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201900066
Markus Feldmann, Helen Bartsch*, Ulrike Kuhlmann, Karl Drebenstedt, Thomas Ummenhofer, Benjamin Seyfried Aufsatz
Keywords Ermüdungsversuche; Kerbfallkatalog; Kerbfallklassifizierung; Keywords fatigue tests; fatigue detail catalogue; fatigue detail classification;
Kerbspannungskonzept; Prognoseintervall effective notch stress concept; prediction interval
1 Einleitung und Motivation In [2–4] werden die Details des EC3-1-9 [1] analysiert,
dieser Beitrag befasst sich exemplarisch mit der Auswer-
In vielen Bereichen, z. B. im Brückenbau, Kranbau oder tung von ausgewählten Details wie dem Kreuzstoß und
Mast- und Turmbau, sind Ermüdungsnachweise von den Längsnähten. Außerdem werden erste Ergebnisse
Stahlkonstruktionen erforderlich. Jedoch führt der Kerb- zusätzlicher experimenteller und numerischer Untersu-
fallkatalog des EC3-1-9 [1] im Vergleich zu früheren Nor- chungen an Stirnplattenverbindungen vorgestellt.
men zu teilweise konservativen und unwirtschaftlichen
Ergebnissen. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist,
dass die oft mehrere Jahrzehnte zurückreichenden Ver- 2 Statistische Auswertemethodik
suchsgrundlagen und ihre Datenbasen unvollständig und
die damals verwendete Auswertemethodik teilweise in- 2.1 Generelles Vorgehen
konsistent ist. Deswegen zielen die hier beschriebenen
Untersuchungen vornehmlich darauf ab, bestehende Ver- Ermüdungsversuche, insbesondere an geschweißten Stahl-
suchsdaten zusammen mit neuen Versuchsdaten neu sta- konstruktionen, können zum Teil erhebliche Streuungen
tistisch auszuwerten, um Empfehlungen für verbesserte aufweisen. Infolge von mehreren voneinander unabhängi-
Kerbfallklassen für die europäische Normung zu erarbei- gen Einflüssen, wie metallurgischen Unterschieden, geo
ten. Es wurde dabei eine detaillierte Datenbankstruktur metrischen Toleranzen, unterschiedlichen Bauteilmaßstä-
entwickelt, um die umfangreichen Ermüdungsversuchs- ben, Eigenspannungen, verschiedenen Schweißverfahren,
daten intelligent auswerten zu können. Die Datenbank- kleinen Schweißnahtunregelmäßigkeiten oder unterschied-
anwendung ermöglicht sowohl Such- und Auswahlfunk lichen Versagenskriterien, weisen entsprechende Ver-
tionen als auch eine benutzergesteuerte Auswertung der suchsdaten eine zufällige Streuung auf. Für die Herleitung
Versuchsdaten. Eine große Anzahl relevanter Einflüsse, eines charakteristischen Bemessungswerts muss diese
die die Ermüdungsfestigkeit mitbestimmen, wurde an- Streuung berücksichtigt werden. Es existieren zahlreiche
hand der beschafften Primärquellen identifiziert und als Ansätze für die statistische Auswertung von Ermüdungs-
zusätzliche Information in die Datenbank aufgenommen. versuchen [5–9].
1004 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Stahlbau 88 (2019), Heft 10
M. Feldmann, H. Bartsch, U. Kuhlmann, K. Drebenstedt, T. Ummenhofer, B. Seyfried: Evaluation of fatigue test data for the verification of detail categories according to EC3-1-9
Fachthemen
rücksichtigung der Stichprobengröße. Für den bauauf- log N = log a − m ⋅ log S (1)
sichtlich geregelten Bereich definiert Eurocode 0 [10] im
Anhang D Vorgaben für die statistische Auswertung von Der Parameter log a entspricht dem theoretischen
Versuchsdaten. Dabei wird für die Grundgesamtheit ge- Schnittpunkt der Zeitfestigkeitsgeraden mit der Abszissen-
nerell eine Streuung vorausgesetzt, die einer Normalver- achse und kann entsprechend Gl. (2) aus der Stichprobe
teilung oder einer logarithmischen Normalverteilung geschätzt werden.
