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Motivation in Schule und


Hochschule
J. Stiensmeier-Pelster, N. Otterpohl

18.1 Worum es geht: Motivation als Erklärung für


Leistungsdifferenzen – 570

18.2 Das Erwartungs-Wert-Modell leistungsbezogenen Verhaltens von


Eccles und Wigfield – 571

18.3 Leistungsbezogenes Verhalten als Folge von Erwartung und


Wert – 573

18.4 Determinanten von Erwartung und Wert – 575


18.4.1 Determinanten der Erfolgserwartung – 575
18.4.2 Determinanten des Aufgabenwerts – 577

18.5 Bedeutung des Umfelds für Ziele und Selbstbild – 579

18.6 Das zyklische Phasenmodell des selbstregulierten Lernens von


Zimmerman – 583

18.7 Von der Lernregulation zur Selbstwertregulation: Ausstieg aus dem


Lernprozess – 586

18.8 Strategien zur Selbstregulation: Emotions- und


­Motivationsregulation – 587

Literatur – 589

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018


J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.), Motivation und Handeln, Springer-Lehrbuch,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53927-9_18
570 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

Zusammenfassung Hattie (2009) zeigen, dass verschiedene motivationale Variablen


Im Kapitel „Motivation in Schule und Hochschule“ wird gezeigt, einen mittelgroßen Einfluss auf die Leistung ausüben: Motivation (d
dass motivationale Variablen das Lernverhalten von Schülern =.48), Konzentration, Ausdauer und Engagement (d =.48), Selbst-
und Studierenden und in der Folge deren Lernleistung ganz konzept (d =.47), Abwesenheit von Angst (d =.40).
wesentlich beeinflussen. Dabei ist dieser Einfluss sowohl vor der Neben den Analysen von Hattie konnte seit vielen Jahrzehn-
Initiierung als auch im Lernprozess selbst gegeben. Die beiden ten in vielfältigen eindrucksvollen Laborexperimenten wie auch
wichtigsten proximalen Determinanten des Lernverhaltens sind in Feldstudien immer wieder gezeigt werden, dass Motivation
(Erfolgs-)Erwartung und (Aufgaben-)Wert. Diese sind abhängig Lernverhalten, Lernerfolg und Leistung wesentlich beeinflusst.
von Überzeugungen, die Lernende in Bezug auf ihr Fähigkeits- Beispielsweise konnten Analysen, die auf dem seit den 1980er
selbstkonzept, ihren Selbstwert und ihre Ziele haben, sowie von Jahren und insbesondere auch aktuell breit diskutierten Erwar-
früheren leistungsbezogenen Erfahrungen bzw. deren kausaler tungs-Wert-Modell von Eccles und Wigfield (2002) aufbauen,
Erklärung und begleitenden Affekten. Als distale Determinanten zeigen, dass die mathematische Kompetenz von Schülerinnen
spielen die Verhaltensweisen von Sozialisationspersonen und das und Schülern gemessen in PISA (Baumert, Stanat & Demmrich,
kulturelle Milieu eine wichtige Rolle. Es werden mögliche päda- 2001) signifikant vorhergesagt werden kann über das mathema-
gogische Anwendungen beschrieben, deren Beachtung Lehren- tische Fähigkeitsselbstkonzept, mathematikspezifische wie auch
den hilft, ihr (Unterrichts-)Verhalten so zu regulieren, dass es sich globale Selbstwirksamkeitserwartungen und mathematikspezi-
positiv auf Lernverhalten und Lernerfolg der Lernenden auswirkt. fische Interessen (Kriegbaum & Spinath, 2016). In laborexperi-
mentellen Studien konnten wir selbst zeigen, dass die motiva-
tionale Orientierung (Dweck & Leggett, 1988), ein ebenfalls seit
18.1 Worum es geht: Motivation als Erklärung vielen Jahren breit diskutiertes Konstrukt, Lernverhalten und Leis-
für Leistungsdifferenzen tung beeinflusst. So erschwerte Leistungszielorientierung in Ver-
bindung mit einem niedrigen Fähigkeitsselbstkonzept (Schöne,
Menschen, die eine Aufgabe bearbeiten, erledigen diese unter- Dickhäuser, Spinath & Stiensmeier-Pelster, 2012) das Lernen einer
schiedlich schnell und in unterschiedlicher Qualität. Ebenso neuen Aufgabe, während Leistungszielorientierung in Verbindung
verhält es sich beim Lernen. Sollen Menschen einen neuen Sach- mit einem hohen Fähigkeitsselbstkonzept oder Lernzielorientie-
verhalt lernen oder sollen sie eine neue Kompetenz aufbauen, so rung unabhängig vom Fähigkeitsselbstkonzept das Lernen för-
vollzieht sich dieser Prozess in unterschiedlicher Geschwindig- derte (Stiensmeier-Pelster, Balke & Schlangen, 1996; Spinath &
keit und das erzielte Lernergebnis bzw. die erworbene Kompe- Stiensmeier-Pelster, 2003).
tenz ist von unterschiedlicher Qualität. Lehrende und Lernende Motivationale Variablen beeinflussen Lernverhalten, Lern-
in der Schule wie auch in der Hochschule kennen diesen Umstand erfolg und Leistung aber nicht nur in Bezug auf Aufgaben, wie
aus eigener Erfahrung. Sie alle wissen: Schreiben Schülerinnen sie in Schule und Studium üblich sind. Vielmehr gibt es ernst zu
und Schüler bzw. Studierende eine Klausur, so zeigen sich gra- nehmende Hinweise darauf, dass motivationale Variablen auch die
vierende Unterschiede in Bezug auf die Qualität und Quantität Leistung in Intelligenztests beeinflussen und darüber hinaus sogar
der erbrachten Leistung. Verantwortlich für diese Unterschiede die Entwicklung von Intelligenz. Beispielsweise konnten Eckert,
in den Leistungen oder in den Lernerfolgen sind – wie kürzlich Schilling & Stiensmeier-Pelster (2006) zeigen, dass Studierende
die Analysen von Hattie (2009) gezeigt haben – vielfältige Fakto- mit einem niedrigen Fähigkeitsselbstkonzept bei der Bearbeitung
ren. Natürlich sind hier zunächst unterschiedliche intellektuelle von Aufgaben aus einem handelsüblichen Intelligenztest deut-
Voraussetzungen der Lernenden zu nennen. So übt das voraus- lich schlechter abschnitten als Studierende mit hohem Fähig-
gehende Leistungsniveau der Lernenden einen bedeutsamen Ein- keitsselbstkonzept, wenn während der Bearbeitung der Aufga-
fluss auf den Lernerfolg aus (Effektstärke gemäß Cohen, 1988: ben Schwierigkeiten auftraten. Konnten dagegen die Aufgaben
d =.65; was einem mittleren bis großen Effekt entspricht). Leistungs- ohne Schwierigkeiten bearbeitet werden, so traten keine Leis-
18 unterschiede werden weiterhin durch Unterschiede im Elternhaus tungsdefizite bei Personen mit niedrigem Fähigkeitsselbstkon-
(häusliches Anregungsniveau: d = .57, sozioökonomischer Status: zept auf (7 Studie „Motivation beeinflusst Intelligenztestleistung
d = .57), durch Unterschiede in der Qualität der Lehrenden (d =.44) und Intelligenzentwicklung“). Weiter konnten Bergold und Stein-
oder Unterschiede in der Qualität bzw. der Ausstattung der Schulen, mayr (2016) zeigen, dass sich die Intelligenz von Kindern in der
die besucht werden (d =.43 für Schulgröße), verursacht. Neben all Grundschule umso schlechter entwickelte, je stärker bei ihnen das
diesen Faktoren sind Unterschiede in den Leistungen und den Meidenmotiv (Furcht vor Misserfolg, vgl. Atkinson, 1957) ausge-
Lernerfolgen ganz wesentlich durch Unterschiede in den motiva- prägt war (7 Studie „Motivation beeinflusst Intelligenztestleistung
tionalen Voraussetzungen der Lernenden determiniert. So konnte und Intelligenzentwicklung“).

Studie

Motivation beeinflusst Intelligenztestleistung und Intelligenzentwicklung


Eckert, Schilling & Stiensmeier-Pelster Zusammenhang baten sie Studierende, an des Intelligenz-Struktur-Test 2000 (IST2000;
(2006) untersuchten den Einfluss des einem Test zur Messung der mathematischen Amthauer, Brocke, Liepmann & Beauducel,
Fähigkeitsselbstkonzepts auf die Leistung Intelligenz teilzunehmen und Aufgaben 2001) zu bearbeiten. Ohne Wissen der
in einem Intelligenztest. In diesem aus dem Untertest Zahlreihenaufgaben Studierenden wurde die Testung unter zwei
18.2 · Das Erwartungs-Wert-Modell leistungsbezogenen Verhaltens
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Bedingungen vorgenommen. Die Hälfte Es zeigte sich, dass das Fähigkeitsselbstkonzept erhoben) wurden zu zwei Messzeitpunkten
der Studierenden bekam Originalaufgaben die Leistungen der nachfolgenden Aufgaben erfasst: Zum ersten Mal zum Ende des ersten
aus dem IST2000. Da die ersten Aufgaben stark beeinflusste, wenn über die Manipulation Schuljahrs und ein zweites Mal neun Monate
des Tests recht einfach sind und von der dritten und vierten Aufgabe die Furcht vor später zu Beginn des zweiten Halbjahrs
Studierenden in der Regel zügig und korrekt Misserfolg induziert worden war im zweiten Schuljahr. Es zeigte sich, dass
gelöst werden, war anzunehmen, dass zu (. Abb. 18.1). Personen mit niedrigem über den Zeitraum von neun Monaten die
Beginn der Testung für diese Studierenden Fähigkeitsselbstkonzept lösten in diesem Fall durchschnittliche Intelligenzentwicklung
die Hoffnung entsteht, im Test erfolgreich signifikant weniger Intelligenztestaufgaben als der Kinder ziemlich genau der zu
abzuschneiden, also Hoffnung auf Erfolg im Personen mit hohem Fähigkeitsselbstkonzept. erwartenden Entwicklung entsprach. Im
Sinne der Leistungsmotivationstheorie von Wurden dagegen zu Beginn die Durchschnitt gewannen die Grundschüler
Atkinson (1957) erzeugt wird. In der zweiten Originalaufgaben bearbeitet und damit eher ca. sechs IQ-Punkte hinzu. Interessant in
Testbedingung (Furcht vor Misserfolg) Hoffnung auf Erfolg induziert, so zeigte sich Bezug auf den Einfluss von Motivation auf
bekamen die übrigen Studierenden auf den kein Leistungsunterschied in Abhängigkeit Intelligenzentwicklung war, dass sich diese
ersten Blick die gleichen Aufgaben. Für sie des Fähigkeitsselbstkonzepts. Offensichtlich positive Intelligenzentwicklung nicht bei
waren jedoch die Aufgaben drei und vier beeinflussten also Motivationsvariablen, allen Kindern gleichermaßen zeigte. Je
dergestalt manipuliert, dass diese Aufgaben nämlich Fähigkeitsselbstkonzept und Furcht stärker nämlich die Kinder zu Beginn der
nicht lösbar waren, wobei dieser Umstand vor Misserfolg, die Leistung in diesem Untersuchung Furcht vor Misserfolg zeigten,
den Studierenden nicht bekannt war. Für Intelligenztest. umso geringer fiel bei ihnen der Anstieg der
die Studierenden dieser Testbedingung Motivation beeinflusst nicht nur die Intelligenz aus. Hohe Furcht vor Misserfolg
wurde somit durch das erfolglose Bearbeiten Leistung in einem Intelligenztest zu einem behinderte also die Intelligenzentwicklung.
der dritten und vierten Aufgabe Furcht vor gegebenen Zeitpunkt, sondern sogar die Weitere Analysen zeigten, dass dies
Misserfolg im Sinne Atkinsons angeregt, weil Intelligenzentwicklung, wie Ergebnisse von insbesondere für diejenigen Schüler galt,
bei ihnen die Erwartung nahe lag, dass der Bergold und Steinmayr (2016) nahelegen. die in der unteren Hälfte der vorgefundenen
Intelligenztest für sie möglicherweise mit einem Bergold und Steinmayr (2016) untersuchten Intelligenzverteilung lagen. Es werden
Misserfolg enden würde. Vor dem Test hatten die Entwicklung von Leistungsmotivation somit gerade die weniger intelligenten
alle Studierenden einen Fragebogen zum und Intelligenz bei Grundschülern. Erstklässler durch eine große Furcht vor
Fähigkeitsselbstkonzept bearbeitet. Anhand Leistungsmotivation (Hoffnung auf Erfolg Misserfolg in ihrer Intelligenzentwicklung
ihrer Kennwerte in diesem Fragebogen wurden vs. Furcht vor Misserfolg; erhoben mittels gehemmt. Keinen signifikanten Einfluss auf
die Studierenden in die Gruppe „Hohes“ versus Fragebogen, welcher vorgelesen wurde) die Intelligenzentwicklung hatte dagegen
„Niedriges“ Fähigkeitsselbstkonzept eingeteilt. sowie Intelligenz (mit dem CFT1 von Cattell Hoffnung auf Erfolg.

18.2 Das Erwartungs-Wert-Modell Verhaltens (s. auch 7 Abschn. 6.4.4 und 7 Abschn. 16.6.2). Der
leistungsbezogenen Verhaltensvon Eccles Vorteil dieses Modells besteht unseres Erachtens darin, dass es
und Wigfield einen Rahmen bildet, in dem die wesentlichen unter einer päd-
agogisch-psychologischen Perspektive relevanten motivations-
Wie bereits einleitend angedeutet, ist das von Eccles und Wig- theoretischen Variablen eingebettet werden können. . Abb. 18.2
field vorgestellte Erwartungs-Wert-Modell der Leistungsmo- gibt einen Überblick über dieses Modell, ähnlich wie es bei Wig-
tivation („model of achievement related choice“; Eccles, 1984; field, Tonks & Klauda (2016) beschrieben ist. Wir werden die in
Wigfield & Eccles, 2000; Wigfield, Tonks & Klauda, 2016) seit diesem Modell aufgenommenen Variablen und deren angenom-
über drei Dekaden einer der populärsten und am intensivs- mene kausale Beziehungen zunächst kurz umreißen, bevor wir
ten diskutierten Ansätze zur Erklärung leistungsbezogenen in späteren Abschnitten dieses Kapitels diese sowie einige weitere
im pädagogisch-psychologischen Kontext wichtige Variablen
10
und deren Zusammenspiel im Detail diskutieren. Anschließend
9 werden wir auf die Bedeutung des selbstregulierten Lernens in
7,6
8
6,6
Schule und Hochschule eingehen. Da dieses wichtige Paradigma
7 6,1
6
Aufgabe 3 und 4 an vielen Stellen im Modell von Eccles und Wigfield relevant ist,
Leistung*

unlösbar
5 dort aber nicht explizit thematisiert wird, werden wir hier das zyk-
3,9 Aufgabe 3 und 4
4 lische Phasenmodell des selbstregulierten Lernens von Zimmer-
3 lösbar
man (2000) heranziehen, welches ebenfalls sehr bekannt ist und
2
1 der Untersuchung von Selbstregulationsprozessen sehr häufig
0 zugrunde liegt (7 Abschn. 18.5).
hoch niedrig Im Modell leistungsbezogenen Wahlverhaltens von Eccles
Fähigkeitsselbstkonzept und Wigfield sind (Erfolgs-)Erwartungen und (Aufgaben-)Wert
(. Abb. 18.2, rechts außen), also die beiden Konstrukte, die die Leis-
. Abb. 18.1 Einfluss des Fähigkeitsselbstkonzepts auf die Leistung tungsmotivationsforschung von Beginn an (Lewin, 1938; Atkin-
in einem Intelligenztest. *Leistung = gelöste Zahlenreihenaufgaben
aus dem IST-2000 im Zustand von Furcht vor Misserfolg (Aufgabe 3
son, 1957) über viele Jahrzehnte dominiert haben (vgl. 7 Kap. 5
und 4 unlösbar) sowie Hoffnung auf Erfolg (Aufgabe 3 und 4 lösbar) in und 7 Kap. 6), die beiden proximalen Determinanten leistungs-
Abhängigkeit des Fähigkeitsselbstkonzepts bezogenen Verhaltens. Erwartung und Wert bestimmen, welche
572 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

