr oder mit Geld­
strafe bestraft. wenn die Tat nicht in § 315a oder

- 64 ­
_ 6/1 ­

3'5e mit 5trafe bedroht 1st."


(2)

"flach Abll. , wird Buch bestraft, wer die Tat fahr­

lässig begeht."

In dieaem Zu~nllllIlenhanß muß man Iluch den § 325 StGB

beachten, der wie folgt lautet:

"neben einer wegen einer voraetzliehen Tat nach

§§ 306 - 308, 31', 312, 3'3 Abs. 1, 315 Abs. 3,

315 b Aba. 3, 316 a Abs. 1, 321 Aba. 2 und 324 er­

kannten Freiheitsstrafe von Dindestens einem Jahr,

kenn auf Zultlssigkolt von Polizeiaufsicht arkannt

werden. n

§ 36 StGB behandelt die Polizeiaufsicht.

§ 38 (1):

nUeb~n einer Freiheitsstrafe kann in den durch das

Gesetz vorgesehenen Fällen auf die Zul~ssigkeit

von Polizeiaufsicht erkannt werden."

§ 38 (2):

"Die höhere Landespolizelhehörde erhält durch ein

solches Erkenntnis die Befugnia, nach Anhörung der

Stratvollzugsverwsltung don Verurteilten auf die

Ze1t VOll höchstens 5 Jahren unter Polizeiaufsicht

§ 36 (3):

"Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem

- 65 ­
6, ­

die Fr&ih~itBstrate verbüßt, verjährt oder erlassen


1st. n

Dazu ist zu beoerken, daß die Polizeiaufsicht, die

Ihre~ Wesen nach Sleherung8maßno~e 1st, heute ein

praktisch absterbendes Institut 1st.

Die Wirkung der Polizeiaufsicht beinhaltet der

§ 39 StGB. Er lautet wie folgt:

"Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkung:

1. dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzel­


nen bestimmten Orten von der höheren Landespo­
11~elbehörda untersagt werden;
2. Tlau88uchungen unterliegen keiner Beachrtl.nkung
hinsichtlich der Zeit, zu welcher ale stattfin­
den dllrran.

Die Stellung unter Polizeiaufsicht wird auf­

grund der strnfr:ericbtl1chen Ermilchtigung gemäß

§ 38 duruh die höhere Pollzelbehörde vertilgt.

Sie muB dem VerurteLlton ~ltßotellt werden.

Sie wirkt, auch wenn nur in einem Lande auss&­

sprochen, tur das SaAze Inland und tur dia tan­

despolizeibehörden der onderen Bundesländer."

Dss Urteil in der Strafsache kann das Verbot der

E~·i."U='!'''·lP.(!l...'.mg beinhalten, und zwar nach § 42 1­

Er lautet:

Abs. 1: "Wird jemand wegen eines Verbrechens oder

- 66 ­
- 66 ­

Vergehens, daß er unter Mißbrauch seines Berufes


oder Gewerbes oder unter grober Verletzung, der
ihm Krart seines Berufes oder Gewerbes obliegenden
Pflichten begangen hat, zur Fre1hcitEstrate von
mindestens' Nonaten verurteilt, 3C ::r.nr das Ge­
richt zugle!ch auf die Dauer von mindestens einem
und höchstens !Unt Jahren die AusUbung des Berufes.
Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagen, wenn dles
erforderlich 1st, um dle Allgemeinheit vor welteren
Gefährdungen zu 8chUtzen_~

Aba. 2:

"Solange die UntersDgung wlrks~o 1st, darf der Ver­


urteilte den Beruf, dD~ Geverbe oder ~en Gewerbe­
~eig auch nicht tUr einen anderen ausUben oder
durch eine. von seinen Welsu.~eD Dbh~ngige Person
tur aich ausüben lasocm."
Im Aba. 4 heißt ea:
~Das Gericht ltann die Untersagung der Berufs8us­
übung wieder aufheben, \lenn der Zwecl~ der 11aßregel
ihre Fortdauer nicht mehr erforderlich erscheinen
lMßt. Die Aufhebung ist früho~tens zulasslg, nach­
dem die Maßregel ein Jahr gedauert hat. Sie gilt
nur als bedingte Aussetzung der Untersogung und

kann bJs zum Ablauf dar im Urtoil tur ihre Dauer


festgesetzten Ze~t Widerrufen werden; die Dauer
der Unteraagung dort auch 1m Fnlle dos Widerrufes
insgesnot dJe 1m Urteil festgesetzte Zett nicht

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- 67 ­

Uberschreiten. n
Der § 42 1 StGB ist also gleichzusetzen mit § 26
SUG, aufgrund dessen die Gewerbebetugnis entzogen
werden kann.
§ 421 Abs.4 StGB beinhaltet eenru tr~ ßl~iehe wie
§ 4? SUG.
!rach beiden Parngraphcn llonn d1.0 Gewerbebe1'ugnia
nncb einem Jahr unter besonderen Voraussetzungen
wieder eingeröumt werden.
Wer trotz eines Verbotes der BerufsousUbung seinen
Beruf woiterhin ousfUhrt, yprstößt gegen § 145 c
steD, der folgenden "ortlaut h:'tt:

"Wer einen Beruf odel n Gewerbe o\ls'lbt odor 9Uß­


Uben lnast, solange ihc dies ~~ch § 42 1 untersagt
ist, wird mit Freiheitsstrofc bis zu z·,le1 Jahren
und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen
bestraft."

