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Humboldt-Universität zu Berlin

Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät


Institut für Kunst- und Bildgeschichte
Modul II: Einführung in die Kunst- und Bildgeschichte II
Proseminar: Die „Arbeit des Sehens“– Formanalyse und formale Ästhetik
Kursnummer: 533613

Böcklins Toteninsel – Verdichtung eines Bildgedankens


durch Wiederholung

Eingereicht von: Jasmina Antonova


Matrikelnummer: 625277
E-Mail: jasmina.antonova@student.hu-berlin.de
Hauptfach: Kunst- und Bildgeschichte (2. Semester)
Nebenfach: Medienwissenschaft (2. Semester)
Betreuerin: M.A. Philipp Kaspar Heimann
Eingereicht am: 29.09.2022

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis 2
1. Einleitung 3
2. Das Toteninsel-Motiv 4
2.1. Ähnlichkeiten der Fassungen 5
2.2. Vergleich zwischen 2. und 3. Fassung der „Toteninsel 6
3. Inhaltliches und Formales 8
3.1. Zivilisationsekel 9
3.2. Der Künstler– der große Einsame 10
3.3. Selbstheroisierung und Verewigung des Ruhms 11
4. Wirkungskraft des Toteninsel-Motivs 12
5. Fazit 14
Abbildungen 16
Abbildungsverzeichnis 17
Literaturverzeichnis 18





1. Einleitung
Der Tod als ein unentbehrlicher Teil des Lebens hat Jahrhunderte lang die Menschheit
interessiert und ist zu Thema aller Künste geworden. Deswegen gibt es in der menschlichen Kultur
zahlreiche Interpretationen des Todes und jede davon evoziert unterschiedliche Emotionen in jeder
einzelnen Person. Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit einem Beispiel für solche
Interpretation aus der Malerei, nämlich „Die Toteninsel“ von Arnold Böcklin (1827–1901). Mit
diesem Werk ist es dem Maler gelungen, Tod in seiner ganzen Widersprüchlichkeit darzustellen: als
etwas Änigmatisches, Finsteres und Bedrohliches einerseits, aber auch als etwas Erhabenes,
Harmonisches und Ruhiges andererseits. Es ist unumgänglich sich zu fragen, „was die Faszination
dieses Werkes [ausmacht], die suggestive Kraft, mit der uns in eine geheimnisvolle Welt zieht, und
als dunkle Wand zugleich auf Distanz hält.“1 Anders gesagt wirkt das Gemälde als der Gedanke am
Tod: er weckt die menschliche Neugier, er bewundert uns, gleichzeitig aber erschreckt seine
unbekannte Natur. Es ist nicht zufällig, dass dieses Gemälde als das berühmteste Werk Böcklins
gilt.
Das Toteninsel-Motiv hat insgesamt fünf Versionen, die sich wesentlich voneinander
unterscheiden. Die formale Wandlung der Fassungen reflektiert allerdings die inhaltliche
Entwicklung des Motivs: „Fest steht, daß Böcklin – wie zahlreiche Beispiele belegen– einen
Bildgedanken von Variante zu Variante verdichtet hat.“2 Von diesem Zitat ausgehend beschäftigt
sich die Hausarbeit mit der folgenden Fragestellung: durch welche formale Unterschiede wird die
Aufklärung der Bildidee erzielt.

Der Text ist auf die folgende Weise strukturiert. Ich beginne mit Beschreibung und Vergleich von
zwei Fassungen der „Toteninsel“, als auch mit ihrem Entstehungskontext. Nach der Erklärung der
formalen Entwicklung verbinde ich diese mit der inhaltlichen Transformation des Gemäldes in
Bezug auf die folgenden Aspekte: Zivilisationsekel wegen der das künstliche Schaffen erstickende
modernen Lebensumstände bei Böcklin, die Ambivalenz zwischen dem Außenseitertum des
Künstlers und dem Geniekult, Denkmalcharakter der „Toteninsel“ als imaginärer Bestattungsort des
Malers. Gleichzeitig versuche ich, diese Bedeutungen formanalytisch zu begründen. Am Ende lässt
sich die Wirkungskraft des Toteninsel-Motivs über dem Publikum als Resultat der Entwicklung der
formalen Merkmalen behandeln.

1 Zelger 1991, S. 5.
2 Ebd., S. 43–44.
3

Für diese Forschung werden drei Hauptwerke über Böcklins „Toteninsel“ verwendet. An erster
Stelle die schon zitierte Monographie Franz Zelgers „Arnold Böcklin. Die Toteninsel.
Selbstheroisierung und Abgesang der abendländischen Kultur“ (1991), die einen allgemeineren
Überblick über die inhaltlichen Aspekte des Gemäldes anbietet und sich mit der These beschäftigt,
dass es sich beim „großen Einsamen“, der auf der Toteninsel bestattet wird, um den Maler selbst
handelt. Die zweite Hauptquelle ist Andrea Linnebachs Aufsatz „Toteninsel“ in „Arnold Böcklin
und die Antike. Mythos, Geschichte, Gegenwart“ (1991). Dieses Werk bietet eine ausführliche
Analyse der Denkmalcharakteristik der „Toteninsel“, als auch ein formales Vergleich zwischen den
unterschiedlichen Fassungen des Gemäldes an. Der dritte wichtige für die Entstehung dieser
Hausarbeit Text ist „Arnold Böcklins innere Inseln“ von Dora Imhof in der Monographie
„Künstliche Inseln. Mythos, Moderne und Tourismus von Watteau bis Manrique“ (2018). Die
Autorin bezeichnet die „Toteninsel“ als eine Seelenlandschaft Böcklins und skizziert mehrere
Parallele zwischen dem Inhalt des Gemäldes einerseits und dem Leben und der persönlichen
Philosophie des Malers andererseits.

