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Wie in vielen Städten Italiens fallen auch in Bologna die topographische Mitte und das poli-
tische Zentrum zusammen. Wer heute die allseits von monumentalen Bauwerken gesäum-
te und deshalb vergleichsweise geschlossen wirkende Piazza Maggiore betrachtet, gewinnt
leicht den Eindruck, der weit geöffnete Platzraum und die ihn begrenzende Bebauung seien
das Ergebnis eines einheitlichen planerischen Gedankens, bei dem zuerst der Platz abge-
steckt, dann die großen Paläste und Kirchen angelegt und schließlich die übrigen Gebäude
errichtet worden seien (Abb. 1). Dies ist freilich ein Irrtum: die eindrucksvolle ästhetische
Wirkung dieses urbanen Raumes ist erst das Ergebnis eines sich über mehrere Jahrhunder-
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te hinziehenden Prozesses, an dem verschiedenste Faktoren formend ihren Anteil hatten.


Nicht alle politisch-kulturellen und urbanistischen Aspekte dieses Prozesses sind bekannt.
Aber dennoch ist es möglich, seine wichtigsten Etappen zu rekonstruieren und somit die
Entstehung der Stadt und ihres Zentrums lesbar und verständlich zu machen. Für die Früh-
geschichte vom 12. Jahrhundert bis um 1400 soll dies im Folgenden versucht werden, wobei
ein besonderer Fokus auf den wechselnden politischen Kräften und den jeweils durch sie
initiierten baulichen Aktivitäten liegt.1
Die mittelalterliche Stadtstruktur blieb in wesentlichen Zügen durch den antiken Stra-
ßenverlauf bestimmt, obwohl das Bodenniveau gegenüber der römischen Stadt an den
meisten Stellen etwa 3 m bis 3,5 m angewachsen war. Allerdings war das weitmaschige,
rechtwinkelig geordnete System von cardo und decumanus durch ein kleinteiliges und unre-
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gelmäßig gewordenes Gebilde aus engen Straßen und Gassen sowie durch ein dicht bebautes
Agglomerat von Häusern aufgefüllt und überformt worden. Die heidnischen Foren, Groß-
bauten und Kultstätten waren nach dem Niedergang des römischen Reiches als Steinbrü-
che benützt worden und bald in Vergessenheit geraten. 2 Mit der Bischofskirche S. Pietro
und weiteren Kirchen und Klöstern sowie mit der imperialen Festung waren neue Zentren
entstanden. Dom und Kastell lagen ungefähr auf einer Ost-West-Achse nördlich der alten
Via Emilia, die sich als dominante Verkehrs- und Handelsstraße nach wie vor quer durch
die Stadt zog (Abb. 2). Heute vollständig in das Weichbild integriert, befanden sich diese
beiden Bauten im Mittelalter jedoch am nördlichen Stadtrand unmittelbar an den ersten
Mauerring angrenzend, der aus großen Selenitblöcken errichtet worden war.3 Sie lagen also
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an der Grenze zu demjenigen Teil der römischen Stadt, welcher sich während der Krisen der
Spätantike und des frühen Mittelalters zunehmend entvölkert hatte und deshalb aufgegeben
worden war. Bologna, zu einer Siedlung herabgesunken, wurde daher noch im 11. Jahrhun-
dert als civitas antiqua rupta oder destructa beschrieben. Die Selenitmauer umschloss mit
einer Fläche von etwa 21 ha nicht einmal die Hälfte der römischen Ansiedlung (etwa 50 ha),
und entsprechend stark müssen wir uns den Bevölkerungsrückgang vorstellen. Zudem ver-
lagerte sich die Besiedlung aus strategischen und topographischen Gründen in Richtung der
Hügel (besserer Schutz am Fuße der Erhebungen und größere Sicherheit vor Überschwem-
mungen), das heißt in die Gegend südlich von der Via Emilia. Die halbkreisförmige städte-
bauliche Erweiterung, die nach der Eroberung durch die Langobarden (727) vor der Porta
Ravegnana erfolgte, führte außerdem zu einem Besiedlungsschwerpunkt und einem neuem
Zentrum im Osten. Hier, vor der Porta Ravegnana, entstanden der erste Marktplatz und das
erste Finanzzentrum der Stadt. Der Südosten entwickelte sich somit generell zum bevor-
zugten Siedlungsgebiet. In dieser Gegend befand sich mit Santo Stefano auch der bedeu-
tendste Klosterkomplex Bolognas,4 und hier waren auch die wichtigsten Clans ansässig. Die
nordwestlich vor der Selenitmauer gelegenen Areale blieben hingegen lange Zeit nur dünn
besiedelt. Erst im hohen Mittelalter nahm die Stadtbevölkerung wieder spürbar zu.
Nach der Zerstörung des kaiserlichen Kastells und der Einführung einer Konsularre-
gierung (1116) kam es zur Ausbildung kommunaler Organe, die auch in der Lage gewesen
wären, die Stadt planend zu gestalten. Von Kaiser Heinrich V. hatte Bologna inmitten des
Investiturstreites zunächst erhebliche Privilegien erhalten. Doch die andersgeartete Italien-
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politik Friedrich Barbarossas führte dazu, dass die frühen italienischen Kommunen innen-
politische Initiativen praktisch nicht in Angriff nehmen konnten, da sie alle Kräfte auf die
gemeinsamen Anstrengungen im Kampf gegen den Kaiser konzentrieren mussten. Ange-
sichts der militärischen Bedrohung durch Barbarossa errichtete Bologna 1176/77 als erste
große kollektive Bauanstrengung den zweiten Mauerring (Abb. 2). Die Arbeiten an dieser
sog. Cerchia dei Torresotti zogen sich bis 1192 hin, und die letzten Partien wurden erst 1206
fertiggestellt. Der unter Zeitdruck vorgenommene ‚Notbau‘, mit dem die mittlerweile deut-
lich gewachsene Stadt erstmals außerhalb ihrer antiken Grenzen befestigt wurde, unterschied
sich von üblichen Befestigungsmauern dadurch, dass er nicht etwa distant um die bestehen-
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de Besiedlung herumgeführt wurde, sondern dass die Außenfronten ausgewählter Häuser


zu einer befestigten Verteidigungslinie umgebaut wurden. Mindestens 18, eigens eingerich-
tete Torbauten riegelten die nach außen führenden Straßen an den entsprechenden Stellen
ab. Auf diese Weise war zwar die Kernbebauung umfriedet, innerhalb derer sich ein Großteil
der Geschlechtertürme und ca. 80 % der späteren Senatorenpaläste befanden, viele einfache
Häuser lagen aber von Anfang an außerhalb dieses geschützten Gebietes. Außerdem wurde
durch einen mehrere Kilometer langen Kanal Wasser aus dem Savena-Fluß in die gesicherte
Stadt hineingeführt, mit dem Mühlen betrieben und die Gräben vor der Mauer gespeist
werden konnten. Überhaupt gehörte die Sicherung und Instandhaltung der Verkehrswege
zu Land und zu Wasser zu den wichtigsten Aufgaben der Kommune. Neben den Straßen
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und den halböffentlichen Portiken mussten vor allem Schleusen und Kanäle in Stand gehal-
ten werden. Die ersten Baufachleute, die in den Bologneser Dokumenten genannt werden,
sind denn auch keine Baumeister oder Architekten, sondern Ingenieure, die über spezifische
Kenntnisse in der Wasserbautechnik und Wasserregulierung verfügt haben müssen.
Nach der erfolgreichen Schlacht von Legnano 1176 waren sich die in der Lega Lombar-
da zusammengeschlossenen oberitalienischen Kommunen ihres Fortbestandes sicher, und
durch den Frieden von Konstanz 1183 erhielten sie die offizielle Anerkennung durch den
Kaiser. Endlich konnten sie sich den zahlreichen, im Inneren schwelenden Problemen zuwen-
den. Schnell bildeten sich allerorts eine autonome politische Administration und Jurisdik-
tion aus, deren Organe nun selbstbewusst eigenständige Bauwerke als Sitz beanspruchten.