folgt. Für eine Stichprobe mit unbekannter Standardab-
weichung wird eine t-Verteilung angenommen. Zur Her- log aˆ =
1
n
( )
⋅ ∑ log N i + m ⋅ ∑ log Si ,(2)
leitung eines charakteristischen Bemessungswerts nutzt
Eurocode 0 [10] ein Prognoseintervall [11]. wobei n die Anzahl der Versuche und der Index i die
Laufvariable des einzelnen Wöhlerversuchs beschreibt.
Für den vereinfachten Fall, dass die Neigung der Wöhler- Die Neigung m der Wöhlerlinie wird im Rahmen der hier
linie als bekannt vorausgesetzt werden kann und bei der vorgestellten Untersuchungen als bekannt vorausgesetzt.
statistischen Auswertung nicht aus der Stichprobe ge- Für geschweißte, kerbscharfe Konstruktionsdetails ist die
schätzt werden muss, kann das Vorgehen nach Eurocode Annahme m = 3 durch viele experimentelle Untersuchun-
0, Anhang D7 „Statistische Bestimmung einer einzelnen gen belegt [13].
Eigenschaft“ auch für die Auswertung von Ermüdungs-
versuchen genutzt werden. Die Standardabweichung der Stichprobe kann mit Gl. (3)
berechnet werden.
s= (3)
n −1
Die sogenannte Wöhlerkurve dient als Widerstandsmo-
dell vor allem für den Langzeitfestigkeitsbereich (Bild 1).
Hierbei wird im doppeltlogarithmischen Maßstab eine 2.3 Verteilungsfunktion & Prognoseintervall
lineare Beziehung zwischen der Spannungsschwing
breite S und der Anzahl der Schwingspiele bis zum Ver- Für die Herleitung der charakteristischen Ermüdungs
sagen N für den Zeitfestigkeitsbereich angenommen. festigkeit mit 95 % Überlebenswahrscheinlichkeit kann
Dieses Modell geht auf Basquin [12] zurück. Damit kann ein Prognoseintervall herangezogen werden. Die Berech-
der Zeitfestigkeitsbereich mithilfe von Gl. (1) definiert nung des charakteristischen Parameters log ak ist in
werden. Gl. (4) dargestellt:
Tab. 1 kn-Faktor für charakteristische Werte mit 95 % Überlebenswahrscheinlichkeit (Auszug aus Eurocode 0 [10])
kn factor for characteristic values with 95 % survival probability (extract from Eurocode 0 [10])
n 1 2 3 4 5 6 8 10 20 30 ∞
Vx bekannt 2,31 2,01 1,89 1,83 1,80 1,77 1,74 1,72 1,68 1,67 1,64
Vx unbekannt – – 3,37 2,63 2,33 2,18 2,00 1,92 1,76 1,73 1,64
Fachthemen
Bild 4 Normierte Streubänder in Abhängigkeit von der Streckgrenze für das Konstruktionsdetail Längssteife (Versuchsdaten bezogen auf 2 Mio. Schwingspiele)
Normalised scatter bands as a function of the yield stress for test data of longitudinal attachment (test data normalised to 2 million cycles)
Unterbrochene Längsnähte 7 38
Längsnähte in Hohlprofilen 1 7
Summe 65 875
EC 3-1-9 [1] vorgestellt. Tab. 2 enthält einen Überblick Um einen ersten Überblick über die Ermüdungsversuchs-
über alle bisher in der Datenbank enthaltenen Serien und daten hinsichtlich der Klassifizierung in Details zu erhal-
Versuche von Längsnähten, wie z. B. automatisch und ten, wurden die aussagekräftigsten Serien eines Details
manuell geschweißte Kehlnähte oder unterbrochene herangezogen. Hierzu wurden die folgenden Hauptkrite-
Längsnähte. rien angewandt:
5.1 Datenselektion
5.2 Auswertung von Ermüdungsversuchsdaten
Bei der Analyse der Ermüdungsversuchsserien zeigte sich