Aufgabe man auswählt (Aufgabenwahl), die Ausdauer (Persistenz), den Aufgabenwert nicht nur direkt, sondern auch indirekt ver-
die man auch bei Auftreten von Schwierigkeiten oder Misserfolgen mittelt über das Selbstbild und die verfolgten Ziele beeinflussen.
zeigt, das Ausmaß an Anstrengung, welches man aufzuwenden Die soeben genannten Überzeugungen wie auch die affekti-
bereit ist (Bearbeitungsintensität), und die Latenzzeit, also die Zeit, ven Erinnerungen wiederum sind abhängig davon, welche leis-
die verstreicht, bis man eine gewählte Aufgabe beginnt. Vermit- tungsbezogenen Ereignisse man in der Vergangenheit erlebt hat
telt über diese Verhaltensparameter beeinflussen Erwartung und und wie man diese interpretiert – insbesondere davon, welche
Wert die Leistung bzw. den Lernerfolg, die bzw. der sich bei der kausalen Erklärungen man für erzielte Leistungsergebnisse her-
Auseinandersetzung mit einer Aufgabe einstellt. Erwartung und anzieht (zur Rolle von Kausalattributionen im Leistungshandeln
Wert sind aufgabenspezifisch, also an die ganz konkrete, aktuell 7 Kap. 15 ). Weiterhin sind sie beeinflusst vom kulturel-
im Fokus stehende Aufgabe gebunden, wie in 7 Abschn. 18.3 näher len Milieu, in dem man lebt und welches sich in den Über-
ausgeführt wird. Der Aufgabenwert umfasst vier unterschiedliche zeugungen und Verhaltensweisen wichtiger Sozialisations-
Facetten: die Nützlichkeit der Aufgabe („utility“), den intrinsi- personen (u. a. Eltern, Lehrer, aber auch Mitschüler) nieder-
schen Wert der Aufgabe („instrinsic value“), den Zielerreichungs- schlägt. Von besonderer Bedeutung sind hier die Erwartun-
wert bzw. die Wichtigkeit der Aufgabe („attainment value“) und gen, die Letztere an einen stellen bzw. die Erfüllung welcher
die mit der Aufgabenbearbeitung verbundenen Kosten („costs“). Standards Letztere erwarten. Zudem ist von Bedeutung, wie
Mit Erwartung ist die subjektive Erfolgserwartung gemeint, also wichtige Sozialisationsagenten auf erzielte Leistungsergeb-
die subjektive Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe erfolgreich meis- nisse reagieren, z. B. ob bzw. wie sehr sie auf gute oder schlechte
tern zu können. Leistungen mit Anerkennung oder Missbilligung reagieren
Erwartung und Wert sind zum einen determiniert durch Über- (7 Abschn. 18.5, „Die Bedeutung von elterlicher bedingter Wert-
zeugungen, die Personen in Bezug auf ihr Selbstbild (generelles schätzung“). Bezüglich des kulturellen Milieus sind Geschlechts-
Selbstkonzept, Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstwert) haben. Dabei rollenerwartungen oder auch Stereotype zu geschlechtskongruen-
beeinflussen unseres Erachtens das generelle Selbstkonzept und ten Fähigkeiten (z. B. „Mathe ist nichts für Mädchen“) ebenso von
der Selbstwert eher den Aufgabenwert und das Fähigkeitsselbst- Bedeutung (vgl. z. B. Tiedemann, 2000) wie Einflüsse des sozio-
konzept eher die Erwartungen. Weiterhin wird der Aufgabenwert ökonomischen Hintergrunds (z. B. auf Leistungsaspirationen).
bestimmt durch die kurz- und langfristigen Ziele, die ein Indivi- Bemerkenswert am Modell von Eccles und Wigfield ist somit, dass
duum verfolgt, und durch die affektiven Erinnerungen in Bezug der Einfluss vielfältiger sozialer und kultureller Faktoren auf leis-
auf vergangene leistungsthematische Ereignisse. Bezüglich des tungsmotiviertes Verhalten und letztendlich auch auf Lernerfolg
Einflusses der affektiven Erinnerungen ist zu beachten, dass diese und Leistung bestimmt werden kann.

18

. Abb. 18.2 Das Erwartungs-Wert-Modell leistungsbezogenen Verhaltens von Eccles und Wigfield
18.3 · Leistungsbezogenes Verhalten als Folge von Erwartung und Wert
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Nach diesem kurzen Überblick wollen wir nun die das leis- vorhersagen, ob der Student begleitend zu einer Vorlesung noch
tungsbezogene Verhalten determinierenden Variablen und deren ein Tutorium belegen wird, dann ist die Erwartungsvariable sehr
kausale Beziehung näher betrachten. Hierbei werden wir sowohl spezifisch, nämlich auf genau diese Vorlesung bezogen. Die Erwar-
auf die von Eccles und Wigfield beschriebenen als auch auf weitere tung ist dabei immer als eine subjektive Erfolgserwartung konzep-
von Eccles und Wigfield bislang vernachlässigte Variablen einge- tualisiert und daher immer zukunftsgerichtet. Damit hat unseres
hen, so beispielsweise auf die Rolle des Selbstwerts, der Zielorien- Erachtens nach die Erwartung im Modell von Eccles und Wig-
tierungen oder der elterlichen bedingten Wertschätzung („paren- field eine große Ähnlichkeit zur Selbstwirksamkeitserwartung,
tal conditional regard“). Beginnen werden wir mit den proximalen wie sie Bandura (Bandura, Adams & Beyer, 1977; Bandura, 1995)
Determinanten leistungsbezogenen Verhaltens, Erwartung und beschreibt (s. auch 7 Exkurs „Selbstkonzept, Selbstwert, Fähigkeits-
Wert, und enden mit eher distalen Determinanten, der Einstellung selbstkonzept, Selbstwirksamkeits- und Ergebniserwartung“),
der Schülerin/des Schülers und den Verhaltensweisen relevanter denn die Person, deren Verhalten vorhergesagt werden soll, steht
Sozialisationspersonen. immer vor der Frage, ob sie die vor ihr liegende(n), also zukünf-
tige(n) Aufgabe(n) erfolgreich bewältigen wird. Um diese Frage
zu beantworten, muss sie ihre Fähigkeiten für die in Frage stehen-
18.3 Leistungsbezogenes Verhalten als Folge de(n) Aufgaben einschätzen. Dennoch ist die Selbstwirksamkeits-
von Erwartung und Wert erwartung nicht mit dem Fähigkeitsselbstkonzept gleichzuset-
zen. Im Gegensatz zur Erwartungsvariable im Modell von Eccles
Die Erwartungsvariable kann mehr oder weniger spezifisch kon- und Wigfield oder den Selbstwirksamkeitserwartungen im Sinne
zeptualisiert werden. Sie ist abhängig davon, wie spezifisch die Banduras ist das Fähigkeitsselbstkonzept nicht zukunftsgerichtet.
Verhaltensweisen, die man vorhersagen will, erfasst sind. Will Es beschreibt vielmehr den „Status quo“. Gleichwohl beeinflusst
man beispielsweise vorhersagen, ob ein Studienanfänger eher ein das Fähigkeitsselbstkonzept die Erfolgserwartung, denn Letztere
mathematisch-naturwissenschaftliches Studienfach oder eine wird umso höher ausfallen, je höher das Fähigkeitsselbstkonzept
Fremdsprache wählt, so ist die interessierende Erwartungsvariable ist (vgl. die Diskussion der Determinanten der Erfolgserwartung
nicht aufgaben- sondern domänenspezifisch. Will man dagegen in 7 Abschn. 18.4.1).

Exkurs

Selbstkonzept, Selbstwert, Fähigkeitsselbstkonzept, Selbstwirksamkeits- und Ergebniserwartung


Beim Selbstkonzept handelt es sich um eine Während mit Selbstkonzept eher die Fähigkeiten werden dagegen dem Selbstwert
nicht wertende, rein kognitive Beschreibung Beschreibung des Selbst gemeint ist, umfasst zugeschrieben“.
der Eigenschaften, Fähigkeiten, Vorlieben der Selbstwert die affektiv-bewertende Die Selbstwirksamkeitserwartung wurde
etc., die man sich selbst zuschreibt, die Komponente des Selbst. In Anlehnung an ursprünglich von Bandura, Adams & Beyer
also die eigene Persönlichkeit ausmachen. Brown & Marshall (2006) definieren daher (1977, S. 126) sehr spezifisch, auf ein
Dementsprechend definiert Coopersmith Schöne & Stiensmeier-Pelster (2016, S. 10) den konkretes Verhalten bezogen definiert:
(1967, S. 20) das Selbstkonzept: „As defined Selbstwert als den Aspekt der „ … emotionalen „An efficacy expectation is the conviction
here, ‚the self‘ is an abstraction that an Selbstwertschätzung und Selbstbewertung der that one can successfully execute the
individual develops about the attributes, ganzen Person …, also sich zu mögen, sich gut, behavior required to produce the outcomes“.
capacities, objects, and activities which he richtig und wertvoll zu fühlen“. Später definierte Bandura (1995, S. 2) die
possesses and pursues. This abstraction is Das Fähigkeitsselbstkonzept ist der Selbstwirksamkeitserwartung deutlich globaler:
represented by the symbol ‚me‘, which is Teil des Selbstkonzepts, welcher die „Perceived self-efficacy refers to beliefs in one‘s
a person‘s idea of himself to himself.“ Das Fähigkeiten umfasst, die man sich capabilities to organize and execute the courses
Selbstkonzept ist somit eine Theorie, die zuschreibt. Dementsprechend definieren of action required to manage prospective
eine Person über sich selbst entwickelt hat, Stiensmeier-Pelster & Schöne (2008, S. 63) das situations.“ Die Ergebniserwartung wird von
wie es sehr prägnant in der Definition des Fähigkeitsselbstkonzept als „ … die Gesamtheit Bandura (Bandura et al., 1977, S. 126) wie folgt
Selbstkonzepts bei Epstein (1973, S. 407) zum der kognitiven Repräsentationen eigener definiert: „An outcome expectancy is defined as
Ausdruck kommt: „The self-concept is a self- Fähigkeiten … Dies schließt Vorstellungen über the estimate that a given behavior will lead to
theory. It is a theory that the individual has Höhe, Struktur und Stabilität ein. Mögliche certain outcomes.“
unwittingly constructed about himself … “. affektiv-evaluative Bewertungen der eigenen

Die Wertvariable umfasst vier Facetten: „attainment value or import- des Selbstwerts besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem
ance“, „intrinsic value“, „utility value or usefulness of task“ und „cost“. „attainment value“ und der Selbstwertkontingenz, also der Abhän-
Mit „attainment value“ ist die „Wichtigkeit der Aufgabe an sich“ gigkeit des Selbstwerts vom Erfüllen selbst- oder fremdgesetzter
gemeint. Was allerdings genau die Wichtigkeit der Aufgaben aus- Standards. Einer Aufgabe wird besonders dann eine hohe Wichtig-
macht, wird bei Eccles und Wigfield nicht näher ausgeführt. Unseres keit zugeschrieben, wenn sie einen Bereich repräsentiert, in dem
Erachtens ergibt sich die „Wichtigkeit der Aufgabe an sich“ aus ihrem der Selbstwert kontingent ist. Aufgaben wird somit eine besondere
Bezug zum Selbstkonzept und zum Selbstwert der Person. Bezüglich Wichtigkeit zugeschrieben, wenn Erfolg oder Misserfolg bei ihnen
574 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

die Höhe des Selbstwerts bestimmt. Damit der Selbstwert gestützt Ereignisse, in denen Stolz erlebt wurde, erinnert werden können,
oder erhöht werden kann, muss die Bearbeitung der Aufgabe erfolg- damit die Antizipation von Stolz gelingt.
reich gelingen. Auf der anderen Seite würde der Selbstwert bei Miss- Der „utility value“ oder die „usefulness of the task“ ist dadurch
erfolg besonders beeinträchtigt werden. determiniert, wie gut die Aufgabe in die zukünftigen Pläne, die das
Weiterhin ist anzunehmen, dass eine Aufgabe einen hohen Individuum verfolgt, passt. Verlangt beispielsweise ein zukünftiger
„attainment value“ aufweist, wenn sie für das eigene Selbstkonzept Arbeitgeber (z. B. eine Schule) von Lehramtsstudierenden vertiefte
repräsentativ ist. Dies ist der Fall, wenn sich das Selbstkonzept aus der Kenntnisse über die Psychologie des Lernens, damit diese mit hetero-
Bearbeitung eben dieser Aufgaben speist. Ein Beispiel dafür wäre ein gen Gruppen von Schüler(inne)n angemessen umgehen können, so
Schüler, der sich selbst als „Physiker“ oder zumindest als „an Physik hätte die erfolgreiche Teilnahme an einem Psychologiemodul einen
interessiert“ definiert und damit physikbezogene Aufgaben präferiert, hohen „utility value“. Der „utility value“ ist somit eher der extrin-
da diese mit seiner Selbstdefinition übereinstimmen und so das Bild, sischen Motivation zuzuordnen, denn der Wert der Handlung ist
dass er von sich selbst hat, stärken. Auch in Bezug auf das Selbstkon- determiniert durch die Attraktivität der Handlungsfolgen (auf das
zept gilt, dass es durch die Aufgabenbearbeitung nur dann gestützt Beispiel bezogen: einen Nachweis über den erfolgreichen Abschluss
wird, wenn die Aufgaben erfolgreich bearbeitet werden. Nur so kann eines Psychologiemoduls zu erwerben). Im Sinne des Erweiterten
nämlich der angestrebte „attainment value“ auch realisiert werden. kognitiven Motivationsmodells von Heckhausen (1977; vgl. hierzu
Diese Position, dass der „attainment value“ nur durch eine auch 7 Kap. 14) handelt es sich hierbei um Ergebnisfolgen. Das Ergeb-
erfolgreiche Aufgabenbearbeitung realisiert wird, stützt sich auf nis selbst besteht in der erfolgreichen Teilnahme an einem Psycho-
Befunde von Braun & Wicklund (1989). Sie konnten in ihren Unter- logiemodul. Der Wert der Ergebnisfolgen, also die Höhe des „utility
suchungen zum Phänomen der symbolischen Selbstergänzung ver- value“ ist zudem abhängig von der Ergebnis-Folge-Erwartung. Ent-
schiedentlich zeigen, dass Personen mit einem hohen Commit- scheidend ist somit nicht nur die Attraktivität der Ergebnisfolge (die
ment für eine Identität (z. B. „Physiker sein“) sich vermehrt Symbole attraktive Stelle als Lehrkraft bekommen), sondern auch die Enge des
aneignen, die diese Identität verstärken, wenn sie beim Aufbau der Zusammenhangs, der zwischen dem Ergebnis (Nachweis der erfolg-
Identität Misserfolg erleiden. Bei Misserfolg konnte der „attain- reichen Teilnahme an dem Psychologiemodul) und den Ergebnisfol-
ment value“ eben nicht realisiert werden. Das Selbstkonzept wurde gen wahrgenommen wird, also die Instrumentalität. „Utility value“
nicht gestärkt, sondern eher beschädigt. Um das Selbstkonzept aber ist somit definiert über die Attraktivität der Ergebnisfolgen und die
dennoch aufrechterhalten zu können, wird sozusagen als „Ersatz“ Instrumentalität des Ergebnisses für diese Folgen (vgl. Vroom, 1964).
versucht, sich Symbole anzueignen, die das Selbstkonzept stärken. Die vierte Facette des Werts, die „costs“, wird von Wigfield und
Mit „intrinsic value“ oder dem intrinsischen Wert einer Eccles in drei Unterfacetten aufgegliedert. Gemeinsam ist diesen
Aufgabe ist die Freude gemeint, die man glaubt, beim Bearbei- drei Unterfacetten, dass für die Bearbeitung der Aufgabe verschie-
ten der Aufgabe erleben zu können. Der intrinsische Wert unter- dene Formen von Ressourcen investiert werden müssen. Zum einen
liegt dem direkten Einfluss des affektiven Gedächtnisses. Freude entstehen Kosten, weil das Engagement für eine Aufgabe gleichzeitig
beim Bearbeiten einer Aufgabe wird man nämlich insbesondere das Engagement für alternative Aufgaben beschränkt. Diese durch
dann antizipieren, wenn man diese beim Bearbeiten ähnlicher die Aufgabenbearbeitung entstehenden Kosten sind umso höher,
Aufgaben früher schon einmal erlebt hat. Der über das Erleben je attraktiver die alternative Aufgabe ist und je höher die Beschrän-
von Freude definierte intrinsische Wert weist eine große Ähnlich- kungen sind (kann man die alternative Aufgabe gar nicht mehr in
keit zur intrinsischen Motivation auf, wenn man unter intrinsi- Angriff nehmen oder muss man sie nur aufschieben). Diesem Kos-
scher Motivation diejenige Motivation versteht, bei der der Anreiz tenfaktor kann vor allem Zeit als Ressource zugerechnet werden, da
im Ausführen der Aufgabe selbst, also im Vollzug der Tätigkeit der Einsatz von Zeit für die Bearbeitung einer Aufgabe die Möglich-
liegt (7 Kap. 14). Dabei wären neben der Freude am Vollzug der keit, alternative Aufgaben in Angriff zu nehmen, beschränkt. Der
Tätigkeit auch andere Tätigkeitsanreize möglich. So könnte die zweite Kostenfaktor bezieht sich auf das Ausmaß an Anstrengung,
Bearbeitung einer Aufgabe beispielsweise die eigenen Interessen die für die Bewältigung der Aufgabe nötig ist. Anstrengung ist hier
18 befriedigen, was auch den „intrinsic value“ erhöht (vgl. Schie- sehr breit zu definieren, sodass der Einsatz bestimmter geistiger,
fele, 2009). Der „intrinsic value“ muss jedoch nicht ausschließ- aber auch körperlicher Ressourcen an dieser Stelle subsummiert
lich durch Tätigkeitsanreize definiert werden. Ähnlich wie schon werden kann. Der dritte Kostenfaktor sind die emotionalen Kosten,
in der Leistungsmotivationstheorie von Atkinson (1957; 7 Kap. 6) die während und nach Bearbeiten einer Aufgabe entstehen. Neben
angenommen, kann auch Stolz über eine erbrachte Leistung ein Gefühlen wie Frustration, Enttäuschung, Angst etc. sind als wich-
bedeutsamer Leistungsanreiz sein. Je mehr Stolz somit ein Indivi- tiger Kostenfaktor hier Schamgefühle, die mit Misserfolg einher-
duum als Folge einer erfolgreichen Aufgabenbearbeitung antizi- gehen, zu verorten (s. auch 7 Exkurs „Querbezüge zwischen Theo-
piert, umso höher sollte der „intrinsic value“ dieser Aufgabe sein. rien“). Bezüglich des Einsatzes derartiger emotionalen Kosten ist
Stolz, erlebt nach Erfolg, der auf internale Ursachen zurückge- unseres Erachtens in Übereinstimmung mit Hobfoll (1989) anzu-
führt wird, wird auch in der attributionalen Theorie der Leistungs- nehmen, dass auch das Ausmaß, in dem man derartige Kosten
motivation nach Weiner (1985) als ein wichtiger Leistungsanreiz investieren kann, durch die vorhandenen psychischen bzw. emo-
begriffen. Auch bezüglich des Erlebens von Stolz gilt, dass der tionalen Ressourcen begrenzt ist. Je stärker diese Ressource ausge-
über Stolz definierte intrinsische Wert dem direkten Einfluss des schöpft wird, umso eher kann Stress entstehen bzw. Angst davor,
affektiven Gedächtnisses unterliegt, denn es müssen vergangene die Ressourcen zu verlieren bzw. nicht wieder auffüllen zu können.
18.4 · Determinanten von Erwartung und Wert
575 18
Exkurs

