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Marketing

Lernmodul 3: Informationsgrundlagen
des Marketing © Margit Kastner
Department für Marketing

Quelle: Meffert et al. (2019). Marketing. Wiesbaden: Springer Gabler.


2

Inhaltsverzeichnis

 Grundlagen der Marketingforschung

 Grundlagen der Absatzprognosen

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3

Marketingforschung ≠ Marktforschung

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Funktionen der Marketingforschung

Auswahl und Aufbereitung von marketingrelevanten


1 Selektion Informationen (Strategie- und Maßnahmenentscheidungen)

2 Frühwarnung Frühzeitige Erkennung und Abschätzung von Risiken

3 Innovation Erkennen und Nutzen von Chancen

Gewinnung, Analyse und Interpretation der Daten bzw.


4 Strukturierung Empfehlungen

5 Unsicherheitsreduktion Präzisieren und Objektivieren von Sachverhalten

6 Kontrolle Erforschung der Ursachen von (Miss-)Erfolgen

7 Intelligenzverstärkung Unterstützung des Marketingverantwortlichen


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5

Prozess der Marketingforschung

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Detailentscheidungen der
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Informationsgewinnung

 Datenquelle (Sekundär- oder Primärquelle)


 Datenerhebungsmethode (z.B. Befragung, Beobachtung)
 Stichprobenplan (Grundgesamtheit, Größe u. Auswahl der Stichprobe)
 Erhebungszeitpunkt

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7

Primär- vs. Sekundärforschung

Primärforschung Sekundärforschung
Originäre Datenerhebung Beschaffung, Zusammenstellung
und Analyse von bereits
 Beobachtung vorhandenem Material
 Befragung  Interne und externe
 Experiment Informationsquellen
 Spezialformen
 Panelerhebung
 Apparative Verfahren
 Computergestützte Verfahren
 Psychologische Testverfahren
 Testmärkte
 Testmarktkombinationen
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Gütekriterien von Methoden der
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Informationsgewinnung

 Zuverlässigkeit (Reliabilität)
 Wie zuverlässig / fehlerfrei misst das Instrument Daten?
 Ist die Messung wiederholbar?

 Gültigkeit (Validität)
 Misst das Instrument das, was gemessen werden soll?
 Sind die Messergebnisse auf die Realität übertragbar?

 Reaktivität
 Beeinflussen das Instrument und die Situation das Messergebnis?

 Objektivität
 Sind die Messvorgänge unabhängig von der durchführenden Person?

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Beobachtung

Systematische Erfassung von wahrnehmbaren Sachverhalten


(z.B. Sortimentsbestand, physische Verhaltensweise) zum Zeitpunkt des
Geschehens

 Realitätsnahe Erfassung  Flüchtigkeit des Untersuchungs-


(zeitgleich mit Auftreten gegenstandes → schwierige
des Ereignisses) Erfassung von längeren Handlungen
 Subjektive Sachverhalte (z.B.
Meinungen) oft nur durch zusätzliche
Befragungen möglich
 Beobachtungseffekt: Probanden
verhalten sich in Beobachtungs-
situation anders, als sonst →
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Verzerrung der Ergebnisse
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Beobachtungsmethoden

Fremdbeobachtung Selbstbeobachtung
Vorgänge außerhalb des Beobachters Eigene psychische Vorgänge
Persönliche Beobachtung Unpersönliche Beobachtung
Durch Beobachter selbst Durch Beobachtungsgeräte
Teilnehmende Beobachtung Nicht-teilnehmende Beobachtung
Beobachter und Beobachtete auf Ausschließlich Wahrnehmung von
gleicher Ebene Aktionen der Beobachteten
Feldbeobachtung Laborbeobachtung
Gewohntes Umfeld der Beobachteten Künstlich geschaffene Situation
(bessere Kontrolle)

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Beobachtung
Compagnonverfahren:
Methode, bei der durch Videoaufzeichnung die Aufmerksamkeit beim Lesen
von Printmedien bzw. bei der Betrachtung von Werbung in Printmedien
gemessen wird.