2. Das Toteninsel-Motiv
Die Geschichte der „Toteninsel“ beginnt im Jahr 1880, wenn die jungverwitwete Marie Berna
aus Frankfurt Böcklin in Florenz aufsucht und bei ihm „ein Bild zum Träumen“ bestellt. Der
Künstler nimmt den Auftrag an und entwickelt das Toteninsel-Motiv. Eine erste Fassung des
Gemäldes hat Böcklin vor dem Besuch der Auftraggeberin begonnen, die er aber vorerst
unvollendet stehen lässt, da er die Bildidee in einem anderen Format ausführen für die junge Witwe
will. Der Maler verkauft Marie Berna eine zweite Version (heute in Metropolitan Museum of Art,
New York) und erst danach stellt die zunächst begonnene Fassung fertig (heute im Kunstmuseum
Basel).3
Drei Jahre später schafft Böcklin eine dritte Fassung der „Toteninsel“ für den anonymen
Kunstmarkt und die Öffentlichkeit4 auf Drängen vom Berliner Kunsthändler Franz Gurlitt. Er ist
derjenige, der den Titel „Toteninsel“ dem Gemälde gibt. Böcklin selbst hat es vorher „ein stiller
Ort“ oder „Gräberinsel“ genannt.5 Bis 1886 entstehen noch zwei Fassungen des Motivs. Die vierte

3 Zelger 1991, S. 8.
4 Linnebach 1991, S. 127.
5 Ebd., S. 102.
4

wird während des Zweiten Weltkriegs zerstört, die fünfte ist eine Bestellung des Leipziger
Museums und bis heute befindet sich dort.6
Schon nach einem flüchtigen Vergleich der fünf Toteninseln wird rein äußerlich eine Scheidung
in zwei Gruppen festgestellt. Die eine besteht aus den ersten zwei Fassungen und die andere ist von
den späteren drei gebildet. Die Hauptunterschiede sind in der Farbenstimmung und dem Aufbau der
Szenerie zu finden.7 Die Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der zweiten (Abb. 1) und dritten
(Abb. 2) Fassung der „Toteninsel“, denn zwischen diesen beiden Versionen entsteht die große
Wandlung in der ganzen Stimmung des Toteninsel-Motivs.

2.1. Ähnlichkeiten der Fassungen

Zunächst lässt sich eine allgemeine Beschreibung der „Toteninsel“ machen. Die symmetrisch
gegliederte Komposition besteht aus einer die Landschaft dominierenden Insel. Die
halbkreisförmige Felsformation umfasst einen dunklen Zypressenwald. Im Gestein öffnen sich
Grabnischen– „die stillen Wohnungen der Toten“8. Links und rechts von der Insel ist der Horizont
zu sehen. Der Himmel und das Wasser fließen ineinander, was in einem Eindruck von unendlicher
Weite resultiert, die dem Sog nach Innen gegenübergestellt wird. Durch die Kombination von den
seitlichen Fernblicken und der geschlossenen Gestalt des Massivs wird das Gefühl einer
„versteinernden Einsamkeit“9 erzielt.
Die Insel befindet sich im Zentrum des Gemäldes. Vor ihr ist ein Kahn mit einem Ruderer, einem
quer gelagerten Sarg und einer in weißen Tüchern gehüllten Rückenfigur zu sehen. Diese
Figurengruppe (mit Akzent auf dem weißen Gestalt) bildet die Staffage dieses Werkes, die sich aber
als ein unentbehrlicher Teil der Komposition erweist. Heinz Zander bezeichnet sie sogar als
Kulminationspunkt des Gemäldes mit der folgenden Überlegung:
Die Gestalt der Toteninsel entfernt sich in das Bild hinein, also von uns weg, nimmt so Bezug auf den Betrachter, der versucht ist, ihr zu folgen,
mit ihr das Ziel, die Insel zu erreichen. Die Insel wird kenntlich als ein Objekt der Sehnsucht. Sie ist erreichbar, erhebt sich wartend inmitten des
Bildes. Zwischen uns und der Erfüllung unseres Verlangens liegen nur einige Handbreit trennenden Wassers. […] Die weiße Gestalt ist schon
fast angekommen. Von Unendlichkeit kann hier die Rede nicht sein […].10

Es ist wichtig auch zu erwähnen, dass die Farbe dieser Figur bei den architektonischen Elementen
auf der rechten und linken Seite der Insel wiederholt wird. Auf diese Weise wird der Blick des

