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DOI 10.1007/s40573-016-0053-0
ORIGINAL PAPER
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Didaktik der Biologie, Leibniz-Institut für die Pädagogik der
Wissen ist in unserem digitalen Zeitalter leicht zugäng-
Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Universität Kiel, lich, schnell verfügbar und entwickelt sich rapide weiter
Olshausenstraße 62, 24118 Kiel, Deutschland (AAAS 2009). Daher sollten Lernende einerseits in der La-
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Universität Kassel, Heinrich-Plett-Str. 40, 34132 Kassel, ge sein, vorhandenes Wissen bzw. vorhandene Erkenntnisse
Deutschland kritisch reflektieren zu können und andererseits die Fähig-
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keit erwerben, sich im Sinne lebenslangen Lernens Wis- die vielfältigen Lernziele in Frage gestellt (Kirschner et al.
sen selbst anzueignen und generell das naturwissenschaft- 2006). Konsens scheint zu sein, dass das Forschende Lernen
liche Vorgehen als Modus der Welterschließung begrei- aufgrund seiner inhaltlichen Komplexität der Strukturierung
fen, um als mündige Bürger an einer Wissensgesellschaft oder Unterstützung durch die Lehrkraft bedarf, um einer
wie der unseren partizipieren zu können (KMK 2005a; Überforderung der Schüler vorzubeugen und somit erfolg-
Mayer et al. 2004; Abd-El-Khalick et al. 2004; Harlen reiches Lernen überhaupt erst möglich zu machen (Hmelo-
1999; Harms et al. 2004; Mayer 2013; Schwartz et al. Silver 2004). Bisher fehlen jedoch Studien, die untersuchen,
2004). Außerdem kann die bloße Vermittlung des Ist-Stan- wie das Forschende Lernen für die verschiedenen abhängi-
des von Wissen dem komplexen Prozess, der diesen Er- gen Variablen lernwirksam unterstützt werden kann. Die
kenntnissen vorausgeht, kaum dem Charakter von Wissen- vorliegende Arbeit sucht diese Lücke zu schließen. Erste
schaft gerecht werden (Crawford 2007; KMK 2005a; Zi- Hinweise, dass etwaige Unterstützungsformate im Bereich
on et al. 2004). Deshalb sollen Lernende über fachwis- des prozeduralen Wissens sowie des Methodenwissens be-
senschaftliche Inhalte hinaus auch ein Verständnis für die nötigt werden, um das Forschende Lernen zu fördern, lie-
Natur der Naturwissenschaften (nature of science) und die gen bereits vor (Arnold et al. 2014). In der vorliegenden
naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung (nature of in- Studie werden nun zwei bestehende Unterstützungsforma-
quiry) entwickeln (Harms et al. 2004; iSTAR Assessment te zur Förderung des prozeduralen Wissens und des Me-
2011; Mayer et al. 2004; Kremer und Mayer 2013; NRC thodenwissens für die Methode des Forschenden Lernens
1996; Schwartz und Crawford 2006). Aus diesen Grün- weiterentwickelt und für den Biologie-Unterricht der Ober-
den sind Kompetenzen der Erkenntnisgewinnung integra- stufe nutzbar gemacht und anschließend auf ihre Wirkung
ler Bestandteil der naturwissenschaftlichen Grundbildung anhand einer quasi-experimentellen Interventionsstudie in
(scientific literacy) und damit ein international anerkanntes der gymnasialen Oberstufe untersucht.
Ziel der Schulbildung (Bybee 2006). Daher sind sie auch
in den Steuerungsdokumenten verschiedener Länder (z. B.
Kanada: OME 2008a, 2008b; Großbritannien: DfES/QCA Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und
2004; Australien: ACARA 2012 und USA: NGSS Lead Fachwissen
States 2013; NRC 1996) und nicht zuletzt in den deutschen
Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss (KMK Das Wissenschaftliche Denken beschreibt die Fähigkeit,
2005a, 2005b, 2005c) sowie den einheitlichen Prüfungsan- wissenschaftliche Untersuchungen verstehen, durchführen
forderungen der Abiturprüfung (KMK 2004) verankert und und kritisch reflektieren zu können, und es wird durch de-
sollen auch in Oberstufenstandards entsprechendes Gewicht klaratives Wissen (Methodenwissen und Fachwissen) be-
erhalten (Harms et al. 2004; Mayer et al. 2004, KMK 2005a, einflusst (KMK 2004; Mayer 2007). Diese drei Konstrukte
Kurth 2015; Stanat und Pant 2012). werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Zusammenfassend steht der Biologie-Unterricht – spe- Das Wissenschaftliche Denken wird als naturwissen-
ziell in der gymnasialen Oberstufe – vor der Aufgabe ne- schaftlicher Problemlöseprozess beschrieben (Abd-El-
ben dem Aufbau eines grundlegenden Fachverständnisses Khalick et al. 2004; Klahr und Dunbar 1988; Mayer 2007).
