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4.

2 Studie 2 127

4.2 Studie 2

Folgender Abschnitt beinhaltet die Beschreibung der in Studie 2 verwendeten


empirischen Methode und die Darstellung der Durchführung von Erhebungen
und Auswertungen mit Stichprobenbeschreibung und den verwendeten Skalen
und Items. Am Ende stehen die Ergebnisse der Überprüfung der klassischen
Gütekriterien, eines Experten-Novizen-Vergleichs zwischen Schulmusikstudie-
renden und Musiklehrern sowie des in einem Strukturgleichungsmodell über-
prüften Stressbewältigungsmodells.

4.2.1 Empirische Methode

t- Test
Der in der vorliegenden Arbeit angestellte Experten-Novizen-Vergleich in Studie
2 wurde mit einem t-Test berechnet. Ein t-Test wird in Einstichproben-t-Test für
abhängige Stichproben und Zweistichproben-t-Test für unabhängige Stichproben
unterschieden. Abhängige Stichproben kommen bei Messwiederholungen bei ein
und derselben Stichprobe vor (z.B. bei Personen vor und nach der Gabe eines
Medikaments). Unabhängige Stichproben sind zwei verschiedene Stichproben
(z.B. Männer und Frauen). Das Vorgehen bei einem t-Test ist für abhängige und
unabhängige Stichproben identisch. Ein t-Test für unabhängige Stichproben lässt
sich dann anwenden, wenn die Mittelwerte von zwei unterschiedlichen Stichpro-
ben miteinander verglichen und die Unterschiede auf Signifikanz getestet werden
sollen. Da bei einem t-Test für unabhängige Stichproben aber davon ausgegan-
gen wird, dass zwischen den Stichproben keine Kovarianz besteht, ändert sich
die Berechnung der Teststatistik (Bortz, 2010, S. 120). Im einfachsten Fall be-
rechnet ein t-Test die Mittelwertsunterschiede von zwei unterschiedlichen Stich-
proben, bspw. zwischen Männern und Frauen. Häufig dienen diese Tests auch
der Feststellung von Mittelwertsunterschieden zwischen zwei Experimental-
gruppen oder einer Experimental- und einer Kontrollgruppe.
Folgende drei Voraussetzungen (Rasch, Friese, Hofmann & Naumann,
2010, S. 59) sollten für die Verwendung eines t-Tests gegeben sein:
Das untersuchte Merkmal ist intervallskaliert.
Es ist in der Population normalverteilt.
Die Populationsvarianzen sind gleich (Varianzhomogenität).

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128 4 Methoden und Ergebnisse

In der Forschungsliteratur wird darauf hingewiesen, dass der t-Test jedoch auch
bei einer Verletzung dieser Voraussetzungen robust reagiert und zuverlässige
Informationen liefert (Bortz, 2010, S. 122). In diesem Fall ist darauf zu achten,
dass die Stichproben der zu vergleichenden Gruppen annähernd gleich groß und
nicht zu klein sind (n1 = n2 > 30). Falls die Stichproben jedoch kleiner oder
deutlich unterschiedlich groß sind, dann kann das Ergebnis bei Verletzung der
Voraussetzungen nicht interpretiert werden. In diesem Fall bieten sich parame-
terfreie Prüfverfahren an (ebd., S. 130 ff.). Sind die Varianzen nicht homogen,
wird der Welch-Test gerechnet und interpretiert.

4.2.2 Durchführung der Erhebungen und Auswertungen

Stichprobe und Erhebung

In Studie 2 wurde ein Experten-Novizen-Vergleich bei Musiklehrern (N=138)