In ganz Oberitalien kam es daher zu einer mächtigen Welle baulicher und urbanistischer
Maßnahmen, die das Gesicht der Städte durchgreifend und bis auf den heutigen Tag prägen
sollte: überall ging man daran, in den Stadtzentren Kommunalpaläste zu errichten und Plät-
ze anzulegen.5 Auch Bologna gab sich damals einen eigenständigen Regierungssitz. Zuvor
hatten sich die Repräsentanten der Kommune (Konsuln) in der Ambrosiuskirche und in
dem dort gelegenen Hof (curia) versammelt, an dem auch eine eigens eingerichtete domus
comunis gelegen war (Abb. 2).6
Der ab 1199 in Planung genommene und schon 1203 fertiggestellte Neubau des großen
Versammlungs- und Gerichtspalastes war mit einer Tiefe von etwa 15,6 m, einer Breite von
etwa 63 m und einer Höhe von 19 m (ohne Zinnen) bzw. etwa 21 m (mit Zinnen) so mäch-
tig, dass er nicht nur die alte domus comunis bei S. Ambrogio, sondern auch jeden anderen
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Profanbau der Stadt und sogar die meisten Sakralbauten klein und unbedeutend erschei-
nen ließ (Abb. 3).7 Die schiere Größe trug zu einem gewissen Grad natürlich dem gestiege-
nen Raumbedürfnis Rechnung, vor allem aber kam in ihr der Anspruch der Kommune auf
angemessene Repräsentation zum Ausdruck. 8 Die Bezeichnung des Gebäudes als palatium
comunis – in Anlehnung an die imperialen palatia und im Gegensatz zum älteren, nur domus
genannten Versammlungsort der Bologneser Konsuln – verdeutlicht die Ambitionen der
Bauunternehmung auch sprachlich: man tagte nicht mehr in einem Haus, sondern in einem
Palast, und dieser ahmte sowohl den Bautypus als auch die Größe den alten kaiserlichen
Pfalzen bzw. der Bischofspaläste nach.
Der Bologneser Bau gehört zu den frühesten Kommunalpalästen überhaupt, und er war
mit seiner dominanten, im Wesentlichen durch Ziegelsteinwände bestimmten Baugestalt
wohl für lange Zeit einer der größten und eindrucksvollsten in ganz Italien. Die Front war
im Erdgeschoß durch eine regelmäßige Reihe von vermutlich elf leicht spitzbogigen Arka-
den ausgezeichnet. Dahinter befand sich ein durchlaufender, wahrscheinlich holzgedeck-
ter Gang an den sich die verschiedenen stationes der Notare anschlossen. Im Obergeschoß
befand sich ein riesiger Ratssaal, der über zwei hölzerne Außentreppen zugänglich war. Die
große Wandfläche wurde nur durch romanische Triforenfenster durchbrochen. Ein darü-
ber hoch aufragender Kranz aus Schwalbenschwanzzinnen schloss den Bau ab. Die Front
und die Schmalseiten des später ‚Palazzo
del Podestà‘ genannten Kommunalpalastes
wurden ab 1484 in Renaissanceformen neu
errichtet.9 Nur an der Rückseite des Baus
haben sich daher Reste der mittelalterli-
chen Fenster, Türen und Zinnen erhalten,
auf denen die hier vorgelegte, summarische
Rekonstruktionsskizze basiert (Abb. 3).10
Die spezifische Ausformung der Stützen der
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Arkadenportikus, bestehend aus rechtecki-


gen Pfeilerkernen mit seitlichen Halbsäulen
und flachen Vorlagen zum Platz und zur
Innenseite, ist durch eine Grabung gesichert
(Abb. 4). 11 Anhand der freigelegten Fenster auf der Nordseite lässt sich für die Hauptfassa-
de eine gleichmäßige Reihe von Fensteröffnungen mit regelmäßigen, relativ engen Abstän-
den ergänzen. Da es an der erneuerten Front allerdings keine konkreten Indizien für die
Position und Art der alten Fenster gibt, muss der hier vorgelegte Rekonstruktionsvorschlag
hypothetisch bleiben; architekturgeschichtlich ist für die Zeit um 1200 auch eine unregel-
mäßige Verteilung von Fenstern unterschiedlicher Größe denkbar.
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Als Bauplatz wählte man ein dicht bebautes Areal südlich der verkehrsreichen Via Emi-
lia. Die dort befindlichen Immobilien, darunter Häuser, Kirchen und Türme, gehörten
12

u.a. Notaren, die für die Kommune tätig waren und dieser nun ihre Besitztümer verkaufen
mussten.13 Mit der Errichtung des Palastes ging zeitgleich die Anlage eines großen Platzes,
der curia comunis einher.14 Es war der erste planvoll angelegte Platz der nachantiken Stadt.
Er erstreckte sich vor der Südseite des Kommunalpalastes und diente als Versammlungsort
für das Volk hauptsächlich politischen und zeremoniellen Zwecken. Erstmals wurde somit
ein weitläufiger urbaner Raum eingerichtet, der – abgesehen von einer spezifischen merkan-
tilen Nutzung – vor allem die Herstellung von Öffentlichkeit bezweckte.15 Dem Volk auf
der Piazza konnten die Beschlüsse der Kommune durch einen auf der Südseite des Palastes
angebrachten Balkon (ringhiera) bekannt gemacht werden.
Die ursprüngliche Breite der Piazza Maggiore entsprach mindestens der Breite der
Palastfront von über 60 m. Platz und Palast gehören also untrennbar zusammen; beide
sind als politische und ästhetische Einheit zu betrachten. Für ihre Situierung im Stadtraum
war kaum allein die zweckmäßige Distanz zur Hauptverkehrsader ausschlaggebend, son-
dern auch eine symbolisch zu verstehende Abwendung von den alten Machtzentren, dem
Bischofspalast und der kaiserlichen Festung im Norden, und damit verbunden die Hinwen-
dung zum Kerngebiet der Stadt mit der Ambrosiuskirche, dem vormaligen Ort städtischer
Selbstorganisation, und den vornehmeren Stadtbezirken im Südosten (Abb. 1 und 2).
Der gleichzeitig mit dem Palast errichtete Glockenturm (torre del arengo) ist als ein
eigenständiges Bauwerk anzusehen, denn er ist architektonisch nicht in das Palastgebäude
integriert, sondern an dessen Rückseite ange-
lehnt.16 Er war jedoch nicht vom Erdgeschoß
aus zugänglich, sondern nur vom Ratssaal im
Obergeschoß des Palastes. Folglich unterlag
er der direkten Kontrolle der kommunalen
Regierung. Städtebaulich verlieh der Turm
dem Palast und damit dem neuen kommu-
nalen Zentrum einen markanten Akzent.
Auffällig ist zudem seine Position: er wur-
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de genau in der Mitte des breitgelagerten


Baus über einer Straßenkreuzung errichtet,
deren Verkehrsfluss er jedoch nicht behin-
dern durfte. Deshalb ruht er nicht fest auf
durchgehenden Mauern, sondern steht nur
auf vier Eckpfeilern. Anfangs war der Turm
möglicherweise niedriger als heute und sein
Glockenstuhl stand offen. Später, vermut-
lich nach 1250 nachdem weitere Kommu-
nalbauten in unmittelbarer Nähe errichtet
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worden waren, wurde er aufgestockt und


das Geläut ins Innere verlegt. Der Turm
besitzt im Gegensatz zum Domcampanile
weder Lisenengliederung noch Horizontalgesimse und gibt sich somit wie auch die älteren
Geschlechtertürme eindeutig als Profanbau zu erkennen. Wie der Palast selbst wirkt auch
er nüchtern und schmucklos. Nur im obersten Geschoß öffnen sich Schallarkaden, die die
gleiche Form wie die romanischen Fenster besitzen. Darüber befindet sich eine Terrasse mit
Zinnen, deren Abschluss im 15. Jahrhundert verändert wurde.