Querbezüge zwischen Theorien


Wie schon bei der Emotion Stolz als negativer Anreiz konzeptualisiert ist. Was kontingent ist. Andersherum kann Erfolg
Determinante des „intrinsic value“ die Bedeutung des Erlebens von Scham als ein hohes Selbstwertgefühl auslösen, wenn
diskutiert wurde, besteht auch hinsichtlich Kostenfaktor angeht, so sind auch theoretische Erfolg bei selbstwertkontingenten Aufgaben
der Schamgefühle ein Bezug zur Positionen und empirische Befunde aus erlebt wird (s. die Ausführungen zum
Leistungsmotivationstheorie von Atkinson der aktuellen Forschung zum Selbstwert „attainment value“). Gerade diese antizipierten
(1957), der die antizipierte Scham als negativen von Relevanz. Schamgefühle, die selbst ein selbstwertbezogenen emotionalen Kosten
Anreiz (Anreiz von Misserfolg; niedriges Selbstwertgefühl repräsentieren, eines möglichen Misserfolgs verleiten zu
7 Kap. 6) konzipiert, sowie zur attributionalen treten demnach als Folge von Misserfolg dysfunktionalen Verhaltensweisen, wie z.
Leistungsmotivationstheorie von Weiner insbesondere dann auf, wenn Misserfolg B. Self-Handicapping (zusammenfassend
(1985), nach der Scham (erlebt nach bei Aufgaben erlebt wird, die für den Schwinger, Wirthwein, Lemmer &
Misserfolg, der auf internal-unkontrollierbare Selbstwert von besonderer Bedeutung sind, Steinmayr, 2014).
Ursachen attribuiert wird) ebenfalls als also bei Aufgaben, zu denen der Selbstwert

Bei der Emotion Scham als emotionale Kosten handelt es sich 18.4 Determinanten von Erwartung und Wert
um antizipierte Kosten, also um Kosten, die eintreten könnten,
wenn man Misserfolg erleidet. Diese Kosten kommen somit
nicht im Tätigkeitsvollzug selbst zum Tragen. Vielmehr folgen 18.4.1 Determinanten der Erfolgserwartung
sie der Tätigkeit. Negative Emotionen können jedoch auch
während der Tätigkeit selbst, also während der Bearbeitung Die Höhe der subjektiven Erfolgserwartung hängt zunächst von
einer Aufgabe, auftreten. Neben Enttäuschung und Frustratio- zwei Faktoren ab: der Einschätzung der objektiven Aufgaben-
nen sind hier insbesondere Gefühle der Angst (Prüfungsangst) schwierigkeit als Umweltfaktor und der Höhe des Fähigkeits-
zu nennen. Angst und die mit ihr einhergehenden negativen selbstkonzepts als Personenfaktor. Dabei werden die eigenen
physiologischen Erregungen (Schwitzen, Übelkeit etc.) stehen Fähigkeiten ins Verhältnis zur objektiven Aufgabenschwierig-
zudem im Widerspruch zum „intrinsic value“, denn man kann keit bzw. zu den Anforderungen, die die Aufgabe stellt, gesetzt.
nicht gleichzeitig freudvoll in einer Aufgabe aufgehen und Das Ergebnis dieses Abgleichs ist die subjektive Aufgabenschwie-
Angst haben. Die Kostenfaktoren stehen somit nicht unabhän- rigkeit oder anders ausgedrückt „die Schwierigkeit der Aufgabe
gig nebeneinander, sondern sind als wechselseitig voneinander für mich“. Je niedriger die Anforderungen der Aufgabe und je
abhängig zu betrachten. höher die eigenen Fähigkeiten, die zur Bewältigung dieser Anfor-
derungen eingesetzt werden können, eingeschätzt werden, umso
> Definition persönlich leichter erscheint die Aufgabe. Um die Erfolgserwar-
Auch wenn häufig angenommen wird, dass der tung einzuschätzen, benötigt man noch einen dritten Parameter,
Selbstwert ein monolithisches Konstrukt ist, nämlich das Ausmaß an Anstrengung, welches man zur Bewäl-
welches allein über seine Höhe zu definieren ist, tigung der Aufgaben einsetzen möchte. Sofern eine Aufgabe als
wiesen schon früh verschiedene Autoren (z. B. Crocker, prinzipiell und mit zumutbarem Aufwand zu bewältigen erscheint
2006; Deci & Ryan, 1995; Kernis, 2003) darauf hin, und sofern die Aufgabenbearbeitung überhaupt Anstrengung
dass der Selbstwert ein facettenreiches Konstrukt ist. erfordert, gilt, dass die Erfolgserwartung umso höher eingeschätzt
Neben der Selbstwerthöhe sind nämlich auch die wird, je mehr Anstrengung man zu investieren plant. Insgesamt
Selbstwertstabilität und die Selbstwertkontingenz von ist somit die Erfolgserwartung umso höher, je objektiv leichter die
Bedeutung. Selbstwertstabilität drückt zum einen aus, Aufgabe, je höher das Fähigkeitsselbstkonzept und je höher die
als wie robust bzw. auf sicherem Fundament stehend intendierte Anstrengung ist (Kukla, 1972; Meyer, 1976). Dabei
(vs. zerbrechlich, nur als Kartenhaus bestehend) der verliert, wie Meyer und Hallermann (1977) zeigen konnten, der
Selbstwert empfunden wird, und zum anderen, ob er als Einfluss des Fähigkeitsselbstkonzepts auf die Erfolgserwartung
zeitlich stabil oder schwankend erlebt wird. Selbstwert- mit abnehmender Aufgabenschwierigkeit an Bedeutung. Die
kontingenz meint das Ausmaß, in dem der Selbstwert Erfolgserwartung wird somit bei objektiv schwierigen Aufgaben
von der Erfüllung fremd- oder selbstgesetzten Standards stärker durch Unterschiede im Fähigkeitsselbstkonzept determi-
abhängig ist, z. B. von Erfolg und Misserfolg in Schule, niert als bei objektiv leichten Aufgaben. Dies mag – wie Meyer
Studium oder Beruf. Hinreichend für einen optimalen (1984, S. 43) argumentiert – u. a. darauf zurückzuführen sein,
Selbstwert wäre es daher nicht allein, dass der dass man ganz allgemein davon ausgeht, Fähigkeitsmängel in
Selbstwert hoch ist, sondern er sollte darüber hinaus einem gewissen Ausmaß durch steigenden Fleiß kompensieren
auch robust sowie stabil und zudem unabhängig vom zu können.
Erfüllen bestimmter Standards sein (Kernis, Diese Ausführungen verdeutlichen, dass menschliches Ver-
2003; zusammenfassend Schöne & Stiensmeier halten einer sehr dynamischen Wechselwirkung von Personen-
-Pelster, 2016). faktoren (hier Fähigkeitsselbstkonzept), Umweltfaktoren (hier
576 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

Aufgabenschwierigkeit) und Verhalten (hier Anstrengung) unter- Lehrerverhalten, so unter anderem in Bezug auf Lob (7 Exkurs
liegt. Die Ausführungen implizieren zudem ein bestimmtes, das „Pädagogische Anwendung: Was Lehrer beachten sollten, wenn
Lernverhalten und die Leistung von Schüler(inne)n förderndes sie loben“).

Exkurs

Pädagogische Anwendung: Was Lehrer beachten sollten, wenn sie loben


In Anlehnung an Brophy (1981), Henderlong basiert, beinhaltet in der Regel eine Information eine Person durch eine andere Person (positiv)
& Lepper (2002) und unter Berücksichtigung über zunehmende Leistungen und/oder bewertet wird. Viele Schüler/innen erleben dies
neuer Forschung zur Zielorientierung (Lee & wachsende Kompetenzen, was bei Schüler/innen möglicherweise als kontrollierend oder sogar
Bong, 2016) und zur Selbstbestimmungstheorie eine „incremental theory of intelligence“ (im als bedrohlich. Ob ein Lob als kontrollierend
(Ryan & Deci, 2000) sollte Lob Schüler/innen über Sinne von Dweck, 1986) fördert. empfunden wird, hängt maßgeblich davon ab,
deren Kompetenz informieren und implizieren, Weiterhin sollte Lob autonomieförderlich ob es auf die Person selbst oder auf das Verhalten
dass ähnlich gute Leistungen auch zukünftig sein. Dies kann erreicht werden, indem die der Person bezogen ist. Im ersten Fall wird Lob
von ihr/ihm erbracht werden können. Dies stärkt Eigeninitiative der Schüler/innen gelobt wird eher als kontrollierend wahrgenommen.
das Fähigkeitsselbstkonzept und hilft, positive und nicht das Erfüllen fremdgesetzter Standards Zudem kann als ungünstige Folge des Lobs eine
Selbstwirksamkeitserwartungen aufzubauen. oder das „brave“ Bearbeiten vorgegebener erhöhte Selbstwertkontingenz resultieren
Lob sollte auch spezifizieren, was genau erreicht Aufgaben. In diesem Zusammenhang ist auch (7 Abschn. 18.5, „Die Bedeutung von elterlicher
wurde bzw. welche Kompetenzen die Schüler/ ein feinfühliges und kontextsensitives Einsetzen bedingter Wertschätzung“). Ein Lob sollte
innen genau erworben haben. Lob sollte zudem von Lob von großer Bedeutung: In Situationen, somit immer auf spezifische Verhaltensweisen
den Wert der Anstrengung hervorheben, indem in denen Schüler/innen bereits aus einer einer Person abzielen. Neben diesen Aspekten
Erfolg der Fähigkeit und dem Bemühen der intrinsischen Motivation heraus handeln (sie sich zeichnet sich ein gutes Lob durch angemessene
Schüler/innen zugeschrieben wird. Bei all dem z. B. aus Neugierde mit einem Lerngegenstand (d. h. zwar hohe, aber realistische) Erwartungen
ist es wichtig, darauf zu achten, dass Lob auf der beschäftigen), kann ein zusätzlicher extrinsischer und Kriterien bei der Leistungsbewertung
individuellen Bezugsnorm basiert. Das Anlegen Anreiz (z. B. in Form eines Lobs) dazu führen, aus. Ungünstig sind dagegen zum einen
der individuellen Bezugsnorm ermöglicht es dass die ursprüngliche primäre intrinsische unerreichbare Erwartungen, welche dazu
Schüler(inne)n, den Zusammenhang zwischen Motivation verdrängt wird und sich damit führen, dass Schüler/innen nur sehr selten
Leistung und Anstrengung zu erkennen, und das ursprünglich freiwillig gezeigte Verhalten gelobt und so enttäuscht und frustriert werden.
verdeutlicht daher den Wert der eigenen reduziert, sobald der äußere Anreiz wegfällt. Zum anderen könnten zu niedrige Erwartungen
Anstrengung. Eine individuelle Bezugsnorm legt Auch wenn bis heute kontrovers diskutiert und zu häufiges Lob auch für anspruchslose
auch nahe, Leistungen auf Anstrengung, einen wird, unter welchen Bedingungen dieser Aufgabenleistungen die Schüler/innen
kontrollierbaren und motivational günstigen so genannte Korrumpierungseffekt auftritt, frustrieren, weil sie sich nicht ernst genommen
Ursachenfaktor, zu attribuieren (7 Kap. 15). Es sollte überflüssiges Lob vermieden werden. fühlen oder sich gar als leistungsschwach
fördert die Ausbildung einer Lernzielorientierung. Darüber hinaus ist es wichtig, sich vor Augen eingeschätzt wahrnehmen (Meyer, Mittag &
Lob, welches auf der individuellen Bezugsnorm zu führen, dass ein Lob immer beinhaltet, dass Engler, 1986).