und Schulmusikstudierenden (N=138) zur Feststellung möglicher Unterschiede
in ihrer Motivation musikpädagogischen Handelns und Burnout durchgeführt.
Dabei wurde eine Zufallsstichprobe der in Studie 1 verwendeten Stichprobe der
Schulmusikstudierenden66 mit einer Stichprobe von Musiklehrern aus Deutsch-
land verglichen. Zusätzlich war zu überprüfen, ob die Ergebnisse von Studie 167
auch für Musiklehrer zu interpretieren sind. Die Fragebögen der Musiklehrer
füllten die Musiklehrer auf dem Bundestreffen für Schulmusik in Weimar 2012
sowie im Zeitraum von November 2012 bis April 2013 vor Ort in Fortbildungen
und auf Fachbereichskonferenzen aus. Analog zu Studie 1 fand wieder aufgrund
der Gefahr von Selbstselektion bewusst keine Online-Erhebung statt. Die Ergeb-
nisse könnten dabei verzerrt sein, da Online-Studien vermehrt von höher moti-
vierten Teilnehmern bearbeitet werden. Es konnten 138 vollständig ausgefüllte
Fragebögen von insgesamt 161 verwendet werden. Die teilnehmenden Musikleh-
rer waren zwischen 26 und 65 Jahren alt (im Mittel 46 Jahre). Die Stichprobe
setzt sich zu 74% aus Lehrerinnen (N=102) und zu 26% aus Lehrern (N=36)
zusammen. Das Geschlechterverhältnis ist, wie auch in Studie 1, typisch für
Lehrer in der Bunderepublik Deutschland (Klika, 2007). Die meisten Befragten

66
vgl. Kap. 4.1.3
67
vgl. Kap. 4.1.4

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unterrichteten an Schulen in Berlin (N=63). Im Mittel unterrichteten sie seit 20


Jahren (Mittelwert = 19,67).
Skalen und Items
Für den Experten-Novizen-Vergleich wurden mit dem Fragebogen der Musik-
lehrer68 neben den demographischen Daten (Alter, Geschlecht, Dienstjahre)
folgende Skalen erhoben:
Motivation musikpädagogischen Handelns (Motivation im Musikunterricht
– Lehrer, MMI-L)69
Maslach Burnout Inventar – Educators Survey (MBI-ES) in der deutschen
Fassung (MBI-D) nach Barth (1985)
Beim MBI-ES (Maslach, Jackson & Leiter, 1996) handelt es sich um die dritte,
speziell für Lehrpersonen entwickelte, Version des MBI. Der Begriff Pati-
ent/Klient ist dabei durch den Begriff Schüler ersetzt worden. Von Barth (1985)
existiert eine deutsche Übersetzung der Skala (MBI-D). Das MBI-D setzt sich
aus drei Skalen mit insgesamt 22 Items zusammen: Emotionale Erschöpfung
(Emotional Exhausting, EE), 9 Items; Depersonalisierung (DP), 5 Items; Redu-
zierte persönliche Leistungsfähigkeit (Personal Accomplishment, PA), 8 Items.
Die Items Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit (Personal Accomplishment,
PA) müssen umkodiert werden. Die ursprüngliche 7-stufige Likertskala wurde
analog zum MBI-ES (Jackson & Schwab, 1996) aufgrund der Berichte bei Stu-
dien mit dem MBI-ES (Schmitz & Schwarzer, 2000) in eine 4-er-
Antwortabstufung umgewandelt, da sich die Versuchspersonen über zu viele
Antwortabstufungen beklagten.

Tabelle 13: Beispielitems MBI-D

Teilskala Beispielitems Itemnr.


EE Ich fühle mich von meiner Arbeit emotional ausgelaugt. 1
DP Ich fühle, dass ich manche Schüler so behandle, als ob 11
sie unpersönliche Objekte wären.
PA Ich habe viele wertvolle Dinge in diesem Beruf geleistet. 22

68
vgl. Anhang
69
vgl. Kap. 4.1.3

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Überprüfung der klassischen Gütekriterien

Eine Kriterienkontrolle der verwendeten Fragebögen70 diente der Überprüfung


von Objektivität, Reliabilität und Validität71.
Berechnung eines t-Tests
Ein erstes Ziel von Studie 2 ist die Beantwortung der Frage, ob und inwiefern
sich Schulmusikstudierende und Musiklehrer in ihrer Motivation und Burnout
unterscheiden. Um diese Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (Studenten
und Lehrer) zu untersuchen, wurden mit Hilfe eines t-Tests folgende Hypothesen
geprüft:
H1: Musiklehrer unterscheiden sich in ihrer Motivation musikpädagogischen
Handelns von Schulmusikstudierenden.
H2: Musiklehrer unterscheiden sich in ihren Burnout-Werten von Schulmusik-
studierenden.