Der Turm warf mit den vier großen Durchgangsbögen im Erdgeschoß jedoch statische
Probleme auf, die sich besonders nach seiner Aufstockung gravierend bemerkbar mach-
ten und immer wieder Nachbesserungsarbeiten an den Ecken und an den Fundamenten
erforderten. Trotzdem verzichtete man auf die naheliegende Schließung der Bögen, damit
die Wegekreuzung passierbar und in der Mitte des Palastes der direkte Zugang zur Piazza
gewährleistet blieb. Dieser ingenieurtechnische Aufwand dürfte schon damals als Sinnbild
kommunaler Tugenden wie Respekt vor alten Wegerechten sowie Kühnheit und Leis-
tungsfähigkeit verstanden worden sein. Später hat man in den symbolträchtigen Ecken des
Stadtturmes Statuen der vier Hauptheiligen und Schutzpatrone Bolognas aufgestellt.17 Hin-
sichtlich des baustatischen Wagemuts scheint mir der Glockenturm des Palazzo Vecchio in
Florenz vergleichbar (Abb. 5).18 Der nach 1299 errichtete Turm stützt sich in seinem unte-
ren Teil auf einen älteren Geschlechterturm. Dieser ist aber nicht zu sehen, da er vollständig
in den Palastbau inkorporiert wurde. Stattdessen scheint der hoch in den Himmel aufragen-
de Schaft des Glockenturmes allein aus dem vorkragenden Wehrgang emporzuwachsen und
quasi fundamentlos frei in der Luft zu schweben. Auf diese Weise versinnbildlicht auch der
Florentiner Turm die Kühnheit und Furchtlosigkeit der jungen aufstrebenden Kommune.
Die bemerkenswerte Position des Bologneser Turmes ist auch in Hinblick auf die Orga-
nisation der Kommune aussagefähig: bald nach Errichtung des Palastes, in den Jahren
zwischen 1217 und 1219, wurde die Stadt in vier Bezirke (quartieri) aufgeteilt, die für die
zivile und militärische Selbstverwaltung und -verteidigung zuständig waren. Kurz darauf
wurde diese Einteilung auch auf das Umland, den contado ausgedehnt (1223). Damit war
die Schicksalsgemeinschaft Stadt und Land in neuartiger Weise miteinander verzahnt. Die
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Grenzen dieser nach den vier Hauptstadttoren benannten quartieri liefen genau im Stadt-
zentrum zusammen (Abb. 2).19 Der hoch aufragende Turm markierte also anschaulich und
weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar den konkreten Ort, an dem die Bolognesen
ihren zivilen und militärischen Zusammenschluss fanden. Seine Glocke, die regelmäßig zu
den Versammlungen rief, die aber auch bei militärischer oder anderer Bedrohung im Sturm
geläutet wurde, damit sich die in den quartieri organisierten Wehrmannschaften zusammen-
fanden, galt als das Wahrzeichen der Souveränität Bolognas.
Schon in den ersten Jahrzehnten der kommunalen Herrschaft kam es zu innenpolitischen
Spannungen zwischen Aristokratie und Magnaten einerseits sowie den Händlern, Handwer-
kern und dem einfachen Volk andererseits. Die Auseinandersetzungen führten 1217 erstma-
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lig und ab 1228 schließlich dauerhaft zur Beteiligung der in Zünften organisierten produzie-
renden Bevölkerung an der Regierung und in der Folge zu Reformen und zu einer weiteren
Differenzierung der politischen Organe.20 Dies erzeugte zusätzlichen Bedarf an Räumlich-
keiten, dem durch eine Erweiterung des kommunalen Bezirks Rechnung getragen wurde.
Sie erfolgte aber nicht nach Süden in Richtung Platz, sondern in die umgekehrte Richtung
nach Norden. Ab 1224 sind Grundstückskäufe dokumentiert, die eine Ausdehnung dorthin
bezeugen und an deren Ende die Errichtung eines weiteren Kommunalpalastes standen. Ein
direktes Ergebnis der Regierungsbeteiligung des Volkes war die Einrichtung eines weiteren,
forum mercati genannten Marktplatzes (heute Piazza del Otto Agosto) auf einem weitgehend
unbebauten Areal im Norden vor der Stadtmauer (1219 bis 1221) für den Viehmarkt sowie
für die jährlich stattfindenden, von zahlreichen Auswärtigen besuchten Messen (Abb. 2).21
Aufgrund der Italienpolitik Friedrichs II. spitzten sich die Auseinandersetzungen zwi-
schen Kaiser und Kommunen erneut zu. Die Bedrohung durch den Staufer führte zur Errich-
tung des dritten Mauerrings, der 1226 begonnen und in den vierziger Jahren fertiggestellt
wurde. Seine großzügige Anlage führte zu einer Vervielfachung der Stadtfläche, wodurch
erstmals sämtliche Behausungen, aber auch der neue Marktplatz und die neu gegründe-
ten Klöster der Dominikaner (ab 1228) und der Franziskaner (ab 1236) geschützt waren.
Die Auseinandersetzungen zwischen Guelfen und Ghibellinen machten vor den Toren
Bolognas jedoch nicht halt. Die beiden Richtungen wurden in der Stadt durch die großen
Geschlechter der Geremei bzw. der Lambertazzi vertreten. Die ghibellinischen Lambertazzi
und ihre Anhänger wohnten großenteils an der Piazza Maggiore und in den umliegenden
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Gassen und dominierten somit das Zentrum der Stadt. Nach den gravierenden innenpoli-
tischen Auseinandersetzungen zwischen diesen Geschlechtern kam es um 1244 bis 1246
zur Errichtung des Palatium novum als Sitz für die neugeschaffenen Organe der im Wesent-
lichen durch die Zünfte organisierten Volksvertretung (società del popolo). Ihre politische
Eigenständigkeit drückt sich im Bau selbst und in dessen räumlicher Distanz zum älteren
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Kommunalpalast aus. Gegenüber jenem ist die Grundfläche des Palatium novum zwar etwa
halbiert, doch mit drei Geschossen bot auch er eine Menge Raum und behauptete seine
Wirkung durch größere Kompaktheit (Abb. 6). Sein Bautypus stellt also eine Weiterent-
wicklung des einfachen Palas-Schemas dar, und in den leicht variierend gestalteten Fenstern
mit spitzen Überfangbögen kommt seine stilistisch fortgeschrittene Stellung zum Audruck.
Ursprünglich wurde auch dieser Palast durch eine hölzerne Außentreppe an seiner Südseite
erschlossen, und natürlich besaß er einen eigenen Turm mit Glocke, der zwar nicht mehr
erhalten aber durch Quellen bezeugt ist. Zwischen dem Palatium novum und dem fortan
Palatium vetus genannten ersten Kommunalpalast wurde durch eine Mauer ein Hof abge-
grenzt, in dem möglicherweise ein Brunnen eingerichtet wurde, der jedoch nicht uneinge-
schränkt zugänglich gewesen zu sein scheint. Auch der neue Palast stand frei, war aber nicht
wie heute isoliert und daher als Ganzes sichtbar, sondern von engen Gassen mit kleinen
Häusern umgeben. In einigen davon ließen sich Zünfte nieder. Ihre unmittelbare räumli-
che Nähe zum politischen Zentrum ist Zeichen ihrer gewachsenen Bedeutung. Leider ist
nicht bekannt, wie diese frühen Zunftsitze gestaltet waren. Die erst im 14. oder frühen 15.
Jahrhundert entstandene Casa dell’Arte dei Beccai orientierte sich mit Spitzbogenfenstern,
zinnenbewehrten Giebeln und Traufen jedenfalls deutlich erkennbar an kommunalen Bau-
formen.22 Das Palatium novum wurde jedoch bald als Gefängnis für den natürlichen Sohn
Kaiser Friedrichs II., König Enzio, zweckentfremdet. Er war von den Bolognesen bei der
Schlacht von Fossalta 1249 gefangen genommen und wurde bis zu seinem Tod 1272 hier
festgehalten. Sein Name ist daher auf das Bauwerk als ‚Palazzo di Re Enzo‘ übergegangen.23
Im Winkel und als Verbindung zwischen den beiden älteren Kommunalpalästen wurde
als dritter Baukörper das palatium comunis de medio errichtet, das bald darauf die Bezeich-
nung Palazzo del Capitano del Popolo nach dem 1255 eingerichteten Amt erhielt (Abb. 6).