Mystery Shopping:
Methode, bei der Forscher/innen als normale Kund/inn/en auftreten und reale
Kundensituationen wahrnehmen, in dem sie z.B. Testkäufe durchführen.
Varianten: Mystery Calling, Mystery Mailing

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Befragung

 Personen geben über einen bestimmten Sachverhalt Auskunft


 Erfassung von beobachtbarem und nicht-beobachtbarem Verhalten
 Reaktives Instrument der Informationsgewinnung (Befragter ist sich der
Messsituation bewusst)
 Interviewer-Effekt: Einfluss durch bloße Anwesenheit des Interviewers
 Soziale Erwünschtheit: Angst vor „falschen“ Antworten
→ mögliche Verzerrung von Ergebnissen bzw. Messprobleme

Schriftliche Befragung Mündliche Befragung


 Fragebogen  Interview, z.B. auch telefonisch
 Online-/Internetbefragung

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Fragetypen

 Einleitungs-/Kontakt-/Eisbrecherfragen
→ Ziel: Aufgeschlossenheit gegenüber Interview herbeiführen

 Sachfragen (Hauptteil der Befragung)

 Kontroll- und Plausibilitätsfragen Fragetypen


→ Ziel: Auskün e bzw. deren Konsistenz überprüfen

 Fragen zur Person


→ Ziel: Soziodemographische und ökonomische Merkmale erfassen
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Frageformulierungen

 Geschlossene Frage  Offene Frage


 Mehrere vorgegebene  Keine Vorgabe fester Antwortkategorien
Antwortmöglichkeiten
 Beantwortung anhand von Skalen

 Auskunft über eigene Person bzw. eigenes


Direkte Frageform Verhalten
 Schwierig bei Tabuthemen
 Problem der sozialen Erwünschtheit

 Auskunft über Sachverhalte, über die sich


Indirekte Frageform Befragter sonst nicht bzw. nur verzerrt äußern
würde
 Geschickte Frageformulierung
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Skalenarten unterschiedlicher Messniveaus

Skala Eigenschaften Beispiele

Klassifikation und Häufigkeiten:


Rangwerte von zwei Untersuchungs- Zweiklassig:
Nicht-metrisch

Nominal
einheiten sind (nicht) identisch Mehrklassig: PLZ
Modus
Rangordnung:
Messwerte eines Merkmals lassen sich Präferenzdaten,
Ordinal
als < > = einordnen Windstärke
+ Median

Informationsgehalt
Rangordnung und Abstands-
Intervall bestimmung: IQ, Temperatur
Metrisch

+ Mittelwert, Standardabweichung

Wie Intervallskala, aber mit absolutem


Ratio Nullpunkt:
Alter, Jahresumsatz
(Verhältnis) Alle mathematischen Operationen sind
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Bsp.: geschlossene Fragen

Wie wichtig sind Ihnen folgende Kriterien beim Kauf eines Rucksacks?
Geben Sie bitte eine Rangordnung an. Verteilen Sie bitte 100 Punkte auf die
Rang (1-4) Faktoren gemäß ihrer Wichtigkeit für Sie.
Farbe 2
______ Farbe 35
______
Marke ______
3 Marke 15
______
Obermaterial ______
4 Obermaterial 10
______
Preis 1
______ Preis 40
______
Konstantsummen-
Rangordnungs- (100)
verfahren
verfahren

Bitte beurteilen Sie unsere Service-Mitarbeiter/innen im Restaurantbereich


anhand der folgenden Kriterien. stimme stimme
voll zu nicht zu
aufmerksam unaufmerksam aufmerksam unaufmerksam
freundlich unfreundlich freundlich unfreundlich
kompetent inkompetent kompetent inkompetent
schnell Semantisches
langsam schnell langsam
Stapelskalierung
Differential
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Bsp.: geschlossene Fragen

stimme stimme
Inwieweit stimmen Sie der Aussage zu, … voll zu nicht zu
dass Politiker überbezahlt sind.
sehr sehr
Wie zufrieden sind Sie mit … zufrieden unzufrieden

Ihrem derzeitigen Handyvertrag?


Rating-/Likert-Skalierung
-> werden synonym verwendet
Wer hat Sie bei Ihrem letzten Schuhkauf begleitet?
niemand Partner/in
Freund/in Kind/er Nominal-Skalierung

Wie alt sind Sie?

Ratio-Skalierung

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Bsp.: offene Fragen

Denken Sie an Ihren letzten Urlaub. Was hat diesen Urlaub ausgemacht?
Unstrukturierte Fragestellung

Welches Wort fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie Folgendes hören? Manner-Schnitten

Wortassoziation

Bitte füllen Sie die leere Sprechblase Erzählen Sie bitte eine kurze Geschichte
aus. zu dem, was Sie hier sehen.