6 Zelger, 1991, S. 11.


7 Vogel 1902, S. 15–16.
8 Lehrs 1897, S. 43.
9 Wölfflin 1897, S. 116.
10 Zander 1987, S. 3–4.
5

Betrachters geführt, man kann das Ganze überschauen. „Er [Böcklin] legt zusammengehörige
Farben im Bilde weit auseinander, damit der Blick von einem Ende zum andern zu gehen
gezwungen wird.“11 Und wenn diese drei gleichfarbige Flächen (die beide Konstruktionen und die
weiße Figur) mit imaginären Linien verbunden werden, ergibt sich ein Dreieck. Die Architekturen
sind gleich entfernt vom Rand des Bildes, allerdings ist die Staffage, also die Spitze des Dreiecks,
leicht nach links geschoben. Mit ihrem Ankunft auf die Insel zentralisiert sich die Figur und der
Dreieck wird der ganzen Komposition zustimmend symmetrisch. Man versucht die weiße Gestalt,
deren Form der Form der Zypressen ähnelt, mit dem Wald zu verbinden, als ob sie dort hingehört.
Diese Notwendigkeit von Harmonisierung zieht den Blick des Betrachters zum Zentrum des Bildes,
zum Dunklen, Unbekannten, Mysteriösen.
Im Großen und Ganzen lässt sich die Toteninsel als ein von der Außenwelt isoliertes Objekt der
Sehnsucht bestimmen. Allerdings löst das formale Wesen dieser ersehnten Destination
Assoziationen mit Todesvorstellungen aus, was durch die starre Felsformationen im Wasser, die
Grabkammern und die Zypressen erzielt wird.12

2.2. Vergleich zwischen 2. und 3. Fassung der „Toteninsel

Als Nächstes lassen sich die formale Unterschiede zwischen den „Toteninsel“-Versionen
beschreiben. Die zweite Fassung stellt eine Nachszenerie dar, sie charakterisiert sich durch die
Anwendung dunklerer Töne. Die unregelmäßig geschichteten Felsmassen sind wesentlich niedriger
als die von ihnen umschlossene Zypressengruppe, deswegen scheint die ganze Komposition beinah
pyramidal. Das Gestein wird von blühenden Oleandersträuchern umwuchert. Die Beleuchtung ist
einheitlicher, was den Kontrast zwischen dem Gestein und den hineingebauten Architekturen
einerseits und den dunklen Bäumen andererseits verstärkt.13 Die Zypressen im Wald sind deutlicher
als einzelne Sillouheten akzentuiert. Die glatten menschlich bearbeiteten Elementen in weißlichem
Ocker heben sich stark vom übrigen Gestein ab. Bezüglich des Kolorits lässt sich auch die
Konkurrenz zwischen dem rötlich gebrochenen Braun der Felsen und dem tiefen Blau von Wasser
und nächtlichem Himmel bemerken.
Die dritte Version charakterisiert sich durch hellere Farben und folglich durch eine feierliche
Stimmung. Die schroffer gewordenen Felsen steigen weit höher aus dem Meer empor. Sie sind

11 Wölfflin 1946, S. 121.


12 Zelger 1991, S. 6.
13 Vogel 1902, S. 16.
6

zusammengezogen und ein einheitlicher oberer Rand ist durchgänglich vorstellbar.14 Die Zypressen
sind mehr und scheinen kulissenartiger, als eine einheitliche komprimierte Masse. Zum Weiteren
werden sie wegen der allgemein helleren Farben hervorgehoben. Dadurch wird die Finsternis des
Walds als formales und inhaltliches Zentrum des Gemäldes akzentuiert. Die Bäume und die Felsen
erreichen ungefähr dieselbe Höhe, die ganze Komposition wird verändert und sieht nicht mehr
pyramidal aus, sondern lässt sich von einem liegenden Rechteck umschreiben.15 Deswegen herrscht
hier eine größere Harmonie in Vergleich zu der zweiten Fassung. Der Himmel ist knapper
geworden und auf dem Platz des ausschließlich tiefen Dunkelblau treten Wolken in helleren blauen
Tönen bei den seitlichen Fernblicken und in grau-weiß über der Insel. Das Oleandergebüsch ist
wesentlich reduziert, hebt sich aber vom weißen Gestein stärker dank seiner rötlichen Farbe ab. Es
sieht fast wie Blut aus, was mit seiner Bestimmung als „Zeichen des Lebens in der Natur“16
korrespondiert. Die Architekturen sind kleiner und stärker im Gestein integriert. Alle diese
Veränderungen resultieren in einem einheitlicher Raumeindruck.
In Folgendem werden einzelne formale Aspekte beider Fassungen detaillierter analysiert. Es ist
interessant zu beobachten, wie sich der „Eingang“ der „Toteninsel“ verändert hat. Bei der zweiten
Fassung sieht es aus, als ob das Meer im Zypressenwald fließt. Es gibt keine feste Grenze zwischen
Außenwelt und Insel. Das einzige, was den Zugang zur Toteninsel markiert, ist der rechteckige
Sockel mit der Statue eines Tieres rechts. Im Gegensatz dazu wird bei der dritten Version eine
Hafeneinheit hinzugefügt. Der Anlegeplatz der Insel wird hier rechts und links von einem Treppe
Sockel flankiert, auf denen zwei ruhig gelagerte Tierfiguren erkennbar sind. Obwohl diese Statuen
farblich von seinem Hintergrund kaum abheben, gewinnt die Komposition dank dieser ganzen
Architektureinheit an Klarheit und Schärfe. Eine zusätzliche Grenze wird erzielt, eine Schwelle, die
mit dem Ankunft überschritten wird.
In Bezug auf die allgemeine Stimmung der Landschaft hat die Widerspiegelung der Insel im
Wasser meiner Meinung nach auch eine formale Bedeutung. Während bei der zweiten Fassung die
Reflexion unklar und von kleinen Wellen durchgebrochen erscheint, ist diese bei der dritten
“Toteninsel“ glatt und deutlich. Die Außenlinien der Felsen werden nach unten erlangt, was die
Isolationsgefühl verstärkt. Der Kontrast zwischen dem hellen Gestein und den dunklen Bäumen ist
in der Widerspiegelung der dritten Fassung akzentuierter. Die Staffage lässt sich hier auch
kommentieren. Im Gegensatz zum früheren Gemälde, wo die Widerspiegelung der weißen Figur nur