Der Einbezug der intendierten Anstrengung in die Kalkulation der Der nach dieser Bewertung festgestellte Erfolg oder Misserfolg
Erfolgserwartung impliziert einen direkten Zusammenhang zwi- hat einen direkten wie auch einen über das Fähigkeitsselbstkon-
schen der Erwartung von Erfolg und der Wertkomponente „costs“. zept vermittelten indirekten Einfluss auf die Erfolgserwartung. So
Sofern nämlich mit steigender beabsichtigter Anstrengung die steigen die Erfolgserwartungen für zukünftige Aufgaben nach Erfolg
Erfolgserwartungen steigen, müssten – wenn auch kontraintuitiv und sie sinken nach Misserfolg. Dabei gilt entsprechend dem in
– folgerichtig mit steigender Erfolgserwartung auch die antizipier- 7 Kap. 15 beschriebenen Erwartungsprinzip, dass diese Änderungen
ten Kosten steigen. Wir wollen diesen Zusammenhang hier nicht der Erfolgserwartungen umso deutlicher ausfallen, je stärker Perso-
vertiefen, sondern später bei der Darstellung der Determinanten nen stabile Ursachen für den Erfolg bzw. Misserfolg verantwortlich
18 der Wertkomponenten erneut aufgreifen. machen, also Ursachen, die auch zukünftig determinieren, ob man
Eine weitere Determinante der Erfolgserwartungen sind wiederum Erfolg bzw. Misserfolg haben wird. Stabile Ursachen für
frühere Erfahrungen in leistungsbezogenen Situationen. Wichtig Misserfolg beispielsweise sind die (zu hohe) Aufgabenschwierig-
ist in diesem Zusammenhang, wie Ergebnisse, die man erzielt hat, keit oder die (zu geringen) Fähigkeiten. Die Attribution von Miss-
wahrgenommen und interpretiert wurden. Zunächst muss ein erfolg auf stabile Ursachen bedeutet somit, dass man anfänglich
Leistungsergebnis mit einem Gütemaßstab verglichen werden, die Aufgabenschwierigkeit unterschätzt und/oder seine Fähigkei-
um überhaupt als Erfolg (bzw. gute Leistung) oder Misserfolg ten überschätzt hat. Unabhängig davon, welche Fehleinschätzung
(bzw. schlechte Leistung) bewertet zu werden. Bedeutsam sind man begangen hat, scheint ein neuer Abgleich der (möglicherweise
hier die sachliche oder kriteriale, die soziale und die individuelle höheren) Anforderungen der Aufgaben und der (möglicherweise
Bezugsnorm (7 Kap. 6). Eine Leistung wird demnach als Erfolg geringeren) eigenen Fähigkeiten erforderlich, was dann das Absen-
oder Misserfolg bewertet, weil sie ein zuvor festgelegtes Kriterium ken der (zukünftigen) Erfolgserwartungen bedingt. Wie breit diese
erreicht/übertroffen oder verfehlt hat (kriteriale Bezugsnorm), Änderungen der Erfolgserwartungen generalisieren, hängt zudem
weil sie über oder unter den Leistungen relevanter anderer Perso- ab von der wahrgenommenen Globalität der Ursachen. Je globaler
nen liegt (soziale Bezugsnorm) oder weil sie die früheren Leistun- die Ursachen in ihren Auswirkungen eingeschätzt werden, umso
gen der Person übersteigt oder hinter ihnen zurückbleibt (indivi- stärker generalisieren die gestiegenen bzw. gesunkenen Erfolgs-
duelle Bezugsnorm). erwartungen auch auf andere verschiedenartige Aufgaben.
18.4 · Determinanten von Erwartung und Wert
577 18
Erfolg und Misserfolg beeinflussen, wenn sie beständig auf- Die hier angesprochenen Zusammenhänge zwischen Attribu-
treten und/oder wenn sie auf internale-stabile-globale Ursachen tion, Fähigkeitsselbstkonzept und Erfolgserwartungen sind nicht
zurückgeführt werden, das Fähigkeitsselbstkonzept und über diesen nur unidirektional, was bedeuten würde, dass die Attribution das
Einfluss vermittelt (also indirekt) zukünftige Erfolgserwartungen. Fähigkeitsselbstkonzept beeinflusst und dieses wiederum die
Ein in diesem Zusammenhang häufig und intensiv diskutiertes Erfolgserwartung, aber nicht umgekehrt. Vielmehr sind die Zusam-
Phänomen ist der von Rheinberg (Rheinberg & Enstrup, 1977) menhänge oft bidirektional. So unterliegt das Fähigkeitsselbstkon-
beschriebene und empirisch belegte Bezugsgruppeneffekt, der zept nicht nur dem Einfluss von Kausalattributionen, sondern es
später von Marsh (1987) als Big-Fish-Little-Pond-Effekt benannt beeinflusst diese auch. Hat beispielsweise ein Schüler mit einem
wurde. Dieser Effekt besagt, dass bei vergleichbar leistungsstarken niedrigen Fähigkeitsselbstkonzept in einer Klausur Erfolg, so wird
Schüler(inne)n die Höhe des Fähigkeitsselbstkonzepts von der Leis- er diesen Erfolg eher glücklichen Umständen zuschreiben als seinen
tungsstärke der Lerngruppe (Schulklasse) abhängt. Voraussetzung Fähigkeiten (Stiensmeier-Pelster, 1988; Stiensmeier-Pelster, Schür-
für diesen Effekt ist, dass Schüler/innen zur Bewertung ihrer Leis- mann, Eckert & Pelster, 1994; 7 Kap. 15). Weiterhin beeinflusst auch
tungen eine soziale Bezugsnorm heranziehen, da dann in einer leis- die vor der Bearbeitung einer Aufgabe bestehende Erfolgserwar-
tungsstarken im Vergleich zu einer leistungsschwachen Klasse für tung die nach der Aufgabenbearbeitung vorgenommene Kausa-
die Schüler/innen eine höhere Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass lattribution. Hatte man z. B. bei einer Aufgabe Misserfolg, obwohl
ihre Leistungen hinter den Leistungen ihrer Klassenkamerad/innen man zuvor Erfolg erwartet hatte, so macht man eher ungüns-
en zurückbleiben und damit als unzureichend (subjektiver Miss- tige Umstände für den Misserfolg verantwortlich, als wenn man
erfolg) erlebt werden. Der Bezugsgruppeneffekt sollte im Rahmen zuvor Misserfolg erwartet hätte (Stiensmeier-Pelster, Martini &
der aktuellen Diskussion um die Inklusion von jungen Menschen Reisenzein, 1993). Zudem initiiert die durch die Erwartungswidrig-
mit Behinderung in den Regelschulunterricht bedacht werden, wie keit eines erzielten Ergebnisses ausgelöste Überraschung die Ursa-
im 7 Exkurs „Nebenwirkungen der Inklusion“ näher ausgeführt. chensuche (Stiensmeier-Pelster et al., 1993; 7 Kap. 15).

Exkurs

Nebenwirkungen der Inklusion


Gemäß der ratifizierten zeigte sich, dass Hauptschüler der erleben, weil Lehrkräfte ihren Lernzuwachs
UN-Behindertenrechtskonvention ist allen vierten bis siebten Klasse ein niedrigeres herausstellen, auch wenn ihre Leistungen im
jungen Menschen mit Behinderungen der Fähigkeitsselbstkonzept und darüber hinaus sozialen Vergleich unterdurchschnittlich sind.
Zugang zu einem inklusiven Unterricht zu auch eine höhere Prüfungsangst aufwiesen als Zweifelsohne kommen in der Schule aber
gewährleisten (United Nations, 2006). Es gibt viele die vergleichbar intelligenten Förderschüler. Eine auch Situationen vor, in denen sich die
Argumente, die für eine inklusive Beschulung höhere Prüfungsangst bzw. Furcht vor Misserfolg soziale Bezugsnorm nicht oder nur schlecht
sprechen. Hierzu zählen vor allem ein höherer und ein niedrigeres Fähigkeitsselbstkonzept vermeiden lässt. Um dennoch die negativen
Anregungsgehalt der Lernumgebung (z. B. wirken sich, wie weiter oben schon dargelegt, Auswirkungen von Bezugsgruppeneffekten
durch höhere Leistungserwartungen der negativ auf Lernverhalten und Leistung aus (vgl. abzufangen, können Lehrkräfte ein Phänomen
Lehrkräfte) sowie Kompositionseffekte, durch die Eckert et al., 2006). ausnutzen, welches ebenfalls bei sozialen
Leistungszuwächse bei leistungsschwächeren Diese ungewollten Nebenwirkungen von Vergleichsprozessen auftreten kann: Der
Kindern auftreten, weil leistungsstärkere Inklusion müssen jedoch nicht zwangsläufig „basking in reflected glory effect“ (BIRG;
Mitschüler als Ressource und positives auftreten. Vielmehr sind Lehrkräfte durch auch als Assimilationseffekt, Labeling oder
Lernmodell fungieren. Empirisch deutet geschicktes pädagogisches Handeln in der Lage, Identifikationseffekt bezeichnet) beschreibt,
der Großteil bisheriger Studien darauf den Bezugsgruppeneffekt und dessen negative dass sich eine Person in bestimmten Bereichen
hin, dass inklusiv beschulte Kinder mit Auswirkungen auf das Fähigkeitsselbstkonzept (z. B. im Bereich des Fähigkeitsselbstkonzepts)
sonderpädagogischem Förderbedarf bessere von inklusiv beschulten Kindern abzumildern. aufwertet, wenn sie sich einer Gruppe
Leistungen in Deutsch und Mathematik zeigen als Hierbei können sie sich die besonderen zugehörig fühlt, deren Status oder deren
exklusiv beschulte Kinder (vgl. Kocaj, Kuhl, Kroth, Effekte verschiedener Bezugsnormen zu Fähigkeiten von Außenstehenden als
Pant & Stanat, 2014). Diese querschnittlichen Nutze machen. Wenn Lehrkräfte häufiger die hoch angesehen werden. Wird der BIRG-
Befunde relativieren sich allerdings etwas, wenn individuelle Bezugsnorm zur Bewertung von Effekt angeregt, kann somit die Inklusion
die Auswirkungen inklusiver und exklusiver Leistungen (z. B. bei Rückmeldungen zu den leistungsschwacher Schüler in eine
Schulsettings im längsschnittlichen Vergleich Hausaufgaben) heranziehen und die soziale vergleichsweise leistungsstarke Bezugsgruppe
betrachtet werden (Stranghöner, Hollmann, Bezugsnorm mehr in den Hintergrund rücken, zu einem höheren Fähigkeitsselbstkonzept
Otterpohl, Wild, Lütje-Klose & Schwinger, 2017). sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich ihre führen. Anders als der Begriff auf den ersten
Eine Ursache hierfür könnte in ungewollten Schüler untereinander vergleichen, wodurch Blick vermuten lässt, geht es hierbei nicht
negativen Nebenwirkungen der Inklusion auch Bezugsgruppeneffekte abgeschwächt darum, dass die Schüler sich passiv „im Ruhm
liegen. Rheinberg & Enstrup (1977) verglichen werden (Rheinberg & Krug, 2005; Rheinberg, der anderen sonnen“, sondern dass sie sich
in einer Querschnittsstudie Förderschüler Schmalt & Wasser, 1978). Darüber hinaus bietet mit der Gruppe identifizieren, weil sie einen
mit Hauptschülern gleicher Intelligenz. In die individuelle Bezugsnorm den Vorteil, dass bedeutsamen Beitrag zum Gelingen der
Übereinstimmung mit dem Bezugsgruppeneffekt inklusiv beschulte Schüler häufiger Erfolge gemeinsamen Aktivität leisten.

18.4.2 Determinanten des Aufgabenwerts Überzeugungen in Bezug auf ihr generelles Selbstkonzept und
ihren Selbstwert sowie ihre affektiven Erinnerungen (. Abb. 18.2).
Die verschiedenen Facetten des Aufgabenwerts sind determi- Bezüglich der verfolgten Ziele sind in der aktuellen päda-
niert durch kurz- und langfristigen Ziele von Personen, durch gogisch-psychologischen Literatur insbesondere die erstmals
578 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