Ballon-Test Bilder-Erzähl-Test
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Standardisierungsgrad von Interviews

Vollstandardisiertes Interview Teilstandardisiertes Interview


Vorgegebener Fragebogen Vorgegebenes Grobgerüst
(Fragen und Reihenfolge) (Offene Fragen oder Fragenkatalog)
+ - + -
Vermeidung von Interviewer kann Interviewer kann Interviewereinfluss
Einflussmöglich- auf Befragten nicht Situation
keiten eingehen mitstrukturieren
→ möglicher (Sondierungs- und
Informationsverlust Zwischenfragen)
Leitfadengespräch oder Telefoninterview

Freies (nicht- Themen- u. Zielvorgabe


standardisiertes) Größtmögliche Anpassung an Gesprächspartner
Interview → Erhalt wertvoller Zusatzinformationen
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Gegenüberstellung der Befragungsarten I/II

Vorteile Nachteile
• Abdeckung eines großen Gebietes • Adresse der Personen muss bekannt
• Niedrige Kosten sein
Schriftliche
Befragung

• Keine Beeinflussung durch Interviewer • Rücklauf- u. Erfolgsquote nur 5-30%


(Interviewer-Effekt) • Limitierter Fragenumfang
• Verringerte Repräsentativität (da
kein Kontakt in Ausfüllsituation)
• Keine Kontrolle über
Ausfüllverhalten und -situation
• Hohe Erfolgsquote und Repräsentativität • Hohe Kosten
Relativ freie Fragengestaltung Interviewer-Effekt
Befragung
Mündliche

• •
(Anzahl, Inhalt, Form, Reihenfolge)
• Relativ kontrollierbare Befragungssituation
• Erhebung zusätzlicher Informationen (z.B.
emotionaler Reaktionen) möglich

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Gegenüberstellung der Befragungsarten II/II

Vorteile Nachteile
• Kurzfristig einsetzbar • Eingeschränkte Themen (durch
Telefonische

• Geringere Kosten als bei mündlicher Anonymität des Interviewers und


Befragung

Befragung fehlenden Sichtkontakt) und Verwendung


von Hilfsmitteln

• Relativ geringe Kosten • ggf. geringe Rücklaufquoten und


• Schnelle Kontaktierung der Befragten eingeschränkte Repräsentativität
Befragung

möglich (Zeitvorteil) • Informationen über Grundgesamtheit oft


Online

• Hohe Reichweite (z.B. auch Ansprache unzureichend


internationaler Zielgruppen) • Selbstselektion der Internetnutzer
• Automatische Erfassung der Daten • Keine Kontrolle über Ausfüllsituation
(Antwortverzerrung aufgrund der
Anonymität der Befragten)

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Experiment

 Wiederholbare Versuchsanordnung unter kontrollierten und zuvor festgelegten


Umweltbedingungen
 Feststellung ursächlicher Beziehungen zwischen Marketingvariablen und abhängigen
Zielgrößen (z.B. Umsatz oder Marktanteil) zur Überprüfung von Hypothesen

Feldexperiment Laborexperiment

Ursache-Wirkungs-Beziehungen … in eigens geschaffener,


in natürlicher Umgebung künstlicher Umgebung
→ Stark von Forschern beeinflusst
Größere Kontrolle (hohe Reliabilität)
Geringerer Realitätsgehalt
(geringere Validität)

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Grenzen experimenteller Methoden

Langfristige Auswirkungen sind nur schwer messbar


1
geringe Reliabilität

Störeinflüsse schränken die Aussagekraft ein


2
geringe Validität

Bei Laborsituation werden Ergebnisse schon alleine durch den


3 Versuchsaufbau beeinflusst

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Panelerhebung

 Bei der Panelerhebung werden Untersuchungen …


 bei derselben Gruppe von Untersuchungseinheiten (Personen, Einkaufsstätten,
Unternehmen)
 zum gleichen Untersuchungsgegenstand
 in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen
… wiederholt durchgeführt

Ziel: Erforschung von Markt- bzw. Verhaltensänderungen im Zeitablauf

 Mögliche Einschränkung der Ergebnisse

Panelsterblichkeit Ausscheiden von Teilnehmern durch laufende Fluktuation

Teilnehmer reagieren auf ständige (Selbst)kontrolle mit (un)bewussten


Paneleffekt Verhaltensänderungen → Panelreaktivität
Zusammensetzung der Stichprobe entspricht aufgrund Veränderungen
Panelerstarrung von soziodemographischen Merkmalen nicht mehr der Grundgesamtheit
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→ Validitätsproblem
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Arten der Panelerhebung

Verbraucher- Differenzierung anhand der untersuchten Zielgruppe


panel z.B. Individualpanel ↔ Haushaltspanel
 Aktive Beteiligung der Teilnehmer
 Meist schriftliche Befragung