Seine genaue Bauzeit lässt sich nicht bestimmen, aber da der zugehörige Turm 1252 in den
Statuten erwähnt wird, ist anzunehmen, dass auch das Gebäude damals fertiggestellt war.
Unregelmäßigkeiten in der Mauertechnik, in der Fensteranordnung und den Bogenprofilen
deuten daraufhin, dass der Palast entweder in verschiedenen Etappen errichtet worden ist
oder aber später größere Veränderungen erfahren hat. Seine 1255 urkundlich bezeugte lobia
palatii medii ist heute ebenso wenig lokalisierbar wie die beiden in den Quellen erwähnten
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Außentreppen. Schon etwas früher (1250) wurde auf der gegenüberliegenden Seite außer-
dem der Zugang zum Binnenhof der Paläste verbessert, indem die davor gelegene Kirche
S. Apollinare abgerissen und an ihrer Stelle ein Vorplatz geschaffen wurde (Abb. 7).
Doch auch diese Paläste konnten die gesteigerten Raumbedürfnisse der wachsenden städ-
tischen Administration nicht dauerhaft befriedigen. Um die residenzpflichtig gewordenen
Anzianen (Senatoren) unterzubringen, musste die Kommune umliegende Häuser in dem sei-
nerzeit noch dicht bebauten Areal anmieten. Der so geschaffene Wohnbezirk der Anzianen
wurde durch hölzerne Gänge und überdachte Brücken mit den anderen Regierungsbauten
verbunden, so dass die zunächst als Einzelbauten errichteten Kommunalpaläste gegen Ende
des 13. Jh. zu einem ziemlich unüberschaubaren baulichen Agglomerat zusammengewachsen
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waren, das nur noch eingeschränkt eine ästhetische Wirkung entfalten konnte.
Allgemein wird angenommen, dass die gleichzeitig mit dem ersten Kommunalpalast
angelegte Piazza Maggiore bereits um 1200 die heutigen Ausmaße besessen hat. Meines
Erachtens ist das Verhältnis zwischen den Dimensionen des Palastes und der Fläche des mit
etwa 115 m x 63 m sehr großen Platzes jedoch ziemlich ungewöhnlich. Die sich ergebende
Fläche von mehr als 7250 Quadratmetern hätte im Übrigen der gesamten Stadtbevölkerung
der Zeit um 1300 Platz geboten.24 Es ist daher zu fragen, ob nicht vielleicht die Ausdehnung
der Piazza – ähnlich wie die Entstehung des Gebäudekomplexes der Kommunalpaläste –
ebenfalls sukzessive erfolgt sein könnte? Berücksichtigt man einige sonst kaum beachteten
Indizien und Quellen, so verdichten sich Hinweise auf umfangreiche urbanistische Maß-
nahmen, die in den Jahren 1286/1287 durchgeführt wurden und die möglicherweise auch
die Erweiterung des Hauptplatzes betroffen haben. So ist zunächst festzuhalten, dass im
Jahre 1287 die Kirche Santa Maria dei Rustigani, die sich in der Mitte des Platzes befand,
abgerissen und an ihrer Stelle ein Kreuz errichtet wurde.25 Demzufolge kann die Piazza
Maggiore bis 1287 keine vollständig freie Fläche gewesen sein! Aber ist es denkbar, dass die
unbedeutende Kirche der Rustigani jahrzehntelang ganz alleine frei in der Mitte gestanden
hat und nicht von Häusern gesäumt wurde? 26 Diese Frage lässt sich vielleicht durch die
Stadtchroniken beantworten. Zum Jahr 1286 berichten sie nämlich ausdrücklich, dass der
Hauptplatz erweitert wurde.27 Zwar fehlen konkrete Angaben über den Umfang der Platz-
vergrößerung, doch kann man annehmen, dass damals nicht nur die genannte Kirche abge-
tragen wurde, sondern auch mögliche umliegende Wohnhäuser, um den Platz als solchen
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tatsächlich zu vergrößern.28 Es wäre also durchaus denkbar, dass die Piazza Maggiore erst
damals ihre heutige Größe erhielt. Zuvor hätte die Ausdehnung nur etwa bis zur heutigen
Platzmitte gereicht, wo sie an jener mittelalterlichen Straße, die an dieser Stelle als Verlänge-
rung der via ad curiam comunis in Ost-West-Richtung verlaufen ist, so etwas wie eine natür-
liche Begrenzung gefunden hätte. Die genannte Platzvergrößerung dürfte schon 1287 weit-
gehend abgeschlossen gewesen sein, da man auf Betreiben des Juristen und einflussreichen
Politikers Rolandino Passeggieri in diesem Jahr damit begann, auf der westlichsten Parzelle
an der (neuen) Südseite der Piazza den Palazzo dei Notai zu errichten.29 Zur gleichen Zeit
wurden außerdem die Mauern an allen Toren der Stadt mit Zinnen versehen, und viele der
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ehemals offenen Abwasserrinnen wurden als steinerne Kanäle unter die Erde verlegt und
durch Einleitung von Wasser aus der Savena kontinuierlich durchspült.
Nimmt man all diese verstreut überlieferten Nachrichten zusammen, so entsteht der Ein-
druck von koordinierten Maßnahmen zu strukturellen Verbesserungen und urbanistischen
Erneuerung in der ganzen Stadt. Die Rekonstruktionszeichnungen des Stadtzentrums mit
Eintragung des ehemaligen Straßenverlaufs sowie der mutmaßlichen Position der Kirche
S. Maria de’Rustigani verdeutlicht, wie man sich die ursprüngliche Ausdehnung des Platzes
um 1200 und die um 1286/87 durchgeführte Vergrößerung vorzustellen hat (Abb. 7). Die
Hauskirche der Rustigani wurde an der neuen Platzgrenze wiederaufgebaut und stand dort
neben der Kirche S. Tecla dei Lambertazzi bis beide um 1390 der Fassade der neuen Petro-
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niuskirche weichen mussten.30


Was könnte zu dieser enormen Platzerweiterung geführt haben? Als Voraussetzung
sind wohl die durchgreifenden politischen Umwälzungen anzusehen, die sich in Bologna
im achten und neunten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts vollzogen haben: an erster Stelle
ist der Sieg der Guelfen (Geremei) über die
ghibellinischen Geschlechter (Lambertazzi)
zu nennen, welche in der Folge 1274 erstma-
lig und 1279 definitiv aus der Stadt vertrie-
ben und deren Güter von der nun guelfisch
dominierten Kommune konfisziert wurden.
Zu diesen Konfiskationen, für die es manch-
mal finanzielle Entschädigungen gegeben zu
haben scheint, gehörten anscheinend auch
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ghibellinische Häuser auf dem Areal der


mutmaßlichen Platzerweiterung. Außerdem
verzichtete zur gleichen Zeit (1278) Rudolf
I. von Habsburg zugunsten der Päpste auf
die Oberherrschaft im Gebiet von Bologna,
was eine weitere Stärkung der Guelfen mit
sich brachte. Der Rechtsgelehrte und Guel-
fe Rolandino Passeggieri hat damals eine
politische Union zwischen dem popolo und
den guelfischen Magnaten herbeigeführt,
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wodurch das Volk erstmalig eine kraftvolle


Interessenvertretung erhielt. Die mutmaßli-
che Vergrößerung des öffentlichen Platzrau-
mes, hätte diesem grundlegenden Wandel
Rechnung getragen, denn nun nahmen viel
mehr Personen als zuvor an der politischen
Willensbildung teil und außerdem war die
Stadtbevölkerung mittlerweile stark, etwa
auf 50.000 Menschen angewachsen.