Als DegrUndung sci hier~u noch ooogt. das Verbot


des Be.'tfcs "Vertreter" umfasst auch die Tätigkeit
als Generalvertreter, a130 eines solchen, der mit
dem Publ1ku::1 nicht unmittelbar in BerUhnmg kommt.
Die AusUbung des Ben.\ten durch eine ZO.reltperson
wird aber in der Pegel in der Soef~hrt nicht vor­
kommen.

Uber dns zusttlndigo Goricht iat r~l~ondos zu sagen:

- 68 ­
- 68 ­

§ 10 Abs. 1 StPO
"Ist die strafbare Handlung auf einem deutschen
Schiff aunorhnlb dos Geltungsbcroichs dieses Bun­
desgesetzes begangen, so 1st das Gericht zustän­
dig, in dessen Bezirk der HeiUD~~~.·cn oC~~ der
Hnfen im Geltungsbereich dieses Gcs~tzcs liegt,
den des Schiff noch der Tat zuerst erreicht. Unter
"Deutsche Schlffe~ sind Seosch'ffc, welche die
deuts;;ho Flange zu fWlren berechtigt sind, zu
verstehen. "Deutnch" r.chlleßt hier die DDR nicht
ein. n

2.~ Einleitung der. ~t- tycrtahrcnt


Im o11gamoinon befasst sich der Stnatsnnwalt erst
n:'leh da:- SOCtlr.lts'Fcrhnndlllng mit der Elnlelt1.ulg

des StrafVerfahrens.
Eine solche Vorladung sieht wie folbt 8US:
"In der Strafsache
gegon
wegon Verletzuns der Trnncportgoföhrdung
~.D. (Kollision des ~S ,,_n)
wird Ihnen die Änklngoßchrift 0itgeteilt. Sie können
innerhalb 7 Togen die Vorn~hpe oinzolnor Deweiaer­
hebuncen vor der a~uotverhnndlung ber,ntrasen; ferner
können "'ie '!':in\fcnc:lungcn Sesen die Eröffnung des Haupt­

verfahrens vorbringen. En be~nrf der ~ngnbe der Tat­


sachen, die bO·...iesen ....erden sollrn, und nach tlöglieh­

- 69 ­
- 69 ­
keit auch der Beweismittel dafür (Zeugen, Urkunden
u.a.).

Die Anträge oder Einwendungen können Sie innerhalb


der obigen Fristen schriftlieh e~ichen oder zu
Protokoll der Geschäftsstelle des A=tesgericbts er­
klären.
gez.
begl.

Da der Bescbuldigte in den meisten Fällen nocb zur


See fährt, sollte man tunlicbst seinen Verteidiger
ermächtigen, die Zustellungen in Empfang zu nehmen.
Allee veitere regelt der § 145 ader StPO.
Diesen Punkt sollte man in keinem Falle vergessen,
denn Hinterlegung der Zustellung bei der Post oder
Polizei gelten als Zustellung.
Wenn solch eine Zustellung tiber die Reederei nachge­
sandt wird, muO man des Detu. der Zuetellung aofort
1m Tegebucb eintragen mit der unterschrift des
Kapitäne. Danacb ist eine Benachricbtigung des Kon­
sulats von Vorteil, um die Einsetzung des Verfahrens
in den alten Stand zu erreichen.
Die Ankl8gescbri~t wird von der Staetsanwaltschaft
an das Amtsgericht gericbtet. In der Anklageschrl~t

ist eIs erstes enthalten I


Titel und Name des Angeklegten

- 70 ­
- 70 ­

sowie Geburtsort und Datum,


Heilllatanllchritt und Ste.atsense­
btlrigkeit.
Danach ~olgen die evtl. Vorstra~en.

Dann ~olgt

Ort,
Datum und Zeit der Straftat
sowie eine kurze Z~sammenfassung der Ver~ehlungen,

~.B. Herr Kapitän -_. wird anseklagt, die Sicher­


heit des Schi~~sverkehrs dedurch beeinträchtigt zu
haben, daß er ein Hindernis bereitet und dadurch
Leib und Leben anderer !lowie Sachen von bedeutendem
~ert ge~ährdet ~u haben, wobei er ~nhrläs8ig gehan­
delt und dia Ge~abr fahrlässig verursachte.

Man kann hieraus ersehen, daß eine sahr ste.rke An­


lehnung an den § 315 StGE erfolgt ist.

Denn folgt meistens eine kurze Tetbeschreibung, die


sich im großen und genzen ouf den Tatbericht des
Spruches vom Seeamt oder Bundesoberseesmt Iltijt~t.