Einem Datencheck auf missing data und dirty data folgte die Bildung von Sum-
menwerten für die Motivation musikpädagogischen Handelns und Burnout. Fol-
gende Voraussetzungen zur Berechnung von t-Tests wurden überprüft: Inter-
vallskalierung der Merkmale, Normalverteilung der Population (Kurtosis und
Schiefe; Histogramm mit überlagerter Normalverteilungskurve) und Varianzho-
mogenität (Levene-Test). Sind die zu vergleichenden Gruppen nicht zu klein und
gleich groß, dann reagiert der t-Test robust gegenüber der Verletzung der Vo-
raussetzungen (Rasch, 2010, S. 59). Die Stichprobe der Studierenden wurde
darauf per Zufallsziehung verkleinert, sodass beide Stichproben für die Berech-
nung des t-Tests gleich groß waren (jeweils N=138).

Berechnung eines linearen Strukturgleichungsmodells

In einem linearen Strukturgleichungsmodell72 fand eine Überprüfung statt, ob


sich das Ergebnis aus Studie 1 in fokussierter Form auch auf die Stichprobe der
Musiklehrer übertragen lässt. Dabei wurde der angenommene Einfluss der Moti-
vation musikpädagogischen Handelns auf Burnout von Musiklehrern (N=138)
mit Hilfe des Programms AMOS (Analysis of Moment Structures) überprüft.

70
vgl. Anhang
71
vgl. Kap. 4.1.1
72
Zur Begründung der Verwendung von Strukturgleichungsmodellierung vgl. Kap. 4.1.1

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4.2 Studie 2 131

Motivation

-
Burnout

Abbildung 10: Hypothesen Strukturgleichungsmodell Studie 2

4.2.3 Ergebnisse

Folgendes Kapitel stellt die Ergebnisse von Studie 2 dar. Dazu gehören die Er-
gebnisse der Überprüfung der klassischen Gütekriterien, eines Experten-
Novizen-Vergleichs zwischen Schulmusikstudierenden und Musiklehrern sowie
des in einem Strukturgleichungsmodell überprüften Stressbewältigungsmodells.

4.2.3.1 Überprüfung der klassischen Gütekriterien

Die Daten der Schulmusikstudierenden (N=138) wurden aus der Stichprobe von
Studie 1 verwendet. Der Fragebogen wurde somit schon in Studie 1 auf die klas-
sischen Gütekriterien hin überprüft und als reliabel und valide befunden.73 Für
den Experten-Novizen-Vergleich in Studie 2 wurde ein weiterer Fragebogen für
Musiklehrer (N=138) erstellt und verwendet.74 Dieser enthielt neben den Skalen
der Motivation musikpädagogischen Handelns (MMI-L) und Selbstregulation75
eine Skala zur Messung von Burnout bei Lehrpersonen (MBI-D), welche anhand
der Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität76 überprüft wur-
den.
Eine detaillierte Dokumentation, die Standardisierung der Durchführung
des Fragebogens und eine präzise Testinstruktion ermöglichte ein hohes Maß an
Objektivität. Mit Hilfe von Cronbachs Alpha wurde die Reliabilität der verwen-
deten Skalen geprüft. Die Reliabilitätsprüfung bestätigt auch in der Stichprobe
der Lehrer für die Skala MMI-L eine gute bis exzellente Reliabilität mit Cron-
bachs Alpha von .85 bis .93, eine gute Reliabilität für Selbstregulation von .85

73
vgl. Kap. 4.1.4
74
vgl. Anhang
75
Schwarzer, 1999
76
vgl. Kap. 4.1.1

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132 4 Methoden und Ergebnisse

und eine exzellente Reliabilität von .92 für Burnout bei Lehrpersonen (MBI-
D)77. Die Gesamtmotivation, operationalisiert als Summenwert der einzelnen
Konstrukte, ergab ein Cronbachs Alpha von .95.

