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FORSCHUNGSERGEBNISSE

Christoph Buchal, Hans-Dieter Karl und Hans-Werner Sinn*

Kohlemotoren, Windmotoren und


Dieselmotoren: Was zeigt die
CO2-Bilanz?

Dieser Artikel vergleicht aufgrund offizieller Messdaten zwei Mittelklasseautos, den


Mercedes C 220 d und den neuen Tesla Model 3, bezüglich ihres Verbrauchs an Diesel bzw.
Strom. Dabei werden alternative marginale Energiequellen für den Strom sowie der tat-
sächliche Strommix Deutschlands aus dem Jahr 2018 zugrunde gelegt. Ferner wird eine
Metastudie für den CO2 -Ausstoß bei der Batteriefertigung berücksichtigt. Es zeigt sich, dass
der CO2 -Ausstoß des Elektromotors im günstigen Fall um etwa ein Zehntel und im ungüns-
tigen Fall um ein gutes Viertel über dem Ausstoß des Dieselmotors liegt. Am günstigsten
ist der mit Methan betriebene Verbrennungsmotor, der auch dann, wenn man die erhebli-
che Vorkettenverschmutzung beim Methan berücksichtigt, um ein knappes Drittel unter
dem Dieselmotor liegt. Auf die Wasserstoff-Methan-Technologie zu setzen, hat zwei Vor-
teile. Zum einen ist sie langfristig der einzig funktionierende Weg zur Speicherung der
überschießenden Stromspitzen des Wind- und Sonnenstroms, die erforderlich ist, wenn die
Marktanteile dieser Form regenerativen Stroms ausgeweitet werden sollen. Zum anderen
bietet sie schon aus dem Stand heraus die Möglichkeit einer erheblichen CO2 -Einsparung,
selbst wenn dieses Methan aus fossilen Quellen stammt.

1. Die Fortschreibung der Energiewende und ihre vor- 1. DIE FORTSCHREIBUNG DER ENERGIEWENDE
programmierte Krise im Verkehrssektor UND IHRE VORPROGRAMMIERTE KRISE IM
2. Die Struktur der deutschen Stromproduktion VERKEHRSSEKTOR
3. Der CO 2 -Ausstoß alternativer Motoren
3.1 Der Dieselmotor Eine Analyse der gegenwärtigen Situation der Ener-
3.2 Der batterieelektrische Motor giewende zeigt, dass trotz hoher jährlicher Investi-
3.3 Brennstoffzellen oder Batterien? tionen, vor allem sichtbar im Bereich der »Erneuer-
4. Zwei mögliche Szenarien für die Elektrifizierung des baren Stromproduktion«, die gesamten deutschen
Verkehrs CO2-Emissionen nicht im erhofften Umfang sinken.
5. Das Problem der Volatilität und die Notwendigkeit Insbesondere im Verkehrssektor werden seit vie-
von Parallelstrukturen len Jahren praktisch unveränderte Emissionssum-
6. Überschießende Stromspitzen und die Rolle des men beobachtet, obwohl für diesen Sektor von der
Wasserstoffs Bundesregierung ein Reduktionsziel von mindestens
7. Schlussbemerkungen 40% bis 2030 vorgegeben wurde (vgl. Bundesminis-
terium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher-
Post Scriptum heit 2016, S. 8).
Anhang Deshalb wird der Verkehrssektor im Hinblick auf
seinen unverminderten Kraftstoffbedarf derzeit hef-
tig kritisiert. Obwohl eine wirksame Abkehr von Ben-
zin und Diesel offensichtlich sehr schwierig ist, set-
zen Politik und mediale Öffentlichkeit dennoch große
* Christoph Buchal ist Professor für Physik an der Universität zu
Köln und Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich, Hans-
Hoffnungen auf eine forcierte Einführung von Elektro-
Dieter Karl war als Spezialist für die Energieforschung am ifo Institut autos. Die Politik begründet diesen Schritt vor allem
beschäftigt, und Hans-Werner Sinn ist emeritierter Professor der
Ludwig-Maximilians-Universität München sowie ehemaliger Prä-
mit einem wirksamen Klimaschutz, der durch die Ver-
sident des ifo Instituts. Keiner der Autoren hat eine kommerzielle ringerung des Mineralölbedarfs für Benzin und Diesel
Beziehung zur Energiewirtschaft oder zu Autokonzernen. Die Autoren
danken Karen Pittel vom ifo Institut für nützliche Hinweise sowie
erzielt werden soll. Damit würden auch die CO2-Emis-
Daniel Weishaar für eine sorgfältige Forschungsassistenz. sionen proportional sinken.

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Nun kann man die Wende zum Elektroauto aus schen CO2-Minderungen nicht einstellen. Das wird in
ingenieurtechnischer Sicht durchaus begrüßen, denn den Schlussbemerkungen ausführlicher erläutert.
es ist elegant, robust, spurtstark, fährt geräuscharm Die Zahlen zeigen, dass der forcierte Ausbau der
und braucht kein kompliziertes Getriebe. Insbeson- E-Autoflotte keineswegs direkt zu sinkenden techni-
dere für den innerstädtischen Verkehr bietet das Elek- schen CO2-Emissionen führen kann, obwohl zusätzlich
troauto großes Potenzial, weil die Emissionen von den flankierend auch die CO2-Emissionsgrenzwerte für
Städten zu den Kraftwerken verlagert werden. China konventionelle Pkw drastisch abgesenkt wurden. So
bemüht sich sehr konsequent, seine Riesenmetropo- wurde der CO2-Ausstoß pro Pkw-Kilometer von 2015
len mit Elektroautos wieder bewohnbarer zu machen. bis 2020 gesetzlich bereits von 130 auf 95 Gramm pro
Vor allem die innerstädtischen Feinstaub- und Stick- Kilometer gedrückt. Der zulässige Grenzwert für 2030
oxidemissionen des Verkehrs sind dort mitverant- soll dann nur noch 59 Gramm pro Kilometer betragen.
wortlich für den oft unerträglichen Smog. Elektri- Das entspricht einem Verbrauch von 2,2 Liter Diesel
sche Bahnen und Fahrzeuge bieten in dieser Hinsicht pro 100 km oder 2,6 Liter Benzin pro 100 km.1 Da diese
eine wesentliche Verbesserung. China entwickelt sich Zahlen ingenieurtechnisch unrealistisch sind, kön-
deshalb gegenwärtig zu dem global entscheidenden nen sie von den Herstellern in einen sogenannten fik-
Markt für Elektro-Pkw und Busse. Hier darf die deut- tiven »Flottenverbrauch« umgerechnet werden. So
sche Industrie nicht den Anschluss verlieren. würde es beispielsweise der Flottenverbrauch einem
Jedoch kann nicht die Rede davon sein, dass Elek- Pkw-Hersteller erlauben, im Jahr 2030 noch 29% kon-
troautos ohne CO2-Emissionen bewegt werden kön- ventionelle Autos mit einem Verbrauch von 7,5 Liter
nen, wie es der europäische Gesetzgeber behauptet, Diesel pro 100 km zu verkaufen, wenn 71% seiner
wenn er die CO2-Emissionen dieser Autos mit einem Produktion aus Elektro-Pkw besteht. Auch eine Auf­
Wert von »null« in seine Berechnungen einfließen teilung von 50/50 wäre vorgabekonform, falls die kon-
lässt. Ein solcher Wert stimmt nicht einmal für Nor- ventionellen Pkw nur 4,4 Liter pro 100 km benötigen.
wegen, wo der Strom nahezu emissionsfrei mit Was- Es bleibt bei dieser fiktiven Bilanz allerdings offen, ob
serkraft gewonnen wird, weil der CO2-Ausstoß bei die verkauften E-Autos nennenswert zur Transport-
der Fertigung von Fahrzeug und Akku ignoriert wird. leistung beitragen oder ob sie als Zweitwagen nur
In allen anderen europäischen Ländern ergeben sich geringfügig genutzt werden.
darüber hinaus hohe CO2-Emissionen durch die Bela- Abschließend erörtern wir noch einmal die Frage,
dung der Akkus mit Hilfe des Stroms aus dem jewei- ob es Deutschland möglich sein wird, vor dem Hinter-
ligen nationalen Produktionsmix aus grüner Energie grund der Energiewende eine schnelle Reduktion des
und Kernenergie auf der einen und fossilen Brennstof- CO2-Ausstoßes zu erreichen, wenn der Abschied vom
fen auf der anderen Seite. Verbrennungsmotor forciert wird.
Im Folgenden bieten wir deshalb zuerst einen
Überblick über die Situation der deutschen Strom- 2. DIE STRUKTUR DER DEUTSCHEN
produktion, um im anschließenden Kapitel einen STROMPRODUKTION
Vergleich von E-Autos mit Verbrennern, insbeson-
dere dem Diesel, im Hinblick auf den CO2-Ausstoß Für die Beurteilung des CO2-Ausstoßes der Elektro-
durchführen zu können. Dabei ist es natürlich für die autos kommt es entscheidend darauf an, sich dafür
CO2-Bilanz und das Klimaproblem gleichgültig, wo die zunächst die Bedeutung alternativer Stromquel-
CO2-Emissionen entstehen, ob verteilt bei den Fahr- len vor Augen zu führen. Abbildung 1 illustriert die
zeugen oder konzentriert im Kraftwerk. Struktur der Bruttostromproduktion des Jahres
Für den Vergleich betrachten wir den CO2-Aus- 2018 in Deutschland nach der Statistik der AG Ener-
stoß eines modernen Dieselfahrzeugs mit jenem giebilanzen (2018). Die Bruttostromproduktion ohne
eines modernen Elektroautos anhand zweier konkre- den Ausstoß der Pumpspeicherwerke lag in diesem
ter Beispiele, für die uns die Messwerte vorliegen. Das Jahr insgesamt2 bei 642,4 TWh. Davon entfielen
ist zum einen der Mercedes C 220 d und zum ande- etwas mehr als die Hälfte (52,6%) auf fossile Quel-
ren das neue Model 3 von Tesla. Beide Fahrzeuge len, 11,8% auf Kernkraftwerke und 35,6% auf erneu-
haben eine ähnliche Größe und befinden sich in der erbare Energien.
gleichen Fahrzeugklasse. Wir benutzen die offiziel- In der Presse wurde in letzter Zeit des Öfte-
len NEFZ-Werte für den Energieverbrauch und den ren ein deutlich höherer Grünstromanteil von bis
CO2-Ausstoß. Soweit möglich, stellen wir auch wei- zu 40% der Nettostromproduktion genannt (vgl.
tergehende Überlegungen zu den vor- und nachgela- z.B. Hecking 2019). Bei der Berechnung dieser Zahl
gerten CO2-Bilanzen an.
1
Vgl. Europäische Kommission (2018). Der Berechnung liegt der
Wir erläutern die gegenwärtige Faktenlage so vom Kraftfahrtbundesamt (2018) verwendete kraftstoffspezifische
detailliert, weil wir in der postulierten vollständi- Umrechnungsfaktor von 2,65 kg CO2 pro Liter Dieselkraftstoff zugrun-
de. Für Benzin liegt der hypothetische Verbrauch mit einem Umrech-
gen Emissionsfreiheit der E-Autos eine zielgerichtete nungsfaktor von 2,32 kg CO2 pro Liter bei 2,56 Liter auf 100 km.
industriepolitische Täuschung vermuten und in der 2
Inklusive des Stroms für Exporte, für den Eigenverbrauch der
Kraftwerke und für die Befüllung der Pumpspeicherwerke, jedoch
Folge eine unvermeidliche Enttäuschung der Öffent- ohne die Abflüsse aus den Pumpspeicherwerken (vgl. AG Energiebi-
lichkeit befürchten, wenn sich die erhofften techni- lanzen 2018).