auch Kompetenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnis- Einer umfassenden Analyse von (Kompetenz-)Modellen
gewinnung und ein angemessenes Bild von Wissenschaft und entsprechenden Testinstrumenten zufolge kann dieser
und ihren Methoden1 zu vermitteln. Hier wird das For- Prozess in die Problemlöseprozeduren Fragen entwickeln,
schende Lernen zur (gleichzeitigen) Förderung dieser Be- Hypothesen aufstellen, Untersuchungen planen und Daten
reiche empfohlen (Mayer und Ziemek 2006). Allerdings auswerten unterteilt werden, die speziell für das Experi-
wird die Wirksamkeit dieser Methode wegen der großen mentieren wie folgt ausdifferenziert werden (Arnold 2015):
Schülerselbstständigkeit bzw. Offenheit sowie in Bezug auf
1. Fragestellungen entwickeln: abhängige und unabhängige
Variable werden identifiziert und als Frage nach deren
1 Zu berücksichtigen ist, dass der Prozess der Erkenntnisgewinnung
kausalem Zusammenhang formuliert (bspw. Chinn und
mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden durchlaufen werden
kann (Wellnitz 2012; Wellnitz und Mayer 2013). Die vorliegende Malhotra 2002; Germann et al. 1996; Germann und Aram
Arbeit beschäftigt sich exemplarisch mit dem Experiment. Es ist von 1996, 1996b; Harwood 2004, Hofstein et al. 2005, Lin
wesentlicher Bedeutung in den Naturwissenschaften (Osborne et al. und Lehman 1999),
2003) und dient der Untersuchung von kausalen Zusammenhängen, 2. Hypothesen aufstellen: abhängige und unabhängige Var-
indem die unabhängige Variable variiert und die abhängige Variable
beobachtet oder gemessen wird, während andere potentiell beeinflus- iable werden aus der Fragestellung aufgegriffen und als
sende Variablen konstant gehalten bzw. kontrolliert werden (Mayer Vorhersage formuliert. Zudem wird die Hypothese be-
et al. 2008; Zion et al. 2004). Das Experimentieren stellt dabei spezifi- gründet und es werden alternative Hypothesen formuliert
sche Anforderungen an die Schüler (Mayer und Wellnitz 2014; Arnold
et al. 2016).
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(bspw. Temiz et al. 2006; Tamir et al. 1992; Philips und wissen, wie vorzugehen ist und bspw. von Hilfestellungen
German 2002; Klahr und Dunbar 1988), auf prozeduraler Ebene profitieren könnten. Das Methoden-
3. Untersuchungen planen: die abhängige Variable wird wissen und das Fachwissen sollen als Einflussfaktoren des
operationalisiert und die unabhängige Variable vari- Wissenschaftlichen Denkens nun weiter ausgeführt werden.
iert, sowie Störvariablen kontrolliert und darüber hinaus Das Methodenwissen umfasst das Wissen über bzw.
werden Messzeiten und Messwiederholungen festgelegt Verständnis für naturwissenschaftliche Methoden, deren
(bspw. Tobin und Capie 1982, Fraser 1980; Beaumont- Grenzen und Möglichkeiten sowie über Zweck und Funk-
Walters und Soyibo 2001; Klahr und Dunbar 1988) und tion einzelner Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens (Ar-
schließlich nold 2015; Arnold et al. 2016). Davon ausgehend, dass
4. Daten auswerten: Daten werden beschrieben und inter- wissenschaftliches Arbeiten mehr ist als die bloße Anwen-
pretiert, wobei die Interpretation in ihrer Sicherheit sowie wendung manueller Fähigkeiten und spezifisches Wissen
die gesamte Methode einer kritischen Prüfung unterzo- benötigt (NRC 2012), beschreibt das Methodenwissen das
gen wird. Ferner wird ein Ausblick gegeben (bspw. Tamir Denken hinter dem Handeln (thinking behind the doing;
et al. 1992; Philips und Germann 2002; Chinn und Mal- Roberts 2001) und wird auch als das „Wissen, warum“
hotra 2002; Klahr und Dunbar 1988, Meier und Mayer bezeichnet (bspw. Warum braucht man eine Hypothese?
2011). Warum sollte die unabhängige Variable variiert werden?;
Glaesser et al. 2009a). Damit steht es in enger Verbindung
Das Modell des Wissenschaftlichen Denkens beinhaltet zu den einzelnen Problemlöseprozeduren (siehe oben) und
nach Mayer (2007) zwei Arten deklarativen Wissens (Fach- den Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens (Objekti-
und Methodenwissen) als Einflussfaktoren, die bereits be- vität, Reliabilität und Validität), die als Antwort auf die
stätigt werden konnten (Arnold 2015). In unterschiedlichen Frage „Warum?“ herangezogen werden können (Gott et al.,
Studien konnte gezeigt werden, dass die Schülerfähigkei- o.J., Glaesser et al. 2009a). Ein Überblick über die in der
ten im Bereich des Wissenschaftliches Denkens hinter den Literatur aufgeführten Aspekte des Methodenwissens ist in
erwarteten Leistungen zurückbleiben. Zum Beispiel haben Tab. 1 dargestellt.
Lernende Probleme beim Generieren von Forschungsfragen Das hier beschriebene Methodenwissen ist angelehnt
und können dabei nicht auf einen Faktor fokussieren (Hof- an das Konstrukt des procedural understanding (Gott und
stein et al. 2005; Kuhn und Dean 2005). Im Bereich der Duggan 1995) bzw. der concepts of evidence (Gott et al.