14 Linnebach 1991, S. 116.


15 Vogel 1902, S. 17.
16 Ebd, S. 17.
7

mit einigen Linien abgebildet wird, reflektiert sich die Gestalt der späteren Darstellung mit klaren
Kontouren im Wasser. Ein stärker Kontrast ergibt sich zwischen dem Weißen der Staffage und dem
Schwarzen des widergespiegelten Zypressenwalds. Die Reflexion im Meer wird zu einem
Präludium der Toteninsel. Die Projektion der Rückenfigur befindet sich in der Projektion seiner
Ziel– der Finsternis. Etwas Gemeines zwischen den beiden Fassungen ist allerdings die Erwartung
von Zerstörung der Figur in bzw. von der Dunkelheit.
Als Letztes lässt sich ein kleines, aber inhaltlich wesentliches Detail kommentieren, nämlich die
Signatur Böcklins auf beiden Gemälden. Bei der früheren „Toteninsel“ ist nichts Besonderes zu
beobachten– das Monogramm „AB“ befindet sich auf einem niedrigeren Fels rechts. Ab der dritten
Fassung aber platziert Böcklin seine Signatur als gemeißelte Lettern oberhalb des Türsturzes einer
Grabkammer, die sich auf der rechten Seite der Insel befindet und die einzige zum Meer
ausgerichtet ist. Obwohl diese Nische unschärfer erscheint und ganz am Rande positioniert ist, wird
sie dank dem hinzugefügten Fels rechts zentralisiert. Durch eine zusätzliche Rahmung der
Buchstaben erhält die Signatur den Charakter einer Schrifttafel. Dadurch wird sie zu einem
Bildmotiv erhoben, sie wird in die Fiktionalität des Bildes eingebettet.17 Es lässt sich
schlussfolgern, dass Böcklin sein eigenes Grab abgebildet hat.
Obwohl die Hauptelemente des Toteninsel-Motivs behaltet werden, gewinnt die Komposition
dank der Veränderungen an Schärfe, Klarheit, Harmonie und Monumentalität. Die formale
Unterschiede aber korrespondieren mit der Verdichtung der Bildidee, worüber im Folgenden
überlegt wird.

3. Inhaltliches und Formales


Nachdem die formale Entwicklung des Toteninsel-Motivs erklärt wurde, lässt sich diese mit
seiner inhaltlichen Transformation verbinden. Der Entstehungskontext beider Gemälde hat
sicherlich die darin eingebettete Bildidee beeinflusst. Ein Argument dafür ist die Interpretation der
Staffage. Bei der Fassung für Marie Berna wird die weiße Figur als die junge Witwe gedeutet, die
ihren gestorbenen Ehemann zu seinem Bestattungsort bringt.18 Allerdings erscheint bei der dritten
Version eine ziemlich außergewöhnliche Deutung von Franz H. Meissner: „der vorletzte Antike
Mensch würde dort vom letzten zu Grabe getragen.“19 Der Bildgedanke wird auf diese Weise von

17 Linnebach 1991, S. 127.


18 Imhof 2018, S. 99.
19 Meissner 1901, S. 96.
8

dem persönlichen Schicksal der Auftraggeberin zu einer allgemeineren philosophischen Idee:


„Elegie auf die sterbende Antike.“20
Mit dem Entstehungskontext lässt sich auch erklären, warum Böcklin erst bei der dritten Fassung
seinen eigenen Grab hinzufügt, das für die Mehrschichtigkeit von Bedeutungen beiträgt. Der Anlass
für den Auftrag von Marie Berna hätte ein solches persönliches Zeichen des Künstlers nicht
zugelassen. Im Gegensatz dazu werden die folgenden Versionen für den anonymen Kunsthandel
geschafft, was auf jeden Fall mehr künstlerische Freiheit dem Maler erlaubt.21
Die Landschaftsstimmung ist ein weiterer Aspekt, in dem sich beide Gemälde kontrastieren.
Während die zweite Version eine melancholische Szenerie darstellt, fasziniert die spätere Fassung
mit einem erhobenen und feierlichen Gefühl. Nicht nur unterscheidet sich die Stimmung an sich,
sondern auch ihre Darstellungsweise, wie Gustav Floerke kommentiert:
Um zu sehen wie Böcklin immer klarer geworden ist und das für ihn Sichtbare immer mehr an Stelle des Subjektiven (Denken, Empfinden)
gesetzt hat, vergleiche man nur seine „Wiederholungen“, z. B. die […] Toteninseln […].
An Stelle der poetischen Stimmung tritt helle, greifbare Klarheit; für das Viele ist unerbittliche Einheit und Einfachheit eingetreten. Alles ist
nach der Seite des rein Sichtbaren hin lebendiger beherrscht, bewusster hingestellt, im rein malerischen Sinn charakteristischer, sprechender
geworden. Gerade diese Wiederholungen beweisen sein […] unermüdliches Vorwärtsgehen. […]
Die sogenannte Stimmung ist durchaus nicht immer etwas Sentimentales, Poetisch-phantastisches, welches den Menschen beherrscht, sondern
ein Sichtbares, welches der Maler packen und beherrschen kann. Sonneneinsamkeit, Meeresöde, Waldesschweigen sind in den sie
zusammensetzenden Naturerscheinungen keine Produkte unserer Empfindsamkeit, sondern für den Sehenden erkennbare charakteristische
Lebensäußerungen gewisser wiederkehrender Naturmomente.22