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Abb. 1 Vorketteneffekte beim Gas, bei


Die Struktur der Bruttostromproduktion (642,4 TWh) in Deutschland im Jahr 2018 der Steinkohle und bei Strom
Erneuerbare Energie Fossile Energie aus Mineralölprodukten.
228,5 TWh; 35,6% 337,6 TWh; 52,6% Man sieht, dass beim
Braunkohlestrom mit einem
Übrige Energieträgerᵃ Emissionsfaktor von 1,36 kg/
20,4 TWh; 3,2%
Biogener Hausmüll 6,3 TWh; 1,0% kWh am meisten CO2 anfällt.
Biomasse 45,7 TWh; 7,1% Beim Steinkohlestrom liegt
Staudämme 16,9 TWh 2,6% Braunkohle der Faktor bei 1,06 und beim
146 TWh 22,7% Erdgas wegen des hohen
Photovoltaik
46,3 TWh; 7,2% Wasserstoffanteils am Met-
han bei 0,55. Im Durchschnitt
ergab sich beim deutschen
Steinkohle Strommix des Jahres 2018 ein
Wind
83 TWh; 12,9% CO2-Ausstoß von 0,55 kg je
113,3 TWh 17,6%
kWh (Strom für Endkunden aus
der Steckdose).
Erdgas
Kernenergie Mineralöle 83 TWh; 12,9% 3. DER CO 2 -AUSSTOSS
76,1 TWh 11,8% 5,2 TWh; 0,8% ALTERNATIVER MOTOREN

ᵃStrom aus nicht-biogenem Anteil des Hausmülls (50%), sonstigen Gasen, Industrieabfall, sonstigen fossilen Energie-
Im Folgenden vergleichen wir
trägern (nicht weiter differenzierbar). Zu den übrigen Energieträgern zählen wir nicht den Pumpspeicheroutput, den
wir auf 6,5 TWh schätzen. Diese Zahl ergibt sich nach Abzug von Umwandlungsverlusten aus dem von der Arbeits-einen Diesel-Pkw mit einem
gemeinschaft Energiebilanzen (2018) veröffentlichten Input der Pumpspeicherwerke in Höhe von 8,5 TWh. Der Input
batterieelektrisch betriebe-
der Pumpspeicherwerke ist in den in der Abbildung genannten, jeweiligen Bruttostromerzeugungswerten enthalten.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2018). nen Auto, wobei wir unter-
schiedliche Herkunftsarten
wurde die grüne Stromproduktion aber nicht durch der verwendeten elektrischen Energie unterstellen,
die gesamte Stromproduktion, sondern nur durch um An­­haltspunkte für die Beurteilung verschiedener
die Endenergie an der Steckdose geteilt. Dieser Szenarien für den erhöhten Bedarf für den Betrieb
Wert liegt um die Leitungsverluste, den Eigenver- einer sehr großen Zahl neuer Elektrofahrzeuge zu
brauch der Kraftwerke, die Verluste beim Durch- gewinnen.
fluss durch Pumpspeicherwerke und vor allem um Wir vergleichen exemplarisch zwei Fahrzeuge
die Nettoexporte in erheblichem Maße unter der einer ähnlichen Größenklasse, und zwar den Tesla
Stromproduktion. Er übertreibt den grünen Strom- Model 3 mit einer Batterie von 75 kWh mit einem
anteil schon deshalb, weil der Nenner um die Net- C 220 d von Mercedes, wobei der bislang gültige
toexporte (immerhin 50 TWh) Tab. 1
verkürzt wird. Ähnliches gilt Tab. 1

für den Strom aus Pumpspei- Die CO2-Emissionsfaktoren der deutschen Stromquellen
cherkraftwerken, der häu- Energieträger CO2-Emission je kWh Nettostromver-
fig beim Strom aus erneuer­ brauch (Steckdosenstrom)
(kg/kWh)
baren Quellen mit eingerech-
Braunkohle 1,36
net wird, obwohl es damit zu Steinkohle 1,06
einer Doppelzählung und viel- Erdgas 0,55
leicht sogar – falls es nicht nur Mineralölprodukte 0,87
grüner Strom ist, der durch- Kernenergie
geschleust wird – zu einer Art Erneuerbare Energie
darunter:
»Grünwäsche« von Strom aus Windkraft
fossilen Quellen kommt. Photovoltaik
Tabelle 1 gibt einen Über- Staudämmea
blick über den CO2-Ausstoß, Biomasse
der bei verschiedenen Strom- Biog. Hausmüll 0,85
Übrige Energieb
quellen je kWh an der Steck-
Durchschnitt deutscher Energiemix 2018 0,55
dose zu erwarten ist. Die Inklusive Laufwasserkraftwerke zur Erzeugung von Strom aus den Flüssen. Ohne Stromerzeugung der Pumpspei-
a

cherkraftwerke, es sei denn, die Pumpspeicher hätten einen natürlichen Zufluss und würden deshalb als normale
genauen Berechnungen dazu Speicherwerke (wie Talsperren) angesehen. Nicht biogener Hausmüll etc., ohne Output der Pumpspeicherwerke.
b

erläutern wir im Anhang. Sie Vgl. die Erläuterungen zur Tabelle im Anhang.
Hinweis: Die Tabelle zeigt die Emissionsfaktoren für den Nettostromverbrauch an der Steckdose nach Abzug des
beinhalten den anteiligen Eigenverbrauchs der Kraftwerke, der Leitungsverluste und der Vorketteneffekte. Es wird dabei angenommen, dass
CO2-Ausstoß für die Leitungs- Nettoexporte aus dem durchschnittlichen Energiemix gespeist werden. Die Berechnungsdetails und die Quellen-
hinweise findet man im Anhang. Für alle erneuerbaren Energien wird hier das theoretische Optimum von
verluste und den Eigenver- 0 kg CO pro kWh angesetzt. 2

brauch der Kraftwerke sowie Quelle: Siehe Anhang.

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europäische Fahrzyklus NEFZ und die von den Her- 3.2 Der batterieelektrische Motor
stellern dazu veröffentlichten Verbrauchswerte
zugrunde gelegt werden. Angaben zum neuen Fahr- Nach dem NEFZ-Verfahren der EU verbraucht ein Tesla
zyklus WLTP wurden bislang nur für den Mercedes, Model 3 pro 100 km nur eine Energie von 15 kWh an der
nicht aber für den Tesla veröffentlicht. Der Vergleich Ladesäule. Beim Laden, beim Entladen und im Motor
auf der Basis des NEFZ ist vermutlich eher günstig sowie in den Aggregaten geht ein knappes Drittel der
für das E-Auto, denn die Testfahrzyklen sind stadt- Energie verloren, bevor sie an den Rädern ankommt.
affin ausgestaltet. Die niedrigen Geschwindig- Diese Verluste sind bei dieser Angabe aber bereits
keiten und die häufigen Bremsvorgänge gehen bei berücksichtigt.
Verbrennungsmotoren, nicht aber bei Elektromoto- Allenfalls ein geringer Schwund an der mit Trans-
ren zu Lasten des Wirkungsgrades, weil sie häufig in formatoren und Gleichrichtern bestückten Ladesäule
suboptimalen Drehzahlen fahren, während der Elek- selbst könnte noch zusätzlich berücksichtigt werden.
tromotor praktisch immer denselben Wirkungsgrad Er bewegt sich im Bereich weiterer 5% bis 10% im Ver-
hat. Die Domäne des Verbrennungsmotors ist dem- gleich zu anderen Arten von Stromverbrauch an der
gegenüber die Autobahnfahrt mit hoher Geschwin- Steckdose. Wir verzichten darauf, das hier in Ansatz
digkeit, weil der Motor auf eine entsprechend hohe zu bringen.
Last ausgelegt ist und dann einen besseren Wirkungs- Der mit dem Energieverbrauch verbundene
grad entfaltet. Der im Vergleich zum Verbrennungs- CO2-Ausstoß hängt entscheidend von der Art der
motor besonders drastische Schwund an Reichweite Stromproduktion ab. Bei einer Verwendung von
bei sehr schneller Fahrweise ist ein Charakteristikum Ökostrom und »Atomstrom« könnte man diesen Aus-
aller E-Autos. Das berücksichtigen wir bei unserem stoß bei unserer Vergleichsrechnung vernachlässi-
Vergleich nicht. gen, obwohl natürlich bei der Produktion von Wind-
Im Übrigen ist der Vergleich für den Elektromo- und Solaranlagen sowie Kernkraftwerken ein solcher
tor günstig, weil die Tesla-Batterie im Testzyklus bei Ausstoß stattfindet und es bei der Produktion von
niedrigen Geschwindigkeiten eine Reichweite von bis Bio­treibstoffen zu einem beträchtlichen Methanaus-
zu 500 km ermöglicht, während der Tank der C-Klasse stoß kommt, der in CO2-Äquivalente umzurechnen
auch im Normalbetrieb für das Doppelte reicht. wäre.4 Von einer vollständig grünen Energieversor-
Eigentlich müsste man deshalb mit einer doppelt gung sind die meisten Stromsysteme aber noch weit
so großen Batterie rechnen, was den CO2-Ausstoß entfernt.
wegen des hohen Zusatzgewichts (mehr als 300 kg) Bisweilen wird argumentiert, dass man für den
nach oben schnellen ließe. Eine solche Batterie ist Betrieb der Elektroautos den vorhandenen regene­
aber nicht verfügbar. rativ gewonnenen Strom verwenden könne, und in­­
sofern sei der CO2-Ausstoß schon heute null. So darf
3.1 Der Dieselmotor man aber nicht rechnen, denn dann entziehen diese
Autos den Ökostrom den anderen Sektoren der Wirt-
Wir beginnen mit dem Dieselmotor, weil er die schaft und erzwingen dort mehr CO2-Ausstoß, den
Vergleichsbasis zur Beurteilung der Werte für den man ihnen zurechnen müsste. Im Folgenden wer-
batteriebetriebenen Elektromotor darstellt. Der den wir einige Überlegungen zu alternativen margi-
Dieselmotor des 220 d von Mercedes (OM 654) ver- nalen Energiequellen für die Elektroautos anstellen,
braucht im NEF-Zyklus 4,5 Liter Treibstoff pro 100 km und zwar in dem Sinne, dass wir fragen, welche Art
und stößt dabei nach Herstellerangaben 11,7 kg CO2, von zusätzlicher elektrischer Energie für die neuen
also 117 Gramm pro Kilometer aus. Es kommen in Stromverbraucher auf der Straße verwendet werden
der Vorkette der Dieselerzeugung vom Bohrloch bis könnte, und berechnen, wieviel CO2 pro km dabei
zur Zapfsäule allerdings für die Förderung, für den jeweils anfällt.
Transport und für die Raffinerie nach den Anga- Bei dieser Rechnung können wir uns nicht allein
ben der Gemeinsamen Forschungsstelle der Euro- auf den Energieeinsatz für den Betrieb des Motors
päischen Kommission (2014a) noch 21% hinzu.3 Das beschränken, sondern müssen auch berücksichti-
impliziert für sich genommen, dass der C 220 d von gen, dass die Batterie bei einem E-Auto ein energie­
Mercedes mit 141 Gramm pro Kilometer zu veran- intensiv produziertes Verschleißteil ist, das in ge­­
schlagen ist. wissen Abständen zu ersetzen ist. In den Akkus ste-
Zusätzliche Energie für die Innenraumerwär- cken unter anderem Lithium, Kobalt und Mangan,
mung wird nicht benötigt, weil sie bereits beim Ver- die jeweils mit hohem Energieeinsatz gewonnen
brennungsprozess anfällt. und verarbeitet werden. Für einen fairen Vergleich
muss man deshalb in Rechnung stellen, dass bei der
3 4
Vgl. WTW, Appendix 1, Tabelle 1. Die EU Kommission berechnet Pro Gewichtseinheit absorbiert Methan 72-mal so viel Rückstrah-
für Diesel einen Well-to-Tank-Ausstoß von 25 Gramm pro Kilometer lung von der Erde wie CO2. Es oxidiert aber allmählich und wird dann
und einen Tank-to-Wheel-Ausstoß von 120 Gramm pro Kilometer. zu Wasser und CO2. Über 100 Jahre gerechnet hat es bei gleichem
Das entspricht einem Aufschlag für die Vorkette um 20,83%. Auf die Gewicht eine 25-mal so starken Klimaeffekt wie das CO2 selbst (vgl.
117 g/m des Mercedes C 220 d aufgeschlagen, entspricht dies einem z.B. Howarth, Santoro und Ingraffea 2011 oder Sinn 2008b, S. 28;
Gesamtausstoß von 141,37 Gramm pro Kilometer. 2012, S. 9).