Unternehmer-  Repräsentative Stichprobe von Unternehmen bzw. einzelnen


panel Branchen
 Regelmäßige Befragung zu …
 allgemeinen Einschätzungen (z.B. Konsumklima)
 konkreten Entwicklungstendenzen (z.B. Umsatzentwicklung)
Handelspanel  Großhandels- und Einzelhandelsbetriebe
Sonderform des
Unternehmerpanels  Analyse von breitem Aufgabenspektrum oder speziellem
Tatbestand
 Auf jeder Stufe des Distributionssystems möglich
 Informationsgewinnung v.a. durch Beobachtung
(z.B. Entwicklung von Lagerbeständen)
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Apparative Verfahren

 Objektive Messungen mittels technischer


Apparaturen
 Ziel: Messung psychischer Zustände und
Reaktionen des Menschen
 Bsp.: Messung der Lidschlagfrequenz,
Blickregistrierungsverfahren, tachistoskopische Tests, …

 Einsatzmöglichkeiten
 Verhaltensbeobachtung von Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Handlungsabläufen
 Erfassung psychischer Reaktionen (z.B. Ablehnung)

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Psychologische Testverfahren

 Hervorlocken von subjektiven Wertvorstellungen, Meinungen und


Emotionen
 Erfassung von Verarbeitungs- und Verhaltensprozessen:
 Verhaltensreaktionen der Versuchspersonen lassen Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit,
Einstellungen, Wünsche und Motive zu

 Achtung: Ergebnisse müssen interpretiert werden


 Eingeschränkte Übertrag- und Vergleichbarkeit

 Methoden
1. Methode des lauten Denkens (MLD)
2. Laddering-Technik (Leitertechnik)
3. Gruppenexploration (Gruppendiskussion/Fokusgruppe)

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28

1. Methode des lauten Denkens / MLD

 Nachfrager sollen alles, was ihnen …

 zur Lösung einer Aufgabe

oder

 bei alltäglichen Handlungen

… in den Sinn kommt synchron äußern oder protokollieren (Protokollanalyse).

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2. Laddering-Technik (Leitertechnik)

Konkret  Befragungsform, bei der Nachfrager


merkmale
Produkt-

Means-end-chains (Ziel-Mittel-
Ketten) zu bestimmtem Thema äußern
Abstrakt
 Zur Analyse der Ursachen von
Kaufverhalten
Konsequenzen

Funktional

Psychosozial

Motivationsstrukturen
Instrumental
 Ermöglicht den Unternehmen ihre
Werte

Positionierung innerhalb des


Terminal Assoziationsnetzwerkes der
Nachfrager einzuschätzen
Warum?

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3. Gruppenexploration (Fokusgruppen)

 Gleichzeitige Befragung mehrerer Personen


 Interaktionen untereinander sind erlaubt
→ Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe werden ebenfalls untersucht
 Mischform aus Befragung und Beobachtung
→ näher an natürlicher Gesprächsform

 6-10 Personen mit Gruppenleiter/Moderator


 Eine gewisse Heterogenität der Gruppe ist für ein
Diskussionsklima notwendig
 Explorativer Charakter/Vorstudie
 Keine Repräsentativität für den Gesamtmarkt

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31

Testmarkt und Mini-Testmarkt

Testmarkt (Storetest u. Markttest – siehe L4)


 Zum Test gesamter Marketingkonzeptionen im realen Markt in einem
abgegrenzten Teilmarkt
 Zur Erstellung von Prognosen

Minitestmarkt
 Kombiniert Storetest (= kontrollierter Markttest; in ausgewählten Testgeschäften
wird die Wirksamkeit von Marketingmaßnahmen geprüft) und Panel
 Beispiel: Behavior-Scan der GfK

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Internetbasierte Informationsgewinnung

 Web Analytics: Messung, Sammlung, Analyse und Auswertung von internetbasierten


Daten um Nutzerverhalten im Internet besser zu verstehen → optimieren zu können
 Kennzahlen
 Seitenaufrufe (Page Impressions, Page Views)
 Ad Impressions (Aufrufe von Werbemittel auf einem AdServer)
 Clickthrough-Rate (Kennziffer zur Wirksamkeit von Onlinewerbung)
 Besuche (Visits; Nutzung des Internetangebots pro Monat)
 Besucher (Unique Visitors; Anzahl der Besucher; identifiziert mit Cookies;
unterschiedliche IP Adressen)
 Neue Besucher (New Visitors)
 Besuchsdauer (Usetime)
 Absprungrate (Bounce Rate; Kurzbesuche → Hinweis auf Optimierungspotenziale)
 Umwandlungsrate (Conversion Rate; aus Besuchern werden Kunden)