Hypothesen zeigen Lernende Schwierigkeiten, Hypothesen o.J.; Gott und Roberts 2008), was von Glaesser und Kol-
als Zusammenhang zwischen Variablen (de Jong und van legen (2009a) als deklaratives Wissen beschrieben wird,
Joolingen 1998) und generell als widerlegbare Vorhersage das dem prozeduralen Wissen, also dem „Wissen wie“
mit entsprechenden Alternativen zu formulieren (Klahr und zugrunde liegt. Ferner argumentieren die Autoren, dass
Dunbar 1988; Klahr et al. 1993). Dies spiegelt sich dann dieses Wissen eine notwendige Bedingung für das er-
auch in der Planung von Experimenten wieder, die häu- folgreiche Experimentieren darstellt und bestätigen dies
fig mit nur einer Variation der unabhängigen Variable und in einer Studie (Glaesser et al. 2009b). In einer weiteren
ohne Kontrollversuch auskommen (Hammann et al. 2008), Studie konnte gezeigt werden, dass zwischen dem proce-
keine Störvariablen berücksichtigen (Duggan et al. 1996) dural understanding, das im Evidence Test (Roberts und
oder durch die Konfundierung der Variablen keine validen Gott 2004) operationalisiert wurde, und der erfolgreichen
Aussagen zulässt (Chen und Klahr 1999). Zudem werden Durchführung eines Experiments ein Zusammenhang be-
Experimente eher als Bestätigung der Hypothesen durchge- steht. Überschneidungen zwischen dem Methodenwissen
führt, also nur einmalig und ohne Wiederholung (Duggan und dem Konstrukt der Nature of Science (NOS) bestehen
und Gott 2000a; Lubben und Millar 1996). In der Daten- insofern, dass es darum geht, wie Wissenschaft funk-
auswertung finden sich Schwierigkeiten in dem Rückbezug tioniert bzw. wie Wissenschaftler arbeiten. Glaesser und
zur Hypothese und der Begründung der Schlussfolgerung Kollegen (2009a) sehen das procedural understandig auch
(Germann und Abram 1996b), Schlussfolgerungen kritisch als Teil von NOS und diese Verbindung kann anhand einer
reflektieren zu können und dabei bspw. Stichprobengrö- Studie, die den Zusammenhang zwischen Vorstellungen
ße, Repräsentativität und Validität zu berücksichtigen (Lub- zu NOS und dem Wissenschaftlichen Denken untersucht,
ben und Millar 1996; Roberts und Gott 2004). In Studien, unterstützt werden (Kremer et al. 2013). Stärker auf den Er-
die speziell auf ältere Lerner fokussieren, konnten ähnliche kenntnisprozess zugeschnitten ist das Konstrukt der Nature
Schwierigkeiten identifiziert werden (Tamir et al. 1992; Ar- of Scientific Inquiry (NOSI; Neumann 2011; Schwartz et al.
nold et al. 2013). Zudem konnte in einer ergänzenden Vi- 2008; Lederman et al. 2014), das konkret die Vorstellungen
deostudie (Arnold et al. 2014) festgestellt werden, dass die zur naturwissenschaftlichen Erkenntnismethode beschreibt.
Lernenden häufig Probleme in der konkreten Umsetzung Jedoch sind die Ansätze der NOS und der NOSI stark
(bspw. bei der Festlegung von Messzeiten) haben, also nicht epistemologisch und soziologisch geprägt (Neumann und
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Kremer 2013) und weniger spezifisch auf die prozedurale Das Fachwissen schließlich ist das Wissen über die je-
Ebene bezogen als das procedural understanding. weiligen biologischen Phänomene, die den Gegenstand der
Im Bereich des Methodenwissens identifizierten Roberts Untersuchung bilden. Das Fachwissen spielt beim Wissen-
und Gott (2004) anhand des Evidence Test Schwierigkeiten schaftlichen Denken bzw. dem Forschenden Lernen zwei
der Lernenden, bspw. in der Fähigkeit, die Validität und verschiedene Rollen. Einerseits beschreibt es das Wissen
Aussagekraft von Experimenten mit Stichprobengröße und über bzw. Verständnis für Fakten, Konzepte, Gesetze und
Repräsentativität zu begründen, warum Messwiederholun- Theorien, das für die Lösung des Problems notwendig ist
gen sinnvoll sind. In einer Studie von Völzke, Arnold und und beeinflusst so die Fähigkeit des Wissenschaftlichen
Kremer (2013) wurden ebenfalls Defizite im Methodenwis- Denkens (Mayer 2007). Dieser Zusammenhang konnte
sen identifiziert, die sich auf die Planung von Experimenten bereits in mehreren Studien gezeigt werden (bspw. Dug-
auswirkten und Arnold et al. (2014) konnten zeigen, dass gan et al. 1996; Solano-Flores et al. 1999; Glaesser et al.
sich Lernende beim Experimentieren häufig nicht im Kla- 2009a; Wellnitz und Mayer 2013; Hof 2011; Hammann
ren darüber sind, warum sie beim Experimentieren man- et al. 2007). Andererseits wird das wissenschaftliche Ar-
che Dinge tun. Die Autoren legen dar, dass eine Förderung beiten häufig auch genutzt, um Fachwissen zu erarbeiten
des Methodenwissens nötig ist, um die Experimentierfä- und zu erlernen. Diesbezüglich ist die Studienlage un-
higkeit der Lernenden zu elaborieren. In Bezug auf den Er- eindeutig. Während in der Meta-Analyse von Dochy und
werb von Methodenwissen wird argumentiert, dass solche Kollegen (2003) das wissenschaftliche Arbeiten tendenziell
Konzepte explizit gefördert werden sollten (Sandoval und negative Effekte auf den Erwerb von Fachwissen zeigt,
Morrison 2003; Abd-El-Khalick und Lederman 2000; Aker- stellen die Autoren fest, dass der Effekt stark durch das
son et al. 2000; Khishfe und Abd-El-Khalick 2002) und Expertise-Level der Lernenden moderiert wird und zudem,
diese Förderung geeignet ist, das wissenschaftliche Den- dass das Behalten durch das wissenschaftliche Arbeiten po-
ken zu unterstützen (Sandoval und Reiser 2004). Duschl sitiv beeinflusst wird. In der Meta-Analyse von Furtak und
(2000) beschreibt, dass die NOS dann explizit wird, wenn Kollegen (2009) hingegen zeigt sich ein positiver Effekt
Lernende untersuchen, diskutieren, über Belege argumen- auf den Erwerb von Fachwissen. In dieser Rolle, also als
tieren und zwischen alternativen Erklärungen entscheiden. abhängige Variable des wissenschaftlichen Arbeitens im
In einer Interventionsstudie von Chen und Klahr (1999) Rahmen des Forschenden Lernens, wird das Fachwissen
konnte gezeigt werden, dass sich Reflexionen bzw. Dis- in der vorliegenden Studie verstanden. Im Folgenden wird
kussionen über die Anwendung der einzelnen Schritte des näher auf das Forschende Lernen eingegangen.