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Lithium-Ionen-Batterie für Produktion und Recycling von 15,9 kg, also 159 Gramm pro Kilometer. Hinzu
ein erheblicher CO2-Ausstoß hinzutritt. Wegen der kommen allerdings noch die erwähnten Zuschläge
begrenzten Lebensdauer dieser Batterie ist dieser für den Energieeinsatz bei der Herstellung und beim
Posten zu den Verbrauchswerten hinzuzurechnen. In Recycling der Batterien von 73 Gramm bis 98 Gramm.
einer Metastudie, die eine Vielzahl von anderen wis- Dann liegt dieser Motor rechnerisch in einem Bereich
senschaftlichen Arbeiten zusammenfasst, schätzen von 232 Gramm pro Kilometer bis 257 Gramm pro
Romare und Dahllöf (2017), dass pro kWh Batterie­ Kilometer. Das sind 65% bis 82% mehr als beim
kapazität zwischen 145 kg und 195 kg an CO2-Äquiva- Dieselmotor.
lenten ausgestoßen werden. Für eine Tesla-Batterie Noch ungünstiger wird die Rechnung, wenn man
von 75 kWh bedeutet das einen zusätzlichen CO2-Aus- unterstellt, dass der Strom aus Braunkohle hergestellt
stoß von 10 875 kg bis 14 625 kg CO2. Bei einer Halt- wird. Hier ergibt sich unter Verwendung der Angaben
barkeit der Batterie von zehn Jahren und einer Fahr- von Tabelle 1 ein CO2-Ausstoß von 204 Gramm pro
strecke von 15 000 km pro Jahr impliziert diese Kilometer, bzw. nach den Zuschlägen für die Batterie
Angabe, dass für die Produktion und das Recycling zwischen 277 Gramm pro Kilometer und 302 Gramm
der Batterie pro Kilometer Fahrstrecke zwischen pro Kilometer, was um 96% bzw. 114% mehr als beim
73 Gramm und 98 Gramm an CO2-Ausstoß anzuset- Diesel ist. Diese Rechnungen sind natürlich nicht rea-
zen sind. listisch im Sinne eines durchschnittlichen Strommi-
Nun könnte man dagegenhalten, dass die Pro- xes, wie wir ihn weiter unten betrachten. Sie könnten
duktion eines Elektromotors technisch einfacher ist aber bei einer Marginalbetrachtung von Bedeutung
als die Produktion eines Dieselmotors samt Getriebe sein, wenn es, wie wir weiter unten erläutern werden,
und deshalb deutlich weniger Energieeinsatz als die nötig sein sollte, temporär mehr Strom aus fossilen
Produktion der elektrischen Antriebskomponenten Quellen zu erzeugen.
des Elektromotors verlange. Dieser Vorteil bezieht
sich allerdings, wenn überhaupt, auf den Aufwand Gasstrom
vor Ort und nicht auf den hohen Energieeinsatz
bei der Herstellung vieler Zusatzbauteile, die welt- Viele Politiker gehen davon aus, dass die absehba-
weit bezogen werden. Sie könnten den vermeintli- ren Versorgungsengpässe nach der Abschaltung der
chen Vorteil weitgehend kompensieren. Und selbst Kernkraftwerke durch eine Erhöhung der Strom-
wenn es nicht so wäre, käme man nur auf geringfü- produktion der Gaskraftwerke vermieden werden.
gig höhere Werte für den CO2-Ausstoß von ein paar Auch deshalb verteidigt Deutschland das Nord-
Gramm pro 100 km.5 Stream-2-Projekt gegen die Widerstände anderer Län-
Man könnte noch berücksichtigen, dass einer- der. Mit den genannten 15 kWh für den Tesla bei einer
seits ein Teil der Bremsenergie zurückgewonnen wer- Fahrstrecke von 100 km ist im Falle einer Stromerzeu-
den kann und andererseits für das Heizen im Win- gung aus Erdgas nach den Angaben von Tabelle 1 ein
ter Batteriestrom verbraucht wird. Wir gehen darauf CO2-Ausstoß von nur 83 Gramm pro Kilometer ver-
nicht ein, weil uns verlässliche Messergebnisse feh- bunden. Addiert man die Aufschläge für die Batte-
len. Bei einer schonenden Fahrweise und insbeson- rie, kommt man auf Werte im Bereich von 156 Gramm
dere auf langen Strecken dürfte sich der Vorteil der bis 181 Gramm. Das sind Werte, die deutlich schlech-
Rekuperation in Grenzen halten und den Heizenergie- ter als beim Dieselmotor sind, der ja rechnerisch bei
bedarf keinesfalls ausgleichen. 141 Gramm liegt.

Strom aus Kohle Direkter Gasbetrieb eines Verbrennungsmotors

Elektromotoren, die mit Kohlestrom betrieben wer- Statt das Erdgas in den Kraftwerken einzuset-
den, verlagern den CO2-Ausstoß vom Auspuff des zen, kann man es auch in komprimierter Form im
Autos zum Schornstein des Kraftwerks. Wird der Auto mitnehmen und direkt in einem konventio-
betrachtete Tesla mit Strom aus Steinkohle betrieben, nellen Verbrennungsmotor (»Benziner«) nutzen.
entsprechen die genannten 15 kWh für eine Fahrtstre- Da bei der Verbrennung von Erdgas um ein Drittel
cke von 100 km gemäß Tabelle 1 einem CO2-Ausstoß weniger CO2 ausgestoßen wird als bei der Ver-
5
Ohne die Einbeziehung der Batterie im Elektroauto liegt der
brennung von Dieselöl, dürfte dies im NEFZ-Test
Ausstoß von CO2-Äquivalenten bei der Herstellung eines großen auf einen direkten CO2-Ausstoß einer entsprechend
Pkw sowohl für ein Dieselauto als auch für ein Elektroauto bei etwa
8 Tonnen. Davon entfallen 4,9 Tonnen auf den Fahrzeugrumpf und
motorisierten C-Klasse von knapp 76 Gramm pro
1,5 Tonnen auf die Fahrzeugfertigung. Während die Motorherstellung Kilometer (statt der beim Diesel vorliegenden
mit 0,8 Tonnen für den Diesel und 0,3 Tonnen für das Elektrofahrzeug
zu Buche schlägt, benötigt die Herstellung der Zusatzkomponenten
117 Gramm pro Kilometer) hinauslaufen, jeden-
für das Dieselfahrzeug 1 Tonne und für das Elektrofahrzeug 1,5 Ton- falls dann, wenn der Motor im Hinblick auf seinen
nen (vgl. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg 2011,
Abb. 5, S. 18, und Abb. 16, S. 30). Selbst wenn der CO2-Ausstoß bei
Wirkungsgrad optimiert ist. Hinzu kommen aber
der Produktion eines Diesel-Pkw um ein Drittel, also 2 Tonnen, über CO2-äquivalente Vorketteneffekte beim Erdgas, die
dem eines Elektro-Pkw läge (ohne Batterien), wären dem Diesel bei
einer Laufleistung von 300 000 km zusätzlich zum Elektromotor nur
aufgrund eines hohen Schwunds an Methan bei
ca. 7 Gramm CO2 pro km hinzuzurechnen. Förderung und Transport durch tausende von Kilo-

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metern lange Rohrsysteme einen Aufschlag von 30% tromotors fast schon beim Doppelten des mit Gas
bedingen.6 Man wird dann mit 99 Gramm pro km rech- betriebenen Verbrennungsmotors (Aufschlag 77%
nen müssen. bis 102%).

Der Elektromotor mit dem deutschen Energiemix 3.3 Brennstoffzellen oder Batterien?

Betrachten wir nun den Elektromotor, der mit dem Brennstoffzellenfahrzeugen (FCV, Fuel Cell Vehicles)
derzeitigen deutschen Energiemix gemäß Abbil- wird eine wichtige Rolle für die Zukunft zugeschrie-
dung 1 betrieben wird. Nach dem in Tabelle 1 ge- ben, weil sie Wasserstoff als emissionsfreien, umwelt-
listeten durchschnittlichen Emissionsfaktor von neutralen Kraftstoff verwenden. Er wird in der Fahr-
0,55 kg/kWh steht dem Energiebedarf in Höhe von zeugbrennstoffzelle zu Strom verwandelt. Damit
15 kWh pro 100 km beim deutschen Energiemix ein zählen FCV zu den vor Ort emissionsfreien Elektro-
CO2-Ausstoß von nur noch 83 Gramm pro Kilome- fahrzeugen. Der Wasserstoff kann in Elektrolyseuren
ter gegenüber. Rechnet man für die Batterien die er- aus Wasser hergestellt werden. Die FCV sind deut-
wähnten Zusatzmengen von 73 Gramm bis 98 Gramm lich komplizierter als ein batterieelektrisches Auto,
hinzu, kommt man auf Werte von 156 Gramm bis bieten aber große Vorteile. Der Wasserstoff selbst
181 Gramm. Damit verursacht dieser Elektromotor im ist in der Handhabung vergleichbar mit Erdgas und
günstigen Fall 11% mehr Emissionen als der betrach- kann dementsprechend problemlos in großen Kaver-
tete Dieselmotor (141 Gramm), im ungünstigen Fall nen gespeichert werden. Der Betankungsvorgang an
liegt der Ausstoß jedoch um mehr als ein Viertel (28%) einer Wasserstofftankstelle ist ähnlich schnell wie
darüber. das Betanken mit Benzin und Diesel. Ein voller Fahr-
An den Gasmotor, der ja nur einen CO2-Ausstoß zeugtank reicht für ca. 500 km.
von 99 Gramm pro Kilometer hat, kommt der Elektro- Wasserstoff ist ein Energieträger, der erst noch
motor beim heutigen Energiemix der Bundesrepublik gewonnen werden muss, weil er in der Natur so nicht
nicht im Entferntesten heran. Selbst im günstigeren vorkommt. Er ist grundsätzlich vergleichbar mit einer
Fall des niedrigen CO2-Ausstoßes bei der Batteriepro- Batterie, die den aus anderen Quellen eingespeisten
duktion liegt sein Ausstoß um 58% höher. Trotz des Strom speichern kann. Insofern stellt sich auch bei
hohen Aufschlags für die Vorkette beim Gas ist somit den Wasserstoffautos die Frage nach dem CO2-Aus-
offenbar der Erdgas-Verbrennungsmotor im Hinblick stoß. Dafür ist auch hier ein Blick auf den Wirkungs-
auf den CO2-Ausstoß eine konkurrenzlos günstige grad nötig.
Antriebsquelle im Verkehr, die alle anderen Alternati- Der energetische Wirkungsgrad von der Strom­
ven schlägt. erzeugung (z.B. Windenergieanlage) über die Elek-
Wenn nun freilich, wie beschlossen, der Atom- trolyse und die Wasserstoffverteilung bis hin zum
strom abgeschaltet wird und zunächst durch Stein- Fahrzeug und über die Brennstoffzelle bis zum
kohlestrom ersetzt würde, dann sieht die Rech- elektrischen Antriebsmotor ist nur etwa halb so
nung für den Elektromotor noch schlechter aus, groß wie der eines Akkufahrzeugs. Bei der Elektro-
weil der Energiemix wieder CO2-intensiver wird. lyse von Wasser zu Wasserstoff liegt der energetische
Durch Hochrechnung der Angaben zum Steinkoh- Wirkungsgrad bei 70%. Kompression und Transport
lestrom aus der Tabelle im Anhang ergibt sich nun des Wasserstoffes schlagen mit 80% zu Buche. Die
ein Anstieg des Emissionsfaktors auf 0,68 kg/kWh.7 Brennstoffzelle für die Rückumwandlung des Was-
Für den Tesla Model 3 bedeutet das unter den getrof- serstoffs zu Strom hat einen Wirkungsgrad von bis
fenen Annahmen einen Ausstoß von 102 Gramm zu 60%. In der Kette ergibt sich daraus ein Wirkungs-
pro Kilometer ohne die Batterien und im Bereich von grad von rechnerisch nur noch 34%.
175 Gramm bis 200 Gramm mit den Batterien. Das ist Geht man davon aus, dass ein Elektrofahrzeug
im günstigen Fall knapp ein Viertel und im ungünsti- von der Leistung des Tesla Model 3 mit Wasserstoff
gen Fall 42% mehr als beim Dieselmotor des C 220 d betrieben wird und dass für das Be- und Entladen der
nach dem NEF-Zyklus (141 Gramm = 117 Gramm Batterie ein Wirkungsgrad von 81% erzielt wird, so
gemäß NEFZ + 24 Gramm für die Vorkette).8 Entspre- entsprechen die 15 kWh an Stromverbrauch für
chend läge in diesem Fall der CO2-Ausstoß des Elek- 100 km Fahrstrecke, die beim Tesla nach dem
NEFZ-Verfahren gemessen wurden, einem Ver-
6
Man vergleiche dazu die Angaben zu der Tabelle im Anhang. brauch des Tesla-Elektromotors selbst von nur noch
7
Werden 76,1 TWh Atomstrom durch Kohlestrom ersetzt, steigt der
CO2-Ausstoß um (76,1 TWh/83 TWh) mal 79 Mio. Tonnen = 72,4 Mio.
12,2 kWh. Bei dem genannten Gesamtwirkungs-
Tonnen. Addiert man diese Zahl zum bisherigen Gesamtausstoß an grad der Brennstoffzelle von 34% bedeutet das,
CO2 in Höhe von 317,2 Mio. Tonnen gemäß Spalte G der Tabelle im
Anhang, ergibt sich ein neuer Gesamtausstoß in Höhe von 389,6 Mio.
dass primär 35,9 kWh Strom benötigt werden. Nach
Tonnen, der nach Division durch den Nettostromverbrauch aus dem deutschen Energiemix des Jahres 2018 gemäß
Spalte H zu einem neuen Emissionskoeffizienten von 0,68 kg/KWh in
Spalte I führt.
Tabelle 1 entspräche dies einem CO2-Ausstoß von
8
Dieses Ergebnis bestätigt und verstärkt das Ergebnis einer Studie 197 Gramm pro Kilometer. Wie im Abschnitt 6 gezeigt
des Umweltbundesamtes (2016a, S. 20), wo es heißt, dass sich beim
heutigen Strommix »noch keine Verbesserung« gegenüber dem kon-
wird, ergibt sich jedoch ein Vorteil der Wasserstoff-
ventionellen Diesel ergibt. technologie vor allem aus der Verwandlung über-