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33

Auswahl der Analyseelemente

Teilerhebung Vollerhebung

Zufällige Auswahl Bewusste Auswahl


(Wahrscheinlichkeitsgesteuerte Methoden, (Nicht-wahrscheinlichkeitsgesteuerte
vollständige Datei muss vorhanden sein) Methoden)

 Einfache Zufallsauswahl  Quotenauswahlverfahren


jedes Element der Grundgesamtheit hat die Festlegung von bestimmten Merkmalen und
gleiche Chance für Auswahl deren Anteile in der Stichprobe ergibt den
 Geschichtete Zufallsauswahl „Quotenplan“. (Bsp.: 60% Frauen,
Einteilung der Grundgesamtheit in homogene 40% Männer; 40% ohne Matura, 30% mit
Teile, danach einfache Zufallsauswahl aus allen Matura, 30% Akademiker) Personenauswahl
Schichten durch Interviewer unter Einhaltung des
Quotenplans
 Klumpen-/Flächen-Auswahl
Einteilung der Grundgesamtheit in homogene
Teile, danach Auswahl einiger Flächen oder  Convenience Sample
Klumpen aus diesen Teilen z.B. Schneeballsystem
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Größe der Stichprobe (n)

 Parameter: Maßzahl der Grundgesamtheit (P, Q)

 Schätzwert: Maßzahl der Stichprobe (p, q)

 Der Umfang der Stichprobe hängt in der Regel (!)


von 2 Größen ab:
 Signifikanzniveau / Sicherheitsgrad (t)
 Konfidenzintervall / Schwankungsbreite (e)

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Signifikanzniveau

Frage: „Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist ein Schätzwert repräsentativ für


die Grundgesamtheit?“

Werte aus der Standardnormalverteilung:


 t = 1,96 σ  95,0 % σ (Sigma) =
 t = 2,58 σ  99,0 % Standardabweichung

Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% (= Signifikanzniveau von 95%) bedeutet:


„In 5% der Fälle wird der wahre Wert der Grundgesamtheit außerhalb des
Vertrauensbereichs für den Stichprobenwert liegen!“

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Konfidenzintervall

„Bei einem höheren Sicherheitsgrad bei gleich großer Stichprobe wird auch die
Schwankungsbreite größer, d.h. eine Aussage wird sicherer, aber auch
unschärfer!“

+ 3σ
+ 2σ
99,7% 95,5% 𝑥̅
- 2σ
- 3σ

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Repräsentationsschluss

Homograder Fall: dichotome Variablen (0,1 Variablen), Prozentwerte

 40% Käufer (p) 60% Nicht-Käufer (q)


 25% bekannt (p) 75% unbekannt (q)
 75% Leser (p) 25% Nicht-Leser (q)
Bestimmung des Konfidenzintervalls:

𝒑 𝒒
𝒆 𝒕
𝒏
Bestimmung des Stichprobenumfangs:
Obige Gleichung umformen und nach n auflösen!

𝒕𝟐 𝒑 𝒒
𝒏
𝒆𝟐
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38

Konfidenzintervall – Beispiel

Der in der Stichprobe n von 2000 Personen ermittelte Anteilswert p an Rauchern


beträgt 30%. Der komplementäre Anteil q an Nicht-Rauchern liegt somit bei 70%. Das
Signifikanzniveau ist mit 95,5% vorgegeben (t=2). Innerhalb welchen
Konfidenzintervalls liegt der Anteil P an Rauchern in der Grundgesamtheit?
𝒑 𝒒
𝒆 𝒕
𝒏
𝟎, 𝟑𝟎 𝟎, 𝟕𝟎
𝒆 𝟐
𝟐𝟎𝟎𝟎
𝒆 𝟎, 𝟎𝟐05
P 𝒑 𝒆 𝟎, 𝟑𝟎 𝟎, 𝟎𝟐𝟎𝟓

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,5% kann davon ausgegangen werden, dass der
Anteil (P) an Rauchern in der Grundgesamtheit zwischen rund 28% und rund 32% liegt.
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Stichprobenumfang – Beispiel

Es soll das Image für die Marke RÖMERQUELLE ermittelt werden. Über den Bekanntheitsgrad in
der Grundgesamtheit sind keinerlei Informationen vorhanden. Das Signifikanzniveau wird mit
95% festgelegt und das Konfidenzintervall soll insgesamt 8% (oder +/- 4%) nicht überschreiten. Da
p und q unbekannt sind, geht man von jenem Verhältnis aus, das den größten Stichprobenumfang
ergibt (50:50 Verteilung). Die Werte für p und q sind somit 0,50.
Durch Umformen erhält man folgende Formel für den Stichprobenumfang n:

𝒕𝟐 𝒑 𝒒
𝒏
𝒆𝟐
e steht für die halbe Breite des Konfidenzintervalls und liegt im Beispiel bei 4%

𝟏, 𝟗𝟔𝟐 𝟎, 𝟓𝟎 𝟎, 𝟓𝟎
𝒏 𝟔𝟎𝟎, 𝟐𝟓
𝟎, 𝟎𝟒𝟐
Es müssen demnach 601 Personen befragt werden, um die vorgegebenen Rahmenbedingungen
(Konfidenzintervall, Signifikanzniveau und Verteilung in der Grundgesamtheit) einzuhalten.

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Informationsauswertung: Aufgaben

Erstellung eines Auswertungsplanes


 Abhängig von Untersuchungsaufbau und Zielsetzung
 Auflistung und Strukturierung der zu untersuchenden Abhängigkeiten

Überprüfung und Auswahl möglicher bzw. notwendiger


Auswertungsverfahren
 Uni-/bi-/multivariate Analyseverfahren

Interpretation und Bewertung der Ergebnisse

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Bivariate statistische Auswertungsverfahren

 Untersuchung der Beziehung zwischen zwei Variablen


(unabhängige ↔ abhängige Variable)
 Unterstellung einer eindeutigen, nicht umkehrbaren Richtung des Zusammenhangs
(Dependenzanalyse)
 Ziel
Wie stark ist der Einfluss einer Marketingvariablen auf
 Ursachenanalyse die Zielgröße Umsatz?

 Wirkungsprognose Wie verändert sich die Variable Umsatz, wenn die


Marketingvariable verändert wird?
 Zeitreihenanalyse
Wie verändert sich der Umsatz im Zeitablauf bei
gleichem Einsatz der Marketinginstrumente?
 z.B. Regressions-
und Korrelationsanalyse

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Korrelationsanalyse

Misst die Stärke von Zusammenhängen, d.h. eine gleichgerichtete


Entwicklung zwischen Variablen (Interdependenzanalyse)

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Regressionsanalyse

 Regressionsanalyse basiert auf der Korrelation. Im Gegensatz zur Korrelation


muss hierbei festgelegt werden, welche Variable durch eine andere Variable
vorhergesagt werden soll bzw. einen Einfluss auf die andere Variable hat.

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Varianzanalyse

 Überprüft den Unterschied der Mittelwerte von mindestens drei Gruppen


(Kategorien) verschiedener Objekte bzw. Personen

 Bei zwei Gruppen setzt man den t-Test ein.

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Diskriminanzanalyse

 Gruppenunterschiede:
Suche nach Variablen, anhand derer sich Gruppen unterscheiden.
Unterscheiden sich die Gruppen signifikant?
 Klassifizierung:
In welche Gruppe ist eine Person bzw. ein Objekt, dessen
Gruppenzugehörigkeit nicht bekannt ist, aufgrund der Merkmalsausprägungen
einzuordnen.

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46

Clusteranalyse

Bringt Objekte (Personen, Produkte, Unternehmen) je nach Ähnlichkeit


in eine natürliche Ordnung von unterschiedlichen Gruppen bzw. Klassen,
sog. Cluster
 z.B. Marktsegmentierung

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Kausalanalyse

Überprüfung, ob die theoretische Beziehung mit empirisch gemessenen


Zusammenhängen übereinstimmt

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48

Faktorenanalyse

 Gleichzeitige Analyse von mehreren Variablen bzw. eines ganzen


Datensatzes
 Hauptziel:
Identifikation der Supervariablen
 Keine Unterteilung in (un)abhängige Variablen
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Multidimensionale Skalierung (MDS)

Positionierung von Objekten (z.B. Marken oder Einkaufsstätten) als


Punkte in einem zwei- oder dreidimensionalen Raum

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Conjoint-Analyse bzw. Conjoint Measurement

Psychometrisches, empirisches Verfahren zur Ermittlung von


Nutzenvorstellungen bzw. Präferenzen der Testpersonen

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Absatzprognose

 Empirisch gestützte Vorhersage des zukünftigen Absatzes


→ Von bestimmten Käuferschichten (Abnehmern)
→ In bestimmtem Zeitabschnitt
→ Bei bestimmter Kombination absatzpolitischer Instrumente

 Um die zukünftige Entwicklung des ...