Experiments und deren zugrundeliegende Logik (also die
Erläuterung des Warum) positiv auf den Erwerb der Varia-
blenkontrollstrategie auswirken und zudem für den Erwerb
von Fachwissen förderlich sind.
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beschreiben sie dynamische und situative Unterstützungs- naturwissenschaftlicher Untersuchungen (Physik) zeigte
maßnahmen der Lehrkräfte (scaffolds i. e. S.). Dies verlangt sich, dass mit Lösungsbeispielen und gestuften Lernhilfen
auf Seiten der Lehrkraft viel Aufmerksamkeit und situati- mehr Lösungsschritte erinnert und höhere Leistungen im
ve Diagnostik von Verständnisproblemen und entsprechend anschließenden Fachwissenstest erzielt werden als beim
den abgestimmten Einsatz von Hilfestellungen. Hard scaf- offenen Problemlösen (Schmidt-Borcherding et al. 2013).
folds hingegen sind statische Unterstützungen, die typische Bislang fehlen Instruktionsstudien, die die Wirksamkeit
Schülerprobleme antizipieren und vorbereitet werden kön- von gestuften Lernhilfen beim wissenschaftlichen Arbei-
nen (Saye und Brush 2002). Sie werden häufig in computer- ten auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken oder
basierten Experimentier-Umgebungen genutzt (Wichmann Methodenwissen differenziert untersuchen.
und Leutner 2009; Künsting et al. 2010). In der vorliegen-
den Studie liegt der Schwerpunkt auf den hard scaffolds Diskursiv-reflexive Szenarien (Concept Cartoons)
und deren Verwendung in Hands-on-Experimenten. Dies
liegt darin begründet, dass sie einerseits fertige Materia- Als Format zur Anregungung von Diskussionen über das
lien darstellen, die die Lehrenden entlasten (Hmelo-Silver Methodenwissen (siehe Kapitel „Wissenschaftliches Den-
2006) und es ihnen zudem ermöglichen, sich weiter aus der ken, Methodenwissen und Fachwissen“) wurden in dieser
schülerselbstständigen Arbeit herauszuziehen (siehe Kapi- Arbeit Concept Cartoons (Naylor und Koegh 1999) ge-
tel „Forschendes Lernen“), und andererseits eignen sie sich wählt. Es handelt sich um hard scaffolds, die der Sprech-
aus methodischen Gründen besser als soft scaffolds, da sie anregung dienen. Concept Cartoons beinhalten die Darstel-
standardisiert und so systematisch in ihrer Wirkung unter- lung verschiedener Figuren (Cartoons), die über Sachver-
sucht und dann weiter verwendet werden können. Dabei halte diskutieren und dienen als Impulse zur Äußerung von
ist der Anspruch, möglichst viele der positiven Aspekte Vorstellungen, deren Diskussion und somit der Ko-Kon-
von soft scaffolds in die Lernunterstützungen zu integrie- struktion von Wissen (Keogh 1999). Özmen und Kollegen
ren. Folgend werden zwei Formate als Lernunterstützungen (2012) überprüften die Wirksamkeit von Concept Cartoons
vorgestellt, die sich im Rahmen des Forschenden Lernens auf den Erwerb von Fachwissen innerhalb von Laborakti-
eignen: gestufte Lernhilfen und diskursiv-reflexive Szena- vitäten und zeigten damit signifikant höhere Lernzuwächse
rien. gebenüber einem Vergleich ohne diese Lernunterstützung.
Über die Effektivität von Concept Cartoons zur Förderung
Gestufte Lernhilfen von Wissenschaftlichem Denken und Methodenwissen liegt
nach derzeitigem Stand nur eine Studie vor, die die Wirk-
Gestufte Lernhilfen sind eine Weiterentwicklung von Lö- samkeit der Concept Cartoons in Bezug auf das Methoden-
sungsbeispielen (worked-out examples) (Hänze et al. 2010; wissen nahelegt und zeigt, dass sie sich partiell auf die Per-
Forschergruppe Kassel 2007). Zweitere haben im Bereich formanz beim Experimentieren auswirken können (Kuhn
des Problemlösens eine lange Tradition zur Förderung von et al. 2000).
kognitiven Fähigkeiten (Atkinson et al. 2000). Sie kommu-
nizieren den Prozess und geben konkrete Hilfestellungen
zur Lösung der Aufgabe. Lösungsbeispiele bestehen aus Ziel der Studie und Hypothesen
der Problemformulierung, Lösungsschritten und der fina-
len Lösung (Renkl 2005). Sie können zwar ausgeschlichen Bisher wurde die Wirksamkeit beider Lernunterstützungen
werden, jedoch findet keine Diagnose und entsprechende (gestufte Lernhilfen und Concept Cartoons) sowie deren
Anpassung der Unterstützung statt. Die Wirksamkeit von Kombinationen nicht systematisch im Zusammenhang mit
Lösungsbeispielen gegenüber dem offenen Problemlösen dem Forschenden Lernen in Bezug auf den Erwerb von
konnte bspw. von Atkinson und Kollegen (2000) nachge- Wissenschaftlichem Denken, Methodenwissen und Fach-
wiesen werden. wissen sowie die empfundene kognitive Belastung unter-
Bei den gestuften Lernhilfen, die ähnlich wie Lösungs- sucht. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher zu prü-
beispiele aufgebaut sind, werden Lösungshinweise je- fen, inwiefern deren Nutzung und somit die gezielte Förde-
doch schrittweise gegeben und die Schüler können nach rung des prozeduralen Wissens bzw. des Methodenwissens
Wunsch oder Bedarf darauf zurückgreifen (Schmidt-Wei- sich eignet, um den Erwerb von Wissenschaftlichem Den-
gand et al. 2008; Schmidt-Weigand et al. 2009). Somit ken, Methodenwissen und Fachwissen zu fördern und die
werden Diagnose und Ausschleichen in Schülerhand ge- kognitive Belastung zu reduzieren. Im Folgenden wird im-
geben. Im Vergleich zu konventionellen Lösungsbeispielen mer von der Wirkung der einzelnen Unterstützungsformate
konnte im Bereich physikalischen Fachwissens bereits (gestufte Lernhilfen und diskursiv-reflexive) sowie deren
gezeigt werden, dass gestufte Lernhilfen lernförderlicher Kombination ausgegangen. Die Kombination wird unter-
sein können (Schmidt-Weigand et al. 2008). Im Bereich sucht, weil geprüft werden soll, ob die beiden Unterstützun-
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Experimentierhefte!