ifo Schnelldienst 8 / 2019 72. Jahrgang 25. April 2019 45


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schießender Ökostromproduktion in einen speicher- schaltenden Atomkraftwerke mit dem Ablauf des Jah-
baren Energieträger. res 2023 zu vermelden. Beim Durchschnittstempo der
letzten zehn Jahre (2008–2018, gut 11 TWh) wäre er
4. ZWEI MÖGLICHE SZENARIEN FÜR DIE ELEKTRIFI- jedoch erst im Verlauf des Jahres 2025 zu erwarten.
ZIERUNG DES VERKEHRS Bis mindestens 2023 wird so gesehen zusätzlicher
Strom aus emissionsfreien Quellen für die Elektroau-
Woher wird der Strom kommen, der die vielen Elek­ tos kaum verfügbar sein.
troautos antreiben soll, die durch die CO2-Richtlinie Der Versuch, darüber hinaus auch noch weite
der EU erzwungen werden, und nach der der Flot- Teile des Pkw-Verkehrs überwiegend mit grüner Ener-
tenverbrauch auf 59 Gramm pro Kilometer gedrückt gie zu betreiben, kann erst in den nachfolgenden Jah-
werden soll? Die Befürworter der deutschen Energie- ren angegangen werden, aber auch dabei wird es die
wende verweisen darauf, dass das selbstverständlich Grünstromproduktion schwer haben, mitzuhalten.
regenerativ gewonnener, also grüner Strom sein solle. Eine kleine Rechnung verdeutlicht die Größenord-
Wann sich dieser Wunsch erfüllen wird, bleibt offen. nung der Ersatzaufgabe.9 Im deutschen Straßenver-
Vielmehr steht zu befürchten, dass eine gewaltige kehr wurden im Jahr 2016 etwa 50 Mio. Tonnen Kraft-
Ausweitung der Elektroflotten, die die neuen EU-Re- stoffe (Benzin und Diesel) eingesetzt. Davon entfielen
geln erzwingt, vorläufig auch noch auf Kohlestrom auf Pkw ca. 34 Mio. Tonnen. Die Gesamtmenge dieser
angewiesen sein wird – falls es sich dann um intensiv Kraftstoffe entspricht einer CO2-Emission von 159 Mio.
eingesetzte E-Autos und nicht nur um Vorzeigeobjekte Tonnen CO2 sowie rund 590 TWh an Wärmeenergie, die
handelt. Auf welchem Wege die benötigte bedarfsge- bei einem mittleren Wirkungsgrad von einem Drittel
rechte Steigerung der Stromerzeugung in den kom- am Antriebsstrang der vorhandenen Altflotte (Pkw,
menden Jahren wird stattfinden können, ist derzeit Lkw) eine Antriebsarbeit von ca. 200 TWh leistet.
noch nicht absehbar. Das gilt umso mehr, als allein Würde man zukünftig alle bislang mit fossilen
schon der Grünstromersatz für die verbliebenen Kern- Brennstoffen fahrenden Pkw und Lkw auf elektrischen
kraftwerke, die bis spätestens 2022 abzuschalten sind, Antrieb umstellen wollen, entstünde ein zusätzlicher
eine große Herausforderung bildet. Der Ersatz selbst Bedarf an elektrischer Bruttoenergie von mindestens
leistet offensichtlich noch keinen Beitrag zur Senkung 300 TWh pro Jahr, weil für Leitungs- und Ladeverluste
der nationalen CO2-Emissionen. etwa ein Drittel der Energie verloren geht. Allein auf
Von grünen Politikern und von vielen NGOs wird die Pkw würden dabei gut 200 TWh entfallen. Nimmt
das krachende Scheitern der deutschen Klimapoli- man den durchschnittlichen Zuwachs der Produktion
tik gegeißelt, obwohl es dieselben politischen Kräfte von Wind- und Sonnenstrom der letzten fünf Jahre
waren, die die Kanzlerin seinerzeit zur Abschaltung (2013–2018) als Vergleichsbasis, so würde der Ersatz
der Kernreaktoren drängten. Es sei daran erinnert, der Pkw- und Lkw-Flotten weitere 20 Jahre (also bis
dass noch im Jahr 2000 etwa 170 TWh Strom aus den zum Jahr 2043) und der Ersatz allein der Pkw-Flotte
deutschen Kernkraftwerken in das Netz eingespeist weitere 13 Jahre (also bis 2036) dauern.10
wurden. Das war mehr, als alle Wind- und Photovol- Allein nur die Hälfte des Straßenverkehrs mit
taikanlagen im Jahr 2018 zusammen produzierten Wind- und Sonnenstrom zu bewegen und die verblei-
(160 TWh) (vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilan- benden Kernkraftwerke zu ersetzen, würde eine Aus-
zen 2018). Mit dem Atomstrom konnten jährlich über weitung der Wind- und Sonnenstromproduktion, die
170 Mio. t CO2-Emissionen aus konventionellen Kraft- heute bei etwa 160 TWh liegt (vgl. Tabelle im Anhang),
werken vermieden werden. Indem man diese Anla- um 226 TWh auf 386 TWh verlangen. Technisch mög-
gen sukzessive abschaltete, beschädigte Deutsch- lich ist das, z.B. durch einen weiteren forcierten Aus-
land nicht nur seine Emissionsbilanz, sondern hat bau der Windkraft. Geht man davon aus, dass Wind-
sich auch die gegenwärtigen Probleme beim Kohle- kraftanlagen auch in Zukunft den gleichen Auslas-
ausstieg, beim Netzausbau und bei der Netzstabilität tungsgrad (Anteil der rechnerischen Volllaststunden
eingekauft. an der Jahresstundenzahl) wie im Jahr 2017 aufwei-
Bis zum Jahr 2018 wurde schon der größte Teil der sen, nämlich 22,9%,11 ferner die gleiche Größenstruk-
Kernkraftwerke abgeschaltet. Die restliche Produk- tur haben wie die in diesem Jahr durchschnittlich vor-
tion von Nuklearstrom lag in diesem Jahr nur noch bei handenen 29 605 Windkraftanlagen, dann bräuchte
etwa 76 TWh pro Jahr oder 11,8% der Stromerzeugung.
Auch dieser Rest soll bis zum Jahr 2022 verschwinden. 9
Die dazu verwendeten Daten beziehen sich auf das Berichtsjahr
2016 und sind der Statistik des Bundesministeriums für Verkehr und
Demgegenüber lag der Anteil des Wind- und Sonnen- digitale Infrastruktur (2018) und der Arbeitsgemeinschaft Energiebi-
stroms im Jahr 2018 bei 25,2%. Der geplante Ersatz lanzen (2018), Energiebilanz 2016, entnommen.
10
Bei einer Ausbaugeschwindigkeit wie im Durchschnitt der letzten
der restlichen Kernkraftwerke durch Wind- und Son- zehn Jahre würde die Elektrifizierung des gesamten Verkehrs weitere
nenstrom verlangt also eine nochmalige Ausweitung 27 Jahre und des Pkw-Verkehrs fast weitere 18 Jahre, also bis zum
Jahr 2043 dauern.
der Windkraftwerke und der Photovoltaikanlagen um 11
Aus der Division der Windstromerzeugung von 105 693 TWh im
knapp die Hälfte. Beim Ausbautempo der letzten fünf Jahr 2017 und der durchschnittlich installierten Kapazität in Höhe
von 52 730 MW ergeben sich 2004 Volllaststunden. Das entspricht
Jahre (2013 bis 2018), das im Schnitt bei etwa 15 TWh einem Auslastungsgrad von 22,9% oder einer durchschnittlich ver-
pro Jahr lag, wäre der Ersatz der schon 2022 abzu- fügbaren Leistung von 12,075 MW (vgl. BMWi, 2018, S. 12, S. 14).