Zum Schluß werden die Beweismittel eutgefUhrt, die


~umei8t die Akte des See~tes enthält. Die gleichen
Sachverständigen wie beim Seeemt sollen vorgeleden
werden, und die eigenen Angaben des Beschuldigten
werden ebenfalls als Beweismittel betrachtet.
Die Meinung der Verteidigung lautet zu diesem Fall:

- 71 ­
- 71 ­

"Zwar hat das Seeamt in der Verhllndlung ein nau­


tisches Verschulden festgestellt; jedoch ist nicht
jedes nautische Verscbulden als ein Varschulden im
Sinne des Strafgesetzes, hier § 315 des StGD zu
....erten.
Wie auf Seite 2 auch zum Ausdruck gekommen ist (be­
zogen auf den Tatbericht der Staatsanwaltschaft).
hat sicb Herr "-" hinsichtlich der Stellung der Kräne
verschätzt. Es handelt sieh hier aber nicht etwa um
eins grobe unzuverlässige Fahrweise, vielmehr 1st
es doch 80, daß im Interesse der Reederei und aus
Zeit.angel derartige vorbereitende Arbeiten immer
schon vorher gemacht werden, weil bei der Ladung
jede Minute Geld kostet. Es ist slso unrichtig, wenn
in der Anklageschrift davon gesprochen wird, daß
die Kräne "ohne triftigen Grund" in Arbeitsstellung
gebracht wurden."
Die Verteidigung tuhrt ....eiterhin an: eußsrdem sollte
man berUcksichtigen, daß praktiscb Herr li_li ja
scbon dadurch bestraft ist, daß das Seeamt ihn schul­
dig gesprochen hat; daß dies tur seine Leutbahn ein
Nachteil iet, der sieh als Strafe auswirkt, ist wohl
nicht zu Ubereehen. auch wenn 8S formel keine Strafe
1st. Besonders derartige Sachen dUrten aber doch
nicht zwe1llla.l bestraft werden. Es kommt hinzu, daß
evtl. auch noch Scbadenser&8tzansprUche gegen ihn
gestellt werden."

- 72 ­
72­

Nach Anklageschrift und Darstellung der Sachlage

durcb den Beklagten wird dann die Hauptverhandlung:

vor dem Amtsgericht anberaumt.

Am Fuße der Ausfertigung des Bescblusses steht

meistens:

"Ich bitte um Erklärung bis zum .....•

ob die Zeugen und Sachverständigen erneut geladen

werden sollen. oder ob die Seeamtsvarhandlung ~u­

grunde gelegt werden kann.·

2.'. Beanstandungen der Verteidigung

Daraufhin hat der Verteidiger der Anklage geschrie­

ben:
"!laeb Durchsicht des Spruches des Seeamtes und be­
sonders nach ~h81cht des Termtnprotokolls Uber
die Verhandlung komme ich in Obcrelßstlmmung mit
Herrn "_" zu dem Ergebnis, daß die Protokolle Uber
die Vernehmung von Zeugen nicht Uberzeugen können
und deshalb nicht Crundlage der neuerlichen Ver­
handlung seln können.
Ich muß deehalb darauf bestehen, daß die Zeugen
und evtl. Sachverständigen neu vernommen werden.~

Dies ist das gute Recht des Verteidigers, wenn er


annehmen muß, daß er bei einer Vernehmung der Zeu­
gen und Sschverständigen wesentlich mehr in Er­
fahrung bringen kann, als das Protokoll des Seeamtes

- 13 ­
- 73

aussagt.

Diese Auslegung gilt besonders bei Protokollen der

See§mter oder des Bundeaoberseeamtes, da die See­

amtsverhandlung nicht wortwörtlich, sondern nur

sinngemäß protokolliert wird.

Niederschriften Uber Aussagen, wie %.B ..

"Ich var eTst drei Wochen an Bord. Ich bestätige,

was der Kapitän ausgesagt hat. leb hatte nicht das

GefUhl,daß der Kran zu hoch stand. Nach zwanzig

Minuten erschien die Wesserecbutzpollzcl."

"Icb bin seit 1959 beiD Bau der Brucke beim Straßen­
bausmt tätig gewesen. Den Unt"all kenne icb vom
Hörensagen. Somit kann icb zum Unfall keine Aussage
IIlacben. Mir 1st nie bekannt geworden, daS die Dr3hte
die Untergurte unterschritten haben. Eine Ketten­
sicherung 1st erst später angebracht worden. Der
Wagen kenn von sich aus nicht in Bewegung kommen."

"Seit Indienststellung des Schittes bin ich an Bord.


Zur Zeit des Unfalls stand ich an Deck. Gesehen habe
ich nichta."

Noch eine Aussege:


"Ich bin zwei Monate lang an Bord. Als der Unfall
passierte, stand ich vorne. SonGt standen die Y~äne

in tiefster Stellung. Diesmsl waren sle h~er. Es

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- 74 ­

ver Sonntag."

·Sehr genau habe ich nicht darauf geachtet. Ich

bin drei Monate an Bord. Zur Zeit des Unfalls

stand ich sm Ruder. Beide Krll.ne standen nach Back­

bord. Ein Seil hebe ich nicht gesehen. Von der

Sonne war i<::h nicht geblendet."

Die Aussage eines Psssanten:

"Ich stand tunfzig Meter von der Brucke entfernt.

Ich sah das Schiff vorbeifahren. Die Kräne standen

nicht Uberkreuz, sondern offen und ziemlich steil.

Ich weiß nicht, ob ein Seil durchhing."

Wenn man solche Aussagen liest, kann man nur mit

dem Kopf schUtteln. Solche schriftlichen Abfassungen

kommen zustande, wenn die Aussagen von Zeugen sinn­

gemäß protokolliert werden. DesgleiChen der erste

Satz aus einer schriftlichen Abhandlung der Wasser­

und Schiffahrtsdirektion Kiel.