Meiner Meinung nach wird die Stimmung bei der dritten „Toteninsel“ sichtbarer dank der erhöhte
Klarheit, der besonderen Lichtführung, als auch der Pinselstrichen, die die unterschiedlichen
Texturen der Flächen im Gemälde betonen.
Im Großen und Ganzen ist es festzustellen, dass Böcklin bei den späteren Fassungen mehr
Freiheit hat, seine persönliche Philosophie auszudrücken. Im Folgenden wird über die
Bedeutungsschichten des Toteninsel-Motivs überlegt.

3.1. Zivilisationsekel

Arnold Böcklin ist ein Künstler, für den die modernen Lebensumstände beengend und der
schöpferischen Entfaltung hinderlich sind. In einem Brief an Jacob Burckhardt schreibt der Maler:
„dass ich Deutschland, deutsches Gemüt, deutsche Bildung, Kunst, Poesie etc. allmählich so
kennengelernt habe, das ich gleich morgen mit dem ersten Schnellzug nach dem uncivilisierten
Süden fahren möchte.“23 Also sieht Böcklin den Gegenpol zur modernen Welt in dem

20 Meissner 1901, S. 94.


21 Zelger 1991, S. 42–43.
22 Floerke 1901, S. 35–37.
23 Zit. n. Zelger 1991, S. 20.
9

vorindustriellen Süden, spezifischer Italien, wo man sich von der Natur nicht entfernte und wo sich
die überzeitliche antike Kultur entwickelte (in diesem Sinne ist „unzivilisiert“ kein Synonym von
„kulturfern“). Der Maler sehnt an diesem Ort der Freiheit, der der Umwälzungen und
Beschleunigungen der modernen Zeit widersteht.
Böcklin lebt lange Zeit in Italien. Der Künstler wird von den dortigen Landschaften stark
inspiriert. Nämlich in Florenz entsteht die „Toteninsel“. Das Gemälde hat keinen genauen Vorbild
von der Natur, allerdings ist es festzustellen, dass es mediterrane Szenerie darstellt.24
Die Insel als Topos drückt die Idee von Flucht, von Rückzug aus der modernen, urbanisierten,
kapitalistischen Welt aus.25 Sie befindet sich inmitten des ruhigen Meeres, fernab jeglicher
Zivilisation. Das einzige, was menschliche Aktivität signalisiert sind die Grabkammer und die
Architekturen. Allerdings, wie schon erwähnt, sind die architektonischen Elemente bei der späteren
Fassung kleiner und mit dem Gestein verwachsen. Das von dem Mensch geschaffene wird mit der
Natur harmonisiert, stört der Landschaft nicht. Im Gegensatz dazu scheinen die Strukturen bei der
zweiten Version als Fremdkörper in den Felsen. Davon würde ich schlussfolgern, dass die Idee der
Vereinigung von Mensch und Natur als Ort der Harmonie und der Ruhe erst bei der späteren
Fassung erscheint.
Die Isolation erlaubt den Inseltopos der Wandlungen der modernen Welt zu widerstehen. Dieser
Gedanke korrespondiert mit der Bestimmung des Künstlers als großer Einsame, der sich gegen der
zeitgenössischen Zivilisation erklärt.

3.2. Der Künstler– der große Einsame

Der Inseltopos bei Böcklin ist keine einfache Naturdarstellung, sondern auch eine
Seelenlandschaft, eine Widerspiegelung der inneren Welt des Menschen. Die Insel wird bei ihm zu
geistigem Ort, Projektionsfläche für Gefühle und Vorstellungen.26 Es kann sein, dass Böcklin
nämlich aus diesem Grund für Marie Berna eine Insellandschaft malt– einen isolierten Topos, der
den Trauer der jungen Witwe reflektiert. Die dritte „Toteninsel“ aber wird zu Identifikationsort des
Malers selbst, der von Zivilisationsmüdigkeit, Seltsamkeit und Erhabenheit geprägt ist. Das
Gemälde wird sogar als Kryproporträt Böcklins bezeichnet. Eine identifikatorische Beziehung wird
zwischen Maler und Werk auf Basis der insularen Einsamkeit hergestellt.27