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man 63 303 weitere solche Anlagen.12 Bei einer kate und des Strompreises, die dieser Versuch aus-
Erhöhung des Anteils der Anlagen im Meer und einer lösen wird, würde nun die Politik veranlassen, den
Verwendung größerer Masten und Rotoren könnte ursprünglich beschlossenen Zeitpfad bei der Drosse-
man die Zahl der benötigten Anlagen natürlich deut- lung der Zertifikatmengen zu verlassen und die Zügel
lich verringern. So oder so stehen beachtliche Aufga- lockerer zu lassen, um den Widerstand der Bevölke-
ben an. rung in Grenzen zu halten. Allein schon die riesige Sta-
Daraus ergeben sich nach unserer Einschätzung bilitätsreserve, die beim Emissionshandel besteht
zwei mögliche Szenarien für die Zeit bis 2030. Sie rich- und die zur Preisdämpfung verfügbar ist, gewährt sys-
ten sich danach, wie das Instrument des Emissions- temimmanent erhebliche Spielräume für eine Locke-
handels für Strom in dieser Zeit von der Politik einge- rung der Einsparvorgaben.
setzt werden wird. In diesem Fall könnte der forcierte Ausbau der
Das eine Szenarium unterstellt eine rigide Poli- E-Mobilität im Verein mit der Abschaltung der Kern-
tik bei der Vergabe der Lizenzen für den europäi- kraftwerke bedeuten, dass die marginale Stromquelle
schen Emissionshandel. Der avisierte Zeitpfad für die für die vielen neuen Elektroautos zumindest zeitwei-
jeweils zulässige Menge an Emissionsrechten ist in lig nicht etwa grüner Strom, sondern Kohlestrom ist.
Stein gemeißelt und unabhängig von der zusätzlichen Dann würde, wie wir gezeigt haben, der Wechsel vom
Stromnachfrage, die aufgrund der Elektrifizierung Dieselmotor zum Elektromotor je nach Art der Batte-
des Verkehrs nun politisch erzwungen wird. In die- rieproduktion eine Erhöhung des CO2-Ausstoßes um
sem Fall kann Kohlenstoff prima facie nicht der mar- zwei Drittel, wenn nicht gar auf mehr als das Doppelte
ginale Brennstoff für die neuen Elektroautos sein, und bedeuten.
in der Tat könnte man dann geneigt sein, die neuen Als Nebenbemerkung sei noch angefügt, dass
elek­trisch betriebenen Autos, seien es Autos, die aus die Verschiebung des CO2-Ausstoßes vom Auspuff des
Batterien oder Wasserstofftanks versorgt werden, mit Autos zum Schlot des Kraftwerks auch eine dramati-
einem CO2-Ausstoß von null anzusetzen. sche Verschiebung des CO2-Ausstoßes zwischen den
Diese Logik gilt dann aber für jeden Stromver- Ressorts der Bundesregierung impliziert. Bundesum-
braucher, den man eigentlich vermeiden möchte. weltministerin Svenja Schulze will ja allen Ressorts
Dann kann man auch die verpönte Elektroheizung und zwingend für die von ihnen vertretenen Wirtschafts-
die alten Glühbirnen wieder guten Gewissens instal- bereiche gesonderte CO2-Reduktionsziele vorschrei-
lieren und sein Haus mit überdimensionierten Staub- ben (vgl. Bundesministerium für Umwelt, Natur-
saugern reinigen, weil damit ja ohnehin kein zusätzli- schutz und nukleare Sicherheit 2019). Uns ist nicht
cher Verbrauch von fossilen Brennstoffen verbunden bekannt, ob sie dabei die automatische Entlastung
sein kann. des Verkehrsressorts und die entsprechende Mehrbe-
Es ist im Übrigen zu bedenken, dass der sehr lastung des Wirtschaftsressorts, das ja für die Kraft-
hohe CO2-Ausstoß bei der Batteriefertigung durch werke zuständig ist, überhaupt im Auge hat. Die Vor-
den Emissionshandel nicht erfasst wird. Trotz anders gabe separater Sektorziele ist aus ökonomischer Sicht
lautender Bestrebungen des Wirtschaftsministeriums in jedem Fall abzulehnen, weil damit in aller Regel viel
wird die Zellfertigung und insbesondere der Energie- zu hohe Gesamtkosten bei der wünschenswerten Ver-
einsatz bei der Gewinnung der entsprechenden Mate- langsamung des Klimawandels verbunden sind.
rialien bis 2030 wohl größtenteils im nicht europäi-
schen Ausland stattfinden. 5. DAS PROBLEM DER VOLATILITÄT UND DIE NOT-
Das ist insbesondere auch deshalb zu erwar- WENDIGKEIT VON PARALLELSTRUKTUREN
ten, weil es bei diesem Szenarium voraussichtlich zu
einem erheblichen Anstieg der CO2-Preise beim Emis- So wichtig das Thema der Synchronität beim Ausbau
sionshandel und damit auch der Strompreise kommen der E-Autoflotte und der Erhöhung der Produktion
würde, denn die aufgrund der Elektroautos rapide von grünem Strom ist: Das Hauptproblem des grünen
wachsende Stromnachfrage würde auf ein wegen des Stroms ist seine enorme Volatilität, also die Schwan-
Atomausstiegs vermindertes Stromangebot stoßen. kung der Produktion im Zeitablauf. Die Volatilität ist
Im zweiten Szenarium ist der Zeitpfad der ver- nicht nur im Tag-Nacht-Wechsel oder im Wochen-
gebenen Emissionszertifikate nicht rigide, sondern rhythmus begründet. Wäre es so, könnte man sie
reagiert auf die beschriebenen Schwierigkeiten beim leicht durch eine Anpassung der Verbrauchsgewohn-
Versuch, den Verkehr weitgehend zu elektrifizieren. heiten oder Kurzfristspeicher puffern. Tatsächlich
Die starken Preissteigerungen der Emissionszertifi- geht es dabei vor allem um den Wechsel der Jahres-
zeiten. Dieser Wechsel betrifft den Wind- und den Son-
12
Im Jahr 2017 lag die jahresdurchschnittliche Kapazität der 29 605
jahresdurchschnittlich installierten Windkraftanlagen bei 1,78 MW
nenstrom gleichermaßen, weil Wind aus Sonnenener-
pro Anlage. (vgl. Fraunhofer IEE 2019; Bundeministerium für Wirt- gie entsteht. Der Wind ist reichlich in der Zeit nach
schaft und Energie 2018, S. 14, jahresdurchschnittliche Leistung
52,730 MW dividiert durch 29 605 Anlagen). Diese Windkraftanlagen
Weihnachten bis zum Frühjahr vorhanden, und wenn
erzeugten, wie schon in der vorigen Fußnote erwähnt, 105 693 TWh er dann ab März nachlässt, kommt zum Glück die
an Strom. Die Ausweitung der Produktion um 226 TWh würde also
bei einer unveränderten Größenstruktur um weitere 63 303 Anlagen
Sonne. Im Herbst jedoch, vom September bis Weih-
verlangen. nachten, dreht sich der Spieß um, und bei nachlas-

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sender Stärke von Sonne und Wind entsteht ein hohes rung durch Parallelstrukturen, dass eine Ausweitung
Energiedefizit, das anderweitig gedeckt werden muss der Produktion von Strom aus Wind- und Sonnenkraft
(vgl. Sinn 2017, Abb. 3). Es kommt hinzu, dass es beim zum Zweck der Abdeckung des Verkehrs parallel auch
Windstrom das ganze Jahr über immer mal wieder zu einer Erhöhung der Zahl der konventionellen Kraft-
Flauten von einigen Tagen und Wochen gibt, und werke mit fossilen Brennstoffen führen muss, um die
manchmal ist dann auch noch der Himmel bedeckt. Flauten bei einem höheren Stromverbrauch zu über-
Das sind die viel zitierten Dunkelflauten. Während der brücken. Deshalb werden traditionelle Kraftwerke
temporären Dunkelflauten und der saisonalen Flau- ungeachtet der Ausstiegswünsche der Kohlekommis-
ten muss die Stromversorgung mittels konventionel- sion aus technischen Gründen noch sehr lange benö-
ler Anlagen aufrechterhalten werden. tigt werden und müssen sogar neu errichtet werden.
Nach einer in der Öffentlichkeit weit verbreite- Das müssen keine Kohlekraftwerke sein. Natür-
ten Meinung sind Wind- und Sonnenstromanlagen lich können auch Gaskraftwerke an ihre Stelle treten.
Substitute konventioneller Anlagen, die den Abbau Nur bedeutet der Ersatz der Kohlekraftwerke durch
von konventionellen Kraftwerken in dem Maße erlau- Gaskraftwerke neue Baukosten und höhere variable
ben, wie Wind- und Solaranlagen verfügbar werden. Kosten der Stromproduktion. Deutschlands Energie-
Davon kann aber nicht im Entferntesten die Rede wende impliziert dann dreifache Fixkosten für die
sein. Wind- und Solaranlagen benötigen ganz im Anlagen: Erstens die verlorenen Kosten der alten Koh-
Gegenteil die konventionellen Anlagen als Kom- lekraftwerke, die abgeschaltet werden, obwohl sie
plemente, die immer bereitstehen müssen, um die noch funktionstüchtig sind, zweitens die Kosten der
Stromversorgung während der Flauten zu decken. Wind- und Solaranlagen, die nur produzieren, wenn
Man kann, wenn man Wind- und Sonnenstrom ein- der Wind weht und die Sonne scheint, und drittens die
speist, zwar Kohle sparen, jedoch nicht die Kohle- Kosten der neuen Gaskraftwerke, die die Kohlekraft-
kraftwerke – ein Aspekt, der der Kohlekommission werke in ihrer Funktion als Komplemente der Wind-
entgangen zu sein scheint, die kürzlich ein Gutachten und Solaranlagen im Sinne von Lückenbüßern zur
vorlegte, in dem sie den Abbau der Kohlekraftwerke Abdeckung der Dunkelflauten ersetzen. Teurer kann
bis zum Jahr 2038 empfahl. Außer ein paar besc hwic h- man elektrische Energie kaum produzieren.
tigenden Worten zur Sicherstellung von Reservekraft- Ob aber neue Gaskraftwerke tatsächlich im benö-
werken findet man in dem langen Gutachten zu dieser tigten Umfang gebaut werden, steht in den Sternen.
Frage wenig bis nichts, das zum Kern des Problems Nachdem Frankreich Deutschland trotz des erneuer-
vordringt (vgl. Kohlekommission 2019). Tatsächlich ten Freundschaftsvertrages den Beistand verweigert
ist es ohne die Kohlekraftwerke – oder ersatzweise hat und erreichen konnte, dass auch solche Pipelines,
Gaskraftwerke – kaum möglich, den Wind- und Son- die keine Grenzen zwischen EU-Ländern kreuzen, von
nenstrom ins Netz einzuspeisen und gleichzeitig die nun an unter der Kontrolle des EU-Parlaments ste-
Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die konven- hen, wo die Gegner einer Ostsee-Pipeline die Mehr-
tionellen Anlagen müssen gedrosselt werden, wenn heit haben, ist der großflächige Ausbau der Gaskraft-
der Wind- und Solarstrom eingespeist wird, dann aber werke inzwischen mit einem weiteren Fragezeichen
wieder hochgefahren werden, wenn dieser Strom versehen worden.
versiegt. Die deutschen Pumpspeicherwerke leisten Zumindest ist zu befürchten, dass der Gasstrom
in dem Zusammenhang wegen ihrer geringen Größe durch die französische Kehrtwende viel teurer wird,
einen vernachlässigbaren Stabilisierungsbeitrag. denn die Folge dieser Kehrtwende ist, dass die Netz-
Die Pufferung des grünen Stroms geschieht in und Betreibergesellschaften getrennt werden, was
Deutschland praktisch ausschließlich durch Paral- aufgrund der linearen Verkettung zweier Monopolis-
lelstrukturen. Die alten Anlagen bleiben bei stetig ten einen höheren Gaspreis impliziert (double mar-
verringertem Auslastungsgrad erhalten, und immer ginalisation). »Was ist schlimmer als ein Monopol?«
mehr grüne Anlagen treten additiv hinzu. Das spart fragte einmal der französische Ökonomienobelpreis-
zwar Brennstoffe und reduziert den CO2-Ausstoß, träger Jean Tirole (1988, S. 175). Seine Antwort, die
doch impliziert es doppelte Fixkosten, die von den er auch sogleich bewies, lautete: »Eine Kette von
Verbrauchern (oder den Steuerzahlern) zu tragen Monopolen.«
sind. Kein Wunder, dass Deutschland schon heute die Der Protest der Bevölkerung gegenüber einer
höchsten Haushaltsstrompreise aller europäischen weiteren »Verspargelung« der Landschaft (siehe Ver-
Länder hat und Dänemark, das auch sehr stark auf nunftkraft e.V.), die wachsenden Strompreise und der
Windstrom setzt und lange Zeit die Spitzenposition Widerstand der in der Automobilindustrie beschäftig-
innehatte, inzwischen überholt hat (vgl. Kohlekom- ten Menschen werden ein Übriges tun, um den Dop-
mission 2019, S. 31, Abb. 11). pelausstieg aus Kohle und Kernkraft zu verschieben.
Wir vermuten, dass der Ersatz der Kohle durch Erste »Gilet-jaune«-Proteste haben bereits in Stutt-
Windenergie schneller an Grenzen stoßen wird, als gart stattgefunden und die Politiker beim Thema
es die heute regierenden Politiker und für die öffent- Feinstaub zum Umdenken veranlasst. Wenn es ums
liche Meinung maßgeblichen Stimmen in der Presse Geld geht, ist die Leidensbereitschaft der Bevölkerung
wahrhaben wollen. Zum einen folgt aus der Puffe- bei der Energiewende begrenzt. Neue Generationen