von Dweck (1986; s. auch Dweck & Leggett, 1988) beschrie- z Auswirkungen der Zielorientierung auf die Facetten des
benen und später von verschiedenen anderen Autoren, so z. B. Werts
von Elliot und Mitarbeitern (Elliot & Mc Gregor, 2001), aus- Die verfolgten Ziele wirken sich sowohl auf die verschiedenen
differenzierten motivationalen Zielorientierungen von Bedeu- Facetten des Aufgabenwerts als auch auf die affektiven Bewertun-
tung (s. auch 7 Abschn. 16.6.3). In der frühen Phase der For- gen bereits erbrachter Leistungen aus. Werden Lernziele verfolgt,
schung zu motivationalen Zielorientierungen ging man davon so sind Aufgaben nützlich, die eine Herausforderung beinhalten
aus, dass Personen bei der Bearbeitung von Aufgaben eines von und/oder die Chance bieten, etwas zu lernen bzw. die eigenen
zwei möglichen Zielen verfolgen: ein Lern- oder ein Leistungs- Kompetenzen zu entwickeln. Solche Aufgaben haben zudem
ziel (7 Definition). einen hohen intrinsischen Wert, weil das Meistern einer Heraus-
forderung als positiv spannend erlebt wird. Negative Aspekte, so
> Definition z. B. das mögliche Scheitern bei einer Aufgaben, fallen dagegen
Bei Zielorientierungen handelt es sich um eine habituelle kaum ins Gewicht, da ein antizipiertes Scheitern nicht als nega-
Präferenz für eine bestimmte Art von Ziel in Lern- und tive Bewertung der eigenen Kompetenz gesehen wird, sondern
Leistungskontexten (Spinath, 2009). Lernziele sind als eine Information darüber, wo man seine Kompetenzen noch
dadurch definiert, dass durch die Aufgabenbearbeitung entwickeln sollte. Kosten, in Form bestimmter negativer Emo-
ein Zuwachs an Kompetenz oder Fertigkeiten angestrebt tionen wie z. B. Schamgefühle, werden daher kaum antizipiert,
wird. Es geht dem Handelnden also in erster Linie da das Entstehen von Scham eine Attribution von Misserfolg auf
darum, etwas zu lernen. Dabei strebt der Handelnde stabile und unkontrollierbare Personeneigenschaften, wie bei-
auch danach, sich neuen Herausforderungen zu stellen spielsweise mangelnde Fähigkeiten, voraussetzt. Derartige Attri-
und diese zu meistern. Lernen und das Meistern von butionen werden jedoch von lernzielorientierten Personen nach
Herausforderungen geht Hand in Hand, denn Lernen Misserfolg eher nicht vorgenommen. Selbst wenn diese Personen
beinhaltet die Auseinandersetzung mit noch nicht Misserfolg auf mangelnde Fähigkeit zurückführen, so schützt die
gekonnten, also herausfordernden Aufgaben. Dagegen mit einer Lernzielorientierung verbundene Überzeugung, dass
sind Personen, die ein Leistungsziel verfolgen, darauf Fähigkeiten variabel, kontrollierbar und entwicklungsfähig sind,
bedacht, dass ihre Kompetenzen gesehen und positiv davor, Schamgefühle zu entwickeln.
bewertet werden. Die Aufgabenbearbeitung dient ihnen Gänzlich anders verhält es sich dagegen, wenn Leistungs-
dementsprechend der Validierung eigener Kompetenzen ziele verfolgt werden. Aufgaben werden dann als nützlich bewer-
und insbesondere dazu, vorhandene Kompetenzen zur tet, wenn sie dazu dienen könnten, die eigenen Fähigkeiten zu
Schau zu stellen und nicht vorhandene Kompetenzen zu validieren, die Demonstration hoher Fähigkeiten erlauben und/
kaschieren. oder Erfolg im Wettbewerb mit anderen versprechen. Derartige
Aufgaben können auch einen intrinsischen Wert aufweisen, weil
Verschiedene Autoren (u. a. Elliot, 1999; Midgley, Maehr, Hicks, ein potenzieller Erfolg schon während der Aufgabenbearbeitung
Roeser, Urdan, Anderman & Middleton, 2000; Spinath, Stiens- positive Gefühle auslöst, wie z. B. Freude über den sich anbah-
meier-Pelster, Schöne & Dickhäuser, 2012) wiesen in den folgen- nenden Erfolg oder Stolz auf die (gezeigten) hohen Fähigkei-
den Jahren darauf hin, dass die Lernziele in der Definition von ten. Allerdings birgt die Verfolgung von Leistungszielen neben
Dweck & Leggett (1988) ausschließlich eine Annäherungskom- Chancen auch das Risiko des Misserfolgs in sich. Dabei ist, wie
ponente (hinzulernen und Kompetenzen entwickeln wollen) auf- oben schon nahegelegt, das wahrgenommene Chance-Risiko-
weisen, während die Definition der Leistungsziele neben einer Verhältnis abhängig vom Fähigkeitsselbstkonzept. Bei niedrigem
Annäherungs- (Kompetenzen validieren, aber auch Kompetenz Fähigkeitsselbstkonzept wird überwiegend das Risiko des Schei-
demonstrieren) auch eine Meidenkomponente (Inkompetenz terns wahrgenommen. Aufgaben sind in diesem Fall besonders
verbergen) beinhaltet. Später nahmen Elliot & Mc Gregor (2001) nützlich, wenn deren Bearbeitung es erlaubt, mangelnde Fähig-
18 analog zur schon etablierten Ausdifferenzierung der Leistungsziele keiten zu kaschieren. Diese Aufgaben können jedoch keinen
eine Ausdifferenzierung der Lernziele in Annäherungs- vs. Mei- intrinsischen Wert aufweisen, da sie nicht mit positiven Emo-
denvariante vor. Diese Zwei-mal-zwei-Matrix der motivationalen tionen verbunden werden, sondern mit der Angst, zu versagen
Zielorientierungen (Lern- vs. Leistungsziele und Annäherungs- vs. und dadurch niedrige Fähigkeiten zu offenbaren. Da zudem
Meidenziele) erwies sich jedoch als wenig überzeugend (vgl. Lee & ein möglicher Misserfolg auf eine als stabil und unkontrollier-
Bong, 2016), weil sich Vermeidungslernziele sowohl theoretisch bar eingeschätzte mangelnde Fähigkeit zurückgeführt würde,
nicht gut begründen wie auch empirisch nicht klar von Leistungs- stehen mögliche Schamgefühle, die als Folge von Misserfolg auf-
zielen abgrenzen lassen. So erscheint es theoretisch kontraintui- treten, im Fokus. Diese empfundene Angst während der Aufga-
tiv anzunehmen, dass Verhalten einerseits auf Herausforderungen benbearbeitung wie auch die antizipierte Scham sind als Kosten
oder Kompetenzentwicklung fokussiert und dabei gleichzeitig ein zu betrachten, die den Aufgabenwert ins Negative kehren. Die
„Meiden“-Motiv bedient. Empirisch lässt sich zudem ein Meiden- mit der Aufgabenbearbeitung assoziierten Emotionen werden
lernziel nur schwer von Leistungszielen trennen. So korrelieren zudem im affektiven Gedächtnis gespeichert. Sieht sich später
Meidenlernziele substanziell positiv mit Annäherungs- wie auch der Lernende vor neue Aufgaben gestellt, so werden diese gespei-
Meidenleistungszielen (vgl. Lee & Bong, 2016 für eine detaillier- cherten Affekte abgerufen und beeinflussen den Aufgabenwert
tere Diskussion). negativ.
18.5 · Bedeutung des Umfelds für Ziele und Selbstbild
579 18
Neben den soeben diskutierten Auswirkungen auf die Wert- Bestreben, niedrige oder fehlende Fähigkeiten zu kaschieren, ist
komponente sind eine Reihe weitere Konsequenzen der Zielorien- der Kern eines Vermeidungsleistungsziels. Dieses Bestreben ist
tierung gut dokumentiert. So trägt eine Leistungszielorientierung Folge eines niedrigen Fähigkeitsselbstkonzepts, also der Über-
dazu bei, dass Lernende Self-Handicapping-Strategien nutzen, um zeugung, nicht hinreichend begabt zu sein, um im Wettbewerb
mangelnde Fähigkeiten zu kaschieren (Urdan, 2004; zur Erfassung mit anderen standhalten zu können.
von Self-Handicapping s. Schwinger & Stiensmeier-Pelster, 2012; Die von Schülerinnen und Schülern verfolgte Zielorientie-
7 Abschn. 18.7). Ebenso fördert eine Leistungszielorientierung das rung unterliegt einem zeitgeistigen Wandel. So konnten Spinath,
Vermeiden neuartiger Aufgaben (Turner, Midley, Meyer, Cheen, Kriegbaum, Stiensmeier-Pelster, Schöne & Dickhäuser (2016)
Anderman, Kang & Patrick, 2002). Beschäftigt man sich lieber mit zeigen, dass die Lernzielorientierung deutscher Schülerinnen
bereits bekannten, schon erfolgreich bearbeiteten Aufgaben und und Schüler zwischen 2002 und 2012 abnahm, während die Ver-
vermeidet man neue Aufgaben, so ist dies für das Lernen nicht meidungsleistungszielorientierung zunahm. Die Größe dieser
förderlich. Das Lernen behindernde Strategien sind zudem das beiden Effekte war substanziell und vergleichbar dem aus der
Vermeiden von hilfeaufsuchendem Verhalten (Karabenick, 2004) Intelligenzforschung bekannten Flynn-Effekt (Trahan, Stuebing,
und das Mogeln (Bong, 2008), was ebenfalls mit Leistungsziel- Fletcher & Hiscock, 2014). Obwohl die Autoren diese Spekula-
orientierung assoziiert ist. tion nicht diskutieren, könnte unseres Erachtens dieser Effekt auf
die Zunahme von bundesweiten (PISA, TIMMS) bzw. landeswei-
z Determinanten der Zielorientierung ten Lernstanderhebungen (VERA) zurückzuführen sein. Der-
Eine wesentliche Determinante der Zielorientierung sind naive artige Tests lenken eher ab von der Auseinandersetzung mit dem
Theorien über die Veränderbarkeit von Kompetenzen und Fähig- eigenen Lernen und fokussieren auf den Wettbewerb mit anderen
keiten. Sind Lernende der Ansicht, dass ihre Kompetenzen unver- Schülerinnen und Schülern, was eine Abnahme der Lernziel- und
änderlich sind, haben sie also eine „entity theory of intelligence“ Zunahme der Leistungszielorientierung bewirkt. In dem Maße,
im Sinne Dwecks (1986), so entwickeln sie eher eine Leistungs- in dem derartige Tests auch relevant sind für den Schulübertritt
zielorientierung. Eine Lernzielorientierung wird demgegenüber (Grundschule zum Gymnasium) oder die testierte Abschlussqua-
begünstigt, wenn Lernende glauben, ihre Kompetenzen wären lifikation (Lernstanderhebungen am Ende der 9. Klasse), steigt das
veränderlich, insbesondere entwicklungsfähig (im Sinne einer Risiko, welches mit einem schlechten Abschneiden verbunden
„incremental theory of intelligence“, Dweck, 1986). Vorstellun- ist. Als Folge erscheint es Schülerinnen und Schülern wichtiger,
gen über die Veränderbarkeit eigener Fähigkeiten und Kompe- mangelnde Kenntnisse zu verbergen, und damit steigt die Ver-
tenzen sind unseres Erachtens integraler Bestandteil des Fähig- meidungsleistungszielorientierung. Es läge damit eine typische
keitsselbstkonzepts (7 Exkurs „Selbstkonzept, Selbstwert, Fähig- negative Wirkung des in den vergangenen Jahren sehr kritisch dis-
keitsselbstkonzept, Selbstwirksamkeits- und Ergebniserwartung“ kutieren „High Stakes Testing“ (Nichols & Berliner, 2008; Ryan &
in 7 Abschn. 18.3). Leider umfassen nahezu alle Fragebögen zur Deci, 2016) vor. Bei Gymnasialschüler/innen könnte der Wandel
Erhebung des Fähigkeitsselbstkonzepts ausschließlich Aussa- der Zielorientierung auch Folge der Ausweitung und Verschärfung
gen, die die Höhe eigener Fähigkeiten thematisieren, obwohl des Numerus clausus sein. Gibt es den gewünschten Studienplatz
Dweck vor nunmehr über 30 Jahren bereits darauf hingewiesen nur, wenn man im Wettbewerb mit anderen potenziellen Studien-
hat, das auch Vorstellungen über die Veränderbarkeit von Intel- anfängern vorn liegt, so gerät das Leistungsergebnis in den Fokus
ligenz und Begabung ein erklärungsmächtiger Faktor im Kontext und das Lernen selbst in den Hintergrund. In der Folge steigt die
der Lern- und Leistungsmotivation ist. Das einzige Instrument, Leistungs- und sinkt die Lernzielorientierung.
welches unseres Wissens auch die Veränderbarkeit von Begabun-
gen thematisiert, sind die Skalen zur Erfassung des schulischen
Selbstkonzepts (SESSKO; Schöne, Dickhäuser, Spinath & Stiens- 18.5 Bedeutung des Umfelds für Ziele und
meier-Pelster, 2012). Die unterschiedlichen Vorstellungen über Selbstbild
die Stabilität bzw. Veränderbarkeit eigener Intelligenz und Bega-
bung hängt ab von der Bezugsnormorientierung der Lehrkraft Das Modell von Eccles und Wigfield (Eccles, 2005; Wigfield &
und anderer relevanter Sozialisationsagenten (z. B. auch Eltern; Eccles, 2000) ermöglicht nicht nur Vorhersagen darüber, welche
7 Abschn. 18.5). Charakteristika einer Person (z. B. Zielorientierungen, Fähigkeits-
Eine weitere Determinante der Zielorientierung stellt das selbstkonzept, Selbstwert) die Ausprägung der Erfolgserwartung
Fähigkeitsselbstkonzept dar. Im Falle einer bestehenden Leis- und des Aufgabenwerts beeinflussen, sondern auch darüber,
tungszielorientierung determiniert die Höhe des Fähigkeitsselbst- inwiefern Unterschiede in diesen Charakteristika durch wich-
konzepts, ob man eher annäherungs- oder meidenorientiert ist. tige Sozialisationspersonen und durch das kulturelle Milieu (z. B.
Annäherungsleistungsziele sind darauf ausgerichtet, hohe Kom- Geschlechts- und andere soziale Stereotype) geprägt sind.
petenzen zu demonstrieren, was auch den Wunsch beinhaltet, sich Welche Einstellungen, Überzeugungen und Verhaltenswei-
seiner hohen Kompetenzen stetig zu vergewissern, also Kompe- sen ein Schüler entwickelt, wird zu einem bedeutsamen Anteil
tenzen zu validieren. Der Wunsch, hohe Kompetenz zu demons- dadurch beeinflusst, welche Überzeugungen und Verhaltenswei-
trieren, setzt voraus, dass man sich sicher ist, diese zu zeigenden sen wichtige Sozialisationspersonen (u. a. Eltern, Lehrer, aber
hohen Kompetenzen auch zu besitzen. Annäherungsleistungs- auch Mitschüler) an den Tag legen. In dem Modell von Eccles und
ziele setzen somit ein hohes Fähigkeitsselbstkonzept voraus. Das Wigfield wird angenommen, dass in diesem Zusammenhang vor
580 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

allem entscheidend ist, welche Überzeugungen und Einstellungen Bezugsnormorientierung allen Schülern die gleichen oder zumin-
ein Schüler bei seinen Bezugspersonen subjektiv wahrnimmt, und dest ähnliche Aufgaben vorlegen. Unterscheiden sich die Schüler
nicht so sehr, wie diese tatsächlich ausgeprägt sind bzw. von den in der Bearbeitungsqualität bei diesen Aufgaben, sollten Lehr-
Bezugspersonen selbst eingeschätzt werden. Diese Unterschei- kräfte mit sozialer Bezugsnormorientierung dies eher auf Unter-
dung ist wichtig, da die subjektive Wahrnehmung ein- und dessel- schiede zwischen den Schülern zurückführen, welche sie als stabil
ben Merkmals aus der Perspektive der/s Lernenden oftmals erheb- und unveränderlich erachten. Dieses Verhalten der Lehrkräfte
lich von der Perspektive der Sozialisationspersonen abzuweichen führt in der Regel dazu, dass die Schüler einen ähnlichen Platz in
scheint (De Los Reyes & Kazdin, 2005). Beim Vorliegen von Lern- der Rangreihe über die Zeit einnehmen (z. B. bleibt ein Schüler
und Leistungsproblemen ist es dementsprechend sinnvoll, sowohl über das gesamte Schuljahr hinweg der schlechteste in Mathema-
Eltern als auch deren Kinder in die Ursachensuche einzubeziehen, tik). Infolgedessen wird bei den Schülern eher ein internal-stabiler
um ein umfassendes Bild zu erhalten und mögliche Diskrepan- Attributionsstil angeregt (z. B. denkt der stets schlechteste Schüler,
zen aufdecken und thematisieren zu können. Es gibt eine Vielzahl dass er wohl einfach nicht begabt genug für Mathematik ist).
an Studien, in denen sich Wissenschaftler mit dem Einfluss von Drittens sollte die Bezugsnormorientierung eines Lehrers die
Sozialisationspersonen im Lern- und Leistungskontext beschäf- Zielorientierung von Schülern beeinflussen. Es ist anzunehmen,
tigt haben (für eine Zusammenfassung s. Wigfield, Tonks, Klauda, dass Schüler von Lehrern mit sozialer Bezugsnormorientierung
2016). An dieser Stelle sollen beispielhaft die Rolle der Bezugs- eher leistungszielorientiert sind, da sie sich notwendigerweise
normorientierung und der bedingten Wertschätzung sowie die mit ihren Mitschülern vergleichen müssen, um einschätzen zu
Rolle von Geschlechtsstereotypen in Bezug auf die so genannten können, ob ihr Lehrer ihre Leistung als gut oder schlecht bewerten
MINT-Fächer genauer beleuchtet werden. wird. Lehrkräfte mit individueller Bezugsnormorientierung hin-
gegen wenden vielfältigere Bezugsnormen im Unterricht an und
z Die Bedeutung von Bezugsnormorientierungen geben bei informellen Leistungsrückmeldungen häufiger indivi-
Personen scheinen sich stabil darin zu unterscheiden, welche duelles Feedback. Sie geben ihren Schülern unterschiedliche Auf-
Bezugsnorm sie zur Bewertung einer Leistung bevorzugen, wenn gaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Bei der infor-
sie in einer bestimmten Situation die Wahl zwischen verschie- mellen Leistungsbeurteilung werden vor allem Entwicklungen
denen Bezugsnormen haben. Diese Tendenz wird Bezugsnorm- über die Zeit betrachtet. Veränderungen werden auf vermehrte
orientierung genannt (Rheinberg, 2001). Im Allgemeinen unter- bzw. verminderte Anstrengung oder starkes bzw. mangelndes
scheidet man Personen mit individueller von solchen mit sozia- situationales Interesse zurückgeführt. Dies sollte auf Seiten der
ler Bezugsnormorientierung. Lehrkräfte, die deutlich eine soziale Schüler einen internal-variablen Attributionsstil anregen. Schüler
Bezugsnorm präferieren, vermitteln ihren Schülern, dass Leis- von Lehrern mit individueller Bezugsnormorientierung müssten
tungen und Kompetenzen eher stabil sind, während Lehrkräfte dementsprechend eher lernzielorientiert sein, da bei ihnen der
mit einer starken individuellen Bezugsnormorientierung den Ein- Vergleich von früheren und aktuellen Leistungen zur Leistungs-
druck vermitteln, dass Leistungen und Kompetenzen eher varia- bewertung herangezogen wird. Um einschätzen zu können, ob sie
bel sind, denn der starke Fokus auf die in der Regel stabilen Leis- eine gute oder schlechte Note bekommen, müssen sie den Fokus
tungs- bzw. Kompetenzunterschiede zwischen Schülern verstellt zwangsläufig auf die Entwicklung ihrer Kompetenzen über die
den Blick auf die Leistungs- bzw. Kompetenzentwicklung ebenso, Zeit legen.
wie andererseits der starke Fokus auf die Leistungs- bzw. Kompe- In einigen Studien konnten ausgewählte Aspekte dieser Wirk-
tenzentwicklung die eher stabilen interindividuellen Differenzen mechanismen untermauert werden. So zeigten sich etwa in einer
in den Hintergrund geraten lassen (vgl. Rheinberg, 2008). Zudem Studie von Hong, Chiu, Dweck, Lin & Wan (1999) die beschriebe-
führen Lehrkräfte mit sozialer Bezugsnormorientierung Schüler- nen Zusammenhänge von impliziten Intelligenztheorien und Kau-
leistungen bevorzugt auf zeitstabile Ursachenfaktoren zurück und salattributionen. Auch Ommundsen (2001) fand entsprechende
sie sind überzeugt, dass Schülerleistungen auch über lange Zeit Zusammenhänge zwischen der von Schülern wahrgenommenen
18 stabil und damit vorhersagbar sind. Lehrkräfte mit individueller Klassenzielstruktur und ihren impliziten Intelligenztheorien.
Bezugsnormorientierung dagegen bevorzugen eher variable Ursa- Insgesamt mangelt es jedoch bisher an empirischen Arbeiten, in
chenfaktoren, um die Leistungen ihrer Schüler zu erklären, und denen die Auswirkungen der Bezugsnormorientierungen von
sie sehen Schülerleistungen als zeitlich variabel und damit nicht Lehrkräften auf die motivationale Orientierung von Schülerin-
bzw. nur wenig vorhersagbar. nen und Schülern untersucht wurden.
Die Bezugsnormorientierung von Lehrkräften hat deutliche Neben den soeben beschriebenen indirekten Einflüssen der
Auswirkungen auf das Lern- und Arbeitsverhalten sowie auf die Bezugsnormorientierung determiniert diese die Zielorientierung
Leistung von Schülerinnen und Schülern (vgl. Rheinberg, 1980; auch direkt. So vermitteln Lehrkräfte mit sozialer Bezugsnorm
Rheinberg & Krug, 2005; Rheinberg & Engeser, 2010). Erstens ihren Schülern möglicherweise, dass der soziale Status, den man
sollten die Unterschiede zwischen Lehrkräften mit sozialer vs. in der Klasse einnimmt, bedeutsam ist. Um einen hohen sozia-
individueller Bezugsnormorientierung dazu beitragen, dass len Status zu erlangen, treten dann die Schüler mit anderen Schü-
Schüler eine „entity theory of intelligence“ oder aber eine „incre- lern in Wettbewerb und versuchen hohe Fähigkeiten zu demons-
mental theory of intelligence“ entwickeln (7 Abschn. 18.4.2). trieren und niedrige zu verbergen, um in diesem Wettbewerb gut
Zweitens hat die Bezugsnormorientierung einen Einfluss auf die abzuschneiden. Leistungszielorientierung wird auf diese Weise
Kausalattributionen der Schüler. Um einen adäquaten sozialen gefördert. Demgegenüber betonen Lehrkräfte mit individueller
Vergleich vornehmen zu können, müssen Lehrer mit sozialer Bezugsnorm die Wichtigkeit des persönlichen Lernfortschritts.
18.5 · Bedeutung des Umfelds für Ziele und Selbstbild
581 18
Mit anderen Schülern zu wetteifern wird dadurch unwichtig. Eltern ihren Kindern mehr Zuneigung und Wertschätzung
Wichtig ist dagegen die Entwicklung der eigenen Kompetenzen als üblich entgegen bringen, wenn diese erwünschtes
und Fähigkeiten. Zudem werden Erfolge und Misserfolge dann Verhalten bzw. erwünschte Leistungsresultate zeigen,
weniger als Bewertung der eigenen Person, sondern eher als Rück- und negativer bedingter Wertschätzung, bei der Eltern
meldung gesehen. Die Bezugsnormorientierung der Lehrkräfte ihren Kindern Zuneigung und Wertschätzung entziehen,
beeinflusst somit die Zielstrukturen, die im Klassenzimmer vor- wenn diese unerwünschtes Verhalten bzw. unerwünschte
herrschen. Diese ganz wesentlich durch das Verhalten der Lehr- Leistungsresultate zeigen (Assor, Roth & Deci, 2004).
kräfte erzeugte Zielorientierung im Klassenzimmer („classroom
goal structure“) determiniert also, wie Schülerinnen und Schüler Die Strategie der bedingten Wertschätzung ist unter Eltern weit
den Lernkontext im Klassenzimmer wahrnehmen und interpre- verbreitet und wird häufig in Erziehungsratgebern empfohlen. In
tieren, und damit u. a. auch, welche Ziele sie fortan im Klassenzim- der psychologischen Forschung gibt es unterschiedliche Auffas-
mer verfolgen (zusammenfassend Meece, Anderman & Ander- sungen darüber, inwiefern es sich bei dieser Erziehungspraktik
man, 2006). Sofern Lehrkräfte Schülerinnen und Schüler ermun- um eine entwicklungsförderliche Sozialisationsstrategie handelt.
tern, sich auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten zu konzentrieren Während Befürworter dieses Ansatzes aus einer lerntheoretischen
(individuelle Bezugsnorm), statt darauf, wie gut sie im Vergleich Perspektive argumentieren, dass elterliche bedingte Wertschätzung
zu anderen abschneiden (soziale Bezugsnorm), gelingt es ihnen, eine effektive Strategie zum Aufbau angemessenen kindlichen Ver-
eine eher lernzielorientierte Klassenzielstruktur zu etablieren. haltens sein kann (z. B. Aronfreed, 1968; Domjan, 2014; Gewirtz &
Vermitteln Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schüler dagegen, Pelaez-Nogueras, 1991), führen Kritiker an, dass dieses Vorgehen
dass es wichtig ist, hohe Fähigkeiten zu demonstrieren und man- mit hohen emotionalen Kosten verbunden ist (z. B. Assor, Roth &
gelnde so gut es geht zu kaschieren, dann erzeugen sie eher eine Deci, 2004; Rogers, 1951; Ryan & Deci, 2000). In verschiedenen
leistungszielorientierte Klassenzielstruktur. Letzteres wird insbe- Studien zeigten sich zahlreiche negative Korrelate, unter anderem
sondere gefördert durch Wettbewerbe, bei denen es um das Gewin- Defizite in der Selbstregulation, eine übermäßige Leistungsziel-
nen geht, oder auch durch Aufforderungen an Schülerinnen und orientierung sowie ein gehemmtes Explorationsverhalten im Sinne
Schüler, nicht hinter anderen zurückzubleiben. Auch das Loben mangelnder intrinsischer Motivation (Assor, Roth & Deci, 2004;
von im sozialen Vergleich besonders guten und das Tadeln von im Roth, Assor, Niemiec, Ryan & Deci, 2009). Darüber hinaus ver-
sozialen Vergleich schlechten Leistungen fördert eine leistungsziel- mitteln Eltern und Lehrkräfte ihren Kindern auf diesem Weg,
orientierte Lernstruktur (vgl. auch 7 Exkurs „Was Lehrer beachten dass diese nur unter bestimmten Bedingungen Wertschätzung
sollten, wenn sie loben“ in 7 Abschn. 18.4.1). Dagegen wird eine verdienen. Als Folge machen die Kinder ihren Selbstwert abhän-
lernzielorientierte Zielstruktur gefördert durch Lob, welches den gig vom Erfüllen externer Kriterien (Deci & Ryan, 1995; Otter-
Lernfortschritt hervorhebt, dem also eine individuelle Bezugsnorm pohl, Keil, Assor & Stiensmeier-Pelster, 2017). Auf der einen Seite
zugrunde liegt. Ob die im Klassenzimmer etablierte Zielstruktur hat bedingte Wertschätzung somit vermittelt über eine höher aus-
eher annäherungs- oder meidenorientiert ist, hängt davon ab, ob geprägte Selbstwertkontingenz durchaus positive Auswirkungen
die Lehrkraft eher den Lernzuwachs bzw. das Gewinnen in den auf einzelne Facetten des Aufgabenwerts (z. B. steigert sie die per-
Fokus stellt oder aber eher Rückschritte im Lernen bzw. das Ver- sönliche Bedeutsamkeit). Gleichzeitig schlägt sie sich auf andere,
lieren (zusammenfassend Eccles & Roeser, 2011). ungleich wichtigere, Facetten des Aufgabenwerts eher ungünstig
nieder (z. B. senkt sie den intrinsischen Wert einer Aufgabe).
z Die Bedeutung von elterlicher bedingter Wertschätzung Elterliche bedingte Wertschätzung ist konzeptuell mit dem
Nicht nur der/die Lehrer/in hat durch Lob und Tadel Einfluss auf operanten Konditionieren verwandt, bei der Verhaltensweisen
die Zielorientierung der einzelnen Schüler. Vielmehr wird das durch Verstärkung bzw. Bestrafung beeinflusst werden. Wenn
Schülerselbstbild (vor allem der Selbstwert) auch dadurch beein- Eltern ihr Kind verstärken oder bestrafen, indem sie es mehr
flusst, wie andere wichtige Sozialisationspersonen (z. B. Eltern oder weniger wertschätzen als normalerweise, dann machen sie
und andere Bezugspersonen wie die Großeltern) auf erzielte Leis- Gebrauch von bedingter Wertschätzung. Bedingte Wertschätzung
tungsergebnisse reagieren, etwa ob bzw. wie sehr sie auf gute oder ist also immer eine Form von Verstärkung bzw. Bestrafung. Umge-
schlechte Leistungen mit Anerkennung oder Missbilligung reagie- kehrt ist aber nicht jede Form von Verstärkung bzw. Bestrafung
ren. In diesem Zusammenhang wird seit einigen Jahren das Kons- auch bedingte Wertschätzung. Bedingte Wertschätzung liegt nur
trukt der elterlichen bedingten Wertschätzung („parental condi- dann vor, wenn sich die Wertschätzung, die auf ein bestimmtes
tional regard“; Assor, Roth & Deci, 2004) erforscht. Verhalten folgt, auf die Person selbst richtet („Ich schätze dich
mehr, weil du eine gute Note in der Arbeit über unregelmäßige
> Definition Verben geschrieben hast“) und somit eine kontingente Verknüp-
Bei bedingter Wertschätzung handelt es sich um eine fung des Verhaltens und der Person erfolgt. Unabhängig davon
Sozialisationsstrategie zum Aufbau bzw. zur Modifikation kann sich Verstärkung bzw. Bestrafung auch ausschließlich auf
von kindlichen Einstellungen und Verhaltensweisen, das Verhalten beziehen, ohne eine Schlussfolgerung über den
bei der Eltern das Ausmaß ihrer Zuneigung und Wert einer Person zu beinhalten („process vs. person feedback“,
Wertschätzung abhängig machen von spezifischen Kamins & Dweck, 1999, S. 835). Eltern und Lehrkräfte können also
kindlichen Verhaltensweisen oder Leistungsresultaten. Es auch Rückmeldung zu Schulleistungen geben, ohne dass Schüler
kann unterschieden werden zwischen positiver bedingter das Gefühl haben, dass die Wertschätzung von diesen Leistungen
Wertschätzung, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass abhänge („Dass du so eine gute Note geschrieben hast, zeigt, dass
582 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