24 Zelger 1991, S. 14.


25 Imhof 2018, S. 88.
26 Imhof 2018, S. 85.
27 Ebd., S. 103.
10

Diese Verbindung kann auch im Kontext des Außenseitertums des Künstlers gebracht werden.
Das ist die Person, die sich in der modernen Welt seltsam fühlt, deren Existenz von der Distanz und
Anonymität des Subjekts in der Menge geprägt wird. Das ist die Einsamkeit des 19. Jahrhunderts.
Die Ausblendung von der Großstadt und der Masse wird in der „Toteninsel“ reflektiert, indem
mehrere Antikenallusionen neben dem Isolationsgefühl bei dieser mythologischen Landschaft
festzustellen sind. Also die Idee von Einsamkeit und Rückzug von der modernen Welt wird durch
antikisierende Elemente ausgedrückt, was die Abgrenzung des Künstlers von seiner
zeitgenössischen Wirklichkeit reflektiert.28
Das Außenseitertum des zivilisationsflüchtigen Malers tritt allerdings in einer ambivalenten
Beziehung mit dem Künstlerkult der modernen Gesellschaft. Er ist ein Auserwählten, seine
Einsamkeit ist erhaben. Die „Toteninsel“ ähnelt den antiken heiligen Bezirken, was als eine sakrale
Überhöhung existentieller Seltsamkeit erscheint.29
In seiner Monographie über Böcklin gibt Franz Meissner eine weitere Perspektive dieser
Ambivalenz: „Die Welt draußen aber, die so lange spröde und verständnislos diesem einsamen
Künstler gegenüber stand und seine spärlichen Anhänger und Bewunderer verlachte, beugt ihren
starren Nacken in diesem Jahrzehnt endlich vor der Gewalt des Genies in seiner fremdartigen
Malerei.“30 Es geht um die 1880-er, wann die „Toteninsel“– „Böcklins grösstem Werk– das als die
bedeutendste Landschaft der Gegenwart gilt“31– entsteht. Dieses Gemälde erweist sich als ein
Denkmal des Malers, nicht nur weil es sein am berühmteste ist, sondern auch da die Insel seinen
imaginären Bestattungsort darstellt.

3.3. Selbstheroisierung und Verewigung des Ruhms

Laut Erwin Rohde gibt es in der antiken Tradition eine räumliche Absonderung der Verstorbenen
auf zwei Aufenthaltsorte. Für die gemeine Masse ist das Schattenreich von Hades bestimmt,
während für die Helden und die Beliebigen der Götter ist ein paradiesisches Totenland reserviert.
Die „Toteninsel“ wird von dem Betrachter als ein solcher Ort identifiziert: ein Elysium, Insel der
Seligen, auf dem Böcklin ab der dritten Fassung sein eigenes Grab positioniert.32

28 Linnebach 1991, S. 114.


29 Zelger 1991, S. 44.
30 Meissner 1902, S. 94.
31 Ebd.
32 Linnebach 1991, S. 115.
11

Neben dem Bestattungsort des Malers, als auch der Wichtigkeit dieses Bildes für sein Schaffen
erinnern auch die ikonographischen und formalen Eigentümlichkeiten der Insel an einem Denkmal.
Bei einer Analyse der Veränderungen zwischen den verschiedenen Versionen lässt sich die
steigende Maße des Kultraumcharakters der „Toteninsel“ und ihrer sakralen Aura erkennen.33 Die
besondere Gestaltung des steinernen Halbrunds mit zentraler Baumgruppe weist die
„Toteninsel“ als antiker heiliger Bezirk aus. In der halbrunden Anlage des Felsenmassivs wird die
Natur selbst zum Grabdenkmal aufbaut. Im Dienst der sakralen Aura des Motivs steht auch die
Lichtregie. Ab der dritten Fassung wird die Insel von hinten beleuchtet, sodass die hellste Zone des
Himmels die Spitzen der Zypressen umstrahlt.34
Diese Aspekte berücksichtigend ist der Denkmlacharakter der „Toteninsel“ unumstritten. Es ist
wichtig aber auch die Gestaltung des Grabes Böcklins auf diesem Elysium zu analysieren. Obwohl
der Künstler seinen Bestattungsort zwischen den Heroen positioniert, nimmt seine Kammer, im
Gegensatz zu den schräg gesehenen Gräberreihen in der Wölbung des Felsenrings, eine diametral
entgegengesetzte Richtung. Auf diese Weise wird eine zusätzliche Isolierung erzielt. Zum Weiteren
scheint dieser Teil der Insel beschattet, was die recht kleine Grabkammer schwierig zu erkennen
macht. Diese Reihe künstlerischer Entscheidungen wird als Reflex der real empfundenen Isolation
des Künstlers interpretiert.35
Die in dem vorherigen Unterkapitel erwähnte Ambivalenz zwischen Außenseitertum und
Geniekult gewinnt vor dem Hintergrund der angefügten Gesichtspunkte an neue Bedeutungen. Der
Vorherige Topos des Außenseitertums wird zu einem Elysium. Der seltsame Künstler wird zu einem
Helden. Seine Einsamkeit wird zu Kriterium der Auszeichnung. Die Absonderung erhält die Weihe
des Sakralen, des Erhabenen.36

4. Wirkungskraft des Toteninsel-Motivs


Als Letztes lassen sich einige Überlegungen bezüglich der riesigen Wirkungskraft der
„Toteninsel“ hinzufügen. Zunächst ist es wichtig zu erklären, dass die späteren drei Toteninseln die
„eigentliche Lieblingsbilder des Publikums“37 sind. Im Folgenden wird es versucht, die Gründe
dafür zu erklären.