Seinerzeit waren auch die Häuser an der
Süd-Ost-Seite sowie auf der gegenüberlie-
genden Südwest-Ecke des Platzes von der
Kommune erworben worden. Im Südwesten
handelte es sich um die Häuser der Accursio
und anderer Ghibellinen. An deren Stelle
wurde von 1293 bis 1295 der sog. Palazzo
della Biada errichtet.31 Es handelte sich dabei
um einen Mehrzweckbau, der einerseits als
Getreidespeicher und als Getreidemarkt-
halle diente, andererseits aber zum Sitz der
Regierung der Schwarzen Guelfen avancier-
te.32 Der kubische Baukörper mit einer Portikus an der Platzfront und einer Innentreppe
ist 1887 relativ zuverlässig in seinen mittelalterlichen Zustand „zurückrestauriert“ worden
(Abb. 8). Der dreigeschossige, sechsachsige Ziegelsteinbau mit leicht rhythmisierten, aber
axial übereinander angeordneten Arkaden und Spitzbogenfenstern weist interessanterweise
eine auffällig altertümliche, romanische Pfeilerform und Kapitellbildung auf, die zu seiner
Entstehungszeit stilgeschichtlich längst überholt war (Abb. 9). Bemerkenswerterweise ist
der Querschnitt dieser kurz vor 1300 errichteten aber noch ganz romanisch aussehenden
Pfeiler mit denjenigen der um 1200 errichteten ehemaligen Portikuspfeiler des Palatium
vetus, der uns durch Grabungen zuverlässig gesichert ist, nahezu identisch (Abb. 4). Es liegt
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daher nahe anzunehmen, dass auch die unzeitgemäße, an ein romanisches Würfelkapitell
erinnernde Form des Pfeilerkapitells am Palazzo della Biada von den 100 Jahre früher ent-
standenen romanischen Kapitellen des Palatium vetus abgeleitet worden ist. Zumal jene
bereits bei der Errichtung des Palazzo Comunale im nicht weit entfernten Rimini nachge-
ahmt wurden.33
Die althergebrachte Pfeilerform stellte einen direkt erfahrbaren visuellen Bezug zwi-
schen den beiden Bologneser Kommunalbauten her. Dies ist insofern bemerkenswert, als
der Palazzo della Biada in der innenpolitisch höchst prekären Situation der 1290er Jahre
zum eigentlichen Regierungspalast avancierte und somit die Funktion des alten Palatium
vetus de facto übernahm.34 Da diese Funktionsübertragung jedoch erst nach Fertigstellung
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des Palazzo della Biada erfolgte, kann sie nicht der ausschlaggebende Grund für die Nach-
bildung der Pfeiler gewesen sein. Denkbar wäre, dass man mit den bewusst altertümlich
gestalteten Elementen eine allgemeine Semantisierung des Gebäudes als ‚Kommunalpalast‘
im Sinn hatte, bzw. einen Hinweis auf die vetustas der Kommune und damit auf deren Auto-
rität geben wollte. Dies geschah just zu einem Zeitpunkt, als die von Schwarzen Guelfen
dominierte Stadt einer lang anhaltenden und extremen Bedrohung durch äußere ghibellini-
sche Feinde (Este aus Modena) ausgesetzt war und eine Rückbesinnung auf die glorreichen
Anfänge der gegen den Kaiser durchgesetzten kommunalen Freiheit Sinn machte. Wegen
der hohen Kriegsausgaben stand die Kommune damals vor einem finanziellen Kollaps, der
nur durch die vom Papst in Gang gebrachten Friedensverhandlungen abgewendet werden
konnte. Bei der stilistisch retardierenden Formgebung der Portikuspfeiler scheint es sich also
um ein Beispiel politischer Semantik profaner Bauformen zu handeln, die im Mittelalter
nicht häufig nachweisbar ist.
Mit dem Palazzo dei Notai (ab 1287) und dem Palazzo della Biada (1295) waren am
süd-westlichen Winkel der erweiterten Piazza monumentale bauliche Akzente geschaffen
worden. Schon 1293/94 ließ die Kommune von dem Agrimensoren Giacomo di Benvenuto
di Santa Maria in Duno eine Generalvermessung des neuen Platzes durchführen, urkundlich
festhalten und obendrein durch in den Boden eingesenkte Grenzsteine (sog. termini) dauer-
haft markieren.35 Dadurch sollte das öffentliche Areal wirksam gegen die Gefahr unrechtmä-
ßiger Inbesitznahme durch private Überbauung abgesichert werden. Es war nicht die erste
Platzvermessung dieser Art. Schon 1245, 1286 und erneut 1294 wurden auf die gleiche Wei-
se die Grenzen der Piazza Ravegnana festgelegt. Zumindest 1286 erfolgte dies nachweislich
nachdem die Kommune dort zuvor Häuser und Stände abgerissen hatte, um den Platz der
vergrößern. Da 1286 auch die Grenzen der Piazza Maggiore erstmalig bestimmt wurden,
liegt es angesichts der angeführten Indizien nahe, anzunehmen, dass auch sie damals erwei-
tert worden ist.
Was im Sinne einer symmetrischen Randbebauung der Piazza Maggiore fehlte, war
ein dem Palazzo della Biada entsprechendes Bauwerk auf der gegenüberliegenden Seite.
Dadurch hätte der Platz zwei gleichartige Akzente als blockartige Kopfbebauung an ihren
Ecken im Süden erhalten können. Ein solcher Gedanke mag zwar modern anmuten, doch ist
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im Falle Bolognas die Absicht einer Bebauung auch dieser Platzecke tatsächlich erkennbar.
Das dafür notwendige Areal mitsamt den darauf stehenden Häusern der ghibellinischen
Lambertazzi hatte die guelfische Kommune bereits früher in ihren Besitz gebracht und
dort eine Metzgerei (Beccaria) eingerichtet. 1322 beschloss man nun, dort eine Residenz
für den Gonfaloniere di Giustizia zu errichten (Abb. 7). Dieses höchste Regierungsamt war
überhaupt erst ein Jahr zuvor nach einem missglückten Umsturzversuch des Romeo Pepo-
li durch eine Verfassungsänderung eingerichtet worden. Es musste per Gesetz von einem
Guelfen bekleidet werden, der Mitglied einer Zunft war. Das Baumaterial für das Gebäude
sollte von Häusern genommen werden, die den vertriebenen Rebellen gehört hatten und
nun abzureißen waren. Die sich schnell wandelnden innenpolitischen Verhältnisse haben
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den Plan zur Errichtung eines Gebäudes für den Gonfaloniere zwar schon 1327 definitiv
vereitelt,36 doch wird deutlich, dass die seit 1286/87 eingeleiteten baulichen und urbanis-
tischen Umgestaltungsmaßnahmen, einem weitreichenden Konzept folgten, dass zum Ziel
hatte, die auf der politischen Bühne weitestgehend ausmanövrierten Ghibellinen nun auch
definitiv aus dem Stadtraum zu verdrängen und somit die einst von den Lambertazzi und
ihren Anhängern bewohnte und dominierte Piazza in ein rein guelfisches Regierungszen-
trum umzuwandeln.
