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Einheit
Diagnostische Strategien
Statusdiagnostik – zu einem gewissen Zeitpunkt werden Informationen, die für die
Fragestellung relevanten Merkmale erfasst. Der Statusdiagnostik liegt die Annahme der
relativen Stabilität des Zustands einer Person hinsichtlich bestimmter Aspekte des Erlebens
und Verhaltens zugrunde. Im Rahmen einer Statusdiagnostik können z.B. das Vorliegen von
Entwicklungsstörungen festgestellt oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (z.B.
Extraversion) erfasst werden. Bei der Prozessdiagnostik steht die Erfassung von
Veränderungen im Vordergrund. Z.B. Erfassung von Schulleistungen mittels
Schulleistungstests über einen test-bedingten Zeitraum – 1. Erhebung, dann Interventionen
z.B. Lernstrategietraining, Änderungen erfassen. In diesem Fall ist die Prozessdiagnostik eng
mit einer Modifikationsdiagnostik verbunden, welche auch der Selektionsdiagnostik
gegenübergestellt wird. Viele diagnostische Fragestellungen sind oft im Rahmen einer
Prozessdiagnostik feststellbar z.B. ADHS (Verdachtsdiagnose und beobachtet weiteren
Verlauf). Bei der Selektionsdiagnostik geht es im diagnostischen Prozess um die Auswahl von
Personen und Entwicklungen z.B. Auswahl von SchülerInnen für eine bestimmte Schulform
oder umgekehrt Selektion einer bestimmten Schulform für einen Schuler. Die
Modifikationsdiagnostik hat als Ziel Informationen über notwendige Veränderungen
einzuholen. So könnte der Ausgangspunkt für ein Lernstrategietraining der Gebrauch von
ungeeigneten Strategien sein und mittels Modifikationsdiagnostik holen wir Informationen
für den Gebrauch von Lernstrategien ein, die als Anhaltspunkt für Veränderungen durch das
Strategietraining dienen, die wiederum mittels Prozessdiagnostik festgestellt werden
können. Die Modifikationsdiagnostik kann auch auf die Veränderung von Dingen abzielen
z.B. Lehrmethode ist für bestimmte SchülerInnen nicht geeignet à Modifikationsdiagnostik
bietet Grundlage für Bedingungsselektion, Auswahl von Lehrmethoden, differenziert nach
Schülergruppen. Die diagnostischen Strategien lassen sich auch miteinander kombinieren
z.B. die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs.
12. Einheit
Diagnostische Strategien
Von Bedeutung ist auch ob die gemessenen Merkmale in Bezug zu einem Kriterium oder
einer sozialen Norm gesetzt werden oder ob ein individueller Bezugsrahmen verwendet
wird. Bei der kriteriumsorientierten Diagnostik wird die Ausprägung eines Merkmals in
Bezug zu einem Kriterium gesetzt. Z.B. ein bestimmtes Niveau mathematischer Fähigkeiten
kann durch das Erreichen einer festgelegten Punktzahl definiert sein. Von einer sachlichen
oder kriterialen Bezugsnorm wird bei der kriteriumsorientierten Diagnostik gesprochen.
Wird eine Ausprägung dagegen im Bezug zu einer Vergleichsstichprobe gesetzt spricht man
von einer Normorientierten Diagnostik oder der Anwendung einer sozialen Bezugsnorm. Zu
beachten ist, dass die Bezugsnorm im Allgemeinen sozial, also der Vergleich zu einer
Vergleichsstichprobe, sachlich-kriterial, also in Bezug auf ein sachliches Kriterium, oder
individuell im Vergleich zu früheren Ergebnissen einer Person sein können. Dahingegen
bezieht sich der Begriff der raumorientierten Diagnostik, das ist ein sehr häufiger Fall, nur
auf eine soziale Bezugsnorm. Z.B. IQ-Werte sind normierte Werte – die individuellen
Rohwerte, die sich in einem Test ergeben, werden in Bezug gesetzt zu einer
Vergleichsstichprobe à die Höhe des IQ-Werts hängt von den Ergebnissen der anderen ab.
Verbessern sich kognitive Fertigkeiten bei einem Schüler im Laufe der Zeit, kann sich der IQ-
Wert des Schülers dennoch verschlechtern, wenn die Vergleichsgruppe plötzlich eine andere
mit höheren Normen ist. Ein IQ-Wert eines Tests ist nicht mit dem eines anderen Tests zu
vergleichen, weil er sich immer aus der Summe der Untertests bildet.
Testgütekriterien
Sie geben Auskunft darüber, inwiefern ein Test wirklich gute Informationen liefert. Die
ersten 3 sind die Hauptkriterien, die sehr wesentlich zu berücksichtigen sind. Dann gibt es
noch weitere Nebenkriterien, die auch Berücksichtigung finden sollen. Nicht jedes Verfahren
kann den Testgütekriterien in dieser Hinsicht genügen, manchmal genügt es auch dies
abzuwägen.
Objektivität
Diese Überlegung ist rein theoretischer Natur, da Testwiederholungen praktisch nie unter
genau denselben Bedingungen stattfinden können, es ist aber möglich einen Text so
durchzuführen, auszuwerten und zu interpretieren, dass die Ergebnisse unabhängig von den
Testbedingungen sind.
Testleiterunabhängigkeit/Durchführungsobjektivität: Anstreben von maximaler
Standardisierung und minimaler sozialer Interaktion
Halo-Effekt – einzelne Eigenschaften einer Person (Aktivität, Behinderung, sozialer Status)
erzeugen einen positiven oder negativen Eindruck, der die weiter Wahrnehmung der Person
überstrahlt und so den Gesamteindruck unverhältnismäßig beeinflusst (z.B. gutaussehender
Schüler wird von Lehrkraft besser bewertet als andere)
Rosenthaleffekt – positive Erwartungen, Einstellungen und Überzeugungen, positive
Stereotype des/der LehrerIn in Form einer selbsterfüllenden Prophezeiung wirken sich auf
die Leistungen der Schüler aus.