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von Politikern und Wählern werden neu optimieren weise, sondern zwischen den Jahreszeiten, also über
und sich nicht durch die Beschlüsse der heute regie- viele Monate verschieben muss.
renden Kräfte gebunden fühlen. Schweden, das nach Einen gewissen Ausgleich könnte ein europäi-
dem Unglück des Kernkraftwerks Three Mile Island in scher Stromverbund schaffen, der die Stochastik teil-
der Nähe von Harrisburg im Jahr 1979 das erste Land weise ausgleichen kann und Länder einschließt, die
war, das aus der Kernkraft aussteigen wollte, hat ja aus geologischen Gründen über bessere Möglichkei-
inzwischen eine Kehrtwende um 180 Grad gemacht, ten für Pumpspeicher verfügen als Deutschland. Aber
indem schon im Jahr 2016 ein parteiübergreifender selbst wenn man einen perfekten Stromverbund von
Kompromiss gefunden wurde, nach dem man alle den Alpenländern über Dänemark bis nach Norwe-
zehn Kernkraftwerke erhalten, bei Bedarf reparieren gen herstellen und in den beteiligten Ländern alle
und notfalls sogar durch neue ersetzen möchte. Pumpspeicherwerke bauen würde, die nach dem gro-
ßen EU-eStorage-Projekt geologisch möglich sind, so
6. ÜBERSCHIESSENDE STROMSPITZEN UND DIE käme man ohne eine Verklappung wenigstens eines
ROLLE DES WASSERSTOFFS Teils der überschießenden Stromspitzen nicht über
einen Marktanteil des Wind- und Sonnenstroms von
Neben den unvermeidlichen Parallelstrukturen zur 50% hinaus.13 Man kann also die überschießenden
Kompensation der Flauten werden inzwischen auch Spitzen nicht allesamt in Pumpspeicherwerken spei-
die Spitzen des regenerativ gewonnenen Stroms zu chern, sondern muss zunehmend größere Anteile von
einem Problem, denn das Pufferpotenzial der konven- ihnen abregeln, wenn man über einen Marktanteil von
tionellen Anlagen stößt an seine Grenze, wenn die grü- 50% hinausgehen will.
nen Stromspitzen den Bedarf übersteigen. Die über- Eine dritte Möglichkeit bestünde darin, die über-
schießenden Spitzen kann man prinzipiell nicht mehr schüssige Energie direkt in den Fahrzeugbatterien zu
durch Abschaltung konventioneller Anlagen abfe- speichern. So wird ja gelegentlich argumentiert (vgl.
dern, denn man kann Kohlekraftwerke nicht im nega- Lund und Kempton 2008). Das Argument zieht aber
tiven Betrieb laufen lassen und sie veranlassen, aus nicht. Natürlich könnten viele E-Autobesitzer ihre
Strom wieder Kohle zu erzeugen. Tatsächlich liegt der Pkw tagsüber mit (möglichst sogar selbst produzier-
kritische Marktanteil, bei dem die grünen Stromspit- tem) Solarstrom aufladen, falls die Fahrzeuge wäh-
zen den Bedarf zu überschreiten beginnen, bereits rend dieser Zeit an einer Ladestation stehen und nicht
bei etwa 30% (vgl. Sinn 2017, Abb. 8). Mit seinem tat- gefahren werden. Allerdings ergibt sich dadurch noch
sächlichen Marktanteil von 25,2% befindet sich der keine nennenswerte »Netzdienlichkeit« für saisonale
deutsche Wind- und Sonnenstrom noch unter diesem Speicherperioden. Wegen ihrer begrenzten Kapazität
Wert, doch ist absehbar, dass hier ein größeres Prob- speichern Autoakkus bekanntlich nur genug Energie
lem entstehen wird. für geringe Reichweiten. Bei Langstrecken wird nicht
Die überschießenden Spitzen verkörpern anfäng- einmal der Tagesbedarf gedeckt. Auch bei kürzeren
lich nur wenig Energie, doch wächst ihr Energieanteil Strecken gilt allnächtliches Nachladen der E-Autos als
bei wachsenden Marktanteilen des Wind- und Son- unverzichtbar für eine akzeptable Verfügbarkeit der
nenstroms immer weiter an. Insofern stellt sich die Fahrzeuge.
Frage, was man mit den überschießenden grünen Die Akkus der E-Autos stehen definitiv nicht als
Stromspitzen tun sollte. externe Stromspeicher von Belang zur Verfügung,
Eine Möglichkeit ist, die Überschussenergie wenn eine Speicherung über Monate hinweg erfor-
zumindest teilweise nicht zu nutzen, indem man die derlich ist. Man müsste beim heutigen Grünstrom-
Solarmodule und Windflügel abschaltet oder den mix bezüglich Solar- und Windenergie den Strom für
Strom inferioren Verwendungen zuführt und prak- die winterlichen Dunkelflauten im Dezember schon
tisch verklappt. Bei dieser Strategie wächst jedoch in den noch hellen und windreichen Spätsommermo-
der ungenutzte Stromanteil bei wachsendem Markt- naten tanken. Und wollte man sich gar auf den Wind-
anteil des nutzbaren Wind- und Sonnenstroms pro- strom allein konzentrieren, müsste man den Strom
gressiv an und strebt gegen 100%, wenn der Marktan- vom windreichen März bis in die Vorweihnachtszeit
teil ebenfalls gegen 100% geht (vgl. Sinn 2017). Schon in Batterien speichern, was natürlich eine völlig irre-
früh auf diesem Wege würde sich in der Bevölkerung ale Vorstellung ist (vgl. Sinn 2017, Abb. 3). Aus Sicht
die Frage stellen, warum man die vielen Windanlagen der Stromversorger und Netzbetreiber sind E-Autos
bauen muss, wenn man den Strom bei starkem Wind deshalb auch nur neue Kunden und Verbraucher, die
zunehmend abschalten muss, weil man nicht weiß zusätzlich täglich ausreichend mit elektrischer Ener-
wohin damit. gie versorgt werden müssen, nicht aber Lieferan-
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die über- ten einer saisonalen Speicherleistung. Allenfalls für
schießende Energie in Pumpspeicherwerken zu einen Ausgleich innerhalb eines Tages stehen diese
lagern, bis wieder weniger Wind weht und die Sonne 13
Vgl. Sinn (2017, Abschnitt 8, insb. auch Tab. 2). Zerrahn, Schill und
schwächer scheint, so dass man die Energie wieder Kemfert (2018), die freilich keinen Stromverbund modellieren, schla-
gen eine nur partielle Speicherung der überschießenden Strom-
einspeisen kann. Der dafür benötigte Speicherbedarf spitzen vor, um die Speicherkosten im Griff zu behalten. Die nicht
ist riesig, weil man die Energie nicht etwa nur tage- verwertbaren Teile der Stromspitzen wollen sie abregeln.

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Speicher zur Verfügung, aber das ist nicht das Die Methanisierung des Wasserstoffs schließen
Problem.14 wir in diese Bewertung ein. Dem weiteren Verlust an
Eine vierte Möglichkeit würde darin bestehen, Wirkungsgrad steht dort der Vorteil in Form einer noch
den überschießenden Strom chemisch zu speichern, leichteren Speicherung und eines einfachen Trans-
indem man mittels Elektrolyse Wasserstoff herstellt, ports im vorhandenen Erdgassystem gegenüber.
lagert und später für die Stromerzeugung in Kraft- Methan hat, wie wir gezeigt haben, selbst dann,
werken oder besser noch direkt im Auto einsetzt. wenn es fossilen Ursprungs ist und in Verbrennungs-
Die dafür nötigen Speichervolumina wären rela- motoren verwertet wird, einen vorläufig unschlagbar
tiv leicht beherrschbar, weil Wasserstoff eine hohe geringen CO2-Ausstoß, der beim heutigen Energie-
Energiedichte hat. Als Langzeitspeicher eignen sich mix um ein gutes Drittel bis etwa der Hälfte niedriger
z.B. Salzkavernen, doch existiert eine Vielzahl ande- als beim Elektromotor ist und um ein knappes Drit-
rer technischer Möglichkeiten, die von Metall-Hyb- tel unter dem Dieselmotor liegt. Insofern böte es sich
rid-Speichern über Druckspeicher bis hin zur Spei- an, derweil schon einmal auf gasbetriebene Verbren-
cherung von Ölen reicht, an die der Wasserstoff ange- nungsmotoren zu setzen und im Zuge des weiteren
lagert wird und die eine Behandlung ähnlich wie bei Ausbaus der Grünstromproduktion dann allmählich
fossilen Treibstoffen ermöglichen (vgl. Klell, Eichlse- das fossile Gas durch regeneratives Gas zu ersetzen.
der und Trattner 2018). Die Forschung zu Autos, die
mit Brennstoffzellen fahren, ist international und 7. SCHLUSSBEMERKUNGEN
auch in Deutschland bereits weit gediehen und kann
überzeugende Lösungen anbieten. Es gibt bereits drei Es folgt aus unseren Vergleichsrechnungen für den
Serien-Pkw ausländischer Hersteller am Markt, die neuen Tesla Model 3 und den Mercedes C 220 d, dass
mit Brennstoffzellen arbeiten: Toyota Mirai, Hyundai auch moderne Elektroautos in den nächsten Jahren
Nexo und Honda Clarity. Daimler, VW und BMW haben schwerlich in der Lage sein werden, einen Beitrag zur
zumindest Versuchsfahrzeuge produziert. Minderung der deutschen CO2-Emissionen zu leisten.
Wie die batterieelektrischen Autos leiden auch Für dieses strategische Ziel im Sinne der deutschen
Wasserstoffautos unter dem Problem, dass der Klimaschutzbemühungen sind die Elektroautos auf-
deutsche Energiemix vorläufig noch mit sehr viel grund unserer Netzsituation leider noch verfrüht. Es
CO2-Ausstoß verbunden ist. Wie wir gezeigt haben, kann nicht die Rede davon sein, dass die Einführung
ist der CO2-Ausstoß bei gegebenem Anteil fossiler der Elektroautos bereits für sich genommen zu einer
Brennstoffe sogar noch deutlich höher als bei den Reduktion des CO2-Ausstoßes im Verkehr führen wird,
Batterieautos, selbst wenn man den CO2-Ausstoß wie es die EU-Richtlinie für die Berechnung des Flot-
bei Herstellung und Recycling der Batterien mitbe- tenverbrauchs nahelegt, die ja die Elektroautos mit
rücksichtigt. Das Problem dieses Weges ist nämlich, einem CO2-Ausstoß von null annimmt. Das Gegenteil
dass bei der chemischen Speicherung hochwertige ist der Fall. Der CO2-Ausstoß der batterieelektrischen
Bewegungs- bzw. elektrische Energie in niederwer- Autos liegt beim heutigen Energiemix Deutschlands
tige chemische bzw. thermische Energie umgewan- und unter Berücksichtigung des Energieaufwands bei
delt werden muss, die eine andere Entropiestufe der Batterieproduktion nur im günstigsten Fall auf
bedeutet. Der Weg zurück auf die Stufe der Bewe- einem mit dem Dieselmotor vergleichbaren Wert.
gungs- und Elektroenergie bedeutet einen erhebli- Modifikationen dieser Aussage ergeben sich nur,
chen Verlust des Wirkungsgrads, der ingenieurtech- wenn es gelingen sollte, die Elektroautos zu einem
nisch nicht vermieden werden kann und deswegen, größeren Anteil mit emissionsarmer Energie zu betrei-
aber auch wegen der komplexen technischen Anla- ben, als es dem heutigen Durchschnitt entspricht.
gen, die benötigt werden, recht hohe Umwandlungs- Geht man von einer rigiden Handhabung des Emissi-
kosten impliziert. onshandels aus, dann mag das so sein. Dann werden
Der unschätzbare Vorteil gegenüber den Batte- die elektrischen Autos aber dazu führen, dass andere
rien liegt aber in der unkomplizierten und preisgünsti- Stromverbraucher über drastische Preissteigerungen
gen Speicherung der Energie über längere Zeiträume, bei den Emissionszertifikaten und beim Strom aus
zu dem sich die Möglichkeit einer raschen Betankung dem Markt verdrängt werden. Der Rückzug energie-
der Autos und hoher Reichweiten hinzugesellt. Der intensiv produzierender Industrien wird nicht zu
Wasserstoff, und nur er, ist die ideale Ergänzung des vermeiden sein. Widerstände der Verbraucher
Wind- und Sonnenstroms, wenn dieser Strom einen und/oder Steuerzahler sind vorprogrammiert. Da
Marktanteil von deutlich über 30% erreicht hat und Deutschland schon heute die höchsten Stromkosten
dann zu energiehaltigen, auch saisonalen Stromspit- in Europa hat, halten wir den Fall der rigiden Hand-
zen führt, die sich sonst nicht verwerten ließen. habung des Emissionshandels nicht für sonderlich
plausibel, zumal ja auch noch die Kernkraftwerke
14
Leopoldina, Acatech und Union der deutschen Akademien der
Wissenschaften (2017, S. 48): „Es ist .. völlig unrealistisch, und selbst
abgeschaltet werden sollen. Vermutlich wird man
bei stark sinkenden Kosten für Batteriespeicher nicht bezahlbar, so den Emissionshandel flexibler handhaben und den
große Mengen Kurzzeitspeicher zu installieren, dass auch längere
Phasen einer hohen Stromproduktion aus Sonne und Wind gespei-
konventionellen, aus fossilen Quellen fließenden
chert werden können.“ Strom in einer Übergangszeit stärker einsetzen, als