 Markt-/Absatzpotenzials
 Markt-/Absatzvolumens
 Marktanteils
... zu bestimmen

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52

Arten von Prognosen


Beeinflussende Variablen können vom
Untersuchungs-

Entwicklungsprognose Unternehmen nicht direkt kontrolliert werden


(z.B. Geburtsrate)
zweck

Beeinflussende Variablen können vom


Wirkungsprognose Unternehmen direkt kontrolliert werden
(z.B. Werbeausgaben)
Gültigkeit

Kurzfristige Prognose (≤ 1 Jahr) Vorhersage von Wochen- bzw.


Monatswerten

Langfristige Prognose (> 1 Jahr) Zeitreihenverlauf → Trend


Vorhersage

Quantitative (exakte) Prognose Mathematische Verfahren


Art der

Erfahrungen, Kenntnisse und


Qualitative (intuitive) Prognose
„Fingerspitzengefühl“→ verbale
SEITE 52 Aussagen
53

Quantitative, kurzfristige Prognosen

 Methode der gleitenden Durchschnitte


 Berechnung eines Mittelwerts aus einer Reihe von Beobachtungswerten zur
Schätzung des Erwartungswerts der Folgeperiode
 Neue Beobachtungswerte kommen an erste Stelle, ältere Werte fallen aus
Berechnung heraus
 Daten sind alle gleich gewichtet
 Methode des gewogenen gleitenden Durchschnitts
 Gewichtete Werte
 Sinnvoll, wenn trendähnliche Tendenzen vermutet werden
 Allerdings Problem der Bestimmung der Gewichtungskoeffizienten
 Methode der exponentiellen Glättung
 Gewichtete Werte
 Möglich, Trends und saisonale Schwankungen zu berücksichtigen
SEITE 53
Kurzfristprognose … 54

… für unterjährige Daten mit Tages-, Wochen-, Monats- oder Saison-


Schwankungen

z.B. mit Gleitenden 25


0 50 100 150 200

Durchschnitten 20

15

10

-5

1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56
oder mit Exponentieller 3500000
3000000
Glättung 2500000
2000000
1500000
1000000
500000
0
-500000
SEITE 54
55

Beispiel – Gleitender Durchschnitt

Auslastung der Zimmer eines Hotels mit 100 Betten


(Nacht Samstag auf Sonntag)

Samstag Periode Auslastung (3 Perioden) Prognose


7. Juli 1 80 80
14. Juli 2 77 (80 + 77) / 2= 78,50 80
21. Juli 3 81 (80 + 77 + 81) / 3 = 79,33 79
28. Juli 4 85 (77 + 81 + 85) / 3 = 81,00 79
4. August 5 78 (81 + 85 + 78) / 3 = 81,33 81
11. August 6 82 (85 + 78 + 82) / 3 = 81,67 81
18. August 7 82

SEITE 55
56

Beispiel zur exponentiellen Glättung

Einfachster Fall:
Schätzung eines gleich bleibenden Marktvolumens

Qtsmooth =  Qt + (1 - ) Qt-1smooth
Qt : Marktvolumen in Planperiode t,
sobald bekannt: neue Glättung und Prognose für t + 1 möglich
Qtsmooth : geglättetes Marktvolumen in t, gleichzeitig Prognose für t +1
Qt-1smooth : geglättetes Marktvolumen der Vorperiode t -1
: Glättungskonstante

Nimmt Bezug auf Kotler/Keller/Bliemel, Marketing-Management, 12. Auflage, S. 210f


SEITE 56 Pearson Studium, München [u.a.] 2007
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Beispiel – Exponentielle Glättung

Auslastung der Zimmer eines Hotels mit 100 Betten


(Nacht Samstag auf Sonntag)

Samstag Periode Auslastung  = 0,3 Prognose


7. Juli 1 80 80
14. Juli 2 77 [0,3x77]+[(1-0,3)x80] = 79,1 80
21. Juli 3 81 [0,3x81]+[(1-0,3)x79,1] = 79,67 79
28. Juli 4 85 [0,3x85]+[(1-0,3)x79,67] = 81,269 80
4. August 5 78 [0,3x78]+[(1-0,3)x81,269] = 80,2883 81
11. August 6 82 [0,3x82]+[(1-0,3)x 80,2883] = 80,80181 80
18. August 7 81