Gewährleistet wird eine sogenannte Durchführungsobjektivität durch genaue
Ausformulierungen unter welchen Bedingungen etwas durchzuführen ist, wie es genau zu
instruieren ist, wie mit Nachfragen umgegangen werden soll, normalerweise gibt es auch
Probeaufgaben, damit die Testpersonen auch wirklich verstehen, worum es geht, die
Möglichkeit haben nachzufragen und alle unter den gleichen Bedingungen den Test
durchführen können
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Reliabilität
Jedes Testergebnis ist mit einem Fehler (z.B. bei Testperson, Test, etc.) behaftet und schätzt
die zu erfassende Fähigkeit mehr oder weniger genau ein. Je reliabler ein Test ist, umso
geringer sind die Fehler des Ergebnisses. Standardmessfehler muss unbedingt bei der
Interpretation Berücksichtigung finden. Mit dem Standardmessfehler ist es uns möglich ein
Konfidenzintervall zu erfassen. Ist das Konfidenzintervall überlappend und der Test
fehlerbehaftet, so liegt KEIN signifikanter Unterschied zwischen den Testergebnissen vor.
Paralleltestreliabilität – statistischer Zusammenhang zwischen Test und Paralleltest
Retest-Reliabilität
Innere Konsistenz/Split-Half – inwiefern misst jeder Teil des Tests = jedes Item dasselbe
Es gibt sogenannte Orientierungswerte für die Reliabilität. Die Reliabilität bei 0,7 gilt als
akzeptabel, bei über 0,85 als wünschenswert. Werte, die darunter liegen sind sehr
willkürlich, da könnte man auch würfeln.
Validität
Inhaltsvalidität – Test soll die Fertigkeiten erfassen, die in einem Semester in einem Fach
gelehrt wurden. In diesem Fall sollen sich die Testfragen aus den wichtigen Themen des
Unterrichtsbereich ergeben und nicht außerhalb des Unterrichtsbereichs gesammelt
werden. Die Inhaltsvalidität liegt dann NICHT vor, wenn der Test nur ein paar Seiten aus dem
Lehrbuch umfasst und das Testergebnis als Grundlage für die Note des gesamten Semesters
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herangezogen wird. Inhalt soll nicht darüber hinausgehen, aber auch nicht nur einzelne Teile
messen
Konstruktvalidität – inwiefern das Verfahren die tatsächlich dahinter stehende Theorie oder
das Konstrukt abbildet z.B. mit Inhalts- oder Disponantenanalysen. Man kann die
konvergente und divergente Validität erfassen.
Kriteriumsvalidität – Übereinstimmungsvalidität und prognostische Validität sind hier
besondere Schlagwörter.
Innere Kriteriumsvalidität – wenn als Kriterium ein anderer valider anerkannter Test
herangezogen wird, bei dem gleiche oder ähnliche Konstrukte erfasst werden
äußere Kriteriumsvalidität – objektives Maß oder Expertenrating werden herangezogen
prognostische Validität – Intelligenztest wird herangezogen, um zu schauen wie sich der
schulische Erfolg entwickelt
Eichung (Normierung)
Die Proposition für die Eichtabelle gelten soll, muss ganz klar definiert sein, damit man weiß,
ob das ausgewählte Verfahren für unsere Ziele passend ist. Wurde es mit einer ähnlichen
Stichprobe normiert? Einzelne Testwerte sagen nichts aus, erst im Vergleich mit anderen
Testwerten können wird das Ergebnis interpretieren – erst die Normierung macht die
Vergleichbarkeit der einzelnen Testwerte möglich. Die Normierung eines Verfahrens muss
gültig sein, d.h. sie muss alle 8 Jahre aktualisiert werden bzw. deren Gültigkeit muss mittels
Äquivalenzüberprüfungen geprüft werden. Das ergibt sich aus dem sogenannten Flynn-
Effekt.
Beispiel
Nur 14% können besser Lesen à es ist ein sehr gutes Ergebnis und dieses Kind verfügt übers
sehr gute Lesekenntnisse, denn beim Prozentrang ist es nicht so wie bei einem Test, dass
man alles erreichen könnte. Prozentrang von 99 à 1 von 100 Kindern ist hier noch besser.
Normiert wurde dieses Verfahren bei 11.900 SchülerInnen aus Österreich. Die Durchführung
dauert 15 Minuten, die Auswertung dauert 1-2 Minuten. Objektivität, Reliabilität und
Kriteriumsvalidität (wurde mit anderem Verfahren verglichen à gute Werte) sind gegeben.
Skalierung ist gegeben. Minuspunkt bei Normierung: Die Normen waren schon mit der
Publikation veraltet, es wurde 2016 publiziert und die Normierung fand bereits 2007/2008
statt à deutlich veraltet. Fairness nicht gegeben, denn Benachteiligung von Kindern mit
andere Umgangssprache und es gibt keine eigenen Normen, wie damit in der NMS
umzugehen ist. Unterschiedliche Unterrichtung und mangelnde Sprachkenntnisse wurden
nicht berücksichtigt. Insgesamt ist das Verfahren als Screening zu verstehen, d.h. niedrige
Werte zeigen ein Risiko auf für eine Leseschwierigkeit/-schwäche auf und bedürfen einer
genaueren Diagnostik.