eine sehr unterschiedliche Datenqualität. Einige Quellen Im Folgenden wird ein erster Überblick über die Neu-
stellen Sekundärquellen dar und enthalten nur wenige auswertungen von Ermüdungsserien der Details 2, 3
detaillierte Informationen über die Geometrie oder den und 5 der Tabelle 8.2 [1] gegeben, die die klassischen
Probekörperwerkstoff, sodass zugehörige Primärquellen Längs nähte in verschiedenen Ausführungsformen dar-
herangezogen werden mussten, um die ermüdungsrele stellen (Tab. 3). Bei Detail 2 mit der Kerbfallklasse 125
vanten Eigenschaften der Versuchsserien zu extrahieren. handelt es sich um automatisch oder vollmechanisiert
Oftmals sind wesentliche Informationen, wie z. B. Schweiß- geschweißte Kehlnähte, die keine Ansatzstellen aufwei-
nahtdetails oder Versagenskriterien, auch in der Primär- sen dürfen bzw. deren Ansatzstellen „repariert“ wurden.
veröffentlichung unzureichend beschrieben. Darüber hin- Zu Detail 3 mit der Kerbfallklasse 112 gehören automa-
aus variieren die dokumentierten Versagenskriterien tisch oder vollmechanisiert geschweißte Doppelkehl
stark. Versuchsergebnisse wurden manchmal nur grafisch nähte oder beidseitig durchgeschweißte Nähte, die An-
in mäßiger Qualität dargestellt. Dies führt zu einer unge- satzstellen beinhalten. Handgeschweißte Kehl-, HV-
nauen Einordnung der Ergebnisse. Einige Versuchsserien oder Doppel-HV(DHV)-Nähte sind dem Detail 5 und
erscheinen in mehr als einer Quelle und wurden daher der Kerbfallklasse 100 zugehörig. Die Kerbfallklasse gibt
doppelt in die bisherige Versuchssammlung und Kerbfall- dabei den Bezugswert der Ermüdungsfestigkeit Dσc bei
klassifizierung [5] aufgenommen. Außerdem scheinen ei- Nc = 2 ⋅106 Zyklen an.
nige Serien der bestehenden Datensammlung in früheren
Auswertungen möglicherweise einem falschen Detail zu- Bei der Analyse der Daten wurde festgestellt, dass das
geordnet worden zu sein, was in einigen Fällen erst nach Vorhandensein von Schweißnahtansatzstellen nicht
der Recherche der Originalpublikationen festgestellt wer- immer dokumentiert wurde. Solange nicht explizit er-
den konnte. Darüber hinaus ist für mehrere Versuchsdaten- wähnt wird, dass Ansatzstellen bearbeitet bzw. nach den
reihen aufgrund fehlender wesentlicher Informationen die Anforderungen des EC3-1-9 [1] repariert oder entfernt
eindeutige Zuordnung zu einem Kerbdetail nicht möglich. wurden, wird davon ausgegangen, dass diese vorlagen.
Fachthemen
Tab. 3 Auszug aus der Kerbfalltabelle 8.2 [1]
Excerpt from the detail category table 8.2 [1]
Nach Selektion der Daten wurden drei Serien mit insge- der definierten inversen Steigung m = 3 durchgeführt.
samt 54 Versuchen zur Bewertung des Details 2 heran Darüber hinaus wurde der Referenzwert der Ermüdungs-
gezogen, die alle auf Untersuchungen von Fisher [18] ba- festigkeit Dσc bei Nc = 2 ⋅106 Lastzyklen mithilfe der über
sieren. Für die Auswertung der Daten zu Detail 3 dienen das Prognoseintervall berechneten Wöhlerlinie bestimmt
acht Serien mit insgesamt 184 Versuchen, die von Reem (Abschn. 2.3).