SEITE 57
58

Beispiel – Exponentielle Glättung

84

Auslastung in %
Prognose mit Alpha = 0,3
80 Prognose mit Alpha = 0,1

76
1

 Sehr kleines 
 Prognose reagiert kaum auf Änderungen der Nachfrage
 Sehr starke Glättung der Zeitreihe
 Sehr alte Daten relativ stark gewichtet
 Sehr großes 
 Prognose reagiert sehr nervös auf Schwankungen der Nachfrage
 Nachfrageinformationen, die in Vergangenheitsdaten enthalten sind, gehen zum Großteil verloren
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59

Quantitative, langfristige Prognosen

 Trend- und Indikatormodelle


 Berechnung der zeitlichen Abfolge unterschiedlicher Prognosewerte
 Ermittlung von Gesetzmäßigkeiten bei der Entwicklung der Prognosegröße

 Sinnvoll, möglichst viele Beobachtungen in die Mittelwertberechnung


einfließen zu lassen
 Je größer die Anzahl an Beobachtungen, desto niedriger die Varianz
 Je niedriger die Varianz, desto höher die Genauigkeit des Prognosewertes

SEITE 59
60

Funktionstypen zur Ermittlung von Trends

1 Linearer Trendtyp
 Konstante absolute Zuwächse / Abnahmen pro Zeiteinheit
 Unterstellung unveränderter Markt- bzw. Wettbewerbssituation, d.h. Marktsättigung
wird nicht berücksichtigt
 Einfache Berechnung und Trendbestimmung → am häufigsten verwendet

2 Exponentieller Trendtyp
 Konstante Zuwachsrate pro Zeiteinheit
 Besonders geeignet, wenn Bestands- oder Absatzentwicklungen in zunehmend
steigender Weise erfolgen
 Logistischer Trendtyp
3
 Funktion: bis zum Wendepunkt progressiver Anstieg, danach degressive
Entwicklung
 Berücksichtigung des Marktsättigungsniveaus
 Besonders geeignet für die Prognose von Bestandsveränderungen bei langlebigen
Produkten (z.B. Autos)

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61

Grundformen der Trendfunktion

Exponentieller Trend
Absatz
(yt)
X

X
Logistischer Trend X
X
X Linearer Trend

X X
X
X

X … Beobachtungswerte
SEITE 61 Jahre (t)
62

Indikatormodelle

 Entwicklungsprognosen, die Vorhersagen aus dem Zusammenhang zwischen


der Prognosegröße und einer oder mehreren Indikatoren (beeinflussende
Variablen) ableiten

 Indikatoren: Variablen, die ...


 ... die Entwicklung des Absatzes stark beeinflussen
 ... vom Unternehmen aber nur gering beeinflusst werden können

 Vorteil gegenüber Trendextrapolationen: Entwicklungsrichtung kann geändert


werden

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63

Wirkungsbedingte Absatzprognosen

 Beruhen auf Marktreaktionsfunktionen


 Der Verlauf von ökonomischen oder psychographischen Zielvariablen (z.B.
Umsatz, Absatz oder Bekanntheitsgrad) ist abhängig von veränderten
Parametern der Marketinginstrumente

 Vorhersagen der Absatzwirkung von Marketinginstrumenten bei


unterschiedlichen Reaktionsannahmen des Konkurrenz-verhaltens
 Wichtig für die Planung eines optimalen Marketing-Mix

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64

Qualitative (intuitive) Absatzprognosen

 Befragungen
 Geschäftsführung
 Verkaufsorganisation
… relative unsichere Basis für
 Handel
Absatzprognosen
 Endverbraucher

 Koppelung mit quantitativen Prognosen


 Unternehmensinterne Befragungen für Kurzfristprognosen
 Expertenurteile häufig für Langfristprognosen bevorzugt

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65

Einschätzungen durch …

 Schnell  Gefahr unrealistischer Prognosen aufgrund


Geschäfts- von Eigeninteresse (überhöhte
führung  Nutzung von
Expertenwissen Schätzungen)

 Schnell  Fehlende Übersicht einzelner


Verkaufs- VerkäuferInnen (bzgl. Markttendenzen,
 Kostengünstig
organisation Wirkung von Marketinginstrumenten)
 Nutzung spezifischer
(Sales Force  Absatz oft zu niedrig prognostiziert
Marktkenntnisse
Composite
 Große Anzahl an  Nachlässiges Ausfüllen von
Method)
Befragten Außendienstberichten

 Zufällige oder lückenhafte Beobachtungen

Handel  Angaben oft massiv durch Eigeninteresse


beeinflusst (z.B. erhöhte Angaben bei
Produkten mit lukrativen Spannen)

Endver-  Sinnvoll bei  Problematisch im Konsumgüterbereich


braucher Investitionsgütern
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