1327 wurde jedoch zum Schicksalsjahr für die Bologneser Kommune: nach etwa 150
Jahre währender kommunaler Autonomie musste die Stadt angesichts großer außenpoliti-
scher Bedrohung ihre Freiheit aufgeben und kampflos die Herrschaft des Papstes in Form
einer Signoria akzeptieren. Da diese Herrschaft zunächst nur kurz währte, hinterließ sie kei-
ne bleibenden Spuren im Stadtbild. Schon 1334 wurde der Kardinallegat vertrieben, und
1337 übernahm der aus einem einflussreichen Bologneser Guelfengeschlecht entstammen-
de Taddeo Pepoli die Herrschaft. Er zog 1337 in den Palazzo della Biada, deren Portikus
vermauert worden war, und verlegte den nun als störend angesehenen Getreidemarkt von
der Piazza auf den Campo Fori im Norden der Stadt. 1339 ließ Taddeo außerdem seinen
neuen Regierungssitz entlang der Platzseite nach Norden erweitern und zugleich an der
Südseite der Piazza eine große Loggia, ‚Loggia dei Stipendiati‘ oder ‚dei Cavallieri‘ genannt,
errichten. Sie war innerhalb von nur zwei Monaten fertig und diente seinen Soldaten als
Unterkunft und zur Bewachung des Platzes und zum Schutz des Palastes (Abb. 10).37
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Wir wissen sehr wenig über die Gestalt dieses Baus. Seine extrem kurze Bauzeit legt
nahe, dass er nicht wie die spätere Loggia dei Lanzi in Florenz völlig aus Stein errichtet
und mit Bögen und Wölbungen versehen war. Wahrscheinlich folgte er einfacheren Baufor-
men, wie sie im Bologneser Profanbau beheimatet waren. Man kann sich gut vorstellen, dass
die Loggia dei Cavalieri an der Front statt Bögen nur Holzpfosten und eine Balkendecke
aufwies, wie die berühmte Casa Isolani in der Strada Maggiore Nr. 19.38 Mit den (durch
Quellen gesicherten) Zinnen wurde ein Bauelement aufgegriffen, das an der Piazza bislang
städtisch konnotiert war und das Wehrhaftigkeit zumindest symbolisieren sollte. Bei der
Loggia handelte es sich jedoch um ein Gebäude mit ausschließlich militärischer Funktion:
die dort untergebrachten Soldaten dienten dem Schutz des Signoren, der Einschüchterung
der Stadtbevölkerung und der Sicherung der Piazza im Falle eines Aufruhrs. Als erster nicht-
kommunaler Neubau war die Loggia folglich ein echter ‚Fremdkörper‘ am Platz.
Dieser Fremdkörper bildete jedoch nur den Auftakt für noch viel radikalere Maßnah-
men, durch die das ehemals kommunale Stadtzentrum nun sukzessive usurpiert und verwan-
delt werden sollte: Bald nach dem Tode Taddeo Pepolis übernahm der Mailänder Herzog
Giovanni Visconti die Macht in Bologna (1350). Gemäß den Zielen seiner weitgreifenden
Expansionspolitik suchte er Stadt und Contado fest in seinen Flächenstaat zu integrieren.
Hierfür wurde – neben vielen anderen Maßnahmen – auch das urbane Zentrum militärisch
gesichert und in eine regelrechte Festung umgeformt: viele der den Platz säumenden Häu-
ser wurden vermauert oder abgerissen, um ringsherum eine festgefügte Mauer zu errichten.
Das Verfahren erinnert an die Errichtung der Cerchia dei torresotti. Nur diente die Platz-
vermauerung der Visconti natürlich nicht dem Schutz der Bürger, sondern dem Schutz des
neuen Signoren bzw. dessen Repräsentanten vor den Bürgern. Die Piazza, auf der einst alle
wichtigen Straßen zusammenliefen und die den Pulsschlag der freien Kommune bestimmt
hatte, wurde auf diese Weise von ihrem urbanistischen Kontext abgeklemmt und isoliert.
Dies geschah, indem an den Straßenmündungen Portale mit Türmen, Zinnen, Schießschar-
ten und Ketten eingerichtet wurden. Innerhalb von nur drei Jahren (1350–53) wurde der
gesamte Platz zu einer Art Innenhof einer Festung umgeformt.39 Da die Ummauerung hin-
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ter dem seit Taddeo Pepolis Erweiterung ‚Palazzo Grande‘ genannten ehemaligen Biada-
Palast herumgeführt wurde, der zur Residenz des Fremdherrschers erkoren worden war,
stand dieser wie vermutlich auch die anderen Kommunalbauten freistehend innerhalb des
neu geschaffenen castrums, wie dieses Konstrukt in Anlehnung an antike Militärlager in den
Quellen bezeichnenderweise genannt wird (Abb. 10).
Die Bolognesen waren der Orte, an denen sie ihre politische Autonomie praktiziert
und verteidigt hatten, buchstäblich beraubt. Giovanni Visconti ließ die Piazza Maggiore in
den Aufmarschplatz seiner Tyrannenburg verwandeln. Diese Festung wurde erst nach der
Rebellion von 1377 niedergerissen, so dass der zwischenzeitlich in Bologna regierende Kar-
dinallegat Egidio Albornoz den Plan hegen konnte, inmitten des Binnenhofes dieser Fes-
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tung anstelle des Erinnerungskreuzes für die ehemalige Kirche S. Maria dei Rustigani eine
große, freistehende Grabkapelle für sich errichten zu lassen. Er wurde nicht realisiert. Statt-
dessen ließ sein Nachfolger, der Kardinallegat Androin de la Roche, den Palazzo Grande des
Taddeo Pepoli nach Norden vergrößern und daneben ein ganzes Stadtviertel abreißen, um
einen weitläufigen, ummauerten und bewehrten Garten anzulegen, der alleine beinah die
Ausmaße der Piazza Maggiore erreichte (Abb. 10).
Erst als es Bologna 1377 gelang, die Legatenherrschaft abzuschütteln, wurde die Piaz-
za Maggiore von ihrer beklemmenden Ummauerung befreit. Bald darauf (1390) hat man
begonnen, an ihrer Südseite eine Stadtpfarrkirche in megalomanen Dimensionen zu errich-
ten, die dem frühen Bischof und Stadtpatron Petronius geweiht wurde und in deren Chor
die wiedererstarkten und vom Papst als Vikare anerkannten Anzianen eine privilegierte
Position einnehmen sollten. Auf diese Weise schuf sich die Kommune fern von der dem Hl.
Petrus geweihten und somit direkt mit der Papstherrschaft assoziierten Domkirche einen
neuen städtisch-religiösen Sammelpunkt an der Piazza. Nun erst fielen das politische und
das religiöse Zentrum der Stadt zusammen, und in dieser Koinzidenz kommen die Besin-
nung auf die eigene Geschichte und der Wille, die wiedererlangte kommunale Freiheit abzu-
sichern demonstrativ zum Ausdruck. Aufgrund städtebaulicher Überlegungen begann man
die Kirche mit ihrer Schaufassade am Platz. Sie sollte als dreischiffige Basilika mit seitlich
angrenzenden Privatkapellen, einem weit ausladenden Querhaus mit überkuppeltem Vie-
rungsoktogon und einem daran anschließenden, möglicherweise mit Umgang und Kapel-
lenkranz versehenen Langchor jedoch Ausmaße erhalten, die sämtliche damals existieren-
den oder im Bau befindlichen Kirchen gleich welchen Ranges an Größe übertroffen hätten!
Es ist wohl nicht verkehrt diese ambitionierte Unternehmung als Versuch zu verstehen, der
Bevölkerung neben dem politisch-merkantil konnotierten Platzraum unter freiem Himmel
einen entsprechend großen, überdachten liturgischen Innenraum zur Verfügung zu stellen.
Die Baulast trugen die erneut zu gewisser Freiheit gelangte Kommune sowie Private durch
Stiftung von Familienkapellen. Der den Platz zusammen mit dem ersten Kommunalpalast
bis heute dominierende Bau, der von Besuchern aufgrund seiner enormen Größe in der
Regel für die Kathedrale gehalten wird, sollte ein gewaltiges Denkmal kommunaler Auto-
nomie werden, und als solches begrub er nicht nur das alte ghibellinische Kirchlein S. Maria
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dei Rustigani unter sich, sondern auch die alte Soldatenloggia des Pepoli und der Visconti.