snyder [19], Olivier [20] und Minner [21] durchgeführt
wurden. Für das Detail 5 lassen sich vier aussagekräftige Bild 5b stellt beispielhaft die Kerbfallauswertung für das
Serien mit 39 Versuchen klassifizieren, die aus Unter Detail 2 der Tabelle 8.2 dar. Wie auch schon in Bild 5a
suchungen von Olivier [20, 22], Munse [23] und Ruge [24] erkennbar ist, liegen die Versuchsergebnisse der handge-
hervorgehen. Die berücksichtigten Versuchsserien bein- schweißten Nähte (Detail 5) unterhalb derjeniger mit
halten unterschiedliche Versagenskriterien, Bauteilmaß- automatisch geschweißten Nähten (Details 2, 3). Laut
stäbe, Schweißverfahren und weisen verschiedene metall- EC3-1-9 [1] weisen automatisch geschweißte Nähte ohne
urgische Unterschiede, geometrische Toleranzen, Eigen- Ansatzstellen eine höhere Ermüdungsfestigkeit als Nähte
spannungen oder Schweißnahtunregelmäßigkeiten auf, mit Ansatzstellen auf, dies bestätigen die Versuchsergeb-
was einerseits zu einer großen Streuung der Ergebnisse, nisse der aktuell in die Datenbank eingearbeiteten Quel-
andererseits aber auch zu einer größeren Repräsentation len jedoch nicht.
der Ergebnisse führt. Alle Versuchsergebnisse der drei
untersuchten Details sind in Bild 5a dargestellt. In Tab. 4 wird die Neubewertung der Kerbfallklassen der
Details 2, 3 und 5 zusammengefasst.
Zur Kerbfallableitung wurden alle Versuchsergebnisse
eines Details gemeinsam ausgewertet. Im ersten Schritt Zunächst wird erneut deutlich, dass die Schweißnaht
wurde eine lineare Regression (Abschn. 2.2) unter Ansatz ansatzstellen offenbar keinen so maßgeblichen Effekt auf
Bild 5 a) Darstellung der selektierten Versuchsergebnisse der Details 2, 3 und 5 [18–24], b) Kerbfallauswertung des Details 2
a) Illustration of the selected test results of detail 2, 3 and 5 [18–24], b) fatigue analysis of detail 2
3 54 127 125
8 184 130 125
4 39 119 112
Umfangreiche experimentelle Untersuchungen wurden Bisher wurden bereits zwei Versuchsserien an T-Stößen
u. a. am Konstruktionsdetail Gurtlamellenende durchge- mit Kehlnähten (Serie B) und HV-Nähten (Serie C) durch-
führt. Für dieses Konstruktionsdetail gibt es unterschiedli- geführt. Hierbei gehören die T-Stöße mit HV-Nähten und
che Ausführungsvarianten. Für die besonders aufwendige dem Versagen am Schweißnahtübergang laut EC3-1-9 [1]
und in Deutschland häufig genutzte Variante mit einem dem Kerbfall 80 (Detail 1 bzw. 2 der Tabelle 8.5) an.