Ich zitiere:

"Nach meiner Ansicbt hat der Kapitän grob fahrlässig

gehandelt, weil er mit dem MS "_" die Brucke sm

11.5.1965 ohne triftigen Grund und ohne sorgfältige

PrUfUng mit aufgetoppten Kränen passiert hat."

Der erste Setz enthält schon eine Ver_ oder Beur­

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75 ­

teilung. die diesen Leuten nicht zusteht.

Kein Wunder also. daß die Verteidigung an des Amts­


gericht Ulbeck wie folgt schreibt:
"Nach Durchsicbt des Spruches des Seeamtes und be­
sonders nach Durchsicht des Terminprotokolla Uber
die VerhaDd~ung komme ich 1n UbereinBt~ mit

Herrn W_" zu dem Ergebnis, daß die Protokolle Über


die VernebDung von Zeugen nicht überzeugen konnten
und deBhalb nicht Grundlage der neuerlichen Ver­
handlung sein kljnnen. Ich muß deahalb darauf be­
stehen, daß die Zeugen und evtl. Sachverständigen
neu vernommen werden."

Daraufhin schrieb das Amtsgericht LUbeck:


nIn der Strafsache wird Ihnen auf Ihren Antrag vom
19.1.1966, eingegangen aG 20.1.1966, nachgelassen
bis zum 10.2.1966 Beweisanträge zu stellen."

Danach sind von der Verteidigung einige Punkt. zu­

sammengestellt worden nach folgenden Gesichtspunkten:

Punkte. die gegen BerUhrung der BrUcko sprechen,

Punkte, die tur BerUhrung der Brücke sprechen.

Bei dieser Auf%ählung sind eine ganze Menge Unklar­

beiten aufgetreten, die an rUr sieb nur eine~ er­

fahrenen Anwalt a~gnmd der Akten auffellen könnten.

Wenn dieser Anwalt auch noch ~1t Sechen des see­

76 ­
- 76 ­

männischen Lebens vertraut ist, wird ihm viel


leichter fallen, diese Unterlagen genau zu son­
dieren und sich die Unklarheiten heraussuchen
können, die er fUr die spätere Verhandlung braucht.

Man kann daraus ersehen dsß auch Punkte, die ~ur

die Berührung der BrUcke sprechen, herausgesucht


worden sind. Der Anwalt hot sich auf jeden Fall
auch in dieser Richtung abgesichert, um nicht von
der Staataanwaltscbatt Uberfahren zu werden.
IIWl folgen einige Ausschnitte aus der BegrllndWlg
der Verteidigung, die sie der Zugrundelegung der
Seeamtsverhandlung entgegenhält.
Dort heißt es wie folgt:
"In der :tratsache gegen Kapitän "-" können die
AusfUhrungen in der Entscheidung des Seeamtes
LUbeck nicht Uberzeugen. Schon im Tatbestand sind
Ungenauigkeiten. Auch die Grunde treffen nicht in
allen Punkten zu. Unklsr bleibt die tatsächliche
Stellung der beiden Kröne. Man geht einfach von
einer nur geringfUgig protokollierten Zeugenaus­
sage aus und stellt test, daß die Kr~e höher auf­
getoppt gewesen seien sls sonst."
Dieser Satz ist der Angelpunkt, mit dem der Rechts­
beistand des Beklagten die Zugrundelegung des See­
amtes ausschließen will.
"Irgendwelche wirklichen Feststellungen tibeT die

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- 77 ­

Höbe dor Stellung der Kräne in Graden hat man nir­


gends getroffen."
Ebenfalls wurde bemängelt, daB die Zeichnungen
Uber des Sehitt und über die Kräne, die dem Kapi­
tän zur Verfügung standen, nicht mit denjenigen

übereinetimmen, die zur Seeamtsverhandlung nun neu


angefertigt wurden. Dies wer wiederum eine Fahr­
lässigkeit in der VerhendlungstUhrung des Seeamtes,
die kaum zu entschuldigen ist. da der Kapitän nur
mit den Plänen arbeiten kenn, die ihm zur Vertugung
stehen. Dadurch ist die Seeamtsverhandlung in diesem
Punkt der Beurteilung der Lage von ganz anderen Ge­
sichtspunkten aus gefUhrt worden. Es wird euch wei­
terhin festgestellt, daß die Kräne auch wirklich
einen Meter länger eind, welches sich in der Weise
bemerkbar macht, daß sie nur um eeche Grad weniger
angetoppt werden dUrfen, um schon die Höhe der ~~st­

spitze zu erreichen. Außerdem iet aus dem Seeamts­


spruch nicht ersichtlich, daß die Beschädigungen an
der BrUcke tatsächlich von einer echten Berührung
mit den KrUnen herrührt.