du dich gut in dem Bereich unregelmäßiger Verben auskennst“, Leistungsursachen. So vermitteln Lehrkräfte ihren Schülern, dass
vgl. Assor, Kanat-Maymon & Roth, 2014). Erfolg eher durch Begabung verursacht ist, Misserfolg dagegen
mangelnder Anstrengung geschuldet ist, während sie Schüle-
z Die Bedeutung von Geschlechtsrollenstereotypen rinnen eher vermitteln, dass deren Erfolg eher auf Anstrengung
Lern- und Leistungsmotivation in Schule und Hochschule sind zurückgeht und für deren Misserfolg mangelnde Fähigkeit verant-
in bestimmten Fächern deutlich vom Geschlecht der/des Ler- wortlich ist (Tiedemann & Faber, 1995). Andere Vermittlungswege
nenden beeinflusst (zusammenfassend Watt, 2016). So konnten sind Lob und Tadel, emotionale Reaktionen oder das Zuweisen
beispielsweise Frenzel, Goetz, Pekrun & Watt (2010) zeigen, dass von Aufgaben (zusammenfassend Meyer, 1984). Glauben Lehr-
Schüler ein deutlich höheres Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kräfte, dass die Begabung einer Schülerin eher gering ist, dann
aufweisen als Schülerinnen. Dieser Unterschied im Fähigkeits- loben sie diese in besonderer Weise für Erfolg. Weiterhin zeigen sie
selbstkonzept entwickelt sich bereits in sehr jungen Jahren, wie sich überrascht, wenn die Schülerin Erfolg hat und, sofern Binnen-
in einer Studie von Tiedemann (2000) gezeigt werden konnte. differenzierung im Unterricht möglich ist, weisen ihr eher leichte
Schülerinnen der dritten und vierten Klasse der Grundschule Aufgaben zu. Kompetenzeinschätzungen wichtiger Sozialisations-
schätzten im Vergleich zu ihren männlichen Klassenkameraden personen beeinflussen nicht nur die Kompetenzeinschätzung von
ihre mathematischen Fähigkeiten als deutlich geringer ein. Die Schüler/innen, sondern auch deren Lernverhalten und deren Leis-
Mädchen gaben im Vergleich zu den Jungen auch an, mehr Zeit tung (Tiedemann, 2000). Unabhängig von den realen Kompeten-
für die Erledigung der Hausaufgaben zu benötigen. Zudem unter- zen (operationalisiert durch frühere Noten), zeigen Schüler/innen
schieden sich Mädchen und Jungen darin, wie sie Leistungsergeb- in Mathematik umso bessere Leistungen, je höher Lehrkräfte ihre
nisse attribuierten. Schülerinnen machten im Vergleich zu Schü- Fähigkeiten einschätzen.
lern für Erfolge weniger ihre (hohe) Begabung und für Misserfolg Einschätzungen wichtiger Sozialisationspersonen beeinflus-
stärker ihre (mangelnde) Begabung verantwortlich. Bemerkens- sen nicht nur die von Schülerinnen und Schülern vorgenommen
wert war, dass diese Unterschiede in den Einschätzungen nicht Selbsteinschätzungen, sondern auch deren Wahlverhalten und
mit vergangenen oder aktuellen Noten in Mathematik korrespon- deren Leistung. Bezüglich des Wahlverhaltens konnte Dickhäuser
dierten. Es muss somit jenseits realer Leistungen in Mathematik (2001) zeigen, dass Schüler im Vergleich zu Schülerinnen – sofern
Bedingungen geben, die die ungünstigen Selbsteinschätzungen die Schule Wahlmöglichkeiten bietet – eher einen Kurs aus dem
der Mädchen verursachen. In Übereinstimmung mit dem Modell MINT-Bereich wählen, während sich die Schülerinnen eher für
von Eccles und Wigfield, wonach hierfür Geschlechtsrollenstereo- einen Kurs entscheiden, der nicht dem MINT-Bereich zuzuordnen
type verantwortlich sein könnten, zeigt Tiedemann (2000), dass ist. Diese unterschiedlichen Kurspräferenzen sind, wie Dickhäuser
Eltern (sowohl Mütter wie auch Väter) ebenso wie Lehrkräfte und Stiensmeier-Pelster (2003) in Bezug auf die Wahl von Com-
Jungen als mathematisch deutlich kompetenter einschätzten als puterkursen zeigen konnten, über die Erwartungen und Wert-
Mädchen. Einschätzungen von Kompetenzen werden auf vielfäl- vorstellungen der Schülerinnen und Schüler erklärbar (. Abb.
tige Art und Weise an die betroffenen Mädchen kommuniziert. 18.3). Die Einschätzungen von Erwartung und Wert der Schüle-
Ein Vermittlungsweg läuft über die Kommunikation möglicher rinnen und Schüler sind wiederum, wie von Eccles und Wigfield

18

. Abb. 18.3 Vorhersage von Computerkurswahlen unter Einbeziehung von Elterneinstellungen (nach Dickhäuser & Stiensmeier-Pelster, 2003)
18.6 · Das zyklische Phasenmodell des selbstregulierten Lernens von Zimmerman
583 18
angenommen, abhängig von den Einstellungen ihrer Eltern. Die Lernhandlung mit. Doch wie genau sieht nun der anschließende
Schüler/innen trauten sich umso stärker zu, den Anforderungen Lernprozess bei diesem Schüler aus? Welche Phasen durchläuft er
des Computerkurses zu genügen (Erfolgserwartung), je stärker sie hierbei? Und wie kann der Schüler diesen Prozess aktiv beeinflus-
annahmen, dass ihre Eltern ihnen den Computerkurs zutrauen. sen? Um Fragen nach solchen allgemeingültigen psychologischen
Zudem maßen sie dem Computerkurs einen umso höheren Wert Mechanismen (prozessorientierte Forschungsperspektive) zu
zu, je stärker sie glaubten, dass ihre Eltern dem Computerkurs beantworten, die mit Rückgriff auf Erwartungs-Wert-Modelle nur
einen hohen Wert zubilligen. Die von den Schüler/innen wahr- unzureichend zu klären sind, können theoretische Modelle zum
genommenen Einstellungen der Eltern korrespondierten zudem selbstregulierten Lernen herangezogen werden. Diese Modelle
mit den Einstellungen, die die Eltern selbst äußerten (. Abb. 18.3). ermöglichen es, einerseits die Wahl von Handlungszielen und
andererseits die Realisierung dieser Ziele zu unterscheiden und
gleichzeitig in ein gemeinsames Rahmenmodell zu integrieren (s.
18.6 Das zyklische Phasenmodell des auch 7 Abschn. 12.2). Zur Beschreibung des Prozesses des selbst-
selbstregulierten Lernens von Zimmerman regulierten Lernens gibt es verschiedene etablierte Ansätze, dar-
unter die Modelle von Boekaerts (1996; Boekaerts & Niemivirta,
Anhand von Erwartungs-Wert-Modellen können Aussagen über 2000) und Zimmerman (2000). Das Modell von Zimmerman soll
die Bildung von Handlungsabsichten getroffen werden, welche im Folgenden näher betrachtet werden.
sich u. a. in der Aufgabenwahl und in dem Durchhaltevermögen
bei der Bearbeitung einer Aufgabe niederschlagen. Bei Erwar- > Definition
tungs-Wert-Modellen geht es vorrangig darum, zu erklären, Weinert (1982) definiert selbstgesteuertes Lernen als
wie Handlungsabsichten entstehen und welche Einflussfaktoren eine Lernform, bei der der Lernende „ … die wesentlichen
hierfür entscheidend sind. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er
Frage, wie sich Unterschiede zwischen Schülern in Bezug auf ver- lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“
schiedene persönliche Merkmale (z. B. Fähigkeitsselbstkonzept, (S. 102).
Zielorientierungen) auf Unterschiede in der Leistungsmotivation
auswirken (differenzielle Forschungsperspektive). Mit anderen Zimmerman (2000) beschreibt selbstreguliertes Lernen als einen
Worten geht es darum, vorherzusagen, wie hoch die Leistungs- sozial-kognitiven Prozess, in dem persönliche, verhaltensbezo-
motivation eines Schülers im Vergleich zu anderen Schülern aus- gene sowie umweltbezogene Faktoren zusammenspielen. Unter
geprägt ist. Greifen wir nun einmal einen einzelnen Schüler heraus Selbstregulation versteht er die vom Lernenden aktiv vorgenom-
und nehmen wir an, dass dieser in einer bestimmten Situation mene, fortlaufende Anpassung dieser drei Faktoren. Hierbei über-
bereits die Absicht gebildet hat, sich mit einem ausgewählten Lern- wacht der Lernende während des Lernens sich selbst und seine
gegenstand näher auseinander zu setzen. Er bringt eine vergleichs- Umwelt. Zudem wendet er geeignete Strategien an, um den Fort-
weise hoch ausgeprägte Leistungsmotivation für die nachfolgende gang des Lernprozesses zu optimieren. Lernen wird somit als ein

. Abb. 18.4 Das zyklische Phasenmodell des


selbstregulierten Lernens von Zimmerman
,
Planungsphase
(präaktional)
- Analyse der Aufgabe
- Zielsetzung