In Bezug auf Fachwissen konnte die Lernförderlichkeit
1. Experimentierheft „Butter“
von gestuften Lernhilfen (im Kontext wissenschaftlichen
(Temperaturabhängigkeit enzym. Reaktionen) Arbeitens) mit Bezug zum Fachwissen bereits tendenzi-
ell, wenn auch nicht statistisch signifikant, belegt werden
Int ervent ion
2. Experimentierheft „Zellgift“
(pH-Wert-Abhängigkeit enzym. Reaktionen) (Schmidt-Borcherding et al. 2013). Auch für fachwissens-
bezogene Concept Cartoons konnte im Rahmen von La-
mit Lernunterstützungen (Treatments)
boraktivitäten gezeigt werden, dass sie sich in Bezug auf
Forschertipps
das Fachwissen positiv auswirken (Özmen et al. 2012). Der
Einfluss dieser Lernunterstützungen mit methodenbezoge-
VG TG1 nen Inhalten ist noch nicht untersucht. Hier kann aber er-
Concept -/- -/+
wartet werden, dass durch die Lernunterstützungen im Me-
Cartoons TG2 TG3 thodenbereich kognitive Kapazitäten für das Erlernen von
+/- +/+
Fachwissen frei werden (Hof 2011). Daher ist zu erwarten,
dass sich die Lernunterstützungen positiv auf den Erwerb
Post-Test! von Fachwissen auswirken (HFachwissen).
Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen & Fachwissen Weiterhin soll untersucht werden, ob die Lernunterstüt-
zungen geeignet sind, den Cognitive Load zu reduzieren.
Abb. 1 Übersicht Studiendesign
Es wird davon ausgegangen, dass durch die gestuften Lern-
hilfen die Aufgaben stärker strukturiert und die geförder-
gen, die jeweils unterschiedliche Wissensarten (prozedura- ten Aktivitäten vereinfacht werden können und somit der
les Wissen und deklaratives Methodenwissen) ansprechen, extraneous Cognitive Load reduziert wird. Durch die Be-
sich sinnvoll ergänzen können. Dies liegt nahe, weil davon arbeitung der Concept Cartoons wird für den Problemlö-
ausgegangen werden kann, dass die beiden Wissensarten seprozess relevantes Hintergrundwissen aktiviert, das die
zusammenhängen und sich somit positiv beeinflussen kön- Bearbeitung der Problemlöseaufgaben vereinfachen und so
nen (siehe Kapitel „Wissenschaftliches Denken, Methoden- ebenfalls den extraneous Cognitive Load reduzieren kann.
wissen und Fachwissen“). Darüber hinaus kann aus Cogni- Daher wird erwartet, dass die Schüler mit Lernunterstützun-
tive Load-Sicht argumentiert werden, dass eine Entlastung gen weniger kognitive Belastung berichten (HCognitive Load).
durch Unterstützung im einen Bereich Arbeitsgedächtnis-
kapazitäten für den anderen Bereich zur Verfügung stellt
und somit die Kombination aus beiden den Effekt erhö- Design & Methodik
hen könnte. Allerdings ist auch denkbar, dass ein Mehr an
Materialien oder Informationen in Form von Lernunterstüt- Zur Prüfung der Hypothesen wurde eine quasi-experimen-
zungen zusätzliche Kapazitäten bindet. telle Interventionsstudie im 2 × 2-faktoriellen Design mit
Interventionsstudien, die die Wirksamkeit von gestuften Pre- und Post-Test in neun Einführungskursen der gymna-
Lernhilfen beim wissenschaftlichen Arbeiten auf den Er- sialen Oberstufe (11. Jgst.) zum Thema Enzymatik durch-
werb von Wissenschaftlichem Denken beim Forschenden geführt (N = 220). Die Interventionsstudie dauerte ca. 8
Lernen untersuchen, sind derzeit nicht bekannt. Es wird je- Wochen und wurde als Feldstudie im Regelunterricht von
doch vermutet, da dieses Instruktionsformat allgemein das den jeweiligen Lehrkräften durchgeführt (Abb. 1).
prozedurale Wissen fördern kann (Atkinson et al. 2000), Während der Studie arbeiteten die Lernenden gemäß der
dass es auch in diesem Bereich lernförderlich ist. Darüber- obigen Beschreibung des Forschenden Lernens selbststän-
hinaus kann aufgrund der oben angeführten Befunde erwar- dig in Gruppen von zwei bis drei Personen („Forscher-
tet werden, dass sich die Lernunterstützungen sowie deren teams“). Die Intervention begann mit einer Einführung in
Kombination positiv auf den Erwerb von Wissenschaftli- das naturwissenschaftliche Arbeiten und die Enzymatik, die
chem Denken auswirken (HWissenschaftliches Denken). insgesamt ca. drei Unterrichtsstunden in Anspruch nahmen
Für die Lernförderlichkeit von gestuften Lernhilfen in und anhand von Arbeitsblättern3 angeleitet wurden. Wäh-
Bezug auf das Methodenwissen liegen ebenfalls keine Er- rend der Einführung wurde das Experiment inkl. abhängige
gebnisse vor. Es wird jedoch erwartet, dass sich die Erläu-
terung der einzelnen Schritte des Prozesses wissenschaftli- 3 Die kompletten Materialien sind in Arnold 2015 dokumentiert.