33 Linnebach 1991, S. 116.


34 Ebd., S. 125.
35 Ebd., S. 128.
36 Ebd., S. 126.
37 Zit. n. Linnebach 1991, S. 116.
12

Wie schon erwähnt, hat die „Toteninsel“ kein genaues Naturvorbild. Sie ist eine Synthese von
Stimmungen und Naturbeobachtungen. Henry Thode erklärt das schöpferische Prozess Böcklins auf
die folgende Weise: „Alle Eindrücke, welche seine starke Sinnlichkeit empfangend schuf,
verwandelten sich in gleich starke Gefühlsstimmungen, und deren Erklingen weckte vor dem
geistigen Auge seiner Phantasie neue, ungesehene Bilder, die sie schöpferisch gestaltete.“38 Also
schafft Böcklin keine Reproduktion der Wirklichkeit, sondern eine Wiedergabe der empfangenen
Stimmung. Der Mangel eines konkreten Vorbildes erlaubt ihm, das reine Gefühl darzustellen: „nicht
weil er gute Modelle, sondern weil er keine Modelle hatte, konnte er so malen.“39 Der Künstler
versucht „etwas dem Eindruck der Natur Analoges zu erreichen“40, die Wirkung der
Naturerscheinung wiederzugeben.
Die „Toteninel“ scheint als einen irrealen Ort, was die Sehnsuchtscharakter verstärkt.
Gleichzeitig ist die Insel zugänglich (die weiße Gestalt im Kahn ist fast angekommen), aber auch
unerfindbar, als ob sie in einer Sphäre der Zeitlosigkeit befindet. In seinem Werk „Böcklins
Landschaften“ vergleicht Georg Simmel die Landschaftsdarstellungen des Malers mit dem Bild
„eines geliebten, lange dahingegangenen Mensch, das längst jeden Schatten einer Wirklichkeit
abgestreift hat, und restlos in dem Gefühl aufgeht, mit dem es uns füllt.“41 Der Author behauptet
auch, dass die einzige Funktion, die einzige Wirklichkeit der Bildelemente in Böcklins
Landschaften als „Träger einer Stimmung“42 ist. Bei ihm dienen die Formen und die Farben dem
Ausdruck einer Idee.43 Es gibt nichts Einzelnes, alles bezieht sich auf das Ganze.44
Mit der „Toteninsel“ ist es Böcklin gelungen, so Wölfflin, „ein Mindestmaß von Mitteln auf ein
Höchstmaß von Wirkung“45 zu bringen. Die Landschaft besteht aus großen und einfachen
Elementen, die Grundformen ähneln. Sie sind leicht von dem Auge zu assimilieren, die Anschauung
wird vereinfacht und erleichtert, was in der Wiedererkennbarkeit des Motivs resultiert. „Er
[Böcklin] will irgend einer seelischen Erinnerung zu möglichst knappem und deutlichem Ausdruck

38 Thode 1905, S. 6.
39 Wölfflin 1946, S. 110
40 Ebd., S. 121.
41 Zit. n. Frank 2016, S. 84.
42 Zit. n. Frank 2016, S. 84.
43 Floerke 1901, S. 53.
44 Ebd., S. 33
45 Zit. n. Zelger 1991, S. 7.
13

verhelfen.“46 Auf diese Weise gelingt es ihm, auf den ersten Blick ohne Studien verstanden zu
werden, und bei längerer Betrachtung die erste Empfindung überall zu verstärken.47
Die einzelnen Grundelemente werden ihrerseits durch die Kontraste zwischen sich in einem
Ganzen verbunden. Die „Toteninsel“ ist reich an Oppositionen (z. B. hell und dunkel, kleine Person
und monumentale Natur, geschlossener Raum und unendliche Meerweite, etc.), die mit der
Entwicklung des Motivs immer betonter werden. Deswegen verstärkt sich die Wirkungskraft bei der
dritten Version in Vergleich zu der zweiten. Außerdem spielt der von Gurlitt gegebene dramatische
Titel „Toteninsel“ hier eine Rolle, da der Betrachter dadurch in den Abstrakten übertragen wird. Die
Kontraste im Gemälde korrespondieren mit der enigmatischen Widersprüchlichkeit des Todes– ein
scheinbar irrealer Ort, der aber die am sicherste Destination im Leben ist, der gleichzeitig
Erhabenheit und Angst vor dem Unbekannten evoziert.