Der letzte an die Tyrannenherrschaft erinnernde Baukörper an der Piazza wurde damit eli-
miniert. Allerdings erreichte Bologna nie wieder den Grad absoluter kommunaler Freiheit,
den es zu Beginn seiner Geschichte erkämpft hatte. Stattdessen etablierte sich in der Stadt,
die fortan fest in den Kirchenstaat integriert war, eine gemeinsame Herrschaft von päpstli-
chen Legaten einerseits und Anzianen andererseits heraus. Regierungssitz war der aposto-
lische Palast an der Westseite der Piazza (Abb. 8). Die Anzianen beanspruchten davon den
südlichen Teil, den alten Palazzo della Biada, während die Legaten im daran anschließenden
nördlichen Teil residierten. Diese Koexistenz hatte mit kurzen Unterbrechungen bis zur
französischen Revolution Bestand.
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1 Grundlegend für den hier betrachteten Zeitraum sind: Hessel, Alfred: Geschichte der Stadt
Bologna von 1116 bis 1280, Berlin 1910 (Nachdruck: Vaduz 1965). Italienische Ausgabe
von Gina Fasoli als: Storia della città di Bologna dal 1116 al 1280, Bologna 1975; Gorreta,
Alma: La Lotta fra il Comune Bolognese e la Signoria Estense (1293–1303). Bologna 1906;
Rodoloco, Niccolò: Dal Comune alla Signoria. Saggio sul Governo di Taddeo Pepoli in Bo-
logna. Bologna 1898 (Nachdruck: Bologna 1974); Sorbelli, Albano: La Signoria di Giovan-
ni Visconti a Bologna e le sue Relazioni con la Toscana. Bologna 1902 (Nachdruck: Bologna
1976). Fasoli, Gina: Bologna nell’età medievale (1115–1506), in: Storia di Bologna, hg. von
Antonio Ferri und Giancarlo Roversi, Bologna 1984, S. 127–196. Für die mittelalterlichen
Plätze Bolognas siehe den zusammenfassenden Beitrag: Pini, Antonio Ivan: Le piazze medie-
vali di Bologna, in: Annali di architettura, 4–5, 1992–1993, S. 122–133.
2 Zur antiken Gestalt der Stadt siehe: Bergonzoni, Franco und Giovanna Bonora: Bologna Roma-
na (Fonti per la storia di Bologna – Testi 9), Bologna 1976; Ricci, Giovanni: Le città nella storia
d’Italia. Bologna / Bari 1980, S. 7–23; Bergonzoni, Franco: Venti secoli di città. Note di storia
urbanistica bolognese, Bologna 1980, S. 10–20.
3 Bocchi, Francesca: La crescita urbana. V-XV secolo, in: Storia illustrata di Bologna 9, hg. von
Walter Tega, Bologna 1987, S. 161–180, besonders S. 163–166 mit Diskussion der verschiedenen
älteren Datierungsvorschläge für die Selenitmauer. Während Bocchi eine Entstehung der ersten
Stadtmauer unter Kaiser Theoderich (489–526) annimmt, favorisiert Pini eine spätere Errichtung
ab 641, als Bologna ein befestigtes oppidum an der Grenze zwischen dem Königreich der Lango-
barden und dem byzantinischen Exarchat geworden war; Pini, Anton Ivan: Bologna bizantina: le
mura di selenite o delle „Quattro croci“, in: Il Carrobbio, XI, 1985, S. 263–277.
4 Kat. Ausst. Sette colonne & sette chiese. La vicenda ultramillenaria del Complesso di Santo Stefa-
no. Bologna 1987.
5 Obwohl in zahlreichen Details überholt ist für Italien immer noch grundlegend: Paul, Jürgen:
Die mittelalterlichen Kommunalpaläste Italiens, Diss., Köln 1963.
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6 Reste dieser domus comunis werden von der Lokalforschung mit einem Pfeiler an der Ecke der Via
Colombina und der Via Pignattari identifiziert. Aufgrund seiner spezifischen Form – ein Quadrat
mit aufgelegten Halbsäulen an allen vier Seiten – und aufgrund seiner großen Höhe kann es sich
jedoch kaum um den Rest eines Profanbaues handeln. Vielmehr dürfte das Bauelement ein Pfeiler,
vielleicht ein Vierungspfeiler der romanischen Ambrosiuskirche sein, die sich zuverlässig in dieser
Gegend lokalisieren lässt. Als dieser altehrwürdige Sakralbau, der dem zweitwichtigsten Stadtpatron
von Bologna geweiht und der bleibend mit der Frühgeschichte der Kommune verknüpft gewesen
ist, im späten 14. Jahrhundert dem Neubau der Petroniuskirche weichen musste, beabsichtigte man
vielleicht gezielt, ihn im Stadtraum durch den Erhalt dieses Gebäude-Reliktes zu kommemorieren.
7 Die den Restaurierungsplänen entnommenen Abmessungen ergeben umgerechnet in Bologneser
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Fuß (piedi bolognesi) zu 38,01 cm ziemlich genau folgende einfachen ganzzahligen Verhältnisse:
Tiefe 41 pb, Breite 164 pb (= 4 x 41), Höhe ohne Zinnen 50 pb, Höhe mit Zinnen 55 pb. Es wäre
lohnend, diese Maßangaben am Bau zu kontrollieren, denn die Zahlen deuten darauf hin, dass
dem Bau zumindest in Teilen ein einfaches modulares System zugrunde liegt.
8 Falletti, Pio Carlo: Qual è e come fu la parte più antica del Palazzo del Podestà, in: Il Resto del
Carlino, Nr. 190, 10. Juli 1906. Wiederabgedruckt durch A. S. in: L‘Archiginnasio, I, 1906,
S. 191–195; Zucchini, Guido: La facciata del palazzo del Podestà, Bologna 1909; Zucchini, Gui-
do: Il palazzo del Podestà di Bologna, nuovi documenti e note, Bologna, s.a. (1912).
9 Siehe hierzu mit der älteren Literatur: Benelli, Francesco: Il Palazzo del Podestà di Bologna fra
tradizione ed innovazione, in: L’architettura a Bologna nel Rinascimento (1460–1550): centro o
periferia? Atti della giornata di studi, hg. von Maurizio Ricci, Bologna 2001, S. 47–68.
10 Mazzei, Otello: Alfonso Rubbiani. La maschera e il volto della città. Bologna 1879–1913, Bolo-
gna 1979, S. 122–204 und Solmi, Franco und Marco Dezzi Bardeschi (Hg.): Alfonso Rubbiani: i
veri e i falsi storici, Bologna 1981, S. 68–69 und Abbildungen auf S. 182–214; Hubert, Hans W.:
Architettura e urbanistica nel Duecento a Bologna, in: Duecento. Forme e colori del Medioevo a
Bologna, hg. von Massimo Medica, Bologna 2000, S. 3–23.
11 Siehe die Abbildung bei: Benelli 2001, wie Anm. 9, S. 47–68, Abb. 3 und 4.
12 Im östlichen, zur Porta Ravegnana hin gelegenen Teil der Via Emilia wurde auch Markt abgehal-
ten, weshalb dieser Abschnitt im Mittelalter via de foro medio hieß (heute Via Rizzoli).
13 Medica, Massimo (Hg.): Duecento. Forme e colori del Medioevo a Bologna, Bologna 2000,
S. 29,30.
14 Schon 1198 wurde eigens ein Amt zur Verwaltung der städtischen Güter eingerichtet, das ab 1199
stabili pro curia et palatio comunis faciendo erwarb; grundlegend hierzu: Roversi, Giancarlo (Hg.):
La Piazza Maggiore di Bologna. Storia, arte, costume, Bologna 1984.
15 Wie aus den Statuten hervorgeht, wurden auch auf der Piazza Maggiore Lebensmittel verkauft.
Nicht gesichert ist, ob dies gleich von Anfang an der Fall war. Dennoch war dieser Markt von
demjenigen an der Porta Ravegnana und in der Via de foro medio verschieden, denn hier kamen
vornehmlich diejenigen Lebensmittel zum Verkauf, die von der Kommune streng kontrolliert
wurden, um die Grundversorgung der Stadtbevölkerung zu niedrigen Preisen dauerhaft zu si-
chern (z. B. Getreide, Mehl, Fleisch, Salz).