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chen und es konnten keine signifikanten Unterschiede zwi- schiedenen Gründen zurückgegriffen. Erstens aufgrund der
schen den Gruppen festgestellt werden (Wissenschaftliches für das Rasch-Modell spezifischen Objektivität, die es er-
Denken: H(3) = 3,40, p = 0,334; Methodenwissen: H(3) = laubt, die Limitationen, die durch die klassische Testtheorie
1,27, p = 0,735; Fachwissen: H(3) = 1,57, p = 0,665). Da entstehen, zu überwinden (Fox und Jones 1998). Dies ist
dennoch tendenzielle Unterschiede zwischen den Gruppen teils dadurch gewährleistet, dass das Rasch-Modell Item-
bestehen, werden die Residualgewinne berechnet und als schwierigkeiten und Personenfähigkeiten nicht konfundiert
Grundlage der folgenden Intergruppenvergleiche verwen- (Fox und Jones 1998). Die Nutzung des Rasch-Modells,
det, um diese Unterschiede zu minimieren (Walpuski und wenn die Daten zum Modell passen, gewährleistet somit,
Sumfleth 2007). dass Person-Measures nicht von dem Itemsatz abhängen,
den die Person beantwortet hat bzw. dass die Einschätzung
Datenanalyse der Itemschwierigkeit nicht von der Personengruppe ab-
hängt, die sie beantwortet hat. Zweitens stellt die Rasch-
Die Datenanalyse erfolgte mittels Item-Response-Theory Skalierung intervallskalierte Daten bereit, die es erlauben,
(IRT) mit dem Programm Winsteps (Linacre 2011) und Va- parametrische Tests durchzuführen (Boone et al. 2014).
rianzanalysen (ANOVA) mit dem Programm SPSS. Auf die Rohdaten von Tests oder Fragebögen hingegen können non-
IRT wurde zur Testanalyse und Datenaufbereitung aus ver- linear sein und daher die Voraussetzung von parametrischen
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werden.
werden.
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Tests verletzen (Boone et al. 2014). Drittens eignet sich das samtstichprobe dar und können daher auch negative Werte
Rasch-Modell bei Datensätzen mit fehlenden Daten. D. h., annehmen.
dass Schüler, wenn sie ein Item nicht bearbeitet haben, den-
noch sinnvoll in ihrer Fähigkeit eingeschätzt werden kön-
nen (Boone und Scantlebury 2006). Der vierte Grund für Ergebnisse
die Verwendung der IRT ist, dass hier das Partial-Credit-
Modell zur Verfügung steht, das bei polytomen Items un- In Abb. 7 sind die mittleren Residualgewinne der Gruppen
terschiedlich große Schritte von Niveau zu Niveau (bspw. für die Tests Wissenschaftliches Denken (A), Methoden-
von null Punkten zu einem Punkt und von einem Punkt zu wissen (B) und Fachwissen (C) dargestellt.
zwei Punkten) zulässt, innerhalb und zwischen Items. Da- Es zeigt sich, dass die Forschertipps, die Concept Car-
rüber hinaus erlaubt das Partial-Credit-Modell die Nutzung toons und die Kombination aus beiden in allen Bereichen
von Items mit unterschiedlich vielen Stufen (bspw. dichoto- zu höheren Lernzuwächsen führen als in der Vergleichs-
me und polytome Items; Bond und Fox 2012; Boone et al. gruppe. Eine Ausnahme bilden die Forschertipps im Be-
2014; Fox und Jones 1998). reich Fachwissen, da hier die Treatmentgruppe hinter der
Die ANOVAs wurden gemäß den Hypothesen mit a-prio- Vergleichsgruppe zurückbleibt. Die Unterschiede im Lern-
ri Kontrasten durchgeführt, bei denen jeweils die Treat- zuwachs sind im Wissenschaftlichen Denken für die Grup-
mentgruppen mit der Vergleichsgruppe verglichen wurden pen mit Forschertipps und Concept Cartoons signifikant im
(Simple). Prinzipiell wurde dabei berücksichtigt, dass die Vergleich zur Vergleichsgruppe (d = 0,47 bzw. 0,43). Die
einzelnen Schüler, von denen die Testdaten vorlagen, in Ergebnisse der a-priori-Kontraste sind in Tab. 4 dargestellt.
Forscherteams arbeiteten, die in Klassen organisiert waren, Somit kann festgehalten werden, dass sich die Lernun-
die wiederum die Treatmentgruppe bildeten, daher wurden terstützungen Forschertipps und Concept Cartoons positiv
geschachtelte ANOVAs berechnet. auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken auswirken
Da die Treatmentgruppen sich zwar nicht statistisch (HWissenschaftliches Denken). Für die Treatmentgruppe 3 (Doppel-
signifikant (Wissenschaftliches Denken: H(3) = 3,40, p = treatment) trifft die Hypothese ebenfalls zu, die Unterschie-
0,334; Methodenwissen: H(3) = 1,27, p = 0,735; Fachwis- de können jedoch nicht als signifikant ausgewiesen werden.