5. Fazit
Es lässt sich zusammenfassen, dass trotz dem Behalten der Hauptelemente (seltsame Insel,
Zypressenwald, Staffage im Kahn) die Stimmung der „Toteninsel“ einen wesentlichen formalen und
inhaltlichen Wandel untergeht. Das Motiv wird von einer melancholischen Szenerie zu einem
feierlichen Topos. Das wird durch die erhöhten Klarheit, Schärfe, Harmonie und Monumentalität
erzielt. Der dritten Fassung aber wird nicht nur eine sakrale Aura verleiht, sondern auch ein
stärkeres Isolationsgefühl, was mit der Ambivalenz zwischen dem Außenseitertum des Künstlers
einerseits und der Geniekult in der Gesellschaft andererseits korrespondiert.
Die Wandlungen zwischen den zwei Fassungen berücksichtigend, lässt sich feststellen, dass das
Gemälde von einer Illustration des Schicksals der jungverwitwete Auftraggeberin zu einem
Ausdruck der persönlichen Philosophie Böcklins wird. Das Gemälde wird zu einem
Seelenlandschaft des Malers, zu einer Darstellung seiner Sehnsucht an einem isolierten Ort weit
jeglicher Zivilisation, der der Wandlungen der modernen Welt widersteht. Die Kombination von
antikisierenden Elementen und die Konnotationen der Insel als Topos des Rückzugs und der Flucht
erhebt die „Toteninsel“ in der Sphäre des Überzeitlichen, wo Böcklin seinen eigenen Bestattungsort
positioniert. Dadurch wird die dritte Fassung zu einem Denkmal des Künstlers.
Mit der Entwicklung der „Toteninsel“ gelingt es Böcklin die von der Natur empfangene
Stimmung sichtbar wiederzugeben. Er schafft, wenige durch Kontraste miteinander verbundene

46 Floerke 1901, S. 54.


47 Ebd., S. 50.
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Mitteln auf eine Höchstmaß von Wirkung zu bringen, was in der Wiedererkennbarkeit und der
starken Wirkung des Motivs resultiert.
Im Großen und Ganzen lässt sich schlussfolgern, dass die Verdichtung des Bildgedankens durch
drei Aspekte erzielt wird. Erstens, durch die Wandlung in der Stimmung von Melancholie zu
Erhabenheit anhand der Farben, der Lichtführung und der Pinselstrichen. Zweitens, durch die
hinzugefügten Einzelheiten (z. B. die eigene Grabkammer, die Hafeneinheit u. a.) und die
Veränderungen der allgemeinen Komposition, wodurch das Isolationsgefühl verstärkt wird. Und
drittens, durch die Betonung der Kontrasten, was die einzelnen Elementen in einem einheitlichen
Raum verknüpft, der die Widersprüchlichkeit des Todes reflektiert. Das Gemälde wirkt anhand
Oppositionen, die in Kombination mit dem dramatischen Titel Todesvorstellungen in den
Betrachtern evozieren.

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Abbildungen

Abb. 1: Arnold Böcklin, Die Toteninsel, 1880, Öl auf Holz, 74cm x 122cm, Metropolitan Museum
of Art, New York.

Abb. 2: Arnold Böcklin, Die Toteninsel, 1883, Öl auf Holz, 80cm x 150cm, Alte Nationalgalerie,
Berlin.

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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Isle of the Dead, Metropolitan Museum of Art, online collection, URL: https://
commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Arnold_B%C3%B6cklin_-
_Die_Toteninsel_II_(Metropolitan_Museum_of_Art).jpg#mw-jump-to-license (letzter Zugriff:
18:20, 17.08.2022).

Abb. 2: Die Toteninsel, Staatliche Museen zu Berlin, URL: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/


File:Arnold_B%C3%B6cklin_-_Die_Toteninsel_III_(Alte_Nationalgalerie,_Berlin).jpg#mw-
jump-to-license (letzter Zugriff: 18:25, 17.08.2022).

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Literaturverzeichnis
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Entwürfe, München 1901, S. 30–48.

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München 1901, S. 49–56.

Frank, Mitchell: „‚he painted everything, so to say, from his head‘: Arnold Böcklin’s Great Memory
and Artistic Practice in Wilhemine Germany“, in: Oxford Art Journal, Bd. 39, 2016, S. 67–86.

Imhof, Dora: „Arnold Böcklins innere Inseln“, in: Künstliche Inseln. Mythos, Moderne und
Tourismus von Watteau bis Manrique, Berlin/Boston 2018, S. 85–113.

Lehrs, Max: Arnold Böcklin. Ein Latfaden zum Verständnis seiner Kunst, München 1897.

Linnebach, Andrea: „Toteninsel“, in: Arnold Böcklin und die Antike. Mythos, Geschichte,
Gegenwart, München 1991, S. 101–136.

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Vogel, Julius: Toteninsel und Frühlingshymne. Zwei Gemälde Boecklins im Leipziger Museum,
Leipzig 1902.

Wölfflin, Heinrich: „Arnold Böcklin. Festrede, gehalten am 23. Oktober 1897“, in: Joseph Gantner
(Hrsg.): Kleine Schriften (1886–1933), Basel 1946, S. 109–118.

Wölfflin, Heinrich: „Arnold Böcklin. Bei Anlaß von Schicks Tegebuch“, in: Joseph Gantner
(Hrsg.): Kleine Schriften (1886–1933), Basel 1946, S. 118–123.

Zander, Heinz: Vor Arnold Böcklins Toteninsel, Museum der bildenden Künste Leipzig ca. 1987.

Zelger, Franz: Arnold Böcklin. Die Toteninsel. Selbstheroisierung und Abgesang der
abendländischen Kultur, Frankfurt am Main 1991.

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