verschliffenen Kerbübergang wurden Wöhlerlinien ermit- Dabei fordert der Kerbfallkatalog eine Nachweisführung
telt, die zu einer konkreten Kerbfalleinstufung in EC 3-1-9 mit korrigierten Nennspannungsschwingbreiten im Fall
[1] führen sollen. eines „verformbaren Anschlussblechs“ (Detail 2). Es sind
jedoch keine Kriterien für die Verformbarkeit des Blechs
Einige Details des EC 3-1-9 [1] erfordern umfangreiche angegeben. Daher werden zunächst Nennspannungen be-
numerische Berechnungen, die ein einfaches Nachweis- trachtet – der Einfluss von korrigierten Nennspannungen
verfahren erschweren. Ein Beispiel hierfür ist der T-Stoß wird zu einem späteren Zeitpunkt bewertet [2]. Für die
(Details 1–3 aus Tabelle 8.5 [1]), bei dem unter Umständen Kehlnähte ist theoretisch das Versagen der Schweißnaht-
mit korrigierten Nennspannungsschwingbreiten, die über wurzel maßgebend, was Detail 3 der Tabelle 8.5 mit Kerb-
Finite-Elemente-Untersuchungen ermittelt werden, ge- fall 36* entspricht [1]. Die Stöße wurden so dimensioniert,
rechnet werden muss. Noch aufwendiger wird das Nach- dass die vorgespannte Schraube nicht maßgebend wird,
weisverfahren, wenn der T-Stoß zusätzlich mit einer vor- sondern das Ermüdungsversagen in der Schweißnaht auf-
gespannten Schraubverbindung ausgeführt wird, wie bei tritt. Dabei wurden die Nähte per Metallaktivgasschweißen
Stirnplattenverbindungen, die bspw. für den Stoß von er- (MAG) gefertigt. Die Versuche wurden mit einem kon
Fachthemen
Bild 8 Unterschiedliche Versagensformen von T- und Kreuzstößen:
a) Nahtübergang, b) Wurzelversagen [1]
Different failure modes of T- and cross joints: a) weld toe, b) weld
root failure [1]
Fachthemen
numerisch nachgerechnet werden. Mithilfe von validier-
ten Modellen kann dann eine Parameterstudie durchge-
führt werden, um Schraubenkraft- und Schweißnahtspan-
nungsfunktionen für beliebige Geometrien von T-Stößen
bzw. Stirnplattenverbindungen herzuleiten.
Bild 11 Durch die vorhandenen Daten erfasster Parameterbereich (links) sowie zugehörige Abstufung der Kerbfälle nach Eurocode 3-1-9 (rechts)
Parameter range covered by the existing data (left) and the corresponding classification of detail categories according to Eurocode 3-1-9 (right)
8 Ausblick
Fachthemen
Bild 14 Längeneinfluss Längssteife
Length influence longitudinal attachment
enthalten. Auswertungen von experimentellen Daten gung und der Toleranzabweichungen. Fertigungstoleran-
zum Konstruktionsdetail Längssteife zeigen, dass der nor- zen spielen bei Rest- und Luftspalten bei T-Stößen und
mativ unterstellte Größeneinfluss tendenziell überschätzt Steifen eine große Rolle für die Ermüdungssicherheit
wird und so zu unwirtschaftlichen Bemessungen führen von geschweißten Konstruktionen (Bild 15). Schweiß-
kann. So sieht Eurocode 3-1-9 [1] in Abhängigkeit von der verbindungen können Fertigungsfehler, metallurgische
Länge der Längssteife eine Abstufung vom Kerbfall 80 bis Veränderungen des Grundwerkstoffs oder auch innere
zum Kerbfall 56 vor. Der Kerbfallkatalog des IIW [47] Unregelmäßigkeiten enthalten, die durch die vorhande-
berücksichtigt zusätzlich die Blechdicke. Dies führt im nen Kerbfälle teilweise abgedeckt sind. Ungänzen bei
Dickblechbereich zu noch tieferen Kerbfalleinstufungen. HV- oder DHV-Nähten an T- oder Kreuzstößen sind
In Bild 14 sind auf 2 Mio. Schwingspiele bezogene Streu- fehlende Durchschweißungen, deren Quergröße als
spannen der in der Datenbank enthaltenen Versuchs Restspalt bezeichnet wird. Moderne zerstörungsfreie
serien in Abhängigkeit von der Längssteifenlänge darge- Prüfverfahren erlauben heute, solche Ungänzen zu iden-
stellt. Es wird deutlich, dass die derzeitige Kerbfallabstu- tifizieren, was zu Diskussionen führt, da die aktuelle