50 ifo Schnelldienst 8 / 2019 72. Jahrgang 25. April 2019


FORSCHUNGSERGEBNISSE

ursprünglich geplant war. Dann könnten die Elektro- motor meistens in Betrieb ist. Plug-in-Hybride gelten
autos zeitweilig versteckte Kohle- oder Erdgasautos deshalb nur als eine populäre Brückentechnologie hin
werden. Der CO2-Ausstoß an den Schloten der Kraft- zur E-Mobilität. Primär vermeiden sie bei Fernfahrten
werke, den auch die Elektroautos bedingen, taucht die Ängste vor der begrenzten Reichweite der batte-
in der EU-Formel für den Flottenverbrauch der Her- riebetriebenen Elektroautos, bieten aber keine nen-
steller nicht auf, denn dort wird der CO2-Ausstoß der nenswerten CO2-Einsparungen.
Elektroautos mit null angesetzt, so als käme spezi- Eine andere Alternative zu den batterieelek­
ell dieser Strom stets aus grünen Quellen. Diese For- trisch betriebenen Elektroautos bieten mit Was-
mel führt die Bevölkerung in die Irre, auch wenn ihre serstoff oder Methan betriebene Autos, die Elek-
Urheber vermutlich keine Illusionen bezüglich des tro- oder Verbrennungsmotoren haben. In solchen
CO2-Ausstoßes bei der Stromproduktion hatten. Autos sehen wir die wirkliche Zukunft, wenn man
Eine Public-Choice-Analyse des Geschehens die durch politische Dekrete verfügte Verdrängung
lässt nach unserer Ansicht nur den Schluss zu, dass der fossilen Brennstoffe als gegeben annimmt.
hinter den Beschlüssen der EU auch industriepoliti- Wie wir gezeigt haben, führen wasserstoff- oder
sche Absichten stehen. Die Entrüstung der Öffentl- methanbetriebene Elektroautos beim heutigen
ichkeit über die Manipulationen der Automobilin- Energiemix zwar noch zu einem etwas höheren
dustrie bot die historische Gelegenheit, bei der CO2-Ausstoß als die batterieelektrisch betriebe-
Manipulation der Formel für die Flottenverbrauchs- nen Autos, doch wird dieser Nachteil in einen Vorteil
werte so kräftig zuzulangen, dass sich die Wettbe- umschlagen, wenn sich der deutsche Strommix deut-
werbspositionen der europäischen Automobilherstel- lich in Richtung grüner Energie verbessert, weil dann
ler mit einem Schlage dramatisch verändert haben. der niedrigere energetische Wirkungsgrad immer
Die bei der Herstellung von Verbrennungsmotoren weniger ins Gewicht fällt. Mit fossilem Methan betrie-
für Pkw führenden deutschen Hersteller müssen jetzt bene Verbrennungsmotoren haben schon heute
auf Elektromobilität umrüsten und sich wieder hinten einen sehr niedrigen Ausstoß an CO2. Sie sind eine
anstellen. ideale Brückentechnologie für Autos, die später ein-
Die Verzerrungen könnten mit nationalen Unter- mal mit »grünem« Methan fahren können. Der große
schieden bei der Stromproduktion zu tun haben. In Vorteil des Wasserstoffs und des daraus gewonnenen
Norwegen wird Strom wegen der vielen Talsperren Methans liegt in der Möglichkeit, die überschießen-
praktisch CO2-frei produziert. In Frankreich liegt nach den Stromspitzen über Monate hinweg aufzubewah-
den Angaben der Europäischen Umweltagentur (2019) ren, die bei wachsenden Marktanteilen des Wind- und
wegen des Atomstroms die Intensität des CO2-Aus- Sonnenstroms im Bereich über 30% immer mehr ins
stoßes unter 100 g/kWh, in Deutschland (siehe auch Gewicht fallen werden, sowie in der Möglichkeit der
Anhang) bei ca. 500 g/kWh und in Polen bei ca. 700 g/ raschen Betankung der Fahrzeuge. Die Vorstellung,
kWh. Frankreich hat sich deshalb auf die Produktion die notwendige Speicherung des Wind- und Sonnen-
von Elektroautos spezialisiert und sich in Brüssel mit stroms mit Batterien leisten zu wollen, ist utopisch,
den Grünen verbündet und darum gerungen, dass wie auch die Leopoldina, Acatech und die Union der
die Standards enorm anspruchsvoll gesetzt wurden. Akademien der Wissenschaften betont haben. Darauf
Dabei wird nun freilich der deutschen Automobilin- haben wir hingewiesen. Insofern kann man der Bun-
dustrie mit ihren eher großvolumigen Fahrzeugen die desregierung nur raten, im Sinn einer Technologieof-
Luft abgeschnürt. fenheit auch die Wasserstoff- und Methantechnolo-
Die deutsche Diskussion um die Elektroautos gie zu fördern.
konzentriert sich auf batteriebetriebene Fahrzeuge. Methan lässt sich auch heute schon mit wenig
Am Markt spielen indes auch die Plug-in-Hybride Aufwand in leicht modifizierten Benzinmotoren ein-
eine zunehmend wichtigere Rolle. Sie werden an der setzen. Solche Motoren, für die die Infrastruktur in
Steckdose geladen und können zumindest eine kurze Form von Gasleitungen und -speichern bereits weit-
Fahrstrecke, oft nur sehr wenige Kilometer, rein elek- gehend existiert, einzusetzen und weiter zu ent-
trisch zurücklegen. Sie sind außerdem in der Lage, wickeln bietet sich aus zweierlei Gründen an. Zum
genau wie die batterieelektrischen Fahrzeuge die einen bedeuten sie beim heutigen Energiemix aus
Bremsenergie bei angemessenem Betrieb zurück- dem Stand heraus eine Einsparung von CO2 gegen-
zugewinnen (rekuperieren). Es ist praktisch unmög- über batterieelektrischen Motoren von etwa einem
lich, für diese Fahrzeuge eine allgemein gültige, rea- Drittel. Zum anderen sind sie in längerfristiger Hin-
listische CO2-Emissionsbilanz anzugeben. Wer einen sicht ideale Komplemente für den Wind- und Sonnen-
Plug-in-Hybrid benutzt, um die wenigen Kilometer strom, weil bei einem Marktanteil, der deutlich über
in der Innenstadt emissionsfrei fahren zu dürfen und 30% hinauswächst, progressiv wachsende Anteile
ansonsten überwiegend im Fernverkehr unterwegs der überschießenden Stromspitzen weggespeichert
ist, wird damit vermutlich höhere Emissionen erzeu- werden müssen, wenn man sie nicht verklappen will.
gen als mit einem sparsamen Diesel, weil er ständig Nur das Methan oder der Wasserstoff, aus dem künst-
das Gewicht der E-Maschine und den größeren Akku liches Methan gewonnen wird, bietet dafür hinrei-
mit sich herumschleppt, während der Verbrennungs- chend große Speicherkapazitäten.