~Man hätte bei der Ermittlung durch Fahrproben fest­


stellen mUsaen, ob der Kran irgendwelche Farben von
der Brucke angeno~en hatte Vielmehr sind an dem
Ausleger dea Kranes 1 Abdrucke festgeatellt worden,
die von einem achmierigen Seil sta~en und aussehen

- 78 ­
- 16 ­

wie Strangulierungsoracheinungen. Dcr Bundesbeauf­


tragte hat aucb von einem Antrag gegon die 5ehuld­
feststellung gegen die Schiffsleitung abgesehen.
Mon sollte lieber, wie es der Bundesbeauftragte vor­
5chlMgt, die Konsequenzen ziehen und bestimmte Vor­
schriften fUr die Durchfahrt in der Zukunft belassen.
Eine Verurteilung des Herrn n_n ist aber nicht ge­
rechtfertigt. "

Aus einem Schreiben dca Verteidigers an den Ange­


klAgten geht folgendes hervor:
"Man will, wie mir Herr AmtsgerichtSTnt n_" rum
Telefon mitteilte, verSUChen, die Hauptverhandlung
zuntichst einmal durchzuiUhren, in dem man ledig­
lich Sie und den Sachverständigen, Herrn Dipl.­
lng. ,,_n, hört. Der Amtsrichter meinte, deß eine
Vernehmung stlmtlicher Zeugen und die Durehführungen
von ProbemeS6ungen im Aufwand der Sache nicht ent­
sprechen wUrden. Daraus ist zu ersehen, daß das
Amtsgericht mit dem Einspruch der Verteidigung, die
Unterlagen der Seeamtsverhandlung nicht zum Gegen­
stend des Strafverfahrens zu machen, einverstanden
ist. Gleichzeitig 1st das Amtagericht sich aber auch
darüber im klaren, welcher Aufwand betrieben werden
mUßte, um sämtliche Zeugen zu vernehmen, Probemes­
sungen durchzuruhren und neue Gutachten zu erstel­
len. "

- 79 ­
79

!lach r:Jehreren ":inenbcn ir.t dann die flnbcraUClung

der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wieder


verschoben worden.
lIaeh der nun anberaumten Verhandlung schrieb der
Anwelt folgenden Brief an das Amtsgericht:
"Ich nehme Dezug auf die heutige Verhandlung und
bitte darum, daß mir die Strefakte mit der Beiakte
(Akte det Seeamtes LUbeck) noch einmal Uber die
Requls1tlonsabteilung bei dem Amtsgericht Hamburg
zur Einsicht zur Verfilgung gestellt wird. FUr die
kurzfristige PUc:kgo.bc werde ich Sorge tragen."

L4. Einstellunc des Verfahrens


D~raufhin erhielt der Rechtnbeistand fO~Bendee

Schreiben des Amtsgerichtes:


"In der Strafsache "_li bCllb!lJchtige ich, dAS Ver­
fahren gemäO § 15 Aba. 3 StPO einzustellen. Oie
Stnntoanwnltschaft 1st einverstanden. Wird auf
Ubersendung der Akten unter diesen Umständen nocb
Wert gelegt?
gez.
bogl.

Daraufhin schrieb der Anwalt des Beklagton folgen­

den Brief:

"Sehr geehrte Herren!

In der Angelegenheit. betreffend Strafsache vor dem

- 80 ­
-80

Amtsgericht, bestätige ich den Eingang Ihres Schrei­


bens vom .... mit den diversen Unterlagen. Gleich­
zeitig teile ich Ihnen mit, daß mir das Amtsgericht
unter dem gleichen Datum mitgeteilt hat. daß es
beaboichtigt, das Verfahren gegen Sie gemäß § 153
Aha. 3 StPO einzustellen. Die Sta8tsanwaltechRft
1st mit dieser Einstellung einverstanden.­

§ 153 Aha. , StPO lautet:

Ist die Klage bereits erhoben. 80 kann dos Gericht

mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach Anh~rung

des Angeschuldigten das Verfahren in jeder Lage ein­

stellen. Der Beschluß kann nicbt angefochten werden.

REs 1st also jetzt die Frage, ob wir dieser Ein­


stellung zustiamen, oder aber es auf Durehftlhnmg
des Verfahrens ankommen lassen. Durch den Sie be­
lastenden Spruch des Seeemtes 1st eine Voraussetzung
geschaffen, die mich veranlasst. Ihnen zu e~fehlen.

der Einstellung des Verfahrens zuzustimmen. Wenn man


dann zlvllrechtlich gegen Sie vorgehen will, kann
man imaer sagen. daß da das Gericht zunächst gegen
Sie vorgehen wollte. Nachdem das Gericht aber wußte,
vie die Verteidigung sich zur Wehr setzen wUrde, hat
das Gericht die Einstellung beschlossen."

Aus dieson Zeilen geht hervor, daß die Verteidigung

- 81 ­
8' ­

schon weiter gedacht hat, und %War an die ~ivil­

rechtliche Verfolgung des Mandanten.

Daraufhin erreichte den Rechtsanwalt folgendes


Schreiben dea Amtsgerichtes:
"In der Strafsache "-" bitte ich ~ Stellungnahme
binnen 10 Tage. ob von dort Einwendungen gegen die
Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO erhoben
werden sollen. Falls binnen der gesetzten Frist
keine AntwoT erfolgt, werde ich das Verfahren
nach § 153 Aba. 3 StPO einstellen."
gez.