sen: H(3) = 1,57, p = 0,665), aber dennoch tendenziell in Auch die Hypothesen HMethodenwissen und HFachwissen können nur
den Pre-Test-Resultaten unterschieden, wurden die Lern- tendenziell bewertet werden, da die Unterschiede zur Ver-
zuwächse als Residualgewinne berechnet und als solche gleichsgruppe keine statistische Signifikanz aufweisen. Hier
für die Varianzanalysen verwendet (Walpuski und Sumfleth zeigt sich, dass alle drei Treatments (Forschertipps, Con-
2007). Die Residualgewinne stellen nicht die absoluten, cept Cartoons sowie die Kombination aus beiden) im Ver-
sondern die relativen Lernzuwächse im Vergleich zur Ge- gleich zur Vergleichsgruppe tendenziell für den Erwerb von
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terstützungs-Formate zur Förderung des prozeduralen Wis-
0 sens sowie des Methodenwissens beim Forschenden Lernen
-0,05 in Bezug auf ihre Wirksamkeit für den Erwerb von Wis-
-0,1 senschaftlichem Denken, Methodenwissen, Fachwissen und
-0,15
zur Reduktion der kognitiven Belastung vergleichend unter-
-0,2
TG1 (FT) TG2 (CC) TG3 (2x) VG
sucht. Zentrale Befunde der Studie sind, dass die Lernun-
SD=.81 SD=.78 SD=.72 SD=.96 terstützung beim Forschenden Lernen (Forschertipps, Con-
Gruppe cept Cartoons sowie die Kombination aus beiden) zu einem
höheren Lernertrag im Wissenschaftlichen Denken führen
c und zudem die kognitive Belastung beim Forschenden Ler-
0,15 nen reduzieren können (Sweller et al. 1998). Für die Berei-
che Methodenwissen und Fachwissen kann die Wirksam-
Residualgewinn
0,1
K
ZfDN (2016)
0,6
*d=.72 sich nur in ca. 64 % auf die Gütekriterien wissenschaftli-
0,5 chen Arbeitens bezogen und somit nur eingeschränkt zu den
Person Measure
*d=1.40
0,4 intendierten Diskussionen führten (Arnold et al. 2016). Hier
0,3 *d=.84 sind weitere Untersuchungen notwendig, die die Nutzung
0,2
der Lernunterstützungen optimieren. So sind zum Beispiel
0,1
0
gezielte Trainings im Umgang mit den Unterstützungsfor-
-0,1 maten denkbar. Zukünftige Forschung sollte sich daher der
TG1 (FT) TG2 (CC) TG3 (2x) VG weiteren Optimierung der Lernunterstützungen bzw. deren
SD=.60 SD=.60 SD=.73 SD=.73 Nutzung widmen. Bspw. sollte überprüft werden, ob die
Gruppe Verklebung der Forschertipps, die der Kontrollierbarkeit
Abb. 8 Cognitive Load nach Gruppen dienen sollte, eine Hemmschwelle darstellt und sich ne-
gativ auf den Gebrauch auswirkt. Es ist zu erwarten, dass
die Forschertipps häufiger genutzt werden, wenn diese frei
Zudem fällt auf, dass die Doppeltreatments hinter dem zugänglich sind und somit auch lernwirksamer sein können.
Einzeltreatment Forschertipps zurückbleibt. Hier kann die Für die Concept Cartoons ist denkbar, dass eine ausführli-
Auszählung der Forschertipps als Erklärung herangezogen chere Schulung im Wissen um die Gütekriterien sich ggf.
werden. Es zeigte sich, dass im Doppeltreatment im Mittel positiv auf die Diskussionen auswirken kann und somit die
15 % und im Einzeltreatment ca. 22 % der Forschertipps Lernförderlichkeit der Concept Cartoons gesteigert werden
genutzt wurden. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass die kann. Alternativ ist es denkbar, um die Qualität der Diskus-
Schüler im Doppeltreatment, auch wenn sie keine höhere sionen zu fördern, diese im Plenum unter Moderation der
kognitive Belastung berichten, aufgrund der Materialfülle Lehrkraft durchzuführen.
die Lernunterstützungen nicht adäquat und vollständig nut- Nicht zuletzt konnte in anderen Studien gezeigt werden,
zen konnten und daher geringere Lernzuwächse verzeich- dass die Leistungen in chemischen Experimentieraufgaben
nen (Sweller et al. 1998), dies weißt auf sog. Over-scripting durch motivationale Faktoren, wie bspw. das Interesse an
hin (Dillenbourg 2002). Beim Doppeltreatment wurde mit den zugrundeliegenden fachlichen Konzepten beeinflusst
der kompletten Anzahl Hilfen und Cartoons zu den Ein- werden (Nehring et al. 2015). Dieser Einfluss kann für
zeltreatments additiv verfahren. Ob eine reduzierte Anzahl die Bearbeitung von Lernumgebungen und somit den Lern-
der Hilfsformate in der Kombination jedoch effektiver sein zuwachs wahrscheinlich noch umso stärker angenommen
könnte, bleibt offen. und als Erklärung für individuelle Varianzen und geringere
Zusammenfassend war das Forschende Lernen in dieser Gruppenunterschiede herangezogen werden.
Konstellation effektiv, sogar für die Vergleichsgruppe. Dass Schließlich kann an der Testgüte der Instrumente weiter-
die Gruppen sich nur wenig unterscheiden, (nur im Wissen- gearbeitet werden, wodurch verlässlichere und ggf. signi-
schaftlichen Denken statistisch signifikant), kann dadurch fikante Ergebnisse zu erwarten wären, bspw. in Bezug auf
erklärt werden, dass alle Gruppen, schon relativ strukturier- die Reliabilitäten. Zudem weisen relativ hohe Out-Fit Wer-
te Materialien (Experimentierhefte) mit Hinweisen auf die te auf Messfehler hin. Zukünftige Forschung sollte sich der
einzelnen zu berücksichtigenden Aspekte, die für die For- Verbesserung dieser Instrumente widmen, um etwaige Un-
schertipps die Verlinkungen enthielten, hatten. In vergleich- terschiede besser detektieren zu können. Darüber hinaus ist
baren Studien mit Kontrollgruppen, die normal, d. h. auch die relativ geringe Stichprobengröße der einzelnen Grup-
nicht im Stil des Forschenden Lernens, beschult wurden, pen zu berücksichtigen. Generell ist anzumerken, dass die
sind ebenfalls nur kleine Effekte zu finden (Roesch et al. Studie in einer Jahrgangsstufe durchgeführt wurde, die Ge-
2015). Darüber hinaus kann die Nutzung der Unterstützun- neralisierbarkeit der Ergebnisse auf andere Jahrgangsstufen
gen als Erklärung herangezogen werden. So wurden die sollte zukünftig sichergestellt werden.