Tabelle 14: Reliabilitätswerte Studie 2 Stichprobe Lehrer (N=138)


α
Skala Items
N=138
Selbstwirksamkeit 8 .91
Kontrollüberzeugung 8 .93
Externale Handlungshemmung 8 .88
Zielorientierung 8 .85
78
Selbstregulation 10 .92
Burnout bei Lehrpersonen 15 .84

4.2.3.2 Experten-Novizen-Vergleich: Motivation und Burnout

?
Unterscheiden sich Schulmusikstudierende und Musiklehrer in ihrer Motivation
musikpädagogischen Handelns und Burnout?

Ein erstes Ziel von Studie 2 ist die Beantwortung der Frage, ob und inwiefern
sich Schulmusikstudierende (Novizen) und Musiklehrer (Experten) in ihrer Mo-
tivation und Burnout unterscheiden. Um diese Unterschiede zwischen den beiden
Gruppen (Studenten und Lehrer) zu untersuchen, wurden zwei t-Tests mit den
Summenwerten der Motivation musikpädagogischen Handelns und Burnout bei
Lehrpersonen durchgeführt. Die zwei Unterschiedshypothesen konnten ange-
nommen werden.

Ergebnis 3a
Musiklehrer unterscheiden sich in ihrer Motivation musikpädagogischen Han-
delns von Schulmusikstudierenden. Musiklehrer unterscheiden sich in ihren
Burnout-Werten von Schulmusikstudierenden.

77
Barth, 1985
78
Schwarzer, 1999
79
Barth, 1985

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Ein Mittelwertvergleich bestätigt die theoretischen Annahmen des Modells zur


Überwindung von Handlungshindernissen und die Befunde der allgemeinen
Burnoutforschung.80 Demnach bedingt Expertise eine höhere Motivation. Jedoch
sind Personen mit zunehmender Berufserfahrung auch gefährdeter, höheren
Stress zu erleben und können höhere Burnout-Werte aufweisen. Musiklehrer
zeigten höhere Werte als Schulmusikstudierende in ihrer Motivation musikpäda-
gogischen Handelns und Burnout.

Tabelle 15: Mittelwerte und Standardabweichungen t-Tests Studie 2


Schulmusik-
Musiklehrer
studierende
M SD M SD T df Sig. d
Motivation 182,96 19,34 195,86 20,88 5,38 273,60 ,000 0,64
Burnout 28,50 7,37 40,05 10,15 10,85 245,31 ,000 1,29

Abbildung 11: Mittelwertvergleich von Schulmusikstudierenden (N=138) und Musik-


lehrern (N=138)

Ergebnis 3b
Musiklehrer weisen höhere Werte in ihrer Motivation musikpädagogischen
Handelns als Schulmusikstudierende auf.
Musiklehrer weisen höhere Burnout-Werte als Schulmusikstudierende auf.

80
vgl. Kap. 3.1.2

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134 4 Methoden und Ergebnisse

4.2.3.3 Stressbewältigungsmodell (SGM)

?
Beeinflusst die Motivation musikpädagogischen Handelns die Stressbewälti-
gung von Musiklehrern?

In einem linearen Strukturgleichungsmodell wurde der angenommene Einfluss


der Motivation musikpädagogischen Handelns auf Burnout von Musiklehrern
(N=138) mit Hilfe des Programms AMOS (Analysis of Moment Structures)
überprüft. Die theoretisch fundierte Hypothese, dass eine hohe Motivation mu-
sikpädagogischen Handelns eine Abnahme von Burnout bedingt81, konnte damit
auch in der Stichprobe der Musiklehrer mit einem guten Model Fit82 (IFI=0,928;
CFI=0,927; SRMR=0,102) bestätigt werden (nomologische Validität).

Abbildung 12: Strukturgleichungsmodell Studie 2 (Musiklehrer, N=138)

Ergebnis 4
Die Motivation musikpädagogischen Handelns hat einen positiven Einfluss auf
die Stressbewältigung von Musiklehrern.

81
vgl. Studie 1, Kap. 4.1.3
82
Gütekriterien bei einer Stichprobengröße ≤ 250 nach Weiber & Mühlhaus, 2010, S. 178

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