Daraufhin schickte die Verteidigung folgendes Schrei­


ben an das Amtagericht LUbeck:
"In der Strafsache gegen "-" nehme ich Bezug auf
die dortige Verrtlgung vom . . . . . !lach Analcht des
Herrn "-" und dieser Ansicht schließt slch die
Verteidiguna: in vollem Umfange an - mUßte Herr "-"
freigesprochen werden, zumindest mansels Beweises,
wenn nicht sogar mansels Tatverdacht. Trotzdem bin
ich wegen der Schwierigkeit der Beweisaufnahme, die
1n jedem Falle wiederholt werden muß, da die Beweis­
eufnahme des Seeamtes hier rechtlich ohne Bedeutung
iat, und dem StrafVerfahren nicht zugrunde gelegt
werden kann, damit einverstenden, daß das Verfahren
einsestellt wird."

- 62 ­
- 8::' ­

2.4.1. Verfahrenskosten

Es wurde beantragt, der Staatskasse auch die not­

wendigen Kosten der Verteidigung aufzuerlegen.

Daraufhin fS$ste die Strafkamqer folgenden Beschluß:

"Der Antrag des Angeklagten, die notwendigen Aus­

lagen der Verteidigung der ~taatskaS6e aufzuerlegen,

iot nbgolehnt.

BegrUndung:

Das bisherige E~lttlungsergebnls hat nicht ergeben,

daß der Angeklagte an dem Vorfall vom 11.5.1965 un­

schuldig 1st, odor e!n begründeter Tntv~rdacht nlcht

vorliegt. Im Verfahren vor dem Seemannsamt ist der

AngekleBte fUr schuldig erkltlrt worden. Auch eJne

entsprechende Anwendung des § 7 des Gesetzes be­

treffend die Entschädigung fUr unschuldig erlittene

U-Haft ist nach der Ubcrzeug\lng des Gerichtes nicht

llItlglich. Die Kollioion des MS "-" mit der Brucke be­

ruht eindeutig auf einelll nautischcn Fehlvorhalten

des Angeklagten. Gegen diesen Beschluß ist das Rechts­

mittel der sofortigen Beschwerde zulässig, die binnen

einer Woche nach Zustellung beim A~tsgericht einge­

gangen sein muß."

Folgender Satz der BegrUndung ist zu bemtingeln:

Im Verfohren vor dGm Seemannsamt 1st der Angeklagte

!Ur schuldig erklHrt worden.

- 63 ­
- 83 ­

Man scheint sich nuf dem Amtsgericht nicht sehr ge­


nsu in den Verfahrensnngelegenheiten bei~ Seeamt
auszukennen, und das ergibt dann folgende talsche
Annah..r::len:
1. ist das Verfahren nicht vor dem Seemannsamt ge­
wesen, sondern vor de~ Seeamt,
2. gibt es bei einem Seenmtsverfahren keinen Ange­
klagten. sondern nur Beteiligte,
3. wird bei einem Seeamtsverfahren nur ein Schuld­
vorwurf erhoben und niemand !Ur schuldig erklärt.

Wenn aolche Auslegungsdifferenzcn entstehen, ist

es nicht ve~underlich, daß Verfahren von der Staats­

anwaltschaft und der Verteidigung unter verschiede­

nen Voraussetzungen betrachtet werden. Aunerdem kann

es den Herren des Amtsgerichtes auch nicht zustehen,

festzustellen, daß die Kolli~ion ouf einem eindeu~

tigen nautischcn Fehlverhalten des Angeklagten be­

ruht.

Solche Fostatellungen sollten erst während der Ver­

handlung geklärt werden.

Das Antwortschreiben der Verteidigung lautete darauf­

hin wie folgt:

"Ich lege hiermit gegen den Beschluß des Amtsgerich­

tes sofortige Beschverde ein, Die Auffassung dos

Amtsgerichtes, daß ein Ver~chulden des Herrn "-" in

der Hauptverhandlung festgestellt worden wäre, ist

- 84 ­
- 84 ­
nach den vorliegenden Unterlagen keineswegs halt­

bsr. Ich habe mich bereits zu einem Zeitpunkt.

als die Hauptverhandlung noch nicht angesetzt war,

eindeutig geg~M die Beweisaufnahme an das Seeamt

gewandt und erkltlrt, daß eine derartige Beweis­

aufnahme bei den unzureichenden Protokollen nie­

mals verwandt werden könne. u~ einen Schuldspruch

gegen Kapitän --" zu rechtfertigen."

Außerdem Ifej st der Rechtsbe< stl\nd ouf die Auf­

fassungen des Hamburger Verwaltunr,sgerichtes hin,

nach dessen Auffassung das 3eeamt kein Gericht,

sondern eine ~ehörde sei.

Aufgrund dea Schreibens fosste dos Amtsgericht

folgenden Beschluss:

"Die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Aus­

lagen werden der Staatskasse auferlegt."

Damit war das Verfahren der Strafsache wegen Trans­

portgeföhrdung beendet.

1....5. tlachwort zum Strafverfahren

Im ~n~hg8ng ist folgendes zu aagen:

Durch die konsequente Haltung des Rechtsbeistandes

zu den Fragen der Beweisaufnahme durch dns Seeamt

ist von vornherein vermieden worden, daß die unzu­

längliche Protokollierung des Seeamtsverfahrens

- 85 ­
- 55 ­
zum Cegenstand dos Strafverfahrens g~cht wurde.
Der Verteidiger hnt von vornherein auf den Rechta­
at8nd dea Seeßmtea hing~Jiesen \md konnte dadurch

vermeiden, daß der Spruch des Seeamtes als Gut­


achten Im Strafverfahren zur Geltung kam.