Forschertipps nur relativ selten genutzt (durchschnittlich Als Fazit lässt sich festhalten, dass Lernunterstützungen
17 %). Eine genauere Analyse der Bearbeitung der Con- zur Förderung des prozeduralen Wissens sowie des Me-
cept Cartoons zeigt zudem, dass die Aussagen der Schüler thodenwissen geeignet sind, den Erwerb Wissenschaftli-
K
ZfDN (2016)
chen Denkens zu fördern (Mayer 2007). Mit dieser Stu- publications/bsl/online/index.php?chapter=1#A0. Zugegriffen:
02.12.2016.
die wurden Fördermöglichkeiten von prozeduralem Wis- Arnold, J. (2015). Die Wirksamkeit von Lernunterstützungen beim
sen und deklarativem Methodenwissen in Form von jeweils Forschenden Lernen: Eine Interventionsstudie zur Förderung
einem Format überprüft. Es stellt sich die Frage, ob an- des Wissenschaftlichen Denkens in der gymnasialen Oberstufe.
dere Formate ebenfalls oder sogar besser geeignet wären Berlin: Logos.
Arnold, J., Kremer, K., & Mayer, J. (2013). Wissenschaftliches Denken
um diese Wissensarten zu fördern. Zukünftig sollten da- beim Experimentieren – Kompetenzdiagnose in der Sekundarstu-
rüber hinaus etwaige Mediationseffekte untersucht werden fe II. In D. Krüger, A. Upmeier zu Belzen, P. Schmiemann, A.
und Kontrollvariablen, wie bspw. kognitive Fähigkeiten Be- Möller & D. Elster (Hrsg.), Erkenntnisweg Biologiedidaktik 11
(S. 7–20). Kassel: Universitätsdruckerei.
rücksichtigung finden. Des Weiteren wäre es sinnvoll, die Arnold, J., Kremer, K., & Mayer, J. (2014). Understanding students’
Wirkung der Lernunterstützungen differenziert nach Leis- experiments – What kind of support do they need in inquiry
tungsstärke zu untersuchen. Erste explorative Analysen zei- tasks? International Journal of Science Education, 36(15–16),
gen, dass im Wissenschaftlichen Denken leistungsschwache 2719–2749.
Arnold, J., Kremer, K., & Mayer, J. (2016). Concept Cartoons als
Lernende besonders von Forschertipps und leistungsstarke diskursiv-reflexive Szenarien zur Aktivierung des Methodenwis-
Lernende stärker von den Concept Cartoons profitieren (Ar- sens beim Forschenden Lernen. Biologie Lehren und Lernen.
nold 2015). Außerdem beschränkt sich diese Studie insge- Zeitschrift für Didaktik der Biologie, 20(1), 33–43.
Atkinson, R. K., Sharon, J. D., Renkl, A., & Wortham, D. (2000).
samt auf die Untersuchung von hard scaffolds. Der Bereich
Learning from examples: instructional principles from the wor-
der soft scaffolds, d. h. situativen Lehrerunterstützung, be- ked examples research. Review of Educational Research, 70(2),
darf ebenfalls der weiteren Untersuchung. Diesbezüglich 181–214.
könnten die vorgestellten Formate auch eine Hilfestellung Australian Curriculum Assessment and Reporting Authority
(ACARA) (2012). Senior Secondary Curriculum – Biology.
bieten. http://www.australiancurriculum.edu.au/Static/docs/senior
Die gewonnenen Erkenntnisse über die Wirkung der %20secondary/Senior%20Secondary%20Curriculum%20-
Lernunterstützungen legen ferner nahe, dass das Wissen- %20Biology%20November%202012.pdf. Zugegriffen:
schaftliche Denken durch weitere Variablen als das Metho- 02.12.2016.
Beaumont-Walters, Y., & Soyibo, K. (2001). An analysis of high
denwissen, das Fachwissen und die allgemeinen kognitiven school students’ performance on five integrated science process
Fähigkeiten beeinflusst wird. Dies deckt sich mit den Be- skills. Research in Science & Technological Education, 19(2),
funden, dass durch diese Variablen 30 % der Varianzen im 133–145.
Blanchard, M. R., Southerland, S. A., Osborne, J. W., Sampson, V. D.,
Wissenschaftlichen Denken erklärt werden können (Arnold Annetta, L. A., & Granger, E. M. (2010). Is inquiry possible in
2015). Weitere mögliche Einflussfaktoren müssen zukünf- light of accountability?: A quantitative comparison of the relative
tig systematisch gesucht werden, um so das theoretische effectiveness of guided inquiry and verification laboratory instruc-
Modell zu erweitern und die Förderung zu optimieren. tion. Science Education, 94(4), 577–616.
Bond, T. G., & Fox, C. M. (2012). Applying the Rasch model – funda-
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Na- mental measurement in the human sciences (2. Aufl.). New York:
mensnennung 4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/ Routledge.
licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Verviel- Boone, W. J., & Scantlebury, K. (2006). The role of Rasch analysis
fältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Me- when conducting science education research utilizing multiple-
dium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) choice tests. Science Education, 90(2), 253–269.
und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Com- Boone, W. J., Staver, J. R., & Yale, M. S. (2014). Rasch analysis in the
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