,,, Reflexionsphase ,, Durchführungsphase


(postaktional)
(aktional)
- Beurteilung des Lernprozesses
(Ist-Soll-Vergleich) - Durchführung
- fortlaufende Beobachtung /
Daraus Konsequenzen
Überwachung des Lernens
ziehen
584 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

zyklischer Prozess gesehen, in dem das Ergebnis einer vorherge- Schüler könnte etwa beim Lesen eines Textes nach jedem
henden Lernhandlung Einfluss auf die Zielsetzung der folgenden Abschnitt die Kernaussage zusammenfassen.
Lernhandlung hat (. Abb. 18.4). 2. Motivational-volitionale Komponenten: Dieser Bereich
Dieser zyklische Prozess lässt sich in drei Phasen untergliedern: beinhaltet Handlungen, die auf die Initiierung und
eine Planungsphase (präaktionale Phase), eine Durchführungs- Aufrechterhaltung des Lernens abzielen. Vor dem Lesen des
phase (aktionale Phase) und eine Reflexionsphase (postaktionale Textes könnte der Schüler sich beispielsweise als Belohnung
Phase). In der Planungsphase wird beschrieben, wie der selbst- ausdenken, dass er sich anschließend mit seinen Freunden
regulierte Schüler eine anstehende Aufgabe analysiert, anschlie- zum Fußballspielen verabredet. Während der Bearbeitung
ßend (sofern keine Ziele vorgegeben sind) eine Zielsetzung vor- des Textes muss er die Motivation aufrechterhalten und die
nimmt und zu diesem Ziel ggf. kleinere Teilziele formuliert. In der Lernabsicht gegenüber konkurrierenden Einflüssen und
Durchführungsphase setzt der Schüler die gesteckten Ziele in Lern- Zielen abschirmen. Hierzu dienen volitionale Strategien
handlungen um. In dieser Phase finden bei einem selbstregulierten (sog. Willensstrategien), die genutzt werden können, um mit
Lerner fortlaufend Prozesse zur Beobachtung und Überwachung äußeren und inneren Ablenkern angemessen umzugehen.
des eigenen Lernens statt. In der Reflexionsphase beurteilt der Ein Schüler kann beispielsweise verhindern, dass er beim
Schüler anschließend den abgeschlossenen Lernprozess. Hierbei Lesen durch Lärm abgelenkt wird, indem er vorher sein
vergleicht er sein Lernergebnis mit den anfangs gesetzten Zielen Handy ausstellt, und auf entmutigende Gedanken reagieren,
(Ist-Soll-Vergleich) und zieht aus diesem Vergleich Konsequenzen indem er tief durchatmet und innerlich bis zehn zählt, um
für den weiteren Lernprozess. Ist er mit dem Resultat nicht zufrie- sich anschließend wieder auf die Aufgabe zu konzentrieren.
den, könnte er sich beispielsweise entschließen, die Lernstrategie zu 3. Metakognitive Komponenten: Dieser Bereich umfasst die
wechseln, oder sich weniger anspruchsvolle Ziele setzen. Jede Phase Selbstbeobachtung (Self-Monitoring), Planung und adaptive
des Lernprozesses beinhaltet verschiedene kognitive, motivational- Anpassung des Lernverhaltens in Bezug auf das angestrebte
volitionale und metakognitive Komponenten, die im Folgenden Lernziel. Um seinen eigenen Lernprozess zu beobachten
näher erläutert sind (s. auch 7 Exkurs „Pädagogische Anwendung: und zu beurteilen, könnte ein Schüler jeden Tag vor dem
Wie Lehrkräfte selbstreguliertes Lernen fördern“): Erledigen seiner Hausaufgaben einschätzen, wie lange er
1. Kognitive Komponenten: Hierunter werden konzeptionelles für diese brauchen wird, und im Nachhinein beurteilen, ob
(z. B. Wissen über die Existenz verschiedener Lernstra- er die Aufgaben vollständig bearbeitet hat, wie viel Zeit er
tegien) und strategisches Wissen (Wissen über die Effek- hierfür benötigt hat und ob bzw. wie lange er in dieser Zeit
tivität einer Lernstrategie in einer bestimmten Situation) etwas anderes gemacht hat.
gefasst, sowie die Fähigkeit, dieses Wissen anzuwenden. Ein

Exkurs

Pädagogische Anwendung: Wie Lehrkräfte selbstreguliertes Lernen fördern


Aus dem Modell von Zimmerman lassen klare Kriterien definiert, um objektiv beurteilen zu arbeiten, können Lehrer ihnen spezielle
sich verschiedene Strategien zur Förderung zu können, ob das Ziel erreicht wurde, und Selbstinstruktionsstrategien vermitteln.
selbstregulierten Lernens ableiten. In der Belohnungen vereinbart, die der Schüler für Signalkarten, welche mit bestimmten
Planungsphase können Lehrkräfte den Schüler ein erreichtes Ziel erhält. Zusätzlich können zu Symbolen versehen sind (z. B. einem Stopp-
darin unterstützen, sich motivationsförderliche erwartende Probleme bei der Zielerreichung Schild) helfen Kindern, Aufgaben Schritt für
Ziele zu setzen, indem sie das SMART- sowie mögliche Lösungen ergänzt werden. Schritt zu lösen und dabei laut zu denken
Prinzip anwenden: Nach diesem Prinzip ist Der Vertrag wird abschließend von allen („Was soll ich tun? Wie ist mein Plan?“). Mit
ein Ziel immer dann motivationsförderlich, unterschrieben, wodurch deutlich wird, dass zunehmender Übung lernen die Schüler,
wenn es konkret genug formuliert wird alle Vertragspartner einen Beitrag zur Erfüllung zum geflüsterten und inneren Sprechen
18 und verdeutlicht, wann das Ziel erreicht ist
(„specific“), wenn es bedeutsam für den Schüler
leisten wollen. Der Schüler sollte aktiv und
auf Augenhöhe in die Vertragsverhandlungen
überzugehen und die gelernten Strategien
auch in anderen Situationen anzuwenden.
(„meaningful“), erreichbar („achievable“) einbezogen werden, da sich hierdurch seine Darüber hinaus kann auch der Umgang mit
und dabei weder zu leicht noch zu schwer Bereitschaft steigern lässt, Verantwortung für äußeren und inneren Ablenkern (z. B. lauten
(„realistic“) ist und wenn klar ist, zu welchem seinen Part des Vertrags zu übernehmen. Ein Tischnachbarn, lernhinderlichen Gedanken)
Zeitpunkt der Schüler dieses Ziel erreicht haben Beispiel für einen Verhaltensvertrag ist in trainiert werden, worauf in den folgenden
sollte („timely“). Nicht allen Schülern fällt es . Abb. 18.5 dargestellt. Hierbei wird ein Abschnitten noch näher eingegangen wird.
leicht, Ziele zu formulieren bzw. sich an diese einfaches Tokensystem eingesetzt. Response- In der Reflexionsphase können Lehrkräfte
Ziele zu binden. Schüler, die Schwierigkeiten Cost-Systeme, die auch einen Entzug von großen Einfluss darauf nehmen, auf welcher
in der Selbstregulation haben (z. B. auf Grund bereits erhaltenen Verstärkern vorsehen, Basis das Lernergebnis bewertet und wie das
eines Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts- sollten in der Schule nicht oder nur in Lernergebnis interpretiert wird. Ein Instrument
Syndroms), können in der Planungsphase von enger Kooperation mit psychologischem sind Lerntagebücher, die über einen Zeitraum
so genannten Verhaltensverträgen profitieren. Fachpersonal eingesetzt werden, da sie bei von mehreren Wochen eingesetzt werden
Hierbei setzen die Lehrkraft, der Schüler und unsachgemäßer Anwendung einen deutlich und in denen das Lernverhalten (z. B. bei
die Eltern gemeinsam einen Vertrag auf, in dem negativen Einfluss auf die Schüler-Lehrer- den Hausaufgaben) jeden Tag anhand von
in Anlehnung an das SMART-Prinzip ein Ziel Beziehung nehmen können. einigen geschlossenen Fragen beurteilt wird.
formuliert wird, welches sich auf ein konkretes Um Schüler darin zu unterstützen, in der Der langfristige Einsatz von Lerntagebüchern
Verhalten bezieht. In dem Vertrag werden Durchführungsphase planvoll und strukturiert hilft Schülern, den eigenen Lernprozess
18.6 · Das zyklische Phasenmodell des selbstregulierten Lernens von Zimmerman
585 18

systematisch zu analysieren und realistisch werden können. Weiterhin können Lehrkräfte Fehlern kann sehr unterschiedlich ausfallen,
einzuschätzen, ohne dass diese Einschätzung auch durch bestimmte Verhaltensweisen einen abhängig davon, welche Attributionsmuster
rückblickend verzerrt wird. Ebenso wie Einfluss darauf nehmen, wie Schüler ihren den jeweiligen Ursachen von Erfolg bzw.
die Methode der Selbstinstruktion haben Lernprozess bewerten und interpretieren. Bei Misserfolg zu Grunde liegen. Lehrkräfte
Lerntagebücher das Ziel, dass Schüler die der Beurteilung des Lernergebnisses spielen, beeinflussen diese Prozesse maßgeblich,
Strategien dauerhaft verinnerlichen und wie oben ausgeführt, Bezugsnormen eine was sich wiederum darauf auswirkt, welche
ein Lerntagebuch irgendwann überflüssig wichtige Rolle, während die Interpretation des Konsequenzen Schüler für den weiteren
wird. Es handelt sich also um Werkzeuge, Lernergebnisses eng mit Attributionsprozessen Lernprozess ziehen.
die vorübergehend im Unterricht eingesetzt zusammenhängt. Insbesondere die Analyse von

)ROJHQGH0D‰QDKPHQNDQQLFKHUJUHLIHQXPPHLQ=LHO]XHUUHLFKHQ

. Abb. 18.5 Beispiel für einen Verhaltensvertrag


586 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

18.7 Von der Lernregulation zur Boekaerts (Boekaerts & Niemivirta, 2000) geht in diesem
Selbstwertregulation: Ausstieg aus dem Zusammenhang davon aus, dass Lernende während des Lernens
Lernprozess zwei verschiedene Arten von Zielen verfolgen. Zum einen streben
sie danach, sich persönlich weiterzuentwickeln, indem sie ihre Kom-
Immer wieder lässt sich bei Schülern und Studierenden beobach- petenzen erweitern. Zum anderen möchten sie negative Einflüsse
ten, dass sie sich vor einer Bewertungssituation ein künstliches auf ihren Selbstwert und ihr Wohlbefinden verhindern. Boekaerts
Handicap verschaffen, welches im Falle eines möglicherweise ein- nimmt an, dass Personen über einen internen Prozessor verfügen, in
tretenden Misserfolgs als Ausrede dient (7 Beispiel). Dieses als dem durch eine Bündelung verschiedener Informationen (z. B. zur
„Self-Handicapping“ (Berglas & Jones, 1978) bezeichnete Phä- Art der Aufgabe, Beurteilung der eigenen Fähigkeiten) eingeschätzt
nomen kann sich in sehr unterschiedlichen Verhaltensweisen wird, ob eine selbstwertbedrohliche Situation vorliegt oder nicht.
äußern, welche entweder aktiv angeeignet sind (z. B. Substanz- Je nachdem, ob dies der Fall ist oder nicht, können im Lernprozess
missbrauch, Anstrengungsverringerung) oder behauptet werden zwei verschiedene Modi aktiviert werden: In einer selbstwertbe-
(z. B. das Anführen von Prüfungsangst, Schlafmangel oder angeb- drohlichen Situation wird der so genannte Coping Mode aktiviert.
licher Krankheiten). Im Kern handelt es sich hierbei um eine Stra- Die Person steigt aus dem Selbstregulationsprozess aus und schaltet
tegie zur antizipatorischen Attributionskontrolle, welche ermög- stattdessen auf die Regulation ihres Selbstwerts um, indem sie bei-
lichen soll, die Attribution von Misserfolg auf internal-stabil-glo- spielsweise Self-Handicapping betreibt. Wird dagegen signalisiert,
bal-unkontrollierbare und damit selbstwertbelastende Ursachen dass in einer Situation die Möglichkeit zum Lernen besteht und diese
zu vermeiden und stattdessen eine Attribution des Misserfolge auf Situation zudem nicht selbstwertbedrohlich erscheint, wird dagegen
externale oder internal-variabel-kontrollierbare, also selbstwert- der Mastery Mode aktiviert. Aufbauend auf diesen Überlegungen
schützende Ursachen vorzunehmen. entwickelte und prüfte Schwinger (2008) ein Modell zur Vorhersage
der Entstehung, des prozessualen Verlaufs und der Konsequenzen
Beispiel der Selbstwertregulation im Lernprozess. Diesem Modell liegt die
Annahme zu Grunde, dass im Sinne einer Bedürfnishierarchie der
Anna ist seit drei Semestern als Lehramtsstudentin an einer Regulation des Selbstwerts ein größerer Stellenwert zukommt als
hessischen Universität eingeschrieben. Morgen hat sie der Regulation des Lernprozesses selbst. Nur (bzw. erst) wenn der
eine wichtige Prüfung in Biologie. Dieses Fach ist ihr sehr Selbstwert ausgeglichen ist, kann das eigentliche Lernziel verfolgt
wichtig, aber leider hatte sie beim Lernen große Probleme, werden; Selbstregulation im Lernprozess (z. B. Motivationsregula-
die komplexen Inhalte wirklich gut nachzuvollziehen. Anna tion, Zeitmanagement) und Selbstwertregulation können also nicht
befürchtet, dass sie nicht intelligent genug ist, um die Prüfung gleichzeitig stattfinden. Auch wenn als Folge der Selbstwertregula-
zu bestehen. Immer wieder malt sie sich aus, wie sie durch tion mit Einbußen in der Leistung zu rechnen ist, erscheint dieses
die Prüfung fällt und anschließend vor ihren Kommilitonen Verhalten trotzdem hoch adaptiv, da sinnvolles Lernen nur auf Basis
wie der letzte Depp dasteht. In diesem Moment ruft eine eines ausgeglichenen Selbstwertgefühls gewährleistet werden kann.
Freundin an und fragt, ob Anna mit ihr heute Abend zur Bei der Entstehung von Self-Handicapping spielt vor allem die
Audimax-Party gehen möchte. Eigentlich wollte Anna früh ins Phase des Self-Monitoring eine besondere Rolle: Kommt eine Person
Bett gehen, um in der Prüfung richtig ausgeschlafen zu sein, bei der Bewertung ihres Lernprozesses zu dem Ergebnis, dass die
da sie insgeheim sehr hofft, dass sie die Prüfung bestehen gesteckten Ziele im Lernprozess nicht hinreichend erreicht wurden
wird. Doch dann fällt ihr ein, dass es womöglich auch Vorteile (negatives Ergebnis im Ist-Soll-Vergleich), sucht sie nach möglichen
haben könnte, auf die Party zu gehen: Wenn der schlimmste Ursachen. Diese Attributionen bedingen dann das affektive Erleben
Fall eintreten und sie wirklich durch die Prüfung fallen sollte, (7 Kap. 15). Beispielsweise wird sich ein Schüler, der eine internal-
könnte sie sich immer noch sagen, dass ihr Misserfolg nur variabel-kontrollierbare Attribution für einen Misserfolg (z. B. man-
darauf zurückzuführen ist, dass sie in der Prüfung völlig gelnde Anstrengung) vornimmt, vermutlich über sich selbst ärgern.
18 übermüdet war. Anna sagt ihrer Freundin zu und nimmt sich Dagegen wird ein Schüler, der eine internal-stabil-unkontrollierbare
vor, die Party erst im Morgengrauen zu verlassen. Attribution vornimmt (z. B. mangelnde Fähigkeiten), wahrscheinlich
Scham erleben. Nach Schwinger (2008) wird auf Basis dieses attribu-
tionsabhängigen affektiven Erlebens entschieden, ob es sich um eine
Eine Reihe von Studien zeigt, dass Self-Handicapping akademi- selbstwertbedrohliche Situation handelt. In dem Modell wird betont,
sche Leistungen in Schule und Studium negativ beeinflusst. In dass an dieser Stelle des Prozesses auch persönliche Dispositionen
einer Metaanalyse (Schwinger, Wirthwein, Lemmer & Steinmayr, zum Tragen kommen. Ist das vorliegende Lernergebnis beispiels-
2014) zeigte sich eine moderat negative Korrelation (r = -.23) zwi- weise besonders relevant für die Person (besteht also eine hohe Selbst-
schen Self-Handicapping und akademischen Leistungen, wobei wertkontingenz in dieser Domäne), führt eine ungünstige Attribu-
die Zusammenhänge für jüngere Schüler höher ausfielen als für tion mit entsprechend ungünstiger affektiver Bewertung vermutlich
ältere Schüler bzw. Studierende. Dennoch setzen Schüler und dazu, dass die Situation tatsächlich als selbstwertbedrohlich wahrge-
Studierende vor Prüfungen Self-Handicapping ein, da sie wie die nommen wird. In diesem Fall wechselt eine Person dann in den sog.
meisten Menschen das Attribut „nicht intelligent genug“ als selbst- Coping Mode und betreibt Selbstwertregulation, z. B. in Form von
wertbedrohlich empfinden. Diese Steuerung von Attributionen Self-Handicapping. Die beschriebenen Überlegungen konnten in
scheint somit dem kurzfristigen Schutz des eigenen Selbstwerts einer Reihe von Fragebogenstudien und Experimenten empirisch
zu dienen (Martin, Marsh & Debus, 2001). untermauert werden (zusammenfassend Schwinger, 2008).
18.8 · Strategien zur Selbstregulation: Emotions- und Motivationsregulation
587 18
18.8 Strategien zur Selbstregulation: Emotions- zu einem negativen Affekt (z. B. Ärger über den Lehrer). Auch
und Motivationsregulation wenn sie nicht selbstwertrelevant sind, können solche Emotionen
den anschließenden Lernprozess beeinträchtigen. Eine mögliche
Wird der Selbstwert nicht bedroht und dementsprechend der Erklärung hierfür ist, dass (vor allem negative) Emotionen mit
Mastery Mode aktiviert, können Schüler und Studierende ver- dem kindlichen Gedächtnis für schulische Inhalte interferieren
schiedene Strategien einsetzen, um ihren Lernprozess im Sinne (Davis & Levine, 2013; 7 Studie „Einfluss von Emotionsregulie-
der Erreichung ihres eigentlichen Lernziels zu regulieren. Hierbei rung auf die Gedächtnisleistung“). Emotionen lenken die Auf-
lassen sich u. a. Strategien zur Emotionsregulation und zur Moti- merksamkeit auf Informationen, die wichtig sind, um Verände-
vationsregulation unterscheiden. rungen in der eigenen Zielerreichung zu verstehen und entspre-
chend zu reagieren (Thompson & Meyer, 2007). Da Aufmerksam-
> Definition keit jedoch eine beschränkte Ressource ist, wird angenommen,
Unter Emotionsregulation wird die Fähigkeit verstanden, dass diese Fokussierung nur auf Kosten der Verarbeitung anderer
emotionale Reaktionen – insbesondere deren Qualität, (emotional eher neutraler) Informationen in der Umwelt möglich
Intensität und Verlauf – überwachen, bewerten und, nach ist. Lernenden wird mit dem Lernstoff häufig eine Vielzahl an
Maßgabe eines gesetzten Ziels, verändern zu können Informationen vorgegeben, die – wenngleich inhaltlich mögli-
(Thompson, 1994, S. 27f.). cherweise bedeutsam – emotional häufig eher neutral sind, und
es wird erwartet, dass sie diesen Stoff lernen. Wenn ein Schüler
Was hat diese Fähigkeit mit selbstreguliertem Lernen zu tun? nun ärgerlich ist und diese Emotion nicht angemessen regulie-
Stellen wir uns noch einmal vor, dass eine Person bei der Bewer- ren kann, wird es ihm schwerfallen, seine Aufmerksamkeit von
tung ihres Lernprozesses zu einem nicht zufriedenstellenden seinem Ärger wegzulenken und auf die emotional neutralen Infor-
Ergebnis kommt. Diesmal nimmt sie jedoch eine andere Attribu- mationen im Unterricht zu richten. Wenn wiederum die Aufmerk-
tion vor und führt den Misserfolg auf die unfaire Aufgabenstellung samkeit nicht auf diesen Lernstoff gerichtet wird, kann der Lern-
des Lehrers zurück. In diesem Fall ist die Ursachenzuschreibung stoff nicht angemessen enkodiert und dementsprechend später
nicht selbstwertbedrohlich, führt aber wahrscheinlich dennoch schlechter erinnert werden.