Es mag Leute geben, die in diesem F~lle anders


danken; ieh bin aher der Meinung, daß der Spruch
dea Seeamtes, die Austuhrungen des Tatbestandes,
die Zusaomenfassung und d_e BegrUndung, einem Gut­
achten, dF.A n~ch den neuesten Erkenntnissen der
Technik erstellt worden ist, nicht gleichwertig
gegenUbersteht.

- 66 ­
- 87 ­

der Streitgegenstand nicht in einer besti.mten


Geldsumme besteht.
4. Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften Uber
d'e vorbereitenden Schriftstltze auch auf die
Klageschrift anzuwenden.
5. Die Klageschrift ~owie sonstige Antrtlge und
Erklärungen einer Partei, die zugestellt wer­
den sollen, sind bel dem Gericht schriftlich
unter BeitUgung der tUr ihre Zustellung oder
Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften
einzureichen.

3.'. Dns Verf~hren

Gemäß § 282 Abs. 1 ZPO hst jede Partei unter Bezeich­

nung der Beweismittel, deren sie sich zum Nachweis

oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen be­

dienen will, den Beweis anzutreten und Uber die von

der Gegenpartei angegebenen Beweismittel sich zu er­

klären.

Abs. ,:

Hinsichtlich der einzelnen Beweismittel wird die

Bewe1santretung und die Erkltlrung hierauf durch die

Vorschritten des sechsten bis zehnten Titels be­

stünmt.

Der Fall wird im Zivilrecbtsverfahren wieder neu

aufgerollt, nur mit dem Unterschied, daß jede Psr­

- SB ­
- 86 ­

3. Zivilrechtsverfnhren

Der Zivilprozess ist ein Gerichtsverfahren in bUr­

gerliehen Rechtsstreitigkelten (Schuldrecht. Sachen-,

Femilien-, Erb-, Handelsrecht und anderen; also

Uberwiegend Vermögensrecht).

Das Gerichtsverfahren 1st in der Zivilprozessordnung

geregelt. Die wesentlichen Merkmale dieses Verfahrens

Bind der fast uneingeschränkte Parteibetrieb, die

rücksichtslos durchgetuhrte MUndlichkeit, Unmittel­

barkeit und öffentlichkeit der Verhandlungen.

Nach der Beendigung des Strafverfahrens kann man


ohne weiteres damit rechnen, daß ein Zivilprozess
von der gegnerischen Seite angestrebt wird, um evtl.
RegresssnsprUche oder Schadensersatz geltend zu
machen.

3.1. Die Klageschrift

Gemäß § 253 Aba. 2 ZPO hat die Klageschrift zu ent­

halten:

1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;

2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des


Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen
bestimmten Antrag.
,. Die Klageschrirt Bol1 rerner die Angabe des Wer­
tes des Streitgegenstandes enthalten, wenn hier­
von die Zuständigkeit des Cerichts abhängt und

- 87 ­
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tel nun selbst ihre Beweise und Gutachten, die im


Laufe der Zeit gesammelt worden sind, vorträgt.
GemjO § ~85 Aba. 1 ZPO haben die Parteien unter
Darlegung des StreltverhHltnisses tiber das Ergebnis
der Beweisaufnahme zu verhandeln.
§ 285 Aba. ?:
~I8t die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozeesge­
riebt erfolgt, 80 haben die Perteien ihr Ergebnis
autgrund der Beweisverbandlung vorzutragen.­

Das Gericht kann nach § 412 Aba. 1 ZPO eine neue

Begutachtung durch den selben oder einen anderen

Sachverständigen anordnen, wenn das Gutachten als

ungenUgend erachtet wird. Ebenfalls kann ein naues

Gutachten angeordnet werden, wenn ein Sachverstön­

diger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg

abgelehnt worden 1st.

Zur Grundlage der Verhandlung wird wohl das zweite

Buch BGB. Recht der Schuldverhältnisse gemacht wer­

den.

In diesem besonderen Falle, der sich hier auf die

Seefahrt bezieht, soll in einem Zivilprozess ja nur

die Aufteilung der Schuld vorgenommenwwerden.

Hiar kommt der § 254 BGB in Betracht.

§ 254 Abs. 1:

nHat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden

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dcs Desehädit;1:cn :ntge\drltt, $0 hlingt die VeI"­

p!lichtunrr zuc Ersat~e sowie der Umfang des zu

leistenden Er$at~os von den ~ständcn. insbonon­

dere davon ab. imlic....lcit der Schaden vo:rviegend

vo~ dcm einen oder deo anderen Teil verursacbt

word~n iot."

Ahs. :o~

"Djcs gilt auch d3nn. wcnn sich dan Vorschulden

dcs BC$chlldlgtcn darauf beschränkt. daß er unter­

lassen hat. den Schuldner auf die Gefahr eines un­

gewöhnlich hohen Schadens outmerksam zu machen,

die der Schuldner weder knnnte noch ker~en mußte,

oder das er unterlassen hat, den Schaden abzuwen­

den oder zu mindern.