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16 Der Turm ist zwar erst 1212 erstmalig erwähnt, doch die zugehörige Glocke schon im Jahr 1203
dokumentiert. Da man sich in diesem Jahr nachweislich im Palast versammelte, muß das Datum
dessen Fertigstellung bezeichnen und somit wohl auch die des Turmes.
17 Es sind die 1525 von Alfonso Lombardi geschaffenen Terracottafiguren der hll. Ambrosius, Pe-
tronius, Franziskus und Dominikus. Es ist denkbar, aber nicht belegt, daß an ihrer Stelle schon
vorher Darstellungen der Heiligen gemalt waren.
18 Paul, Jürgen: Der Palazzo Vecchio in Florenz. Ursprung und Bedeutung seiner Form, Florenz
1969, S. 10, 13–14 und passim.
19 Pini, Antonio Ivan: Le ripartizioni territoriali urbane di Bologna medievale. Quartiere, contrada,
borgo, morello e quartirolo, hg. von Giancarlo Roversi, Bologna 1977 (= Quaderni culturali bo-
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lognesi 1), S. 7–14 und Abb. nach S. 12.


20 Zur Orientierung über die Frühgeschichte der politischen Institutionen anhand der (erhalte-
nen) Dokumente ist hilfreich: Tamba, Giorgio: I documenti del governo del comune bolognese
(1116–1512). Lineamenti della struttura istituzionale della città durante il Medioevo, hg. von
Giancarlo Roversi, Bologna 1978 (= Quaderni culturali bolognesi 6).
21 Pini, Antonio Ivan: Le piazze medievali di Bologna, in: Annali di architettura, 4–5, 1992–1993,
S. 122–133, S. 130,131.
22 Alfonso Rubbiani: I veri e i falsi storici, Ausstellungskatalog, Bologna 1981, S. 165, Abb. 257.
Das ehemals in der Via Orefici also ganz in der Nähe der Kommunalpaläste befindliche Gebäude
wurde 1912 abgerissen.
23 Rubbiani, Alfonso: Il Palazzo di Re Enzo, Bologna 1906.
24 Um 1300 erreichte Bologna eine Einwohnerzahl von etwa 50.000 Personen. Zieht man davon
Frauen und Kinder ab, so kommt man für jene Zeit auf etwa 18.000 Männer, die am politischen
Leben teilnahmen. Mit 2 ½ Personen pro Quadratmeter fanden sie auf der Piazza sogar sehr be-
quem Platz. Nimmt man alle Frauen hinzu, so wird es mit 5 Personen pro Quadratmeter zwar
eng aber machbar. Für die Zeit der Entstehung der Piazza Maggiore um 1200 muß man aber von
einer erheblich geringeren Bevölkerungszahl ausgehen, für die der Platz, sollte er schon damals die
heutigen Abmessungen besessen haben, enorm großzügig dimensioniert gewesen wäre.
25 Ghirardacci, Cherubino: Della historia di Bologna, parte prima, Bologna 1596, S. 267: Ora il
Senato di Bologna volendo fare piu spaciosa di quello era la piazza della città, fece levar via la Chiesa
di S. Maria de’ Rustigani, ch’era nel mezzo di essa & nel luogo dove era edificata la detta Chiesa, vi si
fece fare una Croce coperta col Capello. Das Kreuz stand bis 1404 aufrecht.
26 Als der Platz kurz zuvor (1284) gepflastert wurde, besaß er nur eine Größe von 49 pertiche, was
etwa 186,3 m entspricht. Da nicht klar ist, wie dieses Maß in ein Flächenmaß umzurechnen ist,
gewinnt man daraus jedoch keinen sicheren Anhaltspunkt für die damalige Größe der Piazza;
Ghirardacci 1596, wie Anm. 25, S. 265.
27 Griffonibus, Matthei de: Memoriale Historicum de rebus Bononiensium, a cura di Lodovico Frati
e Albano Sorbelli, in: R.I.S., N.S. Città di Castello 1902, Tomo XVIII, Parte II, sub anno 1286
und 1287. Ähnlich im Corpus Chronicorum Bononiensium, a cura di Albano Sorbelli, in: R.I.S.,
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N.S. Città di Castello, 1905, Tomo XVIII, Parte I, Vol. 2, S. 227.


28 Die Maßnahme an der Piazza Maggiore blieb übrigens kein Einzelfall: zur gleichen Zeit wurde
auch der alte Platz am Trivium vor der Porta Ravegnana durch Abriß von Häusern erweitert.
Hierüber sind wir mit Kenntnis der Besitzernamen und der Gesamtsumme von 9045,5 Lire für
den Erwerb der Häuser sogar sehr genau informiert.
29 Cencetti, Giorgio: Il palazzo dei Notai in Bologna. Bologna 1969.
30 Fanti, Mario: La Basilica di S. Petronio nella storia religiosa e civile della città. Genesi, vita e signi-
ficato del monumento, in: La Basilica di San Petronio in Bologna, Bd. 1, Bologna 1983, S. 47 und
Trombetti Budriesi, Anna Laura: I primi anni del cantiere di San Petronio (1390–1397), in: Una
Basilica per una città. Sei secoli in San Petronio. Atti del convegno di studi per il sesto centenario
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di fondazione della basilica di San Petronio 1390–1990, hg. von Mario Fanti und Deanna Lenzi,
Bologna 1994, S. 51–75, S. 52.
31 Zu diesem Palastkomplex siehe: Hubert, Hans W.: Der Palazzo Comunale von Bologna. Vom
Palazzo della Biada zum Palatium Apostolicum. Köln 1993.
32 Gorreta, Alma: La lotta fra il Comune di Bologna e la Signoria Estense (1293–1303), Bologna
1906; Hubert 1993, wie Anm. 31, S.13–29.
33 Diese Überlegung habe ich bereits im Katalog Duecento. Forme e colori del Medioevo a Bologna,
hg. Von Massimo Medica, Bologna 2000, S. 6 formuliert, allerdings ohne seinerzeit die ergra-
bene Pfeilerform des Palatium vetus tatsächlich zu kennen. Ihre Grundrissbildung stimmt mit
derjenigen der Pfeiler am Palazzo della Biada so genau überein, daß die These nun erheblich mehr
Gewicht erhält.
34 Zu diesem Aspekt siehe: Hubert 1993, wie Anm. 31, S. 24–29.
35 Archivio di Stato di Bologna, Registro Grosso, lib. 2, fol. 127; Heers, Jacques: Espaces publics,
espaces privés dans la ville. Le Liber Terminorum de Bologne (1294), Paris 1984; Fasoli, Gina: Un
nuovo libro su Bologna, in : Storia della Città 31–32, 1984, S. 145–154; Foschi, Paola: Il „Liber
terminorum“: Piazza Maggiore e piazza di Porta Ravegnana, in: I portici di Bologna e l’edilizia
civile medievale, hg. von Francesca Bocchi, Bologna 1990, S. 203–229.
36 Unter dem Jahreseintrag 1327 berichtet Ghirardacci: L’anno avanti erano state distrutte per com-
missione del Senato, alcune beccarie presso la Piazza, per edificarvi una Casa, dove havessero habitare
li Confalonieri della Città di Bologna, esendo questo dissegno restato in bianco, ne facendosene altro,
gl’interessati di quel luogo …; Ghirardacci, Cherubino: Della Historia di Bologna, parte seconda,
Bologna 1669, S. 81; Diese Angaben werden archivalisch bestätigt: Archivio di Stato di Bologna,
Registro Grosso, lib. 2, fol. 215 r und fol. 243 r und v.
37 Hubert 1993, wie Anm. 31, S. 48 und S. 52.
38 Ricci, Corrado und Guidi Zucchini: Guida di Bologna. Nuova Edizione illustrata, Bologna 1968
(Nachdruck: Bologna 1976), S. 87.
39 Sorbelli, Albano: La Signoria di Giovanni Visconti a Bologna, 1902; Hubert 1993, wie Anm. 31,
S. 51–53.
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