Studie

Einfluss von Emotionsregulierung auf die Gedächtnisleistung


Davis und Levine (2013) untersuchten die (Rumination, niedrige Strategieeffektivität) die hinsichtlich ihrer Emotionsregulation nicht
Annahme, dass (vor allem negative) Emotionen regulieren sollten. Anschließend sollten sich instruiert worden waren (. Abb. 18.6). Dieser
mit dem kindlichen Gedächtnis für schulische alle Kinder einen Lehrfilm anschauen, in Effekt trat jedoch nur bei denjenigen Kindern
Inhalte interferieren, in einem Experiment welchem der Besuch eines Mädchens in einer auf, welche von ihren Eltern hinsichtlich ihrer
mit Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren. Brotfabrik gezeigt wurde. Nach dem Film generellen Fähigkeit zur Emotionsregulation als
Hierbei wurden zunächst durch das Anschauen wurden den Kindern verschiedene Fragen eher schwach eingeschätzt worden waren. Bei
eines traurigen Films negative Emotionen zum Film gestellt (z. B.: „Wie viele Brötchen denjenigen Kindern, welche hinsichtlich ihrer
induziert, welche die Kinder anschließend können gleichzeitig in dem Ofen gebacken generellen Fähigkeit zur Emotionsregulation als
in einer Bedingung durch eine förderliche werden?“). Kinder aus der ersten Bedingung eher gut eingeschätzt worden waren, zeigten
Strategie (kognitive Neubewertung, hohe konnten sich hinterher besser an Details dieses sich hingegen keine Unterschiede zwischen
Strategieeffektivität) und in einer anderen Films erinnern als Kinder aus der zweiten den Bedingungen.
Bedingung durch eine ungünstige Strategie Bedingung sowie Kinder einer Kontrollgruppe,

Es gibt verschiedene Strategien, die zur Regulation von Emotionen eigene Anstrengung oder Persistenz bei der Bearbeitung
eingesetzt werden können. Diese können danach unterschieden von Aufgaben zu erhöhen.
werden, ob sie – langfristig angewendet – eher förderlich (adaptiv)
oder nachteilig (maladaptiv) für die psychische Gesundheit sind Zur Regulation ihrer Motivation setzen Lernende eine Reihe
(Aldao, Nolen-Hoeksema & Schweizer, 2010; Schäfer, Naumann, ganz unterschiedlicher Strategien ein (vgl. Wolters, 2003): Ler-
Holmes, Tuschen-Caffier & Samson, 2016). nende können beispielsweise ihr Interesse an der Aufgabe steigern,
Neben der Abschwächung negativer Emotionen kann Selbst- indem sie bestimmte Aspekte der Aufgabe verändern (z. B. bunte
regulation auch die Steigerung positiver Emotionen umfassen. Stifte benutzen, um einen Text abzuschreiben) oder die persön-
Personen, welche beim Lernen Langeweile empfinden, können liche Bedeutsamkeit steigern (sich z. B. überlegen, inwiefern die
beispielsweise versuchen, ihre Lernfreude zu steigern. An dieser vorliegende Aufgabe mit eigenen Interessen und Vorlieben zusam-
Stelle überschneiden sich Strategien zur Emotionsregulation mit menhängt). Eine weitere Möglichkeit zur Motivationsregulation
Strategien zur Motivationsregulation. besteht in der bereits im 7 Exkurs „Wie Lehrkräfte selbstregulier-
tes Lernen fördern“ (7 Abschn. 18.6) angesprochenen Strategie der
> Definition Selbstinstruktion. Lernende können sich beispielsweise sagen,
Strategien zur Motivationsregulation können als dass sie sich mehr anstrengen müssen, wenn sie sich vor anderen
motivationale Lernstrategien zur Bewältigung einer nicht blamieren wollen. Eine weitere Strategie beruht auf Prin-
Lernaufgabe verstanden werden, die darauf abzielen, die zipien des operanten Konditionierens und beinhaltet das Setzen
588 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

. Abb. 18.6 Einfluss von Emotionsregulierung auf die Gedächtnisleistung

von Selbstbelohnung (z. B. nach dem Lernen ins Kino gehen). Kontrolle von äußeren Ablenkern kann beispielsweise das Handy
Mit dieser Strategie verwandt ist auch das Setzen von Teilzielen. beim Lernen ausgeschaltet werden oder das E-Mail-Programm
Hierbei unterteilt der Lernende ein übergeordnetes Ziel in klei- während bestimmter Arbeitsphasen geschlossen werden). In ver-
nere Teilziele, welche schneller und leichter zu erreichen sind und schiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass nicht alle Strate-
dadurch die Motivation steigern. Die Strategie der Umweltkont- gien gleichermaßen motivationsförderlich sind (7 Studie „Effek-
rolle zielt dagegen darauf ab, die Lernumwelt zu verändern (zur tivität verschiedener Strategien zur Motivationsregulation“).

Studie

Effektivität verschiedener Strategien zur Motivationsregulation


Schwinger, Steinmayr & Spinath (2012) oder annäherungs-leistungszielbezogene und zur Steigerung des Interesses keinen
identifizierten bei jungen Erwachsenen (Schülern Selbstinstruktionen einsetzten. In einer anderen signifikanten Anteil der Varianz auf. Es zeigten
in der Oberstufe bzw. Studierenden) verschiedene Studie (Schwinger & Otterpohl, 2017) mit sich keine Unterschiede hinsichtlich zentraler
Motivationsregulationstypen. Die Autoren fanden Schülern der Sekundarstufe II und Studierenden Persönlichkeitsmerkmale im Lernkontext
zum einen, dass Lernende, welche insgesamt eine erwiesen sich in einem direkten Vergleich (z. B. Gewissenhaftigkeit, Zielorientierungen,

18 hohe Ausprägung in der Motivationsregulation


aufwiesen, ein höheres Ausmaß an Anstrengung
der Einzelstrategien ebenfalls die Strategien
der Selbstinstruktion sowie das Setzen von
dispositionales Interesse). Außerdem waren die
Ergebnisse gleichermaßen gültig für Männer und
und bessere Leistungen zeigten. Darüber hinaus Teilzielen als besonders effektiver Prädiktor der Frauen. Diese Befunde deuten darauf hin, dass
verglichen die Autoren die Profile der einzelnen selbstberichteten Anstrengung. Im Gegensatz die genannten Strategien für eine große Zahl von
Typen. Hierbei erwiesen sich vor allem Profile dazu klärten Strategien zur vermeidungs- Schülern und Studierenden funktional sind.
als vorteilhaft, welche häufig lernzielbezogene leistungszielbezogenen Selbstinstruktion

Zusammenfassung
beeinflussen auch den Lernprozess selbst; und zwar sowohl
In diesem Kapitel haben wir gezeigt, dass Motivations- die (Nach-)Regulation von beispielsweise aufzuwendender
variablen das Lernverhalten von Schülerinnen und Schülern Anstrengung oder die (Nach-)Regulation der Bearbeitungs-
wie auch von Studierenden und in der Folge die Lernleistung strategien als auch ggf. den (vorzeitigen) Ausstieg aus
ganz wesentlich beeinflussen. Dabei ist dieser Einfluss dem Lernprozess. Die beiden wichtigsten proximalen
nicht nur auf die Auswahl der zu bearbeitenden Aufgaben, Determinanten des Lernverhaltens sind (Erfolgs-)Erwartung
die Anstrengung, mit der man die Aufgaben angeht, und (Aufgaben-)Wert. Diese wiederum sind abhängig
oder die Geschwindigkeit, mit der man die Aufgaben- von Überzeugungen, die Lernende in Bezug auf ihr
bearbeitung beginnt, beschränkt. Motivationsvariablen Selbstkonzept, ihren Selbstwert und ihre Ziele haben, und
Literatur
589 18
zudem von früheren leistungsbezogenen Erfahrungen beschreiben Sie Möglichkeiten der Lehrperson, diese
bzw. deren kausaler Erklärung und den diese Erfahrungen Nebenwirkungen zu verhindern.
begleitenden Affekten. Dem generellen Selbstkonzept wie 10. Definieren Sie den Begriff „motivationale
auch dem akademischen Fähigkeitsselbstkonzept, dem Zielorientierungen“ und nennen Sie drei solche
Selbstwert, den motivationalen Zielorientierungen und Zielorientierungen.
auch den übrigen oben genannten Variablen sollte somit 11. Beschreiben Sie die Auswirkungen der Bezugsnorm-
in Bezug auf Lernverhalten und Leistung in Schule und orientierung der Lehrenden auf die motivationale
Hochschule eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt Zielorientierung der Lernenden.
werden. Der Glaube, nicht hinreichend begabt zu sein, 12. Definieren Sie den Begriff „elterliche bedingte
die Bindung des Selbstwerts an die Erfüllung fremd- oder Wertschätzung“ und erläutern Sie, inwiefern diese als
auch selbstgesetzter Standards und die Präferenz für eine Verstärkung und Bestrafung im Sinne des operanten
(Vermeidungs-)Leistungszielorientierung wirken sich Konditionierens gesehen werden kann.
negativ auf Lernverhalten und Lernerfolg aus. Die soeben 13. Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen
aufgeführten Variablen sind u. a. abhängig von Sozialisa- elterlicher bedingter Wertschätzung und (a)
tionsprozessen. Wichtige Sozialisationspersonen sind Eltern Selbstwerthöhe sowie (b) Selbstwertkontingenz.
und Lehrende, die über bestimmte Verhaltensweisen, 14. Definieren Sie den Begriff „selbstgesteuertes Lernen“.
wie Lob und Tadel, bedingte Wertschätzung, präferierte 15. Beschreiben Sie, wie Lehrende selbstgesteuertes Lernen
Bezugsnormen etc., das Fähigkeitsselbstkonzept, den fördern können.
Selbstwert, die motivationale Orientierung und andere 16. Definieren Sie den Begriff „Self-Handicapping“ und
Erwartung und Wert determinierende Variablen beeinflussen. beschreiben Sie, wann man aus dem Lernprozess
Viele der Verhaltensweisen der Sozialisationspersonen sind aussteigt und stattdessen Selbstwertregulation betreibt.
abhängig vom kulturellen Milieu und den in diesem Milieu 17. Bei der Aufgabenbearbeitung merkt ein Lernender, wie
herrschenden stereotypen Vorstellungen, womit wir bei den der Aufgabenwert stetig sinkt. Die Aufgabe erscheint
distalen Determinanten von Lernverhalten und Lernerfolg immer weniger interessant, weniger nützlich und
angelangt sind. Weil wir dem Verhalten von Lehrenden auch irgendwie immer weniger wichtig. Beschreiben
in Schule und Hochschule eine besondere Bedeutung Sie Strategien, die der Lernende nutzen kann, um den
beimessen, haben wir an verschiedenen Stellen dieses Aufgabenwert wieder zu erhöhen.
Kapitels in Exkursen mögliche pädagogische Anwendungen
beschrieben, deren Beachtung Lehrenden hilft, ihr
(Unterrichts-)Verhalten so zu regulieren, dass es sich positiv Literatur
auf Lernverhalten und Lernerfolg der Lernenden auswirkt.
Aldao, A., Nolen-Hoeksema, S. & Schweizer, S. (2010). Emotion-regulation
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2. Beschreiben Sie den Einfluss von Kausalattributionen tion and interpersonal relationships. Theory, research, and applications (S.
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3. Nennen Sie den wesentlichen Unterschied, der zwischen conditional regard: A self-determination theory analysis. Journal of Perso-
Selbstkonzept und Selbstwert besteht. nality, 72, 47–88.
4. Beschreiben Sie die Determinanten des „attainment Atkinson, J. W. (1957). Motivational determinants of risk-taking behavior. Psy-
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5. Nennen Sie die Facetten der Wertvariable „costs“ und
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beschreiben Sie, was diesen Facetten gemeinsam ist. New York: Cambridge University Press.
6. Beschreiben Sie, unter welchen Bedingungen ein Bandura, A., Adams, N. E. & Beyer, J. (1977). Cognitive processes mediating
Lernender antizipiert, durch die Bearbeitung einer behavioral change. Journal of Personality and Social Psychology, 35,
Aufgabe Scham zu erleben, und beschreiben Sie die 125–139.
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Auswirkungen der antizipierten Scham im Rahmen des
gegenstand, theoretische Grundlagen und Durchführung der Studie.
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7. Beschreiben Sie, wie Lob gegeben werden sollte, damit Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich (S. 15–38). Müns-
es intrinsische Motivation fördert. ter: Waxmann.
8. Nennen Sie drei Determinanten der Erfolgserwartung. Berglas, S. & Jones, E. E. (1978). Drug choice as a self-handicapping strategy
in response to noncontingent success. Journal of Personality and Social
9. Beschreiben Sie mögliche Nebenwirkungen der
Psychology, 36, 405–417.
Inklusion auf das Fähigkeitsselbstkonzept und
590 Kapitel 18 · Motivation in Schule und Hochschule

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