Die Vorschritt des § 278 findet entsprechend An­

1I'endung. "

§ 278 (Verschulden des ErfUllungsgehilfen)

"Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetz­

lichen Vertreters und der Person, deren er sich

zur ErfUllung seiner Verbindlichkeit bedient, in

gleichem Umfange zu vertreten, wio eigenes Ver­

schulden. "

lmch § 276 [OB hat der Schuldner Vorsatz und

Fahrlässigkeit zu ve~~_ten.

Wer im Verkehr die erforderliche Sorgfalt außer

echt l~sst, handelt fnhrltls81g.

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U:le aus den vorher zitierten Psngrflphen zu er­


sehen ist, aol1 im Zivilprozess die Teilung der
Cchuld un dio ~nt1erung der evtl. geeenseitigen
AA511ruche gcklHrt "erden.
Zur Grundlece der De>o;eisfi.ihrunß der Partei dea
Cest,tl'.tdigten wird meistens dfls Urteil aus dem
StrRrverr~hr(!n gemacht. Aus diesem Grunde kann
das Urteil des Strafprozesses !Ur den Beklagten
von großer Wlchtl~te't sein.
\/1e nus den Akten der Verteidigung Uber das Stra1'­
verfahren hervorgeht, hat der Rechtsbeistand ein
Zivilrechtsverfahren nicht ausgeschlossen. Er
~eist ja auch darou!bin, daß bei einem evtl. Zivil­
prozess die Einstellung des Strafverfahrens ala vor­
zubr~ngendeo Beweismittel verwnndt werden könnnbc.

Wio in diesem angefUhrten Felle zu erwarten war,


hat die geachildigte Partei aufgrund der Einstellung
des Strafprozea3vertnlu'ens gar keine Zivilrechtaklage
eingeleitet.

4. lIachwort
Wie man aus den bi& jetzt nngefUhrten Beispielen und
Tatsachen eroehen kann, kann das Seeamtsverfabren
erst der Anfang welter~r sich anschließender Ge­
richtsverfahren sein.
Aus diesem Grunde 1st jedem, der als Beteiligter

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- 91 ­

in ein Seeamtsverfohren verwickelt wird zu empfeh­

len, von vornherein se ne Entscheidungen mit der

nötigen Sorgfalt zu tre!fen.

Aus meiner jetzigen Kenntnis der Sachlage koume

ich zu dem Schluß, daß man sich von Anfang an

eines Rechtsbeistandes bedienen sollte.

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92 ­

-----------------------_
L 1 t e r a t u r ver z e 1 c h n 1 s
.. _------------­
I. Zitierte Literatur

BAUMBACH, Adol! (nT.) und LAUTffiBACH, Woltgang


(Prof.DT.) unter Mitarbeit von
ALBER5, Jen (Dr.): Zivilprozessordnung
mit Gerlehtsverfsssungsgesetz und an­
deren Nebengesetzen.
DREHER, Eduard (Dr.): Strafgesetzbuch mit Neben­
gesetzen und Verordnungen.
HASCHE, If. (Dr.) und PLATZOEDER, Wilhelm (Kapt.):
Referat zum Hauptthema des Deutschen
Seeachlffahrtatagsa 1962 "Die Unter­
8uchun~ von Seeuntöllen·, in: Hansa
99. Jahrgang Nr. 19 - 1. Oktoberheft 1962.
: LEINKNECHT , Theodor (Prof. Dr.): Stra1'proze88­
ordnung; CerlchteverfsssUDgsgeaetz. Neben­
gesetze und ergänzende BestimQungen.
KUHL, Heinrich (Dr.jur.): Seerechtliebe Gesetze
und Verordnungen. Neu zusammengestellt
von Wllhelm Pletzoeder.
NEUHÄUSER, R. (Dr.) und MAU, J. (Dr.): Artikel
"Der Status der Seeämter", in: Die Komman­
dobrUcke Jahrgang 42 Ur. 7/8 Juli/Aug. 1965~
PRUZSM~. neinz (Dr.): Seehandelsrecht
Viertes Buch des Handelsgesetzbuches mit
Nebenvorschrirten und internstionalen
Ubereinkommen.
ROTHEHDY. J. (Kapt.)j GRONMEYER, Carl (Kapt.) und
BENDSAT, A. (Kapt.): Artikel "Zum Seeunfall.
Stimmen aus praktischen KreiBen~, in:
Hanns 1877 S. 58.
Bundesgesetzblatt Nr. 84 1970
BUrgerliches Gesetzbuch, 14. Auflage
Entscheidungen dea Bundeeverweltungagericbtes Band 32
S. 21 Nr. 5
Grundgesetz fUr die Bundesrepublik Deutschland
Untersuchung des Seeamtes LUbeck, Reg.Ur. 31/65

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Die Akte 91/63878 (Transl?0rtgefährdung) des Rechts­


anwalts Dr. Karl KUster (Prozessreg1ster Nr. 399/65).

11. Berticksichtigte, aber nicht zitierte

L1teratur

D1e gesamte unter I. genannte L1teratur und zusätz11ch:


SCHLEGELSBERGER, Franz (Dr. Dr.) und LIESECKE, Rudolf:
Seehandelsrecht.
Hanss: 1962 Band 1,1969 Band 1 und 2.

111. Weitere Quellen

Fachgespräch m1t Herrn Struwe.

Vorlesungen Uber Seerecht bei Herrn Doz~nt Kapt. Gädke.

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