fung den Verlauf der experimentellen Daten unzureichend Normung den Nachweis einer Durchschweißung bei
wiedergibt und gerade für große Steifen eine Verbesse- durch- oder gegengeschweißten Nähten fordert. Grund-
rung der Einstufung möglich erscheint. sätzlich wäre es nicht nur für statisch, sondern auch für
zyklisch beanspruchte Bauteile möglich, Schweißnähte
Die in Bild 14 dargestellten Versuchswerte wurden an mit gewissen Restspalten zu tolerieren. Entsprechende
Blechdicken von 4 bis 32 mm ermittelt. Weiterführende Untersuchungen wurden mithilfe von bruchmechani-
experimentelle Untersuchungen, um den wechselseitigen schen Methoden an der RWTH Aachen bereits durchge-
Einfluss von Längssteifenlänge und Blechdicken, insbe- führt [51]. Weiterführend soll zukünftig das Kerbspan-
sondere im für den Brückenbau relevanten Dickblech nungskonzept angewendet werden, um die Ermüdungs-
bereich, einschätzen zu können, fehlen jedoch derzeit. festigkeit von Schweißverbindungen mit Restspalten auf
wirtschaftliche Weise beurteilen zu können und schwie-
Abgesehen von den Größeneinflüssen besteht zudem ein rige Diskussionen sowie unnötige Nachbesserungen zu
Forschungsbedarf hinsichtlich der Einflüsse der Ferti- vermeiden.
Bild 15 Definition von Rest- bzw. Luftspalten bei Kreuzstößen und ausgesteiften Trägern
Definition of root or air gaps for cruciform joints and braced beams
Mit der gleichen Vorgehensweise kann ebenfalls die Er- tigen Forschungsaktivitäten erweitert werden, sodass bis-
müdungssicherheit von Steifen in Walzprofilen beurteilt her unzureichend belegte Kerbdetails analysiert werden
werden. Vollsteifen können aufgrund von Toleranzen in können und die Aussagekraft von aktuellen Neuauswer-
den Walzprofilabmessungen zu klein dimensioniert sein tungen noch gesteigert werden kann.
und dadurch kritische Luftspaltgrößen aufweisen. Diese
Spalte führen zu Spannungskonzentrationen im Bereich
der Schweißnähte, welche ebenfalls mit lokalen Ermü- Dank
dungskonzepten bewertet werden können.
Die vorgestellten Untersuchungen wurden im Rahmen
Als weiterer Ausblick hinsichtlich Forschungsthemen ist des Forschungsprojekts „Neubewertung und Erweiterung
zu erwähnen, dass, wie bereits anhand der Simulationen des Kerbfallkatalogs nach Eurocode 3“ durchgeführt [2].
der Versuche am T-Stoß zu erkennen ist, die Bestimmung Das IGF-Vorhaben des Deutschen Ausschusses für Stahl-
von Ermüdungsfestigkeiten mithilfe des Kerbspannungs- bau in Zusammenarbeit mit der Forschungsvereinigung
konzepts zu differenzierten Ergebnissen führt. Auf Basis für Stahlanwendung FOSTA wurde über die AiF im
der Datenbank können derartige Untersuchungen zu- Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen
künftig auch auf andere Details angewendet werden, um Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium
Ermüdungsfestigkeitsnachweise wirtschaftlicher zu ge- für Wirtschaft und Energie gefördert. Hierfür bedanken
stalten. Dabei sind die Grenzen des Kerbspannungs sich die Forschungsstellen. Ein großer Dank gilt außer-
konzepts, z. B. die eingeschränkte Anwendung bei Details dem der AG der Dillinger Hüttenwerke, der Peiner
mit hohen Eigenspannungen oder kleinem Spannungs- Träger GmbH, der Feyler Industriebau GmbH, der August
gradient, zu beachten. Friedberg GmbH, der Donges SteelTec GmbH, der
Zwickauer Sonderstahlbau GmbH sowie der Firmen-
Auf Basis der oben genannten Aspekte sollen die bisheri- gruppe Max Bögl für die Bereitstellung von Material und
gen Erkenntnisse durch eine Kombination von gezielten die Fertigung der Probekörper.
Versuchen und numerischen Untersuchungen in zukünf-
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