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FORSCHUNGSERGEBNISSE

POST SCRIPTUM cherweise ganz anderen Bevölkerungsschichten hel-


fen als jenen, die unter dem Klimawandel zu leiden
Wir wollen unsere Untersuchung nicht ohne ein wich- haben. Da sich Europa auf die Produktion von Klein-
tiges Post Scriptum zur Sinnhaftigkeit der gesamten wagen verlegt, können in den USA noch mehr Rie-
Energiewende beenden, derer sich der Leser stets sen-SUVs gefahren werden als ohnehin schon.
bewusst bleiben möge, auch wenn unser Aufsatz Leider kann man diese Gefahr so lange nicht
einen etwas engeren Fokus hat. ausschließen, wie die Pariser Vereinbarungen nicht
Ob sich all die europäischen Anstrengungen in sanktionsbewehrte Verpflichtungen umgewan-
überhaupt für das Klima auszahlen werden, steht delt werden und im Übrigen (fast) alle Länder
nämlich insofern in den Sternen, als nicht auszu- mitmachen.
schließen ist, dass das in Europa nicht mehr ver- Wenn man Gutes tun will, muss man sich auch
brannte Öl in andere Länder fließt und dort ver- fragen, ob die realisierten Maßnahmen überhaupt
brannt wird. Das Pariser Klimaabkommen (2015) wirken. Diese Diskussion hat in Deutschland noch
sieht für die CO2-Reduktion nur ein System von nicht stattgefunden, weil die gesamte Klimaproble-
Selbstverpflichtungen ohne Sanktionen vor, und matik im Hinblick auf die Möglichkeiten diskutiert
die USA haben bereits angekündigt, dass sie aus wird, den Verbrauch durch technische Möglichkeiten
dem Abkommen wieder aussteigen werden. Daraus einzuschränken, anstatt zu fragen, wie man das Ver-
erwächst die Gefahr, dass auch andere Länder den halten der Anbieter der fossilen Brennstoffe auf den
USA folgen werden. Das könnte für Europa nicht nur Weltmärkten verändern kann, ohne das leider nichts
den Nachteil bringen, dass es mit seinen Anstrengun- erreicht werden kann.
gen allein bleibt, sondern dass diese Anstrengungen
im Hinblick auf das Klimaziel vollständig konter­ LITERATUR
kariert werden. Wenn man nämlich die Erdölbesit-
Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2018), Bruttostromerzeugung in
zer nicht überzeugen kann, das Öl, das die Europäer Deutschland ab 1990 nach Energieträgern, vorläufige Angaben, Stand:
nicht mehr verbrauchen, im Boden zu lassen, wer- 14. Dezember 2018, verfügbar unter: https://ag-energiebilanzen.de/index.
php?article_id=29&fileName=20181214_brd_stromerzeugung1990-2018.
den die Tanker einfach nur anderswo anlanden und pdf.
ihr Öl dort verkaufen. Es wird dann zu einer Senkung Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
der Weltmarktpreise kommen, durch die der Ver- (2016), Klimaschutzplan 2050, Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele
der Bundesregierung, November, verfügbar unter:
brauch in jenen Ländern subventioniert und stimu- https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/
liert wird, die sich nicht an den Sparanstrengungen klimaschutzplan_2050_bf.pdf.
beteiligen. Insofern kommt es möglicherweise nicht Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
(2019), Referentenentwurf zum Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG), 18. Feb-
nur zu einer geringen, sondern zu keiner Reduktion
ruar, verfügbar unter: https://www.klimareporter.de/images/doku-
des CO2-Ausstoßes, weil andere Länder so viel mehr mente/2019/02/ksg.pdf.
CO2 ausstoßen, wie Europa einspart. Man könnte Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2018), Verkehr
einwenden, dass die Ölscheichs aufgrund niedri­ in Zahlen 2018/2019, 47. Jahrgang, verfügbar unter: https://www.bmvi.de/
SharedDocs/DE/Publikationen/G/verkehr-in-zahlen_2019-pdf.
gerer Weltmarktpreise nun weniger produzieren und
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018), Erneuerbare Ener-
somit einen doppelten Einnahmeausfall akzeptieren gien in Zahlen, Nationale und internationale Entwicklung im Jahr 2017, ver-
werden. Das ist angesichts der geringen Bedeutung fügbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ener-
gie/erneuerbare-energien-in-zahlen-2017.pdf.
der Förderkosten für die Höhe der Ölpreise nicht son-
Europäische Kommission (2018), »Saubere Mobilität: Parlament und
derlich wahrscheinlich. Eher ist zu erwarten, dass sie EU-Staaten einig über neue CO2-Grenzwerte für Autos«, Pressemitteilung
für einige Zeit mehr produzieren werden, weil sie die der Europäischen Kommission, 18. Dezember, verfügbar unter:
https://ec.europa.eu/germany/news/20181218-co2-grenzwerte-autos_de.
niedrigeren Preise durch eine Mengenausweitung
Europäische Umweltagentur (2019), CO2-Emission Inten-
wettmachen oder ihre Ressourcen vorzeitig verkau- sity from Electricity Generation, Stand: 17. Januar 2019, verfüg-
fen, bevor die grüne Politik ihnen die Absatzchancen bar unter: https://www.eea.europa.eu/data-and-maps/daviz/sds/
co2-emission-intensity-from-electricity-generation-2.
total verdirbt (vgl. Sinn 2008a; 2008b; 2012). Dann
Fraunhofer IEE (2019), »Entwicklung der installierten Windleistung (on-
haben die Länder, die beim Energiesparen nicht mit- und offshore)«, verfügbar unter: http://www.windmonitor.de/windmoni-
machen, den doppelten Vorteil, dass ihnen das Öl tor_de/bilder_javascript.html?db_communicate=%27Windenergieein-
speisung.daten%27&p_lang=ger&img_id=428.
verbilligt zur Verfügung steht, das die Europäer frei-
Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission (2014a),
geben, und zusätzlich noch jenes Öl, das die Ölför- Well-to-Wheels Analysis of Future Automotive Fuels and Powertrains in the
derländer zusätzlich auf den Markt werfen. European Context, Well-to-Wheels Appendix 1, Version 4.a, März, verfüg-
bar unter: https://ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/wtw_app_1_v4a_
Uns ist bewusst, dass sich Deutschland trotz die- march_2014_final.pdf.
ser Zusammenhänge international verpflichtet hat, Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission (2014b),
seinen CO2-Ausstoß zu verringern, weil es der Welt Well-to-Wheels Analysis of Future Automotive Fuels and Powertrains in the
European Context, Well-to-Tank Appendix 2, Version 4.a, April, verfügbar
etwas Gutes tun will. Es wäre uns aber wohler, wenn unter: https://ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/wtt_appendix_2_v4a.pdf.
der Bevölkerung klar wäre, dass diese Wohltaten Hecking, C. (2019), »Rekord. 40 Prozent des deutschen Stroms waren 2018
womöglich nicht in Form einer Verlangsamung des öko.«, Spiegel online, 2. Januar, verfügbar unter: http://www.spiegel.de/
wirtschaft/unternehmen/strom-2018-gab-es-erstmals-mehr-als-40-pro-
Klimawandels, sondern als Verringerung der Kosten zent-oekostrom-a-1246124.html.
der fossilen Energie für die Großverbraucher der Welt
zustande kommen, dass also unsere Opfer mögli-

52 ifo Schnelldienst 8 / 2019 72. Jahrgang 25. April 2019


FORSCHUNGSERGEBNISSE

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Tab. A1 ellen Angaben zur deutschen Bruttostromproduktion
des Jahres 2018 und den Angaben zum Nettostrom-

Tab. A1
Der CO2-Ausstoß der Energieträger im Jahr 2018
A B C D = B/C E=A.D F G=F.E H I = G/H
Brutto- therm. elektr. elektrischer CO2-Emis- Aufschlag CO2-Emis- Nettostrom- CO2-Emis-
strom- Emis- Wir- Emissions- sionen für Vor- sionen inkl. verbrauch sion je kWh
erzeugung sionsfaktor kungs- faktor (Mio. t) kette Vorkette (inkl. Netto- Nettostrom-
nach Ener- (kg CO2/ grad (kg CO2/ (Mio. t) exporte) verbrauch
gieträgern kWh) kWh) (TWh)a (kg/KWh)
(TWh)
Energieträger
Braunkohle 146,0 0,400 0,38 1.05 153,3 1,16 177,8 130,9 1,36
Steinkohle 83,0 0,337 0,41 0,82 68,1 1,16 79,0 74,4 1,06
Erdgas 83,0 0,201 0,53 0,38 31,5 1,3b 41,0 74,4 0,55
Mineralölpr. 5,2 0,280 0,43 0,65 3,4 1,21 4,1 4,7 0,87
Kernenergie 76,1 68,2
Erneuerbare 228,7 205,1
darunter:
Windkraft 113,3 101,6
Photovoltaik 46,3 41,5
Staudämmec 16,9 15,2
Biomasse 45,7 41,0
Biog. Hausmüll 6,3 5,6
Übrige Energied 20,4 0,300 0,40 0,75 15,3 1,0 15,3 18 0,85
Insgesamt 642,4 271,6 317,2 576,0 0,55
a
Bruttostromproduktion abzüglich des geschätzten Eigenverbrauchs der Kraftwerke und der geschätzten Leitungsverluste, aber einschließlich der Nettoexporte
unter der Annahme, dass die Leitungsverluste überall den gleichen Anteil ausmachen und der Eigenverbrauch sowie die Nettoexporte aus dem durchschnittlichen
Energiemix gespeist werden. Vgl. die Erläuterungen im Text zu Abbildung 1. b Inklusive der CO2-äquivalenten Methanverluste. Siehe Gemeinsame Forschungsstelle der
Europäischen Kommission (2014b, Tab. 1.6). c Inklusive Laufwasserkraftwerke zur Erzeugung von Strom aus den Flüssen. Ohne Stromerzeugung der Pumpspeicher-
kraftwerke, es sei denn, die Pumpspeicher hätten einen natürlichen Zufluss und würden deshalb als normale Speicherwerke (wie Talsperren) angesehen. d Nicht-
biogener Hausmüll etc., ohne Output der Pumpspeicherwerke. Vgl. die Erläuterungen zu Abbildung 1.
Hinweis: Die vorläufige Bruttostromerzeugung stammt von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2018), der Nettostromverbrauch wurde daraus anhand der
Relationen im Vorjahrs bestimmt. Die Wirkungsgrade der Kraftwerke wurden auf der Grundlage von Angaben des Umweltbundesamts (2018) geschätzt. Dabei wurde
berücksichtigt, dass die Kraftwerke wegen der volatilen Erzeugung der erneuerbaren Anlagen häufiger in Teillast betrieben werden müssen, was deren Effizienz be-
einträchtigt. Bei den Emissionsfaktoren handelt es sich um offizielle Angaben des Umweltbundesamtes (2016b): Für Braunkohle wurde ein Durchschnittswert der
verschiedenen Braunkohlearten, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, verwendet. Bei Steinkohle und Erdgas sind Emissionswerte für den Einsatz in Kraftwer-
ken ausgewiesen. Für Mineralölprodukte wurde ein gewichteter Durchschnitt aus leichtem und schwerem Heizöl zugrunde gelegt. Der Faktor für die übrigen Energie-
träger wurde geschätzt, wobei die sonstigen Gase, darunter vor allem Kokereigas, Anhaltswerte lieferten. Beim Aufschlag für die Vorkette beziehen wir uns auf Werte
der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (2014b, Tab. 1.1 und 1.6). Die Werte für Kohle beziehen sich auf den EU-Mix für konventionelle
Kohlekraftwerke. Für Mineralölprodukte wurde der Wert für Dieselkraftstoff zugrunde gelegt. Die Werte für Erdgas beziehen sich auf den Durchschnittswert über
verschiedene Arten von Erdgas und Erdgasvorräten aus unterschiedlichen Entfernungen vom Abbauort. Für die übrige Energie nehmen wir an, dass es keine Vorket-
teneffekte gibt.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2018); Umweltbundesamt (2016b, S. 45 ff.); Umweltbundesamt (2018, S. 17); Berechnungen der Autoren.

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FORSCHUNGSERGEBNISSE

verbrauch sowie den vorhandenen Informationen zu Anteil der bei der Verbrennung entstehenden thermi-
den Wirkungsgraden bei der Stromproduktion sowie schen Energie aufgrund der verwendeten Maschinen
den physikalischen Emissionsfaktoren den CO2-Aus- und Anlagen in Bruttostrom umgesetzt werden kann.
stoß in Relation zu dem jeweils an der Steckdose ent- Der Nettostromverbrauch ist die an der Steckdose
nommenen Strom aus unterschiedlichen Quellen entnommene Energie der verschiedenen Energieträ-
berechnen. Wir benötigen diese Angaben, weil wir im ger zuzüglich der Nettoexporte. Der Nettostromver-
Text auf Überlegungen zu alternativen marginalen brauch liegt um den Eigenverbrauch der Kraftwerke,
Stromquellen für die Elektroautos anstellen. um die Verluste der Pumpspeicherwerke und um die
Die Rechnungen der Tabelle wurden auf der Basis Leitungsverluste unter der Bruttostromerzeugung.
der Angaben zu den tatsächlichen Produktionswer- Mangels besserer Informationen wurde angenom-
ten gemäß Abbildung 1 sowie des Umweltbundesam- men, dass diese Verlustquellen bei allen Stromarten
tes über die Emissionsfaktoren und die thermischen zum gleichen Prozentanteil anfallen.
Wirkungsgrade der Kraftwerke, die fossile Kohlen- Man sieht, dass beim Braunkohlestrom mit einem
stoffe verwenden, erstellt. Der Emissionsfaktor gibt Wert von 1,36 kg/kWh am meisten CO2 anfällt. Beim
an, wieviel kg CO2 pro kWh thermischer Energie anfal- Steinkohlestrom liegt der Wert bei 1,06 und beim Erd-
len, wobei sich die Unterschiede im Wesentlichen auf- gas wegen des hohen Wasserstoffanteils am Methan
grund der unterschiedlichen Wasserstoffanteile der bei 0,55. Im Durchschnitt ergab sich beim deutschen
Energieträger im Verhältnis zu den Kohlenstoffan- Strommix des Jahres 2018 ein CO2-Ausstoß von 0,55 kg
teilen ergeben. Der Wirkungsgrad gibt an, welcher je kWh Strom, der aus der Steckdose kam.

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